J Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from Open Knowledge Commons and Harvard Medical School http://www.archive.org/details/diepflanzenimaltOOwoen DIE PFLANZEN IM ALTEN AEGYPTEN VON FRANZ WOENIG. DIE PFLANZEN IM ALTEN AEGYPTEN IHRE HEIMAT, GESCHICHTE, KULTUE UND IHRE MANNIGFACHE VERWENDUNG IM SOZIALEN LEBEN IN KULTUS, SITTEN, (GEBRÄUCHEN, MEDIZIN, KUNST NACH DEN EIGENEN BILDLICHEN DARSTELLUNGEN DER ALTEN AEGYPTER, PFLANZENRESTEN AUS GRÄBERFUNDEN ZEUGNISSEN ALTER SCHRIFTSTELLER UND DEN ERGEBNISSEN DER NEUEN FORSCHUNGEN VON FRANZ WOENIG T ZAHLREICHEN ORIGINAL-ABBILDUNGEN ZWEITE AUELAGE NEUE BILLIGE AUSGABE LEIPZIG VERLAG VON ALBERT HEITZ 1897. JAN ^8 191? I. Sumpfpflanzen im alten Aegypten. 1. Der Lotus. Nymphaea lotus L. — Nymphaea coerulea Savigny. — Nelumbium speciosum Willdenow. ndurchdringliches Dunkel breitet sich über den Anfan p" j aller Gesittung und Kultur, welche einst auf der Grenz- scheide zweier Erdteile an den Wassern des heiligen Ml der gesamten Menschheit leuchtend aufgegangen. Feierlich und unnahbar birgt sich das alte Geheimnis tief im Innern der einsamen gigantischen Pyramidenkolosse, und niemand ver- mag es aus dem ewig lächelnden oder ewig ernsten Antlitz der vom Wüstensande umwehten riesigen Sphinxgestalten zu lesen. Erst von dem Moment an, wo goldig wogende Ge- treidefelder die Wasseradern des Flusses säumen, eröffnet sich dem forschenden Blick eine endlose Perspektive in einen uner- messlichen Zeitraum der Yergangenheit, in dessen dämmern- den Weiten das Auge vergebens nach einem Ruhepunkt sucht ; denn mit dem Anfang der Kultur beginnt der Anfang des historischen Wissens , ohne Kultur keine Geschichte. Zwar sind die von Märchenzauber umwehten Memnonssäulen und die tausend und abertausend Kunstgebilde des Denk- mälerschatzes der aegyptologischen Forschung in Wahrheit zu tönenden und redenden Zeugen und Kündern altaegyp- tischen Lebens geworden; sie entrollen uns ein buntgestal- tiges Bild hochentwickelter staatlicher und sozialer Zustände Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. ^ \ 18 aus jenen Zeiten, in welchen die Kolosse zu ihrer imposanten Höhe aufgetürmt wurden und die einzelnen Momente der Geschichte des Mlvolks unter Meissel und Pinsel zum leben^ digen Ausdruck gelangten. In die Zeit jedoch, welche hinter den Monumenten lagert, verirrt sich nur das geschäftige Kind der Sage und Phantasie, und so ist auch die Spur bis hin- zu jenem Moment verweht, in welchem prosemitische Ein- wanderer von Asien her den nördhchen Theil des Nilthaies füllten, die Eingeborenen allmählich nach dem Süden zurück- drängten und ihre segensreiche Mission begannen, welche in der Pflege der aufkeimenden Kultur und der Gewöhnung der wilden Yölker des Mittelmeerbeckens an Ackerbau und Gewerbe bestand. Wird auch die Frage nach dem Anfang dieser Mission nur stets hypothetisch beaniVortet werden können, so steht andererseits unzweifelhaft fest, dass hier zuerst und in keinem anderen Lande die Keime der Gesittung aufsprossen konnten. Der rohe Kulturmensch wird nie aus freiem Antriebe den Stand der Kultur wählen, weil der Anfang der Kultur das Grab der Freiheit ist. J^ot, Mangel und andere Yerhältnisse müssen ihn dazu treiben, sich mit derselben zu befreunden. Dies war aber in keinem anderen Lande mehr der Fall als in Aegypten, wo die Bevölkerung einmal durch die regel- mässigen Überschwemmungen des Nil, sodann durch die iso- lirte, eingeschränkte Lage der verhältnismässig kleinen Oase im Flussthal , ferner durch die Leichtigkeit, mit welcher der Ackerbau betrieben werden konnte, gezwungen wurde, die erste Stufe der Kulturentwicklung zu betreten. Nach all den genannten Umständen ist kaum anzu- nehmen, dass das Nomadenleben der eingedrungenen Asiaten von langer Dauer gewesen ist, denn obgleich sie, nach alten Darstellungen zu schliessen, saftige üppige Weideplätze für ihre Herden vorfanden, unübersehbares Dickicht von Schilf und Papyrus der sumpfigen Niederungen in unmittelbarer Umgebung des Flusses Geflügel der mannigfachsten Art in grosser Menge bot und der Fluss selbst durch seinen Fisch- — 19 - reichtum und das zahllose Wild in den VValdbeständen an- fangs kaum einen Mangel an Nahrung aufkommen Hessen, so ward die Quelle des Segens, für das langgestreckte von Wüste und Felsmauer eingeengte Thal, der heilige Strom selbst die Ursache allmählicher umgestaltender Veränderungen in der Lebensweise und Thätigkeit der Bevölkerung. Die Ursache aber beruht einmal in der alljährlich regelmässig eintretenden Überschwemmung, bei welcher die überfluthen- den Wassermassen des Ml die weite Ebene ringsum mit einem fruchtbaren schwarzen Schlamm überziehen und der Austritt des Flusses das Weiden der Herden verhindert Nach dem arabischen Sprichwort, welches Aegypten also cha- rakterisirt : „Erst süsses Meer, dann Blumenbeet, dann Staub- gefild," kann bei der später eintretenden und andauernden grossen Trocknis, die alles Grüü der Felder dörrt, an eine genügende Nahrung für grosse Herden nicht gedacht werden, zumal sich die Zahl derselben mit der stets wachsenden Be- völkerung mehr und mehr steigern musste. So der Not und dem Wink der einwirkenden Naturverhältnisse gehorchend^ verminderte der Nomade allmählich seinen Yiehstand und fing an den Acker zu bebauen, der ihm, bei leichter Müh- waltung, befruchtet von dem Schlamme des Nilwassers, drei- mal des Jahres seine Gaben bot. Mit der Anlage der Äcker aber schwand das Weide- und Wiesenland mehr und mehr und an die Stelle der ursprünglichen Vegetation, die man bis auf die nutzbarsten Arten decimirte und in das Bereich sorg- samer Pflege 20g, traten durch Einführung die Kulturgewächse. Unter den Eepräsentanten der einheimischen aegyptischen Flora sind es , hervorragend vor anderen , zwei Charakter- pflanzen, die alle Wandelungen der Kultur Jahrtausende hin- durch überdauert haben: Lotus und Papyrus, die „heiligen Blumen des Nil". ^.OJceami — OJceano^^^ . . . Das erste Wort bedeutet Fülle, Reichtum, das zweite Zerstörung, Untergang. Dies sind zwei alte charakteristische Namen für den Nilstrom, je nachdem er, der Nährvater der schmalen langgestreckten Oase, welche — 20 - er im Laufe der Jahrtausende durch Ablagerung seines Schlammes selbst gebildet, befruchtend oder vernichtend auf- trat. „Okeami !" klangs aus dem Gejauchze des Yoikes, wenn er bei einem normalen Steigen und Sinken und einem lang- samen Fliessen durch die übergetretenen Wassermassen die Thalebene und alle künstlich angelegten Kanäle nicht nur speiste, sondern auch den düngenden Schlamm absetzte. „Okeanos!" tönte es aus dem Jammer der gesammten Be- völkerung Aegyptenlandes , wenn der Wasserstand die be- dingte Höhe nicht erreichte oder die Flut in rasender Eile das Geschenk für Wohlstand und Segen nicht absetzte, son- dern unerbittlich mit sich fortriss. Okeami? . . . Okeanos? . . . Die alte Frage birgt sich noch heute in dem Gemisch frohen Hoffens und ernster Besorgnis der Aegypter, wenn der Wasser- spiegel des Stroms in der Mitte des Juni sich zu heben be- ginnt, denn an diesen Lebensquell, diesen Nebenbuhler des Himmels, der, wie Hello dor bemerkt, die Felder bewässert, ohne dazu Wolken und Regen zu bedürfen, knüpft sich die ganze Existenz des Landes, das Glück und der Reichtum seiner Bewohner. Daher darf es uns nicht Wunder nehmen, dass der Fluss wegen der ihm inne wohnenden mächtig be- lebenden Naturkraft eine hohe Verehrung genoss, dass man den Nil den irdischen Osiris nannte, dass man wähnte, an seinen Ufern seien die Götter geboren , dass man im tollen Freuden- und Festjubel, in feierlichen Hymnen ^), die An- kunft des irdischen Osiris feierte und dass aus seinen Fluten die religiösen, astronomischen und mathematischen Grundbe- griffe der alten Aegypter emporkeimten , um sich weiter zu entwickeln. Die Osiris- und Isissage, welche uns am ausführlichsten von Plutarch übermittelt worden ist, verrät in allen ihren Einzelheiten ihre Entstehung aus physikalischen Anschauungen, und dass die beiden genannten Hauptgottheiten im Mythus 1) Hymnen an den Nil auf Stelen bei Chennis. L'bersetzt von L. Stern. Zeitschr. f. aegypt. Sprache u. Altertumskunde. Jahrg. 1873. S. 120. — 21 - der alten Aegypter — Osiris d. i. der starke Gott, Isis d. i. Thron Gottes, Welt — physikalische Begriffe bezeichnen und zwar Osiris den Nil und seine Gemahlin Isis die von dem- selben befruchtete Erde, war schon eine allgemeine Annahme der Griechen. Nach Bunsens Auffassung ist die Geschichte des Osiris die des Jahreskreises und der sich neu belebenden Sonne und der eigentliche kosmogenische ursprüngliche Sinn: das Eingehen der Gottheit in die Leiden des Werdens, von dem jene physikalische Naturbetrachtung nur als schwacher Abglanz erscheint. Welch eine tiefe Sinnigkeit verrät nicht die mythologische Allegorie von Osiris und Nephthis. Neph- this, die Schwester und Nebenbuhlerin der Isis, zugleich die Gemahlin des Typhon (Samum), war mit ewiger Unfruchtbar- keit bestraft und ward nicht eher schwanger, als bis Osiris, durch ihre Ähnlichkeit mit der Isis getäuscht, Umgang mit ihr pflog. Der Gott vergass bei der Nephthis den Lotuskranz, den er als Kopfschmuck trug. Dieser ward der Verräter seines Fehltrittes. Was bedeutet diese Allegorie weiter, als dass der Fluss in ausserordentlich wasserreichen Jahren über sein Niveau hinaussteigt, sich in die Wüste ergiesst, die nahen Wüstenstriche fruchtbar macht und sie mit einem Teppich von Pflanzen bedeckt, unter denen der Lotus die merkwürdigste ist? Schon aus der Erkenntnis der hohen Bedeutung, welche der Fluss für die Bevölkerung des Nilthals hat, und die sich darin charakterisiert, dass der Aegypter sein Land nach dem schwarzen befruchtenden Schlamm mit einem Dingbild be- zeichnete, welches dem koptischen Worte chem d. h. schwarz entspricht i) , dass ferner mehrere Bezeichungen für den Nil dieselbe Bedeutung haben, ^) erklärt sich die hohe Yerehrung, welche dem Pflanzenschmuck in seinen Fluten und an seinen 1) Demselben ist nicht selten der Lotus als Determinativum bei- gefügt. 2) Aegyptisch jaro = Fluss, indisch: nilus = schwarzer Fluss, kaldäisch: ukam = der Schwarze, arabisch; faras el bahr = Stute des Flusses, koptisch: nei alei = der Steigende; der heutige Aegypter nennt ihn abu-el-baraquu, d. h. Vater des Segens. - 22 — üferrändern, ferner allem Getier gezollt wurde, das in ihm und in seiner Umgebung lebte. Aus der Tier- und Pflanzen- welt des heiligen Stromes erhielten die aegyptischen Gottheiten ihre Attribute. Das Symbol des Nils selbst war die Lotus- blume. Sie galt als Zeichen des Überflusses und war dem Osiris und der Isis geweiht. Osiris schaukelt sich auf einem Lotusblatte, Lotusblüten sind seine Wohnung. Isis trägt einen Kranz von Lotusblumen und Lotusfrüchten oder eine einzelne Blüte auf ihrem Haupte. Das Henkelkreuz ^) (Nilschlüssel) $ als Symbol der erschlossenen Fruchtbarkeit in den erhobenen Händen gleitet die Göttin in einem Papyrusnachen über die prangenden Blütentulpen der heiligen Pflanze. Horus, der Gott des Lichts, erhebt sich nach ent- schwundenem Dunkel der Nacht auf der halb geöffneten Blüte des Lotus sitzend ' aus den Fluten. Lotusblätter dienen ihm Fig 1- ' zum Schemel seiner Füsse. (Fig. 1.) Py- Horus auf det Lotusblume. o / xi Theben (Lepaius, Denk- tha, dcr urvorwcltliche ZeugungSfTott, wird mäler IV, 61). . ' . ^ , , , , , mit einem Lotusblumenkranz dargestellt, und Hapi-Muan, der Nilgott, um die grosse Fruchtbarkeit 1) Darstellungen des Henkelkreuzes finden sich in grosser An- zahl aut altaegyptischen Monumenten. Athanasias Kircher hat (De Oblisc Pamph. Romae 1656. p. 366) mehr als 10 Varianten des- selben abgebildet. Nach Wilkinson ist es das Symbol des Lebens, nach Dr. P. Cassel, der diesem Gegenstand in seiner geistreichen Schrift: ,,Aus Litteratur und Symbolik, Verlag von W. Fried- rich, Leipzig 1884. S. 316 ff., eine besondere Abhandlung widmet, bedeutet das Henkelkreuz wiederkommendes Leben, Unsterb- lichkeit, daher ist es das Attribut des Osiris und Horus, daher hat der dem letztgenannten Gotte gewidmete Sperber, der Phönix der Wiederkehr, das Henkelkreuz in den Klauen. Der Kreis des Henkel- kreuzes soll nach Cassel einmal als Jahreskreis gedacht werden, ferner als Kopf, an dem die kreuzweis gelegten Striche (San) die Gestalt des Menschen ergänzen. In dieser Auffassung ist es das Symbol für den unsterblichen Menschen. Die Götter wollen durch dasselbe dem Todten sasren : ,Lebe zur Wiederkehr." - 23 — -des süssen roten Nilwassers anzudeuten , als ein sehr fetter Mann von roter oder blauer Farbe, der die "Wassergewächse des Flusses auf dem Haupte und in den Händen trägt. Aus der Heilighaltung und Verehrung der pflanzlichen Erzeugnisse des Ml, insbesondere der Lotusblume, spricht auch zugleich ein Akt der Dankbarkeit. Waren doch die Ur- bewohner Aegyptens — mit Ausnahme einer sehr geringen Anzahl wildwachsender Pflanzen — auf den Genuss der Wurzel und Samen der Lotusarten angewiesen. Der Lotus, dieses echte Kind der aegyptischen Flora, das auf den stillen spiegelnden Fluten des breiten maje- stätischen Stromes seine Blätterteller und Blüten entfaltet, harmoniert so ganz mit dem Charakter der imponierenden feierlichen Ruhe des alten Wunderlandes „Nil und Lotus" sind in Mythe und Poesie zu einem unzertrennlichen idealen Gedanken verschmolzen und sind in Wahrheit auch un- zertrennlich, denn wenn der Nil zu schwellen beginnt, er- wacht der Lotus im tiefen Grunde zum Leben, wenn der Strom seinen Segen spendet, steht die Pflanze in voller Blüte, und wenn der Strom allmählich zu sinken beginnt, stirbt sie langsam ab. Yon der artenreichen Familie der Nymphaeaceen (Bartl.) kamen nach wohlerhaltenen Gräberfunden, ungemein zahl- reichen charakteristischen Zeichnungen, Malereien und Reliefs auf Denkmälern und den Zeugnissen alter Klassiker in den Ge- wässern des alten Aegyptens folgende Arten vor: der aegyp- tische Lotus (Nymphaea lotus L.), der blaue Lotus (Nym- phaea coerulea Savig.) und der indische Lotus (Nelum- bium speciosum Willd.). Nymphaea lotus L., die Lotuspflanze der Alten, {XooTog a^yrTTTto^) hieroglyphisch: l^/ ^'^T S"i ^ ^T^cS, — 24 - nest^) — aegyptisch: seschnin, arabisch: bischnin, — der weisse Lotus wird nach Delile von den Arabern bischnin el chansir, d. h. Schweinslotus genannt, — ist in seiner ganzen Gestalt unserer weissen Teichrose (Nymphaea alba L.) sehr ähnlich (Fig. 2—4). Der Wurzelstock der Pflanze ist knollig, rund und wagrecht kriechend, an 53 cm lang und 3,6 cm dick. Er ist mit einer trockenen braunen lederartigen Rinde überzogen und mit fadenförmigen, schmutzigweissen Faser- wurzeln besetzt. Theophrast (371—286 v. Chr.)^) sagt: „Die Wurzel des Lotus wird Korsion genannt; sie ist rund, so gross wie eine Quitte; eine schwarze Rinde umgibt sie wie die Kastanie. Das Innere ist weiss." In gleicher Weise äussert sich Plinius Secundus (23 — 79 n. Chr.) in seinem Compilationswerk aus den ältesten botanischen Schriften ^) und Herodot (um 450 v. Chr. in Aegypten) berichtet, die Wurzel der Pflanze sei rund und Yon der Grösse eines Apfels.^) Fast in Übereinstimmung mit Theophrast beschreibt Di oscorides (im 1. Jahrh. n. Chr.) den Lotus ^), auch er vergleicht die Wurzel mit einer Quitte. Die von Luftgefässen durchzogenen cylindrischen Blatt- und Blütenstiele haben die Stärke eines kleinen Fingers und sind ungemein biegsam. Ihre Länge, — 1,5 m, richtet sich nach der Höhe des Wasser- spiegels. Die glänzend grünen, kreisrund-elliptischen, tief herz- förmig gespaltenen, flach und scharf gezähnten Blätter sind schwimmend. Auf ihrer lichtgrünen, braunrot schimmernden Unterseite tritt die vielverzweigte netzförmige Nervatur mar- 1) Verschiedene Bezeichnungen der Lotusarten nach Inschriften aus den Pyramiden-Gräbern, aus Theben, ElKab, Edfu, Esneh, seither -vAAAAA ( y; ■ I ^ \ /www c D edirten Papyros u. s. w. - '^^^'^ ^_ C:iz± ^^ «^^ per ne/eb em se-ä: „Es steigt empor der Lotus aus dem grossen Wasser." (Recueil des travaux relatifs etc. Paris L, 71, 3.) 2) Historia plantarum IV, 8. 3) Historia naturalis XIII, 32. 4) L. II, 92. 5) L. IV, 414. - 25 - C.Stoilders, leipi/'g-HeaänU Pig. 2—4. Nymphaea lotus L. Blüte, Blatt, Fruchtknoten mit Narbe und einigen Staubgefässen. (Nacli Delile, Description de l'Egypte. Atlas II, 60 und einem Naturabdruck^des Verfassers gez. von Felix Schramm) — 26 — . kant hervor. Die Blätter besitzen eine Breite von 16—32 cm. Da sie büschelförmig aus dem Wurzelstock entspringen, liegen sie häufig gedrängt auf einander. Wenn Theophrast ^) schreibt: „Die Blätter sind so schmal wie die Blätter der Lihe", so ist dies augenscheinlich ein grosser Irrtum. Die sich voll entfaltenden tulpenförmigen Blüten erreichen 10 — 17 cm im Durchmesser. Der Blumenkelch wird aus vier ovalen grünen Blättern mit rosa Bändern gebildet. Auch die glänzend weissen, gedrängt stehenden Blumen- kronblätter (16 — 20) sind oval und überragen die Kelch- blätter. Die äusseren Blumenkronblätter sind länger als die der innem Kreise. An dem halbkugeligen Fruchtknoten, welcher von der in 20 — 30 an der Spitze einwärts gekrümmte Strahlen geteilten Narbe gekrönt ist, sind nicht nur die Kelch- und Blumenblätter, sondern auch die zahlreichen linealischen goldgelben Staubgefässe mit den nebeneinander liegenden Antheren angeheftet. Die äusseren Stamina sind blumen- blattartig, breit, lanzettlich, die inneren werden allmählich immer schmaler und kürzer. Die Frucht, eine kugelige ge- narbte Beere von grünlich schmutziger Farbe ist, entsprechend der Zahl der Narbenstrahlen, in 26—30 Fächer eingeteilt. Jedes derselben enthält eine grosse Menge sehr kleiner brauner kugelrunder eiweisshaltiger Samen, welche in einem Brei eingebettet liegen. Theophrast und Plinius stellen die Frucht der grössten Mohnkapsel gleich. ^} Eine physiologische Eigentümlichkeit der Nymphaeen, die man auch an Nymphaea alba beobachten kann, ist den alten Naturhistorikern nicht entgangen. Theophrast a. a. 0. (nach ihm auch Plinius) erzählt: „Wenn die Sonne unter- geht, so schliesst sie (die Blüte) sich und verbirgt den Frucht- kopf. Mit dem Aufgange der Sonne öffnet sie sich wieder und steigt über das Wasser empor .... Im Euphrat , sagt man, soll der Fruchtkopf und die Blüte von Abend bis Mitternacht untertauchen und so tief sich unter das Wasser 1) Histor. plant. IV, 8. 2) Histor. plant. IV, 8. — Histor. natur. XXV, 37. - 27 - senken, dass man mit der Hand sie nicht erreichen kann. iSobald nachher die Morgendämmerung erwacht, soll sie wie- der heraufsteigen, wenn der Tag anbricht noch mehr, mit der Sonne soll die Blüte über dem Wasser stehen und sich aufschliessen. Aufgeschlossen soll sie sich dann noch weiter erheben , bis sie endlich sehr hoch über dem Wasser steht." Dass Theophrast mit der Nymphaee am Euphrat, — für •deren Auftreten in diesem Stromgebiete freilich jede weitere Bestätigung fehlt — nur Nymphaea lotus L. gemeint hat, erfahren wir aus Plinius, der die Blüte dieser Art aus- drücklich als eine weisse bezeichnet. *) Theophrast, der den aegyptischen Lotus sehr genau beschreibt, weiss auch nachfolgend über seinen mannigfachen JS'utzen zu berichten: „Die Fruchtköpfe legen die Aegypter in Haufen zusammen und lassen sie rotten; ist die Schale gefault, so schälen sie die Kapsel im Flusse ab und nehmen die Samen heraus. Dann trocknen und stossen sie dieselben und machen Brote daraus, deren sie sich zur Nahrung be- dienen." H e r 0 d 0 1 erzählt -) : „Wenn der Fluss angeschwollen ist und die Felder zum See macht, so wachsen in dem Wasser eine Menge Lilien, welche die Aegypter Lotos nennen. Diese (Beeren) schneiden sie ab und trocknen sie an der Sonne. Und hierauf zerstossen sie die inmitten der Lotuspflanze (Beere) befindlichen Körner, welche dem Mohn ähnlich sind und bereiten sich Brot daraus, das sie im Feuer backen."-^) Den Priestern war der Genuss des Lotus verboten. Im alten Griechenland war die Sage von den Loto- phagen d. h. Lotosessern sehr verbreitet. Lässt doch auch Homer (Odyssee, Gesang IX.) seinen Helden Odysseus zu den Lotophagen (Aegyptern) gelangen und erzählt in phan- tasiereicher Weise von der seltsamen Wirkung der Frucht: 1) Histor. natur. XIII, 32. 2) L. II, 92. 3) Auch Diodor (I, 34j berichtet: „Lotus wächst (im Delta) in Menge, woraus die Aegypter Brod bereiten." — 28 - „Doch von den Lotophagen geschah nichts Leides den Männern Unserer Schar; sie reichten des Lotos ihnen zu kosten. Wer des Lotos Gewächs nur kostete, süsser denn Honig, Nicht an Verkündigung weiter gedachte der noch an Zurückkunft, Sondern sie trachteten dort in der Lotophagen Gesellschaft Lotos pflückend zu bleiben und a.bzusagen der Heimat, Aber ich führt' an die Schiffe die Weinenden wieder mit Zwang hin^ Zog sie in räumige Schiff' und band sie unter den Bänken; Doch die Andern ermahnt ich und trieb die werten Genossen Schleunig hinwegzufliehn, in die hurtigen Schiffe sich rettend, Dass nicht einer, vom Lotos gereizt, noch vergässe der Heimat. Alle sie stiegen hinein auf Ruderbänke sich setzend, Sassen gereiht und schlugen die grauliche Woge mit Rudern." Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass nicht N, lotus, son- dern R h a m n u s lotus L. (s. u.), ein Baum mit mehlartigen Beeren von köstlichem, den Datteln ähnlichen Geschmack Veranlassung zu der Lotophagensage gegeben bat. Zweifellos aber ist unter einem andern von Plinius be- schriebenen Gewächs Nymphaea lotus L. oder wie ich viel« leicht richtiger vermute Nymphaea coerulea Savig. zu ver- stehen, von dem er berichtet i): „Es giebt auch ein Kraut Lotometra, welches eigentlich ein kultivirtes Lotuskraut ist und einen hirseähnlichen Samen trägt, aus welchem die Hirten in Aegypten Brot backen und ihn gemeiniglich mit Wasser oder Milch kneten. Nichts soll so gesund und so leicht zu verdauen sein, als dieses Brot, wenn es warm ist; kalt ist es schwerer zu verdauen, fällt auch mehr ins Ge- wicht. Es ist bekannt, dass die Menschen sich davon nähren, die von einer Ruhr oder von Stuhlzwang oder von einer sonstigen Krankheit des Unterleibes befallen werden." Medi- zinische Eigenschaften besitzt auch die getrocknete Wurzel, die nach demselben Autor ^) als Mittel gegen die Diarhöe an- gewendet wurde. Sie lieferte in ihrem schwammigen Innern den Helobiern Aegyptens eins ihrer Hauptnahrungsmittel,^ war angenehm zu essen, ziemlich süss von Geschmack und 1) Histor. natur. XXII, 28. 2) Histor. natur. XXV, 37 — 29 - wurde roh, gesotten und geröstet verspeist. ■•) Die braune Rinde ward zur Schweinemast benutzt. ^) Prosper Alpini, Professor der Botanik zu Padua (1553 — 1617), beobachtete auf seiner Orientreise im Jahre 1580, dass Stengel und Früchte des Lotus von den Aegyp- tern fleissig gekaut wurden. ^) Die aus der Pflanze bereiteten Arzneien führten nach Forskai in der arabischen Materia medica den Namen zar-ennnfar und nenufar.*) Alyre Raf- fenau-Delile, Professor zu Montpellier (1770— 1850) wel- cher mit zwei französischen Botanikern Savigny und Nec- toux und anderen namhaften Gelehrten Buonaparte auf seiner Expedition nach Aegypten begleitete und den ganzen bota- nischen Teil, zu dem grossen bedeutenden Werke: De- scription de l'Egypte. Paris 1813, 2. Ausgabe 1821, schrieb , in welchem die Resultate der gelehrten Forschung über Aegypten aus diesem denkwürdigen Feldzuge nieder- gelegt worden sind, versichert, dass die Aegypter die Wurzel beider Lotusarten gemessen, jedoch das Rhizom von Nym- phaea coerulea vorziehen^) und Savary (1777) weiss im Gegen- satz dazu zu berichten, dass die knollige, den Erdäpfeln ähn- liche Wurzel der Nymphaea lotus von den Anwohnern der Ufer des Sees Menzale gegessen wird.^) Sonnini, einer der Gelehrten der französischen Expedition (1799), erzählt in seinen Reisen: „Die Nymphaee von Meder- aegypten (ß, lotus L.) hat knollige Wurzeln, die man, wenn sich das Wasser zurückgezogen hat, einsammelt .... Man lässt sie trocken werden und bewahrt sie auf; man isst sie gekocht, wie wir die Erdäpfel essen, welchen sie auch beinah an Ge- 1) Theophrast IV, 8. Herodot II, 92. Plinius XIII, 32. 2)Plin. XIII, 32. 3) De plantis Aegypti. Venedig 1592. p. 104. 4) Flora aegyptiaco-arabica. 1775. p. 147. Eine kurze Beschrei- bung der N. lotus findet sich a. a. 0., p. 100. 5) Description de l'Egypte. Delile: Histoire naturelle. Botanique. II. p. 26 fi. 6) Lettres sur TEgypte. Paris 1778. L. premier. — ao ~ schmack ähnlich sind; sie haben aber sonst weniger Dichtig^ keit und sind schwammiger; man kann sie daher kaum hinunterschlucken, und man würde schwerlich mehr als einen Knollen essen können, wenn man nicht dazu tränke. Man verkauft sie auf den Strassen von Raschid (Rosette), wo dia gemeinen Leute eine grosse Menge davon essen, ganz gekocht um einen sehr geringen Preis." *) Noch im Jahre 1856 sab Rohrbach ägyptische Landleute bei Damiette die Samen der dort heimischen Lotusarten essen. 2) Prosper Alpini giebt in einem Anhange zu seinem Werke: De plantis Aegypti^) nicht nur eine genaue Beschreibung sämtlicher Teile der Pflanze, son^ dern auch sechs detaillierte Darstellungen derselben. Obgleich er die a. a. Orte abgebildete Nymphaee als Nymphaea Nuphar bezeichnet, ist allein schon aus dem Habitus der Blüte er- sichtlich, dass in Wahrheit nur Nymphaea lotus unter die- sem Namen verstanden werden kann. Äusserst sorgsam und eingehend hat Delile Nymphaea lotus in der Descrip- tion behandelt.^) Seiner prächtigen Darstellung liegt auch die beigegebene Abbildung (Fig. 2—4) mit zu Grunde. Nymphaea coerulea Savig., die himmelblaue Seerose, in Aegypten bischnin arabi genannt (Fig. 5 — 11), hat wie Nymphaea lotus L. in dem alten Wunder- lande ihre Heimat und schmückt noch heute zur Zeit der Überschwemmung die Wasserspiegel der Reisfelder -Kanäle Unteraegyptens. Dieselbe besitzt kleinere, elliptische, herz- förmig gespaltene , unregelmässig leicht gebuchtete , auf der Oberseite dunkelgrün, auf der Unterseite grünlich-karmoisin- rot gefärbte Blätter und wenig gestrahlte kegelförmige Blüten. Die lanzettlichen, ziemlich spitz zulaufenden lasurblauen, an 1) C. S. Sonninis' Reisen in Ober- und Nieder- Aegypten. A. d. Französ. Leipzig u. Gera 1800. I. Teil. S. 211 u. 212. 2) G. Ebers, Aegypten I, 72. 3) Dissertatio de Laserpitio et de Loto Aegyptia, p. 75 — 80. Ausserdem beschreibt Prosp. Alpini den Lotus in seiner Historia Aegypti naturalis, cap. 10, p. 161 tf. 4) Description. Histoire naturelle II. Botanique p. 415—421. - 31 der Basis weissen Blumenkronblätter, ca. 8 — 9 cm lang, 12 bis 18 an der Zahl, sind in zwei Kreisen angeordnet, und fholocopie « CSwdders. leipiig ■ «eudritu. Fig. 5—11. (Nymphaea coerulea Savig. Blüte, Knospe, Blatt, inneres und äusseres Staubgefäss, Blumenkronblatt, Fruchtknoten mit Narbe. (Nach Delile, Description de l'Egypte , Atlas II, 60. Gez. von Felix Schramm.) werden von den vier länglich-lanzettlichen, aussen grünen ^ dunkel purpurrot gestrichelt-punktierten Kelchblättern um- geben. Die Anhängsel der hellgelben Antheren sind blau. Die abgeplattete Narbe des Fruchtknotens zeigt 14—21 Strahlen. Eine gleiche Anzahl von Scheidewänden besitzt die kugelige — 32 — Beere. Die mohnartigen kleinen elliptischen Samen sind von grauer Farbe, i) (Fig. 5—11.) Athenaeus gibt uns die erste Nachricht über das Vor- kommen der Nymphaea coerulea im alten Aegypten, ^) die Jahrtausende hindurch die Ufer des Ml säumte und über Teiche, Gräben, Seen und Kanäle des Landes ihren Blatt- und Blütenteppich breitete. Darstellungen derselben datieren in die früheste Zeit zurück. Nach Ch. P i c k e r i n g ist diese Wasserpflanze schon den Erbauern der Pyramiden bekannt gewesen und von ihnen als Nahrungsmittel benutzt wor- den. Ebn el-Baytar, ein arabischer Arzt im 13. Jahr- hundert, ebenso Prosper Alpini sprechen von zwei Spezies der aegyptischen Nymphaeen, auch der schwedische Gelehrte Hassel quist, hat sie genau beschrieben 3) und Forskai gedenkt in seiner Flora Aegyptens (S. 100) der N. lotus. Noch vor hundert Jahren gediehen sie in den Seen, Weihern und Wasseradern Aegyptens in überraschender Üppigkeit und Pracht. Sa Vary, dem wir eine Fülle interessanter Mitteilungen verdanken, entwirft unter anderem eine anziehende Schil- derung der paradiesischen Umgebung Damiettes und schreibt u. a. , indem er die einzelnen landschaftlichen Schönheiten heraushebt: „Allhier erhebt auch der Lotus, den die Araber Nuphar nennen , seinen stolzen ' Stengel über dem Wasser empor. Sein breiter Kelch ist, wenn er aufblüht, entweder licht himmelblau oder blendend weiss .... Die Weiher und Kanäle, welche durch die inneren Ländereien fliessen, sind voll von dieser prächtigen Blume, die einen sehr angenehmen Geruch von sich giebt."^) Delile zählt Nymphaea lotus und N. coerulea mit unter den spontanen Gewächsen Aegyptens 1) Eine genaue Diagnose von verschiedenen Nymphaeenarten ü. a. auch von N. coerulea findet sich von R. Caspary: Botanische Zeitung. Jahrgang 1877. Spalte 202—205. 2j L. V, 677. 3) Reise nach Palästina in den Jahren 1749 — 1752 a. d. Schwed. Rostock 1762. S. 509—511. 4) Lettres sur TEgypte. Paris 1778. L. vingt-troisieme. - 33 - auf. ^) Er beobachtete den weissen Lotus während des Som- mers 1799 in der Umgebung von Damiette, sagt, dass beide Arten ferner auch bei Rosette auftreten und in geriu gerer Menge im Fajun und bei Kairo zu finden seien. 2) Der letztgenannte Autor hat von Nymphaea coerulea eine vor- treffliche Beschreibung und äusserst charakteristische Abbild- ungen gegeben. ^) Noch am Ende des vorigen Jahrhunderts ist N. lotus in den Gewässern Unteraegyptens allgemein ver- breitet gewesen, wie wir aus mehreren Mitteilungen Son- ninis entnehmen. In seinen Reiseschilderungen preist dieser Autor die fruchtbaren Niederungen in der IJmgend von Raschid (Rosette) und gedenkt der mit reichem Blätter- schmuck überdeckten Bäche und Gräben, welcher eine gute Ernte an Wurzeln verkündigt, denn, fährt er fort, „man darf kaum einen Fuss in Aegypten setzen, ohne ihn (den weissen Lotus) in grosser Menge zu sehen ; in der Gegend von Raschid sind auf den Feldern, wo man Reis baut, die zahlreichen Gräben ganz damit angefüllt" v. Minutoli berichtet in seinem Reisewerk, dass N. lotus und N. coerulea bei Da- miette (1820 u. 1821) sehr häufig seien und hebt besonders hervor, dass sich die letztgenannte Art durch ihren Wohlgeruch auszeichne."*) F. Pruner, welcher zwölf Jahre im Mlthale weilte, führt N. lotus und N. coerulea mit in der Flora der Wasserkanäle auf und bezeichnet sogar den blaublütigen Lotus als Gemüsepflanze.-'') Bei Damiette hat Rohrbach. 1856 Exemplare der letztgenannten Spezies und eine Yarie^ 1) Descript. de TEgypte. Histoire naturelle II, p. 29. 2) A. a. 0. p. 26. 3) Descript. Hist. nat. II. p. 222—225. Atlas Tafel 60. — Siehe- ferner: Observation sur le lotus du Nil. In: Annales du Musee d'hi- stoire naturelle Tom. I. 4) C. S. Sonninis Reisen in Ober- und Unteraegypten. 1800. I. Teil, S. 208—210. 5) Reise zum Tempel d. Ammon in der lybischen Wüste und in. Oberaegypten in den Jahren 1820—1821. Berlin 1824. S. 303. 6) Aegyptens Naturgeschichte und Anthropologie. Erlangen 1847^ S. 40 u. 45. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. m^öomß'öo Fig. 35: Lotusblumen am Eande des Weihers. (Aus Bulaq.) sträussen, abwechselnd zusammengesetzt aus Blumen, Knos- pen und Blättern und Knospen und Blättern. Sämtliche Teile entspringen aus einem Punkte und erhöhen in Yer- bindung mit der korrekten Form den Eindruck überraschen- der Natürlichkeit. ^) In ihre einzelnen Teile zerpflückt und jeden derselben gesondert, erscheinen die Lotus- pflanzen in grösster Häufigkeit am Eande der Weiher und Teiche, wo Geflügelfang mit Zugnetzen stattfindet. Da tauchen im bunten Gemisch hier Blüten und Knospen, dort Blattteller 1) L. D. II, 130. - 55 - aus dem Wasser empor und deuten an, dass der Maler be- strebt war, die Szenerie der Wirklichkeit entsprechend zu gestalten. (Fig. 34 und 35.) Nur wirkt es bei dem eigen- tümlichen Brauch der aegyptischen Darstellungsweise, alles planimetrisch wiederzugeben, stehende Gegenstände liegend zu zeichnen und Dinge, welche sich hintereinander befinden, übereinander erscheinen zu lassen, störend, wenn zwischen dem blauen Zickzack der Wellen die Lotusblumen gleichsam wie geknickt auf dem Wasserspiegel schwimmen. Jedoch ist es Hegel, die Pflanzengebilde aufrecht stehend zu zeichnen, sobald uns der Künstler durch einen senkrechten Durch- schnitt einen Blick auf den Grund des Wasserbeckens thun lässt. Seltener tritt uns auf den altaegyptischen Gemälden der Lotus in der Fig. 36 veranschauUchten Weise entgegen. .^ ^^.^^^ ^^ P "^P P Fig. 36: Lotusblüten, Knospen und Blätter in Wasser. Aus Sauiet el Meitin, Grab 2. (VI. Dynasti'", 3360—3133 v. Chr.) Hier erscheinen Blüten, Blätter und Knospen gepflückt und im Wasser verstreut. Die Zeichnung des Lotusblattes ist nur in seltenen Fällen mit der natürlichen Form vollständig übereinstimmend. Teils zu rund, teils nierenförmig , ist der tiefe herzförmige Einschnitt an der Basis des Nymphaeen-Blattes nur durch ■eine Einbuchtung angedeutet, oft fehlt auch diese, und -es entsteht alsdann ein kreisrundes Gebilde. Auch die Berzform ist unter ihnen vertreten. In sprechender Natür- lichkeit finden sich die Lotusblätter auf einem Ornament aus dem Grabe Ramses HL zu Theben (XX. Dynastie, ums Jahr 1200 V. Chr.) und auf einer Darstellung des Fischerstechens aus einem Grabe zuChumelAhmar. Hier stehen sie auch in dem richtigen Verhältnis zu Knospen und Blüten, denn gemeiniglich sind sie vom Künstler zu klein gehalten, wahr- scheinlich, um dadurch ihren Unwert zu bezeichnen. Die - 56 — Blätter präsentiren sich nur in scharfen Umrissen; nirgends habe ich eine detaillirte Aasführung gefunden, von der charak- teristischen Nervatur und Aderung, vom gezähnten Blattrande ist nicht die leiseste Andeutung erkennbar. (Fig. 33—36.) Die Farbe der Blattfläche ist ein freudiges Hellgrün seltener Dunkelgrün oder Blau; die Blattstiele sind entweder von gleicher Farbe oder rot und rotbraun. Im lebhaften Grün erscheinen stets die spindelförmigen an der Basis öfters ver- breiterten Knospen , welche nicht selten durch einen beson- deren Kelch ausgezeichnet sind. Bedeutenderen Fleiss hat der aegyptische Maler und Bild- hauer an den wichtigsten Teil der Pflanze, an die Blüte ge- wendet, und die reiche Mannigfaltigkeit in den Einzeldar- stellungen derselben ist wahrhaft überraschend. Hier zeigt sich die Blüte als einfache schmucklose Glocke, oder als breiter Trichter ganzrandig und kelchlos (Fig. 33), oder er ist in der Mitte ein wenig gebuchtet und lässt ein einzelnes Blumenkronblatt sichtbar werden (Fig. 33, untere Blüte links); dort ist die ungeteilte Blütenglocke an der Basis von einem einblätterigen ganzrandigen Kelch umschlossen, oder die drei scharfgegliederten Kelchblätter — das vierte ist nicht sichtbar — sind durch drei kurze zugespitzte oder abgerun- dete Lappen angedeutet. Die Mehrzahl der Blütengebilde aber ist entweder nur gering stilisirt oder der Natur getreu nachgemodelt. Bei ihnen heben sich die langen schmalen , zugespizten oder ovalen Kelchblätter durch Farbe und Zeichnung deuthch von der Blumenkrone ab, ja sie bilden an der Blüte selbst den dominirenden Bestandteil und bestimmen die Form derselben. Ihre Farbe ist vorzugsweise hellgrün, doch findet man sie auch in Hellgelb und Blau vertreten. Hinter den Kelchblättern sind in schema- tischer Anordnung die spitzen oder ab- Fig. 37: (' . d. nat. Gr.» AuB einem Toten-Papy- rus auB Theben. (Descript. de 1 X -r.1 1 i.T-ii • Ui.1- i'Egypte, A. vol. II, pi. 65.) gerundeten Blumenkronblatter sichtbar. — Di — Ihre Zahl variirt zwischen zwei und achtzehn. Der innere und äussere Blatt- kreis der Blumenkrone wird bei blatt- reichen Blüten vom altaegyptischen Künstler dadurch angedeutet, dass er hinter den Blättern der ersten vollstän- tiig gezeichneten Reihe die Spitzen der zweiten, oft auch der dritten hervor- blicken lässt. (Fig. 34—36 und fol- gende.) Die tausend und aber tausend Lotus -Blumengebilde enthalten die ganze Scala des künstlerischen Schaffens, von der in einigen Strichen mit Eleganz und Leichtigkeit aber nicht minder in überraschender Treue hingeworfenen Skizze (Fig. 37) an bis hinauf zur vollendeten zierlichen Ausführung (Fig. 54), und kein Gegen- stand ist von den altaegypischen Meistern mit solcher Liebe behandelt worden, wie dies Geschenk des hei- hgen Ml, der beste Beweis für die hohe Pietät und die Verehrung, die den Blumen der Isis gezollt wurde. Auffällig ist est jedenfalls , dass die Blumenkronblätter von Xym- phaea lotus höchst selten in der na- türlichen Farbe erscheinen. An Stelle des zarten blendenden Weiss liebt der Maler ein intensives Gelb oder Orange zu setzen und den Blattspitzen nicht selten einen rötlichen Anflug zu geben. Mir sind nur wenige Blüten mit weissen Fetalen bekannt geworden. Tiel lieber verwendet man für diesen Teil Blau oder Hellgrün. Die blaue w, a ^^^ — 58 - Earbe ist charakteristisch für Darstellung der Nymphaea coerulea, doch ist sie keineswegs so stereotyp, dass sie nicht durch Hellgelb oder Hellgrün ersetzt werden könnte. ISTymphaea lotus und N. coerulea sind besonders auf den Wandmalereien und an Mumienkästen so vortrefflich charak- terisirt, dass es keines besonderen Scharfblicks bedarf, sie von einander zu unterscheiden. Namentlich haben die Künstler der lY., Y. und YI. Dynastie (3733—3133 v. Chr.) für die Blüten- formen ein gutes Auge gehabt und oft beide Arten nebeneinander in plastischer Treue zur Anschauung gebracht. Den ältesten und besten Beweis dafür erhalten wir durch das interessante Gemälde: „Papyrus ernte" aus dem Grabe des Patahotep y.a, das abgeschnittene und zum Dreschen bestimmte Korn. 16. hi xaya, Getreidedreschen. 17. usebti, sebti, usanti, die Uschebti-Figuren, Osirisstatuetten. 18. y.aya, Getreidemessen. 19. ta, die Gerste. 11* - 164 — 3. Brotpflanzeii. er Ursprang der Getreidearten verliert sich in das j Dunkel der Mythe; ihr erster Anbau zählt zu ande- ren hochwichtigen Momenten der prähistorischen Zeit, und daher sind die Spuren, die uns in ihre Heimat zu leiten scheinen, ziemlich unsichere, wenn auch naturhistorische und geschichtliche Gründe dafür sprechen , dass die Länder des Euphrat und Tigris als das Yaterland der wichtigsten Cerealien anzusehen sind. Vom Weizen berichtet der chal- däische Priester Berosus, ein Zeitgenosse Alexanders d. Gr., dass derselbe in der Nähe der Stadt Babylon wildwachse, und Herodot, Theophrast und Strabon erzählen, dass der Anbau in den Niederungen dieser Flussgebiete ebenso uralt wie lohnend war. Der erstere spricht von einem hundert- fältigen Ertrag der Aussaat und von der Üppigkeit der Gersten- und Weizenhalme, deren Blätter einen Finger breit werden. Die Hirse erreicht nach seinen Angaben sogar die Höhe eines Baumes. *) Glaubwürdige Nachrichten neuerer Forscher scheinen die Nachrichten der Alten zu bestätigen. Olivier fand Weizen, Gerste und Spelt nicht nur bei An ah am Euphrat in einer Schlucht, sondern auch an anderen Orten in Mesopotamien wildwachsend, nachdem schon vor ihm im Jahre 1783 Andre Micha ux bei Hamadan in Fersien, also fast unter demselben Grade der Breite (34 - 35^), einen Standort für den wilden Spelt entdeckt hatte. ^) Zwar würden einige wildwachsend gefundene Exemplare in dieser Frage durchaus nichts zu entscheiden vermögen , wenn die Spontanität der Pflanzenspecies nicht erwiesen werden könnte, da aber in diesem Falle die Authenticität eines älteren Zeug- nisses durch ein neueres besiegelt wird, zudem verschiedene 1) Berosus I. c. Herod. T, 193. Theophrast VIII, 7, 4. Strabon XVI, c. 1. § 14. 2) Voyage dans l'Empire, othoman (1807) III, 460. Siehe auch: H. T. Link: Über die ältere Geschichte der Getreidearten. Abh. d. k. Akadem. d. Wissensch. z. Berlin. Jahre?. 1826. — 165 - BeobachtuDgen erwiesen haben, dass kultivierte Cerealien bei zufälliger Aussaat meist nur ein Jahr fortkommen und dann gänzlich verschwinden, so wären wir in der That berechtigt, Westasien als einen Ausgangspunkt der genannten G-etreide- arten zu bezeichnen und anzunehmen, dass die eingewander- ten Semiten sie aus ihren ältesten Wohnsitzen vom Oxus und Jaxartes mit in das Mlthal übergeführt haben. Die älteste Kulturpflanze, nicht nur für Aegypten, son- dern auch für alle übrigen Länder, ausschliesslich China, ist unstreitig der Weizen, dafür sprechen allein seine Bezeich- nungen in allen alten Sprachen, deren Entstehung der Anbau dieser Cerealie vielleicht noch um Jahrtausende überdauert. Die Fülle lebensvoller Darstellungen altaegyptischer Monu- mente, deren Entstehung in das 3. Jahrtausend v. Chr. zurück- datiert, liefert uns den unumstösslichen Beweis, dass auch im Pharaonenlande der Weizen^) die bevorzugteste Brotpflanze war und wie noch heutigen Tags das grösste Kulturareal der aegyptischen Mlebene in Anspruch nahm. Daher bezeichnen alte Schriftsteller Aegypten als ein einziges grosses Weizen- feld, das in guten Jahren das Hundertfache der Aussaat lie- ferte, und namentlich war die Thebaide als die eigentliche Kornkammer des Landes ausgezeichnet.^) Von den Weizenarten, deren zahlreiche Rassen Yilmorin in vier Gruppen eingeteilt hat, die aber nach De Candolle, wie Kreuzungs versuche ergeben haben, sämtlich auf eine ein- zige Art zurückzuführen sind,^) wurden nach F. Unger im alten AegyptenTriticum vulgare Villars., Triticum Spelta L. und Triticum turgidum L. angebaut. Triticum vulgare Yillars. ist durch zahlreiche Gräberfunde als Hauptkultur- 1) Nach Wilkinson arabisch: Kumh, nach Ph. Wolff: Hintu, Kamh. — Gegenwärtig wird ausser 46 anderen Feld-Kulturgewächsen Triticum vulgare Villars, und Triticum turgidum L. im Nilgebiet, Abyssinien und den Gäläländern in ca. 20 Spielarten angebaut. 2) Plinius XVIII, 21 u. 47. 3) Der Ursprung der Kulturpflanzen von A. De Candolle, übers. V. E. Goeze. Leipzig 1884. S. 447. 456 u. 457. - 166 — pflanze altaegyptischer Landwirtschaft erkannt worden. Wie schon oben bemerkt hat F. ünger neben anderen organischen Einschlüssen: langgeschnittenem Stroh, Unkraut und Blättern mehrerer Sumpfpflanzen in den zum Pyramiden- und Mauerbau verwendeten ungebrannten Ziegeln auch Reste von Gramineen gefunden, die er als Fragmente von Triticum vulgare L. und Hordeum exastichon bestimmte. Yon denselben Arten finden sich kleine Samenproben im aegyptischen Museum zu Berlin. Diese und auch die Reste aus neueren Funden, zeigen sich identisch mit der Form des kleinen gedunsenen Kornes, wel- ches den gemeinen Weizen charakterisiert. Die altaegyptischen Denkmäler bezeugen Triticum vulgare bereits in zwei Arten und zwar mit begrannten und un- beg rannten Ähren (Fig. 81 u. 77). Die Ähren in Fig. 77 und Fig. 82, 6. 8. 9, dürfen wir sicher als zu Triticum vulgare und zwar als dessen Yarietät Tr. hibernum L. (unbegrannter- oder Kolbenweizen) ansprechen, während da- gegen Fig. 81 und Fig. 82, 4. 5. 7. 11. 12 u. 14—19, viel- leicht Triticum turgidum L. repräsentiert; doch sind die von A. Braun und Fr. Unger mit aufgezählten Arten: Triticum turgidum L. und Triticum Spelta L. G. Schweiu- furth, unter den ihm bekannt gewordenen Katakomben- funden bisher noch nicht zu Gesicht gekommen, i) Mehrfach erfolgte Mitteilungen, denen zufolge der französische Gelehrte Michaux und später auch Graf v. Sternberg zu Prag aus Gräbern entnommenen Gramineensamen zum Keimen und Blühen gebracht haben sollen, der im ersteren Falle als Triticum Spelta bestimmt worden ist, entbehren jeder soliden Grundlage, da sich erwiesenermassen der mit der Kultur be- auftragte pariser Gärtner einer groben Täuschung schuldig gemacht hat, die auch im andern Falle entweder schon von Seiten der Araber, die Weizen in die Gräber einschmuggelten, oder durch die Bediensteten des Grafen Sternberg erfolgt ist. 1) G. Schweinfurtb : Über Pflanzenreste in altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 370. - 167 ~ Jedenfalls verdankt unser bekannter Mumienweizen seine Ent- stehung nicht den vieltaiisend jährigen Kornresten der Grab- kammern. Die griechischen und römischen Autoren haben in ihren Schriften die Cerealien teils so oberflächlich, teils so unklar behandelt, dass man aus ihren Beschreibungen leider auch keinen Aufschluss erhalten kann. Plinius nennt an Ge- treidearten für Aegypten Zea, Olyra, Typhe, doch sind die sämtlich angeführten Arten nach seinen botanischen Defi- nitieren unbestimmbar, i) Nur so viel scheint man mit Sicher- heit daraus entnehmen zu können , dass man unter diesen drei Bezeichnungen Weizenarten zu verstehen hat und dass wohl unter der schon von Herodot erwähnten Olyra Tri- ticum Spelta L. gemeint ist, den freihch De Candolle für das alte Aegypten in Zweifel stellt, ohne jedoch stichhaltige Gründe für seine Annahme beizubringen, denn dass er bisher nicht in den Denkmälern gefanden sein soll , spricht noch nicht gegen die Richtigkeit der Mitteilungen der alten Autoren, dass er aber von den ältesten Zeiten bis auf den heutigen Tag nirgends in Aegypten angebaut worden sei, wie De Can- dolle behauptet, ist ein Irrtum, denn der Spelt gehört that- sächlich zu den in Aegypten kultivierten Triticumarten. Der durchaus sorgfältig beobachtende Forscher H. Steudner ver- zeichnet Triticum Spelta L. mit unter den auf den Feldern bei Alexandrien angebauten Nutzpflanzen. 2) Triticum vulgare und Triticum turgidum sind schon den Pfahlbauern bekannt gewesen , wie Funde bei Robenhausen und Wangen am Neuenburger See in der Schweiz und bei Yarese und Lagozza in der Lombardei erwiesen haben, die von Heer undSordelli eingehend be- 1) L. XVin, 10, 19, 39. 2) Th. V. Heuglins Expedition nach Inner-Afrika 1861. Dritter Bericht: Auszug aus einem Schreiben von Dr. Steudner: Über die Flora in und um Alexandrien (30. Mai 1861), Petermanns Mitteilungen. Jahrg. 1861. S. 310. - 1C)S — schrieben worden sind.^) Georg Ebers vermutet, dass diese "Weizenart durch die Phönizier über Massilia nach Europa importiert worden ist. Einige Notizen über den Spelt oder Dinkel (Triticum Spelta L.) geben uns ausser Plinius noch Herodot, Theo- phrast und Dioscorides.'-^) Herodot berichtet, dass die Aegypter sich nur von Speltbrot nähren. Doch ist kaum anzunehmen, dass die ärmere Bevölkerung Aegyptens Weizen- brot als wichtigstes tägliches Nahrungsmittel genossen hat; es mag wohl in den niederen Yolksklassen mehr Gersten- brot gebacken worden sein, obgleich Herodot ausdrücklich betont, dass sich andere Nationen von Weizen und Gerste nähren , was bei den Aegyptern die grösste Schande sei. Theophrast nennt den Spelt das alexandrinische Korn und Plinius hat erkannt, dass das Mehl feiner und weisser ist, als das gewöhnliche Weizenmehl, obwohl das Brot sich nach Dioscorides weniger nahrhaft erweist als das Weizenbrot und leichter austrocknet. Speltmehl galt in Aegypten auch wohl für geringer als Weizenmehl, denn nur das letztere ward mit zu den Opfern verwendet. Schon im Altertum war der Export von Weizen in Aegypten ein hochbedeutender, und namentlich bildete Alexan- drien das Centrum dieses grossartigen Handels. Zur Zeit des Kaisers Augustus wurden allein jährlich 20 Millionen römi- scher Modii nach Italien verschifft. Zwar wird der aegyptische Weizen in Plinius Bericht über die Güte der nach Eom ein- laufenden Tributsendungen den italienischen, böotischen und sicilischen Arten nachgestellt, doch erscheint dieses urteil um so weniger kompetent, wenn man bedenkt, dass die jährlich einlaufenden bedeutenden Getreidequantitäten als ZwangsHefe- rungen gewiss nicht in den besten Sorten erfolgten. Als die Heimat der zweizeiligen Gerste (Hordeum distichon L.) ist das westüche Asien zu betrachten. Boi ssier fand Exemplare im Peträischen Arabien, Fi gar i in der Nähe 1) 0. Heer: Die Pflanzen der Pfahlbauten. Zürich 1865. S. 5, 13, 22. 2) Herodot II, 36. Theophrast I, 6. II, 4. VIII, 4. Dioscorides II, 3. - 169 — des Berges Sinai, Kotschy am kaspischen See, Ledebour zwischen Lenkoran und Baku in der Wüste von Schirwan und Awhasie im Süden des Kaukasus und auch in Turkmenien wird sie von Regel (1881) als wildwachsend angegeben.*) Merkwürdig erscheint es daher, dass nur Theophrast den Anbau der zweizeiligen und vierzeiligen Gerste erwähnt^) und dass uns die übrigen alten Historiker über die in den Ländern am Mittelmeerbecken kultivierten Arten im Unklaren lassen. Doch so viel ist mit Sicherheit zu behaupten, dass im alten Aegypten zwei Species dieser Cerealie zu den bedeutendsten Nutzpflanzen zählten, — denen vielleicht in prähistorischer Zeit Hordeum distichon L. voranging, — nämlich die gemeine vierzeilige Grerste (Hordeum vulgare L.) von Kunth als in der Tartarei und Sicilien wildwachsend angegeben und die sechszeilige Gerste (Hordeum hexastichon L.). Yon beiden Arten fand F. ünger bestimmbare Fragmente in einem Mauerziegel von El-Kab und in einem Pyramidenziegel von D ah schür, und unter den Totenspeisen der Katakomben- funde von Saqqarah entdeckte Marie tte eine Schale mit zertrümmerten und angewitterten Gerstenähren, ebenso in Theben Breiklumpen von grobgeschroteten Gerstenkörnern, welche G. Schweinfurth als Hordeum vulgare angehörend be- stimmte.^) Da Mariette das Alter dieser Gramineen in die Y. Dynastie verlegt, so erhalten wir durch dieselben die unum- stössliche Gewissheit, dass der Gerstenbau bereits um 3000 v, Chr. im alten Aegypten in hoher Blüte stand. Durch die ange- führten Fakta fällt somit die Behauptung De Candolles, dass Hordeum vulgare in aegyptischen Denkmälern nicht beobach- tet, und daher im Altertume weniger angebaut worden sei als die beiden anderen genannten Arten.*) Hordeum hexa- stichon, welche bisher nirgends wildwachsend beobachtet 1) Siehe De CandoUe a. a. 0. S. 464 ff. 2) L. I, 8. 3) Über Pflanzenreste in altaegyptischen Gräbern a. a. 0. S. 362. 370. 4) De Candolle a. a. 0. S. 466. — 170 - worden ist, war im alten Griechenland ein bekanntes Kultur- gewächs; es bildet auch einen wesentlichen Bestandteil vege- tabilischer Reste der Pfahlbautenfunde. Aus der Gerste gewannen die alten Aegypter einen Gersten wein, 1) der in denjenigen Teilen des Landes, wo die Rebe fehlte, in Gemeinschaft mit einem Bier, — dem man, um besseren Wohlgeschmack zu erzielen und seine Dauer zu erhöhen, Pflanzenbitter zusetzte, — für Ackerleute, Hirten, Schiffer und Fischer ein unentbehrliches Getränk bildete. Ob, wie Sprengel^) behauptet, der Zusatz wirklich Lupinen- bitter (Lupiuus Termis Forskai; arabisch Termus) gewesen ist, lasse ich dahingestellt. Mit Unrecht leiteten die Griechen von diesem Gerstenbier die Ursachen des in Aegypten so häufig grassierenden Aussatzes her. Plinius beklagt die Gewohnheit, sich in aegyptischem Bier zu berauschen, Athen aus berichtet, dass dasselbe ein besonderes Privilegium der ärmeren Bevölkerung Aegyptens sei,^) und Diodor be- hauptet, dass der von Osiris an Stelle des Rebensaftes ge- spendete Trank an Stärke und Wohlgeschmack dem Weine gleichkommt.^) Das Berauschen in Bier scheint schon in den ältesten Epochen bei Vornehm und Gering, bei Alt und Jung ein weitverbreitetes Übel -gewesen zu sein, denn gar zu häufig ertönt aus dem Munde weiser Philosophen die Warnung vor übermässigem Biergenuss: „Yersitz nicht im Bierhaus (die Zeit), und Übles vom Nächsten darfst du auch im Rausche nicht reden. Dann fällst du zu Boden und brichst dir die Glieder, reicht keiner die Hand dir zu helfen. Sieh! deine Gesellen , sie trinken und sagen : Geh heim , der genug du getrunken !" So lässt sich der Schreiber A n i in seinen Lehren zu Nutz und Frommen vernehmen, und in dem S. 1) Herodot II, 77. Plinius XIV, 22. 29. 2) Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzneikunde. L S. 75. 3) L. I, 61. 4) L. I, 20. 171 111 erwähnten Briefwechsel der Schreiber rügt Qagabu das leichtsinnige Leben des Ennana mit folgenden Worten: ,,Es ist der Fall, dass mir gesagt wurde, du verlassest das Schrift- tum , du sehnest dich nach Lustbarkeiten , du gehest von Kneipe zu Kneipe; der Biergeruch, wohin führt er? Man meidet den Biergeruch, er entfernt die Leute, er bringt deinen Oeist in Rückgang." i) Das ist eine Variante von dem oft zu vernehmenden Thema über das lockere leichtsinnige Leben der altaegyptischen Scholaren, über die man zu klagen weiss, dass, wenn sie des Bieres oder Weines voll, auf dem Heim- weg aus dem Wirtshaus allerhand Allotria treiben und in toller Laune die Zäune und Thüren ehrsamer und friedlicher Bürger einwerfen. V Mg. 82: Altaegyptisclie Ährenzeiclinuiigen. (Vom Verfasser gesammelt und zusammengestellt. Wie die in Fig. 82 und 83 zusammengetragenen Formen der Ährenzeichnungen beweisen, finden sich neben äusserst schematischen Skizzen auch einige ziemlich getreue Kopien von Cerealien. Unter diesen möchte ich Fig. 76 und Fig. 82, 2. 10. 11. 13. 20 als Gerstenähren ansprechen. Die gemeine Moorhirse (Sorghum vulgare Pers. = Holcus Sorghum L.) arabisch Durra, wird gegenwärtig als die wichtigste Brotpflanze der Südgegenden im ganzen Ml- gebiet ~ mit Ausschluss des Delta ~ namentlich in Nubien, 1) Papyrus Sallier I, 11, 8. Siehe Laut : „Über die altaegyptisclie Hochschule von Chennu" a. a. 0. S. 67. - 172 - Oberaegypten, Abyssinien, in dem westlichen Sudan und den Oasen in zahlreichen Yarietäten angebaut und beansprucht zur Zeit das zweitgrösste Areal des Kulturgebiets. Ob sie bereits unter den Pharaonen — wohl eher aus Indien als aus China her — Eingang und Pflege gefunden hat, ist bis- her noch nicht völlig entschieden. Die von Rosellini aus Theben mitgebrachten Samen waren so defekt, dass ein sicheres Bestimmen un- möglich war. Birch hat Sorghumfunde in Zweifel ge- stellt, und S c h w e i n f u r t h führt a. a. 0. keine der Hirse- arten unter den Grabein- schlüssen auf. Pickering glaubt Blattreste der Pflanze in den Katakomben entdeckt Fig. 83 : Altaegyptische Darstellung von Ähren . (nnbegrannter Weizen). Ans El-Kab. Zl^ habcU, UUd Cr SOWOhl WlC Wilkinson, Lepsius uud ünger ') haben sie in einer besonderen Cerealieiidarstellung und in Abbildungen von Körben mit Opfergaben in Saqqarah, Gizeh und Theben erkennen wollen. So viel ist sicher, dass die von den genannten Forschern angezogenen Zeich- nungen auf Sorghum vulgare deuten , welches nach Lepsius auch in der Hieroglyphen schritt (Binse und drei Saatkörner) vertreten ist.'^) Auf einem Wandgemälde aus dem Grabe des Amenembe in Beni-Hassan ist eine Ernteszene dar- dargestellt, wo die manneshohen Getreidehalme unten hellgrün und oben gelb mit roten Ähren erscheinen.^) Zweifellos wird auf demselben die Durra charakterisiert. Die Ernte ist nach diesen und einigen andern Gemälden verschieden von der der 1) Unger a. a. 0. S. 99. Wilkinson: Manners and customs etc. II, 427. Lepsius: Denkmäler III, 78. 2) Königsbuch d. alt. Aegypter. 1858. II. Abt. S. 166, Anmerk. 3) Rosellini II, 36. Das Gemälde entstammt vermutlich der XII. Dynastie (2400—2200 v. Chr.). anderen Getreidearten, denn wir sehen Arbeiter die langen mit kolbenförmigem Fruchtstand besetzten Halme aus dem Boden ziehen , ihre Wurzelenden reinigen , in Garben binden und diese nach der Tenne tragen , wo sie mittels einer Hechel von ihren Körnern befreit werdend) Das Ernte verfahren ist jetzt gemeiniglich ein anderes. Die oft zwei Finger starken knotigen massiven Halme, von 3—4 m Höhe, werden mit beilartigen Instrumenten umgehauen. Jedenfalls ist ein Aus- raufen der Halme dagegen weit müheloser, und man mag wohl in ältester Zeit den bequemeren Weg für das Abernten gewählt haben. Obgleich die Darstellungen eine durchaus sichere Bestätigung der Durra im Pharaonenreiche ergeben, nimmt, Yictor Hehn in seinem ausgezeichneten Studien- werke an , dass die Durra erst kurz vor Plinius aus Ost- indien nach Italien gekommen, aber wegen der geringen Ergiebigkeit des Kornes bald wieder aus der Reihe der Kulturgewächse verschwunden ist. Ihre Yerbreitung in den Mittelmeerländern soll erst später durch die Araber erfolgt sein.^) Der gelehrte Autor stützt seine Annahmen auf die Mitteilung Abdallatifs, dass die Moorhirse mit Ausnahme der oberen Gegend des Said, wo Dochu angebaut werde, in Aegypten fehle. Der zweite Grund, dass Prosper Alpini dort gegen Ende des 16. Jahrh. kein anderes Brot als Weizenbrot gefunden haben will, ist kaum als vollgewich- tiger Beweis aufzufassen. Gewagt scheint mir De Candolles Argumentation, wonach auf Grund der Brown 'sehen und Schmidt 'sehen Funde im äquatorialen Afrika und auf den capverdischen Inseln die Pflanze afrikanischen Ursprungs ist, ihre Yerbreitung von Süden nach forden genommen hat und in prähistorischer ^eit nach Indien und China verpflanzt worden sein soll. Die 1) Gemälde aus El-Kab. (XVII. Dynastie, 1600—1500 v. Chr.) L. D. III, 10. 2) Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergange aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das übrige Europa. 4. Aufl. Berlin 1883. S. 418 u. 414. Anm. S. 503. — 174 - widersprechenden und analogen Ansichten älterer und neuerer Forscher führen mich zu der Annahme, dass Sorghum vulgare schon in vorgeschichtlicher Zeit seinen Weg aus Indien nach ^sTordafrika gefunden hat und hier noch in den ersten Dy- nastien des Keichs neben Weizen und Gerste angebaut worden ist, bis es durch die ergiebigeren und feineren Cere- alienarten immer weiter nach dem Süden hinausgedrängt wurde,, um sich am oberen Stromgebiet allmählich zu seiner jetzigen Bedeutung für die Nilländer des Südens zu erheben. Panicum miliaceum L. (echte Hirse, Waldhirse) und Panicum italicum L. (Kolbenhirse, Borstengras) und Pen- nisetum typhoideum D. C. (Negerhirse, Dochu) sind für den Anbau im alten Aegypten in Frage zu stellen. Zwar zählt sie ünger zu dessen Cerealien und Pickering will die erstgenannte Art in einem Grabe zu El-Kab erkannt haben, ^) doch sind seither nirgends Reste zwischen den Opfergaben entdeckt worden. Dochu wird zur Zeit besonders im süd- lichen Nubien stark bevorzugt 3. Brotlbäckerei. ie Mahlgeräte waren im alten Aegypten sehr einfacher Art. Yermutlich wurde in ärmeren Haushaltungen das Korn, wie noch heutigen Tags die Durra im Süden, zwischen zwei flachen Steinen zerrieben oder in Mör- sern gestossen und geschroten verbraucht. Den Mörser er- setzte bei besser Situierten die H a n d m ü h 1 e. Dieselbe be- stand im wesentlichen aus zwei Steinen, von denen der obere auf dem unteren feststehenden herumlief. Der obere hatte zudem ein Loch , durch welches das Getreide eingeschüttet wurde. Die lange Kurbelstange der Mühle in Bewegung zu setzen , war die Beschäftigung für Sklaven und Sklavinnen 1) F. Unger: Die Pflanzen d. alt. Aegyptens a. a. 0. S. 100. - 175 — und gehörte , wie wir erfahren , zu den härtesten Arbeiten. Später mögen wohl am Triebwerke grösserer Mühlen aus- schliesslich Esel und Rinder verwendet worden sein. Mehlsiebe, von verschiedener Grösse und Dichtigkeit, wurden aus Papyrusschilf oder aus Binsen gefertigt.^) Brot scheinen die alten Aegypter mit ganz besonderer Vorliebe genossen zu haben, denn sie werden von Homer nicht nur Lotophagen, sondern von römischen Schriftstellern auch Artophagen, d.i. Brotesser genannt. Dass Yorneh- mere Weizengebäck und zwar gesäuertes allem anderen vorgezogen haben, kündet uns das Bild vom Bäcker aus Pharaos Traum, Genes. 40, 10—17. Der Papyrus Rollin in der Bibliothek zu Paris, aus der Zeit des Aufenthaltes der Israeliten in Aegypten stammend , giebt uns u. a. genauen Aufschluss über Ämter und Yerpflichtungen der Hofbäcker unter den Pharaonen. Wir erfahren, was ihnen an Mehl ge- liefert wurde, hören von dem Modus, der beim Backen und Brotverteilen gebräuchlich war und erkennen, dass der Bäcker in Josephs Geschichte, als Chef der königlichen Bäckerei, eine hohe Stellung bekleidete, da wir vernehmen, dass durch einen solchen allein 114 064 Brote in das königliche Magazin ge- liefert werden. Ein grosses Gemälde im Grabe Ramses IIL zu Theben (XX. Dynastie, um 1200 v. Chr.) versetzt uns in die könig- liche Hofbäckerei zu den er-aeiks, d. i. den Brotmachern. Alle sind in vollster Thätigkeit. Gleich links oben steht ein Korb mit gährendem Teig. Darunter sehen wir zwei junge Bäckerknechte die schon gesäuerte Masse mit den Füssen kneten. Lustig springen sie in der schlüpfrigen, zähen Masse des Troges herum, und um die Balance zu halten, unterstützen sie den Schwerpunkt ihres Körpers durch Stäbe. ^) An einem einfachen Tische steht der Former (Fig. 84) und giebt der gekneten Masse die Form des Gebäcks. Die Abbildung 1) Plinius XVIII, 28. 2) Herodot II, 36: „Sie (die Aegypter) kneten den Teig mit den Füssen und den Lehm mit den Händen.'' — 176 — in Fig. 85 und verschiedene andere überzeugen uns, dass das Verfahren, den Teig mit den Füssen zu kneten, nur sel- tener geübt wurde. Das Kneten geschah in grossen schüssel-, förmigen Gefässen und auf flachen auf dem Tisch oder am Boden befindlichen Steinen. Allerliebste Kalksteinstatuen knetender Frauen, die in gebückter Stellung vor der mörser- Wo9 oon n Fig. 84: Formen des Gebäcks. Aus Theben. (XX. Dynastie, um 1200 v. Ohr.) artigen Teigschüssel stehen , Mehl und Wasser zu einem Brei zusammenrühren, die zähe Masse kräftig zusammen- ballen oder vor dem abgeschrägten Knetstein knieend die Teigballen hin und herrollen, gehören zu den Kabinet- stückchen der plastischen Kunst im alten Reich und bilden ^^ Fig. 85: Kneten des Brotteigs. Aus Bulaq. eine interessante Kollektion der reichen Schätze des Bulaqer Museums. Auch derGräbersaal desBerliner aegyptischen Museums enthält eine solche Statue, welche gleichfalls den ältesten Epochen des Reichs entstammt. Die Brote waren von sehr verschiedener Gestalt: flach, rund, länglich rund, dreieckig, viereckig-stumpfkantig, spindelförmig, kegelförmig, — 177 — halbkugelig, die flachen vielfach von der Grösse eines Tellers und der Dicke eines Daumens; sie hatten teilweise einen er- habenen Rand und zeigten mancherlei Verzierungen, als Bogen, IFig. 86: Altaegyptische Brote. (Nach G-emälden, Reliefs und Basreliefs zusammen- gestellt vom Verfasser.) Punkte, Striche, Kügelchen und Streifen. Letztere wurden, wie die Reliefs und Basreliefs der Opferplatten und Monumente zeigen, besonders aufgesetzt. Wo die Brote in farbigen Dar- stellungen auftreten sind sie weiss, hellgelb und gelbbraun Fig 87 : Von einer Stele aus Sar but el Chadein im Berliner aegyptischen Museum: Brote, ein Bündel askalonischer Zwiebeln (Allium ascalonicum L.) und -ein Dattelblatt (Phoenix dactylifera L.). XII. Dynastie. (L. D. II, 144.) Fig. f-8: Opfertisch mit runden, kegelförmigen und halbkugel- förmigen Broten, Libationsgefäss, Ei, Tierkeule, Geflügel, Wein- traube, Zweig vom Granatbaum. A. d. Tempel zu Amada. XVIII. Dynastie. (L. D. III, 48.) koloriert; die Verzierungen aber sind heller oder duiiklei- markiert. (Fig. 86, 87 und 88.) Unter dem feineren Gebäck kamen, wie heutzutage in unseren IvonditorÜiden, die erdenk- Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. ^^ — 178 — liebsten Gebilde zum Yorscbein. Aucb das verrät uns das plastiscbe Bild der Hofbäckerei, denn auf den Brettern an den Wänden über den Köpfen der Former liegen allerlei Figuren, wie Sternchen, Scheiben, Dreiecke, Blumen, Triangeln^ Cymbeln , Ochsen , Kühe , Kälber (Fig. 89) , Schafe , Fische u. s. w. , denn Gebäck in Tierform wurde in Ermangelung von Opfertieren von den Armen geopfert. Zwei Lehrlinge tragen dem Former in Krügen Wasser und Teig herbei. Von den beiden Bäckerknechten, welche rechts auf dem Bilde da& Geschäft des Backens bei Feuer und Pfanne besorgen, schnei- det der eine den gerollten Teig in Streifen und der andere bildet Ringel daraus, welche die Gestalt einer Uhrfeder haben. Hinter ihnen nimmt ein Arbeiter die gar gebackenen Brote aus dem Ofen heraus und legt sie auf eine Stellage. Der Ofen, von circa 1 m Höhe, gleicht in seiner Gestalt einem umgestürzten bodenlosen Kruge. In sei- dig. 89: Aitaegyptisciies uem Innom wurdo ein Feuer angezündet Gebäck in Tiexform Aus ^^ ^ ^. Soitenwäude hinläuglich Theben. (Im Kolorit bell- ^ braun.) orhltzt warou , klebte man Brote oder Kuchen innen oder aussen an und Hess sie gar backen. Ein solcher Backtopf wird von den Arabern Tenur genannt. Die letzten Personen der anschaulichen Darstellung bilden die aegyptischen Bäckerjungen. Einer derselben trägt die runden gelben Brote in einem flachen Korbe, den er auf dem Kopfe balanciert, eiligst nach dem Ofen , zwei andere nehmen ihm die Last mittels der Brotschieber ab ; ein vierter bestreut die geformten Brote, um sie noch mehr schmackhaft zu machen, mit Gewürzen, vermutlich mit Samen vom Sesamstrauch (Sesamum Orientale L.). Auf einem anderen Gemälde am gleichen Orte bemerken wir schliesslich einen Bäckerknecht, welcher in einem grossen , sehr flachen Korbe den Kunden die frischgebackenen Brote zuträgt. Wie heutigen Tags unsere Gebäcke nach Form und Güte verschieden benannt werden, so gab es auch im alten Aegyp- ten eine grosse Zahl verschiedener Brotarten , die in den - 179 - Hieroglyphen Schriften wohl vermerkt sind. So gab es Brot- Sorten ak,') pes,^) pesen^) und pesenu.^) Das erstgenannte, der divinisierten Prinzessin Berenike geweiht, daher: Brot der Berenike, führte einen besonderen Stempel und stand als Geschenk für die Frauen der Priester hoch in Ehren ; eine gewöhnliche Art hiess sens,^) eine andere %enf, /enf-u^) und das oben erwähnte spiralige Gebäck war unter dem Namen uten-t^) behebt. Brot gehörte mit zu den Hauptabgaben an die Tempel. In dem aus der Zeit Ramses HL herrührenden grossen Eestkalender, an der südlichen Aussenwand des Tempels von Medinet-Abu, welcher die riesige Fläche von ca. 62 m Länge und 4 m Breite einnimmt, wird bei der 24tägigen Dauer des Apetfestes eines Extrageschenkes für die Priester- schaft Erwähnung gethan und genau berechnet, welche Mengen nach Mass und Zahl an Aanebneb-Gebäck, Hak-Ge- tränk, „Rakgetränk süsses", „Rakgetränk frisches" und „Ukgetränk süsses", „Ukgetränk frisches" an den Tempel abgeführt werden soll.^) Brot von verschiedener Form und Güte bildete einen Hauptbestandteil der Opfer, und wo wir Gabentische abgebildet finden und die bemalten Flächen der Grab- und Tempelwände einen Blick in Yorrats- und Speisekammern gestatten , finden wir Brote in Lagen aufgeschichtet oder zwischen dem bunten Allerlei von Früch- ten und Tieren, Eiern u. s. w. vor. Die Besucher des aegyptischen Museums zu 'M IT— ü CT" a n.) — i^— O 8) J. Dümichen: Altaegyptische Kalenderstudien. Zeitschr. f. aegyptische Sprache u. Altertumskunde. Jahrg. 1866. S. 7, 8, 11 — 13. 12* — 180 - Berlin werden in einem Glasschrank des G-räbersaales u. a. auch eine hübsche Holzschnitzerei vorfinden , welche, einem Grabe entnommen, in vielen kleinen buntbemalten Figuren und Gegenständen das Leben und Treiben in einer altaegyptischen Backstube plastisch zur Anschauung bringt. Dergleichen Schnitzereien, — das Handwerk des Verstorbenen darstellend, — welche in ihrer Zierlichkeit an das Weihnachts- spielzeug erinnern, ist in den Gräbern nicht selten, denn der Aegypter liebte es nicht nur, sich noch im Tode mit allem dem zu umgeben, womit er sich im Leben beschäftigt, son- dern suchte seinen Stand auch auf diese Weise zu charak- terisieren. Yielleicht hatten die Holzpüppchen auch dieselbe Bedeutung für den Ort der Seligen, wie die oben erwähnten Uschebti-Figuren. TU. Die Kultur des Lein im alten Aegypten. elten wohl hat ein Gegen stand die botanische For- schung in so andauerndem regen Interesse erhalten, wie die Frage nach dem Indignat und die Differenz der Species dieser so hochwichtigen Kulturpflanze, deren Ge- schichte in die frühesten Kulturepochen zurückdatiert. Die Resultate der eingehenden vielseitigen Untersuchungen teils empyrischer, teils hypothetischer Natur haben De Candolle zu dem Resume geführt, dass zwei Hauptformen des FJachses die Kultur beherrschen: Linum angustifolium Huds. und Linum usitatissimumL. (Linum humile Mill.) , deren Charakter so unmerkhche Abweichungen zeigt, dass man beide als eine Art auffassen kann. Die perennierende Art, Linum angustifolium, selten zwei- oder einjährig von den kanarischen Inseln bis nach Palästina und dem Kaukasus spontan auftre- tend, wurde aus ihren Kulturgebieten in der Schweiz und dem nördhchen Italien durch den einjährigen Flachs (Linum usi- tatissimum), — noch jetzt in den zwischen dem persischen Golf, dem kaspischen See und dem schwarzen Meer gelegenen Ländern wildwachsend, — verdrängt. ^} Diese Art ist nachweis- lich schon vor vier- bis fünftausend Jahren in Mesopotamien, Assyrien und Aegypten angebaut worden und hat bereits in den ersten Dynastien des letztgenannten Reiches sich zur be- sonderen Blüte entfaltet. De Candolle neigt der Ansicht zu, 1) De Candolle: Der Ursprung der Kulturpflanzen. S. 160 u. 161. — 182 — dass die Prosemiten den Flachs und zwar Linum humile aus ihren Wohnsitzen im Westen Asiens mit in das Mlthal her- über gebracht haben. ^) Wenn die Überreste des Königs Menkara (lY. Dynastie, um 3600 v. Chr.), der in der von ihm erbauten Pyramide von Gizeh beigesetzt wurde, noch in grobe Wolle und nicht in Byssusbinden eingehüllt war, so lässt sich aus dieser Thatsache schliessen, dass die Lein- kultur in dieser Periode noch in ihren Anfängen begriffen war, während uns ein Jahrtausend später Grabgemälde aus der XII. Dynastie, 2400—2200 v. Chr., über die Yorgänge bei der Leinkultur und die Yerarbeitung der Flachsfaser bis ins Detail unterrichten und Partheys Behauptung bekräftigen, der erst von diesem Zeitpunkte an leinene Mumienkonvolute konstatiert. 2) Zeugnisse alter Autoren, Mumienkonvolute und Püanzenreste bieten eine weitere Ergänzung und Be- stätigung für diesen Gegenstand der Forschung. Herodot berichtet: „Die Leinwandarbeit ist allein bei den Kolchiern und den Aegyptern gleich, und hat ihr ganzes Leben und ihre Sprache Ähnlichkeit miteinander. Die kol- chische Leinwand wird von den Hellenen sardonische genannt, die jedoch, welche von Aegypten kommt, nennt man aegyp- tische.^) F. ünger schliesst aus diesen Worten Herodots auf einen innigen Yerkehr zwischen beiden Ländern in frühe- ster geschichtlicher Zeit und ist geneigt, Kolchis, die sum- pfigen Niederungen in der südwestlichen Ebene am Kaukasus, als das Yaterland des Lein anzusehen. "*) Plinius spricht: „Der Flachs der Aegypter hat zwar die geringste Stärke, bringt ihnen aber einen grossen Gewinn. Es giebt dort vier Sorten : den tanitischen , pelusischen, bu- tischen und tentyritischen ; jede führt den Namen von der Landschaft, in der sie wächst."-^) 1) A. a. O. S. 159. 2) Plutarch: Isis et Osiris. S. 158. 8) L. II, 5. 4) Unger a. a. 0. S. 180. 5) L. XIX, 2. — 183 — Die von Plinius aügeführten Sorten sind selbstredend nicht als Species aufzufassen ; die Namen dienten einfach zur Bezeichnung der einzelnen Kulturterrains, welche teils eine geringere teils eine bessere Qualität der Bastfasern erzeugten. Yollständige Exemplare des Flachses hat man seither in den Gräbern nicht gefunden , dagegen grössere und ge- ringere Mengen von Samenkapseln. Eine solche von Fr. ünger zwischen Rohziegeln entdeckte und untersuchte Kapsel erkannte der genannte Forscher als identisch mit dem Samen von Linum usitatissimum L. A.Braun untersuchte drei Samen, die sich unter einer kleinen Quantität von Sä- mereien altaegyptischer Kulturpflanzen befanden ; einen der- selben glaubte er Linum angustifolium Huds., den andern Linum humile Mill. zuzählen zu müssen. Die neuesten reichen Samenfunde, welche Mariette 1881 in einem geöffneten Grabe beiDra-Abu-Negga, Theben (XIL Dynastie 2400—2200), unter den Opfergaben entdeckte und die der ausgezeichnete Forscher G. Schweinfurth bestimmte, lassen den Anbau einer Linum-Species und zwar die Kultur des Klenglein, Springlein (Linum humile Mill. = Linum usitatissimum L. var. crepitans Schübl & Mart., arabisch Kettän) im alten Aegypten als Gewissheit erscheinen. Es ist dies dieselbe Art, welche noch gegenwärtig ausschliesslich in Aegypten und Abyssinien kultiviert wird und besonders im Delta in vorzüglicher Qualität gedeiht. An den wohlerhaltenen 8 mm langen geschlossenen Kapseln sind vielfach noch Kelch und Stiel vorhanden, letzterer bis 2 cm lang. Die Mass- und Grössenverhältnisse der Kapsel, der ausgereiften Samen und die zahlreichen langen Härchen, welche sich an der Innenseite der Kapseln vorfinden, erweisen die volle Identität mit Linum humile Mill. Auch das Äussere der Samen ent- spricht täuschend dem Aussehen der frisch gezeitigten ; erst wenn man sie durchschneidet, erkennt man, wie der Autor bemerkt, die im Laufe der Jahrtausende an ihnen vorgegan- genen Yeränderungen. ^) 1) F. ünger: Botanische Streifzüge Nr. 7. 1866. S. 15. — A. - 184 — Über Anbau , Ernte und die Technik der Verarbeitung der Leinpflanze besitzen wir die interessantesten Malereien. Eine derselben aus dem Grabe des Sciiimnes zu Chum- el-Achmar (Fig. 90) schildert die Flachsernte. Hier sind zwei Männer beschäftigt, die Flachsstengel auszuraufen. Sie reichen sie einem dritten Arbeiter hin, der an der Erde hockt und sie in Bündeln bindet. Der Aufseher oder Eigentümer des Feldes steht mit übergeschlagenen Armen müssig dabei und sieht den Arbeitern zu. In der über dem Gemälde be- findlichen Hieroglyphenschrift: huma = Lein (Leinwand) findet sich als Deutzeichen ein Flachsbündel. Die Westseite des Grabes Nr. 2 in Beni-Hassan (XIL Dynastie)') orientiert über die Fortsetzung der Arbeit. Li einen erhöht gezeich- neten Behälter, zu welchem Stufen hinaufführen, tragen zwei Männer Wasser hinein, um den ]-östenden Flachs zu begiessen. An der entgegengesetzten Seite des Behälters nimmt ein an- derer die gerösteten Stengel zum Trocknen heraus, um an ihre Stelle frischgeerntete zu legen.-) Nebenan klopfen zwei Arbeiter die Flachsstengel mit keulenförmigen Hölzern. Die gewonnenen spröden Bastfasern werden von anderen hinter ihnen auf einem Stein mürbe geschlagen, von ihren Binden- teilen befreit und schliesslich zu einem Seil gedreht. Der Flachs, welcher zu Gespinsten verwendet werden sollte, ward gehechelt. Zwei solcher Kämme oder Hecheln besitzt das aegyptische Museum zu Berlin.^) Sie sind aus Holz Braun: Über Pflanzenreste aus altaegypt. Gräbern im Museum z. Berlin. Mit erläuternden Zusätzen von A. Ascherson u. Magnus. Zeit- schr. f. Ethnologie. 1877. — G. Schweinfurth : Neue Funde auf dem Gebiete der Flora des alten Aegyptens a. a. 0. S. 198 — 200. — Der- selbe: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Gräbern a. a. 0. S. 360. 1) Rosellini II, 35, 41, 42. Descript. de l'Egypte, E. M. vol. II, 14. Lepsius, Denkmäler II, 126. Wilkinson III, 138, 140. Abbild. Nr. 356 u. 357. 2) Zum Trocknen benutzte man wahrscheinlich die platten Dächer der Häuser und Hütten. 3) Historischer Saal, Ostseite, in den Schaukästen, 30—32. — 185 — gearbeitet. Faserreste, die noch zwischen ihren Zähnen ein- geklemmt waren, erwiesen sich als Bastteile des Flachses. Das Spinnen und Weben ward von Männern wie von Frauen besorgt, denn in einem Grabe von Beni-Hassan hockt ein Mann vor einem aufrechtstehenden, langen, oben gegabelten Stabe, an den der Faden geknüpft ist, und hantiert mit der Spindel. Ein Näpfchen zum Befeuchten des Flachses steht unten am Fusse des Stabes. Ebendaselbst finden wir noch zwei Wandgemälde (Fig. 90) mit ähnlichen Darstellungen: Sechs Frauen arbeiten unter Kontrole einer Aufseherin mit der Spindel und am Webstuhl. Die eine der Spinnerinnen Fig. 90: Flachsernte, Weberei 1111(1 Spinnerei. (A.U8 Chum-el-Aclimar und Beni Hassan. XII. Dynastie.) zieht den einfachen Faden, die andere dreht mehrere einfache Fäden zu einem stärkeren zusammen. Yon den beiden Weberinnen besorgt die eine den Aufzug, die andere den Einschlag. Bei zwei anderen Spinnerinnen vertritt ihr Körper selbst den Stab , indem sie das fertige Stück Faden spiralig um sich herum drehen. Auf demselben Gemälde (Fig. 90) webt ein Mann an einen zwischen einem Kahmen ausgespannten Stoff ein schachbrettartiges Muster, und in Theben ist an der Wand eines Grabes ein Webstuhl zu sehen, — ähnlich wie die Webstühle in der Neuzeit, — vor dem ein aegyptischer Weber sitzt und Hände und Füsse — 186 — tüchtig rührt. ^) Die Spindel findet sich unter den Hierogly- phenzeichen, und Spindeln von einfacher und komplizierter Form enthalten das Britische Museum zu London, ebenso die Sammlungen des aegyptischen Museums zu Berlin. 2) Zwar erfahren wir weder aus den Papyri noch durch die Abbildungen etwas Näheres über die einzelnen Bestandteile des Webstuhles, doch werden mehrere die Beschäftigung des Webens angehende Stücke in der Bibel genannt, welche das orientalische Webeverfahren mit dem unsrigen gleich erschei- nen lassen. So wird Hiob 7, 6 das Weberschiff, 1. Sam. 17, 7, 2. Sam. 21, 19 der Weberbaum, Richter 16, 14 der Stell- oder Steckflock genannt, 3. Mos. 13, 48, Richter 16, 13 Werft oder Aufzug, 3. Mos. 13, 48 Eintracht oder Einschlag und Jes. 38, 12 wird Trumm oder Trilf des aufgezogenen Gewebes erwähnt Herodot führt als etwas Bemerkenswertes an, dass die aegyptischen Weber gegen die sonstige Gewohn- heit den Einschlag nicht aufwärts , sondern niederwärts zu werfen pflegen.^) Die Weberei oder Wirkerei war schon im Altertum zu einem hohen Grad von Yollkommenheit gediehen. Man legte mehr Wert auf Sauberkeit des Gewebes als auf grosse Yer- schiedenheit in Mischung der Stoffe und Farben. Namentlich war auch Aegypten durch seine vollendeten Webereien (Spr. 7, 16) berühmt und das aegyptische Linnen und aegyptische oft halbdurchsichtige Byssus-Gewänder bildeten eins der be- deutendsten Handelsobjekte unter den Luxusartikeln der Länder des Mittelmeerbeckens. Durch wohlerhaltene Reste vermögen wir uns noch heute davon zu tiberzeugen, dass die altaegyptische Weberei an Feinheit und Genauigkeit den heutigen vollkommensten Erzeugnissen in diesem Zweige des Kunstgewerbes keineswegs nachstand. Man begnügte sich 1) Wilkinson III, 134, 135. 2) Historischer Saal, Ostseite, Nr. 6929 des aegyptischen Museums u Berlin. Siehe auch Abbildungen bei Wilkinson III, 136. 8) L. II, 35. — 187 — nicht mit einfarbiger Weberei, sondern verfertigte auch ver- schiedene kunstvoll gewirkte, mit Goldfäden durchschlungene bunte Gewänder, Teppiche, Decken, Schiffssegel, Möbelüber- züge u. s. w., vor allem aber den über den Hüften von einem Gürtel zusammengehaltenen bis an die Kniee oder Knöchel reichenden Leibrock (aegyptisch sten), das Oberkleid oder Mantel (hbos) und das Halstuch, ein Hauptschmuck beider Geschlechter. Die Farben der Stoffe, welche in be- sonderer Reinheit und daher wirkungsvoll zur Verwendung kamen, waren Schwarz, Weiss, Rot, Gelb, Grün und Blau. ^) Die Zeuge sind entweder einfach glatt, wellen-, bogen- oder zickzackförmig gestreift, flechtwerk-, Schachbrett- oder mäanderartig gemustert oder zeigen ein fein berechnetes Ara- beskenwerk von zierlich geschlungenen Spirallinien, zwischen welche sich Rosetten, Sternchen und phantasievoll gezeichnete Lotus- und Papyrusglocken, Scarabäen, üräusschlangen, Na- mensschilder und Hieroglyphen-Inschriften, die geflügelte Sonnenscheibe als füllende Elemente einschmiegen. Wie Herodot und Plinius berichten, i) war das von König Amasis (XXYI. Dynastie, um 570 v. Chr.) dem Tempel der Athene zu Lindos auf Rhodus und den Lakädemoniern ge- schenkte leinene Panzerhemd, ein Meisterstück des aegyp- tischen Kunstfleisses und der Kunstfertigkeit, nicht nur auf das prächtigste mit Tierbildern und Goldfäden durchwirkt, sondern besonders noch dadurch merkwürdig, dass sich jeder der Fäden des ungemein feinen Gewebes aus dreihundert und sechzig Einzelfäden zusammensetzte.'^) Vom Weber wanderte das Gewebe zum Walker, vom 1) Kostümbilder (farbig) bei Rosellini I. T. 16-19. 24. 26—28. Möbelstoffmuster: II; T. 90. 91. Bunte Segel: IL T. 107. 108. 2) Herodot II, 182 u. III, 67. Plinius XIX, 12. 3j Dreissig Leinwandproben altaegyptischer Gewebe finden sich unter Glas und Rahmen (Nr. 51) im Sarkophagensaal des aegyptischen Museums zu Berlin. Abbildungen von Leibröcken mit eingewebten Mustern, einem Grabe in Saqqarah entstammend, siehe Description de l'Egypte. A. vol. V. T. 5. — 188 — Walker schliesslich zum Färber. Interessant ist, was Pli- nius') über das Färben der Stoffe erzählt. Nach seinen Mit- teilungen wurden dieselben nicht mit Farben bemalt, sondern in gewisse Flüssigkeiten getaucht und alsdann in einen Kessel mit kochender farbiger Substanz gelegt. Obgleich nun der Kessel nur eine Farbe enthielt, wurden die Zeuge dennoch verschiedenfarbig und schön gemustert herausgezogen. Das Färben geschah demnach also in den meisten Fällen schon auf chemischen Wege. In einem Grabe zu Ben i -Hassan, wo das Leben des Verstorbenen und sein Reichtum bildlich ge- schildert wird, sehen wir den Eigentümer die Länge der fertigen Stoff- und Leinwandballen ausmessen. Ein Schreiber notiert die Zahl der Yorräte. Ähnliche Scenen kehren häufig wieder. Wenn man bedenkt, dass das Tragen der linnenen Klei- dung im alten Aegypten allgemein war und dass Leinwand ausschliesslich zur Einhüllung der Mumien benutzt wurde, so ist wohl anzunehmen, dass ein beträchtlicher Teil der Felder mit der blauen Blüte des Flachses bedeckt war. Herodot erzählt: ,,Alie Aegypter tragen Kleider von Leinen, die immer frisch gewaschen sind, was ihnen die grösste Angelegenheit ist. Die Kleidung, welche die Priester tragen , ist nur von Leinen , die Schuhe nur von Byblus (Papyrus), und eine andere Kleidung ist ihnen nicht erlaubt zu tragen, auch nicht andere Schuhe. Ihr Anzug sind leinene Röcke, an den Beinen eingefranst. Darüber tragen sie weisse wollene Gewände übergeworfen. Keiner jedoch geht mit wollenem Anzüge in den Tempel, noch wird einer damit be- graben , und das stimmt mit dem sogenannten arphyschen laegyptischen) und mit dem pythagoräischen Geheimdienst überein. ^'^) Über die Einhüllung der Toten bemerkt Herodot: „ . . . alsdann waschen sie den Toten und umwickeln den ganzen Leib mit Bändern, die aus Leinenzeug und Byssus geschnitten sind; streichen auch Gummi darunter, dessen sich 1) L. XXXV, 11. 2) L. II, 37 u. 81. - 189 - überhaupt die Aegypter statt des Leimes bedienen/' '') Die Länge der Binden betrug oft über 400 Meter. ^j Aus Flachs wurden Seile, Stricke und Taue gedreht, und bekannt ist, dass -die Aegypter zu der riesigen Hellespontbrücke des Xerxes die Taue aus Byblos (Papyrus) und Flachs liefern mussten. In älteren Schriften findet man stets das Wort Byssus einfach mit Baumwolle übersetzt. Auch bewährte Forscher, wie Rosellini,^) Larcher, Forster u. a. hielten den Byssus für Baumwolle, bis Thomsens genaue mikroskopische Untersuchungen ermittelten, dass der Byssus aus den pro- senchymatischen Zellen des Bastes der Leinpflanze besteht. was Nachuntersuchungen von F. Unger an einigen dreissig Proben endgiltig bestätigt haben.'*) Den Hanf kannten die alten Aegypter nicht, — an der Umhüllung der Mumien hat sich keine Spur von Hanffaser gefunden, — ebenso wenig die Phöniker; auch im alten Testa- ment wird er nicht erwähnt. 1) L. II, 86. 2) Über die Verwertung der Mumienleinwand und der Mumien- skelette giebt Franz Wallner in seiner kleinen anziehenden Plau- derei: Hundert Tage am Nil, Berlin 1873, folgende Notiz: „ . . . Wir werden Zeugen einer der seltsamsten Scenen. Aus den zahlreichen Grab ergrotten (in der Nähe des Juseffkanals) werden ganze Ballen von losgelöster Mumienleinwand herausgeschleudert und, nachdem sie zuvor auf einer bereitstehenden Decimalwage nachge- wogen worden, in den Schifisraum gestaut. Eine englische Aktien- gesellschaft hat von der Regierung die Erlaubnis erhalten, die mumi- sidierte Leinwand zur Fabrikation von Papier und die Knochen zur Verwertung für chemische Zwecke sammeln lassen zu dürfen. Das hätten sich die früheren Bewohner dieses ältesten Landes der Erde auch nicht träumen lassen, dass man dereinst aus ihrer letzten Um- hüllung Briefpapier machen und ihre so sorgsam konservierten Knochen benutzen werde, um den Saft des Zuckerrohres abzuklären und zu kondensieren." 3) Rosellini, der 200 Mumien untersuchte, erklärte die Binden sämtlicher Konvolute für Baumwolle. 4) Thomsen: Annais of Philos. Juni 1834; Dutrochet, Larrey et Costaz, Comptes rendus de l'Acad. des sc. Paris 1837. I. p. 739. — F. Unger: Botanische Streifzüge IV. a. a. 0. S. 129. 130. IV. Gremiisebau und Gemüsepflanzen im alten Aegypten. Gemüsegärten sind freilich nur wenig in der altaegyp- tischen Bildergallerie vorhanden und doch überzeugt iJ uns ein nur flüchtiger Blick in die Speisekammern^ Yorratsmagazine und auf die tausend und aber tausend Reliefs und gemalten Libationstischchen und Ständer der Gräberwäüde, dass der Gemüsebau neben dem Cerealienbau sowohl im alten wie im mittleren und neuen Reich zu den bevorzugtesten Kulturen gehörte. Auf den Tischchen und Opferplatten türmt sich das Gemüse so hoch zu Häuf, dass man sich unwillkürlich auf den Markt versetzt glaubt, wo man die Erzeugnisse des Feldbaues in Massen zum Verkauf herbei- geschleppt hat. Eben diese "Wahrnehmung lässt darauf schlies ■ sen, dass der Gemüsebau schon in dem alten Reich im Grossen betrieben wurde und ein bedeutendes Areal des Kulturgebiets der Nilebene beanspruchte. . "Wie noch jetzt, haben die Allium- und Melonen arten wegen ihrer saftigen Beschaffenheit als kühlende und Durst stillende Nahrung eine hervorragende Rolle gespielt ; denn sie sind es , welche unter den Opfer- spenden das meiste Ansehn gemessen und in Verbindung mit den Eselsfeigen über Spargel und Artischocken dominie- ren. Was uns in dem Verzeichnis über altaegyptische Ge- müsearten fehlt, ergänzt teilweise das vegetabilische Beiwerk anderer Darstellungen, und so erfahren wir denn, dass ausser — 191 den schon genannten, noch Bohnen, Erbsen, Linsen, Rettige, Bamia, verschiedene Kohlarten und Salate mit Yorliebe ge- nossen wurden. Den bildlich erbrachten Beweis unterstützen zur Genüge Äusserungen alter Schriftsteller. „Ganze Yölker leben von Gemüsen, wie die Aegypter," sagt Plinius, wo er über die Verehrung des Lauchs und der Zwiebeln spricht.^) Über Grösse und Anlage der Gemüse- pläne erfahren wir zwar nichts , doch existiert in Beni-Hassan an der Westseite des Gra- bes Nr. 2 ein Gemälde (XII. Dynastie) , das uns in einen Gemüse- garten mit zahlreichen mg. 91 : Gärtner. Aus Beni-Hassan (XII. Dynastie). quadratisch eingeteilten ^^«^ champeii. iv, 358. Beeten führt. fholoccpTe i/.aSwdders. leipi/'g-fieodoin, Fig. 92: Gärtner. Aus Beni-Hassan (XII. Dynastie). Nach Champoll. IV, 395. Wir belauschen den emsigen Gärtner, der in hockender Stellung die Früchte (Zwiebeln) in Bunden sammelt (Eig. 91), während sein Genosse die Beete begiesst, auf welchen in 1) L. XXI, — 192 — reicher Fülle dunkelgrüne kugelige Früchte (Wassermelonen) liegen. Kleinbeblätterte (Kürbis-)RaDken wuchern vom Beete aus in die Wege hinein. An demselben Orte erblicken wir einen anderen Gemüsebauer, der in einen flachen Korb Knob- lauchpflanzen (Allium Ascalonicum L ) und ein grosses schwer zu bestimmendes Gewächs mit mächtiger knolliger Wurzel und stark entwickelten Blättern (Rübe oder Rettig?) einlegt (Fig. 92).'') An der Südseite desselben Grabes erscheint eine Anzahl vom Felde heimkehrender Arbeiter. Zwei derselben tragen Körbe an Tragschienen, in diesen liegen Lotus, Melo- nen, Artischocken und Zwiebeln. Die einzuheimsenden Gemüse liess man gewöhnlich nicht zur vollständigen Reife gelangen, sondern brachte sie zur Nachreife in besondere Vorratskammern. Salate, Kohl, Gurken, Obst u. s. w. zerschnitt und schabte man mit einem Rohr- messer, weil sie vom Eisen schwarz und unappetitlich werden. 2) Bemerkenswert ist, dass man fast sämtliche Speisen, vor allem aber die Gemüse, sehr versüsste, ja, man pflegte Güte und Wohlgeschmack eines Gerichtes vornehmlich nach seiner Süssigkeit zu bestimmen. 1. Alliumarten. ie Kultur der Zwiebel reicht in Indien, China und Aegypten in die früheste Zeit hinauf. In Aegypten erscheint sie bereits auf den Denkmälern der ersten Epochen und muss sich, nach den zahlreichen Abbildungen zu schliessen, schon unter den Pyramidenbauern des giössten Ansehns erfreut haben. Wenn wir auch von der Wahrheit der Herodotschen Angabe abstrahieren müssen, wonach laut Inschrift an der Pyramide des Chufu (lY. Dynastie, um 3600 V. Chr.) für die von den Arbeitern verzehrten Rettige, Zwie- 1) Auch in L. D. II, 127 und Rosellini II, 87 (hier in seinen Farben wiedergegeben. 2) Plin. L. XXXII, 3. - 193 — beln und Knoblauch ein Kostenaufwand von 1600 Silber- talenten erwachsen sein soll, — eine Angabe, deren Haltlosig- keit bereits A. Wiedemann schlagend nachgewiesen hat,^) — so lässt sich doch nicht in Abrede stellen, dass die Denk- mäler aus der gleichen Zeit von einem starken Zwiebelbau und Zwiebelverbrauch in Aegypten Kunde geben; zudem wissen in seltener Übereinstimmung Moses ^), Plinius^), Theophrast^), Athenäus-'') u. a. von der besonderen Yor- liebe der Aegypter für dieses Gewächs zu berichten. „Knoblauch und Zwiebeln," sagtPlinius, „schätzen die Aegypter bei Eidschwüren den Göttern gleich"^), was freilich bedeuten soll, dass sie bei den Zwiebeln zu den Göttern schwören, von Juvenal (XY, 9) aber wissentlich falsch ver- standen wird, um die satyrische Bemerkung anbringen zu können , dass demnach die aegyptischen Götter in Küchen- gärten wüchsen. Kap. XX, 20 erfahren wir von Plinius, dass die Zwiebel ausschUesslich zu den Kulturgewächsen ge- hört, denn er berichtet: ,, Wilde Zwiebeln giebt es nicht.'' Die Heimat der Zwiebel ist unbekannt. Ihre leichte und schnelle Yermehrung mag dazu beigetragen haben, dass sie in uralter Zeit an verschiedenen Orten zugleich allge- mein auftrat und dadurch nicht nur ihren Ausgangspunkt sondern auch die Spuren ihrer Wanderung verwischte. Im Sanskrit führt die Zwiebel (Allium Cepa L.) die drei Namen: Palandu , Latarka und Sukandaka , im Chinesischen wird ihr Name durch einen einzigen Buchstaben ausgedrückt (Tsung), was nach Bretschneider'^) ein altes Yorkommen als ein- heimische Pflanze wahrscheinlich macht. Aegyptisch heisst 1) Geschichte Aegyptens von Psammetich I. bis auf Alexander l. Gr. Leipzig 1880. S. 87—91. 2) Num. XI, 5. 3) L. XXI, 15 u. XXXVI, 12. 4) Hist. I, 7 c. 4. 5) L. II, 63. 6) L. XIX, 32. 7) Citiert von De Candolle: Ursprung d. Kulturpflanzen. S. 85. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. 13 - 194 - Alliiim Cepa: Basal oder Bussul, hebräisch: Betsalim, Bezalim und Be9el. Unzweifelhaft ist die genannte Alliumart vom westlichen Asien ausgegangen und hat sich nach dem Osten Asiens und weiter in die Mittelmeerländer verbreitet. Wild- wachsend hat man sie an verschiedenen Orten dieses weiten Ländergebietes entdeckt. Hasselquist giebt Allium Cepa als in den dem Meere nahe gelegenen Ebenen von Jericho vorJiommend an. S tokos beobachtete sie auf dem Chehil Tun in Beludschistan , Eegel südlich von Kuldscha in Turkestan; auch in Afghanistan, in Indien und an einigen anderen Orten soll ihr Yorkommen durch G-riffith, Thom- son und Boissier bestätigt worden sein.^) Die Zwiebel zählt zu denjenigen Genüssen, um derent- willen sich bekanntlich die in der Wüste hungernden Israe- liten nach Aegypten zurücksehnten (4. Mos. 11, V. 5) und wir begreifen diese Sehnsucht nach diesem Gemüse wie über- haupt die Yorliebe für die Pflanze, denn die aegyptische Zwiebel ist nicht mit der unsrigen in Vergleich zu stellen. Die aegyptischen Zwiebeln sind ungemein milde, blendend weiss, ihre Häute äusserst zart, namentlich wenn sie grün sind und besitzen nichts von dem beissenden Geschmack. Wie schon vor vielen tausend Jahren kommen noch zur Stunde die Zwiebeln auf die Märkte Aegyptens und es ist der armen Bevölkerung vergönnt, sie für nur geringes Geld entweder roh oder gekocht als gesunde schmackhafte Speise zu erwerben.^) Aus der hohen Bedeutung dieser Pflanze als Nahrungs- mittel resultiert die religiöse Yerehrang, welche ihr gespendet ,__ wurde. Zwiebeln in überreicher ^^'"'^ j^^ Menge gehöroD, wie schon erwähnt, ^^"""^ "^ ~ ^v zu den gebräuchlichsten Opfergaben, Fig. 93: Zwiebeln in einem Füll- Slo steckou ontwedor in Füllhör- horn. Aus Theben. ncm (Fig. 93), liegen in Bündeln 1) A. De Candolle: Ursprung d. Kulturpflanzen. D. v. Goeze. S. 83—85. 2) Maillet (Rescription de TEgypte, 1740. L. IX) erzählt, dass man in Kairo 100 Pfund für acht oder zehn Sous verkaufte. 195 — frei auf den Opfertischen und den verschiedensten Spenden (Fig. 94) oder hängen glockenförmig zusammengebunden über denselben , gleichsam um das Opfer zu weihen. Das Ganze erscheint in dieser Zusammenstellung wie ein Hühner- korb (Fig. 95 und 96). Die Zwiebeln in dieser Form den Göttern zu spenden war wohl nur der Priesterkaste ge- stattet, welche das Leopardenfell trug. Einen solchen opfern- den Priester erblicken wir auf einem Gemälde aus Theben. Derselbe hält in seiner Linken das Weihrauchwerkzeug, mit seiner Rechten bringt er das Trankopfer dar, indem er aus einem Gefäss geweih- ten Wein auf die unter der Zwiebel- glocke liegenden Früchte sprengt. Der Genuss der Zwiebeln ^. „^ ^ . ^, , ,.„. n t ^ ^ ^ ^ ^ Flg. 94: Zwiebeln (Allium Cepa L.) als Opfergabe. Aus war den Priestern Benl- Hassan. Grab 2, Südseite. XII. Dynastie. (Nach streng verboten, weil l. d. ii, i69.) sie, v/ie Plutarch meint, zum Durst reizen. Als eigene Erklärung der Priester führt Plutarch an, dass die Enthal- tung vom Zwiebelgenusse geschehe, weil die Pflanze bei abneh- mendem Monde wachse ; ^) auch hält er nicht mit seiner eigenen Meinung zurück. „In der That," sagt er, „schickt sich die Zwiebel weder für fastende Büsser, noch für die, die fröhliche Feste begehen : den ersteren erweckt sie Begierden, den anderen lockt sie Thränen ins Auge,'' jedoch behauptet Plinius nach Asklepiades, die Zwiebeln seien dem Magen diensam, weil sie Fig. 95 u. 96: zwiebein in giocken- die Winde in Bewe^Unff setzten. 2) förmiger Zusammenstellung. Aus . mi 1 , Quarnab (Theben). XII. Dynastie. Auf einem m Theben be- (l. d. ii, 145 ) 1) Isis et Osiris 2) L. XX, 20. 13' — 196 - findlichen, vorhin erwähnten Gemälde wird uns das Einsam- meln der Zwiebeln geschildert. Wir bemerken einen Gärtner, der die Zwiebeln aus den quadratförmigen Gemüsebeeten aufzieht und sie in Bunden zu je vier Stück zusammenbindet. Da Darstellungen der Pflanze in dieser Form am häufig- sten sind (Fig. 94), mögen die Zwiebeln auch wohl in Bunde gebunden auf die Märkte gekommen sein. - Die Zwiebeln trug man gewöhnlich nicht in den Händen, sondern über den eingebogenen Arm oder über die Schulter geschlagen, so dass die Zwiebeln auf der einen und die Blattspitzen auf der andern Seite herniederhingen. Auf einem höchst interessanten Kelief aus Saqqarah, „Heimkehr vom Felde", von welchem sich ein Gipsabguss im Gräbersaal des aegyptischen Museums zu Berlin unter Nr. 255 befindet, trägt eine Arbeiterin einen Korb mit Artischocken (?) auf dem Kopfe und drei sehr langblätterige Zwiebeln über die Schulter ge- schlagen. Die Lieblingsspielerei der Gärtner des Altertums, Zwie- beln, Gurken, Melonen u. s. w. in verschiedenen Figuren zu ziehen, indem man sie zwang durch ein geformtes thönernes oder gläsernes Gefäss, oder durch zusammengelegte Ziegel- steine, Öffnungen von Brettern u. s. w. zu wachsen, i) scheint in Aegypten nie verbreitet gewesen zu sein , denn die ge- nannten Früchte der Wandgemälde sind von der korrek- testen Form. Keines der Pflanzengebilde erscheint auf altaegyptischen Monumenten in so frappanter Treue wie die Zwiebel, und zwar zeigt sie sich in drei stereotypen Formen: entweder mit schmalen Blättern, welche den Schaft bis zur Mitte scheidenartig umschliessen (Fig. 97) oder mit kugeliger, etwas gekanteter Zwiebel und langen, bauchig aufgeblasenen Blättern (Fig. 91 u. 94) oder mit lang-eiförmiger Zwiebel und langem runden Schaft (Fig. 92, 95, 96, 98, 99 u. 100). Die erste Form halte ich für Knoblauch (Allium sativum L.) , die 1) Plin. XIX, 23. — 197 Mg. 97: Altaegyptische Darstellung von Allium sativum L. Aus Beni- Hassan. (Descript. de l'Egypte. vol. IV. T. 66.) Fig. 98: Korb mit Opfergaben : "Wein, Eselsfeigen, Brot und Zwiebeln (Allium As- calonicum lt.). Grab Nr. 17 in Saqqarab. V. Dynastie. (L. D. II, 98.) zweite ist unzweifelhaft die Sommerzwiebel, Zipollen (Allium Cepa L.), die letztere dagegen ist der levantische Lauch, Eschlauch, Schalotte (Allium Ascalonicum L.). Die beiden erstgenannten Arten werden jetzt noch fleissig im Nilgebiete Nubiens^) und Aegyptens kultiviert; Allium As- calonicum dagegen fehlt. Das Indignat der Schalotte , deren Namen Plinius^) in Überein- stimmung mit Theophrast von der Stadt Askalon in Judäa ableitet, hat bisher nicht festgestellt werden können und dadurch ge- winnt De Candolles An- sicht, dass Allium Asca- lonicum nur eine Spielart sei, welche sich durch die lange Kultur aus Allium Cepa herausgebildet habe,^) noch mehr an Wahrscheinlichkeit. Wenn der gelehrte Autor aber die Zeit der Entste- hung dieser Yarietät erst in den Anfang der christ- lichen Zeitrechnung ver- legt, so vermag ich nicht, ihm beizustimmen, denn die altaegyptischenKünst- 1) Zwiebelgewächse sind in allen Ländergebieten der Nilquell- flüsse ungemein häufig und werden von den Eingeborenen eben so gern gegessen, wie die Knollen und Samen der verschiedenen Nymphaeen und anderer Wasserpflanzen (Th. v. Heuglin: Reise in das Gebiet des weissen Nil etc. S. 199). 2) L. XIX, 6. 3) Ursprung d. Kulturpflanzen. S. 89. Eig. 99: Opfergaben: Brote, Dattelpalmblatt und Zwiebeln (Allium Ascalonicum L.) XII. Dynastie. (L. D. in, 144.) — 198 1er haben bereits! thatsächlich zwei verschiedene Arten ver- zeichnet, von welcher diejenige mit den eiförmig-länglichen Zwiebeln und den langen röhrigen Schäften, wie schon F. U n g e r erkannte, auf Allium Ascalonicum L. deutet. ^) Korrekt wie in der Form sind die Zwiebelgewächse auch in der Farbe gehalten. Sie erscheinen gemeiniglich weiss , seltener gelb, ihre Kontouren sind rot, die Schattierungen rot oder braun- rot, die Umrisse der lebhaft grünen Blätter braunrot oder schwarz. Die Blätter erhalten als Zeichen völliger Keife nicht selten an den Spitzen einen gelben Ton, der untere Teil des Schaftes und der Blattscheiden ist blassrot koloriert. Die Faserwurzeln sind grün oder purpurrot gezeichnet. 2) Zwiebeln sollen mehrfach in den Händen der Mumien gefunden und sogar zum Keimen gebracht worden sein. G. Schweinfurth jedoch hat Allium in seinen oben ange- führten Abhandlungen nicht mit unter den Gräberpflanzen aufgeführt. Als Vaterland des Knob- lauch (Allium sativum L.), hebräisch Schüm, arabisch Tom (Fig. 97) wird die Kirgisen- steppe angesehen, wo die Pflanze von E. Eegel wild- wachsend angetroffen ward. 3) 1) Pyramiden v. Gizeh. Grab 90. IV. Dynastie. (L. D. II, 36.) 2) Zwiebeln (Allium Ascalonicum L.) auf einem Opfertiscli : Pyra- midengrab Nr. 10 in Saqqarah. IV. Dynastie. L. D. II, 98. — Ro- sellini I, 49 u. II, 87. Zwiebeln (Allium Cepa L.) sind unter den Landesfrüchten, welche durch eine Prozession von Männern und Frauen dem König Phiops (Ra-nefer-ka) , VI. Dynastie (3800—3100 v. Chr.) dargebracht werden. 3) Alliorum adhuc cognitorum Monographia. Petersburg 1875. S. 44. Fig. 100: Malerei von dem Mumienkasten Nr. 252 des Sarkophagen-Saals im Berliner aegyptischen Museum: Opfertiscliclien mit Libationsgefäss, darüber ein Bündel Zwie- beln (Allium Ascalonicum L.). - 199 - Ihr^ Spontanität für Indien und Aegypten nachzuweisen, ist bisher nicht gelungen. In Aegypten und Nubien bildet sie noch heute einen Hauptbestandteil der Gemüsekulturen, ob- gleich die Produktion gegen früher eine verschwindend ge- ringe sein mag. Schon Sonnini berichtet, dass zwar noch viel Knoblauch in Aegypten gegessen werde, dass man ihn aber nicht mehr so häufig anbaue, sondern grösstenteils aus Syrien unter dem Namen ,, Wurzeln von Damaskus" beziehe.^) Griechen und Römer bauten den Knoblauch (Allium sativum u. A. hortense; axoQoöov) in besonderen Knoblauch- gärten, denn Schifi'er und Soldaten , Sklaven, ja das gesamte Proletariat der grossen Städte lebte fast ausschliesslich von diesem Gemüse. Den römischen Kriegern wurde es absicht- lich verabreicht, weil man meinte, dass sein Genuss den Mut erwecke und belebe. Lauch gehörte einst wie noch jetzt zu den Lieblingsspeisen der Morgenländer und machte besonders in Aegypten das Hauptnahrungsmittel für die ärmere Bevöl- kerung aus. Im Talmud wird des Knoblauchs sehr oft Er- wähnung gethan, undPlinius rühmt den lieblichen süssen Geschmack, welchen derselbe in Aegypten und Palästina be- sitzt. ,,Der Knoblauch," sagt er ferner, „besitzt sehr viel Kraft und ist besonders solchen Personen gesund, welche Wasser und Ort verändern."^) Yon den mancherlei Anwendungen, die er nach Plinius in Krankheitsfällen findet, heben wir hervor, dass die Zahnschmerzen nachlassen, wenn man drei Knoblauchshäupter, die mit Essig gerieben sind, gebraucht, wenn man die Zähne mit dem Wasser ausspült, worin Knob- lauch gekocht worden, auch überdem noch ein Stück Knob- lauch in den hohlen Zahn steckt. Ob und in welchen Krank- heiten freilich der Knoblauch in der altaegyptischen Medizin Verwendung gefunden hat, lässt sich nicht ermitteln. Hero- dot erzählt, wie schon S. 193 erwähnt, dass die Arbeiter beim Bau der Chufii-Pyramide für 1600 Silbertalente Zwiebeln, 1) Reisen in Ober- und Unteraegypten I. S 321 u. 322. 2) L. XXXVI, 12. XX, 23. — 200 — Knoblauch und Rettige verzehrt hätten J) Den Priestern war der Genuss des Knoblauch verboten. Der Lauch oder Porree (Allium Porrum L.), hebräisch Cha9ir, arabisch abweichend: Korrat, — Porrum capitatum^ TiQaaov der Alten, — das schon zu den Zeiten Homers in be- sonderen Gärten (porrinae, nqaaal) als Suppengemüse gebaut wurde, auch in der Bibel (4. Mos. 11, Y. 5) Erwähnung findet und sich nach Piinius in Aegypten einer starken Kultur erfreute,^) gehört daselbst noch zur Zeit zu den bevorzugten Gemüsepflanzen. Schnittporree stillt das Nasenbluten. Bei Kopfschmerz giesst man dem Kranken Porreesaft in die Nase oder flösst ihm beim Schlafengehen einen Löffel voll davon und einen Löffel Honig ins Ohr u. s. w.^) Aus Gräbern entnommene Alliumsamen werden im aegyptischen Museum zu Berlin aufbewahrt.^) 3. Melonengewächse. er Bilderreichtum altaegyptischer Denkmäler scheidet sich scharf in zwei Gruppen: entweder repräsentiert er plastische Scenen mythologischen, politischen oder socialen Inhalts oder er versetzt uns durch Darstellung von reich beladenen Opfertischchen in das Stillleben der Toten- kammern. Die Gemälde dieser Gruppe liefern dem Kultur- historiker ein nicht minder ergiebiges Studienmaterial , als die der ersten, welche durch die letzte Gruppe gleichsam eine interessante Ergänzung erfahren , denn sie unterrichten uns über unzählige Details aus dem aegyptischen Leben und führen uns von selbst zu mancherlei sicheren Schlüssen. Da sich 1) L. II, 125. 2) L. XIX, 23. 3) Piinius XX, 21. 4) Historischer Saal, Ostseite, in den Schaukästen unter Nr. 7021. — 201 — der alte Aegypter das Leben in Osiris nur als Fortsetzung des irdischen , und zwar in erhöhter Potenz der Glückselig- keit dachte, in dem die Mühen der Arbeit zum Spiele werden, und der Selige wie vor isst und trinkt, so spendete man sym- bolische Totenopfer und Totenspeisen und berücksichtigte in der Wahl derselben die Neigungen des zu Osiris Eingegangenen. Somit erbalten wir durch die Darstellungen der Totenopfer sichere Kenntnis über die konventionellen Nahrungsmittel. Unter diesen spielen die saftigen Arten der Cucurbitaceen eine hervorragende Eolle. Wo sie uns der altaegyptische Künstler vorführt, sind sie mit überraschender Genauigkeit Fig. 101: Gabenkorb: rechts und links oben zwei Melonen (Cucumis Melo L.), dar- unter zwei Artiscbocken, eine Aggourgurke (Cucumis Chate L.), ein Libationsgefäss und Eselsfeigen (.Ficus sycomorus L). Aus dem Grabe Nr. 17 in Saqq.arah. V. Dy- nastie. (L. D. IT, 70.) in der Form und mit grosser Penibilität hinsichtlich kleiner unterscheidender Artenmerkmale wiedergegeben worden. Wie getreu ist z. B. bei Fig. 101 der Ansatz und die Verdickung des Frachtstiels von Cucumis Melo L. charakterisiert! Aus der artenreichen Familie der Cucurbitaceen sind nachweisslich bereits in den ersten Kulturepochen Aegyptens Citrullus vulgaris Schrad., Cucumis Melo L., Cucumis Chate L., Lagen aria vulgaris L. und vielleicht auch Memordica Bal- samina L. in ausgedehntestem Masse gebaut worden.') 1) Abdallatif zählt in seinen „Denkwürdigkeiten" p. 30 ff. neben — 202 ~ Die Wa ssermelone (Citrullus vulgaris Schrad. = Cucurbita Citrullus L.), arabisch : Batteik , Battich , Batteca, wird im oberen Mlgebiet und im Westen und Süden Afrikas wildwachsend angetroffen und hat zweifellos ihre Heimat im äquatorialen Afrika, denn Livingstone hat sie daselbst in mächtiger Ausdehnung und nicht minder reichlich Brown in Dar für in Exemplaren von ausserordentlicher Crosse^) spontan gefunden. Yon hier aus mag sie sich dann über Yorderasien, Süd- und Südosteuropa, Südrussland und Ungarn verbreitet haben. Gegenwärtig wird die Wassermelone sehr stark und in vorzüglicher Gfüte im Delta gebaut. Sie entwickelt nach der Mlüberschwemmung in dem fetten, lehmigen Boden oft Früchte von 75 cm Länge. Der kalte Saft derselben dient teils als Erfrischung, teils wird er in der Medizin verwendet; auch geniesst man die Früchte, welche freilich an Geschmack der europäischen Melone nicht gleichkommen, als Zukost zum Brot. Aus den schwarzen Samenkernen gewinnt man in Oberaegypten Öl und Teer und mit dem blassen unschmack- haftem Fleisch der wildwachsenden Melonen füttert man Kamele und Esel. Auf den Denkmälern des alten Aegyptens tritt uns die Form der Melone ungemein häufig entgegen. Sie fehlt selten unter den Opfergaben und selten unter den Erfrischung bie- tenden Speisen, welche die Diener auf Tabulets zum Gast- Cucumis sativus noch Cucumis Chate, Cucumis Dudaim, Cucumis an- guinus, Cucurbita citrullus und Cucurbita Melopepo unter den Kultur- pflanzen Aegyptens auf. Hasselquist (Reise nach Palästina S. 527 — 530) kennt ausser den genannten noch Cucurbita lagenaria Zur Zeit kultiviert man in Aegjpten unter ca. 64 Gemüse- und Gewürzpflanzen folgende Cucurbitaceen: Cucumis sativus L., Cucumis Chate L., Cucu- mis Melo L., Cucumis Dudaim L., Cucurbita Pepo L., Cucurbita lage- naria L. = Lagenaria vulgaris Seringe. Cucurbita Citrullus L. = Citrullus vulgaris Schrad., Cucurbita polymorpha L. mit vielen Unter- arten. 1) Reisen in Afrika, Aegypten und Syrien. A. d. Engl, von K. Sprengel. Weimar 1800. S. 307. — 203 ~ mahle herzutragen (Fig. 102)*). Das Laub der Wassermelone (Citrullus vulgaris Schrad. var. colocynthoides Schweinf.) ge- hört zu den vegetabilischen Resten in den Totenkammern. So fand man im Jahre 1881 unter den mehrfach erwähnten wichtigen Funden von Theben zwischen dem Sargdeckel und der Mumie des Priesters Neb-Seni (XX. Dynastie) wohler- haltene Blätter, die sich nicht nur im heissen Wasser auf- weichen Messen, sondern auch ein intensives Grün zeigten. Sorgfältige Untersuchungen seitens G. Schwein furth 's haben ihre Identität mit der oben angeführten Spielart, welche noch heutigen Tags in Aegypten unter dem Namen Gjurma angebaut wird, endgültig festgestellt. Eine zu gleicher Zeit und am gleichen Orte unter Opfergaben entdeckte Melonen- ranke (XXII. Dynastie, 960 — 800 v. Chr.) konnte nicht auf ihre Species zurückgeführt werden.-) Das Yolk Israel , welches sich auf seinem Zuge durch die Wüste ermattet und halb verschmachtet nach Aegypten zurücksehnt, zählt unter anderen schmackhaften Ge- wächsen des Landes auch die Melone auf. Die schon oben beregte Stelle 4. Mos. 5, 11 lautet: „Wir gedenken der Fische, die wir in ^^g. ^02 : Opfergaben : oben llnks eine Aggour- Aegypten umsonst aSSen Gurke (Cucumis Cbate L), daneben eine ge- Und der Kürbis, Pfeben, --ne^eione (Cucumis Melo) und Eselsfeigen, ' ' darunter eine Wassermelone (Citrullus vulgaris Lauch, Zwiebeln und Knob- Schrad.). Aus Saqqarab, Grab Nr. 17. V. lauch." Bei Kürbis und Dynastie, (l. d. n, es.) Pfeben (aus dem latei- nischen pepo = Kürbis) ist Luthers Übersetzung ungenau, denn das hebräische Wort, welches Luther mit Pfeben wieder- giebt, heisst Battichim und bedeutet unzweifelhaft die Wasser- 1) Siehe die Darstellungen aus den Pyramidengräbern von Saqqarah und Gizeh in Lepsius, Denkmäler II, 64 — 68. 2) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 361. - 204 — melone, da dieselbe, wie oben bemerkt, arabisch Battich ge- nannt wird. Eine zweite Ungenauigkeit in der Übersetzung liegt in dem Worte Kürbis. Im Hebräischen steht dafür das Wort Bisch tiim, arabisch: Bischüim Qaitta. Ableitend von diesem Worte bringt Prosper Alpinus^) unter dem Namen Chate die sorgfältige Zeichnung einer Frucht, welche in Aegypten sehr häufig und von Linne als Aggour (Cucumis Chate) benannt worden ist. Dieselbe, eine Abart der gemeinen Melone (Cucumis Melo L.), in Aegypten im unreifen Zustande 'Adjür, reif 'Abd-el-ani genannt, ähnelt im Aussehen und Geschmack der Gurke, hat aber Blätter und Blüten wie die Melone und wird bei geringer Stärke oft an 40 cm lang. Sie ist gerippt und grüner, weicher, süsser und leicht verdaulicher als die gemeine Gurke (Cucumis sativus L.). Nach der Überschwemmung des Ml schiessen die Me- lonen in der Umgebung von Kairo stets üppig empor und entwickeln ihre biegsamen Früchte ungemein schnell, weshalb sie von den Frucht- und Gemüsehändlern der aegyptischen Städte mit dem Rufe feilgeboten werden: „Zart und frisch und hat sich in der Nacht gestreckt!" Reste der Pflanze sind bisher nirgends in den Denkmälern aufgefunden worden , doch sprechen eine grosse Anzahl von Abbildungen für ihre Kultur im alten Reiche (Fig. 101, 102). 2) Der Flaschenkürbis, Kalabasse (Lagenaria vul- garis Scringe ^^ Cucurbita lagenaria L.), arabisch Karra, mit holzrindigen, keulenförmigen, seltener kugeligen Früchten, dessen ausgehöhlte Schalen als Körbe und Flaschen (Kalabassen) dienen, findet sich sporadisch wildwachsend auf allen Konti- nenten. Dass im Sanskrit bereits der gemeine Flaschenkürbis als Ulavu von einer anderen bitteren Art: Kutu-Tumbi unterschieden wird, spricht für das hohe Alter seiner Kultur. Im ersten Jahrhundert n. Chr. wird seiner in einem chine- sischen Werke von Tschong-tschi-schu Erwähnung gethan. 1) De plantis Aegypti c. 18. p. 54. 2) Siehe auch Roeelliui J, 29. 45. 145. 146. 188. II, 40. 78. 82. 205 — Billon und auch Seh im per fanden die Cucurbitacee in Abyssinien wildwachsend.^) In Aegypten ist ihr Anbau schon ums Jahr 2400 eifrig betrieben worden, und Kalabassen, die man alten Gräbern entnommen hat und die in mehreren Museen konserviert werden, sind das sicherste Beweismaterial. Auch unter den neu erworbenen Schätzen des Bulaqer Mu- seums, die den Gräbern von Dra-Abu-Negga (Xll. Dynastie) entstam- men, sind Kalabassen ver- treten. 2) In diesen That- sachen liegt das beste Korrektiv der De C a n - doli eschen Ansicht, wo- nach es zweifelhaft er- scheint, dass die alten Aegypter diese Pflanze besessen haben. ^) Datiert aber nachweislich die Kultur dieses Gewächses bis ins 3. Jahrtausend Vv Chr. zurück, so werden wir nicht fehl gehen, wenn v\dr das Indignat für den J'laschenkürbis im Nilge- biete suchen. Wegen der grossen Variabilität der Cucurbitaceen-Formen ist es äusserst schwierig zwischen ihnen auf den Denkmälern zu unterschei- den; dennoch bin ich geneigt, die Abbildung in Fig. 103, unten links und oben rechts als Lagenaria vulgaris anzu- sprechen. Vielleicht ist auch Fig. 104 das von Pickering iindUnger erwähnte Eankengebilde mit herzförmig gesägten 1) De CandoUe a. a. 0. S. 307. 2) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste aus altaegyp tischen Grä- bern a. a. 0. S. 361. 3) De Candolle a. a. 0. S. 308. Fig. 103: Opfergaben. Seitlich links und rechts oben und unten Flaschenkürbis (Lagenaria vul- garis Seringe); zwischen den beiden oberen die gemeine Melone (Cucumis Melo L.). Aus dem Pyramidengrab Nr. 17 in Saqqarah. V.Dynastie (jetzt in Berlin). 206 Blättern, in welchem man, nicht mit Unrecht, das Laub des Flaschenkürbis erkennen wilL^) Yon den zahlreichen Spielarten der gemeinen Melone (Cucumis Melo L.), arabisch Kawün, sind die kugeligen oder eiförmigen ge- rippten oder gefurchten Früchte äusserst zahlreich auf den Bildwerken anzutreffen (Fig. 101,' 102, 103 links, oben, rechts unten, 105). Ihr schön gelbes Fleisch ist ungemein zart und schmackhaft. Hieraus erklärt sich auch die grosse Yorliebe der Aegypter für diese Cucurbitacee, deren Indig- nat wohl nie sicher festgestellt werden wird , jedoch pflichte ich DeCandolle bedingungslos bei, der ihre frühere Spontanität vom westlichen Afrika bis nach Indien hinein betont.^) Pickering will die Spring- gurke (Momordica Balsamina L.) mit ihrem tiefgelappten kletternden Laubwerk auf den Monumenten er- kannt haben. 3) Yielleicht ist Picke- rings Deutung eine richtige, denn Forskai sowohl wie Hasselquist führen Momordica in ihren Floren über Aegyp- ten auf. Der erstgenannte Forscher kennt Momordica cylindriaL. = Luffa cylindria Römer unter dem ara- bischen Namen Luff in den Gemüsegärten Aegyptens und bezeichnet sie in seinem Pflanzenwerk als Luffa aegyp- tiaca,^) Hasselquist dagegen nennt die gleiche Art Momor- Fig. 104: Kanke vom Flasclien- kürbis (Lagenaria vulgaris Serin- ge.) (?) Aus Theben. (Champ. III, 253.) 1) Chronolog. arrangement. p. 137. Unger: Botanische Streifzüge IV a. a. 0. S. 125. 2) De Candolle a. a. 0. S. 326. 3) Unger a. a. 0. S. 125. 4) Forskai: Flora aegypt. p. 75. — 207 — dica Luffa und führt ausserdem noch Momordica Balsa- mina an.i) G. Schweinfurth und P. Ascherson kennen Momordica cyhndria nur als Kulturpflanze des Nilgebiets.^) Nach F. Pruner ist gegenwärtig Momordica Elaterium L. daselbst medizinisch im Gebrauch, doch ist aus seinen An- gaben nicht ersichtlich, ob diese Species wildwachsend auftritt oder den Kulturen entnommen wird.^) Zum Kolorit der Gurken und Melonenzeichnungen haben die altaegyptischen Künstler fünf Farben verwendet: Grün, Gelb, Braun, ßot und Weiss. Die Gurken prangen durchgängig in dem saftigsten Grün; bei den ^ig- lOS: Tabulet mit Artischocke, dar- ■Mf ^ , -1 .. 1 '1 ^ n unter rechts drei Brote, links eine aufge- Melonen , teils grün , teils hell- ,,1,,^,,,,, ^^,^^^ (^^cumis mbIo l ). braun oder mattgelb, und braun Aus Saqqarah. Grab Nr. 17. V. Dynastie oder rot umrissen , sind die ^^' ^' ^^' ^^•^ Rippen durch braune Linien angedeutet. Werden Gurken im überreifen Zustande dargestellt, dann zeigen sie als Cha- rakteristikum eine gelbe Spitze, Flaschenkürbisse dagegen eine weisse Unterseite.^) 8. SpargeL Artischocke. Colocasia. jie Heimat unseres beliebten Spargels ist unbekannt. De CandoUe giebt als Lidignat Europa und das ge- mässigte Westasien an.*^) Da er in allen Mittelmeer- ländern wild wächst und bei den klassischen Yölkern des 1) Hasselquist: Reise nach Palästina. S. 526 u. 527. 2) Citiert von De CandoUe a. a. 0. S. 338. 3) Aegyptens Naturgeschichte und Anthropologie. S. 47. 4) Farbige Darstellungen aus den Pyramidengräbern von Gizeh und Saqqarah. IV., V. u. VI. Dynastie s. L. D, II, 90, 96, 98. Rosel- lini II, 40. 5) Ursprung der Kulturpflanzen. S. 556. ~ 208 — Altertums viel begehrt war , so ist wohl anzunehmen , dass sich auch die alten Aegypter mit seinem Anbau beschäftigten. Zwar schweigen die alten Schriftsteller über seine Pflege in Aegypten, doch brauchen wir nur die Denkmäler zu befragen, um darüber unzählige Beweise zu erhalten, dass er daselbst zu den beliebtesten G-emüsen gehörte. De Candolle a. a, 0. setzt den Anfang seiner Kultur etwas vor Beginn unserer Zeitrechnung. Dieser Annahme jedoch widersprechen auf das Entschiedenste die in frappanter Treue vermerkten zahlreichen Spargelbündel auf und zwischen den Opfergaben und den Gemüse Vorräten. Oftmals finden sich in der Zeichnung sogar die Schüppchen des Schossenköpfchens angedeutet. Die in Fig. 103 wiedergegebene Abbildung entstammt dem Pyra- midengrabe Nr. 17 in Saqqarah (Y. Dynastie, 3566^—3333 V. Chr.). Demnach reicht die Spargelkultur im alten Aegyp- ten bis in das 4. Jahrtausend v. Chr. hinauf. Ob eine oder mehrere Arten und welche derselben angebaut worden sind , wird sich schwerlich ermitteln lassen. F. U n g e r hat die abgebildeten Stocktriebe auf den Denkmälern dem ge- bräuchlichen Spargel (Asparagus officinahs L.) zuge- schrieben, welcher auch gegenwärtig einen Bestandteil der aegyptischen Gemüsekulturen ausmacht; jedoch lassen die Beschreibungen der Schriftsteller des Altertums unbedingt auf andere Arten schliessen. Der Spargel, den Theophrast und Columella als dornig und blattlos charakterisieren, scheint identisch mit der von Tournefort beschriebenen und abgebildeten Art: Asparagus aphyllus Tourn.') Der von Dioscorides beschriebene Spargel {danaQayog)^ welcher wohl Asparagus acutifolia L. sein könnte, soll als leicht gesottener Schoss oder als Speise genommen den Unter- leib erweichen, das Wasser treiben, mit weissem Wein ver- mischt Nieren schmerzen stillen und gekocht und gebraten 1) Reise nach der Levante. A. d. Französ. Nürnberg 1776. I. Bd. S. 352 u. 353. - 209 — Harnzwang und Ruhr beseitigend) Spargel empfiehlt Plinius^) u. a. als Mittel gegen Zahnkrankheiten. Im alten Griechenland, auf dessen Inseln A. acutifolius und A. aphyllus wildwachsend angetroffen wird , war der Spargel als Nahrungsmittel aligemein. Die Boetier pflegten Neuvermählte mit Spargel zu krönen, um damit anzudeuten, dass auch dass Roheste durch die Kultur milde werden könne. Das Vaterland der Cynareen bilden die Länder der Mittel- meerregion. Ihre verbreitetste Art, die echte oder Garten- Artischocke (Cynara scolymus L.), arabisch Hurschuf, welche wir nur im Kulturzustande kennen, ist, wie thatsäch- lich erwiesen, eine durch die Kultur entstandene Form der spanischen Artischocke (Cynara Cardunculus L.). So- mit ist mit ziemlicher Bestimmtheit zu behaupten , dass die Alten Cynara scolymus L. gar nicht gekannt haben und dass die Fülle der Darstellungen von Artischocken-Gebilden auf altaegyptischen Gemälden auf die Stammform: Cynara Car- dunculus L, deutet. DeCandolle bezweifelt zwar, dass die alten Aegypter diese oder jene Art der Cardone gekannt haben und will keine derselben in den von Unger angezo- genen Abbildungen erkennen, was mich freilich einigermassen in Verwunderung versetzt, denn der Habitus des flei- schigen tannenzapfenähnlichen Blütenkopfes mit seinen ei- förmigen scharf zugespitzten Hüllblättern ist in den Zeich- nungen so markant ausgesprochen, dass ich in Verlegenheit käme, müsste ich für diese Form einen anderen Vertreter suchen. Auf den Opfertischen , Fruchttabulets und in den Gemüsekörben fehlt der länghch runde Blütenkopf nur selten. Ich habe mir von altaegyptischen Monumenten bisher fünf- unddreissig verschiedene Modifikationen der Cardone kopieren können. Sie tritt eben so oft in der sorgsamsten Ausführung, wie im flüchtigen Umriss auf. Auf farbigen Darstellungen erscheint der Kopf der Artischocke dunkelgrün oder lebhaft grün koloriert; mehrfach sind auch die einzelnen Hüllblätt- 1) L. II, 151. 2) L. XX, 43. W^oenig, Die Pflanzen im alten Aegypten ^^ — 210 — eben noch besonders gelb umrandet. Einige der Formen bringt Fig. 106. (Siebe auch Fig. 101 und 105.) Durch die Abbildung in Fig. 101 erhält Strabons Mitteilung, dass die Artischocken in Maurusea zwölf Ellen hoch und zwei Handbreiten dick werden, eine kleine Bestätigung*), denn thatsächlich erreicht die Pflanze unter günstigen Verhältnissen eine bedeu- tende Grösse und Stärke. FragHch bleibt es, ob die Bezeichnung der alten Grie- chen : a%6Xopiog^ auf Cynara scolymus oder auf die in Griechenland sehr verbrei- tete nutzbare bunte Distel (Scolymus maculatus L.) zu beziehen ist ; Theophrasts 'üccKTog^) kann kaum mit ^. .r.. K^- r. . ^ r. -ij Cynara scolymus L. identi- Fig. 106: Artischockenformen von Gemälden -^ -^ aus verschiedenen Dynastien. fizicrt WOrdeU. Die Artischocke, welche zu Plinius^) Zeiten eine Speise der Eeichen bildete, für deren Zubereitung Apicius soviel Eezepte hat, dass er den Un- willen der damaligen Gelehrten hervorrief, macht in den beiden genannten Arten nocli heutigen Tags einen Haupt- bestandteil der aegyptischen Gartenkultur aus. Der aegyptische Ar um (Arum colocasia L. = Colo- casia antiquorum Schott.), arabisch Qolqäs, — nach Schott von Colocasia esculenta Yent. == Arum esculentum L. nicht zu trennen — der sich gegenwärtig in Aegypten , Nubien und Sennar wildwachsend und angebaut findet, ist nach den 1) L. XVIII, c. 8 § 4. 2) L. VI, 4. 3) Plinius, der Cynara scolymus an mehreren Stellen erwähnt und beschreibt (XIX, 43. XX, 99), nennt dies Gewächs eine Speise der orientalischen Völker {XXII, 48). — 211 — ZeugDissen griechischer und römischer Autoren daselbst schon in früher Zeit kultiviert worden. Fraglich bleibt es jedoch, ob sein Anbau bis in die Zeit der Denkmäler hinauf reicht, denn seither hat man weder Reste noch Abbildungen von dieser charakteristischen Pflanze entdeckt. Die Beschreibungen der alten Schriftsteller sind ungemein ungenau und dürftig ausgefallen und beruhen sogar zum Teil auf Yerwechs- lungen mit Nelumbium speciosum, denn die Beschreibung, welche Dioscorides und auch PI in ins von ihr in umständlicher Weise entwerfen, geht eher auf den indischen Lotus als auf Arum colocasia. *) Sichereren Anhalt bietet Theophrast.^) Die meisten Forscher des Mittelalters und der späteren Zeit, welche Aegypten bereisten, erwähnen die „Kolkass" und beschreiben sie teilweise genau, so Elis- raili,^) Prosper Alpini, ^) Hasselquist,^) Delile,^) S a V a r y ,'') S o n n i n i ^) u. a. Die stärkemehlhaltigen Wurzel- knollen, oft zwei und sechs Kilo schwer, geben gekocht eine sehr nahrhafte Speise. Savary fand bei Damiette grosse Feldpläne davon bedeckt. Als Heimat des Arum ist auf Grund sorgfältiger For- schung Indien erkannt worden ; doch ist sie auch in Ceylon, Sumatra und auf anderen Inseln des maleiischen Archipels spontan.^) Ch. Riviera fand sie in grosser Menge in der Nähe von La Celle in Algier, am Kap Rosa wildwachsend.^*^) 1) Plinius XXI, 51. 2) L. I, 6. 3) Abdallatifs Denkwürdigkeiten S. 65—74. 4) De planus Aegypti p. 192 u. 193. 5) Reise nach Palästina. S. 524 — 525. 6) Flora Egypt. III. S. 28. 7) Lettres sur l'Egypte, I, p. 7. 8) Reisen in Ober- und Unteraegypten. S. 324. 9) De Candolle a. a. 0. S. 91. 10) Bull, de la soc. bot. la France. 1874. p. 38. 14^ — 212 - 4. Die Hülsenfrüchte. jie Bohnen, welche frisch und geröstet bei den Hebräern eine nicht ungewöhnliche Speise, nament- lich für das arme Yolk waren und deren Schoten nach Dioscorides^) von den Griechen, spargelartig abge- sotten, gern als Gemüse gegessen wurden, scheinen im Phara- onenreiche zu keiner rechten Anerkennung gelangt zu sein, denn die grössere Zahl der Hülsenfrüchte galt den Aegyptern für unrein. Herodot erzählt: „Bohnen pflanzt man aber nicht in Aegypten, und die herauskommen, isst man nicht so, noch speist man dieselben gekocht. Die Priester vertragen nicht einmal ihren Anblick, aus dem Glauben, diese Hülsenfrucht sei unrein." ^) Als Grund der Yerpönung der Bohne mut- masst Herodot die starken Blähungen , welche die Früchte erzeugen. Plutarch dagegen sagt: die Früchte seien den Priestern verboten, weil sie zu stark nähren. Fast scheint es, dieser Notiz zufolge, als ob die Bohnen und ihre nächsten Yerwandten im alten Eeiche nirgends angebaut worden seien. Dieser Annahme aber wider- sprechen entschieden die neuerdings in Theben gemachten Funde, welche der XII. Dynastie entstammen. Es sind dies zwei Samen, welche nach Form und Grösse der in Aegypten vielfach angebauten Bohnenwicke, Pferde- oder Sau- bohne (Faba vulgaris Mönch. = Yicia Faba L.) mit kleinen mehr rundlichen dicken Bohnen vollständig entsprechen. G. Schwein für th hat durch eingehende Untersuchung ihre Massverhältnisse auf 10, 8 und 6V2 nim festgestellt.^) Die Funde waren Bestandteile von Totenspeisen. Hierdurch erhält Plinius Notiz, ^) wonach die Priester die Saubohne vermei- 1) L. II, 117. 2) L. II, 37. 3) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 362 u. 363. — Derselbe: Neue Funde a. a. 0. S. 201. 4) L. XVIII, 12 (30.) den, weil man sie bei Totenfeierlichkeiten verwende und den Göttern nach alter Sitte einen Bohnenbrei opfere , eine befrie- digende Erklärung. Aus den Schriften der Alten ist mit Sicher- heit zu schliessen, dass Faba vulgaris Mönch., arabisch Foul seit den ältesten Zeiten in Aegypten und Griechenland, später auch im römischen Eeiche gebaut wurde. Wohl nicht mit Unrecht versetzt De Candolle in seinen scharfsinnigen Untersuchungen den Anfang ihrer Kultur in Nordafrika in die prähistorische Zeit, i) Ihr Indignat, mutmasslich der Süden des Kaspi-See oder Aegypten selbst, hat bisher noch nicht mit Sicherheit eruiert werden können. Mit Faba vulgaris Mönch, gehören Pisum arvense L., Ervum Lens L., Lupinus Termis Forsk. und Cicer arietinum L. in ganz Aegypten zu den vorzüglichsten Winterpflanzen. Wie Faba vulgaris liefern auch die Kichererbse (Cicer arietinum L.), arabisch Hommos, und die Wolfsbohne (Lupinus Termis Forsk.), arabisch Termus, eine kräftige Nah- rung. Yon der Kichererbse verspeist man die jungen Hülsen und isst die Samen roh, gekocht und geröstet. Die Lupinen- bohnen dagegen werden in Salzwasser zerkleinert, um sie recht geniessbar zu machen und alsdann gekocht. Dass Lupinenbitter einen wesentlichen Bestandteil des altaegyp- tischen Gerstenbieres gebildet haben soll, ist bereits S. 170 erwähnt worden. Über die Kichererbse und Wolfsbohne schweigen die Denkmäler. Der Anbau der ersteren verliert sich bei den altklassischen Völkern in die frühste Zeit. Die Griechen kannten sie schon im Homerischen Zeitalter. Ihre Namen Erebinthos und Krios deuten auf die Ähnlichkeit des Samens mit dem Kopfe eines Widders und nach Pickerings An- nahme ist hierin auch der Grund des Absehens bei den alten Aegyptern gegen diese Frucht zu suchen. 2) 1) Ursprung der Kulturgewächse. S. 397 ff. 2) Unger a. a. 0. S. 131. — 214 — Alle bisher gesammelten Angaben deuten darauf hin, dass die Gattung Cicer, von der man ca. 15 Arten kennt, vom westlichen Asien ihre Yerbreitung über Persien, Nord- afrika und Griechenland genommen hat. Doch fehlt uns jeg- licher Anhalt zur Bestimmung desjenigen Zeitmoments, in welchem ihre Einführung ins Mlthal geschah. Das Gleiche gilt von der aegypti sehen Wolfsbohne (Lupinus Termis Forsk.), arabisch Termus, nach Gussone in Sicilien, Sardi- nien und Corsika und nach Boissier und R. Hartmann in Syrien und Aegypten spontan, i) Da sie im Hebräischen keinen Namen besitzt, glaubt De Ca nd olle, ihre Einführung in die Kultur Aegypten s in die Zeit nach dem Exodus setzen zu müssen.-) Die Linse (Ervum Lens L. = Lens esculenta Mönch.)? arabisch Ads, in den Hieroglyphen-Inschriften : arosana, g)a7iog des Dioscorides, Lens des Plinius, von welcher letzterer zwei Arten als im Mlthale wachsend anführt^) und welche im Oriente als köstliche Speise gilt, wurde nicht nur in Palästina, sondern auch in Aegypten, namentlich im Delta und hier bei Phacusa, d. h. Linsenstadt, fleissig angebaut.^) Sie bildete sogar für Yornehme ein beliebtes Gericht und wurde mit Öl und Knoblauch gekocht. Hierdurch erhielten die Linsen eine chokoladenähnliche Parbe. Das „rote Gericht" des Esau (Genes. 25, 34) verdankte nach Peynier seine Farbe dem noch jetzt üblichen aegypti sehen Brauch, die Linsen vor dem Kochen zu enthülsen. Hierdurch nahmen die Samen eine blassrote Farbe an.^) Aus Linsen wurde auch in Zeiten der Not eine geringe Art Brot gebacken. Noch in den späteren Epochen der römischen Herrschaft ward im Delta, namentlich in Pelusium an der Nilmündung ein lebhafter Linsenhandel 1) De Candolle a. a. 0. S. 411. 2) De CandoUe a. a. 0. S. 411. 3) L. XVIII, 31. 4) Victor Eehn: Kulturpflanzen und Haustiere u. s. w. S. 188. 5) Economie publique et rurale des Arabes et des Juifs. Genf 1820. S. 429. — 215 — getrieben. Bekannt ist, dass das mächtige Transportschiff des Caligula, welches den grossen Obehsken nach Rom brachte (jetzt vor der Peterskirche), 120 000 Scheffel Linsen als Ballast führte. Die Nachrichten der Alten über diese Hülsenfrucht Aegyptens haben durch die kürzlich gemachten Gräberfunde aus der XII. Dynastie ihre volle Bestätigung erhalten. Die Totenspeisen , welche in Form von Breiklumpen auf Thon- näpfchen aufgestellt waren, bestanden teils aus grob geschro- tenen Gerstenkörnern, teils aus Linsen. Einzelne wohlerhal- tene Körner, welche man aus der Masse entfernte, zeigten sich vollständig identisch mit der noch jetzt in Aegypten kultivierten Art: Lens esculenta Mönch. ^) Auf dem berühmten Gemälde aus dem Grabe Ramses III. in Theben, welches uns einen Blick in die königliche Bäckerei gestattet, bemerken wir u. a. auch einen Diener, der vor einem Kessel hockt und für die Bäcker Linsen kocht. Die Linsen befinden sich in zwei neben ihm stehenden Körben, Unter den erwähnten Gräberfunden aus der XII. Dy- nastie fand sich auch ein Same vom indischen Bohnen- strauche (Cajanus Indiens L.). Derselbe ist im tropischen Afrika spontan, zeigt sich in Oberaegypten häufig verwildert und wird zwar nicht mehr in Aegypten selbst, wohl aber noch in Nubien und im aegyptischen Sudan wegen seiner Samen, 2) die nach Form und Grösse unseren Erbsen gleichen, aber nicht so wohlschmeckend und schwer verdaulich sind, angebaut. Durch den gemachten Fund, der uns eine neue Kulturpflanze des alten Aegyptens zuführt, fäUt mithin die Annahme seines Indignats in Ostindien, wo der gelb blühende Halbstrauch eben so fleissig kultiviert wird, wie in Südamerika und Italien. 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 362. 2) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 363. Derselbe: Neue Funde a. a. 0. S. 202. - 216 — 5. Rettig und RiH)e. ür den Garten rettig (Raphanus sativus L.), ^atpavig II des Theophrast, avQßaia des Herodot, arabisch Fiiil^ 5^' Figl und Fidjel, ist das Indignat bisher noch nicht mit Sicherheit festgestellt worden. Nach De CandolJe haben wir mutmasslich das westliche Asien und zwar das Ländergebiet zwischen dem Kaukasus, Anatolien und Palästina dafür an- zusehen , von wo aus dann seine weitere Verbreitung nach Westen und Osten hin erfolgt ist.^) In Aegypten mag sein Anbau schon sehr frühzeitig be- trieben worden sein. „In Aegypten," bemerkt PJinius, „wird der Eettig sehr geschätzt, weil man aus den Samen ein reichliches Öl zieht. Wenn es irgend die Umstände gestatten, säen die Aegypter lieber Rettige als andere Früchte, denn sie ziehen davon mehr Gewinn als vom Getreide und geben weniger Abgaben davon." ■^) In wie weit sich diese Mitteilung der Wahrheit nähert, bleibt dahingestellt. Der wilde (?) Rettig wuchs am schönsten in Arabien und war als urintreibende Medizin be- kannt Der Gartenrettig wurde, wie noch heutigen Tags, als Mittel gegen Husten mit Honig genommen. 3) Rettig ist mit unter den Traktamen ten der Arbeiter an der Pyramide des Cheops (Chufu) angeführt.'*) Abbildungen dieses Gewächses sind auf den aegyptischen Monumenten in zwei Formen vorhanden: unbeblättert ^) und beblättert. Die letzteren sind" von so geringer Schärfe, dass Pickering unentschieden ist, ob er die betrefPenden Zeich- nungen (Fig. 107 und 108) für Rettig oder für Runkelrübe (Beta vulgaris L.) erklären soll. Rosellini hält die fraglichen 1) De Candolle a. a. 0. S. 37 u. 38. 2) L. XIX, 26. 3) PUnius L. XX, 12. 13. 4) Herodot L. II, 25. 5) Rosellini Monumenti 1, 42. Lepsius, Denkmäler III, 36, aus Kamak. 217 — Blattbüschel für Palmenkohl. Unger dagegen entscheidet sich bei dem Gemälde aus Beni-Hassan, das einen Korb mit Esels- feigen, Eiern, Zwiebeln und der in Rede stehenden Pflanzen- gebilde enthält, für Rettig. Die genauen Kopien der fraglichen Zeichnungen, welche mir zur Hand waren, zeigen so wenig Zutreffendes in ihrem Charakter, dass auch für mich die Frage eine offene bleibt, ob wir es hier mit Palmenkohl oder Rübe zu thun haben. Den Rettig möchte ich in dieser Frage wegen der geringen Konformität in der Zeichnung vollständig aus- schliessen , doch kann ich mich um so weniger für Palmen- kohl entscheiden, da der untere Teil des Pflanzengebildes zu Fig. 107: Aus Beni-Hassan. Grab Nr. 2. XII. Dynastie. (L. D. II, 129. Eosellini, Monumenti II, 40.) Fig. 108 : Aus Beni-Hassan. Grab Nr. 2. XII. Dynastie. (L. D. II, 128.) viel Körper besitzt, weiss koloriert ist und sich ganz scharf Ton der an ihm befindlichen Blattpartie abhebt; andernteils machen mich freilich wieder die vielen Stigma zweifelnd, die auf Insertionsstellen von Blättern deuten. Rosellini hat a. a. 0. die Zeichnung des Objektes farbig wiedergegeben (Fig. 107): die Blattbüschel sind blaugrün, die Rippen der Blätter weiss, ebenso der Körper, die Stigma hellgrün. Zwei andere unbeblätterte Rettige zwischen Opfergaben aus dem Tempel zu Karnak sind so naturgetreu wiederge- geben, dass ich auf die Beifügung einer Kopie verzichte. Die Runkelrübe, Mangold (Beta vulgaris L.), TsvTov iiekav des Theophrast^), gegenwärtig in mehreren 1) L. VII, 7. — 218 - Yarietäten im Mlthale angebaut, war den Griechen und Eömern im Altertume sehr wohl bekannt. Sie ist im Mittel- meergebiet, im westlichen Asien und auf den canarischen Inseln heimisch. Ihr Indignat ist durch die frühe Kultur verwischt worden. Zwar finde ich sie in mehreren sekundären Quellen als wildwachsend an den Küsten des Mittelmeeres vermerkt, doch bezweifle ich die Richtigkeit dieser Angabe. Ebenso fehlt De Candolles Annahme, nach welcher die Runkelrübe nicht über vier bis sechs Jahrhunderte vor : C Studde-s, lei'j>?!g - Reudnit2, Fig. 109 ; Gärtner zu askalonisclieii Zwiebeln (AUium Ascalonicum L.) eine Runkelrübe (Beta vulgaris L.) legend. Aus Beni-Hassan. XII. Dynastie. Champ. IV, 395. unserer Zeitrechnung in die Kultur übergegangen sein soll,^) die sichere Begründung. Ich glaube vielmehr, dass bei einer prähistorischen Spontanität in Nordafrika diese nutzbare Pflanze sehr frühzeitig in Aegjpten angebaut worden ist, und trügt nicht alles, so liefert uns Fig. 109 hierfür den Beweis. Als was wäre wohl das kugelige fleischige und beblätterte Wurzelgebilde, welches der altaegyptische Gärtner in den flachen Korb zu den askalonischen Zwiebeln legt, anzuspre- chen? Ich halte es für Beta vulgaris L. 1) Ursprung d. Kulturpflanzen S. 74. — 219 — 6. Die Bamia. ibiscus esciilentusL, die Bamia oder G o m b o - bohne, Okra, aach essbarer Eibisch oder Abelmosch, arabisch B amy ah, Bamiat , im Sudan Weqa^) genannt, ist von Gr. Schweinfurth, P. Ascherson und anderen Forschern in der Nilregion in Nubien, Kordofan, Sennar und Abyssinien wildwachsend beobachtet worden. Ihre bis 8 cm langen fünfkantigen und zehnfurchigen Früchte, von pyramidaler Form, bilden noch heutigen Tags nicht nur in Aegypten, sondern im ganzen Mlgebiet und den Oasen ein beliebtes Nahrungsmittel, weshalb man die Pflanze in den Gemüsegärten im Grossen kultiviert. Die unreifen bohnen- förmigen grauen Samen, welche viel Schleim enthalten, werden rig. 110: Bamia-Ernte. Aus Beni-Hasaan. XII. Dynastie. (Rosellini II, 39.) als Zusatz zu mancherlei Speisen gekocht. Die reifen Bohnen benutzt man zu einem beliebten warmen Getränke, indem man sie brennt, zerkleinert und auskocht, kurz wie den Kaffee behandelt. Sie haben aber den Yorzug vor demselben, dass sie nicht nervenaufregend wirken, wohl aber von einem sehr angenehmen, gewürzhaften Geschmacke sind. Die Kultur der Pflanze ist in Aegypten eine sehr alte. Schon Abul-Abbas-Elnabati, welcher 1216 in Aegypten weilte, hat den Gombo als Gemüsepflanze gut beschrieben;^) nicht minder genau Prosper Alpini, dessen Werk auch eine vorzügliche Zeichnung der Bamia enthält.^) 1) Th. V. Heuglin: Reise im Gebiet des weissen Nil. S. 48. 2) De CandoUe a. a. 0. S. 235. 3) De plantis Aegypti. Ausgabe 1755. p. 207 als „Bamia Muschata". — 220 — Eine wesentlich von der Darstellung der Weinknlturen abweichende Zeichnung, den Gräbern Beni-Hassans ent- stammend, ist von Rosellini als Bamia-Ernte angesehen worden (Fig. 110): In den Laubengängen, deren Spaliere die rankenden Pflanzen dicht und schattig bekleiden, sind drei Arbeiter mit dem Ab- pflücken der reifen Früchte beschäftigt. Einer derselben^ in hockender Stellung, da ihm der niedere Bogengang nicht erlaubt sich aufzurich- ten, wirft die sehr richtig gezeichneten eiförmig zuge- spitzten Früchte in einen hohen Korb aus durchbro- chenem Geflecht, der zweite in einem höheren Bogengang daneben, aufrecht stehend ge- zeichnet, trägt in seiner Linken einen kleinen viereckigen mit Schnüren versehenen Korb und langt mit seiner Rechten nach den Früchten in das Gerank hinein. Der dritte in einiger Entfernung von ihm, hält gleichfalls fleissige Nachsuche in den Stauden. Der vierte Arbeiter trägt in zwei Körben die gepflückten Früchte von dannen. Zwar negiert F. Unger die Richtigkeit der Rosellinischen Erklärung,^) bleibt aber den Gegenbeweis schuldig. Je öfter ich Blätter und Früchte der Bamia mit dem Gemälde vergleiche, desto mehr neige ich der Annahme Rosellinis zu. Namentlich sind es die dargestellten grau kolo- rierten Früchte (Fig. 111), welche für die Bamia sprechen. Fig. 111 : Korb mit Bamia-Frücliten. Aus Fig. 110. 1) Die Pflanzen des alten Aegyptens a. a. 0. S. 125. — 221 — 7. Kohl- und Salatpflanzen. linins rät den Weintrinkern gegen Trunkenheit und deren Nachwehen den aegyptischen oder alexan- drinischen Kohl zu gebrauchen, der wegen seiner grossen Bitterkeit freilich nicht gut essbar, doch immerhin bei dergleichen physischen Zuständen von probater Wirkung sei.') Dass sowohl die Aegypter wie die Sybariten dieselbe erkannt, bestätigt Athenäus, indem er erzählt, dass er von den genannten Völkern gegen Trunkenheit gekocht gegessen würde. 2) Cato (156) will den rohen alexandrinischen Kohl vor Tisch genossen wissen; vorzüglich sollen die Keime des Kohles nicht nur dem Magen dienlich sein, sondern auch aufs Wasser wirken, aber in Salzlake gelegt „Bauchrumpeln" verursachen. Ob unter der Bezeichnung alexandrinischer Kohl eine der Brassicaarten zu verstehen sei, welche sich nach De Candolle erst seit dem hebräischen Altertum vom west- lichen Asien aus verbreitet haben, ^) und welche unter ihnen von den Alten gemeint ist, habe ich bisher nicht mit Sicher- heit ermitteln können. Gegenwärtig baut man in den Ge- müsegärten der Mlebene Brassica eruca L. , B. Napus Metzg. und B. oleracea L. Ein ganz vorzügliches Gemüse lieferten den alten Aegyp- tern die jungen Blattschossen der Dattelpalme (Phoenix dactylifera L.) , Gehirn der Palme genannt , mit welchem Namen die Alten überhaupt leckere Speisen zu belegen pfleg- ten. Die zarten, saftigen Triebe gaben ihnen den so hoch geschätzten Palmenkohl, der auf verschiedene Weise zube- reitet wurde. Wegen seiner Bitterkeit als Magenspeise beliebt war der Salat aus Sprossen und Blättern der Cichorie (Cichorium Intybus L.), von den Eömern nach Standort und Eigentüm- 1) L. XX, 34. 2) L. I, 131. Dioscorides II, 146. 3) Ursprung der Kulturpflanzen. S. 47 u. 48. — 222 — lichkeiten mit verschiedenen I^amen benannt. Sie wucherte in Aegypten wild, wurde aber auf den Feldern auch beson- ders als Gemüse angepflanzt.^) Plinius nennt zudem eine andere, wildwachsende, dem Lattich sehr ähnliche Art mit angenehmem Bitter- und Milchsaft, dieEndiviencichorie (Cichorium Endivia L.), welche u. a. auch in der Mittelmeer- region spontan ist^) Maillet^) fand die wildwachsende Endivie Aegyptens von weit besserem Geschmack als die in Frank- reich kultivierten. Zu seiner Zeit war sie dort so häufig^ dass sich die Hälfte der armen Bevölkerung davon nährte. Ein in Aegypten, überhaupt im Orient gewöhnliches Ge- müse liefert der Corchorus (Corchorus alitorius L.), arabisch Melochia, Melochieh, war im Altertume wegen seiner Bitter- keit sprichwörtlich.'*) Die Pflanze, nach Oliver, Kotschy und Peters in Aegypten wildwachsend,^) wird von Pruner,^) Schweinfurth,^) v. Heuglin,^) Aschers on^) u. a. als in Gärten der Mlebene und der Oasen angebaut aufgeführt. Mcht minder waren auch die jungen Sprossen des Fenchel (Foeniculum capillaceum Gil) beliebt. Auch unser Basili- kum (Ocymum basilicum B.) oder eine ähnliche Art Ocymum ist das von Dioscorides^^) und Plinius ^i) genannte 1) Plinius L. XIX, 39. XXI, 52. 2) L. XXII, 43. 3) Rescription de l'Egypte etc. 1740. Br. IX. 4) Theophrast L. VII, 7. Plinius L. XXI, 106. 5) De Candolle: Ursprung der Kulturpflanzen. S. 164. 6) F. Pruner: Aegyptens Naturgeschichte u. Anthropologie. S. 45. 7) G. Schweinfurth: Beiträge zur Flora Aethiopiens. S. 264. Derselbe: Pflanzengeographische Skizze des gesamten Nilgebiets. Peter- manns Mitteilungen 1868. Heft. 7. 8) Th. V. Heuglin : Reise im Gebiet des weissen Nil. 1869. S. 48. 9) P. Ascherson: Vorläufiger Bericht über die botanischen Er- gebnisse der Rohlfschen Expedition in die lybische Wüste. Botan. Zeitung. Jahrg. 1874. Spalte 617. 10) L. III, 43. 11) L. XXI, 89. 174. — 223 - ocinos, das man in Aegypten als Küchen gewächs kultivierte lind auch zu Kränzen verwendete. Mit dem Namen cardamon bezeichneten die Alten eine orientalische Kressenart, vermutlich die Garten- kresse (Lepidum sativum L.). Das Indignat der Pflanze hat seither nicht sicher bestimmt werden können. Sie ist in Indien, Westasieu, IJ^ordafrika und Europa heimisch und wird wie früher noch heute von den Aegyptern mit gleicher Vorliebe kultiviert. Den alten Alexandrinern galt die Gartenkresse als leckeres gewürzhaftes Essen. Die Lateiner nannten sie wegen ihrer Schärfe scherzhaft nasturtium, d. h. „Nasendreh". Yon keiner der in diesem Abschnitt aufgeführten Pflan- zen ist weder durch die Denkmäler noch durch Gräberfunde eine alte Kultur bestätigt worden. Ihr Anbau in Aegypten dürfte nicht weit über das 2. Jahrhundert v. Cbr. hinausgehen. Mit der nötigen Reserve gebe ich am Schluss dieses Abschnittes die Kopie einer in der Description mitgeteilten Zeichnung, den Gräbern Beni-Hassans entstammend , ^) welche mich in voller Ungewissheit läSSt, ob sie eine Brassica- oder ^ig. "2: Brassica oder Cynara ' scolymus vel Cardunculus L. (?) Cynara- Art charakterisiert; zwar er- Aus Beni-Hassan. innert der Total-Habitus dieses Pflan- zengebildes lebhaft an die 418 Arten umfassende, auf die südliche Hemisphäre beschränkte perigonblütige Familie der Proteaceen, doch darf an die in Abyssinien heimische Protea abyssinia, welche Bruce unter dem Namen Gaguedi beschrieben und genau abgebildet hat, wohl kaum gedacht werden.-) 1) Descript. de l'Egypte. A. vol. IV. T. 66. 2) J. Bruce: Reise zur Entdeckung der Quellen des Nil 1768- 1773. D. A. Bd. V. S. 62 u. 63. Tafel 15 u. 16. Gewürzpflanzen im alten Aegypten. [um Würzen der Speisen wurde bei den Alten besonders der Kümmel gebraucht, aber nicht unsere gewöhn- liche Art: CarYum Carvi L., sondern Cuminum cy- minum L., arabisch Kammün, die in den Mittelmeerländern sehr verbreitet ist. ,,Der wilde Küm mel," bemerkt Plinius,*) „der auch Feldkümmel und thebaischer genannt wird, ist bei Magenweh sehr heilsam, wenn er zerrieben in Wasser gethan und eingenommen wird. Übrigens hat der äthiopische und afrikanische den Yorzug, doch schätzen einige den aegyptischen noch höher." Ferner berichtet er,^) dass man ihn als Gewürz auf die untere Brotrinde streut und unter die Würze mischt Yon dem Anis (Pimpinella anisum L.)^) giebt er^) dem kretischen den Yorzug, ihm folgt der aegyptische, ein Kraut, das Pythagoras ausserordentlich rühmt und es roh und ge- kocht empfiehlt. Grrün und getrocknet ward es in allen Würzen und Tunken gebraucht; man streute die süss-aroma- tisch schmeckenden Aniskörner auf die untere Brotrinde, und that sie in die Beutel, durch welche die Weine filtriert wur- den. Er gab mit bitteren Mandeln dem Weine einen lieb- lichen Geschmack, linderte, unter der Nase damit geräuchert, 1) L. XIX, 47. 2) L. XX, 58. 3) av'ciov des Dioscorides. 4) L. XX, 72. 73. — 225 — Kopfweh u. s. w. Noch gegenwärtig macht Anis, arabisch: Jensöon, einen Bestandteil der aegyptischen Feld- und Garten- kultaren aus. Häufig auch fand man wohl in den aegyptischen Gemüse- gärten den Dill (Anethum graveolens L.).^) In ganz besonderem Ansehen als vortreMiches Küchen- gewürz aber stand, wie noch heute bei den Aegyptern, der Koriander (Coriandrum sativum L.) , arabisch Kazbareh, Kussbera, dessen runde, gelbliche, inwendig hohle Samen ihrer Gestalt nach (Exod. 16, 31) mit Manna verglichen wer- den konnten. „Yom Koriander," sagt Plinius, „giebt es keine wilde Art; soviel ist indessen ausgemacht, dass der aegyptische der beste ist."'^) Ton diesem aegyptischen Gewürz fand sich eine halbe Teilfrucht zwischen den schon S. 133 genannten Flechtenarten unter Totenspeisen der Gräberfunde aus Der- el-Bahari (XXII. Dynastie, 960—800 v. Chr.).^) Yon der jetzt im Oriente so sehr verbreiteten Kultur- pflanze Papaver somniferum L. ebenso von P. Rhoeas L.. begegnet uns auf altaegyptischen Monumenten nicht eine einzige Abbildung, da jedoch Plinius^) des aegyptischen Opiums Erwähnung thiit und mitteilt, dass sich die Aegypter des Mohnsaftes als Heilmittel bedienen, ist das Vorkommen des betäubenden Mohnes wohl ausser Zweifel gestellt Für die Spontanität des Feldmohn (Papaver Rhoeas L.) im Nordrande Aegyptens sprechen vollgewichtige Gräberfunde von Der-el-Bahari (XXII. Dynastie). Yollständige und wohl- erhaltene Blüten dieser Pflanze, die noch deutlich rötliche ■ 1) Plinins L. XIX, 8. Colum. IX, 315. — Von Dillarten kulti- viert man gegenwärtig in Aegypten: Anethum graveolens, A foeni- culatum, A. acre und A. dulce. 2) Plinius XX, 20. 82. Vergleiche auch Prosp. Alpini: De plan- tis Aegypti c. 42. p. 61. 3) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grrä- bern a. a. 0. S. 359. 4) L. I, 20. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. 15 - 226 - Färbung zeigten, schmückten die Blumengewinde der Prin- zessin Nsi-Chonsu. Die Blüten entsprechen in ihrer Form der Yarietät, welche Boissiers in seiner orientalischen Flora als P. genuin um bezeichnet, die in allen Mittelmeerländern häufig ist, bei Alexandrien noch gegenwärtig vom März bis April als Unkraut die Felder schmückt, merkwürdigerweise aber dem Binnenlande Aegyptens fehlt. Die Blüten der Gräber- pflanzen, 2,5 cm im Durchmesser, sind vor dem Aufblühen eingesammelt worden, denn sie befinden sich noch halb im Knospenzustande. Die Blütenstiele zeigen die abstehenden charakteristischen Borstenhaare. Der Fruchtknoten, kurz ei- förmig mit 8—10 Narben, hat bei jugendlichen Blüten eine längliche cylindrische Gestalt.^) Dass man sich zum Würzen des Weissgebäckes neben anderem auch wahrscheinlich der Samen vom Sesamstrauch (Sesamum Orientale L.), arabisch Simsim oder Semsem be- diente, ist schon S. 178 berichtet worden. Theophrast, Dioscorides und Plinius^) stimmen in der Angabe über- ein, dass die Pflanze wegen des Ölgehaltes ihrer Samen in Aegypten angebaut wurde. Letztgenann- tem Autor zufolge ist ihre Heimat in Indien zu suchen. In Babylon war die Kultur eine sehr alte und ausgedehnte, denn Herodot berichtet: „Sie (die Babylonier) haben kein Öl, ausser, was sie aus Sesam bereiten." ^) Die Denkmäler schweigen über die Pflanze und sprechen vorläufig nicht gegen die Annahme DeCandoUes, wonach ihr Anbau in Aegypten von nicht langer Flg. 113: Biüieiizw«ig 2eit vor Theophrast datiert, zumal die hebrä- ""^ mum" orientall L^^ ischc Litteratur bls hin zur Zeit des Talmud über dies wichtige Kulturgewächs nichts 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzenresie aus altaegyptischen Grä- bern a. a. O. S. 358. Derselbe: Neue Funde a. a. 0. S. 190. 191. 2) Theophrast 1, 8. Dioscorides I, 2. Pliniue I, 18. 3) L. T, 19;i - 227 — berichtet. Es ist sogar gar nicht unwahrscheinlich, class die Impor- tierung der Pflanze und ihres Namens (hebräisch Semsem, davon das griechische Sesam abgeleitet) seit der Epoche der grossen Denkmäler und dem Exodus durch die Semiten erfolgt ist. i) Zur Zeit steht Sesamum Orientale L. (Fig. 113) unter den ölgebenden Pflanzen Aegyptens mit oben an. Von den in der Nilebene kultivierten Senfarten: Sinapis alba, S. nigra und S. junca, ursprünglich im west- lichen Asien, Nordafrika und Südeuropa heimisch, ist seither nirgends eine Spur in den Denkmälern entdeckt worden, wohl aber haben sich einige Schötchen zwischen Leinkapseln unter den Opfergaben der Gräberfunde (1881) von Dra-Abn-Negga (Theben) aus der XII. Dynastie erhalten Dieselben wurden von Gr. Schweinfurth als Sinapis arvensis L. (Acker- senf, Hederich) var. Allionii Jacq. angehörend bestimmt. Diese Art ist noch gegenwärtig als Unkraut in aegyptischen Leinfeldern ganz allgemein.-) Weniger häufig als im Altertum findet man gegenwärtig in aegyptischen Gärten den Majoran (Origanum majorana L., arabisch: Bardakoosh). Dies Gewächs war wegen seines Wohlgeruchs, seiner medizinischen Kräfte, sowie auch als Gewürzpflanze nicht nur im Nilthal und Syrien unter dem Namen amaracus sampsuchum, sondern auch in Griechenland und Rom als Kranzblume beliebt. Origanum bildete den wichtigsten Bestandteil der kostbaren Salbe: amaraciciim.^) Unter dem Seriphium des Plinius, das in Aegypten am schönsten wachsen soll .und welches die Isispriester bei grossen Feierlichkeiten in den Händen tragen, dürfte eine der noch jetzt in Aegypten arzneilich verwendeten Artemisia- arten: Artemisia obratanum L. oder A. absynthium L. zu verstehen sein.'*) 1) De Candolle: Ursprung der Kulturpflanzen. S. 534. 2) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 359. 3) Plinius XXI, 35. Vielleicht ist das von demselben Autor XI l, 53 genannte ^Marum" eine Origanumart. 4) Plinius XXXII, 29. 15* YL Grartenanlagen, Garten- und Kranzblumen im alten Aegypten. 1= Grartenanlageii. Is Inbegriff der Bequemlichkeit, Annehmlichkeit, des Reichtums und behaglichen Lebens galt den alten Aegyptern der Besitz eines G-artens , und glücklich ward der gepriesen , der sich im kühlen Schatten seiner Bäume ergehen konnte. Im Papyrus IV der Sammlung zu Bulaq spricht der alte Schreiber zu einem begüterten Yor- nehmen : „Du hast dir ein bewässertes Landstück angelegt, du hast dein Gartenland mit Hecken umgeben , Sykomoren hast du in Rondeln gepflanzt, wohl sie ordnend auf dem ganzen Gebiete bei deinem Hause. Du füllst deine Hand mit allen Blumen, welche dein Auge erschaut . . ." Zu den vornehmsten Geschenken der aegyptischen Könige an die Tempel ihrer Gottheiten gehörten nicht nur weite Feldpläne und lebendes und lebloses Inventar zu ihrer Bestellung, sondern auch prächtige Gartenanlagen, welche das Heiligtum umfriedeten. In der Schenkungsurkunde des Königs RamsesIII. (Papyrus Harris) an die aegyptischen Tempel heisst es u a. (Tafel 7) von den Gaben an die Götter von Heliopolis:^) „Ich machte dir (der Gottheit) grosse 1) Papyrus Harris, übertr. von A. Eisenlohr. Zeitschr. f. aegypt. Sprache u. Altertumskunde. Jahrg. 1873. S. 99. - 229 - Gärten, versehen mit ihren Baumstücken mit Shetu (?) und Eeben im Tempel des Tum .... Ich machte dir Land- strecken von Olivenbäumen in deiner Stadt An. Ich versah sie mit Gärtnern, zahlreichen Leuten, um reines bestes Öl von Aegypten zu bereiten, um anzuzünden die Lampen in deinem prächtigen Tempel. Ich machte dir Baumplätze und Gehölze mit Bäumen, Dattelpalmen, Weiher, versehen mit Lotusblumen, Binsen, Gräsern, Blumen jedes Landes, Tetmer, An, Chaut, süsse und wohlriechende für dein schönes Ant- litz . . .'' Der fünfte Abschnitt des Papyrus enthält ein summarisches Yerzeichnis der königlichen Geschenke. In ihm finden sich auch \ vermerkt : 474 419 Oryien Ackerland und 514 Gärten und Baumanlagen. Laut Inschrift im Grabe des Anna zu Quarnah, ediert und übersetzt von H. B rüg seh, besass der Selige in seinem Garten an Bäumen und Sträuchern 90 Exemplare von Ficus Sycomorus, 120 von Phoenix dactylifera, 12 von Vitis vinifera, 9 von Salix (saf- saf?) und 10 von Tamarix africana. Den Blumen-, Obst-, Wein- und Gemüsegärten scheint, nach zahlreichen bildlichen Darstellungen zu urteilen, im alten Aegypten grosse Aufmerksamkeit gewidmet worden zu sein. Diese Zeichnungen, halb Grundriss, halb fertige Aus- führung orientieren uns bis ins kleinste über ihre Anlage und die Gewächse, welche Beete und Bosketts füllten. - ; Die Gärten wurden , der leichteren Bewässerung wegen, fast ausnahmslos in der Nähe von Kanälen angelegt, waren vielfach von den Kanälen selbst oder von breiten Gräben ■durchzogen und enthielten Teiche oder grössere Wasser- bassins, deren Ränder abgeschrägt und mit Steinplatten be- legt waren ; breite Steintreppen führten zu dem Wasser hin- ab. Das Wasser ist eigentümlicherweise stets durch blaue parallele Zickzacklinien angedeutet. Zwischen ihnen werden die Blütenkelche und runden Blattteller der Lotusblumen sichtbar; öfters ist auch der Spiegel des Bassins von Enten und anderem Geflügel belebt. Die Gärten enthielten mehrere Abteilungen. Einer der- — 230 — selben auf einem Wandgemälde in Theben zeigt deren zwei. In der vorderen Abteilung befindet sich ein Teich, der mit Sykomorenbäumen umgeben ist. Ein Gärtner hat eben au& demselben mit zwei grossen Stein krügen Wasser geschöpft und trägt die Gefässe in die zweite Abteilung hinüber, um die höchst charakteristisch gehaltenen Dattelbäume und Dum- palmen zu begiessen , welche abwechselnd in langen Keihen nebeneinander stehen. Ein viel belebteres Bild erhalten wir auf einem anderen Gemälde aus dem Grabe Amenophis I. in Theben (XYIII. Dynastie, um 1600 v. Chr.). Dasselbe stellt eine Sommerwohnung mit Türmen, Obelisken und einem tempel- artigen Bau dar. Vor dem Gebäudekomplex der Villa er- streckt sich ein prächtiger Blumen- und Obstgarten, zur Hälfte von einem Kanal durchzogen und von einem Teiche bewässert, in und an welchem wir Papyrusbüschel, Lotus und Sykomoren bemerken. Die Herrin des Hauses, umgeben von ihren Dienerinnen, empfängt hier Damenbesuch und reicht einer der Geladenen einen schön gebundenen Blumen- strauss in Gestalt eines Füllhornes dar. Weitere Belehrung schöpfen wir aus einer anderen fest- lichen Sceue in Haus und Garten eines reichen Aegypters (Wandgemälde in Theben).^) Da bemerken wir unter anderen eine Frau, welche sich einen Ölzweig gepflückt hat und unter Granat- und Feigenbäumen dahinwandelt; eine zweite Be- sucherin des Gartens tritt soeben zur Pforte ein. Sie führt an ihrer Hand zwei Kinder. Diese haben sich mit Reben- gerank geschmückt. Eine Dienerin trägt ihnen das Spielzeug und ein Rebenmesser nach. Wahrscheinlich wollen sich die Kleinen ihr Spiel durch saftige Trauben, welche in Hülle und Fülle am Spaliere prangen , angenehm versüssen. Äusserst natürlich in Zeichnung und Farbe ist auf dem genannten Gemälde das Weinlaub und die saftige Traubenfülle gehalten. 1) Bei Roeellini 11, 68 und Champ. II, 174 in seinen Farben reproduziert. - 231 - Nicht minder überrascht die korrekte Wiedergabe der Früchte an einen] blattlosen Granatbaum. Der daneben stehende Sy- komorenbaiim trägt hellgrüne Blätter und goldgelbe Feigen, an welchen der Schatten durch eine rote Farbennuance an- gedeutet worden ist. Auf einem vierten Bilde erblicken wir zwischen den regelmässigen Gängen und Baumalleen von Dumpalmen, Datteln, Sykomoren, Feigen und Granatbäumen lange luftige Säulenhallen, Pavillons und Kapellen für die Hausgötter. Ein fünftes Bild aus dem Königsgrabe Nr. 11 in Theben belehrt uns über die Anlage der Blumenbeete. Sie sind alle halbmondförmig angelegt , die Blumen selber in halbmond- förmigen , parallellaufenden Reihen angeptlanzt. Jedes Beet trägt andere Blumen, alle jedoch so stilisiert, dass sie nicht zu bestimmen sind und nur hin und wieder den Familien- charakter erkennen lassen. Der in einer thebai sehen Grabwand befindliche mit äusserster Sorgfalt farbig ausgeführte Plan einer Villa, den ich nach Rosellini') in Fig. 114 verkleinert wiedergebe, bietet des Interessanten so viel, dass wir nicht umhin können, ihn etwas aufmerksamer zu betrachten. Was uns zunächst befremdet ist die eigentümliche Form des architektonischen Entwurfs, der eher dem Kopfe eines Kindes als eines Künstlers entsprungen zu sein scheint. Bei näherer Prüfung jedoch erkennen wir die Absicht des Zeich- ners, die keine andere ist, als alles, was innerhalb des Gartens und der Gebäude sich vorfindet, vor das Auge des Beschauers zu bringen, und um die Lösung dieser schwierigen Aufgabe zu ermöglichen, wendet er in wunderlicher Kombination die drei noch gegenwärtig herrschenden Formen der Projektion zugleich an : Grundriss, Aufriss und Durchschnitt. Die Mauer des anfolgenden Plans von der Yilla ist im Grundriss markiert, die Bäume, Gartenthüren und Pavillons dagegen im Aufriss, jedoch in derselben Ebene, auf welcher ,) Rosellini II, 69. - 232 - der Grundriss entworfen ist und zwar in der Art, dass man alle Gegenstände aus der Vogelperspektive zu überschauen meint, doch sind sie merkwürdigerweise vom Maler so ge- zeichnet, als ob man sie vor der Aufnahme umgeworfen und platt auf die Erde gelegt hätte. Sämtliche Bäume der Alleen, des Villengartens neigen ihre Wipfel nach einer Richtung; nur diejenigen zur rechten Hand ausserhalb der Mauer machen eine Ausnahme. Sie neigen sich dem Rande des bewässern- den Kanals zu; und weshalb diese Abweichung? Der Kunst- Ki^Yfi.mY^ife;!.^!M^ia »♦♦♦♦»♦♦♦^ MIMiÄ iit mm LÖffllMi m tt •m i6m ■^_-__j.#Hgt^|a 3^*^4 4 4 1- öl Fig. 114: Grundriss einer altaegyptischen Villa mit Garten. Aus Theben, XVIII. Dynastie. (Nach Rosellini II, 69.) 1er wollte andeuten, wie laubdicht und schattenspendend be- sonders diese Allee vor der Einfriedigung sei. Diesen Ein- druck aber vermochte er nur durch Zeichnung einer grossen Zahl von Bäumen hervorzurufen und um selbige zahlreicher anbringen zu können, musste er diese Art der Darstellung wählen. Der Pavillon zur linken Seite, teils im Aufriss, teils im Durchschnitt, zeigt in seinem Innern verschiedene Ge- mächer und in diesen grössere und kleine Opfertische. Das Mittelfeld des Planes wird eingenommen von einem grossen - 233 — Weingarten in sechs Abteilungen, der inmitten von einem Hauptgang durchzogen ist. Die Gartenthür am vorderen Ende deutet an, dass derselbe noch von einer besonderen Mauer umschlossen ist. Das grüne Laubgewirr der rotge- zeichneten Weinreben ist äusserst sorgsam ausgeführt Nicht minder die einzelnen grossen und kleinen scharf charakteri- sierten Bäume: Dattelpalmen, Dumpalmen und Sykomoren, die sich teils zu schattigen Plätzen gruppieren , teils lange kühle Laubgänge bilden. Yier Teiche, zwei vordere grössere und zwei hintere kleinere, verleihen dem Garten besonderen Keiz und Annehmlichkeit Dichte Büsche von Papyrusstauden umkränzen sie; auf ihrem blauen Spiegel wiegen sich die Blütenglocken der Teichrosen; bunte Enten durchziehen die klare Flut. Reiche botanische Ausbeute gewährt der in einem Grabe zu Tell-el-Amarna abgebildete Grundriss eines Palastes -inmitten eines grossen wasserreichen Gartens. Durch den- selben hat uns der alte Künstler nebenbei über den Reich- tum seines Besitzers unterrichtet, indem er uns in zwölf seitlich vom Hauptgebäude gelegene, bis oben an mit Wein- krügen und Ölamphoren, Broten u. s. w. gefüllte Speicher und Vorratskammern einen Einblick gestattet, sodann lag ihm auch daran, auf die Wohlhabenheit des Yerstorbenen durch die grosse Fülle verschiedener edler Bäume und Strauchgewächse seines Parkes hinzuweisen. Daher hat der Maler die grösste Sorgfalt auf die naturalistische Wiedergabe der ein- zelnen Pflanzentypen verwendet, und wir sind ihm für dieses Motiv verzeihlicher Eitelkeit noch heute dankbar, denn die scharfen Zeichnungen summieren zu den schon genannten Arten noch Granatbäume, Ölbäume, Balaniten, Ricinus u. s. w. und vervollständigen das Gesamtbild über die Obst-Kulturen, ^j Damit die Seele des Yerstorbenen auch noch an ihrem Orte der Ruhe im kühlen Schatten laubreicher Bäume sich 1) Über Anlage der Weingärten siehe YII. Kapitel: Weinbau im alten Aegypten, - 234 — ergehen und an Farbe und Duft der Blumen erfreuen könnte^ legte man vor den Gräbern, welche Bewässerungskanälen nahe lagen, kleine Gärten mit Wasserbassins an. Dergleichen Totengärten müssen ziemlich häufig gewesen sein, denn auf den Stelen aus der XVIII. und XIX. Dynastie liest man nicht selten folgende Formel : „Möge ich wandeln am Rande meines Teiches tagtäglich immerdar; möge meine Seele sitzen auf den Zweigen des Grabgartens , den ich mir bereitet habe ; möge ich mich erfrischen tagtäglich unter meiner Sykomore."^) Eine dieser Epoche entstammende Stele aus Theben, im Bulaqer Museum, bringt eine Illustration zu diesen Worten. Auf der annähernd perspektivisch gehaltenen Darstellung des Grabgartens bemerken wir links, an dem Fusse einer Berg- kette gelegen, drei Totentempelchen. Seitwärts kniet mit zum Dank erhobenen Händen der Selige, der aus seiner Grabkammer herausgegangen ist, um sich im Garten zu er- quicken. In demselben stehen zwei sehr naturgetreu gezeich- nete Dattelpalmen mit schweren Fruchtgehängen und ein Sykomorenbaum, der die typischen Merkmale dieser Feigen- art in vortreMichster Weise zeigt. Auf einem Opfertisch im Schatten der Dattelpalmen liegen Brote als Totenspeise. 2) 3. Grarten- und KranzMuineii. ine kleine Anzahl altaegyptischer Gartenblumen ist durch die neuesten Funde in Theben (1881) nachge- wiesen worden. Zu ihnen zählen die hochgelben zartgeaderten und verschieden nuancierten Blumenblätter der feigenblätterigen Malve (Alcea ficifolia L.). Sie zierten in Verbindung mit Blättern oder Blüten von Salix safsaf F., 1) Maspero: Recueil de travaux II, 105, citiert von Perrot u. Chipiez a. a. 0. S. 291. 2) Nach Maspero, mitgeteilt von Perrot u. Chipiez a. a. 0. S. 291. — 235 - Delphiniuni Orientale G., Nymphaea Lotus L., N. coerulea Savig., Sesbania aegyptiaca Pers. die Agraffen des Toten- kranzes Ahm es I. = Amenhotep I. (XVIII. Dynastie, um 1600 V. Chr.) und waren der Länge nach gefaltet und quer auf einem Palmenblattstreifen befestigt.^) Alcea ficifolia L., welche in Sibirien und Yorderasien wild wächst,*^) bildet wie vor Jahrtausenden noch gegenwärtig den wesentlichsten Schmuck der arabischen Gärten. Ferner sind auch zu den Blumengewinden der Mumien die orange- farbenen, besonders zur Nachtzeit stark duftenden Blüten de& arabischen Jasmin, Sambac (Jasminium Sambac L.) ver- wendet worden,^) der nicht nur in Aegypten, sondern vor- nehmlich auch in Ostindien in hohem Ansehn steht und bei prunkhaften Festen zum Ausstreuen in den Tempeln benutzt wird. — Unter den grossen Katakombenfunden vom 6. Juli 1881 bei Theben (Der-el-Bahari), aus der XXII. Dynastie,, fand man auch Exemplare einer Ritte rspornart, die, von unserem Gartenrittersporn (Delphinium Ajacis L.) durch mehrere Merkmale unterschieden , sich (nach Schwein - furth) nur in Yorderasien und zerstreut in einigen Mittel- meerländern, nirgends aber in Aegypten findet und deshalb von P. Ascherson als Delphinium Orientale Gag. bestimmt wurde/) Der Farbestoff war in den unlädierten Blumen- kronen so gut erhalten, dass die aufgeweichten Blumen- blätter deutliche farbige Spuren auf einem Papier streifen hinterUessen. Wie schon bemerkt, waren die Blüten dieser 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 361. 2) Ch. Schkuhr: Botanisches Handbuch der Gewächse. Leipzig^ 1808. IL Teil. S. 309 u. 310 mit prächtiger kolorierter Abbildung der Pflanze auf Tafel 191. 3) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 368. Siehe ferner desselben Mitteilungen vom 28. Dezember 1883. Berichte d. botan. Gesellschaft. Bd. I. S. 546. 4) Mitteilungen von P. Ascherson: Verhandlungen des botan. Vereins d. Provinz Brandenburg. Sitzung vom 30. September 188]» S. 83. — G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 358 u. 359. — 236 - Delphi niumart den Blumengewinden eingefügt, welche die Brust der Mumie Ahm es I. bedeckten In sehr guter Konservation entdeckte man auch zwischen den Weidenlaubgewinden der Mumie der Prinzessin Nsi- Chonsu die Blüten der asiatischen Kornblume (Centaurea depressa M. B.). Zwar fehlt diese Gentauree in der gegenwärtigen Flora Aegyptens fast gänzlich und tritt nur in Oberaegypten sporadisch auf, — sie zeigt sich als häufiges Ackerunkraut in Kleinasien, Armenien, Per- sien, Beludschistan, Afghanistan und Westtibet, — doch be- weisen charakteristische Speciesmerkmale der Gräberpflanzen: der lange Stengelansatz der oberen Stengelblätter, die grossen breitzipfligen Randblüten, das vom Pappus überragte Achae- nium , die graufilzige BehaaruDg der linearen festsitzenden Blätter, welche noch teilweise an dem 2—4 cm langen Stiel des 2,5 cm Durchmesser haltenden Blütenkopfes erhalten waren, dass dieselbe zu C. depressa M. B. zu zählen ist.*) Vielleicht ist auch die von P. Ascherson erkannte Centau- reenblüte in Mumienkränzen des Leydener Museums dieser Art zugehörig.^) Jedenfalls sprechen die Funde für die An- nahme, dass die Pflanze vor Jahrtausenden in den Kornfeldern Aegyptens allgemein war. :o^-\^(\r^> L .^\ Aus einem Grabe in Abd-el-Quarnah (XX. —XXVI. Dynastie, 1200— 600 v. Chr.) entnahm Maspero im Jahre 1881 ein aus 10 cm langen Zweigen zusammengesetztes Gewinde. Die Zweige waren auf einem Bündel von Dattelblattstreifen angeordnet und aussen zur Befestigung von gleichen Streifen umschnürt. Die Blüten und vollständig geschwärzten Blätter dieser vegetabiHschen Fragmente hat G. Schweinfurth zu Objekten sorgfältiger Studien gemacht und durch genaue Mes- sungen, mikroskopische Untersuchungen und eingehende Ver- gleichungen mit verwandten Labiaten (Mentha pulagium L., Origanum u. a.) den sicheren Beweis für die Identität mit 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzeiireste etc. a. a. 0. S. 366. — •Derselbe: Neue Funde a. a. 0. S. 191. 2) Zeitschrift f. Ethnologie. Jahrg. 1877. S. 302. — 237 — Mentha piperita L. (Pfefferminze) erbracht, welcher besonders auf der unterschiedlichen Farbe und Einsen kung der Blatt- drüsen, der Form der Blätter und der zottigen Behaarung der Stiele und Hauptnerven beruht.^) Die Pfefferminze wird in ünteraegypten nirgends wild- wachsend, sondern nur angebaut in Gärten angetroffen. Sie wird im alten und mittleren Reich nur als Gartengewächs vielleicht zu medizinischen Zwecken gepflegt worden sein. So wde in alter Zeit die Pfefferminze, mag auch wohl die kronenförmige Wucherblume, kretische Gold- blume (Chrysanthemum coronarium L.) zur Flora der aegyptischen Blumengärten gezählt haben. In Deutschland ist dieses Ziergewächs mit seinen saftig blaugrünen bald mehr bald weniger eingeschnittenen Blättern und seinen hochgelben^ doch nach Form, Grösse und Farbe äusserst variabelen Kom- positenblüten unter dem Namen federkielblätterige Goldblume beliebt. Die Pflanze, auf Kreta, in Sicilien und in allen Mittelmeerländern wildwachsend, wird innerhalb Aegyptens nur bei Alexandrien gefunden. Nach Seh wein - furth (a. a. 0. S. 365) macht sie einen Bestandteil der Blumen- gewinde der Mumien aus, welche den neuen Funden von Abd- el-Quarnah (XX.-XXiy. Dynastie, 1200-700 v. Chr. und späteren Epochen der griechisch-römischen Zeit) entstammen. Auf gemalten Opfertischchen habe ich mehrfach zwischen dem bunten Allerlei der Gaben einzelne abgerissene Blüten bemerkt, welche durchaus den Charakter einer Komposite zeigen. Dieselben dürften Chrysanthemum angehören. Dem oben erwähnten Gewinde von Mentha piperita L waren auch kleine Bündelchen zu je 6 — 12 Stück von den Blüten des zottigen oder grossblumigen Schoten- weiderich (Epilobium hirsutum L) eingefügt. Diese Pflanze, das Oenotheras, olvod^yjßag Theophrasts ^) und Dioscorides •^), ist in Griechenland eben so häufig, wie in Ünteraegypten 1) Schweinfurth : Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 366 u. 367. 2) L. IX, 19. 3) L. IV, 118. — 238 - namentlich bei Alexandrien, fehlt aber auch in keiner Flora Deutschlands. Obgleich die in Frage stehenden Fundobjekte aus schon frühers polierten Särgen herausgerissen und auf den Boden geworfen waren, zeigten sich die Blüten dennoch so wohl erhalten , dass sie mit Epilobium hirsutum L. identifi- ziert werden konnten. Zwar waren die Blumenkronblätter ge- schwärzt und zusammengeschrumpft, doch merkwürdiger- weise Staubgefässe und Griffel in den meisten Exemplaren unversehrt geblieben Die 5—7 mm langen Kelche hatten teilweise ihre Zipfel eingebüsst. Der Fruchtknoten, 2 — 5 cm lang, zeigte die für diese Art charakteristische Behaarung, und die in ihm befindlichen Eichen gestatteten sogar eine Analyse. ^) Zu den Bestandteilen der Blumengewinde Ahm es I. (s. 0.) gehörten auch Blüten der in Aegypten spontanen Sesbania aegyptiaca Pers., ein Strauch mit rotgelben Schmetterlingsblüten, der sich durch oft 24 cm lange Hülsen ausgezeichnet und im Nilthal allgemein auftritt. Die Blüten hatten sich noch in ziemlich intensiver Färbung erhalten. ^j Als Gräberpflanze ist ferner zu nennen eine Bitter- krautart: Picris coronopifolia Aschers. = Leonto- don coronopifolium Desf., Crepis radicata Boiss. Die Pflanze, welche in Nordafrika noch einige Spielarten : P. lyrata und P. pilosa Del. besitzt, findet sich nach G. Schweinfurth mit Crepis senecioidesDel., Leontodon hispidulum Boiss., Picris sulphurea Del. und einigen anderen charakteristischen Wüsten- gewächsen vergesellschaftet am Rande der Wüste von 0 ber- und Mittelaegypten, soweit die Infilterationen derselben reichen. Doch tritt sie weder in der oft üppigen Vegetation der weiter entlegenen Rinnsale noch unter den Unkräutern der Kultur- pläne der Nilebene auf. Da die Blütezeit dieser Composita und die der weiter genannten Pflanzenarten in den März und April fällt, und in Theben einen Vorsprung von 2—4 Wochen gegen Kairo hat, wo z. B die Arten im Mai schon trocken 1) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 359. 2) S. 363. — 239 - und dürr stehen, so muss das Einsammeln der Picrisarten zu den Weidenblattgewinden (Salix sassaf Eorsk.) der Mumie der Prinzessin Nsi-Chonsu, Tochter der Tonthonthuti (Gräber- funde von Der-el-Bahari, XXII. Dynastie, 1000 v. Chr.) und deren Schmückung zweifellos im Monat April erfolgt sein. ^ An dieser Stelle sei zugleich ein anderer Korbblütler erwähnt, welcher zwar nicht als Mumienschmuck diente, aber doch, wie heutigen Tags, in seinen steifen Stengeln praktische Ter Wendung fand. Es ist dies die in Afrika und Syrien weit verbreitete, in der Flora der Nilböschungen dominierende Ceruana pratensis Eorsk., arabisch: Gef. Man fertigt aus den kräftigen Stengeln derbe Handbesen, welche zum Ausscheuern und Kehren der Stuben dienen und auf allen aegyptischen Märkten feilgeboten werden. Dass die Pflanze schon im Pharaonenreiche gleichen Zwecken diente, beweisen die einem unbekannten Gräberfunde entstammenden, noch mit Blütenköpfchen besetzten Besen, welche in der aegyp- tischen Abteilung des britischen Museum zu London und am Museum zu Kairo konserviert werden. ^j Auch das Völkermuseum zu Leipzig enthält unter anderen altaegyp- tischen Gegenständen auch einen Besen von Ceruana-Stengelu, ein Geschenk G. Schweinfurths , das einem Grabe Thebens entnommen ist. In einem Rohziegel, der Ziegelpyramide vonDaschuhr entstammend, deren Entstehung vor Erbauung der grossen Pyramiden von Gizeh gesetzt wird und demnach in die T. Dynastie fällt, fand G. S ch wein fürt h eine vollstän- dig erhaltene Hülse von Medicago hispida W. var. dendiculata W. Die genannte Art ist noch gegenwärtig eins der gemeinsten Unkräuter in den aegyptischen Korn- und Leinfeldern ; somit liefert der Fund den sicheren Beweis, dass im Laufe der Jahrtausende weder eine Veränderung der 1) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 365 und: Neue Funde a. a. 0. S. 193—195. 2) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 364. 365. (Neue Funde a. a. 0. S. 200.) — 240 - Temperatur- und Bodenverhältnisse noch eine Variabilität der Formverhältnisse der genannten Pflanze und der Pflanzen des JSTilthals überhaupt eingetreten ist. Ein Yiciafragment unter den Totenspeisen der Punde von Dra-Abu-Negga (XII. Dynastie) erwies sich für eine nähere Bestimmung ungenügend.^) Interessant ist die Beobachtung G. Schweinfurths, dass die meisten der den Gräbern entnommenen Pflanzen gegen Exemplare gleicher Arten der jetzigen Flora um V4 — V3 Meiner sind. Das Gleiche gilt auch von verschiedenen Früch- ten.^) Sollte die Zunahme der Grössen Verhältnisse der tau- sendjährigen Kultur zuzuschreiben sein? Als Kuriosum sei eine Mitteilung Plinius angefügt, der zufolge die aegyptischen Blumen wegen der, vom nebligen Xilstrom ausgehenden Luft ohne Duft sind. JSTur bei der Mvrthe ist nach diesem Autor eine Ausnahme zu konstatieren.^) „Saure Tage , heit're Feste !'' Dies Wort drängt sich uns unwillkürlich auf die Lippen, wenn wir uns in den alt- aegyptischen Bilderschmuck versenken und das Leben der Nilbewohner in und ausser dem Hause, bei ihrer Arbeit in Feld und Garten, auf dem Fluss, am Weiher, in Gesellschaft bei Spiel und Tanz, auf den Marktplätzen und auf der Strasse belauschen. Es ist merkwürdig, wie sich trotz des ureigenen Vermächtnisses die Ansicht von dem tiefen an Asketismus streifenden Ernst des altaegyptischen Ayesens entwickeln und festnisten konnte, und dass es erst H. Brugsch vorbehalten war, mit dem durch alle Historien vererbten Dogma zu brechen.'*) Ja, wahrlich, kein heiterer Volk, als das der alten 1) S. 364. 2) Neue Funde a. a. 0. S. 192. 3) L. XXI, 18 u. 40. 4) H. Brugsch: Geschichte Aegyptens S. 21 ff. — 241 — Aegypter! Was uns von den Wänden in lichten Farben entgegenstrablt, spiegelt das angenehme Wohlbehagen an rast- loser emsiger Arbeit, die Ereude an allem Schönen und Im- posanten und die Lust am fröhlichen Geniessen der flüchtigen Spanne Zeit, die ihnen der Götter Huld auf Erden beschieden. Hätte ihnen dieses Leben nicht volle Befriedigung gewährt, so würde ihre rege Phantasie das Leben in Osiris mit blen- denderen Earben ausgeschmückt haben, und doch leuchtet aus all den religiösen Ideen hervor, dass ihnen das Leben in den Gefilden der Seligen nur als Keflex des irdischen Seins erschien. Darum hat der Tod auch nichts Schreckliches für sie. Die irdische Hülle, zu der die Seele des Seligen still und heimlich wiederkehrt, bleibt den Hinterbliebenen als Mumie erhalten, und aus dem steten freudigen pietätvollen Sorgen um dieselbe keimt eher etwas Erhebendes, Tröstliches als Schmerzliches , Bedrückendes. Leben , Licht und Farbe ist der Grundakkord aller Malereien; er durchklingt auch harmonisch das Dasein des alten Aegypters. Alles Düstere ist in ihm ausgeschlossen. Er liebt die Gesellschaft, das Spiel, den Tanz, ist ein Freund der gymnastischen Künste: die Kleidung muss bunt, recht bunt sein, und weil ihn aUes Freudige anzieht, ist er ein Freund der Blumen. Ein Fest ohne Blumenschmuck, ohne Kranz ist etwas Undenk- bares. Blüten oder Kränze im Haar, Blumengewinde um Hals und Brust und Blumensträusse in den Händen sind die ersten Erfordernisse für Feste und Gelage. Ohne sie kann und darf man nicht erscheinen, und es wäre eine töt- liche Schmach, würden sie dem Geladenen bei seinem Ein- tritte an festlicher Stätte nicht noch besonders vom Gastgeber selbst oder durch dessen Diener oder Dienerinnen gereicht. Eine Korridor-Inschrift zu Den der ah, welche die bacchanale Techufeier zu Ehren der Hathor zum Gegenstand hat, bringt folgenden dithyrambischen Erguss: „Die Erde ist in Freude. Die Einwohner von Denderah sind trunken von Wein , ein Kranz von Blumen ist auf ihren Häuptern." So sollen ferner an der dem Totenkultus geweihten Neteri-Panegyrie Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. 16 — 242 — (25. Choiak — 22. Dezember) dem Osiris Kränze dargebracht werden und die Festgenossen sollen in der Nacht des Festes mit dem Blumenschmuck am Halse erscheinen. Daher ist das Kranzwinden eine geachtete Kunst und die Kranzwinder im Pharaonenlande wohl geachtetere Leute, als später irgendwo im prachtliebenden Hellas und Rom. Fehlen uns auch definitive Nachrichten über das Yorhandensein Yon Kunstgärtnereien im alten Aegypten, so haben sie doch, an- betracht des starken Verbrauchs von Blumen zu Kränzen, Sträussen, Gfuirlanden und Blumengewinden zur Schmückung der Götterbilder, Opferaltäre, Opfertischchen, Tempelsäulen, Mumien u. s. w. zweifellos existiert. Theophrast, Pli- nius, Athenäus, Plutarch^) u. a. verbreiten sich über die Kranzblumen der alten Yölker, und Plinius gedenkt auch häufig derjenigen Pflanzen, welche die aegyptischen Kranzwinder mit Yorliebe benutzen. So erwähnt dieser Autor den alexandrinischen Amarant (vielleicht der ge- meine Hahnenkamm, Celosia cristata L.). Er be- wundert das brennende Rot der Blüten dieses Ziergewächses, dessen eigenartige schöne Farbe in Kleiderstoffen noch nicht erreicht sei und weiss zu berichten, dass abgeschnittene, welk gewordene Blütenstengel wieder frisch werden, sobald man sie in Wasser legt, weshalb sie sich auch zur Aufbewahrung behufs späterer Benutzung zu Kränzen vortrefflich eignen.^) In der That musste die hahnenkammartig ausgebreitete Blumenähre der Pflanze eine prächtige Zierde für Kränze abgeben. Das Ocinos, das nach Plinius auch in Aegypten als Gemüse und als Kranzblume angebaut wird,^) dürfte Ocimum pilosum oder Thymus AcinosL. (arabisch: Zätar) sein. Wo Plinius über Strychnos spricht, bemerkt er: „es sei wünschenswert, dass sich die aegyptischen Kranzwinder nicht 1) Theophrast VI, 6. Plinius XXI. Athenäus XV. Plutarch sympos. 3, I. 2) Plinius L. XXI, 8, 23. 3) XXI, 15. XXI, 27. — 243 — dieser Pflanze bedienen möchten, wozu sie gemeiniglich durch die Ähnlichkeit der Blume mit dem Epheu (?) verführt würden." *) Die betäubende und schlafmachende Wirkung aller Arten der Solaneen, der das Strychnos des Plinius an- gehört, war schon im Altertume wohl bekannt.^) Yermutlich ist unter diesem Namen Solanum insanum L. oder Solanum villosum Lam. zu verstehen. Plinius, der sich über den Luxus der mit den Kränzen getrieben wird und über das Kranz winden und die verschiedenen Kranzarten eingehend verbreitet, beklagt, dass man zu den Kränzen zu stark riechende Blumen verwende, deren betäubender Duft die Laune des Festes störe und wie ein schleichendes Gilft der Gesundheit schade. ^) Er fügt hieran die kleine Episode aus dem Leben der Kleopatra und des Markus Antonius: Als sich Markus Antonius zu dem Treffen von Actium rüstete, misstraute er den Liebkosungen der Kleopatra und vermied jede Speise, die ihm nicht vorgekostet wurde. Um ihm nun zu beweisen, dass sein Leben trotz der gepflogenen Vorsicht in ihren Händen liege, bestrich sie die äusseren Blumen eines Kranzes mit Gift, drückte sich das Gewinde ins Haar und nachdem die Fröhlichkeit hoch ge- stiegen war, schlug sie dem Antonius vor, ihre Kränze zu zer- pflücken, die Blätter in den Becher zu werfen und dann auf gute Gesundheit von dem Weine zu trinken. Arglos folgte Antonius ihrem Yorschlag, aber indem er den Becher an die Lippen setzen wollte, ward er ihm von Kleopatras Hand plötzlich entrissen. „Ich bin es, Markus Antonius," sagte sie, „die du so ängstlich fürchtest, dass du anfängst, dir die Speisen sorgfältig kredenzen zu lassen, aber siehe, so wenig fehlt es mir an Gelegenheit und an Anschlägen dich zu töten, wenn ich sonst ohne dich leben könnte." Sie Hess hierauf einen Gefangenen hereinführen und befahl ihm aus dem 1) Plinius XXI, 105. 2) Theophrast VII, 15. Dioscorides IV, 74. 3) Plinius XXI, 9. 16^ — 244 - Becher zu trinken. Der Sklave stürzte augenblicklich tot zu Boden. An einer anderen Stelle erfahren wir durch P 1 i n i u s , dass zu den Zierden der aegvptischen Siegeskränze auch Narzissen (?) und Granatblüten gehörten.^) Die Kose, welche in Palästina wahrscheinlich erst bei der Rückkehr aus dem Exil eingeführt worden ist, da sie zuerst in den nach dieser Zeit verfassten biblischen Büchern der Weisheit (3, 8) und Sirach (24, 18. 39, 17. 50, 8) Er- wähnung findet, hat unbedingt bis zum Jahre 631 v. Chr. im Pharaonenlande gefehlt. Nirgends entdeckt man eine Abbildung von ihr auf den Denkmäler schätzen und nirgends tritt ihr Name in den Papyri auf. In Griechenland war sie bereits im Zeitalter des Homer unter den Gewächsen als Blume der Aphrodite der erkorene Liebling. Griechische Einwanderer, welche in dem genannten Jahre in Yerbindung mit Römern und Juden in Nordafrika das schnell erblühende Kyrenaika (Kyrene) gründeten, haben sie zweifellos aus ihrer Heimat mit herüber gebracht, denn erst die Schriftsteller einer späteren Zeit gedenken ihrer, wenn sie von der para- diesischen Herrlichkeit der Landschaft Arsinoe, das heutige Fajum, mit enthusiastischem Lobe berichten und von ihrem Reichtum an Ölbäumen, Weinstöcken, Flachs, Getreide, Sä- mereien und Gartengewächsen nicht genug zu rühmen wissen.^) Schon zur Zeit der Ptolemäer und unter der Herrschaft der Römer war die Landschaft Arsinoe wegen ihrer Wein- und Rosengärten berühmt und bei allen Yölkern des Mittelmeer- beckens bekannt. Die schönsten und edelsten Rosensorten gediehen in diesem Wundergarten ünteraegyptens am besten und wurden weithin verschickt ; auch verstand man aus ihnen köstliches Rosenwasser und Rosenbalsam zu bereiten. Als Kleopatra dem Markus Antonius bis nach Cilicien entgegenzog, liess sie die Speisezimmer eine Elle hoch mit 1) Plinius XXI, 3. ) Strabon L. XVII. c. 1. § 35. - 245 — Rosenblüten decken und diese mit feinen Netzen überziehen. Die Kosten für diese kleine Überraschung betrugen ein Talent.^) Die gegenwärtige vegetative Üppigkeit dieses gesegneten Gaus^ der jetzt noch jährlich vreit über IV2 Millionen Piaster Rosenöl erzeugt,^) erscheint, wenn wir die lebhaften Schilderungen Reisender früherer Jahrhunderte lesen, doch nur als ein schwacher Abglanz seiner einstigen erstaunlichen Fruchtbar- keit. So berichtet Sayary (1777) u. a.: „Die Ufer der Bäche sind mit Gurken und beinah zwanzig Arten von zuckersüssen und sehr gesunden Melonen besetzt, die auf der Zunge von selbst zergehen. Hier und dort stehen Lustwäldchen von Fruchtbäumen, Yorzüglich von Datteln, Feigen, Bananen und Cassien in der Ebene zerstreut. Unter diesen verschiedenen Bäumen findet der Reisende bei den Dörfern auch Gehölze von Rosenstöcken, In den übrigen Provinzen dient diese ischöne Staude nur zur Zierde der Gärten , aber hier pflanzt man sie als dichten Wald und destilliert aus ihren wohl- riechenden Blüten ein Öl, welches einen schätzbaren Handels- zweig ausmacht. Die Provinz Fajum versieht ganz Aegypten damit, soviel davon auch verbraucht wird. Bei Besuchen giesst man es den anwesenden Personen in Menge ins Ge- sicht und in die Hände. In Bädern waschen sich die Frauen- zimmer den ganzen Leib damit; auch bei ihrem Putz ist Rosenwasser unentbehrhch. Diese Lustwäldchen von Rosen- stöcken, die bisweilen von blühenden Pomeranzenbäumen umgeben sind, gebeo den reizendsten Anblick. Die Luft in der ganzen Gegend ist von ihrem Geruch durchflutet. In diesem heissen Klima und unter diesem schönen Himmel empfindet man das Vergnügen, den Duft der Rosen mit den süssen Ausflüssen der Orangenblüten vermischt einzuatmen,, noch stärker als anderswo."^) Auch B e 1 z 0 n i ist erstaunt über den köstlichen Rosen- 1) Athenäus IV, p. 79. — Ein Talent = 4500 Mark. 2) G. Ebers: Aegypten. IL S. 173. 3) Savar}^: Lettres sur PEgypte. Paris 1777. IL L. troisieme. — 246 — flor, den er auf seiner Wanderung nach der grossen Oase in Fajum angetroffen hatJ) Wohlerhaltene Blumensträusse sind in reicher Zahl unter den neusten Katakombenfunden 1881 bei Theben mit ent- deckt worden. Sie lagen in den Sarkophagen an den Seiten der Mumie, zwischen dieser und der inneren Sargwand ein- gezwängt. Sträusse gehörten im alten Aegypten zu den Zierden der Opfertischchen und Opferaltäre. Auf bemalten Opferstelen, oder auf Wandgemälden, welche Opferszenen zum Gegenstand haben, findet sich je rechts und links am Fusse zu Seiten des Tischchens ein Strauss aufgestellt Sind die Sträusse den Opferaltären als Schmuck beigegeben, so stehen sie auf denselben und umgeben eine riesige Lotusblume, die sich auf einem langen künstlichen Stiel oder auf einem be- sonderen Gestell erhebt (Fig. 115, 7). Die Lotusblumen sind in dieser Yerwendung durchgängig von so enormer Grösse, dass wir sie unbedingt für künstliche symbolische Zierden halten müssen. 2) Über die verschiedene Art der Anfertigung von Lotus- sträussen und Lotusblumengewinden ist bereits oben S. 66 — 69 abgehandelt worden. Die Lotuskette oder der Lptusstab (Fig. 48, 50, 51, 52, 53, 56), der auch in der Hieroglyphen- schrift unter dem Namen emseb vermerkt ist, wurde, wenn auch selten, zu einem Strauss umgemodelt, indem man die ineinander gesteckten Blütentulpen auf einem grossen künst- lichen oder natürlichen Blatte befestigte (Fig. 115, 1).^) In dankbarer sinniger Weise spendete man den ersten Wasserrosenflor des Ml und die ersten Blüten aus Garten und Feld den Göttern. Eine auf diese Ceremonie hindeutende 1) G. Belzoni: Yoyages en Egypte et en Nubie. Paris 1821. f. p. 185. 2) Zahlreiche und mannigfaltige Darstellungen dieser Art ent- halten namentlich die Wandmalereien des Tempels zu Karnak, einige Stelen im Museum zu Bulaq {XVIII. u. XIX. Dynastie). 3) Eine Prozession von Männern und Frauen Lotussträusse in den erhobenen Händen: Rosellini I, 51. — 247 — Abbildung im Tempel zu Denderah, wo der Hat hör Lotusstäbe dargeboten werden, enthält die Inschrift: „Ange- boten als Erstlinge werden dir Blumensträusse aller Orten." Die Sträusse, aus Feld- und Gartenblumen, Palmenzweigen und verschiedenartigen Laubblättern gefertigt, sind ähren-, Spindel- oder zapfenförmig und kurz oder lang gestielt. Man würde sie in dieser Gestalt und der zumeist äusserst skizzen- haften Ausführung kaum für diesen Gegenstand halten, träte nicht die Thatsache bestimmend hinzu, dass die Blumensträusse noch heutigen Tags in Aegypten und in allen Ländern des Orients auf gleiche Art gebunden werden (Fig. 115, 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8). Die Herstellung geschah wohl in der Weise, dass man einen langen Stab von seiner Spitze aus bis über die Mitte mit Bast- oder Palmblattstreifen so lange umwickelte, bis das Konvolut die gewünschte Form besass. Auf dem gebildeten Körper befestigte man nun ringförmig die flachen gehefteten Blumen- und Laubgewinde und zwar so, dass ein Kreis der- selben den folgenden bis zur Hälfte umschloss. Dass man jedoch auch bereits die bei uns gebräuchhche Form des Strauss- bindens kannte, beweist in Fig. 115, 8 der „Buschen" aus Palmblättern. Die Holzstiele der Sträusse wurden häufig kunstvoll mit Bast umflochten. Oft sind an dem gelben Holz- stiel des grünen Strausses sogar die roten Nagelköpfchen mit vermerkt worden. Stirnkränze (Fig. 115, 9), die wir in zahlreichen Dar- stellungen von Festen und Gelagen in dem Haar der Sänge- rinnen, Bachantinnen und Tänzerinnen bemerken, sind ein- fache Gewinde aus Laubzweig oder Weingerank. Hin und wieder sind ihm lange Bandschleifen angeknüpft Der Kranz, welcher als Hieroglypheauftritt, wird als mahu, meh, mehu und a-tu mehrfach in den Inschriften erwähnt. Kunstvolle Blatt- und Blütengewinde repräsentierten die Hals- und Brustkränze, über deren Anfertigung wir durch den oben schon mehrfach erwähnten Mumienschmuck aus den für die Forschung hochbedeutenden überraschenden Gräberfunde bei Theben am 6. Juli 1881, nunmehr genügend — 248 — orientiert sind. Der ausgezeichnete Forscher Gr. Schwein- furth, weicher sich um die Restaurierung und Konservie- rung dieser interessanten Objekte besonderes Verdienst er- worben hat, beschreibt sie in seiner Abhandlung*) folgen- dermassen: ,,Die Blumengewinde, welche die Brust der Mumie in konzentrischen Reihen bedecken, oder Kränze, die um das Haupt geflochten werden, sind von eigentümlicher Zusammen- setzung und Gestalt, wie solche ausserhalb des alten Aegyp- tens bisher nirgends nachgewiesen werden konnten. Der geringe Spielraum, welcher zwischen dem Mumienkonvolut und der inneren Sargwand dargeboten war, gestattete es nicht, die Blumengewinde nach unserer Art herzurichten. Sie mussten flach aufliegen und durften keinen starken Dicken- durchmesser haben. Zu dem Behufe wurden Blätter von lederartiger Textur genommen, der Quere nach zweimal gefaltet, so dass sie kleine Päckchen darstellten, die eben so lang als breit er- schienen. Diese Blattpäckchen wurden auf Streifen zerrisse- ner Dattelpalmblätter gereiht und dienten als Agraffe für kleine Blüten oder Blütenteile (petala), indem letztere von den gefalteten Blättern klammerartig festgehalten wurden. Feine Dattelpalmstreifen, der Länge nach durch die ganze Reihe als Naht fortlaufend, befestigten zum Schluss das ganze flach aufliegende Gewinde. Yiele Gewinde dieser Art sind von den beschriebenen Blattpäckchen, in letzterem Falle aus Blättern des Mimusops,^) denen eine wichtige symbolische Bedeutung (als Persea der Alten) zukam, zusammengesetzt. Die Kränze auf dem Haupte gewisser Mumien bestehen aus- schliessHch aus in gefaltetem Zustande aneinander gereihten 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä- bern a. a. 0. S. 353 u. 354. 2) G. Belzoni (Voyages en Egypte et en Nubie. Paris 1821. p. 270) fand bei Untersuchung der Gräber Thebens Hals und Brust einiger Mumien mit Gewinden von Blättern (?) und Blüten der Nil- akazie (Acacia nilotica L.) bedeckt. — 249 — Olea-Blättern. (Siehe Fig. 116, 117a und 117b.) Die grosse Mehrzahl der Mumien entbehrt des erwähnten Blumen- schmucks, welcher nur bei Personen von hervorragender Stel- lung zur Verwendung gekommen zu sein scheint. Der symbolischen Richtung entsprechend, welche sich bei allen mit dem Totenkult bei den alten Aegyptern zu- sammenhängenden Gebräuchen kund giebt, begnügte man sich mit einer bildlichen Darstellung der beschriebenen Ge- winde, welche man bei den den Mittelklassen angehörigen Mumien in greller Farbenpracht auf den Sargdeckeln wieder- gegeben findet. Durch Absperrung von der äusseren Luft in den tiefen Felsenhallen , wo eine konstante Trockenheit und eine durch die mittlere Jahrestemperatur gehobene Gleichmässigkeit der Spannungsverhältnisse jeden äusseren Luftwechsel kaum messbar macht, hat die Zeit nur wenig über sie vermacht. Sie machen den Eindruck von Pflanzen aus alten aber wohl- gepflegten Herbarien unserer Zeit. Nur da, wo sie in den eingelegten Gewinden zu dicht gelegt wurden, zeigt sich Schimmelbildung. Die Pflanzen Hessen sich durch Aufwei- chung im heissen Wasser ebenso gefügig behandeln, wie harte Herbariumsexemplare und konnten mit Bequemlichkeit auf ihre inneren Teile untersucht, ausgebreitet und von neuem getrocknet werden. Die durch Blütenhüllen geschützten inne- ren Teile haben sich in vollkommener Weise intakt erhalten. So zeigen sich bei der Mohnblüte die Staubgefässe unver- ändert ; kein Pollenkörnchen war abhanden gekommen. Eng aneinander geschachtelte Blütenteile Hessen sich durch Auf- weichung leicht von einander lösen, besonders überraschend erwies sich dieses Yerhältnis bei den zarten Gliedern der Delphiniumblüte. Infolge der grossen Brüchigkeit aller Stücke im trockenen Zustande, haben namentlich die Haare an den äusseren Teilen öfters ■ stark gelitten. Indessen erkennt man in jedem Falle ihre Insertion an den stehengebliebenen Basal- teilen. AufPällig ist die Farbenerhaltung vieler Blüten, nament- lich beim rötlichen Violett der Delphiniumblüten und der — 250 — Yon Centaurea depressa, danD auch beim Gelb der von Sesbania, beim Kot der Mohnblüte und dem Dunkelrotbraun der von Carthamus. Kleine Stückchen von den Blättern der Wassermelone aufs Wasser geworfen, färbten dasselbe durch das in ihnen enthaltene Chlorophyll intensiv grün." Hin und wieder stossen wir auch unter den zahlreichen hieroglyphisch-botanischen Benennungen der im alten Keiche bekannten und zu Medikamenten, Räuchermitteln, Salben, Schminke u. s. w. verwendeten Pflanzen auf Kranzblumen, deren Namen freilich nur eine hypothetische Bestimmung gestatten. So heisst es im Papyrus Anastasi lY. 12, 4 von Fig. 115: Formen altaegyptisclier Blumenaträuase und Kränze. einer Pflanze mit roten Blüten, mensatä-pennu (d. h. wört- lich : Rotmäuschen) : „Deine Kränze an deinem Halse sind aus Rotmäuschen," und im Papyrus Anastasi YI. 8, 12 kommen beide Worte getrennt vor. Hier wird das Rot- und Mauskraut unter Cerealien, Gemüsen und Früchten mit auf- gezählt. Bei Lesung dieser Stelle denke ich unwillkürlich an den von Plinius als so prächtig gepriesenen alexan- drinischen Amarant (Celosia cristata L.).^) Die kunstvoll gefertigten oder an den Sarkophagenwänden aufgemalten Mumiengewinde haben eine tiefe mythologische 1) L. XXI, 23. 251 — Bedeutung. Sie symbolisieren den im Totenbuche häufig er- wähnten „Kranz der Rechtfertigung'*, den der Selige von der Oöttin Neith empfängt, nachdem sie ihm am Eingange zum *< ai 2 a M 03 -? C ? " „Taser" (Ort der Vorbereitung zur Erneuerung) unter der heiligen Sykomore das Lebenswasser eingeüösst hat. Im Totenpapyrus des oben erwähnten Anx-f-en-amen lässt sich Gott Thot für den in die Gefilde der Seligen Pilgernden vor 252 — dem Throne Osiris also bittend vernehmen : „ISTephthys , die göttliche Schwester, die göttliche Mutter Isis, die Grosse, Osiris, der Herr der Zeit, der Fürst der Ewigkeit, der Gott, der grosse in dem Lande der ewigen Euhe," — gesprochen von Thot, dem dreimal grossen Gott, dem Schreiber der Wahr- heit in dem Kreise der Götter, der grossen in der Halle der doppelten Gerechtigkeit vor dem Herrn immerdar, der ge- schaffen hat die Ewigkeit, der durchläuft unendlich viele Jahre in seiner Dauer, dem Fürsten der Un- terwelt, dem Herrn von Mann, es eilen seine Füsse zu den Auserwählten — „der Priester des Amon, der Schreiber der Jünglinge des Amon- hauses, An^-f-en- amen, der Gerechte Fig. 117a: Beste eines Stirnkranzes (?) aus Blättern kommt VOr dlCh. GlCb von Olea europaea L. Von Prof. Maspero 1884 in jj^ixi KräUZe UUd. einem Grabe bei Scbech-Abd-el-Quarnah (Theben) r\ p ^ • i gefunden. XX.— XXVI. Dynastie (1200-600 v. Chr.). OptergaOen lU der Aegyptisches Museum zu Berlin, Nr. 8474 im Unterwelt cbcUSO historischen Saale, Ostwand, in den Schaukästen. Gez. r> i j- i -j ii von Felix Schramm. Gerechtigkeit allC. Gieb , dass ihm ge- geben werde freie Bewegung im Aaro, die Anxublumen^) im Gefilde Hetep .... Kränze sind an seinem Halse" . . .'^) Die Ornamentik des schon in den ersten Dynastieen des Reichs so beliebten und von vornehmen aegyptischen Frauen, Priestern, Königen und Würdenträgern als fast unentbehr- licher Zierat getragenen kranzähnlichen Halsschmucks, ist ohne Zweifel diesen Blumengewinden entlehnt. Die Elfenbein- und Goldblättchen, Glasperlen und geschliffenen Steine, dieser oft 1) an/, an/u := Blume, Lebensblume. 2) Arthur Schilbach: Der Totenpapyrus des An/-f-en-amen. Leipzig 1880. S. 1S-2L 253 mehr als sechsreihigen kostbaren kunstvollen Gehänge haben teilweise die Formen von Blütenblättern (Nymphaea coerulea), Laubblättern (Olea, Salix, Mimusops, Ficus sycomorus u. a.), und in den kugelrunden Glöckchen, welche hin und wieder als Anhängsel das Halsgeschmeide beschliessen, kennzeichnen sich als die für Stirnkränze sehr beliebten gelben Blüten- köpfchen von Acacia nilotica Del.^) Ein Gemälde in The- ben, meines Wissens das einzige, macht uns mit zwei altaegyptischen Kranzflech- tern bekannt. Der eine derselben sitzt vor einem dreibeinigen blockartigen Tisch und zerlegt mittels einer langen feinzähnigen Bügelsäge eine in den Block festgeschraubte Holzleiste in dünne biegsame Streifen, auf welche der andere lange dunkelgrüne , in der Mitte blasig aufgebauchte Glasperlen i-eiht. Die Perlen sind in einem Korbe aufgehäuft, der am Boden steht Zur grösse- ren Bequemlichkeit und schnelleren Handhabe aber hat sich der Kranzfertiger von dem Vorrat in ein kleineres Körb- chen gethan , das auf seinen Knieen steht. Ein bereits fer- tiger Kranz zeigt, wie der im Entstehen begriffene nach seiner Yollendung aussehen wird. 2) Fig. 117b: Mumie Amenhotep I. (XVIII. Dy- nastie, um 1600 V. Chr.) mit Blumengewinden Gräberfunde von Der-el-Babari (Theben) , am 6. Juli 1881. Abbildung nach einer photo- graphischen Aufnahme in „The London News" vom 4. Februar 1882 (verkleinerte Kopie). 1) Die Mumie Amenhotep I. (XVIII. Dynastie, regierte von 1660 — 1630 V. Chr.), welche unter den mehrfach erwähnten Funden von Theben im Jahre 1881 mit entdeckt wurde, war mit Blumengewinden v^on Weidenblättern (Salix safsaf Forsk.) und Blüten der Akazie (Aca- cia nilotica Del.) geschmückt. Die agraffenartig zu kleinen Päckchen gehefteten Weidenblätter hielten die glockenförmig herabhängenden kugeligen Köpfchen der Akazienblüten. 2) Rosellini IL Tafel 52. YIL Weinbau im alten Aegypten. ach Herodots Behauptung hatte Aegypten keine Weinstöcke und lieferte keinen Wein ; auch soll er im alten Lande vor Psammetich weder getrunken noch zum Opfer verwendet worden sein. Das ist nun freilich eine Behauptung, von deren Unhaltbarkeit uns ein einziger Blick auf die Bildwerke der Denkmäler überzeugt, welche der Y. Dynastie, um 3500 v. Chr., entstammen. Hier finden wir Anbau, Pflege und Bereitung dieses Kulturgewächses in an- schaulichster Weise geschildert. Somit ist auf das Sicherste erwiesen, dass die Weinrebe bereits in prähistorischer Zeit ihren Weg nach Aegypten ge- funden hat und lange vor Psammetich schon zur Zeit des Pyramidenbaues in ausgedehntem Masse kultiviert worden ist ; zudem erscheint ihr Bild in den ältesten hieroglyphischen Inschriften und Papyri. Ja, es ist sogar gar nicht unwahr- scheinlich, dass der edle Weinstock erst von Aegypten nach Griechenland, Italien u. s. w, verpflanzt worden ist, obgleich dieser Annahme die Mitteilung Herodots entgegensteht,, welcher erzählt, dass Aegypten in ältester Zeit so arm an Wein war, dass Griechen und Römer zweimal des Jahres von ihrem Überfluss spendeten und ihn in grossen Krügen über die Landenge nach Aegypten brachten. ^) Dass eine Anleihe von aussen her in solchen Zeitperioden statt gehabt hat, in l) L. III, 6. - 255 - denen man aus sanitären oder religiösen Gründen den Anbau der Rebe vernachlässigte, bleibt unbestritten, nur ist der Grund hierfür nicht etwa in der üntauglichkeit des Bodens zu suchen. Die Rebe, die vielleicht durch die prosemitischen Einwanderer selbst ins Nilthal übergeführt worden ist, hat im Gegenteil bei ihrer Einführung aus ihrer Heimat, dem Westen Asiens, ein äusserst günstiges Terrain und die sorgfältigste Pflege gefunden. Wie wären die Künstler der ersten Dyna- stieen sonst darauf verfallen, die Geschichte ihrer Kultur bis in die kleinsten Details hinein so angelegentlich zu betonen? Neben dem Lein und den Cerealien hat die Weinrebe unter allen Kulturgewächsen das unstreitig höchste Alter. Durch paläontologische Funde wird der Beginn ihrer Existenz in schwindelerregende Weiten hinausgerückt. In Tuffstein- ablagerungen von Montpellier und Mayrargue, welche der prä- historischen Zeit angehören, sind Weinblätter entdeckt wor- den, i) und Weinbeerensamen bilden einen Bestandteil der Pfahlbautenreste von Wangen in der Schweiz, Castione bei Parma und am See von Yarese.^) Zwar hat die Heimat der Weinrebe, ungeachtet allen linguistischen und historischen Scharfsinns, den namentlich A. Griesebach, Adolphe Pictet und Otto Schrader^) zur endgiltigen Lösung dieser seit Jahrhunderten schweben- den Frage aufgewendet haben, bisher nicht mit entschiedener Sicherheit bestimmt werden können; doch kommen die Re- sultate der Forschung in der Fixierung ihrer Spontanität für Westasien , Südeuropa , Algerien , Marokko namentlich aber 1) Plenchon: Etüde sur les tufs de Montpellier. 1864. p. 63. — De Saporta: La flore des tufs quaternaires de Provence. 1867. p. 15 u. 27. 2) Heer: Die Pflanzen der Pfahlbauten. Zürich 1865. S. 24. Fig. 11.. 3) A. Griesebach: Die Vegetation der Erde nach ihrer klima- tischen Anordnung. I. S. 323. — A. Pictet: Les origines Indo-euro- peennes. I. p. 295 — 321. — 0. Schrader: Sprachvergleichung u. Ur- geschichte. S. 377 u. 378. Derselbe: Tier- und Pflanzengeographie, S. 24-30. — 256 — für den Pontiis, Armenien, den Süden des Kaukasus und des kaspischen Sees überein. Yielleicht ist in dem letztge- nannten Gebiete das Indignat der Pflanze zu suchen , denn dort wächst sie nach Tourn ef ort, Biberstein, Gülden- stern , Parrot, Schouw , Kolen ati u. a. wild, rankt sich mit armdicken Stämmen lianenartig um die Bäume der Wal- dungen und entwickelt in den Kronen derselben ihre schweren saftigen Traubengehänge. Freilich kommt sie auch in Grie- chenland, Italien, ja selbst im südlichen Frankreich wildwach- send vor. Schouw beobachtete sie mehrfach in Sicilien und Oalabrien,^) doch ist ihr Auftreten an diesen Stellen zweifel- los nur subspontaner Natur. Auf welchen Wegen sich die Bebe in den Ländern der Mittelmeerregion verbreitet hat, ist eine Frage, die noch ihrer Entscheidung harrt. Ethymologische Spuren des I^amens führen auf das Semitische zurück, und es dürfte sich auf dem Wege der vergleichenden Sprachforschung der Nachweis er- geben, dass die Semiten die edle Gabe der Natur vom Oxus und Jaxartes her den alten Yölkern übermittelten. Die Kultur des Weinstocks ist bei den Semiten eine sehr alte. Bereits in der Genesis wird der Wein als Gabe des Melchisedek an Abraham erwähnt.^) Klima und Bodenver- hältnisse machten Palästina sowie auch Phönizien und Syrien zu einem vorzüglichen Weinland. ^) Sie vermochten den aus- gebreiteten Weingeländen nicht nur erstaunliche Üppigkeit, sondern den Früchten auch eine grosse Süssigkeit zu geben. Wo von den Fruchtbäumen des Landes die Eede ist, wird der Weinstock stets erwähnt.^) Mehrfach ist von hohen Weinlauben,^) ausserordentlich grossen Trauben,^) von Sorten 1) Schouw: Die Erde, die Pflanze und der Mensch. S. 183. 2) Genesis 14, 18. 3) Plinius XIV, 7. Strabon XV. c. 1. § 58, nennt die Euphrat- gegenden, Mesopotamien, Persien und Keramien sehr weinreich. 4j 1. Mos. 27, 28. 5. Mos. 8, 8. Jos. 24, 23. 1. Kön. 4, 25. 2. Kön. 18, 31. 19, 39. Jes. 5, 10. 7, 23. Arnos 9, 13 u. a. a. 0. 5) 1. Kön. 4, 25. Mich. 4, 4. 6) 4. Mos. 13, 24. - 257 — roten Weins ^) und Sorten mit kleinen, aber sehr süssen kern- losen Beeren die Eede.-) Yerschiedene Ortsnamen deuten auf einen vorzüglichen Weinbau hin (Abelkeramim, Eskol); das Thal Eskol und die Gegend um Engadin waren wegen ihres guten Weines be- sonders berühmt. Über die Fortpflanzung der Reben erfahren wir nichts näheres, wohl aber über die Einrichtung der Wein- gärten.^) Sie waren zum Schutz von einem Zaun, einer Mauer oder einer Hecke umschlossen , besassen Wacht- türmchen, Kelter und Tillen und waren eben so häufig auf kalkreichen terassierten Hügeln wie in Niederungen ange- legt» Die Eeben zeichneten sich, wie noch jetzt, durch ihre Höhe und Stärke aus."*) Man erzielte Trauben von sechs Kilo Schwere mit Beeren, die den Pflaumen gleich kamen. ^) Die hebräischen Winzer übten das Beschneiden der Stöcke mittels Winzermesser. Yom Auflockern und Entsteinigen des Kulturterrains, von dem man erst im fünften Jahre die Früchte geniessen durfte,^) ist häufig die Bede.'') Die Wein- lese dauerte vom September bis zum November und fand ihren Abschluss durch ein allgemeines Ernte- Jubelfest^) Den gekeltertan Most bewahrte man nach erfolgter Gährung in Krügen und Schläuchen auf und trank ihn mit Zusätzen 1) 1. Mos. 49, 11. Sprüche 21, 33. 2) Jes. 5, 2. Jer. 2, 21. 3) Jes. 5, 1—12. 4) R. Schulz, der in den Jahren 1752 — 1756 Palästina besuchte, fand an dem südlichen Libanon einen Weinstock von ca. 10 m Höhe und 0,5 m im Durchmesser. (Paulus: Samml. d. merkwürdigst. Reisen im Orient u. s. w. VII, S. 106.) Siehe auch: „Die Bibel und der Wein". Vortrag von Prof. Dr. Franz Delitzsch. Leipzig 1885. 5) L. Arvieux: Merkwürdige Nachrichten von einer Reise (1650) in Asien, Palästina, Aegypten und der Barbaraj. Kopenhagen 1753 — 1756. II, 203. — R. Schulz: Leitungen des Höchsten nach seinem Rat auf den Reisen durch Europa, Asien und Afrika. Halle 1771 — 1775. V. S. 205. 6) Deut. 5, 6. 7) Jes. 5, 2. 8) Richter 9, 27. Jes. 16, 10. Jer. 25, 30. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. 17 — 258 — gewürzhafter Ingredienzen') zum Gebrauch bei Trankopfern und Mahlzeiten und den verschiedenen zahlreichen Festen. Die Weinrebe erfreute sich schon im Homerischen Zeit- alter in Klein asien und auf den griechischen Inseln im ägäi- schen Meere der weitesten Yerbreitung. Dies bezeugen ver- schiedene Stellen der Homerischen Dichtungen.^) Wein war bereits in uralter Zeit das allgemeine G-etränk in Griechen- land. Der getreue Schweinehirt Eumäos bewirtet den als Bettler in seinem Heim ansprechenden Odysseus mit Ferkel- braten und Wein. Selbst die IJnterknechte der Hirten trinken denselben aus hölzernen Bechern.^) Gemälde, welche die Weinernte darstellen, sind in uralten griechischen Gräbern nicht selten. Die oben beregten Stellen der Iliade und der alten Klassiker^) kennzeichnen Thrakien als das Weinland der Grie- chen. Der Kult des Dionysos war auf der ganzen nördlichen Balkanhalbinsel verbreitet.^) Die Griechen bewahrten den Wein in ausgepichten irdenen Krügen auf, die oft zehn Eimer fassten. Sie tranken die edle Göttergabe mit Wasser ver- mischt, wussten ihn durch Zusatz von mancherlei Ingredienzen schmackhafter zu machen und verstanden bereits ausser Myrrhenwein auch Glühwein zu brauen. Unmässigkeit im Weingenuss war ein weit verbreitetes Übel bei Alt und Jung, Hoch und Niedrig. Hat doch, wie Plinius erzählt,^) Adro- cydes, ein Zeitgenosse Alexander d. Gr., an diesen Herrscher eine Warnung vor übermässigem Weingenuss geschrieben, und von Athenäus ist uns ein Yerzeichnis berühmter Trinker Griechenlands erhalten geblieben, unter denen einer, ein Athener, den Spitznamen ,, Trichter" führt. Yon Griechenland scheint der Weinbau in etwas späterer Zeit nach Italien gekommen zu sein. Plinius, der sich in 1) Psalm 75, 9. Hohe Lied 7, 3. Jes. 5, 22. 2) Ilias I, 462. IX, 72. XXIV, 790 ff. — Odyssee IX, 196. 3) Odyssee XX, 246 ff". 4) Plinius XIV, 6. 5) Victor Hehn: Kulturpflanzen u. Haustiere u. s. w. S. 65 ff'. 6) Plinius XIV, 7. - 259 - seinem XIY. u. XYII. Buche eingehend über Weinländer, Wein- bau, Weinsorten — achtzig an der Zahl — Pflege der Weine, künstliche Weine u. s. w. verbreitet und seinen Mitteilungen eine grosse Fülle interessanter kulturhistorischer Notizen ein- fliessen lässt, berichtet, dass der Wein in den ersten Zeiten Roms so sparsam war, dass Romulus anstatt des Weins den GrÖttern Milch opferte,^) An der gleichen Stelle spricht er von der grossen Massigkeit, welche in den ältesten Zeiten in Bezug auf den Gebrauch dieses Geschenks des Bacchus herrschte und führt u. a. an, dass es den Frauen verboten war, Wein zu trinken, dass eine römische Dame ihre Mitgift verwirkte, weil sie ohne Erlaubnis ihres Mannes Wein ge- nossen hatte, dass ein Mann freigesprochen wurde, der seine Frau beim Weingefäss angetroffen und sie getötet hatte u. s. w. Doch steigerte sich in späteren Zeiten der Verbrauch des Weines so rapide, dass man an den vielen Sorten der eigenen Ge- wächse aus mächtigen Weinlagern bald nicht mehr Genüge fand, sondern ausländische Weine importierte, zu denen auch mehrere Sorten des aegyptischen gehörten. Im Mlthale hat die Pflege des Weinstocks, wie bereits oben erwähnt, nachweisbar am frühesten begonnen. In den ältesten Mythen erscheint Osiris als Spender und Yerbreiter desselben, und man hat dies Geschenk der Götter durch alle Epochen hindurch wohl zu würdigen verstanden, namentlich muss sein Anbau in der lY., Y., XII., XYIL, XYIII.— XIX. Dynastie besonders stark betrieben worden sein, wenn wir sonst die Fülle der bezüglichen Darstellungen als Grad- messer für die Kultur ansehen dürfen.^) Auch den umwoh- nenden Yölkern war Aegypten als Weinland bekannt. Wo 1) Plinius XIV, 14. 2) Aus dem Papyrus Harris I, 7, 8, 5 u. 10—11 erfahren wir,, dass Ramses III. (XX. Dynastie, um 1200 v. Chr.) nicht nur in Ober- und Unteraegypten , sondern auch in den nördlicheD und südlichen Oasen eine grosse Zahl von Weingärten anlegen Hess und namentlich dem hochberühmten Weinberg Kaen-Quemet, den Gartenplänen des Amon-Tempels zu Theben zugehörig, seine besondere Sorgfalt widmete. 17* — 260 — der Psalmist von dem grossen Schaden redet, den der Hagel unter den Gewächsen Aegyptens angerichtet hat, hebt er nur den TVeinstock und den Maulbeerbaum (Ficus sycomorus L.) hervor.^) Bis in die Ptolemäerzeit lassen sich an der Hand der Mitteilungen alter Autoren die Spuren einer üeissigen Kultur des Weinstocks verfolgen. Die meisten und präch- tigsten Weingärten lagen im Delta, namentlich im paradisisch fruchtbaren arsionitischen Nomos, dem heutigen Fajum. Strabon, der uns eine eingehende Schilderung dieses aegyp- tischen Fruchtgartens geliefert hat,^) gedenkt auch seiner herrlichen Weinanlagen. Man erbaute vorzügliche Sorten, die auch nach auswärts einen guten Ruf hatten. Athenäus preist den Wein von K o p t o s. Er charakterisiert ihn als so lieblich und leicht, dass man ihn Kindern und Kranken ohne Bedenken reichen könne. Am mareotischen Wein ent- zückt ihn die lichte Farbe, die vorzügKche Blume, seine Leichtheit. Horaz und Yirgil stimmen in das Lob dieser ausgezeichneten Sorte mit ein, die schon vor ihnen Plinius rühmte und die ihren Ruf noch zur Zeit der Kleopatra be- wahrte. Horaz kennt zudem noch den Wein von Mendes als beliebte Sorte und auch dem plinthinischen, tanio- tischen, sebennitischen, und dem Wein von Anthylla wird von alten Schriftstellern hohes Lob gespendet. Plinius erwähnt auch den selonny tischen, der in Aegypten aus dreierlei vorzüglichen Traubensorten bereitet ward , und den ekboladischen Wein, dem er andichtet, dass er Fehlge- burten bewirke.^) Die griechischen und römischen Historiker in den letzten Jahrhunderten vor und nach Christo preisen Aegypten als weinreiches Land, und das muss es unter der Herrschaft der an persischen, griechischen und römischen Luxus gewöhnten Herrscher, die den Weinbau vielleicht vielfach auf Kosten des Getreidebaus begünstigten, zweifellos gewesen sein. 1) Psalm 78, 47. 1) Strabon XVII, c. 1. § 35. 2) Plinius XIV, 9. XIV, 22. — 261 — In der folgenden Zeit schweigen die alten Autoren über den Weinbau in Aegypten, und es war auch wahrhch nicht mehr viel davon zu berichten, denn der Fanatismus des Islam, der den Weingenuss streng verbietet, hat die Wein- gärten Aegyptens zerstört, oder sie wenigstens der Verödung preis gegeben. Yon den Eeisenden, welche zur Zeit des Mittelalters das Wunderland besuchten, gedenken nur wenige der Weinstöcke Aegyptens. Hans Jakob Breuning von und zu Buchen- bach, der im Jahre 1579 in Aegypten weilte, bemerkt; Aegypten habe keinen Wein , nur wären zur Lust hin und wieder in den Gärten einige Reben angepflanzt. ^) Wie streng der Weingenuss unter den muhamedanischen Türken verboten war, beweist eine Episode aus der Nilfahrt des Pater Wans- leben. Derselbe fuhr am 30. Juni des Jahres 1672 von Raschid (Rosette) den Strom hinauf. Als einige junge Türken unter dem Schiffsvolk seine von Marseille mitge- brachten Wein Vorräte entdeckten , fingen sie mit ihm arge Händel an und wollten die Weinflaschen ins Wasser werfen.^) L. F. Norden berichtet, dass er auf seiner Reise durch Aegypten und Nubien, im Jahre 1737, reichlich mit Kaffee und Weintrauben bewirtet wurde, die zwar sehr klein aber von vortrefflichem Geschmacke waren. Grössere Aufmerksam- keit hat Mai 11 et diesem Gegenstande gewidmet, doch lässt sich auch nichts Positives aus seinen Mitteiluingen entnehmen. Interessant ist die Notiz, dass nach seinen Aussagen die Aegypter die Blätter der Weinstöcke höher schätzen sollen^ als die Frucht selbst, da sie mit denselben klein gehackte Fleischportionen umwickeln und das Ganze zu einem schmack- haften Gemüse kochen. ^) Er — wie vor ihm alle Autoren von Strabon an — bemerkt, dass die meisten Weingärten Aegyptens 1) Orientalische Reysz desz Edlen und vesten Hansz Jakob Breuning von und zu Bouchenbach etc. etc. Gedruckt zu Straszburg- hey Johann Carolo im Jahr MDCXII. S. 156. 2) Relazione dello stato presente dell Egitto. Perigi 1677. p. 59. 3) Maillet: Rescription de l'Egypte. 1740. L. XI. — 262 — im Fajum liegen. Savary (1777), der vom alten arsinoitischen Nomos eine farbenprächtige Schilderung entwirft, erzählt: „Die Kopten pflegen noch den Ölbaum und den Weinstock, den ihre Yäter gepflanzt haben. Sie lesen vortrefPliche Beeren und machen einen weissen, sehr angenehm schmeckenden Wein daraus." ^) Hieran anknüpfend preist er den sehr feinen Greschmack der aegyptischen Trauben. Jomard, der als Mit- ghed der französischen Expedition mehrere Dezennien später in Aegypten weilte, berichtet u. a. von der Fruchtbarkeit Fajums: „Fajum enthält auch köstliche Leinfelder, Eosen- und Olivenpflanzungen und Dattelwälder; es besitzt ferner Indigo, Henna, Färberscharte, Baumwolle, Zucker und Tabak. Man sieht hier gleichsam Wälder von Feigen, Hecken von Opuntia, viele Pfirsichen , Pflaumen , Aprikosen und andere Frucht- bäume in allen Gärten, endlich, was ausserdem nicht vor- kommt: Weinberge."^) Heutigen Tages steht der Weinbau in der Xilebene auf einer sehr niedrigen Stufe und erstreckt sich ausser im Fajum auf einzelne Gärten Aegyptens, Nubiens und des Sennar. Die kleinbeerigen Trauben gehören Vitis vinifera L. an (arabisch 'Eneb) und sind in den genannten Ländergebieten unter dem Namen 'Eneb-el Benät bekannt. Eine Yarietät der- selben, Yitis abyssinia (arabisch 'Eneb-el Ans) findet sich in den Wäldern des oberen Sudan. Eine geringe Sorte ist der schwarze Wein von Alexandrien, und eine noch geringere, dem gewöhnlichen griechischen Bauerwein gleichkommende Sorte, welche die Nähe der Gewässer liebt, ist vielleicht ge- meint, wenn neuere Reisende erzählen, dass der Weinstock in Aegypten wie eine Sumpfpflanze im Wasser wild wachse. Eine gemeine Art ist auch der am Meeresstrande hinkriechende dunkle aegyptische Wein. Wie ganz anders doch früher ! Damals zur Zeit der Pharaonen erstreckten sich Gärten und Weinanlagen durch 1) Savary: Lettres sur l'Egypte. II. L. troisieme. 2) Jomard: Description de TEgypte. Edit. II. Tom. lY p. 438 ff. - 263 — das lange, gesegnete Nilthal, bis hinauf zum ersten Katarakt und wohl noch darüber hinaus. Zahlreiche Abbildungen in Theben, Beni-Hassan, Sauiet el Meitin, Karnak , Abd-el-Quarnah u. s. w. lassen uns einen Blick thun in die verschiedenen, wohlgepflegten Abteilungen der Gärten. Unter ihnen war der Weingarten stets mit einer Mauer um- schlossen und mit einem Wasserbassin versehen. Wenn Plinius berichtet,^) dass man in Aegypten und Syrien die Weinstöcke ohne besondere Pflege an der Erde fortkriechen lasse, so ist Aegypten von diesem Brauch entschieden aus- Fig. 118: Altaegyptiscbe Darstellung der W'einlese ; das Keltern und Filtrieren des Weins. zuschüessen. Die Beben zog man an Spalieren , oder man errichtete für die Stöcke Stützen oder Bogengänge aus höl- zernen hübsch geschnitzten und bemalten Säulchen, von denen man je zwei und zwei mit Querhölzern verband. Die Weinlauben primitivster Art bestehen nur aus biegsamen Stangen, deren Enden in die Erde gesteckt gleichsam einen grossen Sprengel bilden. Weinbauern, welche die Kultur weniger sorgsam betrieben, Hessen die Stöcke frei in die Höhe schiessen oder zogen sie in Hecken. Die verschiedenen Arten der Weinheckenanlagen, altaegyptisch : arr, all, lässt in spre- 1) Plinius XVII, 35. — 264 - chender Deutlichkeit das für diesen Begriff stehende Hiero- glyphenzeichen erkennen. Fig. 119 charakterisiert in anschau- lichster Weise die Weinhecke in Laubenform. Die Punkte, welche mit dem Rebenbogen und der Mittelstütze parallel laufen , markieren die Blätter des Weingeranks. Tritt diese Hieroglyphe farbig auf, dann sind Stützen und Rebenbogen braunrot gemalt, die Punkte dagegen grün. Ja, um hervorzu- heben, dass der Bogengang oben am laubreichsten und schattig- sten ist, deutet man, inmitten über den Stützen, das Blattwerk durch ein kleines grünes Oval an. In der folgenden Modi- fikation Fig. 120 sehen wir die mit länglich runden Trauben behangenen Reben einfach auf Stützen gezogen, und Fig. 121 und 122 geben uns dasselbe Bild in sinniger, gleichsam stenographischer Form. t1 Fig. 119. Fig. 120. Fig. 121 u. 122. Hieroglyphenzeichen für „Weinliecke". Das Weinlaub ist sehr verschieden gezeichnet. Mehrfach habe ich das Laubgehänge nur durch einige scharfe umrisse skizziert gefunden, und es erweckt in dieser Form den Ein- druck, als ob sich eine schwere Wolkenmasse auf die Stützen der Stöcke niedergesenkt hätte, i) Oft auch ist das Laub als etwas Nebensächliches vom Künstler gar nicht berücksichtigt worden, und er hat sich nur auf Spalier, Ranke und Traube beschränkt.^) Xeben derartigen Skizzen treten namentlich in der Y., XII. und XVIL— XIX. Dynastie Gemälde in sorg- samerer Ausführung auf, doch bleibt das Weinblatt mehr 1) Gemälde in El-Kab. XVIL Dynastie (2100—1700 v. Chr.). L. D. III, 11. 2) Gemälde aus Grab Nr. 16 der Pyramiden von Gizeh (V. Dy- nastie). L. D. II, 53. 2(35 oder minder schematisiert. Niemand würde in den 5 — 7 lappigen hell- oder dunkelgrün kolorierten Blattgebilden der Fig. 118 u. 123 das Weinlaub erkennen, wären ihm nicht Ranken und Trauben angefügt. Einzelne Ranken, welche zur Dekoration der Opfertischchen dienen , haben herzförmige gezähnte Blätter und verleugnen vollständig das Original (Fig. 124 und 125). In einem Grabe zu Abd-el-Quarnah Fig. 123: Weinranken. Basrelief aus Medinet- Abu (Theben). Description de l'Egypte. vol. II, 9. Fig. 124 u. 125: Weinrankeu (altaegyptische Darstellungen aus Theben). ist ein Weinspalier dargestellt, dessen Räume abwechselnd durch Trauben oder Blätter ausgefüllt sind. Hier sind die Blätter sonderbarer Weise in Gestalt eines liegenden Kreuzes eingemalt. Nur höchst selten ist in den Darstellungen der Charakter des schwer zu zeichnenden, rundlich herzförmigen,^) gebuchtet fünf lappigen , selten dreilappigen Weinblattes ge- 1) Weingerank mit Blättern und Trauben an einem Stab in die Höhe kletternd (Blätter dreilappig). Malerei auf einem, den ersten Dynastien entstammenden Mumienkasten aus Beni-Hassan. Mitgeteilt von Owen Jones: Grammar of Ornament. Taf. 9. — 266 — wahrt geblieben. Eine Korabination von sonderbaren Blatt- gestalten enthält die in Fig. 123 mitgeteilte Rebenpartie von einem Basrelief, das vermutlich einer späteren Epoche (Ptole- mäer- oder Römerzeit) entstammt. Das einzige Blatt, welches hiervon noch flüchtig an das Weinblatt erinnert, ist das mitt- lere der oberen Ranke; die übrigen sind wahre Muster von Geschmacklosigkeit und Unnatur. Die Stöcke und Reben sind stets rot oder rotbraun ge- malt, die Ranken, — freilich nur selten vorhanden, — von gleicher Farbe oder grün. Die Kenntnis und Ausschneidung der keine Frucht ver- sprechenden Reben war schon in Aegypten bekannt. Man gebrauchte dazu besondere Winzermesser, welche, wie unsere Hippen, sichelförmig waren. Eines der Gemälde von Theben versetzt uns in einen Weingarten, in welchem sich die trau- benreichen Reben an einem prächtig gezeichneten Spalier von Lotussäulen üppig emporranken. Auf dem breiten Wege zwi- schen den Spalieren pflücken zwei Arbeiter die vollen Trauben und legen sie in Körbe (Fig. 118, 126), die, nachdem sie bis zum Rande gefüllt sind, über einander aufgestapelt werden. Hier begiesst einer der Winzer die Wurzeln der Stöcke, zwei andere entlasten die dichten Weingehänge von ihrer süssen Frucht, wieder andere tragen sie in grossen Körben von dannen, und ein Knabe , der in den Laubengängen auf und ab läuft, verscheucht mit einer Klapper die naschenden Vögel. DieTraube — altaegyptisch : elel, ärer, aarer-t, arabisch: Anküd; Weinbeere ^ 'Eneb — tritt teils schematisiert, teils stilisiert und teils naturalistisch auf. Im ersten Falle ist sie nur durch einen länglich ovalen, mit dem am Stiel oder dem Ende scharf zugespitzten Umriss auf (Fig. 120).') Grössere Ähnlichkeit mit dieser Beerenfrucht erhält die Skizze dann, wenn der Maler innerhalb des Umrisses die Beeren durch Punkte andeutet (Fig. 118) oder ihre Form markiert. In 1) Gemälde a. d. Grabe Nr. 16 der Pyramiden von Gizeh. (V. Dynastie.) L. D. IL 53. — 267 — diesen stilisierten Zeichnungen erscheint die Traube, der nicht selten seitlich zwei kleine Banken beigefügt sind, gleichsam wie in einer Hülse steckend (Fig. 127 und 133) und erinnert lebhaft an die ornamentale Traube in der arabischen Kunst.*) Im anderen Falle fehlt die Hülse, aber man hat die Traube, um sie am Opfertischchen befestigen zu können, mit einem Henkel versehen (Fig. 51 und 128). Rein naturalistisch ge- zeichnete Trauben sieht man fast ausschliesslich nur auf Ge- mälden aus der XYIL, XyilL, XIX. und den folgenden Dy- nastien. Die Farbe dieses Fruchtgebildes ist durchgängig schön dunkelblau und seine Beeren sind durch schwarze Punkte besonders hervorgeho- ben; hin und wieder erscheint die Traube auch blassrot oder blassviolett und wüssten wir es nicht bereits aus den Papyri und den Zeugnissen der Alten , so würden wir schon durch diese Farbenunterschiede zur Annahme des Anbaus verschiedener Wein- sorten im Xilthale berechtigt sein. Man kannte weisse, schwarze, rote und rötliche Sorten. Eine originelle Darstellung :Fig. 127: Traube. der Weinlese findet sich in ^^^ ^.^t"^, t,!^^^ von Der-el-BanaTi. Saniet el Meitin, Grab Xr. 14 aus der YI. Dynastie.-) Hier sind die sprengeiförmig gebogenen Spaliere nicht nur laub- sondern Fig. 126: Traubenleser. Aus Beni- Hassan. (Nach Eosellini II 37.) rig. 128 : Aus dem Chonsu-Tempel zu Karnak, XXI. Dy- nastie. (L. D. III, 244.) 1) Franz Woenig: Pflanzenformen im Dienste der bildenden Künste. Leipzig 1S81. 2. A. S. 29. Fig. 57. 2) Gemälde in Gizeh, Grab Nr. 14 (Y. Dynastie) und in Sauiet el-Meitin, Grab Nr. 14 (VI. Dynastie). L. D. 11, 53 u. 111. — 268 — auch traubenleer. Unter ihnen stehen die Arbeiter mit vollen Körben. Durch das Fehlen des Laubes und der Trauben in den Bogengängen hat der Künstler die Beendigung der Lese bezeichnen wollen. Nach der Weinlese scheint man das Rebengelände den Haustieren überlassen zu haben, denn auf einem Gemälde in Beni-Hassan bemerken wir zwei langgehörnte Ziegen, welche an den Stöcken in die Höhe klettern und das Wein- laub abnagen. Die Gewinnung des Weines .durch das Keltern geschah auf verschiedene Weise. Am gebräuchlichsten war die Ge- winnung durch das Austreten mit den Füssen. Man brachte zu diesem Zwecke die gepflückten Trauben in einen starken Kasten von Akazienholz. Der Kasten war überdacht. Von dem Dach oder der Decke hingen soviel Stricke herab, als Männer im Kasten Raum hatten, um sich bequem ausweichen zu können. War der Kasten mit Trauben gefüllt, so stiegen die Männer hinein, und indem sie sich an den Stricken hielten und einen Rundgang vielleicht unter begleitendem Gesang antraten , zerquetschten sie die Beeren. Der ausgepresste Traubensaft floss durch einen Hahn an der Seite des Kastens in aufgestellte Bottiche. Die Stelle der Decke mit Stricken ver- traten namentlich in den ersten Dynastien auch einfache Stangen^ welche auf Säulen über dem Behälter angebracht waren. Ja, auf einem Gemälde finden wir den Traubenkasten zwischen zwei niedrigen Palmenbäumen stehen und die Männer, welche die Beeren austreten, halten sich an eine Stange, welche die Bäume verbindet (Fig. 118). In ünteraegypten kannte man noch ein anderes Kelterverfahren, worüber ein Gemälde in Beni-Hassan Aufschluss giebt. Wir bemerken allda einen länglichen leinenen Schlauch, welcher mit Beeren angefüllt ist. Der Schlauch, zwischen einem starken Holzrahmen aus- gespannt, wird von Männern mit Stäben zusammengedreht, die durch die Enden des Schlauches gesteckt sind. Der aus- gepresste Wein fliesst in ein grösseres thönernes Gefäss, das unter dem Schlauche steht. - 269 - Eine Weinpresse eigentümlichster Art erblicken wir auf einem Gemälde im Grabe des Ismaih zu Gizeh, V. Dy- nastie^) (Fig. 118). Die ganze Szene erhält durch die burlesken Stellungen der kräftig arbeitenden nackten Männer etwas Akro- batenhaftes. Zwei derselben halten den mit zertretenen Beeren des Rückstandes gefüllten Schlauch an den Windestangen frei über das darunter stehende Gefäss ; zwei andere stehen auf dem Rücken der ersteren und drücken die Enden der Stangen nach unten, während der letzte der Männer, in gleicher Lage mit dem Schlauche, sich mit Händen und Füssen gegen die Windestangen stemmt.-) Dasselbe Gemälde veranschaulicht Lv^. \ /\ /\ /\ A/ Ji Tig, 129: Füllen der Weinkrüge. Pyramiden v. Gizeh. Grab Nr. 16. V. Dynastie. (L. D. II, 53.) auch das Einkochen und Filterieren des Weines. (Fig. 118.) In ein von zwei Männern über einen Kessel gehaltenes Tuch giesst ein dritter den gewonnen Wein, während ein vierter das Filterat im Kessel umrührt. Wir bemerken schliesslich, wie von anderen Arbeitern der Wein in grosse kurz, aber weithalsige bunte Stein- und Thonkrüge gegossen (Fig. 129) und die Krüge mit Deckeln, Steinplatten, kugeligen und ver- 1) L. D. II, 53. Die gleiche Scene in Sauiet el Meitin. VI. Dy- nastie. (L. D. II, 111. Siehe auch Rosellini II, 38.) 2) Auf einem altaegyptischen Gemälde, das Rosellini (II, 66) mit- teilt, drehen zwei Frauen die Enden eines mit bereits gekelterten Beeren gefüllten Schlauches über einem Gefäss zusammen, in das der Saft abfliesst. — 270 — schiedenförmigen Pfropfen verschlossen , versiegelt , von den Schreibern notiert nnd in den Yorratskammern entweder auf besondere Holzgestelle oder an den Wänden entlang in langen Reihen nebeneinander aufgestellt werden. Die teilweise zwei- henkeligen, umfangreichen, geschmackvoll geformten Krüge, oft über einen Meter hoch, zumeist die Form der später auftretenden griechischen Amphora, liefern einen neuen Beweis dafür, wie die Aegypter die Lehrmeister der Griechen und Römer waren. Keller wurden zum Aufspeichern der Yorräte im alten Aegypten wenig benutzt. Sie sind sehr heiss, denn sie haben die mittlere Jahrestemperatur* Man bewahrte daher den Wein grösstenteils in schattigen Speichern auf. Und welch eine riesige Anzahl von Wein -Amphoren verzeichnen die alten Maler in ihren Bildern aus den Yorratskammern der Yillen und Paläste! Wahrlich, dieses schwere Geschütz von Krügen an Wänden und auf Gestellen, das da in endlosen Reihen aufmarschiert, belehrt uns mehr als alle übrigen Zeugnisse über den ausgedehnten Anbau des Weinstocks im alten Reiche und über die allgemeine Yorliebe der Aegypter für den Rebensaft. Der Papyrus Anastasi erwähnt einen Chef der Weinberge, in dessen Kellereien sich reiche Wein verrate befanden.^) Frisches Rebenblut und junger Most galt wohl besonders als leckerer Genuss. Eine Stelle in den von Naville edierten Texten aus dem Tempel von Edfu liefert ein frappantes Analogikon zu 1 Mos. 40, Y. 4- 12. Dort er- scheint der König, den Weinbecher in seiner Hand. Die be- gleiteten Textworte lauten: „Man that Weinbeeren in das Wasser, trinkend davon der König . . ." Weiter ist davon die Rede, dass zu Ehren des Horus, der die Gefährten des Set tötete, Weinbeeren in das Wasser zerdrückt werden sollen^ und die Inschrift besagt an dieser Stelle : „Du drückst Wein- beeren in das Wasser. Wenn sie darin erscheinen empfin- dest du darüber Herzensbefriedigung." ^j 1) Papyrus Anastasi IV, pl. 7. L. 3. 2) Naville, Textes relatifs au mythe d'Horus. PI. XX., XXI.^ XXIII. Citiert von G. Ebers: Durch Gosen zum Sinai. S. 480 u. 48L — 271 — Die Inschriften bezeugen schon auf den ältesten Denk- mälern an sechs verschiedene Weinsorten nach Geschmack, Güte und Farbe. Die Etiquette arp = Wein (siehe Anmerkung am Ende dieses Kapitels) trugen viele Krüge und Flaschen in den Yorratsräumen. Man unterscheidet den Weisswein ä b e s von dem E-otwein, tesr und unter diesen Farben wieder eine reiche Anzahl verschiedenartiger Sorten, wie aus der bereits oben erfolgten Mitteilung ersichtlich ist. „Der Wein erfreut des Menschen Herz." Die Wahrheit dieses Spruches haben die alten Aegypter auf das gewissen- hafteste erprobt; und wenn Athenäus sagt: ,,Bei den Aegyp- tern waren ehemals die Gelage jeder Art massig; sie begnügen Fig. 130: Betrunkene Herren werden nacli einem Gelage von ihren Dienern heim- getragen. (Aus Theben.) sich, wenn sie bei Tische sitzen, mit den allergewöhnlichsten aber gesundesten Speisen und mit so viel Wein, als hinreicht^ das Herz zu erheitern," so ist das Lob, das hier der alt- aegyptischen Massigkeit gespendet wird, ein nicht für alle Epochen zutreffendes und etwas übertriebenes, den mancherlei Szenen auf den Wandgemälden verraten das Gegenteil. Die Trinkgelage fanden meistens nach der Mahlzeit statt^ und bekannt ist, dass dabei das hölzerne Bild eines Toten herumgetragen wurde und dass an jeden Gast die Mahnung erging: „Sieh auf diesen, trink und sei fröhlich, denn nach Deinem Tode wirst Du wie dieser sein!" ^) Dass diese Mahnung in den meisten Fällen nicht an taube Ohren geklungen ist, 1) Herodot II, 78. — 272 — davon überzeugt uns u. a. ein Gemälde in Beni-Hassan. Hier tragen zwei Sklaven ihren sinnlos betrunkenen Herrn an Kopf und Füssen von dannen. Ihnen folgen drei andere, über deren Köpfen regungslos, starr ausgestreckt der Körper des Herrn liegt. Der vordere der Diener hält mit der einen Hand das schwer benebelte Haupt des Gebieters (Fig. 130). Eine ähnliche unästhetische Szene belauschen wir auf einem Wandgemälde Thebens, wo Damen, vom Weine übervoll, dem Bachus ein jämmerlich Opfer bringen und dabei von ihren Dienerinnen am Kopfe unterstützt werden. Eine Wiederholung ähnlicher Szenen in Damengesellschaften darf uns um so weniger wundern, da der Weingenuss dem weib- lichen Geschlecht nicht verboten und der Unmässigkeit also keine Schranken gesetzt waren. Der Yerbrauch des Weines muss ein ganz enormer ge- wesen sein, denn bei den Königen, Kriegern und Priestern wurde er von Staats wegen täglich in bestimmten Quantitäten geliefert; so z. B. erhielt jeder Krieger der königlichen Leib- wache, welche 2000 Mann zählte, täglich vier Mass Wein,i) jeder Priester aber, der den Dienst im Tempel zu verrichten hatte, ein Mass. Kunstreiche und geschmackvolle Trinkschalen, Krüge und Becher aus allen Dynastien werden in reicher Anzahl in den aegyp tischen Museen konserviert. Auch das Museum zu Berlin besitzt eine interessante Kollektion von Gefässen. Das zu denselben verwendete Material ist ein sehr verschie- denenes. Die Krüge , Schalen und Gefässe , die den Mah- staba entnommen sind, bestehen aus Thon, der sich überall in Aegypten in vorzüglicher Güte findet; sie sind grau, rot oder gelbbraun, ohne Glasur. Die umfangreichen, dickwan- digen Wasser-, Öl- und Weinkrüge besitzen zwei auch drei Henkel und sind mehrfach durch kommunizierende Röhren zu- sammengekoppelt. Später werden zunächst bemalte, dann gla- 1) Herodot II, 168. — 273 — sierte Gefasse allgemein. Grösseren Wert als diese mittels Dreh- scheibe hergestellten Erzeugnisse der altaegyptischen Töpfer- kunst, haben diejenigen, welche unter dem Namen aegyptisches Porzellan, richtiger aegyptische Fayence , bekannt geworden sind und aus weissem geschmolzenen Sand bestehen. Ihren Glasurüberzug hat man aus Kieselerde und Soda und einem Farbenstoffe hergestellt. Die Gefässe haben gewöhnlich eine azurblaue oder apfelgrüne Farbe. Die Ornamente sind äusserst einfacher Natur und beschränken sich auf symbo- lische Zeichen, Lotusknospen und Lotusblüten, Flechtmuster u. s. w. Zu herrlichen Alabaster-Yasen gesellen sich kunst- voll emaillierte Krüge, Flaschen und Schalen aus Thon und Opferschalen, Gläser und Becher aus Glas. Da glasierte Fayence schon sehr frühzeitig in Aegypten bekannt war, muss selbstredend die Glasfabrikation eine sehr alte sein; und in der That haben Gemälde in Beni-Hassan nicht nur die Drehscheibe sondern auch die Kenntnis des Glasblasens be- stätigt. Auch die Goldschmiedekunst stellte sich in den Dienst dieses Kunstgewerbes. Gefässe aus Gold, Silber, Bronce u. s. w., oft mit kunstvollen Emaille-Einlagen von Stein und Metall, waren in den Palästen der Herrscher und den Gemächern der Würdenträger und Wohlhabenden als dekorativer Schmuck der Wände und Gesimse allgemein. Die Ornamentik dieser mannigfaltig geschmackvoll und originell gestalteten Schalen, Becher, Krüge ist äusserst reich und phantastisch und ge- winnt besonders dadurch an Lebendigkeit, dass der Künstler Tierfiguren: Löwen, Ziegen, Gazellen, Affen, Füchse, Geier und verschiedene Yogelgestalten etc. teils als Henkel, teil als Deckelaufsatz oder auch als selbständiges dekoratives Element angefügt hat. Schalen und Becher stellen in ihrer Form zu- meist eine voll erblühte oder halberschlossene Blume dar. Ihr Yorbild ist die Lotusblüte in ihren verschiedenen Ent- wicklungsstadien. Dergleichen kostbares Opfer- und Trinkgerät zählte mit zu den bevorzugtesten Geschenken der Herrscher und Vornehmen an die Tempel des Landes.^) So äussert 1) Ausführliches über das altaegyptische Kunstgewerbe siehe Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. lo — 274 - der Oberpriester des Osiris-Tempels von Abydos Ne- buäiu auf einer Steleninschrift, anlässlich einer Schenkung Thutmes IIL : „Übertragen ward mir mancherlei Werk in dem Tempel des Osiris in Silber, Gold, Blaustein, Grünstein und sonstigen Edelsteinen. Das alles lag unter meinem Verschluss und Siegel.'") Gaben an Wein fehlten weder dem gewöhnlichen Opfer noch dem Totenopfer. Nur in Heliopolis gehörteer nicht zu den Spenden. In dieser Stadt mussten sich auch die Priester des Weines enthalten, obgleich er in anderen Städten das gewöhnliche Getränk bei den Mahlzeiten der Priester bildete. An grossen Festen zu Ehren der Götter floss, wie man zu sagen pflegt, der Wein in Strömen, besonders bei der Techu- (Yolltrink) Feier am bachanalen Bubastis (Bestis)-Feste,'^) zu dem aus allen Teilen des Landes Männer und Weiber im buntesten Gemisch mit Klappern und Flöten unter Gejauchz und Getön herbeiströmten, — oft an 700 000 ohne die Kinder, — und zu Schiffe von Stadt zu Stadt am Strome ent- lang zogen, um die noch Daheimweilenden abzurufen und mit nach Bubastis zu nehmen , allwo man das Fest mit grossen Opfern, Schwelgereien und sittenlosesten Aufführungen beging und wo, wie Herodot berichtet, an einem Tage mehr Wein getrunken ward, als während des Jahres im ganzen Lande. Das Mischen der Weinsorten, — um bei Mahl und Ge- lage eine bessere Qualität des Festtrankes zu erzielen, — verstanden die alten Aegypter ganz vortrefflich, und in nicht geringe Yerwunderung versetzt es uns, zu bemerken, dass man hierbei bereits den Heber anwandte. Auf einem Grab- gemälde Thebens finden wir einen Diener damit beschäftigt, mittels dreier langer Saugheber den Wein aus drei erhöht stehenden Gefässen in eine zweihenklige Weinschale zu leiten. Zwei der Heber sind bereits in Thätigkeit, das Ende des Perrot und Chipiez: Geschichte der Kunst im Altertum. D. v. R. Pietschmann 1. S. 749 ft'. 1) H. Brugsch: Geschichte Aegyptens. S. 382. 2} Herodot h, 59. — 275 ~ dritten Hebers hat der Diener an den Mund gesetzt, und sucht durch Ansaugen die Luft zu verdünnen und den Inhalt des dritten Kruges , der mit zwei anderen auf einer festlich geschmückten manneshohen Stellage steht, zum Fliessen zu bringen. Ein zweiter Diener, zwei kleine Saugheber in seiner linken Hand haltend, steht hinter der Stellage und füllt die allmählich sich leerenden Krüge mit einem Becher wieder nach. In Gregenden, wo in frühester Zeit der Weinstock mangelte, genoss man Gersten- und Palmenwein. Die Weintrauben wurden auch als Rosinen getrocknet, und da Herodot^) erwähnt, dass man den beim Opfer der Isis geschlachteten Stier ausser Weihrauch, Mj^rrhen, Honig und Feigen auch Rosinen in den Bauch that, so stand zu erwarten, dass man die Früchte der Weinbeere auch in den Grabkammern entdecken würde, und in der That haben emsige Sammler und Forscher unter den Katakombenpflanzen auch Weintrauben gefunden. Reste von Weintrauben (Yitis vinifera L. var. mono- pyrena (?) nach Kunth) gehören zur Passalacquaschen Sammlung des aegyptischen Museums zu Berlin und werden unter Nr. 7019, historischer Saal, Ostseite, in den Schaukästen, Fenster 38, konserviert. A. Braun, welcher eine Anzahl der Beeren untersuchte, berichtet über das Re- sultat der Prüfung: Die Weinbeeren sind mittelmässigen grossen Rosinen gleich, etwas länglich, 0,01 — 0,018 m lang von schwarzer Farbe. Die Grösse der Samen stimmt mit der der grossen Rosinen überein, doch sind sie etwas stärker, plattgedrückt und tiefer ausgerandet , zweilappig und etwas plötzlicher an das untere schnabelartige Ende verschmälert. Sie sind etwa 0,007 m lang und 0,0045 — 0,005 m breit. Vier Tage lang in Wasser gelegt und dreimal mit heissem Wasser Übergossen, erweichten sich diese Früchte nicht und nahmen keineswegs die fleischige und zähe Beschafi'enheit aufge- weichter Rosinen an, sondern beim gewaltsamen Zerdrücken 2) Herodot 11, 40. 18^ — 276 ~ zerbröckelten sie wie modriges Holz. Sie färbten das Wasser ziemlich dunkel kastanienbraun/' Zucker im Fruchtfleische der Beeren nachzuweisen, ist dem Chemiker Julia-Fon- tanelle nicht gelungen.*) Auch die neuesten EntdeckuDgen von Der-el-Bahar i (XXII. Dynastie) haben rosinenartige Weinbeeren zu Tage gefördert. Sie entsprechen vollständig den Früchten der noch zur Zeit im Nilthale angebauten Sorte mit schwarzen Beeren. Auf der zusammengeschrumpften Haut der gefunde- nen Beste war noch deutlich der blaue Wachsreif kenntlich. ^j Am Schluss dieses Kapitels , lasse ich in Anmerkung einige hieroglyphische Bezeichnungen von Wein und Wein- sorten folgen.^) 1) Über die im Königl. Museum zu Berlin aufbewahrten Pflanzen- reste aus altaegyptischen Gräbern von A. Braun. Mit Zusätzen von P. Aseherson und P. Magnus. Zeitschr. f. Ethnologie. IX. Bd. S. 306 u. 307. 2) G. Schweinfurth : Pflanzenreste a. altaegypt. Gräbern a. a. 0. S. 362. 1) arer, die Traube. 2) arp, der Wein. 3) abs arp, weisser, heller Wein, 4) tesr arp, Rotwein. YIII. Bäume und Sträuclier im alten Äegypten. ine in hieroglyphischen Inschriften mehrfach wieder- kehrende Modifikation des Wortes „Kern", dem als Determinativum das Bild eines Baumes beigefügt ist, lässt auf grössere Waldbestände Aegyptens in den frühesten Zeiten schliessen. Zwar haben wir hierbei nicht an Wal- dungen zu denken, wie sie unsere nordische Heimat bietet, edenfalls aber waren sie umfangreich und dicht genug, um auf die Bezeichnung Hain oder Hag Anspruch zu erheben. Reicher und üppiger muss die Baum- und Strauchvegetation Aegyptens in prähistorischer Zeit gewesen sein, wenigstens berechtigen reiche paläontologische Funde, die bei Kairo und zwischen Behariet und Fajum und in der lybischen Wüste gemacht worden sind, zu diesem Schluss. Die von Unger, Zittel, Schenk u. a. untersuchte reiche Zahl der fossilen Hölzer, Stammstücke im verkieselten Zustande, ergaben u. a. auch zwei Akazienarten: Nilotica aegyptiaca Unger und eine andere, in ihrer Holzstruktur der noch jetzt in aegyptischen Gärten angepflanzten Acacia capensis ähn- liche: Acacioxylon Schenk. Nicht selten heisst Äegypten auch das Land des Nehi (Sykomoren)- oder Bek-Baumes. Den grössten Waldreichtum besass wohl der hochberühmte Gau Arsinoites, das heutige Fajum, das wegen seines Reichtums an Sykomorenbäumen Hesp- Neh't genannt wurde. Im Turiner Papyrus wird Äegypten auch als das Land des B e k b a u m e s bezeichnet. H. B r u g s c h — 278 — hat anfangs den Namen auf die Dattelpalme bezogen, ist aber von dieser Annahme zurückgekommen , da der mit dem Namen Bek bezeichnete Baum Getränke und Salben liefert, und setzt dafür den Ölbaum ein. \) Ob auch diese Korrektur eine richtige ist, bleibt wohl zu erwägen, denn sämtliche Schriftsteller des Altertums stimmen in der Nachricht über- ein, dass Aegypten ein an Ölbäumen sehr armes Land war. Immerhin aber bleibt auf Grund dieses älteren Zeugnisses die Möglichkeit, dass in den ältesten Kulturepochen der so hoch geschätzte Ölbaum üppiger und fruchtreicher gedieh, als zu Zeiten der griechischen und römischen Historiker. Die allmähliche Reduzierung der Waldgruppen auf das zur Deckung des Bedarfs an Nutzholz notwendige Minimum geschah zu Gunsten des mit der Zunahme der Bevölkerung mehr und. mehr erforderlichen Kulturterrains, von welchem naturgemäss der Cerealienbau den grössten Teil beanspruchte. Bei den wechselnden Launen des Nährvaters Nil, der den schmalen Kulturstrich an seinen Ufern bald mit seiner Segensfülle über- schüttete, bald Yerheerung und Misswachs über ihn verhängte, musste das aegyptische Yolk darauf bedacht sein, dem Terrain jede Handbreit fruchtbaren Bodens abzugewinnen, um in den Jahren des Segens für die Jahre der Missernte an Getreide zu sparen und Hungersnot abzuwenden. Wäre auch diese Besorgnis nicht hinreichend gewesen, die Baum- kulturen einzuschränken, so gebot schon politische Klugheit, den äusserst ergiebigen Getreidebau vor allem andern zu berücksichtigen, denn aus den jährlichen bedeutenden Korn- exporten in die Mittelmeerländer, namentlich nach Arabien, Phönizien und Syrien, erwuchsen den Aegyptern ansehnhche Revenuen. Bei dem grossen Mangel an schattenreichen Bäumen erklärt sich die grosse Vorliebe der Aegypter für Gärten und Baumpflanzungen und die hohe Verehrung für diejenigen Gewächse, welche ihnen nicht nur Kühlung und Labe, sondern 1) H. Brugsch; Hieroglyphisch- demotisches Wörterbuch II, 225. — 279 - auch durch Frucht und Holz noch besonderen Nutzen ge- währten. Daher finden wir den praktischen Sinn der alten Aegypter stets darauf gerichtet, ausländische nutzbare Bäume, Sträucher und Ziergewächse (Fig. 131) zu importieren und in ihren Privat- und Tempelgärten zu kultivieren. In der äusserst lebendigen Darstellung scenischer Bilder an den Wänden der Tempelhalle von Der-el-Bahari, welche die Forschungsreise der Königin Ha tas u (XYni. Dynastie, um 1600 v. Chr.) in das Land der Punier im Süden der Küste Arabiens — damals noch der Sitz der Phönizier — zum Gegenstand haben, bemerken wir auf einem Bilde: „Belasten der Transportschiffe", wie Matrosen bemüht sind, drei in Kübeln befindliche, blattlos gezeichnete starkstämmige, knorrige Bäume die Lan- dungsbrücke hinauf auf das Yerdeck des Schiffes zu tragen, allwo bereits fünf andere zwischen den aufgestapelten Schätzen sicht- bar sind. Die begleitende Inschrift besagt, dass die so sorglich verwahrten Bäume nnn inrnn (31 Stück), die man als Seltenheit, Gott Amon zu Ehren, übers Meer mit nach Aes^ypten führt, grünende Weihrauchbäume, , : , .. . 1 ix A • TT ^^S. 131: Baumkultur Antabaume smd.^) An einer Kammer- ^^übei oder Garten- wand des Tempels zu Karnak zeigen sich pian?). Aus Luxor. in A 1 1 -1 1 1 • • (Champ. IV, 339.) noch Spuren von Abbildungen derjenigen Gewächse, welche Thutmes III. (XYIII. Dynastie) auf seinen Siegeszügen im Lande der Retennu sammelte und heim- brachte. Doch nicht allein frische Bäume und Ziersträucher wurden in grosser Zahl vom Auslande bezogen , auch verschiedene Nutzhölzer werden als Frachtgut der Transportschiffe genannt. Sie stehen unter den vertragsmässig ausbedungenen Lie- ferungen für die tributpflichtigen Yölker oben an und 1) J. Dümichen: Die Flotte einer aegyptischen Königin. Leipzig 1868. Tafel YI. Text S. 17. Den Wortlaut des begleitenden hiero- glyphischen Textes und über die Weihrauchbäume, siehe weiter unten „Färbepflanzen und Weihrauchbäume ". — 280 — immer sind es wohlriechende ,' kostbare" oder zu Bau- und technischen Zwecken verwendbare Hölzer, deren Namen wir in dem "Verzeichnis der Beutestücke von den Siegeszügen aegyptischer Herrscher vermerkt finden. Namentlich hat König Thutmes III. auf seinen Kriegsfahrten in den Wäl- dern der feindlichen Länder fleissig Umschau halten und Cedern-, Merr-, Zagu-, Pesga- und Schwär z holz - stamme aus Phönizien , Mesopotamien, Syrien, Assyrien Arabien u. s. w. mit anderen Kostbarkeiten nach Aegypten transportieren lassen. So heisst es u. a. in dem Siegesbericht aus dem Feldzuge gegen die Zahi (Phönizier): Alle Halte- plätze des Königs waren versehen mit allen guten Dingen, Avelche zu empfangen _ hatte der König von den Bewohnern des Landes Zahi. Die Keffer (Phönizier)-Schiffe und die Kapuni (Gebal)-Schiffe waren beladen mit Holzstämmen und Mastbäumen .... samt langen Holzstangen für die Woh- nungen (?) des Königs."') 1. Die Sykomorc. ie Sykomore (Ficus sycomorus L., Sycomorus anti- quorum Miq.), hieroglyphisch: neh, neh-t, nehi (t)^), arabisch : G i m m a y z, auch T i n , ist unstreitig in Aegypten autochthon. Sie war unter den einheimischen Bäumen derjenige, den die prosemitischen Einwanderer in prähistorischer Zeit überall in grosser Mächtigkeit Wälder und Haine bildend antrafen, der ihnen in brennender Sonnen- glut unter dichtem Blätterdach nicht nur angenehmen kühlen 1) H. Brugsch: Geschichte Aegyptens. S. 306 ft. 2) Nach H. Brugsch (Hierogl.-demot. Wörterbuch II, 674) stehen vielleicht auch die Hieroglyphengruppen mer, mert, ye-inert als Bezeichnungen für diesen Baum, da sie ein Gewächs mit hartem Holze kennzeichnen, aus dem Särge, Thüren u. s. w. gefertigt werden. - 281 — Schatten, sondern ihrem noch nicht verwöhnten Gaumen in seinen wenig schmackhaften Früchten auch reichlich Nahrung bot; Stamm, Äste und Gezweig aber lieferten ein schätzbares Brenn- und Nutzholz. Daher überstieg sein Ansehn in den ältesten Epochen das aller übrigen Kulturgew^ächse der Nil- ebene, daher klingt uns aus Inschriften und Papyri mytholo- gischen, funerären, epischen und lyrischen Inhalts sein Name so häufig entgegen, daher spielt er in den Wandgemälden, Reliefs und Basreliefs , im Totenkult und unter den Pflanzenresten der Gräber eine so wichtige Rolle. Ficus sycomorus L., aus der Familie der Artokarpeen, gleicht in seinen Blättern und dem äusseren Ansehen mehr dem weissen Maulbeerbaum (Morus alba L.). Der Baum ist nicht nur in Aegypten, sondern auch im ganzen Mittelmeer- gebiete heimisch. Sein Stamm ist sehr knotig und von be- trächtlicher Höhe und Dicke, so dass oft drei Männer nicht im stände sind, ihn zu umklaftern. Der Baum geht sehr schnell ins Holz. Die mit herzförmigen, dunkelgrünen Blättern reich belaubten Äste breiten sich in einer Länge von 9 m aus. Sie machen ihn zum schattenreichsten und angesehensten Baum dieses heissen Länderstrichs, tragen aber nicht seine eirunden stumpfen und kernlosen Früchte, welche an Gestalt- der Feige gleichen , aber kleiner , weniger schmackhaft und wollig überzogen sind. Die gelblichen Früchte von angenehm süssem und gewürzhaftem maulbeeren- ähnlichem Geschmack kommen vielmehr unmittelbar in Bü- scheln und zw'ar oft zu hunderten aus dem Stamme heraus (Fig. 134).^) Um eine vollkommene Reife der Früchte zu erzielen, werden sie einige Tage vor der Lese angestochen oder geritzt, teils um der warmen Luft den Zutritt zu den inneren Teilen zu ermöglichen, teils auch um einen bitter schmeckenden Saft abfliessen zu lassen, den die Feigen ent- halten. Die Früchte werden auch wohl Adams- oder Pharao- 1) Strabon XVII. c. 2. § 4: „In Aegypten und Aethiopien wäclist der Maulbeerfeigenbaum, welcher die sogenannten Maulbeerfeigen trägt, die den Feigen gleichen, doch zum Genuss weniger geschätzt sind." — 282 ~ feigen genannt. Der Baum trägt mehrmals des Jahres, da au Stelle der gepflückten Feigen immer wieder neue hervor- brechen. Über die Zahl der jährlichen Fruchttriebe gehen die Angaben der alten Autoren weit auseinander. Theo- phrast, der den Baum recht gut beschreibt, setzt drei bis vier, Plinius dagegen sieben Jahresernten an. Beide kennen die Vorgänge bei der Kaprifikation der Früchte äusserst genau. ^) Auch Diodor, der da fälschlich behauptet, der Baum trage bald Maulbeeren, bald Feigen ,2) Athenäus^) und Diosco- rides verbreiten sich über die künstliche Befruchtung. Letz- terer hat den Baum auch auf Rhodus und in Karien be- obachtet und ist ebenso erstaunt über den ausserordentlichen Umfang seines Stammes,^) wie Prosper Alpini über seinen Reichtum an Früchten. Die grosse Zeichnung, welche der alte italienische Naturforscher seiner Beschreibung beigefügt hat, ist von ausserordentlicher Genauigkeit.^) Forskai bemerkt, dass die Kaprifikation der Sykomoren- früchte nicht nur durch Einschnitte sondern auch in gleicher Weise, wie bei den Feigen durch den Stich einer Gallwespe (Cynips psenes) herbeigeführt würde. ^) Oberflächlich, wie überhaupt alle naturgeschichtlichen Gegenstände, hat Pococke diesen wichtigen Baum Aegyptens behandelt,'^) während dagegen Hasselquist seine einzelnen Teile in eingehender Weise beschreibt und behauptet, dass man jährlich nur zwei- mal von ihm ernte. ^) Wie schon oben bemerkt, sind Sykomoren- und Akazien- holz diejenigen Hölzer, aus denen fast ausschliesslich die 1) Theophrast lY, 2. Plinius XIII, 14. 2) Diodor I, 34. 3) Athenäus II, 36. 4) Dioscorides I, 181. 5) Prosper Alpini: De plantis Aegypti. c. VI, 8. 6) Forskai: Flora Äegypt. p. 180. 7) Pocockes Beschreibung des Morgenlandes. I. T.: Aegypten. A. d. Englischen von E. v. Windheim. Erlangen 1754. S. 320. 8) Hasselquist: Reise nach Palästina, in den Jahren 1749—1752. D. A. Rostock 1762. S. 535—538. ~ 283 — altaeg3^ptischen Holzmonumente , die verschiedensten Haus- und technischen Geräte, Bau-, Kunst- und Industrieerzeugnisse, Kästchen, Kisten und Mumiensärge bestehen. Man war ge- zwungen, sich mit diesem knorrigen, schwer zu bearbeitenden Material zu begnügen, da Maulbeerfeige und Mimose im Yerein mit der Dattelpalme unter allen Baumarten einzig gruppenweise, vielleicht auch waldbildend auftraten. So- dann wurden die Aegypter durch die unvergleichliche Dauer- haftigkeit und ünverweslichkeit des scharf gemaserten Syko- morenholzes bestimmt, dasselbe zu funerären Gegenständen zu verwenden. Schon Theophrast berichtet bezüglich seiner Präparation, dass man das Holz des „aegyptischen" Feigen- baums grün geschnitten in Gruben und Teiche warf, um es fest und unverweslich zu machen,^) und Plinius bestätigt seine Mitteilung.^) Götterbilder • und Statuen der Priester und vornehmer Würdenträger, die man, nach Herodot, noch zu den Leb- zeiten der letzteren anfertigte und aufstellte,*) waren aus dem geheiligten Holz der Sykomore gearbeitet, ebenso die Holz- skulpturen der Tempel und die Sarkophage. Diese sind ent- weder aus Brettern zusammengefügt oder bestehen aus zwei Stücken: Sarg und Deckel. Bei mumienförmigen Särgen ist vielfach auf der Ober- fläche des Deckels die Osiris- oder Isismaske kunstvoll her- ausgearbeitet und, wie der ganze Sarg, bunt bemalt, mit dem Namen des Besitzers und hieroglyphischen Inschriften, nament- lich aus Texten des Totenbuches und Nachahmungen der Längs- und Querbinden des Mumienkojivoluts versehen. Interessante und teilweise äusserst künstlerisch ausgeführte Holz Sarkophage und Mumienkästen bietet der Sarkophagensaal des aegyp- tischen Museums zu Berlin in reicher Fülle. Sie ent- stammen der X. — XXYI. Dynastie und noch späteren Epochen der griechisch-römischen Herrschaft, Namentlich lenken die 2) Theophrast IV, 2. 3) Plinius XIII, 14. 4) Herodot II, 143. 284 - unter Nr. 8—10 dort aufgestellten, früher in einander ge- schachtelten Mumienkästen des Palastaufsehers Mentuhotep aus Theben (XL Dynastie, nach Lepsius: 2423—2380 v. Chr.) die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Die Kästen besitzen sämtlich flache Deckel. Der des grössten ist nach dem Kopfende zu leicht erhöht. Die Seitenwände sind mit der im alten Reiche sehr beliebten bunten Grabthürverzierung bedeckt. In gleicher Weise sind auch die Innenwände mit wohlerhaltenen Inschriften, die dem 17. Kapitel des Toten- buches entlehnt sind, ausgeschmückt. Neben dem Haupt- sarkophag stehen zierlich geschnitzte und bunt bemalte Holz- figuren, bemannte Schiffe, den Leichentransport darstellend, ferner Schüsseln und Yasen zu Totenspeisen und Trank, Kopfhalter, Stäbe und Kopf und Knochen des Opfertieres. So wie diese Gegenstände jetzt unter einem Glaskasten im Museum aufgestellt sind, waren sie auch ursprünglich in der Totenkammer angeordnet. Die Mumienkästen waren nicht selten zwei- und dreifach, ja sogar vier- und fünffach inein- ander geschachtelt, ihre Aussenwände „en relief" verziert oder wohl gar mit kostbarem farbigen Holz ausgelegt. Der Reichtum Altaegyptens an nutzbaren Sykomoren- bäumen geht nicht nur aus der S. 259 angezogenen Psalm- stelle hervor, sondern spricht auch aus den zahllosen Funden von Mumienkästen und Sarkophagen, die seit den frühesten Zeiten bis auf unsere Tage leider „en masse" der Zerstörungs- wut unwissender Fellah zum Opfer gefallen sind. Noch V. Minutoli*) berichtet, dass ihm während seiner Anwesen- heit in Theben sechs KamelKdungen zerbrochener Mumien- kästen als Brennholz zugeführt wurden, lauter bemalte Bruch- stücke, zum Teil von der schönsten Ausführung und von höchst interessantem Inhalt. Zu seinem Bedauern lag alles so durcheinander, dass es unmöglich war, die zusammenge- hörigen Stücke herauszufinden. 1) Reise zum Tempel des Ammon in der lybischen Wüste etc. in den Jahren 1820-1821. S. 268. — 285 - Im Toteiikült des Pharaonenvolkes spielt die Sykomore, wie bereits oben vermerkt worden ist, eine bedeutende Rolle. Sie war der Isis und Nephthys Nut (Nut-pe) und Hathor geheiligt. Am Eingange zum Taser steht der Lebensbaum; unter ihm empfängt die Seele des Abgeschiedenen den „Kranz der Rechtfertigung". Im Totenbuche ist der Baum abge- bildet,') wie aus seinem dichten Laubwerk zwei Hände her- vorragen , die der wandernden Seele Speise und Trank dar- bieten. Hierbei stehen erläuternd die Worte : „Sie (die Göttin) giebt Labung den Geistern im Abendlande, sie schlingt ihre Arme (Äste) um seine Glieder, schützt ihn gegen Hitze; sie Fig. 132 : Binsenkörbchen mit Esels- Fig. 133 : Flacher Binsen- oder Kohrkorb mit feigen. Aus Saqqarab. V. Dynastie. Weintraube , Sykomoren und Wassermelonen. (L. D. II, 61.) Belief aus Saqqarah, V.Dynastie. (Aegyp- tiscbes Museum zu Berlin.) giebt Kühlung dem Seligen N. N. (Name des Yerstorbenen) unter dem Dach oder einen Schatten der Blätter, welche säuseln dem Mann vom stillen Herzen auf seinem Sitz in Ewigkeit." 2) Die Sykomore ist der Baum der Hathor. Hathor aber die Göttin der Liebe, des Ehesegens, daher weilen die Yerliebten gern in seinem Schatten und geben sich am Sy- komorenbaum gern ein Stelldichein. Ja, in einem der sinnig- sten lyrischen Poesien der alten Aegypter ist es die Sykomore selbst, welche die junge Herrin auffordert, ihren Geliebten zu 1) Totenbuch c. 57. 2) c. 102. 2) F. Zündel: Zeitschrift f. aegyptische Sprache u. Altertums- kunde. Jahrg. 1864. S. 47. — 286 — sich unter ihr lauschiges Blätterdach zu laden. Ich kann es mir nicht versagen, dieses reizende Liebesliedchen nach A. Er m ans vortrefflicher Übertragung hier wiederzugeben. Es lautet : Die kleine Sykomore, die sie gepflanzt mit ihrer Hand, die schickt sich an zu sprechen, und ihre (Worte sind wie) Honigseim, Sie ist reizend, ihr Laub ist schön, grünender als der (Papyrus). Sie ist beladen mit Früchten, röter als Rubin. Ihre Blätter, deren Farbe gleicht dem Glas, ihr Stamm hat eine Farbe wie Opal, .... ihr Schatten kühlt. Sie sendet ihren Brief durch ein kleines Mädchen, die Tochter ihres Obergärtners, sie lässt sie eilen zu der Vielgeliebten: „Komme und weile im (Garten) .... Die Diener, die dir gehören, kommen mit ihrem Gerät; sie bringen Bier von jeder (Art), allerhand Brote vermischt, viele Blumen von gestern und heut und allerhand erquickende Früchte. Komm, begehe festlich den heutigen Tag und den morgigen nach dem morgigen . . . in meinem Schatten sitzend. Dein Genosse sitzt zu deiner Rechten, du machst ihn trunken, und folgst dem, was er sagt Ich bin ja verschwiegenen Sinnes und sage nicht, was ich sehe und plaudere nicht . . . .^) In dem zweiten Teil der äusserst phantastischen und märchenhaften Erzählung des Schreibers Annana: Anepu 1) Maspero: Etud. egypt. I. p, 217 ft'. Aus den Liebesliedern eines Turiner Papyrus (78— 80). Mitgeteilt von A. Erman : Aegypten und aegyptisches Leben im Altertum. Tübingen 1885. S. 272 u. 273. 287 - und Batu (Papyrus d'Orbiney, XIX. Dynastie), verwandeln sich die beiden Brüder in Stiere, um am Hofe des Pharao die zur Favorite des Königs erhobene Frau des Batu aufzusuchen. Die Königin lässt den in einen Stier verwan- delten Batu töten , aber aus seinem Blute entsprossen zwei Sykomorenbäiime. Auch diese lässt die Königin fällen, doch ein Holzsplitter fliegt in ihren Mund. Darauf gebärt die Königin einen Sohn , aber merkwürdiger Weise ist der Neugeborene , vom König zum Thronfolger ernannte Sohn, Batu selbst, der, als er erwachsen ist, die Königin tötet und mit seinem Bruder in Frieden und Eintracht noch dreissig Jahre Aegyp- tenland regiert. Diese Stelle der Erzählung bedarf wohl kaum einer Interpretation : zweimal erscheint in dieser Episode die Sykomore als Baum des Lebens. Unter einer Sykomore zu wandeln und die Seele in ihrem kühlen Schatten zu erlaben ist nach zahl- reichen Steleninschriften (s. S. 233 und 234) der heisse- ste Wunsch der Abgeschie- denen. Bei Maharraka (nubisches Dorf) findet sich auf einem dem Flusse zu liegenden Mauerreste : Isis unter einem Feigen- baum von Sklaven bedient. Charakteristische Abbildungen des Sykomorenbaums (Fig. 134) und Darstellungen der Sykomorenernte zeigen sich zahlreich zwischen dem bunten Allerlei der Grabgemälde Fig. 134: Altaegyptische Darstellung der Sy- komore. Aus Theben. (Champ. II, 162.) — 288 - aller Epochen, und wenn der Prophet Arnos die Maiübeer- feigen nur als Speise für das niedere Volk bezeichnet ^) und Jesaias das Sykomorenholz als schlechtes Bauholz dem Cedernholz gegenüberstellt,^) so scheinen die Aegypter über den Wert der Früchte und die Nutzbarkeit des Holzes schon in den frühesten Zeiten gegenteiliger Meinung gewesen zu sein, denn bereits in der Y. und YL Dynastie begegnen uns interessante Bilder, welche die Sykomore zum Gegenstand haben. Auf einer Abbildung in dem Grabe Nr. 16 von Saqqa- rah (Y. Dynastie)^) wird uns die Sykomorenernte veranschau- licht. Wir erblicken zwei Sykomorenbäume. Unter jedem derselben sitzt ein Mann und pflückt die Früchte in ein Fig. 135: Arbeiter fällen Sykomorenbäume. Aus Sauiet-el-Meitin. VI. Dynastie. (L. D. II, 103.) krugförmiges Gefäss. Ringsherum stehen hohe und flache Körbe aus Rohr und Binsen geflochten (Fig. 132), alle schon mit Eselsfeigen angefüllt. Eine ähnliche Erntescene, aus gleicher Zeit, enthält eine Wand des Grabes Nr. 13 der Pyramiden von Gizeh.^) In dem Geäst der Bäume tummeln sich lustig die Hundsaff'en (Cy- nocephalus ursinus, hieroglyphisch : aääni) und nasciien unbe- helligt von den Früchten. Waren die Bäume entleert, so fanden die Ziegen an ihren Blättern immer noch ein leckeres Mahl.^) 1) Arnos 7, 14. 2) Jesaias 9, 10. 3) L. D. II, 61. 4) L. D. II, 53. 5) Ziegen Laub von den fruchtleeren Sykomorenbäumen nagend: Grab Nr. 2 in Sauiet-el-Meitin. VI. Dynastie. (L. D. II, 108. 111.) - 289 - Nach der Ernte folgte auch das Umhauen derjenigen Bäume, welche entweder dürr geworden oder deren Holz man als Brennmaterial oder zu praktischen Zwecken bedurfte. Das Fällen der Sykomorenbäume schildert Fig. 135 aus dem Grabe Nr. 14 zu Sauiet-el-Meitin (YL Dynastie).^) Die Scene scheint auf offenem Felde zu spielen , denn ein Hirt auf seinen Stab gelehnt und sein Hund sehen neugierig den Arbeitern zu. Zwei der Arbeiter sind mit schmalen , sichel- förmig gekrümmten Beilen angestrengt thätig, während zwei andere den trockenen Gaumen am kühlen Nass netzen. Eselsfeigen bilden den Hauptbestandteil der Opfergaben. Zu grossen pyramidalen Haufen aufgeschichtet, beanspruchen sie stets den grössten Raum auf Tischen , Tabulets und in Körben (siehe Fig. 94. 98. 101. 102. 103. und 133). Er- scheinen sie farbig, so sind sie von einem intensiven Gold- gelb, rot umrandet und rot schattiert; nur selten, wie in der Fig. 134 wiedergegebenen altaegyptischen Zeichnung eines Teils des Sykomorenbaums, sind sie gelb- braun koloriert. Der Baum selbst, so viel- fach er auch auf den Darstellungen mo- difiziert vfird , behält stets so viel Typi- sches, dass man ihn aus den auf Garten- plänen reich vermerkten Baumarten so- fort heraus erkennt. Seine stereotype Form, die auch im allgemeinen zugleich den Begriff „Baum" kennzeichnet, ist die als Hieroglyphe auftretende : kurzer dicker Stamm mit eiförmig zugespitzter oder ^^s- ise: schematische , -r^ ... IT?- 11^ 1 Darstellung der Sykomore ovaler Krone (siehe auch iig. 114 und ^^^^^^ sycomorus l.) und 136). Am vortrefflichsten ist er auf Dar- ^er cocuapaime (?) (Cocos Stellungen aus der Y. und YL Dynastie gezeichnet worden. Hier haben die Künstler den kurzen dicken Stamm, die weitaus ragenden knorrigen verdickten beblätterten oder blattlosen Äste und Zweige naturgetreu 1) L. D. II, 103. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypteu. 19 — 290 - porträtiert. Die Gestalt und der Umfang der Laubkrone sind nur punktiert oder durch eine Umrisslinie angedeutet. Die Abbildungen aus späteren Dynastien sind zwar sorgsamer ausgeführt, aber nicht mehr so naturgetreu, sondern stark sche- matisiert : der Stamm ist schlank und schmal, die Äste gleich- massig, wie die gerade und parallel verlaufenden Adern eines Laubblattes gezeichnet; an ihnen hat man bei dunkelgrün, seltener hellgrün kolorierten Darstellungen der Krone die Blätter noch besonders durch braunrote, blaue oder schwarze Punkte angedeutet. Kotbraun sind auch Stämme, Äste und Zweige. Wird vom Künstler das Laub selbständig behandelt, dann erhalten die gegenständigen Blätter nicht etwa ihre natürliche herzförmige, sondern stets eine schmal-lanzettliche Gestalt. In Fig. 114 sind sämtliche Bäume mit dunkler Krone Sykomoren.*) Die interessanteste farbige Zeichnung, bei welcher der originelle Bau des Baumstammes, der Verlauf seiner Äste und die büschelweis entspringenden Früchte auf das Getreuste in Form und Farbe erscheinen, ist in Fig. 131, nach Champ. II, 162, beigefügt. Das Gemälde, den Lebens- baum am Taser darstellend und der XYIII. Dynastie ange- hörend, stammt aus Theben. Ton der medizinischen Wirkung der verschiedenen Teile des aegyptischen Maulbeerbaums weiss Plinius mancherlei zu berichten. So ist der Saft der Rinde ein probates Mittel gegen Schlangengift, Ruhr und Geschwulst, Kopf- und Ohren- schmerz, die Frucht aber schafft dem Leibe Öffnung; Wurzel- rinde und zerriebene Blätter sind ein Mittel gegen Schlangen- 1) Naturalistisch dargestellte Sykomorenbäume : in Saqqarali und Gizeh. V. Dynastie. (L. D. II, 53. 61. 103. 108. 111.) Syko- morenbaum mit goldgelben Früchten: Darstellung einer Villa mit Garten. Theben, XVIII. Dynastie. (Champ. II, 174.) Sykomoren- bäume mit dunkelgrüner Laubkrone und eingezeichneten Ästen und Blättern: Villa mit Garten. Theben, XVIII. Dynastie. (Rosellini II, 69.) Sykomorenbäume am Rande eines Teiches mit hellbraunen Stäm- men und Ästen, grüner Laubkrone, blau angedeuteten Blättern und blaupunktiertem Umriss der Baumkrone. Abd-el-Quarnah. XVIII. Dynastie. (L. D. IV, 40.) Eselsfeigen farbig dargestellt in L. D. II, 98. — 291 — und Skorpionsbisse. Ferner erfahren wir durch den Autor von zwei besonders gebräuchlichen Decocten und zudem noch allerlei Sonderbares über die Verwendung der Früchte als sympathische Mittel. ') F. Unger war es wiederholt vergönnt, während seiner Studienreise in Aegypten Eselsfeigen im eingetrockneten Zu- stande aus den Gräbern Thebens zu entnehmen und. durch Untersuchungen festzustellen, dass die antike Art mit der heutigen vollkommen übereinstimmt.^) Das Aegyptische Museum zu Berlin enthält in seiner Fruchtsammlung (Kr. 7026—7028) einen Sykomoren- zweig mit Blattresten und zusammengeschrumpften Früchten. Dieser Fund entstammt einer am 4 Dezember 1823 von Passalacquain der Nekropolis Thebens entdeckten Grab- kammer und bildete mit andern die Unterlage für einen Opfer- kuchen. Zweige, von denen leider Blätter und Blüten verloren gegangen sind, sowie eine reiche Anzahl von Früchten mit dem charakteristischen Einschnitt sind auch im vorigen Jahre u. a. in Schech Abd-el-Quarnah von Maspero gefunden worden. jS'ach A. Schenk s (Leipzig) genauen anatomischen Unter- suchungen des Holzes der antiquen Zweige, sind dieselben durch nichts von denen der heutigen Sykomore verschieden.^) Wie einst steht die Sykomore auch gegenwärtig in den Ländern des Mlgebiets und den Oasen als schattenspendender Baum in hohem An sehn. Teils in den Gärten der Städte und Dörfer gezogen , teils einzeln oder in Gruppen vor den letzteren oder auch einsam im freien Felde die Brunnen be- schattend , ladet er mit seinen weitausgestreckten knorrigen laubreichen Ästen die Ermüdeten zur Erholung ein. Er ist von zäher, kerniger Natur und erreicht ein sehr hohes Alter, oft so hoch und unbestimmbar, dass sich schon vor mehr als tausend Jahren an die alte Sykomore von Materea die Sage 1) Plinius XXIII, 70. 71. 2) F. Unger a. a. 0. S. 110. 3) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptisclien Grä- bern a. a. 0. S. 368. 19* — 292 — knüpfte : die heilige Jungfrau habe auf ihrer Flucht nach Aegypten mit dem Jesuskunde eine Zuflucht unter ihrem mächtigen Geäst gefunden, eine Legende die sich das Volk noch heute erzählt und die schon Prosper Alpini aus dem Jahre 1580 berichtet.^) Wenn L. F. ^Xorden in seiner „R eise durchAegyptenundNubien" (1 738)-) mitteilt, dass der grösste Teil des aegyptischen Volkes von Feigen lebe und bei einem Stück Brot, einigen Feigen und einem Krug Mlwasser herrlich zu schmausen meine, so liegt jeden- falls eine Übertreibung in diesen Worteu, doch ist aus ihnen zu entnehmen, dass die Sykomorenfrüchte noch vor einhun- dert und fünfzig Jahren ein beliebtes Nahrungsmittel der Aegypter bildeten. Der Vegetationsbezirk von Ficus sycomorus und seiner Varietät: Ficus populifolia erstreckt sich nach Süden bis weit in das Stromgebiet des weissen Nil. Noch unter dem 5. "und 6.^ n. Br. in den Ländern der Djur- und Dörstämme am Djurflusse bilden uralte riesige zerklüftete Sykomoren in der Nähe der Gehöfte der Eingeborenen prächtige malerische Gruppen.^) Während die erstgenannte Art in Aegypten, Nubien, im Sennar und in den Oasen verbreitet ist, findet sich die zweite Art nur im Sennar und Abvssinien. 3. Der Feigenbaum. nter altaegyptischen Bildwerkschätzen, welche das Ein- ! sammeln des Obstes zum Gegenstand haben, befinden i sich auch einige Darstellungen der Feigenernte. Das erste Gemälde (Fig. 137 und L38), das diesen Gegenstand 1) De plantis Aegypti. c. VI, p. 21. 2) L. F. Norden: Voyage d'Egypte et de Nubie. II. p. 177. 3) Th. V. Heuglin: Reise in das Gebiet des weissen Nil 1862 — 1864. S. 149 mit Bildertafel: Sykomorengruppe in Aden. — 293 behandelt, erscheint auf der westlichen Wandfläche des Grabes Nr. 2 in Beni-Hassan und ist in der XII. Dynastie (2400—2200 V. Chr.) entstanden.^) Da bis zu diesem Zeit- punkte Abbildungen dieses Gewächses auf den Denkmälern Tollständig fehlen, so ist als erwiesen zu erachten, dass der Feigenbaum (Ficus carica L.), hieroglyphisch: neh ent bet, arabisch: Tin,Tine, Tima, hebräisch: Tcena, - Darstcllung ZU ciuem KuUStwerk- III 95.) chen altaegyptischer Malerei. Nicht mit Unrecht glaubt F. Unger auch in Fig. 147 unter den äusserst naturgetreu gezeichneten Bäumen des bekannten Gartenplans aus Tell-el-Amarna ein junges Exemplar der Dumpalme zu erkennen. Die äussere dünne , zähe , pfeffer- kuchenähnlich schmeckende Fruchtschicht der dauerhaften Früchte wird von den Eingebornen abgekernt und mit Durra- mehl vermengt zu einem Brot verbacken. Die Blätter benutzt man zu feinem Flechtwerk. Nach Unger finden die Früchte auch bei der Bierbereitung Verwendung. Sie bilden einen 1) G. Schweinfurth : über Pflanzenreste aus altaegypt. Gräbern u. a. 0. S. 369. - 317 - wesentlichen Teil vegetabilischer Gräberfunde und sind ausser am genannten Orte des aegyptischen Museums zu Berlin (Nr. 366a) auch an der Westwand des Sarkophagen- saales (Nr. 1332 u. 1333) in vorzüglich konservierten Exem- plaren vorhanden. Mehrere vortrefflich erhaltene Früchte fand F. ünger in Gräbern Thebens, namentlich in Der-el- Bahari, wo sie unter zu Haufen herausgeworfenen, ver- stümmelten und halb verbrannten Mumien umher lagen. ^) Der Fruchtstand der Dumpalme ist zuerst in Pocockes Eeisewerk auf einer besonderen Kupfertafel abgebildet worden. 2) Vorzügliche Darstellungen desselben Baumes, in seiner vollen Gestalt, und in anatomischen Zeichnungen der Blüten, des Fruchtstandes, der fächerförmigen Blätter der apfelgrossen Früchte , einmal in natürlicher Grösse , sodann im Längs- durchschnitt enthält der grosse botanische Atlas zuDelile's Arbeit in der Description de l'Egypte PI. 1 u. 2. 6. Hyphaene Arguii Mart. ie länglich ovalen mit dunkelvioletter spröder Schale aus schmacklosem filzigen Fleisch und hartem Kern bestehenden Früchte dieser noch wenig gekannten, im Jahre 1837 von Kotschy in der nubischen Wüste entdeckten Palmenspecies gehören zu den Objekten der Gräberfunde. Es ist dies um so auffälliger, da Hyphaene Argun nicht in Aegypten heimisch ist, dort auch wohl nie heimisch war, sondern einen Bestandteil der nubischen Wüsten- 1} F. Unger: Die Pflanzen des alten Aegyptens a, a, 0. S, 107. 2} Pocockes Beschreibung des Morgenlandes I. Aegypten. A. d. Engl, von E. v. Windheim. Erlangen 1758. S. 322. 3) Über eine Sendung naturhistorischer Gegenstände aus Aegyp- ten von W. Kollar. Sitzungsber. d. K. K. Akad. d. Wissenschaft, zu Wien, math. naturwiss. Kl. Jahrg. 1852. S. 178. — 318 — und Wüstenthälerflora ausmacht und namentlich auf der Strecke innerhalb der grossen Nilkrümmung zwischen Qorosqo und Abu-Hammed unter dem 21. ^ n. Br. sehr häufig auftritt. Der Hauptfundort führt nach der Palme den Namen Undi-Dellach. Die Früchte, von den Eingeborenen Argun oder Dellach genannt, mögen auf Handelswegen von Nubien aus nach Aegjpten gebracht worden sein, da der jetzige Wohnbezirk der Palme jedenfalls von der seit den ältesten Zeiten begangenen Wüstenstrasse berührt wird, welche das untere Nabien mit jener Strecke des Nilthals verbindet, an der im Altertum das Reich Meroe blühte, dessen Beziehungen zur altaegyptischen Kultur bekannt sind. *) C. Kunth, veranlasst durch mancherlei Ähnlichkeiten der Früchte mit denen der ostindischen Areca, namentlich durch den von braunen Faltungen durchzogenen Eiweisskörper, nannte sie zu Ehren ihres Finders Areca Passalacqua.-) Nach Ungers eingehendenüntersuchungen aber sind dieseFrüchte auf Hyphaene Argun Mart. zurückzuführen. Demselben Gelehrten wurden auf seiner Studienreise durch Aegyptens Denkmäler- stätten unter Früchten und Anticaglien der Gräber auch wohlkonservierte Früchte dieser Palmenart in Theben zum Ver- kauf angeboten. ^) In der genannten Sammlung und an mehr- fach genannten Orten des aegyptischen Museums zu Berlin findet sich eine Anzahl derselben unter Nr. 7003 auf- bewahrt. Auch die neuesten Gräberfunde von Dra-Abu- Negga, der XII. Dynastie entstammend, haben die als Toten- opfer gebräuchlichen Früchte zu Tage gefördert.^) 1) Über die im Königl. Museum zu Berlin aufbewahrten Pflanzen- reste aus altaegyptischen Gräbern von A. Braun, P. Ascherson u. P. Magnus a. a. 0. S. 298. 2) Passalacqua: Catal. S. 228. 3) Unger a. a. 0. S. 107. 4) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 369. - 319 — 7. Balanites aegyptiaca Bei. ie der Familie Zygophylleae angehörende Balanites aegyptiaca Del. = Ximenia aegyptiaca L., findet sich schon in hieroglyphischen Inschriften unter dem Namen saiibn und suab vermerkt. Bei den Arabern fährt der Baum die Namen: Thamr-el' Arab, Thamr-el-Abid^ Fig. 148. Balanitea aegyptiaca Del. Blühender Zweig, einzelne '^Blüten,'^gesclüosBene und geöffnete Pruclit mit Samenkern. (Nach Delile, Description. Botan. Atlas PI. XXVII.) El-Hob undHedjlidj. Schon die hieroglyphische Bezeichnung spricht dafür, dass er im altenAegypten zu den Nutzbäumen ge- hörte. Gegenwärtig findet man ihn nur vereinzelt in den Gärten grössererStädte Aegyptens angepflanzt, dagegen ist er sehr häufig in den Wüsten thälern des südlichen Nubiens, in Abyssinien, im östlichen und westlichen Sudan und im Gebiet des weissen Nil teils als Baum, teils als Strauch wildwachsend anzu- treffen. *) Der dornige Baum ist von mittlerer Grösse und 1) Th. V. Heuglin: Reise im Gebiet d. weissen Nil. S. 41, 82 u. 128. — 320 - trägt pflaumengrosse, länglich-ovale, einsamige, gelbliche Stein- früchte. Ihr Fleisch hat vor der Reife einen herben Geschmack und wird schiesslich süsslich, fad und bitterlich, dennoch wird es in Centralafrika von den Eingeborenen gern genossen. Der harte Same besitzt einen bitteren Kern. (Fig. 148.) Aus den Samen, gewinnt man das vortreffliche Zachunöl, auch benutzt man sie nach J. Steudner und Th. v. Heuglin als Seife. Die Früchte von Balanites sind unter vegetabilischen Oräberfunden nicht selten. Kerne derselben entnahm Rohlfs €inem Mumiengrabe unweit des Tempels von Qasr Dachel in der lybischen Wüste, nebst Stengeln von Calotropis procera R. Br. ^) Ferner werden nicht nur im Florentiner Museum, sondern auch unter Nr. 7009 der genannten Sammlung a. a. 0. des aegyptisch e.n Museums zu Berlin Früchte aufbewahrt, deren Steinkerne meistenteils von Rüssel- käfern angebohrt sind; auch diejenigen, welche in Besitz F. Ungers gelangten, zeigen dasselbe Merkmal.^) Yon der früheren allgemeinen Yerbreitung des Baumes im Nilthale reden auch die neuesten Funde aus der XII. Dynastie, denn unter den entdeckten Opfergaben lagen in grosser Menge auch Früchte von Balanites. Den Baum selbst haben verschiedene Forscher, unter ihnen Delile^) und Unger'*) für die berühmte Persea der Alten gehalten, andere dagegen, wie Schreber,^) Sprengel,®) haben darin die Cordia myxa erblickt; E« Meyer^) glaubt 1) Vorläufiger Bericht über die botanischen Ergebnisse der Rohlf- fichen Expedition in der lybischen Wüste von P. Ascherson. Botan. Zeitung. 1874. Spalte 617. 2) F. ünger: Pflanzen des alten Aegyptens a. a. 0. S. 127. 3) Delile: Descript. de TEgypte 2. edit. Tom. XIX. p. 263. 4) F. Unger : Die Pflanzen des alten Aegyptens a. a. 0. S. 125 — 127. 5) Schreber: De persea Aegyptiorum. Magazin f. d. Botanik herausgeg. von Römer und Usteri. Stück IV u. V. 6) K. Sprengel: Theophrast's Naturgesch. d. Gewächse. IL S. 130—132. 7) E. Meyer: Botanische Erläuterungen zu Strabons Geographie. S. 116 u. 117. — 321 - in der Beschreibung der Alten (Theophrast IV, 2) eine Ebenacee und zwar Diospyrus mespiliformis Schimp. zu erkennen. G. Schweinfurth erklärt sich für Mimusops Schimperi Höchst, und auch sein berühmter Freund P. Ascherson teilt dem Verfasser auf briefliche Anfrage mit, dass er schon früher zu derselben Ansicht gekommen sei, nachdem er Gelegenheit gehabt habe, Blattreste dieser Gräberpflanze im Leydener Museum zu sehen. 8. Mimusops Schimperi Hochstett. eniger einzelne Kerne der Früchte, welche unter den Totenspeisen gefunden worden sind, als die zu zahl- reichen Totenkränzen und Blumengewinden verwen- deten Blätter bestätigen, dass dieser Baum, der gegenwärtig nur in Abyssinien und den angrenzenden Ländergebieten auftritt, einst in Aegypten weit verbreitet war. Die Früchte, in Form und Farbe den Hagebutten nicht unähnlich, besitzen eine dünne, mehlige und wohlschmeckende Fruchtfleischschicht. Dieselbe umschliesst einen hartschaligen bittern Samen. Die Grösse der Blattstiele, die spitze Gestalt der Blattspreite und Ge- stalt und Grösse der Samenkerne unterscheiden diese Sapotee von der ihr nahe verwandten Art Mimusops Kümmel Bruce. Fast sämtliche Blumengewinde und Totenkränze der Mumien aus der XXII. und den späteren Dynastien er- halten ihre wesentlichen Bestandteile durch zusammengefaltete Blätter dieses Baumes. Der Totenkranz symbolisiert den bereits oben erwähnten „Kranz der Kechtfertigung", den die wandernde Seele am Eingang zum Taser empfängt und dessen Gewinde der Persea, dem Lebensbaume, selber entnommen ist. Yon ihm aus spendet die mit demselben 8) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus . altaegyptischen Gräbern a. a. 0. S. 364. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. ^1 — 322 — identifizierte Gottheit , der als Yogel (Sperber) mit einem Menschenkopfe dargestellten Seele (ba) das Lebenswasser, welches derselben die Unsterblichkeit verleiht ; mit erhobenen Händen fängt die Seele die herabfallenden Strahlen des gött- lichen Trankes auf und schlürft ihn mit Begierde ein. Dar- stellungen dieser Art begegnen uns auf den Bildwerken der Denkmäler eben so häufig, wie Scenen, in denen Thot, der göttliche Schreiber, oder Gott Amon zum Zeichen seiner Un- sterblichkeit den Namen eines verstorbenen Herrschers auf den Blättern des Perseabaumes vermerken. *) Ein höchst sinniges Gemälde befindet sich im Memnonium, westlich von Theben. Es stellt Rams es d. Gr. dar, wie er mit den Zeichen des Königtums geschmückt, auf seinem Throne im Schatten eines dicht belaubten Persea- baumes sitzt und zwar in Gesellschaft der Göt- ter Thot und Atmu. Der Gott der Schreib- kunst schreibt seinen Namen auf die Früchte und Blätter des genannten Baumes, und zu den vielen Ruhmestiteln zum ewigen Gedächtnis auch die Geschichte seines Lebens. ^) Unter den Opfergaben und in den Händen der dargestellten Götter bemerkt man nicht selten beblätterte Zweige (Fig. 149), die mutmasslich dem Perseabaume angehören. Der Baumwar von Alters her der Isis geheiligt. ^) Von ihm erklingt so manche Sage, und unter den Malereien auf Denkmälern, Mumienkästen und mancherlei Ge- räten erscheint er als ornamentaler Schmuck. ¥ig. 149: Zweig eines Persea- Baumes (Mimu- sops Schimperi Höchst.) (Alt- aegyptisclie Dar- stellung.) 1) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste etc. a. a. 0. S. 364. 2) Thot schreibt den Namen Ramses II. auf die Blätter des Per- seabaumes: Tempel Ramses IL, Hypostyl, Westwand. XIX. Dynastie. L. D. III, 169; eine ähnliche Scene in Thutmosistempel in Medinet- Abu (Theben), XVIII. Dynastie. Gott Amon trägt den Namen des Amenophis in die Perseablätter ein (Rosell. I, 43) u. s. w. 3) Plutarch: Isis et Osiris p. 548, der auch sinnig bemerkt: ,,Die Frucht gleicht dem Herzen und das Blatt der Zunge." — 323 - Tbeophrast, Plinius, Diodor, Strabon, Plu- tarch, Galen, Nikander, Sostrat us und anderen alten Autoren war die Persea {neqaiov) sehr wohl bekannt. Nach D i 0 d 0 r 1) ist dieselbe erst unter Kambyses von äthio- pischen Anbauern nach Aegypten eingeführt worden. Für Aethiopien vermerkt sie auch Strabon und zwar unweit der östlichen Küste des Yorgebirges Dira.^) Auf Grund dieser Nachrichten kann mit entschiedener Sicherheit ihr gegenwär- tiger Vegetation sbezirk als Indigenat angenommen werden. 9. Der Uranatbaum. ie Ergebnisse der botanischen, historischen und lin- guistischen Forschung konzentrieren sich in der An- nahme, dass der Granatbaum (Punica granatum L.) in Persien und den angrenzenden Ländergebieten: Kurdestan, Afghanistan und Beludschistan seine Heimat hat. In Mazan- deran, südlich vom Kaspi-See fand Burn es ganze Waldungen; auch für den Süden des Kaukasus scheint seine Spontaneität sicher zu stehen. Dagegen ist sein Auftreten in den west- lichen Ländergebieten: Kleinasien, Griechenland, Nordafrika u. s. w. wohl nur subspontaner Natur. 2) Die Denkmäler geben uns den sicheren Beweis, dass der Granatapfel bereits in den frühesten Epochen des altaegyptischen Reichs kultiviert wor- den ist, und seitdem im Jahre 1880 zunächst B. Balfour und nach ihm 1881 auch G. Schweinfurth, die erste wilde Punicaart (Punica Protopunica Balf.), welche der kultivierten in jeder Beziehung sehr nahe steht, auf der Insel Socotra entdeckten , gewinnt die Frage nach dem Indigenat dieses Fruchtbaumes ein erneuetes Interesse. Diese einzige bekannte 1) Diodor I, 34. 2) Strabon XVI, c. 4. § 14. 3) De Candolle : Über den Ursprung der Kulturpflanzen. S. 296— 299. 21* 324 Urform ist nur durch grössere und fleischigere Blätter und einreihige Carpelle von Punica granatum L. verschieden.^) Fig. 150 : Altaegypt. Darstellung d. Granat- bauma (Punica granatum L.) Aus dem Grundriss der Villa mit Garten zu Theben, XVIII. Dynastie. (Nach Cbamp. II, 174.) Fig. 151: Opfertisch. mit runden, kegel- förmigen und halbkugelförmigen Broten, Libationsgefäss, Ei, Tierkeule, Geflügel, Weintraube, Zweig vom Granatbaum. A. d. Tempel zu Amada. XVI. Dynastie. (L. D. III, 48.) Die Kultur des Baumes ist zweifellos eine prähistorische, denn bereits im Sanskrit findet derselbe als Darimba seine Be- zeichnung. Im Hieroglyphischen heisst er tet, teb, tep, ara- bisch Rum au oder Rumin. Diesem Wort liegt das Hebräische Rimmon zu Grunde, mit welchem Namen im alten Testamente die Granate bezeichnet wird.-) Der Granatbaum ist auf den uns erhalten gebhebenen Grund- rissen von Garten- und Yillenplänen Fig. 152: Granatstrauch^baum) blü- unverkennbar. So wiC in der Na- hend. Aus dem Grundriss einer , . -j.^ i i_ i ry • i ^.,. -^ n , • rr n 1 A tar tritt er auch unter den Zeich- ViUa mit Garten m Tell-el-Amarna. 1) G. Schweinfurth : Allgemeine Betrachtungen über die Flora von Socotra. Engler's botan. Jahrb. Bd. V. S. 47. — Derselbe: Lber Pflanzenreste aus altaegypt. Gräbern a. a. 0. S. 359, 360. 2) Num. 13, 23. Exod. 28, 34. Die beiden Säulen vor dem Heiligen des salomonischen Tempels endeten mit lilien- (lotus-)förmigen Kapi- talen. Sie bildeten ein Netzwerk mit zweihundert pyramidal aufge- schichteten goldenen Granatäpfeln. - 325 — nungen, teils als Frnchtbaum, teils als blühender Strauch auf. Fig. 150 — 152 kennzeichnen die Maxime in der Darstellung. Kommt es dem Künstler darauf an, den mit reifen Granat- früchten behangenen Baum wiederzugeben, so lässt er an dem braunen Geäst die grünen Blätter fort und behängt das- selbe mit den rotgelben Früchten. (Fig. 150, 151). Lässt er dagegen den blühenden Strauch entstehen , dann kleidet er ihn in üppiges Blattgrün und schliesst das Ende eines jeden Zweiges mit einer glockenförmigen Blüte ab (Fig. 152). In ziemlicher Naturtreue präsentieren sich uns die mit be- sonderen Haftbändern versehenen Opfer-Früchte in Fig. 153. Granatapfel-Ornamente, en relief, welche in plastischer Treue Blätter, Blüten und Fruchtzweige in sich vereinen, sind im aegyp tischen Denkmälerschatz durchaus nicht selten (Tempel von Medinet-Abu). Die schmackhaften Früchte ass man teils roh, teils zer- quetscht und gekocht. In Rosellinis Bilderwerk, II, 84 be- merken wir einen Koch, welcher mit einem stiellosen Beil die auf einem Tischchen aufgeschichteten runden Früchte zer- kleinert. Ich möchte dieselben als Granatäpfel ansprechen, denn an Citrus aurantium L. darf nicht gedacht wer- den, da dieser Baum nachweislich erst im Anfange des 5. Jahrh. durch die Genueser nach Italien eingeführt wurde, und von hier aus vermutlich durch die Araber nach Nordafrika importiert worden ist Was die gemalten Opfertischchen verraten, hat sich in der That bestätigt: Granatäpfel hat man in reicher Anzahl aus den Gräbern aller Epochen entnommen. Die im Ber- liner aegyptischen Museum auf bewahrten Früchte der Passalacqua' sehen Sammlung zeigen insofern eine geringe Yerschiedenheit von den heutigen, dass sie kleiner und ein- facher gebaut sind und statt 4—8 nur 4—6 Fächer be- sitzen. Eine dieser Früchte ist angebissen und die Eindrücke zweier Zahnreihen sind deutlich daran erkennbar; nach Ehrenbergs brieflicher Mitteilung an Passalacqua ist es - 326 - noch heute die gebräuchliche Art der Fellachen, die Frucht zu öffnen. ^) Blüten des Granatbaumes sind zum ersten Male 1884 in dem von Maspöro entdeckten Grabe bei Schech- Abd-el-Quarnah,XX.— XXVI. Dynastie gefunden worden. Fig. 153: Opfer Ramaes IV. (XX. Dynastie, 1200—1133 v. Chr.) Lotusblumeu, Feigen, eine Weintraube, Granatäpfel. (Aus Theben.) Da sich bekanntlich die fleischigen Blüten leicht von ihren Stielen lösen, hat man die letzteren durch kleine Holz- stäbchen ersetzt und die Blütenkelche daran aufgespiesst, 1) A. Braun, P. Ascherson u. P. Magnus: Über die im Königl. Museum zu Berlin aufbewahrten Pflanzenreste aus altaegyptischen Gräbern a. a. 0. S. 307. — 327 - um sie alsdann in dieser Form den Blumengewinden einzu- fügen. Den Blüten fehlen nicht nur die Blumenkronenblätter, sondern meistens auch die Staubgefässe. i) Panica granatum L. ist noch jetzt wie einst ein do- minierender Fruchtbaum in den aegyptischen Parks und Oärten und wird hier, wie auch in Nubien und im Sennar, als solcher sehr hoch geschätzt. 10. Der Ölbaum. heophrast erwähnt den Ölbaum (Olea earopaea L.) als in der Thebais wachsend. 2) Seine Bemerkung, dass derselbe nicht unmittelbar am Nile auftrete, sondern 300 Stadien (ca. 30 Meilen) landeinwärts durch Bäche und Quellen bewässert werde, berechtigt zu der Annahme, dass der alte Autor die Oasen der lybischen Wüste im Auge hat, in denen der Ölbaum noch gegenwärtig prächtig gedeiht. Plinius, welcher sich über die Pflege des Ölbaums, über Fruchtlese, Gewinnung des Öls u. s. w. eingehend verbreitet, erwähnt Aegypten als ein an Ölbäumen armes Land und weiss zudem noch zu berichten, dass allhier die fleisch- reichsten Oliven wenig Öl geben. Gleicher Meinung mit ihm ist Strabon, und wie Theophrast den thebaischen, hebt dieser den arsinoitischen Nomos und Alexandrien als durch grossen Reichtum an Ölbäumen ausgezeichnet hervor. Die be- treffende Stelle lautet: „Er (der arsinoitische Nomos) allein ist ausgezeichnet mit hohen, vollwüchsigen, schönfrüchtigen Ölbäumen bewachsen; und das Öl ist gut, wenn man sorg- fältig sammelt. Wer dies jedoch versäumt, gewinnt zwar viel Öl, aber schlecht von Geruch. Das übrige Aegypten er- 1) G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste aus altaegyptischen Grä bern a. a. 0. S. 359, 360. 2) Theophrast IV, 2. 3) Plinius XV, 3 u. 4. — 328 - mangelt des Ölbaums, ausgenommen die Gärten zu Alexan- drien, die sich zwar mit Oliven zu schmücken im stände sind, doch kein Öl geben." ^) Die Provinz Eajum hat ihren alten Kuf als ölreiches Land bis zur Stunde bewahrt. Hier, wie in den Oasen der lybischen Wüste finden sich uralte riesige Bäume, von denen wohl ver- schiedene noch der griechisch-römischen Zeit entstammen mögen. ^) Ausser in den Gärten und Anlagen grösserer Städte ist der Ölbaum in Unter- und Mittelaegypten grössten- teils im neutralisierten Zustande allgemein; er sorgt durch Wurzelsprossen und Stocktriebe von selbst für seine Fortpflanzung. Die kleinen Früchte wer- den mehr zu Speisen als zur Ölgewinnung ver- wendet. Als die Heimat des Ölbaumes, arabisch: Segeret es setün^), wird allgemein Syrien angesehen. Yon hier aus mag schon in prä- Fig. 154: Ölbaum Mstorischcr Zeit seine Yerbreitung über Grie- oiea europaea L). cheulaud uud Kleinasicu erfolgt sein, woselbst der taegyptisc e Ölbaum (Olea oleaster L.) waldbildend auftritt. Darstellung m ^ ^ Teii-ei-Amarna. In Griechenland gehörte der Baum der Pallas Athene seit uralter Zeit zu den divinierten Frucht- bäumen. In den Dichtungen Homers wird mehrfach auf die Festigkeit des Holzes und die Verwendung des Öls als Körper- salbe hingewiesen. Hier wie in Rom diente es auch als Nahrungs- und Beleuchtungsmittel. Yon umfangreichen Öl- gärten Palästinas reden die alten Chronisten der Bibel. Man erzielte hier so vorzügliche Früchte , dass die israelitischen Könige den Pharaonen zuweilen ein Geschenk von gutem Öl machte *) Babylonien besass nach Herodots Angabe keine Ölbäume; man ersetzte hier das Olivenöl durch Sesamöl. ^^) 1) Strabon XVH c. 1. § 35. 2) G. Schweinfurth: Neue Funde a. a. 0. S. 198. 3) Phil. Wolfi': Arabischer Dragoman. Leipzig 1857. S. 19. 4) Hosea 12, 2. 5) Herodot I, 193. — 329 — Über die Einführung des Ölbaums im Nilthal schweigt die Historie vollständig, doch muss dieselbe in frühester Zeit von Kleinasien aus auf Eroberungszügen erfolgt sein, denn bereits in den hieroglyphischen Inschriften w^ird unter der Bezeichnung bek, bek-t, beka, baka, t'at ein Baum er- wähnt, aus dem man ein Getränk und auch Salbe gewinnt. H. Brugsch bezieht die ersten vier Namen, vielleicht nicht mit Unrecht, auf den Ölbaum.^) Auf den Denkmälern ist er nicht selten dargestellt und namentlich erscheint er unter den Baumgruppen des mehrfach angezogenen Garten- und Villen- plans zu Tell-el-Amarna, XYIIL Dynastie, in getreuer Wiedergabe der Blattformen und Früchte (Fig. 154). Der Verbrauch des Öles war jedenfalls ganz bedeutend, da Öl mit zu den Opfergaben gehörte. Sodann bediente man sich des Olivenöls statt der Butter und anderer animalischen Fette an Speisen und Backwerk und salbte mit ihm, um die Übelgerüche des Körpers bei fortwährender starker Aus- dünstung zu vertreiben, besonders Bart- und Haupthaar^ Gesicht und Füsse. Ging man zu einem Gastmahl oderGelage, so trat an Stelle des reinen Olivenöles wohlriechendes Öl und köstliche Salbe, die man durch Zusatz von mancherlei Gewürzen, Gummi, Harzen und starkduftenden Pflanzen- stoffen herstellte. Die Bereitung derselben wurde grössten- teils von Frauen besorgt, doch gab es auch besondere Salben- reiber. Daher bilden die Öl- Amphoren in den Yorratskam- mern der Tillen und Paläste einen wesentlichen Bestandteil, daher erscheint ihr Bild als Hieroglyphe für den Begriff: Wohlgeruch, Flüssigkeit. Das Holz des Ölbaumes benutzte man aus religiösen Gründen nicht als Baumaterial.^) Früchte sind meines Wissens noch nicht unter den Toten- speisen gefunden worden , Blätter und Zweige dagegen in 3) H. Brugsch: Hierogl.-demot. Wörterbuch 11, 425 u. 426. — C. Abel: Einleitung in ein aegyptisch- semitisch -indogermanisches Wurzelwörterbuch. Leipzig 1885. p. 90. 4) Plinius XV, 40. — 330 — Menge. In den Schaukästen des historischen Saales im aegjptischen Museum zu Berlin befinden sich auch fünf kleine Bündel von Olivenzweigen. Jedes derselben wird von einem Palmenblattstreifen zusammengehalten, und sämt- liche Bündel sind zu einer Bute vereinigt. Ob dieselbe als Züchtigungsgegenstand für die Jugend oder als kleiner Hand- besen gedient hat, bleibt dahingestellt. Nur soviel ist sicher, dass wir es bei diesem Gegenstand mit Olivenzweigen zu thun haben, da sich vereinzelt Budimente der Blätter und an deren Unterseite auch die so charakteristischen BJatthärchen in Form von zierlichen weissen Sternchen fiaden, wie wir sie auch an den Blättern unserer Ölweide (Elaeagnus angusti- folia L.) beobachten. Im Leydener Museum werden mehrere Totenkränze aus Ölbaumblättern konserviert, die nach W. Pleytes An- gaben der XXII. u. XXY. Dynastie entstammen. ^) Kränze aus Ölblättern, die man den Mumien um das Haupt legte, scheinen besonders in den griechisch-römischen Epochen be- liebte Totenzierden gewesen zu sein. In dem alten Grabe von Nofert-Sekheru bei Theben fand Maspero im Jahre 1882 eine Mumie aus der griechischen Zeit mit einem Stirnkranz von Ölbaumblättern geschmückt. Die Brust der- selben zierten Blatt-Gewinde von Mimusops Schimperi Höchst. Auch die Mumien der neuesten Funde aus dem Jahr 1884, die bei Schech-Abd-el-Quarnah (XX.— XXYI. Dynastie), welche demselben Forscher zuzuschreiben sind, waren mit längeren Ölbaumblattgewinden geziert, und verrieten insofern eine besondere Art der Herstellung, als die Blätter teils auf feine Garnfäden geheftet, teils mit Leinwandstreifen umwunden, an Dattelblattstreifen befestigt waren. Die zu Bündeln vereinigten Streifen dienten den Ge- winden als Haftbänder. ^) Siehe Figur 117 a. 1) A.Brunn P. Ascherson u. P. Magnus : Über die im Königl. Museum zu Berlin aufbewahrten Pflanzenreste a. a. 0. S. 298 u. 302. 2) G. Schweinfurth : Über Pflanzenreste a. a. 0. S. 367 u. 368. — 331 11. Cordia myxa L. ranz Unger giebt in Figur 35 seiner Abhandlung auch die Abbildung einer eigentümlich gestalteten Pflanze, welche auf einer Stele der aegypti sehen Sammlung des Museums zu Wien (lY, Nr. 27) enthalten ist. Dieselbe breitet sich über einen mit Broten bedeckten Opfertisch aus. Ihr gekrümmter, mit zwei lanzettlichen Blättern versehener Stiel trägt ein bogenförmiges, dem Receptaculum ^einer Composite nicht unähnliches Gebilde, das Unger aber TFig. 154: Cordia myxa L. Blatt, Blütenzweig, vollständige Blüte, Blumenkelch, (Blumenkronblfttt mit Straubgefässen (zersclinitten) , Fruchtknoten mit Stempel, Zweig mit reifenden Früchten (i., d. nat. Grösse), geöffnete Steinfrüchte, Nuas, ■quer durchschnitten, Samen von der einen und der anderen Seite. (Nach F. &. Hayne.) nicht als ein solches, sondern als sparrige Blütenstiele erkennen will. Auf diesen sitzen alsdann fünf gestielte Blüten. *) A. Braun findet zwar die Deutung Ungers sehr gewagt, doch hat sie für mich nur insofern etwas fragwürdiges, als der Habitus der abgebildeten Blüten denen in natura nicht im geringsten entspricht; vielmehr ähneln diese Gebilde den 1) F. Unger: Pflanzen d. alt. Aegyptens a, a. 0. S. 113 u. 114. — 332 - Früchten dieser Pflanze, obgleich Kelche und Früchte auf den Abbildungen viel zu sehr in die Länge gezogen sind. Sicheren Aufschluss über das Yorkommen der Cordia mixa im alten Aegypten geben uns nach demselben Autor zwei von Dr. Burghardt herrührende Früchte im oben erwähnten Museum ; auch im Florentiner Museum werden Früchte der Cordia konserviert. Mehrere der Passalacquaschen Sammlung des Berliner aegyp tischen Museums an- gehörigen Früchte hatte Unger als Cordia mixa bestimmt,, Kunth dagegen als Mimusops Elengi L., doch haben sie sich bei näherer Untersuchung als Früchte der im tropi- schen Afrika einheimischen Art : Mimusops Kümmel Höchst, herausgestellt. Derselben Pflanzenart gehören auch die von Kunth als Diospyrus bestimmten Samen an. ^) Cordia mixa L. = Cordia Sebestena L. = Sebe- staena domestica des Prosper Alpini = Cordia crenata Del.,^ Seb asten baam, schwarze Cordia, schwarze Brust- beere, arabisch: Muschit, Mukhajjith, ein ca. 4 m hoher Baum mit festem Holz, aschgrauer Rinde und weit verbreiteter Krone, welchen Rheede zuerst in Ostindien fand und ihn unter dem Namen Yidi-Maram bekannt machte,^) während Rumph ihn in seinem Herbar als Arbor glutinosa abbildete,^) muss, wenn nicht alle Anzeichen trügen , schon im alten Reiche spontan und wiegen seiner schmackhaften eichelgrossen , maulbeerschwarzen, süsslich- schleimigen Steinfrüchte und auch seines dauerhaften Holzes wegen beliebt gewesen sein. Dass ältere und neuere Autoren bis auf P. Ascherson und G. Seh weinfurth diesen Baum mit der Persea der Alten identifiziert haben, ist bereits auf 1) A. Braun, P. Ascherson u. P. Magnus: Über die im KönigL Museum z. Berlin aufbewahrten Pflanzenreste u. s. w. a. a. 0. S. 300 u. 301. 2) Henr. van Rheede: Hortus malabaricus indicus, cum notis et commentariis Joh. Commetini 1678—1703. IV, 37. 3) G. E. Rumphii Herbarium ambrinense, cum Auctuario J. Barraanni. Amstelod. 1741—1755. III, 97. - 838 - S. 320 erwähnt worden. Daher ist auch PI utarch s Angabe, dass die zierlichen Blätter und die angenehm schmeckenden Früchte den Aegyptern heilig waren und sich auf den Bild- säulen der Isis und auf Mumien finden, wohl auf Mimusops Schimperi Höchst, zu beziehen. ^) Vielleicht ist unter der Kokkymelea des Th e ophrast , von der er berichtet, dass sie in der Thebaide sehr häufig sei und dass man aus den ge- trockneten Früchten Kuchen bereite, Cordia myxa zu ver- stehen.2) Die Abbildung, welche Matthioli in seinem Kom- mentar zu Dioscorides nach Faloppias Zeichnung als Persea unter dem Xamen Prunus Sebestena bringt, ist sehr frag- würdiger Natur. 2; Die vortrefflichsten Abbildungen des aegyp- tischen Sebestenbaumes hat zuerst Pros per Alpini in seinem bekannten Werke geliefert. ^) Seine Annahme einer zahmen und wilden Art dieses Baumes , die er auf den Unterschied des Blattrandes basierte, ist durchaus unhaltbar. Wie er, so sind nach ihm noch mehrere alte Botaniker verleitet worden, nach der verschieden auftretenden Form der Bläter verschie- dene Arten des Gewächses anzugeben, bis Delile, der diesen Baum in Aegypten sorgfältig beobachtete, die von älteren Schriftstellern aufgestellten Synonyme in Cordia crenata Del., = Cordia myxa L. vereinigt fand.^; J. Bruce hat in seinem Reise werk einen Baum eingehend beschrieben und abgebildet, den er in allen abyssinischen Städten um Häuser und Gärten angepflanzt sah. Seine Beschreibung trifft bis auf einige unwesentliche Irrungen bezüglich des Habitus der Blüten fast vollständig auf Cordia mixa. Zwar ist die Blu- menkrone, wie Bruce richtig beobachtet hat, weiss, einblätterig 1) Plutarch: Isis et Osiris. jj. 378. 2) Theopkrast IV, 2. 3) Petri Andreae Matthioli Senensis medici, Commentarii in sex ibros Pedacii Dioscoridis Anazarbei de medica materia etc. Venetiis 1570. p. 237. 4) Prosper Alpinini: De plant. Aegypt. c. 8. PI. 12. 5) Delile: Descript. Histoire naturelle IL Botanique. p. 263 ff, Atlas. PI. 28. Fiff. 1. — 334 - und trichterförmig, aber nicht, wie er bemerkt, ganzrandig^ sondern vielteilig (Fig. 154). Die Frucht des Baumes, obgleich von Bruce sehr ungenau beschrieben^ zeigt sich doch in Ab- bildung mit den Früchten von Cordia mixa identisch. ^) Eine der prächtigsten anatomischen Darstellungen der vielbespro- chenen Pflanze enthält das bisher unübertroffene botanische Werk von F. G. Hayne.^) Die schleimigen süssen Steinfrüchte werden jetzt noch als ein vortreffliches Mittel gegen Brustbeschwerden und Harn- brennen angewendet und in den Apotheken und Droguerien der aegyptischen Städte verkauft ^) Sie waren auch früher in unseren Apotheken unter dem Namen: schwarze Brust- beeren oder Sebestenen (Sebestenae Mixae) wohl bekannt. Zahlreicher als in Aegypten wird Cordia mixa gegen- wärtig in Nubien, Abyssinien und den Gebieten des Gazellen- flusses und zwar wildwachsend angetroffen, namentlich bildet sie in den Nuer-Ländern einen wesentlichen Bestandteil der Baumflora. *) 13. Zizyphus lotus W. Zizyphiis spina Chirsti W. Diospyrus lotus L. Rit dem Namen Lotus sind von den Alten verschiedene Pflanzen benannt worden, ^) Bei der ungenauen Be- schreibung der Arten, die sich vielfach nur auf Ang-abe des Namens beschränkt, haben sich älteren und 1) J. Bruce : Travels to discover the source of the Nile. 1768 — 1773. D. V. Yolkmann. V. Bd. S. 63. Tafel 17. 2) F. G. Hayne: Getreue Darstellung und Beschreibung der in der Arzneikunde gebräuchlichen Gewächse u. s. w, Berlin 1827. IX. Bd. Nr. 33 mit Tafel. 3) F. Pruner: Aegyptens Naturgeschichte u. Anthropologie. S. 47. 4) Th. V. Heuglin : Reise in das Gebiet des weissen Nil etc. S. 108, 112 u. 128. 5) 1. Der indische Lotus (Nelumbium speciosum), 2. der aegyp- - 335 — neueren Forschern, bei ihren Untersuchungen bedeutende Schwierigkeiten entgegengestellt. Theophrast kennt vom cyrenäischen Lotus zwei ver- schiedene Species : die eine in Form eines Baumes, birnenartig, die zweite unter dem Namen Paliurus als strauchartig.') Die letztgenannte Art hat Polybius^) genau beschrieben, und aus seiner Beschreibuug ist ersichtlich, dass unter der- selben keine andere Pflanzenart als Zizyphus lotus W. gemeint sein kann, wie auch Desfontaines in einer be- sonderen Abhandlung erwiesen hat. ^) Dieser Zizyphus wird allgemein für den in Homers Dichtungen erwähnten Lotus- baum dar Alten {Iwuog des Theophrast) angesehen. Er ist zugleich der Melilotus des Strabon*), aus dessen Früchten man nach Herodots Mitteilungen den lybischen Wein be- reitete,^) der ein Liebjingsgetränk der ärmeren Bevölkerung Alexandriens bildete. Theophrasts zweite afrikanische Lotusart, die er genau beschreibt, von der er auch erzählt, dass sie nach Griechenland eingewandert sei u. s. w., ist unstreitig Celtis australis L., der gemeine Zur gel- oderNesselbaum, mit schwerem, festen, sehr nutzbarem Holze und wohlschme- ckenden kirschgrossen Früchten, die noch heute in Nordafrika und Südeuropa , namentlich aber in Griechenland heimisch tische Lotus (Nymphaea lotus), 3. der cyrenäische Lotus (Zizyphus lotus) des Theophrast, 4. Theophrasts grosser Lotus von Cyrene (Celtis australis), Xtotcg XLßuxo;, derselbe, welchen Plinius, XIII, 32, als Lotus erwähnt und mitteilt, dass man aus seinen Früchten einen schnell ver- derbenden Wein bereite, dass sich die auf dem Marsche befindlichen Truppenteile in Afrika von ihnen nähren, dass das schwarze Holz des Baumes sehr gesucht sei und dass man Flöten (Xwtc?) aus dem- selben bereite; 4. die Lotusbirne (Diospyrus lotus), 5. der Lotusklee (Trifolium fragiferum und Melilotus messanensis). 1) Theophrast IV, 3. 2) Athenäus XIV, 65. 3) Desfontaines: Mem. de l'acad. de Paris 1788. p. 443. — Flora atlantica s. historia plantarum etc. Paris 1798. I. p. 200. 4) Strabon XVII. c. 3. § 11. 5) Herodot IV, 177. - 336 — ist, ebenso ist es ziemlich unsicher, ob unter dem Paliurus des Strabon^), aus dessen Früchten die Troglodyten (Be- wohner der afrikanischen Küste am roten Meere) einen met- artigen Aufguss bereiten, Zizyphus Spina Christi W. zu verstehen ist. Auch der Annahme E. Meyers, der die Stelle des genannten Autors, wo er über die Nahrung der Aethiopier spricht und ausser Datteln auch Kraut, zarte Sprossen, Lotus und Rohwurzeln anführt, eingehend inter- pretiert und den Lotus auf Zizyphus Spina Christi zurück- führt, entbehrt jeder näheren Begründung. ^) Desfontaines, der Zizyphus besondere Aufmerksam- keit schenkte, unterschied in dieser Gattung drei afrika- nische Arten. Z. lotus, Z. vulgaris und Z. Spina €h r i s t i. Die letztgenannte Art, arabisch : ÜSTebek, Nabak, gehört nach G. Schwein furth zur indigenen Ml-Flora^), wird in aegyptischen Gärten und Anlagen kultiviert und tritt im oberen Mlgebiet sehr häufig wildwachsend auf, wo von den Eingebornen die kirschgrossen Steinfrüchte mit rotem, säuerlich-süssem Fleische gern gegessen werden. Eine un- bekannte Art mit haselnussgrossen Früchten findet sich nach H. Hart mann unter dem arabischen Namen IST ebek-e -Fi 1 im Sennär und den Gala-Ländern. Eeste von irgend einer der genannten Zizyphusarten mit Ausnahme einiger aus seinem Holze gefertigten Gegenstände sind meines Wissens bisher nirgendsin der Gräberwelt Aegyptens entdeckt worden, auch die Bildwerke und Pappyri schweigen über die Pflanze; dennoch ist ihr Auftreten im Pharaonen- reich kaum zu bezweifeln. Fraglich dagegen bleibt das Indigenat von Diospyrus lotus L. im alten Aegypten. Der aegyptische Pflaumenbaum 3^m aegypti sehen Museum zu Berlin werden unter Pöra^ Nr. 7020 Samen aufbewahrt, welche Kunth den ^^^^1 Früchten einer Wacholderart (Juniperus phoenicea L.) zuschrieb. Wacholder war, wie oben bemerkt, eim Be- standtheil des Räucherwerks. Funde gleicher Art haben sich bei den wichtigen Entdeckungen von Dra-Abu-Negga (XII. Dynastie) wiederholt, desgleichen werden auch wohlerhaltene, sehr klein gestaltete Zapfen von Pinus Pinea L., wahr- scheinlich denselben Funden angehörend, und Stempel von dem wohlriechenden nubischen Kraute Gjmnanthelia lani- gera And. im Museum zu Cairo konserviert. Ihnen gesellen sich ferner Reste einer Flechtenart zu, welche Prof. J. Müller in Genf als Parmelia furfuracea Ach. bestimmte. Da nun weder der Wacholder, noch sonstige Coniferenarten im alten Aegypten heimisch waren, aus ihrem Holze aber verschiedene Geräte und nicht selten Mumien sarge gefertigt wurden, so lassen diese Funde nach F. Unger und G. Schweinfurth auf Handelsverbindungen mit Syrien und Vorderasien schliessen, wo die Coniferen in grossen, jetzt freilich sehr dezimierten Beständen auftreten. Ebenso verrät die genannte Flechtenart, welche man mit Resten der bekannten und überall verbreiteten Usnea pli- cata Hoffm. gemischt vorfand, dass dieselbe, schon in frühester Zeit auf Handelswegen von den Inseln des grie- chischen Archipels nach Aegypten gebracht wurde, wo sie noch jetzt auf den Märkten unter dem Namen „Scheba" ver- kauft wird. ') 1) F. Unger: Pflanzen d. alten Aegyptens a. a. 0. S. 109. — A. Braun, P. Ascherson u. P. Magnus : Über Pflanzenreste u. s. w. a. a. 0. S. 299. — G. Schweinfurth: Über Pflanzenreste u. s. w. a. a. 0. S. 369. — 363 - In AnmerkuDg gebe ich am Schlüsse dieses Abschnittes einige hieroglyphische Bezeichnung, für die altaegyptischen Bäume und Sträucher. ^) Ij 1. neh, neh-t, nehi, mer, meri, /e-meri, asot, die Sykomore. 2) neh ent bet, die Feige. 3) bener, benert, baner, benra, benra-t. benra, ben, am, am-t, su-bennu, der Dattelbanm. 4) saubu, süab, ßalanites aegyptiaca. 5) teb, tep, der Granatb aum. 6) bek-t, bek, bek, baka, bak, beka, 't'at, der Ölbaum. 7) sent, senO-, sent-t, die Nilakazie. 8) äser, die Tamariske. 9) üab, ab, -üab, Indigo oder der Hennastrauch. 10) ^ur, die Weide. 11) t'et, Saflor. 12) tesep, tura, tur, tur, tur-t, neha-t äna (Neha), Weihrauchbäume. IX. Heilkunde und medizinisclie Gewächse im alten Aegypten. 1. Heilkunde. Her Segen und alles Unheil fliesst aus der Hand der Götter." Diesem Spruche gemäss, welcher für die gesamte Heidenwelt des klassischen Altertums seine Bedeutung hatte und auch im alten Wunderlande galt, schrieb man das persönliche Wohlergehen der freundlichen Gesinnung der Gottheit zu und leitete Unglück, Krankheit und Tod von dem Zorn der beleidigten Götter her, welche nur durch ein besonders reiches Opfer oder durch Fürbitten besonderer Mittelspersonen und zwar der Priester wieder versöhnt werden konnten. Die medizinische Gottheit der alten Aegypter, der man nicht nur die Entstehung unzähliger Krankheiten, sondern auch die Macht zuschrieb, sie wieder zu beseitigen, war die Göttin Isis. Viele Arzneimittel waren ihre Erfindung. Ihre göttliche Wunder- und Heilkraft bewies Isis da- durch, dass sie ihren erschlagenen Sohn Horus (Sonnengott) wieder zum Leben erweckte. Später untenichtete sie den- selben in der Kenntnis von den mancherlei Krankheiten und in der Kunst, dieselben zu heilen. Wegen ihrer reichen Erfahrung, welche die Göttin in der Arzneikunde besass, brachte man Kranke in ihren Tempel,. - 365 - damit sie während des Schlafes in Orakelsprüchen erführen, welches Kraut, Salbe oder Stein, oder auch welches sym- pathische Mittel ihnen Linderung und Heilung zu bringen vermöchte. Als dritte medizinische Gottheit mit den beiden ge- nannten im Bunde ward Thot (Hermes der Griechen) ver- ehrt, ,,der da,'' wie es im Papyrus Ebers heisst, ,,die Bücher macht, der Erleuchtung schenkt den Schriftgelehrten und den Ärzten, die sich in seiner Nachfolge befinden, um zu erlösen/' ^) Ali an leitet seinen Namen von Thouodh, d. i. Säule her, weil er, als Erfinder aller Künste und Wissenschaften, seine Weisheit in steinerne Säulen grub. Aus diesen Inschriften schöpften die Priester in den aller- ältesten Zeiten ihr Wissen, merkten sich die verzeichneten Regeln der Arzneikunde und trugen sie nach Erfindung des Papiers in die oben erwähnten 42 hermetischen Bücher ein. Da die Krankheiten durch den Zorn der Götter herbei- geführt wurden und eine Yersöhnung nur durch die Diener der Gottheit bewerkstelligt werden konnte, so trat die Heil- kunde schon früh in den Dienst der Religion, und ihre Praxis lag fast ausschliesslich in den Händen der Priester. ^,Diese," sagte Sprengel in seiner Geschichte der Arzneikunde, „übten die Kunst als einen Gottesdienst, verschleierten die natürlichen Mittel, deren sie sich bedienten, durch eine allegorische Sprache, und so blieb die Kunst zu heilen ein Geheimnis, weiches die Gnade der Götter nur ihren Lieblingen, den Priestern, ofi'enbarte." Die Ärzte gehörten zurPriesterordnung der Pastophoren (hieroglyphisch: uima^naCTocpcgoi). Sie erhielten in besonderen Tempelschulen zu Memphis, Theben, Heliopolis, Sais und Chennu ihre Ausbildung. Wenige nur blieben nach bestandenem Schrei- berexamen hier zurück. Die besten der Schüler genossen ihre weitere Ausbildung in Heliopolis, der berühmtesten medizini- schen Fakultät des Landes, und wurden Spezialärzte für die man- cherlei Krankheiten des menschlichen Körpers. Die geschick- 1) Papyrus Ebers. Tafel 1. Zeile 9. u. 10. — 36(5 - testen fungierten als Leibärzte des Königs und wurden als solche oft; mit den höchsten Würden bekleidet. Die Priester führten ein Privatleben wie jeder andere Aegypter. Sie wohnten mit ihren Famihen in ihren eigenen Häusern, bildeten aber unter sich eine nach strengen Gesetzen geordnete Korporation. Daher kam es, dass der Aegypter bei eintretenden Krank- heitsfällen in seiner Familie nicht in das Haus des Arztes^ sondern in den Tempel schickte. Der Bote musste genau angeben, an welchem Übel der Patient erkrankt sei, worauf der Arzt des Heiligtums nach irgend einem der Spezialisten des Kollegiums sandte und ihn zur Konsultation in das Haus des betreffenden Patienten beorderte. Derselbe hatte weder an ihn, noch an den Tempel ein besonderes Honorar zu zahlen. Die Kur war vollständig frei, da die Priester vom Staate besoldet wurden und besondere Ländereien, Kevenuen u. s. w. erhielten. Doch war es Sitte, dass die Geheilten nach- ihrer Genesung demjenigen Heiligtum, das ihnen den Arzt geschickt hatte, ansehnliche Geschenke brachten, zum Unterhalt der heiligen Tiere beisteuerten u. s. w. Die Priester richteten sich bei Ausübung dieser Kunst streng nach den medizinischen Regeln des Thot. Befolgten sie diese und starb der Kranke, so waren sie aller Ver- antwortung ledig, verliessen sie aber die vorgeschriebene Norm, so wurden sie mit dem Tode bestraft und zwar auch dann, wenn der Ausgang der Krankheit ein günstiger war. Ungeachtet der Unzulänglichkeit, die eine derartige Praxis haben musste, waren die aegyptischen Ärzte bei allen Völkern des Altertums hochberühmt. Das erfahren wir schon aus dem Munde Homers, der in seiner 0 d y s s e also berichtet: ') „ Dort bringt die fruchtbare Erde Mancherlei Säfte hervor zu guter und schädlicher Mischung, Dort ist ein jeder ein Arzt, und übertrifft an Erfahrung Alle Menschen" Nach sagenhaften Überlieferungen war schon Tosurthros, 1) Odyssee IV, 23li ti". — 567 — (III. Dynastie, um 3900 v. Chr.) Verfasser medicinischer Schrif- ten und gar wohl bewandert in der Kunst des Heilens von Krankheiten und Gebrest des siechen Körpers, weshalb man ihm, seiner Wissenschaft halber, den Ehrennamen: „Heilgott"^ beilegte,^) Noch aus sehr später Zeit hören wir von Plinius, dass unter der Regierung des Kaisers Tiberius Claudius eine schreckliche Seuche ausbrach und furchtbar verheerend wütete^ und dass aus Aegypten, dem Mutterlande der Krankheiten, Ärzte kamen, die weiter keine Geschicklichkeit mitbrachten als zur Kur derselben gehörte und viel Geld verdienten. 2) Diejenigen Priester, welche die Heilkunst übten, bildeten die letzte Ordnung der Genossenschaft. Höher im Ansehen standen die Propheten, welche nicht durch äussere Mittel, sondern durch Hilfe der Dämonen und durch Beschwörungs- und Zauberformeln, Handauf legen^ Amulete, Zauberbänder u. s. w. die Krankheiten zu bannen suchten. Zu dieser Priesterkaste gehörten auch alle die aegyptischen Weisen, Wahrsager und Zauberer, welche in den Büchern Moses, besonders Exod. 7, 8 ff. erwähnt wor- den sind.^) Im Leydener Papyrus Nr. 1 ist uns eine Gebets- und Beschwörungsformel mitgeteilt, durch deren Kraft — in Yer- bindung mit einem Brechmittel— der böse Geist, welcher die Krankheit herbeigeführt hatte und im Körper des Patienten sein Wesen trieb, beseitigt werden konnte. Sie lautet: „0 Dämon , der du wohnst im Leibe von N. N. (Name des Patienten), Sohn der N. N., (du,) dessen Yater heisset der Kopfabhauer, dessen Name Tod ist, dessen Name Mann des Todes ist, dessen Name Verwünschter ist in Ewigkeit!" 1) H. Brugsch : Geschichte Aegyptens. S. 64, 2) Plinius XXVI, 3. 3) Siehe A. Erman: Die aegyptischen Beschwörungen des grossen Pariser Zauberpapyrus, Zeitschr. f. aegyptische Sprache etc. Jahrg. 1883. S. 89—109. Der Text auf BL I, Z. 27—32 beweist', dass die Magier, um Antwort von den Dämonen zu erhalten, sich eines Me- diums (Knabe) bedienten. — 368 — Kopfschmerz ward durch folgende kuriose Anrufung be- seitigt*): „Der Yorderteil (des Kopfes) gehört den göttlichen Schakalen, der hintere Teil (des Kopfes) ist ein Schwein des Ra. Setz' sie auf eine Kohlenpfaune; wenn der Dunst, der daraus emporsteigt, den Himmel erreicht hat, wird ein Blutstropfen auf die Erde herabfallen." Die Worte müssen "viermal wiederholt werden. Auch die im Papyrus Ebers enthaltenen Rezepte leitet folgende Gebetsformel ein: „Worte zu sprechen bei der Bereitung der Arznei für alle Körperteile einer Person, welche krank ist. Der Ordnung gemäss und häufig. Dies ist das Buch von der Lösung aller Krankheiten. Möge mich Isis erlösen, so wie sie Horus erlöste durch Isis von den Leiden, die ihm angethan hatte sein Bruder Set, da er seinen Yater Osiris tötete. 0 Isis, grosse Zauberin, erlöse mich, befreie mich von allen bösen, schlimmen und roten (typhonischen) Dingen, von dem Gott und der Göttin der mörderischen Krankheiten und den Unreinheiten jeder Art, die sich auf mich stürzen, gleich wie du erlöst hast, gleich wie du be- freit hast deinen Sohn Horus. Bin ich doch hineingegangen in das Feuer und herausgekommen aus dem Wasser. Möge ich nicht fallen in die Schlinge jenes Tages, an dem ich zu sagen: habe auch ich bin klein und erbärmlich. 0 Ra, der du gesprochen hast für deinen Leib, o Osiris, der du flehtest für deine Manifestation (beide Götter hatten zu sterben und aufzuerstehen), spricht doch Ra für seinen Leib, fleht doch Osiris für seine Manifestation, wohlan, so errette auch mich von allen Dingen, die böse sind, schlimm und rot (typhonisch), von dem Gotte und der Göttin jedweder mörderischen." ^) Dergleichen Mystizismus, in welchen sich die Wissen- schaft des alten Volkes hüllte, brachte doppelten Vorteil. Einmal war er besonders geeignet, das Ansehen der Ärzte 1) Pleyte: Etudes egyptologique.s 1. p. 845 u. 846. 2) Papyrus Ebers. Tafel 1. Zeile 11-20. - 369 — zu heben, sodann dienten diese Manipulationen dazu, die Patienten zu beruhigen und eine gründliche Kur durch natürliche Heilmittel einzuleiten, welche nach besonderen Yorschriften in den sogenannten hermetischen Büchern (Embre oder Ambro) enthalten waren. Die sechs hermetisch -medizinischen Bücher, aus denen die Ärzte ihr Wissen schöpften, handelten 1. von dem Bau des menschlichen Körpers, 2. von seinen Krankheiten, 3. von den in Anwendung kommenden chirurgischen Werkzeugen 4. von den Arzneimitteln 5. von den Augenkrankheiten und 6. von den Frauenkrankheiten. Papyrus Ebers, der , wie das Manuskript selbst besagt, zur Zeit des Königs Re-ser-ka Amenophis I. (XYIII. Dynastie) geschrieben worden ist, bildet das (4.) Buch von den Arzneimitteln. Um den Heilmitteln eine besondere Heiligkeit zu ver- leihen und ihre Wirkung als durchaus unfehlbar hinzustellen, leitete man vielfach ihren Ursprung von den Göttern oder alten berühmten Heilkünstlern her. So lesen wir u. a. im Papyrus Ebers: ^) „Es haben von den Arzneien bereitet von Gott Ra für ihn selbst." Tafel 47, 5—10: „Ein anderes sechstes (Mittel) bereitet von Isis selbst für Ra, um zu vertreiben die Schmerzen in seinem Kopf." Isis, die angesehenste medizinische Gottheit der Aegypter, war, wie wir aus dem oben eingefügten Citat aus dem Papyrus Ebers (Tafel 1. Zeile 12 — 14) vernehmen, nach altem Glauben auch die Erfinderin des Mittels der Unsterb- lichkeit. Symptomatik, Diagnostik und Prognostik sind im Papyrus Ebers ebenfalls vertreten. So z. B. finden wir u, a. den Satz: „Beurteilung eines Kindes am Tage seiner Geburt: Wenn es sagt ni, so bedeutet dies am Leben bleiben, sagt es aber mba, so bedeutet dies sein Sterben!" Auch mancherlei wundersame Umstände bei Auffindung einzelner medizinischer Schriften sanktionierten die Zauberkraft 1) A. a. 0. Tafel 46. Zeile 10—16. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. 24 — 370 — der in ihnen erhaltenen Vorschriften und verliehen ihnen das Re- liefeiner besonderen Ehrwürdigkeit. Als Beispiel dafür, wie prak- tisch und poetisch zugleich man kleine, bedeutungslose fin- gierte Umstände hierbei zu gestalten verstand, diene zunächst die einleitende Erklärung über Auffindung des oben erwähnten britischen Papyrus Harris: „Gefunden wurde diese Hand- schrift in der sinkenden Nacht in der Halle des Tempels von Telmatim Sanktuarium der Göttin von der Hand eines Kolchiten dieses Heiligtums. Siehe, das Land umher lag im Dunkel. Der Mond ging auf über diese Rolle und über alle ihre Seiten, und sie wurde gebracht in den Schatz Sr. Majestät des Königs von Ober- und ünteraegypten , Cheops des Ge- rechten." Der Anfang des Papyrus Ebers lautet: „Es be- ginnt das Buch vom Bereiten der Arzeneien für alle Körper- teile eines Patienten (rot geschrieben). Hervorgegangen bin ich aus Heliopolis mit den Grossen von Aa-hat, den Herren des Schutzes, den Gebietern der Ewigkeit und der Rettung. Hervorgegangen bin ich aus Sais mit mütterlichen Göttinnen, die mir ihren Schutz verleihen. Sprüche wurden mir vom Herrn des Alls , zu beseitigen die Leiden aller Götter jeder mörderischen Krankheit So viele Kapitel da sind von diesem meinem Kopfe, von diesen meinem Halse, von diesen meinen Armen, von diesen meinem Eleische und von diesen meinen Gliedern, um zu strafen die Zauberei des Obersten derer, welche einflössen das Übel, in diesses mein Fleisch zaubernd, über diese meine Glieder, dass es eindringt in dieses mein Fleisch, in diesen meinen Kopf, in diese meine Arme, in meinen Leib und in diese meine Glieder (so oft) erhebt sich Rä, welcher spricht : Ich behüte ihn vor seinen Feinden. Sein Führer nun aber ist Thuti (Thot-Hermes), der teilhaftig macht seiner Rede, der die Bücher macht, der Erleuchtung schenkt den Schriftgelehrten und den Ärzten, welche sich in seiner Nachfolge befinden , um zu erlösen. Wer da Gott liebt, den macht er lebendig. Ich bin einer, den Gott liebt, mich macht er lebendig." Ferner heisst es: „Anfang des Buches vom Vertreiben der Schmerzen, das in alter Schrift gefunden — 371 — ward in einer Kiste mit Schreibmaterialien unter den Füssen eines Anubis (Anubisstatue) zu Sechem zur Zeit Sr. Majestät des Königs von Ober- und ünteraegypten , Sent, dem Ge- rechten." Tafel 75 des genannten Papyrus bringt ein Mittel gegen Schärfe. Auf dieses Mittel wird mit folgenden Worten nachdrucklich hingewiesen: „Gieb wohl acht, dies ist eine Arznei, die gefunden ward bei einer Untersuchung im Tempel des Unofer" (d. i. des Osiris Agathodämon). Eigentümlicher Weise hat die wundersame Historie des von H. Brugsch und auch von Chabas behandelten me- dizinisch-hieratischen Papyrus zu Berlin fast wörtliche Über- einstimmung mit der oben mitgeteilten im Papyrus Ebers. Das wichtige inhaltreiche Manuskript ist von Passalaqua bei den Pyramiden von Saqqarah in einer Tiefe von ca. 3 m in einer verschlossenen Terracotta-Yase mit einem kleineren noch un- aufgerollten Papyrus zusammen aufgefunden worden. Aus der ersten sichtbaren Zeile desselben erfahren wir, dass der medicinische Traktat, dessen Schriftzüge mit dem grösseren auf- gerollten volle Übereinstimmung zeigen, unter König Ramses (XIX. Dynastie, um *1350 v. Chr.) niedergeschrieben worden ist. Der in Frage stehende grössere Papyrus umfasst 22 Seiten; die erste Seite mit Titel und Einleitung fehlt. Dem zweiten Teil der Schrift, welcher von den Krankheiten „üchet" handelt ist die Geschichte des Traktats vorangeschickt. Nicht nur sichtbare Spuren an einzelnen Blättern, die auf den Gebrauch des Papyrus in der Praxis hindeuten, sondern auch die Fundstelle lassen H. Brugsch Annahme als rich- tig erscheinen, dass das Manuskript der medicinischen Biblio- thek des Ptah-Tempels zu Memphis entstammt.*) 1) H. Brugsch: Über die medizinischen Kenntnisse der alten Aegypter und über ein medizinisches Manuskript im Berliner Museum. Allgem. Monatsschrift f. Wissensch. u. Litteratur. Berlin 1853. S. 54. — Derselbe: Notice raisonnee d'un traite medical etc. Leipzig. 1863. Medizinische Papyri werden in verschiedenen Museen konserviert. Ausser dem Berliner Papyrus findet sich ein ähnliches 18 cm breites und 24* — 372 — Die in den genannten Papyri enthaltenen Heilmittel- Ver- ordnungen unterscheiden sich nur unwesentlich von den Re- zepten unserer heutigen Mediziner. ,,Wir erfahren, aus welchen Zusammensetzungen nach Apotheker-Mass und Gewicht das Mittel besteht, wann, wie oft und wie lange dasselbe ge- braucht werden soll. Die Form dieser altaegyptischen Rezepte ist, der Natur des Gegenstandes gemäss, kurz, lakonisch, meist nur aus Andeutungen bestehend, weil die Sache alt- hergebracht und also allgemein bekannt war." Die Wage war, wie wir aus zahlreichen Abbildungen erfahren, im alten Aegypten wohl bekannt. Gewichte er- scheinen auf den Wagschalen in Form von Ringen, durch- löcherten Platten, Tierköpfen u. s. w. In den Tempeln selbst befanden sich bestimmte Räume, äsi-t, in denen die Arzneien bereitet wurden. Ein solches ehrwürdiges Laboratorium entdeckte der verdienstvolle Aegyp- tolog J. Dümichen im Tempel zu Edfu. Der genannte Gelehrte fand die Wandhieroglyphen des sehr hohen und vollständig finsteren Zimmers vollständig mit Mischlamm ver- deckt und verbrachte nicht weniger als 14 volle Tage damit, die Wände des Raumes eigenhändig abzuwaschen und ab- 2,5 m langes Manuskript im britischen Museum zu London, dasselbe ent- stammt mutmasslich der XVIII. Dynastie und ist ein Palimpfest , da überall die Spuren einer früheren Schrift erkenntlich sind. Auch in der Sammlung des Museums zu Bulaq sind medizinische Papyri ver- treten. Zwei medizinische Papyrusfragmente enthält ferner das Mu- seum zu Leyden. Das erste derselben ist in hieratischer, das zweite in demotischer Schrift abgefasst. Unter den in ihnen enthaltenen Sammlungen von Rezepten finden sich auch Vorschriften zur Berei- tung von Liebestränken (C. Leemans: Monumenten van het neder- landsch Museum van oudheeden te Leiden. Leiden 185L seq. 8. — Siehe ferner G. Ebers: Der Papyrus Ebers. AUgem. Augsburger Zei- tung 1873 Nr. 114 Beilage und Zeitschrift für aegypt. Sprache u. Altertumskunde. Jahrg. 1873 S. 41 ft. Jahrg. 1874 S. 106 ff. — Lieb- lein : Bemerkungen zum Papyrus Ebers. Zeitschr. f. aegypt. Sprache u. Altertumskunde. Jahror. 1880 S. 127—129. - 373 - zukratzen, da er befürchtete, dass das ÜDgeschick seiner Diener die unter der Schlammdecke befindlichen Inschriften vernichten würde. Auf einer gebrechlichen Leiter stehend, ein Licht in der einen Hand, kopierte er nun in d^r müh- samsten Weise die in den Wänden eingegrabenen Rezepte. Einige dreissig Inschriften beginnen: „Yorschrift, um zu be- reiten" ^'oder „um zusammenzustellen", oder sie besagen die und die Eäucherung oder das und das Öl, um dieses oder jenes Mittel zu bereiten. Da heisst es: „Verdünne es durch so und so viel Wasser", oder „verschliesse es sorgfältig in einem Topf und lasse es stehen bis zum Morgen," oder „thue es in einen Kessel auf den Herd und Feuer darunter," oder : „so lange soll es kochen" oder: „so und so viel Tage soll es verschlossen bleiben." ^) ,,Die Rezepte wurden in verschiedener Weise verabreicht und teils innerlich, teils äusserlich angewendet. Daher die verschiedenen Namen : Einreibung, Salbe, Umschlag, Pflaster, Klystier, Trank, Speise, Dekokt u. s. w., welche in dem Manuskript am Ende der Medikamente erscheinen, oft noch mit dem Zusätze am Morgen, am Abend, oder ein gutes Mittel u. s. w. Die Arzneimittel sind einfacher Natur, zu- nächst eine ziemlich grosse Anzahl von Pflanzennamen, die sich aber nur in seltenen Fällen aus dem Koptischen genügend nachweisen lassen. Der Grund dafür ist ein- fach: Die koptische Litteratur ist meist kirchlicher Natur^ daher Pflanzennamen und medizinische Ausdrücke selten erscheinen. Die einzige und reichste Quelle bieten die so^ genannten „scalae", welche koptische Namen nach bestimm- ten Klassen geordnet in Begleitung der im Arabischen ent~ sprechenden Wörter enthalten. Derartige Scalen befinden sich mehrere zu Paris. Nächst den Pflanzen sind es einige Harz- arten und Metalle, wie das pix terebinthina und das Eisen; ungemein häufig wird Natron (hesmen) genannt. Yon flüssigen 1) Zeitschr. f. aegypt. Sprache und Altertumskunde. Jahrg. 1865.. S. 59. — 0^4 — MedikameDten ist zu nennen: Wasser, AYciu, Palmen wein, Essig, Honig, Menschenmilch, Kuhmilch, Ziegenmilch u. s. w., von tierischen Substanzen: Männerurin, Frauenurin, Esels- Katzen-, Ziegen-, Löwen-, Krokodilskot Exkremente einiger Yögel, dann Ochsen-, Ziegen-, Geierfett, lebendiges Blut, Ochsengalle u. s. w." i) Die Mittel wurden für 4, 8, 9 oder 10 Tage verordnet. Aus dem unendlich reichen Inhalt des Papyrus Ebers gebe ich, um dem Leser einen kurzen Einblick in dieses Schrift- werk zu gestatten, eine Inhaltsangabe einzelner Tafeln : Tafel 16, 7 — 14: „Mittel, um das heftige Blutharnen zu, beseitigen." Tafel 16, 2^ ff. : „Mittel zur Vertreibung desIIeft(Band)wurmes und Pentwurmes/' Tafel 34 und 35: ,, Mittel zur Beseitigung des Zaubers am Bauche eines Patienten oder einer Patientin." Tafel 43, 16—19: „Arznei für den Magenmund." Tafel 45, 21—23: „Anweisung zum Kühlen des Herzens." Tafel 52, 19—20: „Mittel gegen die Krätze." Tafel 55-63: „Mittel gegen Entzündung der Blutteilchen im Auge, Yerschleierung der Augen (grauer Staar?), gegen Granulation, Blindheit, gegen Augenentzünduug" u. s. w. Tafel 65-67: ,, Mittel, zu verhindern das Grauwerden der Haare (11 Rezepte) und Haarwuchsmittel" Tafel 66^ 15—18: ,, Andere Arznei, um das Wachstum der Haare zu veranlassen", bereitet für die Dame Ses, die Mutter Sr. Majestät des Königs von Ober- und Unteraegypten Teta des Gerechten. Tafel 71, 14 — 15: „Mittel zur Yertreibung des wilden Fleisches." Tafel 73, 6—7: „Mittel gegen geschwollene Beine." Tafel 87, 15—17: „Mittel, um Falten im Gesicht zu vertreiben." Tafel 89: ,, Mittel zur Yertreibung von Läusen und Flöhen." Tafel 98, 12 — 18: „Anweisung zur Bereitung des Kyphi (Räucher- mittel)" Tafel 99, 1 — 102: „Geheimbuch des Arztes über die Wissenschaft vom Gang des Herzens." Mittel gegen Harnkrank lu'iten sind im Papyrus Ebers ungemein zahlreich 1) H. Brugsch: Über die medizinischen Kenntnisse der alten Aegypter a a. 0. S, 54. - 375 - ) vertreten und berechtigen zu dem Schluss, dass diese Krank- heiten mit zu den grössten Übeln des alten Volkes gehörten. Ich gestatte mir nachfolgende drei Rezepte zu notieren: Tafel 2, Zeile 1—11: „Arznei für die Leibesöffnung: Milch V3 tena neqanfc-Pulver V4 Drachme Honig V4 Drachme Zu kochen, umzuschüttein, zu essen. Für 4 Tage." Zeile 12—16: „Desgleichen (ein Mittel) zu bewirken das Harnen; ^^^^^ . , _ M zu gleichen Pulverisierte Johannisbrotschalen 1 ^ Tp'le Pulver von Yitex agnus *) 1 J Daraus eine Kugel zu machen." Tafel 63, Zeile 12 ff. : Anti-Myrrhe 1 Blut von der Eidechse 1 Blut von der Wanze 1 Gegen den Durst, das Stossen, das Stechen im Auge. Rupfe die Haare aus, schmiere darauf, um gesund zu machen.^) Wie das zuletzt vermerkte Rezept beweist, griff man oft zu den wunderlichsten Mitteln. So wird z. B. nach dem medizinischen Papyrus zu Berlin eine rotlaufartige Entzün- dung „hmaou" genannt, durch Frauenurin und Eselskot gehoben. Ein anderes Übel „aounes" beseitigen Umschläge von Kalbsgalle und Yogelgalle ; wirksam erweist sich hierbei auch der in Öl zerriebene Penis eines Esels (!). Glücklicher gewählt scheint mir als Mittel gegen Drüsensanschwellung 1) Yitex agnus castus L., der Abrahams- oder Keuscbbaum, der Gattung der Yerbenen angehörend. Die Alten glaubten von dem Ge- wächs, dass es die Keuschheit zu bewahren im stände sei, daher am griechischen Ceresfeste Matronen die Strassen mit Yitexblättern be- streuten. Die Früchte (Semen agni casti) dienen als Gewürz und schmecken wie Kardamomen. 2) Lieblein: Bemerkungen zum Papyrus Ebers a. a. 0. S. 127. - 376 - Umschläge von Nitrum mit Mehl und gegen Brust- und Lungenleiden Ochsengalle. Den Heft(B and) wurm vertreibt man am sichersten durch den Saft des „Chebchebbaumes" (?). Wahrhaft ergötzlich aber sind die aufgeführten Sympto- mata für die weibliche Fruchtbarkeit Da soll man, um nur eins anzuführen, ein mit "Weizen- und ein mit Gerstenkörnern gefülltes Leinwandsäckchen in den Urin der Frau legen. Das Keimen der Körner gilt als Zeichen der eingetretenen Schwan- gerschaft. Treibt der Weizen zuerst, so wird sich die Frau eines Knaben erfreuen , treibt die Gerste zuerst, so wird sie mit einem Mädchen beschenkt werden. Die ärztliche Praxis war eine äusserst vielgliederigey da für jede Krankheit besondere Spezialärzte existierten. So gab es Augenärzte, Kopfärzte, Ohrenärzte, Zahnärzte, Bauch- ärzte u. s. w., und besonders hatten anbetracht der unaufhörlich grassierenden Augenleiden, die Augenärzte immer viel zu schaffen. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass das Kapitel über Ophthalmiatrie im Papyrus Ebers das inhaltreichste ist. Da finden wir Mittel gegen Schwachsichtigkeit, Mittel zur Stärkung der Sehkraft, Mittel gegen Augenflüsse („Steigen des Wassers in die Augen"), Mittel gegen Entzündung der Ka- pillaren des Auges. Wir vernehmen, dass die eine der ver- ordneten Augensalben im dritten Wintermonat, die anderen vom ersten bis zweiten Wintermonat und die dritte während des ganzen Jahres angewendet werden soll. Von schweren Augenübeln sind genannt die Smaragd- oder Grünkrankheit (grauer Staar, Glaukoma?), das „Blenden in den Augen",^ Blindheit in den Augen an der Linse, das „Weisswerden der Augen" (Trübung der Hornhaut?), die „Krokodilskrankheit" (Pterygion ?) u. s. w. An einer Stelle dieses Abschnitts wird auch von der „Öffnung des Gesichts in den Pupillen hinter den Augen" gesprochen. Es liegt durchaus nicht ausser dem Bereich der Möglichkeit, dass die alten Aegypter bereits die Staar- Operation kannten und ausübten. Unterstützt wird diese zuerst von G. Ebers ausgesprochene Ansicht durch — 377 — eine Stelle im Plinius,^) wo derselbe das alexandrinische Kraut Anagallis (Anagallis arvensis L.), von dem er zwei Arten unterscheidet, als vorzügliches Augenheilmittel preist: „Der Saft von beiden T^ertreibt mit Honig die Dunkelheit der Augen, ist dienlich, wenn sie von einem Stoss mit Blut unterlaufen sind und heilt rote Augenschwären ; beson- ders , wenn er mit attischem Honig aufgestrichen wird. Er erweitert die Pupille, und wird daher solchen Personen zuvor das Auge damit bestrichen , bei denen man dasselbe paracentesieren (quibus paracentesis fit) will. Da nun aber Paracentesis jede Operation genannt wird, durch welche man aus einer Höhle des Körpers die extravasierten Feuch- tigkeiten abführt, so muss die von Plinius erwähnte Operation Ähnlichkeit mit dem heutigen Staarstechen gehabt haben,, vielleicht sogar dieselbe gewesen sein. Durch die Bezeich- nung des Anagallis arvensis als alexandrinisches Kraut und anbetracht der historischen Thatsache, dass in Aegypten, als Herd ophthalmischer Übel, die Augenheilkunde schon in früher Zeit zu einem hohen Grad der Vollkommenheit gediehen war und als empirische Wissenschaft auf G-riechen und Römer forterbte , wird es zur ziemlichen Gewissheit, dass sich die aus dem Papyrus Ebers citierte Stelle und Plinius' Mitteilung auf die Staaroperation bezieht. Die Geschicklichkeit altaegyptischer Zahnärzte hat man an künstlichen Zähnen erkannt, die in den Kiefern der Mu- mien gefunden worden sind. 2) Ferner sprechen vorzüglich geheilte Knochenbrüche an Mumien für eine reiche praktische Erfahrung auf osteologischem Gebiete. Szenen, welche uns das Anlegen des Verbandes um dieses oder jenes Glied von Verwundeten und Kranken, das Darreichen von Arzneien, Anlegen von Schröpfköpfen, die Amputation und Kastration veranschaulichen, finden sich auf 1) Plinius XXV, 92. 2) Blumensach. Göttinger Magazin 1870. I. S. 115, citirt von W. Ilaeser: Geschichte der Medizin S. 15. - 378 — den Denkmälern in Beni-Hassan, Karnak, Luksor, üenderah und Medinet-Abu. Chirurgische Instrumente sind nicht nur auf den Monu- menten abgebildet, sondern auch in den Gräbern gefunden worden. So z. B. enthalten die Sammlungen des aegyp- tischen Museums zu Berlin scheerenartige Werkzeuge, Lanzetten, Messer, ganz der Form unserer Rasiermesser ent- sprechend, Pincetten, Metallstäbchen zum Glühen u. s. w. (Über die im Gräbersaale aufgestellte Reiseapotheke s. w. u.) Für jeden Arzt galt, wie wir durch Aristoteles erfahren, die gesetzliche Norm : die Entwickelung der Krankheit einige Tage zu beobachten und erst am vierten Tage mit einem entsprechenden Mittel wirksam einzugreifen. Die Ärzte übten keine Privatpraxis, sondern standen im Solde des Staates. Der oben citierte Ausspruch des Homer: „Dort ist ein jeder ein Arzt", trifft so ziemlich die Wahrheit, denn jeder Aegypter war insofern sein eigener Arzt, als er sich, um das Gesamtwohl des Volkes zu fördern, einer strengen Diät zu unterwerfen hatte, und monatlich drei Tage lang seinen Körper durch Brechmittel, Purganzen, Waschungen, Klystiere u. s. w. kasteien musste, weil, nach alter Annahme, die meisten Krankheiten aus Unreinigkeit des Magens und der Eingeweide entstehen sollten. „Eben dieser Diät wegen", sagt Herodot,^) „sind die Aegypter neben den Lybiern das gesundeste Yolk der Erde". Eine strenge Diät wurde schon bei der Erziehung der Jugend beobachtet. Gleich nach der Entwöhnung wurden die Kinder vorzugsweise mit dem leichtverdaulichen Stengel der Papyrusstaude ernährt, welcher verschiedentlichst zube- reitet, für gewöhnlich aber in der Asche geröstet wurde. Nackend, den geschorenen Kopf den brennendsten Strahlen der Sonne ausgesetzt, tummelte sich der junge Aegypter im warmen Sande und gewöhnte allmählich den abgehärteten Schä- del und den Körper überhaupt an das Tragen schwerer Lasten. 1) Herodot LI, 77. — 379 — Höchst interessant ist nach dieser Seite hin Herodots Mitteilung über das Kesultat seiner Untersuchungen, die er an Hirnschalen aegyptischer Toten bei Memphis angestellt hat. Memphis ist unter allen denkwürdigen Städten des alten Aegyptens auch der Ort, bei welchem der Perserkönig Kam- byses das Heer des Psammenit schlug. Nach der Schlacht wurden die gefallenen Perser von den Toten der Aegypter geschieden und gesondert beerdigt. Herodot fand nun bei einer stattgefundenen Ausgrabung, dass die Schädel der Perser mit einem kleinen Stein durchlöchert werden konnten, dass es ihm aber Mühe machte, mit einem schweren spitzen Stein die harten Hirnschalen der Aegypter zu zerschlagen. Die meisten Aegypter Hessen es nicht einmal bei Erfüllung der staatlichen Yorschrift bewenden, sondern badeten und wuschen sich täglich, um Ansteckungsstoffe, namentlich den verheerenden Aussatz vom Körper fernzuhalten. Aus gleichen Gründen trug man auch nicht wollene, sondern zumeist leinene Gewänder und beobachtete zudem eine strenge Diät in den Speisen. Zwar war Lebensart und Nahrung in den einzelnen Gegenden des Landes verschieden, überall aber be- üeissigte man sich der grössten Massigkeit. War doch selbst den Königen für den täglichen Yerbrauch ein bestimmtes Quantum von Speisen und Getränken vorgeschrieben, das nicht überschritten werden durfte. Schweinefleisch, Seefisch, Bohnen u. s. w. waren in der Kost verpönt, das Schweine- fleisch, weil es Aussatz und Kopfgrind erzeugt, die Seefische, weil sie im Meere leben und das Meer, als Sinnbild des Typ hon, für unrein galt i) Plutarch nennt von den ver- abscheuten Fischarten Hechte, Barben und Goldbrassen, und erzählt, dass den Priestern der Genuss von Seefischen streng verboten war, während es, nach Herodot^), mit zu ihren Yergünstigungen gehörte, einmal im Monat, nämlich zur Zeit des Yollmondes, Schweinefleisch zu geniessen. K. Sprengel 1) Plutarch I, 369. 2) Herodot II, 47. — 380 — findet den Grund für das erstgenannte Yerbot in dem er^ höhten Geschlechtstrieb, der durch Fleischspeisen hervor- gerufen wird.^) Die Zwiebel gehörte zu den verbotenen Gemüsen, nicht,, wie Plutarch meint, weil sie zum Durste reize, nein, diesem Verbote liegt ein mythologischer Zug zu Grunde: Diktis, der Liebling der Isis versank und ertrank der Sage nach im Nil^ da er nach einer Zwiebel griff. Ein wohlgeeignetes Präservativ gegen Aussatz und andere ansteckende Krankheiten war die Beschneidung, welche seit uralter Zeit in Aegypten mit zu den staatlichen Einrich- tungen gehörte"^) und von hier aus auf alle anderen orienta- lischen Völker, auch auf die Israeliten überging, deren Erzvater Abraham sie nach seinem Aufenthalte in Aegypten zuerst einführte. Seine Nachkommen behielten die Beschneidung^. als das Symbol der Auserwählung zum Gottesreiche , bei ^) und üben sie bekanntlich noch heutigen Tages. Das Bild einer aegyptischen Beschneidung — wahrschein- lich an den Kindern Königs Ramses, — findet sich im Tempel des Chonsu zu Karnak. Wir erblicken daselbst den Chirurg, der mit einem scharfen Instrument die Be- schneidung an einem der Knaben vollzieht. Damit derselbe die schmerzhafte Operation nicht unterbricht, werden ihm die nach hinten zu ausgestreckten Hände von einer küieenden weiblichen Person festgehalten. Zwischen dem Knaben und der Wärterin oder Mutter steht der Bruder des kleinen Prinzen. Zu diesem und anderen chirurgischen Zwecken im Dienste des Kultus bediente man sich nach G. Ebers vorzugsweise der Steinmesser , an welche sich seit der in der Erinnerung zum Mythus gewordenen Steinzeit die heiligste Verehrung des Volkes knüpfte. Daher wird es auch erklärlich, dass 1) K. Sprengel: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzneikunde. I. S. 74. 2) Diodor I, 28. Strabon XVII, c. 2. i? r,. 3) Genesis 12. 17. 10. .les. o, 9. - 381 - uns in aegyptischen Gräbern häufig zugeschlagene Feuerstein- stücke begegnend) Wunderliche Vorstellungen hatten die altaegyptischen Ärzte über den anatomischen Bau des menschlichen Körpers. Es ist dies um so aufPälligör, da ihnen ja das Einbalsamieren von Menschen- und Tierleichen unausgesetzt Gelegenheit bot, falsche Anschauungen durch Studien zu klären und zu be- seitigen. So war z. B. allgemein der Glaube verbreitet, dass das Herz bis zum fünfzigsten Jahre hin jährlich um zwei Quentchen zunehme, von genannter Zeit an aber jährlich um zwei Quentchen abnehme, und somit allmählich der natürliche Tod herbeigeführt werde, der notgedrungen vor dem vollendeten hundertsten Lebensjahre erfolgen müsse. „Yom Herzen aus," so behauptet der altaegyptische Arzt Nebsecht,^) „gehen folgende Blutgefässe, „metu", und ver- teilen sich in den Körper: vier in die Wangen (zwei Säfte, zwei Blut gebend), vier in das Innere der Schläfe, vier in den Kopf, vier in die Nase, vier in die Ohren, sechs in die Arme, sechs in die Beine, zwei in die Hoden, zwei in die Meren, vier in das merset oder äset (Leber oder Lunge, mu und net Feuchtigkeit und Luft gebend), vier in den Darm und die Milz, zwei in die Blase, eine in das Gesäss." Die Ohren werden als die natürlichen Pforten des in den menschlichen Körper ein- kehrenden und scheidenden Lebens angesehen, denn der Arzt Nebsecht behauptet: „Es gehen vier Gefässe in seine (des Menschen) beide Ohren ; und zwar gehen zwei Gefässe in seine rechte Seite, zwei in seine linke Seite. Es geht ein Hauch des Lebens in das rechte Ohr und ein Hauch des 1) Sechs Messer aus Feuerstein, einem Grabe zu Memphis (V. Dynastie) entnommen, finden sich in dem Glasschrank (No. 93) des Gräbersaale im aegyptischen Museum zu Berlin, ferner am gleichen Orte in den Schaukästen des historischen Saales drei grosse und zehn kleine Feuersteinmesser, sowie zehn messerähnliche Naturprodukte aus Theben. 2) Papyrus Ebers Tafel 99 ff. — 382 — Todes durch das linke Ohr". Ferner: „wohin er auch seine- Finger lege, sei es auf den Hinterkopf, sei es auf die Hände,, sei es auf die Beine, so treffe er auf das Herz, dieweil dessen Gefässe in alle Glieder ausgingen; es sei der Knotenpunkt aller Gefässe des ganzen Körpers." Schliesslich zeigt er, dass die verschiedenen seelischen Zustände, wie Gram, Kum- mer, Ekel u. s. w. und der Sprachgebrauch des Wortes durch- aus für seine Theorie spreche." Der anatomische Teil des medizinischen Papyrus zu Berlin verzeichnet zweiunddreisig Adern, welche vom Kopfe ausgehen und von hier aus den Atem nach der Brust schöpfen , so dass sie Atem allen Gliedern geben. In der Brust sind zwei Adern, welche die Wärme nach dem Gesäss führen. Ferner haben Beine, Arme, Hinterhaupt, Stirn, Nacken, Augenlieder, Nase je eine Ader, die Ohren je zwei, durch welche der Atem des Lebens eindringt. ^) Nach einer anderen sonderbaren Anschauung, von der Plinius,^) Mitteilung macht, ging von dem kleinen Finger der linken Hand ein Nerv bis zum Herzen. Daher tauchte man diesen Finger beim Opfer zuerst in die Opfertränke. Zwar finden sich im Totenbuche ^) Beschreibungen der einzelnen Teile des menschlichen Körpers, doch sind dieselben so unklar, dass man über die betreffenden Organe zu keiner richtigen Anschauung zu gelangen vermag. Die Unkenntnis und Unklarheit der altaegyptischen Ärzte über die innere Einrichtung des menschlichen Körpers ist durchaus erklärlich, wenn wir berücksichtigen, dass die Wissenschaft an alte Gesetze und Traditionen gebunden war, und dass die Aegypter aus rehgiösen und sittlichen Gründen den Leichnam als etwas Heiliges betrachteten und eine grosse 1) H. Burgsch: Über die medizinischen Kenntnisse der alten Aegypter a. a. 0. S. 51. 2) Plinius IX, 37. 3) Totenbuch c. 20—28. — 383 — Scheu vor Verletzung desselben hatten, und wenn Plinius^) berichtet, dass die aegyptischen Könige das Sezieren der Leichen geboten hätten, damit die Ärzte dabei ihr anatomi- sches Wissen bereichern möchten, so hat dies gewiss nur Bezug auf eine sehr späte Zeit, vielleicht während der Herr- schaft der Ptolemäer. Dies führt mich darauf, in Kürze einer Kunst der aegyp- tischen Ärzte zu gedenken, über welche uns von alten Schrift- stellern ausführliche Berichte hinterlassen worden sind, ich meine die Kunst des Mumificierens. Herodot erzählt:^) Wenn jemand gestorben war, so zeigten die Leute, die zum Einbalsamieren (aus der Zunft der Einbalsamierer) bestellt waren, verschiedene Muster von Holz, die wie ein toter balsamierter Körper angestrichen waren. Das eine Muster war von ungemein feiner Arbeit und führte einen Namen, den man nicht aussprechen durfte. Nächst diesem zeigte man ein Muster, das nicht so fein, aber auch nicht so kostbar war. Das dritte Muster war das wohlfeilste. Aus diesen drei Mustern musste man sich eins wählen und alsdann verglich man sich um den Preis. Nach Diodor^) kostete die erste Art des Einbalsamierens ein Talent Silber (über 4000 Mark), die zweite Art 20 Minen = 1200 Mark; für die dritte Art waren die Kosten sehr gering. Das Geschäft des Einbalsamierens war das Privilegium gewisser Pamilien, der zaßixsvTai, i.uaiqTOi^ i;s%vkai^ welche unbedingt ausserhalb des Priesterkollegiums standen und sich im allgemeinen wohl keines sonderlich guten Rufes zu erfreuen hatten, da man ihnen schöne Frauenleichname erst am dritten oder vierten Tage nach dem Tode überliess. Doch wurden weibliche Leichname auch von Frauen ein- balsamiert. Nachdem die Art des Einbalsamierens von den Hinter- bliebenen für den Toten bestimmt war, zeichnete der heilige 1) Plinius XIX, 5. 2) Herodot II, 85 u. 86. §) Diodor I, 91. - 384 - Schreiber (Yorzeichner, yqafxfxaTsvg) auf der linken Seite des Leichnams die Stelle, wo die Sektion vorgenommen werden sollte. Den Schnitt vollführte der Paraschist (Prosektor) mit einem scharfen äthiopischen Stein, lief dann aber eiligst davon, weil die Umstehenden mit Steinen nach ihm warfen, denn sie sahen seine Handlung als einen Frevel an der Leiche und ihn selber als eine hassenswürdige Person an. Natürlich war diese Ceremonie, welche bis in die Steinzeit zurückdatiert, rein symbolischen Charakters. Prof. Hyrtl hält ein in einer Mumie gefundenes Bronzemesser für das eines Paraschisten. Nachdem schon vorher mittels eines krummen Eisens das Siebbein zerstossen und das Gehirn durch die Nase oder auch durch die Augenhöhle aus dem Kopfe entfernt worden war, nahm einer der Einbalsamierer aus der vom Paraschist gemachten Öffnung die Eingeweide heraus. Alsdann wusch man den Unterleib mit Palmenwein, füllte ihn mit Myrrhen, Kassia und anderen Gewürzen und nähte den Bauch wieder zu. Darauf legte man den Leichnam 30 — 70 Tage lang in eine Salpeter- auflösung, reinigte ihn alsdann sorgfältig, bestrich ihn mit Oummi und umwickelte ihn mit Byssusbinden, welche man, um der Luft den Eintritt zu verwehren und um ein Ver- fluchten der aromatischen Stoffe zu verhindern, mit Harz tränkte. Die äusserst kunstvoll und solid angelegten Mumien- konvolute waren das Werk anderer besonderer priveligierten Familien, der Kolchiten, oder der Kephaim, d. h. Näher, wie sie in der Geschichte Jakobs genannt werden. Der Akt der Leichenbestattung wird uns in ganz inter- essanter Weise folgendermassen im Totenbuche geschildert: „Man öffnete den Schlund, um zu erweichen den Leib des Gottes Stillherz (Name des zu einem Osiris gewordenen Yer- storbenen). Sie wuschen dir deinen Schmutz ab, sie breiteten aus dein Auge, sie öffneten deinen Mund mit ihren eisernen Griffeln, es kam zu dir der Weinkelterer aus dem Weinkeller 1) W. Haeser: Geschichte der Medizin. S. 12. — 385 — mit einem gar herrlichen Kruge, es kamen zu dir die Leichen- hüter, sie hüteten deinen Sarg, es kamen zu dir die Klage- weiber bei dem Sarkophage, sie weinten an deiner Leichen- truhe u. s. w." ^) Mit grosser Ängstlichkeit hielt man darauf, dass die ein- zelnen Glieder des Körpers unversehrt und vollzählig bei ein- ander blieben, damit nach religösen Anschauungen später eine Wiedervereinigung von Leib und Seele stattfinden könne. In einem aegyptischen Totentexte heisst es nach Mariette's Übertragung: ,, Erstehe im Tazeser (heiliges Land, Ort der Vorbereitung, wo die Erneuerung vor sich geht), du erlauchte Mumie im Sarge; dein Fleisch und dein Gebein sind sämtlich an deinen Gliedern, deine Glieder sind sämtlich an ihrer Stelle, du hast deinen Kopf fest auf deinem Halse und hast dein Herz." Auf einem aegyptischen Sarge im Museum von St. Gallen ist nach T. Zündel in Hieroglyphen zu lesen: Spricht (Gott) Anubis; 0. Sepunisi (jeder Tode wird als ein Osiris angesehen) ich versammele deine Gebeine, ich ver- einige deine Gelenke, ich zähle deine Glieder, ich gebe, dass wie ein Gott du habest deine Feinde unter deinen Sohlen."-) Neben der Mumie Nr. 5 des Sarkophagensaales im aegyptischen Museum zu Berlin finden sich in einem besonderen Kästchen die einbalsamierten Innern Organe des Körpers, denn man pflegte Herz, Leber und Eingeweide eigens zu konservieren und in besonderen Gefässen aus Alabaster, Kalkstein, Thon und Holz — die schönsten wurden in der Stadt Kanopus gefertigt — sorgfältig aufzubewahren. Jede Vase trägt als Deckel den Kopf desjenigen Genius, dem sie geweiht ist. Die vier Totengenien Messen: Amset, Hapi, Tuamet-f und Kebsenuf. Amset ist menschenköpfig, Hapi afPenköpfig, Tuamet-f schakalköpfig und Kebsenuf sperber- 1) Totenbuch I, 6. Citiert von H. Brugsch: Hieroglyphisch-de • motisches Wörterbuch I. 234 und 235. 2) Zeitschr. f. aegyptische Sprache und Altertumskunde 1864. S. 47. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. ^& — 386 köpfig dargestellt (Fig. 157 ii. 158.) Den Aiissenwänden der Kanopen wurden hieroglyphische Inschriften aufgemalt oder eingraviert. Sie enthalten grösstenteils Anrufungen und Gebete an die Schutzgöttinnen der von ihnen verwahrten Organe: Isis, Nephthys, Neith und Selk. Gefässe dieser Art von verschiedener Grösse und Form und verschiedenem Material sind am genannten Orte, der aegyptischen Abteilung des Berliner Museums, ferner in Paris, London, Leyden u. s. w. in reichen Kollek- tionen anzutreffen. Fig. 157 : Kanopische Vasen mit Genian- köpfen. Die Vasen sind gelb gemalt; bei Vase 1 : das menschliche Gesicht rot, das Haar blau ; bei Vase 2 : das Hunde- affengesicht rot, der Hinterkopf blau ; bei Vase 3: das Schakalsgesicht schwarz, der Hinterkopf blau; bei Vase 4: Das Sper- ^^S- 15S: Totengenien auf einer bergesicht gelb, der Hinterkopf blau. Lotusblume. Aus einem Papyrus. (Nach Eoseil. II, 45.) (Descript. de l'Egypte. A. vol. II, 72.) Neuere Untersuchungen an aegyptischen Mumien von selten Penichers bestätigen die Angaben Herodots und Diodors. Den Resultaten seiner Forschungen zufolge, wurden die Leichen zunächst längere Zeit in Salzwasser gelegt, ab- getrocknet und in einem Ofen leicht gedörrt. In die Öff- nungen des Körpers goss man hierauf Cedernharz oder Asphalt, um die Feuchtigkeit zu beseitigen und zugleich die weichen Teile und die Haut damit zu durchtränken und zu verhärten. Nach ßlumenbach setzt sich die Einbal- saraierungsmasse aus Myrrhen, Kolophonium, Lada- num (Schleimharz von Cistus ladaniferus L., XccSavov der Alten) und bei feineren Mischungen aus Cedernharz zu- sammen , dem man noch verschiedene wohlriechende Ingre- dienzen beifügte. -- 387 — Johns Untersuchungen der Einbalsamierungsmasse er- gaben eine grössere Quantität Harz von der aleppischen Tanne (Pinus halepensis Ait.) , ferner entweder Asphalt, den die Aegypter aus Babylon, Susa, Phoenizien oder vom toten Meere bezogen, oder eine analoge Substanz, vielleicht Cedern teer oder Pech ; sodann fand sich auch ein Pflanzen- extrakt, der nach John aus Tamarinden- oder Cassiamark gewonnen sein dürfte. Der Balsamierungsstoff erscheint gegen- wärtig als eine dunkle, kaffeebraune, harte, spröde Substanz, von einer weissen Effloreshenz überzogen. ^) Dass auch Cedernholzspäne mit zum Einbalsamieren benutzt wurden, bezeugt nicht nur die hieroglyphische Be- zeichnung us-n-äs im Berliner medizinischen Papyrus 2, 2.,*-^) sondern auch reiche Funde aus der aegyptischen Gräberwelt. So werden u.a. im aegyptischen Museum zu Berlin, historischer Saal, Ostwand unter Nr. 7013 u. 7014 Mumienharz "und Cedernholzspäne (Pinus cedrus L. = Cedrus libanotica Lk.) aufbewahrt. Die weniger bemittelten Aegypter wählten nicht die so- eben beschriebene erste Art der Einbalsamierung, sondern die zweite, weniger kostspiehge. Hierbei wurde der Leib nicht geöffnet, sondern es wurde ihm mittels einer Köhre flüssiges Cedernharz durch den Mastdarm eingespritzt, welches Magen und Eingeweide auflöste. Dann legte man den so präparierten Leichnam 70 Tage in eine Salpeterlösung, wodurch alle wei- chen Teile zerstört wurden und nur Haut und Knochen er- halten blieben. Die arme Bevölkerung beschränkte sich auf die dritte einfache Art des Einbalsamierens, wobei man den Leib des Leichnams reinigte und ihn 70 Tage lang in eine Saizauflösung brachte. Vielfach scheint auch von den Är- meren das Einbalsamieren gänzlich unterlassen worden zu sein, denn man hat in den Nekropolen zu Theben wie zu Memphis skelettartig ausgedörrte Mumien gefunden, welche 1) V. Minutoli a. a. 0. S. 342—344. 2) H. Brugsch: Hierogl.-demot. Wörterbuch. I, 272. 25* — 388 - in Schilf, Palmen zweigen und Lumpen gehüllt oder auch in einem Korbgeflecht bis zu 1 m Tiefe im Sande verscharrt lagen. Viele derselben sind nackt beerdigt worden. In den ältesten Zeiten war der Brauch, Leichname zu konservieren nicht allgemein, dennMariette hat in Saqqarah Massen- gräber einfach Beerdigter entdeckt. ^) Mit der sorgfältigen Erhaltung des Leichnams in Mumien- gestalt verknüpfte man bekanntlich den Glauben an eine drei- tausendjährige läuternde Wanderung der, Seele durch Tier- körper, nach welcher sie wieder mit ihrer ursprünglichen irdischen Hülle vereinigt wird. Daher die ängstliche Sorge der Hinterbliebenen, dass alle Glieder des Verblichenen am Körper, oder doch wenigstens im Sarkophage blieben. Die Lehre von der Seelenwanderung entsprang zweifellos gesundheitlichen Massregeln. Da die Wasser des Nil bei ihrem Austritte die Gräber aufwühlten, und die freigelegten ver- wesenden Leichen ein Heer von pestilenzialischen Krank- heiten erzeugen mussten, war es geboten, die Leichen zu kon- servieren und in hoch gelegenen Felsenscbachten beizusetzen. Über die Sarkophage aus Sykomoren- oder Cordiaholz ist bereits auf S. 283 das Wesentlichste mitgeteilt worden , und es bleibt nur noch übrig, an dieser Stelle nachzutragen, dass sich Unbemittelte mit einem Pappkasten begnügten und dass man besonders kostbare Särge erst mit Leinwand mittels Leim bezog, diesen Überzug mit einer dicken Schicht von geschlemmter Kreide mit Leimwasser deckte, und dieser Schicht abermals einen Leinwandüberzug mit einer zweiten Kalkgrundierung folgen Hess. Auf der Grundierung erscheint endlich die Malerei, d. h. der Anstrich und die Hieroglyphen entweder mit blosser Leimfarbe oder mit einem Zusatz von Kreide aufgetragen. Die Malereien sind mehrfach mit einem glänzenden Firnis überzogen. Dieser besteht aus Harz und beweist, dass den Alten der Gebrauch des Terpentin als auf- 1) Revue archeolog. 1869. 1 u. 2. - 389 — lösendes Mittel bereits bekannt war. ^) Viele erhielten noch einen Steinmantel von rotem oder schwarzem polierten Gra- nit oder Basalt in Miimiengestalt. Eine eigentümliche Art der Mumienbeisetzung scheint hier und da im Delta gebräuch- lich gewesen zu sein. Man hat nämlich die Leichname in zwei übereinandergestürzten Terracottagefässen gefunden. Die- selben haben die Gestalt eines Ibiskopfes und sind an den zu- sammenstossenden Rändern mit Kalk verkittet Hebt man den gewölbten oder flach gehaltenen Deckel des Holzsarges in die Höhe, so erblickt man eine von Linnen- oder Kat- tunstreifen zusammenge- pappte Maske, welche die ganze Mumie vom Kopf bis zu den Füssen bedeckt und öfters noch mit Gips über- zogen ist. Der Kopf der Maske, bei den Männern pig. 159a: Mumie Amennotep i. (xviii.Dy- daS Antlitz des Osiris, bei nastle, um leOO v. Chr.) mit Blumengewinden. IT.-, 1 1 T • 1 Gräberfund von Der-el-Bahari (Theben) , am den Jbrauen das der Isis dar- ^ t v ,0^, b Juli 1881. stellend, ist bunt bemalt und gemeiniglich grün gehalten, weil grün die symbolische Farbe des Osiris ist. Dieselben Gesichter wiederholen sich zumeist auch noch in erhabener Arbeit auf dem Holz- oder Stein- deckel der Sarkophage. (Fig. 159 a.) Am Leibe herunter trägt die Umhüllung mancherlei Vergoldungen und gemalte mytho- logische Figuren und Symbole. Unter der Maske ruht der Leichnam selbst, Leib und Glieder zunächst von Byssus um- wickelt und alsdann noch in Byssusstreifen eingeschnürt, so dass man an der Gestalt weder Kopf noch Gliedmassen unterscheiden kann. Auf seiner Brust fiudet man meist die Symbole des Ptah und Osiris, das Bild des Scara- bäus oder auch das offene Auge als Zeichen der Unsterblich- keit aufgemalt. Finger und Nägel der Mumien sind häufig 1) Prof. John bei v. Minutoh a. a. 0. 336u. 337 — 390 -- vergoldet oder rot bemalt und die Mumie selbst mit einem Perlennetz geschmückt. (Mumie Nr. 5 und Nr. 33 im Sar- kophagensaal des aegyptischen Museums zu Berlin), i) Die Sarkophage wurden mit einem Fassgestell versehen und aufrecht an die Wand der Katakomben gelehnt, nach- dem man dem Toten, je nach seinem Stande, mancherlei Sachen und Geräte, mit denen er im Leben hantierte, in den Sarg hineingethan hatte. So begleiteten den Landmann Saatbeutel, Hacke u. s. w., den Krieger seine Waffen, den Arzt chirur- gische Instrumente, die Frauen Spiegel, Kämme, Ohrge- hänge, Halsgeschmeide, tausenderlei verschiedene Nippes aus dem Boudoir besonders vomToilettentisch, die Kinder Ball, Puppe und anderes Spielgerät in den Sarcophag. Götter- und Uschebti- Figuren , Amulette und als Toten speisen: Früchte, Samen, Kuchen, Brote, Linsen-, Gersten-, Weizenbrei, Sträusse, Blu- mengewinde u. s. w, schlössen sich ihnen als weitere un- entbehrliche Gaben für den Seligen an. Eine besondere Spe- zies der Totengaben bilden die sogenannten Phylakterien, früher fälschlich sämtlich für Anatheme gehalten. Dies sind Täfelchen aus Elfenbein, Stein und Thon mit Nachbildungen von Augen (Ütu-Augen, Ohren (1—4 an der Zahl), Fusssohlen, Fingern u. s. w. Ihre Bedeutung ist klar Die Utu- oder 1) Dem Verfasser ist es aus den ersten Jahren seiner Kindheit recht lebhaft in der Erinnerung geblieben, welch ein heilloser Schrecken ihn erfasste, als er sich bei einer heimlich unternommenen Entdeckungs- reise nach lädierten Rosinen- und Feigenkisten und anderen verlockenden Frachtgütern auf dem Schiffe seines Yaters in Hamburg plötzlich in Gesellschaft von Mumien versetzt sah, welche teils in grell be- malten Holzsärgen, teils in zerrissenem oder gelockertem Convolut an der Wand des Schiffraumes lehnten und ihn so fürchterlich anstarrten, dass ihm der Feigenbissen im Munde stecken blieb und er durch einen kühnen Sprung durch die offene Wandluke den seltsamen Gästen zu entkommen suchte. Sie waren, wie er später vernahm an einige Apotheken Deutschlands adressirt, die das Mumienharz ver- wenden wollten.^ Noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kaufte man in Europa sehr gut konservierte Mumien für 30 — 70 Mark - 391 — Uza-Augen sollen deai die Ewigkeit D archwandelnden ein ge- schärftes Gesicht verleihen, die Ohren sein Gehör schärfen für die Fragen, welche in der Unterwelt an ihn gerichtet werden, und die Fasssohlen, dem Schutze des Anubis anver- traut, sollen ihn auf seinem Pfade behüten and den rechten Weg leiten. Als diejenigen Gottheiten, welche den Seligen am Eingang zum Taser das Gehör verleihen und Schützer des Gehöres sind, nennt das Totenbuch und der Papyrus E b e r s Amon-Ra, Ptah, Ap-heru und die Göttin Nebet-hetepJ) Vornehme Aegypter gestatteten sich zudem den Luxus, ausser besonderen Stelen, die von ihrem thatenreichen , den Göttern wohlgefälligen Leben sprechen, auch ihre Statuen ent- weder einzeln oder en famille in den Grabkammern aufstellen zu lassen. Der Transport solcher Statuen wird uns in dem be- rühmten Grabe des Ti, nördlich von der sogenannten Stufen- pyramide im Saqqar ah bildlich dargestellt. Das Einbringen der Figaren geschiebt mittels einer hölzernen Schleife. Über der einen Bildsäule liest man in hieroglyphischen Zeichen: „Das ist die Bildsäule aus Dornakazienholz (Acacia nilotica L. hieroglyphisch : sent) des verstorbenen Ti ^j.^' Niemals aber vergass man den Leichenpapyrus, d. h. eine teilweise Abschrift des Totenbuches mit beizulegen. Der Inhalt desselben bezieht sich auf das Begräbnis, die Auferstehung, die Rechtfertigung, die Wanderang, auf den Aufenthalt in den himmlischen Gefilden, auf die Begegnung mit den verschiedenen Göttern und auf das Totengericht über den Yerstorbenen vor dem Throne des Osiris. ^) 1) Gr. Ebers: Einige Inedita. Zeitschr. f. aegypt. Sprache und Altertumskunde. Jahrg. 1880. S, 58 ff. 2) H. Brugsch: Die alteegyptische Gräberwelt. Leipzig 1868, S. 15 u. 16. 3) Eine neue Edition des Totenbuchss von E. Nawille wird so- eben von A. Aschor & Co., Berlin angekündigt. Der erste Band dieser bedeutenden Arbeit wird 212 Tafeln mit Text und Vignetten enthalten, der zweite Band, dem eine Einleitung gratis beigegeben werden soll, bringt auf 224 Blättern 448 photographierte Tafeln. 392 2. Mediziiiisclie Crewächse. Obgleich die Odysse^) über Aegypten kündet: „Dort bringt die fruchtbare Erde mancherlei Säfte hervor zu guter und schädlicher Mischung" und auch Plinius^) das Land mit frugum fertilissima bezeichnet, so weiss er doch nur eine kleine Anzahl heilkräftiger Pflanzen zu nennen, die in Aegyp- ten im Gebrauche waren. Auch die übrigen alten Schrift- steller schweigen hierüber, und so ist unser Wissen über diesen interessanten Gegenstand ein höchst dürftiges und lückenhaftes. Dazu kommt, dass die in den Rezepten der medizinischen Papyri angeführten Pflanzen zum grossen Teil Bezeichnungen tragen, die für den Forscher unverständlich sind^ da sie weder in Verbindung mit dem Texte noch nach etymologischer Seite hin für die Richtigkeit dieser oder jener Annahme nicht den geringsten Anhalt bieten. G. Schweinfurth äussert sich über diesen Punkt der altaegyptischenPflanzenhistorie folgendermassen : „Yiele Namen der Pflanzen und Pflanzenstoffe im Papyrus Ebers und Harris sind nicht zu deuten. Man kennt überhaupt nur einige alte Pflanzennamen, deren Deutung meist auf der An- gabe der altklassischen Autoren oder auf etymologischen Auskunftsmitteln beruht. Manche aegyptische Pflanzennamen haben sich nämlich sehr wenig verändert, indem der arabische Dialekt des heutigen Aegyptens sie aus dem Sprachschatze mit herübernahm. Immerhin wird die Aufgabe der Deutung alter Pflanzennamen mit Hilfe der heutigen eine überaus schwierige und umfangreiche sein , da der unermessliche Sprachschatz aller semitischen Dialekte nach dieser Richtung hin zu durchmustern ist, von vielen aber die Pflanzennamen noch sehr wenig bekannt sind, indem die Reisenden und Sammler dem Gegenstande (Vulgärnamen der Pflanzen) bis^ her leider nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. 1) Odysse IV, 299 ff 2) Phniua, XXI. 15. - 393 — Ausserdem sind noch viele Gebiete der semitischen Welt, darunter wahre Stammsitze und Centralpunkte der Sprach- entwickelung, wie z. B. Nedschd, Hadramaut und das Land der Mahra , jener Abkömmlinge der alten Himyariten , die ihre eigene semitische Sprache bewahrt haben, im botanischen Sinne durchaus terra incognita geblieben."^) Wie der gelehrte Autor an gleicher Stelle mitteilt, arbeitet er gegenwärtig mit seinem Freunde P. Ascherson im gedachten Sinne an einer Pflanzenliste, die für die Aegypto- logen und Botaniker von Pach von höchstem Interesse sein dürfte. Anbetracht des Umstandes, dass die im Totenbuche und den medizinischen Papyri aufgeführten offiziaellen Pflanzen nur in Verbindung mit diesen und jenen Bestandteilen des Mit- tels genannt werden oder nur einfach die Porm des Medika- ments angegeben worden ist, Messe es die Leser langweilen, wollte ich sie mit einer trockenen Aufzählung der von mir exzerpierten zahlreichen hieroglyphischen Bezeichnungen me- dizinischer Pflanzen belästigen. Hier nur einige häufig wiederkehrende Namen. Pep, im Berl. mediz. Papyrus, p. 9, 2. 3 erwähnt, wird von H B r u g s c h ^j für eine Pfefi'er- strauchart gehalten. Ist die Deutung des gelehrten Autors auch eine richtige , so dürfte sich doch schwer bestimmen lassen, weiche von den zahlreichen Arten auf Handelswegen von Indien nach Aegypten gebracht wurden. Im medizinischen Papyrus zu Berlin (pag. 3, L. 5) gilt pix terebinthina (Pistacia therebinthus L.) und Galle mit Honig vermischt als Mittel gegen die Pleckenkrankheit. Pag. 4, 1. 2 wird als Mittel gegen Anschwellung die Amham- pflanze mit Seesalz und Honig zerrieben empfohlen. Entzün- dungen hebt eine Einreibung mit Honig, den man durch die Tehettpflanze oder C h e m c h e m pflanze wirksam gemacht 1) G. Schweinfurth: Neue Funde a. a. 0. S. 197 u. 198. 2) H. Brugsch: Hierogl.-demot. Wörterbuch II. 466. - 394 - hat (pag. 7 , 2. 7) ^). Im g n o s t i s c h e n Papyrus zu Leyden heisst es über die Amapflanze wörtlich: „Mittel gegen Taubheit oder Ohren schmerzen. Dies ist eine Pflanze, welche aussieht wie Poeniculum. (?) Die Blätter an ihrem Stamme sind eingeschnitten , gerade wie bei der Pflanze „Männerlieb". Zerreibe sie trocken, solltest du krank werden, so thue es (das Zerriebene) zu Betonica offcinalis (?), lege es auf jedes Ohr, wo die Taubheit ist, bis dass sie aufhört." Die dürftig angedeuteten Kennzeichen aus dem- Habitus dieser Heilpflanze lassen auf ein Farnkraut schliessen. Gehörkrankheiten müssen mit zu den verbreiteten Übeln des altaegyptischen Yolkes gezählt haben, denn Darstellungen von Ohrenkranken und Ohren-Instrumenten sind auf ihren Denk- mälern nicht selten.^) Unter dem Namen saäu wird im medizinischen Papyrus zu Berlin (pag. 4, 3) eines Tränkleins Erwähnung gethan, dessen Natur noch zu be- stimmen ist. Nach H. B rüg seh dürfte vielleicht das Wort verwandt oder identisch sein mit sa, saui --= Weinstock, Wein.") Ein in den medizinischen Papyri häufig wieder- kehrender Name einer offiziellen Pflanze ist x^^ = Honig- pflanze;'*) ebenso wird der Apet-^) und Ter pflanze^) nicht selten Erwähnung gethan. Letztere war nicht nur offizineil. sondern wurde auch zum Färben von Stoffen benutzt. Im Papyrus Ebers wird auch eines Traktates übei die verschiedene Yerwendung des Teqembaumes gedacht, Cyperus wird an mehreren Stellen als vorzügliches Medi- kament gepriesen and die Wirksamkeit der Pflanze gegen 1) H. Brugsch: Über die medizinischen Kenntnisse der alten Aegypter u. s. w. a. a. 0. S. 56. 2) Wilkinson: Customs and manners of the ancient Egyptians. London 1837-1841. I. vol. III, p. 395. 3) H. Brugsch: Hieroglyphisch-demotisch. Wörterbuch IV, 1423. 4) III, 1063. 5) I, 119. 6} IV, 1653. — :3D5 — Blasenleiden ganz besonders hervorgehoben, auch findet sie sich unter den Droguen des Kyphi vermerkt. ^) Augenfällig ist die Übereinstimmung eines Urinabfiihr- mittels im Papyrus E b e r s '-^j mit einem von Dioscorides zu gleichem Zwecke verzeichneten.^) Dasselbe setzt sich im Papyrus Ebers (nach Lieblein) zusammen aus crocus, (echter Safran, Crocus sativus L.), lactuca (Lattich), mel (mel ex aere des Plinius, Hedysarum Alhagi L. ?), balsamum (Bal- sam) und bacca juniperi ( Wachholderbeeren , Juniperus phoenicea L.). Dioscorides Kezept dagegen lautet: Ari radix en mulso cocta baccarum juniperi decoctum carpobal- samum, apobalsamum, lactuca, crocus. Sichereren Aufschluss, als die Urkunden der Aegypter geben uns die wenigen dürftigen Nachrichten alter Schrift-- steller über diesen Gegenstand. So erwähnt Herodot^) eine Salbe, durch welche die Aegypter ihre Haut geschmei- dig erhalten und üble Ausdünstungen des Körpers unter- drücken. Da er die Salbe Kiki nennt und angiebt, dass sie aus dem Samen der Silicyprienpflanze bereitet werde, so wissen wir, dass er den Eicinusstrauch (Ricinus communis L.) meint (s. S. 337 — 340). Über die Yerwendung des Ricinusöls zu gleichem Zwecke berichtet auch Strab on.^) Von weiteren Heilmitteln, welche nachweislich im alten Eeiche zur Anwendung kamen, sei die Meerzwiebel (Scilla maritima L.) genannt, die, an den sandigen Küsten des mittel- ländischen Meeres sehr verbreitet, an 2 — 4 Pfund schwere Zwiebeln entwickelt. Die alten Aegypter, welche sie poetisch „Typhons Auge" ^) nannten , haben ihre medizinische Wir- kung sehr wohl erkannt. Sie diente bei ihnen, wie noch in 1) Papyrus Ebers: 25, 1. 38, 8. 9. 40, 13. 50, 17. 73, 14. 98, 16. 2) Papyrus Ebers 53, 13—17. 3) Dioscorides: De materia medica II. c. 112. 4) Herodot II, 94. 5) Strabon XVII. c. 2. § 5. 6) Jablonsky: prolegom. ad Panth. § LYIII, p. CXXX. — /396 — der heutigen Heilkunde , wegen des in ihren schleimigen Häuten enthaltenen harntreibenden Scillitin, als ein pro- bates Mittel gegen die Wassersucht, und es wird er- zählt, dass man dem heilkräftigen „Auge des Typhon" zu Ehren sogar einen Tempel in Pelusium errichtet habe. Über ihre Verwendung sagt Pinius: „Man nimmt die äusseren trockenen Schalen ab, schneidet den übrigen saftigen Teil in Stücke und hängt sie in massiger Entfernung an Fäden auf. Wenn sie trocken sind , werden sie hängend in ein Gefäss, das mit scharfem Essig angefüllt ist, eingetaucht, ohne das Gefäss zu berühren. Dies geschieht 48 Tage vor der Sonnen- . wende. Dann wird das Gefäss mit Gips zugemacht und ver- strichen und unter ein Ziegeldach gesetzt, das den ganzen Tag von der Sonne beschienen wird. Nach der genannten Zahl von Tagen nimmt man das Gefäss von der Stelle, nimmt die Meerzwiebeln heraus und filtriert den Essig." Es folgt nun eine Aufzählung von Krankheiten , gegen welche die die Meerzwiebel mit Nutzen zu gebrauchen ist, so gegen Augenkrankheiten, Wassersucht, Milzkrankheiten, Magenbe- schwerden, Zahnweh, Schlangenbiss u. s. w. NachPytha- goras muss man Meerzwiebeln an der Thür aufhängen, um gegen Zauber gefeit zu sein.^j ImHerapollo ist auch des bekannten Frauenhaars (Adiantum capillus Yeneris L.), einer sehr verbreiteren Farn- art, als Mittel gegen die Bräune gedacht.^) Der Anwendung des Feigenpflasters gegen Ge- schwüre und Pestbeulen ist schon oben Erwähnung gethan.^) Vom aegyptischen Stratiotes, das nur in den Gegen- den wachsen soll, die vom Nil überschwemmt werden, rühmt Plinius, dass die Blätter, mit Essig aufgelegt, Wunden^ Rose und Eiterschäden heilen.^) 1) Plinius XX, 39. 2) Herapollo: Hierogljph. II, c. 93, p. ]26. 2) Vergl. Plinius XXIII, 63. Dioscorides I, 183. 4) Phnius XXIV, 105. 397 Die gebräuchlichen Medikamente führten die aegyp- tischen Ärzte in einem besonderen Kasten bei Krankenbe- suchen mit sich. Ein solcher aegyptischer Medizinkasten steht unter Nr. 88 im Gräber- saal des aegjptischen Mu- seums zu Berlin. Derselbe stammt aus Quam ah (Theben), war, wie wir aus seinen Inschriften erfahren ein Geschenk des regie- renden Herrschers an die Witwe des Königs Mentuhotep (XL Dy- nastie) und diente der Fürstin als Reise - Apotheke. (Fig. 159 b.) Der hölzerne Kasten, welcher einen gewölbten Deckel besitzt , um- schliesst einen kleineren Kasten. In diesem steht auf einem leichten Gestell ein Korb von feinem Strojn. Der Korb enthält sechs Yasen, fünf aus Alabaster und eine aus ■dunklem, weichem Serpentin. Neben den Yasen, welche verschiedene Medikamente enthielten , lagen zwei Löffel, ein Meines Näpfchen und fünfundzwanzig verschiedene Kräuter- wurzeln. In den Händen der Priester, als ein Teil des Gottes- dienstes, nicht als freie Kunst geübt, konnte die Medizin nur einen sehr geringen Grad der Kultur erreichen. Gleichweit von wissenschaftlicher Bearbeitung, wie von sorgfältiger Yer- bindung mit dem Studium der Beobachtung entfernt, war und blieb sie auf die blinde Befolgung der einmal herkömm- lichen Regeln beschränkt. In träger Ruhe empfingen die Söhne der Priester als ein Heiligtum die Kenntnisse ihrer Eltern und pflanzten sie unverändert auf ihre Nachkom- men fort. Aber noch weit hinein in die Jahrhunderte tragen sich zu den aufstrebenden Kulturvölkern der Griechen und Römer Fig. 159b : Eeiseapotheke der Kö- nigin Mentuliotep (aus Quarnah, XI. Dynastie), im Gräbersaal des aegyptiscben Museums zu Berlin. - 398 - und in die Medizin des Mittelalters geheimnisvolle Klänge von der mystischen Kunst im alten Wunderlande, und gar zu gern werden von griechischen und römischen Ärzten und den Heilkünstlern und Alchimisten des wundergläu- bigen Mittelalters poetische Bezeichnungen für heilkräftige Pflanzen gewählt, die aus der Mythologie der Aegypter herausklingen und wohlgeeignet waren, die Kunst der späteren Jünger des Thot in den Augen des Volkes zu heben und mit einem Glorienschein zu umziehen. So hiess der Epheu die Pflanze des Osiris, das Eisenkraut (Yerbena offi- cinalis L.):Thräne der Isis, der B e i f u s s (Artemisia vul- garis L.): Herz der Bubastis, der weisse An dorn (Mar- rubium vulgare L.): Same des Horus und die Meer- zwiebel (Scilla maritima L.) : Typhons Auge. Bemer- kenswert ist schliesslich, dass die alten Apothekerzeichen für Drachme und Skrupel altaegyptischen Zahlenzeichen entnom- men sind. X. Pflanzenformen im Dienste der altaegyptischen Kunst. erfolgen wir die Spuren der Kunstanfänge und ihre allmähliche ästhetische Weiterentwickelung, so tritt uns überall das Abhängigkeitsverhältnis der Kunst zu der umgebenden Natur in markanter Weise entgegen ; und in Wahrheit ist die Kunst durch die Natur begründet, durch sie allein möglich gemacht; denn der Mensch als Naturwesen, vermag seine Welt künstlerischer Ideen nicht von der Basis des Sinnlich-Wahrnehmbaren zu lösen. Daher verraten die all erältesten Kunsterzeugnisse der Völker in ihrer Primitivität und Mannigfaltigkeit stets ein Anlehnen an gegebene Formen, ein spekulatives Belauschen und Beobach- ten der Natur, das auch da noch unverkennbar ist, wo die Phantasie des schaffenden Geistes sich von einem sklavischen Nachgehen der Contour, von einem schematischen Kopieren frei zu machen und etwas von der Natur Abweichendes, Höheres, Übersinnliches zur Darstellung zu bringen sucht. Den reinsten unmittelbaren Ausfluss sinnlicher Anschau- ung und spekulativer Beobachtung repräsentiert unstreitig in allen ihren Zweigen die bildende Kunst der alten Aegypter, namentlich aber erhält die Architektur und Ornamentik, die teils rein naturalistisch , teils leise verhüllt die Haupt- — 400. — typen der altaegypti sehen Flora in voller Lebendigkeit wider- spiegeln, ihre scharfes individuelles Gepräge. Schon die gigantischen Pyramiden-Kolosse , welche die ersten der Pharaonen als riesige Sargdeckel auf ihre Gräber stülpten, verraten den Charakter der pyramidalen Bergkegel der nubischen Wüste; und blicken wir von diesen Zeugen imponierender Menschenkraft ein Jahrtausend weiter hinein in das Dunkel der erwachenden Kultur, so finden wir in den ersten" Kunstäusserungen des Nilvolkes, die zunächst dem Selbsterhaltungstriebe entwachsen, getreue Kopieen der 'Naturszenerie. Zusammenstehende Palmenbäume, die mit ihren überhängenden Wedeln dem prosemitischen Ansiedler Schutz vor Sonnenbrand und glühendem Windhauch gewähren, werden das Modell zu seiner einfachen Hütte, die sich aus senk- recht aneinander gestellten Palmenstämmen und quer darüber gelegten Palmenzweigen oder Palmenästen zusammensetzt. Eine Thür aus Lattenwerk verschliesst den Eingang zur Woh- nung. Nach und nach wird der primitive Holzbau zier- licher, die ungefügen Palmenstämme verschwinden, Bretter- wände mit Fenstern und hervorspringenden schmalen säulen- förmigen Pfosten und schmuckem Gitterwerk treten an ihre Stelle. Zwar ist uns von Holzbautenresten aus prähistorischer Zeit nichts erhalten geblieben, aber die fast gleichzeitig mit den Pyramiden entstandenen Gräber gehen in ihrer archi- tektonischen Anlage und ihren ornamentalen Verzierungen auf den Holzbau der ersten Kulturepoche zurück, modeln denselben gewissenhaft nach und unterrichten uns auf das anschaulichste auch über die kleinsten Details.^) So z. B. 1) Die ältesten Gräber der alten Aegypter sind keine Felsen- kammern, sondern Freibauten aus Quadern von Kalkstein oder Ziegeln in Form einer rechteckig abgestumpften Pyramide, alle von Norden nach Süden gerichtet. Wegen ihrer niedrigen , länglichen Gestalt, welche lebhaft an die in den orientalischen Wohnungen gebräuch- lichen Ruhebetten erinnert, nennen sie die Araber Mastaba, d. h. Bänke. Die Grösse der Mastaba ist sehr verschieden. Wir finden Totenwoh- — 401 — stellt die Decke mehrerer der ältesten Gräber aus Gizeh UDd Saqqarah (IL u. III. Dynastie, 4130—4000. — 3960 — 3760) eine Lage von nebeneinander liegenden Palmen- stämmen dar, und der Künstler hat die natürliche Vorlage so sklavisch kopiert, dass an diesen steinernen Stämmen nicht einmal die eigentümliche Schuppenbildung der Rinde vergessen v^orden ist. Ein weiteres Element, das sich aus der Holzkonstruk- tion in den Kalkstein- und Granitbau der Felsengräber her- übergerettet hat, ist jener starke runde Cylinder über der Grabthür. Derselbe repräsentiert ursprünglich einen ein- gefalzten mit Zugschnüren versehenen drehbaren Rundstab aus Palmen- oder Akazienholz. Auf diesem war eine den Eingang verschliessende Matte oder ein Teppich befestigt, die sich beim Aufziehen um den Rundstab wickelten. Das Rund- stabmotiv dient in modifizierter Form auch auf Stelen aus gleicher Zeit als ornamentales Element. So geben Perrot und Chipiez in ihrem vorzüglichen Werke die Abbildung einer Stele in Gestalt einer rechteckigen Fa9ade (IV. Dynastie 3730 — 3600 V. Chr.), deren krönender, friesartiger Streifen sich aus kleinen Rundstäben zusammensetzt, doch stehen dieselben aufrecht nebeneinander und sind an ihrem oberen Ende eiförmig abgerundet.^) In den Füllungen des oberen Teils der Fa9aden der nungen von 53 m Länge und 26 m Breite; bei andern stellt sich das Verhältnis wie 66 : 23, 52 : 25, ja 8,4 : 5,9 m. Die Höhe beträgt bei den grösseren 8 — 9 m, bei kleineren kaum 4 m. Der riesige Friedhof bei den Pyramiden, in dessen Kammern viertausend Jahre lang die Toten millionenweis aufgespeichert worden sind, ist über 5 Meilen lang und durchschnittlich 2 — 3 km breit. Über Einrichtung^ Ausschmückung u. s. w. der Mastaba siehe die farbenprächtige an- schauliche Schilderung in G. Ebers: Cicerone durch das alte und neue Aegjpten. Stuttgart und Leipzig 1886. L S. 128 fi. ; ferner Perrot u. Chipiez: Kunst im Altertum. D, v. R. Pietschmann L S. 166 ff. 1) Perrot u. Chipiez a. a. 0. I. S. 465 ff. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. ^6 — 402 — ältesten Gräber, ebenso auf den Stelen aus dieser Periode finden wir als erstes dekoratives Ornament das gestielte Lotusblatt; zwar ziemlich stark stilisiert, doch immerhin noch so wenig verhüllt, dass dies Element sofort sein Vorbild er- kennen lässt. Vielleicht schmückte es in prähistorischer Zeit in natürlichem Zustande die Aussenwände der Asthütten der ersten Ansiedler and schützte durch göttliche Kraft das dürftige Heim gegen den Zauber der Dämonen. In dieser symboHschen Bedeutung ging es dann in die primitive Holz- ornamentik über und fand zur Zeit der Pyramidenerbauer und noch in den Felsengräbern des mittleren Reichs (XII. Dynastie) als Symbol der Wiedergeburt und Auferstehung an den Fa9aden aufs neue seine Verwendung. (Fig. 166.) Die Form dieses alten Ornaments ist nicht immer die gleiche. Gewöhnlich stellt es, wie in obiger Figur, zwei mit ihren Stengeln gegeneinander geneigte Lotusblätter dar. Die Stengel, unmittelbar unter dem Ansatz der Blattfläche mit 3 — 5 Bändern zusammengeknotet, laufen gabelig rechts und links in die Ecken der Füllung hinab. Vielfach sind auch die beiden Hälften der Blattspreite unsymetrisch , alsdann entstehen je rechts und links oben weitbogige Blattausschnitte, während die beiden unteren verschwindend klein ausfallen oder nur durch eine rundliche oder faltige Vertiefung ange- deutet werden. Im andern Falle sind die Blattflächen glocken- förmig, die Blattlappen berühren sich gegenseitig nicht mit .;i^iren; Spitzen, und das Ornament verliert seinen geschlosse- .;]aßfi:. Charakter. 1) 9ioi89hAii' den Denkmälern aus der Zeit der IV. u. V. Dynastie ^Ifkäi^ltW^^^Mj! auch bereits ein zweites Ornament, dessen 'mÖti^y'. aeiii Manzenreiche entlehnt wurde. Der Rundstab, wefciier unmittelbar unter dem Hohlkarnis der Wandfläche y^ijit;lapgf,l2i,|aft,.j;in(ii;;^uch Teile der FaQade einschliesst, stellt .*rf .V .(] .lu i'Ti '\ 1 1 /: rn i *>.n. 1) Füllung an den Aussenwänden des Sarkophags des Chu- fuamh, IV. Dynastie, im Museum zu Bulaq. Abgebildet bei Ferrot u. Chipiez: Kunst im Altertum I. S. 183 u. 184. 40)3 augenscheinlich nichts anderes dar, als ein von schmalen Bändern umflochtenes Rohrstabbündel (^Arundo Donax L.)J) Fig. 160: Holzsäulchen mit Lotusblumen und Lotusknospensclimuck (Malerei). Fig. 161: Von einem Ädiculus (V. Dynastie). Fig. 162: Kapital von einem Holzsäul- chen. (Malerei). Fig. 163: Von einem Ädiculus (V. Dynestie). Fig. 164: dess?leichen (VI, Dynastie). Fig. 165: Kapital in Gestalt einer sich erschliessenden Lotusblume. Aus dem Tempel zu Philae. Fig. 166 : Stilisierte Lotusblätter als Füllornament von einer Stele aus der IV. Dynastie. Die Anlage der Felsengräber (XII. Dynastie) ist insofern von besonderer Wichtigkeit , weil sie der altaegyptischen 1) Westwand des Zimmers im Grabe des Patah-hotep, V. Dy- nastie u. a. a. 0. 26* — 404 — Architektur ein neues wesentliches Grlied einfügt, das ist der Pfeiler. „Derselbe entstand infolge des Wunsches, das durch die Pforte eindringende Licht auch der zweiten und dritten Grab- kammer zuzuführen. Zu diesem Zwecke brach man Thüren in die stützenden Scheidewände. Der stehenbleibende Felsen, dem noch immer die Aufgabe zufiel, den Einfall des Decken- gesteins zu verhindern, gewann in dieser Weise die Gestalt von Pfeilern. Das Wandstück über der Thür bis zur Decke blieb stehen und wurde in seiner Kontinuität unmittelbar zum Architrav. Später führte das Bedürfnis nach möglichst viel Licht für den Eaum hinter den Pfeilern zur Abstumpfung der Ecken des vierkantigen Trägers. Auch hier verfuhr man, wie bei der Durchbrechung der Wand, indem man die vier neuen Seiten des in ein Prisma mit polygonalem Durch- schnitt verwandelten Pfeilers nicht bis zum Architrav fort- führte , sondern den ursprünglichen Charakter desselben da- durch beizubehalten suchte, dass man zuoberst ein Stück des vierseitigen Pfeilers stehen liess. Dadurch wahrte man das Andenken an die ältere Form und erlangte ein durchaus sachgemässes, daher bedeutungsvolles und zugleich formge- fälliges Yerbindungsglied, den Abakus. Aus einer nochmali- gen Abschneidung der acht Kanten entstand endlich die sechzehnseitige Säule." ^) Durch Hinzutritt der Kannelur er- innert dieselbe so lebhaft an die griechisch-dorische Säule, dass schon Champollion bei seinem Besuche der Gräber von Beni-Hassan, überrascht durch die grosse Überein- stimmung zwischen beiden, die Genesis der ältesten griechi- schen Säulenform auf die altaegyptische Pfeilersäule zurück- führte und diese mit dem Namen „protodorisch" belegte; und in der That ist die Entlehnung der Form um so weniger anzuzweifeln , da das Aufblühen der griechischen Kunst, 1) G. Ebers: Cicerone durch das alte und neue Aegypten. II. S. 139 u. 140. G. Ebers: Aegypten in Wort und Bild. II. S. 184. — 405 - die Entstehung der herrlichen dorischen Kunstbauten in jene Zeit (7. Jahrh. v. Chr.) fällt , in der den Hellenen das alte Wunderland zum ersten Male dauernd erschlossen wurde. Man hat freilich durch Hinweis auf kleine Unter- schiede im Habitus den genannten Säulenformen die Un- abhängigkeit der dorischen Säulenordnung von der alt- aegyptischen Pfeilersäule nachzuweisen versucht und geltend gemacht, dass längst bevor die Griechen ins Nilthal gelang- ten , die polygonale Säule bereits seit Jahrhunderten durch die freistehenden architektonisch und ornamental gleich präch- tig konstruierten Lotus-, Papyrus- und Kelchsäulen verdrängt gewesen sei, und dassdie Grriechen daher aus den altaegyp- tischen Säulenordnungen nicht antikierte , sondern schmuck- volle, formen- und farbenreiche Muster zur freien Nachahmung gewählt haben würden. ^) Nun wohl, wo aber finden wir die Bestätigung, dass der feine Geschmack der Hellenen an den kolossalen Formen und dem übersättigten Farbenspiel Wohl- gefallen fand? Beweist nicht der Gesamtcharakter der bil- denden Kunst dieses klassischen Yolkes, dass ihm die Ein- fachheit und Keinheit der Form höher stand als prunkvolles Gepräge? Liegt nicht besonders in dem massvollen idealen Ausdruck der eigenartige Zauber der griechischen Kunst- 1) Perrot u. Chipiez a. a. 0. S. 499 u. 500. Julius Braun leitet in seiner geistreichen Abhandlung: , Asien, Aegypten und die griechische Architektur' S. 308 ff. (Studien und Skizzen aus den Ländern der alten Kultur. Mannheim 1854) die Ge- nesis der protodorischen Säule nicht vom Pfeiler, sondern von der aegyptischen Pflanzensäule her und will den schmalen ausladenden Wulst (Echinus) unterhalb der vierseitigen Deckplatte, wie er an einigen Säulen dieser Ordnung im südlichen Seitentempel in Karnak zu bemerken ist, auf die unterhalb der Pflanzensäulen-Kapitäls befind- lichen Heftbänder zurückführen. J. Brauns Ansicht ist nach beiden Seiten hin eine irrige, denn einmal steht es unbestritten fest, dass die protodorische Säule sich aus dem vierkantigen Grabpfeiler heraus entwickelt hat, sodann zeigen die gemalten Holzpflanzensäulchen auf den ältesten Monumenten, die den Künstlern späterer Dynastien vorschwe- ben mussten, nirgends die Annuli unmittelbar am Ende des Säulchens. ~ 4on — Schöpfungen? Es ist daher wohl anzunehmen, dass die Yor- hallen der Gräber mit ihren polygonalen und kannelierten Säulen das besondere Wohlgefallen der Hellenen erregen mussten, und dass sie diese einfachen schönen Formen, die sich ihrem Augen boten, auch in ihrer Kunst zum lebendigen Ausdruck zu bringen bestrebt waren. Dem aufmerksamen Beobachter wird es nicht entgehen^ dass sich in der altaegyptischen Baukunst zwei nebeneinander bestehende architektonische Systeme geltend machen : der leichte Baustil aus Holz und schmückendem Metallwerk und der massive, bei welchem man als Material nur den Stein benutzt. Dem letzteren entsprang die eben besprochene Pfeilersäule; ihm ging im alten Eeiche der Holzbaustil vor- aus, den wir freilich nur aus Keliefs, Basreliefs und aus Gemälden auf Denkmälern späterer Epochen kennen. Wo uns die leichtgebauten luftigen Hallen und Häuser auf den Gemälden der ältesten Denkmäler begegnen, erscheint als hervorragendes architektonisches Glied, namentlich als Zierde der Wein Spaliere, der kleinen Tempelchen und Nischen und als Stütze der Yerandendächer und der Altane die Säule. In allen ihren Teilen schlank konstruiert, zeigen diese Elemente des Freibaus eine überraschende Mannigfaltigkeit in der Form ihrer Kapitale, die immer ein und dasselbe Pflanzenmotiv varriieren, nämlich Lotusknospe und Lotus- blüte in den verschiedensten Stadien ihrer Entwickelung. Der Ursprung dieses Pflanzenornaments erklärte sich aus dem altaegyptischen Brauch (s. S. 63) an Festtagen Säulen und Säulchen der Häuser, Paläste, Tempel, Hallen und Gräber mit Blumen zu umwinden und vorzugsweise den oberen Teil der Deckenträger reich mit Blüten und Zweigen zu schmücken, die der Fluss, Teiche, Kanäle and Gärten in reicher Fülle boten. Ein flüchtiger Blick auf die gemalten Säulenornamente in Fig. 161, 162 und 168 belehrt uns, dass die Schmückung mit natürlichen Pflanzen in der Weise erfolgte, dass man Knospen und Blüten des Lotus am oberen Teil der Säule, — 407 — iü Form eines Knaufs, dicht unter der Decke mit Bändern befestigte und die langen runden Stengel der Gewächse bis zum Fusse der Säule herniederhängen Hess, oder dass man den Blumenschmuck des Säulenknaufs isolierte und den Säulenschaft mit Lotusstengeln und den dreikantigen Papyras- pflanzen besonders umkleidete und von Abschnitt zu Ab- schnitt mit Bändern befestigte. (Fig. 161.) „Den Augen eines für das Schöne in der Natur höchst empfindlichen Vol- kes, wie es die Aegypter waren, muss eine solche grünende Säule, überragt von einem in den frischen Farben des Blatt- werks, dem Glänze der grossen ofi'enen Blumen und der Anmut erst halberschlossener Knospen prangenden Strausse ein entzückender Anblick gewesen sein , und weshalb sollte dem Architekten, als er eine Steinsäule zu verschönen und zu verzieren Verlangen empfand, dieser alljährlich ihm wieder- holentlich in voller malerischer Mannigfaltigkeit vor Augen tretende Schmuck nicht vorgeschwebt haben ?" ^) Holz und Metallblech, dieses gefügige Material des leich- ten Baustils, gestattete dem Künstler, den geschmeidigen For- men der Knospen und Blüten des Lotus nachzugehen und in naturalistischer oder in stilisierter Weise nachzubilden. So präsentieren sich uns die geschlossene (Fig. 161) , die im Aufbrechen begriffene (Fig. 162) Knospe und die bei- den voll erschlossenen Blüten (Fig. 163 u. 164) als reizende Kunstwerkchen vornehmer Plastik und naturalistischer Auf- fassung, namentlich ist der Säulenteil in Fig. 160, wahr- scheinlich in natura aus Holztäf eichen und Metallblättchen gebildet, noch insofern von besonderem Interesse, als er uns die Art und Weise der Befestigung der Blüten und Knospen zeigt, und nicht nur die Heftbänder mit herabhängenden Schleifen, sondern auch durch parallele Streifen am Säulen- schaft die ursprünglich vorhandenen lang herabhängenden Lotusstengel markiert. Nicht selten finden wir die den lüumenschmuck der Veranden- und Vorhallen-Säulen halten- 1) Perrot u. Chipiez a. a. 0. S. 527 u. 528. — 408 — den Heftbänder mit breiten , im Winde flatternden Schleifen dargestellt In den Schöpfungen dieser dekorativen Gebilde lässt der Künstler seiner Phantasie freien Spielraum. Da spiiesst's und sprosst's und strebt's rings um das Kapital herum von Blättern, Knospen und Blüten in einer Üppigkeit, Fülle und Farbenpracht , dass die zierlichen Holzsäulchen unter dem Druck der Blumen pracht und dem fächer- und volutenartigen Schmuck zu brechen drohen. Hin und wieder begegnet uns auch eine eigenartige Kombination. Hier sind zwei nach oben zu sich verjüngende, unten plötzlich zu- sammengezogene und mit einem Blattkranz versehene Säul- chen so mit einander verbunden , dass die obere aus der unteren herauszuspriessen scheint. Im Gegensatz zu der fast durchgängig beobachteten Korrektheit in der Form sind die Pflanzen Ornamente in der Bemalung sehr willkürlich behan- delt. Nur vereinzelt erscheinen die nachgeahmten Blüten in ihrer natürlichen Farbe, denn der Künstler liebt es, die B'ülle der gestrahlten Säulen-Blumen grell und auffällig erglänzen zu lassen. Er bemalt sie daher vorzugsweise brennend gelb, rot, rosa und blau, und es verletzt sein ästhetisches Gefühl keineswegs, dass die Petalen einer einzigen Blüte in allen nur möglichen Farben schillern. Die Pflanzensäule, deren Habitus im altaegyptischen Holz- bau weder architektonisch noch ornamental zu einem festen Gepräge gelangen konnte, begegnet uns im mittleren und neuen Reiche in ihrer vollen Entfaltung als Lotus- oder Pa- pyrussäule. Sie bildet das wesentlichste Glied aller Freibauten. Die Lotussäule zeigt sich zur Zeit der Xii Dynastie auch in den Felsengräbern (B eni -Hassan), hier jedoch ohne besondere architektonische Bestimmung. Die Papyrussäule ist zu gleicher Zeit entstanden, denn man hat einzelne Exemplare dieser Form in der Nähe des von Amen-em-ha (XII. Dynastie) erbauten Labyrinths am Möris-See gefunden.*) Bei der Lotussäule bilden offenbar vier oder auch 1) G. Ebers: Cicerone II. S. 142. 409 mehrere lange, runde, nach oben zu sich verjüngende, und unterhalb des Kapitals mit fünf Bändern (Annuli) zu einem Bündel verbundene Lotusstengel das Motiv für den Säulenschaft, während das Kapital der geschlossenen oder im Auf- brechen begriffenen Knospe nach- geahmt vrorden ist (Fig. 165 u. 167). Die Basis der Säule ruht auf einer runden Steinplatte. fln noch schärferer Charakteristik ihres Gesamthabitus und der einzel- ner Details erscheint die Papyrus - s ä ul e als porträthafte Nachahmung der Papyrüsstaude. Nicht ein Mo- ment in der Entwickelung und der Form diesesSumpfge Wachses ist vom Bildhauer unbeachtet und unbe- rücksichtigt geblieben: der drei- kantige, sich nach der Spitze zu verjüngende Schaft, die an der Basis erfolgende plötzliche Einschnürung, die lauzettlichen Blattscheiden am Schaftende, der Hüllkelch der Dolde an der Schaftspitze, kurz, jede Eigenart der Staude ist auf die Pa- pyrus(Stein)-Säule gewissenhaft übertragen worden, die als getreue Kopie der oben beschriebenen, mit natürlichen Papy- russchaften (in der Steinsäule gewöhnlich acht markiert) um- kleideten Holzsäule aus der ältesten Epoche der aegyp- tischen Kultur aufzufassen ist. Sogar die unterhalb des Knospenkapitäls und häufig von Abschnitt zu Abschnitt um den Säulenschaft herum bemerkbaren charakteristischen Annuli, die oberen fünf mit herabhängenden Enden, sind als Reminiszenz an die natürliche Pflanzensäule, auf die Stein Säule übergegangen (Fig. 169 u. 170). Das den Schaft krönende Knospenkapitäl zeigt an seiner Basis entweder einen Kranz gestutzter Hüllblätter (Fig. 169), die nicht selten auch durch die abwärts laufenden Schleifen der Annuli Fig. 167: Lotussäule aus Beni- Hassan (XII. Dynastie) L. D. I, 60. Fig. 168 : Kelchsäule aus Ma- dinat-Abu. — 410 — ersetzt werden (Fig. 170) und über denselben erscheint, gleich- sam als Fortsetzung, die dreikantige Rippenbildung des Schaft- körpers (Fig. 170). iiiiiiiiiiiiiiiiigiBiii,;! , Fig. 169: Papyrussäule. Aus Luksor. Fig. 170: Papyrussäulenkapitäl. Aus Luksor. Im neuen Reiche, wo die Säulen nach und nach kolossale- Dimensionen annehmen, wo nicht mehr ein Monolith genügt, sondern durch AufeiüanderschichtuDg von Steinblöcken Schaft und Kapital gebildet werden , verschwindet, anbetracht der mühsamen Bearbeitung des massigen Materials der Schmuck- mantel bis auf vereinzelte Partieen unterhalb des Kapitals und oberhalb des Säulenfusses und der Säulenschaft stellt im allgemeinen eine glatte Steinwalze dar, die zur Aufnahme von mythologischen Szenen, hieroglyphischen Inschriften, - 411 — symbolischen Zeichen , Königsschildern u. s. w. dient. Dem dekorativen Schmuck am Fusse des Säulenschaftes wird da- gegen in allen Epochen die gleiche Aufmerksamkeit ge- schenkt. Selten nur fehlt ihm der charakteristische Kreis jener aufsprossenden, spitz-dreikantigen oder eiförmig zuge- spitzten Blätter mit • ihren parallellaufen- den Nerven. In ihn hinein drängen sich stilisierte Lotusblu- men , Lotusblumen- sträusse , Papyrus- knospen, Papyrusdol- den ,Schilf blätter , und Königsschilder, seit- lich eingeschlossen von Uräusschlangen, bekrönnt mit der Sonnenscheibe u. s. w. (Pig. 168). Die soeben ge- schilderten Yerände- rungen des Säulenmantels haben sich an einem Säulentypus vollzogen , der sich in der Zeit des zweiten thebaischen Reichs (XYIII. Dynastie) geltend macht und den man wegen der Gestalt seines Kapitals den glockenförmigen genannt hat.^) Das Kapital dieser Kelchsäulen, wie sie Gr. Ebers nennt, ^) haben die Gestalt einer voll erschlossenen Blumen- glocke. Der Steinkern des mehr oder minder ausgeschweif- ten architektonischen Elements wird für die altaegyptischen Bildhauer und Maler der Prüfstein ihrer künstlerischen Be- gabung, ihres Farben- und Formensinns, ihrer Genialität und Fig. 171 : Kelchkapitäl mit Lo.tusblumen- und Palmen- blatt-Ornament. Aus Philae. 1) Perrot u. Chipiez a. a. 0. S. 503 ff. 2) G. Ebers: Cicerone IL S. 142 u. 143. 412 Phantasie, denn nun gilt es, diese oft kolossalen Flächen ^) mit Blattkreisen, einzelnen Blättern, aufschiessetoden lang- gestielten Lotus- und Papyrusknospen, Lotus unTi Papyrus- blüten, Schilf- und Palmenblättern, plastisch und in Farben geschmackvoll zu dekorieren und die künstliche Blumen- fülle so zu verteilen und zu arrangieren, dass die schillernde Blütenprachtvoll und ganz zur Greltung kommt(Fig. 168. 171 -173).2) Man könnte allein über dieherrlichenKa- pitälskulpturen und ihren blendenden wir- kungsvollen poly- chromen Schmuck ein starkes Buch schrei- ben. Ich muss mich, anbetracht des knapp bemessenen Baumes, auf v^enige Andeutungen beschränken. An der Basis des Kapitals wiederholen sich gemeiniglich zunächst zwei Kränze von jenen charakteristischen eiförmigen Blättern, die wir am Fusse des Säulen Schaftes bemerken. Sie sind gleichsam als Kelch- oder Hüllblätter der Blumenglocke aufzufassen. (Fig.168) Ihre Nervatur ist durch rote , grüne oder blaue und gelbe bandartige Streifen markiert. Hinter dem Blattkranz schiessen Pig. 172: Kelchkapitäl mit Lotusblatt-Ornament. Aus Philea. 1) Die höchste in Aegypten errichtete Säule befindet sich im Mittelschiff" des Hypostyls zu Karnak. Die auslaufenden Ränder des Kapitals haben 24 m im Umfange; auf diesen können bequem 160 Personen sitzen. 2) Siehe: Owen Jones: Grammar of Ornament, Tafel VI und den Büderatlas zu Denon : Voyage dans la Basse et la Haute Egypte. Paris 1829. - 413 dünne, schwanke, grün oder blau gezeichnete Stengel empor, die, den sanft geschwungenen Contouren des Kapitals folgend, anmutig und elegant nach rechts und links ausstrahlen und in verschiedener Höhe aber bei streng beobachteter Symmetrie an ihrer Spitze Lotusblumen und Papyrusdolden als Knospe und in halber und volle^ Entfaltung tragen (Fig. 171). Die Farben für diese krönenden, äusserst formverschiedenen Pflanzenteile sind stets so gewählte, dass sie sich von dem in den ver- schiedensten Nuancen des Grün oder Blau grundierten Kapitäl- kern plastisch abheben. Die polychromen Kapi- tale der Kelchsäulen im un vollendetenTempel zu P h i 1 a e erscheinen z. B. mit drei Reihen von Papyrusdolden dekoriert. Der untere, über den Hüllkelch der Basis emporstrebende Kranz enthält sechzehn Papyrusknospen. Über diesen erheben sich sech- zehn in der Entwickelung begriffene Papyrusblumen und der oberste, um den Rand des Glockenkapitäls laufende Kreis zeigt in gleichmässiger Yerteilung acht sich entfaltende und acht erschlossene Blüten , mithin vierundsechzig Pflanzen. Yielfach wird der Kelch durch einen üppigen Flor von kleinen und grossen röhrenförmigen Lotusblumen ersetzt, und diese erhalten die Bestimmung, den übrigen dekorativen Schmuck, Papyrussträusse, scharfgerippte Schilf- und Dattelpalmenblät- ter u. s. w. aufzunehmen (Fig. 171), oder sie schliessen als selbständiges dekoratives Element die Strahlenbündel von Pa- pyrusdolden, Palmenblättern und bogig geschweifte und über- Eig. 173: Palmenkapitäl Nach Edfu. — 414 hängende Blattgebilde zwischen sich ein. Die letzteren sind unbedingt als Nachahmungen von Lotusblättern anzusehen, denn da, wo sie sich als einziger Schmuck dem Kapital an- schmiegen, hat der Künstler sogar die an der Unterseite des Blattes hängenden Wassertropfen getreulich ausskulpiert (Fig. 172). Ton besonderer Eigenarl sind auch jene Schö- pfungen derSkulpturund Polychromie , in denen das kurz abgestutzte Kapital von grossen und kleinen zungen- und eiförmigen Blättern um- wuchert erscheint, fer- ner die formvollendeten Palmenkapitäle, welche gewöhnlich mit neun graziös geneigten Pal- menblättern umbunden erscheinen (Fig. 173) und zur Vervollständi- gung des Motivs nicht selten auch mit Dattel- Fig. 174: ParfümbtichBcheix. Fig. 175: Stockgriff, ^raubeu ffCZiert siud. Fig. 176: Dolch. Fig. 177: Paifümlöffel. ° Das umgestülpte Glockenkapitäl erscheint schon in der YI. Dynastie (3300— 3130 V. Chr.) in den Gräbern Saqqarahs (Fig. 164) und wiederholt sich später im Thutmes-Bau zu Karnak. Diese Säulenform zeigt ferner noch insofern eine originelle Abweichung von den bisher gekennzeichneten Ordnungen, als sich ihr Schaft vom Fasse bis hin zur Spitze allmählich verbreitert, um hier das hängende Kapital aufzunehmen. Wie in der Architektur und Ornamentik, so wiederholen sich die typischen Formen des Lotus und Papyrus in Ver- bindung mit Palmenblättern , stilisierten Weintrauben , Ro- setten u. s. w. auch in den Malereien der Mumienkästen in den Mustern der Flechtwerke, Gewebe (s. S. 187), Kleider- — 415 — und Möbelstoffe und der Teppiche, Decken- und Wand- malereien Auch das Kunsthandwerk bemächtigt sich dieser Pflanzen. Vasen, Schalen, Krüge, Libationsgefässe u. s. w., die aus den Werkstätten der Töpfer hervorgehen, hat die ge- schlossene Knospe oder geöffnete Blütentulpe das Lotus als Modell gedient, und die auf ihrer Innen- oder Aussenseite aufgemalten Kelch- oder Blumenkronblätter erhöhen den Eindruck der Natürlichkeit (s. S. 272 ff.), Amulette, Musik- instrumente , die Schnäbel der Boote und Schiffe (Fig. 19), die Griffe der Spazierstöcke (Fig. 175), Dolch- und Spiegelgriffe, (Fig. 176), Fächer, Wedel, Heerzeichen, Parfümbüchschen (Fig. 174), Parfümlöffel (Fig. 177 und Schlussvignette) und unzäh- lige kleine Lnxusgegen stände aus altaegyp tischen Frauenge- mächern zeigen in überraschender Weise, v?ie geschmack- und phantasievoll zugleich das Kunstgewerbe die gegebenen Pflan- zenmotive zu variieren und zu verwerten verstand. Ist es nicht ein allerliebstes G-enrebildchen aus dem Kinderleben, das die als Schlussvignette angefügte Zeichnung eines Kunst- werkchen altaegyptischer Holzschnitzerei vor unseren Blicken heraufzaubert? . . . Register. A. Abrahamsbaum 375. Acacia abyssinia Hocbst. 298. — albida Del. 298. — amythetophylla Steud. 298. — arabica Willd. 298. — campylacantba Steud. 298. — capensis 277. — Catecbu 298. — Ehrenbergiana Hayne 278. — erytbrantha A. Rieh. 298. — etbaica Schweinf. 298. — fasciculata (x. P. R. 298. — fistula Schweinf. 298. — glaucophylla Steud. 298 — hecatophylla Steud. 298. — laeta ß. Br. 298. — Lahai Höchst. 298. — mellifera Beuth. 298. — nilotica Del. 82, 253, 298, 391. — nubica 298. — pterygocarpa Höchst. 298. — Raddiana C. Savi 298. — sanguinea Höchst. 298. — Seyal Del. 298. • — spirocarpa Höchst. 298. — stenocarpa Höchst. 298. — tortilis Hayne 298. — triacantha Höchst. 298. — Vera W. 298. — Verek P. R. 298. — verugera Schweinf. 298. — xiphocarpa Höchst. 298. Acantha 298. Acacioxylon Schenk 277. Ackerbau 136 ff. Ackergeräte 145 ö. Ackersenf 227. Adiantum capillus Veneris L. 396. Adjür 204. Aggour 204. Ähren in altaegyptischen Dar- stellungen 172. Ahrenbüschel a.0pfergabel6L Ährengewinde 136.: ^ i Ährenkranz 160. Akanthe, thebaische 299. Akazienblüten 313. Akazie, Darstellung 303 f. Akazienholz, Gräberfunde 30L Akazienholz 282, 391, 401. Akazie, Heilmittel 302. Akazie, Kränze 302. Akazie, Nutzbarkeit 299 ff. Alcea ficifolia L. 234. Alhenna 349. Alliumarten 192 ö. Allium Ascalonicum L. 192, 197, — Cepa L. 193 ff. — hortense 199. — Porrum L. 200. — sativum L, 196 f. 199. Aloe perfoliata L. 134. ämq;;^;eri-Baum 343. Amarant, alexandrinisch. 242. Amapflanze 294. Amhampflanze 393. Amyris Kafal Forsk. 360 Anagallis arvensis L. 377. Andropogon laniger Def. 132. Andorn, weisser 398. Anethum acre 225. — dulce 225. — foeniculatum 225. — graveolens 225. Anis 224. - 417 - Antabäume 279, 358 f. Antaharz 356 ff. Apetpflanze 3. 94. Aprikosen 262. Arbor glutinosa Rmnpli. 332. Areca Passalacqua Kunth. 318. Artemisia absynthium L. 227. — obratanum L. 227. — vulgaris L. 398. Artischocke 196. Artischocke, echte 209. Artischocke, spanische 209. Artophagen 175. Arum, aegyptischer 210 f. Arum colocasia L. 43, 210 ff. — esculentum L. 210. Arundo Donax L. 131 f. 403. Asparagus acutifolius L. 208 f. — aphyllus Tourn. 208. — officinalis L. 208. Asphalt 386. f. Atractylis 352. Ausdreschen des Getreides 154 ff. B. Bäckerei, aegyp tische 175 ff. Balaniten 233. Balanites aegyptiaca Del. 319 ff. Balanites, Gräberfunde 319. Balsam 395. Balsamgewächse 354 ff. Balsamodendron abessynicum 361. — africanum 361. — Cienokowski 361, — gileadense Kunth 360. — Kafal Kunth 361. — Kataf Kunth. 361. — Myrrha Ehrenb. 354 f. — Myrrha Nees 354. — apobalsamum Kunth 361. ~ pendiculatum 361. Balsamum 395. Bamia 219 f. Bamia-Ernte 220. Bamia Muschata 219. Bananen 245. Bartgras 132. Basilikum 222. Bäume 277 ff. Baumwolle 189. 262. Baumwollenstaude 306, 346 ff. Bacca JQniperi 395. Woenig, Die Pflanzen im alten Aegypten. Bekbaum 277. Beifuss 398. Beta vulgaris L. 216 f. Betonica officinalis 394. Berauschen in Bier 170. Berauschen in Wein 271. Bewässerung der Äcker 138 ff Binse 135, 173. Bitterkraut 238. •Blumengewinde um Hals und Brust 241. Blumensträasse , Anfertigung der 246. Blüten im Haar 241. Bockshorn 357. Bohne, aegyptische 36, 39. Bohnen 379 ff. Bohnengebüsche 41. Bohnenstrauch, indischer 215. Bohnenwicke 212. Boswellia Carterii Birdw. 359 f. — Frereana Birdw, 360. -^ neglecta S. L. M. Moore 369. Borstengras 174. Brasica eruca L. 221. — Napus Metzg. 221. — oleracea L. 221. Brotbäckerei 174 ff. Brote 233. Brotpflanzen 164 ff. Brustbeere, schwarze 332. Bubastis (Bestis) Fest 274. Byblos 75, 81, 83, 84. Byssus 189, 346. 384, 389. Byssusbinden 182. Byssus (Mumienbinden) ge- färbte 352 f. Cactus coccinellifera 353. Cajanus Indiens L. 215. Calotropis procera R. Br. 348. Cardamon 223. Cardone 209. Carthamin 352. Carthamus tinctorius L. 250, 351 f. — inermis 353. Carvum Carvi L. 224. Cassia 245, 384. Cassia fistulae Willd. 343. Cassiamark 387. Cedernharz 386 27 — 418 - Cedernholz 280, 288. Cedernholzspäne 387. Cedernteer 387. Cedrus libanotica Lk. 387. Celosia cristata L. 242. Celtis australis L. 335. Ceütaurea depressa M. B. 236, Chate 204. yeb- Pflanze 394. Chebchebbaum 376. Chemch einpflanze 393. Chrysanthemum coronariumL. 237. Ceratonia Siliqua L. 344 fi". Ceruana pratensis Forsk, 239. Cicer arietinum L. 213. Cichorie 221. Cichorium Endivia L. 222. Cichorium Intybus L. 221. CitruUus vulgaris Schrad. 201 ff". var, colocynthoides Schweinf. 202, 203. Cistus ladaniferus L. 386. Citrus auranticum L. 325. Cnicus 351. Coccus maniparus 341. Colocasia antiquorum Schott. 210 f. Colocasia esculenta Vent. 210. Corchorus 222. — aestuans L. 134. — alitorius L. 222. Cordia, schwarze 332. Cordia, crenata Del. 332, 333. — myxa L. 331 ff. — Sebestena L. 332. Cordiaholz 388. Coriandruni sativum L. 225. Crepis radicata Boise 238. Crocus sativus L. 395, Croton tinctorium 353. Cuccifera thebaica Del. 315. Cucumis anguinus 202. — Chate L, 201. 202, 204. — Dudaim L. 202. — Melo L. 201, 202, 204, 206, — sativus 202, 204, Cucurbita Citrullus L, 202 ft". — lagenaria L: 202, 204 f, — Melopepo 202. — Pepo L. 202. — polymorpha L. 202. Cuniinuni cyminum L. 224. Cynara cardunculus L. 209. Cynara scolymus 209 f. Cyperblume 350. Cyperus als Heilmittel 394. Cyperus aureus Ten. 131. Cyperus alepicuroides 123. ~ dives 123. — esculentus L. 123. 130, 135. — esculentus als Totenspeise 131, — fastigiatus Roth, 129, 133. — papyrus L. 45, 50, 74 S. — papyrus als Dingzeichen 75. — papyrus L., Indigenat und geo- graphische Verbreitung 119 rf". — papyrus Pari. 127. — pygmaeus 123. — rotundus 123. — syriacus Pari. 127. — venustus 123. Dattel, Gräberfunde 313 f. — thebaische 315. Dattelhonig 311 f. Dattelpalme 221, 229, 304 ff". — Darstellung 307, 312. — Nutzen 310 f. Dattelwälder 262. Dattel wein 311. Dellach-Palme 318, Delphinium Ajacis L. 235, — Orientale Gay. 235, Delphiuiumblüten 249. Dill 225. Diospyrus 332. — lotus L, 235, 336 f, — mespiliformis Schimp. 321. Distel, bunte 210, Dochu 174, Dornakazienholz 391, Dornbaumholz 82, Dumpalme 230, 231, 315 ff. Dumpalme, Darstellung 316. — Gräberfunde 317. Durra 172. Durra-Ernte 173 f. E. Eibisch, essbarer 219 f. Einbalsamierungsmasse 386f. Eisenkraut 398. Elephantenblume 356, Endiviencichorie 222. 419 Epheu 398. Epilobium hirsutum L. 287. Eragrostis cynosuroides Del. 132. Erdmandel 130. Erdmandelknollen als Toten- speise 131. Erntearbeiten 152 ff. Ervum Lena L. 213 f. Eselsfeigen, Darstellung 289 f. — als Heilmittel 290 f. Eschlauch 197. Faba aeyptiaca 36. — vulgaris Mönch. 212. Färberdistel 351 f. Färberpfianzen 349 ff. Färberröte 352. Färberscharte 262. Färben der Zeugstoffe 188. Feigen als Opferspende 297. Feigenbaum 287, 292. — Darstellung 295 f. Feigenbäume 230. Feigenpflaster 295, 296. Felsengräber 403. Fenchel 222. Fest des Pflügens 160. Ficus carica L. 293 f. — populifolia 292. — sycomorus L. 253, 280 ff. Flachs 182 f. Flachsernte 184. Flaschenkürbis 204. Flechte, essbare 342 f. Foeniculum capillaceum Gil. 222. Frauenhaar 396. Früchte in Gräbern 390. Füllhorn 230. 0. Gartenanlagen 228 ff. Gartenartischocke 209. Gartenblumen 234 ff. Gartenkresse 223. Gartenrittersporn 235. Gebäcke, altaegyptische 176 ff. Gehirn der Palme 221. Gemüsebau 190 ff. Gemüsegärten 190 ff. Gemüsepflanzen 190 ff. Gerste 159. Gerste sechszeilige 169. — zweizeilige 168. — vierzeilige 169. Gerstenbrot 168, Gerstenbier 170. Gerstenkörner 376. Gerstenkörner in Breiklumpen als Totenspeise 169. 390. Gerstenwein 275. Getreidearten, Ursprung 164ff. Gewächse, medizinische 392ff Gewürzpflanzen 224 ff. Goldblume,federkielblätterige 237. — kretische 237. Gombobohne 219 f. Gossypium herbaceum L. 347. — vitifolium L. 347. Granatapfel, Gräberfunde 325 f. Granatbaum 323 ff. — Darstellung 324 f. — wilder 323. Granatbäume 230. Granatblüten 244. — zu Blumengewinden 326. Grün, symbolische Farbe des Osiris 389. Gurken in altaegyptischen Gemälden 207. Gymnanthelia lanigera And 132, 362. H. Hahnenkamm, gemeiner 242. Haifagras 132. Hanf 189. Heckerling 159. Hederich 227. Hedysarum Alhagi L. 395. Heilkunde 864 ff. Henna 262 349. Hennablätter 352. — Analyse 350. Hennastrauch 349 ff. Hibiscus esculentus L. 219 f. Herz d. Bubastis 398. Hinna 349 f. Hirse 164. Hirsearten 173. Hirse, echte l74. — als Opfergabe 173. Holcus sorghum L. 172. 27* 420 - Holzbau 406ff. Holzsäule 406 f. Honig 374, 375. Honigpflanze 394. Hordeum distichon 168 fF. — vulgare L. 159, 169. Hyphaene Argun Mart. 8f7. — thebaica Mart. 315 ff. Hülsenfrüchte 212 ff. J. Jasmin, arabischer 235, 344. Jasminura grandiflorum L. 344. ~ Sambac L. 235, 344. Indigo 353. Indigofera argentea 353. — tinctoria L. 353. Johannisbrotbaum 344 ff. Jobannisbrotschalen 375. Juncus articulatus L. 135. — conglomeratus L. 135. Juniperus phoenicea L. 362. K, Kafal 360. Kalabasse 204. Kardamomen 375. Kataf 360 Kelchsäule 411 f. Keuschbaum 375. Kiborion 39. Kichererbse 213. Kiki 338. Kikus 337. Klenglein 183. Knoblauch 84, 192, 196 f., 203. Knoblauchgärten 199. Knoblauch in der Medizin der Alten 199. Knoblauch, Vaterland 198. Kohl, aegyptischer 221. — alexandrinischer 221. Kolbenhirse 174. Kolkass 43, 211. Kolokasia 39. Kolophonium 386. Kopher 350. Koriander 225. Korn, alexandrinisches 168. Kornblume, asiatische 236. Korsion 24. Kranzblumen 234 ff. Kränze im Haar 241. Kranz der Rechtfertigung 251, 285, 321. Kranzwinden 242 ff. Kroton 337. Kuchen, Gräberfunde 390. Kümmel 224. — thebaischer 224. — wilder 224. Kürbis 203. Kyphi 355 ff. Lactuca 395. Ladanum 386. Lagenaria vulgaris L. 201, 204. — vulgaris Seringe 202. Lattich 395. Lauch 200, 203. — levantischer 197. Lawsonia alba 353. — inermis Lam. 349 ff. — spinosa 353. Lebensbaum 321. Leichenpapyrus 391. Leinfelder 262. Leinkapseln als Gräberfunde 183. Leinkultur 181 ff. Lens esculenta Mönch. 215. LeontodoncoronopifoliumDesf.234. — hispidulum Boiss. 238. Leptochloa bipinata Retz. 132. Ligustrum 350. Lilien 27. Lilie des Nil 36. — des Osiris 70. Linum angustifolium Huds. 181. — humile Mill. 181. — usitatissimum L. 181. L. var. crepitans Schübl & Mart. 183. Linse 214 f. Linsenbrei 390. Lotometra 28. Lotophagen 27, 178, 318. Lotus 17 ff., 45 ff., 230, 334 ff. — aegyptischer 23 ff'., 335. — als Attribut der Gottheiten 69. — blauer 42. — cyrenäischer 385. 421 Lotus Diener mit 63, 66. Lotusdarstellung 47 ff. Lotusdingzeichen 52. 53. Lotus, grosser von Cyrene 335. — als Festblume 63 ff. — als Sinnbild der Frucht- barkeit 52. — als Geschenk 63. — Häufigkeit und Darstellung in den verschiedenen Epo- chen 60 ff. — indischer 34 ff., 334. — als Landeszeichen 53. — als Opfergabe 69. Lotus-Schweins 24. Lotus als Sinnbild der Un- sterblichkeit 53. — Vasen mit 62. — seine Verwendung im so- zialen Leben 61 ff'. — weisser 42. Lotusarten , Gründe für ihr Verschwinden 45, 5L Lotusbaum-Wälder 336 f. Lotusblatt in altaegyptischen Malereien 56. — Darstellung 55. Lotusblatt-Ornament 402. Lotusblätter, Darstellung 50. — als Trinkgefässe 40. Lotusblume 35. — als Vorbild zum Füllhorn 69. — im Totenkult 70. Lotusblumengewinde 246. Lotusblumenguirlanden 68. Lotusblumenstab 68. Lotusblumensträusse , Arten der Anfertigung 66 ff. Lotusblüte, Darstellung 58 ff. Lotusbüsche 38. Lotusguirlanden 63. Lotusklee 335. Lotuskranz 136. Lotuskränze 63. Lotuskulturen 40, 46. Lotussäule 408f. Lotusstab 246. Lotussträusse 54, 63. Lotuswald 41. Luffa aegyptiaca 206. — cylindria Römer 206. Lupinenbitter 171. Lupinus Termis Forsk. 171, 213. M. Magazinieren des Kornes 157 ff', Mähen 151. Majoran 227. Malinathalle 130. Malve, feigenblätterige 234. Man 340. Mangold 216 f. Manna 225. ^ — echtes derKinder Israel 341. 'Manna- Schildlaus 341. Männerlieb 394. Marum 227. Marrubium vulgare L, 398. Mastbäume 280, 301. Mastix 357. Maulbeerfeigen 288. Medicago hispida W. var. dendi- culata W. 239. Meerzwiebel 395 f, 398. mel 395. mel ex aere des Plinius 395. Melilotus messanensis 335. Melone, gemeine 204, 206. Melonen 245. Melonengewächse 200 ff. Mentha piperita L. 237. — pulagium L. 236. Merr-Holz 280. Mimusops Elengi L. 832. — Kümmel, Höchst. 332, 337. — Kümmel Bruce 321. — Schimperi Höchst. 248 , 253, 321 f. 333. Mnasion 133. Mohn, betäubender "225. Mohnblüte 250. Momordica Balsamina L. 201, 206 f. — cylindria L. 206, 207. — Elaterium L. 207.^ Moorhirse, gemeine 172. Mumienbestattung 313. 384 f. Mumiensärge 388 f. Mumificieren 383 f. Myrte 240, 349. Myrtus communis L. 849. Myrrhe 354 ff., 861. Myrrhe-Anti 875. 422 — Myrrhen 384. Myrrhenharz 354 f. Nabak 336. Nachtblume 344. Narzisse 244. Nasendreh 223. Natron »73. Nebek 336, 357. Negerhirse 174. Nehabaum 356 if. Nelumbiumblatt, Darstellung 51. Nelumbium, Einführung 44. — speciosum Willd. 34, 37, 39, 42, 44, 334. Nequant-Pulver 375. Nil, Steigen und Fallen 138 ff. Nilakazie 298 ff. — Blätter und Blüten als Mu- mienzierde 248, 253. Nilotica aeyptiaca Unger 277. Nuphar 32. Nymphaea alba L. 24. — ampla De Cand. 34. — capensis Thum. 46. — coeruleaSavig.30,43,44,71,235. — coerulea Sieber 34. — lotusL.23ff., 43,44,71.235,335. — nelumbo L. 35. — Nuphar 30. — stellata W. 34, 46. — thermalis De Cand. 34. 0. Oeymum basilicum B. 222. Ocimum pilosum L. 242. Ocinos 223, 242. Okra 219 f. Öl 229, 245, 327, 338. — von Saflor 351 f. Ölblattgewinde (Totenkränze) 380. Ölamphoren 233, 329. Ölbaum 327 ff. — Gräberfunde 329 f. Olea-Blätter 249. Olea europaea L. 253, 327 ff. — Oleaster L. 328. Oliven 328. Olivenbäume 229. Olivenpflanzungen 262. Olyra 161, 167. Onothera 237. Origanum 236. Origanum majorana L. 227. Oscharstrauch 348. Padmapflanze 35. Paliurus 336. Palmenäste 400. Palmenbäume 400. Palme, Gehirn der Palme 312. Palmenholz 401. Palmenkohl 312. Palmen stamme 401. Palmenwein 275, 311, 374, 384. Palmenzweige 313, 400. Panicum apressum Lam. 134. — grossarium L. 134. — italicum L. 174. — miliaceum L. 174. Papaver Rhoeas L. 225. — somniferum L. 225. Papierfabrikation 87 ff. Papiersorten 93 ff. Papyrus 45 ff., 93 ff. Papyrus antiquorum Willd. 74 ff. Papyrus in der Arzneikunde 83 ff. — Colorit 118. — Darstellung 44 ff., 115 ff — als Dingbild 75. — Gründe für sein Verschwin- den 45, 51. — Heimat und geographische Verbreitung 119 ff". — als Opferspende 119. — sicilianischer 127. — Verwendung seiner einzel Teile 82 ff. Papyrusbüschel 230. Papyrusdickicht 48 ff". — Darstellung 116 ff. Papyrusdolde, Darstellung 115. Papyrusernte 58, 84. ff. Papyrusglocke 115 ff". Papyrusknospen, Darstellung 117. Papyruskränze 83. Papyruskronen 84. Papyruskulturen 81. - 423 Papyrussäule 409f. Papyrusschafte 119, 409. Papyrusschilf 82. Papyrusstaude 74 IT., 378. Papyrusstricke ^3. Papyruswälder 123. Parmelia esculenla Spr. 342. — furfuracea Ach. 133, 362. Pech 387. Pennisetum typhoideum DC. 174. Pep-Pflanze 393. Perseabaum 321 f. Pesga-Holz 280. Pfeben 203. Pfeiler 409 f. Pfeiler8äule,protodorische 404. Pfefferminze 237. Pferdebohne 212. Pfirsiche 262. Pflanzennamen, aegyptische 392. — medicinische 373. Pflanzensäule 406 ff. Pflaumen 262. Pflug 146 f. Pflügen 149 ff. Phoenix dactylifera L. 221 f. Phragmites 87. Phragraites isiacus Kunth. 119, 132. Phragmitesstengel als Heil- mittel 132. Picris coronopifolia Aschers. 238. — lyrata Del. 238. — pilosa Del. 238. — sulphurea Del, 238. Pimpinella anisum L. 224. Pinus cedrus L. 387. — halepensis Ait. 387. — Pinea L. 362. Pistacia lentiscus 357. — terebinthus L. 393. Pisum arvense L. 213. Polygonum tinctorium 353. Pomeranzenbäume 245. Porree 200. Porreegärten 200. Proteaceen 223. Prunus Sebestena Matthioli 333. Punica granatum L. 323 ff., 353'. — Protopunica Balf. 323. E. Raphanus sativus L. 215 f. Reiseapotheke 397. Rettig 192, 200, 215 f. Reseda lutea 353. Rhamnus lotus L. 28. Ricinus 233. Ricinus communis L. 337 ff. Ricinussamen,Gräberfunde339 Ricinusstrauch 337 ff. Rittersporn 235. Röhrenkassia 343. Rohrkolben 132. Rohrstabbündel, Ornament. 403. Rose 244 f. Rosen 84. Rosengärten 262. Rose des Nil 36. Rübe 192. Rubia tinctorium 353. Runkelrübe 216 f. Säen 144. Saflor 351 f. Safran, echter 395. Salbe, aegyptische 302. — cyprinische 351. — mendesische 351. Salix safsaf Forsk. 234, 253, 299, 340. Same des Horus 398. 340. Sambac 235, 344. Sari 133. Sarkophage 388 f. Saubohne 212. Scarabäus 389. Schalotte 197. Schnittporree 200. Schotenweiderich, grossblumi- ger 237. Schwarzholz 280. Scilla maritima L. 395 f., 398. Scillitin 395. Scolymus maculatus L. 210. Sebestaena domestica Prosp. Alp. 332. Sebestenen 334. Sebestenbaum 332. Seelenwanderung 388. Seerose, himmelblaue 30. — 424 Semen agni casti 375. Senfarten 226. sent-Baum 391. Seripbium 227. Sesamum Orientale L. 178, 226. Sesamstrauch 178, 226. Sesbania 250. Sesbania aegyptiaca Fers. 235, 238. Siliciprien 338. Siliciprienpflanze 395. Simse, gegliederte 135. — geknäuelte 135. Sinapis arvensis L. var. AUionii Jacq. 227. — alba 227. — junca 227. — nigra 227. Solanum insanum L. 243. — villosam Lam. 243. Sontbaum 298. Sommerzwiebel 197. Sorghum vulgare 172, 173. Spanisches Rohr 131. Spargel 207 f. — gebräuchlicher 208. Spelt 161. — wilder 164. Sphaerothallia esculenta Nees. 341. Spindelkraut 352. Spinnen 185 f. Springgurke 206. Springlein 183. Stirnkränze 247. Stratiotes 396. — aloides L. 134. Sträucher 277 ff. Strychnos 242. Sumpfpflanzen 17 ff., 130 ff". Sykomore 280 ff. — Baum der Abgeschiedenen 287. — Baum der Hathor 285. — Darstellung 287 f., 289 f. — Gräberfunde 291. — als Lebensbaum 251. Sykomorenbäume 230. Sykomorenernte 288 f. Sykomorenholz 282 f., 388. Sycomorus antiquorum Miq. 280. T. . Tabak 262, 306 Tamarinde 352. Tamarindenmark 387. Tamarindus indica L. 345. Tamariske 341 ff. Tamarix gallica L. 340, 353. — manifera Ehrbg. 341. Tanne, aleppische 387. Techu- Feier 274. Tehettpflanze 393. Teichrose, weisse 24. Tempelgärten 279. Tequembaum 394. Terpentin 388. Terppüanze 394. Teseppflanze 356. Thräne d. Isis 398. Thymus Acinos L. 242. Totenbuch 101, 391. Totenkranz 321. Traube als Opfergegenstand 267, 274. — ornamentale 264. Trifolium fragiferum 335. Trinkschalen 272 f. Triticum hibernum L. 166. Triticum Spelta L. 165, 167 ff. — turgidum L. 159, 165, 167. — vulgare Villars 165 167. Trixis 337. Thypha angustifolia L. 132. Typhe 167. Typhons Auge 308. U. Uschebtifiguren 162 f., 180, 390. Usnea plicata Hoffm. 133, 362. Verbena officinalis L. 398. Vicia 240. - Faba L. 212. Vidi Maram 332. Vitex agnus castus L. 375. Vitis abyssinia 262. — vinifera L. 262, W. Wachholder 362. Wachholderbeeren 357, 395 Waldbestände 277. Waldhirse 174. Waldsesam 337. 425 Walken der Stoße 187 f. Wassermelone 201 ff. Wasserscheere, aloeartige 134. Weberei 186 f. Weide 363. Weidenlaubgewinde 236, 340. Weihrauchgewächse 354 ff. Weihrauchharz 358. Wein 241, 355. — dunkler aegyptischer 262. — von Anthylla 260. — ekboladischer 260. — von Koptos 260. — mareotischer 260. — von Mendes 260. — plinthinischer 260. — schwarzer, von Alexandrien 262. — sebennitischer 260. — selonnitischer 260. — taniotischer 260. Weinanlagen 262. Weinbau 254 ff". Weinberge 262. Weingärten 262. Weingerank 247. Weingewinnung 268 ff. Weinhecken 263. Weinkeltern 268 f. Weinlaub 230. Weinlaub, Darstellung 263. Weinlese 267. Weinpresse 269. Weinrebe, Heimat 255 f. Weinsorten, Mischen von 274. Weinspaliere 263. Weinstock, Kultur 256 f. Weintrauben, Gräberfunde 275 f. Weizen 159, 165. Weizen, begrannter 166. — unbegrannter 166. Weizenähren 69. Weizenbrei 390. Weizenexport 168. Weizenernte 150 ff. Weizenkölner 376. Wirkerei 186 f. Wolfsbohne 213. Wucherblume, kronenförmige 237. Wunderbaum 339. Wurzeln von Damaskus 199. X. Ximenia aegyptiaca L. 319. Zea 167. Ziegelsteine 158 ff. Zimt 355. Zipollen 197. Zizyphus lotus W. 334 ff. — Spina Christi W. 336. — vulgaris 336. Zucker 262. Zuckerrohr 306. Zwiebel 192 ff., 203, 380. — wilde 193. Zwiebeln, aegyptische 194. — in altaegyptischen Darstel- lungen 198. — gefunden in den Händen. der Mumien 198. — als Opfergaben 194 f. Berichtigungen. Selbe 23 Zeile 4 v. a. lies atyu:zT'o; statt acyv-'.oc. j, 34 „ 1 V, u. „ Berlin statt Dresden. „ 36, ,, 1 V. 0. „ x.üa[i.oc statt xua[j.oc. „ 53, An merk. Zeile 3 v. u. lies Sonnenscheibe statt Weltkugel u. Z. 5 arabisch statt aegyptiscb. „ 75, Zeile 14 v. u. sind die Worte ,.die Papyrusstaude" zu streichen. „ 121, Zeile 5 v. u. lies Pechuel-Loesche statt Peschuel-Loesche. „ 124, „ 4 V. 0. „ sporadisch statt sporodisch. „ 125, „ 2 V. 0. „ Champollion statt Champellion. „ 139, ,, 6 V. u. „ nach statt noch. „ 131, 197, 205, 206, 207, 212, 215, 216, 218, 223, 256, 293 Hes Indigenat statt Indignat. „ 199, 218, 225, 255 lies Spontaneität statt Spontanität. ,, 184, Anmerk. Z eile 2 v. u. lies P. Ascherson statt A. Ascherson. „ 201, Zeile 2 v. u. lies M omordica statt Memordica, „ 208, Zeile 4 v. u. lies acutifolius statt acutifolia. ,, 223, „ 5 V. 0. lies Lepidium statt Lepidum. ., 235, „ 3 T. 0. ist ,,Ahmes I." zu streichen ; „ 11 V. 0. lies Jasminum statt Jasminium. „ 271 , „ 5 V. 0. lies abs statt abes. „ 279 , .. 1 V. u. lies Färberpflanzen statt Färbepflanzen. „ 280, Anmerk. Zei le 3 v. u. meri, /e-merl statt mert, ye-mert. „ 345 u. Fig. 15 7 lies Siliqua statt Siliqna. DIE PFLANZEN IM ALTEN AEGYPTEN IHRE HEIMAT, GESCHICHTE, KULTUR UND IHRE MANNIGFACHE VERWENDUNG IM SOZIALEN LEBEN IN KULTUS, SITTEN, GEBRÄUCHEN, MEDIZIN KUNST VON FRANZ WOENIG. MIT ZAHLREICHEN OEIGINAL- ABBILDUNGEN NEUE BILLIGE AUSGABE. LEIPZIG VERLAG VON ALBERT HEITZ 1897. '^^M «K.^Mr- -^^ >.-.^ f s ^: -^m^r^^M^ t vJ ?^