j > B7> zE — | >> 72 f 8 — — 2 TBB BEE DIN RE 2 2 + lune wiffenfäaftlich-gemeinwerftändlicher Darſtellungen N. Haſſett Nie Polarforſchung N 5 5. Geſchichte der Entdeckungsreiſen zum Nord⸗ und Südpol 0 von den älteſten Zeiten bis zur Gegenwart 90 5 Zweite Auflage | 0 5 — Ein vollſtändiges Verzeichnis der Sammlung „Aus natur und Geiſteswelt“ befindet ſich am Schluß dieſes Bandes. N 500 : 207. 5. 2 113 FRE" a * 1 2 4 1 4 nd ſchmü 823 log 5 = Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. KRünſtleriſcher Wandſchmu für Haus und Schule. Farbige Künſtlerſteinzeichnun Größere Blätter: Bildgröße 100 70 em und 7588 m 1 5. — und 4 Erſchlenen ſind ca. 75 Blätter, darunter: Bantzer, Abend. Bergmann, Seeroſen. Bieje, Hünengrab— Im Stahlwerk b. Krupp. Conz, Schwarzwaldtanne. Dettmann, Vulkanwerft bei Stettin. Du Bois-Reymond, Att. Landſch. (Akropolis). Eichrodt, Droben ſtehet die Kapelle. Fikentſcher, Krähen im Schnee, Genzmer, Volkslied. Georgi, Ernte — Pflügender Bauer. Becker, Am Meeresſtrand. Hein, Im Wasgenwald — Am Webſtuhl. Hoch, Fiſcherbodte — Gletſcher — Kiefern. Kampmann, Mondaufgang. j Kampmann, Abendrot — Herbſtabend. Kanolöt, Eichen. Teiber, Sonntagsſtille. Liner, Abendfrieden. Matthaes, Nordſeeidyll. Munſcheid, Winternacht. Orlit, Rübezahl — Hänſel und Gre Otto, Chrijtus u. Niłodem. Maria u. Paczka, Reigen. Roman, Paeſtum — Röm. Cam Schacht, Einſame Weide. Schinnerer, Waldwieſe — Winterabe Schramm⸗Sittau, Schwäne. a Strich⸗Chapell, Lieb. Heintatlant — Herbſt im Sand — Dorf in Du Frühlingsgäſte — Mondnacht. Süß, Sankt Georg. Voigt, Utrchgang. ; v. Dollmann, Wogendes Kornfeld. Wieland, matter korn — Letztes Le 7 ’ Mleinere Blätter: Bildgröße 41430 em. Erjchienen ſind ca. 30 Blätter, je . 2.50, darunter: Beckert, Sächſiſche Dorfſtraße. Bendrat, Aus alter Zeit — St. Marien in Danzig — Jakobskirche in Thorn — Ordensburg Marienwerder — Die Marienburg — Ruine Rheden. Bieſe, Chriſtmarkt — Einſamer Hof. Daur, Beſchneite Höhen — Kapelle. Fikentſcher, Maimorgen. Hein, Das Tal. N Hildenbrand, Was der Mond erzählt. Kampmann, Herbftſtürme — Feierabend. Cuntz, Altes Städtchen. Ortlieb, Herbitluft. a etzet, Aim Stadttor. Strich: Chapell, Blühende Kaſtanien. Strich⸗Chapell, Heuernte. v. Volkmann, Frühling auf der Weide. Seiling, Dresden Ceinwandmappe m. 10 Bl. u. Wahl 1 28.— Kartonmappe m. 5 Blätt. n. Wahl 4 12.— [Herbſt in der Eifel. Bunte Blätter: Uleinſte Künftlerfteinzeichnur Blattgröße 3823 cm. Erſchienen ſind ca. 20 Blätter je . 1.—, darunter Bieſe, Verſchneit. Daur, Am Meer. Fikentſcher, Ant Waldesrand. Glück, Morgenſonne im Hochgebirg Hildenbrand, Stilles Gäßchen. Kampmann, Baumblüte — Bergde Knapp, Unter dem Apfelbaum. Matthaei, In den Marſchen. Schroedter, Bergſchlößchen. In Furnierrahmen uw In maſſivem Rahmen « Ceinwandmappe mit 10 Blättern n Wahl!! 8 . Kartonmappe mit 5 Blättern n Wahl. ar er Wand ⸗Frieſe: Bildgröße 105444 cm je & 4.— Rehm⸗Dietor, Wer will unter die Soldaten — Wir wollen die goldene Brücke bauen — Schlaraffenland — Schlaraffenleben — Englein z. Wacht — Englein 5 Hut. Tang, Um die Wurſt — Heiteres Spiel. Herrmann, Im Moor — Aſchenbrödel — Rotkäppchen. Rahmen v. 4 2. — bis 1 17.— laut Katalog. Porträts: Größe 605 m Bauer, Goethe — Schiller — | Kampf, Katjer Wilhelm II. Bauer, Kleines Schillerbild. G 1959 em. Preis 1 M, ia Fur rahmen 2, in maſſivem Rahmen | Rahmen: Su d. größ. Blättern bis 17. — zu d. feineren 2. R Aus Natur und Geiſteswelt sammlung wiſſenſchaftlich-gemeinverſtändlicher Darſtellungen Banden Die Polarforſchung Geſchichte der Entdeckungsreiſen zum Nord⸗ und Südpol von den älteſten Zeiten bis zur Gegenwart Don Prof. Dr. Kurt Haſſert Zweite umgearbeitete Auflage Mit 6 Karten auf 2 Tafeln Druck und Verlag von B. G. Teubner in Leipzig 1907 I. Kapitel: Zweck und Auf: gaben der Polarforſchung Kapitel: Die Polarfahr— ten des Altertums und des Mittelalters. Kapitel: Die Nordweſt— und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert . IV. Kapitel: Wiederauf⸗ nahme der nordweſtlichen Durchfahrten im 19. Fahr: hundert V. Kapitel: Franklin und die Franklinſucher .. II. — II — VI. Kapitel: Neuere For⸗ ſchungen im Parry⸗ Archi del e VII. Kapitel: Durch den Smithſund ins offene Wer,, =... Tafel I. Unbekanntes Land am Nord- und Südpol. Der Franz Joſephs-Fjord in Oſtgrönland nach alten und neuen Auf: nahmen IJIfknhaltsverzeichnis. Seite VIII. Kapitel: Die Erfor⸗ 1 ſchung Grönlands IX. Kapitel: Im Euro⸗ päiſchen Eismeer (Spitz⸗ 12 bergen, Franz Joſephs⸗ Land, Novaja Semlja) KX. Kapitel: Das Sibi⸗ 21 riſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt Xl. Kapitel: Die neueſten Vorſtöße zum Nordpol 29 (% XII. Kapitel: Mit Luft⸗ ballon und Eisbrecher 36 zum Nordpol XIII. Kapitel: Der Kampf Seite 62 81 97 109 120 um den Südpol(bis 1899) 125 48 XIV. Kapitel: Die inter⸗ nationale Südpolarfor⸗ ſchung (1900-1905) 54 | Namenverzeihnis ... Tafel II. Petermanns Hypo⸗ 2 theſe von der Ausdeh⸗ nung Grönlands. Kartenſkizze von Franz Joſephs-Land 855 = 72 Sodion . 24 r Alle Rechte, einſchließlich des Überſetzungsrechts, vorbehalten. 137 153 68 93 FF Vorwort zur eriten Auflage. Die nach ihrem fernen Ziel abgegangene deutſche Südpolar- expedition legt es nahe, einen Rückblick auf die Geſchichte der Forſchung am Nordpol und Südpol überhaupt zu werfen und in Kürze die Hauptfortſchritte und die wichtigſten Ergebniſſe dieſer Jahrhunderte alten, an tragiſchen und intereſſanten Momenten überreichen Entdeckungstätigkeit zu ſchildern. Zwei frühere Arbeiten über die nördliche Menſchengrenze und über die Völkerwanderung der Eskimos, dazu wiederholte Vorleſungen über Geographie und Entdeckungsgeſchichte der Polargebiete veranlaßten mich zu ein— gehenderer Beſchäftigung mit der einſchlägigen weitſchichtigen Literatur, aus der auch das vorliegende Buch hervorgegangen iſt. Wohl beſitzen wir eine Reihe zuſammenfaſſender Handbücher über die Entdeckungsgeſchichte der Arktis und Antarktis. Aber ſie ſind teils zu umfangreich (v. Hellwald), teils ſchon in den achtziger Jahren erſchienen, teils (Rühle, Ledroit) nur für mäßige An- ſprüche genügend. Jedenfalls fehlt, abgeſehen von dem engliſch geſchriebenen Buch Greelys und dem italieniſchen Werk von Hugues, ein bis auf die jüngſte Zeit fortgeführtes deutſches Buch über den in Rede ſtehenden Gegenſtand, ſo daß man ſich die neueſten Forſchungsdaten mühſam und mit Zeitverluſt aus nicht jedermann zugänglichen Fachzeitſchriften, Jahrbüchern, Reiſe⸗ berichten uſw. zuſammenſuchen muß. Der im Rahmen der zu— gehörigen Sammlung erſchienene Abriß (Abſchluß des Manuffripts Anfang September, der Nachträge Ende Dezember 1901) hofft dieſem Mangel abzuhelfen, indem er eine knappe, überſichtliche und das Wichtigſte hervorhebende Orientierung über den Gang der Polarforſchung von Pytheas' erſter Fahrt bis zu den neueſten Polarreiſen geben will. Außer den in den einzelnen Kapiteln angeführten Reiſe⸗ beſchreibungen und den kurzen Überſichten und Berichten des Geographiſchen Jahrbuchs und der geographiſchen Fachzeitſchriften ſind folgende Arbeiten benutzt worden: F. v. Hellwald, Im ewigen Eis. Geſchichte der Nordpol- Fahrten. Stuttgart 1881. IV Vorwort. J. Löwenberg, Die Entdeckungs- und Forſchungsreiſen in den beiden Polarzonen. Prag und Leipzig 1886. R. Andree, Der Kampf um den Nordpol. 5. Auflage, Biele- feld und Leipzig 1889. A. W. Greely, Handbook of aretie discoveries. London 1896 (3. Aufl. 1906). L. Hugues, Le esplorazioni polari nel secolo XIX. Milano 1901. Zum Schluß iſt es mir eine angenehme Pflicht, den Herren Profeſſor Dr. A. Kirchhoff-Halle a. S., Profeſſor Dr. S. Ruge-Dresden, Dr. R. Andree-Braunſchweig und insbeſondere Herrn H. Wichmann-Gotha, dem Verfaſſer der ausgezeichneten Geographiſchen Monatsberichte in Petermanns Geographiſchen Mitteilungen, für wertvolle Mithilfe bei der Korrektur herzlichſt zu danken. Tübingen, Januar 1902. Der Verfaſſer. Vorwort zur zweiten Auflage. Da in den fünf Jahren, die ſeit dem erſtmaligen Erſcheinen dieſes Buches verfloſſen ſind, die Erforſchung der Nord- und Süd⸗ polargebiete, namentlich der letzteren, erhebliche Fortſchritte ge- macht hat, ſo ergab ſich eine gründliche Durchſicht und Erweiterung des Textes von ſelbſt, um ihn dem gegenwärtigen Standpunkt des Wiſſens anzupaſſen (Abſchluß des Manuſkripts im April 1907). Ein Kapitel (XI) wurde geteilt, zwei (VI und XIV) ſind neu hinzugekommen. Im übrigen wurden Plan und Anlage des Werkchens beibehalten. Den oben genannten zuſammenfaſſenden Schriften ſind noch hinzuzufügen: D. Bruun, Kampen om Nordpolen. Kjöbenhavn 1902. Ch. Bénard, La conquéte du Pöle. Paris 1904. F. Regel, Die Nordpolarforſchung. Hillgers Illuſtrierte Volks⸗ bücher. Berlin 1905. (W. Dröber, Die Polargebiete und deren Erforſchung. Stutt⸗ gart 1906. J. D. Hoare, Aretie exploration. London 1906. Weitere Literaturangaben über die Südpolarforſchung vgl. S. 125. Auch diesmal hat Herr Redakteur H. Wichmann-Gotha durch ſeine freundliche Unterſtützung den Verfaſſer zu lebhaftem Dank verpflichtet. Köln, April 1907. Kurt Haſſert. I. Kapitel. Zweck und Aufgaben der Polarforfchung.*) Durch die Entdeckungen des 19. Jahrhunderts hat die Erforſchung unſeres Planeten gewaltige Fortſchritte gemacht. Die weißen Flecken, die noch vor wenigen Jahrzehnten die Karten der außereuropäiſchen Erdteile als beredte Zeugen unſerer Unkenntnis aufwieſen, ſind faſt verſchwunden oder von zahlreichen eiten Linien durchzogen und in kleine Gebiete aufgelöſt. Die Erde iſt heute im großen Ganzen bekannt, und die Zeit über— alhender räumlicher Entdeckungen kann als abgeſchloſſen gelten. Nur in den beiden Polarzonen findet die Forſchung noch ein zusgedehntes Arbeitsfeld. Denn im Nordpolargebiet oder in der Arktis iſt noch eine Fläche von der Größe Rußlands, im Süd— gebe, oder in der Antarktis ein Raum von der Größe Europas völlig unbekannt. Der ganze Erdball aber iſt Gegenſtand der Geographie, die der natürlichſten Grundlagen entbehrt, ſolange veite Räume noch unerforſcht find. Überblickt man nun die * ae der Polarregionen, die bisher keines Menſchen * A. Petermann, Der Nordpol und Südpol, die Wichtigkeit ihrer Erforſchung in geographiſcher und kulturhiſtoriſcher Beziehung. Geogr. Mtlgn. 1865, S. 146 —160. — F. Ratzel, Die Bedeutung der Polarforſchung für die Geographie. Vhdlgn. d. 3. Deutſchen Geographen— tages zu Frankfurt a. M. Berlin 1883, S. 21—37. — F. Ratzel, Auf⸗ gaben geographiſcher Forſchung in der Antarktis. Vhdlgn. d. 5. Deutſchen Geographentages zu Hamburg. Berlin 1885, S. 8—24. — G. Neu⸗ mayer, Über Südpolarforſchung. Rep. of Sixth 8 Geogr. Congr. London 1896, S. 109 —162 (vgl. dazu die Berichte Neu— mayers in den Verhandlungen der Deutſchen Geographentage). A. H. Markham, Arctic exploration. Rep. of Sixth Internat Geogr. Congr. ©. 177—201. — G. Gerland, Über Ziele und Er- folge der Polarforſchung. Straßburg i. E. 1897. — E. v. Drygalski, Die Aufgaben der Forſchung am Nordpol und Südpol. Geogr. Ztſchr. IV (1898), S. 121—133. — F. v. Ri „tar en, Ergebniſſe und Ziele der Südpolarforſchung. Berlin 1905. Penck, Antarktika. Dtſch. Geogr. Blätter 27 (1904), S. 1—8. ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 1 2 J. Zweck und Aufgaben der Polarforſchung. Fuß betrat, ſo muß man zugeben, daß jene geheimnisvollen Zonen noch mancherlei Neues und Überraſchendes in ihrem Schoße bergen werden. Namentlich am Südpol hat jede Naturwiſſenſchaft grund— legende Probleme zu löſen, hier liegen gegenwärtig die wichtigſten Aufgaben der phyſiſchen Erdkunde. Daß der Südpol ſo lange vernachläſſigt wurde, hat ſeinen Grund in der Ungunſt ſeiner Umgebung. Rings um den Nord— pol reichen geſchloſſene Landmaſſen oder ausgedehnte Inſelgruppen mit verſtreuten menſchlichen Niederlaſſungen bis über den 70. und 80. Breitengrad und eröffnen den Entdeckungsreiſenden die Möglichkeit, ſich im Notfalle aus der Eiswüſte in be⸗ wohnte Gegenden zu retten. Rings um den Südpol dagegen gähnt eine unabſehbare, ſturmbewegte Waſſerwüſte, in welche die äußerſten Spitzen der Süderdteile nur bis 34“ (Afrika), 47° (Neu: feeland) und 56° S. (Amerika) vordringen. Der Forſcher, deſſen Schiff hier von den Eismaſſen zerdrückt wird, iſt verloren, ſelbſt wenn es ihm gelingt, eine der wenigen antarktiſchen Inſeln zu gewinnen, da ſie gleich dem antarktiſchen Feſtland menſchenleer und jeder höheren Vegetation bar ſind. Während in Skandina⸗ vien der Getreidebau bis 70“ N. hinaufreicht und der Rheingau (50 N.) die edelſten Weine der Welt erzeugt, hören ſchon unter 50 S. die Gefäßpflanzen auf, und jenſeit 54° S. gibt es mit wenigen Ausnahmen nur noch Mooſe, Flechten und Algen. Aller⸗ dings können Menſchen hier ihr Leben friſten. Denn wenn auch Landſäugetiere dem kärglich ausgeſtatteten Südpolarlande fehlen, ſo ſind doch Robben und Pinguine in ſolcher Menge vorhanden, daß fie, wie namentlich die Nordenſkiöldſche Expedition erprobte, zur Erhaltung menſchlichen Daſeins vollkommen ausreichen. Aber die Ausſicht, zufällig von einem Schiffe aufgenommen zu werden, iſt ſehr gering, da Verkehrslinien dort nicht vorbeiführen und die Walfiſchfänger ſelten den 60. Breitengrad überſchreiten. Immerhin haben die Polarreiſen viel von ihrem Schrecken verloren, ſeitdem man ihren gefährlichſten Feind, den Skorbut, erfolgreich zu bekämpfen und ihre Ausrüſtung in einer Weiſe zu vervollkommnen weiß, die den weiteſtgehenden Anforderungen Rec) nung zu tragen vermag. Mit Recht konnte ein erprobter Polar⸗ fahrer wie Sherard Osborn ausrufen: Man zeige mir Ent- deckungen von gleicher Größe und Schwierigkeit wie die der Polargebiete, die mit geringeren Opfern an Menſchenleben durch⸗ geführt wurden. Binnen vier Jahren wurden den Haifiſchen weit Der Nord- und Südpol. 3 mehr Matroſen vorgeworfen, die bei dem Dienſte in China und an den Küſten Afrikas Krankheiten erlagen, als auf den 36 Jahre lang, von 1818 —54, dauernden arktiſchen Expeditionen. In dieſem Zeitraum ging von 42 polaren Unternehmungen nur die Franklinſche zugrunde, von den zu ihrer Rettung abgeſandten Schlittenexpeditionen, etwa 100, keine. Zwar ſind ſpäter noch einige Expeditionen ein Opfer der Kälte und des Hungers ge— worden, aber trotzdem ſind die Verluſte an Menſchenleben nie ſo furchtbar geweſen wie in Afrika, wo in der Zeit von 1800 — 1894 nicht weniger als 374 Forſchungsreiſende ums Leben kamen, ganz abgeſehen von den zahlloſen Todesfällen derjenigen, die wie Ma— troſen, Arbeiter, Diener uſw. nicht weiter namhaft gemacht worden ſind. Die Erdpole ſelbſt hat noch kein Sterblicher erblickt, ob— wohl uns der Nordpol nach dem Ausſpruche unſeres um die arktiſche Forſchung hochverdienten deutſchen Geographen Auguſt Petermann gewiſſermaßen vor der Tür liegt, indem er unter normalen Verhältniſſen von einem Dampfer in zehn Tagen er— reicht werden könnte. Kein Wunder, daß ſich die widerſpruchs— vollſten Phantaſiegebilde um jene Gegenden gewoben haben. Bald verlegte man das Totenreich dorthin, bald vermutete man am Pol einen in der unergründlichen Tiefe des Erdinnern verſchwin— denden Schlund; die einen ſuchten dort ein feſt gefrorenes, von undurchdringlichem Nebel und ewiger Nacht umhülltes Meer, während andere gerade umgekehrt ein offenes Polarmeer zu finden hofften. Naturgemäß liegt aber der Rückſchluß am nächſten, daß ſich der Pol in nichts von ſeiner Umgebung unterſcheidet. Darum iſt die Meinung einſeitig und unzutreffend, daß der Hauptzweck der Polarfahrten die Auffindung des Poles ſei, eine Tat, die kein geringerer als Peary an Bedeutung den Leiſtungen eines Kolumbus gleichſtellen möchte. Allein das Betreten jenes mathematiſchen Punktes, den man als Pol be— zeichnet, kann nie ſolche Umwälzungen hervorrufen und nie eine ſo lebhafte Forſchungsarbeit nach ſich ziehen wie die Entdeckung Amerikas. Dennoch werden die Pole im Wettkampf menſchlichen Ehrgeizes ſtets ein wertvoller Preis ſein, und das Streben, ſie zu bezwingen, hat eine gewiſſe Berechtigung, weil es eine eiferne Willenskraft beim Überwinden von Gefahren aller Art voraus- ſetzt und weil der Menſch nun einmal von dem Triebe be— ſeelt iſt, jeden Fleck ſeines Wohnhauſes, der Erde, kennen zu lernen. Aber die Erreichung der Pole ſteht nicht an erſter Stelle 1 * 4 J. Zweck und Aufgaben der Polarforſchung. und würde nur geringe wiſſenſchaftliche Bedeutung haben, wenn mit ihr nicht die Erforſchung der zum Pole führenden Wege Hand in Hand ginge. Wenn daher die heutige Polarforſchung vielfach zum Sport, d. h. zu einer Hetzjagd nach dem Pole ge— worden iſt, bei der es bloß darauf ankommt, ſich ihm um mög— lichſt viele Grade und Minuten zu nähern“) und ſich um die am Wege liegenden Aufgaben nicht zu kümmern, fo iſt das ebenſo unrichtig wie das umgekehrte Verfahren, lediglich die phyſikaliſchen Erſcheinungen der Polarnatur als die Hauptprobleme der For: ſchung anzuſehen und darüber die geographiſche Entdeckungstätig— keit zu vernachläſſigen. Auf dieſer Grundlage iſt die Anſchauung des verdienſtvollen Polarforſchers Karl Weyprecht entſtanden, der den einzigen Weg zur planmäßigen Unterſuchung der Polar- gebiete in der auch tatſächlich durchgeführten Anlage eines Kranzes internationaler Beobachtungsſtationen rund um den Pol ſah. Sind auch ihre Ergebniſſe höchſt wertvoll geweſen, ſo konnten ſie doch bei der Beſchränkung auf einige wenige Wiſſenszweige, ins- beſondere Meteorologie und Erdmagnetismus, den anderen wich— tigen Forderungen der Polarforſchung nicht gerecht werden. Heute ſieht man eine Kombination von Expeditionen und Stationen als das richtige an, da beide Forſchungsrichtungen ſich in wertvollſter Weiſe ergänzen. Denn die Ziele polarer Forſchungen find vielerlei Art. Zu: nächſt ſind ſie rein geographiſch im engeren Sinn, indem die Verteilung von Land und Waſſer innerhalb des Polarkreiſes, die Größe und Beſchaffenheit der Landflächen feſtgeſtellt und das kartographiſche Bild der Polarregionen vervollſtändigt werden ſoll, um das untrüglichſte Wahrzeichen unſerer Unkenntnis, die weißen Flecken auf der Karte, verſchwinden zu machen. In der * Die höchſten bis jetzt erreichten polaren Breiten ſind in der Arktis: Peary (1906) 87% 6“ Peary (1902) 84 17’ Cagni (1900) 86 34“ Lockwood (1882) 83° 301° Nanſen (1895) 86“ 4’ Markham (1876) 83° 20%, Die „Fram“ (1895) 85° 57’ Parry (1827) 8245 In der Antarktis: Cook (1773) 71° 10° Borchgrevink (1900) 78° 50° Weddell (1823) 74° 15° Scott (1903), 82° 17° Roß (1842) 78° 10° Fe ee 28° 23° Binnen 80 Jahren iſt aljo in der Arktis nur ein Fortſchritt von 4 21’, in der Antarktis innerhalb 130 Jahren ein ſolcher von 11° 7” er- zielt worden. Bis zum Südpol iſt heute noch eine Entfernung von 7° 43, (856 km), bis zum Nordpol eine ſolche von 2° 54” (322 km) zu überwinden. - Geographiſche und geologiſche Aufgaben. 5 Arktis haben die unbekannten Räume im Laufe der Zeit eine fort— ſchreitende Einengung erfahren, und heute kann man ſchon Ver— gnügungsfahrten nach Spitzbergen unternehmen. Noch ſehr wenig weiß man dagegen über die ſogenannte Beaufortſee nördlich der Beringſtraße und über das arktiſche Zentralbecken nördlich von Spitzbergen und Franz Joſephs-Land. Man hat auf beiden Inſelgruppen im Frühling große Scharen von Vögeln nordoſt— wärts fliegen ſehen und daraus das Vorhandenſein unbekannter Inſeln in dieſer Richtung abgeleitet. Soviel ſcheint indes ſeit Nanſens kühner Fahrt feſtzuſtehen, daß die im unerforſchten Polarbecken noch zu erwartenden Länder nur unbedeutende Archi— pele oder Einzelinſeln ſein werden. Was birgt nun aber das Südpolargebiet hinter der erſt an wenigen Stellen bezwungenen antarktiſchen Eismauer, die es mit einem unnahbaren Eispanzer umgürtet? Sicher beſteht ein ſchroffer Gegenſatz zum Nordpolargebiet, das ein rings von Land um— ſchloſſener Meeresraum iſt, während das Südpolargebiet ein zu— ſammenhängendes Feſtland darſtellt, das man nach Pencks Vor— ſchlag in Anlehnung an engliſch-amerikaniſche Bezeichnungen Ant— arktika nennen und als ſiebenten Erdteil auffaſſen kann. Die Geologie der Antarktis bildet ein neues Problem, einmal wegen des häufigen Auftretens vulkaniſcher Geſteine und tätiger oder erloſchener Feuerberge, die den nordiſchen Vulkan— herden Islands und Jan Mayens entſprechen, dann wegen des Vorhandenſeins mächtiger Lager von Schichtgeſteinen mit neuer— dings entdeckten Verſteinerungen. Sie weiſen vielleicht darauf hin, daß Südamerika und Auſtralien, die trotz räumlich weiter Trennung in ihrer Pflanzen- und Tierwelt bis ins Tertiär hinein eine auffallende Ahnlichkeit zeigen, einſt durch eine Landbrücke, zuſammenhingen, deren letzte Reſte man in der mitten zwiſchen ihnen gelegenen Antarktis zu ſuchen hat. Ferner wurden unerwartete— für die klimatiſchen Verhältniſſe der Vorzeit und für den Nach— weis eines Klimawechſels bedeutſame Funde verſteinerter Pflanzen— reſte in polaren Gegenden gemacht, die heute größtenteils unter Schnee und Eis begraben ſind. Iſt auch ein guter Teil dieſer foſſilen Pflanzen als Treibholz zu betrachten, das aus niedrigeren Breiten nach höheren vertragen wurde, ſo weiſen doch die übrig blei— benden darauf hin, daß die heute ſo unwirtlichen Polarländer einſt ein wärmeres Klima beſaßen und daß auf der Erde früher eine viel gleichmäßigere Temperaturverteilung herrſchte. Bedarf es auch noch 6 J. Zweck und Aufgaben der Polarforſchung. ausgedehnter Sammlungen, um zu ſicheren Schlüſſen zu kommen, ſo liegt doch die Vermutung nahe, daß die Polarländer eine foſſile Flora und Fauna in ihrem Schoße bergen, die von höchſter Bedeutung für die Kenntnis der Entwicklungsgeſchichte der organiſchen Welt iſt. Auch an der Erforſchung der jetzigen ſüdpolaren Pflanzen— welt nimmt die Botanik regen Anteil. Allgemein galt das ganze Gebiet jenſeits 64“ S. als vegetationslos, bis 1895 Borchgrevink im Viktorialande die erſten Pflanzen ſammelte. Die Unterſuchung der antarktiſchen Flora iſt um ſo wichtiger, als die iſolierten Inſelgruppen der höheren ſüdlichen Breiten eine Pflanzendecke mit vielen gemeinſamen Zügen beſitzen, welche die Frage nach ihrer Entwicklung und nach ihren Beziehungen zur eigentlichen Südpolarvegetation nahe legen. Intereſſante Aufgaben ſtellt auch die polare Fauna, deren Vertreter bei weitem noch nicht alle bekannt ſind. So entdeckte Nanſen auf einigen Inſelchen nordöſtlich von Franz Joſephs— Land die Brutplätze der ſeltenen keilſchwänzigen oder roſen— farbigen Möve, nachdem bis dahin niemand erklären konnte, was aus den Tauſenden dieſer echt arktiſchen Vögel wurde, die jeden Herbſt Kap Barrow an der Nordküſte von Alaska in nordöſtlicher Zugrichtung paſſieren. Ferner hat nach Nathorſts Unterſuchungen der Polarwolf erſt ſeit 1892 von Grinnell-Land aus um den Nordrand Grönlands herum deſſen Oſtküſte betreten, während der Moſchusochs dort in einer ſehr zurückliegenden Epoche heimiſch war, um dann zu verſchwinden und ſich erſt in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wieder einzuſtellen. Noch merkwürdiger iſt aber die unverkennbare Ahnlichkeit oder Bipolarität der antarktiſchen mit der räumlich ſo weit entfernten arktiſchen Tierwelt, während man in den ungeheuren Meeres— gebieten zwiſchen den beiden Polarzonen dieſe Formen an der Oberfläche der Ozeane vergeblich ſucht. Von der genauen Durch⸗ muſterung der antarktiſchen Meeresfauna iſt ſomit die Löſung der Frage zu erwarten, ob ſich in den Polarzonen bei der all— mählichen Abkühlung des Klimas der Erde beſtimmte Tierformen unter gleichen Bedingungen gleichmäßig ausbildeten oder ob ſie ſich noch heute in den kalten Tiefenſtrömungen fortwährend be⸗ gegnen und austaufchen.*) ) W. Kükenthal, Die marine Tierwelt des arktiſchen und ant⸗ arktiſchen Gebietes in ihren gegenſeitigen Beziehungen. Veröffentl. d. Inſtituts f. Meereskde. Berlin. Heft 11 (1907). Biogeographie, Meteorologie, Hydrographie. 7 Die meiſten Fortſchritte hat die Meteorologie der Polarländer gemacht, wenn auch hier noch neue überraſchende Beobachtungen zu erwarten ſind. So ſind für die Nordhalbkugel drei Gebiete tiefſter Wintertemperaturen, ſogenannte Kältepole oder Kältezentren, auf Grinnell-⸗Land, bei dem oſtſibiriſchen Städtchen Werchojansk und über dem grönländiſchen Binneneiſe nachgewieſen. Vom antarktiſchen Klima konnte man ſich bis in die neueſte Zeit hinein wegen der äußerſt geringen Zahl zuſammenhängender Beobachtungsreihen nur ein ganz allgemeines Bild machen. Aber ſchon die vor— läufige Bearbeitung der meteorologiſchen Beobachtungen hat dar— getan, daß die Temperaturen im antarktiſchen Winter viel tiefer ſind als man vermutete und daß auch — wohl infolge des viele Wärme verbrauchenden Abſchmelzens der gewaltigen Eismaſſen — die mittlere Sommertemperatur unter dem Gefrierpunkte bleibt. Ferner ſind föhnartige Winde als eine allgemeine Erſcheinung am Rande des ſüdpolaren Feſtlandes nachgewieſen, und endlich hat es ſich gezeigt, daß die unerwartet tiefen Mittelwerte der antarktiſchen Temperatur durch ein Gebiet hohen Luftdrucks bedingt werden, das über dem Südpolarland lagert. Die von ihm abfließende ſchwere, kalte Luft tritt infolge der Ablenkung durch die Erdrotation hauptſächlich in Form öſtlicher und ſüdöſtlicher Winde auf, und gerade auf der Anweſenheit dieſer ſtändigen Winde, die durchaus den Charakter von Landwinden tragen, beruht die Annahme eines größeren antarktiſchen Kontinents, für deſſen Exiſtenz ſomit auch die meteorologiſchen Ergebniſſe ſprechen. Denn nur über einer ausge— dehnten Landmaſſe kann ſich ein Gebiet hohen Luftdrucks bilden. Ferner muß man, um die hydrographiſchen Geſetze der Ozeane richtig aufzufaſſen, auf die Polarmeere, ihren Salz— und Gasgehalt, ihre Temperaturverhältniſſe und ihre Strömungen zurückgehen, über deren unbekannten Verlauf Schiffsdriften und Treibprodukte oft wertvolle Andeutungen zu geben vermögen. Im Gebiete nördlich der Beringſtraße ſind die Urſprünge jener Eisdrift zu ſuchen, die der „Jeannette“ den Untergang und die „Fram“ ans Ziel brachte.“) Wie nun die polwärts gerichteten ) Auf Veranlaſſung G. W. Melvilles, des Ingenieurs der „Jeannette“-Expedition, wurden zur Unterſuchung der polaren Meeres- ſtrömungen von 1899 bis 1901 auf der Strecke zwiſchen Point Barrow und der Wrangel⸗Inſel 50 beſonders konſtruierte Treibfäſſer ausgeſetzt. Eines von ihnen fand man 1902 in der Nähe der Koljutſchinbai an der oſtſibiriſchen Polarküſte, wohin es zweifellos durch eine örtliche 8 J. Zweck und Aufgaben der Polarforſchung. warmen Meeresſtrömungen im Aquatorialgebiet ihren Anfang nehmen, ſo liegen in den Polarzonen die Wurzeln der kalten Strömungen. Letztere haben als polare Gegenſtröme oder als Kompenſationsſtrömungen das Gleichgewicht in der Waſſerver— teilung wiederherzuſtellen und dringen am Grunde der Ozeane äquatorwärts vor, wobei ſie die niedrigen Tiefſeetemperaturen der Weltmeere verurſachen. Da jedoch das Nordpolarmeer durch Landmaſſen und unterſeeiſche Rücken faſt ganz abge— ſperrt iſt und überdies nach Nanſens Temperaturmeſſungen am Grunde von verhältnismäßig warmem, wahrſcheinlich vom Golfſtrom ſtammendem Waſſer erfüllt wird, ſo muß das kalte Tiefenwaſſer der Ozeane hauptſächlich aus dem nach allen Seiten hin freien Südpolarmeere ſtammen. Intereſſant und überraſchend iſt auch die Tatſache, daß die Plankton— ſchwärme, Milliarden pflanzlicher und tieriſcher Lebeweſen von mikroſkopiſcher Kleinheit, welche die Hauptnahrung der Meeres— bewohner bilden, ihre größte Anhäufung und ihr beſtes Gedeihen in den kalten Polarmeeren und Polarſtrömungen haben. Tiefenlotungen, die bisher in noch nicht allzugroßer Zahl vorliegen, verſprechen ebenfalls reichen wiſſenſchaftlichen Gewinn, da wahrſcheinlich beide Eismeere bezüglich der Tiefenverhältniſſe einander ähnlich ſein dürften. Haben doch die neueſten Lotungen das Nord- und Südpolarmeer, die man allgemein für Flachſeen hielt, als Meeresräume von ſehr beträchtlichen Tiefen kennen gelehrt. Hochwichtig ſind die Polarregionen für das Studium der heutigen Gletſcher und des gewaltigſten Naturereigniſſes der Ver— gangenheit, der Eiszeit. Denn während die Eismaſſen aus ihren einſtigen Verbreitungsgebieten längſt wieder verſchwunden ſind, haben ſie ſich innerhalb der Polarzonen bis in die Gegenwart erhalten, wie man beſonders deutlich an der ungeheuren Binnen— eisdecke Grönlands und noch beſſer in der Antarktis beobachten kann, die das ausgedehnteſte Gebiet von Schnee-, Firn- und Eis⸗ wirkungen auf der Erde darſtellt. Bietet uns ferner der Nordpol das Bild der Glazialzeit unter dem Einfluſſe des trockenen Kon- tinentalklimas, ſo ſteht die antarktiſche Glazialzeit unter der Herrſchaft des feuchten ozeaniſchen Klimas. Das verlangt wieder die Prüfung des Urſprungs, der Zuſammenſetzung, Verteilung, Strömung getrieben war. Ein anderes landete 1905 an der Nordoſt⸗ küſte Islands und hat in fünfjährigem Treiben wohl den Weg der „Jean⸗ nette“ ⸗Uberbleibſel und der „Fram“ wiederholt. Gletſcher, Erdmagnetismus. 9 Größe, Geſtalt und Bewegung des Eiſes in allen ſeinen Formen wie Eisbergen“), Packeis, Treibeis, Eisfuß, Salzwaſſereis, Süß⸗ waſſereis, Gletſchereis uſw. Ferner hat es ſich gezeigt, daß der Wechſel der Eisverteilung in den Meeren um Grönland das Klima Deutſchlands beeinflußt, indem Eisjahre, d. h. an Treibeis und Eisbergen beſonders reiche Jahre, naßkühles Wetter bedingen. Auch die antarktiſche Eisdrift ſchwankt in ihren Beträgen von Jahr zu Jahr. Doch weiß man nicht, ob eine Periodizität darin herrſcht. Dagegen hat ſich im nördlichen wie im ſüdlichen Polar— gebiet ein Rückgang des Eiſes ermitteln laſſen, der in letzterem darin zum Ausdruck kommt, daß die Eismauer des Viktorialandes, die jetzt als Abbruch eines nicht weniger als 1000 km breiten Gletſchers erkannt iſt, ſich auf einer 340 km langen Strecke binnen 60 Jahren um 60 km weiter ſüdwärts zurückgezogen hat. Auch die deutſche Expedition beobachtete am Gaußberg einen unver— kennbaren Rückzug des Gletſchereiſes, während die ſchwediſche Expe— dition auf Grahamland und dem Palmer -Archipel untrügliche Spuren einer früher ausgedehnteren Vergletſcherung nachweiſen konnte. Der für die Schiffahrt hochwichtige Erdmagnetismus und die eng mit ihm zuſammenhängenden Polarlichterſcheinungen bedürfen noch ſehr eingehender Unterſuchungen über ihre Urſachen und Bedingungen. Eine Ausdehnung dieſer Beobachtungen auf das Südpolargebiet war um ſo notwendiger als die vorhandenen Aufzeichnungen lediglich auf den Meſſungen beruhten, die der jüngere Roß zu Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts dort an— ſtellte und die ſchon deshalb nicht mehr genügen konnten, weil die magnetiſchen Elemente von Ort zu Ort und von Jahr zu Jahr Ande— rungen erfahren. Infolgedeſſen reichten die magnetiſchen Karten ſchon jenſeits 40° S. für die Bedürfniſſe der Schiffahrt nicht mehr aus und verlangten dringend nach Neumeſſungen, weil gerade in jenen Breiten wichtige Verkehrswege verlaufen. Das Nordpolar— becken hat für den Weltverkehr eine viel geringere Bedeutung. *) Die gewaltigen tafelförmigen antarktiſchen Eisberge, die bis zu mehreren hundert Quadratkilometern Fläche erreichen, laſſen im Verein mit den gewaltigen Inlandeismaſſen, aus denen ſie hervorgehen, auf ein ausgedehntes Feſtland ſchließen. Die mitgeführten Steintrümmer liefern den ſicheren Beweis dafür, daß jene Eisberge nur auf dem feſten Land entſtanden ſein können und daß das Inlandeis eine wirkliche Gletſcherbildung iſt, die ſich nach der Küſte hin bewegt. Zu ſo ge— waltigen Glet chern muß aber notwendig auch ein ausgedehnter Land— ſockel gehören. 10 J. Zweck und Aufgaben der Polarforſchung. Dennoch war auch hier eine Neubeſtimmung der Lage des mag— netiſchen Nordpols, wie ſie jüngſt Amundſen durchgeführt hat, ſehr wünſchenswert geworden, weil ſie ebenſo veränderlich iſt wie die Stärke und Richtung der magnetiſchen Kraft und weil die neueſten Lagenberechnungen des magnetiſchen Südpols ziemlich abweichende Ergebniſſe geliefert haben. Im Polargebiet iſt ferner ein geodätiſches Problem zu löſen. Bekanntlich iſt die Erde keine vollkommene Kugel, ſondern an den Polen abgeplattet. Zu dieſer Anſicht iſt man durch die Er— gebniſſe der Gradmeſſungen gekommen, die Maupertuis und Clairaut 1736 in Lappland ausführten, und man hat daraus gefolgert, daß es am Südpol ebenſo ſein müſſe. Es gilt nun, dieſen Schluß mittels Pendelbeobachtungen zu einer vollen deten Tatſache zu machen, zumal gründliche neuere Schwere— meſſungen eine geringere Abplattung der Erde anzudeuten ſcheinen als aus den bisherigen Berechnungen hervorgeht. In dieſer Be— ziehung iſt die ruſſiſch-ſchwediſche Gradmeſſung auf Spitzbergen be— deutſam geworden, weil die genaue Beſtimmung eines hochnordiſchen Bogenſtücks einen wichtigen Beitrag zur Beſtimmung der Ab— plattung der Erde und damit zur genauen Ermittlung ihrer Ge— ſtalt liefern muß. Endlich geht auch die Geographie des Menſchen in den Polarländern nicht leer aus. Zwar iſt die Antarktis völlig un— bewohnt. In der Arktis dagegen hauſt unter den denkbar eigen— artigſten Lebensbedingungen als vorgeſchobenſter Poſten der Menſch— heit das intereſſante Küſtenvolk der Eskimos, das ſich der feind— lichen Polarnatur in wunderbarer Weiſe angepaßt hat. Seine frühere und heutige Verbreitungsgrenze iſt noch nicht überall ſicher feſtgeſtellt, und ſeine Herkunft hat zu den verſchiedenſten Vermutungen Anlaß gegeben. So bieten jene Gegenden, wo, um mit Maury zu reden, die Magnetnadel ihre nordwärts weiſende Kraft verloren hat, wo die Geſtirne nicht mehr mit der täglichen Drehung der Erde auf⸗ und untergehen, wo die Zentrifugalkraft der Erdrotation aufhört und ſechsmonatliche Tage von ebenſo langen Dämmer⸗ nächten abgelöſt werden, der Wiſſenſchaft noch ein überreiches Arbeitsfeld dar. Aber wirtſchaftliche Intereſſen finden dort ebenfalls ihre Rechnung. Zwar ſind die Polarländer arm an organiſchem Leben; dafür bergen indes die Polarmeere eine um ſo reichere Fülle von Nutztieren und ſind ſeit Jahrhunderten ein Wirtſchaftliche Intereſſen. 11 vielbeſuchtes Fanggebiet. Seefiſcherei, Robbenſchlag und Walroß— fang haben Hunderte von Millionen Mark abgeworfen; nament— lich der Walfiſchfang war der lohnendſte Zweig der kaufmänniſchen Schiffahrt.) Nachdem jedoch jetzt die alten Fanggründe erſchöpft find, indem die Speck, Tran und Felle liefernden Polartiere aus— gerottet wurden oder ſich in den hohen Norden zurückzogen, gilt es, ihre noch unbekannten Aufenthaltsorte aufzuſpüren und in der Antarktis neue Jagdgründe zu erſchließen. Walfiſche freilich ver— irren ſich nur ſelten in hohe antarktiſche Breiten. Um ſo häufiger ſind dort große Robbenarten, die mit den Millionen der Guano liefernden Pinguine der ſüdpolaren Tierwelt ihre Eigenart verleihen. So ſind alſo Wiſſenſchaft und Handel in gleicher Weiſe an der Polarforſchung intereſſiert. Allerdings wird der praktiſche Erfolg zurückſtehen müſſen hinter dem wiſſenſchaftlichen Gewinn. Der Endzweck jeder wiſſenſchaftlichen Unternehmung iſt ja zu— nächſt ein idealer. Als Auguſt Petermann mit aller Kraft für das Zuſtandekommen einer deutſchen Nordpolarfahrt eintrat, machte man ſich über ihn und die Polarreiſen luſtig, da es an den äußerlich nicht wahrnehmbaren mathematiſch-aſtronomiſchen Punkten, jenen Spielzeugen der Herren Geographen, die man Pole nenne, weder etwas zu ſehen noch zu holen gäbe. Zum mindeſten ſei die Polarforſchung das unfruchtbarſte Feld wiſſen— ſchaftlicher Tätigkeit und liefe nur auf zweckloſe Neugierde hin— aus. Von einem ſolchen Standpunkte aus wäre freilich die Er— gründung eines jeden Problems nichts anderes als zweckloſe Neugierde. Wie aber die Wiſſenſchaft ſich den kleinſten Erſchei— nungen zuwendet, mit demſelben Rechte darf man ſie für die hochwichtigen polaren Aufgaben auf den Gebieten der Landes— kunde und Geophyſik, der Völkerkunde und Anthropogeographie, der Pflanzen- und Tierverbreitung, der mathematiſchen Geographie und Aſtronomie, der Gletſcher- und Meereskunde, der Meteoro— logie, Geologie und des Erdmagnetismus in Anſpruch nehmen. Und in dieſer Beziehung gehören Arktis und Antarktis ſicherlich zu denjenigen Gegenden unſerer Erde, in denen für ideale und materielle Güter noch ſehr viel zu heben und zu finden iſt. *) Nach Scoresby betrug der Geldwert der holländiſchen Wal— fiſcherei in dem Zeitraum von 1668 —1778 über 400 Millionen Mark, Greely ſchätzt den Wert des britiſchen Walfiſchfangs auf 1 Milliarde Mark, Starbuck den des amerikaniſchen Walfiſchfangs von 1804— 1877 auf 1370 Millionen Mark. 12 II. Die Polarfahrten des Altertums und des Mittelalters. II. Kapitel. Die Polarfahrten des Alterkums und des Mittelalters. Während die Kriegszüge Alexanders des Großen den geo— graphiſchen Horizont im fernen Oſten der damals bekannten Welt in ungeahnter Weiſe erweiterten, trug zur Kenntnis des ungaſt— lichen Nordens ein unternehmender Mann bei, der als hervor— ragender Aſtronom und als Bürger eines blühenden Hauptſtapel— platzes für den nordiſchen Zinn- und Bernſteinhandel zu dieſem Vorhaben beſonders befähigt erſchien. Das war der Grieche Pytheas“) aus Maſſilia, dem heutigen Marſeille, einer der größten, aber auch meiſt angefeindeten Gelehrten und Reiſenden des Altertums. Ihm verdankt man die früheſten Nachrichten über das nördlichere Europa und den Nordatlantiſchen Ozean, indem er ums Jahr 325 v. Chr. eine Reiſe nach den Hauptlieferſtätten des Zinns und Bernſteins unternahm. Die Expedition, die erſte geſchichtlich bekannte Polarfahrt, die allerdings über den nörd— lichen Polarkreis kaum hinausgekommen iſt, ſegelte um Weſt⸗ europa herum und längs der Britiſchen Inſeln nach Norden und kam bis zu einem Eiland, das ſechs Tagereiſen nördlich von Großbritannien in der Nachbarſchaft des gefrorenen Meeres ge— legen ſein ſollte. Hier machten Nebel und Eismaſſen das weitere Vordringen unmöglich. Die Lage jener Inſel läßt ſich nicht ſicher ermitteln. Island iſt es jedenfalls nicht geweſen. Wahr— ſcheinlich waren es die Hauptinſeln Mainland oder Unſt der Shetlandsgruppe, da auf ſie die Angabe des Tacitus hinweiſt, daß ein römiſches Geſchwader bei der Umfahrung Schottlands von den Orkneys aus in der Ferne die von Pytheas entdeckte Inſel Thule erblickt habe. Vielleicht war es auch Skandinavien. Denn einmal 891 es lange als Inſel, dann paſſen nach F. Hergts * K. V. Müllenhoff, Deutſche Altertumskunde Bd. I (Berlin 1870), S. 211—497. — H. Berger, Geſchichte der ni an Erdfunde der Griechen. Dritte Abteilung (Leipzig 1891), S. 1—41. — Th. Thoroddſen, Geſchichte der isländiſchen Geographie. 19175 von A. Gebhardt. Bd. I (Leipzig 1897), S. 1—12. — Kahle Forſchungen zu Pytheas' Nordlandsreiſen. Feſtſchrift des Stun ſiums zu Halle 1903. Pytheas von Maſſilia. 13 Unterſuchungen die von Pytheas mitgeteilten Stundenzahlen für den kürzeſten Tag auf Norwegen. Pytheas ſelbſt gibt für die von ihm beſuchte Inſel keinen Namen an, ſondern bezeichnet ſie einfach als die nördlichſte der Britiſchen Inſeln. Hierfür kam ſpäter der Name Thule auf. Da nun die Nordfahrt des Py— theas bald wieder in Vergeſſenheit geriet, weil ſeine Berichte, obwohl ſie durchaus der Wahrheit entſprachen, von den Zeit— genoſſen nicht verſtanden oder nicht geglaubt wurden, ſo wußte man nicht mehr ſicher anzugeben, welches Land unter Thule ge— meint ſei. Die Nennung dieſes Namens beſagte dann ſoviel wie das Ende der bewohnbaren Erde, da etwa eine Tagfahrt nördlich von Thule ein unfahrbares, menſchenleeres, ſturm- und nebelreiches Meer, die Meerlunge des Pytheas, begann. Längs der britiſchen Oſtküſte kehrte der Reiſende zum Kanal zurück, von wo aus er noch einen Vorſtoß zum deutſchen Nordſeegeſtade bis an oder über die Elbmündung unternahm. Kein Reiſender des Altertums iſt ſoweit polwärts vorge— drungen wie Pytheas. Erſt 1100 Jahre ſpäter, im Laufe des 8. Jahrhunderts n. Chr., betraten iriſche Mönche zum erſten Male den Boden Islands, nachdem ſie zuvor die menſchenleeren Orkneys, Shetlands und Färöer beſiedelt hatten.“) Weit bedeutſamer aber als die abenteuerlichen Waſſerfahrten dieſer die Einſamkeit auf— ſuchenden Anachoreten iſt die Ankunft der Normannen oder Wi— kinger für die Erforſchung des Nordpolargebietes geworden. Ver— ſchiedene Gründe trieben jene kühnen Seefahrer und Piraten ſeit der Mitte des 9. Jahrhunderts aus ihrer nordeuropäiſchen Heimat in hellen Scharen auf die wenig oder gar nicht be— kannten nordiſchen Inſeln. Schon lange bevor der norwegiſche Edelmann Othere oder Ottar eine planmäßige Entdeckungsreiſe um Skandinavien herum antrat, um zu erkunden, wie weit ſich das Land nordwärts ausdehne, hatten normanniſche Fiſcher einen Teil jener Gegenden kennen gelernt. Nachdem Othere mehrere Tage lang an der norwegiſchen Küſte nach Norden geſegelt war, bog ſie oſtwärts, dann ſüdwärts um, bis die Mündung eines großen Stromes in Sicht kam. Die gewiſſenhafte Angabe der zurückgelegten Entfernungen und die ziemlich eingehende Reiſe— ) Zimmer, Die früheſten Berührungen der Iren mit den Nord- germanen. Sitzungsberichte d. Kgl. Preuß. Ak. d. Wiſſ. Berlin 1891, 1. Halbband, 279 S. — Thoroddſen, a. a. O. I, S. 15—18. 14 II. Die Polarfahrten des Altertums und des Mittelalters. beſchreibung weiſen darauf hin, daß Othere zum erſten Male das europäiſche Nordkap umfuhr und im Weißen Meere bis zum Kandalakſcha-Golf gelangte. Viel wichtiger aber ſind die Weſtfahrten der Normannen geworden, die zur mittelalterlichen Entdeckung Amerikas führten.“) Vielleicht gleichzeitig mit Othere wurde der Seeräuber Naddod als erſter Normanne nach Island verſchlagen, das er wegen ſeines unwirtlichen, winterlichen Ausſehens und wegen ſeiner hohen Schneeberge Schneeland nannte, ohne jedoch ſeine Inſel— natur feſtgeſtellt zu haben. Darauf erkannte ſein Landsmann Gardar durch eine Umſeglung, daß Island eine Inſel ſei ““), die Floki nach dem längs der Küſte aufgehäuften Treibeis %3- land (Eisland) nannte, welche Bezeichnung ſich bis heute erhalten hat. Seit 874 begann eine maſſenhafte Einwanderung von Normannen, die als neue Hauptſtadt das Städtchen Reykjavik gründeten. Die wenigen iriſchen Mönche wurden von den heid— niſchen Eindringlingen erſchlagen oder verließen die nunmehr ſchutzlos gewordene Zufluchtsſtätte. Um 920 ſoll der Pirat Gunbjörn durch einen Sturm bis in die Nähe von Grönland getrieben worden ſein, das er ſomit als erſter Europäer erblickte und von dem er die erſte Kunde nach Island brachte. Aber erſt 65 Jahre ſpäter wurde die Inſel tatſächlich betreten und zwar von Erik Rauda oder Erich dem Roten, der wegen eines Mordes und um ver— ſchiedener Händel willen vom Volksgericht des Landes verwieſen worden war. Dem damaligen Brauche folgend, ſegelte er in un— bekannte Fernen und gelangte 985 oder 986 mit 14 Schiffen und vielleicht 700 Isländern nach Grönland. In der Hoffnung, daß eine freundlichere Bezeichnung Koloniſten anlocken würde, taufte er die neu entdeckte Küſte Grönland d. h. Grünes Land, und obwohl dieſer Name der Landesnatur nicht gerade entſprach, wurde der eisfreie Uferſaum der Weſtküſte nebſt dem ſüdlichen Anland der Oſtküſte nach und nach in planmäßige Beſiedlung *) Vgl. aus der reichhaltigen Literatur: E. Mogk, Die Ent⸗ deckung Amerikas durch die Nordgermanen. Mtlgn. des V. f. Erdk. zu Leipzig 1892, S. 59—89. — Thoroddſen, a. a. O. I, S. 19— 32. — J. Fiſcher, Die Entdeckungen der Normannen in Amerika. Frei⸗ burg i. B. 1902. ) Thoroddſens Unterſuchungen machen es wahrſcheinlicher, daß nicht Naddod, ſondern Gardar zuerſt Island ent deckt habe. Die Polarfahrten der Normannen. 15 genommen. Von der jungen Kolonie ging eine ganze Reihe weiterer Entdeckungsfahrten aus, teils aus Wißbegier oder Taten— luſt, teils um Nachrichten über die Eskimos einzuziehen, deren Spuren man verſchiedentlich angetroffen hatte, ohne zunächſt noch die Eingeborenen ſelbſt zu Geſicht zu bekommen. Auf dieſen Fahrten drangen die Normannen nordwärts bis zum heutigen Upernivik, weſtwärts bis zum Lancaſterſund und nach Baffinland und vor allem ſüdwärts längs der amerikaniſchen Feſtlandsküſte vor. Auch damals ſchon lernte Thorgil auf einer mühſamen Reiſe, die ihn das Schiff und faſt alle ſeine Leute koſtete, die grönländiſche Oſtküſte kennen. 1194 gelangten die Normannen von Grönland aus nach Svalbardr, worunter nach Storms ſcharfſinnigen Unterſuchungen Jan Mayen oder Spitzbergen zu verſtehen iſt. In der Folge wurde Grönland eine chriſtliche Kolonie, die mehrere Jahrhunderte beſtand und ſeit 1124 eigene Biſchöfe er— hielt, von denen die alten Urkunden eine ſtattliche Reihe (31) verzeichnen. Die Siedler, deren Hauptbeſchäftigung Viehzucht, Jagd und Fiſchfang waren, zählten nach Fiſcher 3000 — 4000 Köpfe und erfreuten ſich eines beſcheidenen Wohlſtandes.“) Sie unterhielten mit Island und Norwegen lebhafte Beziehungen und gaben auch an geiſtiger Regſamkeit ihren in der alten Heimat zurückgebliebenen Volksgenoſſen nichts nach. Aber Grönlands Blüte war vorüber, als es um 1260 unter die Oberhoheit der norwegiſchen Könige kam, die durch die drückende Monopoliſie— rung des Handels den Grönländern ihre eigentliche Lebensader und die Verbindung mit Island unterbanden. Beſchleunigt wurde der Verfall durch die Peſt, die im 14. Jahrhundert unter dem Namen des Schwarzen Todes Europa heimſuchte und auch unter den normanniſchen Koloniſten Grönlands ſchrecklich wütete. Der Reſt fiel im Kampfe gegen die Eskimos oder Skrälinger, die bei Ankunft der Europäer erſt vereinzelt auf der Inſel ſaßen, ſich aber dann durch Zuzüge ſtändig vermehrten und in gefahrdrohender Weiſe raſch an der Weſtküſte ausbreiteten, oder er ging durch Wechſel— heiraten in ihnen auf, da kein Erſatz vom Mutterlande mehr *) Sie verteilten ſich in 280 Niederlaſſungen und Gehöften auf die größere Oſtanſiedlung (Oſterbygd), wo ſich auch der Biſchofsſitz Gardar befand, und die kleinere Weſtanſiedlung (Weſterbygd) nördlich davon, beide längs des ſüdlichen Teiles der Weſtküſte zwiſchen 60 und 65 N. gelegen. 16 II. Die Polarfahrten des Altertums und des Mittelalters. eintraf.“) Als ſchließlich der immer ſeltener gewordene Schiffs— verkehr ganz aufhörte, war die abgelegene Inſel für die Kultur verloren und fiel ſo raſch der Vergeſſenheit anheim, daß in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Entdeckung Grönlands und Amerikas durch die Normannen vollſtändig aus der Erinne— rung der Zeitgenoſſen entſchwunden war. Allerdings ernannte Papſt Alexander VI. noch um 1493 einen Benediktiner zum Biſchof von Grönland, aber mit dem Bemerken, daß man ſeit 80 Jahren nichts mehr von den dortigen Koloniſten gehört habe. Die auf Grönland bezüglichen Dokumente blieben unbeachtet in den kirchlichen Archiven Roms liegen, und abgeſehen von den isländiſchen Chroniſten, die aber in Europa kaum bekannt wurden, nimmt nur der im 11. Jahrhundert lebende Kanonikus Adam von Bremen näher auf den hohen Norden Bezug. Nach Adams Angaben liegen außer Island noch einige andere Inſeln im nördlichen Ozean, unter denen nicht die kleinſte Grönland iſt. Die Menſchen ſind dort grünlich, deshalb heiße das Land Grönland. An ſeinen ungaſtlichen Geſtaden iſt der Seeraub zu Hauſe, doch ſei kürzlich das Chriſtentum dorthin ge— langt. Weiter nach Norden aber herrſchen Eis und Finſternis, und ein von Seeungeheuern erfülltes zähes Meer, das Leber— oder Klebermeer (von leberen, libberen — gerinnen), die Meer⸗ lunge des Pytheas, hindert die Schiffahrt.“ *) Ferner ſollen die an Islands Geſtaden aufgetürmten Eismaſſen vom Alter ganz ſchwarz und trocken geworden ſein, ſo daß ſie brennen, und end— lich ſoll in Grönlands Nachbarſchaft, bezeichnet durch einen gäh— nenden Schlund, in den das Waſſer ſtürzt, das Ende der Welt liegen. Das ſchwarze, brennende Eis weiſt wohl auf die Aſchen⸗ auswürfe der isländiſchen Vulkane hin, und im Lebermeer ſpiegelt ſich die gefrierende Polarſee wider, die ſich in dieſem Übergangs⸗ zuſtande mit zähem, breiartigem Jungeis überzieht, das ſie dick— flüſſig, niederdeutſch libberig, und ſchwer fahrbar macht, während *) Um die Mitte des 14. Jahrhunderts war die Weſtanſiedlung vollſtändig von den unaufhaltſam nach Süden drängenden Eskimos zerſtört, deren Anweſenheit ſeit 1386 auch für die Südſpitze Grönlands, Kap Farvel, bezeugt wird. ) Dieſes geronnene Meer, das mare cronium, pigrum, con- gelatum oder coneretum, ſpielt nebſt andern Wundern der nordiſchen Welt auch bei Wolfram von Eſchenbach und den meiſten Minne- ſängern eine Rolle. r Sr r e Ge ee — — — Die erſte deutſche Nordpolarfahrt. 17 der gefährliche Strudel auf den mit Eisbergen erfüllten Oſt— grönlandſtrom bezogen werden kann. Immerhin vermiſcht Adam von Bremen Wahres und Falſches, da auch ein ſo gelehrter Mann wie er ſich von den abergläubiſchen Vorſtellungen ſeiner Zeit nicht frei zu machen vermochte. Ein ſolcher Bericht iſt die von Adam erwähnte Nordfahrt frieſiſcher Edelleute, die man mit einigem Rechte als die erſte deutſche Nordpolarfahrt bezeichnen kann.“) Die von Bremen ums Jahr 1040 ausgehende Reiſe war in der Hauptſache offenbar eine geögräphiſche Forſchungsexpedition, um die Beſchaffenheit der Polargegenden feſtzuſtellen und die Wahrheit des Gerüchtes zu ergründen, daß derjenige, der von der Weſer aus geradeswegs nordwärts ſegele, kein Land, ſondern nur den unendlichen Ozean vor ſich finden werde. Doch haben die Frieſen, vielleicht zur Vergeltung für die vielen Heimſuchungen der deutſchen Küſten durch die Normannen, auch Seeraub getrieben und ihren kühnen Vorſtoß mit der Ausplünderung einer normanniſchen Inſel beendet. Adam von Bremen ſelbſt berichtet über die Expedition folgendes: „So erzählte mir auch der Erzbiſchof Adalbert ſeligen Andenkens, daß in den Tagen ſeines Amtsvorgängers einige der vornehmſten Frieſen nach Norden ſegelten, um das Meer zu erforſchen, weil man der Meinung des Volkes zufolge von der Mündung der Weſer nach Norden hinauf kein Land finde, ſondern nur das Meer, welches Liber— ſee heißt. Um ihre Neugierde zu befriedigen, ging dieſe vereinigte Geſellſchaft von der Küſte Frieslands jubelnd in See. Nachdem ſie auf der einen Seite Dänemark und zur andern Britannien zurückließen, kamen ſie zu den Orkadiſchen Inſeln, und als ſie dieſe hinter ſich hatten und Normannien zur rechten Seite lag, gelangten ſie nach langer Fahrt zu dem eiſigen Island. Als ſie von dieſem Lande das Meer weiterhin bis zum äußerſten Pole durchſchifften, empfahlen ſie ihr kühnes Wage— ſtück und ihre fernere Reiſe dem allmächtigen Gott und dem heiligen Willehad und gerieten plötzlich in jene finſteren, mit den Augen kaum zu durchdringenden Nebel des ſtarren Ozeans. Siehe, da zog eine durch Ebbe und Flut unſtete Meereswoge, die zu ihrem unbekannten Anfange zurückläuft, die unglücklichen und an ihrer Rettung verzweifeln— den Seeleute in dieſes Chaos hinein. Dies, ſagt man, ſei der Schlund des Abgrunds, wohin der Sage nach alle Meere zurückfließen und aus dem Ebbe und Flut entſtehen. Als ſie darauf die Barmherzigkeit Gottes anflehten, daß er nun ihre Seelen zu ſich nehmen möchte, riß *) J. G. Kohl, Die erſte deutſche, von der Weſer aus um das Jahr Ey veranſtaltete Entdeckungsreiſe zum Nordpol. Geogr. Mitlgn. 1869, S. 11—19. ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 2 fi | — 18 II. Die Polarfahrten des Altertums und des Mittelalters. die Heftigkeit des zurücklaufenden Meeres mehrere Schiffe mit ſich fort. So wurden ſie durch die ihnen zur rechten Zeit gewordene Hilfe Gottes aus der Gefahr gerettet, und es wurde ihnen möglich, durch angeſtreng— tes Rudern den Wellen zu entgehen. Dieſer gefahrvollen Gegend ent— rückt, wurden ſie unverhofft an eine gewiſſe Inſel getrieben, welche durch die ſich rund umherziehenden ſehr hohen Klippen gleichſam wie eine Stadt befeſtigt war. Um das Innere der Inſel zu unterſuchen, gingen ſie ans Land und fanden daſelbſt die Menſchen in unterirdiſchen Höhlen verborgen. Vor den Türen lag eine große Menge goldener und von ähnlichen Metallen verfertigter Gefäße, die ihrer Seltenheit wegen bei den Menſchen ſo hohen Wert behaupten. Nachdem ſie von dieſen Schätzen, ſoviel ſie tragen konnten, mit ſich genommen hatten, eilten die frohen Ruderer zu den Schiffen zurück. Plötzlich ſahen ſie ſich von wundergroßen Menſchen, die man bei uns Zyklopen nennt, verfolgt, denen Hunde von ungewöhnlicher Größe voranliefen. Dieſe holten einen von den Gefährten ein, den ſie ſogleich zerriſſen. Die übrigen erreichten glücklich ihre Schiffe und wurden nur von dem Ge— ſchrei der Rieſen verfolgt. Nach ſolchen Fährlichkeiten kamen die frie— ſiſchen Reiſegefährten wieder nach Bremen, wo ſie dem Erzbiſchof Ale— brand alles der Ordnung gemäß erzählten und darauf dem frommen Chriſtus und deſſen Bekenner Willehad wegen ihrer glücklichen Rück— kehr ihre Dankopfer darbrachten.“ Schält man den glaubwürdigen Kern dieſes phantaſtiſch aus— geſchmückten Berichtes heraus, ſo kamen die Frieſen zunächſt nach Island und ſuchten von hier aus zum Pole (in ultimum septen- trionis axem) vorzudringen. Sie blieben aber im allmählich ge— frierenden Meere ſtecken, gerieten in heftige Strömungen und konnten ſich nur mit Verluſt einiger Schiffe wieder frei machen. Nach Süden umkehrend, gelangten ſie an eine neue Küſte, wo die Menſchen in Höhlen hauſten und viele Schätze aufgeſpeichert hatten, vielleicht nach den Färöern oder Shetlands, deren nor⸗ manniſche Bewohner damals noch Seeräuber waren und mander- lei Schätze zuſammengebracht hatten. Nachdem ſie einen Teil derſelben geraubt und glücklich ihre Schiffe wieder erreicht hatten, ſegelten ſie nach Bremen zurück. Wieweit den Frieſen ihr ge— fährliches Unternehmen gelang und wie weit ſie polwärts vorzu— dringen vermochten, iſt aus den Angaben des Chroniſten nicht zu entnehmen. Noch im 11. Jahrhundert unternahm, wiederum nach der Schilderung Adams von Bremen, der Normannenkönig Harald eine neue Forſchungsreiſe zum Pol, um die Beſchaffenheit und Ausdehnung des Meeres jenſeits Thule zu ermitteln. Er kam ebenfalls bis zu den mit finſteren Nebeln bedeckten Enden der dort aufhörenden Welt und vermochte ſich wiederum nur durch 1 Nicolo und Antonio Zeno. 19 eiligen Rückzug aus den ihn bedrohenden Meeresſtrömungen und Strudeln zu retten. Seitdem trat, nicht zum wenigſten veranlaßt durch die über den hohen Norden herrſchenden ungeheuerlichen Vorſtellungen, eine lange Pauſe in der Polarforſchung ein. Erſt im Jahre 1380 fand eine neue Polarexpedition ſtatt, die aber als eine geſchickte Fälſchung entlarvt worden iſt. Das iſt die viel erörterte Reiſe der venezianiſchen Seefahrer Nicolo und Antonio Zeno. Als Nicolo Zenos Schiff an den Klippen der Färber ſcheiterte, blieb er bei dem dortigen normanniſchen Piratenhäuptling und ließ ſpäter ſeinen jüngeren Bruder Antonio nachkommen, worauf beide Island und Grönland beſuchten. Ihr früher Tod — der ältere ſtarb im Norden, der jüngere unmittelbar nach der Rück— kehr — hatte die Vernachläſſigung und den teilweiſen Verluſt ihrer nicht für wertvoll gehaltenen Reiſeberichte zur Folge. Erſt 150 Jahre ſpäter ſah die Familie ein, welchen Schaden ſie ſich dadurch ſelbſt zugefügt hatte. Nunmehr ſammelte ein jüngerer Sproß der Zeni die noch vorhandenen Reſte der meiſt zerriſſenen oder bis zur Unleſerlichkeit beſchädigten Urkunden und ergänzte das Fehlende ebenſo wie die dem Bericht beigegebene ſtark vermoderte Karte. Aber die in dem Buche herrſchende Verwirrung und die Entſtellung vieler Namen ließen bald Zweifel an der Wahrheit der ganzen Erzählung wach werden. Namentlich die Enthüllungen Brenners und Storms haben die Gewißheit gebracht, daß Bericht und Karte erſt kurz vor ihrer Veröffentlichung angefertigt wurden, wobei man für die Karte auf wenig bekannte handſchrift— liche Vorlagen jüngeren Datums, z. B. auf diejenigen von Claudius Clavus Niger“) und auf die Originalkarte des Nordens von Olaus Magnus aus dem Jahre 1539, zurück— griff. So entſtand nach der Mitte des 16. Jahrhunderts jene merkwürdige Reiſebeſchreibung, nach der Nicolo und Antonio Zeno außer in Island und Grönland auch in Amerika geweſen ſein wollen. Das Ganze iſt nichts anderes als eine geſchickt ) Als erſter Kartograph der Renaiſſance hat der Däne Clau— dius Clauſſön Svartho (Schwarz), lateiniſch Claudius Clavus Niger, die Entdeckungen der Normannen im erſten Viertel des 15. Jahrhunderts dem Weltbild eingefügt und iſt zwiſchen 1430 und 1450 jedenfalls ſelbſt in Grönland geweſen. Seine Karten und Berichte über die nordiſchen Länder waren bis ins 16. Jahrhundert hinein eine Haupt- quelle für die Kenntnis des Nordens. 5 * 20 II. Die Polarfahrten des Altertums und des Mittelalters. erfundene Tendenzſchrift, wie deren nach der Entdeckung Amerikas ſo viele erſchienen, und hatte den Zweck, den Venezianern und nicht dem Genueſen Kolumbus den Ruhm der Entdeckung der neuen Welt zuzuſprechen. Immerhin iſt ſie dadurch bedeutungs— voll geworden, daß ſie zu neuen Fahrten, insbeſondere zur Auf— ſuchung der nordweſtlichen Durchfahrt anregte.“) Denn mit der Auffindung Amerikas und des Seeweges nach Indien begann auch für die lange vernachläſſigte Polar— forſchung ein neuer Aufſchwung. Die nach Indien führenden Seewege wurden von ihren Entdeckern, den Spaniern und Portu— gieſen, entſprechend der eiferſüchtigen Monopoliſierungsſucht der damaligen Zeit für alle andern Völker geſperrt. Da dieſe aber, in erſter Linie England und Holland, an Indiens Schätzen eben— falls teilnehmen wollten, ſo trachteten ſie jenes Land auf einem nördlichen Wege um Aſien oder Amerika herum zu erreichen, der gleichzeitig den ungeheuren Umweg um die Südſpitzen der Kon— tinente abkürzen ſollte. So wurde ſeit Ende des 15. Jahr— hunderts auf Veranlaſſung von Sebaſtian Cabot die lange Reihe von Reiſen zur Aufſuchung der Nordweſt- und Nord: oſtpaſſage eröffnet. Weil jedoch auf dieſen Fahrten niemand nach Indien gelangte, ſo gab man den Gedanken an eine Nordweit: und Nordoſtpaſſage wegen der ungünſtigen Eisver⸗ hältniſſe im Laufe des 17. Jahrhunderts wieder auf. Wohl ſuchte man die beiden Durchfahrten im 19. Jahrhundert von neuem, aber nicht mehr, um mit ihrer Hilfe Oſtaſien zu erreichen, ſondern lediglich aus wiſſenſchaftlichen Intereſſen, während die polaren Unternehmungen anfangs durch rein praktiſche Gründe veranlaßt und gefördert wurden. Erſt ſpät ſetzte das wiſſen⸗ ſchaftliche Streben ein, und mit dem Untergange der Franklin— ſchen Expedition kam das rein menſchliche Intereſſe hinzu. Zur Aufſuchung der Verſchollenen und zur Aufklärung ihres Schickſals wurden nicht weniger als zehn Rettungsexpeditionen ausgeſchickt, die zwar den Verunglückten nicht mehr helfen konnten, wohl aber die Kenntnis des amerikaniſchen Polargebietes weſentlich erweiter— ten. Inzwiſchen hatte ſich die Aufmerkſamkeit dem Syſtem von *) Aus der umfangreichen Literatur ſei als neueſte, bis zu einem gewiſſen Grad abſchließende Arbeit genannt F. W. Lucas, The Annals of the voyages of the Brothers Nicolo and Antonio Zeno in the North- Atlantic about the end of the 140 century. London 1898. III. Die Nordweſt⸗ und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. 21 Becken und Kanälen zugewendet, das nördlich von der Baffinbai einen Zugang zum Pol zu eröffnen ſchien, indem noch während der Franklinſuche einige Schiffe die Nachricht von einem offenen Polarmeer mitbrachten, das nun ſeinerſeits zu neuen Unter— nehmungen Veranlaſſung gab. Als auch ſie zu keinem Ergebnis führten, entſchloß man ſich auf Weyprechts Vorſchlag, einen Kranz feſter Beobachtungsſtationen um den Pol herumzulegen, um dann, als ſie ebenfalls den Erwartungen nicht entſprachen, die Bezwingung des Poles ſelbſt um ſo energiſcher in die Hand zu nehmen. Endlich hat auch die jahrzehntelang ſtiefmütterlich behandelte antarktiſche Forſchung eine neue Reihe großer Erfolge zu verzeichnen gehabt. III. Kapitel. Die Nordweſt- und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. Schon 1497, 13 Monate früher als Kolumbus das amerikaniſche Feſtländ betrat, landete ſein genueſiſcher Landsmann, der in Venedig naturaliſiert und ſpäter in Briſtol, damals der zweitgrößten Stadt Englands, anſäſſig war, an der nordamerika— niſchen Oſtküſte und erhielt für die erſte Entdeckung Nordamerikas, die er in britiſchem Auftrage ausführte, die glänzende Belohnung von 200 Mark. Es war Giovanni-Gabotto oder mit ſeinem engliſchen Namen John Cabot, der entweder Labrador, Neu— Fundland oder Neu- Schöftland erreichte und es für einen Teil Oſtaſiens hielt. Er folgte der Küſte nach Nordoſt, bis ihn das Eis zur Umkehr nötigte. Edle Metalle wurden zwar nicht ge— funden; dafür bot indes der unerſchöpfliche Fiſchreichtum eine überreiche Einnahmequelle dar, die in der Folge die verſchiedenſten europäiſchen Seevölker anlockte. Sofort im nächſten Jahre wagte John Cabot eine zweite Amerikafahrt. Doch tritt nunmehr an die Stelle des im vorgerückten Alter ſtehenden Vaters ſein Sohn Sebaſtian Cabot, ein wenig zuverläſſiger und von Prahlereien nicht freizuſprechender Mann, der ſich gern den Entdeckerruhm ſeines Vaters aneignen wollte. Bald in engliſchen, bald in ſpaniſchen Dienſten ſtehend, die er wiederholt wechſelte, war er unausgeſetzt mit Entwürfen zur Auffindung eines neuen Weges 22 III. Die Nordweſt- und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. nach China beſchäftigt. Aber ſein unruhiger Geiſt vereitelte die Verwirklichung ſeiner meiſten Pläne, wie auch ſeine Reiſen erfolg— los blieben. Im Jahre 1500 unternahmen die Portugieſen Gaſpar und Miguel Cortereal drei Fahrten nach Nordamerika, auf denen ſie Labrador und Neu-Fundland berührten. Sie nannten die neu gefundene Küſte Labradors Terra del Lavorado, d. h. Arbeits- oder Ackerland, woraus die heute gebräuchliche Be— zeichnung Labrador entſtanden iſt. Als Gaſpar Cortereal mit ſeinem Schiffe auf der dritten Reiſe zugrunde ging und Miguel bei der Aufſuchung ſeines Bruders dasſelbe Schickſal erlitt, gaben die Portugieſen die weitere Erforſchung Nordamerikas auf. Auch die Engländer ſtanden für die nächſten Jahrzehnte von den Nord— weſtfahrten ab, nachdem der Vorſchlag Robert Thornes, quer über den Nordpol hinweg nach China und Indien zu ſteuern, 1527 ohne jeden Erfolg geblieben war. Wie Sebaſtian Cabot die Entdeckung der Nordweſtpaſſage anregte, ſo iſt er auch der geiſtige Urheber der Nordoſtfahrten geworden. Als being Greis trat er kurz vor enn Tode mit dem Plan eines nordöſtlichen Seeweges hervor, und auf ſeine Anregung hin wurde eine engliſche Handelsgeſellſchaft ins Leben gerufen, die auf dem neuen Wege Verbindungen mit China an⸗ knüpfen ſollte. Dieſem Vorſchlag kam die Tatſache entgegen, daß der berühmte Erforſcher Rußlands und ſeiner aſiatiſchen Grenz— länder, der öſterreichiſche Freiherr Sigismund v. Herberſtein, den Obſtrom, bis zu dem ſich ſchon damals die Handelsfahrten der Ruſſen erſtreckten, und ſeinen Hauptzufluß, den Irtyſch, als ſchiffbare Waſſerſtraßen tief in Inneraſien entſpringen ließ, jo daß man nach der Umſegelung Nordeuropas auf beiden Strömen leicht bis ins Herz Chinas zu gelangen hoffte. Zu dieſem Zwecke gingen im Auftrage der neugegründeten Moskowitiſchen Handelsgeſellſchaft 1553 Hugh Willoughby, Richard Chancellor und Stephen Burrough in See, wur— den aber ſchon am Nordkap voneinander getrennt und ſchlugen verſchiedene Wege ein. Willoughby kam bis nach Novaja Semlja *), wo er zahlreiche, dürch fängen Verkehr mit dem Fahr⸗ waſſer wohlvertraute ruſſiſche Fangſchiffer fand, und ſah ſich *) Nordenſkiöld meint, daß das von Willoughby geſichtete Land nicht Novaja Semlja, ſondern die Inſel Kolgujew geweſen ſei. Engländer und Holländer im europäiſchen Eismeer. 23 dann gezwungen, während der Rückreiſe auf der Halbinſel Kola zu überwintern. Dieſe erſte Überwinterung, welche die Ent— deckungsgeſchichte der Polarregionen kennt, hatte ein trauriges Schickſal, da man für einen ſolchen Fall nicht ausgerüſtet war. Infolgedeſſen wurden alle 62 Teilnehmer der Expedition von Hunger, Kälte und en Willoughbys Kame— raden dagegen erreichten wohlbehalten die Dwinamündung und wagten ſich an den Zarenhof nach Moskau, wo ſie mit Iwan dem Schrecklichen einen Handelsvertrag abſchloſſen. Damit leiteten ſie eine für beide Länder gleich nutzbringende Handels- verbindung ein, die zu vielen Seereiſen Anlaß gab und zur Gründung des Hafenplatzes Archangel führte. Wenige Jahre ſpäter Küſten und Inſeln des Weißen Meeres und der Karaſee den ruſſiſchen Küſtenſchiffern ſchon ſeit der Mitte des 15. Jahrhunderts wohl bekannt war. Dagegen vermochte er den durch Eismaſſen verſperrten Eingang ins Kariſche Meer nicht zu erzwingen, und aus demſelben Grunde blieb 1580 eine dritte Expedition unter Arthur Pet und Charles Jackman erfolglos. Beide waren bereits als erſte Weſteuropäer in die gefürchtete Karaſee gelangt, bis das Treibeis die Weiterfahrt unmöglich machte. Auf der Heimreiſe ging Jackman mit ſeinem Fahrzeug ſpurlos unter. Teils um dieſes Mißerfolges willen, teils weil ſie durch weitere Reiſen die Eiferſucht der Ruſſen wachzurufen und ihren Handel zu gefährden fürchteten, gaben die Engländer die Nord— oſtfahrten auf und überließen das Feld den Holländern, die in— zwiſchen ebenfalls einen regen Handelsverkehr mit Rußland an- geknüpft hatten. Sie ſetzten auf die Entdeckung der Nordoſt— paſſage eine Belohnung von 25000 Gulden und ſandten von 1594— 97 drei Expeditionen aus, die von Naij, Tetgales, Rijp, Heemskerk und Willem Barents, einem der hervor— ragendſten holländiſchen Seefahrer, befehligt wurden. Auf dieſen drei Fahrten gelangte man durch das Kariſche Meer bis zur Samojeden⸗Halbinſel, ſteuerte längs der Weſtküſte von Novaja Semlja entlang und umſegelte deſſen Nordſpitze. Ferner wurde die nach einem dort erlegten Eisbären benannte Bäreninſel ge— funden und ein hochnordiſcher Archipel beſucht, der wegen ſeiner ſpitzen Bergformen den Namen Spitzbergen erhielt. Schließlich wurden Barents und Heemskerk vom Eiſe an der Nordoſtecke von Novaja Semlja zur Überwinterung gezwungen. Obwohl — 24 III. Die Nordweſt- und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. eine ſolche bei dieſer dritten Expedition zum erſten Male plan— mäßig vorgeſehen war, erfolgte ſie doch unter weit ungünſtigeren Umſtänden, als man erwartete. Namentlich die Kälte war trotz der das feſtgebaute Holzhaus überlagernden Schneemaſſen ſo ſtreng, daß die Kleider und Schuhe am Leibe gefroren und die Schlaf— ſtätten ſich ungeachtet des ſtändig unterhaltenen Feuers mit einer dicken Eiskruſte überzogen. Bären und Füchſe trampelten auf dem Dache herum und ſuchten die Planken abzuheben. Sie krochen ſogar in den Schornſtein, wo viele geſchoſſen wurden. Das Fleiſch der zahlreich gefangenen Blaufüchſe wurde verzehrt, während man das Bärenfleiſch merkwürdigerweiſe für unge— nießbar hielt. Endlich, nach neun ſchweren Monaten, wurde das Meer wieder eisfrei. Aber das nat bereits die eigentümliche Form des Nanſenſchen Expeditionsfahrzeuges „Fram“ beſaß und bis zu ſeinem Untergange dieſelben Erfolge gegenüber den Eispreſſungen aufzuweiſen hatte, war vom Eis zerdrückt worden, ſo daß man die Heimreiſe in zwei ſelbſtgezim— merten Booten antreten mußte. Heemskerk und die meiſten ſeiner 16 Leute wurden von ruſſiſchen Schiffern gerettet; nur fünf Mann erlagen dem Skorbut, darunter Barents, deſſen Um⸗ ſicht allein die Expedition vor dem Schlimmſten bewahrt hatte. Im Jahre 1871 entdeckte der Norweger Carlſen das ſeit Jahr— hunderten nicht wieder betretene Winterhaus der Holländer, das ſamt ſeinem Inhalt nach beinahe 300 Jahren noch ſo wohl er— halten war, als ob es erſt kürzlich verlaſſen worden wäre. Nur Tiere hatten inzwiſchen den Ort beſucht. Große Tonnen und Knochenhaufen lagen um das Haus herum. Im Innern ſtanden noch die Betten an den Wänden, die Uhr hing an ihrer Stelle, Bücher, Decken, Inſtrumente und Geräte waren vorhanden. Später fand der Engländer Gardiner auch den zu einem kleinen Klümpchen zuſammengeballten Reiſebericht, den Barents eigen- händig geſchrieben und in einem Pulverhorn im Rauchfang der Hütte verborgen hatte, ſo daß jetzt wohl alles, was von jener denkwürdigen Expedition noch erhalten war, für die Nachwelt ge— rettet und im Marinemuſeum im Haag untergebracht iſt.“) 1653 ſchickten die Dänen drei Schiffe zur Aufſuchung der Nordoſtpaſſage aus, die 16 Tage an den Küſten Novaja Semljas verweilten und nach einem vergeblichen Verſuch, ins ) Über Barents' Reiſen vgl. Hakluyt Society Bd. 54 (1876). — Barents, Frobiſher, Davis. 25 Kariſche Meer einzudringen, über Island und Grönland wieder nach Hauſe ſegelten. 1664 und 1688 gelangte der holländ iſche Walfiſchfänger Vlaming auf zwei Reiſen, die aber mit cb angezweifelt werden, über Novaja Semlja ins Kariſche Meer, das er eisfrei fand und in ſüdöſtlicher Richtung durchfuhr. Aus dem offenen Waſſer ſchloß er auf die Nähe des ſibiriſchen Feſt— landes, ohne es jedoch zu erblicken. Seine Vermutung wurde die Urſache, daß man in jenen Gegenden lange ein Jelmertland auf den Karten zeichnete, das nach dem Bootsmann der Expe— dition benannt war und ſich ſpäterhin als Jalmal- oder Jelmert— land auf die Samojeden-Halbinſel übertrug. Den letzten Verſuch, ein nordöſtliche Durchfahrt zu finden, wagte der britiſche Kapitän John Wood. An der Küſte von Novaja Semlja ſcheiterte jedoch das eine der beiden Fahrzeuge, worauf das andere mit den Schiffbrüchigen eilends nach England zurückkehrte. Mit dieſem mißglückten Vor⸗ ſtoße fanden die Nordoſtfahrten für lange Zeit ein Ende. Sie wurden erſt ſeit der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aufgenommen. Dagegen erfuhren die Nordweſtfahrten in England, getragen durch die Volksgunſt und gefördert durch vaterländiſch geſinnte Männer, einen neuen mächtigen Aufſchwung. Zunächſt ſuchte Martin Frobiſher auf drei Reifen 1576 — 78 eine ſolche Paſſage zu erzwingen. Doch gelangte er von der Oſtküſte Grönlands, die er aber nicht als ſolche erkannte, nur bis Baffinland oder, wie man es in England nannte, bis zur Meta incognita, dem unbekannten Ziel. Dieſe Bezeichnung wurde deshalb gewählt, weil das neu entdeckte Land vor der übrigen Welt möglichſt un— bekannt bleiben ſollte. Frobiſher hatte nämlich einen metalliſch glänzenden ſchwarzen Stein gefunden, den man für ſtark gold— haltig hielt und von dem nun ganze Schiffsladungen voll nach England gebracht wurden. Leider ward der ſchöne Wahn bald zuſchanden, denn das geheimnisvolle „Nordweſterz“ entpuppte ſich als ein wertloſes kupferkieshaltiges Metall. Auch der Fro— biſherſund erwies ſich als eine Sackgaſſe, obwohl Frobiſher hier die geſuchte Durchfahrt nach Oſtaſien gefunden zu haben glaubte und ihre Befeſtigung und militäriſche Überwachung in die Wege leitete, um der alleinigen Ausbeute der dadurch zugänglich ge— machten Länder ſicher zu ſein.“) Dagegen entdeckte er die Hudſon— ſtraße, ohne ſie jedoch weiter zu verfolgen. *) Da Kanada eine regelmäßige Dampferverbindung in die Hudſon— bai plant, ſo hat es zur Sicherung der Hudſonſtraße von Baffinland Beſitz 26 III. Die Nordweſt- und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. Viel erfolgreicher waren die von John Davis 1585—87 unternommenen drei Reiſen, die zwar das Vorhandenſein der ſehnlichſt erſtrebten Paſſage auch nicht mit Sicherheit nachweiſen konnten, dafür aber die Geographie der Baffinbai weſentlich förderten. Davis ſichtete den ſüdlichſten Abſchnitt Oſtgrönlands, das er Land of Desolation, d. h. troſtloſes Land taufte, und kam an der Weſtküſte jener größten Inſel der Welt, die Kane als einen Erdteil im kleinen bezeichnet hat, durch die nach ihm benannte Davisſtraße bis über 72“ N., worauf er quer über den Meerbuſen zur Hudſonſtraße hinüberſteuerte. Er rief in jenen Meeren den für England ſo gewinnbringenden Walfiſchfang als einen ganz neuen Handelszweig ins Leben und ſprach die nicht unrichtige Vermutung aus, daß der geſamte Norden Amerikas ein wirres Durcheinander von Inſeln darſtelle. Nicht minder bedeutſam ſind die vier Polarfahrten des Engländers Henry Hudſon in der Zeit von 1607 — 11.9) Um über den Pol nach Oſtaſien zu fahren, drang er längs der Oſt— küſte Grönlands bis 73 N. vor, welcher Punkt von feinen Nachfolgern erſt ſpät und nur langſam überholt worden iſt. Da ihn das Packeis aufhielt, ſegelte er raſch entſchloſſen nach Spitzbergen und verſuchte von hier aus einen neuen Vorſtoß nach Norden, der ihn bis 80923“ N. brachte. Als ihm das Eis wiederum ein Ziel ſetzte, ſichtete er wahrſ cheinlic noch die ein⸗ ſame Inſel Jan Mayen. Eine neue Reiſe, die im Intereſſe einer nordöſtlichen Durch— fahrt nach Novaja Semlja gerichtet war, führte wegen der Meuterei der Mannſchaft und der ungünſtigen Eisverhältniſſe nur zu einer kurzen Landung auf der Südinſel. Bald darauf fuhr Hudſon in holländiſchem Auftrage wiederum nach Novaja Semlja und, als feſtes Eis jede Landung vereitelte, nach Nordamerika. Dort bemerkte er eine breite Fjordſtraße, die er aufwärts verfolgte, in der Hoffnung, den gewünſchten Durchpaß endlich gefunden zu haben. Die Ufer traten aber immer näher zuſammen, da die vermeintliche Paſſage nichts anderes als der Hudſonfluß war, der ergriffen und auch die übrigen Inſeln des Parry-Archipels annektiert. Baffinland, eine der größten Inſeln der Welt, iſt namentlich von F. Boas (Baffinland. Geogr. Mtlgn. Ergänzungsheft 80 [1885) erforſcht worden. *) Über die Reiſen von Frobiſher, Hudſon, Davis, Baffin, Cabot, Cortereal und Luke Fox vgl. Hakluyt Society Bd. 27, 38, 59, 63, 86, 88, 89. Hudſon und ſeine Nachfolger. 27 gleich allen Fjordflüſſen durch feine breite Mündung die Täuſchung erweckt hatte, als ob man es mit einer beiderſeits offenen Meeres— ſtraße zu tun habe. Die letzte Reiſe ging durch die ſchon von Frobiſher be— fahrene Hudſonſtraße, die aber von Hudſon ſo eingehend unter— ſucht wurde, daß ſie ſeitdem ſeinen Namen trägt. In der Hud— ſonbai, in welcher der unermüdliche Seefahrer die nun endlich entdeckte Nordweſtpaſſage vermutete, wollte er nach der Über— winterung ſeine Forſchungen fortſetzen. Kaum aber war das Schiff wieder flott geworden, als unter der unzufriedenen und über die berechtigte Strenge ihres Kapitäns erbitterten Mannſchaft eine Empörung ausbrach. Hudſon wurde mit ſeinem kleinen Sohne und acht kranken Matroſen ohne Nahrung und Waffen in eine Schaluppe geſetzt und ſeinem Schickſal überlaſſen. Man hat nie wieder etwas von den Unglücklichen gehört. Zur Aufſuchung Hudſons und zur Fortſetzung ſeines Werkes wurden unverzüglich zwei Schiffe unter Button und Ingram ausgeſchickt, welche die ganze Hudſonbai umfuhren, ohne eine Spur der Verſchollenen oder einen Durchgang zu entdecken. Immerhin brachten ſie die erfreuliche Meldung mit, daß die Flut in dem neu gefundenen Meere von Weſten komme und für einen Zuſammenhang zwiſchen Hudſonbai und Stillem Ozean ſpräche. Das ermutigte zu einem erneuten Verſuch, der den kundigen Seefahrern Robert Bylot und William Baffin übertragen wurde. Dieſe Reiſe, auf der Baffin zum erſten Male die von Johann Werner und Peter Apian ſchon 100 Jahre früher empfohlene, aber noch nie praktiſch verſuchte Methode der Längen— beſtimmungen aus Monddiſtanzen anwendete, führte jedoch zu der Überzeugung, daß die in der Hudſonbai beobachteten Gezeiten mit dem Atlantiſchen Ozean zuſammenhingen und daß es weder hier noch in der auf einer zweiten Reiſe unterſuchten Baffinbai eine Paſſage gäbe. Und doch kam Baffin auf der Rückfahrt vom Smithſund, wo er bis zu der erſt im 19. Jahrhundert überſchrittenen Breite von 78“ N. gelangte, am Lancaſterſund, dem Haupteingangstor der Nordweſtpaſſage, vorüber. Gerade hier aber gab er, wie 200 Jahre ſpäter John Roß, die Hoff— nung auf, in der vom Eis geſperrten Meeresſtraße einen Durch— gang zu finden. Da er als einer der tüchtigſten Nautiker und in geographiſchen Dingen für eine Autorität galt, ſo ſtand man nunmehr von einer weiteren Aufſuchung der heißbegehrten Durch— 28 III. Die Nordweſt- und Nordoſtfahrten bis zum 19. Jahrhundert. fahrt ab. Dazu kam, daß der 1619 von dem Dänen Jens Munk verſuchte Vorſtoß, bei dem er in einer ſchauerlichen Überwinterung ſämtliche Gefährten bis auf zwei verlor, und die Expeditionen von Luke Fox und Thomas James 1631 —32 ebenfalls zu keinem Ergebnis führten. Auch der hohe Preis von 400 000 Mark, den die britiſche Admiralität für die Entdeckung einer Nordweſtpaſſage ausſetzte, vermochte zu neuen Verſuchen nicht zu ermutigen, und faſt zwei Jahrhunderte vergingen, ehe man der Löſung des Problems wieder näher trat. Um ſo größere Aufmerkſamkeit wandte man in der Zwiſchenzeit dem kanadiſchen Feſtland zu, namentlich ſeit 1670 die Hudfonbai- Kompagnie gegründet ward, die zur Erforſchung des ihr über- laſſenen ungeheuren Gebietes eine Reihe von Expeditionen aus— ſandte. In ihrem Auftrage fuhren Middleton und Moore zur Nordweſtküſte der Hudſonbai, während Samuel Hearne 1769—72 nach zwei mißglückten Verſuchen den Coppermine River (Kupferminenfluß) entdeckte und bis zu ſeiner Mündung ins Eismeer verfolgte.“) Noch wertvollere Bereicherungen des geographiſchen Wiſſens brachte die Expedition des ſchottiſchen Händlers Alexander Mackenzie, der 1789 den nach ihm benannten Rieſenſtrom Kanadas ebenfalls bis zur Mündung befuhr und die erſten genauen Ortsbeſtimmungen im amerikani⸗ ſchen Norden anitellte.**) Im übrigen war noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts die geſamte Polarküſte Amerikas nebſt den vorgelagerten Inſeln und Meeresſtraßen mit wenigen Aus— nahmen vollſtändig unbekannt. *) S. Hearne, A journey from Prince of Wales Fort in Hudsons Bay to the Northern Ocean, undertaken for the discovery of Copper Mines, a Northwest-Passage ete. London 1795. Deutſch von J. R. Forſter. Berlin 1797. *) A. Mackenzie, Voyages from Montreal on the River St. Laurenze through the Continent of North-America to the Frozen and Pacific Oceans. London 1802. Deutſche Überſetzung Hamburg 1802. | IV. Wiederaufnahme d. nordweſtlichen Durchfahrten im 19. Jahrh. 29 IV. Kapitel. Wiederaufnahme dernordwelklichen Durchfahrten im 19. Jahrhundert. Der unermüdlichen Agitation des Afrikareiſenden und da— maligen Admiralitätsſekretärs John Barrow, der ſich eingehend mit den arktiſchen Reiſen beſchäftigt hatte, und den höchſt erfolg— reichen Entdeckungsfahrten der beiden Scoresbys war es in— zwiſchen gelungen, das völlig erlahmte Intereſſe für die Polar— forſchung in England neu zu beleben und die alte Leidenſchaft der Briten für die Nordweſtpaſſage wieder anzufachen. Zwar konnte die Auffindung einer ſolchen nach allen Erfahrungen kaum von praktiſcher Bedeutung ſein. Aber Barrow wies mit be— redten Worten darauf hin, daß es für das meerbeherrſchende Groß— britannien eine Ehrenpflicht ſei, auch zur Löſung wiſſenſchaftlicher polarer Aufgaben beizutragen. Zugleich erinnerte er an den Nutzen, den man aus früheren Reiſen gezogen hatte. Fiſchfang und Pelzhandel boten einen gewinnbringenden Erwerbszweig, und nicht minder wichtig erachtete man die Polarfahrten wegen ihrer Schwierigkeiten und Gefahren für die Ausbildung eines tüchtigen Stammes von Matroſen und als Schule für die britiſche Marine. Tatſächlich erreichte der raſtlos tätige Mann, den man nicht mit Unrecht den Vater der modernen Polarforſchung genannt hat, daß der engliſche Staat die Koſten aller ſeit 1818 ausgerüſteten Polarexpeditionen übernahm und die arktiſche Forſchung geradezu zu einer britiſchen Nationalſache machte. Der Preis von 400 000 Mk. für die Auffindung einer nordweſtlichen Durchfahrt wurde er— neuert und noch dazu eine Belohnung von 100000 Mk. für die Erreichung des 110. Längengrades weſtl. Gr. ausgeſetzt. Die erſten Reiſen in dieſer langen Reihe denkwürdiger Unternehmungen waren diejenigen der Kapitäne John Roß und Edward Parry einerſeits, David Buchan und John Franklin andrerjeits.*) Gemäß ſeinem Auftrage, von der Baffinbai aus ) J. Ross, Voyage of discovery for the purpose of exploring Baffinsbay. London 1819. Deutſch von Nemnich (1820). — F. W. Beechey, A voyage of discovery towards the North-Pole, performed in H. M. Ships Dorothea and Trent under the command of Capt. D. Buchan. London 1843. 30 IV. Wiederaufnahme d. nordweſtlichen Durchfahrten im 19. Jahrh. einer Durchfahrt nachzugehen, ſteuerte Roß 1818 bis zum Smith— ſund, von wo er die erſte Kunde von dem roten Schnee und den nördlichſten Menſchen der Erde, den Etah-Eskimos, mitbrachte. Da er meinte, daß der Sund weiter nordwärts durch Landmaſſen abgeſperrt ſei, ſo ſegelte er ein Stück in den eisfreien, ſich weit vor ihm nach Weſten öffnenden Lancaſterſund hinein, ſo daß er auf dem beſten Wege war, die Nordweſtpaſſage zu entdecken. Aber zum allgemeinen Erſtaunen ſeiner Offiziere kehrte er an der Schwelle des Unbekannten wieder um, weil eine im Sinter: grunde auftauchende Bergkette, die er Crokerberge nannte, ſcheinbar die Straße abſperrte. In Wirklichkeit waren aber jene Berge gar nicht vorhanden, ſondern Roß hatte ſich durch eine im Polargebiet häufig beobachtete Luftſpiegelung täuſchen laſſen. Parry erklärte auch ſofort nach der Rückkehr namens der Offiziere, daß die am Horizont bemerkten Gebilde ebenſogut Wolken als Berge geweſen ſein konnten.“) Die andere Expedition hatte ebenfalls keinen Erfolg. Sie ſollte durch die Spitzbergenſee und über den Nordpol die Bering— ſtraße aufſuchen; aber ungeheure Eismaſſen beſtimmten Buchan und die höheren Offiziere trotz Franklins Einſpruch zur Um— kehr, nachdem man bereits über SO! N. hinausgekommen war. Franklin machte mit feinem Vorgeſetzten alſo eine ähnliche Er— fahrung wie Parry. Doch hatten beide die Genugtuung, ſchon im nächſten Jahre ein ſelbſtändiges Kommando zu erhalten. Parry“) wurde beauftragt, die unwahrſcheinlichen Angaben ſeines Vorgängers zu prüfen. Tatſächlich fand er am Lancaſter⸗ ſund ſtatt des vermeintlichen Gebirges eine breite Waſſerſtraße und drang auf dieſer erfolgreichſten unter allen ſeinen Reiſen in überraſchend kurzer Zeit durch die Barrowſtraße bis zur Melville-Inſel vor. Damit hatte er den 110. Längengrad über- ſchritten und den dafür ausgeſetzten Preis errungen. Gleichzeitig hatte er aber auch ein Ziel gewonnen, das trotz aller An- ſtrengungen erſt drei Jahrzehnte ſpäter wieder erreicht werden konnte. Auf Melville Island mußte Parry in einer geſchützten * E. Parry, Tagebuch einer Entdeckungsreiſe nach den nörd⸗ lichen Polargegenden im Jahre 1818 in dem Königlichen Schiffe Alexander. Deutſche Überſetzung Hamburg 1819. * Parrys Reiſebeſchreibungen erſchienen geſammelt unter dem Titel: Four voyages to the North-Pole. 6 Bde. London 1828—1833. Auch deutſche Überſetzung. Parrys Reifen. 31 Bucht, die ſeitdem den Namen Winterhafen trägt, zehn lange Monate zubringen, weil in jenen unwirtlichen Gegenden das Meer nur wenige Wochen eisfrei iſt. Nachdem er noch Banksland geſichtet hatte, beſtimmten ihn ungeheure Eismaſſen zu ſchleuniger Heimkehr. Parrys Reiſe beſtätigte endlich das Vorhandenſein einer zuſammenhängenden, oſt-weſtlich verlaufenden Meeresſtraße, die allerdings für die Schiffahrt unbrauchbar war. Die neu— entdeckte Inſelflur wurde ſpäter der Parry-Archipel genannt. Gleichzeitig mit Parry trat John Franklin!) ſeine erſte arktiſche Landexpedition an, um zwiſchen den neuentdeckten Inſeln und Hal binſeln und der früher erforſchten Eismeerküſte eine Verbindung herzuſtellen. Begleitet von Back, Hood und Richardſon wanderte er 1819 —22 längs des Kupferminen- fluſſes bis zum Polarmeer, fuhr dann die Küſte entlang bis zum Kap Turnagain (Umkehrkap) und kehrte auf dem Landwege ſüdwärts zurück. Da die Lebensmittel ausgingen und Wild nur ſpärlich zu finden war, ſo mußte man ſchließlich vom Leder der eigenen Kleidung leben; obendrein ſtellten ſich furchtbare Schnee- ſtürme und ſtrenge Kälte ein. Eine bittere Flechte als einzige Nahrung unter dem Schnee hervorwühlend, kam man im Kampf gegen Hunger und klimatiſche Unbilden nur mühſam vorwärts, und ehe dank Backs entſchloſſenem Eintreten gaſtfreundliche Indianer Hilfe brachten, war der größte Teil der Mannſchaft den Entbehrungen zum Opfer gefallen. Mehrere andere, darunter Hood, waren von einem die Expedition begleitenden Indianer ermordet worden, der von dem Fleiſche der Getöteten lebte, bis Richardſon ihn niederſchoß. Erſt nach langer Erholung war es den fünf Überlebenden möglich, ſich in die Heimat zurückzubegeben. Trotz ſeines Erfolges meinte Parry, daß ein weiteres Vor— dringen auf dem von ihm eingeſchlagenen Wege nicht möglich ſei und daß man in niedrigeren Breiten, insbeſondere von der Hudſonſtraße aus, die eigentliche Durchfahrt ſuchen müſſe. Zu dieſem Zwecke wurde er 1821 —23 wiederum mit zwei Schiffen, der „Fury“ und „Hecla“, zur amerikaniſchen Polarküſte geſchickt, um, ihr folgend, die Beringſtraße zu erreichen. Als Unter— befehlshaber war ihm der durch ſeine nordafrikaniſchen Reiſen ) J. Franklin, Narrative of a journey to the shores of the Polar Sea, in the years 1819—1822. 2 Bde. London 1823. Deutſche Überſetzung in Bertuchs Reiſebeſchreibungen Bd. 36 (Weimar 1823). 32 IV. Wiederaufnahme d. nordweftlichen Durchfahrten im 19. Jahrh. erprobte Kapitän Lyon“) beigegeben. Aber dieſer neue Ber: ſuch brachte eine bittere Enttäuſchung, da man die Hudſonbai von gewaltigen Eismaſſen blockiert fand und vom Winter überraſcht wurde. Die Expedition überwinterte auf der kleinen Winterinſel und ſteuerte dann nach den Anweiſungen einer Eskimofrau, die eine ziemlich genaue Küſtenkarte entwarf, zur Fury- und Heclaſtraße, wo nach einer zweiten Überwinterung auf der neu aufgenommenen Melville-Halbinſel das Eis zum Rückzug nötigte. Dennoch rüſtete die Admiralität nochmals vier Expeditionen aus, die aber ebenfalls vom Glück nur wenig begünſtigt waren. Lyon ſegelte 1824 auf dem „Griper“ in die Hudſonbai, wo ſein ſchwerfälliges Schiff vom Eiſe ſo ſehr beſchädigt wurde, daß er von weiteren Unternehmungen abſtehen mußte.“) Parry ſuchte auf ſeiner dritten Reiſe in demſelben Jahre durch den Prinz Regents-Einlaß vorzudringen, mußte aber ebenfalls eins ſeiner beiden Fahrzeuge, die vom Sturm arg mitgenommene „Fury“, beim Cockburn Island als Wrack zurücklaſſen. Beechey endlich, der ſich mit Franklin vereinigen ſollte, konnte nicht bis zu ihm gelangen, trotzdem von der Beringſtraße aus eine Boot⸗ expedition unter Elſon bis Point Barrow gekommen war.“ **) Franklins zweite Landexpedition, T) an der wiederum Back und Richardſon teilnahmen, ergänzte als erfolgreichſte von allen 1825—27 die Erforſchung der amerikaniſchen Polarküſte, indem die Reiſenden von der Mündung des Mackenzieſtromes aus ſowohl weſtwärts bis zum Return Reef, bloß noch 260 km von Point Barrow entfernt, als oſtwärts bis zum Kupferminenfluß zogen und damit das Geſtade in einer Ausdehnung von 35 Längen: graden aufklärten. Mittlerweile hatte Parry eine vierte Nordfahrt angetreten, die, wenngleich auf ein ganz anderes Gebiet gerichtet, hier im *) G. F. Lyon, Private journal during the recent voyage of discovery under Captain Parry. London 1824. **, G. F. Lyon, A brief narrative of an unsuccessful attempt to reach Repulse Bay in the year 1824. London 1825. k, F. W. Beechey, Narrative of a voyage to the Pacific and Behrings Strait. 2 Bde. London 1831. 7) J. Franklin, Narrative of a second expedition to the shores of the Polar Sea. London 1828. Deutſche Überſetzung in: Neue Bibl. der wichtigſten Reiſebeſchr. Bd. 51 (Weimar 1829). John und James Roß. 33 Zuſammenhange erwähnt ſei. Man war der Anſicht, daß das Eis im höchſten Norden eine geſchloſſene, faſt ebene Fläche bilde, weshalb Parry ſofort nach der Rückkehr von ſeiner letzten miß— lungenen Expedition den ſchon von Scoresby ausgeſprochenen Plan verwirklichen und den Pol zu Schlitten bezwingen wollte. Bei dieſer Unternehmung trat ſomit der Schlitten zum erſten Male in den Dienſt der Polarforſchung. Parrys altes Schiff „Hecla“ wurde ihm wieder zur Verfügung geſtellt, und begleitet von James Clarke Roß und Crozier ſtach er 1827 in See. In Spitzbergen ließ er die „Hecla“ nebſt dem größten Teil der Mannſchaft zurück, verſah ſich mit Lebensmitteln für zehn Wochen und ſtrebte mit Roß in zwei bald als Schlitten, bald als Fahr— zeuge verwendbaren Booten polwärts. Das Eis aber war keineswegs eine zuſammenhängende, ebene Maſſe, ſondern höchſt unregelmäßig und von Kanälen durchſchnitten, ſo daß man nur langſam und mit Mühe weiterkam. Ja an manchen Tagen hatte man trotz ununterbrochener Eiswanderung keine Fortſchritte, ſondern eher Rückſchritte gemacht. Das unabſehbare Eisfeld nämlich trieb mit den Winden und Strömungen unbemerkt nach Süden, ſo daß das, was man mühſam an nördlicher Breite ge— wann, durch das ſüdliche Abtreiben des Eiſes wieder verloren ging. So mußte ſich Parry nach 35 tägigem Bemühen zur Umkehr entſchließen, ohne ſein Ziel erreicht zu haben. Doch war er zu der noch nie zuvor gewonnenen Breite von 8245“ N. gelangt. Zehn Jahre heldenmütiger Anſtrengungen waren ſeit 1818 vergangen. Man hatte die bewährteſten Seemänner gewählt und mit großen Koſten und unglaublichen Anſtrengungen die nordweſtliche Durchfahrt nachzuweiſen verſucht. Doch war der Erfolg ſo gering, daß die Admiralität fernere Unternehmungen aufgab. Sie zog ſogar die einſt ausgeſetzte Belohnung von 400000 Mark zurück und verhielt ſich auch ablehnend, als der alte John Roß ſich nochmals zu einer Expedition meldete, um, wie er ſagte, ſeinem Vaterlande die Ehre einer endlichen Entſcheidung der ſchwebenden Frage über die Möglichkeit einer nördlichen Durchfahrt zu ſichern. In Wahrheit wollte er ſeinen ſchwer geſchädigten Ruf als Polarfahrer wiederherſtellen. Als er mit ſeinem Anerbieten kein Gehör fand, ſteuerte er aus ſeinem eigenen Vermögen 60000 Mark zu den Expeditionskoſten bei, während ein reicher Privatmann namens Felix Booth 340000 ANuch 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 3 34 IV. Wiederaufnahme d. nordweſtlichen Durchfahrten im 19. Jahrh. Mark zur Verfügung ſtellte. Durch dieſes glänzende Geſchenk kam eine der merkwürdigſten Polarfahrten zuſtande, die, was vorher noch nie und ſpäter nur ſehr ſelten ſtattgefunden hatte, vier Winter, von 1829— 33, im arktiſchen Eiſe zubrachte.“) Wiederum begleitet von ſeinem berühmten Neffen James Clarke Roß, der ſich bereits bei Parrys Expeditionen hervorgetan hatte, gelangte er in dem Raddampfer „Victory“, dem erſten Dampfſchiff, das bei der Polarforſchung Verwendung fand, durch den Lancaſterſund und den Prinz Regents-Einlaß zu einer weit nach Norden vorſpringenden Halbinſel, die er nach ſeinem hochherzigen Gönner Boothia Felix taufte. Leider erwies ſich die Dampfmaſchine bald als völlig unbrauchbar, ſo daß ſie ſchließlich, um Raum zu gewinnen, gänzlich entfernt wurde. Erſt im September 1830 konnte die „Victory“ nach elf— monatlicher Gefangenschaft, während deren die Kälte auf 60° C ſtieg, wieder in See gehen. Aber ſchon nach wenigen Stunden wurde ſie abermals vom Eis umklammert und mußte unweit des alten Winterhafens ein neues Winterquartier beziehen. Auf häufig wiederholten Schlittenreiſen ſtellte der jüngere Roß feſt, daß Boothia keine Inſel, ſondern der nördlichſte Ausläufer des amerikaniſchen Feſtlandes und mit ihm durch einen ſchmalen Iſthmus verbunden ſei. Vor allem aber verdankt man ihm das bedeutſamſte Ergebnis der ganzen Expedition, die Entdeckung des damaligen magnetiſchen Nordpols unter 70% 5“ N., 9646“ W., d. h. desjenigen Punktes der Nordhalbkugel, in dem eine frei ſchwebende Magnetnadel genau ſenkrecht auf der Horizontalebene ſteht. Schon die magnetiſchen Beobachtungen früherer Forſcher hatten mit einiger Wahrſcheinlichkeit die Lage dieſes Poles an- gedeutet, der nunmehr von James Roß durch methaodiſches Suchen gefunden wurde. Es war ein reißloſer, flacher Strand am Südweſtrande von Boothia, der das wichtige phyſikaliſche Geheimnis in ſich barg; nur einige verlaſſene Eskimohütten waren zu erblicken. Mit begreiflicher Genugtuung nahm Roß die denkwürdige Stelle feierlich für England in Beſitz und er⸗ richtete aus den umherliegenden Kalkſteinen einen Steinmann, *) J. Ross, Narrative of a second voyage in search of a North -West Passage. London 1835. Deutſch von Becker und Sporſchill. 2 Bde. Leipzig 1835. — M' TClure und Sperdrup mußten an verſchiedenen Stellen des Parry-Archipels vier Über⸗ winterungen durchmachen. John und James Roß. 35 unter dem in einer Blechbüchſe ein Schriftſtück über die große wiſſenſchaftliche Entdeckung niedergelegt wurde. In der Folge iſt der nördliche Magnetpol bloß zweimal wieder beſucht worden, nämlich 1859 von M’Clintod, der damals, 28 Jahre ſpäter, von dem Steinhaufen keine Spur mehr fand, und 1904 von Amundſen. Nachdem die „Victory“ Ende Auguſt 1831 frei geworden war, um am nächſten Tage von neuem einzufrieren, mußte man ſich in eine dritte Überwinterung fügen. Doch gingen die nur für 2 ½ Jahre berechneten Lebensmittel auf die Neige, und end— lich war das Schiff völlig unbrauchbar geworden, ſo daß der alte Roß zum erſtenmal in ſeiner 42 jährigen Marinelaufbahn ſein Fahrzeug verlaſſen mußte. Auf Schlitten und in Booten wurde im nächſten Frühjahr die höchſt mühſelige Rückreiſe angetreten. Doch wurde die Expedition neuerdings vom Winter überraſcht und auf Cockburn Island, dem alten Winterquartier Parrys, zu einer vierten Überwinterung gezwungen. Hierbei rettete die Vorſicht Parrys, der vor acht Jahren ſämtliche Vorräte der geſcheiterten „Fury“ ans Land hatte bringen laſſen und die glücklicherweiſe völlig unverſehrt angetroffen wurden, die kühne Schar vor dem Hungertode. Nachdem ſich Roß' Leute in einem ſtarken Holzhauſe mit Hilfe guter Ofen einen verhältnis— mäßig behaglichen Aufenthalt hergerichtet hatten, erreichten ſie endlich im Sommer 1833 den Ausgang des Lancaſterſundes, in der Hoffnung, hier auf einen Walfiſchfänger zu ſtoßen. Ein ſeltſamer Zufall fügte es, daß Roß von der „Iſabella“, alſo von demjenigen Fahrzeug, aufgenommen wurde, mit dem er 1818 ſeine erſte Polarfahrt ausgeführt hatte, und das nunmehr aus— geſandt war, um die Spuren ſeines Unterganges zu ermitteln. Anfänglich wurde er von den Matroſen gar nicht erkannt, weil man ihn und die Seinen längſt für tot hielt. Man erzählte ihm die Abenteuer, die er beſtanden, die Art und Weiſe, wie er mit ſeiner Expedition zugrunde gegangen ſei, und war um ſo mehr überraſcht, die Totgeglaubten auf einmal wiederzuſehen. In der Heimat fand Roß nach 4% jähriger Abweſenheit keinen ungünſtigen Empfang. Einer genauen Prüfung konnte es jedoch nicht verborgen bleiben, daß die Expedition, abgeſehen von der Lagenbeſtimmung des magnetiſchen Poles, wegen der Ungunſt der Verhältniſſe für die Erſchließung einer Durchfahrt ergebnislos war und ihren eigentlichen Zweck, die zwiſchen i 3* 36 V. Franklin und die Franklinſucher. Parrys fernſtem Punkte auf der Melville-Halbinſel und dem— jenigen Franklins am Kap Turnagain liegende Küſtenſtrecke aufzunehmen, nicht erfüllt hatte. Da Roß zunächſt verſchollen blieb und man um ſein Schickſal Beſorgnis hegte, ſo war der tüchtige Polarforſcher George Back 1833 mit einer neuen Landexpedition betraut worden, die in 2 ½ jähriger Arbeit den ſtromſchnellenreichen Bad: fluß oder Großen Fiſchfluß unterſuchte und ein neues Stück der amerikaniſchen Polarküſte feſtlegte. Sofort nach der Rückkunft trat Back eine zweite Polarfahrt an, die jedoch gänzlich ſcheiterte.“) Die Ergebniſſe der kanadiſchen Landexpeditionen von Hearne, Mackenzie, Franklin und Back wurden 1837—39 durch zwei Beamte der Hudſonbai-Kompagnie, Thomas Simp— ſon “k) und Peter Warren Deaſe, weſentlich vervollſtändigt. Auf einer Bootfahrt von 2400 km, einer der längſten, die jemals im Eismeer ſtattgefunden haben, wurden die letzten noch unbekannten Strecken der amerikaniſchen Polarküſte aufgeklärt, ſo daß nunmehr die geographiſche Kenntnis dieſes Geſtades einen gewiſſen Abſchluß erhielt. Man hatte eine ununterbrochene Paſſage von der Beringſtraße bis zur Halbinſel Boothia und eine ihr parallel laufende Meeresſtraße vom Lancaſterſund bis Banksland nachweiſen können, und es fehlten bloß noch einige Verbindungsſtrecken, ſo daß man der Löſung des Jahrhunderte alten Problems der Nordweſtpaſſage endlich nahe gekommen zu ſein ſchien. V. Kapitel. Franklin und die Franklinſucher. Die in jeder Beziehung erfolgreiche Südpolarfahrt von James Clarke Roß und die Ergebniſſe der letzten Expeditionen ) G. Back, Narrative of the Arctic Land Expedition to the mouth of the Great Fish River and along the shores of the Aretie Ocean in the years 1833, 34 and 35. London 1836. — G. Back, Narrative of an expedition in H. M. S. Terror, undertaken with a view to geographical discovery on the arctic shores in the years 1836—1837. London 1838. **, Th. Simpson, Narrative of the discoveries of the North Coast of America, effected by the officers of the Hudsons Bay Company during the years 1836—1839. London 1843. / / Die Abfahrt der Franklin⸗Expedition. 37 in den arktiſch⸗amerikaniſchen Gewäſſern hatten in England dank Barrows rührigem Eintreten neues Intereſſe für die Nordpolar— forſchung geweckt. Sie führten zum letzten großen Abſchnitt in der Entdeckungsgeſchichte der Nordweſtpaſſage, den Sir John Franklin mit den eben erſt von Roß' antarktiſcher Expedition zurückgekehrten Schiffen „Erebus“ und „Terror“ eröffnete. Seine beiden Unterbefehlshaber, die Kapitäne Crozier und Fitzjames, und die Mannſchaften waren ſämtlich altgediente, zum Teil mit den Gefahren der Polarregionen wohlvertraute Seeleute. Kapitän Crozier z. B. hatte an allen Unternehmungen Parrys und an der Roßſchen antarktiſchen Expedition teilgenommen, und Franklin ſelbſt ſchien wegen ſeiner reichen polaren Erfahrungen wie kein anderer berufen, einen glücklichen Ausgang der Entdeckungsfahrt zu verbürgen. Sir John Franklin, einer der berühmteſten engliſchen Seefahrer, wurde 1786 geboren und trat mit 14 Jahren in die britiſche Kriegsmarine ein. Er war an der Belagerung Kopen— hagens und an der Flindersſchen Forſchungsreiſe nach Auſtralien beteiligt, kämpfte in den Seeſchlachten von Malakka und Tra— falgar und machte die Blockade von Vliſſingen, ſowie die Expedition gegen New Orleans mit, wo er verwundet wurde. In die Zeit von 1818 — 27 fallen feine bereits bekannten drei Polarreiſen. Hierauf wurde er Gouverneur von Tasmania, bis die Admiralität den 59 jährigen Mann an die Spitze der großen arktiſchen Unternehmung ſtellte mit dem Auftrag, auf Parrys Wege von der Baffinbai bis in die Beringſtraße zu ſegeln. Franklin war in zweiter Ehe mit Jane Griffin, der durch ihre raſtloſe Tätigkeit für die Rettung ihres Gemahls nachmals ſo bekannt gewordenen Lady Franklin, vermählt. Im Mai 1845 verließen die beiden Expeditionsſchiffe, die bald als Schraubendampfer, bald als Segler gebraucht werden konnten, mit 129 Mann Beſatzung die Themſe und wurden Ende Juli in der Melvillebai von zwei Walfiſchfängern angeſprochen, die Briefe und gute Nachrichten mit nach Hauſe brachten. Seitdem blieb die Expedition verſchollen. Da ſie mit Vorräten für fünf Jahre verſehen war, die bei ſparſamer Ver— wendung auch länger vorhalten konnten, ſo hatte man anfänglich keine Beſorgnis. Als aber binnen drei Jahren nicht die geringſten Lebenszeichen über die Vermißten mehr einliefen, begann man ernſtlich beunruhigt zu werden, um ſo mehr, als eine 38 V. Franklin und die Franklinſucher. Überlanderpedition unter John Rae am Boothia-Golf und auf der Melville-Halbinſel keine Spur von Franklin bemerkt hatte.“) Fortan nahmen über 40 Rettungsexpeditionen, kurzweg die Franklin⸗Expeditionen genannt, ihren Anfang, die ein glänzendes Zeugnis ſelbſtloſer Aufopferung ſind und erſt 1879 mit den Schlittenreiſen des Deutſch-Amerikaners Schwatka endeten. Engländer und Amerikaner, Regierungen wie Private, opferten für ſie nicht weniger als 25 Millionen Mark. Als einziger Deutſcher nahm an dem Rettungswerk der Miſſionar und Eskimo-Dolmetſcher Johann Auguſt Miertſching als Mitglied der M' Clureſchen Expedition teil, während als einziger Franzoſe der Schiffsleutnant Bellot die Expedition Inglefields be gleitete. **) Während eines furchtbaren Sturmes wurde er von einer Treibeisſcholle ins Meer gefegt, ſo daß er rettungs— los ertrank. Der Franklinſuche lagen drei Geſichtspunkte zugrunde: 1. Den Vermißten auf den Wegen nachzugehen, die ſie mut— maßlich eingeſchlagen hatten, 2. ihnen vom Zielpunkte ihrer Reiſe, der Beringſtraße, aus entgegenzufahren, 3. in den Gegenden, in denen man ſie vermutete, Lebensmittel und Nach⸗ richten zurückzulaſſen. 1848 wurden von drei verſchiedenen Seien her gleich⸗ zeitig drei ergebnisloſe Rettungsverſuche unternommen. James Clarke Roß drang auf dem Franklin vorgeſchriebenen Wege von der Baffinbai in die Barrowſtraße ein, wurde aber ſehr bald zur Überwinterung gezwungen und nach der Durchforſchung der Inſel North Somerſet ſo hart vom Eiſe bedrängt, daß er unverrichteter Dinge u mußte. Henry Kellett und Th. Moore, die von der Beringſtraße aus an der amerikaniſchen Polarküſte entlang fahren ſollten, kamen über die von ihnen neu entdeckte Heraldinſel nicht hinaus und erblickten weſtlich davon eine ausgedehnte Felsküſte, die 1867 auch vom Kapitän Thomas Long geſichtet und Wrangel-Land genannt wurde. *) J. Rae, Narrative of an expedition to the shores of the Arctie Sea in 1846 and 1847. London 1850. z Reiſetagebuch des Miſſionars J. A. Miertſching. Gnadau 1855. — J. R. Bellot, Journal d'un voyage aux mers polaires exécuté à la recherche de Sir John Franklin, en 1851 et 1852. Paris 1854. Franklins Schickſal unaufgeklärt. 39 Die Landexpedition Raes und Richardſons “), die von der Mündung des Mackenzieſtromes aus oſtwärts ſteuern ſollte, blieb ebenfalls ohne Erfolg. Das einzige dürftige Ergebnis dieſer Expeditionen beſtand in dem Nachweis, daß die Verſchollenen das amerikaniſche Feſt— land von der Beringſtraße bis zum Kupferminenfluß nicht be— treten hatten. Nun machte die Admiralität noch größere An— ſtrengungen als zuvor. Sie ſetzte eine Belohnung von 400000 Mark für die Rettung Franklins und ſeiner Gefährten aus und die Hälfte dieſer Summe für die Erlangung ſicherer Nach— richten über ihr Schickſal. Weitere 60000 Mark fügte La dy Franklin hinzu. Gleichzeitig wurden Collinſon und M'Clure nach der Beringſtraße, Penny und Stewart nach dem ı Welling⸗ tonkanal, Auſtin, Ommaney und Osborn nach der Barrow⸗ ſtraße geſandt. Lady Franklin ſchickte auf eigene Koſten ein Schiff zum Prinz Regents⸗Einlaß. Der hochbetagte, ſiebzigjährige John Roß ging nach dem Wellingtonkanal,“ ) und ebendort waren zwei von dem amerikaniſchen Kaufmann Henry Grinnell zur Verfügung geſtellte Schiffe unter de Haven, Griffin und dem weitgereiſten Arzt Elif ha Kent Kane tätig. **) Alles in allem ſuchten allein im Jahre 1850 von den verſchiedenſten Seiten her 16 Fahrzeuge das amerikaniſche Polarmeer auf, die umfaſſende Vorkehrungen trafen, um den Verſchollenen Hilfe zu bringen. Kupferzylinder und Flaſchen mit Depeſchen wurden ausgeworfen, Felswände beſchrieben, Feuerzeichen abgebrannt, Kanonenſchüſſe abgefeuert und leicht in die Augen fallende Signale aufgeſtellt. In wohlverwahrten Niederlagen wurden Kleidungsſtücke, Heizungsmaterial und Proviant aufgeſtapelt; auch *) J. Richardson, Arctic searching expedition: a journal of a boat-voyage through Ruperts Land and the Arctic Sea in search of Sir John Franklin 2 Bde. London 1851. r Sh. Osborn, Stray leaves from an arctic journal; or 18 months in the Polar Regions in search of Sir John Franklin's ex- pedition. London 1852. — W. P. Snow, Voyage of the Prince Albert in search of Sir John Franklin. London 1851. — W. Ken- nedy, A short narrative of the second voyage of the Prince Albert in search of Sir John Franklin. London 1853. — P. C. Sutherland, Journal of a voyage in Baffins Bay and Barrow Strait, in search of the missing crews of H. M. Ships Erebus and Terror. 2 Bde. London 1852. *) E. K. Kane, The U. S. Grinnell Expedition in search of Sir John Franklin. London and New York 1854. 40 V. Franklin und die Franklinſucher. ließ man kleine Luftballons ſteigen, die mittels einer einfachen Vorrichtung zahlreiche Blättchen energiſch gefärbten, daher ſofort bemerkbaren und mit Nachrichten bedruckten Papiers ausſtreuten. Man fing ſogar ganze Rudel von Polarfüchſen, legte ihnen mit Inſchriften verſehene Metallhalsbänder um und ließ dann die Tiere wieder laufen. Aber alles war umſonſt. Als einzige Errungenſchaft und als erſte untrügliche Spuren der Vermißten fand man auf der Beechey⸗Inſel drei Gräber von Franklins Leuten und eine Menge von Überbleibſeln, Konſervenbüchſen, Fäſſern, Eiſenſtücken uſw. aus dem erſten Winterlager der Expedition. John Rae, der Führer einer neuen gleichzeitig ausgeſandten Landexpedition, entdeckte am Geſtade von Wollaſtonland ein Stück eines zu Franklins Schiffen gehörigen Flaggenſtockes, ohne zu ahnen, wie nahe er ſich der Stelle befand, wo „Erebus“ und „Terror“ eingefroren waren. Mit dieſen mageren Ergebniſſen kehrten die Schiffe zurück, die amerikaniſchen erſt nach abenteuerlicher Irrfahrt, indem ſie durch furchtbare Stürme und raſch ſich bildendes Eis bis in Sicht des unbekannten Grinnell-Landes getrieben wurden. Endlich fiel das gewaltige Eisfeld im nächſten Frühſommer in Trümmer und geſtattete den völlig erſchöpften Reiſenden nach neunmonat⸗ licher Gefangenſchaft die Heimkehr. Nur Collinſon und M'Clure fehlten noch, worauf die Admiralität zu ihrer und Franklins Aufſuchung, den man nunmehr in höheren Breiten vermutete, 1852 eine letzte große Entſatzexpedition ausrüſtete, die den Wellingtonkanal, die Beechey⸗ und Melville⸗Inſel abſuchen ſollte. Das Oberkommando erhielt Sir Edward Belcher, und ihm unterſtanden erprobte Polarfahrer wie Leopold M' Clintock, Richards, M' Dougall, Bullen, Osborn, Kellett und andere. Kapitän Inglefield und Dr. Kane begaben ſich in den Smithſund, erſterer im Auftrage der raſtloſen Lady Frank— lin, letzterer als Leiter der zweiten, von Grinnell ausgerüſteten Expedition (vgl. S. 55).*) Spuren von Franklin fand auch ) E. Belcher, The last of the arctic voyages; being a nar- rative of the expedition in H. M. S. Assistance in search of Sir John Franklin. 2 Bde. London 1855. — B. Seemann, Narra- tive of the voyage of H. M. S. Herald 1845 — 1851; being a cir- cumnavigation and three cruises to the arctic regions in search of Sir John Franklin. 2 Bde. London 1853. Deutſch Hannover 1853. Die Entdeckung der nordweſtlichen Durchfahrt. 41 dieſes großartige Rettungsunternehmen nicht. Dafür war es in geographiſcher Beziehung um ſo fruchtbringender, indem auf Schlittenreiſen der größte Teil des Parry-Archipels feſtgelegt ward. Eine dieſer Schlittenreiſen brachte auch erwünſchte Nach— richt von M' Clure, indem fie eine von ihm ausgefertigte Ur— kunde fand, nach der er ſeit 1½ Jahren in der Mercybai ein— gefroren war und das letzte Stück der nordweſtlichen Durchfahrt entdeckt hatte. M'Clure ſollte gemeinſam mit Collinſon von der Be— ringſtraße aus ins amerikaniſche Eismeer zu gelangen ſuchen. Beide gerieten jedoch wegen der verſchiedenen Schnelligkeit ihrer Schiffe auseinander und trafen nicht wieder zuſammen, ſo daß jeder ſeine Expedition ſelbſtändig durchführte. Collinſon mußte nach einem vergeblichen Vorſtoß über die Beringſtraße in Hong— kong überwintern, erreichte dann auf demſelben Wege wie vor ihm M' Elure die Prince of Walesſtraße, die er ebenfalls vom Eis geſchloſſen fand und drang nach der Überwinterung längs der Südküſte von Wollafton- und Victorialand bis zur Victoria— ſtraße vor, wo er abermals überwintern mußte. Somit hatte er eine neue und zwar die dritte Verbindungsſtrecke zwiſchen den nordweſtlichen Durchfahrten entdeckt und fand zugleich einige Ge— räte der Franklin⸗Expedition. Dennoch ahnte er ebenfalls nicht, daß er dem Schauplatze der Kataſtrophe näher gekommen war als irgend ein Franklinſucher vor ihm. Durch Kohlenmangel zur Heimreiſe durch die Beringſtraße gezwungen, mußte Collinſon noch einen dritten Winter im arktiſchen Eiſe zubringen und kam erſt nach fünfjähriger Abweſenheit wieder in England an.“) Mehr vom Glück begünſtigt war M'Clure.““) Sein Schiff „Inveſtigator“ brachte ihn von der Beringſtraße um die Süd⸗ ſpitze von Banksland unter Sturm und Nebel in die Prince of Walesſtraße, als er den Nordausgang des Sundes nicht mehr — E. A. Inglefield, A summer search for Sir John Franklin with a peep into the Polar Basin. London 1853. — G. F. M’Dou- gall, The eventful voyage of H. M. Discovery Ship Resolute to the arctic regions in search of Sir John Franklin. London 1857. *) R. Collinson, Journal of H. M. S. Enterprise on the ex- pedition in search of Sir John Franklin's Ships by Behring Strait 1850-1855. London 1889. u) Die Reiſe wurde beſchrieben von Miertſching (vgl. ©. 38) und von Sh. Osborn, The discovery of the North West Passage by H. M. S. Investigator, Captain R. M' Clure. London 1856. 42 V. Franklin und die Franklinſucher. allzuweit von der weſtlichen Mündung der einſt von Parry be— fahrenen Meeresſtraße durch Eis verſperrt fand und dort über— wintern mußte. Seine ſchon früher gehegte Vermutung, daß er nunmehr das letzte Stück der 300 Jahre lang geſuchten Durchfahrt gefunden habe, wurde zur Gewißheit, als er auf einer kurzen Schlittenfahrt am 26. Oktober 1850 die Stelle betrat, wo die Prince of Walesſtraße in den bereits durch Parrys Fahrt be kannten Melville-Sund mündet. Damit. war M'Clure der glückliche Entdecker der nordweſtlichen Durchfahrt geworden. Aber nachdem ſie endlich entdeckt war, mußte man ſich ſagen, daß ſie wegen ihrer Unbrauchbarkeit für praktiſche Zwecke des Suchens nicht wert geweſen ſei. | Da auch im kommenden Frühjahr das Packeis ein unüber- windliches Hindernis bot, ſo ſteuerte M' Clure wieder um Banksland herum und lief in die Banksſtraße ein, wo er in der Mercybay (Gnadenbucht) an der Nordküſte der Inſel einen 17 entbehrungsreichen Winter verlebte. Noch vor deſſen Be⸗ ginn gelang es ihm, denjenigen Punkt wiederzugewinnen, bis zu dem er ſchon im Vorjahr von der Prince of Walesſtraße aus vorgedrungen war. Damit ſtand es feſt, daß der eben zurück— gelegte Weg um die Inſel herum eine zweite nordweſtliche Durch⸗ fahrt war. Auf einer feiner Schlittenreiſen erreichte M' Clure im Frühjahr 1852 die Melville-Inſel, wo er die oben erwähnte Urkunde niederlegte, die bald darauf von einer Schlittenabteilung Kelletts aufgehoben wurde. Da man ihm wegen der fortge— ſchrittenen Jahreszeit keine Hilfe mehr bringen konnte, ſo mußte er zum dritten Male auf dem in der Gnadenbucht feſtgefrorenen „Inveſtigator“ überwintern, und erſt der 6. April 1853 war der in der Geſchichte der Polarforſchung denkwürdige Tag, an dem zum erſten Male eine vom Atlantiſchen und eine vom Stillen Ozean kommende Expedition ſich im hohen Norden die Hand reichten. Freilich erfolgte das Zuſammentreffen nicht zu Schiff, ſondern zu Schlitten, wie überhaupt der weitaus größte Teil der Arktiſch-Amerikaniſchen Inſelflur auf Schlittenfahrten erforſcht und dieſe Reiſemethode während der Franklinſuche außerordentlich ver- vollkommnet worden iſt. Der Entſatz kam gerade zur rechten Zeit; denn da die Lebensmittel ſchon ſehr knapp geworden waren, fo wollte M' Clure zu der gewagten Maßregel greifen, ſeine Leute teils oſtwärts zu den Expeditionsſchiffen der Barrowſtraße, teils ſüdwärts zur Mackenziemündung zu ſenden. Nunmehr zogen Erneute Mißerfolge der Franklinſuche. 43 alle zu Kelletts Dampfern hinüber, weil keine Ausſicht war, den „Inveſtigator“ frei zu bekommen, und kehrten mit der Belcherſchen Expedition nach Hauſe zurück. Damit endete M' Clures geographiſch bedeutſame, für die Franklinſuche da— gegen ergebnisloſe Reiſe, die ihm für die Entdeckung der Nord— weſtpaſſage eine Belohnung von 200 000 Mark einbrachte. Traurig war, nicht durch das Verſchulden des Oberbefehls— habers, ſondern durch die Ungunſt der übermächtigen polaren Natur⸗ gewalten der Ausgang der mit ſo großen Opfern und Hoffnungen unternommenen Belcherſchen Expedition, die man nicht mit Un⸗ recht den Stolz Englands genannt hatte. Mächtige Packeismaſſen hemmten jede Bewegung, und da auch die Kraft des Pulvers zur Sprengung der eiſigen Feſſeln nicht ausreichte, ſo ſah ſich Belcher im Angeſicht eines dritten Winters vor die Notwendigkeit geſtellt, ſämtliche fünf Schiffe ſeiner Expedition preiszugeben — ein ſechſtes war untergegangen — und die Mannſchaften über das Eis nach der Beechey-Inſel zu führen, von wo ſie durch zwei Transportſchiffe nach England zurückgebracht wurden. Ob— wohl die geographiſchen Errungenſchaften nicht unwichtig waren, ſo wollten ſie nichts beſagen gegenüber der niederſchmetternden Tatſache, daß über Franklins Schickſal wiederum nicht der lei— ſeſte Anhalt gewonnen war und daß noch dazu fünf ſtattliche Schiffe im Eis zurückgelaſſen werden mußten. Ihr Oberbefehls— haber und die Kapitäne wurden vor ein Kriegsgericht geſtellt, aber ehrenvoll freigeſprochen. Nur Belcher gab man ſeinen Degen ſchweigend zurück, zum Zeichen, daß man mit ſeinem Vorgehen nicht ganz einverſtanden war. Einer der Dampfer, die „Reſolute“, trat übrigens ſchon im nächſten Jahre (1855) ohne Kapitän, Steuermann und Matroſen die Rückfahrt durch die Barrowſtraße an, ein ſprechender Beweis für die Unbeſtändigkeit der polaren Eisverhältniſſe. Ein amerikaniſcher Walfiſchfänger brachte das mit dem Eiſe treibende Schiff in Sicherheit, worauf es ſeitens der Vereinigten Staaten an England zurückgegeben wurde. Das iſt die für die Kenntnis der arktiſchen Meeres— ſtrömungen ſo wertvolle Drift der „Reſolute“. Nachdem 19 koſtſpielige Expeditionen mit 31 Schiffen kein tatſächliches Ergebnis mit nach Hauſe gebracht hatten, beſchloß die Admiralität, die Namen Franklins und ſeiner Begleiter aus den Liſten zu ſtreichen und weitere Nachforſchungen aufzugeben. Der Mißerfolg war aber auch erklärlich. Man hatte die Ver— 44 V. Franklin und die Franklinſucher. ſchollenen viel zu weit nördlich geſucht, obwohl Lady Franklin, von einer dunklen und, wie die Zukunft lehrte, richtigen Ahnung getrieben, ſtets nach dem amerikaniſchen Feſtland, vor allem nach dem von niemandem berührten Winkel zwiſchen der Boothia— Halbinſel und der Mündung des Backfluſſes, hinwies. Und ge— rade in dieſem unbeachteten Erdenfleck, aus deſſen Umgebung die wenigen bisher gefundenen Überbleibſel der Verſchollenen ſtammten, hatte ſich das Geſchick der Franklin-Expedition erfüllt. Eine Nachricht von John Rae führte auf die richtige Spur. Auf einer vierten Überlandreife, die aber nicht der Franklinſuche, ſondern topographiſchen Aufnahmen im Auftrag der Hudſonbai-Geſellſchaft galt, traf er 1853 auf der Boothia-Halb⸗ inſel mit Eskimos zuſammen, die ihm erzählten, daß vor einigen Jahren etwa 40 weiße Männer mit einem Boot an der Küſte von King Williams-Land nach Süden gezogen ſeien, nachdem ſie ihr vom Eis zerdrücktes Schiff verlaſſen hatten. Sie verſuchten Wild zu jagen, ſeien aber ſchon zu abgemattet geweſen. Später habe man nur noch die Hälfte, dann gar keinen von ihnen mehr am Leben geſehen, und die letzten hätten ſich bis zu ihrem Tode von dem Fleiſch ihrer Kameraden genährt. Ferner tauſchte Rae von den Eingeborenen zahlreiche Gegenſtände ein, die unzweifelhaft Franklins Leuten gehört hatten. Trotz der Ausſichtsloſigkeit, jetzt noch Lebende zu retten, entſandte die Admiralität doch noch 1855 eine neue Expedition unter Anderſon und Stewart zur Mün⸗ dung des Backfluſſes. Zwar wurden keine Leichen oder Gräber bemerkt, ſonſt aber fand man die anfangs bezweifelten Angaben Raes voll beſtätigt, der darauf die für die Aufklärung von Franklins Schickſal ausgeſetzte Belohnung von 200000 Mark erhielt. Während die Regierung nunmehr ihre Anſtrengungen für das Rettungswerk abſchloß, hoffte man im Volke noch immer, daß wenigſtens ein Teil von Franklins Leuten noch am Leben ſei, obwohl bereits 12 Jahre ſeit ihrer Abreiſe verfloſſen waren. Außerdem erſchien jetzt das Aufſuchen der Verunglückten viel leichter als vorher, da das zu durchmuſternde Gebiet auf einen kleinen Raum eingeſchränkt war. Die raſtloſe Lady Franklin rüſtete mit ihren letzten Mitteln die Schraubenjacht „Fox“ aus, und der auf drei Polarreiſen bewährte Kapitän Leopold M Clintock) erbot ſich freiwillig zu ihrer Führung. . M' Clinto ck, The voyage of the Fox to the arctic seas. London 1859. Franklins Schickſal aufgeklärt. 45 Nach zweimaliger Überwinterung fand er auf King Williams— Land die erſten Gerippe, dazu Geräte, Kleider, Uhren, Löffel, Gabeln und andere Reliquien, während es dem Leutnant Hob— ſon glückte, in einer Metallbüchſe unter einem Steinhaufen den erſten und einzigen authentiſchen Bericht über Franklins Expe— dition zu entdecken. Dieſes hochwichtige Schriftſtück war eines jener Formulare, wie ſie zu Mitteilungen in den Flaſchenpoſten überſeeiſcher Expeditionen zur Verwendung kommen. Auf ihm hatten zunächſt zwei zu einer Schlittenreiſe ausgeſchickte Offiziere unter dem 28. Mai 1847 notiert, daß beide Schiffe an der Südweſtecke von North Devon überwintert hätten und daß alles gut gehe. Dann hatten auf demſelben Papier die beiden Nächſt— kommandierenden am 25. April 1848 am Fundorte hinzugefügt, daß ſie vor einigen Tagen beide Fahrzeuge verlaſſen hätten, die weiter nordwärts im Eiſe feſtſäßen, nachdem fie 17 Jahre lang vom Eiſe feſtgehalten waren. Franklin ſelbſt ſei das Jahr zuvor am 11. Juni geſtorben, und der Geſamtverluſt an Toten betrage bisher 9 Offiziere und 15 Mann. Am nächſten Tage wollten ſie den Marſch zum Backfluß fortſetzen. Nun war das traurige Schickſal Franklins und ſeiner Begleiter endlich einiger— maßen aufgeklärt. Gleichzeitig ſtellte M'Clintock feſt, daß es neben der von M' Clure erkundeten Durchfahrt noch eine zweite, dicht am amerikaniſchen Feſtlandsgeſtade hinlaufende Straße zwiſchen Stillem und Atlantiſchem Ozean gibt. Obwohl M' Clintock jede Möglichkeit verneinte, daß noch einer der Vermißten mit dem Leben davon gekommen ſein könnte, wollte man ſich immer noch nicht zufrieden geben. Der ameri- kaniſche Graveur und ſpätere Journaliſt Charles Francis Hall), der von 1859 — 69 mit geringen Unterbrechungen ohne jeden europäiſchen Beiſtand als Eskimo unter den Eskimos lebte und ſich ihren Gewohnheiten ganz und gar angepaßt hatte, ſammelte deshalb auf ſeinen auch geographiſch fruchtbringenden Reiſen zahlreiche Nachrichten über die Franklin-Expedition. Sie beſtätigten M' Clintocks Behauptungen in vollem Umfange. ) Ch. F. Hall, Life with the Esquimaux, a narrative of arctic experience in search of survivors of Sir John Franklin's expedition. London 1865. — Hall, Narrative of the second aretie expedition: Voyage to Repulse Bay, sledge journeys to the straits of Fury and Hecla and to King Williams Land, and residence among the Eskimos. Edited by J. E. Nourse. Washington 1879. 46 V. Franklin und die Franklinſucher. Von Zeit zu Zeit brachten Fangſchiffer Gegenſtände mit, die Franklins Leuten gehört hatten und bei dem lebhaften Tauſchhandel der Eskimos weithin verbreitet worden waren. Völlig unaufgeklärt blieb dagegen die auffällige Tatſache, daß ſich außer dem oben genannten Schriftſtück keinerlei Aufzeichnungen über den Fortgang der verunglückten Expedition finden wollten. Deshalb ſchickte der New Yorker Kaufmann Morriſon 1878 eine letzte Expedition unter Führung des Marineoffiziers Schwatka aus, die den Schauplatz der Kataſtrophe genau abſuchen und nach etwaigen Schriftſtücken forſchen ſollte. Schwatka wurde be— gleitet von drei Weißen, von Melms, dem ſpäter zu London in tiefſtem Elend als Packträger verſtorbenen Maler Heinrich Klutſchak und dem Korreſpondenten William Gilder,*) der auch an der Aufſuchung der zugrunde gegangenen Jeannette— Expedition teilnahm. Die Reiſenden folgten in King Williams⸗ Land den Spuren von Franklins Leuten auf ihrem Rückzuge zum Backfluß, ſammelten die überall herumliegenden Reliquien und begruben die zahlreich angetroffenen Gebeine der Verhun— gerten. Leider wurde auch diesmal trotz eifrigſten Nachforſchens kein Schriftſtück gefunden. Vielmehr gelangte man zu der Ge— wißheit, daß die einſt vorhandenen Tagebücher der Expedition von den Eskimos als wertlos zerſtört oder ihren Kindern als Spielzeug gegeben und von ihnen ebenfalls vernichtet worden waren. Auf elfmonatlichen Schlittenreiſen, die an Ausdehnung und Dauer in der polaren Entdeckungsgeſchichte einzig daſtehen, hat Schwatka nicht weniger als 5232 km und zwar größten— teils im Winter zurückgelegt, wobei die ſtrenge Kälte wiederholt unter — 57 ſank. Dieſe noch nie erreichte Leiſtung war nur dadurch möglich, daß die Reiſenden gleich ihrem Vorgänger Hall die Lebensweiſe der Eskimos annahmen, in Schneehütten wohnten und weſentlich von dem lebten, was die Jagd ihnen gerade bot. Mit Schwatkas Unternehmen ſchließt das große Drama der Franklin-Expeditionen, das mit ſeinen einzelnen Akten von 1845 — 79 dauerte und in der Erforſchung des hohen Nordens kaum ſeinesgleichen hat. Nach den ſpärlich und bruchſtückweiſe einlaufenden Enthüllungen dieſer Expeditionen war Franklin in den Lancaſterſund eingefahren und hatte in einem geſchützten *) H. W. Klutſchak, Als Eskimo unter den Eskimos. Wien, Peſt, Leipzig 1881. — W. H. Gilder, Schwatka's search, sledging in the Arctic in quest of the Franklin records. London and New York 1880. Weg der Franklin-Expedition. 47 Hafen der kleinen Beechey-Inſel an der Südweſtecke von North Devon überwintert. 1846 wurde er bei einem Vorſtoße nach Prince of Walesland vom Eis eingeſchloſſen und mußte nördlich von King Williams-Land zum zweiten Male überwintern. Nach ſeinem am 11. Juni 1847 erfolgten Tode und nach einer dritten Überwinterung in der Nachbarſchaft von King Williams-Land blieb den bereits durch Krankheiten gelichteten und geſchwächten Mannſchaften, 105 an der Zahl, nichts übrig als im Frühjahr 1848 ihre Schiffe zu verlaſſen, die ſich mit dem Eis nur lang— ſam vorwärts bewegten und endlich ganz zum Stehen kamen.“) Bei den Bemühungen, das amerikaniſche Feſtland zu gewinnen, erlagen ſie alle nacheinander der Kälte und dem Hunger, zumal die beträchtlichen Vorräte an präpariertem Fleiſch, die der Fabri— kant Goldner geliefert hatte, zum Teil verdorben waren und weggeworfen werden mußten. Nur ein kleiner Reſt vermochte auf das Feſtland zum Mündungsgebiet des Backfluſſes überzu— ſetzen, um dort ebenfalls ſein Ende zu finden. Wohl traf die Expedition einmal mit Eskimos zuſammen, die ihr friſche Vor— räte gaben und denen es ein Leichtes geweſen wäre, die Ver— hungernden zu retten. Allein ſie brachen plötzlich wieder auf, wohl mit Rückſicht auf ihre eigenen nicht allzureichlichen Winter— vorräte oder aus Furcht vor den gut bewaffneten weißen Män— nern, deren ſie ſich vielleicht auch mit Gewalt entledigten, um ihre Gewehre und ſonſtigen Habſeligkeiten an ſich zu bringen. Kurz, ſie ließen die dem Tode Verfallenen im Stich, die dann auf ſchreckliche Weiſe zugrunde gingen. Viele nicht zu verkennende Anzeichen ſprechen dafür, daß die Unglücklichen in ihrer letzten größten Not Kannibalen geworden waren. Die meiſten Gerippe fand man auf King Williams-Land und unweit der Mündung des Backfluſſes. Dennoch haben die wackeren Männer bis zum letzten Augenblick die Aufzeichnungen, Beobachtungsjournale und Samm— lungen treu bewahrt; erſt mit dem Tode des letzten — den Winter *) Auf Grund neuerer Feſtſtellungen berichtet Amundſen, daß das eine der beiden Schiffe im Eiſe nördlich von King Williams-Land zermalmt wurde und unterging. Das andere trieb mit Winden und Strömungen nach Süden und wurde im Meere zwiſchen King Williams— Land und Victorialand von den Eskimos eingefroren gefunden. Dort ſank es ſchließlich, nachdem die Eskimos alle tragbaren Gegenſtände aus dem Wrack entfernt hatten, das eine hochwillkommene Fundſtätte von Holz und Eiſen für ſie geweſen war. 48 VI. Neuere Forſchungen im Parry-Archipel. 184849 ſcheint keiner überlebt zu haben — fielen fie den Eskimos in die Hände und waren damit unwiederbringlich verloren.“) Ihre Hauptaufgabe haben die Franklin-Expeditionen leider nicht zu erfüllen vermocht. Dagegen haben ſie durch die ſyſte— matiſche Erforſchung der Land- und Meeresräume nördlich von Amerika bis hinauf zum Smithſund der arktiſchen Geographie unberechenbaren Vorteil gebracht. Vor allem führten ſie zur endgültigen Entdeckung der Nordweſtpaſſage, freilich auch zur endgültigen Feſtſtellung ihrer Unbenutzbarkeit, und wieſen nach, daß es nicht eine, ſondern vier oder, nach den weſtlichen Aus— gängen gerechnet, drei Durchfahrten gibt.““) VI. Kapitel. Neuere FJorſchungen im Parry- Archipel. Nachdem der Menſchlichkeit und der nationalen Ehre durch die Franklin-Hilfsexpeditionen Genüge geleiſtet war, hatte ſich das allgemeine Intereſſe jahrzehntelang von jenen öden, wirtſchaft⸗ lich wertloſen und für den Weltverkehr unbrauchbaren Gegenden abgewandt, ſo daß erſt die zweite Norwegiſche Fram-Expedition unter Kapitän Otto Sverdrup (vgl. S. 74, 113) 1898 - 1902 die Forſchungstätigkeit im Parry-Archipel wieder aufnahm. Sverdrup hatte urſprünglich die Abſicht, um das nördliche Grönland herum zur unbekannten Nordoſtküſte jener Rieſeninſel vorzudringen, und war zu dieſem Zwecke gleichzeitig mit Peary und gleichſam als ſein Konkurrent im Smithſund erſchienen. Sein Fahrzeug, das bekannte und ſchon einmal von ihm geführte Nanſenſche Polarſchiff „Fram“, war durch Umbau ſtärker und ſeetüchtiger gemacht und mit Lebensmitteln für reichlich vier Jahre verſehen worden. Allein in nächſter Nachbarſchaft Pearys wurden ) Cl. R. Markham, Sir John Franklin and the North West Passage. London . — C. Schumann, Franklin, der Held des nördlichen Eismeeres. 6. (Titel⸗) Aufl. Leipzig 1896. * Die ſchwer zugänglichen engliſchen Parliamentary Papers und Blue Books, welche die amtlichen Berichte der Franklin⸗Hilfsexpeditionen enthalten, ſind in einem vortrefflichen Auszug bearbeitet worden von A. Petermann, Die Entdeckungen in dem arktiſchen Archipel der Parry⸗Inſeln bis zum Jahre 1855. Geogr. Milgn. 1855, S. 98—119. Sverdrup. 49 die Norweger durch die Ungunſt des Eiſes zu vorzeitiger Über— winterung am Kap Sabine genötigt, wo ſie durch den Tod des Schiffsarztes einen empfindlichen Verluſt erlitten. Zahlreiche Schlittenreiſen, die bis zur Weſtküſte von Ellesmereland hinüber— führten, gaben im Verein mit Pearys Aufnahmen dem Hayes— ſund ein ganz anderes Geſicht, indem er nicht als eine offene Meeresſtraße, ſondern als ein tief eindringender, vielverzweigter Fjord erkannt wurde. Erſt im Auguſt 1899 kam die „Fram“ wieder frei, ſtieß jedoch ſchon im Kanebecken abermals auf ſchweres Packeis und wurde nach einem fruchtloſen Vorſtoße nach Norden zur Umkehr gezwungen, weil in den engen Flaſchenhälſen des Smithſundes und ſeiner nördlichen Fortſetzungen das Eis leicht bis zur Undurchdringlichkeit geſtaut und zuſammengeſchoben wird. Nunmehr warf Sverdrup kurz entſchloſſen ſeine bis— herigen Pläne über den Haufen und drang in der Hoffnung, im Süden beſſeres Fahrwaſſer zu finden, in den Jonesſund ein, um den ſeit der Franklinſuche nicht mehr betretenen Parry— Archipel zu erforſchen. Wider Erwarten fand er indes auch hier bald unüberwindliche Schwierigkeiten, ſo daß er bereits am Hafenfjord das zweite Winterquartier beziehen mußte. Der Hafenfjord liegt ungefähr dort, wo auf den bisherigen Karten das Südgeſtade von Ellesmereland nordwärts umzubiegen ſcheint, während es ſich nach den Aufnahmen Sverdrups und Iſachſens beträchtlich weiter nach Weſten erſtreckt. Im Frühjahr 1900. ſetzten beide ihre Schlittenreiſen fort, die zu einer vorläufigen Er- kundung des Weſtrandes von Ellesmereland und zur Entdeckung neuer Inſeln jenſeits der langgeſtreckten Meeresſtraße führten. Im Mai 1900 brach auf der „Fram“ ein Brand aus, der leicht hätte verhängnisvoll werden können. Durch Funken aus dem Küchenſchornſtein hatte das Schiffszelt Feuer gefangen, und auch Takelwerk und Maſten wurden von den Flammen ergriffen, die aber noch glücklich gelöſcht werden konnten. Erſt im Auguſt erhielt das Schiff die Freiheit, um jedoch ſchon nach kurzer Fahrt im ſchmalen Gänſefjord unweit der Südweſtecke von Ellesmere— land zum dritten Male einzufrieren. Im nächſten Jahre waren die Eisverhältniſſe noch viel ſchlechter, ſo daß die „Fram“ aus ihrem Gefängnis überhaupt nicht heraus konnte, ſondern nur wenige Meilen ſüdlich von ihrem letzten Standorte eine vierte Überwinterung durchmachen mußte. Die lange Zeit des unfrei— willigen Aufenthaltes fand in ausgedehnteſtem Maße zu Schlitten— ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 4 50 VI. Neuere Forſchungen im Parry Archipel. reiſen Verwendung, die durch den Wildreichtum der durchzogenen Gebiete — viele Renntiere, Moſchusochſen und Polarwölfe wurden erlegt — die beſte Förderung erfuhren und deren längſte 77 Tage dauerte. Auf ihnen wurde der Anſchluß an die vom Kap Sabine aus unternommenen Schlittenreifen hergeſtellt und die ſyſtematiſche Erforſchung der Küſten, Inſeln und Meeresſtraßen zwiſchen dem Jonesſund im Süden, dem Nanſenſund im Norden und der Prinz Guſtav Adolfſee im Weſten durchgeführt. Sverdrup drang bis zum Nanſenſund, Iſachſen bis zur Prinz Guſtav Adolfſee vor. Von ſeinem weſtlichſten Punkte vermochte er weder nach Weſten noch nach Norden hin Land zu erblicken, und auch die Beſchaffenheit des antreibenden Eiſes deutete nicht darauf hin, daß in jenen Richtungen größere Landflächen vorhanden ſeien. Eskimos wurden nirgends angetroffen, wohl aber zahlreiche Wohnplätze von ihnen aus früherer Zeit. Inzwiſchen hatten die an Bord Zurückgebliebenen eine breite Aſchen- und Sandſtraße auf dem Eiſe angelegt, um mit ihrer Hilfe das Loskommen des Schiffes zu erleichtern, das endlich am 15. Juli 1902 erfolgte. Nicht ohne Mühe wurde die Ausfahrt aus dem engen Fjord erzwungen, und auf der Heimreiſe verſagte ſchließlich noch die Dampfmaſchine, ſo daß die Expedition erſt am 20. September nach 4½ jähriger Abweſenheit und nachdem ſeit 1899 keinerlei Nachricht über ſie mehr eingelaufen war, in der Heimat wieder anlangte. Hat auch Sverdrup infolge der übermächtigen feindlichen Naturgewalten ſein eigentliches Ziel, die Küſte Nordgrönlands und das arktiſche Zentralbecken, nicht erreicht, ſo iſt ihm in ſeinem neuen Arbeitsgebiete ein vielſeitiger wiſſenſchaftlicher Erfolg be- ſchieden geweſen. Reich belohnt wurde er namentlich durch große geographiſche Landentdeckungen, wie ſie ſeit der Auffindung von Franz Joſephs-Land in der Geſchichte der arktiſchen Forſchung nicht wieder zu verzeichnen waren. Die Süd- und Weſtküſte von Ellesmereland iſt topographiſch feſtgelegt, insbeſondere aber der Nachweis erbracht worden, daß der Parry Archipel ſich weit pol- wärts fortſetzt.“) Schon ein Jahr nach der Rückkehr der „Fram“ wurde der amerikaniſche Polar-Archipel der Schauplatz einer neuen ſehr ergebnisreichen norwegiſchen Expedition, die zur Löſung *) O. Sverdrup, Neues Land. Vier Jahre in arktiſchen Ge⸗ bieten. 2 Bände. Deutſche Ausgabe, Leipzig 1903. Sverdrup, Amundſen. 51 eines wichtigen wiſſenſchaftlichen Problems ausgerüſtet war. Seit Roß war keine Neubeſtimmung des magnetiſchen Nordpols mehr gemacht worden. Die Magnetpole ſind aber keine feſten Punkte, ſondern wandern hin und her, weshalb Sverdrups Landsmann Roald Amundſen, der ſchon an der belgiſchen Südpolar— expedition teilgenommen hatte und 1901 in Nordoſt-Grönland geweſen war, den Entſchluß faßte, die jetzige Lage des magneti— ſchen Nordpols und feine Verſchiebungsrichtung neu zu ermitteln. Nachdem er ſich auf der Deutſchen Seewarte in Hamburg und am Magnetiſchen Obſervatorium zu Potsdam gründlich für ſein auf fünf Jahre berechnetes Unternehmen vorbereitet hatte, verließ er im Juni 1903 mit ſechs norwegiſchen Seeleuten Kriſtiania. Als Expeditionsſchiff diente die Eismeerjacht „Gjöa“, ein Wal- fiſchfänger ohne Dampfmaſchine, an deren Stelle zum erſten Male in den arktiſchen Gewäſſern ein Petroleummotor als Hilfsmaſchine zur Verwendung kam. Die „Gjöa“ war eines der kleinſten Schiffe, das jemals im Dienſte der Polarforſchung tätig war. Es hatte jedoch feine Leiſtungsfähigkeit bereits in den ojtgrön- ländiſchen Gewäſſern erprobt und war von Amundſen abſicht— lich gewählt worden, weil er — und dieſe Annahme hat ſich als richtig erwieſen — mit einem kleinen Fahrzeug in den engen, ſeichten, vom Treibeis erfüllten Sunden des nordamerikaniſchen Polararchipels viel beſſer zu manövrieren hoffte, als mit einem größeren, wenn auch ſtärkeren Dampfer. Im Lancaſterſund begann die eigentliche Aufgabe der Ex— pedition. Auf Beechey Island, Franklins erſtem Winterquartier, das übrigens keine Inſel, ſondern die ſüdweſtlichſte Ecke von North Devon iſt, wurde Halt gemacht. Das von der engliſchen Regierung angelegte Depot war, wie ſchon eine Sverdrupſche Schlittenkolonne feſtgeſtellt hatte, völlig zerſtört, während das Franklin ⸗ Denkmal und die Gräber (vgl. S. 40) unverſehrt waren. Magnetiſche Beobachtungen ergaben, daß die Lage des Magnetpols in ſüdlicher Richtung zu ſuchen ſei. Die „Gjöa“ fuhr deshalb in den Peelſund ein und gelangte dank den gün— ſtigen Eisverhältniſſen längs der Weſtküſte von Boothia bis zum Südoſtgeſtade von King Williams-Land, wo im ſicheren Gjöahafen das Winterlager nebſt den wiſſenſchaftlichen Obſervatorien auf— geſchlagen wurde. 23 Monate verweilte die Expedition an dieſem Punkte, an dem 19 Monate hindurch ununterbrochen magnetiſche und andere Beobachtungen durchgeführt wurden. 4 * 52 VI. Neuere Forſchungen im Parry-Archipel. Nachdem der erſte Winter vorüber war, begann man mit der Anlage von Depots für die bevorſtehende Frühjahrsreiſe zum Magnetpol, bei welcher Arbeit auf Boothia als tiefſte Temperatur während der ganzen Expedition — 61,7“ 0 beobachtet wurden. Anfang April 1904 machte ſich Amundſen ſelbſt mit 10 Hunden und zwei Schlitten zum Magnetpol an der Weſtküſte von Boothia auf, mußte aber ſchon Ende Mai vorzeitig zum Schiff zurück— kehren, weil Eskimos die Vorratsniederlagen geplündert hatten. Als nach einem kalten, regneriſchen Sommer endlich im Auguſt das Eis aufbrach, ging eine Bootexpedition unter Leutnant Hanſen nach Weſten, um Proviantniederlagen für eine 70 tägige Schlittenreiſe einzurichten, die im folgenden Frühling, wiederum unter Hanſens Führung, das Meeresgebiet zwiſchen King Williams-Land und Victorialand und die noch unbekannte Oſt— küſte des letzteren erforſchte, wobei über 100 Inſeln kartographiſch aufgenommen wurden. Am 13. Auguſt 1905 verließ die „Gjöa“ ihr Standquartier und kam glücklich aus den engen, flachen Sunden zwiſchen King Williams⸗Land und Victorialand einerſeits, dem nordamerikaniſchen Feſtland andererſeits heraus, obwohl die offenen Waſſerſtellen zwiſchen dem Eis oft nicht viel breiter als das Schiff waren und der Kiel faſt den Boden ſtreifte. Damit war die nordweſtliche Durchfahrt gelungen, und eine Heimreiſe ohne Aufenthalt ſchien geſichert. Da ſtellten ſich unerwartete Eishinderniſſe ein, die ſo raſch und in ſolchem Maße zunahmen, daß wenige Tage nach Paſſierung der Mackenziemündung unweit der Herſchel-Inſel eine dritte Überwinterung unvermeidlich war. Wie Nordenſkiöld bei der Vollendung der nordöſtlichen Durchfahrt, ſo hätte Amundſen zur glatten Zurücklegung der Nordweſtpaſſage nur noch wenige Tage ungehinderter Fahrt nötig gehabt. So lag die „Gjöa“ mit einer Anzahl gleichfalls vom Winter überraſchter Walfiſch⸗ fänger“) nahezu 10 Monate feſt und kam erſt am 19. Ok⸗ tober 1906 in San Francisco an. Noch während der Über- winterung hatte Amundſen eine Schlittenreiſe quer durch Alaska gemacht, um von der nächſten Telegraphenſtation der Welt die Kunde von dem Verbleib und den Erfolgen ſeiner Expedition zu geben. *) Seit 1890 iſt das Gebiet der Mackenziemündung als ergiebiger Walfiſchereigrund nach langer Vereinſamung in Aufnahme gekommen. Amundſen. 53 Franklins Spuren folgend, hat Amundſen eben jene Nordweſtpaſſage vollendet, deren Vorhandenſein erſterer auf ſeinen drei Polarreiſen dargetan hatte. Vor Amundſen hat auch ſchon M'Clure die nordweſtliche Durchfahrt in ihrer ganzen Länge kennen gelernt. Er hat ſie jedoch nicht ausſchließlich zu Schiff, ſondern nach Verlaſſen desſelben größtenteils mit Schlitten durch— geführt. Amundſen dagegen hat zum erſten Male die nord— weſtliche Durchfahrt nur mit einer unfreiwilligen Überwinterung und, was die Hauptſache iſt, mit demſelben Schiff und der— ſelben Mannſchaft zurückgelegt. Ferner hat er die Lage des mag— netiſchen Nordpols genau beſtimmt, ſo daß die Gjöa-Expedition zu den hervorragendſten Polarreiſen der neueſten Zeit gehört und in jeder Beziehung als eine bedeutende Leiſtung gelten kann. Dennoch weiſt die geographiſche Kenntnis des amerikaniſchen Polararchipels noch manche Lücken auf. Das gilt beſonders von der weiten Fläche nördlich der Beringſtraße zwiſchen der Wrangel-Inſel und dem Barry-Archipel, in deſſen nördlichen Teilen man ein un— bekanntes Polarland vermutet. Dieſes noch nie aufgeſuchte Ge— biet, die ſogenannte Beaufortſee, iſt neuerdings das Ziel zweier Reiſender, des Engländers Harriſon und des Dänen Mikkelſen, geworden. Harriſon fuhr 1905 den Mackenzie ſtromabwärts und wurde durch einen vorzeitigen Winter auf der Herſchel-Inſel feſt— gehalten, wo er mit der „Gjöa“ zuſammentraf. Erſt im Juli 1906 bot ſich ihm die Gelegenheit, an Bord eines Walfiſchfängers eine ſechswöchige Kreuzfahrt nach Banksland auszuführen. Da er aber nicht genug Lebensmittel erhalten konnte, um dort zu über— wintern, ſo mußte er in ſein altes Quartier auf der Herſchel— Inſel zurückkehren. Unter ähnlich ungünſtigen Ausſichten hat der Vorſtoß Einar Mikkelſens, eines früheren Teilnehmers der Amdrupfſchen Oſtgrönlandfahrt und der Baldwin-Zieglerſchen Expedition nach Franz Joſephs-Land, begonnen. Ungewöhnlich ſchlechtes Wetter, dichtes Eis und andere Widerwärtigkeiten verzögerten die Fahrt ſeines Segelſchiffes „Ducheß of Bedford“ durch die Beringſtraße ſo ſehr, daß er erſt Ende September 1906 den in Ausſicht genommenen Stützpunkt Banksland erreichte. 54 VII. Durch den Smithſund ins offene Polarmeer. II. Kapitel. Durch den Smithlund ins offene Polarmeer. Das Problem des offenen Polarmeeres und der dadurch möglichen Erreichung des Poles kam in Aufnahme, als bei der Franklinſuche Kapitän Penny im Wellingtonkanal plötzlich eisfreies Waſſer und eine Zunahme des tieriſchen Lebens bemerkte zu einer Zeit, wo die Polarnatur ſonſt noch völlig leblos und eisbedeckt zu ſein pflegt. Auch Inglefield ſchien die Möglich— keit eines weiteren Vordringens zum Nordpol in Ausſicht zu ſtellen, als er 1852 bei einem Vorſtoß zum Smithſund, entgegen den Vorſtellungen von Baffin und John Roß, die den Sund für eine geſchloſſene Bai hielten (vgl. S. 27, 30), eine weite, nach Norden offene Straße und ein unabſehbares, ſcheinbar eisfreies Meer erblickte. Eine ſo unverhoffte Anderung des Klimas be- rechtigte zu der Vermutung, daß nördlich vom Smithſund und überhaupt zwiſchen den arktiſchen Gebieten Amerikas und Aſiens kein Feſtland, ſondern ein durch das warme Waſſer eines Golf: ſtromarmes offen gehaltenes und dadurch verhältnismäßig leicht zugängliches Meer liegen müſſe, weil die mildere Lufttemperatur bloß durch die Nähe einer großen Waſſerfläche erklärt werden konnte. Dieſe Anſicht wurde namentlich auch von Auguſt Peter— mann vertreten, nur daß er den Zugang zum offenen Polarmeer in der Spitzbergenſee ſuchte, während er den Weg durch den Smith- ſund für ausſichtslos erklärte (vgl. S. 68). 24 Jahre lang dauerte der Streit, der nach Beendigung der Franklin-Expeditionen in den Vordergrund des Intereſſes trat und für die nächſten Jahrzehnte den Gang der Entdeckungsreiſen vollſtändig beherrſchte, bis die zahlreichen, meiſt von den Amerikanern ausgeſandten Ex⸗ peditionen durch ihr Mißlingen den Beweis erbrachten, daß die Exiſtenz eines offenen Polarmeeres ein großartiger, wenn auch für den Fortgang der arktiſchen Forſchung überaus glücklicher wiſſen⸗ ſchaftlicher Irrtum war. Daß man gerade jenen langgeſtreckten, ſich bald ausbuchten⸗ den, bald verengenden Kanal, deſſen verſchieden benannte Teile gewöhnlich unter der Bezeichnung des Smithſundes zuſammen⸗ gefaßt werden, als Baſis für die Vorſtöße zum offenen Polar⸗ meer wählte, geſchah aus verſchiedenen Gründen. Im Gegenſatze Kane. 55 zur Oſtküſte Grönlands, wo eine von Norden kommende kalte Strömung ungeheure Eismaſſen herabbringt und das Vordringen aufs äußerſte erſchwert, ſollte hier — eine falſche Annahme — ein warmer Strom weit polwärts laufen und ſo den Forſchern den Weg weiſen. Ihm ſchrieb man es auch zu, daß am Smithſunde menſchliche Wohnſitze viel weiter nördlich reichen als in Oſtgrönland. Von dieſer Operationsbaſis aus ſuchte zunächſt 1853 —55 der ausgezeichnete, wenngleich etwas phantaſievolle Weltreiſende Eliſha Kent Kane (vgl. S. 39) ins offene Polarmeer einzudringen. Allerdings hatte die Expedition, zu der wiederum der hochherzige Kaufmann Grinnell die Mittel und die kleine Brigg „Advance“ zur Verfügung ſtellte und die deshalb die zweite Grinnell⸗Expedition genannt wird, den Hauptzweck, nach Franklins unbekanntem Aufenthalt zu forſchen.“) Kanes Be— gleiter waren der Arzt Iſaak Hayes, der Aſtronom Auguſt Sonntag, der Steuermann Morton und der Eskimo Hans Hendrik, der auch an allen ſpäteren Smithſundfahrten teilnahm und ein kleines Büchlein über ſein Leben und ſeine Reiſen in grönländiſcher Sprache verfaßt hat. **) Im Smithſund angelangt, ſollte man ſehr bald das Irrige der aus Inglefields Reiſen gezogenen Schlüſſe erfahren. Die „Advance“ hatte ſchwer gegen Wind und Eis anzukämpfen und wurde in kurzer Zeit feſt von einem Eisring umklammert. Man mußte froh ſein, als das Schiff in die ſichere Renſſelaerbucht auf Prudhoeland trieb, wo man 1¾ Jahr vergebens auf ſeine Be⸗ freiung wartete. Als es auch nach der zweiten Überwinterung nicht flott gemacht werden konnte und das Geſpenſt des Hungers ſich einzuſtellen drohte, mußte man das feſt eingefrorene, zum großen Teil verfeuerte Fahrzeug unter Preisgabe der Samm— lungen verlaſſen und in abenteuerlicher, 84 tägiger Boot- und Schlittenfahrt die däniſchen Niederlaſſungen in Grönland aufſuchen. Späterhin iſt die „Advance“ jedenfalls von den furchtbaren Eis— preſſungen zermalmt worden. Denn als Hayes 1861 das alte Winterquartier wieder betrat, war von dem Schiff keine Spur mehr zu entdecken. *) E. K. Kane, Arctie Explorations. The Second Grinnell Expedition in search of Sir John Franklin. 2 Bde. Philadelphia 1856. Neue Ausgabe 1872. Deutſch im Auszug 1857. aur), Überſetzt von H. Rink unter dem Titel: Memoirs of Hans Hendrik, the arctic traveller. Written by himself. London 1878 56 VII. Durch den Smithſund ins offene Polarmeer— Da Kane zum erſtenmal unter der hohen Breite von 78 ½ N. überwinterte, fo waren feine magnetiſchen und meteoro- logiſchen Beobachtungen ſehr wertvoll. Ferner wurde der ge— waltigſte aller arktiſchen Eisſtröme, der über 100 km breite Humboldtgletſcher, entdeckt und auf Schlittenfahrten Grinnell-Land und der Kennedy-Kanal erreicht. Das größte Aufſehen erregte hier⸗ bei Mortons und Hendriks Auffindung einer angeblich eis— freien Waſſerfläche, die ſich weit nach Norden hin ausbreiten ſollte und von Robben und Vögeln wimmelte. Um ſich von dem Vorhandenſein dieſes offenen Meeres zu überzeugen, nahm Iſaak Hayes 1860—61 die Arbeit Kanes wieder auf. In dem kleinen Schooner „United States“ folgte er dem von ſeinem Vorgänger eingeſchlagenen Wege, wurde jedoch im beſtändigen Kampfe mit Eis und Stürmen ſehr gegen ſeinen Plan und Wunſch ſchon ſüdlich von deſſen Winterquartier im Foulkefjord vom Eis blockiert. Wie Hayes mit ſeinem Winterlager hinter dem Kaneſchen zurückblieb, ſo kam er auch auf ſeinen Schlittenreiſen trotz ge— radezu übermenſchlicher Anſtrengungen nicht allzuweit über deſſen fernſten Punkt hinaus. Erſt raffte eine Seuche faſt ſämtliche Zughunde weg, und bald darauf verlor der tüchtige Aſtronom Sonntag infolge eines unglücklichen Sturzes ſein Leben. Dann erwies ſich das Schiff nicht mehr als ſeetüchtig, und endlich bot das wild übereinander getürmte Packeis ein ſo mächtiges Hinder— nis dar, daß der Steuermann Morton erklärte, man könne ebenſo gut verſuchen, über die Dachfirſte der Häuſer New Norks zu klettern. Immerhin klärte Hayes die Geſtade von Ellesmere⸗ und Örinnell:Land auf, unternahm einen Vorſtoß auf das grön— ländiſche Binneneis (vgl. S. 73) und hatte die Genugtuung, unter 81½ N. — doch ſcheint fein Umkehrpunkt nicht die ihm zugeſchriebene hohe Breite beſeſſen zu haben — im Nordoſten des Kennedy-Kanals einen dunklen Waſſerhimmel und zu ſeinen Füßen morſches Eis zu erblicken. Zwar vermochte er mit ſeinen erſchöpften Leuten und Hunden nicht bis an jene verheißungsvolle Stelle zu gelangen; aber aus den beobachteten Anzeichen ſchloß er, daß das offene Polarmeer vor ihm liege. In dieſer Zuver: ſicht betitelte er auch ſein Reiſewerk: The Open Polar Sea,“) *) J. Hayes, The Open Polar Sea. New York 1867. Deutſch von Martin. Jena 1868. Hayes, Polaris⸗Expedition. 57 obwohl er, wie betont, das offene Meer ſelbſt gar nicht ſah, ſondern feine Anweſenheit nur aus dem dunklen Widerſchein des Waſſers ableitete. Wegen der Wirren des inzwiſchen ausgebrochenen Bürger— krieges ging erſt 1871—73 eine neue amerikaniſche Expedition auf dem Schraubendampfer „Polaris“ zum Smithſund ab mit dem Auftrage, möglichſt weit polwärts vorzudringen. Führer war der ſchon durch zwei langjährige Polarreiſen bekannte Kapitän Hall (vgl. S. 45), ein ungeſtümer, mit den Entbehrungen des Däaärktiſchen Lebens wohlvertrauter Mann von unbeugſamer Willens⸗ kraft. Arzt und Chef des wiſſenſchaftlichen Stabes war der ebenfalls im hohen Norden nicht unbekannte Naturforſcher Dr. Emil Beſſels aus Heidelberg. Auch die alten Begleiter Kanes und Hayes', der Steuermann Morton und der Eskimo Hans Hen— drik, fehlten nicht, und außer letzterem nahmen noch einige ſeiner Landsleute mit Weib und Kind an der Fahrt teil. Ohne ſonderliche Schwierigkeiten kam man bis zum Robeſonkanal, wo wegen des ſich immer mehr anhäufenden Eiſes die Umkehr be ſchloſſen wurde, obwohl der Ausguck im Maſtkorb offenes Fahr— waſſer meldete, das ſich weit nordwärts ausbreitete. Das Schiff bezog im Thank God Harbour (Gott ſei Dank-Hafen), der jetzigen Polarisbai, Winterquartier, worauf die an Jagdtieren reiche Um— gebung auf Schlittenreiſen erforſcht ward. Bald darauf ſtarb Hall an den Folgen der Überanſtrengung, die ihm einen zu wenig beachteten wiederholten Schlaganfall zuzogen. Nunmehr ſank die Disziplin, die ſchon vorher nicht die beſte war, zu— ſehends, da ſich Halls Nachfolger, Buddington, ſeiner Auf— gabe nicht gewachſen zeigte. Der Ungehorſam, der auch auf die ſpäteren amerikaniſchen Unternehmungen, die Jeannette- und Greely- Expedition, einen trüben Schatten wirft, und die unaufgeklärte Umkehr der „Polaris“ aus dem Robeſonkanal ſind die dunkelſten Punkte der Expedition, deren Mitglieder ſich in der Heimat einem eingehenden gerichtlichen Verhör unterwerfen mußten.“) Da man die zu weiteren Vorſtößen günſtige Zeit verſäumte und der Führer zur Heimfahrt drängte, weil die Vorräte ſchon bedenklich zuſammengeſchmolzen waren, ſo wurde die Station im Auguſt 1872 verlaſſen. Bei der Ausfahrt wurde jedoch die „Polaris“ ) E. Beſſels, Die amerikaniſche Nordpolexpedition. Leipzig 1879. — C. H. Davis, Narrative of the North Polar Expedition, U. 8. Ship Polaris. Washington 1876. 58 VII. Durch den Smithſund ins offene Polarmeer. vom Eiſe beſetzt und ſo ſchwer beſchädigt, daß man eilends Inſtru— mente und Proviant auszuräumen begann. Da trennte ſich plötzlich mitten bei der Arbeit das Eis mit dumpfem Krach vom Schiffe, und 19 Mann mit dem zweiten Offizier Tyſon trieben während des Sturmes in der allgemeinen Verwirrung auf der Scholle fort. Die Schollenfahrer hatten nur ſehr wenig Lebensmittel und Kohlen bei ſich, und doch ſtand ihnen ein langer, kalter Winter bevor. Es fehlte an Feuer und Licht, ſo daß geraume Zeit hin— durch bloß eine einzige kümmerliche Tranlampe zur Beleuchtung und Erwärmung der raſch errichteten Schneehütte diente und daß die Speiſen nur angewärmt, aber nicht gekocht werden konnten. Hauptſächlich durch Robbenjagd, der namentlich die auf der Scholle mittreibenden Eskimos oblagen, vermochte die Mannſchaft ihr Leben zu friſten. Beim Weitertreiben zerkleinerte ein furchtbares Unwetter die Eisſcholle, die in ſüdlicheren Breiten immer mehr abſchmolz und die Schiffbrüchigen zwang, im Boote Zuflucht zu ſuchen. Dieſes war indes für die 19 Mann viel zu klein und ſank infolge der über- mäßigen Belaſtung ſo tief, daß alles Entbehrliche und ſelbſt ein Teil der Lebensmittel weggeworfen werden mußte. Hunger und Stürme vereinigten ſich, die Lage der Armſten äußerſt bedrohlich zu geſtalten, und ſchon war der bitterſte Mangel eingetreten, als endlich nach faſt ſiebenmonatlicher Irrfahrt, dem Gegenſtück zur denk— würdigen Schollendrift der Hanſabeſatzung (vgl. S. 69), die Erſchöpften an der Küſte Labradors von einem Walfiſchfänger gerettet wurden. | Die auf der „Polaris“ zurückgebliebenen 14 Mann mit Beſſels und Buddington mußten den leck gewordenen Dampfer ſchleunigſt auf den Strand laufen laſſen, weil das Waſſer trotz übermenſchlicher Arbeit an den Pumpen im Schiffs⸗ raume immer höher ſtieg. Aus dem Holzwerk wurde ein Winter- haus gebaut und im Frühling in zwei Booten die Weiterfahrt nach Süden angetreten, bis in der Melvillebai ein ſchottiſches Fangſchiff erwünſchte Zuflucht bot. Die wiſſenſchaftlichen Ergebniſſe der Polaris-Expedition waren übrigens ſehr reich. Die Landkarte wurde durch neue Entdeckungen weſentlich ergänzt und verbeſſert und hoch oben am Smithſund ein ungemein reges Tierleben angetroffen. Ferner beobachtete Beſſels, daß im Robeſonkanal eine aus Süden kommende Flutwelle mit einer aus Norden kommenden zuſammen⸗ jtößt. Dadurch wurde die Inſelnatur Grönlands ziemlich wahr: Nares. 59 ſcheinlich gemacht und zugleich nachgewieſen, daß Grinnell-Land von Grönland getrennt iſt, der Robeſonkanal alſo mit dem Polarmeer zuſammenhängt und nicht, wie Petermann meinte, in eine Sack— gaſſe führt (vgl. S. 68). Die Lincolnſee hielt man für das offene Polarmeer, während gleich die nächſte Expedition dort auf undurchdringliches Eis ſtieß. An die Stelle der Amerikaner traten vorübergehend die Engländer, die ſich ſeit der Franklinſuche von polaren Unter— nehmungen fern gehalten hatten, bis die von den Amerikanern, Schweden und Deutſchen errungenen Erfolge ſie zu neuen Taten aufmunterten. Auf Anregung der Londoner Geographiſchen Geſell— ſchaft ging 1875— 76 eine große engliſche Regierungs-Expedition ab, die trotz der Abmahnungen Petermanns das Forſchungs— werk dort fortſetzen ſollte, wo die „Polaris“ umgekehrt war. Die Expedition, an deren Gelingen man die weiteſtgehenden Er— wartungen knüpfte, war aufs beſte vorbereitet und verfügte über eine Reihe tüchtiger Gelehrter und Offiziere. Oberbefehlshaber war Kapitän George S. Nares, der ſchon an der Franklinſuche teilgenommen hatte und gerade die berühmte Challenger-Expedition führte, die er jedoch in Hongkong verließ, um das Kommando über das neue Unternehmen anzutreten. Die ihm anvertrauten Dampfer „Alert“ und „Discovery“ ſtanden unter dem Befehl der Kapitäne A. H. Markham und Stephenſon. Hans Hendrik, der Eskimoreiſende, fehlte auch diesmal nicht.“) Die beiden Schiffe bahnten ſich unter großen Schwierigkeiten einen Weg durch die berüchtigten flaſchenhalsartigen Engen des Smithſundes über den nördlichſten Punkt der „Polaris“ hinaus, bis ſie an der Küſte von Grantland Winterquartier bezogen. Im Frühling wurden drei große Schlittenreiſen längs Grantland, Grinnell⸗Land und nach Nordweſt-Grönland ausgeführt. Grant— land und Grinnell-Land bogen nach Weſten, dann nach Südweſten um, während die grönländiſche Küſte raſch nach Oſten umwendete: ein neuer Wahrſcheinlichkeitsbeweis für die Inſelnatur jenes Polar- landes. Ferner drangen Markham und Parr unter unglaub— lichen Anſtrengungen von Grantland aus noch 110 km weit bis *) G. S. Nares, Narrative of a voyage to the Polar Sea during 1875— 1876. 2 Bde. London 1878. — A. H. Markham, The Great Frozen Sea, a personal narrative of the voyage of the Alert during the arctic expedition of 1875—1876. London 1878. 60 VII. Durch den Smithſund ins offene Polarmeer. 830 20 ½“ N. vor, eine Breite, die ſechs Jahre ſpäter Leutnant Lockwood nur um 10 Minuten überholte. Das tieriſche Leben war nicht ſo dürftig, als man unter ſo hoher Breite erwartet hatte; denn überall auf dem Eiſe ließen ſich die Spuren von Moſchusochſen, Wölfen und Eisbären, von Lemmingen, Haſen, Schneehühnern und Schneeammern verfolgen. Den Nordpol ſelbſt zu gewinnen, war unmöglich, ſo daß ſich Nares zur Umkehr entſchloß, um ſo mehr als der Skorbut unter ſeinen Leuten be— denklich um ſich griff und vier Opfer forderte. Die Unzugäng⸗ lichkeit des Packeiſ es führte zu der Überzeugung, daß vom Smith⸗ ſund aus ein erfolgreiches Vordringen zum Pol nicht denkbar ſei, und Nares faßte dieſe Erkenntnis in das lakoniſche Telegramm zuſammen: The North-Pole impracticable (Der Nordpol un- erreichbar). Auf Grund der Erfahrungen im Smithſund, an der Küſte Oſtgrönlands und in der Spitzbergenſee hatte ſich das offene Polarmeer als ein Phantom erwieſen. Es war immer weiter polwärts gerückt und ſchließlich als ein unpaſſierbares Eischaos erkannt worden, das Nares das paläokryſtiſche oder Ureismeer taufte in der übertriebenen Annahme, daß es dauernd mit uraltem, 25 m und mehr mächtigem Packeis bedeckt ſei. So hatte die engliſche Expedition trotz erheblicher Koſten (2½ Millionen Mark) und Anſtrengungen ihr eigentliches Ziel nicht erreicht und war nur 130 km weiter nordwärts gekommen als die Expedition Halls. Daher hatte denn auch die nächſte Unternehmung, die amerikaniſche Greely-Expedition,“) nicht den Zweck, den Pol aufzuſuchen, ſondern eine der auf Weyprechts Vorſchlag eingerichteten internationalen Polarſtationen (vgl. Kapi⸗ tel XI) in Grantland zu beſetzen und der zwei Jahre früher abgegangenen Jeannette-Expedition Hilfe zu bringen, falls ſie in jene Gegenden verſchlagen ſein ſollte. Die Lady Franklin Bai⸗Expedition, wie ſie nach ihrem Standquartier genannt wurde, hatte nach Rückſendung des Expeditionsſchiffes in einer Anzahl zweckmäßig eingerichteter Gebäude, die man zu Ehren eines amerikaniſchen Senators Fort Conger taufte, 1881 — 82 ohne Unfall ihren Arbeiten obgelegen und auf ausgedehnten Schlittenreiſen das unbekannte Gebiet nördlich von Grantland *) A. W. Greely, Three years of aretic service. 2 Bde. London 1886. Deutſch im Auszug von Dr. Teuſcher. 2. Aufl. Jena 1893. — J. B. Lockwood, Farthest North. New York 1885. (Nach ſeinen hinterlaſſenen Tagebüchern herausgegeben von Lanman.) Greely. 61 und Grönland erforſcht. Dabei erreichte Leutnant Lockwood mit dem Sergeanten Brainard die bis auf Nanſen nicht wieder gewonnene Breite von 83“ 30% N. *) Durch das Aufgehen des Eiſes wurde er zu ſchleunigem Rückzug genötigt und entging mit knapper Not dem Geſchick, ins Meer hinaus— getrieben zu werden, freilich nur, um ſpäter mit den meiſten Er: peditionsmitgliedern den Hungertod zu finden. Greely ſelbſt durchkreuzte das Innere von Grinnell-Land, das ſich als eine wilde Alpenlandſchaft mit mächtigen Gletſchern, ſtattlichen Flüſſen und großen Seen darſtellte, bis zur Weſtküſte. Überall bemerkte man Wild und Spuren früherer Eskimoanſiedlungen. Die Leichtigkeit, mit der die Reiſenden, die übrigens ſämt— langten, ließ ſie leider die Gefahren der arktiſchen Schiffahrt unterſchätzen. In den beiden folgenden Jahren waren die Eis- verhältniſſe ungünſtig; andererſeits verſchuldete ungeſchickte Füh— rung, daß wiederholt abgeſchickte Hilfsfahrzeuge nicht einmal bis zum Smithſunde vordringen konnten, ſondern vorher um⸗ kehren mußten oder vom Eis zerdrückt wurden. Trotz alledem hielten die kühnen Männer bis zum Sommer 1883 aus. Als aber auch dann kein Entſatz kam und die auf drei Jahre be— rechneten Lebensmittel knapp geworden waren, zogen ſie, nun— mehr ſchon zu ſpät, mit ungenügender Ausrüſtung nach Süden, in der Hoffnung, noch rechtzeitig ein Proviantdepot oder eine der däniſchen Niederlaſſungen in Grönland zu erreichen. Allein das wild übereinander getürmte Eis ließ die Expedition nur langſam vorwärts kommen und zwang ſie zu einer traurigen Über— winterung am Kap Sabine.“ *) Die geringen Vorräte gingen bald zu Ende, die Jagd hatte in der wildarmen Gegend keinen rechten Erfolg, und nachdem das Leder der Schuhe und Kleider aufgezehrt war, begann der Hunger furchtbar unter den Un— glücklichen aufzuräumen. Als endlich ein Hilfsgeſchwader unter *) Nach der Neubeſtimmung Pearys, während man bisher 83“ 24 ½“ N. als äußerſten Nordpunkt Lockwoods angab. , Die Proviantniederlagen waren an der Oſtſeite des Smith— ſundes, ſtatt an der Weſtſeite beim Kap Sabine angelegt worden. * > 62 VIII. Die Erforſchung Grönlands. bahnte, konnte es von 26 Expeditionsteilnehmern nur noch ſieben retten. Sie befanden ſich in einem ſo beklagenswerten Zuſtand, daß einer noch unterwegs an den Folgen einer Ampu— tation ſtarb. Nur Leutnant Greely, Sergeant Brainard und vier Gemeine blieben übrig. Alle anderen waren verhungert; einer war ertrunken, und ein Soldat mußte wegen Gehorſams— verweigerung und wiederholten Lebensmitteldiebſtahls auf dem Rückzug kriegsgerichtlich erfchoffen werden, um die Disziplin auf- recht zu erhalten. Als man die Leichen zur Konſervierung wäh— rend der Heimreiſe mit Alkohol präparierte, fand man, daß von mehreren das Fleiſch teilweiſe abgeſchnitten war. Die umfang— reichen Aufzeichnungen und ein großer Teil der Sammlungen konnten zurückgebracht werden und lieferten im Verein mit den topographiſchen Aufnahmen wertvolle Beiträge zur Kenntnis des Smithſund-Gebietes. Der traurige Ausgang von Greelys Expedition und der ungefähr gleichzeitige Untergang der Jeannette-Expedition kühlten in den Vereinigten Staaten die Begeiſterung für polare Unter- nehmungen erheblich ab. Erſt 1891 begann Peary feine ſpäter zu erwähnenden Arbeiten und beſuchte, als er 1898 —99 am Smithſund überwintern mußte, Fort Conger, das alte Stand- quartier der Lady Franklin Bai-Expedition. Alles wurde noch genau ſo gefunden, wie es vor 15 Jahren verlaſſen war, zum Zeichen, daß in der Zwiſchenzeit kein Reiſender hier verweilt hatte. Selbſt der Tiſch zum Abſchiedsmahl war noch gedeckt. Peary ſammelte alle von Greelys Leuten und von früheren Expeditionen zurückgelaſſenen Gegenſtände und durchquerte dann auf Schlittenreiſen von mehr als 1600 km Länge Grinnell- und Grantland nach den verſchiedenſten Richtungen hin. VIII. Kapitel. Die Erforſchung Grönlands. Schon im Mittelalter war Grönland von den Normannen entdeckt worden. Aber erſt nachdem Frobiſher, Davis und Hudſon, Bylot und Baffin die längſt vergeſſene Inſel wieder betreten hatten, ſchickten vornehmlich die Dänen eine Reihe von Expeditionen ab, um die Herrſchaft über das ſteuer— Ältere Forſchungen in Grönland. 63 pflichtige Land wieder zu gewinnen und neue Handelsverbindungen anzubahnen. Waren auch dieſe Unternehmungen erfolglos, ſo ließen ſie doch das Andenken an die alte Normannenkolonie wieder lebendig werden. Man glaubte nämlich, daß die Nach— kommen der Normannen noch an Grönlands Küſten ſäßen und ſich in einer traurigen Lage befänden, aus der ſie ein armer norwegiſcher Landpfarrer, Hans Egede, erlöſen wollte. Mit ſeiner Familie ſiedelte er 1721 in die neue Heimat über, und wenn dort auch die alten Normannen längſt ausgeſtorben waren, ſo warf ſich Hans Egede dafür mit Feuereifer auf die Bekeh— rung der Eskimos, die er vor der rohen Behandlung ſeitens der Händler zu ſchützen ſuchte und deren Apoſtel er wurde. Ihm verdankt man die Gründung von Godhavn (Gute Hoffnung), der erſten däniſchen Kolonie auf Grönland. In der Folge wurden noch mehrere andere Niederlaſſungen angelegt, und das Koloniſations⸗ und Miſſionswerk nahm eine gedeihliche Ent— wicklung trotz anfänglich ſehr geringer Unterſtützung ſeitens der däniſchen Regierung und trotz einer Reihe widriger Umſtände, die mehr als einmal das Fortbeſtehen des Unternehmens in Frage zu ſtellen ſchienen. 1731 war die Aufgabe der ertrag— loſen Kolonie bereits beſchloſſene Sache, als Graf Zinzendorf, der Begründer der Herrnhuter Brüdergemeinde, durch ſeine Ver— bindungen mit dem däniſchen Hofe Egedes Lebenswerk rettete, das er nun auch durch Entſendung von Herrnhuter Miſſionaren förderte. Von Egedes Nachfolgern ſind die bedeutendſten ſein Sohn Paul Egede, die Miſſionare David Cranz und H. E. Saabye*) und der Mineralog Karl Ludwig Gieſecke, eigentlich Metzler genannt. Letzterer, eine der merkwürdigſten Perſönlichkeiten, ſtammte aus Augsburg und war in Wien nach— einander Juriſt, Schauſpieler und Theaterdichter. Als ſolcher ſoll er den Hauptteil des Textes zu Mozarts „Zauberflöte“ ge— ) H. Egede, Ausführliche und wahrhafte Nachricht vom An— fange und Fortgange der grönländiſchen Miſſion. Hamburg 1740. — H. Egede, Beſchreibung und Naturgeſchichte von Grönland. Überſetzt von J. G. Krünitz. Berlin 1763. — Paul Egede, Nachrichten von Grönland. Kopenhagen 1790. — D. Cranz, Hiſtorie von Grönland. Frankfurt und Leipzig 1780. — D. Cranz, Fortſetzung der Hiſtorie von Grönland. Barby 1770. — H. E. Saabye, Bruch— ſtücke eines Tagebuches, gehalten in Grönland. Deutſch von G. Fries. Hamburg 1817. 64 VIII. Die Erforſchung Grönlands. ſchrieben haben, obwohl ſein vorgeſetzter Theaterdirektor Schika— neder dieſe Ehre für ſich in Anſpruch nahm, Da Gieſecke an der ſchauſpieleriſchen Tätigkeit auf die Dauer kein Gefallen fand, ſo ſtudierte er Mineralogie und wurde Mineralienhändler. Zum preußiſchen Bergrat ernannt, unterſuchte er die Färöer und reiſte 1807 nach Grönland, deſſen Weſtküſte er wie kein anderer Europäer kennen lernte. Seine Forſchungen ſind für die Geo— logie der Inſel grundlegend geworden; die meiſten der dort vor— handenen Mineralien und ihre Fundſtätten hat er bereits be— ſtimmt. Da die Napoleoniſchen Kriege jeden Verkehr mit Europa unterbanden, ſo blieb Gieſecke halb freiwillig, halb gezwungen acht Jahre in Grönland. Bald nach der Heimreiſe wurde er zum Profeſſor der Mineralogie und Chemie an der Univerſität Dublin ernannt und ſtarb dort 1833.) Seit John Roß iſt Grönlands Weſtküſte durch eine lange Reihe von Expeditionen unterſucht worden. Auch die dort an— geſtellten Beamten und Miſſionare haben treffliche Beiträge zur Landes- und Volkskunde geliefert, vor allem der unermüdliche Heinrich Rink, der 16 Winter und 22 Sommer in Grönland weilte.“) Genannt ſei auch der deutſche Herrnhuter Miſſionar S. Kleinſchmidt, der während ſeines vierzigjährigen Wirkens für die Erforſchung der ſchwierigen Eskimoſprache ſo bahnbrechend geworden iſt, daß die von ihm eingeführte Schreibweiſe in allen grönländiſchen Lehranſtalten Eingang fand. Seit 1876 hat der däniſche Staat die ſyſtematiſche Erforſchung der Inſel in die Hand genommen und die Weſtküſte von Steenſtrup, Jenſen, Kornerup, Holm, Hammer, Ryder u. a unterſuchen lafjen,***) während die Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin zur Unter⸗ ſuchung des Inlandeiſes zwei Expeditionen (1891 und 1892 —93) *) F. Johnſtrup hat Gieſeckes Tagebuch neu herausgegeben unter dem Titel: Gieseckes Mineralogiske Reise i Grönland. Kjöbenhavn 1878. * H. Rink, Danish Greenland, its people and its products. Edited by R. Brown. London 1877. *##) Die Ergebniſſe dieſer planmäßigen Unterſuchungen, die 1907 durch die Errichtung einer wiſſenſchaftlichen Biologiſchen Station nebſt Erdbebenwarte auf der Inſel Disko eine neue Förderung erfahren haben, find in den für die Geographie Grönlands hoch⸗ wichtigen, in Kopenhagen erſcheinenden Meddelelser om Grönland niedergelegt. Dänische Forſchungen in Weſtgrönland. 65 unter Erich von Drygalski,*) Baſchin, Vanhöffen und Stade zum Umanaffjord ſandte.““) Der Jakobshavner Eisfjord, deſſen Eisſtröme gleich anderen grönländiſchen Gletſchern deutliche Anzeichen eines ſtetigen Rückganges erkennen laſſen, wurde 1902 —3 von Dr. C. Engell und Oberleutnant Schörring unterſucht, während Kapitän Daniel Bruun auf einer archäologiſchen Expedition längs der Weſtküſte über 100 Normannenruinen und Reſte eines Begräbnisplatzes aus der Wikingerzeit entdeckte. Auch wies er hunderte alter Eskimowohnſtätten aus heidniſcher Zeit nach und fand die Wohnung Hans Egedes, des Begrün— ders der däniſchen Niederlaſſungen in Grönland, wieder. Weſentlich umfangreicher war die ſogenannte Däniſche Lite— rariſche Expedition nach Weſtgrönland, die unter Führung von Mylius⸗Erichſen 1902—4 in 2 ½ jähriger Tätigkeit vor allem das noch unbekannte Nordweſtgeſtade der Inſel längs der Mel— villebai erforſchte. Nach der Überwinterung in Jakobshavn ging es von Upernivik, der nördlichſten däniſchen Siedlung in Grönland, nach Norden. Schottiſche Walfiſchfänger trafen im Spät⸗ ſommer 1903 die Dänen nach Verluſt ihres Bootes in hilfs— bedürftigem Zuſtande unter den Eskimos der Saunders-Inſel im Smithſund an. Sie überließen ihnen einige Vorräte und Holz zum Bau eines neuen Fahrzeuges, wollten ſich aber nicht dazu verſtehen, ihnen ein fertiges Boot zu geben oder ſie zur nächſten däniſchen Station zu bringen oder Briefe zur Beförderung mit- zunehmen. Trotz dieſer unfreundlichen Behandlung, die um ſo ſchwerer ins Gewicht fällt, als die Bedrängten vorläufig auf anderweite Hilfe nicht rechnen konnten, kamen ſie nach einer zweiten Überwinterung im Frühling 1904 wohlbehalten in Upernivik wieder an. Mit einer viermonatlichen Reife in Weſt⸗ grönland ſchloſſen ſie ihre Unternehmungen ab, wobei ſie bis zuletzt mit ſchweren Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatten und *) E. v. Drygalski, Grönlandexpedition der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin 1891—1893. Berlin 1897. * Gleichzeitig wollte eine höchſt mangelhaft ausgerüſtete ſchwediſche Expedition unter Björling und Kallſtenius auf einem kaum noch ſeetüchtigen Fangſchiff mit nur drei Mann Beſatzung die Küſte von Upernivik bis zum Kap Vork verfolgen und ſuchte nach dem Scheitern des Fahrzeugs die Eskimos und Proviantniederlagen von Ellesmereland zu erreichen. Seitdem ſind die Reiſenden verſchollen und haben wahrſcheinlich im Smithſund den Tod gefunden. ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 5 66 VIII. Die Erforſchung Grönlands. nach gefahrvoller Fahrt Ivigtut gerade noch an dem Tage er— reichten, an welchem das letzte Schiff jenes Jahres nach Däne— mark abging.“) Viel langſamer iſt die rauhe und faſt menſchenleere Oſtküſte Grönlands bekannt geworden. Zwar hat man ſie ebenfalls ſchon früh geſehen. Allein die höchſt ungünſtigen Eisverhältniſſe machten die Landung äußerſt ſchwierig oder unmöglich, ſo daß die Erforſchung Oſtgrönlands erſt durch die beiden ſchottiſchen Wal— fiſchfänger Scoresby, Vater und Sohn, eingeleitet wird. Beide waren von Haus aus ohne tiefere wiſſenſchaftliche Bildung; aber der jüngere Scoresby eignete ſich durch eiſernen Fleiß nach und nach ſo gründliche naturwiſſenſchaftliche und meereskundliche Kenntniſſe an, daß ſein Reiſetagebuch, das u. a. auch die erſten Abbildungen von Schneekriſtallen enthält, zu den beſten Erzeug— niſſen der polaren Literatur gehört und für die Kenntnis Oſt— grönlands, Spitzbergens und des dazwiſchenliegenden Meeres hochbedeutſam geworden ift.**) Nachdem beide 17 Reiſen nach Spitzbergen unternommen hatten, landeten ſie 1822, in einem ungewöhnlich günſtigen Eisjahr, viermal an der grönländiſchen Oſtküſte, von der fie ein weites Stück zwiſchen 69 und 75 N. vom Schiff aus feſtlegten: die wertvollſte Leiſtung, die bis zur deutſchen Expedition an jenem Geſtade erzielt wurde. Ihre Entdeckung wurde das Jahr darauf von dem be— rühmten engliſchen Geophyſiker E. Sabine und Kapitän Cla- vering fortgeſetzt, die behufs Pendelbeobachtungen auf der Sabine⸗Inſel landeten und den Küſtenſaum um drei Breiten⸗ grade nach Norden erforſchten. In Dänemark erweckten die engliſchen Erfolge lebhaftes Intereſſe, zugleich jedoch die Beſorgnis, daß Grönland, das man als ein altes däniſches Erbſtück anſah, teilweiſe in fremden Beſitz übergehen könnte. Deshalb ſchickte die Regierung 1829 *) Mylius-Erichsen og H. Moltke, Grönland. Kjöbenhavn 1906. — K. Rasmussen, Nye Mennesher. Kjöbenhavyn 1906. Deutſch Bern 1907. , W. Scoresby, Journal of a voyage to the Northern Whale-Fishery; including researches and discoveries on the eastern coast of West-Greenland. Edinburgh 1823. — W. Scoresby, An account of the arctic regions with a history and description of the Northern Whale-Fishery. 2 Bde. Edinburgh 1819. — G. W. Manby (Begleiter Scoresbys), Journal of a voyage to Greenland in the year 1821. London 1822. Die Erforschung DOftgrönlands. 67 bis 1831 eine Expedition unter Oberleutnant A. W. Graah aus. In zwei grönländiſchen Weiberbooten, die auch größten— teils von Frauen gerudert wurden, gelangte ſie an der Oſtküſte bis über 65 N., wo fie überwinterte, um nach einem neuen Vorſtoß gen Norden in die Heimat zurückzukehren.“) Fortan, namentlich ſeit dem Untergang einer franzöſiſchen Expedition unter Leutnant Bloſſeville, wurde das einſame Geſtade nur gelegentlich berührt, bis die Deutſchen, die nunmehr zum erſten Male ſelbſtändig eine Polarexpedition wagten, das Entdeckungswerk fortſetzten. Ihr Eintreten geſchah vor allem auf Veranlaſſung Auguſt Petermanns, des raſtloſen Agitators für eine vaterländiſche Nordpolfahrt, der zwar ſelbſt nie im hohen Norden geweſen iſt, der indes vom grünen Tiſch aus für deſſen Erforſchung Bedeutendes getan hat. Dr. Auguſt Petermann, der langjährige verdienſtvolle Leiter der berühmten Geographiſchen Anſtalt von Juſtus Perthes in Gotha, wurde 1822 in Bleicherode bei Nordhauſen geboren. Auf der Königlichen Geographiſchen Kunſtſchule zu Potsdam bildete er ſich unter Heinrich Berghaus zum Kartographen aus und war in dieſer Eigenſchaft eine Reihe von Jahren in England tätig, wo er ſich lebhaft an der Agitation zur Auf— ſuchung Franklins beteiligte. Dann ſiedelte er nach Gotha über, wo er die „Geographiſchen Mitteilungen“, noch heute die erſte unter den geographiſchen Fachzeitſchriften, ins Leben rief. Da er die bedeutendſten wiſſenſchaftlichen Kräfte heranzuziehen verſtand, ſo war Gotha lange Zeit der Mittelpunkt des geſamten geographiſchen Lebens. Dem Eintreten Petermanns, dieſes internationalen Geographen, verdanken die Afrikareiſen zur Auf— ſuchung Eduard Vogels, ſowie die Sahara: und Sudanreiſe von Gerhard Rohlfs und die Reiſe Karl Mauchs in Trans— vaal ihre Entſtehung. Auch für die Polarforſchung hat der „Polarpapa“, wie man Petermann ſcherzhaft nannte, 15 Jahre lang ununterbrochen gearbeitet, und die beiden deutſchen Nordpolar— fahrten ſind durchaus ſein Werk. Die rieſige Arbeitslaſt aber und leider auch häusliches Unglück erſchütterten ſeine Geſundheit und trübten ſeine letzten Jahre, ſo daß er 1878 freiwillig aus dem Leben ſchied. * W. A. Graah, Undersögelsesreise til östkysten af Grön- land. Kjöbenhavn 1832. Engliſch von G. Gordon Macdougall. London 1837. 5 * 68 VIII. Die Erforſchung Grönlands. Während die Amerikaner meinten, ein eisfreies Polarmeer jenſeits der feſten Packeisſchranke des Smithſundes zu finden, nahm Petermann an, daß jenes unbekannte offene Meer durch eine von Grönland ausgehende Ländermaſſe in zwei ungleiche Teile zerlegt werde. Dieſe Vorſtellung war in ihm ſo lebendig, daß er ſie wiſſenſchaftlich zu begründen ſuchte und daß er auf vielen ſeiner älteren Karten ein zuſammenhängendes Polarland von Grönland bis Wrangel-Land zeichnete, in dem das offene Meer der Amerikaner nur eine tief eingreifende Bucht bildete. Ihre Mißerfolge boten ihm willkommene Gelegenheit, für den von ihm vorgeſchlagenen Weg zwiſchen Grönland und Novaja Semlja Stimmung zu machen. Endlich waren die Mittel zu einer deutſchen Polarexpedition aufgebracht, die 1865 als eine Vorbereitungsfahrt die Strömungs— und Eisverhältniſſe zwiſchen Spitzbergen und Novaja Semlja erkunden ſollte. Zu dieſem Zwecke ging der bekannte Seemann Reinhold Werner mit einem in England gemieteten und großenteils mit engliſchen Matroſen bemannten Dampfer in See. Aber ſchon 12 Stunden nach der Abfahrt kam das Schiff wegen einer ſchweren Beſchädigung der Maſchine zum Stillſtand, und man hat allen Grund anzunehmen, daß britiſche Umtriebe bei dieſem Unfall die Hand im Spiel hatten.“) Die Ausbeſſerung des Schadens ſchloß eine Wiederholung der Fahrt in demſelben Sommer aus, und der Krieg von 1866 raubte alle weiteren Hoffnungen. Aber Petermann ruhte nicht. In Vorträgen, Zeitungsartikeln und in einem Aufruf wandte er ſich an das deutſche Volk, und die Gaben floſſen ſo reichlich, daß 1868 zum zweiten Male eine kleine Segeljacht, die „Germania“, mit dreizehn Matroſen unter Kapitän Karl Koldewey abgehen konnte. Freilich waren ihr wegen des unausgeſetzten Kampfes mit dem Eis keine großen Entdeckungen vergönnt. Auch trug die Reiſe mehr den Charakter einer Vorexpedition. Allein dichtes Eis hinderte das ſchwache Schiff, an der Oſtküſte Grönlands Anker zu werfen. Neue Vorſtöße nach Spitzbergen und Oſtgrönland ſcheiterten wiederum an der Undurchdringlichkeit des Eiſes, und die fortgeſchrittene Jahreszeit zwang die Expedition zur Heimreiſe.““) *) A. Petermann, Spitzbergen und 55 arktiſche Centralregion. Geogr. Mtlgn. Ergänzungsheft 16 (1865), 14—18, 23 — 24. **) K. Koldewey und A. Pes Die erſte deutſche Nord⸗ polarerpedition im Jahre 1868. Ebd. Ergänzungsheft 28 (1871). — Die deutſche Nordpolarfahrt. 69 Schon im folgenden Jahr hatte jedoch Auguſt Petermann die Genugtuung, die zweite deutſche Nordpolarfahrt ausſenden zu können.“) Sie beſtand aus dem neuerbauten Dampfer „Germa— nia“ und dem älteren, als Transportfahrzeug dienenden Segel— ſchiff „Hanſa“, die von den Kapitänen Koldewey und Hege— mann befehligt wurden. Zu ihnen geſellten ſich tüchtige Gelehrte wie Börgen, der während der Überwinterung von einem Eis— bären ſchwer verwundet wurde, Copeland, Buchholz, Laube, der ſpäter im Kieler Hafen ertrunkene Dr. Panſch und der Oſter— reicher Julius Payer, ein als Alpiniſt und Topograph gleich ausgezeichneter Offizier. Die Expedition zählte insgeſamt 31 Mann und hatte die Aufgabe, längs der Küſte Oſtgrönlands eine mög— lichſt hohe Breite zu erreichen. Beim Durchbrechen der grönländiſchen Eisſchranke wurden beide Schiffe durch undurchdringlichen Nebel und durch ein falſch verſtandenes Signal für immer voneinander getrennt. Obendrein geriet die „Hanſa“ in dichtes Eis, aus deſſen Umklammerung ſie ſich nicht wieder zu befreien vermochte und mit dem ſie willenlos nach Süden trieb. Da das von den Eispreſſungen ſchwer be— ſchädigte Fahrzeug ſchließlich als völlig zertrümmertes Wrack im Meer verſank, ſo hatte die 14 Mann ſtarke Beſatzung rechtzeitig aus Schnee, Waſſer und den Kohlenvorräten auf der 13 km im Umfang haltenden Scholle ein Winterhaus gebaut und lebte von den glücklicherweiſe in genügender Menge geretteten Vorräten. Die furchtbaren Winterſtürme zerkleinerten aber die unendlich langſam ſüdwärts treibende Scholle immer mehr, bis ſie ſchließlich nur noch 200 Schritt umfaßte und plötzlich mitten unter dem Hauſe auseinanderbarſt und die Schiffbrüchigen zwang, ihre Zuflucht zu den Booten zu nehmen. Bald ſahen ſie ſich jedoch von neuem im Eis gefangen und mußten ſich zum zweitenmal auf einer Scholle häuslich einrichten, bis ſie endlich in offenes Fahrwaſſer gelangten und nach achtmonatlicher Irrfahrt die Miſſionsſtation Friedrichsthal unweit der Südſpitze Grönlands erreichten. So endete die abenteuerliche Schollenfahrt der Hanſaleute, die in Es Beziehung an die der Polarismänner erinnert (vgl. S. 58). Weit beſſer erging es der „Germania“, die nach Überwin— ) Die zweite deutſche Nordpolarfahrt in den Jahren 1869 —1870. 2 Bde. Leipzig 1873. 70 VIII. Die Erforſchung Grönlands. dung der Eisbarriere ins offene Küſtenwaſſer kam und in ihm bis über 75½ N. vordrang, wo ihr das Eis Halt gebot. Auf der Sabine-Inſel wurde das Winterquartier bezogen und dann, namentlich von Payer, auf Schlittenreiſen das Geſtade von König Wilhelmsland bis zum Kap Bismarck unter 77“ N. feit- gelegt. Den Glanzpunkt der Entdeckungen bildete der Kaiſer Franz Joſephs-Fjord, eine tief ins unbekannte Innere ein: dringende Meeresſtraße, die rings von hohen Schneebergen um— rahmt wurde. Doch die Schadhaftigkeit der Maſchine, die in— mitten der großartigen Alpenlandſchaft verſagte, mahnte zur Umkehr, und nachdem mit dem letzten Reſte der Dampfkraft das Küſteneis durchbrochen war, ging es bei anhaltenden Stür⸗ men unter Segeln nach Hauſe, da der Dampfkeſſel inzwiſchen völlig unbrauchbar geworden war. Am 11. September 1870, zehn Tage nach Ankunft der ſchiffbrüchigen Hanſabeſatzung, traf die „Germania“ wohlbehalten vor der Weſermündung wieder ein. Bei der Einfahrt wunderte man ſich, daß alles ſtill und leer war, daß kein Lotſe und kein Seezeichen die Richtung angaben, weil inzwiſchen, ohne daß die Expeditionsmitglieder eine Ahnung ge— habt hatten, der deutſch-franzöſiſche Krieg ausgebrochen war. Da die deutſche Expedition die Überzeugung mitbrachte, daß der von ihr benutzte Weg nicht zum Pol führe, jo wurde die oſt⸗ grönländiſche Küſte nicht weiter unterſucht. Erſt neuerdings hat der däniſche Staat nach der Unterſuchung der Weſtküſte mit der Aufnahme der Oſtküſte begonnen. Kapitän Holm ergänzte 1883 bis 1885 Graahs Aufnahmen und drang über deſſen fernſten Punkt bis 66“ N. vor. Dieſelbe Gegend hatte ſchon 1883 A. E. Nordenſkiöld erreicht, der auf der Heimreiſe von ſeiner Binneneis⸗Expedition (vgl. S. 74) die Packeismaſſen längs des ſüd⸗ lichen Teiles der Oſtküſte zum erſtenmal mit einem Schiff durch⸗ brach und damit die Annahme von der Unnahbarkeit jenes Geſtades zerſtörte. Nur das nördlichſte Stück zwiſchen der von Peary entdeckten Independence-Bai und dem fernſten Punkte der franzö— ſiſchen Expedition iſt noch unbekannt. Zur Erforſchung dieſes 3½ Breitengrade umfaſſenden Küſtenſtreifens iſt Mylius-Erich— ſen, der frühere Leiter der Literariſchen Weſtgrönland⸗Expedition, mit einer aus 28 Teilnehmern beſtehenden und auf zwei Jahre berechneten Expedition, der größten wiſſenſchaftlichen Polarunter⸗ nehmung der Dänen, im Juni 1906 nach Nordoſt⸗Grönland auf⸗ gebrochen. Neuere Forſchungen in Oſtgrönland. 71 Ferner erzwang Oberleutnant Ryder nach vielen vergeb— lichen Verſuchen die Einfahrt in den Scoresbyſund, worauf wäh— rend und nach der Überwinterung der 355 km lange Fjord bis in ſeine äußerſten Verzweigungen verfolgt wurde. Eine genaue Unterſuchung und Kartierung des vorher ſo gut wie unbekannten Labyrinthes vielverzweigter Waſſerſtraßen war das Hauptergebnis der von 1891—92 währenden Reife. 1898— 1900 erforſchte Leutnant Amdrup mit ſeinem wiſſen— ſchaftlichen Stabe auf wiederholten, durch Eisverhältniſſe und zahl— reiche Bären nicht ungefährlichen Wanderungen und Bootfahrten die von zahlloſen Fjorden zerſchnittene, 700 km lange Küſten⸗ ſtrecke zwiſchen der 1894 gegründeten Miſſions- und Handels— ſtation Angmagſalik (65 ¼ N.) und dem Scoresbyſund (71 N.). Nachdem die däniſche Regierung ſich entſchloſſen hat, ihre tatſäch— liche Herrſchaft auch über Oſtgrönland auszudehnen, iſt Angmag— ſalik, die erſte und einzige europäiſche Niederlaſſung an jener Küſte, raſch ein Hauptſammelplatz für die Eskimos und ein Haupt- verwaltungsſitz geworden, der freilich nur einmal im Jahre Schiffs— und Poſtverbindung mit der Außenwelt hat. Gleichzeitig war am Franz Joſephs-Fjord und in dem durch mehrere Breitengrade ſüdwärts ſich ausdehnenden Fjordgebiet die ſchwediſche Andrée-Hilfsexpedition unter dem erprobten Spitz⸗ bergenforſcher A. G. Nathorſt tätig.“) Zwar hat ſie bezüglich ihrer Hauptaufgabe nur den negativen Nachweis erbringen können, daß Andre und die mit ihm verſchollenen Luftſchiffer in Oſt⸗ grönland nicht zu ſuchen ſeien. Dafür ſind aber die wiſſenſchaft⸗ lichen Errungenſchaften um ſo wertvoller. Nathorſt widmete zunächſt der einſamen Inſel Jan Mayen einen kurzen Aufenthalt, bahnte ſich darauf einen Weg durch das oſtgrönländiſche Packeis und wandte ſich dem ſeit der deutſchen Expedition, alſo ſeit 30 Jahren nicht wieder betretenen Kaiſer Franz Joſephs-Fjord zu. Zwiſchen ſenkrechten, bis 2000 m hohen Felswänden kam er weit über Payers fernſten Punkt hinaus und ſtellte feſt, daß die von ihm zu 3500 m Meereshöhe geſchätzte Petermannſpitze höchſtens 2800 m habe. Das Kartenbild des Fjordes wurde weſentlich ergänzt und verbeſſert, insbeſondere durch den Nachweis einer *) A. G. Nathorst, Tvä sommar i Norra Ishafvet, Kung Karls land, Spetsbergens kringsegling, spanande efter Andrée i nordöstra Grönland. 2 Bde. Stockholm 1901. 12 VIII. Die Erforſchung Grönlands. zweiten, nicht minder großartigen Waſſerſtraße, des ſüdlich ſich anſchließenden König Oskar-Fjordes. In den geſchützten Ein⸗ läſſen wurden zahlreiche Reſte alter Eskimoniederlaſſungen und eine verhältnismäßig üppige Vegetation gefunden. Nathorſts Erfolge veranlaßten ſeinen Landsmann G. Kolt— hoff zu einer zoologiſchen Expedition zum Franz Joſephs-Fjord. “) Nicht zu vergeſſen ſind endlich die hydrographiſchen Unterſuchun— gen, die ſchon 1879 der däniſche Kreuzer „Ingolf“ unter Kom— mandeur C. Wandel und die norwegiſche Nordmeerexpedition unter dem Meteorologen Mohn auf dem Dampfer „Vöringen“ zwei Sommer lang (1877 und 1878) im Meere zwiſchen Grön⸗ land, Spitzbergen und Island angeſtellt haben. | Einen ſehr erfolgreichen Vorſtoß hat endlich im Sommer 1905 der franzöſiſche Herzog Philipp von Orléans auf dem Schiffe „Belgica“ der belgiſchen Südpolar-Expedition unter Füh⸗ rung des Kapitäns A. de Gerlache (vgl. S. 135) ausgeführt. Als der urſprüngliche Plan, über Spitzbergen nach Franz Joſephs⸗ Land zu fahren, wegen der widrigen Eisverhältniſſe aufgegeben werden mußte, wandte ſich der Herzog raſch entſchloſſen nach Grön— land, um die ſeit der Rückkehr der Koldeweyſchen Expedition vollſtändig ruhende Erforſchung der Nordoſtküſte wieder aufzu⸗ nehmen. Da das Eis ungewöhnlich günſtig war, ſo vermochte die „Belgica“ das ſchwer nahbare Geſtade in der bis dahin noch niemals zur See erreichten Höhe des Kaps Bismarck zu gewinnen. Von dieſem fernſten Punkte der deutſchen Expedition aus, der auf einer Inſel liegend gefunden wurde, ſegelte das Schiff in einem gut fahrbaren Kanal zwiſchen dem Packeis und der wenig gegliederten Küſte nordwärts bis 78917“ N., wo es unüberwind⸗ liche Eismaſſen zur Umkehr zwangen. Vorher wurde noch am Kap Philippe (77 36“ N.) gelandet und hier wie an andern Ge⸗ ſtadepunkten das Vorhandenſein von Überreſten alter Eskimohütten feſtgeſtellt. Aus ihnen folgert man, daß die einwandernden Es⸗ kimos von Norden her nach Oſtgrönland gelangten.“) Durch alle dieſe Unternehmungen der letzten Jahre iſt der größte Teil Oſtgrönlands in den Hauptzügen aufgeklärt und in ſeiner Kenntnis ſoweit gefördert worden, daß dort zur Ergänzung *) G. Kolthoff, Till Spetsbergen och nordöstra Grönland. Stockholm 1901. * Due d’Orl&eans, A travers la banquise. Du Spitzberg au Cap Philippe. Paris 1907. Nordenjkidtd.) 73 der Hauptarbeiten nach dem Vorbild der Unterſuchung Weſtgrön— lands ebenfalls die wiſſenſchaftliche Einzelforſchung begonnen hat. Zu dieſem Zwecke unternahm 1901 — 2 der Botaniker C. Kruuſe in Begleitung ſeiner Gattin von Angmagſalik aus eine Reihe von Ausflügen in die benachbarten Fjorde. In demſelben Gebiete hielt ſich 1905—6 der Ethnologe und Sprachforſcher W. Thal— bitzer mit ſeiner Frau, einer däniſchen Malerin, auf, nachdem er 1900—1 Nordweſt⸗Grönland beſucht hatte. Heute muß die Rieſeninſel als das beſtbekannte Polarland gelten, deſſen Weſtküſte ganz und deſſen Oſtküſte größtenteils topo- graphiſch feſtgelegt iſt. Auch die Aufhellung des unbekannten In⸗ nern, deſſen als wahrſcheinlich angenommene zuſammenhängende Eisbedeckung durch nichts bewieſen war, iſt neuerdings energiſch gefördert worden, nachdem man ſchon früher wiederholt verſucht hatte, über das Inlandeis von der Weſtküſte zur Oſtküſte zu ges langen. Aber alle dieſe Wagniſſe ſchlugen fehl, indem die Rei: ſenden, ſei es wegen der Ungunſt der Witterung und des Glet— ſchereiſes oder wegen ungenügender Ausrüſtung nach kürzerer oder längerer Eiswanderung wieder umkehren mußten. Zuerſt bemühte ſich 1725 der däniſche Major Paars, die arktiſche Sahara, wie Nordenſkiöld das Binneneis nennt, zu durchqueren. Er ſollte mit einer Anzahl Soldaten und mit elf Pferden, die aber ſämtlich ſchon vor dem Antritt der Eiswande— rung eingingen, quer durch Grönland zur Oſtküſte ziehen, um die vermeintlich dort wohnenden Nachkommen der alten Normannen zu unterwerfen und zur Steuerzahlung anzuhalten. Das Unter⸗ fangen mißlang ebenſo wie das des Kaufmannes Lars Dalager, der nach nur 13 km langem Marſch den Rückzug antreten mußte. Seitdem verſtrichen über 100 Jahre, bis Iſaak Hayes vom Foulkefjord aus (vgl. S. 56) mit fünf Genoſſen einen neuen Vorſtoß wagte, auf dem er binnen drei Tagen 90 km weit ge— kommen ſein wollte. Nanſen bezweifelt indes dieſe Angaben und mit Recht; denn es erſcheint kaum glaublich, in einer ſo knapp bemeſſenen Friſt auf dem wild zerklüfteten Eis eine ſolche Strecke zurückgelegt zu haben. Vollſtändig mißlungen war das Unter⸗ nehmen der beiden engliſchen Alpiniſten Brown und Whymper, die wegen der Sommerwärme ſchneefreies Eis antrafen, das von Millionen Spalten ſo durchfurcht war, daß ſie nur wenige Kilo— meter vorwärts gelangen konnten. Nunmehr verſuchte der er— probte Polarforſcher Nordenſkiöld zweimal, 1870 und 1883, 74 VIII. Die Erforſchung Grönlands. das Inlandeis zu bezwingen. Das erſtemal drang er mit Berg— green binnen acht Tagen 50 km weit vor. Nur wenig weiter eis— einwärts gelangte 1878 trotz ſorgfältigſter Ausrüſtung und umſichtig— ſter Leitung die 23 tägige Expedition von Jenſen und Korne— rup, weil Nebel und Schneeſtürme, Proviantmangel und das verdorbene Schuhzeug ein ferneres Vordringen über das furchtbar zerriſſene Eis unmöglich machten. Ungleich mehr Erfolg hatte Nordenſkiöld“) auf feiner zweiten Reiſe, die ihn innerhalb 18 Tagen 117 km vorwärts brachte, während ſeine zwei Lappen auf 58 ſtündiger Schneeſchuhwanderung noch etwa 230 km weiter landeinwärts gekommen ſein wollten. Nanſen machte es ſpäter allerdings wahrſcheinlich, daß fie höchſtens noch 70 km nach Dften vorgedrungen ſind. Obwohl die Lappen berichteten, daß ſie von ihrem fernſten Punkt aus keine Spur Landes über dem beſchneiten Binneneis geſehen hatten, hielt Nordenſkiöld an der Vermutung feſt, daß ſich ſeine Expedition möglicherweiſe auf einem quer durch Grönland verlaufenden Eisſtreifen befunden habe, während nördlich und ſüdlich davon eisfreie, von Tundren bedeckte Landſtrecken liegen könnten. 1886 legten Peary und Maigaard in 23 Tagen 160 km auf dem Eis zurück. Sie ließen alſo trotz einfachſter Ausrüſtung und geringen Koſtenaufwandes alle ihre Vorgänger weit hinter ſich; aber auch ihre Leiſtung begegnet manchen Zweifeln. Da trat der junge norwegiſche Zoologe Fridtjof Nanſen mit ſeinem Plan an die Offentlichkeit, auf Schneeſchuhen Grön⸗ lands Eiswüſten zu durchſtreifen und zwar von Oſt nach Weſt, um von der ſchwer zugänglichen, dünn bewohnten Oſtküſte an die dichter beſiedelte und eine ſichere Zuflucht gewährende Weſtküſte zu kommen. Obwohl ſein waghalſiges Vorhaben, bei dem er gleichſam alle Brücken hinter ſich abbrach, als Verrücktheit be— zeichnet wurde, ſuchte er mit Sperdrup, zwei anderen Nor: wegern und zwei Lappen 1888 am Sermilikfjord zu landen. Widrige Eis- und Strömungsverhältniſſe ließen ihn erſt nach gefahrvoller Boot: und Schollenfahrt auf einem großen unvorher⸗ geſehenen Umwege das Geſtade Oſtgrönlands betreten. Weil ſich infolge— deſſen die Ankunft um faſt einen Monat verzögert hatte, ſo galt es, den Reſt des kurzen Sommers nach Kräften auszunutzen. Da *) A. E. Nordenſkiöld, Grönland, ſeine Eiswüſten im Innern und ſeine Oſtküſte. Deutſche Ausgabe, Leipzig 1886. Nanſen. 75 ſich am Umivikfjord das Inlandeis verhältnismäßig eben zum Meere abſenkte, jo war der Aufſtieg nicht allzuſchwierig. Wegen der Hitze marſchierte man anfänglich nachts; ſpäter wurde es jedoch in der Nacht bitterkalt — das Thermometer ſank 50 C unter Null — und die Schlitten glitten nur ſchwer über den kalten Schnee hin, ſo daß man bei Tage weiterzog. Zunächſt hielt man eine nordweſtliche Richtung ein, weil als Ziel die Kolonie Chriftianshaun gewählt worden war. Als man aber nach zwölftägiger, durch Gletſcherſpalten, Schneeſtürme und Regen— wetter vielfach aufgehaltener Wanderung nur langſam vorwärts gekommen war und nicht mehr rechtzeitig vor Abfahrt des letzten Schiffes an der Weſtküſte einzutreffen fürchtete, wurde die Marſchrichtung auf Weſtſüdweſt, nach Godhavn zu, geändert. Zwei Wochen lang durchzogen nun die Schneeſchuhfahrer mit ihren wiederholt durch Segelkraft getriebenen Schlitten eine end— loſe, leicht gewellte Schneefläche, aus der nicht die kleinſte Berg— ſpitze emporragte. Dann erfolgte der Steilabſtieg zur Weſtküſte, diesmal über ein Heer gähnender Eisklüfte, die den Marſch aufs äußerſte verlangſamten und gefährdeten. Endlich lag nach 40 tägiger Wanderung das Binneneis hinter den mutigen Reiſenden, die eine 560 km breite und bis zu 2720 m hohe Eisfläche durch— meſſen hatten. In einem raſch erbauten Boot wurde Godhavn erreicht. Doch war die Schiffahrt bereits geſchloſſen, ſo daß die Expedition in Grönland überwintern mußte.“) Wenngleich Nanſen bloß den kleineren ſüdlichen Teil Grön— lands durchquert hatte, ſo zerſtörte er doch Nordenſkiölds Traum von einem eisfreien Innern. Ferner gelang einer däniſchen Er- pedition unter Garde 1893 ein Vorſtoß in den ſüdlichſten Teil des Binneneiſes, wobei in zwölf Tagen ein 280 km langes und 2300 m hohes Eisgebiet unterſucht wurde. Die wichtigſten Errungenſchaften ſind jedoch in Nordgrönland zu verzeichnen, das ſeit 1891 das Forſchungsgebiet des Nord— amerikaners R. E. Peary bildet und von ihm mit unermüdlicher Ausdauer auf neun Expeditionen durchſtreift wurde. Ihm verdankt man — eine bedeutſame geographiſche Leiſtung, die unter un— ſäglichen Schwierigkeiten errungen werden mußte — die Ent— deckung Nordgrönlands und damit die nördliche Begrenzung des *) F. Nanſen, Auf Schneeſchuhen durch Grönland. Deutſche Ausgabe. 2 Bde. Hamburg 1891. 76 VIII. Die Erforſchung Grönlands. Binneneiſes, ſowie den ſicheren Nachweis der Inſelnatur Grön— lands, das bei 83“ 39 N. endet und durch einen Archipel noch ein Stück gegen den Pol hin fortgeſetzt wird. Endlich iſt Peary auf der amerikaniſchen Seite des Polargebietes bis 87“ 6“ N. vor: gedrungen, hat alſo unter allen Polarforſchern die höchſte nörd— liche Breite erreicht. Iſt ihm auch trotz aller Bemühungen die Gewinnung ſeines eigentlichen Zieles, des Poles, und damit der Hauptzweck ſeiner mit bewundernswerter Zähigkeit und kör— perlicher Leiſtungsfähigkeit durchgeführten Unternehmungen nicht gelungen, ſo ſind doch ſeine Reiſen für die Wiſſenſchaft nicht nutzlos geweſen. Denn an ihnen und an den notwendigen Verproviantierungsfahrten nahmen zahlreiche amerikaniſche Ge— lehrte teil, die ſich unterwegs ausſetzen ließen und bis zu ihrer Wiederabholung an verſchiedenen Stellen des Smithſundes geographiſche und naturwiſſenſchaftliche Einzelunterſuchungen an⸗ ſtellten.“) Auf ſeiner erſten Reiſe gelangte Peary ungehindert bis in die Melvillebai, wo das Eis die Weiterfahrt ſo hemmte, daß man zur Bewältigung von 160 km drei Wochen brauchte und entgegen dem urſprünglichen Plan ſchon in der M'Cormickbucht auf Prudhoeland überwintern mußte. Im Frühling 1892 trat Peary ſeine große Schlittenfahrt an. Begleitet von dem Norweger E. Aſtrup und drei andern Gefährten kreuzte er den Humboldt⸗ gletſcher und die Speiſungsbecken mehrerer anderer gewaltiger Eisſtröme und folgte dann der allmählich nach Oſt und Südoſt umbiegenden Küſte bis zu einer tief einſchneidenden Bucht, die er, weil er ſie am 4. Juli, dem Tag der Unabhängigkeitserklärung, erreichte, Independence-Bai nannte. Auf dieſer Reiſe konnte das Aufhören des im Rückgang begriffenen Inlandeiſes feſtgeſtellt werden. Auf dem ſchneefreien Boden gab es Blumen, Moſchusochſen und Inſekten in Fülle. Dann wanderte Peary auf einem ſüdlicheren Wege über das 1200-2500 m hohe Binneneis zu feinem Ausgangspunkt zurück, von wo ihn das mittlerweile ein- getroffene Expeditionsſchiff in die Heimat brachte. Leider fand *) Josephine Peary-Diebitsch, My arctic journal: a year among ice-fields and Eskimos; with an account of the great white journey across Greenland, by R. E. Peary. New York and Phila- delphia 1893. — E. Astrup, Blandt Nordpolens Naboer. Christiania 1896. Deutſch. Leipzig 1905. — R. E. Peary, Northward over the Great-Ice. 2 Bde. New York 1898. Peary. 77 kurz vor der Abfahrt der Meteorolog der Expedition den Tod, indem er wahrſcheinlich in eine Gletſcherſpalte ſtürzte. Im übrigen war die Reiſe, auf der im ganzen 2400 km zu Schlitten zurück— gelegt wurden, in jeder Beziehung zufriedenſtellend verlaufen, und Pearys Leiſtungen verdienen um ſo größere Anerkennung, als er gleich zu Anfang das Unglück hatte, das rechte Bein dicht unter dem Knie zu brechen. Doch nahm die Heilung einen unerwartet raſchen und guten Verlauf. Der günſtige Ausgang ſeines erſten Unternehmens veranlaßte Peary 1893 ſofort zu einer neuen Forſchungsreiſe nach Nord— grönland und der ſich nördlich davon ausbreitenden Inſelflur. Diesmal aber mußte er ſich der arktiſchen Natur beugen, denn die Expedition ſcheiterte wegen der mangelnden Ausrüſtung, der klimatiſchen Unbilden und der Erkrankung der meiſten Mitglieder faſt vollſtändig. Es ſcheint auch, daß die ſo mancher amerikaniſchen Expedition verhängnisvoll gewordene Uneinigkeit der Teilnehmer einen Teil der Schuld an dem Mißlingen trug. Wiederum begleitet von feiner mutigen Frau, die ihm im Winterquartier der Bow— doinbai eine Tochter gebar, trat Peary ſeine zweite Reiſe an. Nach der Überwinterung brach er mit 8 Leuten, 12 Schlitten und 92 Hunden zur Independence-Bai auf, wurde aber durch furchtbare Schneeſtürme und grimmige Kälte zur Umkehr genötigt, nachdem er kaum ein Viertel des 1892 ſo leicht bezwungenen Weges zurückgelegt hatte. Da es auch unmöglich war, die auf dem Inlandeis errichteten Lebensmittel- und Feuerungsmaterial⸗ depots unter den überlagernden Schneemaſſen wieder aufzufinden, ſo mußten die Schlittenfahrer, nachdem ſie 66 Hunde durch Froſt und Hunger verloren hatten, mit Zurücklaſſung mehrerer Schlitten nach dreimonatlicher Abweſenheit ins Standquartier zurückkehren. Das wichtigſte Ergebnis und ein wirklicher wiſſenſchaftlicher Gewinn war die vierwöchige Schlittenfahrt E. Aſtrups nach der wegen ihrer gewal— tigen Eismaſſen ſehr ſchwer zugänglichen und deshalb wenig bekannten Nordküſte der Melvillebai. Auf dieſer Strecke mündet das Inlandeis in einer faſt ununterbrochenen Reihe von Gletſchern aus, ſo daß auf die 210 km lange Uferlinie nicht weniger als 150 km Gletſcherzungen entfallen. Während die meiſten Mitglieder der Expedition nach Hauſe zurückführen, entſchloß ſich Peary mit nur zwei Genoſſen zu einer zweiten Überwinterung und zu einem erneuten Vorſtoß nach Oſten. Wohl glückte es ihm diesmal (1895), unter großen Entbehrungen 18 VIII. Die Erforſchung Grönlands. die Independence-Bai zu erreichen; aber die Verhältniſſe waren wiederum ſo ungünſtig, daß ſie die genauere Erforſchung der Oſt— küſte vereitelten. Nach 25 tägigem mühſeligem Rückmarſch kamen die drei kühnen Reiſenden völlig entkräftet in Bowdoinbai wieder an. Von 49 Hunden brachten ſie nur einen, von ihren Schlitten gar keinen zurück. Trotz unglaublicher Anſtrengungen hatte Peary bei ſeinem zweijährigen Aufenthalt nicht viel erreicht und traf mit unbefriedigenden Ergebniſſen in den Vereinigten Staaten wieder ein. Die beiden nächſten Expeditionen hatten den Hauptzweck, einen 800 Zentner ſchweren Meteorſtein, von dem ſchon John Roß berichtete, vom Kap Pork heimzubringen. Da die Schrauben des Hebelwerkes brachen, nachdem der rieſige Meteorit bereits bis ans Ufer geſchafft worden war, ſo erfolgte der Abtransport erſt auf der zweiten Reiſe, die zugleich zur Vorbereitung für einen neuen, auf fünf Jahre berechneten Vorſtoß zum Pol dienen ſollte. Im Juli 1898 verließ Peary auf dem Jackſonſchen Expeditionsdampfer „Windward“ (vgl. S. 92), den der eng— liſche Mäcen der Polarforſchung, Harmsworth, bereitwilligſt zur Verfügung geſtellt hatte, die Heimat, mußte aber ſchon an der Oſtküſte von Grinnell-Land Halt machen. Nahe am Lande fror das Schiff ein und verbrachte einen ſturmſtillen, ſchneearmen Winter, worauf Peary mit ſeinen Eskimos und ſeinem ſchon auf mehreren Expeditionen bewährten ſchwarzen Diener Matt Henſon ausgedehnte Schlittenreiſen durch Grinnell- und Grant— land bis in Greelys altes Standquartier unternahm (vgl. S. 60). Auf dieſer Reiſe widerfuhr ihm ein ſchweres Mißgeſchick. Während eines furchtbaren Schneeſturmes verlor er den Weg, irrte zwei Tage lang umher und erfror ſich dabei die Füße, ſo daß ihm ſieben Zehen abgenommen werden mußten. Aber trotzdem der unerſchütterliche Mann kaum gehen konnte, gab er ſeine Abſichten keineswegs auf, überwinterte zum zweiten Male am Foulkefjord, Hayes' altem Winterlager, und wagte dann, ziemlich wieder hergeſtellt, mit Matt Henſon und fünf Eskimos eine neue Schlittenreiſe. Auf günſtiger Fahrt folgte er dem nordöſtlichen Verlauf der grönländiſchen Weſtküſte, und als fie bei 83939“ N. plötzlich und entſchieden nach Südoſt in der Richtung auf die Independence⸗Bai umbog, war es nicht mehr zweifelhaft, daß er die Nordſpitze der gewaltigen Inſel erreicht hatte. Doch ſchlug er zunächſt den Weg zum Pol ein und gelangte bis 830 50“ N., alſo noch ein Stück über Lockwoods fernſten Punkt hinaus, bis das Peary. 79 vielfach gebrochene Packeis und zahlreiche offene Waſſerſtreifen das Weitervordringen unmöglich machten. Nunmehr hielt ſich Peary längs der Nordküſte Grönlands bis in Sicht der Independence— Bai, wanderte wiederum längs der Nordküſte nach Grantland zurück und ſchlug im Fort Conger das Winterquartier auf. Neue Vorſtöße zum Pol blieben 1901 ergebnislos und brachten ihn nur 10 Tagereiſen über Fort Conger hinaus, weil ſich Menſchen und Tiere den Anſtrengungen nicht gewachſen zeigten. Da Peary aber noch eine letzte Fahrt zum Pol verſuchen wollte, ſo brach er im Frühling 1902 zum Kap Hecla, der Nordſpitze von Grantland, auf, um von hier mit Matt Henſon, vier Eskimos und ſechs Schlitten den Vorſtoß zu wagen. Nach ſechs Marſchtagen über tief verſchneite, hoch aufgetürmte Eisfelder traf man auf offenes Waſſer und in Bewegung befindliches Eis. Je weiter die un— erſchrockenen Männer mit Aufbietung aller Kräfte vordrangen, um ſo kleiner, aber um ſo höher wurden die Eismaſſen und um ſo zahlreicher und breiter die Kanäle. Als ſchließlich unter 840 17“ N. die Hunde nicht mehr zu gebrauchen waren, mußte der Weitermarſch aufgegeben werden. Durch die offenen Waſſer— flächen war man von der Nordrichtung ſo beträchtlich nach Weſten abgelenkt worden, daß der Umkehrpunkt, von dem aus nirgends Land zu erblicken war, nordweſtlich vom Kap Hecla lag. Der Rückzug geſtaltete ſich durch die Zunahme offener Stellen und durch häufige Nebel noch anſtrengender und gefährlicher als der Vormarſch. Am 29. April 1902 war Kap Hecla wieder erreicht. Am 8. Auguſt kam die „Windward“ am Smithſund an und verließ ihn noch an demſelben Tage mit der ganzen Expedition. Obwohl ſich Peary vier Jahre hindurch vergebens bemüht hatte, das Sternenbanner am Nordpol aufzupflanzen, entmutigte ihn dieſe Enttäuſchung ſo wenig, daß er im Sommer 1905 auf dem eigens für ſeine Zwecke erbauten Dampfer „Rooſevelt“ eine neue Expedition antrat. Bei günſtigen Eisverhältniſſen gelangte das mit beſonders ſtarken Maſchinen ausgeſtattete Schiff ungehindert bis zur Nordküſte Grantlands, wo das Winterquartier aufgeſchlagen wurde. Nachdem mehrere Hilfszüge zur Errichtung von Proviant— niederlagen vorausgeſandt waren, begann Peary ſelbſt im Februar 1906, wiederum mit Matt Henſon, die Schlittenreiſe zum Pol. Sehr bald wurde er jedoch durch offenes Waſſer und eine ſtarke Oſtſtrömung aufgehalten und zu zeitraubenden Umwegen gezwungen. Ein Sprung, der das Eis unabſehbar weit nach Oſt 80 VIII. Die Erforſchung Grönlands. und Weſt durchſetzte, konnte nach ſechstägigem unfreiwilligem Warten nur dadurch bezwungen werden, daß man ſich über eine Brücke von Jungeis wagte, die unter dem Gewicht der Über— ſchreitenden hin- und herſchwankte. Wenige Tage ſpäter brach ein ſchwerer Sturm aus, der Peary und ſeine Begleiter 70 engliſche Meilen weit nach Oſten trieb. Hierbei wurde die Breite von 876“ N. gewonnen und damit Kapitän Cagni (vgl. S. 118) um 33 Minuten geſchlagen. Nunmehr war es aber höchſte Zeit zur Umkehr, da der ſechstägige Sturm durch die Zertrümmerung des Eiſes die Nahrungsmitteldepots vernichtet und die Verbindung mit den Hilfskolonnen abgeſchnitten hatte, ſo daß es unmöglich war, die noch fehlenden 322 km bis zum Pol zurückzulegen. Ständig nach Oſten weiter treibend, kam man in ununterbrochenem Ringen gegen offenes Waſſer und gegen den vom Winde aufgewirbelten ſcharfen Schnee, der die Reiſenden wie mit Nadeln ſtach, endlich in Nordgrönland an. Acht Hunde waren bereits verzehrt worden, und die kleine Schar befand ſich in bedrängter Lage, als einige Moſchusochſen willkommene Nahrung lieferten. Die beiden Unter⸗ ſtützungsabteilungen hatte der Sturm ebenfalls nach Nordgrönland verſchlagen. Eine von ihnen wurde bloß durch das rechtzeitige Eintreffen Pearys gerettet. Die Leute waren vom Hunger ſchon ſo mitgenommen, daß ſie nur noch wie Skelette in ihren Kleidern ſteckten. Längs der Küſte ging es nunmehr zum Schiff zurück, das erſt nach 116 tägiger Abweſenheit wieder betreten wurde. Nach einer Woche Erholung unternahm Peary eine Schlitten— fahrt längs des Nordrandes von Grantland nach Weſten, wobei unweit des 100. Längengrades neues Land, ein Teil des amerikaniſchen Polar⸗Archipels, geſichtet wurde. Darauf fuhren die Reiſenden auf demſelben Wege zum „Rooſevelt“ zurück, der unter unauf⸗ hörlichen Kämpfen mit Eis und widrigen Winden die Heimfahrt antrat. Wenngleich Peary die Genugtuung hatte, von allen Menſchen dem Nordpol am nächſten gekommen zu ſein, ſo hat er ihn doch auch diesmal infolge unvorhergeſehener Schwierigkeiten nicht erreichen können. Obwohl nun die anſcheinend wenig günſtigen Eis- und Strömungsverhältniſſe nördlich von Grantland die Verſuche, auf der mit Zähigkeit feſtgehaltenen „amerikaniſchen Route“ den Pol zu bezwingen, nicht gerade ausſichtsvoll erſcheinen laſſen, iſt Peary IX. Im Europäiſchen Eismeer. 81 von der Möglichkeit eines Erfolges vollſtändig überzeugt, wenn eine wohl ausgerüſtete Expedition möglichſt weit nordwärts über— wintert und dann mit Hilfe von Eskimos etappenweiſe den Pol angreift. IX. Kapitel. Im Europäiſchen Eismeer. (Spitzbergen, Franz Joſephs-Land, Novaja Semlja.) Nachdem Willem Barents Spitzbergen entdeckt und Henry Hudſon auf feinen überraschenden Reichtum an Wal⸗ fiſchen und Seehunden hingewieſen hatte, wurde der entlegene Archipel ſeit dem Anfang des 17. Jahrhunderts von zahlreichen holländiſchen, engliſchen, däniſchen, ruſſiſchen und franzöſiſchen Fangſchiffen aufgeſucht. Auch deutſche, namentlich hanſeatiſche Walfiſchfänger fehlten nicht. Die arktiſche Fiſcherei der deutſchen Seeſtädte, bekannt unter dem Namen der Grönlandfahrten — denn auch Spitzbergen hieß damals Grönland — währte Jahrhunderte lang und wird von Hamburg aus durch eine dort anſäſſige Geſellſchaft wieder be— trieben. Oft mußten die reich beladenen Seekarawanen — zur Blütezeit der ſpitzbergiſchen Fiſcherei ſegelten jährlich 50 — 60 Schiffe aus der Elbe- und Weſermündung — von Kriegsfahrzeugen begleitet werden. Denn die gegenſeitige Handelseiferſucht der verſchiedenen Nationen und der Streit um die beſten Fanggründe führten wiederholt zu förmlichen Seeſchlachten oder zu Bedrückungen durch die ſtärkeren Mächte, und die Hamburger Konvoiſchiffe haben zum Schutze ihrer Walfiſchfänger gar manchen Strauß ausfechten müſſen.“) Um die überreiche Beute zu verarbeiten, wurden auf den Inſeln des Europäiſchen Nordmeeres Tranſiedereien und Fiſch⸗ trocknungsanſtalten angelegt, in denen jeden Sommer reges Leben herrſchte. Die Holländer gründeten ſogar auf Spitzbergen eine förmliche Sommerſtadt mit dem wenig poetiſchen, aber durchaus zutreffenden Namen Smeerenberg (Schmer- oder Fettbergungs— ſtelle), die zur Glanzperiode der arktiſchen Fiſcherei mit dem ) M. Lindeman, Die arktiſche Fiſcherei der deutſchen Seeſtädte 1620-1868. Geogr. Melgn. Ergänzungsheft 26 (1869). ANuc 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 5 6 82 IX. Im Europäiſchen Eismeer. holländiſchen Gewürzmarkt Batavia in Wettbewerb zu treten ver: mochte. Sie enthielt Wohnhäuſer, Gaſthöfe, Schenken und Läden, Kaufleute, Bäcker, Schmiede und andere Handwerker, da ſich oft 300 Schiffe mit 15 000 Mann Beſatzung an dieſem Sammel— platz zuſammenfanden, der raſch wieder verfiel, nachdem die Wal— fiſche in ſeiner Umgebung ausgerottet waren. Noch heute weiſen zahlreiche Haustrümmer und Grabkreuze auf die Zeit hin, da die eisumſtarrte Inſelgruppe eine Sommerbevölkerung bejaß,*) und noch immer iſt das Meer um Spitzbergen ein wichtiges Gebiet der Großfiſcherei, wenngleich es infolge des zunehmenden Rückganges der Meerestiere lange nicht mehr die Bedeutung hat wie früher. Die ältere Entdeckungsgeſchichte Spitzbergens iſt ſehr un— ſicher, da ſie faſt ausſchließlich auf den ſpärlichen, ungenauen Erzählungen der Walfiſchfänger beruht. Zu den ſtrittigen Fragen gehört z. B. die Entdeckung des öſtlich von Spitzbergen gelegenen Wychelandes, das wahrſcheinlich 1617 durch den engliſchen Robben— ſchläger Thomas Edge aufgefunden wurde und dann in Ver— geſſenheit geriet, bis es neuerdings wieder entdeckt und König Karl⸗Land genannt ward. Ferner wollen holländiſche Fiſcher quer über den Pol und rund um ihn herum geſegelt ſein; doch ſind ihre Mitteilungen ebenſowenig glaubhaft wie die Exiſtenz des ſagenhaften Gillislandes, das der holländiſche Walerkapitän Gillis 1707 geſehen haben will. Erſt 1887 entdeckte der Norweger E. H. Johanneſen ein oft geſichtetes, aber ſtets wieder beſtrittenes Land nordöſtlich von Spitzbergen, das er für Gillisland hielt. Nicht unwahrſcheinlich iſt es jedoch auch, daß jenes Land mit den weſtlichen Inſeln von Franz Joſephs⸗Land identiſch iſt. Immerhin verdankt man den Fangleuten mancherlei Beiträge zur Kenntnis Spitzbergens, das über 1½ Jahrhunderte nur durch ihre Fahrten bekannt geworden iſt. Die erſte wiſſenſchaftliche Expedition, die in den Gewäſſern des Archipels erſchien, war diejenige des Engländers John 8 *) Wiederholt fanden auf Spitzbergen freiwillige und unfreiwillige Überwinterungen ſtatt, die wegen der Strenge des arktiſchen Winters und wegen der Unmöglichkeit, den gefährlichſten Feind der Polarfahrer, den Skorbut, erfolgreich zu bekämpfen, nicht immer glücklich endeten und viele Opfer forderten. Doch gibt es auch genug Beiſpiele wunder⸗ barer Rettungen. Am denkwürdigſten iſt wohl der Aufenthalt von vier Ruſſen, die, nachdem ihr Fahrzeug zugrunde gegangen war, ſechs Jahre, von 1743—49, an der wenig beſuchten Oſtküſte Spitzbergens zubringen mußten. Neuere Forſchungen in Spitzbergen. 83 Phipps, des ſpäteren Lord Mulgrave, die 1773 über den Nordpol nach Indien ſteuern ſollte.“) An ihr nahm als Frei— williger der ſpäter ſo berühmt gewordene Admiral Nelſon teil. Zwar vereitelten nördlich von Spitzbergen undurchdringliche Pack— eismaſſen jedes weitere Vordringen; doch ſammelte man viel wertvolles Material und wendete auch zum erſtenmal das Ver— fahren an, das Seewaſſer durch Deſtillation trinkbar zu machen. Hochbedeutſam für die Erforſchung des Archipels ſind aber vor allem die 17 Reiſen der beiden William Scoresbys ge— worden, jener beiden Walfiſchfänger, die nicht bloß binnen zwölf Jahren drei Millionen Mark gleichſam aus dem Waſſer heraus— gefiſcht haben, ſondern zugleich ſo zahlreiche wiſſenſchaftliche Be— obachtungen anſtellten, daß ihre Arbeiten für die Kenntnis Spitz⸗ bergens grundlegend geworden de (vergl. ©. 66). Erwähnens⸗ wert iſt ferner die Schollenfahrt Parrys (vergl. S. 33), und in dasſelbe Jahr, 1827, fällt die wiſſenſchaftlich ſehr ergeb- nisreiche Sommerreiſe des Burtſcheider Bürgermeiſters Barto v. Löwenigh und des norwegiſchen Naturforſchers Keilhau zur Bäreninſel und nach Spitzbergen. 1838—40 wurde der Archipel von der franzöſiſchen Korvette „La Recherche“ mit einem aus— erleſenen Stabe franzöſiſcher und fremder Gelehrter, Charles Martins, A. Bravais u. a., unterſucht, die ihre vielſeitigen Beobachtungen in einem 16bändigen Prachtwerk niedergelegt haben.““) 1837 führte Sven Loven die erſte wiſſenſchaftliche ſchwediſche Forſchungsreiſe nach Spitzbergen aus, das ſeitdem das ,' bevorzugte Arbeitsfeld einer ganzen Reihe ſchwediſcher Unter: nehmungen wurde. In den Zeitraum von 1858 — 73 fallen nicht weniger als fünf ſchwediſche Expeditionen unter Otto Torell, A. E. Nordenſkiöld, der an allen fünf Reiſen be⸗ teiligt war, Palander, Chydenius, Malmgreen, Blom— ſtrand, Duner und anderen.“ **) Blieb auch ihr mehrmals ver- *) C. J. Phipps, A voyage undertaken by H. M. command 1773 for making discoveries towards the North-Pole. London 1774. Eine deutſche Überſetzung erſchien 1777. ** Voyage de la Commission Scientifigque du Nord, en Scan— dinavie, en Lapponie, au Spitzberg et au Faröe sur la Corvette „“La Recherche“. 16 Bde. Paris 1840—1849. , The arctic voyages of A. E. Nordenskiöld 1858—1879. London 1879. — Die ſchwediſchen Expeditionen nach Spitzbergen und Bären⸗Eiland, ausgeführt in den Jahren 1861, 1864 und 1868 unter Leitung von O. Torell und A. E. Nordenſkiöld. Deutſch von L. Paſſarge. Jena 1869. He \ | \ 84 IX. Im Europäiſchen Eismeer. ſuchter Vorſtoß zum Pol infolge der Ungunſt des Eiſes und der Witterung und wegen des Davonlaufens der 40 zur Nordfahrt mitgenommenen Renntiere erfolglos, jo haben ſie dafür die eigent⸗ lichen Grundlagen der Topographie Spitzbergens geſchaffen, die umgebenden Meeresteile bis zur Bäreninſel aufgeklärt, die vor— bereitenden Arbeiten für eine ſpätere Gradmeſſung ausgeführt und mit 67 Mann eine erfolgreiche Überwinterung an der Moſſelbai gewagt, während am benachbarten Eisfjord 17 nor— wegiſche Walfiſchfänger infolge ungeeigneter Wohn- und Lebens— weiſe trotz überreicher Nahrungsmittel dem. Skorbut zum Opfer fielen. Endlich führten 1873 Nordenſkiöld und Palander in 15 Tagen eine 190 km lange Wanderung über das Binneneis des Nordoſtlandes aus. Um dieſe ſchwediſchen Expeditionen gruppiert ſich eine Reihe anderer Spitzbergenfahrten. 1863 wurde der Archipel von den norwegiſchen Fang— ſchiffern Elling Carlſen, demſelben, der ſpäter Barents' Winterhaus auf Novaja Semlja wieder auffand, und Sievert Tobieſen (vgl. S. 88) zum erſtenmal völlig umſegelt, und in der Zeit von 1858 — 71 fanden die wiederholten Kreuzfahrten des engliſchen Sportsmannes James Lamont ftatt.*) Im Kriegsjahre 1870 unternahm ein württembergiſcher Offizier, Graf Karl v. Waldburg⸗Zeil, einen Jagdausflug nach Spitzbergen, und um ihn auch wiſſenſchaftlich nutzbringend zu geſtalten, lud er feinen Landsmann Theodor von Heuglin**) ein, der ſich ſchon durch ſeine afrikaniſchen Reiſen einen Namen gemacht hatte. Beide unterſuchten hauptſächlich die Oſtküſte Spitzbergens und erblickten am Horizont eine lange Reihe zackiger Schneegipfel, die ſie zu Ehren ihres Landesherrn König Karl-Land nannten. Es war in Wirklichkeit nichts anderes als das in Vergeſſenheit ge⸗ ratene Wycheland (vgl. S. 82), das, wie Kapitän Nilſen zwei Jahre ſpäter feſtſtellte, aus mehreren größeren und kleinen Inſeln beſteht. Die zoologiſche Expedition von W. Kükenthal und A. Walter (1889) erbrachte den Nachweis, daß König Karl: Land oder, wie man richtiger ſagen ſollte, Wycheland viel kleiner iſt, als man bisher angenommen hatte. Endlich gelang es 1897 * J. Lamont, Yachting voyages in Arctic Seas. London 1876. , Th. v. Heuglin, Reiſen nach dem Nordpolarmeer in den Jahren 1870 und 1871. 3 Bde. Braunſchweig 1872 — 74. Neueſte Forſchungen in Spitzbergen. 85 dem britiſchen Sportsmann Pike, das König Karl-Land zwei— mal zu umfahren und durch verſchiedene Landungen feine Inſel— natur feſtzuſtellen, worauf die ſchwediſche Expedition unter G. A. ee 1898 eine vollſtändige Aufnahme der Inſelgruppe durchfühn ührte und damit deren Erforſchungsgeſchichte zum Abſchluß brachte. Inzwiſchen hat auch die Kenntnis Spitzbergens ſelbſt weitere Fortſchritte gemacht. Unmittelbar nach Graf Waldburg-Zeils und Heuglins Reiſe wurde das Nordoſtland von Leigh Smith und Ulve unterſucht und erhielt ebenfalls eine durchaus neue kartographiſche Geſtalt. Guſtav Nordenſkiöld, Klinkowſtröm und der ſchwediſche Geologe G. de Geer beſchäftigten ſich eingehend mit dem geologiſch höchſt merkwürdigen Eisfjord, der faſt alle geo- logiſchen Formationen von den älteſten bis zu den jüngſten auf⸗ ſchließt und ſamt ſeinen zahlreichen Verzweigungen ein gewaltiges Senkungsfeld darſtellt 1892 landeten Charles Rabot und die andern Gelehrten der franzöſiſchen Expedition des Kriegs— ſchiffes „La Manche“) auf Spitzbergen, nachdem fie zuvor die einſame Inſel Jan Mayen!) beſucht hatten, die ſeit dem Ein— gehen der öſterreichiſchen Polarſtation, alſo ſeit zehn Jahren, nicht wieder betreten worden war. 1896 durchquerte der engliſche Alpiniſt M. Conway die im Innern ſo gut wie unbekannte Haupt⸗ inſel des Archipels zum erſten Male von Weſt nach Oſt und zurück ) Bienaimé, Voyage de „La Manche“ à l’ile Jan Mayen et au Spitzberg. Paris 1894. — Pouchet, Mission scientifique de „La Manche“ à l'ile Jean Mayen et au Spitzberg. Paris 1894. **) Die vulkaniſche Inſel Jan Mayen (der völlig vergletſcherte Beerenbergvulkan 2545 m) wurde, wenn man die unſicheren Angaben aus der Normannenzeit (vgl. S. 15) außer Betracht läßt, wahrſchein⸗ lich von Hudſon entdeckt (vgl. S. 26) und vier Jahre ſpäter von dem Seemann Jan Mayen wiedergefunden, der ihr ſeinen Namen gab. Eingehend wurde ſie erforſcht von Scoresby und 1861 von Dr. Georg Berna mit den Naturforſchern Carl Vogt und A. Greßly (vgl. C. Vogt, Nordfahrt entlang der norwegiſchen Küſte, nach dem Nordkap, den Inſeln Jan Mayen und Island auf dem Schooner Joachim Hinrich unternommen während der Monate Mai bis OF tober 1861. Frankfurt a. M. 1863). Neue Aufnahmen führten 1877 der norwegiſche Meteorolog H. Mohn und die 1882 —83 auf Jan Mayen ſtationierte internationale öſterrreichiſche Polarſtation aus. Ergän⸗ zungen der öſterreichiſchen Unterſuchungen verdankt man der „La Manche“ und dem ſchwediſchen Geologen Nathorſt. — 86 IX. Im Europäiſchen Eismeer. und führte noch mehrere kleinere Eiswanderungen und Bergbeſtei— gungen aus. Seine Erfolge veranlaßten ihn 1897 zu einer neuen Unternehmung, auf der er wie ſchon auf der erſten Reiſe zu ſeiner Überraſchung feſtſtellte, daß ſich das Innere der Hauptinſel in ein deutlich wahrnehmbares Syſtem von tiefen Tälern und ſteilen Bergen auflöſt, welche die einzelnen Nährgebiete der Gletſcher ſcharf von— einander trennen. Man darf alſo hier nicht mehr von einer zuſammenhängenden Inlandeisbedeckung ſprechen.“) Reiche Er— gebniſſe verdankt man weiter der ſchwediſchen Expedition G. A. Nathorſts, der mit feinem Stabe nach achttägigem Aufenthalt auf der Bäreninſel eine vollſtändige topographiſche und geologiſche Aufnahme Oſtſpitzbergens und des König Karl-Landes durch⸗ führte und eine neue Umſeglung des Archipels, die erſte auf einem ſchwediſchen Schiff, vollendete. 1898 unternahm die deutſche zoologiſche „Helgoland“: Expedition unter Korvettenkapitän Rü⸗ diger einen erfolgreichen Vorſtoß nach Spitzbergen und König Karl-Land. Endlich hat der auf ozeanologiſchem Gebiete rühm— lichſt bekannte Fürſt Albert I. von Monaco, dem man auch nicht unwichtige hydrographiſche Forſchungen in den ſpitzbergiſchen Gewäſſern verdankt, 1906 auf ſeiner Jacht „Prinzeß Alice“ mit einer Reihe von Gelehrten verſchiedenſter Nationalität den Archipel aufgeſucht. Die an Bord gebliebenen Mitglieder beſchäftigten ſich mit meereskundlichen und Küſtenforſchungen, während Bruce topographiſche Arbeiten und Gletſcherſtudien auf dem Prinz Karl⸗ Vorlande ausführte und Rittmeiſter Iſachſen, der bewährte Topograph der zweiten Norwegiſchen Fram— Expedition, die völlig vom Binneneis überdeckte Wale Spitzbergens durch: wanderte. Das wichtigſte Ereignis in der Erforſchungsgeſchichte Spitz bergens und eine allgemein-wiſſenſchaftliche Errungenſchaft aller⸗ erſten Ranges (vgl. S. 10) iſt aber die 1898 —1902 von mehreren ſchwediſchen und ruſſiſchen Expeditionen — erſtere unter Jäderin und de Geer, letztere unter Sergiewski, Bunge *) W. M. Conway, The first crossing of Spitsbergen etc. London 1897. — W. M. Conway, With ski and sledge over arctic glaciers. London 1898. — W. M. Conway, No man's Land. A history of Spitsbergen from its discovery in 1596 to the beginning of the scientific exploration of the country. Cam- bridge 1906 Tonway betont die Notwendigkeit, zu Ehren der hol⸗ ländiſchen Entdecker die Schreibweiſe Spitsbergen als die allein richtige anzuerkennen und beizubehalten). Gradmeſſung auf Spitzbergen. 87 und Tſchernyſchew — vollendete Gradmeſſung.“) Sie ſollte den ſchon von Sabine angeregten, dann von den früheren ſchwediſchen Expeditionen auf ſeine Durchführbarkeit hin geprüften Gedanken einer Gradmeſſung (vgl. S. 84) in viel größerem Umfange verwirklichen und für die Abplattung der Erdkugel an den Polen neue Erfahrungen liefern. Nachdem 1898 die Vorarbeiten erledigt, die geeigneten Plätze für die Baſismeſſung und die Winter- ſtationen ausgewählt und die erforderlichen Signale aufgeſtellt waren, begann im nächſten Jahre die eigentliche Tätigkeit. Die Ruſſen, denen die Triangulierung der Hauptinſel und die Ver— meſſung der größeren Hälfte des in Ausſicht genommenen Bogen- ſtücks zugewieſen war, vermochten ihre Aufgabe bereits im Sommer 1901 zu löſen. Die Schweden dagegen, denen die Triangulierung des Nordoſtlandes und feiner nördlichen Fort: ſetzung bis zum nördlichſten Punkte der Sieben Inſeln oblag, konnten infolge der Ungunſt des Eiſes ihre Arbeiten erſt im Sommer 1902 durch Herſtellung der Verbindung mit dem ruſſiſchen Triangulationsnetz zum Abſchluß bringen. 3 Be arbeiten mußten, war keinerlei Verluſt zu 8 Das Hauptergebnis der fünfjährigen Arbeiten beſteht in der Ausmeſſung eines 4° 11“ oder 460 km langen Meridian⸗ bogens. Mit den geodätiſchen Arbeiten, von deren Zuverläffigfeit man einen Begriff erhält, wenn man hört, daß der größtmögliche Meſſungsfehler der 6225 m langen Baſislinie nur 7,2 mm beträgt, gingen geographiſche und naturwiſſenſchaftliche Unter— ſuchungen verſchiedenſter Art, Schweremeſſungen, Breitenbe⸗ ſtimmungen und die Durchführung einer topographiſchen Auf⸗ nahme mit Höhenſchichten von 20 zu 20 m Hand in Hand, ſo daß demnächſt eine Spezialkarte großen Maßſtabes von Spitz⸗ bergen vorhanden ſein wird. Dabei wurde feſtgeſtellt, daß der von Conway erklommene 1390 m hohe Hornſundstind im Süden der Hauptinſel nicht mehr der höchſte Berg Spitzbergens ſei, wofür man ihn bisher gehalten hatte, ſondern daß er von mehreren Gipfeln im Innern, beſonders dem Chydeniusberg, ) Missions scientifiques pour la mesure d'un are de meridien au Spitzberg entreprises en 1899 - 1902. Mission suédoise. Stock— holm 1903 fg. Mission russe. St. Petersburg 1903 fg. 88 IX. Im Europäiſchen Eismeer. übertroffen wird, deren Meereserhebung man auf 1700_m er⸗ mittelt hat. Alles in allem iſt Spitzbergen neben Grönland heute das beſtbekannte Polarland. Seit Jahren iſt Spitzbergen auch als beliebtes Touriſten— ziel in Aufnahme gekommen. Seit 1896 iſt dort ſogar ein Sommerhotel, ein Poſtamt, das nördlichſte der Erde, und eine Zeitung gegründet worden. Das allgemeine Intereſſe, das ſich durch dieſe leicht ausführbaren Reiſen auf den Archipel gerichtet hat, wird erhöht durch die Entdeckung von Reichtümern, die bisher kaum bekannt waren. Denn abgeſehen von den See— und Pelztieren, die ſchon ſeit Jahrhunderten die Fangleute nach Spitzbergen und der Bäreninſel“) lockten, hat man neuerdings mächtige, abbauwürdige Kohlenlager gefunden, die den zahlreichen dort kreuzenden Fangſchiffen und den allſommerlich eintreffenden Vergnügungsdampfern ſehr willkommen fein würden. Eine eng- liſche und amerikaniſche Expedition haben bereits die Vorarbeiten *) Die von Rijp und Barents 1596 entdeckte Bäreninjel (vgl. S. 23) wurde 1603 von dem engliſchen Kapitän Stephen Bennett wieder aufgefunden und Cherrie Island getauft, ein Name, der ſich nicht eingebürgert hat, Die trefflichſten geographiſchen und geologiſchen Schilderungen der kleinen Inſel lieferte der norwegiſche Geolog Keil- hau, der wohl als Wiederentdecker der zwei Jahrhunderte hindurch ſo gut wie vergeſſenen Inſel gelten kann und der auch die erſten Mit⸗ teilungen über die dortigen Kohlenſchätze machte. In der Folge wid⸗ meten die meiſten ſchwediſchen Expeditionen dem auf halbem Wege zwiſchen Skandinavien und Spitzbergen gelegen en Eiland eingehende Unterſuchungen, während man der Überwinterung des norwegiſchen Kapitäns Tobieſ en (geſtorben 1873 während der Überwinterung auf Novaja Semlja) 1865 — 66 wertvolle meteorologiſche Beobachtungen verdankt, da ſeitdem keine Überwinterung mehr auf der Inſel ſtatt⸗ gefunden hat. Erſt neuerdings war die Bäreninſel wiederum das Ziel zweier deutſcher Unternehmungen, welche die Ausbeutung der dort vor⸗ handenen Kohlen und die Erforſchung neuer Fanggründe zur Wieder⸗ belebung der deutſchen Seefiſcherei in den arktiſchen Gewäſſern beab⸗ ſichtigten. Die eine wurde 1899 vom Deutſchen Seefiſchereiverein aus⸗ geſchickt und im Sommer 1900 durch eine zweite Expedition ergänzt, die andere leitete Th. Lerner, der nach dem Vorbild der Norweger und Ruſſen ein 85 qkm großes Stück Land ſamt den darauf befind⸗ lichen Kohlenlagern für das Lerner-Syndikat mit Beſchlag belegte und für ſeine Erwerbung vergebens die Oberhoheit des Deutſchen Reiches zu erlangen ſuchte. Da der Abbau der an ſich ergiebigen Flöze wegen der Ungunſt der örtlichen Verhältniſſe mit erheblichen Schwierigkeiten ver⸗ knüpft iſt, ſo hat das Lerner⸗Syndikat ſich ſeines Beſitzes wieder entäußert, der im Wege der Auktion an eine Hamburger Firma übergegangen iſt. Payer und Weyprecht. 89 für eine ſachgemäße Ausbeutung der Kohlenſchätze begonnen,“) und von dem kaufmänniſchen Erfolge dieſes erſten Verſuches wird es abhängen, ob ein regelmäßiger Bergbaubetrieb aufgenommen werden kann. Durch dieſe Tatſachen und durch den Umſtand, daß ſich die Ruſſen neuerdings unter großem Koſtenaufwand an der Murmanküſte einen prächtigen Hafen, den Katharinenhafen, geſchaffen haben, iſt Rußlands Aufmerkſamkeit wachgerufen worden. Wie es ſich ſchon 1871 der Beſitzergreifung Spitzbergens durch Schweden widerſetzte, ſo hat es heute ein viel größeres Intereſſe daran, daß die Seewege von der Murmanküſte in den Atlantiſchen Ozean nicht von der Bäreninſel oder von Spitzbergen aus durch eine fremde Macht beherrſcht werden. Um daher den Nachbar nicht zu verletzen, entſchloß ſich Schweden, die oben erwähnte Gradmeſſung nicht allein, ſondern gemeinſam mit ruſſiſchen Ge— lehrten zur Ausführung zu bringen. Gleich der Karaſee galt auch das Meer öſtlich von Spitz— bergen wegen ſeiner Eismaſſen für unſchiffbar, obwohl es nor— wegiſche Fangleute wiederholt ziemlich eisfrei gefunden hatten. Dieſe Wahrnehmung machte ſich der unermüdliche Petermann für ſeine Hypotheſe vom offenen Polarmeer ſofort zunutze, und 1871 unternahmen auf ſeine Anregung zwei öſterreichiſche Offiziere, Karl Weyprecht (gebürtig aus Michelſtadt im Großherzogtum Heſſen) und Julius Payer, der als Leiter der Schlittenreiſen ſich bereits auf der deutſchen Expedition nach Oſtgrönland (vgl. S. 70) bewährt hatte, eine kurze, aber erfolgreiche Rekognos⸗ zierungsfahrt auf dem „Isbjörn“, auf der ſie ein ausgedehntes eisfreies Meer antrafen und die Erfahrungen ihrer Vorgänger in jeder Weiſe beſtätigten. Fortan befreundete man ſich immer mehr mit dem Gedanken, daß zwiſchen Spitzbergen und Novaja Semlja mit dem warmen Golfſtrom eine Fahrſtraße zum Pol führe, während die deutſche Nordpolarfahrt an der oſtgrönländiſchen Küſte gegen eine vom Pol kommende kalte Strömung ankämpfen mußte und deshalb nicht vorwärts kommen konnte. Auguſt Petermann trat mit Feuereifer für die neue Einbruchsroute ein, und dank der tätigen Unterſtützung zweier um die öſterreichiſche Polarforſchung hochverdienter Männer, der Grafen Wilczef und Zichy, kam ſchon 1872 eine trefflich ausgerüſtete öſterreichiſche *) Eine Kolonie von Bergarbeitern und Fiſchern hat ſchon den Winter 1906—7 wohlbehalten in Spitzbergen verbracht. 90 IX. Im Europäiſchen Eismeer. Expedition zuſtande, die wiederum von Payer und Weyprecht befehligt wurde. Sie ſollte von dem eben erſt eisfrei gefundenen Meer weſtlich von Novaja Semlja ausgehen und hatte als ideales Ziel die Erreichung der Nordöſtlichen Durchfahrt und die Rück— kehr durch die Beringſtraße, ihr eigentlicher Zweck aber galt der Erforſchung des unbekannten Polargebietes nördlich und nordöſt— lich von Novaja Semlja. “) Raſch waren durch die opferwillige Teilnahme aller Stände in Oſterreich die erforderlichen Mittel aufgebracht, ſo daß der eigens für die Expedition gebaute und aufs beſte ausgeſtattete Dampfer „Tegetthoff“ ſchon 1872 von Bremerhaven in See gehen konnte. Leider war diesmal, entſprechend der launi⸗ ſchen Polarnatur, das Eis bei weitem nicht ſo günſtig wie in den vorhergegangenen Jahren. Wiederholt wurde das Schiff von ihm aufgehalten und ſchon nach zehnwöchiger Fahrt nahe der Oſtküſte von Novaja Semlja für immer eingeſchloſſen. Alle Verſuche, den „Tegetthoff“ aus ſeiner Umklammerung zu befreien, blieben vergeblich, und bald zeigte es ſich unzweideutig, daß die Reiſenden nicht mehr Entdecker waren, ſondern unfreiwillige Paſſa⸗ giere des Eiſes. Mit dem ſich raſch zu einer unabſehbaren Scholle verfeſtigenden Eis trieb der Dampfer langſam in endloſen Win⸗ dungen nordwärts, bis nach der erſten, durch fortgeſetzte Eis⸗ preſſungen erſchwerten Überwinterung, während der man nur ſo⸗ weit vorwärts gekommen war, als man unter Dampf auf offener See binnen drei Tagen hätte zurücklegen können, zu allgemeiner Überraſchung ein bisher unbekanntes Alpen⸗ und Gletſcherland aus dem Wolken- und Nebelſchleier auftauchte. Zum erſten Male ſeit 270 Jahren hatte man im europäiſchen Polargebiet eine neue, das Kartenbild weſentlich verändernde Entdeckung gemacht. Es war das Kaiſer Franz Joſephs-Land, das aber wegen des beſtändigen Weitertreibens der Scholle erſt dann auf einigen kurzen Ausflügen betreten werden konnte, als ſich das Schiff mit ſeinem Eismantel an einer dem Hauptland vorgelagerten Inſel feſtlegte. Kaum war die zweite, 125 Tage dauernde Winternacht vorüber, als ſofort mit der Erforſchung des neuen Polarlandes ) J. Payer, Die öſterreichiſch-ungariſche Nordpolexpedition in den ER 1872— 74. Wien 1876. Hier ſei auch das ausgezeichnete Buch K. Weyprechts erwähnt: Die elne een des Polareiſes. Wien 1879. Payer und Weyyprecht. 91 begonnen wurde. Auf drei Schlittenfahrten drang Payer mit zwei Tiroler Führern und einigen Matroſen ſoweit als möglich nach Norden vor und ſtellte feſt, daß Franz Joſephs-Land ein von zahlreichen Fjorden durchſetzter Archipel war, der mit ſeinen Berg— formen und ſeiner gewaltigen Vergletſcherung an Spitzbergen er— innerte, aber viel pflanzenärmer als Grönland, Spitzbergen und Novaja Semlja war. Da unterwegs das Eis aufzugehen be— gann und die kühnen Wanderer vom Schiff abzuſchneiden drohte, ſo verdankten ſie nur einer Reihe günſtiger Zufälle ihre glückliche Rückkehr. Nachdem der „Tegetthoff“ zwei Jahre lang vom Eis . beſetzt war und jede Hoffnung auf ſeine Befreiung ausſichtslos ſchien, wurde er 1874 von der Mannſchaft verlaſſen. Wie ſchwierig der Rückzug war, geht daraus hervor, daß man in zwei Wochen erſt 10 km gewonnen hatte und daß nach Ber: lauf von zwei Monaten unſäglicher Anſtrengungen die Ent— fernung vom Schiff kaum 15 km betrug, weil beharrliche Südwinde die geringen Fortſchritte vernichteten, die in ſtetem Kampf gegen das Eis gemacht waren. Endlich gelangten die Reiſenden nach 96 tägiger ununterbrochener Schlitten- und Boot- fahrt, die Weyprecht in muſtergültiger Weiſe führte, nach Novaja Semlja, wo ſie eine ruſſiſche Fiſcherbarke aufnahm und gegen reichliche Bezahlung nach dreijähriger Abweſenheit nach Norwegen brachte. Nachdem der holländiſche Segelſchooner „Willem Barents“, der acht Sommer hindurch das Europäiſche Nordmeer zu wiſſen⸗ ſchaftlichen Zwecken durchkreuzte, 1879 Franz Joſephs-Land wieder geſichtet hatte, wurde es 1880 von dem ſchottiſchen Spitzbergen— forſcher Leigh Smith betreten, der die Südküſte der Inſelflur erforſchte. Ir einer zweiten Reife (1881) wurde feine Dampf: jacht „Eira“ infolge der Ungeſchicklichkeit des Lotſen vom Eis zertrümmert und ſank mit faſt allen Vorräten in die Tiefe. Erſt nach einer glücklich abgelaufenen Überwinterung, auf die man gar nicht vorbereitet war und während deren Dauer die zahlreich vorhandenen Eisbären und Walroſſe erwünſchte Nahrung boten, brachte eine ſechswöchige Schlitten- und Bootfahrt die Schiffbrüchigen nach Novaja Semlja hinüber. Leigh Smith wies nach, daß ſich der Archipel um neun Längengrade weiter weſt— wärts erſtreckt als bisher bekannt war. Seitdem ruhte die weitere Unterſuchung des entlegenen Archipels, bis ſie neuerdings vor allem durch den dreijährigen 92 IX. Im Europäiſchen Eismeer. Aufenthalt des engliſchen Alpiniſten Frederick Jackſon 1894—97 zu einem gewiſſen Abſchluß gekommen ift.*) Jackſon hatte ſich vorher in Weſtgrönland und im Samojedenland arktiſche Erfah— rungen angeeignet und verdankte die Ausrüſtung ſeiner großen Expedition der Freigebigkeit eines für die Polarforſchung be— geiſterten Landsmannes, des reichen Großinduſtriellen Alfred Harmsworth, der auch den Dampfer „Windward“ zur Verfügung ſtellte. Die aufs ſorgfältigſte vorbereitete Ausrüſtung war auf vier Jahre berechnet. Bei den Geräten und Inſtrumenten war Aluminium ausgiebig verwendet worden, und zum erſtenmal wurden neben den Hunden nordiſche Ponies“), die ſich gut be- währten, als Zugtiere für die Schlitten benutzt. Erſt nach zweiwöchigem Kreuzen konnte der „Windward“ an der Küſte von Franz Joſephs-Land vor Anker gehen und fror dort bald ein. Noch vor dem Einſetzen der ſtrengen Winterkälte wurde am Kap Flora das für eine hochnordiſche Wohnung bequem eingerichtete Holzhaus aufgeſchlagen und nach dem Wohnſitze des Förderers der Expedition Elmwood genannt. Dank den vorzüg⸗ lichen Vorkehrungen wurden alle drei Überwinterungen ohne nach⸗ teilige Folgen überdauert. Kein Verluſt an Menſchenleben war zu beklagen, ja nicht einmal ein ernſterer Krankheitsfall ereignete ſich. Nur von der Beſatzung des „Windward“, der nach der erſten Überwinterung nach Hauſe fuhr, um während der beiden folgenden Sommer neue Vorräte zu bringen und 1896 Nanſen mit nach Norwegen zu nehmen, ſtarben drei Mann am Skorbut. Während der Sommermonate wurde auf vielfachen Boot- und Schlittenfahrten trotz des Verluſtes faſt ſämtlicher Zugtiere der weſtliche Teil des Archipels aufgeklärt und ſeine Ausdehnung nach Norden und Weſten hin feſtgeſtellt, während Nanſen durch ſeinen Weg die Topographie des Oſtens klarlegte. Jackſons Entdeckungen haben zuſammen mit denjenigen Nanſens, des Herzogs der Abruzzen und der beiden Zieglerſchen Expeditionen (vgl. S. 118) eine erhebliche Bereiche⸗ rung, Berichtigung und Umgeſtaltung des topographiſchen Bildes *) F. G. Jackson, A thousand days in the Arctic. 2 Bde. London 1899. **) Auch auf den Zieglerſchen Expeditionen erwieſen ſich die Ponies brauchbarer als die Hunde, weil ſie ſich überall dort bewegen konnten, wo letztere Verwendung fanden, und überdies viel leichter zu behandeln waren als die unbändigen Hunde. Jackſon. 93 des Archipels bewirkt. Man weiß jetzt, daß Franz Joſephs-Land einen erheblich kleineren Umfang beſitzt, als bisher angenommen, da es über 82 N. nicht hinausreicht und ſich viel weiter von Weit nach Oſt als von Nord nach Süd erſtreckt. Im Norden endet es an einer weiten, inſelloſen Tiefſee. Petermann- und König Oskar⸗Land ſind nicht vorhanden, ſondern verdanken ihr 25 jähriges Daſein einer Augentäuſchung Payers. Auch ſonſt beſteht Franz Joſephs-Land nicht, wie Payer meinte, aus zwei großen Landmaſſen, ſondern aus einer beträchtlichen Anzahl größerer und kleinerer Inſeln, die wegen des Vorherrſchens mächtiger Baſalt— decken faſt durchgängig Plateaucharakter zeigen. Wenn aber Nanſen ſich auf Grund dieſer Ergebniſſe ſcharf gegen die Zu— verläſſigkeit der Payerſchen Aufnahmen ausgeſprochen hat, ſo iſt dem entgegenzuhalten, daß er ſelbſt infolge des Stehenbleibens ſeiner Chronometer ſeine eigenen vorläufigen Ortsbeſtimmungen auf Grund neuer Berechnungen zum Teil erheblich hat ändern müſſen und daß man ihnen durchaus nicht vor denjenigen Payers den Vorzug geben darf. Das letzte große Inſelgebiet des Europäiſchen Nordmeers ſtellt die Doppelinſel Novaja Semlja (Neues Land) dar.“) Schon lange bevor ſie durch die engliſchen und holländiſchen Nord— oſtfahrten in Weſteuropa bekannt wurde, war ſie von ruſſiſchen Küſtenſchiffern beſucht und benannt worden. Auch ihre Weiter— erforſchung iſt in erſter Linie ein Verdienſt der Ruſſen. Seit 1760 gelang es dem Fangmann Sava Loſchkin, binnen drei Sommern und zwei Wintern eine vollſtändige Um— fahrung der langgeſtreckten Inſel auszuführen: eine nautiſche Leiſtung, die erſt 1870 ihre Wiederholung fand und den Nach— weis lieferte, daß Novaja Semlja, was damals noch viele be— zweifelten, wirklich eine Inſel ſei. Acht Jahre ſpäter ſegelte der Leutnant Rosmyßlow nach Novaja Semlja hinüber, um karto— graphiſche Aufnahmen zu machen und nach vermeintlich vorhandenen Edelmetallen zu ſuchen. Er führte eine genaue Vermeſſung und Auslotung der Meerenge Matotſchkin Scharr durch und ſtellte damit zum erſtenmal feſt, daß Novaja Semlja eine Doppelinſel *) J. Spörer, Nowaja Semlä in geographiſcher, naturhiſtoriſcher und volkswirtſchaftlicher Beziehung. Geogr. Mtlgn. Ergänzungsheft 21 (1867). — H. Töppen, Die Doppelinſel Nowaja Semlja. Geſchichte ihrer Entdeckung. Leipzig 1879. — A. E. Nordenſkiöld, Die Um⸗ ſegelung Aſiens und Europas auf der Vega. Bd. I, Kapitel 6. 94 IX. Im Europäiſchen Eismeer. ſei. Nachdem er unweit der Waſſerſtraße einen rauhen Winter verbracht und faſt die Hälfte ſeiner kleinen Mannſchaft am Skorbut verloren hatte, verſuchte er ſeiner Aufgabe gemäß eine Durch— fahrung der Karaſee. Allein ſein Schiff war gänzlich ſeeunfähig geworden, und Rosmyßlow mußte auf einem Jaägerboot die Heimkehr ausführen. Erſt nach 40 Jahren ging 1807 wieder eine bergmänniſche Expedition unter Führung des Steuermannes Pospelow und des Bergwerksbeamten Ludlow ab. Da aber die Umriſſe der Inſel noch immer nicht ganz bekannt waren, ſo wurde eine ruſſiſche Regierungsexpedition ausgerüſtet, die, von dem Welt⸗ umſegler Friedrich Benjamin v. Lütke mit beſonderer Sorg⸗ falt und wiſſenſchaftlicher Einſicht geleitet, 1821 — 24 vier größere Sommerreifen unternahm. *) Trotz ungünſtiger Eisverhältniſſe hat ſie durch eine Reihe zuverläſſiger Aufnahmen und Ortsbeſtim⸗ mungen und durch eine Kartierung der Küſten die Kenntnis Novaja Semljas erheblich erweitert und obendrein keinen einzigen Mann verloren. Nicht minder ergebnisreich waren die beiden Reiſen des Leutnants Peter Pachtuſow. 1832— 33 umſegelte er zum erſtenmal die Südinſel, auf der überwintert wurde, und als in⸗ zwiſchen eines ſeiner Schiffe verſchollen war, trat er 1834 —35 mit dem Steuermann Ziwolka eine neue Reiſe an. Beide ver⸗ brachten am Matotſchkin Scharr einen ſtürmiſchen Winter und ſetzten dann die Unterſuchung der Nordinſel fort, bis ſie nach Verluſt eines Schiffes nach Hauſe zurückkehrten, wo Pachtuſow ſchon vier Wochen nach der Ankunft einem Nervenfieber erlag. Die Reiſe des berühmten Naturforſchers Karl Ernſt v. Baer (1837) iſt dadurch wichtig geworden, daß auf ihr die vielumworbene Inſel zum erſtenmal von einem wirklichen Ge⸗ lehrten betreten ward, der mit ſeinen Begleitern, darunter wieder dem Leutnant Ziwolka, namentlich für die botaniſche, zoologiſche und geologiſche Kenntnis Novaja Semljas Hervorragendes leiſtete. Freilich eignete ſich Baer bei ſeinem flüchtigen Beſuch eine Reihe unrichtiger Vorſtellungen an, die in die Wiſſenſchaft übergingen. Hierher gehört vor allem ſein Ausſpruch, das Kariſche Meer ſei ein Eiskeller, ein Name, den er allerdings in einem ganz eigen⸗ *) F. Lütke, Viermalige Reiſe durch das nördliche Eismeer auf der Brigg Nowaja⸗ Semlja. Deutſch von A. Erman. Berlin 1835. Ältere und neuere Forſchungen in Novaja Semlja. 95 tümlichen Sinn verſtanden wiſſen wollte, der aber trotzdem der Erforſchung jenes Meeresgebietes erheblichen Eintrag getan hat (vgl. S. 103). Um die topographiſchen Aufnahmen zu vollenden, ſandte die Regierung im nächſten Jahre eine neue Expedition unter Ziwolka und Mojſſejew aus, die jedoch während der Überwinterung Ziwolka und einem Teil ſeiner Leute das Leben koſtete. Da— mit kam die ruſſiſche Erforſchung Novaja Semljas für längere Zeit zum Stillſtand. Das Intereſſe wurde erſt wieder wach, als ſeit 1869, alſo 30 Jahre ſpäter, norwegiſche Fangleute ihre Fahrten bis tief in die Karaſee ausdehnten. Einige von ihnen ſind für die Geographie Novaja Semljas von großer Wichtigkeit geworden. In erſter Linie iſt zu nennen die vollſtändige Umſegelung der Doppelinſel durch Kapitän E. H. Johanſen!) im Jahre 1870. Durch dieſes erfolgreiche Unternehmen, das ſeit der Reiſe Loſch— kins nicht wieder gelungen war, erhielt der nordöſtliche Zipfel der Nordinſel eine ganz andere Geſtalt, indem er um mehr als vier Längengrade nach Weſten verſchoben wurde. Allerdings ent— ſprach auch dieſes neue Kartenbild noch nicht der Wirklichkeit, ſo daß ſpäter die Nordſpitze endgültig bis 69% O. Gr. zurüd: gedrängt wurde. Auch ſonſt waren die Ergebniſſe von Jo— hanſens Fahrt hochbedeutſam, jo daß fie Petermann als die wichtigſte geographiſche Errungenſchaft in der Oſthälfte des Euro— päiſchen Nordmeers ſeit den holländiſchen Expeditionen unter Barents bezeichnete. Die Fahrt des Afrika- und Spitzbergen— forſchers Theodor v. Heuglin lieferte ebenfalls wichtige Reſultate, obgleich er 1871 nur an zwei Stellen auf Novaja Semlja und auf der wenig bekannten Waigatſch-Inſel landen und ſeine Haupt— aufgabe, die Durchfahrung des Kariſchen Meeres, nicht löſen konnte. Im übrigen war die Expedition gut ausgerüſtet und zwar von dem Bremerhavener Reeder Albert Roſenthal, einem um die Polarforſchung hochverdienten Mann, der kurz zuvor zwei andere wiſſenſchaftliche Expeditionen unter Julius Dorſt und Emil Beſſels (vgl. S. 57) in die Spitzbergen- und Grönlandſee ge— ſchickt hatte. Für die Zeit von 1872 — 76 kommen für Novaja Semlja Nicht Johanneſen, wie Mohn (Geogr. Mtlgn. 1879, S. 57) unsbrülich betont. nn m — 96 IX. Im Europäiſchen Eismeer. hauptſächlich die öſterreichiſche Expedition unter Payer und Weyprecht und die Hilfsexpedition des Grafen Wilezek, ſowie die beiden Sibirienfahrten Nordenſkiölds (vgl. S. 104) in Be: tracht. Alle dieſe Unternehmungen haben die Geographie der Doppelinſel erheblich gefördert und ihre Lage und Umrißgeſtalt in den Grundzügen feſtgelegt. Das Innere dagegen war noch ſo gut wie unbekannt geblieben, bis ſeine Erforſchung ſeit der Errichtung der internationalen Polarſtation und einer Samojeden⸗ niederlaſſung an der Karmakulibucht von den Ruſſen in die Hand genommen wurde. 1883 führte der Arzt Grinewezki binnen fünf Tagen bei ſtrenger Kälte die erſte Durchquerung der Südinſel von der ruſ— ſiſchen Polarſtation an der Karmakulibucht bis zum Kariſchen Meer aus, nachdem frühere Verſuche, z. B. die 16 tägige Wande⸗ rung Mojſſejews, mißlungen waren. Erwähnenswert find ferner die drei Überwinterungen Noſſilows 1887—91, der wertvolle meteorologiſche Beobachtungen anſtellte und wie Grinewezki unter furchtbaren Schneeſtürmen zu leiden hatte. Die Südinſel wurde wiederum auf drei verſchiedenen Routen gekreuzt, auch die Naordinſel ein größeres Stück landeinwärts verfolgt. Eine neue Wanderung von Weſt nach Oſt führte 1895 der Geologe Th. Tſchernyſchew auf der Südinſel aus und kam bei ſeinen eingehenden Beobachtungen zur Annahme einer ſäkularen Hebung und einer fortſchreitenden Vereiſung Novaja Semljas. Die jüngſten Forſchungen endlich verdankt man dem Schweden Otto Ekſtam, der namentlich die Weſtküſte der Südinſel genau unter⸗ ſuchte, während der ruſſiſche Maler Boriſſow, ebenfalls auf wiederholten Reiſen, einige Lücken an der Oſtküſte der Nordinſel ausfüllte. Am Matotſchkin Scharr fand er eine Büchſe mit einem Maximum- und einem Minimumthermometer, die wahr: ſcheinlich die öſterreichiſche Expedition 1872 dort zurückgelaſſen hatte. Aus den Ableſungen ergab ſich als größte Wärme + 15° C, als größte Kälte — 70°C, fo daß damit die tiefſte Temperatur des altweltlichen Kältepolgebietes von Werchojansk überholt er⸗ ſcheint. X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöftliche Durchfahrt. 97 X. Kapitel. Das Hibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. 1578 hatte der kühne Koſakenführer Jermak Timofe jew die Eroberung Sibiriens eingeleitet, und ſchon 60 Jahre ſpäter ſtand ganz Nordaſien vom Ural bis zum Stillen Ozean unter ruſſiſcher Herrſchaft. Die wenig zahlreichen, ungenügend bewaff— neten Jägerſtämme Nordaſiens waren nicht imſtande geweſen, den ruſſiſchen Eroberern, die Sibiriens koſtbare Pelztiere ebenſo an lockten wie Amerikas Gold die Spanier, nachhaltigen Widerſtand zu leiſten. Natürlich trachteten die Ruſſen darnach, die Aus⸗ dehnung und Beſchaffenheit ihres neuen Reiches kennen zu lernen, und ſeitdem begann eine lange Reihe von Entdeckungsfahrten, auf denen die Koſakenſcharen die ſibiriſchen Rieſenſtröme abwärts fuhren und unter unſäglichen Beſchwerden längs der Eismeerküſte weiter zogen. Am wichtigſten war die Seefahrt des Koſaken Semen Dei chnew, obgleich ſeine Berichte über ein Jahrhundert unbeachtet in den Archiven von Jakutsk liegen blieben. Acht Jahre lang, von 1647 — 54, durchwanderte er, mit zäher Aus⸗ dauer allen Beſchwerden und Fährlichkeiten Trotz bietend, die Tſchuktſchen⸗Halbinſel, ſegelte dann längs der Nordküſte bis zum Oſtkap Aſiens, das heute durch kaiſerliche Verfügung mit Recht den Namen ſeines Entdeckers, Kap Deſchnew, erhalten hat, und drang ins Beringmeer ein, wo er Schiffbruch litt. Deſchnew iſt ſeomit der erſte Entdecker der Beringſtraße, die eigentlich ſeinen Namen tragen ſollte, und bekam möglicherweiſe auch ſchon die Nordweſtküſte Amerikas zu Geſicht. Jedenfalls wies er als erſter das Vorhandenſein einer die alte und neue Welt trennenden Meeresſtraße nach, die allerdings auf den Karten ſchon 100 Jahre vor ihrer wirklichen Entdeckung, ſeit 1566, unter dem Namen Fretum Anianum oder Anianſtraße eingezeichnet war. Aber erſt mit dem Anfang des 18. Jahrhunderts nahm die arktiſche Forſchung im Nordoſten einen planmäßigeren Charakter an. Da Deſchnews Errungenſchaften unbekannt ge— blieben waren, ſo erhob man die Frage, ob Aſien und Amerika — oder nicht. Um dieſes geographiſche Problem noch vor ſeinem Tode zu löſen, ſandte Peter der Große 1725 Auch 38: Haffert, Polarforſchung 2. Aufl. : 7 98 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. eine Expedition unter dem in ruſſiſchen Dienſten ſtehenden Dänen Vitus Bering aus. Bering durchfuhr mit ſeinen Begleitern Spangberg und Tſchirikow die ſeitdem nach ihm benannte Straße und entdeckte die St. Lorenzinſel, ohne jedoch wegen des ſtarken Nebels die Nachbarſchaft Amerikas zu ahnen Dieſes wurde erſt 1730 von dem Landmeſſer Gwosdew betreten, der ſomit als eigentlicher Entdecker des amerikaniſchen Nordweſtens bezeichnet werden muß. Nunmehr rüſtete die ruſſiſche Regierung eine neue Expe— dition aus, die eine der großartigſten wiſſenſchaftlichen Unter: nehmungen geweſen iſt. Sie dauerte volle zehn Jahre, von 1734 —43, und iſt unter dem Namen der Großen Nordiſchen Ex⸗ pedition bekannt geworden. Außer zahlreichen rüſſiſchen Seeoffizieren nahm an ihr eine ganze Reihe hervorragender Gelehrter aus allen Wiſſenſchaften teil, z. B. der Hiſtoriker Gerhard Friedrich Müller, der Tübinger Profeſſor der Chemie und Kräuterwiſſen⸗ ſchaft Johann Georg Gmelin, der wie ſo manches Mitglied jener Expedition mit Undank belohnte Zoologe Georg Wil— helm Steller aus Windsheim in Franken, der franzöſiſche Aſtronom Louis de l' Isle de la Croyère u. a. Hauptauf⸗ gabe der Expedition war die Aufſuchung des kürzeſten Seeweges vom Weißen Meer zum Beringmeer. Sie leitete die wiſſenſchaft⸗ lichen Reiſen längs der Nordküſte Sibiriens ein und ſteht wegen ihrer wiſſenſchaftlichen Ergebniſſe den Franklin-Expeditionen der Engländer würdig zur Seite. Ihr verdankt man die erſte zu⸗ ſammenhängende Aufnahme des aſiatiſchen Polargeſtades, den ſicheren Nachweis der Trennung Aſiens und Amerikas und die Verknüpfung der nordaſiatiſchen Entdeckungen mit denen im weſt⸗ lichen Nordamerika. Freilich waren dieſe Errungenſchaften teuer erkauft, indem ſie viele Menſchenleben forderten und den ſibiriſchen Behörden und Eingeborenen drückende Verpflichtungen auferlegten, die ganze Volksſtämme an den Bettelſtab gebracht haben ſollen. Überdies fielen die glänzenden Reſultate zu einem guten Teil der Vergeſſenheit anheim, indem die eingeſandten Berichte in den ſchwer zugänglichen Archiven liegen blieben, und ſo kommt es, daß die Große Ruſſiſche Expedition nicht ſo bekannt und gewür⸗ digt worden iſt, wie ſie es verdiente. Die einzelnen Teilexpeditionen gingen von ſechs verſchiedenen Stellen, vornehmlich von den Mündungen der ſibiriſchen Ströme aus, längs der Küſten nach Oſt und Weſt, um untereinander den Die Große Nordiſche Expedition. 99 Anſchluß herzuſtellen. Auf dieſen unglaublich ſchwierigen Wande— rungen gelangten Owzyn und Minin nach vierjährigen Be— mühungen vom Ob zum Jeniſſei, Dimitri Laptew kam von der Lena zur Kolyma und zum Anadyrfluß, während der in der— ſelben Richtung entſandte Leutnant Laſſinius mit dem größten Teil ſeiner Leute vom Skorbut weggerafft wurde, und Leutnant Prontſchiſchtſchew drang tief in die Taimyr-Halbinſel vor. Er würde vielleicht die nördlichſte Spitze Aſiens und der alten Welt erreicht haben, die als Kap Tabin ſchon auf den Karten des 16. Jahrhunderts vorausahnend angedeutet war, wenn er nicht ſamt ſeiner heldenmütigen Gemahlin dem Skorbut erlegen wäre. So wurde dieſe Ehre ſeinem Steuermann Tſcheljuskin zu teil, der nach ihm den Oberbefehl übernahm und 1742 das nach ihm benannte Nordoſtkap entdeckte, während Chariton Laptew bis zum Kap Taimyr zog. Endlich war auch das Beringmeer ein wichtiges Unter— ſuchungsgebiet, weil man dort zu entſcheiden hatte, ob die Kam— tſchatka gegenüberliegenden Küſten dem amerikaniſchen Feſtland oder nur dazwiſchengelegenen Inſeln angehörten. Hier waren Bering und Tſchirikow tätig; doch wurden ihre Schiffe bald durch einen Sturm zerſtreut. Tſchirikow betrat das amerika— niſche Geſtade bei der heutigen Stadt Sitka, ſichtete die Alsuten und kehrte nach Kamtſchatka zurück, nachdem der Skorbut ſchreck— lich unter ſeinen Leuten aufgeräumt hatte. Bering betrat das amerikaniſche Ufer am Prince of Walesſund, worauf er längs der Aleuten, die aber nicht als Inſelkette erkannt wurden, weiterjegelte. Bei der Rückfahrt ſcheiterte das Schiff an der unwirtlichen, menſchen— leeren Beringinſel. Da die Unglücklichen, die ſchon eine ganze Anzahl der Ihrigen am Skorbut verloren hatten, zu ſpät merkten, daß ihre Zufluchtsſtätte nicht auf Kamtſchatka lag, ſondern rings vom Meer umgeben ſei, und da ſie ſich in ihren gebrechlichen Booten nicht mehr aufs Feſtland hinüberwagten, ſo fielen die meiſten von ihnen, darunter auch Bering, dem Skorbut zum Opfer (1741). Man hatte kaum Zeit, die Töten zu begraben und ſie vor den hungrigen Blaufüchſen zu ſchützen, die damals gleich den wertvollen Seeottern in großen Scharen vorhanden waren und noch nicht gelernt hatten, den Menſchen zu fürchten. Die Über— lebenden erreichten unter Stellers Führung den von Bering gegründeten und nach ſeinen beiden Fahrzeugen benannten Peter— paulshafen (Petropawlowsk) auf Kamtſchatka und brachten die 5 100 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. Kunde mit, daß das Beringmeer und ſeine Inſeln überreich an Nutztieren der verſchiedenſten Art ſeien.“) Das lockte wieder zahlreiche Pelzjäger und Fangleute an, welche die Inſelnatur der Alsuten feſtſtellten und die langgeſtreckte Halbinſel Alaska be— traten. 17178 erſchienen zum erſtenmal in jenem Bereich ruſſiſcher Forſchungen zwei fremde Schiffe. Es war eine engliſche Er: pedition unter Führung des berühmten Entdeckungsreiſenden James Cook, die den alten Plan wieder aufnehmen ſollte, vom Stillen Ozean aus nach einer nördlichen Durchfahrt zu ſuchen. Nachdem Cook die enge Beringſtraße durchſegelt hatte, wodurch er die Trennung Aſiens von Amerika endgültig feſtſtellte, zwang er auf den Hawaii-Inſeln, nicht ohne eigenes Verſchulden, von den Eingeborenen erſchlagen wurde. Cook und ſein Nachfolger Clerke, der einen nochmaligen Vorſtoß ins Polarbecken verſuchte, kamen zur Überzeugung, daß es eine für praktiſche Zwecke braud)- bare Nordfahrt nicht gebe, und bezeichneten die Beſtrebungen zur Auffindung einer ſolchen als hellen Blödſinn (real nonsense). Dennoch ließen ſich die Ruſſen nicht abhalten, ihre Expeditionen im Beringſeegebiet fortzuſetzen. Die bekannteſten dieſer Reiſen ſind diejenigen von Joſeph Billings, Martin Sauer, Fe— dor Sarytihem**), Golowin und v. Kruſenſtern nebſt ſeinem Begleiter v. Langsdorff, ferner die Weltreiſe Otto v. Kotzebues auf dem Segelſchiff „Rurik“, an der auch zwei junge deutſche Gelehrte, Dr. Eſchſcholtz und der als Dichter und Naturforſcher gleich ausgezeichnete Adalbert v. Chamiſſo, teilnahmen. Am erfolgreichſten war die von 1821 —23 wäh⸗ rende Landreiſe der ruſſiſchen Marineoffiziere Ferdinand v. Wrangel “) und P. F. Anjou durch die nördlichſten Teile *) G. W. Steller, Tagebuch einer Seereiſe von Kamtſchatka bis an die weſtlichen Küſten von Amerika. Pallas' Neue Nordiſche Bei⸗ träge Bd. 5 (1793). = *) J. Billings, Reife nach Sibirien, Kamtſchatka und zur Unterſuchung der Mündung des Kowima-Fluſſes, der ganzen Küſte der Tſchuktſchen uſw. Herausgegeben von M. Sauer. Berlin und Hamburg 1803. — G. Sarytſchew, Achtjährige Reiſe im nordöſtlichen Sibirien, auf dem Eismeere und dem nordöſtlichen Ozean. Deutſch von J. H. Buſſe. Leipzig 1805. ) F. v. Wrangel, Reiſe längs der Küſte Nord ⸗ Sibiriens. Deutſch von Engelhardt. 2 Bde. Berlin 1839. Forſchungen im Beringmeer. 101 des ſibiriſchen Küſtengebietes und nach den Neuſibiriſchen Inſeln. Vergeblich ſuchte Wrangel das ſpäter vom Kapitän Long ge— ſichtete und nach ihm benannte Wrangel-Land (vgl. S. 38) zu er— reichen, wodurch er verleitet wurde, deſſen Vorhandenſein in Ab— rede zu ſtellen. 1843 erforſchte Theodor v. Middendorff auf mühſamen Wanderungen das ſeit Laptew und Tſcheljuskin nicht wieder beſuchte Taimyrland.*) Die Tſchuktſchenhalbinſel und das Beringgebiet wurden eingehender durch v. Maidell, Karl v. Neumann, W. H. Dall und die Gebrüder Krauſe unter— ſucht, während die Neuſibiriſchen Inſeln das bevorzugte Forſchungs— gebiet des Barons E. v. Toll geworden ſind. Schon im 17. Jahrhundert war das Gerücht verbreitet, daß vor der ſibiriſchen Küſte eine Inſel läge. Man fand ſie jedoch erſt 1712, als der Kaufmann Wagin ein ſpäter Ljachow— inſel genanntes Eiland entdeckte. Dieſes ſowie die übrigen Neu— ſibiriſchen Inſeln wurden wegen ihres Reichtums an foſſilem Elfenbein mehrfach von Koſaken und Eingeborenen beſucht. Aber erſt 1770 gelang es dem Händler Ljachow, die nach ihm be— nannte Inſel zu betreten, worauf auch die andern Eilande der Gruppe aufgefunden wurden. Genauere Aufnahmen machten L — Sannikow, Hedenſtröm und Anjou, und zuletzt entdeckte die „Jeannette“ Expedition noch einige der nördlichſten Felseilande (vgl. S. 108). 1885—86 und 1893 wurden die Neuſibiriſchen Inſeln eingehend durch A. Bunge und v. Toll unterfucht.**) 1900 trat v. Toll eine dritte Reiſe dorthin an, um vor allem das 1811 von Sannikow geſichtete, aber noch nie be⸗ tretene Polarland gleichen Namens zu erreichen. Nachdem auf der durch Nebel und Eis ſehr verzögerten Fahrt längs der ſibi— riſchen Küſte die Aufnahmen Nordenſkiölds und Nanſens mannigfach verbeſſert waren, fand die erſte Überwinterung am Taimyrbuſen ſtatt, wo das Expeditionsſchiff „Sarja“ elf Monate lang feſtgehalten wurde. Nach eingehender Erforſchung der Taimyr⸗Halbinſel wurde mit dem erſt im Spätſommer frei: * Fahrzeug ein Vorſtoß nach den Neuſibiriſchen In— *) Th. v. Middendorff, Reiſe in den äußerſten Norden und Oſten Sibiriens. 4 Bde. Petersburg 1848 — 75. *) A. Bunge und E. v. Toll, Die von der Kaiſerlichen Aka— demie der Wiſſenſchaften ausgerüſtete Expedition nach den Neuſibiriſchen Inſeln und nach dem Janalande. Beitr. z. Kenntnis d. Ruſſ. Reiches. Dritte Folge, Bd. 3. Petersburg 1887. 102 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. ſeln und darüber hinaus bis in Sicht der Bennett-Inſel unternommen, wo ein breiter Packeisgürtel zur Umkehr nach der Inſel Kotelnoj nötigte. Dort mußte nach nur 30tägiger Ge— ſamtſchiffahrt der zweite Winter verbracht werden. Vom Sanni— kowland war trotz eifrigſten Suchens nichts zu bemerken; wahr— ſcheinlich iſt es überhaupt nicht vorhanden. Während der Über— winterung unternahm Toll einen dreimonatlichen Ausflug nach der ſibiriſchen Küſte und unterſuchte mehrere Neuſibiriſche Inſeln, die ſeit Anjou (1822) nicht wieder betreten waren. Nachdem die von Wolloſſowitſch geführte Entſatzexpedition programmäßig auf Kotelnoj eingetroffen war, brach der Zoologe, Birula am 11. Mai 1902 zur Unterſuchung Neuſibiriens, der nordöſtlichſten Inſel des Archipels, auf. Drei Wochen ſpäter verließ Toll ſelbſt mit dem Aſtronomen Seeberg und zwei Eingeborenen den Winterhafen, um über Neuſibirien, deſſen Nord— weſtſpitze er berührte, nach der Bennett-Inſel vorzudringen. Beide Expeditionen ſollten im Herbſt von der „Sarja“ abgeholt werden. Allein auch in dieſem Sommer ging das Eis jo ſpät auf und die Schiffahrt ſtieß auf ſolche Schwierigkeiten, daß der Dampfer ſein Ziel nicht zu erreichen vermochte und nach der für dieſen Fall getroffenen Vereinbarung nach der Lenamündung ins Winter— quartier ging. Von dort wurden die Sammlungen und alle ent— behrlichen Mannſchaften nach Jakutsk gebracht. Toll und Birula waren infolge des Ausbleibens der „Sarja“ gezwungen, in ihren Arbeitsgebieten zu überwintern. Während indes der letztere 1903 wohlbehalten zurückkehrte, war von erſterem nichts zu hören, und die Befürchtung wurde laut, daß er mit ſeinen Begleitern ein unglückliches Ende gefunden haben könnte. Daher wurde, nachdem ſchon im Februar 1903 der Ingenieur Brußnejew zur Hilfeleiſtung abgegangen war, ſofort nach Birulas Ankunft Leutnant Koltſchak nach der Bennett⸗Inſel entſandt. Er entdeckte dort Aufzeichnungen von Toll, nach denen er drei Monate auf dem einſamen Eiland ge— weilt hatte und dann im November ſüdwärts nach den Vorrats⸗ niederlagen Neuſibiriens aufgebrochen war. Aus der beigefügten Beſchreibung geht hervor, daß die Bennett-Inſel ein 200 qkm großes und bis 460 m hohes Land iſt, das von Tälern und Gletſchern erfüllt wird und wohl als eine Fortſetzung des mittel— ſibiriſchen Tafellandes aufgefaßt werden muß. Wahrſcheinlich hatte ſich ſchon damals das Schickſal Tolls —— ——j—‚ätn — ne A En. nn — — Baron Toll. 103 und feiner Gefährten entſchieden. Denn weder auf Neufibirien noch auf den anderen Inſeln wurde trotz eifrigſten Suchens eine Spur von ihnen gefunden. Seit dem Verlaſſen der Bennett-Inſel ſind ſie verſchollen, und mit dem Verluſt eines der bewährteſten Polarforſcher iſt der Fortſchritt in der geographiſchen Kenntnis der Neuſibiriſchen Inſeln nur zu teuer erkauft. Vergebens ſetzte die Kaiſerlich Ruſſiſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften auf die Auffindung der Toll ſchen Expedition oder eines Teiles derſelben eine Belohnung von 5000 Rubeln und eine ſolche von 2500 Rubeln für die erſte einwandfreie Mitteilung aus, welche die Nachforſchung nach den Vermißten erleichtern würde. Daher wurde 1905 die Tollſche Expedition amtlich für abgeſchloſſen erklärt und jede weitere Hilfstätigkeit eingeſtellt. — AN Das Haupteingangsgebiet zum Sibiriſchen Polarmeer bildet die wiederholt genannte Karaſee, auf der die ruſſiſche Küſten— bevölkerung ſchon früh einen bis zum Jeniſſei ausgedehnten Ver- kehr unterhielt. Dagegen wollten ſich eigentliche Handelsfahrten #7. nicht einbürgern, weil jenes Meer ſeit den älteren erfolgloſen Unternehmungen der Engländer und Holländer kaum von Frem— den beſucht ward und weil es vollends verödete, als es Karl : Ernſt v. Baer als den Eiskeller des Nordpols bezeichnete (vgl. S. 94). Dieſer Ausſpruch wurde fälſchlicherweiſe dahin ausgelegt, daß die Karaſee faſt ganz vom Eis verſtopft ſei, und die vollſtändig geſcheiterte Expedition des Leutnants Kruſen— ſtern (1862) ſchien die wahre Natur jenes Eiskellers zu beſtätigen. Da erſchienen zu Ende der ſechziger Jahre norwegiſche Fang— leute in den Meeren um Novaja Semlja, und damit begann ein neuer Abſchnitt in der Befahrung der Karaſee. Die ſeitdem jährlich wiederholten Fahrten ſtellten die Brauchbarkeit des Kari— ſchen Meeres als Handelsſtraße außer allen Zweifel und wieſen zugleich nach, daß der mit Unrecht verrufene Eiskeller ein ergie— biges Feld für Fiſcher und Robbenſchläger ſei. Zu allgemeiner Überraſchung fanden Elling Carlſen (vgl. S. 84), der erſte Umſegler Spitzbergens, und der ſchottiſche Kapitän Palliſer das gefürchtete Meeresbecken nahezu eisfrei, ſo daß ſie es mühelos bis zur Samojeden-Halbinſel durchkreuzen konnten, während noch in demſelben Sommer der Norweger E. H. Johanſen (vgl. S. 95) die Karaſee je zweimal von Oſt nach Weſt und je zweimal in nordſüdlicher Richtung durchmaß. 1870 wiederholte er die ſeit Sava Loſchkin 100 Jahre lang vergebens verſuchte Umfahrung 104 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. Novaja Semljas, und auf einer ſpäteren Rundfahrt entdeckte er 1878 die weit oſtwärts von der Nordſpitze Novaja Semljas gelegene einſame Inſel Enſomheden (Einſamkeit). 1871 wurden von Mack, Ulve, Torkildſen, Tobieſen und andern nor— wegiſchen Fangmännern nicht weniger als 60 gelungene Fahrten in den Gewäſſern um Novaja Semlja vollbracht, während in den beiden folgenden Jahren die Eisverhältniſſe, unter denen auch die Tegetthoff-Expedition zu leiden hatte, jo ſchlecht waren, daß die meiſten Unternehmungen ſcheiterten. Da tat 1875 der engliſche Kapitän J. Wiggins einen neuen wichtigen Schritt vorwärts, indem er zum erſtenmal den Plan verfolgte, ſtatt der bisher ausſchließlich verſuchten Fiſcherei— fahrten eine Handelsverbindung zwiſchen Nordeuropa und den weſtſibiriſchen Strömen anzubahnen. Ohne Schwierigkeiten ge⸗ langte er zur Obmündung, und noch im gleichen und im nächſten Jahr wurden die kühnſten Erwartungen weit übertroffen durch die beiden Sibirienreiſen A. E. Nordenſkiölds. In dem kleinen Segler „Pröven“ drang er bis zum Jeniſſei vor und ſchickte das Fahrzeug, auf demſelben Wege zurück. Damit war das Ziel der alten Nordoſtfahrten, die Gewinnung des Ob (vgl. S. 22), er- reicht. Da ſich jedoch von vielen Seiten Einwendungen erhoben, die den Erfolg dem zufälligen Zuſammenwirken günſtiger Um⸗ ſtände zuſchrieben, ſo wiederholte Nordenſkiöld ſofort 1876 ſeine Fahrt. Auch diesmal brachte ihn der mit Waren beladene Dampfer „Ymer“ raſch in den Jeniſſei, worauf der Reiſende noch in demſelben Sommer und mit dem gleichen Schiff nach Hauſe zurückkehrte. Das ganze Geheimnis des Erfolges beruhte darin, die richtigen Fahrzeuge und die paſſende Jahreszeit zu wählen. Auf Grund früherer Erfahrungen ergab es ſich nämlich, daß die Eisverhältniſſe nicht vor dem Spätſommer der Schiff⸗ fahrt günſtig werden. Erſt im Auguſt ſchmilzt, beſonders durch die Wirkung der warmen Waſſermaſſen des Ob und Jeniſſei, unter ſonſt günſtigen Bedingungen das Eis faſt vollſtändig und ſtaut ſich bloß in den engen Meeresſtraßen zwiſchen Novaja Semlja, der Inſel Waigatſch und dem europäiſchen Feſtland, wo es nur ſchwer einen Ausweg findet. Gerade dieſe Eisverſtopfungen und der zu frühe Antritt der Reiſe haben hauptſächlich die älteren Nordoſtfahrten vereitelt. Mit Nordenſkiölds Reiſen war der Bann gebrochen. Wiggins, Palliſer, Dallmann, Dahl und andere Handels- Handelsfahrten zum Ob und Jeniſſei. 105 kapitäne führten des öfteren Frachtdampfer nach Weſtſibirien und zurück. Doch war das Eis nicht jeden Sommer günftig und ließ nicht alle Schiffe ans Ziel kommen. In dem Zeitraum von 1874 — 90 ſtanden ſogar 28 mißglückte Sibirienfahrten 25 er- folgreichen gegenüber. 1893 gelangten 6, 1897 ſogar 11 Dampfer ungehindert zum Jeniſſei und kehrten nach Löſchung ihrer Ladung — meiſt Eiſenbahnſchienen und Baumaterial für die ſibiriſche Eiſenbahn — anſtandslos nach Europa zurück. Als während des Ruſſiſch⸗Japaniſchen Krieges die ſibiriſche Bahn den Anforderungen nicht mehr genügte, faßte man ruſſiſcherſeits wiederum Zufuhren längs der ſibiriſchen Polarküſte ins Auge. Hauptſächlich handelte es ſich um Schienen und Schwellen für den Ausbau des zweiten Geleiſes, und eine Expedition, die 1905 die Möglichkeit einer Seeverbindung zwiſchen Europa und dem Jeniſſei von neuem er— weiſen ſollte, hatte einen vollen Erfolg. Von 24 Kriegs- und Transportdampfern, Bugſierſchiffen, Schleppern und Leichtern er— reichten 22 die Jeniſſeimündung. Dort wurden die Frachten von den Leichtern und Schleppern übernommen und ohne ernſte Zu— fälligkeiten ſtromaufwärts nach Jeniſſeisk gebracht, während die Dampfer ſofort die Rückreiſe antraten. Alles in allem kann man wohl einen Handelsweg nach Sibirien durch die Karaſee be— fürworten, deren Eisverhältniſſe nicht ſo ſchlecht ſind, wie es nach früheren Berichten ſcheinen mochte. Nur darf man nicht zu hoch geſpannte Erwartungen an dieſen Seeweg knüpfen, da auf ſeine regelmäßige Benutzung wohl nicht jeden Sommer mit Sicherheit gerechnet werden kann. Zur Sicherung des Schiffsverkehrs ließ die ruſſiſche Regierung 1895 — 99 durch Kapitän Wilkizki eine vollſtän— dige Vermeſſung der Mündungsgebiete des Ob und Jeniſſei ausführen. Die häufig wiederholten Befahrungen der Karaſee bildeten se gleichſam das Vorſpiel zu der großen nordöſtlichen Durchfahrt, die endlich dem 1901 verſtorbenen Adolf Erik Nordenſkiöld (geboren 1832 zu Helſingfors in Finnland) gelingen ſollte, einem der ausgezeichnetſten Polarforſcher, der ſich durch fünf Er: peditionen nach Spitzbergen, durch zwei Reiſen nach Grönland, durch zwei i Sibirienfahrten und durch die Vollbringung der Nord⸗ oſtpaſſage unvergänglichen Ruhm erworben hat. Wie ſchon er- wähnt, unternahm er 1875 und 1876 zwei in jeder Beziehung gelungene Vorſtöße nach Weſtſibirien, die ihn zu der Überzeugung brachten, daß ſich nicht nur bis zum Jeniſſei, ſondern auch längs der übrigen Strecken der ſibiriſchen Polarküſte offenes Fahrwaſſer 106 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. bis zur Beringſtraße erſtrecken müßte und daß ſomit eine Um— ſeglung der alten Welt möglich ſei. Denn die Rieſenſtröme Nordaſiens tragen ungeheure Maſſen verhältnismäßig warmen Waſſers ins Polarmeer, ſo daß ſie die unmittelbar der Küſte vorgelagerten Eisſchichten wegzuſchmelzen vermögen. Norden— ſkiöld wußte ſeinen an geographiſchen Dingen lebhaften Anteil nehmenden König und die ſchwediſche Regierung für ſeine Pläne zu gewinnen; auch die um die Polarforſchung hochverdienten Großkaufleute Oskar Dickſon und Alexander Sibiriakow ſteuerten namhafte Summen bei.“) Am 4. Juli 1878 verließ das Expeditionsſchiff „Vega“, ein für ſeine Zwecke vortrefflich geeigneter Waldampfer, unter Führung des Leutnants Pa lander mit Nordenſkiöld und einer Anzahl Gelehrter und Offiziere, darunter der italieniſche Marineoffizier Giacomo Bove, die heimatlichen Gewäſſer und wurde bis zur Jeniſſei- und Lenamündung von drei kleineren Fahrzeugen begleitet.“) Das Kariſche Meer wurde eisfrei ge— funden und unter den günſtigſten Eisverhältniſſen das ſeit Jahr⸗ hunderten zur See vergebens erſtrebte Kap Tſcheljuskin be— zwungen. Auch bis zur Kolymamündung ging die Fahrt ziemlich glatt von ſtatten. Dann aber — die übrigen Schiffe hatten in⸗ zwiſchen ihre eigenen Wege eingeſchlagen — hatte die „Vega“ mit immer mehr zunehmenden Treibeismaſſen zu kämpfen, und in der Koljutſchinbai wurde die Überwinterung unvermeidlich, weil in Oſtſibirien nur kleinere Flüſſe ausmünden, die nicht in dem Maße wie die Rieſenſtröme des Weſtens eine ſchmale Rinne offenen Fahrwaſſers längs der Küſte freihalten können. Ein Vor⸗ ſprung von wenigen Stunden hätte genügt, um das ſich neu bildende Jungeis zu durchbrechen und in einem Jahr die Um- ſeglung der alten Welt zu vollenden. Erſt nach zehnmonatlicher Gefangenſchaft ſchlug die Befreiungsſtunde, und ſchon zwei Tage ſpäter wurde die nur 180 km entfernte Beringſtraße paſſiert. Damit war das über drei Jahrhunderte alte Problem der Nord— oſtpaſſage endlich gelöſt und die wichtige Tatſache feſtgeſtellt, daß die nordöſtliche Durchfahrt lange nicht fo furchtbare Hemm- niſſe darbietet wie die nordweſtliche. Freilich dürfte auch ſie für *) A. E. Nordenſkiöld, Die Umſegelung Aſiens und Europas auf der Vega. 2 Bde. Deutſche Ausgabe. Leipzig 1882. **) Eines von ihnen, der Dampfer „Lena“, fuhr als erſtes Schiff von Europa aus in die Lena ein und erreichte in 3 / Wochen Jakutsk. Entdeckung der Nordöſtlichen Durchfahrt. 107 einen regelmäßigen Verkehr zwiſchen Europa und Aſien ſchwerlich in Betracht kommen und ſich bloß in beſchränktem Maß den In— tereſſen des Welthandels dienſtbar machen laſſen. Auch hat Nordenſkiölds Fahrt, die wohl in einem beſonders günſtigen Jahr ſtattfand, bisher leine Wiederholung erfahren. Um ſo reicher waren die wiſſenſchaftlichen Errungenſchaften, weil das Sibiriſche Polarmeer noch heute zu den am wenigſten bekannten Gebieten der Arktis gehört. Das kartographiſche Bild des Küſten— landes wurde ſehr erheblich umgeſtaltet und eine ganze Reihe nicht verzeichneter Inſeln entdeckt. Als während der Überwinterung keine Kunde von der „Vega“ nach Europa drang, ſchickte Sibiriakow zu ihrer Unter— ſtützung einen Dampfer ab, der aber in den japaniſchen Gewäſſern durch einen furchtbaren Wirbelſturm zu weiterem Vordringen un— tauglich gemacht ward. Der bekannte Mäcen geographiſcher For— ſchungen, Gordon Bennett, der Beſitzer des amerikaniſchen Weltblattes „New Pork Herald“, der bereits den Afrikareiſenden Henry Stanley zur Aufſuchung David Livingſtones in den dunklen Erdteil entſandt hatte, rüſtete ebenfalls ein Fahrzeug, das viel— genannte Polarſchiff „Jeannette“, aus, das Nachrichten über die „Vega“ einziehen und einen Vorſtoß zum Pol unternehmen ſollte. Seine aus den Angehörigen der verſchiedenſten Nationen zu— ſammengeſetzte Bemannung, die aus mehr als 1300 ſich mel— denden Bewerbern ausgewählt war, wurde von Offizieren der amerikaniſchen Kriegsmarine, dem „Kapitän G. W. de Long, den Leutnants Ch. W. Chipp und J. W. Danenhower und dem Oberingenieur G. W. Melville, befehligt. Die für drei Jahre ausgerüſtete Expedition gelangte 1879 durch die Beringſtraße in die Koljutſchinbai und ſegelte nord— wärts weiter, nachdem ſie dort die Abreiſe Nordenſkiölds in Erfahrung gebracht hatte. Sie war ihrer Sache, den Nordpol zu erreichen, jo gewiß, daß fie einen kupfernen Kaſten mit ein- gravierten Namen mitnahm, der wohlverwahrt am Pol nieder— gelegt werden ſollte. Aber ſchon bei der Heraldinſel wurde die „Jeannette“ vom Eis beſetzt und als deſſen willenloſes Spiel— zeug 21 Monate lang bis zu ihrem Untergang von Winden und Strömungen hin- und hergetrieben. Erſt kam die „Jeannette“ ganz langſam vorwärts, ſo daß ſie in fünf Monaten ihre Lage kaum um 90 km veränderte. Dann trieb ſie ſchneller, im all— gemeinen nach Nordweſt, jeden Augenblick der Gefahr ausgeſetzt, 108 X. Das Sibiriſche Eismeer und die Nordöſtliche Durchfahrt. von den gewaltigen Schollen zermalmt zu werden. Schließlich vermochte ſie den Eispreſſungen nicht mehr zu widerſtehen und erhielt ein ſo bedeutendes Leck, daß die Pumpen 17 Monate hindurch Tag und Nacht arbeiten mußten, um das Schiff über Waſſer zu halten. Im Eistreiben wurde unweit des gletſcher— erfüllten Wrangel-Landes überwintert und deſſen Inſelnatur feſt— geſtellt. Während der zweiten Überwinterung wurden die Inſeln Jeannette und Henriette entdeckt und als vorgeſchobene Poſten der Neuſibiriſchen Inſeln erkannt. Aber auf die Dauer konnte „das von den Eispreſſungen furchtbar mitgenommene Fahrzeug 7 ud nicht mehr Widerſtand leiſten. Es füllte ſich zuſehends mit . Waſſer und ſank am frühen Morgen des 17. Juni 1881, nad) dem vorher noch ein Teil der Vorräte aufs Eis gebracht war. Die Schiffbrüchigen ſuchten zunächſt die Neuſibiriſchen Inſeln und dann die Lenamündung zu gewinnen, weil ſie dort menſch— liche Wohnſitze oder ein Schiff anzutreffen hofften. Leider er- wieſen ſich beide Annahmen bloß als bedingt richtig, und an dieſem verhängnisvollen Irrtum ging der größere Teil der Expe— dition zugrunde. Anfänglich war der Rückzug über das rauhe Eis ſehr mühſam, und man konnte die ſchwer beladenen Schlitten und Boote nur langſam und mit Zeitverluſt fortſchaffen, zumal auch Winde und Strömungen den nach Süden Wandernden ent- gegen waren. Unterwegs wurde noch die von zahlloſen Vögeln beſetzte Bennett⸗Inſel entdeckt. Endlich hatte man, nachdem man bei den Neuſibiriſchen Inſeln nochmals zehn Tage vom Eis feſt⸗ gehalten war, offenes Fahrwaſſer gewonnen, in dem es raſch nach Süden ging. Da trennte ein heftiger Sturm die drei Scha— luppen, deren jede fortan ihr eigenes Schickſal hatte. Das Boot Mel villes und Danenhowers landete nach 108 ſtündiger Fahrt bei einer Tunguſen-Niederlaſſung an einem öſtlichen Mündungsarm des Lenadeltas, und ſeine elf Inſaſſen erreichten eine ruſſiſche Anſiedlung. De Long kam mit feiner Abteilung ebenfalls bis zur Lena⸗ mündung, fand aber weder Schiffe noch Wohnſtätten, ſo daß ſie mit Ausnahme der beiden deutſchen Matroſen Nindermann und No ros, die vorausgeſchickt waren, um Hilfe herbeizuholen, dem Hunger und der Kälte erlagen. Sie hatten nur für wenige Tage Lebensmittel gehabt, und ihre Kleidung war bei der grimmigen Kälte durchaus unzureichend. Unter den Reliquien der Unglüd- lichen befand ſich das Tagebuch de Longs, das, bis faſt zum XI. Die neueſten Vorſtöße zum Nordpol. 109 Ende der ſchrecklichen Kataſtrophe fortgeführt, einen ergreifenden Einblick in den ausſichtsloſen Kampf der dem Tode Geweihten gegen die übermächtigen Naturgewalten gewährt. Das dritte Boot mit acht Mann unter Chipp iſt ſpurlos verſchwunden. Wahrſcheinlich ging es in jener Schreckensnacht mit ſeiner ganzen Beſatzung im Sturm unter. So hatte die mit ſo großen Hoffnungen begonnene Expedition ein ähnliches Schickſal wie die Unternehmung Greelys. Von 33 Teilnehmern kehrten nur 13 wieder. Als ſeit zwei Jahren keine Nachricht von den Verſchollenen eingegangen war, wurden mehrere Hilfsexpeditionen entſandt. Die Dampfer „Corwin“ und „Rodgers“ gingen 1881 in das Meer nördlich der Beringſtraße ab. Sie umfuhren auch das wieder— holt geſichtete, aber wegen des Packeiſes unnahbar gebliebene Wrangel⸗Land und beſtätigten nochmals ſeine Inſelnatur. Damit war Petermanns Vermutung, daß Wrangel-Land ein ausge— dehntes Polarland mit hohen Gebirgen und erloſchenen Vulkanen ſei und zuſammen mit Grönland einen großen Polarkontinent bilde (vgl. S. 54, 68), für immer zerſtört. Als der „Rodgers“ während der Überwinterung verbrannte, wurde auf Schlittenreiſen, an denen Schwatkas Begleiter William Gilder nebſt den Überlebenden der „Jeannette“-Expedition teilnahm, das Lenadelta abgeſucht, bis es gelang, die Leichen de Longs und ſeiner Ge— fährten zu finden.) Am Ort ihres Untergangs wurde ihnen ſpäter ein ſchlichtes Denkmal geſetzt. XI. Kapitel. Die neueſten Porſtüße zum Nordpol. Seit dem Tode des unermüdlichen Agitators Auguſt Petermann trat ein Stillſtand in der Polarforſchung ein, und ) G. W. de Long, The voyage of the Jeannette. 2 Bde. London 1883 (nach ſeinen Tagebüchern von ſeiner Witwe heraus- gegeben). — G. W. Melville, In the Lena Delta London 1885. — J. W. Danenhower, Narrative of the Jeannette. Boston 1882. — W. H. Gilder, Ice-Pack and Tundra. An account of the search for the Jeannette. London 1883. Deutſch Leipzig 1884. — C. L. Hooper, Report of the cruise of the U. S. Revenue Steamer Thomas Corwin in the Arctic Ocean in 1881. Washington 1884. 110 XI. Die neueſten Vorſtöße zum Nordpol. nachdem mehrere Expeditionen nur einen halben Erfolg gehabt hatten oder völlig geſcheitert waren, machte ſich trotz Norden— ſkiölds ergebnisreicher Vegafahrt eine entſchiedene Gegenſtrömung gegen weitere Vorſtöße zum Pol geltend. An die Stelle der bis— herigen Entdeckungsexpeditionen ſollten Beobachtungsſtationen treten, und damit kam ein ganz neues Syſtem auf, das der expanſiven Polarforſchung eine Schranke ſetzen wollte. Schon 1875 hatte Karl Weyprecht, der Führer des „Tegetthoff“, darauf hin— gewieſen, daß die polaren Entdeckungen in keinem Verhältnis zu den aufgewendeten Opfern an Zeit, Geld und Menſchenleben ſtanden, weil ſie, wie er ſich etwas einſeitig ausdrückte, zu einer Art internationaler Hetzjagd nach dem Pol ausgeartet ſeien, während die am Weg liegenden wiſſenſchaftlichen Aufgaben Neben— ſache waren. Alles in allem hatte Weyprecht keine hohe Mei— nung von den Leiſtungen aller früheren Polarfahrten, ſeine eigenen nicht ausgenommen. Viel fruchtbringender ſchien es ihm, von der Erreichung hoher Breiten abzuſehen und dafür den Pol mit einem Netze feſter Stationen zu umziehen, die einen regel— mäßigen, längeren Beobachtungsdienſt unterhalten ſollten. Nach Weyprechts eigenem Ausſpruch liegt der Schlüſſel zu einer ganzen Reihe ungelöſter Fragen der Meteorologie und Meeres— kunde, des Erdmagnetismus uſw. im Polarbecken, und es drängte ſich ihm immer ſtärker die Überzeugung auf, daß zuſammenhangs⸗ loſe, ſporadiſche Beobachtungen nur beſchränkten Wert haben, während ſie eine hohe Bedeutung gewinnen können, wenn ſie an verschiedenen Stellen gleichzeitig und nach einheitlichem Plan aus— geführt werden. Dieſer Vorſchlag fand Unterſtützung, und die internationalen Polarkonferenzen zu Rom, Hamburg, Bern und Petersburg ſetzten einen gemeinſamen Arbeitsplan feſt Infolge ſeines allzufrühen Todes war es Weyprecht leider nicht mehr vergönnt, die Erfüllung ſeines Lieblingswunſches und ſeiner Lebensaufgabe zu erleben. Elf Staaten, teilweiſe mit Unterſtützung von Privatperſonen, brachten die Koſten zu fünfzehn internatio— nalen Polarſtationen auf, die ein Jahr lang, 1882 —83, in den verſchiedenſten Gegenden des Polargebietes nach feſt beſtimmten Grundſätzen hauptſächlich meteorologiſche und erdmagnetiſche Beob— achtungen anſtellten. Deutſchland, Rußland und die Vereinigten Staaten übernahmen je zwei Stationen, die übrigen je eine, von denen zwei an den Grenzen des Südpolargebietes, die andern um den Nordpol herumlagen. Deutſchland beſetzte die Station Die internationalen Polarſtationen. 111 Kingua im ſüdlichen Baffinland und den Moltkehafen auf Süd— georgien, die Union wählte die Lady Franklinbai (Greelyſche Expedition) und Point Barrow, England und Kanada Fort Rae am Großen Sklavenſee. Rußland entſchied ſich für die Lena— mündung und für die Karmakulibucht auf der Südinſel von No— vaja Semlja, Finnland für Sodankylä in Finniſch-Lappland, Norwegen für Boſſekop, Schweden für Kap Thordſen auf Spitz— bergen. Die öſterreichiſche Expedition wurde nach Jan Mayen, die dänische nach Godhavn, die franzöſiſche zum Kap Hoorn ge— ſchickt. Nur die Holländer erreichten ihr Ziel, die Jeniſſeimündung, nicht, weil ſie in der Karaſee vom Eis feſtgehalten wurden und nach dem Verluſt ihres Schiffes die Inſel Waigatſch aufſuchen mußten. Da endlich noch 34 Obſervatorien außerhalb des Polargebietes Be— obachtungen anſtellten, ſo traten durch einmütiges Zuſammenwirken der beteiligten Staaten nicht weniger als 49 Stationen in Tätigkeit. Auf allen dieſen Stationen wurde durch ſtündlichen Be— obachtungsdienſt ein umfaſſendes Material zuſammengebracht, das indes erſt als Rohmaterial verarbeitet iſt, während die zuſammen— faſſenden Ergebniſſe dieſer mit ungeheuren Koſten verknüpften Rieſenarbeit noch nicht vorliegen. Aber trotz reichen wiſſenſchaft— lichen Gewinns brachten auch die internationalen Polarſtationen bloß einen geringen Zuwachs geographiſcher Kenntniſſe, da die wenigſten von ihnen über eine genügende Anzahl von Kräften verfügten, um neben den Stationsbeobachtungen auch Entdeckungen anſtellen zu können. So brach ſich mit der Zeit die alte Meinung wieder Bahn, daß die Polarforſchung ohne Erweiterung der räum— lichen Kenntniſſe nicht zu beſtehen vermag und daß polare Ent— deckungsfahrten ebenſo notwendig wie polare Beobachtungsſtationen ſind. Gerade die neueſte Polarforſchung wird ganz von dieſem Gedanken beherrſcht; und die lebhaft wieder aufgenommene Ent— deckungstätigkeit der letzten Jahre, die einen langen, wenig er— giebigen und wenig befriedigenden Abſchnitt der arktiſchen For— ſchung ablöſte, wurde eingeleitet durch Fridtjof Nanſen, der nach der glücklichen Durchquerung des grönländiſchen Binneneiſes den viel großartigeren Plan einer Fahrt quer durch das Nord— polarbecken und zum Nordpol entwarf. Einige unſcheinbare Überbleibſel der „Jeannette“-Expedition, eine geölte Matroſenhoſe, eine Proviantliſte und ein handſchriftliches Verzeichnis der zum Schiff gehörigen Boote, ſchienen einen Finger— zeig zu geben, daß ſich das verunglückte Fahrzeug auf dem 112 XI. Die neueften Vorſtöße zum Nordpol. richtigen Weg zum Pol befunden habe und daß eine unbekannte Meeresſtrömung aus den nordaſiatiſchen Gewäſſern über den Pol oder an ihm vorbei nach Südgrönland führen müſſe, wo jene Gegenſtände drei Jahre nach dem Untergang der „Jeannette“ angetrieben wurden. Obgleich die Echtheit jener Reliquien be— zweifelt und ihre zufällige Entdeckung als ſchlechter Scherz eines Matroſen gedeutet wurde, baute Nanſen doch auf ſie ſeinen Plan > und wurde darin noch durch andere Anhaltspunkte unterſtützt. Ein in Weſtgrönland angeſchwemmtes Wurfbrett konnte nur aus Alaska ſtammen, und die an Grönlands Küſten angehäuften Treib- holzmaſſen ſprachen ebenfalls für eine aus dem Aſiatiſchen Polar- meer kommende Strömung, da ſie faſt ausſchließlich den Wäldern Sibiriens entſtammen.“) Eigens für ſeine Zwecke ließ Nanſen durch einen der er— probteſten Schiffsbaumeiſter, Colin Archer, ein kleines, aber äußerſt feſtes Fahrzeug, die „Fram“ (Vorwärts), bauen, das ſo konſtruiert war, daß es von den Eispreſſungen nicht zerdrückt, ſondern durch ſie emporgehoben wurde. Denn gerade die ge— fürchteten Treibeismaſſen, denen ſeine Vorgänger ängſtlich aus dem Weg gegangen waren und die ſo oft die Erreichung des Zieles vereitelt hatten, wollte Nanſen als Mittel zur Fortbewegung benutzen, indem er ſich der unbekannten Meeresſtrömung an⸗ vertrauen und gleich dem Treibholz vom Eis ins Europäiſche Polarmeer führen laſſen wollte. Von vielen Seiten, ſelbſt von erfahrenen Polarreiſenden wie Greely, M'Clintock und Nares, wurden die ernſtlichſten Bedenken gegen das tollkühne Wagnis geltend gemacht. Nur wenige, wie Inglefield, Wiggins und nicht zuletzt Alexander Supan in feiner geiſtvollen Studie über die arktiſche Windſcheide “*), waren von feinem Gelingen über: *) Schon 1852 nahm, wie Supan wieder in Erinnerung ge⸗ bracht hat, Auguſt Petermann eine mit dem Oſtgrönlandſtrom in Verbindung ſtehende Drift vom öſtlichen Sibirien in das Meer nörd⸗ lich von Spitzbergen an und begründete dieſe ſpäter allerdings wieder verlaſſene Anſicht mit dem Vorkommen von ſibiriſchem Treibholz. Be⸗ deutung erlangte die Drift-Hypotheſe aber erſt durch Auffindung der „Jeannette“ -Reliquien an der Weſtküſte von Grönland, und H. Mohn hat das Verdienſt, ſie 1884 genauer formuliert und damit den Anſtoß zu Nanſens Unternehmen gegeben zu haben. A. Supan, Die nor⸗ wegiſche Polar⸗Expedition, 1893 —1896. Geogr. Mtlgn. 1897, S. 129. ) Die arktiſche Windſcheide, d. h. ein Rücken hohen Luftdruckes, trennt wahrſcheinlich während eines größeren Teiles des Jahres das Nanſens „Fram“-Expedition. 113 zeugt. Die Expedition war für fünf Jahre mit Lebensmitteln verſehen. Außer Nanſen nahmen noch zwölf Norweger an ihr teil, darunter Kapitän Otto Sperdrup, Nanſens Begleiter bei der Durchquerung Grönlands (vgl. S. 48, 74), und der Aſſiſtent F. Hj. Johanſen, der ſich aus Eifer für die polare Sache und um noch einen Platz zu finden, als freiwilliger Heizer ge— meldet hatte. Am 21. Juli 1893 verließ die „Fram“ Vardö und ſandte von der Jugorſtraße aus, wo ſie 34 Schlittenhunde an Bord nahm, die letzten Nachrichten nach Hauſe. Seitdem blieb man drei Jahre von ihr ohne Kunde. Trotz nicht ſonderlich günſtiger Eisverhältniſſe, welche die Weiterfahrt verzögerten, gelangte die Expedition längs der ſibiriſchen Polarküſte wohlbehalten über Kap Tſcheljuskin hinaus und richtete dann weſtlich von den Neuſibiriſchen Inſeln den Kurs polwärts. Bald fror die „Fram“ ein und trieb mit dem Eiſe fort. Zu— nächſt begann die Drift in durchaus nicht erwünſchter Weiſe, in— dem das Schiff nach Südoſt zurückgetrieben ward, ſo daß es ſich ſchließlich faſt genau wieder an derſelben Stelle befand, wo es ſchon vor ſieben Wochen geweſen war. Dann ſetzte eine im all- gemeinen nordweſtwärts gerichtete, wenngleich im einzelnen ſehr wechſelnde Drift ein. Auf ſolche Weiſe hatte man nach neun— monatlicher Fahrt noch nicht 400 km oder täglich 1°/, km zurück— gelegt. Dann wandte ſich die Scholle abermals nach entgegen— geſetzter Fahrtrichtung, ſo daß man Ende Auguſt 1894 dem Ausgangspunkt nach faſt ein Jahr langem Umherirren wieder um 150 km nahe gekommen war. Fortan nahm indes die Drift einen günſtigen Fortgang, und die „Fram“ übertraf den Eis— preſſungen gegenüber alle Erwartungen, wenngleich ſie ihnen viel— leicht auf die Dauer nicht ſtand gehalten haben würde. Als Nanſen nach dem Gang der Strömung die Über— Polarbecken in zwei Teile. Im öſtlichen Teil wehen die Winde vor— herrſchend nach dem Beringmeer, im weſtlichen nach dem Atlantiſchen Ozean. Da die Windſcheide die längſte Zeit hindurch dem Beringmeer am nächſten liegt, die zum Atlantiſchen Ozean gerichteten Winde alſo den größeren Raum des Polarbeckens beſtreichen, ſo müſſen ſie der von Nanſen gewählten Fahrtrichtung günſtig ſein, während Schiffe, die vom Atlantiſchen Ozean aus dem Nordpol zuſtreben, gegen Wind und Strom ſchwimmen. Der Verlauf der norwegiſchen Polarexpedition hat die Richtigkeit dieſer Anſicht beſtätgt. A. Supan, Die arktiſche Wind— ſcheide. Geogr. Mtlgn. 1891, S. 191—195 mit Karte. ANuc 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. f 8 114 XI. Die neueſten Vorſtöße zum Nordpol. zeugung gewonnen hatte, daß die „Fram“ nicht weiter polwärts treiben würde, verließ er nach einem für dieſen Fall längſt aus- geſonnenen Plan mit Johanſen als einzigem Begleiter den ſicheren Boden des Schiffes und trat mit drei Schlitten, 28 Hunden und Lebensmitteln für 100 Tage am 14. März 1895 die erſte große Schlittenfahrt durch das Polarmeer an. Nachdem zwei frühere Vorſtöße wegen allzuſtarker Belaſtung der Schlitten ge— ſcheitert waren, glückte es Nanſen und Johanſen beim dritten— mal unter unbeſchreiblichen Anſtrengungen über ein wirres Chaos von Eisblöcken und Waſſerrinnen bis zu der nie zuvor ge— wonnenen Breite von 864“ N. — nicht 86“ 14“ N., wie Nanſen auf Grund vorläufiger Berechnungen ermittelt hatte — vorzudringen. Hier aber mußten beide, noch 450 km vom Pol entfernt, umkehren, weil ſie, wie einſt Parry, ſamt der wild zerklüfteten Eisfläche von den Strömungen unaufhaltſam nach Süden getragen wurden. Ein Hund nach dem andern mußte bei dem mühſeligen Rückzug geſchlachtet werden, um den überlebenden als Nahrung zu dienen. Mit fortſchreitender Jahreszeit wurde der Weg immer ſchlechter, ſo daß man tief in den Schnee ein— ſank und immer zahlreicher und breiter werdende Spalten zu überwinden hatte. Endlich kam man im Angeſicht von Franz Joſephs⸗Land in offenes Waſſer, jo daß ſtatt der 107 tägigen Schlittenreiſe die Kajakfahrt begann. Sie wurde jedoch ebenfalls bald durch die Witterungs- und Eisverhältniſſe unterbrochen, und ſchließlich blieb den einſamen Wanderern nichts übrig als in einer engen Hütte auf Franz Joſephs-Land zu überwintern. Bären wurden als Nahrung, Walroſſe als Brennmaterial geſchoſſen, Eſſen und Schlafen waren monatelang die einzige Beſchäftigung. Endlich brach der Frühling an und geſtattete die Weiterfahrt. Dabei geſchah es, daß die beiden Kajaks, welche die geſamte Habe der Reiſenden trugen, ſich losriſſen und von der Strömung ſchnell fortgeführt wurden. Ohne Zaudern ſprang Nanſen in das eiskalte Waſſer, und bei einem Schwimmen auf Leben und Tod gelang es ihm endlich mit faſt übermenſchlicher Kraft die Boote wieder einzuholen. Nanſen hatte die Abſicht, nach Spitzbergen hinüberzurudern, weil er dort Fangſchiffer zu treffen hoffte. Doch war das Vor— haben nicht ſo einfach, da beim Rückzug die mitgenommenen Chronometer ſtehen geblieben waren und jede Orientierung fehlte. Plötzlich ließ ſich, nachdem die beiden Wanderer am Südrand Nanſen. 115 von Franz Joſephs⸗Land angekommen waren, Hundegebell ver— nehmen. Bald wurden Menſchen ſichtbar, und es erfolgte, dank einem ſeltſamen Zufall, das denkwürdige Zuſammentreffen mit dem Engländer Jackſon (vgl. S. 92), das Nanſen und Johanſen wahrſcheinlich das Leben gerettet hat. Jackſons Dampfer „Windward“ brachte 1896 beide Männer nach Vards zurück. Acht Tage ſpäter langte auch, eine neue glückliche Fügung, die „Fram“ an. Sie hatte nach Nanſens Weggang mit 85“ 57 N. ihre höchſte Breite erreicht und noch einige ſtarke Eis— preſſungen durchzumachen gehabt. Dann trieb ſie nördlich von Spitzbergen mit Eis und Strömung nach Süden und bahnte ſich in 28 tägigem Kampfe, wiederholt mit Anwendung von Schieß— baumwolle, einen Weg durch den 300 km breiten Packeisgürtel, worauf im offenen Waſſer die Heimfahrt ſchnell von ſtatten ging.“) Nanſens kühne Fahrt durch das Polarbecken iſt das Groß— artigſte, was bis heute in der Polarforſchung geleiſtet wurde, dank der überaus ſorgfältigen Vorbereitung und dem unverhofften Glück der Expedition. Der Verlauf der Drift hatte im ganzen den Erwartungen des Führers entſprochen, inſofern als die vermutete Meeresſtrömung tatſächlich vorhanden war. Zwar konnte der Pol ſelbſt nicht bezwungen werden; um ſo reicher war aber die wiſſenſchaftliche Ausbeute. Am intereſſanteſten iſt der Nachweis, daß das Polarbecken nicht, wie man bisher meinte, eine von Archipelen erfüllte Flachſee, ſondern eine äußerſt inſelarme Tief— ſee iſt, die das Vorhandenſein eines ausgedehnteren Feſtlandes im hohen Norden ſehr unwahrſcheinlich macht. Sie wird von einem Ausläufer des Golfſtroms erwärmt, deſſen warmes Waſſer durch die weſtlich von Spitzbergen verlaufende Tiefenrinne einſtrömt und wegen ſeines höheren Salzgehaltes ſchwerer iſt als das kalte Polarwaſſer, ſo daß es ſich am Meeresgrund hält, wo ſeine Temperatur nicht unter 0“ ſinkt. Selbſt in den höchſten Breiten fand ſich im Meer noch tieriſches Leben, und es wurden Scharen von Vögeln erblickt. Bären wurden noch jenſeits 84“ N. ge: ſchoſſen, Fuchsſpuren noch unter 85“ N. verfolgt, fo daß ſich das Tierleben wahrſcheinlich bis zum Pol erſtreckt. Endlich wurden längs des Taimyrlandes zahlreiche neue Inſeln entdeckt, und es *) F. Nanſen, In Nacht und Eis. Die Norwegiſche Polar— expedition 1893 —1896. Deutſche Ausgabe 2 Bde. Zweite Auflage, Leipzig 1898. Bd. III: B. Nordahl, Wir Framleute. Hj. Johanſen, Nanſen und ich auf 86 14°. Leipzig 1898. 8 * 116 XI. Die neueften Vorſtöße zum Nordpol. ſcheint, daß man es hier nicht mit einer Flachküſte, ſondern mit einer vielbuchtigen Fjordküſte zu tun hat. Auch alte Strand— linien und, im Gegenſatze zu früherer Anſchauung, Spuren einer ehemaligen Vergletſcherung konnten feſtgeſtellt werden. Die Neu— entdeckungen in Franz Joſephs-Land find bereits (vgl. S. 93) erwähnt. Es iſt nicht wunderbar, daß Nanſens Erfolge das Intereſſe mächtig geweckt und zur Nacheiferung angeſpornt haben, ſo daß nunmehr ein Vorſtoß ins unerforſchte Polargebiet dem andern folgte. Sie überſtürzten ſich geradezu, und hierin iſt teilweiſe mit ein Grund ihres Mißlingens zu ſuchen. Im Verlauf der polaren Entdeckungsgeſchichte hat man ſchon vor Nanſen wiederholt den Verſuch gemacht, bis zum Pol vor- zudringen. Namentlich die Reiſen von Hudſon, Phipps, Buchan und Parry, die Unternehmungen Torells und Norden— ſkiölds auf Spitzbergen, die Expeditionen durch den Smithſund und der Vorſtoß der „Jeannette“ hatten dieſen Zweck. Gleich⸗ zeitig mit Nanſen oder nach ihm haben den Pol zu erreichen geſucht Peary (vgl. S. 79), Wellman, der Herzog der Abruzzen, Andree und die beiden Zieglerſchen Expeditionen. Die . des deutſch⸗ amerikaniſchen Journaliſten Walter — ——— und erit were die Sen 9 vom Esfuß feſtgehalten waren, glückte es ihnen, in einem Aluminiumboot den Packeisgürtel zu durchbrechen und nach vielfachen Widerwärtigkeiten in Norwegen zu landen. Vom Mißgeſchick verfolgt war durch eine Reihe unglücklicher Zufälle auch Wellmans zweite Ex⸗ pedition, die er mit dem Meteorologen E. B. Baldwin und dem Geodäten G. Harlan 1898—99 von Franz Joſephs⸗Land aus mit eigens konſtruierten Schlitten zum Pol unternehmen wollte. Er kam nur wenig über 82 N. und über das Nordende der Inſelflur hinaus, weil er ſich durch einen Sturz in eine Eisſpalte den Fuß verletzte und gleich darauf mehrere Schlitten, die meiſten Hunde und alles Futter durch eine Eispreſſung ver⸗ lor, ſo daß er umkehren mußte. Baldwin und Harlan hatten die faſt noch unbekannten nördlichen und öſtlichen Küſten des Franz Joſephs-Landes unterſucht, jo daß die Expedition, die unterwegs mit dem Polarſchiff des Herzogs der Abruzzen zuſammentraf, wenigſtens einige Ergebniſſe mitbrachte. n Wellman, Ludwig von Savoyen. 117 Der jugendliche Prinz Ludwig von Savoyen, Herzog der Abruzzen, hatte ſich ſchon als hervorragender Alpiniſt und als erſter Erſteiger des Eliasberges in Alaska, eines der höchſten, mit ungeheuren Gletſchern bedeckten Berggipfel Nordamerikas, einen Namen gemacht, als er nach perſönlicher Rückſprache mit Nanſen eine Reiſe zum Nordpol vorbereitete. An der muſter— haft ausgerüſteten Expedition nahmen die Marineoffiziere Cagni und Querini, der Marinearzt Cavalli und vier Alpenführer aus Aoſta teil; alle andern waren Norweger. Das Expeditions— ſchiff „Stella Polare“, ein umgebauter norwegiſcher Dampfwaler, erreichte 1899 erſt nach vielen Hemmniſſen und Umwegen die Nordküſte von Franz Joſephs⸗Land, und obgleich ein weiteres Vordringen nach Norden möglich erſchien, kehrte man zum Archipel zurück, weil im Umkreis nirgends Land zu ſehen war und man eine Überwinterung auf offenem Meer nicht für ratſam hielt. Im Winterhafen, der Teplitzbai, wurde jedoch die „Stella Polare“ durch ungeheure Eispreſſungen, welche die halbe Schiffslänge ein— drückten, ſo ſchwer beſchädigt, daß ſie nur mit Mühe vor dem Unter— gang bewahrt werden konnte. Die Mannſchaft mußte am Lande unter Doppelzelten überwintern, die durch zwei noch größere Zelte überſpannt und geſchützt und durch einen großen Ofen hinreichend erwärmt wurden. Da dem Herzog bei einer Schlittenfahrt zur Einübung der 120 mitgenommenen Hunde zwei Finger erfroren und eine Am— putation der äußeren Glieder notwendig machten, ſo mußte er den Schlittenreiſen fern bleiben, die unter Ausnutzung des langen Polartages nach Norden vorgetrieben werden ſollten. Nachdem ein erſter Verſuch geſcheitert war, brach man am 11. März 1900 zum zweitenmal nach Norden auf. Nach zwölf Tagen wurde die erſte Abteilung, beſtehend aus Leutnant Querini, dem norwegi— ſchen Maſchiniſten Stökken und einem Alpenführer, zum Schiff zurückgeſchickt, das ſie indes nicht erreichte. Vermutlich iſt ſie in einem Schneeſturm oder in einer Eispreſſung umgekommen oder dem Hunger und den Entbehrungen erlegen. Neun Tage ſpäter wurde die zweite Abteilung, Cavalli mit zwei Mann, zurück— geſandt und fand ſich nach 24 tägigem Rückmarſch auf der „Stella Polare“ wieder ein. Die letzten drei Mann, zwei Alpenführer und ein Matroſe, unter Cagni, die nunmehr erſt die mitgenom— menen Nahrungsmittel angriffen, ſetzten den Weg zum Pol fort und konnten dank der reichen Ausſtattung mit Hunden täglich 16 118 XI. Die neueſten Vorſtöße zum Nordpol. bis 17 km über das höckerige Eis zurücklegen. So gelangten ſie mit N aller Kräfte weſtlich von Nanſens Route bis 869 34“ N., d. h. noch 56 km über Nanſens nördlichſten Punkt hinaus. Aber die raſche Abnahme des Proviants mahnte zur Um— kehr, die wegen des allmählichen Aufgehens des Eiſes ſehr be— ſchwerlich war und zu großen Umwegen nötigte, ſo daß man ſchließlich um acht Längengrade vom Standquartier abgedrängt war und erſt nach 104 tägiger Abweſenheit wieder dort eintraf, freilich nur noch mit zwei Schlitten und ſieben Hunden ſtatt, wie man die Abteilung Cavallis verlaſſen hatte, mit ſechs Schlitten und 45 Hunden. Die meiſten der letzteren hatten ihren Kameraden und ſchließlich auch ihren Herren zur Nahrung dienen müſſen. Nachdem mehrere Verſuche, Querini und ſeine Leute aufzufinden, vergeblich geweſen waren, ließ man für die Ver— ſchollenen beſtimmte Anweiſungen und zwei Proviantniederlagen zurück und trat auf der wieder ausgebeſſerten „Stella Polare“ die Heimreiſe an, wobei erſt nach 16 tägigen ſchweren Kämpfen die Eishinderniſſe bei Franz Joſephs-Land durchbrochen werden konnten. In der Nähe von Hammerfeſt erfuhr man den traurigen Tod des Königs Humbert von Italien.“) 1901 trat Baldwin (vgl. S. 116) zur Erreichung des Pols mit dem Dampfer „Amerika“ eine neue Fahrt nach Franz Joſephs⸗Land an. Sie war von dem amerikaniſchen Millionär Ziegler in geradezu glänzender Weiſe ausgerüſtet und beſtand aus 45 Weißen, 6 Oſtjaken, 15 Ponies, 420 ſibiriſchen Hunden und über 60 Schlitten. Aber ſchon im folgenden Jahre kehrte ſie unerwartet zurück. Ihre ganzen Ergebniſſe beſtanden in der Errichtung von drei Vorratsniederlagen, in der Auffindung von Nanſens Winterhütte von 1895—96 und in der Entdeckung einiger kleiner Eilande. Hauptſächlich ſcheinen Zwiſtigkeiten zwiſchen Baldwin und dem norwegiſchen Kapitän das Scheitern des Unternehmens verſchuldet zu haben. Dieſe Reibereien, die ſogar zu perſönlichen Tätlichkeiten zwiſchen beiden Männern führten, übertrugen ſich auch auf die übrigen Teilnehmer und ſpalteten ſie in ein amerikaniſches und ein norwegiſches Lager. Da unter ſolchen Umſtänden erſprießliche Arbeit und ein ernſtlicher Bor: ſtoß zum Pol unmöglich war, ſo brach Baldwin die Expedition ab. *) Ludwig Amadeus, Herzog von Savoyen, Die „Stella Polare“ im Eismeer. Mit Beiträgen von Kapitänleutnant Cagni und Oberſtabsarzt Cavalli-Molinelli. Deutſche Ausgabe. Leipzig 1903. Baldwin. 119 Der Mißerfolg hatte Ziegler fo wenig entmutigt, daß er 1903 ſofort eine zweite, gleich gut ausgerüſtete Expedition mit gleichen Aufgaben abgehen ließ. Diesmal beſtand ſie nur aus Pe Amerikanern, und da die Klagen gegen Baldwin vielleicht doch nicht ganz unbegründet geweſen waren, ſo wurde an ſeiner Stelle ſein früherer Reiſegenoſſe A. Fiala zum Expeditions— leiter ernannt. Die Expedition hatte von Anfang an mit vielen und großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Nachdem die „Amerika“ Vardö verlaſſen hatte und an die Eiskante gekommen war, dampfte ſie an ihr in öſtlicher Richtung entlang bis dicht nach Novaja Semlja. Nur mühſam vermochte ſie ſich einen Weg zu erzwingen, und man mußte ſchließlich ſtarke Minen von Schieß— baumwolle verwenden, um einen Durchgang in das offene Waſſer zu brechen. Ende Auguſt war die Teplitzbai, der nördlichſte Hafen von Franz Joſephs⸗Land, erreicht und wurde trotz der ſchlechten Erfahrungen des Herzogs der Abruzzen zum Winter— quartier beſtimmt. Tatſächlich ward das Schiff ſchon im November durch furchtbare Eisſchraubungen völlig zertrümmert und verſchwand bei einem heftigen Sturm in einer dunklen Januarnacht, ſei es, daß es fortgetrieben wurde oder unterging. Unglücklicherweiſe gingen beim Aufbrechen des Eiſes auch 100 Tonnen Kohlen und 40 Tonnen Lebensmittel verloren, die man vorläufig auf dem Eiſe untergebracht hatte. Zwei Vorſtöße nach Norden ſcheiterten an der übergroßen Anzahl offener Waſſerſtellen und an der fürchterlichen Be— ſchaffenheit des Eiſes. Die meiſten Schlitten wurden bis zur Unbenutzbarkeit zerſtört, und um das Mißgeſchick voll zu machen, fielen die mitgenommenen 30 Ponies bis auf zwei einer Seuche zum Opfer. Nachdem man vergeblich auf das Eintreffen eines Entſatzſchiffes gewartet hatte, mußte man ſich, geſtützt auf die Ergebniſſe von Jagd und Fiſchfang und auf die von Baldwin und andern zurückgelaſſenen Vorratsniederlagen, auf eine zweite Überwinterung einrichten. Weil Wetter und Eis im Frühling 1905 noch ſchlechter als im Vorjahre waren, ſo führte eine dritte Schlittenreiſe ebenfalls nur wenig über Franz Joſephs— Land hinaus, und Fiala mußte ſich der Überzeugung beugen, daß an eine Eroberung des Poles nicht zu denken ſei. Da kam endlich im Sommer 1905 das Hilfsſchiff „Terra Nova“ an. Es hatte ſchon im verfloſſenen Sommer einen zwei— 120 XII. Mit Luftballon und Eisbrecher zum Nordpol. maligen Vorſtoß verſucht, war jedoch ſtets durch ſtürmiſches Wetter, Nebel und undurchdringliches Eis zur Umkehr gezwungen worden. Erſt beim dritten Male vermochte es mit der Expe— dition in Verbindung zu treten, die ſchwere Zeiten überſtanden, aber nur einen Todesfall zu verzeichnen hatte. Alle Teil- nehmer traten nunmehr die Heimreiſe an. Leider war Ziegler kurz zuvor geſtorben, ſo daß es ihm nicht mehr beſchieden war, die Ankunft ſeiner Expedition zu erleben. Ihre Erfolge waren übrigens gering und ſtanden in keinem Verhältnis zu der Koſt— ſpieligkeit des Unternehmens. Allerdings war auch diesmal die Erreichung des Poles die Hauptſache geweſen; doch wurde nicht einmal die Breite des Kapitäns Cagni wiedergewonnen.) XII. Kapitel. Mit Luftballon und Eisbrecher zum Nordpol. 1897 wurde von Spitzbergen aus eine Expedition zum Pol unternommen, die zu den kühnſten und eigenartigſten Reiſen in der Arktis gehört, indem ſie zum erſtenmal den Luftballon in den Dienſt der Polarforſchung ſtellte. Allerdings hatte ſchon 1876 der Amerikaner Cheyne eine ſolche Luftfahrt angeregt. Sie fand aber ebenſowenig Anklang wie der Vorſchlag des Kapitäns Tyſon, des zweiten Offiziers der amerikaniſchen Polaris⸗Expedition, der gleichzeitig von mehreren Punkten aus internationale Ballonfahrten gegen den Pol hin ins Leben rufen wollte. Auch die von Beſangon und Hermite befürwortete Ballonexpedition zum Pol wurde nicht für ernſt genommen, bis der Oberingenieur am Schwediſchen Patentbureau S. A. Andrse, der durch ſeine wiſſenſchaftlichen Luftfahrten und als einſtiges Mit⸗ glied der internationalen ſchwediſchen Polarſtation reiche Erfah: rungen geſammelt hatte, darauf hinwies, daß man unter ſonſt günſtigen Verhältniſſen den bisher weder zu Schiff noch zu Schlitten erreichten Pol im Luftballon überfliegen könne. Auf Grund ſeiner Berechnungen wurde ein Ballon namens Ornen (d. h. Adler) von 5100 ebm Inhalt und 3000 kg Tragfähig⸗ *) A. Fiala, Fighting the Polar Ice. London 1907, Andrée. 121 keit gebaut, der Andrée mit zwei Begleitern ſowie den not⸗ wendigen Inſtrumenten, Booten, Schlitten und Lebensmitteln für vier Monate aufnehmen und bei gutem Wind in ſechs Tagen über das Polarbecken tragen ſollte. Doch wurde bis 30 Tage Fahrzeit vorgeſehen. Drei Schleppleinen ſollten eine gewiſſe Steuerung ermöglichen und den Ballon in etwa 250 m Höhe ſchwebend erhalten. Der Oberteil der Ballonhülle wurde mit einem waſſerdichten Überzug verſehen, der ſchnelle Temperatur— änderungen des Gaſes infolge wechſelnder Beſtrahlung abſchwächen und den oberen Teil des Netzes beſſer gegen atmoſphäriſche Ein— flüſſe ſchützen ſollte. Am ſchwierigſten bei dem abenteuerlichen und meiſt zurückhaltend oder abweiſend aufgenommenen, wenn— gleich ſonſt wohldurchdachten Plan erſchien die richtige Orien— tierung während der Fahrt und die Gewinnung zuverläſſiger geographiſcher Ergebniſſe. Um dem Ziel möglichſt nahe zu ſein, wurde der Ballon auf der Nordweſtecke Spitzbergens in einem achtſtöckigen Bretter— haus mit Waſſerſtoffgas gefüllt. Doch konnte der für den Sommer 1896 geplante Aufſtieg wegen dauernd ungünſtiger Nordwinde nicht zur Ausführung kommen. Erſt am 11. Juli 1897 gelang Andrée und feinen Begleitern Strindberg und Fränkel der Aufſtieg. Durch einen unerklärlichen Zufall wurde die Hälfte der Schleppleinen, auf deren Hilfe Andrée ſo großes Gewicht legte, im letzten Augenblick zurückgelaſſen. Seitdem ſind die drei kühnen Luftſchiffer verſchollen. Leider bewährten ſich die mitgenommenen Brieftauben wegen der Unbill des arktiſchen Klimas ſo wenig, daß nur eine am zweiten Tag nach dem Aufſtieg abgelaſſene zur Strecke kam. Da fie ſchon am fünften Tage nach der Abfahrt des Ballons erlegt ward, jo kam die erſte Depeſche von Andrse ſchneller, als man erwartet hatte, und meldete folgendes: „13. Juli, 12 Uhr mittags, 82“ 2“ N., 15% 5“ O. Gute Fahrt nach O. 10“ S. Alles wohl. Dies iſt meine dritte Taubenpoſt. Andrée.“ Dann vergingen 1%, Jahre ohne jedes weitere Lebenszeichen, bis im Mai 1899 an der Nordküſte Islands eine der von Andrée mitgenommenen Bojen antrieb, die einen Grundriß des zurückgelegten Weges und folgende Mitteilung enthielt: „Schwimmende Boje Nr. 7. Dieſe Boje iſt am 11. Juli 1897 (alſo am Aufſtiegstag) abends 10 Uhr 55 Min. nach Greenwicher Mittelzeit unter 82“ N., 25° W. von Andrees — = 2.) 122 XII. Mit Luftballon und Eisbrecher zum Nordpol. Ballon ausgeworfen worden. Wir ſchweben in einer Höhe von 600 m. Alles wohl. Andrée, Strindberg, Fränkel.“ Wieder verfloß über ein Jahr, bis am 31. Auguſt 1900 bei Skärvö im nördlichſten Norwegen eine dritte Nachricht folgenden Inhalts ankam: „Boje Nr. 4, die erſte, die ausgeworfen iſt, am 11. Juli (alſo wiederum am Aufſtiegstag) 10 Uhr nad) mittags Greenwicher Zeit. Unſere Reiſe iſt bisher gut ver— laufen. Wir befinden uns ungefähr 250 m hoch. Richtung anfangs N. 10° O., Kompaß nicht abweichend, ſpäter N. 45° O., Kompaß nicht abweichend. 4 Uhr 55 Min. nad) mittags wurden vier Brieftauben abgeſandt, die gegen Weſten flogen. Wir befinden uns jetzt über ſehr zerklüftetem Eis. Das Wetter iſt herrlich, die Stimmung ausgezeichnet. Andree, Strindberg, Fränkel.“ Da die zuerſt gefundene Boje 55 Mi— nuten ſpäter als Boje Nr. 4 ausgeworfen wurde, ſo erfährt man aus dem Inhalt der letzteren nichts Neues. In der Zwiſchenzeit hat man noch drei andere zur Expe— dition gehörige Bojen aufgefiſcht, darunter die ſogenannte Polar— boje, die beim Paſſieren des Nordpols ausgeworfen werden ſollte. Aber ſie entbehrten des Verſchluſſes und waren leer, ſo daß ſich nicht feſtſtellen läßt, ob ſie überhaupt mit Bemerkungen verſehen waren oder bloß als Ballaſt ausgeworfen wurden, um den immer tiefer ſinkenden Ballon zu erleichtern. Aus dem dürftigen Inhalt der eingegangenen Nach- richten ergibt ſich folgendes: Im Augenblick des Aufſtieges ließ Andrée die erſte Taubenpoſt ab, der nachmittags 4 Uhr 50 Minuten die zweite folgte. Abends 10 Uhr des Auf— ſtiegstages wurde Boje Nr. 4 ausgeſetzt, 55 Minuten ſpäter Boje Nr. 7. Der Ballon befand ſich damals erſt 2½ Grad nördlicher als der Aufſtiegsort auf Spitzbergen. Zwei Tage ſpäter, am Mittag des 13. Juli, wurde die dritte Tauben⸗ poſt abgeſchickt, aus der hervorgeht, daß der Ballon noch immer über 82“ N. ſchwebte. Alles andere liegt in voller Ungewißheit. Man nimmt nun an, daß der Ballon bald in einen von Fangſchiffern auf Spitbergen vom 11. bis 15. Juli beobachteten Odſtſturm und damit in einen weſtwärts gerichteten Luftwirbel geriet, der ihn zur Nordoſtküſte Grönlands führte. Dann wurde er im Zentrum dieſes Luftwirbels durch Windſtille aufgehalten, Andrée, Wellman. 123 bis ihn ein zweiter Zyklon nach Nordoſt weitertrieb.*) Der fünftägige, feuchtkalte Sturm aber, der die Luftſchiffer ſo erheb— lich aus ihrem Kurs brachte, ſchlug zugleich ſo ſchwer laſtende Eis⸗ und Schneemaſſen auf der Ballonhülle nieder, daß die Be— mühungen der Ornenfahrer, den zuſehends ſchwerer werdenden und tiefer ſinkenden Ballon durch Preisgabe aller entbehrlichen Gegenſtände zu entlaſten und ihn zu neuem Aufſteigen zu ver— anlaſſen, vergeblich waren. Die zunehmende Vereiſung und Schneeanhäufung und der täglich fortſchreitende Gasverluſt machen es auch wahrſcheinlich, daß der Ballon ſich nicht einen Monat, ſondern höchſtens eine Woche ſchwebend erhalten hat, ſo daß die Strandung vermutlich ſchon in der Zeit vom 17. bis 20. Juli 1897 erfolgte. Den Schauplatz des Unterganges zu beſtimmen, “ wird kaum möglich ſein, und nur durch Zufall wird man einige Überbleibſel der Expedition entdecken können. Allerdings erzählten Eskimos, im Frühjahr 1899 ſeien bei 2 222 Fort Churchill zwei weiße Männer getötet worden und zwei andere ſeien davongelaufen und hätten ein großes rundes Ding voll Tabak, Munition uſw. zurückgelaſſen. Auch in Sibirien wollten Tunguſen einen ſtoffüberzogenen Gegenſtand und nicht weit davon drei menſchliche Leichname nebſt zahlreichen Inſtru— menten bemerkt haben. Endlich glaubte man in Spitzbergen Hilferufe gehört zu haben. Allein alle dieſe Nachrichten erwieſen ſich als falſch, und die nach Spitzbergen, Franz Joſephs-Land (Wellman), Oſtgrönland (Nathorſt), zum Smithſund (Peary) und an die ſibiriſche Polarküſte (Stadling) entſandten Rettungs⸗ erpeditionen vermochten keine Spur von den Vermißten aufzu— finden. Der unglückliche Ausgang des Andrseſchen Experiments konnte zu weiteren Verſuchen in dieſer Richtung nicht ermutigen. Erſt jetzt ſoll es durch Wellman wiederholt werden, der in Spitzbergen und Franz Joſephs-Land bereits polare Erfahrungen geſammelt hat (vgl. S. 116) und unter Ausnutzung aller *) Vielleicht bis nach Franz Joſephs⸗Land, wo Kapitän Champ, der Führer der Fialaſchen Entſatzexpedition, am Kap Flora einen Metallzylinder fand, der als Teil eines photographiſchen Behälters von Andrées Expedition erkannt wurde. Da der Zylinder auf einem Berge ein gutes Stück landeinwärts lag, ſo ergibt ſich die Vermutung, daß der Ballon öſtlicher als bisher angenommen ſeinen Weg nahm und möglicherweiſe auf Franz Joſephs⸗Land niederging. 124 XII. Mit Luftballon und Eisbrecher zum Nordpol. Fortſchritte, welche die Luftſchiffahrt inzwiſchen gemacht hat, mit einem lenkbaren Luftballon den Pol bezwingen will. Das im Vergleich zu dem Andröeſchen weſentlich vervollkommnete Luft— ſchiff faßt 8000 ebm Waſſerſtoffgas und ſoll 25 Tage ſchwebe— fähig ſein. Auch die drahtloſe Telegraphie ſoll bei der Luft— reiſe, für die der Verleger einer Chicagoer Zeitung 1 Million Mark zur Verfügung geſtellt hat, Verwendung finden. In Amerika herrſcht ſeit Jahren trotz aller Mißerfolge ein geradezu krankhaftes Streben, den Nordpol zu bezwingen, und Wellman verfolgt keinen andern Zweck. 1906 hatte er in Spitzbergen alles zum Aufſtieg vorbereitet. Weil jedoch einzelne Teile des Ballons Fehler zeigten, ſo wurde er nochmals einer gründlichen Prüfung unterworfen und die Wiederholung der Fahrt auf das Jahr 1907 verſchoben. Erſcheint Wellmans Plan auch nicht fo tollkühn wie derjenige Andrees, fo bleibt er immerhin ein mehr auf Senſation berechnetes Wagnis, das der Wiſſenſchaft kaum nennenswerte Vorteile bringen dürfte. Noch andere Vorſchläge zur Eroberung des Nordpols ſind in der Zwiſchenzeit gemacht worden. Vor allem trat der verdienſt— volle ruſſiſche Hydrograph Admiral Makarow, der vor Port Arthur ein beklagenswertes Ende gefunden hat, für die Anwen— dung ſtarker Eisbrecher ein. Geſtützt auf langjährige Erfah: rungen, glaubte er, daß ein Eisbrecher von 20000 Pferdekräften oder beſſer zwei hintereinander fahrende Eisbrecher von je 10000 Pferdekräften genügen würden, um das ſtärkſte Eis zu zer— trümmern. Die Erfolge, die Makarows Eisbrecher „Jermak“ in der Oſtſee und bei Spitzbergen gehabt hat, ließen auch un— geachtet der dabei erlittenen Beſchädigungen ein Gelingen des Planes nicht ausſichtslos erſcheinen. Doch hat der „Jermak“ trotz ſeiner kräftigen Maſchinen die Eismaſſen um Novaja Semlja nicht zu durchbrechen vermocht, ſo daß es wieder zweifel— haft geworden iſt, ob man auf dieſe Weiſe bis zum Pol vor⸗ dringen kann. Was indes einem Eisbrecher nicht gelingt, dürften vielleicht zwei fertig bringen, und was dieſe nicht leiſten können, vollbringen drei oder vier. Die Polarforſchung mit Eisbrechern iſt nur eine Geldfrage. Ebenſo neuartig wie abenteuerlich iſt weiter der Vorſchlag von Dr. Hermann Anſchütz-Kämpfe, den Nordpol mittels des Unterſeebootes zu gewinnen, das bis an die Grenze des Packeiſes vordringen, dort untertauchen und an eisfreien Stellen XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). 125 wieder emporkommen ſoll, bis der Pol bezwungen ift.*) Obwohl Anſchütz-Kämpfe die der Ausführung ſeines Planes entgegen— ſtehenden Schwierigkeiten vollkommen anerkennt und theoretiſch die Möglichkeit ihrer Überwindung zu beweiſen ſtrebt, kann man über die Durchführbarkeit des bis jetzt nicht zur Verwirklichung gelangten Unternehmens noch kein Urteil fällen. Endlich iſt H. Arctowsky, ein Mitglied der belgiſchen Südpolar⸗Expedition, eifrig für die Verwendbarkeit von Schlitten— Automobilen eingetreten, die namentlich auf den glatten Eis— flächen des antarktiſchen Feſtlandes mit Vorteil benutzt werden könnten. XIII. Kapitel. Der Rampf um den Hüdpol (bis 1899). **) Die heute erſt in ihren allgemeinſten Umriſſen bekannten antarktiſchen Länderräume ſind der Überreſt eines ausgedehnten geheimnisvollen Feſtlandes, das man ſchon früh in die gemäßigte Zone der Südhalbkugel hineinragen ließ. Ptolemäus hatte be— reits auf Grund älterer Anſchauungen die Vermutung von dem Vorhandenſein eines großen unbekannten Weltteils ausgeſprochen, der der Südrand des Indiſchen Ozeans begrenzen und den Länder— räumen der nördlichen Halbkugel ebenbürtig ſein ſollte. Dieſe Meinung wurde ſeit dem Wiederbekanntwerden des Ptolemäus und ſeit der Zeit der großen Entdeckungen durch die berühmten Kartographen Mercator, Schöner und Ortelius weiter ver— breitet und erhielt ſich mit merkwürdiger Zähigkeit 2000 Jahre hin⸗ durch bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Denn man war *) H. Anſchütz-Kämpfe, Das europäiſche Eismeer und ein neuer Expeditionsplan nach dem Nordpole. Mtlgn. K. k. Geogr. Geſ. Wien 44 (1901), S. 53—73. k K. Fricker, Antarktis. Bibliothek der Länderkunde Bd. I. Berlin 1898 — G. Neumayer, Auf zum Südpol! 45 Jahre Wirkens zur Förderung der Erforſchung der Südpolar-Region 1855-1900. Berlin 1901. — G. Murray, The Antarctic Manual for the use of the expedition of 1901. London 1901. — E. S. Balch, Ant- arctica. Philadelphia 1903. — H. R. Mill, The siege of the South Pole. London 1906. — F. Regel, Die Südpolarforſchung. Hillgers Illuſtrierte Volksbücher Bd. 68. Berlin und Leipzig 1907. 126 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). der Anſicht, daß den Landmaſſen der Nordhalbkugel ein ungefähr gleichgroßes Feſtlandsgebiet auf der Südhemiſphäre entſprechen müſſe, um die Erdkugel im Gleichgewicht zu halten und ihr Umkippen zu verhüten. Dieſe müßigen Spekulationen einer wiſſenſchaft⸗ lichen Phantaſie veranlaßten eine ganze Reihe von Entdeckungsreiſen zu jenem unbekannten Südland, das bald als Brasilia inferior oder Terra Magellanica, bald als Terra Australis incognita sive nondum cognita bis zu den Südſpitzen der andern Kon— tinente reichen ſollte und in dieſer gewaltigen Ausdehnung auf den Karten eingezeichnet wurde. Wohl gelang es einigen See— fahrern, hie und da wirklich Land zu entdecken, in dem man die äußerſten Spitzen jenes vermeintlichen Kontinents gefunden zu haben glaubte. Aber bei genauerer Unterſuchung entpuppten ſich die angeblichen Feſtlandsſtrecken ſtets als unbedeutende Inſel— gruppen, oder man hatte ſich durch gebirgsähnliche Wolkenbildungen oder durch ſchuttbeladene Eisberge täuſchen laſſen. So ſchrumpfte das fabelhafte Südland immer mehr zuſammen, bis es durch Abel Tasmans Umfahrung Auſtraliens und vor allem durch Cooks berühmte Umſegelung der Südpolarregion in ſeine wahre Geſtalt aufgelöſt ward. Die erſte Periode der antarktiſchen Fahrten umfaßt alle diejenigen Expeditionen, die der Feſtſtellung oder richtiger Nichtfeſtſtellung des großen unbekannten Südlandes gewidmet waren. 1675 fand Antonio de la Roche, der Führer einer aus Hamburg ſtammenden Handelsexpedition, das ſchon von Amerigo Veſpucci 1501 —1502 entdeckte Südgeorgien wieder, das man wegen mangelhafter Ortsbeſtimmungen nicht mehr hatte auffinden können. Erſt 62 Jahre ſpäter berührte 1738 der franzöſiſche Admiral Lozier Bouvet die nach ihm benannte Bouvetgruppe. Marion du Frezne entdeckte 1772 die Prince Edwards: und die Crozetinſeln, während gleichzeitig der Bretagner Seemann Kerguelen ebenfalls auf einer Regierungsexppedition nach dem, wie man allgemein glaubte, fruchtbaren und bewohn— baren Südland die feinen Namen tragende Kerguelen-Inſel er: reichte. Alle dieſe Fahrten hatten indes noch lange nicht die eigent- lichen antarktiſchen Gebiete jenſeits des Polarkreiſes aufgeſucht, und erſt Cook war es vorbehalten, dreimal als erſter Forſchungsreiſender über ihn vorzudringen und damit die Entdeckung der Südpolargebiete — Cook. 127 im engern Sinn einzuleiten.“) Neben kühnem Unternehmungsgeiſt beſeelte ihn die Hoffnung, neue, an Naturſchätzen reiche Gegenden zu finden und ſie ſeinem Vaterlande nutzbar zu machen. Auf ſeiner zweiten Weltumſegelung mit den Schiffen „Reſolution“ und „Adventure“ (1772 — 75), auf der ihn die deutſchen Naturforſcher Johann Reinhold Forſter und ſein Sohn Georg Forſter begleiteten, entdeckte er die Süd⸗Sandwichs, und auf ſeiner dritten Weltreiſe erforſchte er die bereits bekannten Prince Edwards— und Kerguelen-Inſeln, worauf er quer durch den Stillen Ozean ins aſiatiſch⸗amerikaniſche Polarmeer ſegelte, um bald darauf auf Hawaii den Tod zu finden (vgl. S. 100). Cook wies unumſtöß— lich das Überwiegen eines ungeheueren Meeres auf der Südhalb— kugel und das Nichtvorhandenſein des großen Südlandes nach. Sollte ein ſolches überhaupt exiſtieren, ſo mußte es nach ſeiner Auffaſſung auf den Raum innerhalb des Polarkreiſes beſchränkt ſein, und über dieſes weite, noch immer 17 Millionen Quadrat- kilometer große Gebiet fehlte jede Kenntnis. Allein die Berichte Cooks über die Armut und Ungaſtlichkeit der Antarktis und die Schwierigkeiten und Gefahren der Schiffahrt in jenen Breiten hatten die Unternehmungsluſt erheblich abgekühlt. Obendrein waren die kriegeriſchen Zeiten den Entdeckungen ſo wenig günſtig, daß ſich die antarktiſche Geographie 50 Jahre lang mit Cooks Er— rungenſchaften begnügte. Erſt die Reiſen der mit dem 19. Jahrhundert anhebenden zweiten Forſchungsperiode, die ſich in unmittelbarer Nachbarſchaft oder innerhalb des Polarkreiſes bewegten, nahmen die lange unter— brochenen Entdeckungen wieder auf und ſchränkten das ant— 1 arktiſche Feſtland auf noch engere Grenzen ein als es Cook getan hatte. Zunächſt fanden die engliſchen Robbenſchläger William Smith und Bransfield die völlig eisbedeckten Neu-Süd-Shetlands und das ſüdlich davon gelegene Inſelgewirr, das völlig mit Unrecht den neuerdings wieder aufgegebenen Namen Dirk Gerritsz-Archipel erhalten hat.““) Kaum war der ſchon von Cook erwähnte Reich— *) J. Cook, Voyage towards the South Pole and round the world. London 1779. k, Man nahm irrtümlich an, daß Dirk Gerritsz 1599 bis in jenes Gebiet gekommen ſei. Dagegen haben S. Ruge und A. Wich- mann nachgewieſen, daß jener holländiſche Seemann durch einen Sturm nur bis 56° S., aber nicht bis zu dem unter 64“ ©. gelegenen Archipel 128 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). tum dieſes Gebietes an wertvollen Robbenarten bekannt geworden, jo wimmelten auch ſchon feine Küſten von engliſchen und amerifa- niſchen Fangleuten, die ihre Arbeit ſo gründlich verrichteten, daß binnen fünf Jahren faſt alle Pelzrobben ausgerottet waren. Ihre Vernichtung zwang zur Aufſuchung neuer Jagdgründe, und hierbei haben ſich einige beſonders wagemutige Robbenſchläger um die weitere Erforſchung des Landes verdient gemacht. James Weddell, Palmer, Powell und andere entdeckten die felſigen, ſchnee- und eisbedeckten Süd-Orkneys und das neuerdings als Inſel— reihe erkannte Palmerland, als plötzlich unter den Fangſchiffen eine ruſſiſche Regierungsexpedition unter Fabian Gottlieb v. Bellingshauſen und Lazarew erſchien. Die ausſchließlich wiſſenſchaftliche Ziele verfolgende Expedition, eine der bedeutendſten Südpolarreiſen, berührte 1819 — 21 auf ihrer ausgedehnten Rund⸗ fahrt um den Polarkreis zum erſten Male die unter Eis und Schnee begrabene Peter I.-Inſel, ſowie das unnahbare Alexander I.-Land, das erſte jenſeit des ſüdlichen Polarkreiſes feſtgeſtellte wirkliche Südpolarland, und entdeckte bei der Unterſuchung der Süd-Sand⸗ wichs auf der Sawadowski-Inſel einen tätigen Vulkan. “) Der gleichzeitigen Reiſe des Amerikaners Morrell wird von genauen Kennern der Antarktis nicht voller Glaube geſchenkt. Dagegen it der erfolgreiche Vorſtosß Weddells, auf dem er von den Süd⸗Orkneys aus durch eisfreies Meer bei mildem Wetter bis 74° 15° S. vordrang, von Dumont d' Urville mit Unrecht verdächtigt worden, weil der berühmte franzöſiſche Weltumſegler ſtatt günſtigen Fahrwaſſers ſchweres Packeis antraf. Gern wäre Weddell in jenem Meere, das ſich bis ins Herz des Polargebietes hinein fortzuſetzen ſchien und ſpäter nach ihm benannt wurde, noch weiter ſüdwärts geſteuert. Aber der Zuſtand ſeiner Schiffe und ſeiner vom Skorbut ergriffenen Mannſchaft zwangen ihn im Hinblick auf den weiten Rückweg und die fortgeſchrittene Jahres⸗ zeit zur Umkehr. *) 1831-32 führte John Biscoe mit zwei Biden Schiffen unter den widrigſten Umſtänden eine neue verſchlagen wurde und daß er ſelbſt niemals eine ſolche Behauptung ausgeſprochen hat. S. Ruge, Das unbekannte Südland. Deutſche Geogr. Blätter, Bremen Bd. 18 (1895), S. 147—171, 322—350. — A. Wichmann Dirk Gerritsz. Groningen 1899. F. v. Bellingshauſens Forſchungsfahrten im ſüdlichen Eis⸗ meer in den Jahren 1819 — 1821. Deutſcher Auszug. Leipzig 1902. **) J. Weddell, Voyage towards the South Pole 1822 — 24. London 1825. Wilkes, Dumont d’Urville, Roß. 129 Umſegelung des Poles, die dritte Zirkumpolarfahrt, aus. Dabei ſichtete er das in der ſüdlichen Verlängerung von Madagaskar gelegene Enderbyland, das ſich in einer hohen Eismauer fortſetzte. Ferner berührte er das Grahamland und die Nachbargruppe der Biscoe-Inſeln. Der Waler Kemp entſchleierte 1834 das öſtlicher liegende hohe Kempland, Balleny 1838 in den antarktiſchen Gewäſſern ſüdlich von Neuſeeland die ſeinen Namen tragenden vulkaniſchen Eilande, von denen man deutlich Rauch aufſteigen ſah, und Teile des nahen Wilkeslandes. Eines der beiden Fahr— zeuge Ballenys, nach dem er den neu entdeckten Teil des Wilkeslandes Sabrinaland taufte, iſt ſpurlos verſchollen; wahr— ſcheinlich ging es in einem der ſchweren antarktiſchen Stürme unter. Alle dieſe geographiſchen Ergebniſſe, die zur Sichtung einer Reihe neuer Küſten und Inſeln führten, verdankte man in erſter Linie den mehr zufälligen Entdeckungen der Fangſchiffer, denen die ferne Antarktis ergiebige Jagdgründe eröffnete. Wiſſenſchaft— liche Forſchungen lagen ihnen fern. Da brachte die berühmte Arbeit unſeres großen deutſchen Mathematikers und Phyſikers Karl Friedrich Gauß über den Erdmagnetismus und die wahr— ſcheinliche Lage der Magnetpole eine neue mächtige Anregung für die antarktiſche Forſchung, indem fie dank dem Einfluſſe Alexander v. Humboldts auch auf der Südhalbkugel magnetiſche Beobach— tungen größeren Umfangs ins Leben rief. Von 1838 — 43, welcher Zeitraum als die große Periode der Südpolarforſchung bezeichnet wird, erſchienen faſt gleichzeitig drei wiſſenſchaftliche Expeditionen in der Antarktis. Sie beſtanden aus fünf nordamerikaniſchen Schiffen unter Charles Wilkes, aus den franzöſiſchen Kor— vetten „Aſtrolabe“ und „Zélée“ unter dem ſpäteren Admiral Dumont d' Urville und den engliſchen Fahrzeugen „Erebus“ und „Terror“ unter James Clarke Roß und Francis Crozier.“) Wilkes ſegelte an dem ſchon von Balleny geſichteten *) J. S. C. Dumont d' Urville, Voyage au pöle sud et dans l’Oceanie. 23 Bände Text und 6 Abtlgn. Atlas, Paris 1841 bis 1854. — Ch. Wilkes, Narrative of the U. S. Exploring Expe- dition. 5 Bde. New York 1845. — J. C. Ross, Voyage of dis- covery and research in the Southern and Antarctic Seas. 2 Bde. London 1846. Deutſch Leipzig 1847. — R. M'Cormiek, Voyages of discovery in the Arctic and Antarctic Seas and round the world. 2 Bde. London 1884. ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 5 9 130 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). Küſtenſtrich hin, den er den antarktiſchen Kontinent nannte und auf eine 2300 km lange Strecke befuhr, bis ihm das Eis Halt gebot. Doch blieb es unbeſtimmt, ob dieſe heute als Wilkes— land bekannte Küſte ein zuſammenhängendes Feſtland oder eine durch Eis verkittete Inſelreihe darſtellt, da Wilkes dem von einer hohen Eiswand umgürteten Uferrande nirgends nahe genug kam, um ſich durch Landung eingehend von ſeiner Beſchaffenheit zu überzeugen. Dumont d' Urville entſchleierte das von zahl: reichen Gletſchern eingenommene Louis Philippe-Land im ameri— kaniſchen Südpolargebiet und bemerkte ebenfalls verſchiedene Ab— ſchnitte des antarktiſchen Kontinents, nämlich das durch Geſteins— proben ſicher verbürgte Adelieland und das vielleicht mit Ballenys Sabrinaland identiſche Clarieland. Die weitaus größten Erfolge hatten aber die Engländer, deren Schiffe für das Kreuzen im Eismeere beſonders eingerichtet, während die amerikaniſchen und franzöſiſchen Fahrzeuge für polare Zwecke wenig geeignet waren. Allerdings waren dieſe beiden Expeditionen nur Abſtecher großer Weltreiſen in die Antarktis und dienten in erſter Linie anderen Aufgaben. James Clarke Roß, der jüngere Roß, wie man ihn zum Unterſchiede von ſeinem Oheim John Roß zu nennen pflegt, iſt einer der hervorragendſten Polarreiſenden, den Nord- und Südpolar⸗ forſchung gleichmäßig als einen ihrer Helden in Anſpruch nehmen. Geboren am 15. April 1800, trat er frühzeitig in die Marine ein und hatte als junger Seeoffizier das Glück, an John Roß' Vorſtoß in die Baffinbai und an allen arktiſchen Entdeckungs⸗ fahrten Parrys teilzunehmen. Dann begleitete er ſeinen Oheim John Roß auf der denkwürdigen Forſchungsreiſe nach Boothia, die gerade ihm die wichtigſten Ergebniſſe verdankte (vgl. S. 34), weil er nicht nur ein ausgezeichneter Hydrograph und Polar- fahrer, ſondern auch ein Geophyſiker erſten Ranges war. Zum Fregattenkapitän befördert und mit Küſtenvermeſſungen in der Heimat betraut, erhielt er 1839 den Oberbefehl über die Re— gierungsexpedition nach dem Südpol. Reichte bis dahin die äußerſt geringfügige Kenntnis der Antarktis nur an wenigen Punkten über den Polarkreis und bloß an einer Stelle über 74 S. hinaus, ſo ſtellten James Roß' Entdeckungen alles Bisherige völlig in den Schatten. Sie haben alle Zweige der phyſiſchen Erdkunde weſentlich gefördert, und auf ihnen beruhte bis zur Gegenwart der größte Teil unſeres Wiſſens vom Südpolargebiet. James Roß. 131 Weil die britiſche Admiralität zwei beſondere Polarſchiffe bauen ließ, ſo hatten die beiden anderen Expeditionen, ehe Roß zur Stelle war, ſchon ſolche Erfolge errungen, daß ihm Wilkes eine von ihm ſelbſt gezeichnete Karte ſeiner Entdeckungen zu— ſandte. Roß ging daher, von ſeinen Vorſchriften abweichend, von Tasmania aus geradeswegs nach Süden, und dieſer glückliche Zufall führte ihn zu der einzigen Stelle, wo, ſoweit unſere heutigen Kenntniſſe reichen, ein tiefes Eindringen in die Antarktis ohne ſonderliche Mühe möglich iſt. Insgeſamt hat Roß drei größere Vorſtöße ins Südpolargebiet unternommen, zwiſchen denen jedes— mal außerhalb desſelben überwintert wurde. Hierbei kam die Expedition in Sicht eines ſchnee- und gletſchererfüllten Berg— landes, des Viktorialandes, das aber durch eine unzugängliche Eismauer geſperrt wurde. Es trug eine Reihe gewaltiger Alpen— gipfel, die ſchätzungsweiſe 3600 — 4200 m hoch waren und vom mächtigen Mount Melbourne überragt wurden. Noch mehr war man überraſcht, als plötzlich ein eis- und ſchneebedeckter Kegel auf— tauchte, der Rauch und Aſche ausſtieß: ein in dieſen hohen Breiten völlig unerwartetes Schauſpiel. Es war der 3770 m hohe Erebus, während der niedrigere Nachbarvulkan, der nach dem Schweſterſchiffe Terror benannt wurde, erloſchen war. Auch weiterhin vom Glücke begünſtigt, gewann Roß die vordem noch nie erreichte Breite von 78“ 10“ S. und näherte ſich, nachdem er erſt wenige Jahre früher den nördlichen Magnetpol entdeckt hatte, dem magnetiſchen Südpol ſo ſehr, daß die Magnetnadel eine Neigung von 89 Grad zeigte. Schon bei der erſten Annäherung an das Land war eine unabſehbare weiße Linie aufgefallen, die ſich als eine damals 50—100 m hohe, ſenkrechte Eismauer enthüllte, wie fie auch ſchon in anderen Teilen des Südpolargebietes beobachtet worden war. Da die Maſten kaum halb ſo hoch wie die rieſige Eis— barriere waren, ſo konnte man nur an wenigen niedrigeren Stellen einen Einblick auf die Oberfläche der glatt abgeſchnittenen Eis— wand gewinnen, die ſich als eine weite, ſchneeüberkleidete Ebene zu erkennen gab und, allmählich anſteigend, an hohen Schnee— gebirgen endete. Von allen Vorſprüngen hingen rieſenhafte Eis— zapfen herab zum Beweiſe, daß ſelbſt in jenen unwirtlichen Gegenden das Eis zeitweilig auftaut, obwohl die mittlere Tempe— ratur des Februar, des wärmſten Monats auf der Südhalb— kugel, — 8° C. betrug. Die hunderte von Kilometern weit ver— 9 * 132 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). laufende Eiswand bedeutete für Roß eine bittere Enttäuſchung, und nachdem er ſich wiederholt bemüht hatte, ihr Ende zu er— mitteln, kehrte er nach England zurück, nicht ohne zuvor noch das Louis Philippe-Land unterſucht und Weddells Kurs nach Süden verfolgt zu haben. Von 152 Mann kam nur einer nicht wieder, der bei hohem Seegange über Bord geſpült wurde und ertrank, während die franzöſiſche Expedition viele Todesfälle hatte. Beide Schiffe wurden ſofort wieder in Dienſt geſtellt, um unter John Franklin und Crozier die verhängnisvolle Polar— expedition nach King Williams-Land anzutreten, von der ſie nie wieder zurückkehren ſollten (vgl. Kapitel V). An den Verſuchen, das Schickſal der Verſchollenen aufzuklären, nahm auch Roß als Führer einer Hilfsexpedition teil. Reich ausgezeichnet für ſeine wiſſenſchaftlichen Erfolge, ſtarb er am 3. April 1862. Nach den Entdeckungen der amerikaniſchen, franzöſiſchen und engliſchen Expedition laſſen ſich die bis dahin gefundenen Küſten und Inſeln in drei Hauptgruppen gliedern. Sie liegen ungefähr den drei ſüdlichen Feſtländern Amerika, Afrika und Auſtralien gegenüber und ſind durch eine gewaltige Eismauer miteinander verbunden. Leider machte man fortan keinen Verſuch mehr, die unbekannten Gebiete weiter zu erforſchen, da das Intereſſe ganz und gar durch die Franklin-Expeditionen in Anſpruch genommen wurde. Nur der amerikaniſche Robbenſchläger William G. Smiley war noch während Roß' Anweſenheit in den Neu-Süd⸗ Shetlands und im Palmerlande tätig, und 1845 unternahm Leutnant Moore zur Ergänzung von Roß' magnetiſchen Be⸗ obachtungen einen Vorſtoß in der Richtung auf Enderbyland, der jedoch wegen ungünſtiger Eisverhältniſſe keine geographiſchen Ergeb⸗ niſſe brachte. Erſt drei Jahrzehnte ſpäter machte die Challenger⸗ Expedition unter G. S. Nares (vgl. S. 59) einen flüchtigen Abſtecher gegen das Weſtende von Wilkesland. Auch der Ham⸗ burger Kapitän Eduard Dallmann (vgl. S. 104), der ſpäter eine Handelsexpedition nach dem Jeniſſei führte und dann mit Dr. Otto Finſch die Beſitzergreifung Deutſch-Neuguineas in die Wege leitete, geſtaltete 1873 — 74 durch eine Reihe wertvoller Entdeckungen das Kartenbild des Grahamlandes und ſeiner Um⸗ gebung erheblich um. a Wiederum verfloſſen 20 Jahre, bis Fangleute die Süd⸗ polarforſchung wieder erweckten. Als nämlich der Seetierfang in den nordiſchen Gewäſſern immer unergiebiger wurde, wandte man Borchgrevinks erſte Reiſe. 133 ſich um ſo mehr den antarktiſchen Jagdgründen zu. Da einzelne dieſer Fahrzeuge wiſſenſchaftliche Begleiter an Bord hatten, ging auch die Wiſſenſchaft nicht leer aus. Eine ſchottiſche Walerflottille kreuzte 1892 in der mit beſonderer Vorliebe aufgeſuchten amerikaniſchen Ant— arktis, wobei neben dem Maler und Schriftſteller Burn-Murdoch die Arzte und Naturforſcher William S. Bruce und Charles W. Donald auf den Dampfern „Balaena“ und „Active“ an der Fahrt teilnahmen.“) Erfolgreicher waren dank den günſtigen Eisverhältniſſen die gleichzeitigen Unterſuchungen des norwegiſchen Kapitäns Larſen auf dem einer Hamburger Reederei gehörigen Dampfer „Jaſon“, demſelben Fahrzeug, das kurz zuvor Nanſen und ſeine kühnen Gefährten nach Grönland zu deſſen berühmter Durchquerung gebracht hatte. Nunmehr durchſtreifte es im Verein mit der „Hertha“, Kapitäne Evenſen und Peterſen, das Gebiet von den Süd⸗Orkneys, wo die erſten Verſteinerungen geſammelt wurden, bis zum Alexander I.-Land. Sie lehrten das von einer Eis— mauer umpanzerte Graham- und König Oskarland als ein von ge— waltigen Gletſchern erfülltes und von Fjorden tief zerriſſenes Ge— birgsland kennen, das ſich weit nach Süden erſtreckt, während ihm auf drei Seiten ein vielnamiges Gewirr größerer und kleinerer Inſeln vorgelagert iſt. Zugleich wurden, wahrſcheinlich an der Kreuzung einer oſt-weſt verlaufenden und einer in der Verlänge— rung der Anden liegenden Bruchlinie, zwei neue tätige Feuerberge, der Chriſtenſen⸗Vulkan und Lindenberg⸗Zuckerhut, entdeckt.“ “) 1894 - 95 drang der norwegiſche Dampfwaler „Antarctic“ unter Kapitän Bull***) im Forſchungsbereich von James Roß tief ins Südpolargebiet ein. Der Beſatzung hatte ſich der junge norwegiſche Gelehrte C. Egeberg Borchgrevink angeſchloſſen und zwar als einfacher, „naturforſchender“ Matroſe, da er ſonſt an der Fahrt nicht hätte teilnehmen können. Nachdem ſich der Dampfer 38 Tage lang — auf der Rückreiſe waren nur ſechs *) W. G. Burn-Murdoch, From Edinburgh to the Ant- arctic, with a chapter by W. S. Bruce. New Lork 1894. *r) J. Peterſen, Die Reiſe des „Jaſon“ und der „Hertha“ in das Antarktische Meer 1893— 94. Mtlgn. d. Geogr. Geſ. Hamburg 1895. Auch. n ne The cruise of the „Antarctic“: a voyage to the Boah. Polar a in 1895. New York and London 1896. Deutſch von Margarethe Langfeldt. Leipzig 1904. — L. Kri- stensen, Antarctic's Reise til Sydishavet eller Normaendenes Landing paa Syd Victoria Land. Tönsberg 1895. 134 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). Tage notwendig — durch die dicht gepackten Treibeismaſſen hin— durchgearbeitet hatte, gelangte er bis zu dem ſeit 55 Jahren nicht wieder beſuchten Viktorialand. Borchgrevink betrat es zum erſtenmal und damit als erſter den antarktiſchen Kontinent an zwei Stellen trotz der Beläſtigungen, welche die zu Tauſenden den Boden bedeckenden Pinguine verurſachten. Dabei ſammelte er die erſten Geſteinsproben und die erſten Pflanzen vom ant— arktiſchen Feſtland, das man bisher für völlig vegetationslos ge— halten hatte. Von den ſchneebedeckten Gipfeln ſtiegen gewaltige Gletſcher herab, deren es beim Kap Adare, dem nordweſtlichſten Vorſprung des Viktorialandes, nicht weniger als 20 gab. Ein 2400 m hoher vulkaniſcher Pik war verhältnismäßig ſchneefrei, wohl, weil er ſich unlängſt noch in Tätigkeit befunden hatte. Da weitaus die meiſten Südpolarexpeditionen dem Fang der Seetiere nachgingen und erſt in zweiter Linie wiſſenſchaft— liche Intereſſen verfolgten, ſo kamen letztere um des praktiſchen Zweckes willen gewöhnlich zu kurz. War gutes Fahrwaſſer vor— handen, ſo erlaubten die den Kapitänen erteilten Vorſchriften trotzdem nicht, ſolche Gelegenheiten für Forſchungsfahrten auszu- nützen, und oft kehrten ſie wegen der Unergiebigkeit der Jagd— gründe gerade dort um, wo der Wiſſenſchaft reiche Ernte winkte. Erſt die Fahrt der „Antarctic“ hatte wieder gezeigt, wie wenig ſich bei derartigen Unternehmungen Wiſſenſchaft und Geſchäft vereinigen laſſen. Denn da die Fangergebniſſe nicht lohnten, ſo wendete das Schiff zu Borchgrevinks lebhaftem Bedauern zu einem Zeitpunkt um, wo ſich ein unvergleichliches Entdeckungs— gebiet in nächſter Nähe bot. Wieder war es ein Deutſcher, der verdienſtvolle Leiter der Deutſchen Seewarte in Hamburg, Georg Neumayer, der ſchon ſeit Jahrzehnten unabläſſig die Notwendig— keit rein wiſſenſchaftlicher antarktiſcher Forſchung betont hatte. Aber trotz unermüdlichen Wirkens in Wort und Schrift und trotz der hohen Bedeutung der Südpolargebiete für nahezu alle Zweige der Naturwiſſenſchaften und der Erdkunde wollten ſich ſeine Vor: ſchläge wegen der geringen Begeiſterung für den weit entlegenen Süden und des dadurch bedingten dauernden Ausbleibens der er- forderlichen Mittel nicht verwirklichen. Erſt auf dem 11. Deut⸗ ſchen Geographentag zu Bremen 1895 nahm der Plan einer deutſchen Südpolarexpedition greifbarere Geſtalt an, indem aus geo- graphiſchen Fachmännern unter Neumayers Vorſitz die Deutſche Kommiſſion für die Südpolarforſchung gegründet wurde, die ein Gerlache, Borchgrevinks zweite Reife. 135 wiſſenſchaftliches Programm ausarbeitete und über die Aufbrin— gung der Koſten ſchlüſſig werden ſollte. Inzwiſchen wurden von anderer Seite neue Entdeckungen in der Antarktis gemacht. 1897 — 98 war eine wiſſenſchaftliche belgiſche Expedition unter Adrien de Gerlache auf dem Dampfer „Belgica“ auf Grahamland und im Palmerland tätig. Letzteres löſte ſich auf Grund von 20 Landungen in ein Gewirr kleiner ſchnee- und gletſchererfüllter Inſeln auf. Die topographiſchen Entdeckungen blieben auf dieſes Gebiet beſchränkt, da das Schiff 13 Monate hindurch vom Eis eingeſchloſſen und, mit ihm willenlos hin- und hertreibend, zur Überwinterung gezwungen war. Da dieſe unfrei— willige Überwinterung die erſte war, die jemals im Antarktiſchen Ozean ſtattgefunden hat, ſo waren die meteorologiſchen Beobachtungen von hohem Intereſſe, weil ſie die erſten Daten über die ant- arktiſche Wintertemperatur lieferten. Ferner wurde ein ſteil zu großer Tiefe abſtürzender unterſeeiſcher Sockel gelotet, der, nach Süden hin allmählich anſteigend und in den Sockel von Alexan⸗ der I- und Grahamland übergehend, die Exiſtenz eines antarfti- ſchen Kontinents wahrſcheinlich macht. Eine über 4000 m tiefe Meeresrinne trennt die Antarktis vom amerikaniſchen Feſtland. Doch ſind Grahamland und ſeine Nebeninſeln geologiſch nur eine Fortſetzung Südamerikas, und die Andenkette bildet ihr gemein— ſames Rückgrat.“) Noch ehe die „Belgica“ zurückgekehrt war, brach Borch— grevink als Leiter einer Expedition, die der Londoner Verleger G. Newnes ausgeſchickt hatte, zum zweitenmal nach ſeinem alten Forſchungsgebiet auf.**) Außer ihm befanden ſich noch vier Ge— lehrte, von denen der Zoolog Nikolai Hanſon während der Überwinterung ſtarb, an Bord des Dampfers „Southern Croß“, der von Colin Archer, dem Erbauer der „Fram“, nach deren Vorbild umgeändert war. Nachdem man ſich in 48 tägigem A. de Gerlache, Voyage de la „Belgica“. Quinze mois dans l’Antarctique. Bruxelles 1902. — F. A. Cook, Through the first Antarctic Night. New York 1900. Deutſch von A. Weber. Kempten 1903. — G. Lecointe, Im Reiche der Pinguine. Schilde— rungen von der Fahrt der „Belgica“. Deutſch von W. Weismann. Halle 1905. *) C. E. Borchgrevink, First on the Antarctie Continent. London 1901. Deutſch Breslau 1905. — L. Bernacchi, To the South Polar regions; expedition of 1898—1900. London 1901, 136 XIII. Der Kampf um den Südpol (bis 1899). Kampf glücklich durch die furchtbaren Preſſungen des Packeiſes und durch die Gewalt der Brandung hindurchgearbeitet hatte, wurde am Kap Adare der erſte Winter auf dem ſüdpolaren Feſtland verbracht, während das Schiff nach Neuſeeland zurück— kehrte. Der Winter war höchſt ungemütlich wegen der ſchweren Oſtſüdoſt- und Südoſtſtürme, deren Geſchwindigkeit bis zu 145 km in der Stunde, d. h. bis zu doppelter Schnellzugsgeſchwindigkeit ſtieg. Die Schneeſtürme hielten mitunter wochenlang an, wie überhaupt 26 Prozent der in der Antarktis verlebten Tage Sturmtage waren, an denen die Schnelligkeit des Windes 60 km und mehr in der Stunde betrug.“) Längs der Küſte wurden mehrere Schlittenreiſen von insgeſamt 500 km Ausdehnung aus— geführt, zu welchem Zweck 80 ſibiriſche Zughunde mitgenommen waren. Dagegen blieb das Innere des von mächtigen Gletſchern erfüllten Berglandes unzugänglich. Nach der Überwinterung traf der „Southern Croß“ wieder ein und führte die Reiſenden längs der Eismauer des Viktoria— landes nach Süden und Weſten. Sie war ſeit Roß' Zeiten erheblich kleiner geworden und beträchtlich nach Süden zurück— gewichen, ſo daß es Borchgrevink gelang, die als eine weite ungebrochene Fläche langſam nach Süden anſteigende Eisbarriere, die als der weit ins Meer vorgeſchobene Teil eines rieſigen Gletſchers erkannt wurde, an einer niedrigen Stelle mit Schlitten, Hunden, Lebensmitteln und Apparaten zu betreten. Hierbei wären Borchgrevink und der Schiffskapitän beinahe ums Leben ge- kommen, da eine Flutwelle, die ein kalbender Gletſcher erzeugte, beide vollſtändig unter ſich begrub, jo daß fie ſich nur mit Auf: bietung aller Kraft am Felſen feſtklammern und der Gewalt der 6 m hoch über ihre Köpfe hinwegbrauſenden Strömung entziehen konnten. Darauf trat Borchgrevink mit zwei Begleitern eine Schlittenfahrt nach Süden an, auf der er bis 78“ 50“ ©. vor- drang. Damit war die erſte, wenn auch nur kurze Landreiſe auf dem antarktiſchen Inlandeis ausgeführt und zum erſtenmal nach 57 Jahren der äußerſte von Roß erreichte Punkt überholt. Die ) Während die belgiſche Expedition auf Grahamland nur im Sommer entſchieden unter der Herrſchaft ablandiger Südwinde ſtand, walteten ſie am Kap Adare das ganze Jahr hindurch vor und ließen die Temperatur bis — 46,6 C ſinken. Viktorialand liegt alſo der ant⸗ arktiſchen Antizyklone näher: ein Beweis für die Annahme, daß das ſüdpolare Feſtland vorwiegend der öſtlichen Halbkugel angehört. XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900—1905). 137 magnetischen Berechnungen führten zu einer Neubeſtimmung der Lage des magnetiſchen Südpols (unter 73“ 20“ S., 146 .), der indes ſelbſt nicht betreten ward. Viktorialand iſt ein hohes Gebirgsland, deſſen gewaltige Eisfelder zahlloſe Gletſcher ins Meer ſenden. Der Erebus wurde noch tätig gefunden, und die ganze Küſte ſcheint eine ſich weit nach Süden fortſetzende Bruch—⸗ linie zu ſein. Auch auf dem Gebiete des ſüdpolaren Tierlebens hat die Expedition eine Reihe wertvoller Errungenſchaften mit— gebracht, und ihre Erfahrungen ſind für ſpätere Unternehmungen von größtem Nutzen geworden. Auch ein deutſcher Erfolg iſt zu verzeichnen. Die von dem Zoologen Karl Chun geleitete Deutſche Tiefſee-Expedition“) auf dem Dampfer „Valdivia“ ſichtete 1899 bei einem Vorſtoß in die Gewäſſer ſüdlich von Afrika die langgeſuchte Bouvet-Inſel, die ſich ſpäteren Entdeckern hartnäckig verborgen gehalten hatte, wäh— rend ſie von zwei engliſchen Walfiſchfängern zweimal geſehen worden war. Wegen der Unbeſtimmtheit der Angaben bezweifelte man indes ihr Vorhandenſein und nahm an, daß ſie einem Vulkan⸗ ausbruch oder der Brandung zum Opfer gefallen ſei. Stürme, Nebel und Eisberge machten die Landung an der eisumkränzten, völlig vergletſcherten Vulkaninſel unmöglich. Dagegen brachte die Weiterfahrt bis zum Packeisrand von Enderbyland und an ihm entlang neue überraſchende Entdeckungen. Denn aus zahlreichen Lotungen, die meiſt über 5000 m, nie unter 4000 m Tiefe er: gaben, geht unzweifelhaft hervor, daß das Südpolarmeer nicht, wie man vermutete, eine Flachſee, ſondern eine Tiefſee iſt. So it die Fahrt der „Valdivia“ ein verheißungsvoller Vorläufer der deutſchen Südpolarexpedition geworden. XIV. Kapitel. Die infernativnale Hüdpolarforſchung (1900 1905). Die Pläne zu einer ſyſtematiſchen Durchforſchung des Süd— polargebietes gewannen ſeit dem Internationalen Geographenkon— ) K. Chun, Aus den Tiefen des Weltmeeres. Schilderungen von der deutſchen Tiefjee-Erpedition. 2. Aufl. Jena 1903, 138 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900— 1905). greß zu Berlin (1899) beſtimmtere Geſtalt. In jenem Jahre bewilligte der Deutſche Reichstag einſtimmig und mit voller Billigung der Ziele des Unternehmens die erforderlichen Mittel“), 1200000 Mark, jo daß nunmehr unter Leitung des Grönland: forſchers Erich v. Drygalski (vgl. S. 65), der ſich zur Füh— rung der Expedition bereit erklärte, die praktiſchen Vorbereitungen in die Wege geleitet werden konnten, während ein aus den nam— hafteſten deutſchen Gelehrten erwählter wiſſenſchaftlicher Beirat das Arbeitsprogramm aufſtellte. Durch den Internationalen Geo— graphenkongreß zu London (1895) war inzwiſchen auch in Eng— land und Schottland das Intereſſe für die Südpolarforſchung neu belebt worden, während der durch ſeine Studien in Pata— gonien und im Feuerlande bekannte Dr. Otto Nordenſkjöld, ein Neffe des berühmten Nordpolarreiſenden, ſich mit Erfolg um das Zuſtandekommen einer ſchwediſchen Expedition bemühte. Er wollte vornehmlich die amerikaniſche Antarktis unterſuchen. Die Engländer wählten das Viktorialand, die Schotten das Weddell— meer und die Deutſchen das Gebiet des Enderby-Quadranten ſüdlich der Kerguelen-Inſel. Die Kerguelenroute hatte man deutſcher— ſeits deshalb als Arbeitsfeld auserſehen, weil dort noch nie ein ernſtlicher Vorſtoß polwärts verſucht war und weil man die ozeano- logiſchen Arbeiten der „Gazelle“ und „Valdivia“ in jenen Meeres⸗ teilen fortſetzen wollte. Zur Ergänzung der meteorologiſchen und erdmagnetiſchen Unterſuchungen dieſer Expeditionen wurde für die Zeit vom 1. Oktober 1901 bis zum 31. März 1903 an allen erdmagnetiſchen Obſervatorien und an ſämtlichen ſüdlich von 30° ©. gelegenen meteorologiſchen Stationen, darunter einigen zu dieſem Zwecke neu gegründeten, ein nach einheitlichem Plane or⸗ ganiſierter Beobachtungsdienſt eingerichtet. So war für die Ant⸗ arktis endlich eine Zeit umfaſſender wiſſenſchaftlicher Forſchung angebrochen, die durch das Zuſammenwirken einer Reihe groß an⸗ gelegter Unternehmungen und durch die Schaffung eines in vielen Beziehungen an das Zuſammengehen der internationalen Polar⸗ ſtationen erinnernden Beobachtungswerkes von vornherein bedeut⸗ ſame Erfolge erwarten ließ. Das deutſche Expeditionsſchiff, nach dem Begründer wiſſen⸗ ) Die ſeit 1895 in Deutſchland eingeleiteten Privatſammlungen hatten keinen großen Erfolg und brachten in zwei Jahren nur 35000 Mark auf, davon 10500 Mark durch die Bemühungen des Vereins für Erd⸗ kunde zu Leipzig. Die deutſche Expedition. 139 ſchaftlicher antarktiſcher Forſchung „Gauß“ genannt und bald als Dampfer, bald als Segler verwendbar, wurde mit allen polaren Erfahrungen erbaut und auf das ſorgfältigſte mit Nahrungs— mitteln, Inſtrumenten und allen Einrichtungen gegen die Ge— fahren des Eiſes und die Unbilden der langen Polarnacht ver— ſehen. Die nautiſche Leitung übernahm Kapitän Hans Ruſer, und dem wiſſenſchaftlichen Führer Erich v. Drygalski wurde eine Reihe bewährter Fachgelehrter beigegeben: der Biologe E. Vanhöffen, Drygalskis alter Reiſekamerad in Grönland, der Geologe E. Philippi, der Meteorologe und Erdmagnetiker Fr. Bidlingmaier und der Arzt und Bakteriologe S. Gazert. Für die meteorologiſch-magnetiſche Nebenſtation auf Kerguelen waren der Meteorologe J. Enzensperger, der Biologe E. Werth und der Erdmagnetiker K. Luyken auserſehen. Am 11. Auguſt 1901 trat die „Gauß“ in Kiel die Aus— reiſe an. Weil das ſonſt ausgezeichnete Schiff langſamer fuhr, als man nach den Probefahrten erwartet hatte, ſo traf es erſt mit erheblicher Verſpätung in Kapſtadt ein. Dort machten un— vorhergeſehene Ausbeſſerungen wiederum einen längeren Aufenthalt notwendig, ſo daß die Expedition viel ſpäter als in Ausſicht ge— nommen auf Kerguelen anlangte. Vorher war noch eine kurze Landung auf der Poſſeſſion-Inſel, der größten der Crozet-Inſeln, unternommen, die ſeit ihrer Entdeckung (1772) nicht wieder zu wiſſenſchaftlichen Zwecken betreten war. Die gletſcherloſe, aus wechſelnden Schichten von Lavaſtrömen und groben vulkaniſchen Auswürflingen aufgebaute Felsinſel dient einer Unzahl ſchwer— fälliger See⸗Elefanten, langen Reihen von Pinguinen und Scharen von Sturmvögeln zum Aufenthalt. In Kerguelen waren die Mitglieder der Nebenſtation auf dem Dampfer „Tanglin“ bereits eingetroffen und hatten mit den Beobachtungen begonnen. Da die „Gauß“ noch Vorräte und 77 ſibiriſche Schlittenhunde an Bord nehmen mußte, ſo konnte ſie erſt am 31. Januar 1902 die Reiſe fortſetzen und über die Heard⸗Inſel ihr eigentliches Ziel, Wilkes' hypothetiſches Ter— mination⸗Land, aufſuchen. Raſch nahm bei dem ſchon ſtark vor— gerückten Sommer das Eis zu und erſchwerte die Weiterfahrt, ſo daß das Schiff in dem unruhigen, ſtürmiſchen Meere nur mit Mühe vorwärts kam. Trotzdem gelang es, unter 66“ 48’ S. eine unbekannte, gänzlich mit Eis bedeckte Küſte zu ſichten, die Kaiſer Wilhelm II.⸗Land genannt wurde. Aus der mit ſenk— 140 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900 1905). rechten Wänden 30 — 40 m tief zum Meer abſtürzenden Eis- decke erhob ſich nach den Feſtſtellungen ſpäter ausgeführter Schlittenreiſen ein aus Baſalt beſtehender erloſchener Vulkan, der 336 m hohe Gaußberg. Weil er ſich offenbar noch genug Eigenwärme bewahrt hat, war er eisfrei, aber infolge ſtarker Verwitterung von einem Schuttmantel umhüllt. Deutliche Spuren ließen erkennen, daß er einſt völlig vom Inlandeis überflutet war. Weder von ſeinem Gipfel, hinter dem das allbeherr— ſchende Inlandeis ganz allmählich anſtieg, noch von dem bis 500 m Höhe aufgeſtiegenen Feſſelballon aus war eisfreies Land bemerkbar. Trümmerſchutt und Moränenreſte ſtellen außer Zweifel, daß auch hier das Binneneis und die ſich von ihm ablöſenden Eisberge wirkliche Gletſcherbildungen und kein Meereis ſind. 85 km von der neu entdeckten, am Weſtende von Wilkes⸗ land gelegenen Küſte entfernt, wurde das Schiff in der Nacht vom 21. zum 22. Februar vom Eiſe umſchloſſen und ein ganzes Jahr hindurch, bis faſt zum Ende des folgenden antarktiſchen Sommers, feſtgehalten. In ſeiner Nachbarſchaft wurden die wiſſenſchaftlichen Beobachtungshütten eingerichtet und die Stations⸗ arbeiten trotz wütender Schneeſtürme, unter denen öſtliche Winde bei weitem überwogen, gewiſſenhaft ausgeführt, um ſo mehr, als das Eis dank ſeiner feſten, durch geſtrandete Eisberge geſchützten Lage Preſſungen nicht ausgeſetzt war. Wegen der Gewalt der Orkane waren die Obſervatorien mit der „Gauß“ durch Kabel verbunden, an denen ſich die Beobachter oft nur mühſam durch die wirbelnden, jede Orientierung raubenden Schneemaſſen hin⸗ durcharbeiten konnten. Erſt am 8. Februar 1903 konnte das Schiff, unterſtützt durch eine breite Aſchen- und Kohlenſtaubſtraße, wie ſie auch die Framleute in ihrem letzten Winterquartier angelegt hatten (vgl. S. 50), ſich von ſeinen Feſſeln befreien und die Fahrt nach Weſten fortſetzen, um die aufgefundene Küſte nach dieſer Richtung hin zu verfolgen. Doch brachten die wild bewegte See, dichte Nebel und furchtbare Schneeſtürme ſoviele Gefahren, und die ſchon weit vorgerückte Jahreszeit verſprach ſo wenig Erfolg mehr, daß man es nach zweimonatlichem Kreuzen vorzog, einer unſicheren Überwinterung — überall begann ſich junges Eis zu bilden, und die „Gauß“ war bereits einigemal im Treibeis feſtgeraten — durch Einſchlagen eines nördlichen Kurſes zu entgehen. Über die einſamen Inſeln St. Paul und Neu-Amfterdam ging es nach Südafrika, und das Die deutſche Expedition. 141 erſte Telegramm, das die glückliche Ankunft der Expedition mel- dete, traf gerade während des 14. Deutſchen Geographentages in Köln ein, wo es mit begreiflichem Jubel aufgenommen wurde. Hegte man doch nicht ohne Grund Beſorgniſſe um das Schickſal der „Gauß“ Männer, weil der äußerſte Termin für die Über— mittlung einer Nachricht nicht mehr fern war, ohne daß man irgendwelche Kunde über den Verbleib der Expedition erhalten hatte. Leider wurde der von Drygalski geplante zweite Vor⸗ ſtoß ins Weddellmeer einſchließlich einer zweiten Überwinterung durch höhere Weiſung aus Berlin unmöglich gemacht. Am 25. November 1903 warf die „Gauß“ nach einer Abweſenheit von 2 Jahren 4 Monaten in Kiel wieder Anker und wurde bald darauf an die kanadiſche Regierung verkauft. Auch die Nebenſtation auf Kerguelen führte bis Ende März 1903 ihre Aufgabe durch, obwohl über ihr ein bitteres Geſchick waltete. Die chineſiſche Beſatzung des Dampfers „Tanglin“, der die Stationsmitglieder auf die Inſel gebracht hatte, war ſo ſtark an Beri Beri erkrankt, daß ſtändig der vierte oder fünfte Teil derſelben arbeitsunfähig darniederlag. Auch die deutſchen Gelehrten wurden in der ſonſt ſo reinen und geſunden Luft der ſubantarktiſchen Inſel von jener heimtückiſchen Krankheit ergriffen. Werth erkrankte ſchwer, und Enzensperger ſtarb in treuer Pflichterfüllung nach qualvollen Leiden, ſo daß ſchließlich Luyken das wiſſenſchaftliche Programm allein durch— führen und ſich überdies noch der Pflege ſeiner Gefährten widmen mußte. Die deutſche Südpolarexpedition hat in der Heimat eine ſehr verſchiedene Beurteilung erfahren, und die großen geo— graphiſchen Errungenſchaften der Engländer haben beſonders in der erſten Zeit zu manchem harten Vergleich Veranlaſſung ge— geben. Man darf jedoch nicht vergeſſen, daß die Briten und auch die Schweden zwei ihrer Lage nach genau bekannte und ſchon einigermaßen erforſchte antarktiſche Gebiete als feſt geſicherte Operationsbaſis beſaßen. Den Deutſchen dagegen war inſofern die ſchwierigſte und unſicherſte Aufgabe zugefallen, als ihr Gebiet der unbekannteſte Teil der Antarktis war, wo man ſich einen Stützpunkt erſt ſuchen mußte. Die deutſche Expedition iſt aber in erſter Linie nach ihren wiſſenſchaftlichen Leiſtungen zu beur— teilen. Wie die ſchottiſche antarktiſche Expedition trug fie vor- wiegend den Charakter eines ozeanologiſch-phyſikaliſchen Unter— 142 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900 — 1905). nehmens. Der Schwerpunkt ihrer Arbeiten lag in der zwölf Monate lang ſyſtematiſch und lückenlos durchgeführten Beobachtung der verſchiedenartigſten geophyſiſchen Erſcheinungen und in der planmäßigen Vornahme von Lotungen, welche die Tiefenverhält— niſſe des Südindiſchen und Antarktiſchen Meeres in tiefgreifender Weiſe umgeſtalten. Dieſen Errungenſchaften gegenüber treten bei den Deutſchen und Schotten die Landentdeckungen zurück, während die Engländer und Schweden durch die Beſchaffenheit ihrer Arbeitsgebiete vorzugsweiſe auf das Land hingewieſen waren. Im Gegenſatze zu den zahlreichen und ausgedehnten Schlittenreiſen der Briten, denen die markanten Hochgipfel in unmittelbarer Nachbarſchaft des Winterlagers weithin erkennbare Orientierungspunkte darboten, wurden deutſcherſeits mit Aus⸗ nahme von ſieben Fahrten nach dem Gaußberg, auf deren längſter der Expeditionsleiter 29 Tage vom Schiff wegblieb, größere Schlittenreiſen nicht unternommen. Die weiche Beſchaffenheit des Meereiſes, die weite Entfernung des Landes, die Gewalt der Stürme und das Fehlen hoher Landmarken ließen das nicht zu, um ſo mehr als durch plötzliches Aufbrechen des Eiſes und durch Forttreiben des Schiffes die am Lande Zurückgelaſſenen wohl ſo gut wie verloren geweſen wären. Auch ließ ſich außer der Er⸗ reichung einer höheren Breite ein wertvolles Ergebnis kaum er— warten. Selbſt bei einer Schlittenfahrt von der Länge der eng⸗ liſchen wäre man über 70“ S. nicht weit hinausgekommen, und hierfür ſchien der Einſatz zu groß, zumal bei der geringen Zahl der Expeditionsmitglieder nicht ſoviele Kräfte für Schlittenreiſen entbehrlich waren wie bei der viel ſtärkeren engliſchen Expedition. Iſt aber auch den deutſchen Forſchern ein großer, äußerlich ins Auge fallender Erfolg, nämlich die räumliche Erweiterung unſerer Kenntnis von der Antarktis, verſagt geblieben, ſo iſt doch mit dem neu entdeckten Kaiſer Wilhelm II.-Land ein ſicheres Zwiſchen⸗ glied kontinentalen Charakters zwiſchen Wilkesland und Kempland gewonnen und ein neues Stück des antarktiſchen Feſtlandes nach— gewieſen worden. Das Vorhandenſein von Terminationland ſtellt Drygalski in Abrede, weil er ebenſo wie die Challenger-Expedition an der von Wilkes angegebenen Stelle keinerlei Land wahr— nehmen konnte. Doch wird feine Anſicht von amerikaniſcher Seite energiſch beſtritten, zumal er ſelbſt öſtlich vom Kaiſer Wilhelm II.⸗Land ein hohes, eisbedecktes Land bemerkte. Weil ſich alſo Terminationland mit den Feſtſtellungen der Gauß⸗ Die engliſche Expedition. 143 Expedition durchaus verträgt, tut man vielleicht gut, den Namen vorläufig noch beizubehalten.“) Die größten, alle Erwartungen weit übertreffenden Er— folge hat dank der allgemeinen Gunſt der Verhältniſſe und der tatkräftigen Leitung ihres Führers die engliſche Expe— dition (1901 —1904) gehabt. Ihr war das günſtigſte Ein— bruchstor zum Südpol zugefallen, nämlich das Viktorialand, dem vielleicht nur das Weddellmeer, das ebenfalls eine bis in hohe Breiten reichende Bucht des antarktiſchen Kontinents bildet, ſeine bevorzugte Stellung ſtreitig macht. Damit hatten die Engländer eine feſte Operationsbaſis gewonnen, die, weit nach Süden vor— geſchoben, dem Südpol am nächſten lag. Die Anregung zur Expedition ging vom Präſidenten der Londoner Geographiſchen Geſellſchaft, Sir Clemens Markham, aus, der auch die wiſſenſchaftliche Vorbereitung in die Hand nahm. Nachdem durch die Opferwilligkeit privater Kreiſe mit ganz anderm Erfolge als in Deutſchland binnen Jahresfriſt 800 000 Mark aufgebracht waren,“) gab die britiſche Regierung ihre anfänglich durchaus ablehnende Haltung auf und gewährte einen Zuſchuß von 900 000 Mark. Nunmehr war die engliſche Expedition geſichert, deren nautiſche und wiſſenſchaftliche Oberleitung dem Kapitän Robert F. Scott übertragen wurde. Am 9. Januar 1902 hatte der Expeditionsdampfer „Dis— covery“ ohne Schwierigkeiten den Packeisgürtel durchmeſſen und Kap Adare erreicht, von dem aus die antarktiſche Küſte bis zu den Vulkanen Erebus und Terror verfolgt wurde. Dann ſegelte Scott längs der oſtwärts verlaufenden Eismauer bis 152930“ O., faſt 150 Seemeilen weiter als man bisher in dieſer Richtung gekommen war. Vom Oſtende der großen Eismauer zogen ſich Schneefelder zu einem ſtark vergletſcherten, ſchon von Roß ge— ſichteten Hochlande hinauf. Beträchtlich niedriger als Viktoria— land, ſcheint es mit ihm nicht zuſammenzuhängen und erhielt den Namen König Edward VII.-Land. Weil die unnahbare Eiswand nirgends einen bequemen Überwinterungsplatz darbot, ſo kehrte Scott wieder zum Viktorialand zurück. Auf der Rückfahrt drang ) E. v. Drygalski, Zum Kontinent des eiſigen Südens. Berlin 1904. *) Davon entfielen auf die Londoner Geographiſche Geſellſchaft 140 000 Mark, auf den bekannten Förderer der Polarforſchung A. Harms— worth 100 000 Mark und auf L. W. Longſtaff 500 000 Mark. 144 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900— 1905). das Schiff in eine Offnung der Eisbarriere ein, und eine Schlittenexpedition erforſchte von hier aus das Land bis 78 50’ S. Das Winterlager wurde in der Nähe der Vulkane Erebus und Terror aufgeſchlagen, die nicht auf dem Feſtlande, ſondern auf einer kleinen Inſel liegen. Trotz ſtürmiſchen Wetters und nie— driger Temperaturen, die bis auf — 68° C heruntergingen, wurden die Stationsarbeiten ohne Unterbrechung durchgeführt und zahl— reiche Schlittenreiſen unternommen. Die von Scott ſelbſt geführte Schlittenexpedition drang auf einer 94 tägigen Reiſe längs der ſich ſüdwärts fortſetzenden Oſtküſte des Viktorialandes, einer von Tälern mit deutlich indi- vidualiſierten Gletſchern, den Ausläufern des Inlandeiſes, erfüllten Steilküſte, polwärts bis 82° 17 S. vor. Sie kam alſo um 3½% Grad weiter als Borchgrevink und hat damit die ſüd— lichſte Stelle betreten, die bisher ein Menſch erreicht hat. Was früher unmöglich ſchien, iſt durch dieſen kühnen Vorſtoß wahr— ſcheinlich gemacht, daß man nämlich über die nur wenige Hinderniſſe bietenden Eisflächen des Viktorialandes hinweg den Südpol viel leichter und eher gewinnen wird als den Nordpol, deſſen Zufahrten des Vorteils der glatten, ſchneebedeckten Eis⸗ flächen entbehren. Von einem guten Ausſichtspunkte aus konnte man eine weite Hochebene von ungefähr 3000 m Meereshöhe über— blicken, die von über 4000 m hohen Gebirgsketten durchzogen war. Eine andere Schlittenabteilung unter Armitage und Skelton erreichte auf einer 52 tägigen Weſtfahrt im Innern des von einer ebenflächigen Binneneismaſſe erfüllten Viktorialandes 2700 m Höhe. Noch während Scotts Abweſenheit kam im Januar 1903 das Entſatzſchiffr „Morning“ mit neuen Kohlenvorräten und Nahrungsmitteln an, ſo daß Scott die nicht mehr dienſttauglichen Leute zurückſenden konnte und ſich zu einer zweiten Überwinterung entſchloß. Die Eisverhältniſſe waren jo ſchwierig, daß das Hilfs- ſchiff nur bis auf 8 km an die feſt eingefrorene „Discovery“ herankommen konnte und eine Verbindung mit ihr durch Schlitten herſtellen mußte. Nachdem auf drei vorbereitenden Reiſen eine Anzahl von Proviantdepots angelegt war, wurden drei neue aus⸗ gedehnte Schlittenreiſen unternommen. Sie alle mußten — ein anerkennenswertes Zeugnis engliſcher Zähigkeit — ohne Zugtiere ausgeführt werden, weil infolge verdorbenen Futters ſämtliche Hunde eingegangen waren. Die engliſche Expedition. 145 Auf der erſten dieſer Hauptſchlittenfahrten drangen Scott und Skelton 430 km weſtwärts bis 1461, O. auf das über 3000 m hohe Feſtlandsplateau vor. Auf der 11wöchigen, durch eiſigkalte Schneeſtürme öfters unterbrochenen Reiſe wurde nur Eis gefunden, deſſen Decke bloß an der Küſte von Berggipfeln durchbrochen wird. Die zweite Schlittenreiſe unter Royds und Bernacchi ging nach Südoſten und galt der Unterſuchung des in der großen Eismauer endenden Rieſengletſchers. Auch hier konnte bei einem 260 km langen Vorſtoß keine Spur von Land erblickt, ſondern vielmehr die ſchon im Vorjahr gemachte Angabe beſtätigt werden, daß die ungeheure Eismaſſe, welche die weite Bucht zwiſchen Viktorialand und König Edward VIL-Land erfüllt, der Ausläufer des Binneneiſes iſt, deſſen äußerer Saum in wenigſtens 250 km Breite auf dem Meer ſchwimmt und in der ſeit Roß ſo viel ge— nannten Eismauer endigt. Die dritte, 68 tägige Schlittenfahrt führten Barne und Muloch in die zwiſchen Viktorialand und der großen Eismauer ſich hinziehende Meeresſtraße aus, die ebenfalls Muhs von einem Gletſcher des Inlandeiſes ausgefüllt wird. Da Scott auch nach ſeiner zweiten Überwinterung nicht in die bewohnte Welt zurückgekehrt war, ſo machte ſich die Ent— ſendung einer neuen Hilfsexpedition notwendig. Am 14. Fe⸗ bruar 1904 kam ſie mit den Dampfern „Morning“ und „Terra Nova“ (vgl. S. 119) bei der „Discovery“ an, die erſt mit Hilfe von Dynamit frei gemacht werden konnte. Sonſt hätte ſie verlaſſen werden müſſen. Vom Kap Adare aus wurde noch ein Vorſtoß nach Weſten unternommen und dabei nachgewieſen, daß ein Landzuſammenhang zwiſchen Viktoria- und Wilkesland nicht beſteht. Auf der Weiterfahrt trieb ein Sturm die drei Schiffe auseinander, ſo daß ſie ſich erſt nach längerer Trennung wieder vereinigen konnten. Am 10. September 1904 traf die „Dis⸗ covery“ nach mehr als dreijähriger Abweſenheit in der Heimat wieder ein. Die Hauptbedeutung der engliſchen Expedition liegt in ihren kontinentalen Entdeckungen, durch ſie nicht bloß alle gleichzeitigen Unternehmungen, ſondern die geſamte frühere antarktiſche Forſchung in den Schatten geſtellt hat. 17 Schlittenreiſen von durchſchnittlich 25 tägiger Dauer wurden zu dieſem Zweck ausgeführt. Aus der Fülle der andern wertvollen Ergebniſſe ſei nur die Auffindung ANUG 38: Haſſert, Polarforſchung. 2. Aufl. 1 146 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900 — 1905). tertiärer Pflanzenreſte an der Küſte von Viktorialand hervor⸗ gehoben, die auf ein früher wärmeres Klima und einen ehe— maligen Landzuſammenhang mit Auſtralien hinweiſen.“) Die ſchwediſche Expedition unter Otto Nordenſkjöld, der die Weſtantarktis zugefallen war, hat von den fünf Süd⸗ polarexpeditionen der letzten Jahre die wechſelvollſten Schickſale und den bewegteſten äußeren Verlauf gehabt. Auf dem alten, aber in der polaren Entdeckungsgeſchichte wohl erprobten Wal: dampfer „Antarctic“ erreichte ſie nach der Abfahrt von Buenos Aires am 11. Januar 1902 die Süd⸗Shetlands und folgte zu— nächſt der Weſtküſte von Louis Philippe-Land. Weil hier die von früheren Karten verzeichneten durchgehenden Waſſerverbindungen nicht vorhanden waren, ſo kehrte man um und drang nach einer Landung auf der jungvulkaniſchen Paulet-Inſel am Oſtrande von Louis Philippe-Land wieder nach Süden vor. Noch diesſeits des Polarkreiſes zwang jedoch Packeis zur Umkehr, worauf ſich Nordenſkjöld mit fünf Gefährten, ſowie Hunden und reichlichen Nahrungsmitteln auf der Schneeberg-Inſel (Snow Hill) ausſetzen ließ. Unter ſchweren Schneeſtürmen fuhr die „Antarctic“ nach den Falklands-Inſeln und nach Südgeorgien zurück, um im nächſten Sommer die Zurückgelaſſenen aus ihrem Winterlager wieder abzuholen, das wegen der widrigen Eis- und Klimaver⸗ hältniſſe in viel nördlicherer Lage aufgeſchlagen werden mußte, als Nordenſkjöld gewünſcht und beabſichtigt hatte. Der Winter verfloß für die Einſiedler auf Snow Hill ohne Unfall, nur hatten ſie wie alle antarktiſchen Expeditionen unter furchtbaren Schneeſtürmen zu leiden. Von der Station aus unternahm Nordenſkjöld mit zwei Begleitern eine in Hin⸗ und Rückreiſe 650 km lange Schlittenfahrt nach Südoſten. Sie führte längs des hohen König Oskar⸗Landes bis 66° S., wo ſchlechtes Wetter und Nahrungsmangel die Reiſenden zur Umkehr zwangen. Da die „Antarctic“ unerwarteterweiſe nicht erſchien, jo mußte man ſich auf eine zweite unfreiwillige Überwinterung ein⸗ richten, für die glücklicherweiſe Pinguine und Seehunde friſches Fleiſch, Eier und Brennſtoff in hinreichender Menge lieferten. Dieſen Winter war das Wetter teilweiſe abnorm. Mehrfach ſtand ; | das Thermometer über 0“ und erreichte am 5. Auguſt 1903 *) A. B. Ar mitage, Two years in the Antarctic. London 1905. — KR. F. Scott, The voyage of the Discovery. 2 Bde. London 1905. Die ſchwediſche Expedition. 147 + 9,3“ 0, den höchſten Wärmegrad, der jemals in der Antarktis gemeſſen wurde. Anfang Oktober ging eine zweite Schlittenfahrt ab, diesmal nach Nordweſt. Da tauchten plötzlich drei Kameraden auf, die ſchon am 29. Dezember 1902 die „Antarctic“ an der Oſtſeite von Louis Philippe-Land verlaſſen hatten, um über Land nach Snow Hill zu gelangen, weil die Eisverhältniſſe ein weiteres Vordringen mit dem zur Abholung Nordenſkjölds abgegangenen Schiff unmöglich machten. Aber auch die Landreiſe war wegen der Ungunſt des Klimas reich an Hinderniſſen, ſo daß die kleine Abteilung Snow Hill nicht zu erreichen vermochte, ſondern unterwegs zu einer entbehrungsvollen Überwinterung gezwungen wurde. Im nächſten Frühling ſetzte ſie ihren Marſch fort und traf hierbei unerwartet mit Nordenſkjöld zuſammen. Über den Verbleib der „Antarctic“ konnten ſie keine Auskunft geben. Inzwiſchen hatte ſich auch das Schickſal des wackeren Schiffes erfüllt, das bald nach dem Aufbruche der drei Männer durch Eisſchraubungen ſchwer beſchädigt worden war. Zwar hielt man es durch Auspumpen noch einen Monat über Waſſer, bis es in der Nacht vom 12. Februar 1903 mit wehender Flagge unweit der Paulet⸗Inſel unterging. Der mit der polaren Schiff— fahrt wohlvertraute Kapitän Larſen (vgl. S. 133) hatte recht⸗ zeitig die notwendigſten Vorräte und Ausrüſtungsgegenſtände auf das Eis bringen laſſen. Nach 16 tägiger abenteuerlicher Boot— fahrt durch das Packeis landete die 20 Köpfe ſtarke Mannſchaft auf der Paulet⸗Inſel, errichtete dort aus Baſaltblöcken eine not- dürftig Schutz gewährende Hütte und friſtete den Winter hindurch mit Seehunds⸗ und Pinguinfleiſch das Leben. Doch verlief die Überwinterung ohne ernſtliche Nachteile; bloß ein Matroſe ſtarb an Herzſchwäche. Als Nordenſkjöld 1903 nicht in die Heimat zurückge— kommen war und keinerlei Nachrichten über ihn eingelaufen waren, rüſtete die ſchwediſche Regierung ſofort eine Rettungsexpedition aus. Gleichzeitig ging eine franzöſiſche Entſatzexpedition unter J. Charcot ab, und eine dritte wurde von der argentiniſchen Regierung auf dem Kanonenboot „Uruguay“, Kapitän Irizar, entſandt. Als das ſchwediſche und franzöſiſche Hilfsſchiff zur verabredeten Zeit am Sammelplatze nicht erſchienen, fuhr Irizar allein ab und hatte einen vollen Erfolg, der um ſo höher zu veranſchlagen iſt, als ſein Fahrzeug gar nicht beſonders für polare Unternehmungen vorbereitet und ſeine Beſatzung mit der polaren 10 * 148 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900—1905). Natur nicht vertraut war. Geradezu dramatiſch geſtaltete ſich die ſchließliche Rettung der ſchwediſchen Expedition, die durch den Verluſt ihres Schiffes nicht nur vollſtändig iſoliert, ſondern noch dazu in drei Gruppen auseinandergeriſſen war, die nichts voneinander wußten und an drei verſchiedenen Stellen über— winterten. Am 12. Oktober 1903 waren die drei von der „Antarctic“ fortgegangenen Leute mit Nordenſkjöld zuſammengetroffen, wo— rauf beide Gruppen ſofort nach Snow Hill zurückkehrten. Dort hatte man bereits beſchloſſen, die Station abzubrechen und in der Umgebung der Paulet-Inſel nach dem Expeditionsſchiff zu ſuchen, von deſſen Schickſalen man immer noch nichts wußte und um deſſen Bemannung man ernſtlich beſorgt war. Da landete am 8. November zu freudiger Überraſchung Kapitän Irizar auf Snow Hill, der dank einem merkwürdigen Zufall ſchon bei der Seymour-Inſel zwei Mitgliedern der Nordenſkjöldſchen Ab— teilung begegnet war. Noch in derſelben Nacht kam, um das unverhoffte Glück voll zu machen, Kapitän Larſen mit vier Be: gleitern auf Snow Hill an, der zur Aufſuchung Norden— ſkjölds von der Paulet-Inſel aufgebrochen war. Drei Tage ſpäter waren auch die übrigen Leute von der Paulet-Inſel auf der „Uruguay“ geborgen, und die wieder vereinte Expedition trat die Heimreiſe an. Obwohl die ſchwediſche Expedition in drei Abteilungen zer: riſſen war, von denen ſich nur eine mit wiſſenſchaftlichen Arbeiten beſchäftigen konnte, hat fie ihre Aufgabe ebenfalls aufs beſte ge- löſt. Die Weſtantarktis gehört zwar wegen der Nachbarſchaft Amerikas zu den am früheſten bekannt gewordenen Südpolar⸗ gegenden. Dennoch ſetzte hier erſt ſeit den 70er Jahren die Einzelforſchung kräftiger ein, und auch die Schweden haben nicht unerhebliche Veränderungen des von den einzelnen Expeditionen ſehr verſchieden gezeichneten Kartenbildes feſtgeſtellt. Vor allem darf jetzt als erwieſen gelten, daß zwiſchen der Oſt- und Weſt⸗ küſte der fingerförmig vorſpringenden Halbinſel, die als Louis Philippe⸗, Danco-, Graham: und König Oskar-Land bezeichnet wird, keinerlei Waſſerverbindungen beſtehen. Man hat es viel⸗ mehr mit einer zuſammenhängenden Landmaſſe zu tun, deren Inneres von einer durch Gletſchertäler gegliederten und ſüdwärts in eine eisbedeckte Hochebene übergehenden Gebirgskette erfüllt wird. Von den Sammlungen iſt zwar ein erheblicher Teil mit —— — u uä— —f— 2 Die ſchottiſche Expedition. 149 der „Antarctic“ verloren gegangen; die mitgebrachten Fundſtücke aber haben wichtige Beiträge zur Kenntnis der amerikaniſchen Antarktis geliefert. Beſonders wertvoll ſind Knochenreſte und Verſteinerungen juraſſiſcher und tertiärer Pflanzen. Die Jura⸗ kalkflora der Seymour-Inſel beſteht aus Schachtelhalmen, Farnen und Nadelhölzern und erinnert an diejenige Europas und Indiens. Dagegen ſind die tertiären Pflanzenfunde, unter denen das Vor— kommen von Buchenblättern beſonders intereſſant iſt, für die Klimafrage noch nicht entſcheidend genug, weil ſie einem marinen Kalktuff angehören und daher auch von weither zugetragen ſein können. Das auf der Seymour -Inſel entdeckte Lager von Wirbeltier⸗, beſonders Vogelknochen beweiſt, daß die heute unter Schnee und Eis begrabene Inſel einſt einen ſtattlichen Nadel— und Laubwald mit einer reichen Fauna pflanzenfreſſender Tiere barg.“ ) Unmittelbar nach der Rettung der ſchwediſchen kehrte die ſchottiſche Südpolarexpedition unter W. Th. Bruce zu— rück, die auf dem Waldampfer „Scotia“ mit 32 Teilnehmern am 26. Januar 1903 die Falklands-Inſeln mit dem Kurſe ins Weddell⸗Meer verlaſſen hatte. Wenige Tage nach Überſchreitung des Polarkreiſes hatte das Schiff 70° 25“ S. erreicht, ohne daß Anzeichen von Land bemerkt worden wären. Doch ſchien die Anweſenheit von landbewohnenden Pinguinen die Nähe desſelben anzudeuten. Inzwiſchen war die Temperatur raſch geſunken, und das bis dahin ziemlich eisfreie Meer begann ſich in gefahrdrohen— der Weiſe mit Jungeis zu überziehen Bruce fuhr deshalb nach den Süd⸗Orkneys zurück und überwinterte in einer geſchützten Bucht der Laurie⸗Inſel. Da der Archipel einem ausgeprägten Kältegebiet angehört, das von A. Supan als „Südatlantiſche Kältezunge“ bezeichnet wird, ſo lag die Expedition unter der ver⸗ hältnismäßig niedrigen Breite von 60° S. acht Monate lang im Eiſe feſt. Der Meteorologe Moßman mit fünf Leuten, die ſpäter durch vier Beamte des Argentiniſchen Meteorologiſchen Inſtituts abgelöſt wurden, blieb auch das folgende Jahr zur Fort⸗ ſetzung der Beobachtungen auf der Laurie-Inſel zurück. Die „Scotia“ dagegen wagte im Februar 1904 einen zweiten Vor⸗ ſtoß ins Weddell-Meer, wobei ſie in einer viel nördlicheren Breite ) O. Nordenſkjöld, G. Andersſon, C. A. Larſen und C. Skottsberg, „Antarctic“. Zwei Jahre in Schnee und Eis am Südpol. Deutſch von M. Mann. 2 Bde. Berlin 1904. 150 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900—19065). als man vermutete, unter 72° 18’ S., auf eine der Eisbarriere des Viktorialandes gleichende Gletſchermauer traf, die wohl als Eiskante des mutmaßlichen, jedenfalls auch hier mit Inlandeis bedeckten antarktiſchen Kontinents aufzufaſſen iſt. Eigentliches Land war nicht zu ſehen, weil Packeis die unmittelbare Annähe— rung unmöglich machte. Aber die raſche Abnahme der Meeres— tiefen, die Beſchaffenheit des Eiſes und das reiche Vogelleben ließen über die wahre Natur jener Gegend keinen Zweifel. Mehrere Tage lang wurde die rieſige Eismauer, deren unbekanntes Hinterland nach zwei Hauptförderern der Expedition den Namen Coatsland erhielt, auf einer 280 km langen Strecke nach Weſten verfolgt, bis unter 74° S. das Schiff bei einem heftigen Schneeſturm vom Treibeis beſetzt wurde. Erſt eine Woche ſpäter kam es wieder los und arbeitete ſich mühſam in nörd— licher Richtung durch die Eisſchollen hindurch. Auf der Rück— fahrt wurden noch zahlreiche Tiefenlotungen vorgenommen, und am 21. Juli 1904 kam die Expedition nach erfolgreicher Reiſe in Glasgow wieder an. Beachtenswert ſind hauptſächlich ihre ozeano⸗ graphiſchen Ergebniſſe, die unſere Anſchauungen über die Tiefen- verhältniſſe des Weddellmeeres und des noch ſehr wenig bekannten Südatlantiſchen Ozeans in willkommener Weiſe bereichert haben.“) Von den drei Hilfsexpeditionen, die 1903 zur Aufſuchung der Schweden abgegangen waren, kam außer der ſchwediſchen auch die franzöſiſche unter dem Arzt und Naturforſcher J. Charcot zu ſpät. Während aber die erſtere, nachdem ſie auf Snow Hill aus zurückgelaſſenen Schriftſtücken die Rettung Nordenſkjölds und ſeiner Genoſſen erſehen hatte, ſofort nach Hauſe zurückkehrte, da ihr eine eigene Forſchungstätigkeit verwehrt war, entſchloß ſich Charcot, in der Weſtantarktis zu bleiben, um nach Rück⸗ ſprache mit Nordenſkjöld, mit dem er in Buenos Aires zu— ſammengetroffen war, die Arbeiten ſeiner Vorgänger fortzuſetzen. Im Januar 1904 verließ er auf dem „Frangçais“ Buenos Aires und drang nach Aufnahme des ſchnee- und eisbedeckten Palmer⸗ Archipels bis zu den Biscoe-Inſeln vor. Weil es hier fein ge- eignetes Winterquartier gab, kehrte er zur Wandel-Inſel am Weſt⸗ eingang der Gerlache-Straße zurück, wo er neun Monate lang vom Eiſe feſtgehalten wurde. Die während der Überwinterung unter⸗ ) R. N. Rudmose Brown, R. C. Mossman, J.H.Harwey Pine, The voyage of the „Scotia“. Being the record of a voyage of exploration in Antarctic Seas. Edinburgh and London 1906. e e Die franzöſiſche Expedition. 151 nommenen Schlittenreiſen waren durch die Ungunſt der Witterung außerordentlich erſchwert und hatten deshalb nur geringe Ausdehnung. Nach dem Freiwerden des Schiffes kam man unter Sturm und Nebel bis zum Alexander I.-Land, das jedoch von Eismaſſen verbarrikadiert war und nicht betreten werden konnte. Man wendete deshalb wieder zum Grahamlande um, wo das Schiff auf eine Klippe auffuhr und leck wurde. Trotzdem es bald wieder abkam, geſtaltete ſich wegen des unausgeſetzt eindringenden Waſſers die Lage ſo kritiſch, daß unverzügliche Heimkehr geboten war. Im März 1905 langte die Expedition in Buenos Aires wieder an, nachdem ſie trotz aller Schwierigkeiten die belgiſchen Forſchungen längs der Weſt— küſte des Grahamlandes erfolgreich nach Süden fortgeſetzt hatte.“) Mit Charcot iſt die letzte der internationalen antarktiſchen Expeditionen zurückgekehrt, und die neueſte Periode der Südpolar⸗ forſchung, die im ganzen nicht ungünſtig abſchneidet, hat damit ihr vorläufiges Ende gefunden.“) Allerdings iſt durch fie die räumliche Erforſchung der Antarktis nicht allzuſehr gefördert worden, weil bloß die Engländer und Schotten tiefer in den un— bekannten Südpolarraum eingedrungen ſind, während die Deut— ſchen und Franzoſen den Südpolarkreis nur wenig überſchritten und die Schweden ihn überhaupt nicht erreicht haben. Vermochten aber die bis 1843 unternommenen Vorſtöße einzelne Küſtenſtriche im weſentlichen nur zu ſichten, ſo hat man nunmehr auf dem Lande ſelbſt Fuß gefaßt und es genauer kennen gelernt. Obwohl der Küſtenverlauf erſt ſtellenweiſe feſtſteht, iſt das Vorhandenſein eines antarktiſchen Kontinents erwieſen, der ſich vom Meere aus überall durch raſche und beträchtliche Abnahme der Waſſertiefe ankündigt und als ein neuer ſiebenter Erdteil — Antarktika ges nannt — gelten muß. An Größe wahrſcheinlich Europa über⸗ treffend, iſt er doch ungaſtlich und unbewohnbar, weil er ſo voll— ſtändig unter einer dem grönländiſchen Inlandeis entſprechenden und bis zum Meeresſpiegel herabreichenden Eiskappe begraben iſt, daß nur wenige Geſtadeſtreifen eisfrei bleiben. Sie werden von zahlloſen Pinguinkolonien bevölkert und von einem ſpärlichen Flechtenkleid überzogen, während das flache Küſtenwaſſer der ) J. B. Charcot, Le „Français“ au Pöle Sud. Paris 1906. %) Argentinien iſt der einzige Staat, der durch Fortführung und Erweiterung der von der ſchottiſchen Expedition auf den Süd⸗Orkneys begonnenen meteorologiſch-magnetiſchen Beobachtungen die antarktiſche Forſchung in beſcheidenem Umfang fortſetzt. 152 XIV. Die internationale Südpolarforſchung (1900-1905). Schauplatz eines reichen Seetierlebens iſt. Die nächſten Jahre werden aber auch noch durch die Verarbeitung der Stations⸗ beobachtungen — das laſſen ſchon die bisher bekannt gewordenen vorläufigen Ergebniſſe erwarten — eine Fülle neuen Materials über die Geographie der Antarktis bringen. Denn je ferner gerade das lange vernachläſſigte Südpolargebiet bisher dem wiſſen— ſchaftlichen Intereſſe ſtand, um ſo größere und um ſo mehr Pro— bleme ſind dort noch zu löſen. Die im hohen Norden und Süden gemachten Fortſchritte haben endlich auch neue Pläne und Organiſationen zum Ausbau des Errungenen entſtehen laſſen. Unter ihnen iſt am bemerkens⸗ werteſten der von belgiſchen Südpolarforſchern auf dem Welt⸗ wirtſchaftskongreß zu Mons 1905 eingebrachte Vorſchlag, im Intereſſe der wiſſenſchaftlichen Polarforſchung eine internationale Vereinigung ins Leben zu rufen. Daraufhin trat im Sep: tember 1906 in Brüſſel der erſte Internationale Kongreß zur Erforſchung der Polargebiete zuſammen, der, von Polarreiſenden, Vertretern von Staaten und wiſſenſchaftlichen Körperſchaften be— ſucht, tatſächlich zur Gründung einer aus Mitgliedern aller Kultur— ſtaaten zuſammengeſetzten Vereinigung führte.“) Sie ſoll durch Erzielung eines Einvernehmens über ſchwebende Fragen der polaren Geographie und durch Aufſtellung eines allgemein gültigen wiſſenſchaftlichen Programms Einheitlichkeit in die geplanten Unternehmungen bringen und ein Mittelpunkt aller Beſtrebungen zur Erforſchung der Polarregionen werden, damit einer planloſen Verſchwendung von Arbeitskräften und Geldmitteln entgegengewirkt und auch die Löſung koſtſpieliger und ſchwieriger Aufgaben wie die endgültige Erreichung der Pole durchgeführt werden kann. Durch Entſendung von möglichſt weit ins Unbekannte vordringen⸗ den Expeditionen und durch Errichtung feſter Beobachtungsſtationen, die eine beſtimmte Zeit in Tätigkeit bleiben, ſollen Weyprechts Gedanken in erweiterter Form und unter Ausdehnung auf das topographiſche Gebiet Wiederaufnahme finden. Da indes der neuen Vereinigung von vornherein nur eine beſcheidene, mehr beratende Rolle zugeteilt iſt, ſo bleibt abzuwarten, in welchem Maße ſie die Polarforſchung zu fördern und zu leiten vermag. *) E. v. Drygalski, Ziele und Methoden der Polarforſchung nach den Verhandlungen des Internationalen Kongreſſes zur Erforſchung der Polargebiete in Brüſſel. Geogr. Anzeiger 8 (1907), S. 49—54. — — Adam von Bremen 16. Albert I. von Monaco 86. Amdrup 71. Amundſen 35,47,51fg. Anderſon 44. Andrée 116, 120 fg. Anjou 100, 101. Anſchütz⸗Kämpfe 124. Archer 112, 135. Arctowsky 125. Armitage 144. Aſtrup 76, 77. Auſtin 39. Back 31, 32, 36. Baer v., 94, 103. Baffin 27. Baldwin 116, 118. Balleny 129. Barents 23, 88. Barne 145. Barrow 29, 37. Baſchin 65. Beechey 32. Belcher 40, 43. Bellingshauſen v., 128. Bellot 38. Bennett G. 107. Bennett St. 88. Berggreen 74. Bering 98, 99. Berna 85. Bernacchi 145. Beſangçon 120. Beſſels 57, 95. Bidlingmaier 139. Billings 100. Birula 102. Namenverzeichnis. Biscoe 128. Bhßjörling 65. Blomſtrand 83. Bloſſeville 67. Boas 26. Booth 33. Borchgrevink 6, 133, 135 fg. Börgen 69. Boriſſow 96. Bouvet 126. Bove 106. Brainard 61. Bransfield 127. Bravais 83. Brown 73. Bruce 86, 133, 149. Brußnejew 102. Bruun 65. Buchan 29, 116. Buchholz 69. Buddington 57, 62. Bull 133. Bunge 86, 101. Burn⸗Murdoch 133. Burrough 22. Button 27. Bylot 27. Cabot, J. und S. 21. Cagni 117. Carlſen 24, 84, 103. Cavalli 117. Chamiſſo v., 100. Chancellor 22. Cheyne 150. Cheyne 120. Chipp 107. Chun 137. Ehydenius 83. Claudius Clavus Niger 19. Clavering 66. Clerke 100. Collinſon 39, 41. Conway 85. Cook 100, 127. Copeland 69. Cortereal, Gebrüder 22. Cranz 63. Crozier 33, 37, 129. Dahl 104. Dalager 73. Dall 101. Dallmann 104, 132. Danenhower 107. Davis 26. Deaſe 36. de l'Isle 98. Deſchnew 97. Dickſon 106. Donald 133. Dorſt 95. Drygalski v., 65,139fg. Dumont d' Urville 127, 129 fg. Duner 83. Edge 82. Egede, H. und P. 63. Ekſtam 96. Elſon 32. Engell 65. Enzensperger 139,141. Erik Rauda 14. Eſchſcholtz 100. Evenſen 133. 154 Fiala 119. Fitzjames 37. Floki 14. Forſter, G. und R. 127. Fox 28. Fränkel 121. Franklin 3, 29, 31, 32, 37fg. Franklin, Lady 37 fg. du Frezne 126. FrieſiſcheNordfahrt!7. Frobiſher 25. Gardar 14. Garde 75. Gardiner 24. Gauß 129. Gazert 139. de Geer 85, 86. de Gerlache 72, 135. Gerritsz 127. Gieſecke 63. Gilder 46, 109. Gillis 82. Gmelin 98. Goldner 47. Golowyn 100. Graah 67. Greely 11, 60fg., 111, 112. Greßly 85. Griffin 39. Grinewezki 96. Grinnell 39, 40, 55. Gunbjörn 14. Gwosdew 98. Hall 45, 57. eng 64. anſen 52. Hanſon 135. Harald 18. Harlan 116. Harmsworth 78, 92, 143. Harriſon 53. de Haven 39. Hayes döfg., 73. Hearne 28. Hedenſtröm 101. Namenverzeichnis. Heemskerk 23. Hegemann 69. Hendrik 55fg. Henſon 78fg. Herberſtein v., 22. Hermite 120. Heuglin v., 84, 95. Hobſon 45. Holm 64, 70. Hood 31. Hudſon 26, 85, 116. Inglefield 40, 54, 112. Ingram 27. Irizar 147. Iſachſen 49, 86. Jackman 23. Jackſon 92, 115. Jäderin 86. James 28. Jenſen 64, 74. Johanneſen 82. Johanſen, E. H. 95, 103. Johanſen, F. Hj. 113. Kallſtenius 65. Kane 39, 40, 55. Keilhau 83, 88. Kellett 38, 40, 42. Kemp 129. Kerguelen 126. Kleinſchmidt 64. Klinkowſtröm 85. Klutſchak 46. Koldewey 68. Kolthoff 72. Koltſchak 102. Kornerup 64, 74. Kotzebue v., 100. Krauſe, Gebrüder 101. Kruſenſtern v., 100. Kruſenſtern, Leutnant 103. Kruuſe 73. Kükenthal 84. Lamont 84. Langsdorff v., 100. Laptew, Ch. und D. 99. Larſen 133, 147. Laſſinius 99. Laube 69. Lazarew 128. Lerner 88. Ljachow 101. Lockwood 61. de Long 107fg. Löwenigh v., 83. Ludlow 94. Ludwig, Herzog der Abruzzen 116fg. Lütke v., 94. Luyken 139, 141. Lyon 32. Mack 104. Mackenzie 28. Maidell v., 101. Maigaard 74. Makarow 124. Malmgreen 83. Markham, A. H. 59. Markham, Cl. 143. Martins 83. Mayen 85. M'Clintock 35, 40, 44, 112. M'Clure 34, 39, 41fg. M' Dougall 40. Melms 46. Melville 7, 107. Middendorff v., 101. Middleton 28. Miertſching 38. Mikkelſen 53. Minin 99. Mohn 72, 85, 112. Mojſſejew 95, 96. Mönche, iriſche 13. Moore 28, 38, 132. Morrell 128. Morriſon 46. Morton 55fg. Moßman 149. Müller 98. Muloch 145. AUE e Munk 28. Mylius = Erichjen 65, 70. Naddod 14. Naj 23. Nanſen 5, 8, 74, 91, 112g. Nares 59 fg., 112, 132. Nathorſt 6, 71, 85, 123. Nelſon 83. Neumann v., 101. Neumayer 134. Newnes 135. Nilſen 84. Nindermann 108. Nordenſkiöld, A. E. 70,73, 83,96, 104fg., 116. Nordenſkiöld, G. 85. Nordenſkjöld, O. 2, 146 fg. Noros 108. Noſſilow 96. Olaus Magnus 19. Ommaney 39. Osborn 2, 39, 40. Othere 13. Owzyn 99. Paars 73. Pachtuſow 94. Palander 83, 106. Palliſer 103, 104. Palmer 128. Panſch 69. Parr 59. Parry 29fg., 35, 116. Payer 69, 89 fg., 93. Peary 3, 62, 74, 75fg., 7116, 123. Penny 39, 54. Pet 23. Petermann 11, 54, 59, 67, 89, 109, 112. Peterſen 133. Philipp v. Orléans 72. Philippi 139. Phipps (Lord Mul⸗ grave) 83, 116. Namenverzeichnis. Pike 85. Pospelow 94. owell 128. . 98. Pullen 40. Pytheas 12fg. Querini 117. Rabot 85. Rae 38, 39, 40, 44. Richards 40. Richardſon 31, 32, 39. Rijp 23, 88. Rink 64. de la Roche 126. Scott Roſenthal 95. | re 93. Roß, Cl. 33, 34, 38, 129g. Roß, J. 29, 33 fg., 39. Royds 145. Rüdiger 86. Ruſer 139. Ryder 64, 71. Saabye 63. Sabine 66, 87. Sannikow 101. Sarytſchew 100. Sauer 100. Schley 61. Schörring 65. Schwatka 46. Scoresby, Vater und Sohn 11, 32, 66, 83, 85. 143 fg. Seeberg 102. Sergiewski 86. Sibiriakow 106, 107. Simpſon 36. Skelton 144. Smiley 132. Smith, L. 85, 91. Smith, W. 127. Sonntag 55, 56. Spangberg 98. Stade 65. Stadling 123. Steenſtrup 64. Steller 98, 99. Toll v., 155 Stephenſon 59. Stewart 39, 44. Stökken 117. Strindberg 121. Supan 112, 149. Sverdrup 34, 48, 74, 113. Tetgales 23. Thalbitzer 73. Thorgil 15. Thorne 22. Timofejew 97. Tobieſen 84, 88, 104. 101 fg. Torell 83, 116. Torkildſen 104. Tſcheljuskin 99. | Tſchernyſchew 87, 96. Tſchirikow 98, 99. Tyſon 58, 120. Ulve 85, 104. Vanhöffen 65, 139. Veſpucci 126. Vlaming 25. Vogt 85. Wagin 101. Waldburg⸗Zeil 84. Walter 84. Wandel 72. Weddell 128. Wellman 116, 123. Werner 68. Werth 139, 141. Weuyyprecht 4,89fg., 110. Whymper 73. Wiggins 104, 112. Wilczek 89, 96. Wilkes 129fg. Wilkizki 105. Willoughby 22. Wolloſſowitſch 102. Wood 25. Wrangel v., 100. Ba: Gebrüder 19. y 89. lee 116, 118, 120. Zinzendorf 63. Ziwolka 94, 95. $ E & 3 8 8 5 * 8 85 8 2 = 8 TH... — | Aus Natur und Geiſteswelt Sammlung wiſſenſchaftlich⸗gemeinverſtändlicher Darſtellungen aus allen Gebieten des Wiſſens er in Bändchen von 130-160 Seiten. Bet Jedes Bändchen iſt in ſich ab» Gebunden | { geſchloſſen und einzeln käuflich. Die Sammlung „Aus Natur und Geiſteswelt“ ſucht ihre Aufgabe nicht in der Vorführung einer Fülle von Lehrftoff und Cehrſätzen oder etwa gar unerwieſenen Hnpothejen, ſondern darin, dem Leſer Verſtändnis dafür zu vermitteln, wie die moderne Wiſſenſchaft es erreicht hat, über wichtige Fragen von allgemeinſtem Intereſſe Cicht zu verbreiten. Sie will dem Einzelnen ermöglichen, wenigſtens an einem Punkte ſich über den engen Kreis, in den ihn heute meiſt der Beruf einſchließt, zu erheben, an einem * die Freiheit und Selbſtändigkeit des geiſtigen Cebens zu gewinnen. n dieſem Sinne bieten die einzelnen in ſich abgeſchloſſenen Schriften gerade dem „Caien“ auf dem betreffenden Gebiete in voller Anſchaulichkeit und lebendiger Friſche eine gedrängte, aber anregende Überſicht. aD, 3 2 mit. 1.25. Aberglaube ſ. Heilwiſſenſchaft. Abſtammungslehre. Abſtammungslehre und Darwinismus. Don Profeſſor Dr. R. Heſſe. 2. Auflage. Mit 37 Figuren im Text. Die Darſtellung der großen Errungenſchaft der biologiſchen Forſchung des vorigen Jahrhunderts, der Abſtammungslehre, erörtert die zwei Fragen: „Was nötigt uns zur Annahme der Ab» tammungslehre?“ und — die viel ſchwierigere — „wie geſchah die Umwandlung der Tier⸗ und anzenarten, welche die Abſtammungslehre fordert?“ oder: „wie wird die Abſtammung erklärt?“ Algebra ſ. Arithmetik. Alkoholismus. Der Alkoholismus, ſeine Wirkungen und ſeine Be⸗ kämpfung. herausgegeben vom Sentralverband zur Bekämpfung des Alkoholismus. 3 Bändchen. Die drei Bändchen ſind ein kleines wiſſenſchaftliches Kompendium der Alkoholfrage, ver⸗ aßt von den beſten Kennern der mit ihr verbundenen ſozial⸗hugieniſchen und ſozial⸗ethiſchen obleme. Sie enthalten eine Fülle von Material in überſichtlicher und ſchöner Darſtellung und ſind unentbehrlich für alle, denen die Bekämpfung des Alkoholismus als eine der wichtigſten und bedeutungsvollſten Aufgaben ernſter, ſittlicher und ſozialer Kulturarbeit am Herzen liegt. Band I. Der Alkohol und das Kind. Don Profeſſor Dr. Wilhelm Wengandt. Die Aufgaben der Schule im Kampf gegen den Alkoholismus. Von at 1 Martin Hartmann. Der Altoholis» mus und der Arbeiterſtand. Don Dr. Georg Keferſtein. Alkoholismus und Armenpflege. Don Stadtrat Emil Münſterberg. Band II. Die wiſſenſchaftlichen Kurſe zum Studium des Alkoholismus. Don Dr. jur. v. Strauß und Tornen. Einleitung. Don Profeſſor Dr. Max Rubner. Alkoholismus und Nervoſität. Don Profeſſor Dr. Mar Caehr. Alkohol und Geiſteskrankheiten. Don Dr. Otto Juliusburger. Alko- holismus und Proſtitution. Don Dr. O. Roſenthal. Alkohol und Derfehrswejen. Don Eiſenbahndirektor de Terra. Band III. Einleitung. Alkohol und Seelenleben. Von Profeſſor Dr. G. Aſchaffenburg. Alkohol und Strafgeſetz. Don Dr. Otto Juliusburger. Einrichtungen im Kampf gegen den Alkohol. Don Dr. B. Caquer. Einwirkungen des Alkohols auf die inneren Organe. Don Dr. G. Liebe. Akohol als Nahrungsmittel. Don Profeſſor Dr. Neumann. Aiteite deutſche Mäßigkeitsbewegung. Don Paſtor Dr. Stubbe. Eröffnungsanſprache. Don Dr. jur. von Strauß und Torney. Schlußwort. Von Regierungsrat Dr. Weymann. 1 1 N ’ „„ Ra MEN SE Aus natur und Geiſtes welt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 mk. 25 p D ff Ameiſen. Die Ameiſen. Don Dr. Friedrich Knauer. Mit 61 Figuren. Laßt die Ergebniffe der fo intereſſanten Forſchungen über das Tun und Treiben einheimif un 1 5 exotiſcher Ameiſen, über die Vielgeſtaltigkeit der Formen im Ameiſenſta über e * nn. pft ganze r . ** ihr Prem) anderen Tieren und m anzen, über die Sinnestätigkeit der Amelfen und Über andere intereſſante Details aus dem Ameiſenleben zuſammen. N f 4 Amerika (f. a. Schulweſen). Aus dem amerikaniſchen Wi leben. Don Profeſſor J. Laurence Caughlin. ie ande Ein Amerikaner behandelt für deutſche Ceſer die Fragen, die augenblicklich im Dordergrunde des öffentlichen Lebens in Amerika ſtehen, auf Grund des Reſultats eines ſorgfältigen und eingehenden Studiums einer langen Reihe von Tatſachen: Den Wettbewerb zwiſchen den Der einigten Staaten und Europa — Schutzzoll und 1 in den Vereinigten Staaten — Die Arbeiterfrage in den Vereinigten Staaten — Die amerikaniſche Truſtfrage — Die Eijen- bahnfrage in den Vereinigten Staaten — Die Bankfrage in den Vereinigten Staaten — Die herrſchenden volkswirtſchaftlichen Ideen in den Vereinigten Staaten. : Geſchichte der Dereinigten Staaten von Amerika. Don Dr. E. Daenell. Gibt in großen Zügen eine überſichtliche Darſtellung der geſchichtlichen, kulturgeſchichtlichen und wirtſchaftlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten von — 2 q ſuchen bis zur jüngſten Gegenwart mit beſonderer Berückſichtigung der verſchiedenen politiſchen, ethnographiſchen, ſozialen und wirtſchaftlichen Probleme, die zur Zeit die Amerikaner be⸗ N ſonders bewegen. f Anthropologie ſ. Menſch. Arbeiterſchutz. Arbeiterſchutz und Arbeiterverſicherung. Von weil. Pro⸗ feſſor Dr. O. v. Swiedined-Südenhorft. Das Buch bietet eine gedrängte Darſtellung des gemeiniglich unter dem Titel „Arbeiter frage“ behandelten Stoffes; insbeſondere treten die Fragen der Notwendigkeit, Swedmäßig keit und der ökonomiſchen Begrenzung der einzelnen Schutzmaßnahmen und Verſicherungs⸗ einrichtungen in den Vordergrund. 5 Arithmetik und Algebra zum Selbſtunterricht. Don Profeſſor Dr. P. Crantz. I. Teil: Die Rechnungsarten. Gleichungen erſten Grades mit einer und mehreren Unbekannten. Gleichungen zweiten Grades. Mit 9 Figuren im Text. 2 Will in leicht faßlicher und für das Selbſtſtudium geeigneter Darſtellung über die Anfangs gr der Arithmetik und Algebra unterrichten und behandelt die ſieben Rechnungsarten, ie Gleichungen erften Grades mit einer und mehreren Unbekannten und die Gleichungen weiten Grades mit einer Unbekannten, wobei auch die Cogarithmen ſo ausführlich behandelt d, daß jemand an der Hand des Buches ſich auch vollſtändig mit dem Gebrauche der Togarithmentafeln vertraut machen kann. N Astronomie (f. a. Kalender; Mond; Weltall). Das aſtronomiſche Weltbild im Wandel der Seit. Don Profeſſor Dr. S. Oppenheim. Mit 24 Ab» bildungen im Text. Schildert den Kampf der beiden hauptſächlichſten „Weltbilder“, des die Erde und des die Sonne als Mittelpunkt betrachtenden, der einen bedeutungsvollen Abſchnitt in der Kultur⸗ geſchichte der Menſchheit bildet, wie er ſchon im Altertum bei den Griechen entſtanden iſt, anderthalb Jahrtauſende ſpäter zu Beginn der Neuzeit durch Kopernikus von neuem auf⸗ genommen wurde und da erſt mit einem Siege des heliozentriſchen Suſtems ſchloß. Atome ſ. Moleküle. SEP ändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. — “ * A uge. Das Auge des Menſchen und feine Geſundheitspflege. Von Privat- dozent Dr. med. Georg Abelsdorff. Schildert die Anatomie des menſchlichen Auges ſowie die Leiſtungen des Geſichtsſinnes, be ſeonders ſoweit fie außer dem mediziniſchen ein allgemein wiſſenſchaftliches oder äſthetiſches Sr ntereſſe beanſpruchen können, und behandelt die Geſundheitspflege (Äingiene) des Auges, bheſonders Schädigungen, Erkrankungen und Verletzungen des Auges, Kurzſichtigkeit und er⸗ hebliche Kugenkrankheiten, ſowie die künſtliche Beleuchtung. Baukunſt (f. a. Städtebilder). Deutſche Baukunſt im Mittelalter. Don Profeſſor Dr. A. Matthaei. 2. Auflage. Mit Abbildungen im Text und auf 2 Doppeltafeln. Der Herfaſſer will mit der Darſtellung der Entwicklung der deutſchen Baukunſt des Mittel⸗ alters zugleich über das Weſen der Baukunſt als Kunſt aufklären, indem er zeigt, wie ſich im * Derlauf der Entwicklung die Raumvorſtellung klärt und vertieft, wie das techniſche Können wächſt und die praktiſchen Aufgaben ſich erweitern, wie die romaniſche Kunſt geſchaffen und zur Gotik weiter entwickelt wird. Beethoven ſ. Muſik. Befruchtungsvorgang. Der Befruchtungsvorgang, fein Weſen und ſeine Bedeutung. Don Dr. Ernſt Teichmann. Mit 7 Abbildungen im LCext und 4 Doppeltafeln. Will die Ergebniſſe der modernen Forſchung, die ſich mit dem Befruchtungsproblem befaßt, darſtellen. Ei und Samen, ihre Geneſe, ihre Reifung und ihre Vereinigung werden 7 en im Chromatin die materielle Grundlage der Vererbung aufgezeigt und als die Bedeutung des Befruchtungsvorgangs eine Miſchung der Qualitäten zweier Individuen. Beleuchtungsarten. Die Beleuchtungsarten der Gegenwart. Von Dr. phil. Wilhelm Brüſch. mit 155 Abbildungen im Text. Gibt einen Überblick über ein gewaltiges Arbeitsfeld deutſcher Technik und Wiſſenſchaft, indem die techniſchen und wiſſenſchaftlichen Bedingungen für die Herſtellung einer wirtſchaft⸗ lichen Cichtquelle und die Methoden für die Beurteilung ihres wirklichen Wertes für den Verbraucher, die einzelnen Beleuchtungsarten ſowohl hinſichtlich ihrer phyſikaliſchen und chemiſchen Grundlagen als auch ihrer Technik und Herſtellung behandelt werden. Bevölkerungslehre. Don Profeſſor Dr. M. Haushofer. I Will in gedrängter Form das Weſentliche der Bevölkerungslehre geben über Ermittlung der * 2 0 über Gliederung und Bewegung der Bevölkerung, Verhältnis der Bevölkerung zum bewohnten Boden und die Siele der Bevölkerungspolitik. Bibel (.. a. Jeſus; Religion). Der Text des Neuen Teſtaments nach feiner geſchichtlichen Entwicklung. Don Divifionspfarrer Aug. Pott. Mit 8 Tafeln. Will in die das allgemeine Intereſſe an der Textkritik bekundende Frage: „Iſt der urſprüng⸗ liche Text des Neuen Teſtamentes überhaupt noch herzuſtellen?“ durch die Erörterung der 1 Derichiedenheiten des Luthertertes (des früheren, revidierten und durchgeſehenen) und ſeines pHVerhältniſſes zum heutigen (deutſchen) „berichtigten“ Text, einführen, den „älteſten Spuren 45 des Textes“ nachgehen, eine „Einführung in die Handſchriften“ wie die „älteſten Überjegungen“ 9 geben und in „Theorie und Praxis“ zeigen, wie der Text berichtigt und rekonſtruiert wird. # HBildungsweſen (.. a. Schulweſen). Das deutſche Bildungsweſen in feiner geſchichtlichen Entwickelung. Don Profeſſor Dr. Friedrich Paulfen. Auf beſchränktem Raum löſt der Verfaſſer die ſchwierige Aufgabe, indem er das Bildungs weſen jtets im Rahmen der allgemeinen Kulturbewegung darſtellt, jo daß die geſamte Kultur⸗ entwicklung unſeres Volkes in der Darſtellung jeines Bildungsweſens wie in einem verkleinerten Spiegelbild zur Erſcheinung kommt. So wird aus dem Büchlein nicht nur für die Erkenntnis der Vergangenheit, ſondern auch für die Forderungen der Sukunft reiche Frucht erwachſen. Aus natur und Geifteswelt. 1 * De an ' Ta aus natur und Geiſtes welt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Biologie ſ. Abſtammungslehre; Ameiſen; Befruchtungsvorgang; ceben; Meeresforſchung; Pflanzen; Tierleben. 0 Botanik ſ. Obſtbau; Pflanzen. Buchweſen ſ. Illuſtrationskunſt; Schriftweſen. Buddha. Leben und Lehre des Buddha. Von Profeſſor Dr. Rich ard Piſchel. mit 1 Tafel. Gibt nach einer Überſicht über die Zuſtände Indiens zur Zeit des Buddha eine Dar- ſtellung des Lebens des Buddha, ſeiner Stellung zu Staat und Kirche, feiner Cehrweiſe, ſowie jeiner Lehre, feiner Ethik und der weiteren Entwicklung des Buddhismus. Chemie (j. a. Haushalt; Metalle). Luft, Waſſer, Licht und Wärme. Neun Vorträge aus dem Gebiete der Erperimental-Chemie. Don Profeſſor Dr. R. Blochmann. 2. Auflage. Mit zahlreichen Abbildungen im Text. Führt unter beſonderer Berückſichtigung der alltäglichen Erſcheinungen des praktiſchen Lebens in das Derjtändnis der chemiſchen Erſcheinungen ein. Chrijtentum (ſ. a. Bibel; Jeſus; Religion). Aus der Werdezeit des Chriſten⸗ tums. Studien und Charakteriſtiken. Don Profeſſor Dr. J. Geffcken. Gibt durch eine Reihe von Bildern eine Dorftellung von der Stimmung im alten Chriſten⸗ tum und von ſeiner inneren Kraft und verſchafft jo ein Derjtändnis für die ungeheure und vielſeitige welthiſtoriſche kultur⸗ und religionsgeſchichtliche Bewegung. Dampf und Dampfmaſchine. Don Profeſſor Dr. R. Vater. Mit 44 Abbildungen. Schildert die inneren Vorgänge im Dampfkeſſel und namentlich im Zylinder der N maſchine, um fo ein richtiges Derjtändnis des Weſens der Dampfmaſchine und der in der Dampfmaſchine ſich abſpielenden Vorgänge zu ermöglichen. Darwinismus ſ. Abſtammungslehre. Deutſchland ſ. Kolonien; Volksſtämme; Wirtſchaftsgeſchichte. Drama (ſ. a. Theater). Das deutſche Drama des neunzehnten Jahr hunderts. In feiner Entwicklung dargeſtellt von Profeſſor Dr. G. Wit⸗ kowski. 2. Auflage. Mit einem Bildnis Hebbels. | Sucht in erſter Linie auf hiſtoriſchem Wege das Derjtändnis des Dramas der Gegenwart anzubahnen und berückſichtigt die drei Faktoren, deren jeweilige Beſchaffenheit die Geſtaltung des Dramas bedingt: Kunſtanſchauung, Schauſpielkunſt und Publikum. Dürer. Albrecht Dürer. Don Dr. Rudolf Wuſtmann. Mit 33 Ab» bildungen im Text. Eine ſchlichte und knappe Erzählung des gewaltigen menſchlichen und künſtleriſchen Ent⸗ widlungsganges Albrecht Dürers und eine Darſtellung feiner Kunſt, in der nacheinander feine Selbſt⸗ und Angehörigenbildniſſe, die Seichnungen zur Apokalypſe, die Darftellungen von Mann und Weib, das Marienleben, die Stiftungsgemälde, die Radierungen von Rittertum, Trauer und Heiligkeit ſowie die wichtigſten Werke aus der Seit der Reife behandelt werden. Ehe und Eherecht. Von Profeſſor Dr. Ludwig Wahrmund. Schildert in gedrängter Faſſung die hiſtoriſche Entwicklung des Ehebegriffes von den orientaliſchen und klaſſiſchen Völkern an nach ſeiner natürlichen, ſittlichen und rechtlichen Seite und unterſucht das Verhältnis von Staat und Kirche auf dem Gebiete des Eherechtes, behandelt darüber hinaus aber auch alle jene Fragen über die rechtliche Stellung der Frau und beſonders der Mutter, die immer lebhafter die öffentliche Meinung beſchäftigen. 7 Saus Natur und Geiſteswelt. dchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Eiſenbahnen (f. a. Technik; Verkehrsentwicklung). Die Eiſenbahnen, ihre Entſtehung und gegenwärtige Verbreitung. Don Profeſſor Dr. F. Hahn. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und einer Doppeltafel. Nach einem Rückblick auf die früheſten Zeiten des Eiſenbahnbaues führt der Verfaſſer die Eiſenbahn im allgemeinen nach ihren Hauptmerkmalen vor. Der Bau des Bahnkörpers, der 1 unnel, die großen Brückenbauten, ſowie der Betrieb ſelbſt werden beſprochen, ſchließlich ein Überblick über die geographiſche Verbreitung der Eiſenbahnen gegeben. ui . PR br 2 u 3 5 5 Die Eiſenbahnen der Gegenwart in ihrer techniſchen Entwicklung. Don Eiſenbahnbau⸗ und Betriebsinſpektor E. Biedermann. Uach einem geſchichtlichen Überblick über die Entwicklung der Eiſenbahnen werden die wid. tigſten Gebiete der modernen Eiſenbahntechnik behandelt. Inſonderheit gelangen zur Dar⸗ fſtellung der Oberbau, Entwicklung und Umfang der Spurbahnnetze in den verſchiedenen CTCändern, die Geichichte des Tokomotivenweſens bis zur Ausbildung der Heißdampflokomotiven einerſeits und des elektriſchen Betriebes andererſeits, ſowie der Sicherung des Betriebes durch Stellwerks⸗ und Blodanlagen. Eine Reihe beſonders lehrreicher Abbildungen und Seichnungen ſind zur Erhöhung der Anſchaulichkeif beigegeben. Eeiſenhüttenweſen. Das Eiſenhüttenweſen. Erläutert in acht Dor- trägen von Geh. Bergrat Profeſſor Dr. g. Wedding. 2. Auflage. Mit 12 Figuren im Text. 16 Schildert in gemeinfaßlicher Weiſe, wie Eiſen, das unentbehrlichſte Metall, erzeugt und in ſeine Gebrauchsformen gebracht wird. Beſonders wird der Hochofenprozeß nach ſeinen gghemiſchen, phnſikaliſchen und geologiihen Grundlagen geſchildert, die e der ver⸗ . ſchiedenen Eiſenarten und die dabei in Betracht kommenden Prozeſſe erörtert. . Entdeckungen (ſ. a. Polarforſchung). Das Seitalter der Entdeckungen. ge Don Profeſſor Dr. S. Günther. 2. Auflage. Mit einer Weltkarte. Mit lebendiger Darſtellungsweiſe find hier die großen weltbewegenden Ereignijje der = reg Renaiffancezeit anſprechend geſchildert, von der Begründung der portugieſiſchen onialherrſchaft und den Fahrten des Columbus an bis zu dem Hervortreten der franzöſiſchen, brttiſchen und holländiſchen Seefahrer. Erde (. a. Menſch und Erde; Wirtſchaftsgeſchichte). Aus der Vorzeit der Erde. Vorträge über allgemeine Geologie. Von Profeſſor Dr. Fr. Frech. Mit 49 Abbildungen im Text und auf 5 Doppeltafeln. Kkrörtert die intereſſanteſten und praktiſch wichtigſten probleme der Geologie: die Tätigkeit der Dulfane, das Klima der Vorzeit, Gebirgsbildung, Korallenriffe, Talbildung und Erofion, Wildbäche und Wilobachverbauung. Erfindungsweſen ſ. Gewerbe. g E Ernährung (f. a. Alkoholismus; Haushalt; Kaffee). Ernährung und volks- nahrungsmittel. Sechs Vorträge von weil. Profeſſor Dr. Johannes Frentzel. Mit 6 Abbildungen im Text und 2 Tafeln Sibt einen Überblick über die geſamte Ernährungslehre. Durch Erörterung der grundlegenden Begriffe werden die Zubereitung der Nahrung und der Derdauungsapparat beſprochen und endlich die Heritellung der einzelnen Nahrungsmittel, insbeſondere auch der Konjerven behandelt. Farben |. Cicht. Frauenbewegung. Die moderne Frauenbewegung. Von Dr. Käthe Schirmach er. . Gibt einen Überblick über die Haupttatſachen der modernen Frauenbewegung in allen Ländern And ſchildert eingehend die Beſtrebungen der modernen Frau auf dem Gebiet der Bildung, der Alͤrbeit, der Sittlichkeit, der Soziologie und politik. ; 5 2 Eee N * Fr aus Natur und Geiſteswelt. e Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 pfg. Frauenbewegung. Die Frauenarbeit, ein Problem des Kapitalismus. Don Privatdozent Dr. Robert Wilbrandt. Das Thema wird als ein brennendes Problem behandelt, das uns durch den Kapitalismus aufgegeben worden iſt, und behandelt von dem Verhältnis von Beruf und Mutterſchaft aus, als dem zentralen problem der ganzen Frage, die Urſachen der niedrigen Bezahlung der weiblichen Arbeit, die daraus entſtehenden Schwierigkeiten in der Konkurrenz der Frauen mit den Männern, den Gegenſatz von Arbeiterinnenſchutz und Befreiung der weiblichen Arbeit. Frauenleben. Deutſches Frauenleben im Wandel der Jahrhunderte. Von Direktor Dr. Ed. Otto. Mit 25 Abbildungen. Gibt ein Bild des deutſchen Frauenlebens von der Urzeit bis — Beginn des 19. Jahr- hunderts, von Denken und Fühlen, Stellung und Wirkſamkeit der deutſchen Frau, wie fie f im Wandel der Jahrhunderte darſtellen. Friedrich Fröbel. Sein Leben und ſein Wirken. Von Adele v. Portug all. Tehrt die grundlegenden Gedanken der methode Fröbels kennen und gibt einen Überblick ſeiner wichtigſten Schriften mit Betonung aller jener Kernausſprüche, die treuen und oft ratloſen Müttern als Wegweiſer in Ausübung ihres hehrſten und heiligſten Berufes dienen können. Fürſtentum. Deutſches Fürſtentum und deutſches Verfaſſungsweſen. Don Profeſſor Dr. E. Hubrich. Der Derfafjer zeigt in großen Umriſſen den Weg, auf dem deutſches Fürſtentum und deutſche Dolfsfreiheit zu dem in der Gegenwart geltenden wechſelſeitigen Ausgleich gelangt ſind, unter beſonderer Berückſichtigung der preußiſchen Verfaſſungsverhältniſſe. Nach kürzerer Beleuchtung der älteren Verfaſſungspartie ſchildert der Verfaſſer die Begründung des fürſtlichen Abſo⸗ lutismus und demgegenüber das Erwachen, Fortſchreiten und Siegen des modernen Kon- ſtitutionalismus. Gasmaſchinen ſ. Wärmekraftmaſchinen. Geographie ſ. Entdeckungen; Japan; Kolonien; Menſch; Paläſtina; Polarforſchung; Volksſtämme; Wirtſchaftsleben. Geologie ſ. Erde. Germanen. Germaniſche Kultur in der Urzeit. Von Dr. G. Steinhaufen. Mit 17 Abbildungen. Das Büchlein beruht auf eingehender Quellenforſchung und gibt in feſſelnder Darſtellung einen Überblick über germaniſches Leben von der Urzeit bis zur Berührung der Germanen mit der römiſchen Kultur. Germaniſche Mythologie. Von Dr. Julius von Negelein. Der Verfaſſer gibt ein Bild germaniſchen Glaubenslebens, indem er die Äußerungen religiöfen Lebens namentlich auch im Kultus und in den Gebräuchen des Aberglaubens auſſucht, ſich überall beſtrebt, das zugrunde liegende pſychologiſche Motiv zu entdecken, die verwirrende Fülle mythiſcher Tatſachen und einzelner Namen aber demgegenüber zurücktreten läßt. Geſchichte (ſ. a. Amerika; Bildungsweſen; Entdeckungen; Frauenleben; Fürſtentum; Germanen; Japan; Jeſuiten; Ingenieurtechnik; Kalender; Kriegsweſen; Kultur; Kunſtgeſchichte; Citeraturgeſchichte; Luther; Münze; Muſik; Paläſtina; Pompeji; Rom; Schulweſen; Städteweſen; Volksſtämme; Welthandel; Wirtſchaftsgeſchichte). * A Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. . Geſchichte. Politiſche Hhauptſtrömungen in Europa im 19. Jahrhundert. don Profeſſor Dr. K. Th. Heigel. Bi et eine knappe Darſtellung der wichtigſten politiſchen Ereigniſſe vom Ausbrude der fran- 3öfi Fir Revolution bis zum Ausgang des 19. eh womit eine Schilderung der politiihen Ideen Hand in hand geht und wobei überall Urſache und Folge, d. h. der innere Suſammenhang der einzelnen Vorgänge, dargelegt, auch Sinnesart und Taten wenigſtens der einflußreichſten Perſönlichkeiten gewürdigt werden. — Don Cuther zu Bismarck. 12 Charakterbilder aus deutſcher Geſchichte. Von Profeſſor Dr. Ottokar Weber. 2 Bändchen. Ein knappes und doch eindrucksvolles Bild der nationalen und kulturellen Entwickelung der Ueugzeit, das aus den vier Jahrhunderten je drei Perſönlichkeiten herausgreift, die beſtimmend eingegriffen haben in den Werdegang deutſcher Geſchichte. Der große Reformator, Regenten großer und kleiner Staaten, Generale, Diplomaten kommen zu Wort. Was Martin Luther einſt geträumt: ein nationales deutſches Kaiſerreich, unter Bismarck ſteht es begründet da. 1848. Sechs Vorträge von Profeſſor Dr. Ottokar Weber. ER Bringt auf Grund des überreichen Materials in knapper Form eine Darſtellung der wichtigen KEreigniſſe des Jahres 1848, dieſer nahezu über ganz Europa verbreiteten großen Bewegung in ihrer bis zur Gegenwart reichenden Wirkung. 1 Reſtauration und Revolution. Skizzen zur Entwicklungsgeſchichte der deutſchen Einheit. Don Profeſſor Dr. Richard Schwemer. © Die Reaktion und die neue Ära. Skizzen zur Entwickelungsgeſchichte der Gegenwart. Don Profeſſor Dr. Richard Schwemer. N Dom Bund zum Reich. Neue Skizzen zur Entwickelungsgeſchichte der deutſchen Einheit. Don Profeſſor Dr. Richard Schwemer. 5 Die 3 Bändchen geben zuſammen eine in Kuffaſſung und Darftellung durchaus eigenartige Heſchichte des deutichen Volkes im 19. Jahrhundert. „Reſtauration und Revolution“ behandelt das Leben und Streben des deutſchen Volkes in der erſten Hälfte des 19. Jahrhunderts, von dem erſten Aufleuchten des Gedankens des nationalen Staates bis zu dem tragiſchen Sturze in der Mitte des Jahrhunderts. „Die Reaktion und die neue kira“, beginnend mit der Seit der Ermattung nach dem großen Aufihwung von 1848, ſtellt in den Mittelpunkt des Prinzen von Preußen und Otto von Bismarcks Schaffen. „Vom Bund zum Reich“ zeigt uns Bismarck mit ſicherer Hand die Grundlage des Reiches vorbereitend und dann immer entſchiedener allem Geſchehenen das Gepräge ſeines Geiftes verleihend. Geſundheitslehre (ſ. a. Alkoholismus; Ernährung; Haushalt; Heilwiſſen⸗ ſchaft; Leibesübungen; Menſch; Nervenſyſtem; Schulhygiene; Stimme; Auberkuloſe). Acht Vorträge aus der Geſundheitslehre. Von Profeſſor Dr. H. Buchner. 2. Auflage, beſorgt von Profeſſor Dr. M. Gruber. Mit Zahlreichen Abbildungen im Text. IVIn klarer und überaus 1 67 Darſtellung unterrichtet der Verfaſſer über die äußeren Lebensbedingungen des Menſchen, über das Verhältnis von Luft, Licht und Wärme zum menſchlichen Körper, über Kleidung und Wohnung, Bodenverhältniſſe und Waſſerverſorgüng, die Krankheiten erzeugenden Pilze und die Infektionskrankheiten, kurz über wichtige Fragen . der Hygiene. Gewerbe. Der gewerbliche Rechtsſchutz in Deutſchland. Don Patent anwalt B. Tolksdorf. Nach einem allgemeinen Überblick über Entſtehung und Entwicklung des gewerblichen Rechts⸗ ſchutzes und einer Beſtimmung der Begriffe Patent und Erfindung wird zunächſt das deutſche 3 4 ; 2* 1 aus natur und Geiſteswelt. 1 si natur und Geiſteswelt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 ME. 25 Pfg. atentrecht behandelt, wobei der Gegenſtand des Patentes, der haber, das h Der ahren in patentſachen, die Rechte und Pflichten des Patentinhabers, das chen des atentrechtes und die — — und Anmaßung des Patentſchutzes erörtert werden. Sodann wird das Muſter- und Warenzeichenrecht dargeſtellt und dabei beſonders Art und Gegenſtand der Mufter, ihre Uachbildung, Eintragung, Schutzdauer und Cöſchung klargelegt. Ein weiterer Abſchnitt befaßt ah mit den internationalen Verträgen und dem Kusſtellungsſchutz. Zum Schluſſe wird noch die Stellung der Patentanwälte beſprochen. > 7 Handfertigkeit ſ. Knabenhandarbeit. Handwerk. Das deutſche Handwerk in feiner kulturgeſchichtlichen Entwick⸗ lung. Don Direktor Dr. E d. Otto. 2.Aufl. Mit 27 Abbildungen auf 8 Tafeln. Eine Darſtellung der Entwicklung des deutſchen Handwerks bis in die neueſte Seit, der een Umwälzung aller wirtſchaftlichen Derhältnijje im Zeitalter der Eiſenbahnen und Dampf⸗ maſchinen und der Handwerkerbewegungen des 19. Jahrhunderts, wie des älteren Handwerks⸗ lebens, ſeiner Sitten, Bräuche und Dichtung. Haus (f. a. Kunſt). Das deutſche Haus und fein Hausrat. Don Profeſſor Dr. Rudolf Meringer. Mit 106 Abbildungen, darunter 85 von Profeſſor A. von Schroetter. Das Buch will das Intereſſe an dem deutſchen Haus, wie es geworden ift, fördern; mit zahlreichen künſtleriſchen Illuſtrationen Se behandelt es nach dem „Herdhaus“ das oberdeutſche Haus, führt dann anſchaulich die Einrichtung der für dieſes charakteriſtiſchen Stube, den Ofen, den Tiſch, das Eßgerät vor und gibt einen Überblick über die Herkunft von Haus und Hausrat. Kulturgeſchichte des deutſchen Bauernhauſes. Von Regierungs⸗ baumeiſter a. D. Chr. Ranck. Mit 70 Abbildungen. Der Derfajjer führt den Ceſer in das Haus des germaniſchen Candwirtes und zeigt deſſen Entwicklung, wendet ſich dann dem Hauje der ſkandinaviſchen Bauern zu, um hierauf die Entwicklung des deutſchen Bauernhauſes während des Mittelalters darzuſtellen und mit einer Schilderung der heutigen Form des deutſchen Bauernhauſes zu ſchließen. Haushalt (f. a. Kaffee). Die Naturwiſſenſchaften im Haushalt. von Dr. J. Bongardt. 2 Bändchen. a 4 I. Teil: Wie ſorgt die Hausfrau für die Gejundheit der Familie? Mit 31 Abbildungen. II. Teil: Wie jorgt die Hausfrau für gute Nahrung? Mit 17 Abbildungen. Selbſt gebildete Hausfrauen können ſich Fragen nicht beantworten wie die, weshalb fie 3.B. kondenſierte Milch auch in der heißen Seit in offenen Gefäßen aufbewahren können, weshalb fie hartem Waſſer Soda zujegen, weshalb Obſt im kupfernen Keſſel nicht erkalten ſoll. Da ſoll hier an der Hand einfacher Beiſpiele, unterſtützt durch Experimente und Abbildungen, das naturwiſſenſchaftliche Denken der Leſerinnen ſo geſchult werden, daß ſie befähigt werden, auch ſolche Fragen ſelbſt zu beantworten, die das Buch unberückſichtigt läßt. 4 Chemie in Kühe und Haus. Don Profeſſor Dr. G. Abel. Mit Abbildungen im Text und einer mehrfarbigen Doppeltafel. a Das Bändchen will Gelegenheit bieten, die in Küche und Haus täglich ſich vollziehenden chemiſchen und phyſikaliſchen Prozeſſe richtig zu beobachten und nutzbringend zu verwerten. So wird Heizung und Beleuchtung, vor allem aber die Ernährung erörtert, werden tieriſche und pflanzliche Nahrungsmittel, Genußmittel und Getränke behandelt. — Haydn f. Muſik. n ß er I 205 | Aus Natur und Geifteswelt. s Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. 4 Feilwiſſenſchaft (l. a. Ruge; Geſundheitslehre). Die moderne heilwiſſenſchaft. Weſen und Grenzen des ärztlichen Wiſſens. Don Dr. E. Biernacki. Deutſch von Badearzt Dr. S. Ebel. FK: Will in den Inhalt des ärztlichen Wiſſens und Könnens von einem allgemeineren Standpunkte aus einführen, indem die geſchichtliche Entwicklung der mediziniſchen Grundbegriffe, die Leiſtungsfähigkeit und die Fortſchritte der modernen Heilkunſt, die Beziehungen zwiſchen der 5 iagnoje und der Behandlung der Krankheit, ſowie die Grenzen der modernen Diagnoſtik behandelt werden. g. — der Aberglaube in der Medizin und feine Gefahr für Geſundheit und Leben. Don Profeſſor Dr. D. von Hanſemann. Behandelt alle menſchlichen Derhältniffe, die in irgend einer Beziehung zu Leben und Geſund⸗ heit ſtehen, beſonders mit Rückſicht auf viele ſchädliche Aberglauben, die geeignet ſind, Krank⸗ heiten zu fördern, die Geſundheit herabzuſetzen und auch in moraliſcher Beziehung zu ſchädigen. Hilfsſchulweſen. Vom Zilfsſchulweſen. Don Rektor Dr. B. Maennel. Es wird in kurzen Zügen eine Theorie und Praxis der Hilfsſchulpädagogik gegeben. An Hand der vorhandenen Literatur und auf Grund von Erfahrungen wird nicht allein zuſammen⸗ geſtellt, was bereits geleiſtet worden iſt, ſondern auch hervorgehoben, was noch der Ent⸗ wicklung und Bearbeitung harrt. Japan (f. a. Kunſt). Die Japaner und ihre wirtſchaftliche Entwicklung. Von Profeſſor Dr. K. Rathgen. 5 vermag auf Grund eigener langjähriger Erfahrung ein wirkliches Verſtändnis der merkwürdigen And für uns wirtſchaftlich jo wichtigen Erſcheinung der fabelhaften Entwicklung Japans zu eröffnen. Jaeſuiten. Die Jeſuiten. Eine hiſtoriſche Skizze von Profeſſor Dr. hy). Boehmer. Een Büchlein nicht für oder gegen, ſondern über die Jeſuiten, alſo der verſuch einer gerechten Würdigung des vielgenannten Ordens, das nicht nur von der ſogenannten Jeſuiten⸗ moral oder von der Ordensverfaſſung, ſondern auch von der Jeſuitenſchule, von den Ceiſtungen . des Ordens auf dem Gebiete der geiſtigen Kultur, von dem Jeſuitenſtaate uſw. handelt. Zaeſus (f. a. Bibel; Chriftentum; Religion). Die Gleichniſſe Jeſu. Zugleich Anleitung zu einem quellenmäßigen Verſtändnis der Evangelien. Don Lie. Profeſſor Dr. Hh. Weinel. 2. Auflage. Will gegenüber kirchlicher und nichtkirchlicher Allegorifterung der Gleichniſſe Jeſu mit ihrer richtigen, wörtlichen Kuffaſſung bekannt machen und verbindet damit eine Einführung in die Arbeit der modernen Theologie. Jeſus und ſeine Seitgenoſſen. Von Paſtor K. Bonhoff. Die ganze Herbheit und köſtliche Friſche des Volkskindes, die hinreißende Hochherzigkeit und prophetiſche Überlegenheit des genialen Volksmannes, die reife Weisheit des Junger⸗ bildners und die religiöje Tiefe und Weite des Evangeliumverkünders von Nazareth wird erſft funden, wenn man ihn in ſeinem Verkehr mit den ihn umgebenden Menſchengeſtalten, Volks- und Parteigruppen zu verſtehen ſucht, wie es dieſes Büchlein tun will. Be, % 4 ö . 1 . — Wahrheit und Dichtung im Leben Jeſu. Von Pfarrer Dr. Paul - Mehlhorn. 5 Ul zeigen, was von dem im Neuen Teſtament uns überlieferten Leben Jeſu als wirklicher beſtand feſtzuhalten, was als Sage oder Dichtung zu betrachten iſt, durch Darlegung der rundſätze, nach denen die Scheidung des geſchichtlich Glaubwürdigen und der es umrankenden gantaſiegebilde vorzunehmen iſt und durch Vollziehung der fo gekennzeichneten Art chemiſcher malnſe an den wichtigſten Stoffen des „Lebens Jeſu“. 1 5 wi Wi EN U > Aus Natur und Geiſteswelt. in Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Illuſtrationskunſt. Die deutſche Illuſtration. Don Profeſſor Dr. Rudolf ö Kautzſch. Mit 35 Abbildungen. Behandelt ein beſonders ** und beſonders lehrreiches Gebiet der Kunſt und leiſtet zu ⸗ gleich, indem es an der Hand der HGeſchichte das Charakteriſtiſche der Illuſtration als Kunft zu erforſchen fucht, ein gut Stück „Kunſterziehung“. Ingenieurtechnik. Schöpfungen der Ingenieurtechnik der Neuzeit. Von Baurat Kurt Merckel. 2. Auflage. Mit 55 Abbildungen im Text und auf Tafeln. Führt eine Reihe hervorragender und intereſſanter Ingenieurbauten nach ihrer techniſchen und wirtſchaftlichen Bedeutung vor: die Gebirgsbahnen, die Bergbahnen, und als deren Vor⸗ läufer die bedeutenden Gebirgsſtraßen der Schweiz und Tirols, die großen Eiſenbahnverbin⸗ dungen in Aſien, endlich die modernen Kanal» und Hafenbauten. f Bilder aus der Ingenieurtechnik. Don Baurat Kurt Merdel. Mit 45 Abbildungen im Text und auf einer Doppeltafel. Zeigt in einer Schilderung der Ingenieurbauten der Babylonier und Aſſyrer, der Ingenieur⸗ technik der alten Agypter unter vergleichsweiſer Behandlung der modernen Irrigationsanlagen daſelbſt, der Schöpfungen der antiken griechiſchen Ingenieure, des Städtebaues im Altertum und der römiſchen Waſſerleitungsbauten die hohen Ceiſtungen der Völker des Altertums. Jirael ſ. Religion. Kaffee (ſ. a. Ernährung; Haushalt). Die narkotiſchen Aufgußgetränte. Von Profeſſor Dr. Wieler. Mit zahlreichen Abbildungen. Behandelt, durch zweckentſprechende Abbildungen unterſtützt, Kaffee, Tee und Nakao ein, ehender, Mate und Kola kürzer, in bezug auf die botaniſche Abſtammung, die natürliche Herdreitung der Stammpflanzen, die Verbreitung ihrer Kultur, die Wachstumsbedingungen und die Kulturmethoden, die Erntezeit und die Ernte, endlich die Gewinnung der fertigen Ware, wie der Weltmarkt ſie aufnimmt, aus dem geernteten Produkte. Katao f. Kaffee. Kalender. Der Kalender. Don Prefeſſor Dr. W. F. Wislicenus. Erklärt die aſtronomiſchen Erſcheinungen, die für unſere Zeitrechnung von Bedeutung find, und ſchildert die hiſtoriſche Entwicklung des Kalenderweſens vom römiſchen Kalender aus⸗ ehend, den Werdegang der chriſtlichen Kalender bis auf die neueſte Zeit verfolgend, ſetzt Ihre Einrichtungen auseinander und lehrt die Berechnung kalendariſcher Angaben für Der, gangenheit und Zukunft, fie durch zahlreiche Beiſpiele erläuternd. a Kant (f. a. Philoſophie). Immanuel Kant; Darſtellung und Würdigung. Von Profeſſor Dr. O. Külpe. Mit einem Bildniſſe Kants. Kant hat durch ſeine grundlegenden Werke ein neues Fundament für die ä aller Völker und Zeiten geſchaffen. Dieſes in ſeiner Tragfähigkeit für moderne een tellen, hat ſich der Verfaſſer zur Aufgabe geſtellt. Es ift ihm gelungen, den wirklichen Kant mit hiſtoriſcher Treue zu ſchildern und doch auch zu beleuchten, wie die Nachwelt berufen iſt, hinauszuſtreben über die Anſchauungen des gewaltigen Denkers, da auch er ein Kind ſeiner Zeit ift und manche jeiner Cehrmeinungen vergänglicher Art fein müjjen. Knabenhandarbeit. Die Knabenhandarbeit in der heutigen Erziehung. Don Seminardirektor Dr. Alw. Pabſt. Mit 21 Abbildungen im Text und 1 Titelbild. Gibt einen Überblick über die Geſchichte des Knabenhandarbeitsunterridts, unterſucht ſeine Stellung im Lichte der modernen pädagogiſchen Strömungen und erhärtet jeinen Wert als Erziehungsmittel, erörtert jodann die Art des Betriebes in den verſchiedenen Schulen und gibt zum Schluſſe eine vergleichende Darſtellung der Syſteme in den verſchiedenen Ländern. } 10 Aus natur und Geiſteswelt. eheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Kolonien. Die deutfchen Kolonien. Land und Leute. Don Dr. Adolf - Beilborn. Mit zahlreichen Abbildungen und 2 Karten. Bringt auf engem Raume eine durch Abbildungen und Karten unterſtützte, wiſſenſchaftlich genaue Schilderung der deutſchen Kolonien, ſowie eine einwandfreie Darſtellung ihrer Völker 5 nach Nahrung und Kleidung, Haus und Gemeindeleben, Sitte und Recht, Glaube und Aber» glaube, Arbeit und Vergnügen, Gewerbe und Handel, Waffen und Kampfesweiſe. Kriegsweſen. Dom Kriegswejen im 19. Jahrhundert. Zwangloſe Skizzen von Major O. von Sothen. Mit 9 Überſichtskärtchen. In einzelnen Abſchnitten wird insbeſondere die Napoleoniſche und Moltkeſche Kriegführung an Beiſpielen (Jena -Möniggrätz⸗Sedan) dargeſtellt und durch Kartenſtizzen erläutert. Damit verbunden ſind kurze Schilderungen der preußiſchen Armee von 1806 und nach den Befreiungs⸗ kriegen, ſowie nach der Reorganiſation von 1860, endlich des deutſchen Heeres von 1870 bis zur Jetztzeit. Der Seekrieg. Seine geſchichtliche Entwicklung vom Zeitalter der Ent⸗ deckungen bis zur Gegenwart. Don Kurt Freiherr von Maltzahn, Dize-Admiral a. D. 5 Der Verf. bringt den Seekrieg als Kriegsmittel wie als Mittel der politik zur Darftellung, indem er zunächſt die Entwicklung der Kriegsflotte und der Seekriegsmittel ſchildert und dann die heutigen Weltwirtſchaftsſtaaten und den Seekrieg behandelt, wobei er beſonders das Abhängigkeitsverhältnis, in dem unſere Weltwirtſchaftsſtaaten kommerziell und politiſch zu den Derfehrswegen der See ſtehen, darſtellt. Kultur (ſ. a. Germanen; Geſchichte; griech. Städtebilder). Die Anfänge der menſchlichen Kultur. Von Profeſſor Dr. Ludwig Stein. Behandelt in der Überzeugung, daß die Kulturprobleme der Gegenwart fich uns nur durch 2 einen tieferen Einblick in ihren Werdegang erſchließen, Natur und Kultur, den vorgeſchichtlichen 4 Menſchen, die Ber der Arbeitsteilung, die Anfänge der Raſſenbildung, ferner die Anfänge der wirtſchaftlichen, intellektuellen, moraliſchen und ſozialen Kultur. Kunſt (j. a. Baukunſt; Dürer; Städtebilder; Illuſtrationskunſt; Schriftweſen). Bau und Leben der bildenden Kunſt. Von Direktor Dr. Theodor Dolbehr. Mit 44 Abbildungen. Führt von einem neuen Standpunkte aus in das Verſtändnis des Weſens der bildenden Kunſt ein, erörtert die Grundlagen der menſchlichen Geſtaltungskraft und zeigt, wie das künſtleriſche Intereſſe ſich allmählich weitere und immer weitere Stoffgebiete erobert. Kunſtpflege in Haus und Heimat. Don Superintendent R. Bürkner. Mit 14 Abbildungen. Will, ausgehend von der Überzeugung, daß zu einem vollen Menſchenſein und Volkstum die Pflege des Schönen unabweisbar gehört, die Augen zum rechten Sehen öffnen lehren und die Br Lebensführung, Kleidung und Häuslichfeit äſthetiſch geſtalten, um jo auch zur Er⸗ enntnis deſſen zu führen, was an Heimatkunſt und Heimatſchatz zu hegen iſt, und auf dieſem großen Gebiete perſönlichen und allgemeinen äſthetiſchen Lebens ein praktiſcher Ratgeber jein. Die oſtaſiatiſche Kunft und ihre Einwirkung auf Europa. Don Direktor Dr. R. Graul. Mit 49 Abbildungen im Text und auf 1 Doppeltafel. Bringt die bedeutungsvolle Einwirkung der japaniſchen und chineſiſchen Kunjt auf die europäiſche u Darſtellung unter Mitteilung eines reichen Bildermaterials, den Einfluß Chinas auf die Entwicklung der zum Rokoko drängenden freien Richtungen in der dekorativen Kunft des 18. Jahrhunderts wie den auf die Entwicklung des 19. Jahrhunderts. Der Der: faſſer weiſt auf die Beziehungen der Malerei und Farbendruckkunſt Japans zum Impreſſto⸗ nismus der modernen europäiſchen Kunſt hin. 11 MN. UT RAT ee A ne a Ad > ui 5 Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 pig. Leben. Die Erſcheinungen des Lebens. Grundprobleme der modernen Biologie. Don Privatdozent Dr. 5. Miehe. Mit 46 Figuren im Text. Verſucht eine umfaſſende Totalanſicht des organiſchen Lebens zu geben, indem nach einer Erörterung der ſpekulativen Dorjtellungen über das Leben und einer Beſchreibung des Proto⸗ plasmas und der Selle die hauptſächlichſten Keußerungen des Lebens behandelt werden, als Entwicklung, Ernährung, Atmung, das Sinnesleben, die Fortpflanzung, der Tod, die Varia⸗ bilität und im Anſchluß daran die Theorien über Entſtehung und Entwicklung der Cebewelt, ſowie die mannigfachen Beziehungen der Cebeweſen untereinander. Leibesübungen. Die Leibesübungen und ihre Bedeutung für die Ge⸗ ſundheit. Don Profeſſor Dr. R. Sander. 2. Auflage. Mit 19 Abbildungen. Will darüber aufklären, weshalb und unter welchen Umſtänden die Leibesübungen ſegensreich wirken, indem es ihr Weſen, andererſeits die in Betracht kommenden Organe beſpricht; erörtert beſonders die Wechſelbeziehungen zwiſchen körperlicher und geijtiger Arbeit, die Leibesübungen der Frauen, die Bedeutung des Sportes und die Gefahren der ſportlichen Übertreibungen. y Sicht (ſ. a. Beleuchtungsarten; Chemie). Das Licht und die Farben. Sechs Dorlefungen, gehalten im Volkshochſchulverein München von Profeſſor Dr. C. Graetz. 2. Auflage Mit 116 Abbildungen. Führt, von den einfachſten optiſchen Erſcheinungen ausgehend, zur tieferen Einſicht in die Natur des Cichtes und der Farben, behandelt, ausgehend von der ſcheinbar geradlinigen Ausbreitung, Zurückwerfung und Brechung des Lichtes, das Weſen der Farben, die Beugungs⸗ erſcheinungen und die Photographie. Citeraturgeſchichte ſ. Drama; Schiller; Theater; Volkslied. Cuther (f. a. Geſchichte). Luther im Lichte der neueren Forſchung. Ein 1 kritiſcher Bericht. Don Profeſſor Dr. H. Boehmer. Verſucht durch ſorgfältige hiſtoriſche Unterſuchung eine erſchöpfende Darſtellung von Luthers Leben und Wirken zu geben, die Perſönlichkeit des Reformators aus ihrer Seit heraus zu erfaſſen, ihre Schwächen und Stärken beleuchtend zu einem wahrheitsgetreuen Bilde an gelangen, und gibt jo nicht nur ein pſychologiſches Porträt, ſondern bietet zugleich intereſſantes Stück Kulturgeſchichte. Mädchenſchule (f. a. Bildungsweſen; Schulweſen). Die höhere Mädchen⸗ 4 ſchule in Deutſchland. Von Oberlehrerin M. Martin. Bietet aus berufenſter Feder eine Darſtellung der Siele, der hiſtoriſchen Entwicklung, der heutigen Geſtalt und der Zukunftsaufgaben der höheren Mädchenſchulen. Mathematik ſ. Arithmetik. meeresforſchung. meeresforſchung und Meeresleben. Don Dr. O. Janſon. Mit 41 Figuren. Schildert kurz und lebendig die Fortſchritte der modernen Meeresunterſuchung auf geographiſchem, phyſikaliſch⸗chemiſchem und biologiſchem Gebiete, die Verteilung von Waſſer und Cand auf der Erde, die Tiefen des Meeres, die phnſikaliſchen und chemiſchen Verhältniſſe des Meerwaſſers, endlich die wichtigſten Organismen des Meeres, die Pflanzen und Tiere. menſch (f. a. Auge; Kultur; Stimme). Der Menſch. Sechs Dorlefungen aus dem Gebiete der Anthropologie. Don Dr. Adolf Heilborn. Mit zahlreihen Abbildungen. Stellt die Lehren der „Wiſſenſchaft aller Wiſſenſchaften“ jtreng ſachlich und doch durchaus volkstümlich dar: das Wiſſen vom Urſprung des menſchen, die Entwicklungsgeſchichte des Individuums, die künſtleriſche Betrachtung der Proportionen des menſchlichen Körpers und die ſtreng wiſſenſchaftlichen Meßmethoden (Schädelmeſſung uff.), behandelt ferner die Menſchen⸗ 7 raſſen, die raſſenanatomiſchen Verſchiedenheiten, den Tertiärmenſchen. 12 Aus Natur und Geiſteswelt. e 7 4 Eu» 4 gi 4 2 N ann — 1 . 1 nf P 7 gaaaaus natur und Geiſteswelt. . jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mt. 25 Pfg. 1 tenſch. Bau und Cätigkeit des menſchlichen Körpers. Von Privat⸗ dozent Dr. 8. Sachs. 2. Auflage. Mit 37 Abbildungen. Stellt eine Reihe ſchematiſcher Abbildungen dar, erläutert die Einrichtung und die Tätigkeit der einzelnen Organe des Körpers und zeigt dabei vor allem, wie dieſe einzelnen Organe in ihrer Tätigkeit aufeinander einwirken, miteinander zuſammenhängen und ſo den menſch⸗ lichen Körper zu einem einheitlichen Ganzen, zu einem wohlgeordneten Staate machen. - Die Seele des Menſchen. Von Profeſſor Dr. J. Rehmke. 2. Auflage. Behandelt, von der Tatſache ausgehend, daß der Menſch eine Seele habe, die ebenſo gewiß ſei wie die andere, daß der Körper eine Geſtalt habe, das Seelenweſen und das Seelenleben und erörtert, unter Abwehr der materialiſtiſchen und halbmaterialiſtiſchen Anſchauungen, von dem Standpunkt aus, daß die Seele Unkörperliches Immaterielles ſei, nicht etwa eine Be⸗ ſtimmtheit des menſchlichen Einzelweſens, auch nicht eine Wirkung oder eine „Funktion“ des Gehirns, die verſchiedenen Tätigkeitsäußerungen des als Seele Erkannten. —— Die fünf Sinne des Menſchen. Von Profeſſor Dr. Joſ. Clem. Kreibig. Mit 30 Abbildungen im Text. Beantwortet die Fragen über die Bedeutung, Anzahl, Benennung und Leiſtungen der Sinne im gemeinfaßlicher Weiſe, indem das Organ und ſeine Funktionsweiſe, dann die als Reiz wirkenden äußeren Urſachen und zuletzt der Inhalt, die Stärke, das räumliche und zeitliche 1 Merkmal der Empfindungen beſprochen werden. Yin und Erde. Menjh und Erde. Skizzen von den Wechſel⸗ beziehungen zwiſchen beiden. Don Profeſſor Dr. A. Kirchhoff. 2. Auflage. Zeigt, wie die Cändernatur auf den Menſchen und ſeine Kultur einwirkt, durch Schilderungen allgemeiner und beſonderer Art, über Steppen⸗ und Wüſtenvölker, über die Entſtehung von Malionen, wie Deutſchland und China u. a. m. und Tier. Der Kampf zwiſchen Menſch und Tier. Von Profeſſor Dr. Karl Eckſtein. Mit 31 Abbildungen im Text. Der hohe wirtſchaftliche Bedeutung beanſpruchende Kampf erfährt eine eingehende, ebenſo inmtereſſante wie lehrreiche Darſtellung; bejonders werden die Kampfmittel beider Gegner geſchildert, Schußwaffen, Fallen, Gifte, oder auch beſondere Wirtſchaftsmethoden, dort ſpitzige ‚Kate, ee nich bene Gift, Lift und Gewandtheit, der Schutzfärbung und Ans» paſſungsfähigkeit nicht zu vergeſſen. a | n nſchenleben. Aufgaben und Siele des Menſchenlebens. Don Dr. J. Unold. 2. Auflage. ** \ uf Metalle. Die Metalle. von Profeffor Dr. K. Scheid. mit 16 Abbildungen. Behandelt die für Kulturleben und Induſtrie wichtigen Metalle, jchildert die mutmaßliche Bildung der Erze, die Gewinnung der Metalle aus den Erzen, das Hüttenweſen mit feinen verſchiedenen Snitemen, die Fundorte der Metalle, ihre Eigenſchaften und Verwendung, unter a hiſtoriſcher, kulturgeſchichtlicher und ſtatiſtiſcher Daten, ſowie die Verarbeitung der 1 alle. f Mmikroſkop (f. a. Optik). Das Mikroskop, feine Optik, Geſchichte und Anwendung, gemeinverſtändlich dargeſtellt. Don Dr. W. Scheffer. Mit 66 Abbildungen im Text und einer Tafel. a 5 N ach Erläuterung der optiſchen Konſtruktion und Wirkung des Mikroſkops, und Darſtellung der hiſtoriſchen Entwicklung wird eine Beſchreibung der modernſten Mikroſkoptypen, Hilfs apparate und Inſtrumente gegeben, endlich gezeigt, wie die mikroſkopiſche Unterſuchung die Ee in Naturvorgänge vertieft. * 13 * o „eee * l \ m RE Aus Natur und Geiſteswelt. TO 5 Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mt. 25 Pfg. — Moleküle. Moleküle — Atome — Weltäther. Don Profeſſor Dr. G. Mie. Mit 27 Figuren im Text. 5 Stellt die phyſtkaliſche Atomlehre als die kurze, logiſche Zuſammenfaſſung einer groß en Menge phyſikaliſcher Tatſachen unter einem Begriffe dar, die ausführlich und nach me glich. keit als einzelne Greene geſchildert — os 2 1 mond (. a. Weltall). Der Mond. Don Profeffor Dr. J. Franz. 51 Abbildungen im Text und auf 2 Doppeltafeln. Gibt die Ergebniſſe der neueren Mondforſchung wieder, erörtert die Mondbewegung und Me bahn, beſpricht den Einfluß des Mondes auf die Erde und behandelt die Fragen der Ober⸗ flächenbedingungen des Mondes und die charakteriſtiſchen Mondgebilde anſchaulich zuſamm . gefaßt in „Beobachtungen eines Mondbewohners“, endlich die Bewohnbarkeit des i mozart ſ. Mufit. * münze. Die Münze als hiſtoriſches Denkmal ſowie ihre Bedeutung im Rechts⸗ und Wirtſchaftsleben. Don Dr. A. Cuſchin v. Ebengreuth. Mit 55 Abbildungen im Text. Jeigt, wie Münzen als geſchichtliche Überbleibſel der vergangenheit zur Aufhellung der wirt. ſchaftlichen Suftände und der Rechtseinrichtungen früherer Zeiten dienen, die verſchiedenen Arten von Münzen, ihre äußeren und inneren Merkmale ſowie ihre Herſtellung werden in 5 3 dargelegt und im Anſchluß daran Münzſammlern beherzigenswerte nke gegeben. muſik. Einführung in das Weſen der Muſik. Don Profeſſor C. R. Hennig. Die hier gegebene (iſthetik der Tonkunſt unterſucht das Weſen des Tones als eines Kunft materials; ſie prüft die Natur der Darſtellungsmittel und unterſucht die Objekte der Dar⸗ ſtellung, indem ſie klarlegt, welche Ideen im muſikaliſchen Kunſtwerke gemäß der Natur des Ton⸗ 1 und der Darſtellungsmittel in idealer Geſtaltung zur Darſtellung gebracht werden können. Geſchichte der Muſik. Von Dr. Friedrich Spiro. Gibt in großen Zügen eine überſichtliche äußerſt lebendig gehaltene Darſtellung von de Entwicklung der MRuſik vom Altertum bis zur Gegenwart mit bejonderer Berückſichtigung de führenden Perſönlichkeiten und der großen Strömungen und unter ſtrenger Kusſcheidung alles deſſen, was für die Entwicklung der Muſik ohne Bedeutung war. 7 Haydn, Mozart, Beethoven. Mit vier Bildniſſen auf Tafeln. Von Profeſſor Dr. C. Krebs. A Eine Darſtellung des Entwidlun . und der Bedeutung eines jeden der drei große Komponijten für die Muſikgeſchichte. Sie gibt mit wenigen, aber ſcharfen Strichen ein Bild der menſchlichen Perjönlichkeit und des künſtleriſchen Weſens der drei Heroen mit Hervorhebung deſſen, was ein jeder aus ſeiner Seit geſchöpft und was er aus eignem hinzugebracht hat. Mutterſprache. Entſtehung und Entwicklung unſerer Mutterſprache Don Profeſſor Dr. Wilhelm Uhl. Mit vielen Abbildungen im Text und auf Tafeln, ſowie mit 1 Karte. 4 Eine Zuſammenfaſſung der Ergebniſſe der ſprachlich⸗wiſſenſchaftlich lautphyſiologiſchen wie der philologiſch⸗germaniſtiſchen Forſchung, die Urſprung und Organ, Bau und Bildung, an feits die Hauptperioden der Entwicklung unſerer Mutterſprache zur Darſtellung bringt. Ronde: Mythologie ſ. Germanen. Nahrungsmittel ſ. Alkoholismus; Chemie; Ernährung; Haushalt; Kaffee. 14 2 = "5 * A BR" Aus natur und Geiſteswelt. | Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 pfg. nationalökonomie f. Arbeiterſchutz; Bevölkerungslehre; Soziale Be⸗ wegungen; Frauenbewegung; Welthandel; Wirtſchaftsleben. naturlehre. Die Grundbegriffe der modernen Naturlehre. Von Profeſſor Dr. Selir Auerbach. 2. Auflage. Mit 79 Figuren im Text. Eine zuſammenhängende, für jeden Gebildeten verſtändliche Entwicklung der in der modernen Naturlehre eine allgemeine und exakte Rolle ſpielenden Begriffe Raum und Bewegung, Kraft und Maſſe und die allgemeinen Eigenſchaften der Materie, Arbeit, Energie und Entropie. ANaturwiſſenſchaften ſ.Abſtammungslehre; Ameiſen; Aſtronomie; Befruch⸗ tungsvorgang; Chemie; Erde; Haushalt; Cicht; Meeresforſchung; Menſch; Moleküle; Naturlehre; Obſtbau; Pflanzen; Religion; Strahlen; Tierleben; Weltall; Wetter. ARervenſuſtem. Dom Nervenſyſtem, feinem Bau und feiner Bedeutung 2 4 Leib und Seele im gefunden und kranken Suſtande. Von Profeſſor Dr. R. Zander. Mit 27 Figuren im Text. Erörtert die Bedeutung der nervöſen Vorgänge für den Körper, die Geiſtestätigkeit und das Seelenleben und ſucht klarzulegen, unter welchen Bedingungen Störungen der nervöſen Vor⸗ EN gänge auftreten, wie ſie zu bejeitigen und zu vermeiden find. Obſtbau. Der Obſtbau. Von Br. Ernſt Voges. mit 15 Abbildungen im Text 52 Will über die wiſſenſchaftlichen und techniſchen Grundlagen des Obſtbaues, ſowie feine Uaturgeſchichte und große volkswirtſchaftliche Bedeutung unterrichten. Die Geſchichte des Obſtbaues, das Leben des Obſtbaumes, Obſtbaumpflege und Obſtbaumſchutz, die wiſſenſchaft⸗ liche Obſtkunde, die Aſthetit des Obſtbaues gelangen zur Behandlung. Optik (f. a. Mikroſkop; Stereoſkop). Die optiſchen Inſtrumente. Von Dr. M. von Rohr. Mit 84 Abbildungen im Text. HSibt eine elementare Darſtellung der optiſchen Inftrumente nach modernen Anſchauungen, wobei weder das Ultramikroſkop noch die neuen Apparate zur Mikrophotographie mit ultraviolettem Licht (Monochromate), weder die Prismen- noch die Zielfernrohre, weder * Projektionsapparate noch die ſteresſkopiſchen Entfernungsmeſſer und der Stereo» 7 2 komparator fehlen. ; Oftajien ſ. Kunft. Pädagogik (.. a. Bildungsweſen; Fröbel; Hilfsſchulweſen; Knabenhand⸗ arbeit; Mädchenſchule; Schulweſen). Allgemeine Pädagogik. Don Profeſſor Dr. Theobald Siegler. 2. Auflage. Behandelt die großen Fragen der Volkserziehung in praktiſcher, allgemeinverſtändlicher Weiſe und in ſittlich⸗ſozialem Geiſte. Die Zwecke und Motive der Erziehung, das Erziehungsgeſchäft * ſelbſt, deſſen Organiſation werden erörtert, die verſchiedenen eee. argen u aläſtina. Paläftina und feine Geſchichte. Sechs Vorträge von Profeſſor br. 5 Freiherr von Soden. 2. Auflage. Mit 2 Karten und 1 Plan 4 von Jeruſalem und 6 Anfichten des heiligen Landes. Ein Bild, nicht nur des Landes ſelbſt, ſondern auch alles deſſen, was aus ihm hervor- oder über es hingegangen iſt im Caufe der Jahrhunderte — ein wechſelvolles, farbenreiches Bild, in deſſen Verlauf die Patriarchen Iſraels und die Kreuzfahrer, David und Chriſtus, die alten Aſſyrer und die Scharen Mohammeds einander ablöſen. 3 Patentrecht |. Gewerbe. 5 5 15 or . We 2 DREI eme nne ’ 755 7 . - n N 29 N e | Aus natur und Geifteswl. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Pflanzen (j. a. Obſtbau; Tierleben). Unſere wichtigſten Kulturpflanzen. Don Profeſſor Dr. K. Gieſenhagen. Mit 40 Figuren im Text. * Behandelt die Getreidepflanzen und ihren Anbau nach botaniſchen wie kulturgeſchichtlichen Ge⸗ ſichtspunkten, damit zugleich in anſchaulichſter Form allgemeine botaniſche Kenntniſſe vermittelnd Vermehrung und Sexualität bei den Pflanzen. Von Privat⸗ dozent Dr. Ernſt Küſter. Mit 38 Abbildungen im Text. Gibt eine kurze Überſicht über die wichtigſten Formen der vegetativen Vermehrung und beſchäftigt ſich eingehend mit der Sexualität der Pflanzen, deren überraſchend vielfache und mannigfaltige Außerungen, ihre große Verbreitung im Pflanzenreich und ihre in allen Einzelheiten erkennbare Übereinſtimmung mit der Sexualität der Tiere zur Darſtellung gelangen. Philoſophie (f. a. Kant; Menſchenleben; Schopenhauer; Weltanſchauung; Weltproblem). Die Philoſophie der Gegenwart in Deutſchland. Eine Charakte⸗ riſtik ihrer Hauptrichtungen. Don Profeſſor Dr. O. Külpe. 3. Auflage. Schildert die vier Hauptrichtungen der deutſchen Philoſophie der Gegenwart, den Poſitivis-⸗ mus, Materialismus, Naturalismus und Idealismus, nicht nur im allgemeinen, ſondern auch durch eingehendere Würdigung einzelner typiſcher Vertreter wie Mach und Dühring, Haeckel, Nietzſche, Fechner, Cotze, v. Hartmann und Wundt. Zu Phyfik f. Licht; Mikroſkop; Moleküle; Naturlehre; Optik; Strahlen. Polarforſchung. Die Polarforſchung. Geſchichte der Entdeckungsreiſen zum Nord- und Südpol von den älteſten Seiten bis zur Gegenwart. Von Profeſſor Dr. Kurt Hajjert. Mit 6 Karten auf 2 Tafeln. * Saft die Hauptfortſchritte und Ergebniſſe der Jahrhunderte alten, an tragiſchen und inter⸗ eſſanten Momenten überreichen Entdeckungstätigkeit zuſammen. Br Pompeji, eine helleniſtiſche Stadt in Italien. Don Hofrat Profeſſor Dr. n Fr. v. Duhn. Mit 62 Abbildungen. ** Sucht, durch zahlreiche Abbildungen unterſtützt, an dem beſonders greifbaren Beiſpiel Pompejis die Übertragung der griechiſchen Kultur und Kunſt nach Italien, ihr Werden zur Weltkultur und Weltkunſt verſtändlich zu machen, wobei die Hauptphaſen der Entwicklung Pompejis, immer im Hinblick auf die geſtaltende Bedeutung, die gerade der Hellenismus für die Aus bildung der Stadt, ihrer Lebens» und Kunſtformen gehabt hat, zur Darſtellung gelangen. Pſuchologie ſ. Menſch; Nervenſyſtem; Seele. Rechtsſchutz ſ. Gewerbe. Religion (ſ. a. Buddha; Chriſtentum; Germanen; Jeſuiten; Jeſus; Cuther). Die Grundzüge der iſraelitiſchen Religionsgeſchichte. Don Profeſſor Dr. Fr. Gieſebrecht. 5 Schildert, wie Iſraels Religion entſteht, wie ſie die nationale Schale ſprengt, um in den Propheten die Anſätze einer Menſchheitsreligion auszubilden, wie auch dieſe neue Religion ſich verpuppt in die Formen eines Prieſterſtaats. — Religion und Naturwiſſenſchaft in Kampf und Frieden. Ein geſchicht⸗ 1 licher Rückblick von Dr. A. Pfannkuche. i Will durch geſchichtliche Darſtellung der Beziehungen beider Gebiete eine vorurteilsfreie Be- urteilung des heiß umſtrittenen Problems ermöglichen. Ausgehend von der urſprünglichen Einheit von Religion und Naturerkennen in den Naturreligionen ſchildert der Verfaſſer das Entſtehen der Naturwiſſenſchaft in Griechenland und der Religion in Ifrael, um dann zu eigen, wie aus der Verſchwiſterung beider jene ergreifenden Konflikte erwachſen, die ſich besonders an die Namen von Kopernikus uno Darwin knüpfen. Rn . 16 e * * * a Hm I, REF 1 5 7 Aus natur und Geiſteswelt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. m Religion. Die religiöſen Strömungen der Gegenwart. Don Super- intendent D. A. 5. Braaſch. | Will die gegenwärtige religiöje Tage nach ihren bedeutſamen Seiten hin darlegen und ihr „ es Verſtändnis vermitteln; die markanten Perſönlichkeiten und Richtungen, die durch viſſenſchaftliche und wirtſchaftliche Entwicklung geſtellten Probleme, wie die Ergebniſſe der 7 Forſchung, der Ultramontanismus wie die chriſtliche Ciebestätigkeit gelangen zur Behandlung. Kom. Die ſtändiſchen und ſozialen Kämpfe in der römiſchen Republik. Von Privatdozent Dr. Leo Bloch. Behandelt die Sozialgeſchichte Roms, ſoweit ſie mit Rückſicht auf die die Gegenwart bewegenden Fragen von allgemeinem Intereſſe iſt. Insbeſondere gelangen die An die Großmachtſtellung Roms bedingte Entſtehung neuer ſozialer Unterſchiede, die Herrſchaft des Amtsadels und des Kapitals, auf der anderen Seite eines großſtädtiſchen Proletariats zur Darſtellung, die ein Ausblick auf die Töſung der Parteikämpfe durch die Monarchie beſchließt. Schiller. Don Profeſſor Dr. Th. Siegler. Mit dem Bildnis Schillers von Kügelgen in Heliogravüre. Sbedacht als eine Einführung in das Derſtändnis von Schillers Werdegang und Werten, behandelt das Büchlein vor allem die Dramen Schillers und ſein Leben, ebenſo aber auch einzelne ſeiner lyriſchen Gedichte und die hiſtoriſchen und die philoſophiſchen Studien als ein wichtiges Glied in der Kette ſeiner Entwicklung. Schopenhauer. Seine perſönlichkeit, ſeine Cehre, ſeine Bedeutung. Sechs Dorträge von Oberlehrer h. Richert. Mit dem Bildnis Schopenhauers. Unterrichtet über Schopenhauer in ſeinem Werden, ſeinen Werken und ſeinem Fortwirken, in ſeiner hiſtoriſchen Bedingtheit und feiner bleibenden Bedeutung, indem es eine gründliche —— Einführung in die Schriften Schopenhauers und zugleich einen zuſammenfaſſenden Überblick über das Ganze ſeines philoſophiſchen Syſtems gibt. 30 f Schriftweſen. Schrift⸗ und Buchweſen in alter und neuer Seit. Von Profeſſor Dr. O. Weiſe. 2. Auflage. Mit 37 Abbildungen. Herfolgt durch mehr als vier Jahrtauſende Schrift, Brief- und Seitungsweſen, Buchhandel 55 und Bibliotheken. Schulhngiene. Don Privatdozent Dr. Leo Burgerſtein. Mit einem Bildnis und 33 Figuren im Text. Bietet eine auf den Forſchungen und Erfahrungen in den verſchiedenſten Kulturländern beruhende Darſtellung, die ebenſo die hugiene des Unterrichts und Schullebens wie jene des Hauſes, die im Süſammenhang mit der Schule ſtehenden modernen materiellen Wohlfahrtsein⸗ richtungen, endlich die hugieniſche Unterweiſung der Jugend, die Eingiene des Lehrers And die Schularztfrage behandelt. | N Schulweſen (ſ. a. Bildungsweſen; Fröbel; Hilfsſchulweſen; Mädchenſchule; Pädagogik). Geſchichte des deutſchen Schulweſens. Don Gberrealſchuldirektor Dr. HK. Knabe. Stellt die Entwicklung des deutſchen Schulweſens in ſeinen n dar und bringt ſo Anfänge des deutſchen Schulweſens, Scholaſtik, Humanismus, Reformation, Gegenreformation, neẽe Bildungsziele, Pietismus, Philanthropismus, Aufklärung, Neuhumanismus, Prinzip der allſeitigen Ausbildung vermittels einer Anjtalt, Teilung der Arbeit und den nationalen Humanismus der Gegenwart zur Darſtellung. D 4 x 91 — cSchulkämpfe der Gegenwart. Vorträge zum Kampf um die Dolksſchule in Preußen, gehalten in der humboldt⸗Akademie in Berlin. Von J. Tews. nn und doch umfaſſend ſtellt der Derfafjer die Probleme dar, um die es ſich bei der Reorganiſation der Volksſchule handelt, deren Stellung zu Staat und Kirche, deren Abhängig⸗ keit von Seitgeiſt und Seitbedürfniſſen, deren Wichtigkeit für die FHerausgeſtaltung einer volksfreundlichen Geſamtkultur ſcharf beleuchtet werden. 3 * 17 1 eme ö * a * rk Aus Natur und Geiſteswelt. ER Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 pfg. Schulweſen. Volksſchule und Lehrerbildung in den Vereinigten Staa von Nordamerika. Von Direktor Dr. Franz Kunpers. 11 Der Verfaſſer hat nicht nur die Weltausſtellung zu St. Couis gründlich ſtudiert, ſondern ich auch ſonſt in den Schulen der n Staaten rte . Anſcha ich ſchildert er das Schulweſen vom Kindergarten bis zur Fochſchule, überall das Weſentliche der amerikaniſchen Erziehungsweiſe (die ſtete Erziehung zum Leben, das Wecken des Betätigungs⸗ triebes, das Hindrängen auf praktiſche Verwertung uſw.) hervorhebend. Dabei wird der zum Vergleich mit der heimiſchen Unterrichtsmanier (ſtrenger ſtufenmäßiger Aufbau, Dor- herrſchen des Dozierens u. dgl.) angeregt. 4 Seekrieg ſ. Kriegswefen. Seele ſ. Menſch. Sinnesleben j. Menſch. Soziale Bewegungen (f. a. Arbeiterſchutz; Frauenbewegung). Soziale Bewegungen und Theorien bis zur modernen Arbeiterbewegung. Don Profeſſor Dr. G. Maier. 3. Auflage. In einer geſchichtlichen Betrachtung, die mit den 8 Kulturvöltern beginnt, werden an den zwei großen wirtſchaftlichen Schriften platos Wirtſchaft der Griechen, an der Gracchiſchen Bewegung die der Römer beleuchtet, ferner die Utopie des Thomas Morus, andererſeits der Bauernkrieg behandelt, die Beſtrebungen Colberts und das L die Phnſiokraten und die erſten wiſſenſchaftlichen Sta atswirtſchaftslehrer ürdigt und über die Entſtehung des Sozialismus und die Anfänge der neueren Handels-, Soll- und Verkehrs⸗ politik aufgeklärt. 9 Sprache ſ. Mutterſprache; Stimme. | Städteweſen. Deutſche Städte und Bürger im Mittelalter. Don Ober» ! lehrer Dr. B. Heil. 2. Auflage. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf 1 Doppeltafel. . Stellt die geſchichtliche Entwicklung dar, ſchildert die wirtſchaftlichen, ſozialen und ſtaatsrech lichen Derhältnijje und gibt ein zuſammenfaſſendes Bild von der äußeren Erſcheinung * dem inneren Leben der deutſchen Städte. Hiſtoriſche Städtebilder aus Holland und Niederdeutſchland. vorträge gehalten bei der Oberſchulbehörde in hamburg. Von Regierungs⸗Baumeiſter Albert Erbe. mit 59 Abbildungen. 1 Will dem als Zeichen wachſenden Kunſtverſtändniſſes zu begrüßenden Sinn für die Reize der alten maleriſchen Städtebilder durch eine mit Abbildungen reich unterſtützte Schilderung der zo eigenartigen und vielfachen Herrlichkeit klt⸗ Hollands wie Niederdeutſchlands, ferner Danzigs, Tübecks, Bremens und Hamburgs nicht nur vom rein künſtleriſchen, ſondern auch vom Be — geſchichtlichen Standpunkt aus entgegenkommen. — 9 4 I Kulturbilder aus griechiſchen Städten. Don Oberlehrer Dr. Erich 5 Siebarth. Mit 22 Abbildungen im Text und 1 Tafel. Sucht ein anſchauliches Bild zu entwerfen von dem Ausfehen einer altgriechiſchen Stadt und von dem ſtädtiſchen Leben in ihr, auf Grund der Ausgrabungen und der inſchriftlichen Denk⸗ mäler; die altgriechiſchen Bergſtädte Thera, pergamon, Priene, Milet, der Tempel von Diönma u werden geſchildert. Stadtpläne und Abbildungen ſuchen die einzelnen Städtebilder zu erläutern. 18 we * * Aus Natur und Geiſteswelt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 pfg. Stereoſkop (ſ. a. Optik). Das Stereoſkop und feine Anwendungen. Don Profeſſor Th. Hartwig. Mit 40 Abbildungen im Text und 19 ſtereo⸗ ſkopiſchen Tafeln. Behandelt die verſchiedenen Erſcheinungen und praktiſchen F e der Stereoſkopie, ins» beſondere die ſtereoſkopiſchen Himmelsphotographien, die ſtereoſkopiſche Darſtellung mikro⸗ kopiſcher Objekte, das Stereoſkop als Meßinſtrument und die Bedeutung und Anwendung des Stereokomparators, insbeſondere in bezug auf photogrammetriſche Mefiungen. Beigegeben ‚find 19 ſtereoſkopiſche Tafeln. Stimme, die menſchliche, und ihre hygiene. Don Profeſſor Dr. p. Gerber. Mit 20 Abbildungen. Uach den notwendigsten Erörterungen über das Zuſtandekommen und über die Natur der Töne wird der Kehlkopf des Menſchen, fein Bau, feine Verrichtungen und feine Funktion als muſikaliſches Inſtrument behandelt; dann werden die Gejang- und die Sprechſtimme, ihre Ausbildung, ihre Fehler und Erkrankungen, ſowie deren Verhütung und Behandlung, ins⸗ beſondere Erkältungskrankheiten, die profeſſionelle Stimmſchwäche, der Alkoholeinfluß und die Abhärtung erörtert. Strahlen (j. a. Licht). Sichtbare und unſichtbare Strahlen. Von Profeſſor Dr. R. Börnſtein und Profeſſor Dr. W. Marckwald. Mit 82 Abbildungen. Schildert die verſchiedenen Arten der Strahlen, darunter die Kathoden und Röntgenſtrahlen, die Hertzſchen Wellen, die Strahlungen der radioaktiven Körper (Uran und Radium) nach ihrer Entſtehung und Wirkungsweiſe, unter Darſtellung der charakteriſtiſchen Vorgänge der Strahlung. echnik (f. a. Beleuchtungsarten; Dampf; Eifenbahnen; Eiſenhüttenweſen; Ingenieurtechnik; Metalle; Mikroſkop; Rechtsſchutz; Stereoſkop; Wärmekraft⸗ maſchinen). Am ſauſenden Webſtuhl der Seit. Überſicht über die Wirkungen der Entwicklung der Naturwiſſenſchaften und der Technik auf das geſamte Kulturleben. Don Geh. Regierungsrat Profeſſor Dr. W. Caunhardt. 2. Auflage. Mit 16 Abbildungen im Text und auf 5 Tafeln. Ein geiſtreicher Rückblick auf die Entwicklung der Naturwiſſenſchaften und der Technik, der die Weltwunder unſerer Zeit verdankt werden. Cee f. Kaffee. Cheater (j. a. Drama). Das Theater. Sein Weſen, feine Geſchichte, feine Meiſter. Von Profeſſor Dr. K. Borinski. Mit 8 Bildniſſen. Begreift das Drama als ein Selbſtgericht des Menſchentums und charakteriſiert die größten Dramatiker der Weltliteratur bei aller Knappheit liebevoll und geiſtvoll, wobei es die dramatiſchen Meiſter der Völker und Seiten tunlichſt ſelbſt reden läßt. f Theologie ſ. Bibel; Chriſtentum; Jeſus; Paläſtina; Religion. Tierleben (ſ. a. Ameiſe; Menſch und Tier). Die Beziehungen der Tiere zueinander und zur Pflanzenwelt. Don Profeſſor Dr. K. Kraepelin. 7 Stellt in großen Zügen eine Fülle wechſelſeitiger Beziehungen der Organismen zueinander dar. Familienleben und Staatenbildung der Tiere, wie die intereſſanten Beziehungen der Tiere und Pflanzen zueinander werden geſchildert. — Einführung in die Tierkunde. Don Privatdozent Dr. Kurt Hennings. Will die Einheitlichkeit des geſamten Tierreiches zum Ausdruck bringen, Bewegung und Emp⸗ — 5 Stoffwechſel und Fortpflanzung als die charakteriſierenden Eigenſchaften aller Tiere arſtellen und ſodann die Tätigkeit des Tierleibes aus ſeinem Bau verſtändlich machen, wobes A 10 * — ct W * 1 1 N e u as * \ * ze Wr * } Jedes Bändchen geheftet 1 Mi., geihmadvolf gebunden 1 IM. 25 Pfg ſchiedener Art angeſprochen haben. Vorliegende Schrift führt dem Lefer aus der Fülle der Aus natur und Geiſtes welt. der Schwerpunkt der Darſtellung auf die Lebensweije der Tiere gelegt iſt. So werden nach einem Vergleich der drei Naturreiche die Beſtandteile des tieriſchen Körpers behandelt, ſodann ein Überblick über die ſieben großen Kreiſe des Tierreiches gegeben, ferner 1 und Bewegungsorgane, Aufenthaltsort, Bewußtſein und Empfindung, Nervenſyſtem und Sinnes organe, Stoffwechſel, Fortpflanzung und Entwicklung erörtert. 3 Tierleben. Swiegeitalt der Geſchlechter in der Tierwelt (Dimorphism ). Don Dr. Friedrich Knauer. Mit zahlreichen Dollbildern und Tertbildern. Sahlreiche niederſte Tiere pflanzen ſich ungeſchlechtlich fort, und bis zu den Fiſchen 8 au finden wir bei zahlreichen Tiergruppen die Einzelindividuen als Zwitter. Aus dieſem Hermaphroditismus hat ſich allmählich die Zweigeſchlechtigkeit Te die es wieder bei verſchiedenen Tierarten zu auffälligſtem geſchlechtlichem Dimorphismus, ja zu jo w eit gehender Derjchiedenheit der Männchen und Weibchen derſelben Art gebracht hat, daß jelbfi % Fachleute wiederholt Männchen und Weibchen ein und derjelben Art für Individuen ver: Beiſpiele die intereſſanten Fälle ſolcher Verſchiebenheit zwiſchen Männchen und Weibchen vor und kommt dabei auch vielfach auf die Brutpflege in der Tierwelt und das Verhalten der Männchen zu derſelben zu ſprechen. 4 Die Lebensbedingungen und die geographiſche Verbreitung der Tiere. Von Profeſſor Dr. Otto Maas. 2 Es ſoll hier nicht, wie es in verdienſtvoller Weiſe von mancher Seite geſchehen iſt, ein ges drängtes Nachſchlagebüchlein für den Studenten und Fachmann gegeben werden, ſondern bei wiſſenſchaftlich nicht vorgebildeten Kreiſen Intereſſe für die Sache, die, Tiergeographie“ erweckt werden. Manche Anfnüpfungen an ſoziale Fragen werden dabei berührt. Es kann dies nicht geſchehen, ohne auf biologiſche Geſichtspunkte, auf die „Cebensbedingungen“ einzugehen. Der Hauptzweck des Bändchens ſoll aber ſein, auf die Fe Geſichtspunkte aufmerkſam zu machen, die ſich aus einer Betrachtung der Tierwelt überhaupt, auch der heimatlichen, ergeben 1. Tuberkuloſe. Die Tuberkuloſe, ihr Weſen, ihre Verbreitung, Urſache, Der hütung und Heilung. Für die Gebildeten aller Stände gemeinfaßlich dargeſtellt von Oberſtabsarzt Dr. W. Schumburg. Mit ! Tafel und 8 Figuren im Text. Schildert nach einem Überblick über die Verbreitung der Tuberkuloſe das Weſen derjelben, beſchäftigt ſich eingehend mit dem Tuberkelbazillus, beſpricht die Maßnahmen, durch die man ihn von ſich fernhalten kann, und erörtert die Fragen der Heilung der Tuberkuloſe, vor allem die hugieniſch⸗diätetiſche Behandlung in Sanatorien und Cungenheilſtätten. * Turnen ſ. Leibesübungen. En. Derfaffung (f. a. Fürſtentum). Grundzüge der Verfaſſung des Deutſchen Reiches. Sechs Vorträge von Profeſſor Dr. E. Coening. 2. Auflage. Beabſichtigt in gemeinverſtändlicher Sprache in das Verfaſſungsrecht des Deutſchen Reiches einzuführen, ſoweit dies für jeden Deutſchen erforderlich iſt, und durch Auf des Sur ſammenhanges ſowie durch geſchichtliche Rückblicke und Vergleiche den richtigen Standpunkt für das Derſtändnis des geltenden Rechtes zu gewinnen. ‘zZ Verkehrsentwicklung (f. a. Eiſenbahnen; Technik). Verkehrsentwick⸗ lung in Deutſchland. 1800 — 1900. Vorträge über Deutſchlands Eiſenbahnen und Binnenwaſſerſtraßen, ihre Entwicklung und Verwaltung, ſowie ihre Bedeutung für die heutige Volkswirtſchaft von Profeſſor Dr. W. Cotz. 2. Aufl. Gibt nach einer kurzen Überſicht über die Hauptfortſchritte in den Verkehrsmitteln und deren wirtſchaftliche Wirkungen eine Geſchichte des Eiſenbahnweſens, ſchildert den heutigen Stand der Eiſenbahnverfaſſung, das Güter⸗ und das Perſonentarifweſen, die Reformverſuche und die Reformfrage, ferner die Bedeutung der Binnenwaſſerſtraßen und endlich die Wirkungen der modernen Derkehrsmittel. 22 20 aus natur und Geiſteswelt. Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Verſicherung (f. a. Arbeiterſchutzz. Grundzüge des Oerſicherungsweſens. Von Profeſſor Dr. A. Manes. Behandelt ſowohl die Stellung der Derficherung im Wirtſchaftsleben, die hör sat der Der- cherung, die Organiſation ihrer Unternehmungsformen, den Geſchäftsgang eines Verſicherungs⸗ betriebs, die Verſicherungspolitik, das Verſicherungsvertragsrecht und die Verſicherungswiſſen⸗ N 15 als die einzelnen Zweige der Verſicherung, wie Cebensverſicherung, Unfallverſicherung, Haftpflichtverſicherung, Transportverſicherung, Feuerverſicherung, Hagelverſicherung, Vieh⸗ verſicherung, kleinere Derjiherungszweige, Rückverſicherung. Volkslied. Das deutſche Volkslied. Über Weſen und Werden des deutſchen Volksgeſanges. Don Privatdozent Dr. J. W. Bruinier. 2. Auflage. % Handelt in ſchwungvoller Darſtellung vom Weſen und Werden des deutſchen Volksgeſanges, unterrichtet über die deutſche Dolfsliederpflege in der Gegenwart, über Weſen und Urſprung des deutſchen Volksgeſanges, Stop und Spielmann, Geſchichte und Mär, Leben und Liebe. 4 Voltsſtämme. Die deutſchen Volksſtämme und CLandſchaften. Don Profeſſor Dr. O. Weiſe. 2. Auflage. Mit 29 Abbildungen im Text und auf Tafeln. Schildert, durch eine gute Auswahl von Städte-, Candſchafts⸗ und anderen Bildern unterſtützt, 81 Achat. der deütſchen Gaue und Stämme, die charakteriſtiſchen Eigentümlichkeiten der 8 ie CTLiandſchaft, den Einfluß auf das Temperament und die geiſtige Anlage der Menſchen, die TCeiſtungen hervorragender Männer, Sitten und Gebräuche, Sagen und Märchen, Beſonder⸗ hei n der Sprache und Hauseinrihtung u. a. m. 4 Voltswirtſchaftslehre ſ. Amerika; Arbeiterſchutz; Bevölkerungslehre; Frauenbewegung; Japan; Soziale Bewegungen; Derfehrsentwidlung; Der: A fiherung; Wirtſchaftsgeſchichte. warenzeichenrecht ſ. Gewerbe. wärme ſ. Chemie. wärmekraftmaſchinen (j. a. Dampf). Einführung in die Theorie und den Bau der neueren Wärmekraftmaſchinen (Gasmaſchinen). Von Profeſſor Dr. Richard Vater. 2. Auflage. Mit 34 Abbildungen. Will Intereſſe und Verſtändnis für die immer wichtiger werdenden Gas, petroleum⸗ und Benzinmaſchinen erwecken. Nach einem einleitenden Abſchnitte folgt eine kurze Beſprechung der verſchiedenen Betriebsmittel, wie Ceuchtgas, Kraftgas uſw., der Viertakt⸗ und Zweitakt⸗ wirkung, woran ſich dann das Wichtigſte über die Bauarten der Gas», Benzin⸗, Petroleum⸗ und Spiritusmaſchinen ſowie eine Darſtellung des Wärmemotors Patent Pieſel anſchließt. 5 neuere Sortſchritte auf dem Gebiete der Wärmekraftmaſchinen. Don Profeſſor Dr. Richard Vater. Mit 48 Abbildungen. Ohne den Streit, ob „Tokomobile oder Sauggasmaſchine“, „Dampfturbine oder Großgasmaſchine“, entſcheiden zu wollen, behandelt Verfaſſer die einzelnen Maſchinen⸗ gattungen mit Rüdjicht auf ihre Vorteile und Nachteile, wobei im zweiten Teil der Verſuch unternommen iſt, eine möglichſt einfache und leichtverſtändliche Einführung in die Theorie dd den Bau der Dampfturbine zu geben. Jafier ſ. Chemie 5 21 — * 0 o Pr j Aus Natur und Geiſteswelt. Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfa. weltall (f. a. Aftronomie). Der Bau des Weltalls. Don Pro or Dr. J. Scheiner. 2. Auflage. Mit 24 Figuren im Text und auf einer Tafel. Stellt u Bing Ein P in die wirklichen verhältniſſe von Raum und Zeit im Weltall a Br B — 2 feld — — e „ 15 ea Ban! des Weltalls, . h. die r der ſelbſtändigen Himmelskörper un eßli e Frage Über die äu 4 Konſtitution der Sirfternwelt. un man, er 1 Weltanſchauung (f. a. Kant; Menfchenleben; Philoſophie; Weltproblem). Die Weltanſchauungen der großen Philofophen der Neuzeit. Don Profeffor Dr. C. Buſſe. 2. Auflage. 1 Will mit den bedeutendsten Erſcheinungen der neueren Philoſophie bekannt machen; die Be- ſchränkung auf die Darſtellung der großen klaſſiſchen Syſteme ermöglicht es, die errſchen · den und charakteriſtiſchen Grundgedanken eines jeden ſcharf herauszuarbeiten und ſo ein möglichſt klares Gejamtbild der in ihm enthaltenen Weltanſchauung zu entwerfen. Weltäther ſ. Moleküle. \ £ Welthandel. Geſchichte des Welthandels. Don Oberlehrer Dr. Mar Georg Schmidt. 0 Eine zuſammenfaſſende Überſicht der Entwickelung des Handels führt von dem Altertum an über das Mittelalter, in dem Konftantinopel, ſeit den Kreuzzügen Italien und Deutſchland den Weltverkehr beherrſchen, zur Neuzeit, die mit der Auffindung des Seewegs nach Indien und der Entdeckung Amerikas beginnt und bis zur Gegenwart, in der auch der deutſche Kaufmann nach dem alten Hanſawort „Mein Feld iſt die Welt“ den ganzen Erdball erobert. weltproblem (f. a. Philofophie; Weltanſchauung). Das Weltproblem von poſitiviſtiſchem Standpunkte aus. Don Privatdozent Dr. J. Petzoldt. Sucht die Geſchichte des Nachdenkens über die Welt als eine ſinnvolle Geſchichte von Irrtümern pſychologiſch verſtändlich zu machen im Dienſte der von Schuppe, Mach und Avenarius ver⸗ tretenen Anſchauung, daß es keine Welt an ſich, fondern nur eine Welt für uns gibt, ihre Elemente nicht Atome oder ſonſtige abſolute Exiſtenzen, ſondern Farben⸗, Ton», Drud-, Raums, Seit- uſw. Empfindungen find, trotzdem aber die Dinge nicht bloß ſubjektiv, nicht bloß Ber wußtſeinserſcheinungen ar vielmehr die aus jenen Empfindungen zuſammengeſetzten Beſtand⸗ teile unſerer Umgebung fortexiſtierend zu denken ſind, auch wenn wir ſie nicht mehr wahrnehmen. 24 * Wetter. Wind und Wetter. Fünf Vorträge über die Grundlagen und wichtigeren Aufgaben der Meteorologie. Don Profeſſor Dr. Ceonh. Weber Mit 27 Figuren im Text und 3 Tafeln. | Schildert die hiſtoriſchen Wurzeln der Meteorologie, ihre phnfifaliihen Grundlagen und ihre Bedeutung im geſamten Gebiete des Wiſſens, erörtert die hauptſächlichſten Aufgaben, die ausübenden Meteorologen obliegen, wie die praktiſche Anwendung in der Wettervorherſage. 5 * Wirtſchaftsgeſchichte (ſ. a. Amerika; Eiſenbahnen; Geographie; Hand» werk; Japan; Rom; Soziale Bewegungen; Derfehrsentwidlung). Die Ente wicklung des deutſchen Wirtſchaftslebens im 19. Jahrhundert. Don Profeſſor Dr. C. Pohle. 1 Gibt in gedrängter Form einen Überblick über die gewaltige Umwälzung, die die deutſche Volkswirtſchaft im letzten Jahrhundert durchgemacht hat: die Umgeſtaltung der Candwirtſchaft; die Cage von Handwerk und Hausinduſtrie; die Entſtehung der Großinduſtrie mit ihren Be gleiterſcheinungen; Kartellbewegung und Arbeiterfrage; die Umgeſtaltung des Verkehrsweſens und die Wandlungen auf dem Gebiete des Handels. 2 22 + 5 A 1 5 a ** N 4 * Pr “ rr * j rin * NN Ben N ea 4 5 ER Ya Aus Natur und Geifteswelt. Bändchen geheftet 1 Mk., gefhmadvoll gebunden 1 mk. 25 pfg. Wirtſchaftsgeſchichte. Deutſches Wirtſchaftsleben. Auf geographiſcher Dr Grunklage gefäildert von Profeſſor Dr. Chr. Gruber. Mit 4 Karten. heabſichti t, ein gründliches Verſtändnis für den ſieghaften Aufihwung unſeres wirtſchaft⸗ chen 9255 ſeit der Wiederaufrichtung des Reichs herbeizuführen und darzulegen, inwieweit * ka Produktion und Verkehrsbewegung auf die natürlichen Gelegenheiten, die geographiſchen f N orzüge unſeres Vaterlandes ſtützen können und in ihnen ſicher verankert liegen. 8 Wirtſchaftliche Erdkunde. Don Profeſſor Dr. Chr. Gruber. Will die urſprünglichen Zuſammenhänge zwiſchen der natürlichen Ausſtattung der einzelnen Länder und der wirtſchaftlichen Kraftäußerung ihrer Bewohner klar machen und das Ver⸗ . ſtändnis für die wahre Machtſtellung der einzelnen Völker und Staaten eröffnen. Das Welt⸗ j meer als Hochſtraße des Weltwirtſchaftsverkehrs und als Quelle der Dölkergröße, — die l ede als Schauplatz alles Kulturlebens und der Weltproduktion, — Europa nach ſeiner ei 1 wirtſchaftsgeographiſchen Veranlagung und Bedeutung, — die einzelnen Kulturſtaaten nach ihrer wirtſchaftlichen Entfaltung (viele geiſtreiche Gegenüberſtellungen!): all dies wird in 5 anſchaulicher und großzügiger Weiſe vorgeführt. 5 Zoologie ſ. Ameijen; Tierleben. * Überſicht nach den Autoren. Abel, Chemie in Küche und Haus. Buſſe, Weltanſchauung. d. gr. Philoſoph. Abelsdorff, Das Auge. Crantz, Arithmetik und Algebra. 1. Alkoholismus, Der, ſeine Wirkungen Daenell, Geſchichte der Der. Staaten und ſeine Bekämpfung. 3 Bände. von Amerika. Auerbach, Die Grundbegriffe der mo- v. Duhn, Pompeji. dernen Naturlehre. Eckſtein, Der Kampf zwiſchen Menſch Biedermann, Die techniſche Entwickl. der und Tier. Eiſenbahnen der Gegenwart. Erbe, Hijt. Städtebilder aus Holland und Biernadi, Die moderne Heilwiſſenſchaft. Niederdeutſchland. Bloch, Die ſtändiſchen u. ſozialen Kämpfe. Franz, Der Mond. Blochmann, Luft, Waſſer, Licht u. Wärme. Frech, Aus der Vorzeit der Erde. Boehmer, Jeſuiten. Fren 8 el, Ernähr. u. Dolksnahrungsmittel. Boehmer, Luther im Cichte der neueren | Geffden, f. d. Werdezeit d. Chriſtentums. Forſchungen. Gerber, Die menſchliche Stimme. Bongardt, Die Naturwiſſenſchaften im | Gieſebrecht, Die Grundzüge der A Haushalt. 2 Bändchen. iſraelitiſchen Religionsgeſchichte. IBonhof „Jeſus und ſeine Seitgenoſſen. Gieſenhagen, Unſ. wicht. Kulturpflanzen. I Borinsfi, Das Theater. Graetz, Cicht und Farben. Börnjtein und Mardwald, Sichtbare Graul, Oſtaſiatiſche Kunit. und unſichtbare Strahlen. Gruber, Deutiches Wirtſchaftsleben. Braaſch, Religiöſe Strömungen. Gruber, Wirtſchaftliche Erdkunde. Bruinier, Das deutſche Volkslied. Günther, Das Seitalter der Entdeckungen. Brüſch, D. Beleuchtungsart. d. Gegenwart. Hahn, Die Eiſenbahnen. Buchner, 8 Vorträge a. d. Geſundheitslehre. v. h anſemann, D. Aberglaube i. d. Medizin. Burgerſtein, S ulhngiene. Hartwig, Das Stereoſtop. Bürkner, Kunſtpflege in haus u. Heimat. Hafjert, Die Polarforſchung. je 4 2 Aus Natur und Geiſteswelt. | Jedes Bändchen geheftet 1 Mk., geſchmackvoll gebunden 1 Mk. 25 Pfg. Haushofer, Bevölkerungslehre. Heigel, politiſche Hauptſtrömungen in Europa im 19. Jahrh. geil D. Städte u. Bürger im Mittelalter. eilborn, Die deutſchen Kolonien. (Cand und Leute, Ben: er Menſch. ennig, Einführung in das Weſen der Muſit. Benni 25 s, Einführg. in die Tierkunde. 1 eſſe, Hbſtammungslehre u. Darwinismus. ubrich, Deutſches Fürſtentum und deutſches Verfaſſungsweſen. Janſon, Meeresforſchung u. Meeresleben. Arch Die deutſche Illuſtration. Kirchhoff, Menſch und Erde. Knabe, Geſchichte d. deutſch. Schulweſens. Knauer, Zwiegeſtalt der Geſchlechter in der Tierwelt. Knauer, Die Ameiſen. Kraepelin, Die Beziehungen der Tiere zueinander. Krebs, Haydn, Mozart, Beethoven. Kreibig, Die fünf Sinne des Menſchen. Külpe, Die Philoſophie der Gegenwart. Külpe, Immanuel Kant. Küſter, Vermehrung und Sexualität bei den Pflanzen. Kuypers, Volksſchule und Lehrerbildung in den Der. Staaten. Caughlin, Aus dem amerikaniſchen Wirtſchaftsleben. Caunhardt, Am ſauſenden Webſtuhl der Seit. Toening, Grundzüge der Derfaſſung des Deutſchen Reiches. TCotz, Verkehrsentwcklg. i. Dtſchl. 1800-1900. Cuſchin von Ebengreuth, Die Münze. Maas, Lebensbedingungen der Tiere. Maier, Soziale Bewegungen u. Theorien. von Maltzahn, Der Seekrieg. Manes, Grundzüge d. Verſicherungsweſ. Maennel, Dom Hilfsſchulweſen. martin, Die höh.Mädchenſchule in Dtſchld. Matthaei, Deutſche Baukunſt i. Mittelalt. Mehlhorn, Wahrheit und Dichtung im Leben Jeſu. mehringer, Das deutſche Haus und ſein Hausrat. merckel, Bilder aus der Ingenieurtechnik. merckel, Schöpfungen der Ingenieur- technik der Neuzeit. mie, Moleküle — Atome — Weltäther. miehe, Die Erſcheinungen des Lebens. von Hegelein, Germ. Mythologie. Oppenheim, Das aſtronomiſche Welt⸗ bild im Wandel der Seit. Otto, Das deutſche Handwerk. Otto, Deutſches Frauenleben. pabſt, Die Knabenhandarbeit. 5 aulſen, Das deutſche Bildungsweſen. etzoldt, Das Weltproblem. 5 fannkuche, — u. Naturwiſſenſch. iſchel, Leben und Lehre des Buddha. Pohle, Entwicklung des deutſchen Wirt⸗ ſchaftslebens im 19. Jahrhundert. von Portugall, Friedrich Fröbel. Pott, Der Text des Neuen Teſtaments nach ſeiner geſchichtl. Entwicklung. Ranck, Kulturgeſchichte des deutſchen Bauernhauſes. Rathgen, Die Japaner. Rehmke, Die Seele des Menſchen. Richert, Schopenhauer. von Rohr, Optiſche Inſtrumente. Sachs, Bau u. Tätigkeit d. menſchl. Körpers. Scheffer, Das Mikroſkop. Scheid, Die metalle. Scheiner, Der Bau des Weltalls. Schirmacher, Die mod. Srauenbew Schmidt, Geſch. des Welthandels. Schumburg, Die Tuberkuloſe. Schwemer, Rejtauration und Revolution. Schwemer, Dom Bund zum Reid. von 8 P ſen l. 10. Jahrb. von Sothen, D. Kriegsweſen (. 19. Spiro, Geſchichte der Muſik. Stein, Die Anfänge der menſchl. Kultur. Steinhauſen, Germ. Kultur in der Urzeit. Teichmann, Der Befruchtungsvorgang. Tews, Schulkämpfe der Gegenwart. Tolksdorf, Gewerblicher Rechtsſchutz in Deutſchland. i Uhl, Entiteh. u. Entwickl. unſ. Mutterſpr. Unold, Aufgab. u. 3iele d. Menſchenlebens. Dater, Theorie u. Bau der neueren Wärme⸗ kraftmaſchinen. — Die neueren Fort- ſchritte auf dem Gebiete der Wärmekraft⸗ maſchinen. — Dampf u. Dampfmaſchine. Voges, Der Obſtbau. Dolbehr, Bau u. Ceben d. bildenden Kunſt. Wahrmund, Ehe und Eherecht. Weber, Wind und Wetter. Weber, Don £uther zu Bismarck. 2 Boch. Wedding, Eiſenhüttenweſen. Weinel, Die Gleichniſſe Jeſu. weiſe, Schrift⸗ u. Buchweſ. i. alt. u. n. Zeit. wWeiſe, Die d. Volksſtämme u. Candſchaft. wilbrandt, Die Frauenarbeit. Wieler, Die narkotiſchen Aufgußgetränte. Wislicenus, Der Kalender. witkowski, Das d. Drama d. XIX Jahrh. Wujtmann, Albrecht Dürer. 3 ander, Nervenſyſtem. — Leibesübungen. Siebarth, Kulturbilder aus griechiſchen Städten. . Siegler, Allgem. pädagogik. — Schiller. v. Zwiedineck⸗Südenhorſt, Arbeiter⸗ ſchutz und Arbeiterverſicherung. Abt 1. Die allgemeinen ‚Grundlagen. der * * $ RR. 2 eg. RG 2 . UND ı IHRE ZIELE 5 von PROFESSOR PAUL HINNEBERG ER Teilen. Ler-8. ed Teil zerfällt in einzelne inhaltlich voll- ö ständig i in sich :übgeschlossene u. einzeln käufliche Bünde (Abteilungen). K Die kr der Gegen warts so eine 1 l enn 5 lich begründete Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur darbieten, . indem sie die Fundamentalergebnisse der einzelnen Kulturgebiete nach ihrer Bedeutung für die gesamte Kultur der Gegenwart und für deren Weiterentwieklung in großen Zügen zur Darstellung bringt. Das Werk vereinigt eine Zahl erster Namen aus allen Gebieten der Wissenschaft und Praxis und bietet Darstellungen der einzelnen Gebiete jeweils aus * Feder des dazu Berufensten in gemeinverständlicher, künstlerisch „gewählter Sprache auf knappstem Raume. Teil I: Die geisteswissenschaftlichen Kulturgebiete. I. Hälfte. Keligion und Philosophie, Literatur, ER und en mit e Einleitung zu dem Gesamtwerk. Kultur der Gegenwart. und die slawischen Sprachen. Abt 2. Aufgaben und e der Geisten- - wissenschaften. Abt. 3. Außerchristliche 5 ER Abt.4. Die christliche Religion mit Ein. a “ gehluß- der israelit. -jüd. Religion. ratur und Sp rache. Allgemeine Literaturwissensohaft dt 12. Die Musik. Abt. 5. Allgem. Geschichte der 8 Abt. 13. Die orientalische Nan Die euro- ; päische Kunst des Altertums. Abi 14 Die europäische Kunst des Mittel- ‚aiters und der Neuzeit, Eu ie Kunstwissenschaft. Abt. 6. System der Philosophie. Abt. 7 Die orientalischen Literaturen. . 3 Die griechische und 1 e Er Literatur und Sprache 4. Teil II: Die geisteswissenschaftlichen Kulturgebiete. 2. Hälfte, Staat und Gesellschaft, Recht und Wirtschaft. Abt 1. Voker, Linder und Stastenkunde. Abt. 6 ER 9 Staate ask; Gesell. - schaftswissenschaft. 3 2. Allgemeine erfassungs- ‚a Ver- j a 3 Abt 7. Allgemeine Rechtsgeschichte Abt. Staat und Gesellschaft des Orients. Abt. 8. Systematische Rechtswissenschaft. Abt. 4. Staat und Gesellschaft Europas im a 9. Allgemeine Wirtschaftsgeschichte. ‚Altertum und Mittelalter. - . * * ine A Abt 5. Staat und Gesellschaft 2 nd Ame in der Neuzeit 4 ; en III: Die natur wissen: ;chaf‘ 8 ch Anorganische und organische Teil IV: Die technischen. ö Bantechnik Maschinen- technik, industrielle Technik. . Technik, Handels- und . — Bi 3 * 2 2 . — 2 * — 1 = EA 83 A DE ET TE SL 2 4 Abbe 9. Die 33 RER Abt. 10. Die romanische und englische Lite- Abt. 11. Die de Literatur und Sprache. g Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. Probeheft und Spezial-Prospekte 6 aus dem Vorwort des Herausgebers, der Inhaltsübersicht des Gesamt- werkes, dem Autoren-Verzeichnis und mit; Probestücken aus dem Werke) werden auf Wunsch umsonst u. postfrei vom Verlag versandt. Von Teil I and II sind erschienen: Teil I, Abt. 1: Die allgemeinen Grundlagen der Kultur der Gegenwart. Inhalt: Das Wesen der Kultur: W. Lexis. — Das moderne Bildungswesen: Fr. Paulsen. — Die wichtigsten Bildungamittel. A. Schulen und Hochschulen. Das Volksschulwesen: G. Schöpps. Das höhere Knabenschulwesen: A. Matthias. Das höhere Mädchen- schulwesen: H.Gaudig. Das Fach- und Fortbildungsschulwesen: G. Kerschensteiner, Die geisteswissenschaftliche Hochschulausbildung: Fr. Paulsen. Dis naturwissenschaft- liche Hochachulausbildung: W. v. Dyck. B. Museen Kunst- und K ewerbe-Museen: L. Pallat. Naturwissenschaftlich-technische Museen: K. Kraepelin. C. Ausstellungen. Kunst- und Kunstgewerbe- Ausstellungen: J. Lessing. Naturwissenschaftlich- technische Ausstellungen: O. N. Witt. D. Die Musik: G. Göhler. E. Das Theater: P. Schlienther. F. Das Zeitungswesen: K. Bücher. G. Das Buch: R. Pistschmann. H. Die Biblio- theken: F. Milkau. — Die Organisation der Wissenschaft: H Die ls. [XV u 671 8] 1906. Preis geh. 4 16.—, in Leinwand geb. 1 18.— Teil I, Abt. 3, 1: Die orientalischen Religionen. Inhalt: Die Anfänge der Re- ligion und die Religion der primitiven Völker: Ed. Lehmann. — Die tische Religion: A. Erman — Die asiatischen Religionen: Die babylonisch-assyrische on: C. Besold. — Die indische Religion: H. Oldenberg. — Die iranische Religion: H. Oldenberg. — Die Religion des Islams: J. Goldziher. — Der Lamaismus: A. Grünwedel — Die Religion der Chinesen: J. J. M. de Groot. — Die Religion der Japaner: a) Der Shintois- mus: K Florenz, b) Der Buddhismus: H. Haas. [VII u. 267 8.1 1906. Preis geh M 7.—, in Leinwand geb. 4 9.— hi Teil I, Abt. 4: Die christliche Religion mit Einschluß der israelitisch-Jüdischen Religion. Inhalt: Die israelitisch-jüdische Religion: J. Wellhausen. — Die Religion Jesn nud die Anfänge des Christentums bis zum Nicaenum (325): A. Jülicher. — Kirche und Staat bis zur Gründung der Staatskirche: A. Harnack. — Griechisch-orthodoxes Christentum und Kirche in Mittelalter und Neuzeit: N. Bonwetsch. — Christentum und Kirche Westeuropas im Mittelalter: K. Müller. — Katholisches Christentum und Kirche in der Neuzeit: F. X. Funk. Protestantisches Christentum und Kirche in der Neuzeit: E. Trosltsch — Wesen der Religion und der Religionswissenschaft: E. Troeltsch — Christlich-katholische Dogmatik: J Pohle. — Christlich-katholische Ethik: J. Maus- bach — Christlich-katholische praktische Theologie: C. Krieg. — Christlich-protestan- tische Dogmatik: W. Herrmann. — Christlich-protestantische Ethik: R Seeberg. — Christlich-protestantische praktische Theologie: W. Faber. — Die Zukunftsaufgaben der Religion und die Religionswissenschaft: H. J Holtzmsnn. - [XI u. 752 5.] 1906. Preis geh. 1 16:—, in Leinwand geb. 4 18.— Auch in 2 Hälften: 1. Geschichte der christ- lichen Religion. geh. .M. 9.60, geb. M 11.— 2. Systematisch-christliche Theologie. geh 1 6.60, geb. 4 8.— Teil I, Abt. 5: Allgemeine Geschichte der Philosophie. Verfasser: H v_Arnim,. CL Basumker, J Goldziher, W. Grube, Ynöuye, H. Oldenberg, W. Windel- band, W. Wundt (les. 25 Bogen.] Preis geh. ca. 4 8.— in Leinw. geb. o. 4 10.— Teil I, Abt. 6: System der Philosophie. Inhalt: Das Wesen der Philosophie? W. Dilthey. — Logik und Erkenntnistheorie: A. Riehl — Metaphysik; W Wundt — z Naturphilosophie: W. Ostwald. — Psychologie; H. EKbbinghaug — Philosophie der Geschichte: R. Eucken. — Ethik: Fr. Paulsen. — Pädagogik: W Münch — etik: = Th. Lipps. — Die Zukunftsaufgaben der Philosophie: Fr. Paulsen. [ca 25 Bogen-] geb. ca. & 9. —, in Leinwand geb. ca. K 11.— G Hassert, Kurt 590 Die polarforschung H3 2., umgearb, aufl, 1907 PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET —— W SCARBOROUGH COLLEGE LIBRARY d— — — mm —