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Die politischen Beziehungen Venedigs

mit Zürich und Bern im XVII. Jahrhundert.

I, Verhandlungen seit 1607 bis zu den Truppensendungen 1648.

1. Präliminarien zum Bündnis von 1615.

Im Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich in der mitteleuropäischen Politik der religiöse Gegensatz zwi- schen alter und protestantischer Kirche in so scharfer Weise zugespitzt, dass es nur eines leisen äussern An- stosses bedurfte, um einen blutigen Religionskrieg aus- brechen zu lassen. Durch den jugendfrischen Calvinis- mus, der mit leichter Hand über das verknöcherte, der Zerrüttung entgegengehende Luthertum den Sieg davon- getragen, war ein neuer Impuls in das kirchliche Leben -der Neugläubigen hineingekommen. Bei den Katholiken hatte sich der gefährlichste Gegner der neuen Kirche, der Jesuitismus , zu dominierender Stellung emporge- schwungen, und Bayern wurde die Vormacht der Alt- gläubigen, während Sachsen seine Führerrolle an die calvinistische Pfalz abtreten musste. Pfalz und Bayern waren die beiden Brennpunkte, in denen sich die grosse Kriegsfackel entzündete, deren Flammen später nach allen Seiten weit über die Grenzen hinüberzüngeln sollten. Venedig hielt, obwohl katholisch, zu den Protestanten und suchte bei ihnen seine Bundesgenossen, weil es sich von den Anhängern der alten Kirche bedroht sah, namentlich von den Spaniern, deren Erweiterungspläne es

Archiv des histor. Vereins. XV. Band. I.Heft

fürchtete, ') und weil es in Bezug auf Religion vielleicht als der toleranteste Staat jener Zeit gelten dürfte. 2)

Nicht um auf neue Erwerbungen auszugehen, sondern um den erworbenen Besitzstand zu erhalten, trachtete die Lagunenstadt nach der Freundschaft und wenn mög- lich materiellen Hülfe der evangelischen Mächte. Was lag ihr nun näher, als sich in erster Linie mit den Schweizern auf guten Fuss zu stellen, die ihre Nachbarn waren, deren tapfere Söhne sich in den Kriegen des 16. Jahrhunderts überall in Europa mit Lorbeeren be- deckt und die erst in jüngster Zeit Heinrich IV. zu seinen Siegen verholfen hatten. 3) Ein Anknüpfungs- punkt an die reformierten Schweizer lag nahe in den III Bünden, wo sich schon anfangs des 17. Jahrhunderts spanische Agenten herumtrieben, die das Land für die Abtretung des Veltlins an Spanien-Österreich gewinnen wollten. Nach Bünden schickte Venedig deshalb gleich im Beginn unserer Zeitperiode einen Gesandten, der die Unterhandlungen sofort einleitete und Ende 1603 einen Vertrag zu stände brachte, welcher nach Ablauf von 10 Jahren wieder sollte erneuert werden. 4)

Durch dieses Bündnis fühlte sich der Doge noch nicht gesichert, und deshalb gingen seine Blicke über die bünd- nerischen Berge hinaus zu den vier evangelischen Städten Zürich, Bern, Glarus, Schaffhausen, namentlich zu den zwei erstem, den festen Stützpunkten der Eidgenossenschaft. Bern und Zürich hatten sich bereits im Verein mit den zwei andern evangelischen Orten an die „Union" ange- lehnt, welche sie gerne in ihren Bund aufgenommen hätte. Die drohenden Weltläufe bestimmten die beiden

2) Zwiedeneck I, 17. 2) Hagen 4. :1) Hagen 10. 4) Hagen 9.

eng zusammenhaltenden Städte, auch diese Gelegenheit, mit der die Adria beherrschenden mächtigen Venezia in nähere Beziehungen zu treten, nicht zu versäumen. l)

Im Februar 1607 Hess Venedig durch seinen Resi- denten in Chur, Johann Battista Padavino, eine persön- liche Anfrage an Zürich ergehen, ob die Stadt geneigt wäre, der Republik im gegebenen Momente Truppen zur Verfügung zu stellen, da sie sich mit dem Papst Paul V. entzweit habe. Venedig hatte nämlich durch ein vor 100 Jahren erlassenes, jetzt erneuertes Gesetz verfügt, keinem Weltlichen sei es mehr gestattet, in der Stadt und Landschaft Venedig liegende Güter an Klöster zu vergaben; die schon vermachten Grundstücke sollen innert 2 Jahren wieder verkauft und das Bauen von Kirchen und Klöstern ohne vorherige Erlaubnis der Regierung verboten werden. Diese Bestimmungen waren erneuert worden, weil man erstens zur Genüge gesehen, wie die Pfaffen und Mönche sterbende Personen überreden, ihnen ihre Güter zu verschreiben: zweitens, weil die K! deren es eine Unzahl gäbe, ein jährliches Einkommen von oO 100,000 Krumen gemessen, welcher Überfluss zu allerlei Missbräuchen führe, und endlich, weil die Herrschaft dadurch geschädigt werde, indem diese ein Dritteil aller Grundstücke umfassenden Güter nichts ver- steuern. Die Herrschaft erlaubte sich auch. Geistliche. die einen unzüchtigen Lebenswandel führten, zu be- strafen. Papst Paul V. verstiess nun den venetianischen Residenten aus Rom, verlangte im Herbst 1605 Wider- rufung dieses Gesetzes und Freilassung zweier wegen Notzucht verhafteten Pfaffen. Trotz der Gegenvor- stellungen, die der Doge Donato nach Rom sandte, und obschon der König von Frankreich, der Grossherzog von

]) Hagen 10

Florenz und andere Fürsten zu vermitteln suchten, be- legte der Papst die Herrschaft Venedig mit dem Bann und Hess sogleich spanische Truppen anwerben. Hein- rich IV. und England hatten Venedig Hülfe versprochen, aber das grösste Zutrauen hegte der Doge nach den Worten des Gesandten zu den beiden Städten, weshalb er sie um Truppen anging und gleichzeitig bat. 2 3000 lothringischen Soldaten den Durchzug zu gestatten. l) Der kleine Rat von Zürich, an den dieses Gesuch gerichtet war. verdankte in freundlicher Weise das zu ihm gehegte Zutrauen, erklärte aber, dass er aliein dar- über nichts beschliessen könne, sondern nur mit dem grossen Rate zusammen, dem das Begehren solle vorge-

y) Zürcher Stadtarchiv, Mappe A, 214 1 Ein Aktenstück ohne Unterschrift und Datum . meldet in derselben Mappe darüber: „Ufl den 9ten Februarij Anno 1G07 ist vor einem guedigeu Herrn Bürger- meister und Rhat der Stadt Zürich erschienen, Herr Johann Baptista Padavino, Abgesandter der Herrschaft Venedig und bat nach Ingelegtem Oedentzschreiben myn gnedige Herren, durch ein ussführlichen müut- lich Fürtrag berichten, der ursach und gestalt des spanns, dar In ein Herrschaft Venedig mitt dem Babst geratben von wegen der er- nüweruug Ihres alten gesatztes der Geistlichen halber, das namblich dieselben liegenden Güter witer an sich ziehen, man ihnen dieselben vertestieren, sondern si sich deren die sie schon haben, vernügen lassen. Item dass auch niemand in ihrem Gebiet ohne der Herr- schaft vorwüssen keine nüwen Klöster, Collegien, Kirchen und geist- liche Hüser stiften und buwen und ein Herrschaft die geistlichen Personen, so sich Inu maletizischen Sachen vergaand, straffen solle wellicbeni allem aber der Babst sich widersetze und das nit gut heissen welle. Inmasse dass die Sach so wyt khommen, dass der Babst wider sie zur waafe gryffe. und ihnen dadurch Ursach gegeben werde, dass eibige ihres Teils auch zethund und sich uff ihrer Hut zebalten und hat daruff von der Früntschafft wege so allwegem zwischem der Herrschaft und einer Statt Zürich gewessen, begehrt. Ob myner Herren einbewilligen möchten, dass Inn ihrer Statt und Landschaft ein Anzahl Kriegsvolk zu Diensten der Herrschaft Venedig ufgebrochen werden möchte."

bracht werden. Gleich nach seinem Empfange in Zürich, der ein sehr warmer war. schenkte der Resi- dent der Stadt einen silbervergoldeten Becher von der Form eines Löwen, den er am St. Markustage bei einem festlichen Bankette unter brausendem Applaus dedizierte. 1 ) Nachdem der grosse Rat von dem Hülfsgesuch Ve- nedigs Kenntnis erhalten, schickte Padavino in seinem Namen einen Hauptmann nach Zürich, um das Ansuchen noch einmal vorzubringen und das Resultat der Be- ratungen entgegenzunehmen. Der grosse Rat fand, dass die Herrschaft Venedig triftige Gründe bewegen, auf der Hut zu sein, dass sie sich auf Gegenwehr gefasst machen müsse, aber zuerst solle man sich über die Bedingungen aussprechen, unter denen sie in Zürich Kriegsvolk an- werben wolle, dann angeben, wie viele Truppen sie be- gehre, wohin dieselben geschickt würden und welches die „Stipulationen und Bestallung" seien. 2) Zudem mochte sich Venedig mit Bünden auf noch bessern Fuss stellen und auch mit Bern, das kürzlich mit diesem ein enges Bündnis abgeschlossen, Beziehungen anknüpfen. Auch mit Glarus sollte die Marcostadt traktieren, da eine zukünftige Söldnertruppe durch dessen Gebiet marschieren müsse und der „Stand" bei den Bündnern gut ange- sehen sei. :!)

Die Bündnisangelegenheiten wurden vorläufig wieder fallen gelassen, da sich Venedig und Paul V. aussöhnten. Frankreich und namentlich Spanien hatten in der Weise eine Vermittlung herbeigeführt, dass der Papst das Interdikt aufhob und sich mit der Ausschliessung der Jesuiten aus den venetianischen Landen einverstanden

') Bundesarchiv, Filza 1, pag. 50.

2) Zürcher Stadtarchiv, Mappe 214 i.

3) Bundesarchiv, Bd. 18, pag. 155, 179.

erklärte, als der Doge die zwei gefangenen Geistlichen freiliess. l) Obwohl das begründete Freundschaftsver- hältnis vorläufig ohne weitere Wirkung blieb, so wurde doch den venetianischen Beziehungen fortan ernste Auf- merksamkeit geschenkt.

Im Jahre 1614 sahen sich die Yenetianer von neuem in einen Krieg verwickelt, und zwar diesmal mit dem Erzherzog Ferdinand von Steiermark, weil dieser die Uscoken (Uscoqui). aus der Türkei flüchtige Banden, die sich an der dalmatinischen Küste niedergelassen, um von dort aus gegen die Türken und namentlich auch gegen Venedig Seeräuberei zu treiben, in Schutz nahm. Die Uscoken (= Flüchtlinge) hatten sich, vor den Türken zurückweichend, zuerst in Clissa festgesetzt und wurden dann vom Grafen Frangipani in Segna aufgenommen. Als dieselben von dort aus die Pforte beständig beun- ruhigten, sah sich Venedig genötigt, sie auf Ansuchen der Türkei zu befehden. Österreich, das sie seit dem 16. Jahrhundert an seiner Grenze duldete, betrachtete sie aber als seine Schützlinge, weil es sie gegen ähn- liche kriegerische Scharen an der türkischen Grenze, die Martolosen, sehr gut gebrauchen konnte. Als nun die Yenetianer die Uscoken mit einer Flotte von Schiffen angriffen und ihnen den Seeweg versperrten, fielen diese in das venetianische istrien ein. Bei ihrer Verfolgung betraten die Truppen der Republik öster- reichischen Boden, und als sie denselben verwüsteten. drohte Österreich mit Krieg, welcher aber durch einen Vertrag, laut welchem die Uscoken bestraft werden sollten, noch abgelenkt werden konnte. Nun wollte man weitern Verwicklungen dadurch vorbeugen, dass der Vizekönig von Neapel, der Grossherzog von Toseana und

*) Leo. V. 603.

Venedig sich anerboten, Uscoken in ihre Dienste zu nehmen : aber diesem widersetzte sich Österreich. Jene ver- kündeten nun öffentlich. Venedig und Österreich hätten sie zur Fortsetzung der Raubzüge gegen die Türken autorisiert, und der Sultan verlangte darüber so ener- gisch Auskunft von dem Dogen, dass der Republik nur noch die Wahl offen stand zwischen Ausrottung der Uscoken auf die Gefahr eines offenen Bruches mit ( isterreich oder einem Kriege mit der Türkei. Während man mit I Österreich fruchtlos unterhandelte, wurde von den Uscoken eine venetianische Galeere weggenommen und deren Kommandant auf barbarische Weise ermordet. Nun sperrten die Venetianer von neuem die ganze von den Uscoken bewohnte und befahrene dalmatinische Küste bis Cattaro hinunter zur See ab, worauf Öster- reich, ohne den Beschwerden der Republik Rechnung zu tragen, freie Schiffahrt auf der Adria verlangte. Da, im Jahre 1615, eröffneten die Venetianer den Krieg, der erst im Madrider Frieden 1617 seinen Abschluss fand. Nach diesem musste Erzherzog Ferdinand die Fahrzeuge der Uscoken verbrennen, die gefährlichsten dieser Haufen ins Innere des Landes bringen und Segna uiit deutschen Truppen besetzen Lassen. Dafür erhielt er die eroberten Gebiete zurück. M

Unter der Einwirkung dieser Uscokenangelegenheit geschah es, dass zu Anfang Februar 1614 der Gesandte Gregor Barbarigo nach Zürich geschickt wurde, um die Unterhandlungen wieder aufzunehmen und ein Bündnis einzuleiten. Es sollte sich ihm bald die Gelegenheit bieten, als Ambassador Venedigs am richtigen Orte aufzutreten.

An der Konferenz der vier evangelischen < Irte Zürich. Bern. Basel und Schaffhausen im Mai gleichen Jahres äusserte er sich:

l) Dam. IV. 258—300; Leo, V. 609 i

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Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Herrschaft Venedig und den vier evangelischen Städten veranlassen den Fürsten, ihnen seine aufrichtige Zu- neigung zu erkennen zu geben. Derselbe begnüge sich aber nicht mit der Begierde, seine Macht und seinen Einfluss für ihr Wohl anzuwenden, auch nicht mit dem Auftrag, den er ihm erteilt, ihnen für die erwiesenen Gutthaten, namentlich für ihre Verdi (Miste um die Er- haltung seines Bündnisses mit den III Bünden , zu danken, sondern er habe ihm befohlen, zu eröffnen, dass die Herrschaft Venedig wegen der gemeinsamen Inter- '■sv.'u, der ..Gleichheit der Gemüter1', besonders ange- sichts der gegenwärtigen bösen Weltlage, und der Nütz- lichkeit der Vereinigung freier benachbarter Stände die Meinung hege, es würde nichts so sehr zum geniein- samen Nutzen und Frommen gereichen, als wenn der innere Zusammenhang, der zwischen der Herrschaft Venedig und den Regierungen Zürichs und Berns be- stände, gefestigt und öffentlich kundgegeben würde. Da nun dieses nicht besser ins Werk gesetzt werden könne als durch eine einmütige Verbindung in einem voll- kommenen Bündnis, so habe er den Auftrag erhalten, ein solches zur Verhandlung zu bringen.

Zürich und Bern, welche diese Werbungen vornehm- lich berührten, wünschten die Ansichten und den Rat von Basel und Schaffhausen zu vernehmen. Diese glaubten, das- das Anwerben aus wichtigen und wohl zu berücksichtigenden Gründen nicht auszuschlagen sei und dass man sich mit Venedig, einem ebenfalls freien Lande, in ein engeres Bündnis wohl einlassen dürfe, indem ein solches nicht nur an sich ein gutes Werk wäre, sondern auch zur Verhinde- rung der jesuitischen und anderer „bösen Praktiken" dienen würde, womit man verschiedene Stände und be- sonders auch Venedig in die papistische Liga zu ziehen

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versuche. Die Gesandten Berns eröffneten im Vertrauen, sie hätten von ihren Herrn und Obern Befehl, den vene- tianischen Gesandten anzuhören, wenn er so etwas vor- bringe, und auf Ratifikation hin ein Projekt beratschlagen zu helfen, wie man mit Venedig ein Bündnis eingehen könnte. Dadurch würde diese Herrschaft dem spa- nischen Einflnss entzogen, man hätte von ihr gute Hülfe und Beistand zu gewärtigen und man würde auch den Pass vom Mittelmeer bis nach Grossbritannien und den mitternächtigen Ländern erlangen. Eine Ausschla- gung des Bündnisses würde zudem zu „mehrer Für- brechung" der spanischen Liga in den III Bünden den Anlass geben und diese den evangelischen Städten ent- ziehen, während bei Annahme der angetragenen Freund- schaft und der Allianz der Durchpass durch Bünden er- hellten bliebe und vielleicht ein Mittel wäre, die III Bünde mit Venedig wieder zu vereinen und von Spanien abzu- wenden. ' )

Da die Gesandten Zürichs keine andern Instruktionen empfangen hatten, als Berns Gesinnung betreffs des Bünd- nisses anzuhören, konnte man für diesmal keine weitern Schritte thun. Am 27. Mai 1614 beschloss aber der Rat der 200, mit Bern vereint einen Bund mit Venedig ab- zuschliessen, obschon die französische Diplomatie dem- selben entgegenarbeitete. Hierüber berichtet der Am- bassador folgendes: -i

„Der Kampf im Rate war ein heisser, denn viele eifrige Anhänger Frankreichs suchten in dieser Sitzung einen für Venedig günstigen Beschluss zu verhindern. Der Stadtsekretär, welcher vom Herrn von CastiÜeh sehr abhängig ist. hatte Gelegenheit gefunden, vorher nach

J) Eidg. Abschiede A, V i, pag, 1102. -) Bundesarchiv. Bd. 18, pag. 213.

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Solothurn zu verreisen unter dem Vorwande. Geld für die öffentlichen Pensionen zu beschaffen. Vom franzö- sischen Gesandten zurückgekehrt, zeigte er sich um so eifriger im Proteste gegen dieses Bündnis. Als er und seine Gesinnungsgenossen sahen, dass die Mehrheit zum Abschluss eines Bündnisses hinneigte, suchten sie den Entscheid hinauszuschieben, drangen aber trotz ihrer Bemühungen nicht durch. Nachdem der Entschluss. mit Venedig zu traktieren, gefasst war. stellte der franzö- sische Sekretär Visir beim Bürgermeister Holzhalb das Gesuch, auf Bitten des Herrn Gesandten in Solothurn den Entscheid für so lange hinauszuschieben, bis ei- Seine Majestät davon in Kenntnis gesetzt habe. Der Bürger- meister antwortete dem Visir. dass der Rat schon be- schlossen habe, den venetianischen Residenten anzuhören. und man auf diesen Beschluss nicht mehr zurückkommen könne : wenn er aber etwas vorzubringen wünsche, so werde ihm Audienz erteilt. Auf sein Ansuchen wurde er vor mir angehört. In seinen langen Unterhand- lungen strebte er dahin, den Herrn von Castilien und Pasquale zu rechtfertigen, rügte, dass man weder hier noch in Bünden den venetianischen Umtrieben den Riegel stecke, und beklagte sich höchlichst, dass durch meine Agitationen solche Dinge zu stände kämen, die Seiner Majestät und dem guten Einvernehmen zwischen Frank- reich und Zürich sehr zum Schaden gereichen. Dann behauptete er, die Bündner seien durchaus abgeneigt, mit Venedig ein Konkordat einzugehen, weil sie damit zu schlechte Erfahrungen gemacht hätten."

Es gelang Visir nicht, im Rate eine Umstimmung hervorzurufen, und deshalb wurde dem venetianischen Residenten der Beschluss überbracht, dass man sich ge- einigt habe, in ein Bündnis einzutreten, und sobald auch Bern denselben Wunsch teile, die Deputierten zur Ver-

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einbarung der Bundesbestimmungen abordnen werde. l) - Uni das Feuer zu schüren, reiste Barbarigo in Beglei- tung einiger Zürcher Räte im Juni nach Bern, wo man ohne langes Zögern eine Einigung zu stände brachte und Zürich um Bestimmung eines Ortes zur Ausfertigung der Bundesartikel ersuchte. 2) Nach lOtägigem Aufenthalt in Bern reiste der Gesandte mit den 4 Zürcher Deputierten wieder ab. und im Dezember 1614 wurde Baden, von Zürich als Versammlungsort vorgeschlagen, beiderseits mit den Abgeordneten beschickt, welche die Artikel des Bündnisses mit Barbarigo bereinigen sollten. Eine Ver- einbarung war schon getroffen worden in Bezug auf die Religion. Zürich und Bern hatten nämlich für ihre An- gehörigen freie Ausübung des Kultes auf venetianischem Gebiete verlangt. Der Doge sprach sich darüber in einem eigenhändigen Schreiben aus. dies sei ein kitzliger Punkt, weil die Regierung allein nicht entscheiden könne, son- dern erst den Rat darüber befragen müsse. Das würde aber den päpstlich Gesinnten einen willkommenen Anlass geben, sich zu widersetzen und die Gutgesinnten scheu zu machen. Schon die Natur des Bündnisses bringe die Religionsfreiheit in den Häusern öffentlicher Beamter und auch der Privaten mit sich. Solche Freiheiten ge- nössen viele Nationen in Venedig, wie z. B. die Nieder- länder, die auch in den Wirtshäusern an verbotenen Tagen Fleisch essen. Dass man die evangelische Reli- gionsübung in den öffentlichen Kirchen dulden sollte, wie in Frankreich, sei wohl wünschbar, aber vorläufig noch nicht durchzuführen. Er bitte daher, man möchte diesen Punkt fallen lassen. Derselbe wurde dann in der That nicht berührt. 3) Drei wesentliche Punkte bil-

') Btmdesarckiv. Bd. 18, pag. 213 £ -) Bundesarchiv, Bd. 18, pag. 224. s) Hagen, pag. 21.

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deten den Gegenstand längerer Diskussionen : die Ansätze für die Pensionen an die zwei Städte, die Reglierung der Besoldungstabelle der Offiziere und Soldaten, und die Forderung der Markusstadt, dass die Schweiz ertruppen auch in Istrien und Candien dienen sollten. Die berau- schen Gesandten verlangten durchaus, dass die an Zürich und Bern zu entrichtenden Jahrgelder auf 6000 Dukaten angesetzt würden, denn Venedig achte beider Städte Freundschaft und Bündnis so hoch und begehre dies so dringend, dass es eine solche Summe gerne ausgeben winde, gerade so wie in Bünden, wo es sogar mehr be- zahle als es schuldig wäre. l) Der venetianische Gesandte wollte aber nicht über 4000 Dukaten hinausgehen, und da die schweizerischen Abgeordneten an ihre Instruk- tionen gebunden waren, konnte man sich auf dieser Zu- sammenkunft über die Höhe der Summe nicht einigen. Erst mehrere Wochen später, als sich Venedig nicht zu einer so hoch bemessenen Summe herbeilassen wollte. mässigten die beiden Städte ihre Forderungen und stimmten zu einer jährlichen Pension von 4000 Dukaten. Eher kam man zur Verständigung bei der Aufstellung einer Besoldungsliste für die Truppen, da Venedig nach- gab und den Sold namentlich für die Offiziere in der Höhe bestimmte, wie ihn die Delegierten wünschten. Über den dritten Punkt äusserten die beiden Städte folgende Bedenken:2) „Solte man unser volk Inn das land Istriam oder noch wyter über Mehr In die Insel Candiam als anderr ort ennert dem Mehr, so der Herr- schafft Venedig zugehörend, zefhüren gesinnet sein, so were es unserm volk ein beschwerlich Ding, als das der Inslen und so wyter landen ennert dem Mehr nit ge- wohnet ist, und das auch nit wol erlvden und dar Innen

') Bundesarchiv. Bd. 19.

*) Bern. Archiv. V. B., A. 165.

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gesund und ufrecht belyben mag. Zudem, wenn man unser volk. uff den Fall der noth da man dessen Im- 1,'ind manglete, wider heimbeförderen weite, weist man nit. wann sy so wyt vom Vaterland ennert dem mehre weren. wie und wann sy wider lieimkhommen mochten. alss das vaterlandt sich dess Ihres volkes im fal der noth wenig zetrösten hette." Deshalb soll der Artikel hinzu- gesetzt werden, dass der beiden Städte Volk weder auf noch über dem Meer in Dienst geführt werde. Dieses Bedenken fand aber keine Berücksichtigung, denn Ve- nedig wünschte, dass die in Zukunft ausgehobenen Regi- menter alle der Republik angehörenden Länder gegen jeden Feind verteidigen sollen, und da Zürich und Bern nicht weiter dagegen opponierten, war auch dieser letzte streitige Punkt bereinigt. Freilich kam man später wieder darauf zurück, und in der Kapitulation vom Jahr 1648 wurde Venedig untersagt, auf dem Meere und in (•andien Schweizertruppen zu verwenden. l)

So kam denn das Bündnis zu stände, das in der Hauptsache folgendes besagt*

2. Das Bündnis vom 6. März 1615.-)

„Wir. Marcus Antonius Menimo. von Gottes Gnaden Herzog in Venedig, auch Wir Bürgermeister, die Räht und der gross Raht. genannt die Zweyhimdert. der Stadt Zürich, und Wir Schultheiss. klein und gross Räht. ge-

') Siehe pag. 48.

-) Lateinisches Original im Zürcher Stadtarchiv. Die 3 grossen prächtigen Siegel liegen in silbernen Kapseln.

Lateinische Copie : Eidg. Absch., Bd. V i, pag. 954. Italienische Übersetzung: Bundesarchiv, Bd. 61. pag. 362. Deutsche Übersetzung: Berner Archiv. V. B., A., pag. 2^5.

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nannt die Zweihundert, der Stadt Bern, als Glieder des alten grossen Bunds Hochdütscher Landen löblicher Eid- genossenschaft betrachtend, wie unsere vordem und die Herrschaft Venedig, hiezu die genannten beiden Städte samt andern unsern Eydtgenossen und Bundtsgenossen je und allwegen bis auff gegenwärtige Zeit in gar guter Fründscrafft und Verständnis aus Gottes Gnad mit Ein- ander gestanden und uns desselbigen beiderseitigs oft- mahlen gegen Einander mündtlieh und schriftlich erkläret. und wie darby in allen teilen auch angesechen die jetzigen Läuff und dass Fürsten und Stände der Welt obliget. dass Sie je länger je mehr dahin sehen, und trachten, wie Sie sich durch Vereinigung, gute Freundschaft und Verständnis versühnen und aufrecht erhalten mögend, welches dann den Zweyn und mit alter Freundschaft einander vorhin zugethanen Regimentern und Ständen zu denen uns der Allmächtige Gott auss seinen Gnaden gemacht und bisshar darby erhalten hat, insonderheit auch gebühren und obliegen will."

1. Die drei Stände, die Herrschaft Venedig und die beiden Städte Zürich und Bern, wollen in allem gute Freundschaft und Nachbarschaft halten, wie es sich zwischen wahren, aufrichtigen Freunden und Bundes- genossen geziemt.

2. Wenn die Herrschaft Venedig in Krieg verwickelt wird oder in Kriegsgefahr schwebt und von den beiden Städten Kriegsvolk begehren würde, sollen beide Städte schuldig sein, Venedig 4200 Mann Freiwillige zu ge- währen in 2 Regimentern, jedes unter einem Oberst stehend, der eine von Zürich, der andere von Bern. Verlangt Venedig nicht so viel Mannschaft, so darf es 2100 Mann anwerben, die dann nur von einem Oberst kommandiert werden, und zwar im ersten Aufbruche von einem Zürcher, im nächsten von einem Berner, so dass

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beide Städte immer abwechslungsweise den Oberst er- nennen. Diese 2100 Mann bilden ein Regiment, das ans 7 Fähnlein zu 300 Köpfen besteht. Die Stadt, welche den Oberst stellt, liefert 1200 Soldaten unter 4 Fähn- lein, worunter dasjenige des Obersten: die andere Stadt bestimmt 3 Hauptleute mit 900 Mann. Diese ein oder zwei Regimenter starke Truppe ist verpflichtet, im Felde und in der Garnison (,,in campis et praesidiis") die gegen- wärtig zur Republik gehörenden Länder und Leute gegen alle, die sie feindlieh angreifen, getreu zu verteidigen. Verlangt Venedig Mannschaft in Zeiten, da die eine oder beide Städte in Kriegsgefahr schwelten, so ist keine ver- pflichtet, Hülfe zu leisten. Truppen, die in venetianischen Diensten stehen, „dürfen weder zum stürmen, noch auff dem Meer zu kriegen nit schuldig syn".

3. Will Venedig in den Gebieten beider Städte Volk anwerben, so soll jedem Hauptmann für sein Fähnlein vor dem Aufbruch ein Monatssold bezahlt werden. Fehlen von der festgesetzten Zahl 300 Soldaten, so werden dem betreffenden Hauptmann für jeden fehlenden 5 Silber- kronen abgezogen. Die Monate werden zu 30 Tagen gezählt.

4. Der Sold wird von dem Tage an gerechnet, an welchem das erste Fähnlein, sei es nun in Zürich oder Bern, abmarschiert. Für den Heimzug soll jedem Fähn- lein ein Sold von 20 Tagen eingehändigt werden für den Marsch von der Herrschaft Grenzen bis in die Heimat.

5. Stehen die Truppen beider Städte einmal im Dienst der Herrschaft Venedig, so soll jedem Soldaten, auch wenn er noch nicht so lange unter der Fahne steht, der Sold für 8 Monate zu gute kommen. Wird in einer Schlacht ein Sieg erfochten, so entrichtet Ve- nedig dem Oberst, seinen untergebenen Offizieren und

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jedem Soldaten einen „Schlachtsold" von einem Monat. Wenn aber beider Städte Kriegsknechte auch nur dritt- halb Monate in der Herrschaft Dienst zugebracht hätten und vor Ablauf des Vierteljahres beurlaubt und heim- geschickt würden, sollen sie nichtsdestoweniger für 3 Mo- nate bezahlt und ihnen noch 2<> Tagessolde für die Heimreise gegeben werden.

(i. Im Feldlager und im Felddienst sollen die Fähn- lein des ganzen Regimentes beisammen bleiben; stehen die Truppen aber als Besatzung in den Festungen und Schlössern, so dürfen zu grösserer Bequemlichkeit und besserer Erhaltung die Fähnlein geteilt und hier eine Hälfte und dort die andere gelegt werden, doch nur in kleinen Distanzen voneinander, damit der Hauptmann oder sein Stellvertreter „mit guter Gelegenheit" zu den Soldaten kommt, sie beobachten und in guter Disciplin halten kann. Steht nur ein Regiment in venetianischem Solde, so soll auch dieses im Felde ungeteilt 1 »leiben.

7. Die Obersten und Hauptleute sollen im Felde in Kriegsangelegenheiten dem Generalobersten, dem Ge- neralgubernatoren und dem Generalproveditoren Gehor- sam leisten oder „andern, die in Ihrem Namen den Heerzug der Herrschaft zu recommendieren befelch haben werdend". In der Festung haben die Soldaten dem Rector und Gubernator zu gehorchen.

8. Wenn beide Städte oder auch nur eine mit den F'einden Krieg führen, während ihre Truppen auf vene- tianischem Gebiete stehen, dürfen dieselben zurückbe- rufen werden, um sich ihrer zu bedienen. Die Republik muss diesen entlassenen Soldaten 20 Tagessoldc bezahlen und ihnen freies, sicheres Geleite bis zur bündnerischen Grenze verschaffen.

'.). Jedes Fähnlein besteht aus „dreyerlei Wehren- : 100 Mann tragen Musketen, 80 Harnische und 120 sind

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„blosse Knechte^ i pedones). Venedig zahlt diesen Truppen im Felde und in der Garnison monatlich 2100 Silber- kronen, „ducatone" genannt, jedem Oberst für seine „Bestallung und Täfelung" von Monat zu Monat 150 Silberkronen und als Ehrensold eines jeden Regimentes deren 250.

Die Herrschaft liefert den Soldaten gratis Pulver. Lot und Lunten, wie solches bei Fürsten und Herren bisher in Übung war.

Wenn die Republik kraft dieses Bündnisses Truppen begehrt und die hier beschriebene Art der Bewaffnung nicht zeitgemäss erscheint, so soll Venedig durch ihre Befehlshaber mit der Obrigkeit beider Städte traktieren und sich mit denselben durch gebührliche Kapitulation. sowohl der Armatur, als auch des Soldes halber, ins Ein- vernehmen setzen, wie andere Fürsten und Herren dies auch thun mit den Eidgenossen.

10. Das Venedig dienende Kriegsvolk steht ini vollen Genuss seiner Privilegien. Freiheiten. Immunitäten, Be- rechtigungen. Bräuche und Gewohnheiten, sowohl in Verwaltung und Ausübung des Rechts und des Gerichts. als auch aller andern Dinge, wie es in Frankreich und anderswo in allen Zeiten in Übung ist.

11. Den kranken Söldnerknechten soll der Sold so lange zu gute kommen, bis sie wieder gesund sind oder sterben.

12. Sobald die Herrschaft den Hauptleuten die be- stimmte Besoldung von Monat zu Monat nicht verab- folgt, so soll dieselbe auf Grund der jüngsten Muster- rödel vorgenommen werden, mit dem Vorbehalt, dass, wenn die Musterung in den ersten 10 Tagen des Monats nicht geschehen, alsdann kein Hauptmann schuldig ist. im gleichen Monat sein Fähnlein zu mustern, sondern es bei der zuletzt gehaltenen Musterung verbleiben lässt.

Archiv des histor. Vereins.

XV. Band. 1. Heft.

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13. Die Wahl der beiden Obersten wird im Fall eines Aufbruches Venedig anheimfallen, die der Haupt- leute aber den beiden Städten; jedoch sollen alle Offi- ziere eingesessene Zürcher oder Berner sein und zu ..(Gefallen und Belieben" beider Vertragsmächte. Über ein Fähnlein soll nur ein Hauptmann gesetzt werden.

14. Alle Personen und Unterthanen beider Ver- tragsmächte dürfen in der andern Städten und Landen frei gehen, wandeln, handeln, schalten und walten mit ..allerlei Gewerbssachen und Hanthierungen, sowohl von Kaufmanns-Schatz, als aller Hand Kriegsgerätschaften0 ohne Hindernis oder Auslagen und Beschwerden irgend welcher Art, so dass sie nichts weiter zu bezahlen haben als die gewöhnlichen, bisher gebräuchlichen Zölle, von welchen aber ausbedingt ist der Leibzoll, der Mautzoll (italienisch belletta), die Dinge und Sachen, die einer in seinem Felleisen hält, auf dem Reitpferde mit sich führt oder auf dem Leibe trägt. Vorbehalt wird erhoben für Zeiten, in denen ansteckende Krankheiten regieren, wo dann jeder Stand nach seinem Gefallen Handel und Ver- kehr verbieten kann, solange „der Argwohn des Ster- bens" währt. Soldaten, die von der Republik beurlaubt oder in die Schweiz zurückberufen werden, sollen mit all ihrem Tross und Kriegsgerätschaften zollfrei sein, wie es nach altem Gebrauch bei allen Nationen Sitte ist. Söldner oder Durchreisende, die auf venetianischem Boden sterben, dürfen zoll- und kostenfrei aus dem Lande herausgeführt oder in demselben ehrlich, unab- gesondert bestattet werden.

15. Truppen, die dem verbündeten Freunde zu Hülfe ziehen, erhalten freien Durchzug, doch soll der < »brigkeit, durch deren Gebiet der Durchmarsch erfolgt, davon berichtet und die Anordnungen, die sie trifft, sollen respektiert werden.

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lti. Jeder stand ^oll den Feinden seines Verbün- deten den Durchmarsch durch sein Gebiet abschlagen und dieselben wenn nötig niit den Waffen zurückwerfen.

17. Werden Zürich und Bern «»der nur eine der beiden Städte mit Krieg überzogen, so soll Venedig da- von sofort in Kenntnis gesetzt werden, damit es jeder Stadt für ein Vierteljahr monatlich 4000 venetianische Dukaten zur Unterstützung senden kann. Dauert der Krieg länger als ein Vierteljahr, wird die Zahlung für weitere :; .Monate wiederholt, wofür beide Städte jeweilen einen Rechenschaftsbericht auszustellen haben, der die Grösse der Ausgaben anzeigt und den Betrag des zurück- zuerstattenden Überschusses. In Zürich und Bern wird ferner ein Waffendepot angelegt, in das 560 Harnische und 700 Musketen samt Zubehör gelegt werden, wofür ebenfalls eine Quittung ausgestellt wird. Diese Waffen sollen hauptsächlich für venetianische Dienste reser- viert werden, doch ist es den beiden Städten erlaubt, sich ihrer im Fall der Nut zu bedienen; fehlende Stücke müssen aber nach Beendigung des Krieges ersetzt werden.

18. Wenn der eine oder der andere kriegführende Teil Hülfe verlangt, solche erhält und nun des Friedens wegen traktiert, so soll er das seinem Hülfespender vor Abschlug des Friedens kund thun, damit derselbe sich eventuell in den Frieden kann aufnehmen lassen.

l'.t. Die Piepublik bezahlt während der Dauer dieses Bündnisses den Obrigkeiten jeder Stadt 4000 venetia- nische Dukaten jährlicher Pension.

i*o. Alle Bürger und Unterthanen beider Städte haben auf venetianischem Gebiete die vollkommene Frei- heit des Wandeins. Handelns. Wohnens, Gehens und Wiederkehrens, ohne von seiten der Inquisition irgend- wie belästigt zu werden. Die gleichen Reihte werden die Venetianer auf Zürcher und Berner Boden gemessen ;

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doch soll niemand etwas gegen die Religion des be- treffenden Ortes unternehmen.

21. Kein Teil nimmt Rebellen oder Widerspenstige des andern auf, oder solche, wider die „maleficischer Tathen" willen prozediert wurde wie Diebe, Verräter. Sodomiten, Mörder, Brandstifter, Jungfrauenschänder, Räuber und Falschmünzer, sondern alle diese Übelthäter werden gegen Abzug der Kosten ausgeliefert.

22. Dieser Bund wird für 20 Jahre abgeschlossen. Eine Kündigung desselben muss 1 Jahr vor Ablauf des Termins angezeigt werden, und das Bündnis hat dann gleichwohl noch bis zum Ablauf des 20. Jahres Geltung. Liegt keine Kündigung vor. so wird der Bund für wei- tere 20 Jahre, eventuell für so viele Perioden verlängert, bis eine Aufsage erfolgt. Sollte nach der Aufhebung des Konkordats eine der beiden Vertragsmächte in Kriegs- gefahr schweben, darf sie sich bis zu deren Beseitigung der Hülfstruppen oder des zur Verfügung gestellten Geldes bedienen.

23. Entstehen zwischen den zwei verbündeten Mächten „Späne" und Missverständnisse, die man nicht auf gütlichem Wege schlichten kann, was zuerst soll versucht werden, so wählt jede Partei zwei verständige Personen, die sich zur Entscheidung des Streites nach Chur begeben. Kommen diese auch zu keiner Einigung, so soll jeder Teil einen unparteiischen Mann wählen, der keiner der Parteien nahe steht. Von diesen zwei wird der durch das Los zum Obmann Erkorene den Streit schlichten, und bei dessen Schiedspruch soll es dann verbleiben.

24. In Streitigkeiten unter Privaten beider Teile soll der Kläger den Handel dem Richter überweisen, und dieser wird ohne langes Zögern den Richterspruch

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fällen, der nach Bekanntmachung ohne Rücksicht der Person und der Religion soll vollzogen werden.

25. Während der Dauer dieses Bündnisses ist es nicht gestattet, andere einzugehen, welche diesem zu- widerlaufen oder auf dasselbe eine nachteilige Wirkung ausüben.

26. Zürich und Bern behalten sich in diesem Bünd- nis vor das heilige römische Reich und alle Bünde, Ver- träge und Abkommen, die sie mit ihren verbündeten Eidgenossen eingegangen haben ; ferner die für ewig und die nur für einige Jahre vor dieser Kapitulation ver- einbarten Bündnisse, besonders auch den ewigen Frieden und die Vereinung mit der Krone Frankreichs, so dass dieser Bund allen abgeschlossenen Verkommnissen weder schaden noch Abbruch thun kann. Betrügerei und Arg- list seien gänzlich ausgeschlossen.

Der Bund lag fertig vor, aber die grosse Frage war, wie und wann er in Kraft treten werde.

3. Die Stellung der Mächte Frankreich und

Spanien - Österreich gegenüber dem venetianischen

Bündnis.

Frankreich und Spanien-Habsburg hatten, freilich aus verschiedenen Gründen, mit scheelen Augen auf das Werden dieses Bündnisses geblickt. Sie suchten dem- selben mit allen Kräften entgegenzuwirken, was am nach- drücklichsten in Bünden geschehen konnte, wo alljährlich Tausende französischer und habsburgischer Thaler hin- flössen, und wo sich während des Uscokenkrieges eine starke Partei gegen die Republik gebildet hatte, die heim- lich von dem spanischen Statthalter in Mailand, dem

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Herzog von Feria. unterstützt wurde.1) Venedig und Spanien, das die Republik von Mailand aus bedrohte und jetzt auf Annexierung des Veitlins hinsteuerte, standen schon seit langem auf gespanntein Fusse. Die Anhänger Spaniens lebten aber auch ihrerseits mit den Franzosenfreunden in Bünden im Hader. Jenen zum Trotz schloss Bünden im Jahre 1002 ein Bündnis mit Heinrich IV., und als nun die Gegner die Regierung ihrer Treulosigkeit wegen anklagten und Drohungen gegen sie ausstiessen. konnten die Eidgenossen nur mit grosser Mühe einen blutigen Zusammenstoss verhindern.2) In Bünden strebte nun jede der beiden Machte nach dem Übergewicht, und beide zusammen richteten ihre Ziele darauf, eine Erneuerung des churrätischen Bündnisses mit Venedig zu verhindern und Zürich und Bern den Pass nach der Republik zu versperren.

Venedig wollte sich durch den Vertrag von 1615 im Notfalle die Hülfe Zürichs und Berns sichern. Truppen beider Städte, die nach Venetien marschierten, mussten aber ihren Weg notgedrungen durch Bünden nehmen. Wenn nun die Venedig feindlich gesinnten Mächte die III Bünde dahinbringen konnten, dass sie ihre Eingänge jeder in venetianisches Gebiet ziehenden Truppe ver- schlossen, so war das Bündnis für Venedig wertlos. Die zwei Städte konnten Hülfe versprechen, aber keine schicken. Wrir sehen nun, wie Frankreich und Spanien- Habsburg die Bevölkerung Bündens durch Geld. Ver- sprechen und Drohungen gegen Venedig und dessen politische Bestrebungen aufhetzen, und wie sie sogar in den Schoss der Städte Zürich und Bern, in die Regie- rungssäle, namentlich in den zürcherischen, ihre Agenten schicken, um die der venezianischen Politik zugeneigten

*) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, 153. 2) Strickler, 298.

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Räte umzustimmen. < >b und wie weit es ihnen gelang, erhellt aus dem folgenden.

Frankreich und Habsburg drohten den Bündnern mit Entziehung der Pensionen, wenn sie Zürich und Bern den Durchzug ihrer Truppen gestatteten. Um ihren Drohungen grösseren Nachdruck zu verleihen, reisten die Gesandten selbst ins Bündnerland und versicherten sich der Ergeben- heit der Pensionierten.1) Der venetianische Ambassador schrieb an den Dogen, der französische Agent Pasquale Sprech«' mit solchem Zorn und solcher Raserei von den Unterhandlungen Venedigs und eifere mit solcher Wut gegen alle dem Bündnis Zugeneigten, dass er je länger je mehr befürchten müsse, dessen Einfluss werde mächtig genug, das Bündnis zu vernichten.2) Diese Befürchtungen waren allerdings zum Teil berechtigte, denn in Chur- rätien hatte Venedig seine Rolle vorläufig ausgespielt. Eine Anfrage der zwei Städte an die III Bünde um freien Durchpass wurde abschlägig beantwortet. Würden sie den Durdipass gestatten, Hessen sie zurückmelden. so wäre es eine Schwächung ihres Rufes: man hätte sie darum ersuchen sollen, bevor das Traktat so weit ge- fördert war. um prüfen zu können, ob es ihnen zum Schaden oder zum Nutzen gereiche.3) Die Zürcher wurden darob sehr aufgebracht, hauptsächlich gegen die Engadiner. denen sie schon so viele Wohlthaten erwiesen hatten. indem sie viele ihrer Söhne auf Kosten der Stadt in öffentlichen Instituten unterrichten Hessen.4) Sie schickten .sofort Gesandte nach Chur. welche eine Einigung ins Werk setzen sollten. Barbarigo seinerseits ersuchte den Dogen, die Privatpensinnen in Bünden wieder fliessen

M Bundesarchiv, Bd. 21.

-) Bundesarchiv, Bd. 18, pag. 224 f.

3) Bundesarchiv, Bd. 19.

*) Bundesarchiv Bd. 19, Mai 1615.

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zu lassen,1) was allerdings insofern unangenehm war, als zuerst die schuldigen Pensionen von 1603 an nach- getragen werden musstcn.2)

Als das Richtigste dachte er sich aber, den Bund so schnell als möglich zu solemnisieren, da Bünden dadurch wohl oder übel wenigstens in moralischer Beziehung zur Bewilligung des Durchpasses gedrängt würde.

Die Unterhandlungen der Zürcher Gesandten in Chur führten zu keinem günstigen Resultate. Im November 1615 schrieben die* Bündner nach deren Heimreise, dass der Durchgang für venetianische Truppen gesperrt bleibe, Wegen des Schadens, der den einzelnen Gemeinden daraus erwachsen könnte. Die meisten waren aber gar nicht be- fragt worden, vielmehr war die Regierung in der Ab- fassung dieses Schreibens eigenmächtig verfahren/5)

Die Frage des Durchpasses wurde auf der Konferenz der vier evangelischen Orte am 11. November 1615 neuer- dings zur Sprache gebracht. Die Gesandten Zürichs und Berns eröffneten denjenigen von Basel und Schaffhausen, dass ihre Herrn und Obern vor einiger Zeit mit der Herr- schaft Venedig auf deren Ansuchen sich in ein Bündnis eingelassen, dass aber die Bündner die Öffnung der Pässe für das Kriegsvolk beider Städte, das sie Venedig zu schicken verpflichtet seien, bisher verweigert hätten. Bei der Beratuno- darüber, ob die Bündner noch einmal um

:) Bundesarchiv, Bd. 19, Mai 1615.

2) 1603 hatte Venedig, wie früher erwähnt wurde, einen Ver- trag auf 10 Jahre abgeschlossen. Venedig wollte 1613 eine Erneue- rung vornehmen, aber Frankreich wusste sie zu verhindern. Ein von Rudolf Planta betriebenes Strafgericht büsste die Anhänger Venedigs in Chur. Das Gericht von Ilanz sprach die Verurteilten frei, aber sofort trat jenes wieder zusammen, um seine Entscheidung zu be- stätigen. (Strickler, pag. 298 f.)

3) Bundesarchiv, Bd. 19.

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eine Antwort zu ersuchen seien, oder ob man damit noch zuwarten solle, fand man beide Wege bedenklich, denn würde man jetzt die Bündner. welche dieser Sachen wegen nicht wohl disponiert seien, um Antwort anhalten, so wäre bei abschlägigem Bericht die Hoffnung auf Will- fahrung verloren: schwiege man alter zu lange, so könnte dies >o gedeutet werden, als ob man der Sache keine weitere Aufmerksamkeit schenke. Diese Bedenken nahmen die Gesandten beider Städte ad referendum, fiberzeugt, dass ihre Obern schon das Angemessene finden würden. Daneben wurden auch die Massregeln besprochen, die zur Erlangung eines günstigen Bescheides zu treffen wären. Einerseits wurde vorgeschlagen, den König von Frankreich um die Vermittlung des Passes anzusprechen, andrerseits wurde dafür gehalten, man sollte, weil die bündnerische Allianz mit den Eidgenossen eben ..schlecht und einfalf. eine Erläuterung oder Erneuerung der- selben begehren, wo dann die Bestimmung über den Durchpass festgesetzt werden sollte. Eine dritte Ansicht ging dahin, auf das eidgenössische Recht zu dringen in der Hoffnung, dasselbe würde die Öffnung des Passes befürworten.1) Noch dreimal wurden Botschaften nach Chur gesandt, aber keine fand Gehör. Als man sich daroli an den französischen Gesandten wandte, versprach dieser seine Mitwirkung, drohte aber den Bündnern gleichzeitig mit dem Verlust ihrer Soldgelder, wenn sie sich auf Unterhandlungen einliessen.2)

Auf einer neuen Zusammenkunft der 4 evangelischen Orte in Aarau am ~2. März 1616 hielt man es deshalb für nötig, sich zu besprechen, ob die Passangelegenheit als Traktandum zu figurieren habe oder nicht. Bei der Diskussion fanden die Delegierten, in Anbetracht der

2) Eidg. Abschiede. 11. November 1615, A. Vi, pag. 122',». 2) Bandesarchiv. Bd. 19.

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augenblicklichen Sachlage, nicht ratsam, weiter in die Bündner zu dringen, denn wahrscheinlich würden sie auf ihrem Entschluss beharren. Auch sei dem König von Spanien und andern mit Venedig in offener Fehde >tehenden Fürsten dieses Werk verhasst, und es sei über- dies zu besorgen, es könnte um der neuen Freundschaft willen das alte Bündnis mit den III Bünden und die Vertraulichkeit mit ihnen alteriert und zerstört werden. Man beschloss deshalb, von weiteren Bemühungen zu ab- strahieren, bis vielleicht Frankreich mit mehr Erfolg sich der Sache annehme. Da Barbarigo und der Agent Suriano in ihren Vorträgen andeuteten, class Zürich und Bern in Bünden sollicitieren sollten, was doch nie war ver- sprochen worden, so wurde ihnen erwidert, die Ansicht der beiden Städte gehe dahin, dass die Herrschaft Vene- dig für Öffnung des Passes zu sorgen habe, wobei sie gerne so viel wie möglich behülflich sein wollten.1)

Die Bündner hielten wirklich mit rigoroser Strenge die Pässe gesperrt. Im April 1616 brachen 40(> Mann unter den Hauptleuten Schmidt und Stucki nach Rätien auf, um von dort den Weg nach Venedig einzuschlagen. Am Rheinübergang fanden sie aber Wachen aufgestellt, welche die strenge Consigne erhalten hatten, keine Truppen durchzulassen. Chur hatte dieselben dorthin beordert, und von Frankreich und Spanien wurden sie besoldet. An den Übergangsstellen waren ausserdem Plakate angeschlagen, die jeden Zuwiderhandelnden mit Einsteckung und Züchtigung bedrohten. Die 400 Mann mussten wieder den Rückweg antreten. Lärmend und den Hauptleuten fluchend, die sie angeworben, zog die Truppe nach Zürich zurück, wo sich die Reisigen drohend im Ratsale aufpflanzten und einen halben Monatssold

') Eidg. Abschiede, A, Vi, pag. 1232.

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verlangten, den ihnen der eingeschüchterte Rat wohl oder übel einhändigen Hess.1)

In Bünden sahen jetzt Frankreich und Österreich das Ziel ihrer Bestrebungen, welche die Venedig freund- liche Politik lahm legen sollten, so ziemlich erreicht. Die beiden Städte hatten weder eine Erneuerung des bündnerisch-venetianischen Bündnisses, noch die Bewil- ligung des Durchpasses für das zürcherisch -bernische Kriegsvolk erwirkt. Damit erklärte sich Österreich seiner- seits, noch nicht zufriedengestellt. Erzherzog Maximilian schickte seinen Gesandten Dr. Johann Christian Schmidlin an die Tagsatzung der 13 Orte, die am 17. April 1616 in Baden abgehalten wurde.2) Dort eröffnete der öster- reichische Delegierte unter Bezugnahme auf sein in Zürich abgegebenes Kreditiv. der Erzherzog habe ver- nommen, dass die Herrschaft Venedig in der Eidgenossen- schaft um eine grosse Zahl Hülfstruppen werbe, dass einige Orte nicht abgeneigt seien, zu entsprechen, und dass man die Erlangung des Durchzuges durch Künden zu be- werkstelligen suche. Nun sei aber bekannt, dass die Werbungen Venedigs einzig dahin zielen, die ohne An- lass begonnenen Feindseligkeiten gegen Österreich fort- zusetzen. Die kaiserliche Majestät sowohl als der Erz- herzog hätten die Eidgenossen schon wiederholt gemahnt, sich in keine Unterhandlungen und Bündnisse einzulassen, die der Erbeinung zuwiderlaufen. Man wisse, mit wie viel Eifer, Ernst und Sorgfalt seinerzeit Kaiser Maxi- milian I. die Erbeinung aufgerichtet, wie emsig er dahin gestrebt habe, dass dieselbe nicht nur auf dem Pergament, sondern auch in der Ausführung bestehe, und wie darin

*) Bundesarcliiv, Bd. 21, pag. ('>">.

2) Bern. Archiv, V. B., A, pag. 390.

Bern. Archiv, V. B., A, pag. 365: Schreiben des Kaisers Matthias.

Eidg. Abschiede, A, Vi, pag. 1168.

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gescheitert, und er musste mit dem Bewusstsein ab- n. dass seine Rede auch nicht den geringsten Ein- i hinterlassen habe. An den Kaiser von Osterreich an den Erzherzog wurde geschrieben, dass man mit dig ein Defensiv- und kein Offensivbündnis ge- ssen, in welchem alle früher vereinbarten Bünde •halten seien.1) und damit Hess man es bewenden, i der nächsten Konferenz2) zwischen der Zwinglistadt Bern, die gleich darauf am 17. Mai in Zürich statt- that man der Mission Österreichs in keiner Weise Erwähnung. Padavino durfte dafür um so zuver- licher auftreten. Die Herrschaft Venedig, so be- er, erbitte sich zum Schutz gegen die Uscoken ►chi), ein wegen seiner Grausamkeit bei Gott und Welt verhasstes Volk, zwei Regimenter Kriegsvolk erwarte, dass ihr von den beiden Städten, ihren ündeten, entsprochen werde, und dass Zürich dem früheren Ambassadoren Barbarigo ernannten Oberst ig Urlaub erteile, um mit einem Regimente in den 5t der Herrschaft zu ziehen. Bern oin anderes ment unter einem Oberst in Bereitschaft setze. ei hergekommen, um mit ihnen, den beiden Orten. eraten, wie man die im Bündnis vereinbarten Be- aungen in Vollzug setzen und die zufälligen Hin- isse beseitigen könne. Nach einer Besprechung schweizerischen Gesandten untereinander erklärte Zürich zur Hülfeleistung bereit, Bern aber hegte •hiedene Bedenken dagegen, weil es nicht unwahr- inlich sei, dass Savoyen und Spanien sieh plötzlich ihnen und sich mit vereinten Kräften auf Genf und lie Waadt stürzen könnten. In diesem Fall könnte seine Kriegsknechte nicht entbehren. Der Herzog

l) Siehe Art. 20. pag. 21. Bundesarchiv, Bd. 21. i Eidg. Abschiede. A. Vi, pag. 1243.

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deutlich bestimmt worden sei, dass kein Teil wider den andern etwas tlme, woraus Krieg entstehen könnte. Uni künftige Streitigkeiten zu vermeiden, sei eine besondere Bestimmung aufgenommen worden, durch die jede Be- günstigung oder Unterstützung von Angriffen auf Land und Leute des anderen Teiles verboten wurde. Mehr als die mit den andern Potentaten abgeschlossenen Bünd- nisse verpflichte nun die Erbeinung, dass man der Feinde Gebiet nicht schirme oder ihnen Vorschub leiste; daher dürfe auch kein Teil sein Volk gegen des andern Land und Leute ziehen lassen. Weil nun alle österreichischen Lande in der ewigen Erbeinung begriffen seien, so gehe des Erzherzogs nachbarliches Ansuchen dahin , man möchte der Herrschaft Venedig keine Hülfe noch Vor- schub leisten gegen ihn. sein Haus und seine Leute, sondern die schon .weggelaufenen Soldner unter An- drohung strenger Strafe heimmahnen und an die III Bünde ein Ermahnungsschreiben senden, die Erbeinung in Be- achtung zu ziehen und niemand den Durchpass zu gestatten. Nach Anhörung des Gesandten wurde noch eine ähnlich lautende kaiserliche „Erinnerung" vorge- lesen, die man in den Abschied aufnahm. Die Ausge- schossenen, Burgermeister Rann, Schultheiss Sonnenberg und Ratsherr Iselin. teilten nach geschlossener Diskussion den kaiserlichen und erzfürstlichen Kommissären mit. dass weder der eine noch der andere Ort gegen die Erbeinung zu handeln im Sinne halte; dieselbe erstrecke sich überhaupt nicht so weit, wie Dr. Schmidlin behaupte, sondern man bediene sich in Wien derselben nur, um die Sendung schweizerischer Truppen an Venedig zu verunmöglichen oder wenigstens zu erschweren. Ein Sehreiben an Bünden fand man unzulässig, ja sogar schädlich, weshalb es unterlassen wurde. Dr. Schmidlins Angriffsversuch auf den Venedig freundlichen Züreherrat

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war gescheitert, und er musste mit dem Bewusstsein ab- ziehen, dass seine Rede auch nicht den geringsten Ein- druck hinterlassen habe. An den Kaiser von Österreich

und an den Erzherzog wurde geschrieben, dass man mit Venedig ein Defensiv- und kein Offensivbündnis ge- schlossen, in welchem alle früher vereinbarten Bünde vorbehalten seien.1) und damit Hess man es bewenden. - In der nächsten Konferenz2) zwischen der ZwingJistadt und Bern, die gleich darauf am 17. Mai in Zürich statt- fand, that man der Mission Österreichs in keiner Weise mehr Erwähnung. Padavino durfte dafür um so zuver- sichtlicher auftreten. Die Herrschaft Venedig, so be- gann er. erbitte sich zum Schutz gegen die Uscoken (Uscochi), ein wegen seiner Grausamkeit bei Gott und der Welt verhasstes Volk, zwei Regimenter Kriegsvolk und erwarte, dass ihr von den beiden Städten, ihren Verbündeten, entsprochen werde, und dass Zürich dem vom früheren Ambassadoren Barbarigo ernannten Oberst gnädig Urlaub erteile, um mit einem Regimente in den Dienst der Herrschaft zu ziehen. Bern ein anderes Regiment unter einem Oberst in Bereitschaft setze. Er sei hergekommen, um mit ihnen, den beiden Orten, zu beraten, wie man die im Bündnis vereinbarten Be- stimmungen in Vollzug setzen und die zufälligen Hin- dernisse beseitigen könne. Nach einer Besprechung der schweizerischen Gesandten untereinander erklärte sich Zürich zur Hülfeleistung bereit, Bern aber hegte verschiedene Bedenken dagegen, weil es nicht unwahr- scheinlich sei, dass Savoyen und Spanien sich plötzlich aussöhnen und sich mit vereinten Kräften auf Genf und auf die Waadt stürzen könnten. In diesem Fall könnte Bern seine Kriegsknechte nicht entbehren. Der Herzog

*) Siehe Art. 20. pag. 21. Bundesarohiv, Bd. 21. -) Eidg. Abschiede, A, Vi, pag. 1248.

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von Savoyen zeigte wirklich augenscheinliche Gelüste nach den Gebietsteilen, welche Bern 1536 unrechtmässiger- weise, wie er meinte, erobert hatte. Seine Absicht war. die katholischen Orte der Eidgenossenschaft für seine Absichten zu gewinnen, und seine Bemühungen waren insofern von Erfolg gekrönt, als jene Bern ihre Hülfe verweigerten. Vermittlungsversuche zwischen dem Her- zog und Bern scheiterten, so dass das Verhältnis zu Savoyen in der Schwebe blieb und Genf und Bern jeden Augenblick einen Angriff gewärtigen mussten.1) Im Sommer 1613 und 1614 hatten Savoyen und Mantua über den Frieden unterhandelt, und wenn dieser zu stände kam. so fürchtete Bern nicht nur savoyische, sondern auch spanische Eingriffe in die wälschen Gebietsteile.8) Vor allem verlangten die bernischen Gesandten, dass die Instrumente über die vor einem Jahr mit Ve- nedig aufgerichtete Vereinung. welche bereits mit beider Städte Siegel versehen seien, auch mit dem Siegel der Herrschaft Venedig bekräftigt und den beiden Städten überschickt würden. Weil seit Abschluss des Bündnisses bereits ein Jahr verflossen und die beiden Städte wäh- rend dieser Zeit nicht ermangelt hätten, ihren Verpflich- tungen nachzukommen, so solle jeder eine Jahrespension gemäss dem Bündnisse entrichtet und die versprochenen Rüstungen und Waffen bezahlt und deponiert werden. Da die Öffnung des Passes in Bünden am besten durch Vermittlung des Königs von Frankreich zu stände ge- bracht werde, so solle durch den am französischen Hofe sich befindenden Hans Rudolf v. Erlach, weil die Sache so am ..khommlichsten und stillsten" verrichtet werden könne, in beider Städte Namen ein Kredenzschreiben

M Hagen, pag. 14. 2) Hagen, pag. 22.

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an den König überschickt werden mit dem Ersuchen, für ( »It'nung des genannten Passes sich nachdrücklich zu ver- wenden. ') Erst nach Einlangung eines willfährigen Be- scheides wolle man die erforderlichen Schritte in Bünden seihst thun. Die Solemnisation solle noch für einige Zeit verschoben werden, bis man gesehen, wie sieh die Dinge in Bünden entwickeln.

Venedig fühlte sieh der beständigen Weigerung der Bündner wegen in sehr misslicher Lage: denn der Us- cokenkrieg erforderte immer neue Truppen und ein paar Schweizerregimenter hätten vorzügliche Dienste geleistet. Um in Chur nochmals Versuche zu einer glücklichen Lösung der schwebenden Frage anzustellen, wurde der Sekretär Agostino Dolce in die Hauptstadt Bündens gesandt, der gleich so tüchtig zu „schmieren" begann, dass sich seine monatlichen Extraausgaben regelmässig auf 140U Dukaten summierten. Alter auch die Venedig entgegenwirkenden Mächte setzten die Hebel wieder energischer an, so dass sich am 17. Juni das aufgereizte Volk in und um Chur erhob, fürchterliche Drohungen gegen den venetianischen Residenten ausstiess und tu- multierte. Um dasselbe zu beruhigen, wollten die pro- testantischen Stände Delegierte nach Chur absenden. Als diese eben zu den Thoren Zürichs hinausritten, wurden sie durch die glückliche Nachricht zur Umkehr bewogen, dass die 7 Fähnlein, die sich in Chur zu- sammengeschart, wieder nach Hause geschwenkt hätten. 2)

Unterdessen waren auch die übrigen katholischen Kantone mit Aufhebung der privaten und öffentlichen Pensionen bedroht worden, so dass sie sich mit Bünden

') Arn 20. Januar 1614 war Zürich dem Bündnis der Eidge- nossen mit Frankreich beigetreten.

'*) Bundesarchiv, Bd. 22, 17. Juni.

solidarisch erklärten und die Pässe ebenfalls versperrten. Sic meldeten Zürich, dass die Landvögte von Ilheinthal und Sargans von ihnen beauftragt worden seien, kein fremdes Volk mehr durchzulassen. Zur grössern Sicher- heit hätten sie dem österreichischen Gesandten gestattet. Wachen in dem Lande der eidgenössischen Unterthanen aufzustellen. Das thun sie ihnen zu wissen und hoffen, dass sie dasselbe billigen und gleichen Befehl an die Landvögte werden ergehen lassen. An Truppen- sendungen durften jetzt Zürich und Bern nicht mehr denken:1) die feierliche Beschwörung des Bündnisses aber konnte gleichwohl vorgenommen werden, denn die abgesperrten Pässe bildeten dafür kein Hindernis. Ohnehin waren seit dem Zustandekommen des Bundes jetzt schon 3 Jahre verflossen und inzwischen hatte der Doge die Annahme des Bündnisses in allen Artikeln erklärt, näm- lich : Die Republik habe in dem ruhmreichen Andenken an Marc Antonius Memmo, seinen Vorgänger, mit den Städten Zürich und Bern ein Bündnis unterzeichnet zur gegenseitigen Verteidigung, Sicherheit und Ptiihe, mit den am 6. März 1615 aufgestellten und vereinbarten Bestimmungen. Deshalb verlange er, dass die durch die 26 Artikel bestimmte Kapitulation als vollkommen gültig und authentisch betrachtet werde. Ei- bestimme durch dieses Schreiben als seinen und der Republik besondern, ausdrücklichen Prokuratoren den umsichtigen Sekretär Pietro Vico, die mit seinem Siegel versehenen Papiere obgenannten Vertrages zu unterzeichnen. Mit dem Senat erkläre er des bestimmtesten, dass obige Kontrakte, auf diese Weise besiegelt und unterzeichnet, ewig gehalten

x) Im Herbst 1616 nahm Bern an Frankreich dafür Rache, in- dem es die 4 evangelischen Städte dahin brachte, die 6000 Mann abzuschlagen, welche der französische König von ihnen begehrte. Hagen 43.

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und als authentisch anerkannt werden, wie wenn sie schon früher vom obgenannten Vorgänger unterzeichnet und besiegelt worden wären.

Schon lange hatte Barbarigo auf die Solemnisation

hingedrängt und nun sollte endlich die Beschwörung, nachdem ein erster Termin verschoben wurde, am 7. Mai 1618 in Zürich erfolgen.

4. Solemnisatioii und weitere Verhandlungen bis zum Jahr 1(>48.

Am Vorabend des Beschwörungstages ritten die

Delegierten Berns zu den Thören Zürichs herein, um im Gasthof zum Schwert Quartier zu beziehen. Es waren Anton v. Grafenried, Säckelmeister deutscher Lande. Johann Frisching, Venner, Nikiaus v. Mülinen, Claudius Weyermann, Zeugherr, alle des kleinen Bates, Samuel Vogt, Hans Rudolf v. Erlach. Herr in Riggis- berg, beide des grossen Rates Mitglieder. Am Morgen des 7. Mai wurde um 7 Uhr in allen 4 Pfarrkirchen •eine Predigt gehalten, und hierauf versammelten sich Räte und Burger von Zürich auf dem Rathaus in der Burgerstube. Dahin wurden die venetianischen Am- bassadoren Antonio Antelmi und Pietro Vico, sowie die Gesandten Berns abgeholt. Nach Vorlegung der Gewalt- briefe durch die venetianischen Deputierten und die Gesandtschaft Berns und nach einem von beiden ge- haltenen Vortrage wurde die deutsche Übersetzung des in lateinischer Sprache abgefassten Originals des Bundes- briefes vom (i. März 1615 verlesen und von Burger- meister Rahn und Säckelmeister v. Grafenried mit dem Original verglichen. Hierauf sprach der Dolmetscher der

Archiv des histor. Vereins.

XV. BaDd. 1. Heft

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venetianischen Ambassadoren den Räten und Bürgern von Zürich und den Gesandten Berns den Eid in deut- scher Sprache vor, und diese wiederholten ihn: „Was die jetzt abgelesene Vereinigung zwüschent der Durch- lüchtigen Herrschaft Venedig und den loblichen Stetten Zürich und Bern ufgerichtet. iisswysst und innehaltet, das gelob Ich wahr und stet zu halten und demselbigen gnug zu thund. getrüwlich und ohn alle Gefahr, als ich bitte, dass mir Gott helfe." Dann sprach der Bürger- meister Rahn den venetianischen Ambassadoren den Eid in italienischer Sprache in der Form vor, wie im Januar 1614 der französische Gesandte von Castille bei Be- schwörung des französischen Bündnisses mit Zürich den- selben beschworen hatte, verdeutscht also:') „Wir si hwerend und versprechend im Namen der Durchlüch- tigen Heiischaft, unserer Herrin, wahr und getrüwlich ze halten den traktat der Vereinigung zwüschend der- selben durchlüchtigen Herrschaft und den beiden löb- lichen Stetten Zürich und Bern ufgerichtet. also dass nit dawider gehandelt werden soll in khein wyss, weg weder direckte noch indireckte, als wir bittend, dass uns Gott helffe."

Nachdem die Versammlung sich gesetzt hatte, wur- den draussen Geschützsalven abgefeuert und Trompeten- schall ertönte vom St. Petersturm herab. Der weihevolle Tag fand seinen Abschluss abends in einem festlichen Bankette, an dem alle offiziellen Gäste auf Kosten Ve- nedigs reichlich bewirtet wurden. 2)

') „Giurianio et promettiamo a nome della Sma Repea di osservar indubitata et fedelle il trattato delP Alleanza tra Sma Repca et le due incliti cittä Zürich et Berna talte ehe a quello nou sarä contra fatto in alcuna inaniera direttaniente ne iudirettamente et cosi Dio ci äjüti." So der italienische Wortlaut des Schwures.

-) Bern. Staatsarchiv. V. B.. A, pag. 513.

Trotzdem das Bündnis in solch feierlicher Weise vollzogen war. hatte es auch jetzt noch keine that- sächliche Wirkung, weil inzwischen die Bündnerwirren ausbrachen, von denen wir uns absichtlich ferne halten, erstens, weil sie nicht in den Rahmen unseres Themas hineinpassen, und zweitens, weil die Rolle, die Venedig-, Zürich und Bern in der Veltlinerangelegenheit spielten, zur Genüge bekannt ist. Die zwei Städte lieferten Truppen, Venedig hauptsächlich Geld, und zwar ziemlich hoch bemessene Summen. Die Bündner hatten aller- dings mehr als nur Geld erwartet, namentlich nach dem Blutbad von Tirano und den gescheiterten Hülfsver- suchen der zürcherisch-bernischen Truppen. Als Venedig damals keine Mannschaft schickte, wurden die Bündner von solchem Groll gegen die Markusstadt erfüllt, dass er sich erst lange nachher legte, als sie in den vierziger Jahren mit den Türken in Konflikt geriet. ') - - Venedig legte immerhin solchen Wert auf das znstandegekoinmene Bündnis, dass es seinerseits die von den beiden Städten ausbedungenen Vorteile gewährte und ziemlich regelmäßig Jahr um Jahr jeder Stadt 4000 Dukaten überschickte. In Zürich und Bern Hess die Republik Waffendepots anlegen 2) und in jedes der beiden kamen 560 Harnische (Preis = ?,\ TS'/s Dukaten) und 700 Musketen (= 37331 3 Dukaten), für welche zusammen von Venedig 69062/3 Dukaten per Depot bezahlt wurden. Endlich kamen die Zeiten doch, in denen die Realisierung des Bünd- nisses möglich wurde.

Im Jahr 1H44 geriet Venedig von neuem in Kriegs- not. Die Türken zogen aus Rache dafür, dass ihnen Venedig RäuberschifEe weggenommen, gegen das vene- tianische Candien, um dasselbe dem Türkenreiche ein-

l) Zwiediueck. I. pag. 133.

-) Siehe Art. 17 des Bündnisses, pag. 19.

3fi

zuverleiben. Venedig fühlte sich in harter Bedrängnis.

Man setzte die Kriegsschiffe, deren noch schnell einige in Livorno und Genua gekauft wurden, in Gefechts- bereitschaft, Truppen wurden ausgehoben und zur Ver- teidigung oder zu einem Vorstoss gegen die benach- barten türkischen Gebiete nach Dalmatien gesandt. Der Senat rief die fremden Mächte an zur Beschützung einer Insel, die man als das Bollwerk der Christenheit be- trachtete.

Aber Venedig durfte sich der fremden Hülfe wegen keine Illusionen machen. Der Kaiser war in die Wirren des 30jährigen Krieges verwickelt. Frankreich, das vor dem Frondekrieg stund und mit der Pforte verbündet war, bot im geheimen nur 100.000 Thaler; Spanien ver- sprach viel und hielt wenig, und Holland setzte unbe- mannte Schiffe zur Disposition. r) Venedig war also fast nur auf sich allein und auf seine zwei Verbündeten in der Eidgenossenschaft angewiesen.

Ende des Jahres 1644 verlangte der Doge, gestützt auf das Bündnis vom Jahre KU 5. Truppen wider den Erbfeind der Christenheit, den Türken. 2) Für den Pass durch Bünden hatte der Resident Cavazza schon im Januar angehalten. Am 28. gleichen Monats wurde von den Abgeordneten an die Generalversammlung in Chur vereinbart: :!)

Allen Soldaten, die zu Fuss und zu Pferd ins Gebiet der Republik Venedig ziehen, wird der Pass durch die III Bünde und die Lande ihrer Unterthanen gewährt, aber nur für ein Jahr. Wenn den III Bünden oder ihren Untergebenen durch diese Gewährleistung Unan-

') Daru, IV, 513 f.

2) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, 669.

3) Bundesarchiv, Bd. 58, 28. Januar 1644,

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nehnilichkeiten zugezogen werden, so soll Venedig auf Ansuchen mit all seinen Mitteln dieselben beseitigen helfen. Die Fusstruppen dürfen nur mit dem Schwerte, bewaffnet, je 50 zusammen, die Reiter nur mit umge- hängter Pistole in der Zahl 20 passieren, und zwar mit der gewohnten Distanz von einem Tag. Jeder Soldat muss den gewöhnlichen Zoll entrichten, den Unterhalt bezahlen und allfälligen Schaden ersetzen. Den obersten wird empfohlen, die Knechte in guter Ordnung und von Offizieren Itcwacht durchziehen zu lassen. Zur Deckung allfälliger Beschädigungen soll jeder der III Bünde einen .Mann aus seiner Mitte ernennen, der dieselben taxiert und das Geld dafür einzieht.

Am 20. 30. September 1645 wurde der freie Durch- pass der Truppen definitiv gestattet mit folgenden Modi- fikationen:1) a. Nur Soldaten, die gegen die Türken ziehen, dürfen passieren, und zwar so lange, bis der Krieg zu Ende ist. b. Der Durchpass ist bis auf die Zölle gratis. Venedig zahlt 350 spanische Dublonen für die Reisekosten der bündnerischen Delegierten an die Dieta. c. Die Soldaten dürfen vollständig bewaffnet sein. Den Pass gaben nun ebenfalls frei Glarus, Zug. Obwalden und Nidwaiden. Schwyz stellte dafür gewisse Bedingungen, und da es diese erst am 16. Mai erfüllt sah, verlängerte es die Passsperre bis zu diesem Zeit- punkte. 2) Hauptmann Brendlin, der trotzdem mit einer Anzahl Leute nach Venedig marschieren wollte, wurde in Lachen angehalten, eine Zeitlang eingesperrt und dann zur Rückkehr gezwungen. ;i)

Unterdessen ging man an die Aufstellung einer Kapitulation für das von Venedig erbetene und bewilligte

') Bundesarchiv, Bd. 58.

-) Zürcher Staatsarchiv 214, Mappe 3. :!) Bundesarchiv. Bd. 61, pag. 30.

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Regiment. Eine solche war nötig, weil einige Punkte des alten 1615er Bündnisses umgeändert werden mussten. J)ie Zeiten waren andere geworden und mit ihnen nach bald einem halben Jahrhundert die Art der Kriegs- führung. Die im Art. !> vorgesehene Ausrüstung war veraltet und deshalb hatte man schon 1615 darauf Be- dacht genommen, indem die betreffende Bestimmung aussagte, die Bewaffnung und die Soldverhältnisse seien jeweilen durch eine Kapitulation den Zeiten anzupassen. Am 27. März 1648 gingen 5 Deputierte mit dem Sekretär Hirzel zum Residenten, um sich mit ihm über die einzelnen Punkte der Kapitulation zu beraten. •') Das folgende Kapitel enthält im Auszuge die Bestim- mungen, über die man sich bis Anfang Mai vollständig einigte.

3) Bundesai'cbiv, Bd. (31, pag. 398.

-o-<2S>-^—

IL Die Schweizertruppen in venetianischen Diensten, 1648—1660.

1. Kapitulation für das Regiment Werdtmüller (9. Mai 1648) und Abmarsch der Truppen. x)

Nachdem die Herrschaft Venedig durch ihren Resi- denten Hieronymus Bon beide Städte Zürich und Bern, ihre Bundesgenossen, am 19. 29. Januar kraft des Bünd- nisses uui einen Aufbruch von 2100 Mann oder ein Regiment angehalten hatte, um sich desselben in der gegenwärtigen Not dem Bunde gemäss zu bedienen, wurde nach verschiedenen Unterhandlungen der begehrte Aufbruch unter folgenden, den neuen Bedürfnissen an- gepassten Bedingungen bewilligt:

1. Jede Compagnie soll mit dem Hauptmann und den übrigen Offizieren 200 Mann stark und waffentüchtig sein. Da nun bei dieser Zahl 100 Überzählige ver- bleiben würden, so verlangt die Herrschaft noch weitere 100 dazu, so dass nun 2200 Mann unter 11 Compagnien stehen, nämlich 6 von Zürich mit dem Oberst, 5 von Bern.

2. Nach Verlangen der Republik sollen - 3 der Mann- schaft mit Musketen. 1/a mit Spiessen ausgerüstet sein. Die Hälfte wird zudem in Venedig mit Rüstungen ver- sehen. Alle Waffen sollen, soweit nötig, aus den in

') Bern. Staatsarchiv, V. B.. A. pag. 529 f.. Buudesarchiv. Bd. 61, pag. 446 f.

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Zürich und Bern angelegten Depots geliefert worden ohne andere Schuldigkeit, als sie sauber zu halten und nach der Abdankung des Regimentes wieder zurückzu- erstatten. Die Waffen toter Kriegsknechte werden vom Oberst oder von den Hauptleuten in den Zeughäusern des Ortes deponiert, wo man sich gerade befindet, und von dort werden sie nach Entlassung des Regimentes in die beiden Depots von Zürich und Bern transportiert.

3. Die Republik wählt den Oberst und die beiden Städte die Hauptleute . alles laut Bestimmungen des

Bündnisses.

4. Der Effektivbestand einer jeden Compagnie soll bei der ersten Musterung auf dem Waffenplatz in Bergamo- oder in Brescia 200 Mann aufweisen. Untergeschobene Namen. „Blinde" (passavolanti), Soldaten, die zweimal die Musterung passieren, oder jeder andere Betrug werden nicht zugelassen, sondern es erfolgt Bestrafung mit Streichung in der Liste und Entlassung. Wird der Hauptmann schuldig befunden, so kann ihn die Republik seines Amtes entheben.

."). Jeden Monat erhält der Hauptmann für sein'' Compagnie 420 spanische Dublonen von gutem Gepräge und Gewicht, und zwar sowohl für ihn, wie für die übrigen Offiziere und für die Soldaten. Für jeden fehlenden Mann werden 4 ' 4 Silberkronen abgezogen, oder es erhält jede Compagnie 430 Dublonen und für jeden Mangelnden werden 5 Silberkronen zurückbe- halten. ])

6. Der Oberst bezieht monatlich 150 Silberkronen,

und des Regimentes Ehrensold beläuft sich jeden Monat laut Bündnis auf 250 Silberkronen.

r) Das erste wurde verwirklicht.

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7. Fehlen Soldaten bei der Musterung, die gestorben. entflohen oder sonst in Abgang gekommen sind, so er- folgt der Abzug laut Art. 5.

8. Bei der Musterung soll jeder Hauptmann seine Kranken vorweisen, und erlaubt es ihr Znstand nicht, sie vorzuführen, so werden sie vom öffentlichen Minister besucht; befinden sie sieh anderswo, hat der Hauptmann ein authentisches Zeugnis über den Ort und den Zu- stand, in dem sie sich befinden, vorzuweisen, da sie sonst nicht besoldet werden.

'.». Das Regiment wird nur zu Lande dienen, d. h. in Italien und Dalmatien, wie es der Resident im Namen der Republik in seinem Vorschlage vom l!)./2i). Januar darlegte. Dort wird der Mannschaft nebst guter Ver- pflegung jede billige Satisfaktion zu teil werden, wie man umgekehrt von ihr treue, ehrliche Dienstleistung erwartet.

10. Da die beiden Städte wünschen, dass jede Com- pagnie und das ganze Regiment soviel als möglich zu- sammenbleibe, um besser dienen zu können, verspricht der Gesandte, dass die Republik jede Compagnie unge- t rennt lässt und das Regiment auch, soweit es sich nach Gelegenheit und „der Sache Xothdurfft" thun lässt.

11. Das Regiment soll in allen Privilegien. Frei- heiten, Immunitäten, Gerechtigkeiten, Bräuchen und Ge- wohnheiten, sowohl in der Verwaltung und Übung des Gerichts und Rechts, als auch in allen andern Dingen und Sachen unbehelligt bleiben, wie es in Frankreich und anderswo üblich und im Bündnis vorgesehen ist.

12. Zum Besten des Regiments und den beiden Städten zu Gefallen wird die Herrschaft den Monatssold, der laut Bündnis erst ante profectionem fällig wäre. schon jetzt bezahlen, wofür dem Regiment, auf dem Musterungsplatz angelangt, nichts angerechnet werden

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soll. Sollte sich die Aushebung unvorhergesehener Gründe wogen nicht verwirkliehen, so würden die beiden Stadt«1 durch den Oberst und die Hauptleute die Zurück- erstattung des Geldes vornehmen.

13. Es bleibt dein Oberst und den Hauptleuten freigestellt, das Kommissbrot zu fassen oder nicht. Die es wünschen, erhalten dasselbe zu demselben billigen Preise wie die andern Söldner.

14. Betreffs der Kriegsgefangenen und der Beute werden dein Reginiente dieselben Rechte eingeräumt wie den andern.

15. Wird die Stelle eines Obersten oder eines Haupt- manns vakant, so erfolgt die Besetzung laut Statuten des Bündnisses.

l(i. Hat man für dieses Regiment Rekruten nötig, so soll dafür mit den beiden Städten nach Gelegenheit traktiert werden.

17. Den Kranken soll die liebreiche Verpflegung zu teil werden, welche die öffentliche Wohlthätigkeit den andern dienenden Truppen angedeihen lässt ; in Bezug auf Beschaffung der Krankenwagen wird für das Regi- ment das Gleiche geleistet wie für die andern.

18. Oberst, Offiziere und Soldaten müssen den Eid leisten, der Republik treu zu dienen laut Inhalt des Bundes. Während der Dienstzeit darf keiner den Dienst ohne Erlaubnis des verordneten Repräsentanten verlassen. und die Zuwiderhandelnden verlieren das Recht, sich gegen Unbeliebigkeiten, die ihnen widerfahren, zu be- schweren. Der Herr Resident erklärt jedoch, dass. wenn jemand wegen dringender Notwendigkeit Urlaul) begehrt und entweder eine der beiden Obrigkeiten oder der Oberst oder ein Hauptmann dafür anhalten, die Republik oder ihre Vertreter mit aller gebührenden Willfahrt sich der Sache annehmen werden.

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Im übrigen wird vom Seiten der Republik und der beiden Städte auf den Wortlaut des Bündnisses hinge- wiesen, das in den nicht abgeänderten Punkten in voller Kraft steht.

Der Senat Venedigs bewilligte am 9. Mai 1648 die Kapitulation und sandte dem Oberst Werdtmüller am 6. Juni gleichzeitig mit seinem Patent eine Kopie der- selben zu. In erster Linie mussten die Hauptleute ernannt werden, bevor man an die Aushebung des Regi- mentes gehen konnte, denn ihnen lag die Rekrutierung der Mannschaft ob. Bei der Wahl derselben wurden nur solche berücksichtigt, die aus vornehmen Häusern stammten und von denen jeder Freunde und Verwandte im kleinen Rate zahlte. 1)

Die beiden Städte teilten Venedig sofort nach der Wahl mit. welch«' Hauptleute sie auserkoren hatten. Bern schrieb darüber:-) Bürgermeister und Hat der Stadt bekennen hiermit, dass die Herrschaft Venedig durch ihren verordneten Residenten, den edlen und hochgeachteten Girolamo Bon. an sie die beiden mit ihr verbündeten Städte Zürich und Bern, einen Auf- bruch ihres Volkes unter einem Regimente begehren liess, um dasselbe gegen den Türken, aller Christenheit Erbfeind, zu gebrauchen. Hierauf haben sie zu Haupt- leuten erwählt ..die edlen, notfesten, und mannhaften, besonders getreuen, lieben Bürger", nämlich: Andreas Hermann. Vogt zu Buchsee. Hartmann Etter, Altvogt in Wangen. Gabriel Wyss. Adrian Jenner3) und Abraham von Erlach. Jedem Hauptmann hätten sie die folgenden

J) Bundesarchiv. Bd. 61, pag. Hl

) Bern. Staatsarchiv, V. 1!., A. 883. Über die Instruktionen auch Bundesarchiv. Bd. 62. pag. 26.

:; i Au Stelle von David Michel, der sich nach seiner Wahl er- hängte.

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Instruktionen und Ordonnanzen mitgegeben, damit er sich nach dem Bündnis und der Kapitulation richte und damit man sich an alle von den Eidgenossen in franzö- sischen Diensten genossenen Freiheiten und Gebräuche halte:

Die Hauptleute werden in allem Ernst ersucht, ihren Compagnien die erforderliche Anzahl outer Vor- gesetzter zuzustellen, damit den Soldaten desto „bass abgewartet", der Herrschaft viel erspriesslicher gedient werde und beide Städte Ehre davontragen. Sie sollen sich nicht ohne specielle Ursache von ihrem Regimente fortbegeben, besonders dann nicht, wenn Gefahr droht. Keiner soll seine Knechte gegen andere, die nicht diesem Regiments angehören, vertauschen, sonst verfällt er in Ungnade, schwere Strafe oder wird sogar aus dem Vater- lande verbannt: hat einer Überzählige, so darf er sie einem seiner Mithauptleute übergeben. Jedem Haupt- und Amtsmann steht es frei, den schuldigen Soldaten in Eisen schlagen zu lassen ; die Motiv«1 dazu müssen aber ohne Verzug dem Oberst oder in dessen Abwesenheit dem Vorgesetzten des Regimentes mitgeteilt werden, damit dieser entscheiden kann, ob der Offizier zu dieser Handlung berechtigt war oder nicht. Die Hauptleute sollen ihre Knechte in „gebührender Rechnung" und getreuer Fürsorge halten, denselben keine „ünehrbaren Gewinne noch Rechnung suchen" und ihnen das Geld nicht höher anrechnen als es gäng und gäbe ist. Die Kleider, das Kommissbrot wie alles andere soll ihnen zum Ankaufspreise geliefert, jedem der verdiente Sold ehr- lich ausbezahlt und keinem zur Erlangung des Durch- passes etwas abgezogen werden. Bleiben die Zahlungen Venedigs aus, soll der Offizier seine eigenen Mittel ge- brauchen, damit der Soldat die nötige Nahrung geniesst und sein Leben um so besser fristen kann. Über die

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rückständigen Gelder soll beizeiten berichtet werden, um dein Schaden und Ruin des Regimentes vorzubeugen. Die Hauptleute sollen zu ihren Kranken specielle Sorg- falt tragen, dieselben mit unten Barbieren und Ärzten versehen, möglichst „nachinfergen", wenn sie im Marsche sind, oder ihnen sonst die dringendste Fürsorge ver- schaffen, damit dieselben nicht etwa aus Mangel an Geld oder anderm hülflos gelassen werden. Keiner soll gegen den andern alte Feindschaft hegen und sieh seiner rächen, sondern alle Zerwürfnisse sind friedlich zu schlichten. Geistliche, Weibsbilder und Kinder sollen geschont und keineswegs beleidigt oder geschändet wer- den. Desgleichen soll ein jeder ..unziemliche, böss schandt- lich Schwur" meiden und sich aller Leichtfertigkeit und Üppigkeit enthalten. Neben fleissiger Anhörung der Predigt soll sich jeder der Gottesfurcht, der Ehrbarkeit und Bescheidenheit männiglich beileissen und zuerst die Ehre Gottes, des Herrn, und dann auch der Herrschaft Venedig, der beiden Städte Zürich und Bern und der gemeinsamen Eidgenossenschaft Lob. Ruhm und Wohl- fahrt fördern, damit der gnädige Gott in allem desto mehr (duck und Segen verleihe.

Die ö gleichlautenden Briefe wurden mit dem Siegel der Stadt Bern versehen und jedem Hauptmann am 6. Juni 1648 ein Doppel zugestellt. Der Feldprediger <[>'> Regimentes. Johann Rudolf Osterwald, erhielt folgende Instruktion:1) Er soll nur Gottes Wort vortragen, so wie es in der helvetischen Konfession erklärt und er- läutert ist. und neben gründlicher Unterweisung des Volkes in der wahren evangelischen Religion dasselbe vom Lasten- abhalten und zur Tugend anleiten. Am An- fang und am Ende der Predigt soll er sich der in der Kirchenordnung enthaltenen Formen und Gebete be-

') Zürcher Staatsarchiv 214. Mappe 3.

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dienen. Die christliche Fürbitte für den hohen obrig- keitlichen Stand kann in Anbetracht der Verhältnisse, in denen das Regiment gegenwärtig steht, in diese Form geändert werden : „Demnach lassend uns auch Gott bitten für alle Regenten und Obern, für die durchlauchtige Herrschaft Venedig und ein Ehrsame Oberkeit gemeine Eidgenossenschaft, insonders aber für die frommen und weisen Herren, Bürgermeister, Schulthess und Rhät auch gantze Gmeind der Stätte und Landen unseres ge- liebten Vaterlandes Zürich und Bern wie auch für unsere Herren Obersten, Haupt- und Befelchsleüt, und das ge- meine Kriegsvolk dieses löblichen Regimentes, dass sie Gott alle nach seinem Willen weisen und leiten wolle etc." Damit das Kriegsvolk, besonders die jungen Leute, die Religion nicht vergessen, sondern sich stets der Gottesfurcht befleissen, soll er zu gewissen Zeiten, be- sonders an Sonntagen und zwar mit einem jeden den Katechismus, den er gelernt hat, besonders aber die ., Kragstücklein'' üben, und da er es nicht an allen Orten selbst thun kann, sollen ihm der Oberst und die Haupt- leute dazu behülflich sein. Ihnen mutet man keine Er- klärungen zu. sondern nur Vorlesung eines Teiles des Zürcher- oder Bernerkatechismus und eines Kapitels aus der heiligen Schrift mit dem gebräuchlichen Gebete. Ab- hörüng einiger „Fragstücklein" und wenn möglich An- stimmung des Gesanges am Schlüsse. Denn je mehr der christliche Lobgesang und die Übung der Psalmen Davids im Volke erhalten bleiben, desto besserstellt es mit der evangelischen Konfession und dem heiligen Glauben. Der Feldprediger hat dafür auch zu sehen. dass die Soldaten mit der nötigen Anzahl Testamenten, „Zeugnissen" und Psalmenbüchern ausgerüstet sind. Das tägliche Morgen- und Abendgebet, das in einem von Pfarrer Breitinger im Jahn1 1633 herausgegebenen

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Büchlein sehr schon verfasst ist. kann ebenfalls durch ehrbare, tugendhafte Personen in allen Quartieren ver- richtet werden. Beim Austeilen des Sakramentes, des heili- gen Tauf- und Nachtmahls wird sich der Feldprediger an die gebräuchlichen Formen halten und bei der letzten Feierlichkeit für die armen Kranken Almosen sammeln lassen. Zu der heiligen Taufe soll ein Extrageschirr verwendet, das Wasser dreimal ausgegossen werden und die Namen der Kinder. Eltern und Zeugen sind in ein eigenes Buch einzutragen. Der heiligen Handlung des Nachtmahles soll vorausgehen eine Vorbereitungspredigt und Examinierung solcher jungen Leute, die dasselbe noch nie genossen haben. Da man das dazu gebräuch- liche Brot in Dalmatien nicht bekommen wird, so wäre es gut, wenigstens eigene, heiligem Brot und Wein ge- widmete Geschirre zu verwenden. Mit der Einsegnung der Ehe soll der Feldprediger gewahrsam verfahren, da- mit nicht etwa solche sich als ledig ausgeben, die es nicht sind. Es hat ihr deshalb immer die Verkündigung vorauszugehen, die dann in ein eigenes Buch eingetragen wird. Bei den Leichenbegängnissen soll eine kurze Predigt, gehalten werden, welche die menschliche Sterb- lichkeit in Erinnerung ruft, und über die Toten ist ein Verzeichnis zu führen. Damit der Feldprediger seine Lmite besser kennen lernt, wäre es gut. wenn die Feld- schreiber von jeder Compagnie einen Nominativetat aus- fertigen würden. Durch strenges Einhalten der Kirchen- disciplin ist dem lasterhaften Treiben ein Riegel zu stecken und Leute, die der Sünde fröhnen, soll der Feld- prediger warnen, damit Gott nicht von ihnen weiche und sie als gerechter Richter und Rächer alles Bösen dem Feinde übergebe oder in anderer Weise bestrafe. Um diese Instruktion besser durchführen zu können und damit dem Feldprediger seine Aufgabe erleichtert

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werde, wurde ihm der Studiosus Heinrich Wüste bei- gegeben.

Zürich hatte zu Hauptleuten ernannt Johann Kaspar Waser, Johann Rudolf Spöndlin, Johann Wilhelm Stapfer, Johann Burkhardt und Johann Huldreich Lochmann. Als

man hier und dort im Lande die nun erfolgende Aus- hebung zu misskreditieren suchte, sahen sich die beiden Städte zu einer Verkündigung genötigt, worin stund:1) Sie hatten zu ihrer Missstimmung vernommen, dass einige von der gegenwärtigen Aushebung Schlechtes reden, wes- halb sie ihnen zur Aufklärung folgendes mitteilen: Da sich Venedig in einen Krieg mit dem Erbfeind der Christenheit verwickelt sieht, hat es bei ihnen laut Bündnis um obige Aushebung nachgesucht, um sich desto besser gegen die Türken zu sichern. Sie konnten und wollten ihre Pflicht "nicht versäumen und haben ihm ein Regiment gewährt, dem dieselben Rechte und Gebräuche zukommen werden, wie den Schweizerregimentern in Frankreich. Dasselbe hat weder in Candien, noch in Morea oder andern ihrer Nation unliebsamen Orten zu dienen, sondern nur in Dalmatien, einem dem Friaul be- nachbarten Landstrich. Sie hoffen des bestimmtesten von ihren Landsleuten, dem Oberst und den Kapitänen, dass sie stets die Wohlfahrt der Mannschaft im Auge behalten werden, damit sie von den Regierungen Ehre und Belohnung zu gewärtigen haben. Sie selbst, die Väter des Landes, werden die in Venedigs Dienste Zie- henden nicht weniger aus dem Gesichtskreise verlieren, als die andern, welche zu Hause bleiben. So hoffen sie, dass man nun die Zunge zügle und das Vertrauen wieder in sie setzen werde.

') Bundesarchiv, Bd. 61. pag. 433. 6. Mai 1648.

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Zürich Hess im Juli eine gedruckte Kundgebung folgenden Inhalts publizieren: l) „Wir Burgermeister und Rhäte der Stadt Zürich verkünden öffentlich hiemit. Dem nach die zyt dass unser Volk so wir samt unserem

grossen Kirnt zu Diensten der durchlauchtigen Herrschaft Venedig bewilligt und allbereit gedingt und angenommen uff zu brechen wie vor allbereit bestimmt gewesen, umb etlich Tag verlängert : Anjetzo alter der uffbruch nächsten künftigen Zinstag (geliebts (iotti synen f ortgang haben: und am Montag darvor eine Musterung gehalten werden wird. Dass hieruff unser will. Meinung und gebott, dass alle die. welche zu dieseren Dienst sich yn schrieben und dingen lassen, uff bemäldten Montag, wird syn der fünffte Tag dies angetretenen Brachmonats, am morgen umb sieben uhren. jeder by sines Hauptmanns behausung und herberg sich unfehlbar gehorsamlich befinden thüege, sonsten wurde das ussbliben für ein ungehorsam uff ge- nommen werden, und die fehlbaren unsere ernstliche ungnad und schwere straff unussblybentlich zu erwarten haben. Sollen uns aber in jedem gebührlicher Erstattung gethanen Versprechens und aller schuldpflichtigen ghor- same versehen und es hin wiederumb in Gnaden und allem guten erkennen. Den 1. Brachmonat 1648."

Venedig hatte zum (»bersten des Regimentes HaiiN Rudolf Werdtmüller -) ernannt. Dieser srab die Erlaub-

') Zürcher Staatsarchiv 214. Mappe 6.

a) Haus Rudolf Werdtmüller. im Jahr 1B14 geboren, wurde mit seinem Bruder nach Genf geschickt, wo er seiner tüchtigen Leistungen im liogenschiessen wegen das Bürgerrecht erhielt. 1632 trat er in französische Kriegsdienste, diente noch im gleichen Jahre in Schweden unter General Hörn, machte die Schlacht bei Nörd- lingen mit und widmete sich dann bis 1637 im Veltlin als Uber- lieutenant dem Herzog Rohan. Nachdem ihn Torstensohn hatte kennen lernen, wurde er von diesem zu seinem Generaladjunkten 'und nach der Schlacht von Leipzig zum Obersten ernannt. Von nun

Archiv des hUtor. Vereins. ,

XV. Band. I.Heft 4

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nis, in die Compagnien alte Schweden und Deutsche ein- zustecken, die er aus seiner langjährigen fremden Dienst- zeit als treue Knechte kannte.1) Sobald die Compagnien vollständig waren, wurden sie zum Schwüre aufgestellt. Dieser Feierlichkeit wohnten bei der Statthalter, die Räte, der Schatzmeister und die Bevölkerung der ganzen Stadt. Vor der Beeidigung musterte der Ambassador die Truppen, und da fand er in den Reihen etwa 20 bis 30 Knaben (ragazzi), die er als zu jung und unfähig, die schweren Büchsen zu tragen, ausscheiden wollte. Es wurde ihm aber entgegnet, dass sie es durch ihre kräftige Körperbeschaffenheit und ihre Zuneigung zu den Waffen

;m unternahmen die Schweden keine Treffen oder Belagerungen mehr, wo nicht Werdtmüller ein Hauptkommando geführt hätte. Den Treften von Magdeburg, Jancowitz, den Belagerungen von Steinern, Krems, Kremenburg. Eulenburg, Kremster. Tobischen, Seal, Ramsberg, wo er auch verschiedene Male verwundet wurde, wohnte er allen bei. Nachdem Torstensohu das Kommando an Königsmark übertragen, wurde Werdtmüller über die Dragoner gesetzt. Als UM-- die Schweden in die ober- und vorderösterreichischen Landschaften einrückten, wurde er wegen des gegen die Erbeinung zuwiderlaufenden Dienstes abberufen und, wie wir gesehen, als Oberst über das nach Dalmatien ziehende Regiment gesetzt. 1653 wurde ihm als Generalmajor das Kommando über 10,000 Mann aufgetragen, mit welchen er die auf- ständischen Bauern niederschlug. 1(355 warb er eine Compagnie von 200 Mann in die unter Ludwig XIV. stehende Garde, wo er bald zum Generallieutenant der Armee in Flandern an Stelle Turenne» avancierte. Nachdem er noch zum Ritter des St. Michaelisordens ernannt worden, erhielt er 1655 von Zürich das Kommando gegen die 5 katholischen Orte. Später zog er wieder nach Frankreich, trat dann als Generallieutenant der Artillerie in Dienste Venedigs, kommandierte 7 Jahre lang in Candien und Dalmatien gegen die Türken und. mit dem Ritterorden St. Marci geschmückt, nahm er 1672 als Generalfeldmarschall-Lieutenant bei Leopold I. Dienste, befehligte 1676 als des heiligen römischen Reiches Freiherr die Belagerung von Philippsburg und starb am 6. Dezember 1677 in Villingen, wo er begraben liegt. (Nach Leu's Lexikon, Bd. 18.) : i l.nnilesarchiv, Bd. 62, pag. 40.

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den Alton bald zuvorthun werden: eine Entlassung der- selben hätte zur Folge, dass andere mit ihnen zurück- bleiben würden, da ein jeder dieser Knaben Familien- angehörige oder Verwandte im Regiment besitze.1) Im allgemeinen freute sich der Resident über die prächtigen Leute, aus welchen das Regiment sich rekrutierte i ,.jn verita bellissima gente"). Vor dem Bürgermeister und dem Re- sidenten gelobten nun zuerst der Oberst, dann die Haupt- leute in Gegenwart des Regimentes den Treueeid. Der Oberst schwur bei Gott dem Schöpfer, der Republik Venedig in diesem Zuge gegen den Türken gut und treu zu dienen, laut Inhalt der Kapitulation, versprach, die Soldaten in guter Disciplin zu halten und alles das zu thun, was zu der beiden Mächte Lob. Nutzen und Ehren dienen werde. Die Hauptleute schwuren ungefähr dasselbe und gelobten, ihrem Oberst Gehorsam zu leisten. Der Fähnrich hatte einen eigenen Kid. und nach ihm hoben die Kriegsknechte die Hände zum Schwüre empor.2)

Am 16. Juni 1648 marschierten die sechs Zürcher- compagnien ab, obschon sie nicht vollständig waren. :>4 Soldaten waren nach der Austeilung des ersten Monatssoldes desertiert. In allen Dörfern wurde pub- liziert, dass diejenigen Ausreisser, die sich nicht wieder einstellten, strenge bestraft würden, und um die Zurück- gekehrten und Eingefangenen nachzuführen, wurde ein Lieutenant in Zürich gelassen. Den Oberst begleiteten mehr als 2 Stunden weit 150 berittene Herren, und als er ihnen zum Dank dafür ein kostbares Essen bereiten liess, wurde er am nächsten Tau zum Mitglied des grossen Rates ernannt, was man dem Residenten sofort mit der Bemerkung anzeigte, so wisse man in Zürich die Venedig

1) Bundesarehiv, Bd. 02, pag. 32.

2) Bundesarehiv. Bd. 62, pag. 27. Zürcher Staatsarchiv 211.

Mappe 3.

ergebenen Leute zu schätzen.1) Kaum waren die Zürcher abmarschiert, langten die 5 bernischen Compagnien an der Limmat an. aber statt 1000 .Mann zählten sie nur 800. Sie hatten „unterwägs vil Volk durch usryssen" verloren. Viele waren durch ihre Verwandten und Be- kannten, bei denen sie im Vorbeiziehen noch schnell den A.bschiedstrunk zu sich nehmen wollten, zurückgehalten worden, andere Hessen sich durch französische Werber verleiten, in eine der 13 bernischen in Frankreich ste- henden Compagnien einzutreten.-) Als sich der Resident wegen des schwachen Bestandes der Truppenkörper un- willig zeigte, schrieben die Berner Hauptleute an ihre Regierung, der Ambassador lasse sich nicht wenig un- geduldig dahin vermerken, man werde sie auf dem Musterplatze reorganisieren. Auf ihre nicht unbegrün- deten Entschuldigungen hin habe er angedeutet, der Herr General werde ihnen einen bestimmten Termin zur Ergänzung der Truppen setzen. Damit sie nun nicht ..auf mindere Fahnen reformiert" werden und so zu Schaden kommen, möchten sie den Rat ersuchen, ihnen die Nachrekrutierung zur Ergänzung der ohne ihn' Schuld entstandenen Lücken zu bewilligen. Da ihrem Mithaupt- mann v. Erlach ein gewisser Jean Lener ausgerissen und in St. Urban in Verhaftung sitze, so möchten sie auch noch bitten, denselben seines ärgerlichen Verbrechens willen exemplarisch zu bestrafen, damit künftighin andere daran ein Exempel nehmen und sich vor dergleichen hüten.

Die Berner Regierung entschuldigte sich beim Resi- denten schriftlich wegen der verminderten Zahl der Kriegsknechte, und versprach, die 5 Compagnien zu ver-

») Bundesarchiv. Bd. 62, 10. Juni 1648, pag. 56. 2) Bern. Staatsarchiv, V. B.. A. 891. Bundesarchiv. Bd. 62. pag. 63.

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vollständigen1') und die Ausgerissenen gehörig zu be- strafen.8)

Nach geleistetem Schwüre brach der /weite Teil des Regimentes in Zürich auf. Sobald der Schwyzer- boden betreten wurde, marschierte die ganze Truppe compagnieweise hintereinander in den Abständen, wie sie in der Kapitulation vorgeschrieben waren. In (hur Hess Werdtmüller die verschiedenen Abteilungen Revue passieren, indem er die Mannschaft warnte vor den spanischen Werbern, die sich gerade im Lande herum- trieben und die Leute aus ihren Verbänden herauszu- locken suchten/1) Die Zürcher, die als die ersten die Bernina überschritten hatten, wurden durch einen ge-

') Bern. Staatsarchiv, V. B., A, 901. Am 27. September schickte dann Bern noch 100 Nachzügler unter einem Lieutenant. Bundes- arehiv, Bd. 62, pag. 120.

-) Über die Bestrafung steht im bernischen Kriegs-Ratsmanual XI, pag. 168: ..Wägen der Jenigen Soldaten so In verschinnen Jahr unter die Dalmatinischen Herren Hauptlüt gedinget: aber Theils nit ge- zogen theils ussgerissen darum sy dan auch von den D>n Ambtleüten anbevolchner massen, berechtiget und die darumb alhar geschickten Urkunden abgehört worden, habent m. Hen die KriegsRhät dass beste sein erachtet, dass selbige volgender gestalt sollen abgestraft werden."

(Es folgen Namen.) „wvlen obgemelte personen für Recht citiert und aber nit erschinnen als könnte den Herren Ambleüten selbiger ohrten zugeschrieben werden sich rleissig zu erkundigen, ob gemelte persohnen Im Landt, da In seihigem Fahl sy sy behendig Ihr Gut iuventorisieren, und Ihr Gnaden darüber berichten söllent. Im widrigen fahl und so sy nit Im Landt wären, könnte anderen zum Exenipell Ihr Namen au Galgen geschlagen werden.

Ilanss Brunner uss dem Ambt Wangen Latzaruss Ullrich von Schwartzenburg. welche beide dem empfangenen bericht nach noch Im Landt sein söllent, söllent obiger erkautnuss nach also bald In Verhafft genommen und Ihr Gnaden dessen verstendiget werden."

::) Bundesarchiv, Bd. 02, pag. 41 f.

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wissen Raimondo von Edolo einige Tage aufgehalten, weil er nur je 10 zusammen wollte passieren lassen.1) Dieser Befehl war ihm früher einmal für die durch- ziehenden Schweden und Deutschen erteilt werden, und jetzt glaubte er. dies habe immer noch Geltung, auch für die Schweizer. Erst als er durch Reklamationen Werdtmüllers von Venedig andere Weisungen erhielt, konnte die Truppe ihren Weg fortsetzen.2) Ende Juli langte das Regiment, das sich an der italienischen Grenze gesammelt, in Brescia an, wo es vom Proveditor Capello sehr zuvorkommend empfangen wurde. Die fröhliche Stimmung schlug aber bald um, als man Werdtmüller zumutete, das Regiment zu trennen. Er meldete darüber an die Regierung,3) es werde ihm ernstlich vorgeschlagen, sein Kriegsvolk zu dislocieren. nämlich 1000 Mann nach Dahnatien zu schicken, um dieselben je nach Notdurft in den Garnisonen oder im Felde zu verwerten und die übrigen hier zu lassen, was dem Bündnis absolut zu- widerlaufe. Er habe sich anerboten, mit dem ganzen Reginiente nach Dalmatien zu gehen oder aber mit der gesamten Mannschaft hier zu bleiben, da eine Trennung den Ruin des Regimentes bedeuten würde.

Die beiden Städte schrieben sogleich dein Gesandten Sarotti, dass sie viel lieber ihr Regiment zurückziehen werden, als eine gegen die Kapitulation handelnde, ge- fährlich werdende „Sünderung" des Regimentes gestatten. Jener Vorschlag wurde nun zurückgezogen und Werdt- müller rückte unbehelligt mit seinen Truppen gegen Venedig vor, wo er am 26. September glücklich und

') Der Marsch ging also von Chur über den Jnlier- und Berniua- pass ins Veltlin (Tirano), von dort durch das Val Camonica, dem Iseosee entlang nach Brescia.

'-') Bundesarchiv, Bd. 62, pag. 49 f.

s) Bundesarchiv, Bd. 62. Bern. Archiv, V. B., A, 911 f.

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wohlbehalten einzog. Dieselben gefielen wegen „ihrer Schönheit" ausserordentlich und sie wurden denigemäss

auch ehrenvoll behandelt.

Sobald die Mannschaft eingeschifft und Werdtniüller das nötige Material an Strohsäcken und Decken zum Schutze der Truppen ausgeliefert worden war, segelten die Galeeren der noch nie gesehenen, unbekannten Küste Dalmatiens zu.

2. Das Regiment in Dalmatien.

Seit den letzten Nachrichten, die Werdtniüller von Venedig unmittelbar vor der Abfahrt nach Zürich ge- sandt hatte, waren schon einige Wochen verflossen, ohne dass Briefe aus Dalmatien angelangt wären. Die Re- gierung sowohl wie die Familien, die von ihren dortigen Angehörigen auch nicht die geringste Kund«1 erhielten, gerieten darob in Besorgnis, und man beschloss. einen Expressen abzuschicken, der sich in Venedig über den Zustand des Regiments erkundigen sollte. Um dessen eigentliche Ziele etwas zu bemänteln, wollte man ihm für den Dogen einen Brief mitgeben, worin angefragt wurde, ob das Regiment seine schuldige Pflicht in allem erfülle.1) Als derselbe eben aufbrechen wollte, sandten die Handelsleute Orelli in Bergamo Bericht, der Basler Fussbote aus Dalmatien habe den andern Werdtmüllers, der wohl bald eintreffen werde, in Brescia überflügelt. Als sich dieser endlich durch die verschneiten Päs^< hindurchgearbeitet hatte und zur Beruhigung der auf- geregten Gemüter in Zürich erschien, übermittelte er der Regierung ein Schreiben Werdtmüllers. worin er sich

l) Bern. Staatsarchiv, V. B.. A, pag. 973. Buudesarchiv. Bd. t>2.

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entschuldigte, dass eine nun überstandene Krankheit ihn verhindert habe, über die glückliche Ankunft und über die Behandlung und das Belinden des Regiments zu be- richten. Der Bericht selbst sprach sich ungefähr folgender- massen aus: Die Reise nach Dalniatien war ohne Unter- bruch in 4 Tagen von statten gegangen. In Eido umsste Werdtniüller 10 Tage lang warten, bis ihm endlich 17 Schiffe bewilligt wurden, in die er seine Leute unter- bringen konnte. Für je 2 Knechte begehrte er einen Strohsack und eine Decke, für jeden Tag Brot und Wasser. Das zweite wurde gewährt, das erstere abge- schlagen. Da ihm nun von andern Obersten berichtet wurde, ihre Leute müssten in Dalmatien auf nackter Erde liegen, so hielt er angesichts der Winterkälte an seinen gerechten Forderungen so lange fest, bis sie, wenn auch nicht ohne Unwillen, erfüllt wurden. In Zara angekommen, begehrte der General Foscolo, er möchte 3 Compagnien hierher, 3 nach Sebenico, 2 nach Trau und 3 nach Spalato legen, worin er sofort ein- willigte, weil es Orte waren, welche die Herrschaft schon zur Zeit des Abschlusses des Bündnisses im Besitze hatte. Als die Compagnien nach ihrem Bestimmungsorte aufbrachen, Hess ihn der General rufen und sagte, er habe sich entschlossen, nur 2 Compagnien in Spalato zu lassen und eine nach Clissa zu legen. -) Dieser Verfügung stellte sich aber Werdtniüller entgegen, da die Herr- schaft im Zeitpunkt des Bündnisabschlusses den Türken die Festung Clissa noch nicht abgenommen hatte. Als nun Foscolo heftig wurde, ging er darauf ein mit der Bedingung, den Ort zuerst zu inspizieren. Man hätte ihm nämlich versichert, der Platz sei zu klein.

1) Bern. Staatsarchiv. V. B., A. pag. 987 f.

2) Clissa wahrscheinlich für Lissa; siehe Figur.

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um sich gegen eine Armee halten zu können, und nur für 3 Monate verproviantiert und bewehrt. Bei solcher Beschaffenheit würde es ihm natürlich schwer fallen, gegen das Bündnis und gegen seine Obrigkeit zu handeln. Wenn aber der Herrschaft so viel an der Verteidigung jenes Ortes gelegen sei. so biete er sich an, denselben 3 Monate oder so lange zu besetzen, bis eine Antwort aus der Schweiz gekommen sei. Während der Zeit der . Besetzung aber müsse ihm Foscolo alle nötigen Mittel verschaffen, um sich nach Notdurft zu ..verbauen", und sobald ein abschlägiges Schreiben ankomme, werde er sich erlauben, abzuziehen. Da erklärte der General, auf diese Bedingungen hin ziehe er vor, die Garnison von Clissa mit andern Truppen zu belegen, worauf er (Werdtmüller) das Schreiben unterliess. Er nahm gleich- wohl Nachforschungen vor und fand, dass der Ort wirklieh sehr klein sei und ganz in den Grund geschossen werden könne. Auch sei die Verproviantierung eine sehr unge- nügende, deshalb möchte er gebeten haben, niemals in die Besetzung Clissas einzuwilligen, sondern lieber den Unwillen ganz auf ihn zu wälzen. Er wolle eher Leib und Leben lassen, als von den Bestimmungen des Bünd- nisses abweichen, solange eine Abweichung nicht der beiden Städte Ehre und Ruhm fördern würde.

Im nächsten Berichte1) verbreiteten sich Werdt- müllers Klagen über die schlimmen Zustände, die in seinem Regiinente herrschen. Die Bezahlung der Truppen stehe seit 3 Monaten im Rückstände und es sei ihm zu- gemutet worden, sich des Kommissbrotes des Herrn Ge- nerals zu bedienen und zwar zu höhern Preisen als es den andern Kriegsvölkern verkauft werde. Damit er dazu gezwungen würde, sei den Bäckern verboten worden.

») Bern. Staatsarchiv, V. B., A. 1001.

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Schweizern Brot zu verkaufen; ferner fehle es an Quar- tieren, und die bestehenden seien zu wenig geräumig, so dass die Zahl der Kranken stetig anwachse.

Die beiden Regierungen wandten sieh sogleich an den Dogen Franz Molino und schrieben ihm:1) Sie hätten durch gewisse Botschaft erfahren, dass ihre Truppe seit einigen Monaten den Sold nicht empfangen, dass sie in Dalmatien an Getreide und Brot Not leide, dass der General den Soldaten solches verkauft habe, den Bäckern aber bei schwerer Strafe verboten worden sei. dem Reginiente gegen Bezahlung Brot zu liefern. Ihre Soldaten würden ausserdem in engen Quartieren oder Bäumen gehalten, so dass der eine leicht vom andern mit todbringender Krankheit könne angesteckt werden. Wenn nicht Abhülfe geschaffen werde, gehe ihr Regi- ment dem sichern .Verderben entgegen. Ein solches Verhalten von Seiten Venedigs laufe aber dem Wortlaut des Bündnisses und der Kapitulation zuwider. Deshalb setze man ihn (den Dogen) und durch einen ihrer Räte den in Zürich residierenden Gesandten davon in Kennt- nis, damit jenen Mängeln unverzüglich in geeigneter und schicklicher Weise abgeholfen werde. Er sei freund- lichst gebeten, sich der Truppen anzunehmen und die Übelstände zu beseitigen.

Der Ambassador zeigte sich sehr verwundert, solche Klagen zu hören, da sich die Letzten venezianisch-her- zoglichen Schreiben sehr lobenswert über das Befinden des Regiments ausgedrückt hätten. Er taxierte Werdt- müllors Behauptungen als Übertreibungen und versicherte.* dass Venedig allfälligen Klagen gewiss Gehör geschenkt und schon Abhülfe getroffen hätte.-)

*) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, 1019, Lateinisch, wie alle offi- ziellen Schreiben an den Dogen.

-) Bern. Staatsarchiv, V. B. A, 1025. Buadesarchiv, Bd. 62.

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In hellem Kontraste zu diesen Trostesworten des redegewandten Gesandten stand ein neuer Bericht, den Werdtmüller 5 Tage später von Venedig ans. wohin er zurückgeschifft war. um persönlich für die ausstehenden Gelder zu sollicitieren, an den Rat in Zürich überbringen liess und aus dem wir entnehmen:1) „Seidt der Zeit nun als ich hier bin und for die bezahlung solicitiert habe, ist eine Galeeren mit etwas gelts nacher Dal- matien geschickt und ich dabei von H. Savio della Scrittura versichert worden, dass die bezahlung vor mein underhabendes Regiment auch darby war. alss habe ich mich hiemit da ruft' verlassen und zugleich mein Schiff mit viertzig tausendt broten und andern notwendig- keiten beladen mitgeschickt, nieine Offiziere beordert die Gelter von H. Gen. Comissäri zuemphan und sich auff hernachfolgenden Monat mustern zulassen, welliches v jetzogedachten H. Gen. Comiss' zur Antwort wurde. es wer kein gelt vor sy vorhanden, vorgebend ich hette es zu Venedig empfangen, wie nun aber hier noch dorth das wenigste nicht erfolgt. Ich auch ohngewüss was er- folgen wirt. und allbereit in den dritten Monat keine Bezahlung empfangen, auch bis dato zur Unterhaltung d< -- Regiments alles so in meinem vermögen angewendet. alss dass mir weder mittel noch Credit alhie in Venedig bald mehr übrig ist. Zwahren schicken Ich Innen, diss- mahl, als morgen, mein Schiff mit fünffzig tausend broten und sovil gelt mittel beladen als ich habe aufbringen khönnen. weiss auch in inehreres nicht zu thun. alss I. I>. dienstlichen zebitten. ob Sy geruhen wolten. mir eine vollmacht in dero selben nammen Ich der Durchl. Herrschaft zu traktiren, zu überschicken, da sy mir darby Ihren willen, meinung, und bet'ehl durch eine In-

') Bern. Staatsarehiv, V. I!.. A. 1035.

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struktion eröffnen können, welliche von mir in allein schuldiger weisse, gehorsammet werden soll, damit Ich mit also desto mehrer authoritet meine notwendigkeiten, und beachtung der bündnuss und Capitulation gemess fordern und in acht nehmen machen khönne, auch darby ein bewegliches Schreiben an die Dhl. Herrschaft ab- gehen lasse, so alles schleinigst und ohne Verzug beschehen nuiss. erwarthe alliier die Antwort und werde under dessen mein tleiss thnn. dass die Knechte wo möglich erhalten werdent." . . .

Die Bevölkerung Zürichs und Berns war nicht er- baut über solche Nachrichten, die durch Briefe der in Dalmatien weilenden Angehörigen bekräftigt wurden, (fehl hatten dieselben trotz ihren Versprechungen noch keines nach Hause gesandt, weil es ihnen selbst mangelte ; deshalb stieg die Erbitterung in immer höherem Grade. Als Werdtmüller im April den Hauptmann Burkhardt als Berichterstatter nach Zürich sandte, verabredeten die Bauern, ihn auf dem Rückwege abzufangen. Er ent- ging den gestellten Schlingen nur, indem er nachts auf- brach und den Weg über St. Gallen. Innsbruck und Trento einschlug. M Bern fand es überflüssig, dem Oberst durch eine neue Instruktion grössere Autorität zu er- teilen, da er nach dem bereits erhaltenen Befehle alle der Kapitulation zuwiderlaufenden Forderungen mit ge- nügendem Nachdruck ablehnen könne. Der Doge wurde von neuem ersucht, wegen der allgemeinen Teuerung, in Italien und des Brotmangels in Dalmatien das Regiment pünktlich auszuzahlen und für dessen Wohl bedacht zu sein. Eine ähnliche Aufforderung erging an den General Foscolo.-)

) Bundesavchiv, Bd. 62. April 49. -) Bern. Staatsarchiv. V. B.. A. pag. 1043.

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Was antwortete nun der Doge?1) ..Wir haben Ihnen bei allen Anlässen so klare Zeugnisse und Proben unserer Herzlichkeit und aufrichtigen Affektion gegeben, dass Sie deren wohl versichert sein können. Aus diesen Gründen dürfen Sie auch überzeugt sein, dass Ihr Regi- ment wohl gepflegt, das Bündnis mit vollständiger Pünkt- lichkeit eingehalten wird und Ihren Soldaten jede ge- bührende Genugthuung zukommt. Es mag sein, dass die Aliwesenheit des Obersten einige Unordnung verursacht hatte, doch wird diesem remediert werden, weil er so- fort wieder in die Provinz vollständig befriedigt zurück- kehren wird, wie es Ihre Herrlichkeit von unserm Resi- denten mündlich weitläufig vernehmen werden."

Venedig nahm es wohl nicht so genau mit der Wahr- heit, sobald ihm diese nicht passte, und es mochte dabei wohl an Frankreich ein Beispiel nehmen, das sich ja auch kein Gewissen daraus machte, seine Politik mit der Schweiz oft durch so zart gesponnene Lügengewebe zu verhüllen, dass nur geübte Augen auf den Grund der Wahrheit durchzublicken vermochten. Werdtmüller, dem obige Antwort zur Einsicht gesandt wurde, bedauerte in einem langen Schreiben, dass Venedig so sehr von der Wahr- heit abweiche, und beteuerte von neuem, alles, was >ich zugetragen, der Sache gemäss dargestellt zu haben. Dafür werde ihm jeder ehrliche Mann seines Regimentes Zeuge stehen. 2)

Werdtmüller fand aber nicht bloss Schwierigkeiten bei Venedig, sondern er wurde auch von seinen Sol- daten bei der Regierung verklagt, er habe einen der Hauptleute ..schmählich" angefahren und sogar in Arrest gesetzt: ein Soldat sei durch nachlässiges Verschulden

') V. B.. A. 1. Mai.

2) Bern. Staatsarchiv. V. B.. A. 1075 f.

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des Oberprofossen übel verletzt worden; sie entbehren

ihres Seelenheils, weil sie nie Gottes Wort hören, die Kriegsjnstiz sei nicht richtig organisiert, und sonst werde der Ehrensold nicht nach eidgenössischen Gebräuchen entrichtet.

Gegen solche Anklagen suchte sich der Regiments- kommandant zu rechtfertigen:1) ..Die wachten und Ihr«' Schuldigkeit lim Kriegsdiensten gegen dem Fürsten be- treffend, weiss ich bald nicht wo ich anfangen sol, Ich müsste ganze Bücher papeyr haben, wenn ich alles be- schreiben wolte. allein will ich sagen, dass in Bressa, nit nur by hellem tage, sondern by der nacht, die officier und bald alle Soldaten bis an die Schiltwachen, von Ihrem Corps des gardes sich absentirt, und an andern orthen Ihren eigenen geschafften nachgehende sich haben befinden lassen, so 'Ich Ihnen besten theils ohne anders als mit worten gestrafft habe lassen hingehen, vermei- nende es were auss ohnwissenheit und ohnerfahrenheit beschehen, welliches wie es nit nachlassen wollte, und bald je lenger je arger ward, hat Ich auch nit fortkommen khönnen, weilen mir underschidlich Klagen zukhommend, dass Herr hauptmann Hermann und Etter zu Zebenigo nit nur das Vollsaufen auff der wacht zu glitt hielten, sondern sy sich selbst sömlicher gestallt überwinternd, dass es mir schände vor männiglich were. als habe ich es denselben untersagt, In bysyn des hauptmann Loch- niann und Ihnen därby getrüwet, dass so sehr sy nicht darum ablassen, und darby Ihre Knecht in schuldiger Disciplin halten werdend, werde ich nit unterlassen, mich ohne Ihr wüssen In der Stille nach Zebenigo zu begeben, die wacht zu besuchen und wider die schlafen- den oder getrunkenen ohne einiches umbsehen auch so

M Idem.

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sy sich lim eigener Persohn wegen dieses Fehlers theil- hafftig machend, die execution vornemmen, worüber sy mir sömlicher gestalten widersprochen, und diesen fehler auf viel Wäg beschönen wölten, so keinem Offizier in keinem wege nicht zusteht, das Ich Ihnen das still- schwygen gebietten müssen und sy nach mahlen be- tröuwet, dass ich Ins künfftig nicht mehr mit Worten, sondern in der that straffen werde, über alles dies ist nicht mehr besserung erfolgt, als dass weilen ich hier bin, sy sich so ärgerlicher weiss verhalten, dass der Proveditor zu höchster schand und schmach der nation ihnen bald die wachten nit mehr zu versehen hatt trauwen wollen, andere halten Ihren Knechten erlaubt. bei geschlossenen thoren, besetzter wacht und umb mitter- nacht feüwer zugeben, welliches alles Sachen, so leib und laben verwürkhen, und ich mit Wahrheit sagen kann. dass wenn es einer von den Züricher hauptlüthen ge- than, er ohne verdiente straffleidung nicht hette sollen darvon khommen, weilen sy sich aber sinnlicher gestalten niemahl haben finden lassen, habe ich nit gern by den bernern anfangen wollen, damit sy nicht ursach hetten sich zu klagen, dass Ich Ihnen scherffier were, als den meinigen, so Ihnen nicht zu geringem glimpff gedient, von den falschen musterungen, so sy gemachet, wil ich nichts sagen . . . were schier zu schandtlich wenn ich sagen solte, dass über mein vilfaltiges vernemmen hin. ich sy nit habe khönnen darzu bringen, dass sy nur Ihre Knechte lehrnend das gewehr recht führen, was Ihre Schuldigkeit antrifft gegen den krankhen. was Ich auch mit Ihnen angefangen, habe ich doch einen theil nit khönnen darzu bringen, dass sy derselben die geringste rächnung hetten, worüber die so krank gewesen sind, seiner zyt die beste zügnuss werden geben khönnen. mäniglich hatt sich daroh geärgert, es sind mir die tage

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meines läbens vil ohngleiche Sachen vor äugen khonnnen. aber dergleichen niemahlen, sy sagten zu Ihrer ent- schuldigung, sy wöllent es gegen Ihrer Oberkheit ver- antworten, wie es nun die sach ist. die mich weiters nicht berührt, als lass ich es darby hiss es an mein zügnuss khommen wird, bewenden . . . was den feld- prediger anlangt, wird niemand khönnen sagen, dass ein tag werc verseümt worden, dass nicht alle morgen or- dentlicher weise in allen Quartieren das Gebett, neben verlassung etwan eines schönen Spruchs heiliger Schnitt und kurze begriffliche ausslegung darüber were gehalten worden, dass inen niemand hatt zuhören, oder dass man die so zugehört, mit schlegen hett by bringen müssen, hatt das Gebätt und gute Institution kein schuld. Seidt der Zeit nun, dass das Regiment zerteilt ist. hatt die mögiichkeit nit zugegeben, d;iss der feldprediger alle Wuchen oder Mönnat in allen guarnisonen predigen, und ist er zu hochen festzeiten von einer besatzung zu der andern gefahren, hatt denselben gepredigt und des Herrn Abendmahl adminiestriert. was er nun mehreres hatte thun khönnen, oder sollen, kann Ich mir nicht ein- bilden, von Zara bis Zebenigo hatt es 50 Meil . von Zebenigo naher Trau 75, von Trau naher Spalatio 14 zu lö. es ist mir ja nicht zuzumuthen, so manchen feldprediger als guarnisonen zu halten ..."

Was die Verletzung eines Soldaten durch den Pro- fossen anbelange, so verhalte es sich so, dass ein Marke- tender dem von ihm ernannten Oberprofossen die Ge- bühr nicht entrichten und ihn überhaupt nicht habe an- erkennen wollen, worauf dieser den Degen gezogen, dem Fliehenden, von einem Schiff aufs andere Springenden, einen Hieb versetzt und ihm in der Wade eine unge- fährliche, schon geheilte Wunde beigebracht habe. Als nun der Marketender bei seinem Hauptmann v. Erlach

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Klage geführt habe, sei dieser zu ihm (Werdtmüller) ge- kommen und habe die Bestrafung des Profossen verlangt. Als er dies verweigerte, habe er ihm gedroht, worauf er in Arrest gesperrt, aber auf Fürbitten seiner Kame- raden und naeh Geständnis seines Fehlers wieder sei enthissen worden. Von allen Kriegsverständigen solle somit ..judiziert" werden, dass er seine (lewalt nicht missbrauche, sondern im Gegenteil zu wenig Gebrauch davon mache. Ferner werde ihm. er wisse nicht von welcher Seite, geschäftlicher Eigennutz vorgeworfen. So hinge er dem Regiment vorstehe, habe er keinem Haupt- mann, geschweige denn einem Knechte auch nur in Ge- danken zugemutet. Brot. Wein oder anderes von ihm zu beziehen, dessen er niemals mehr besessen, als zu seinem eigenen Haushalte nötig war. Dass er hierher habe Brot senden lassen, sei richtig, weil er von Haupt- mann Wyss durch einen Express berichtet worden, es herrsche Geld- und Brotmangel; in Sebenico sei keines mehr zu bekommen und er selbst esse Hirsebrei. Hier- auf habe er sogleich sein mit Brot beladenes Schiff hin- geschickt, das mit vielem Dank sei aufgenommen worden. Der Hauptmann Hermann könne gefragt werden . in welche]- Weise der Proveditor in Seitenico des Brotes halber mit ihm unterhandelt habe. Für einige Zeit habe er ihm verschiedene Centner Brosamen geliefert. Abfälle fler magazinierten Biskuits, die voller Würmer und Unrat von Katzen und Mäusen gewesen seien. Zugleich habe er den Bäckern bei höchster Strafe bis auf weitern Befehl verboten, Brot zu backen und das Gebackene zu ver- kaufen. Somit hätten die Knechte, wenn sie nicht ohne Brot sein wollten, sich obiger Abfälle bedienen müssen. Der Befehl sei so scharf erteilt worden, dass der Bäcker, welcher um dieselbe Stunde dem Hauptmann Hermann sein Brot aus dem Ofen zog. ihm dasselbe nicht habe über-

Arehiv des histor. Vereins.

XV. BaDd. I.Heft. 5

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bringen wollen ohne die Erlaubnis des Proveditoren. Von seinen Leuten sei er berichtet, dass jetzt in Zara etwas Brot zu bekommen, aber in Sebenico, Trau und Spalato für Geld nicht zu haben sei. Sollte er nun keinen Dank dafür verdienen, dass er befahl, den Hauptleuten Berns von seinem Brot soviel sie bedurften zu verabfolgen, so könnte er sich die Mühe ersparen und dasselbe nur den Zürchern schicken. Es wäre aber unbillig, die ehrlichen Knechte den Undank entgelten zu lassen. Bei der ersten Bezahlung in Zara habe man ihm 2000 Real- oder Dölpel- thaler anbieten wollen, einen jeden zu l> Gulden, was er aber zurückgewiesen habe. Die Quartiere betreffend würden seine Truppen gleich andern Oltr-amontani logiert, da sie aber, wie er schon gemeldet, zu eng beisammen lägen, und der Gestank der Kranken, die meistens an der Ruhr litten, auch die Gesündesten hätte infizieren müssen, habe er danach getrachtet, die Quartiere zu erweitern, was ihm nach vielem „Contestieren" und Klagen gelungen sei, so dass jetzt seine Knechte besser als alle andern ein- quartiert seien. Er glaube nun nicht, die Meinung der Regierung gehe dahin, er solle zu allem schweigen, und dafür das Regiment dem Ruin überliefern. Die Regi- mentsstellen habe er im Beisein aller Hauptleute aus- geteilt, näuilich die des Oberrichters an einen Zürcher, die des Oberprofossen an einen Berner. Die Hauptleute seien ermahnt worden, ihr Offiziers- und Unteroffiziers- cadre complet zu halten, da sonst für jeden Mangelnden ein Ehrensold abgezogen werde. Einige hätten nur um dieses Ehrensoldes willen lieber von einem Wachtmeister abstrahiert als von einem Gerichtsweibel, an dem doch nichts gelegen sei. „Die übrigen zwo stellen", fährt ei- fert, „als obrist Leutnant und Major habe ich mich darmit verhalten, als by allen alten Schwytzer Regi- mentern in Frankreich brüchig gewessen, und bey theilen

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noch ist, der älteste und meritierteste Capitarä, der com- mandirt nach dem Obristen, zwahren ohne Tittul eines obrist Leutnants, das hatt der hauptmann Hermann thun sollen, ob er gleich etwas schwach ist. was ich gethan,

habe Ich gethan. einzig darum, dass die H. Löbl. Statt Bern kein Ursach habend zu klagen, als ob Ich den nicht for gut achtet, den sy zu Ihrem ersten Hauptmann erwellet haben, die Majorstelle hatt der Herr Haupt- mann Stapffer versehen sollen im Felde, vermeine hie- mit. dass Ich an Eidgenössischer manier die Ämbter auszuteilen nichts versäumt habe." . . . Zur Bezahlung dessen; was man ihm zur Erhaltung des Regiments £fe- liehen, wolle man ihm weder Pfennig noch Heller geben, und man spreche davon, die Truppe nach der ersten Musterung mit Abzug all der seither Gestorbenen zu besolden. Wenn die Räte nun solche Unbill leiden und den gegenteiligen Behauptungen des Residenten mehr Glauben schenken als ihm. so lasse er es seinerseits nun auch £re>chehen. denn er sehe seine Ptlichten erfüllt. Da es nicht anders sein könne, so reis« er nun ohne Geld nach Dalmatien zurück. Die Mittel fehlen ihm jetzt so vollständig, dass er nicht einmal mehr seine Zeche bezahlen könne. Hunger und Kummer, die an seinen Soldaten nagen, werden mit zunehmender Hitze die Pestilenz erzeugen helfen. Sein Regiment rufe er nochmals für alle» Gesagte zum Zeugen an und er füge sich willig jeder Strafe, wenn er unredlich gehandelt, habe er aber den richtigen Weg eingeschlagen, so hoffe er. wieder in Gnaden aufgenommen zu werden.

Der durch Werdtmüllers Bericht angeschuldigte Hauptmann wies in einem umfangreichen Briefe die An- klagen des Obersten1) in den stärksten Ausdrücken zü-

rn. Staatsarchiv, V. B . A. 1087

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rück. Er wünscht, so begann er, der Oberst möchte in der Verwaltung des Regimentes etwas eidgenössischer, in der Beschreibung desselben etwas vernünftiger und gebührlicher verfahren und in drn Schranken der lautern Wahrheit verbleiben, mit der er sich so mächtig brüste. Dann fuhr er fort, der Oberst rüge das „Vollsaufen" und Schlafen auf der Waeht. Den Anlass zu diesem Tadel beschreibt er ungefähr wie folgt: Einst genossen Etter. Lochmann und ich mit Werdtmüller auf einer kleinen Insel, ungefähr drei stunden von Sebenico ent- fernt, ein kleines ..Xachtmäli". Da wurde das Gespräch unter anderem auch darauf gehütet, ob ein Offizier, dem ein grösserer Platz zur Wache übergeben, während der Nachtzeit ,.mit gutem Titul" und ohne Verletzung seiner Charge nicht schlafen dürfe. Hauptmann Etter und ich behaupteten, es sei einem Offizier gestattet, nach Ver- richtung seiner Hauptrunde bei den Schildwachen und nach Erfüllung seiner übrigen Pflichten, sich auf einem Strohsack oder auf der Matratze ein wenig auszuruhen und zu schlafen. Dies wollte der Oberst nicht gut heissen, da er keinen Widerspruch leidet, sondern immer glaubt, man müsse sein Wort als ein Heiligtum annehmen, woran aber Etter und ich noch nicht gewohnt waren. Dies sei der Diskurs und das „vorwvsslich" Widersprechen, das. wie der Oberst behaupte, gegen ihn verübt worden sei Was das mitternächtige Schiessen anbelange, so möge es sich ereignet haben, dass etwa einem Soldaten aus Ungeschicklichkeit ein Schuss entging, was aber den Zürchern ebensogut wie den Bernern widerfahren könne. Es sei freilich nicht zu verwundern, dass auch hier die Berner den „Unglimpf" auf sich nehmen müssen, wie es schon an andern Orten geschehen sei. Auf diese Art suchte der gemassregelte Hauptmann alle Punkte zu widerlegen und fand schliesslich den Grund der Klagen

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darin, dass sich Werdtmüller in seiner Ehrsucht den Generalen gleichstellen wolle Die Rechtfertigung schloss

mit den Worten: „Dies ist. gnädige Herren und Obere mein nach Wahrheit und Geschichte verfasster Gegen- bericht und Verantwortung zu dem scharfen Klag- und Invectivschreiben des Oberst Werdtmüller."

Die bernische Regierung mahnte ihre Hauptleute an ihre Pflichten, zu festem Gehorsam gegenüber dem Obersten und Hess es damit bewenden.

Venedigs Wünsche zielten immer noch dahin, die Festung Clissa. trotz den Weigerungen des Obersten, mit Schweizern zu besetzen. Der Doge schrieb am 1. Mai 1649 11) Da der Krieg näher rücke, habe er schon öfters darum ersucht und thue es wieder, dass das Regiment auch zur Beschirmung von Clissa und anderen den Türken abgenommenen Plätzen mochte verwendet werden. Da- durch würde er ihnen zu höchstem Danke verpflichtet, und der böse Anstrich, den eine gegenteilige Erklärung zur Folge haben würde. Hesse sich so vermeiden : denn es könnte dem „Concept" und der Reputation, welche die tapfere Schweizernation geniesse, nur „prejudicierlich" sein, wenn sie sich in einer so wichtigen Angelegenheit, die den Glauben, die Religion und den Dienst Gottes anbetreffe, von allen andern Nationen „absündern" wollte.

Venedig wurde jedoch der definitive Entscheid zu- gestellt,3) dass man aus triftigen Gründen die Besetzung Clissas und anderer nicht im Bündnis inbegriffenen Orte nicht zugeben könne, weil sich die schwache Besatzung gegen die starken Kräfte, mit welchen die Türken ge- wöhnlich Belagerungen vorzunehmen pflegen, nicht halten könnte und bei Übergabe trotz vorher geschlossenen

') Bern. Staatsarchiv. V. B., A, 1. Mai 1649. 2) Bern. Staatsarchiv. V. B., A, 15. Mai L649.

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Accordes wahrscheinlich niedergemacht würde. Aus diesen und anderen Konsiderationen möchte man sich strikte an die Punkte der Kapitulation halten. Dann wurde wieder gerügt, dass trotz der guten Worte und Anerbietungen, die jüngst gemacht worden seien, dennoch weder Remedierung noch Satisfaktion an Zahlungen er- folge uud die seither verfallenen Regimentssölde mit den vorausgehenden noch ausstehen. Und dies alles angesichts der mächtigen Rüstungen des Türken, der nach sicherem Verlauten noch dieses Jahr Dalmatien angreifen werde.

Das Rechtfertigungs- und Entschuldigungsschreiben, welches Venedig neuerdings an Zürich adressierte, wurde von dort an Werdtmüller spediert, der nun seine Meinung schriftlich darüber äusserte:1)

Sie (die Regierung) sei wahrscheinlich durch das Schreiben, das der Doge an sie habe abgehen lassen, über alle Massen erfreut worden, weil er ihnen'darin behaupte, den Soldaten sei bis jetzt alle gebührende Satisfaktion zu teil geworden. Ihm komme nicht zu, den Inhalt dieses Briefes zu kritisieren, nur wolle er folgende That- sachen anführen: ,. . . . am gestrigen tags" so lautet der wörtliche Text - „habe ich mich behörigen orthes angemeldet, umb eine endtschafft wo möglich zu machen und nochmalen die billigkeit mynes begehrens die aus- stehndten Monnaten halber der Pündtnuss geuiess vor- gehalten, warinn mir aber ganz nit Ingewilliget werden wollen, sondern begehrt wurde, ich möchte den halben Teil von demme, so die Pündtnuss mir zugiebt, fallen lassen, ich entschuldigte mich, ich kondte es nit thun. weilen mir nit zustünde, das geringste in der Pündt- nuss zu endern. es diene gleich zu meinem nutzen oder

*) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, 5. Juni 1641». pag. 117'.».

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schaden, bette hiemit umb die schlünige abfertigung

und ordre an den H. Gen. Foscolo wie er mich trak- tieren solle, ich wolle hoffen, die ordre solle mit dem Schreiben, so der Herzog an myn gnedig H. u. Ob. ge- than, in denime absolut gemeldet war. dass ich mit aller gebührenden Satisfaktion von hier verreisen solle, über- einstimmen, daruif ward ich befragt, wann dann ein sömlichs Schrvben were abgangen, ich sagte es und wies zuglych die Copv samt demme was der Herr Resident im namnien der durchlüchtigen Herrschaft in conformitet desselben Uw. H. vorgetragen, als es nun gelassen, ward der Kopf geschüttelt und lachend gesagt, diess ist ein schryben, das ein Stand gegen den andern thut, dadurch man einen guten Willen bezügen will, dass verobligirt den Fürsten zu nichts und hilft üch nichts: üwre an- forderungen sind unbillig, ob sie glvch in dem Pündnuss also stehen, so syge doch das bedünkhen weilen mann derglichen allliier mit keiner nation gebruche. dass man so gar stricte daran nit gebunden syn wolle:" . . . man begehre nur mit ihm zu traktieren und nicht mit dem „Stand", und was sie miteinander ausbedingen, berühre das Interesse der zwei Städte in keinem Punkt. Er habe entgegnet, sich in keine gegen das Bündnis gerichtete Traktate einzulassen, und wenn er nichts erhalte, so möge man ihm dies schriftlich bestätigen, damit er sich gegenüber der Obrigkeit verantworte. Darauf hätten sie ihm erklärt, er solle nur abreisen, er werde dann schon erfahren, auf welche Weise ihn der General behandeln werde. Als er darauf beharrt habe, ohne Satisfaktion nicht zu weichen, habe man ihm versprochen, die An- gelegenheit beim Dogen noch einmal vorzubringen. Als er nun seinen Abschied genommen, sei ihm durch einen Freund im Vertrauen, eröffnet worden . es herrsche dieses Bündnisses willen grosser Unwille. Was das z. B.

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für ''ine Absurdität sei, dass man über ein Regiment

nicht nach Belieben verfügen dürfe. Stehe dasselbe ein- mal ausser Dienst, so werde sich die Herrschaft dieser Nation nie mehr bedienen, und wenn sie sich für ewige Zeiten in einen Krieg verwickelt sähe.

Er ( Werdtmüller) lege zur Illustration seiner Aus- sagen ein Schreiben des Hauptmanns Weiss bei, das er ihm am 18. /28. Mai von Zara nach Venedig gesandt.1)

„Wir stehen in allerhöchster Noth", so berichtet Weiss. ,,in der Hoffnung, dass mein Herr Obrister gleich nach dem fest der Auffahrt khommen würde, haben wir alles gethan, dem Herrn General um gälthilf unter- tänigst anzuhalten, der hätt sieh entschuldigt, dass er vor dissmahlen selbstens benötiget were, gleichwohl uns 300 senden vorgesetzt, was das nun by dem Herrn Cap. Lieut. der jetzunder 300 mann zu verpflegen hatt. und bey mir. der Ich bey nahe 150 mann habe, ge- holffen, wirf mein Herr Obrister Selbsten weisslich er- messen khönnen. Ich vor meine Persohn, wil meinen Herrn Obristen ganz dienstlich gebetten haben, Er wolle, wo möglich mit allererster gelegenheit mir zu hilff khommen. Herr Hauptmann Lochmann ist auch allhier und erwartet dess Herrn Obristen. mit höchstem ver- langen, Herr Hauptmann von Erlach schreibt mir auch einen brieff über den andern, es ist in Summa by uuss nichts denn nach gelt ruffen, meine Soldaten stehen mir immer vor der thür. und kann Ich Ihnen nit helffen. wir geleben aber der Hoffnung, Unser Herr Gott werde unss durch meines H. Obristen glückliche ankunfft, die er fördern wolle, erlössen."

Hauptmann Etter und Weiss wurden dann von den andern Hauptleuten aufgefordert, in aller Namen der

') Bern. Staatsarchiv. V. B., A. pag. 1183.

Regierung die misslichen Zustände ausführlicher zu schildern. Hauptmann Hermann war nämlich Geschäfte halber heimgereist und hatte noch nichts von sich und seiner Beschwerdeführung bei der Regierung verlauten

lassen. Die beiden erzählen nun:1) der stärke

halben, so sind die 6 Compagnyen, von Zürich noch un- geverd 600 man, unsere Unterhabenden Compagnyen

aber sind 554 .Mann.2) gottlob .fetz alle frisch

und gesund, allein ist seith das Hauptmann Etter von Zelienico verreist, welches den 3. diess inonats besche- chen, Bericht alhir zu Zara angelangt, dz. daselbst unter der Burgerschafft die Pest ingerissen, dass auch der- selben etliche gestorben, unter der Soldatesca aber noch niemands Krank seye, Gott wolle uns noch verner dar- vor bewahren.

Der Traktation und Unterhaltung hallten Haben wir von dem Monat Jenner, wellicher unser Hr. Oberster zu Venedig bekhommen, nit mehr empfangen, als Jede Compagney 200Doblonen und etlich Tausend Broth, doch einer mehr als der andere, also dz. gleichwohl keiner nit ist. dem nit noch etwas von dem monat her. noch ussstande, mit diesem halten wir unsere Soldaten nit lang erhalten können, sondern haben nach andern mitten trachten, und also bald einer hier, der andere dort, mit höchster Ungelegenheit und Unkosten, gelt entlehnen, wein und Brot uff Borg nemmen und den margetentern geben müssen, die Soldaten desto besser ausszebringen. Weilen aber sölliches gar zulang wahren wollen, sind entlichen, alle Hauptleuth und Ober Comandanten der Compagnyen, so diesmahlen Keine Hauptleuth haben, allhar nach Zara »efahren. um dem Hr. Generalen

') Bern. Staatsarchiv, V. B.. A, pag. 1225 f.

-) Hermann 80, Ett^r 136, Weiss 1 18, Jeaner !)4. v. Ei-kick 96.

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unsern armen Zustand zu klagen, und zugleich um gelt und Hilffs mitel zepitten."

Als die beiden Hauptleute für die ausstehenden vier Monatssolde (Februar bis Mai) sollieitirten, ent- gegnete der Generalkommissär, Bruder des Dogen, man habe die Galeeren nur mit zwei Monatssolden, also mit 30,000 Dukaten beladen und davon habe der Oberst in Venedig vor der Absegelung schon 5000 bezogen; die andern gehören ihnen, sofern man sich für den März mustern lasse (statt für den Horner). Sie schlugen diese kapitulationswidrige Bedingung aus. worauf er erwiderte, er sei nur ein Diener und dürfe von sich aus nichts beschliessen. Er wies sie an den General, der ihnen nach langem Sträuben ohne Musterung die 25,000 Du- katen zustellte. Solange die Soldaten das Wochengeld von einer Krone empfingen, konnten sie sich genügend ernähren, obwohl das Brot teurer sei als in Italien. Als keines mehr aufzutreiben war. wurde ihnen von der Herrschaft das Kommissbrot bewilligt, aber nur gegen Barzahlung. Für diesmal gab ihnen der General das Versprechen, die Bezahlung bis zur nächsten Soldaus- teilung zu verschieben. Hierauf fuhren die Hauptleute mit dem erhaltenen Gelde wieder zu ihrer Truppe zu- rück und Hessen Etter und Weiss hier, um des Obersten Ankunft zu erwarten. Da dem General von allen Orten glaubwürdige Berichte zukamen, der Feind ziehe mit grosser Macht über das bosnische Gebirge gegen Dal- matien. war er. um den festen Plätzen näher zu sein und des Feindes Vorhaben auszukundschaften, mit 2 Galeeren und etlichen kleinen Schiffen nach Sebenico gesegelt.

Die bernische Regierung gab in einem Antwort- schreiben ihren Hauptleuten zu verstehen, sie möchte noch bestimmter wissen, wie sich eigentlich die Sache verhalte, damit sie einen zweckentsprechenden Entschluss

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fassen könne. Zu dem Behufe sende sie den tüchtigen Boten Johannes Kaiser mit einem verständigen Offizier

nach Dahnatien. damit dieselben nachher als Augenzeugen die Sachlage zu schildern imstande seien.1) Der Resident behaupte fortwährend, das Regiment befinde sich durch- aus nicht in so schlimmen Verhältnissen, wie der Oberst es ihnen in grellen Farben male: denn die Offiziere in Dalmatien hätten noch keinen Anlass zu Beschwerden gefunden.

Weiss wies sogleich, wie zu erwarten war. die Falsch- heit der Vorstellungen Sarottis nach:2) ..Wenn der Herr Resident an die beyden Lobl. Stände Zürich und Bern vorgegeben, es nehme ihn wunder, was der Herr Obrister Werdtmüller klage, da doch die Hauptleüte ein sattes Vernügen haben und mit Einer durchl. Herrschaft der bezahlung halben wohl zufrieden seyen: Ilatt er es vor <i oder 7 Monaten gesagt, so ist ihm also, denn damals waren wir noch wohlbezahlt, ist es aber seit einem Monat '2 oder 4 geschehen, so ist der gute Herr der sache im gründe nit berichtet gewesen, die erfahrung bezeuget das widerspil, und haben wir ja so grosse ursach zu klagen als der Herr Obrister immer haben kau . . ." Dann fuhr er weiter, seit fünf oder sechs Wochen seien Sebenico und Zara mit der Pest befallen worden und viele Leute seien derselben schon erlegen. Der Proveditor aus ersterem Orte habe den General Foscolo benach- richtigt, es sterben täglich so viele, dass man sie nicht mehr zählen könne und die toten Körper auf der Strasse liegen bleiben. Der Gancelliere della sanitä, der Wund-

M Bern. Staatsarchiv. V. B., A, pag. 1231.

Am 21. Juli langte Kaiser in Venedig an, konnte aber nicht sogleich nach Dalmatien hinüberfahren wegen widrigen Windes und der dortigen Pest.

-) Bern. Staatsarchiv. V. B.. A. pag. 12>!7 f.

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arzt und die Quartierherren seien alle tot und er seihst lege sich krank zu Bette. Der Fourier und vier Soldaten der Compagnie Etter seien gestorben. In Zara wäre die Mannschaft noch verschont, da sie sieh in eine grosse Schanze („Hornwerk" ) ausserhalb des Ortes gerettet habe. Vor ungefähr 14 Tagen habe sieh der Feind das erstemal dieses Jahr vor hiesigem Orte auf einer Anhöhe mit vielen Fahnen sehen lassen. Durch das Los- brennen eines grossen Stückes in der Stadt sei er aber so erschreckt worden, dass er sich wieder zurückgezogen halte und die meisten. Ins auf L000 Spahy und 200 Jani- tscharen. nach Hause gegangen seien. Es sei zu ver- wundern, dass dieser mächtige Feind nicht mit mehr „Resolution" auf das kleine Häuflein eindrang, das ihm entgegengeschickt wurde, denn jedenfalls hätte er ihm den Garaus gemacht, bevor der Rückzug unter die Ge- schütze bewerkstelligt war. Fs sei aber seine Art, dass er ungern Pulver rieche, und augenscheinlich habe der Herrgott bei diesem Werke eingegriffen. Nun sei fast jede Verbindung nach der Schweizerseite abgeschnitten. da man der gefährlichen „Sterbenslatiffen" wegen keinen verschlossenen Brief mehr absenden dürfe, ohne ihn vorher gewissenhaft zu räuchern.

Der Doge Molino sandte auch diesmal wieder viel- versprechende Worte nach Zürich.1) damit die Räte der beiden Städte nicht allzusehr mit Besorgnis erfüllt würden für ihre zerlumpten Soldaten in Dalmatien, für deren Arbeit sie regelmässig Jahr um Jahr die fetten Pensionen einstrichen. Der Doge sagte es ja deutlich:2! „In Be- harrung der gegen Ihre Herrlichkeit zu jeder Zeit be- zeugten Herzlichkeit und aufrichtigen Zuneigung sind

Bern. Staatsarchiv, V. B., A. pag. 124!». -) Bern. Staatsarchiv, V. B., A. pag. 1249.

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vvii' geneigt, Ihnen bei allen Anlässen jede klarste Probe derselben zu geben. Deshalb können wir Ihnen ver- sichern, dass wir den Herrn Oberst sein- gerne verhören. wie es auch schon geschehen ist. und dass ihm in Zu- kunft alle gebührende Satisfaktion widerfahren soll nach dem Masse seines eigenen Verdienstes und der Affektion. die wir für ihn hegen, und vor allem aus wegen der hohen Achtung, in der wir Ihre Herrlichkeit halten. Was die Interessen des Regimentes betrifft, so mag Ihnen belieben, dem Fürbringen unseres Residenten Sarotti Glauben zu schenken, wie Sic es uns selbst thäten." Und dieser brachte in der ihm vom Dogen vorgezeichneten venetianischen Weise am 26. Juni 1649 vor,1) dass die Zahlungen dem Regimente die ganze Zeit, da sich der Herr Oberst in Dalmatien aufgehalten, immer richtig und auf den schuldigen Termin verabfolgt worden seien, ausgenommen, wenn stürmisches Meer die Sendung um einige Tage verzögert habe. Nachdem aber der Herr Oberst von Dalmatien nach Venedig übergeschifft sei, obwohl es nicht nötig war, sei ihm verschiedene Male viel Geld vor- geschossen worden, um daraus dem Regiment alle Not- wendigkeiten zu verschaffen. So sei auch in Abwesenheit Werdtmüllers den Truppen durch die Publici Rapresentanti in selbiger Provinz eine grosse Summe Geldes entrichtet worden, ohne die 30 000 Dukaten, die sowohl für die rückständigen Zahlungen, als auch zum Yorschuss spe- diert worden seien. So stehen seine Herren bereit, dem Oberst nach seinem Wiedereintreffen in Dalmatien jede ihm zukommende Satisfaktion zu gewähren zur P»estäti- gung ihrer Liebe und Affektion, die sie zu demselben beständig hegen. Es wäre am Platz, dass der Herr Oberst seinen Aufenthalt in Venedig nicht länger aus-

') Idein, pag. 1253.

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(lehne da es ja klar liege, welchen Nachteil seine Absenz der Herrschaft und dem Regimente bringen. Deshalb möchten sie (die Räte) ihm eine längere Dilation daselbst verbieten, da er (Sarotti) ihnen garantieren könne, dass seine Herren das Regiment in keiner Weise vernach- lässigen werden.

Am 31. Juli schiffte sich Werdtmüller mit leeren Taschen in Venedig ein. voll Hoffnung, den Versprechungen gemäss in Zara das Geld für sein Regiment bereit zu Hilden. Dort umringten ihn bei seiner Ankunft die harren- den Hauptleute, die ihrerseits sicher darauf rechneten, mit dem Oberst würden auch die Gelder eintreffen. Beide Teile aber waren die Geprellten. Werdtmüller erfuhr noch zu seinem Leide, dass Venedig im Januar statt 30000 Dukaten nur 25000 entrichtet hatte. Re- klamationen beim General waren auch jetzt umsonst an- gebracht, Ihre Not werde dadurch vergrössert. meldete Werdtmüller verzweifelnd nach Zürich,1) dass keine Hoffnung auf Besserung mehr vorhanden sei, oder es werde denn in diesem „extremo malo ein extremum remedium" vorgenommen.

Dazu langten aus Sebenico immer schlimmere Bot- schaften ein, denn dort wütete die Pest so fürchterlich. däss zuletzt von den 8000 Einwohnern nur noch 200 am Leben blieben. Weiss und Etter, mit ihren Knechten dort einquartiert, hielten beim General an, sie aus die- sem heimgesuchten Orte herauszunehmen und zu „refro- chiren", da sie sonst sicher alle zu Grunde gehen werden. Gott möge doch seinen göttlichen Zorn fallen lassen, sich ihres elenden, betrübenden Zustandes erbarmen und ihre verpestete Luft mit gesunder erneuern. Weiss ergriff am 21. 31. Juli wieder die Feder, um die in dumpfe

') Bern. Staatsarchiv, V. B.. A, 1271, 31. Juli 1649.

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Lethargie hingesunkenen Räte der beiden Städte von neuem aufzurütteln und an ihr Pflichtgefühl zu appel- lieren:1) ..... Es mögen Ihr Gnaden (man berichte sie auch im gegenteil wass man wolle) mir keklich glau- ben, dass wir in eine solche Extremität gerahten, dass wir nit wissen, wo hinauss oder an, und dafern Ewer Genaden mit Ihrem hohen Ansehn, uns bev der Durchl. H'. die Vätterliche Hand nit bieten werden, sehen wir nichts als eine endtliche ruin vor unsern äugen. Die 25 000 Ducati so wir allliier und dann die 5000 so unser Herr Obrister zu Venedig empfangen, belangent, ist selbiges vor gessen Brot gewesen, und hat uns für das folgende nit viel geholfen. Bitten derowegen, auch im namen meiner Herrn Mithauptleüten, Ewer Gnaden wollen uns in dieser aüssersten noht nit lassen, sondern sich unser allen ernst annehmen.-'

Als Bern den Residenten mit etwas mehr Nachdruck als gewöhnlich mahnte, dass sich Venedig strikte an die Artikel der Kapitulation halten möge.2) antwortete dieser, in Venedig sei beschlossen worden, eine reichliche Summe Geldes nach Dalmatien fiiessen zu lassen. Wenn sich die Entrichtung des Soldes um einige Wochen verzögert habe, so finde die Herrschaft, man sollte dies der Affektion wegen zugeben, die sie seit Jahren zu den beiden Schweizerstädten hege, ferner wegen der grossen Ent- legenheit der dalmatischen Ortschaften, in denen die Schweizertruppen stationierten, und weil sie zur Auf- rechterhaltung ihrer starken Wehrkraft zu Land und zu Wasser so grosse Summen ausgeben müsse.3)

Unser Regiment war jetzt Ende Oktober um mehr als die Hälfte deeimiert, denn auch in Zara hatte die

*) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, pag. 1287. ') Bern. Staatsarchiv, V. B., A, pag. 1291 t. -) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, pag. 1299 f.

so

Pest so arg gehaust, dass innert drei Monaten an Ein- wohnern und Soldaten 10 000 Mann starben. Die Com- pagnie Loehuianns wies noch 26 Mann auf. die Her- manns 46 und diejenige Etters !)<): auch zwei Lieutenants wurden durch die gefährliche Krankheit dahingerafft. Da nun innige der Compagnien so sehr zusammenge- schinolzt n waren, durften sie eigentlich nicht mehr als Einheit figurieren, weshalb der General dem Oberst vor- schlug, das Regiment zu reorganisieren und aus den zehn Truppenkörpern sechs zu bilden. Der Oberst be- rief seine Hauptleute zusammen nach Zara und dort be- schlossen sie. auf den Vorschlag einzugehen. Hauptmann Etter vereinigte seine Compagnie mit derjenigen Her- manns, welcher nach Bern zurückgereist war. v. Erlach übergab seine Abteilung dem Hauptmann Jenner. um ebenfalls nach Hause zurückzukehren und bei der Obrig- keit gegen seinen gewesenen Proveditoren . der ihn schändlich behandelt, Klage zu führen. So wurde unter Vorbehalt der Gutheissung durch die Räte Zürichs und Berns folgende Neugestaltung des Regimentes vorge- nommen : ' )

, . Comp. Loehniann 26 I , .

/ebeillgo: ., ., , . ,, Q .. ,,. inQ J 1Ö4

° mit ihr verschmolzen Comp, spondli KiS )

(gestorben)

. Etter 90 | . ...

Zebenigo: .„ M36

- .. ,, Hermann 4b I

r/ Weiss 13s |

Zara : . ^ , , „„ \ 1 71

,, ,. ' :: ,. v. Erlach 33 I

Burkhardt 75 1 , ,-,_ Iran : w _„ 12/

,, .. Y\ aser 52 I

(gestorben)

o i * '• Jeuner 82 1

Spalato: , F , , rü\ loO

- 3 ,. v. Erlach 68 I

1018

x) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, pag. 1329.

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Diese Regulation trat sofort nach der Bestätigung

durch beide Regierungen auf 1. November 1649 in Kraft.

Wir haben gesehen, dass die Compagnie v. Erlachs

unter die zwei andern von Jenner und Weiss verteilt wurde. Erlach war alter immer noch in Dalmatien, nur lebte er seit Anfang August als Gefangener in Spalato. Das Motiv zu seiner Gefangenschaft gab folgender An- lass: 1) Eines Tages wurde ein Soldat aus der Compagnie des verstorbenen Hauptmanns Spöndli, der beim Quartier des Gouverneurs Schildwache stand, ohne Ursache töd- lich verwundet. Als der Thäter gleichwohl öffentlich herumlief, beklaute sich v. Erlach beim Gouverneur und verlangte, dass der Kerl eingezogen und bestraft werde. Dies geschah aber nicht. Kurze Zeit darauf rügte der Gouverneur, die Soldaten verkehren zu grob mit den Leuten, die am Hafen beschäftigt seien, v. Erlach ent- gegnete ihm, er werde nun überhaupt die Schiffswachen zurückziehen, da er sich um den misshandelten Soldaten nicht gekümmert. Gesagt . gethan. Die abtretenden Wachen wurden aber mit Stockstreichen wieder auf ihre Posten getrieben, und als sich Erlach darüber beim Proveditoren beschwerte, befahl ihm dieser, als Arrestant ins Kastell zu gehen. Als er nicht dort, sondern im Quartier den Arrest absitzen wollte, wurde er nicht nur vom Gouverneur, sondern auch vom Major uud Stadt- adjutanten mit Schlägen und Stössen traktiert, „wie man es nicht ärger mit dem ärgsten Übelthäter hätte thun können". Erlach wurde hierauf entwaffnet. ..zwischen Piquen" ins Kastell geführt und der Zutritt zu ihm unter schwerer Strafe so lange verboten, bis der Rapport an den General ausgefertigt war. Der Sekretär wollte nun als Augenzeuge nicht das Gegenteil von dem Yorgcfal-

') Bern. Staat5arckiv. V. B.. A. 1333 f.

Archiv des histor. Vereins. XV. Baml 1. Heft

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lenen niederschreiben, wie ihm diktiert wurde, sondern lief lieber weg, indem er ausrief: „Signori, questo sa- rebbe im processo ingiusto!" (Meine Herren, das wäre ein ungerechter Prozess.) Der Fähnrich Erlachs, der geheissen wurde, ins Quartier zu gehen, erwiderte, er werde nur dem Befehl seines Hauptmanns gehorchen, worauf man ihn entwaffnete und in ein Gefängnis steckte, wo sonst nur Schelme sassen.

Sobald v. Erlach die Erlaubnis erhielt, erzählte er den Vorgang schriftlich seinem Obersten und benützte diese Gelegenheit, weitere Fälle von Misshandlungen zu berichten, die sie in Zara zu erdulden hatten. Im vergangenen Winter hatten Spöndli und er beim Proveditoren ange- halten, die Wachen mit Holz auszurüsten, wie dies auch in Frankreich gepflegt werde, Da dies abgeschlagen wurde, holte sich eines Tages ein Soldat von der Wache zwei kleine Feigenäste, worauf ihn die Bauern mit mehr als vierundzwauzig Stichen ermordeten, ohne dass eine Untersuchung wäre eingeleitet worden. Zwei andere Soldaten, die „der noth halber ins Holz gingen", wurden von den Bauern erschossen; zwei wurden „entwehrt und gequetscht" und drei der Compagnie Stapf er sonst übel traktiert, Ein Knecht, der einige Brombeeren von einer Staude pflücken wollte, wurde gefährlich gestochen und ein anderer arg, gehauen. Dem Wachtmeister v. Erlachs drohte der Stadtmajor : *) „Gebt acht auf eure Soldaten, sonst lässt sie der Herr Proveditor alle ein- sperren, nicht nur den Hauptmann, denn um eure Schmutzkapitulation (Gap. di merda) scheert er sich einen Pfifferling." Klagen beim Proveditoren wurden mit leeren Worten abgewiesen. Erlach verlangte nun in erster Linie, vor ein „richtiges Verhör" gestellt zu

!) Bern. Staatsarchiv, V. B., A, italienisch, 1351.

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werden, damit er sich dort rechtfertige und seine und des Regimentes Ehre retabliere. Nach zehnmonatlicher Gefangenschaft sah er sich dann durch Vermittlung Werdtmüllers wieder freigelassen. Der Proveditor leis- tete ihm Abbitte, indem er gestand, er habe sich vom Zorn überwältigen lassen. Da Erlach von Werdtmüller als des Ungehorsams schuldig befunden wurde. Hess man die Angelegenheit damit ruhen.1)

Die Verhaltnisse in Dalmatien hatten sich seit der Reorganisation des Regimentes eher noch verschlimmert als gebessert. Im August 1650 war allerdings eine Summe von 10000 Dukaten angelangt, aber diese reich- ten nicht einmal zur Deckung der Schulden aus.-) Da- gegen erlaubte sich Venedig, von jetzt an für die Lebens- mittel Zölle abzufordern, für ein Stück Rindvieh 6 Gulden, für das Mütt Korn einen und für ein Fässchen (Barilei Wein ti Batzen. Werdtmüller glaubte deshalb gut zu thun. sich wieder einmal in Venedig sehen zu lassen. Bei der ersten Unterredung mit dem Dogen stellte ihm dieser Extrabelohnungen in Aussicht, wenn er mit sich, d. h. mit dem Regimente markten lasse.3) Der Oberst wollte sich aber dazu nicht bequemen, und so kam es zwischen ihm und dem Savio della Scrittura am 5. Oktober 1650 zu einem Vertrag, laut welchem das Regiment seine Entlassung erhielt.4) Darin stund ferner: Werdtmüller soll nach Dalmatien zurückkehren und sein Regiment mustern lassen. Nachher soll aus- gerechnet werden, was man demselben seit der letzten Musterung vom Oktober lü-l'.ii!) laut Kapitulation schulde. 75 000 Dukaten verspricht die Herrschaft innert vier

J) Bern. Staatsarchiv. V. B., A, 1345. -) Bern. Staatsarchiv. V. B., A, 1369. 3) V. B.; B. 14>5. 4i V. B.. B. 1501.

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Monaten zu entrichten und zwar jeden Monat ' i der Summe. An der venetianischen Grenze soll das Regi- ment licensiert und für 20 weitere Tage besoldet werden. Der Conservator del deposito ist kraft dieses Dekretes schuldig, die monatlichen Zahlungen vorzunehmen, und er darf sein Amt nicht eher abtreten, bis sie erfolgt sind.

Als Werdtmüller wieder in Dalmatien erschien, teilte er den Hauptleuten den Vertrag mit. den er „galge trist wyss" aus Not eingegangen.1) Man kalku- lierte, dass Venedig dem Regiment c noch 200000 Dukaten schulde. Von den 75000, die Venedig entrichten wollte, mussten gleich L0000 in Dalmatien und 50000 in Venedig selbst zur Tilgung der Schulden ausgegeben werden. Auf die Bezahlung der obigen Summe durfte Werdt- müller noch nicht sicher zählen, da man. wie er sagte, „hier niemanden glauben kann".

Als die zwei Städte von der Entlassung des Regi- mentes Kunde erhielten, schickten sie dem Oberst ein Generalkreditiv. 2 ) wonach er sich fremde Soldaten, die als Angehörige des Regiments der Fahne treu gedient, nicht solle „abzwacken" lassen, es sei denn, dass diese dazu einwilligen. Jeder Soldat solle seine Waffen heim- bringen, damit sie an den richtigen Ort deponiert wer- den. Die Kontumatia soll nach Möglichkeit abgekürzt werden, und Venedig möchte die Kreditoren ersuchen, Geduld zu üben, bis es selbst den Rest der schuldigen Solde ausbezahlt habe.

General Foscolo schlug nun Werdtmüller vor. 3) mit seinem Regimente ins Innere des Landes dem Türken

') V. B., B, 1503.

2) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 1526.

s) Die Quellen geben nicht an, ob dieser Vorschlag von ihm selber ausging oder von Venedig. Bern. Staatsarchiv. V. B., B, 30. Oktober 1650, Zürcher Staatsarchiv 211, Mappe 4.

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entgegenzurücken, und der Oberst zeigte sich merk- würdigerweise sogleich dazu bereit. Bern schrieb aber ganz erstaunt darüber seinen Hauptleuten, dass sie so- fort den Abschied nehmen und sich mit ihren Truppen auf den Heimweg begeben sollten. Der geplante Zug unterblieb wegen der Opposition der Schweizerregie- rungen, denn auch Zürich hatte an den Oberst eine ähnliche Aufforderung ergehen lassen, und weil in Se- benico und Spalato von neuem die Pest auftrat. ') Der Doge sprach den beiden Städten seine volle Genug- tuung aus über des Regimentes und des Obersts Leis- tungen, die jetzt nach erfolgter Satisfaktion sich einer gesicherten Heimkehr erfreuen werden.-) Es wurde ihm aber treffend geantwortet: „Die Worte sind abermals gut, aber es ist sehr zu wünschen, dass die Werke den- selben entsprechen."

Die Rückkehr der Truppe ging über Spalato. Zara, wo 'bis Regiment nach freundlichem Abschied von allen Raprösentanti am 1. Oktober 1651 mit 888 Mann an- rückte. Nach zweiwöchentlicher stürmischer Fahrt wurde die Lagunenstadt erreicht, und kaum angekommen, be- gab man sich zur Kontumatia ins neue Lazarett, wo

! i V. B., B, 30. Oktober 1650.

-) „Quel concetto e quella stima, con la quäle si riceve gia dal- l'attetto di V. V. S. ö. Illma Fammassainento delle militie di sua nazione per servir iu Dalmatia, si e contiuuato a testimoniar sempre al Re- giruento tin che si e trattenuto in Provincia, ed ora, che deve resti- tuirsi in Patria, riceverä non dissiniili demostrazioni dalla cordialitä e predilettione del Se.nato. Fede indubitata ne farä sempre il Signor Colonello Verdmaller, alle cui soddisfazioni s'e pienarnente conde- sceso iiell: ultimo aecordato. onde n:e egli riniasto con intiero conteuto. et nelF essecutione sarauno puntualmente adempite le parti del sta- bilito. Vaglia " Zürcher Staatsarchiv 214, Mappe 6.

liier Abdankung und Hfirureise des Regimentes siehe V. B., P». 1501 tf.

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das Regiment längere Zeit verweilen musste, denn einige Soldaten litten immer noch an der Pest.

Eine Zumutung an Werdtniüller, das Regiment zu entwaffnen, wurde von ihm entschieden abgewiesen. Die Heimreise erfolgte noch nicht, weil die Bezahlungen immer noch ausstanden und die Offiziere geschworen hatten, lieher Leib und Leben zu lassen, als ohne Geld abzu- ziehen. Als Zürich und Bern noch einmal an die Ehre Venedigs appellierten, Hess der Doge dem Regiment den Best der 75,000 Dukaten endlich zustellen, was er auch sogleich in schwülstiger Weise nach Zürich meldete. Ob- gleich Oberst und Hauptleute immer noch den Sold für den Monat März zu fordern hatten, wurde jetzt der Rückmarsch angetreten, und Mitte Februar 1651 zog das Regiment nach langen, mühevollen Märschen über die schneebedeckten Alpenpässe Bernina und Julier. für deren Öffnung man vorher gesorgt hatte, in Zürich ein, wo die Waffen der Zürcher sogleich im Depot magaziniert wur- den. Nachdem dies geschehen, begab sich Werdtniüller zu einem längern Aufenthalte in die Bäder nach Baden.

Einen Überblick über den Zug nach Dalmatien gab später Gabriel Weiss, indem er in seiner Autobiographie erzählt: ])

„Als sich bei der Werbung Venedigs mein Kriegs- geist wieder entflammte, bin ich montags den 10. Aprilis zu einem Hauptmann des Regiments erwehlt worden, so lass ich nach 6 Jahren meiner schwedischen Entlassung in meiner militärischen laufbahn eher rückwärts als vor-

') Der später beigefügte Titel dieser im „Berner Taschenbuch", .Jahrgang 1874 77, erschienenen Autobiographie lautet: „Souvenirs personnels de Nobl et Genereux Gabriel de Weiss Albi. JSeigneur de Mollens, Collonnel d'un regiment suisse au service de Yenise, senateur de Berne, Ballif de Lausanne, Haut Cominandant du Pays de Vaud, Ambassadeur etc. etc. 1613 75."

wäi'ts manoevrirt bin. 1) Wir haben unsere Werbungen, weil Dalmatien noch ein unbekanntes Land war. mit höchster Mühe und merklich grossen Kosten verrichtet. ich meinerseits habe nach 2 beträchtlichen Verlusten nur zu viel und wie man sagt, le vert et le sec daran verwendet. Den 9. Juli bin ich mit meiner Compagnie, die in auserlesener Mannschaft bestuhnde, von IJern aus- gezogen, und nachdem wir in Italien etwas aufgehalten wurden, sind wir den 20. Oktober hernach zu Zara in Dalmatien wohl angelangt. Bald nach unserer Ankunft ist das ganze Volk, wenige ausgenommen, an hitzigen Fiebern erkrankt, so dass etliche Hundert daran starben. Ich selbst bin auf den Tod darnieder gelegen. Nachdem diese Krankheit nachgelassen, und wir vermeint, ent- runnen zu sein, hat der liebe Gott uns mit der lästigen

') Siehe Biographie des Oberst Weiss, pag. 11t.

Ein Bauer von Wynigen schreibt über den Zug des Regiment;. Werdtrnüller, pag. 17: (Herausgegeben von Wolfgang Friedrich v. Mülineo unter dem Titel : „Die Chronik des Jost von Brechers- häusern. 1598 1658.")

.. Von dem Zug in Dalmatia und Venedig «im 1048.

Den 8. Brachmonat beschah der Aufbruch zu Bern. er>tlich mit 4 Fahnen und mornderigs Tags noch mit 2 Fahnen, soviel als 1500 Mann, mit einanderen nach Zürich, darnach mit so viel Zürcher Fähnli, auch 1500 Manu oder mehr habe ihr Oberster ghan, die zugen als denen Venedigeren zu gutem um ihren Sold, nach Venedig und ferner bis in Dalmatzien, soweit dass keine Fahnen von Bern niemaleu so weit getragen worden und wiederum heim, aber nachdem sie 3 Jahre gedienet, zugen die noch Lebenden wiederum heim und klagten noch, sie seyen übel bezahlt worden : wie man sagt sind sie etlich hundert Mylen uf dem Meer gefahren und an der Türken Land kommen, und mit ihnen gescharmüziret, auch Türkeuleut mit ihnen heimge- bracht ; in diesem Zug blieben auch 3 Hauptleut dahinden. Zwen von Zürich und einer von Bern. Der Hauptmann Etter wurd mit- gerumt und doch ein guter Kachelmann, der Geld geliebet über alles."

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Pest noch heimgesucht, dass auch an derselbigen Viele gestorben, auch etliche von meinen domesticis. Als nun diese leydige Sach mit uns ein Vernügen hatte, sind wir auf Begehren und in mehreren Rücksichten ziemlich un- zufrieden, abgedankt, nach Venedig geschifft, daselbst im Lazaretto nuovo unsere Quarantaine gemacht, nach welchem wir in der herben Winterkälte fortmarschiert, und bin montag den 17. Februar 1651 in Bern tröstlich eingezogen.''

Neben dem Regiments Werdtmüllers standen in venetianischen Diensten noch andere schweizerische Truppen. So schickte deren der Baron von Coppet, Basel. Schwyz, Giarus, Solothurn und Bünden, alle, mit Ausnahme der beiden letzten, gewöhnlich nur kleine Alt- teilungen von der Stärke eines oder mehrerer Fähnlein.

Venedig war alter auch Absatzgebiet für Leute, die man in der Schweiz als Vagabunden, Lumpengesindel u.dgl. bezeichnete. Am 25. Oktober 1645 stellte die Berner Regierung der Handelsrepublik zum erstenmal die „täglich gewahrsamlich in Müssiggang herumstreichenden starken bösen Buben" zur Verfügung. Sie schrieb darüber an den Residenten:1) Sic sei in der Resolution begriffen, in ihren Landen eine Jagd vorzunehmen, damit die land- laufenden . schwarzen , hochschändlichen Buben ihren Unterthanen abgenommen und weiters geschickt werden. Sie habe nun gedacht, dass der Herrschaft, ihrer Ver- bündeten, damit gedient wäre, wenn sie ihr diese zu Kriegs- oder Galeerendienstcn tauglichen Personen über- weisen würde. Beliebe es. so möchte man mitteilen, wo und wann dieselben abzuliefern seien. Venedig war gleich bereit, solche Vaganten als Ruderknechte auf den Galeeren zu verwerten und dieselben von Lenzburg an

') Bern. Staatsarchiv, V. B.. C. pag, 2023.

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auf eigene Kosten weiter zu transportieren. Der Termin der Jagderöffnung wurde geheim gehalten und auf die

Tage vor und nacii dem „Ostermärif festgesetzt. Die überall gleichzeitig auszusendenden Profossen sollten nur solche parken, die man in Venedig gebrauchen konnte: Weibsbilder und Krüppel waren also ausgeschlossen. Die Festgenommenen sollten dann, nachdem sie ihr Messer ausgehändigt, zu 4- zusammengekoppelt an den mit Luzern und Solothurn verabredeten Ort Lenzburg gebracht werden. Ungebührliches Betragen auf der Strasse ver- fiel strenger Züchtigung. Diese erste Jagd auf das un- nütze Gesindel, wie man es auch zu nennen pflegte, endigte kläglich, da es den meisten Landstreichern ge- lang, zu entrinnen. Nur lo wurden in den bernischen Landen gefangen, die dann mit den andern gleichzeitig in Luzern und Solothurn Gepackten in Lenzburg ver- einigt wurden. Nach einer flüchtigen Untersuchung, ob sich etwa Unschuldige darunter befänden und wirklich wurde ein solcher wieder laufen gelassen führte sie der Hauptmann Sorghi. 34 an der Zahl, mit seinem Fähnlein ins Venetianische. 20 unter diesen Übelthätern waren zur Galeere verdammt, und zwar variierte die Dauer der Zeit von 3 Jahren Ins zu lebenslänglicher Ver- dammnis; die meisten zählten, abgesehen von einem 50jährigen, nur 14 18 Jahre. In Solothurn hatte der Hauptmann für 4 Dublonen Ketten gekauft, mit welchen er sie nun zusammenkoppelte und nach Bergamo führte, wo sie gegen eine Entrichtung von 400 Dukaten für ihren Unterhalt während der Reise ausgeliefert wurden. Im Mai 1651 eröffneten fast alle Kantone mit dem Abt von St. Gallen wiederum die Jagd auf die Vagabunden, aber niemand wurde eingebracht, weil zu frühe Stimmen davon ins Land hinausdrangen. Mitunter wurden ein paar über die Grenze spediert, aber die meisten konnten

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immer entwischen. So desertierte einer auf dem Gott* hardhospiz, dem Frauenhand wahrscheinlich die Ketten löste.1) Im Frühling 1652 schickte Lueern zwei zu sechs Jahren Galeere verurteilte Sträflinge mit folgendem Schreiben an den Residenten : 2) Bürgermeister und Rat der Stadt Luzern thun hiemit kund, dass die beiden Unterthanen Nikiaus Habermacher und Joseph Huber in ihre Ungnade gefallen seien, weil der eine ehrliche Leute so betrog, dass sie eine Summe Geldes verlieren mussten, während der andere seinen Eltern mit schlimmen Redens- arten gedroht hatte. Da sie nicht umhin können, die- selben frei ausgehen zu lassen, sollen sie als Beispiel für andere ziemend gezüchtigt werden. Als Galeeren- sträflinge sollen sie während (i Jahren ihre Fehler ein- sehen lernen. So ersuchen sie den Herrn Ambassadoren freundlich, dieselben mit bestimmter Anweisung an ihren Ort zu spedieren, damit ausgeführt werde, was die Sentenz besagt. - Schwyz verurteilte auch :;> solcher Subjekte zu 6 8 Jahren. Dem einen jagte der Name Galeere. ..der mehr gefürchtet war als der Tod", .solchen Schrecken ein. dass er zum Gefängnisfenster hinaus- sprang, sich dabei schwer verwundete, gleichwohl aber noch eine Stunde weit lief und dann, eingeholt, am andern Tag starb. Luzern sandte nach dem Bauern- krieg 6 Aufrührerische in die Galeeren und Bern eben- falls •'! Entlebucher.3)

lim die Wende des Jahrhunderts wurde auf das in die Eidgenossenschaft eingedrungene Gesindel von neuem Jagd gemacht. An der gemeineidgenössischen Tag- satzung in Baden am 26. März 1689*) forderte man alle

') Buudesarchiv, Bd. 64, Anfang Mai.

2) Buudesarchiv. Bd. 64, März 1652.

:') Bundesarchiv, Bd. 64, Juli 1653.

*) Eidg. Abschiede. Bd. VII ■>, pag. 264.

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Orte auf. das Diebsgesindel, das sich teils falscher Steuer- büchlein bediene, teils Falschmünzerei betreibe, zu parken und zu bestrafen, oder auf die venetianischen Galeeren

zu senden, zu welchem Behufe mit Venedig ein Vertrau' einzugehen sei. An der Konferenz der Städte Bern, Freiburg und Solothurn zu Aarberg1) ging man darin einig, die landesfremden Strolche, die von Ort zu Ort ziehen und sich bei den Bauern gleich den französischen Dragonern einquartieren, mit Gewalt über die Grenze zu schaffen, und zwar zeigten sich Solothurn und Frei- burg willens, dieselben Venedig zu liefern für Galeeren- dienste nach Morea, während Bern die seinen Branden- burg oder irgend einem andern fernen Lande übermitteln wollte. Auch Appenzell und der Abt von St. Gallen waren entschlossen, „die gefährlichsten Luder" als veno- tianisches Galeerenfutter zu verwerten.2) und im Januar 1700 erklärten sich Bern. Basel. Freiburg und Solothurn bereit, Venedig für den Krieg gegen die Türken in Morea ganze Vagantenfamilien zur Verfügung zu stellen.3)

x) Eidg. Abschiede, Bd. VII 2, pag. 432.

2) Eidg. Abschiede, Bd. VII 2, pag. 702.

:;) Eidg. Abschiede, Bd. VII 2, pag. 838.

Jost von Brechershäusern berichtet (pag. 27) von den soge- nannten Sckwarzhuben : Anno 1647 waren sie vor diesem vertriebene Leut wegen des 30jährigen niederländischen Kriegs, die hat us Er- bärmd von Kind uf im Land geduldet und sind etlich 100 also im Landbettel auferzogen. Da sie nun stark wurden, gesellten sich ihrer viel .... und Buben zusammen und fiengen rauben und stehlen ohne Scheu und Forcht und trieben nun überflüssigen Mathwillen. Mun sobald solche Uebung und gräuliche Sachen unserer Oberkeit geklagt wurde, haben sie eine allgemeine Landjäge wohl 3 Tage lang angestellt in der ganzen Eidgenossschaft sie zu suchen und ordnet sie gebunden und gefangen us dem Land uf Venedig zu uf das Meer. Etliche wurden hingerichtet, und die .... von Stadt und Land vertrieben. Also wurde das Land wieder gesaüberet. Aber sind noch lebig Wurzeln überblieben, dass noch allzeit neues Unkraut davon aufwachst."

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Dieses Beispiel der Spedition schweizerischen Diebs- volkes auf die Ruderschiffe der adriatischen Handelsstadt fand Nachahmung in deutsehen Städten, wie Bamberg (1700), Stuttgart (1716), Nürnberg (1714) etc.

3. Kapitulation und- Zug des Regimentes Weiss nach Dalmatien.

Den Offizieren des Regimentes Werdtmüller schul- dete Venedig immer noch Geld. Im Oktober 1651 reiste der Oberst wieder nach Venedig' zurück, um die rück- ständigen Solde einzukassieren. Versprechungen erhielt er zur (reinige, aber Geld keines, weshalb er einen „Express" zurückliess und unverrichteter Dinge wieder abzog. Auch die Hauptleute Weiss. Jenner und die Erben des Hauptmanns Hermann verlangten ihre noch ausstehenden Betrage, wurden aber von Venedig um neuen Aufschub gebeten, da die schweren Zeiten und der kostbare Krieg mit dem Erbfeind ihre Mittel er- schöpft hätten.1) So ging es noch tief in die sechziger Jahre hinein, bis Venedig den Rest der rückständigen Soldbetriige an die von Zeit zu Zeit sollicitierenden Gläubiger getilgt hatte.

Unterdessen war der Krieg Venedigs mit den Tür- ken in eine neue Phase getreten.2) Nachdem er einig«1 Jahre ohne entscheidende Begebenheiten verlaufen war. wurde er 1654 wieder mit frischer Energie weitergeführt. Die venetianische Flotte blieb eine Zeit lang siegreich, dann wandte sich mit dem Jahr 1657 das Kriegsglück. Eine dreitägige Schlacht in den Dardanellen, die für die

') Bern. Staatsarchiv. V. B.. B. 23. Mai 1054. Buiulesarchiv, Bd. (i.j. Februar und September 165-1. - 1 DarUj i>;il:. 072 75.

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Venetianer wegen Sprengung der Pulverkammer in Moce- nigos Admiralschiff verloren ging, hemmte den Siegeslauf

der Kriegsschiffe Venedigs, und nachdem sich die Türken schon auf Candien Vorteile erworben, eroberten sie noch Tenedos und Leumos. Auch an der bosnischen Grenze begann der Sultan den Kampf mit neuen Kräften.

Nun bat der Doge im Februar 1658 wieder um Hülfe von Regimentsstärke.1) Zürich und Bern, an welche die Bitte gerichtet war, zeigten sich ohne langes Zögern dazu bereit. Die Artikel der neuen Kapitulation wurden durchberaten und dieselbe Ende März ausgefertigt. Ihr Wortlaut ist in den Bestimmungen, die neu hinzukamen oder abgeändert wurden, im Auszüge folgender:

Die Republik Venedig hat durch Herrn Paolo Sarotti. ihren Residenten, die beiden Städte Zürich und Bern am 3./13. Februar 1658 um Aushebung eines Regimentes von 1200 Mann ersucht, um sich ihrer laut Bestimmungen des Bundes in der gegenwärtigen Not zu bedienen. Nach- dem einige Artikel umgeändert und den gegenwärtigen Zeiten angepasst wurden, hat man die Aushebung unter folgenden Bedingungen gewährt:2)

1. Die Compagnien enthalten mit Einschluss der Offiziere 200 Mann. Das Regiment umfasst also (i Com- pagnien waffenfähige, dienstbereite Soldaten. Die eine Hälfte liefert Zürich, Bern die andere und den i )berst.

2. 4. gleich wie in der Kapitulation von lt>48. Zusatz: Um jeden Betrug unmöglich zu machen, finden jeden Monat die Musterungen statt und zwar so. dass man von jedem einzelnen den Namen, Farbe der Haare und andere Merkmale aufzeichnet (nome, pelo. segno). Werden die Truppen nicht jeden Monat pünktlich be- soldet, so sind weder der Oberst noch die Hauptleute

') Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 3. 13. Februar 1658. 2) Bundesarchiv, Filza 55, Nr. 134.

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verpflichtet, die Musterungen in anderer Form vorzu- nehmen, als sie die Kapitulation von 1648 bestimmt.

Alle andern Artikel der 1648er Kapitulation von Xr. r> bis inclusive 19 bleiben sich gleich. Beigefügt wird nur. dass die Republik Gefangene des Regimentes, die in Feindeshand bleiben, beim Friedensschluss oder beim Gefangenenaustausch vor den andern berück- sichtigen wird.

Die Kapitulation wurde vom Senat am 20. April 1658 in Pregadi gutgeheissen.

Unter den erwählten Hauptleuten treffen wir Ver- wandte der Offiziere vom Regiment Werdtmüller, so bei den Zürchern, neben den neuen Edlibach und Schlatter, den Hauptmann Johann Huldreich Lochmann, bei den Bernern Johann v. Erlach, ferner Georg Langhans und Weiss,1) von Venedig zum Oberst ernannt wegen „synen

') Weiss erzählt von seiner Wahl zum Oberst: „Da Bern den Oberst geben sollte, hat Herr Samuel Lerber selbiges zu erlangen, deswegen uuverwylt sich nach Zürich begeben, daselbst bei Herrn Paolo Sarotti, venezianischem Residenten angemeldet ; ich aber bin von der Landvogtei auf empfangenen Bericht Ihme auf dem Fu*s gefolgt und vom besagtem Residenten vorgezogen worden und zum Obristen über dieses venezianische Regiment ernamset: daruff die Werbung augegangen und mit weit grösserer Facilität vollbracht worden (als 48) massen ich den 8. Aprilis zu Saanen von Weib und Kind und meinen Amtsangehörigen Abschied genommen und den 14. mit meinem Volk von Bern ausmarschirte. 5 Tage vor meiner Ab- reise hatte ich einen sehr unbeliebigen Streit mit Herrn A J (Adrian Jenner?) welcher mir äusserst grob in Gegenwart angesehener Zeugen begegnete, weilen ich ihm nicht zu einer Compagnie in obgedachtem Regiment behültiich sein wollte. Ich musste meiner Stellung Rech- nung tragen, die Cartels wurden gewechselt, der Kampfplatz auf den morndrigen Tag in Bremgarteu unten an der Rappenfluh festgesetzt und auf das Begehren des Herrn J. sollte man sich auf den Tod schlagen: Das Gefecht war aber kurz: Ich benutzte meine Über- legenheit und Krafft und Fechtkunst und bei der ersten Riposte riss ich ihm den Degen aus der Faust, brach entzwey und warf ihm die

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wohl bekannten besten qualiteten und insonderheit wegen der glitten diensten, die er schon in Dalmatia geleistet". Schwyz, (Harns und Bünden hielten die Fasse auf ein Gesuch hin geöffnet. Weiss wollte den Schwyzerboden aber lieber rechts liegen lassen, um allerlei Ungelegen^ heiten, die durch „Stichworte" entstehen könnten, zu vermeiden und dafür den Weg durch St. Gallen zu nehmen. Die Compagnien waren diesmal nicht nur voll- ständig, sondern, das Regiment besass 260 Überzählige. Viele hatten schon den ersten dalmatinischen Zug mit- gemacht, andere waren im Villmergerkriege beteiligt ge- wesen, so dass nur die ganz Jüngsten zum erstenmal e die Kriegswaffen trugen. Unter diesen wollte der Resi- dent einige Knaben licensieren, aber er stiess auch dies- mal auf solchen Widerstand, dass er sie mitziehen liess. Zürich hatte auf Kosten Venedigs die Waffen vorher reparieren und reinigen lassen, so dass die zürcherischen Knechte, zum Teil auch wegen der bessern Bekleidung. den gefälligeren Eindruck machten als die bernischen,

Stücke vor die Füsse mit den Worten : vous nie devez la vie, welches. er dankbariieh annahm, und es freute mich, so schadenloss beendigt zu haben."

Gabriel Weiss, Sohn des Samuel Weiss Albi, der als General- auditeur und Präsident d^s Kriegsrates in Siebenbürgen gestorben, studierte auf den Hochschulen von Basel und Paris, wurde Haupt- mann in königlich schwedischen Diensteu. trat als solcher 1648 in venetianische Dienste, avancierte 1651 zum Stadtmajor, erhielt 1656 die Laudvogtei Saanen. wurde nach der Entlassung seines Piegimentes 1660 Mitglied des kleinen Rates, Zeugherr, dann Oberkoinmandaut der Waadt und 1678 Salzdirektor. Für die verfolgten Waldenser im Piemont war er 1764 als Gesandter zum Herzog von Savoien ab- geschickt worden und von 1759 65 hatte er die Aufbauung der Be- festigungen von Aarburg besorgt.

Dekan Yenner führt in seinem Tagebuch au, da-~ Weiss aus Dalmatien „eine Tochter aus der Türkei" als Magd heimführte, die 1652 im Münster getauft wurde. Patin war u. a. die Schultheissin. (Gen*. Mitteilung des Herrn Prof. v. Mülinen.)

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die ihre Ausrüstung aus den Zeughäusern gerade in dem Zustand bezogen hatten, in welchem sie vor 10 Jahren magaziniert wurden. Beim Eide schwuren Offiziere und Soldaten, den Vorgesetzten und ihren Befehlshabern im Felde und in der Garnison Treue zu leisten, von den Fahnen nicht zu weichen bis in den Tod. auf Freundes Land und Boden nichts zu beschädigen und die Gebühr für Speise und Trank zu bezahlen, sich nicht ohne Be- fehl des Obersten oder des Hauptmanns zu trennen, sondern in Liebe und Leid getreu bei einander zu bleiben. die heimlichen „Wortzeichen" niemand zu offenbaren oder man sei dazu autorisiert, die Wacht richtig zu ver- sehen und nicht zu verschlafen oder ungeheissen zu verlassen, keine Fluchtversuche zu unternehmen, sondern solche, die dessen willens sind, zu denunzieren, keine heimlichen Versammlungen. Meuterei oder Anschlag zu inscenieren ohne des Obersten oder des Hauptmanns Mitwissen, nicht auf des Feindes Boden Häuser oder sonst etwas in Brand zu stecken, ohne dafür Befehl zu er- halten. Sie schwuren, mit einander friedlich und lieb- reich zu leben, sich getreu und ehrlich zu verhalten, so dass Venedig dadurch Vorteile geniesse, und Zürich mit Bern wie die gesamte Nation Ehr. Lob und Ruhm davon- tragen werden. Kurz, man schwur, alles das zu leisten, was ein ehrlicher Soldat und Kriegsmann zu thun schuldig ist.1) Am Sankt Markustage 1658 marschierten die drei Zürchercompagnien aus der Limmatstadt. Weiss ritt auf einem prächtigen Schimmel, den ihm der Resident kurz vorher geschenkt. Viele Kilometer weit wurde die Truppe vnii einigen Hundert'2) Frauen und Männern begleitet, die ihren Gatten und Freunden noch schnell die Taschen mit Geschenken füllten.

!) Deutsches Spruekbuch der Stadt Bern. SS.

2) Im Original 2000\ Bundesarchiv. Bd. 08, April 1658.

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In Schwarzenbach musste der Oberst dem Vogt drei Dukaten einhändigen. Derselbe fordert'' sogar, dass die

Wachen bezahlt werden, welche man für den Durch- marsch des Regimentes aufstellte. Weiss fand, dass dieses eine unter Freunden und Bundesverwandten un- erhörte Forderung sei und ging nicht darauf ein. Der Landvogt Hässy auf Iberg bei Lichtensteig, dem man wegen seines Ansehens und aus Furcht, ihn zu belei- digen, nichts anbot, erklärte dem Fähnrich des Obersten. dass ihm billigerweise eine Dublone gebühre, die er dann wirklich auch erhielt. Ähnlich erging es Weiss mit dem Hofammann zu Nesslau und dem zu Wildhaus, die jeder eine Silberkrone erhielten und bewirtet wurden. Dasselbe Experiment wiederholte sich bei jeder durch- ziehenden Compagnie, die laut Bündnis in täglichen Ab- ständen voneinander marschierten. Alle wurden über denselben Kamm geschoren.1) Gerne wäre man dem kürzesten Wege über die Bernina nach Tirano gefolgt. aber der hohe, weiche Schnee gestattete dies nicht und deshalb rückte man von Thusis über den Splügen vor gegen das Veltlin. Am 30. Mai traf Weiss mit seiner Truppe in Venedig ein. wo ihm gleich ein Monatssold verabfolgt wurde. Die Ankunft des prächtigen Schweizer- regimentes wurde in Venedig wieder freudig begrüsst. Einige meinten: „Gesegnet seien diese Völker, die uns zuzuspringen einen so weiten Wey; reisen/' in Venedig waren ebenfalls anwesend die (»bersten Büler von Solo- thurn und Danse von Genf mit Ergänzungstruppen für ('andien. Darunter befanden sich auch viele Zürcher und Berner in so elendem Zustande, dass sie Weiss gerne in sein Regiment aufgenommen hätte: die Kapitulation Hess es jedoch nicht zu.2)

]) Bern. Staatsarchiv, V. B.. B, 25. April, pag. 97. *) Bern. Staatsarchiv. V. B.. ß. 30. Mai 117—120.

Archiv des histor. Vereins.

XV. Band. 1. Heft. '

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Am 3, Juni erhob sich ein leichter Westwind, der die verladene Mannschaft über den Golf von Trient gegen Istrien trieb. Der Wind schlug aber gleich um. ein kräftiger Südost kehrte die Segel und hemmte die Fahrt so sehr, dass die Schiffe erst nach 22 Tagen in Spalato die Anker auswarfen. Trotz der grossen Hitze waren auf dem Meere nur 3 oder 4 gestorben. Die Soldaten mussten vorläufig unter freiem Himmel schlafen, weil die Kasernengebäude (case d'arme) und das Lazarett alle in den Grund verdorben und derart zugerichtet waren, als ob der Feind Tag und Nacht drin gehaust hätte. Der Proveditor entschuldigte sich damit, von der Ankunft des Regimentes nichts gewusst zu haben. Nun ging's gleich an ein Räumen und Putzen, wo die Sol- daten die Hauptarbeit leisteten, so dass nach 3 Tagen die Quartiere bezogen werden konnten. Der General Gil de Has, übergetretener Protestant, erwies sich als ein sehr freundlicher Mann, so dass Weiss ohne Bangen in die Zukunft blickte. Grosse Sorgen bereiteten ihm gleich seine Leute durch das unmässige Trinken. Etliche büssten ihre Excesse schon auf dem Krankenlager, wo sie aber dies- mal gut gepflegt wurden, da es nicht so sehr an Feld- scherern und Wundärzten mangelte wie vor 1(> Jahren.

Kaum hatte man die Gebäude wohnbar eingerichtet, so mussten die Rüstungen zur Gegenwehr begonnen werden, denn es hatte sich eine gegen Zara vor- marschierende Türkenaliteilung von 8000 Mann er- blicken lassen, und von einem bestochenen Boten des Gesandten in Adrianopel war man berichtet, der Türke treffe umfangreiche Vorbereitungen zu einem nächstens stattfindenden Aufbruche. Der Vorstoss war aber viel mehr gegen Morea und Candia gerichtet als gegen den Westen der Balkanhalbinsel, wo nur hie und da kleinere Streifcorps auftauchten.

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Türken zeigten sich vorläufig keine mehr, wohl aber stellte sich ein anderer, gefährlicherer Feind ein. Die Soldaten erkrankten mit der anwachsenden Hitze an Fiebern, ;un „roten Schaden"1) und an der „Bräune", so dass bald gegen 800 darnieder- lagen, von denen einige, mit ihnen der Hauptmann Langhans, starben. Denselben ersetzte auf Vorschlag des Generals und des Obersten der älteste und verdien- teste Lieutenant. Wilhelm Berset. Weiss schilderte den Zustand seines Regimentes während dieser Heimsuchungen in folgender Weise:-) „Wie es uns vor 10 Jahren der Enden ergangen, halten wir dissmahlen auch erfahren müssen, da sobald wir unsere Quartier«' bezogen, das ganze Regiment erkrankte und beinahe niemand leer ausgegangen als ich, der durch die Gnad Gottes, dem ichs allein zuschreibe, keine ungesunde Stunde gehabt habe. Zu diesen verschiedenen Fiebern gesellte sich noch eine verfluchte venerische Seuche, die unter den Gemeinden abscheulich geraset und mehrere lebendig verfault sind. Es fehlte uns an Ärzten und auch an Pharmacie Mitteln, dieselben zu curieren, obschon Spa- latro eine volkreiche, grosse Handelstatt ist. Die im innern hin und her zerstreuten Ditachementer waren noch übler daran als im Hauptquartier, man schien uns ganz vergessen zu haben, und durch dringende Noth ge- trieben waren wir offt gezwungen, mit Gewalt zu er- halten, was man uns von Rechtswegen und Capitulations- mässig schuldig war."

Im Februar 1659 wurden an die Schweizerregie- rungen die ersten Klagen wegen der rückständigen Gelder

]) Diarrhöe.

Bern. Staatsarchiv, V. B. B, 117 und 131. Bundesarchiv, Bd. 68, Ende August.

-) Berner Tascheuhueh 1*74 77. Biographie von Weiss, pag. 1*.

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gerichtet. Weiss hatte sich schon nach Venedig begeben, um mit Sollieitieren die Zahlung zu bewirken. Er wurde ;iber mit denselben Worten vertröstet, wie seiner Zeit Werdtmüller. Dem Herzog konnte er sich nicht vor- stellen, da dieser Unpässlichkeit vorschützte. Weiss ging aber ganz energisch zu Werke und drohte, sofort abzu- danken, wenn ihm nicht 50,000 Dukaten bewilligt wür- den. Dies bewirkte, dass man ihm deren 10,000 ein- händigte, wovon sich der Kaufherr freilich 3 U ° o Abzug erlaubte, und ihm versprach, den Rest der Summe so- fort nachfolgen zu lassen.1) Ganz unwillig über solche Behandlung, schrieb Weiss im Mai an die Regierung in Zürich : 2)

Aus oberzehltem werden Ew. Gnaden ab-

nemmen können wie dess Herrn Residenten Syncera- tiones, gute wort und Vertröstung aussgeschlagen, wie unser eyffer und angewandter kosten in der Werbung, da wir 260 Mann über die Zahl, und ohne der Herr- schaft entgelt unss nacher Brescen geliefert, die Reise nacher Cataro, und dass wir auff freundliches ersuchen, ohne einige Schuldigkeit allein der Herrschaft guten willen und desto bessere Bezahlung zu erwerben. Völker zum Schantzen gegeben, ausgenommen werden. Ich sage, dass dieses alles allein mit höfflichen werten gerüemt. aber in der that nit um ein har consideriert wirt. Es geht alles dahin, dass dieser 12. artieul, der allein die Bezahlungen Befordern kann, aussgemustert werde. Ich aber geläbe der underthänigen und demüetigen Zuver- sicht Ewe Gndn. werden nit gestaten, dass selbiges ge- scheche, dann auff solchen fal ist keiner linder uns. der ein stund lenger zu dienen begehre" . . .

*) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 185. 2) Bern. Staatsarchiv, V. B.. B, 167.

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Als Zürich und Bern hierauf ein Mahnschreiben an den Dogen adressierten, übergab dieser dem Oberst weitere 10,000 Dukaten mit der Weisung, jetzt abzu- reisen, damit die Soldaten auch einmal Geld sähen, der liest werde dann auf den Galeeren folgen. Weiss ent- gegnete, die Soldaten seien bis dahin noch immer be- soldet worden, und zwar meistens aus den Privatmitteln der Offiziere. Er wolle das Geld nicht nach Dalmatien schleppen und dann mit Unkosten wieder nach Venedig zurückspedieren, wo viele Schulden zu tilgen und neue Einkauf«1 zu besorgen seien. Da wurde ihm obendrauf noch verboten, in Italien Wein zu kaufen, der dieses Jahr billiger war als der dalmatinische, nur damit man bei dessen Einfuhr bündniswidrige Zölle erheben dürfe. Als Weiss trotzdem seinen Aufenthalt in Venedig ver- längerte, erhielt er die Weisung, sich abends auf die Galeere zu begeben, wo das Geld bereit liege; es sei zudem die höchste Zeit, wieder Dalmatien zuzusteuern, denn im Regiment seien Unruhen ausgebrochen. Weiss liess sich durch solche aus der Luft gegriffene Behaup- tungen nicht blenden. Er bestand hartnäckig darauf, sinne Abreise so lange hinauszuschieben, bis er das Geld gesehen, und wie man ihn immer nur mit Worten ab- speiste, begehrte er schliesslich den Abschied. Da be- merkte ihm der Savio della Scrittura in schnippischer Weise, er hätte sich gleich von Anfang an von dieser Seite zeigen sollen, dann wäre das Regiment beizeiten entlassen worden, überhaupt würde das beste sein, sie wären gar nie gekommen. Als man dem Oberst nun doch 30,000 Dukaten vorspiegelte, fand er für gut, von zwei Übeln das kleinere zu wählen und statt durch Ab- dankung die Bezahlung der schuldigen Gelder für ewige Zeiten hinauszuschieben, auf die Hälfte der Solde für die Toten zu verzichten und obige Summe in Empfang

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zu nehmen. Wie er aber zügreifen wollte, war ein Teil davon schon wieder verschwunden* er erhielt nur 20,000

Dukaten und des Regimentes Entlassung. l) Wider

verhoffen habe ich erst gestrigen tags vernommen," schrieb der Oberst am 15. 25. September nach Zürich, -i ..das» ich mit mynem Regiinente schon allbereit vor l<> oder 14 Tagen Licentiert und abgedanket bin. Ich kann nit wüssen was syn mag, dass man mich so wenig geachtet und solches vor mir verborgen. Unterdessen sind wir alle der meinung dass der Dienst noch etwas wehren werde in gräuliche kosten gerathen. In dem der eint und ander under uns sich mit allerLey nothwendikeiten versehen, welche sontst wohl hetten noch blyben können . . ."

Einige Jahre später sagte Weiss über den Grund der Entlassung:3) „Die Uneinigkeiten der Regierung, die Abänderung der- Kriegsumstände, die Verminderung unserer Mannschafft und mein allzustrenges Sollecitieren und Klagen wegen schlechtem Traktament und saum- seliger Bezahlung haben so viel gewirkt, dass Sie mich und mein Regiment aligedankt haben."

Am 3. Oktober 1660 sehen wir das Regiment in Spalato zur Heimreise versammelt. Die Musterung durch den General Bernardo ergab 826 Mann.4) Bevor der stark decimierte Truppenkörper den Boden Dalmatiens verliess. lief noch eine Galeere ein, die etwas weniger als 10,000 Dukaten brachte. Nach Austeilung der Gelder wurden am 22. Oktober die Segel gehisst. und nach

') Bern. Staatsarchiv, pag. 209. -) Bern. Staatsarchiv, pag. 22Y

3) Berner Taschenbuch 1871— 77. Biographie von Weiss, pag. ID. Eine fernere Ursache mag vielleicht auch diese sein, das?? die

Republik das Regiment entbehren kounte. -weil sie im Jahr 1660 eine bedeutendere Unterstützung von Frankreich erhielt. (Leo. 678.)

4) Ausgezogen waren 1200 + 26»» = 1460 Mann. Differenz 640.

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einer Fahrt von 10 Tagen fuhr man am 31. in den Hafen der Lagunenstadt ein.

Hier begehrte Weiss völlige Tilgung der Schulden, und als dies teilweise geschehen, kehrte die Truppe je '2 Compagnien zusammen, weil sie jetzt fast die Hälfte schwächer waren als im Auszuge, durch die Bündner- berge zurück, und hielten Mitte Dezember ihren Einzug in Zürich, wo man sie sehr wohlwollend empfing und den Kranken und Schwachen sofort die nötige Pflege angedeihen Hess. Dafür bedankte sich Bern in einem Extraschreiben an die Bruderstadt.1)

Die Hauptleute hegten tiefen Groll gegen die Insel- stadt, von der sie sowohl als auch noch die Offiziere des ersten Regimentes den Rest der Solde zu fordern hatten. Weiss meinte von diesem Zug:2) „Er ist nit köstlich oder nutzlich gewesen, denn was hievor die Hauptmann- schafft eingetragen, hat das Regiment verzehrt, zudem dass ich zwischen zweyen Stühlen niedergesessen, indem ich meine gute Landvogtey verlassen und des Regiments beraubt wäre, so heilt oder morgen billich zur Nachricht dienen soll : halte auch mehrere andere Verdriesslich- keiten auszustehen gehabt, und weil ich die Betrüge- reven eines Fournisseurs nicht begünstigen wollen, ist er mein Feind geworden, hat mir geschadet, und es hat viel Mühe gekostet, ihn zu überwinden, doch zuletzt ist er behörig bestrafft worden."

\) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 295. 2I Berner Taschenbuch, pag. 19.

<3S>-<-

III. Lockerung des Bündnisses, Auflösung und Erneuerung desselben 1661—1706.

1. Bewilligung eines neuen Regimentes.

Die Unterhandlungen dos Sultans mit Venedig wurden im Herbst 16(32 durch eine Seeschlacht bei Kon. wo die siegenden Venetianer reiche Beute davontrugen, unterbrochen. Der Krieg, den die Türken gleich nach- her im Frühling 166*3 gegen Ungarn begannen. Hess die Republik neue Hoffnungen schöpfen: als dieser aber nach der Sehlacht von St. Gotthardt durch einen uner- warteten Frieden vom August 1664 endigte, suchten die Venetianer vergebens auf die früheren, von der Pforte gebotenen günstigeren Friedensbedingungen zurückzu- kommen. Die Türken verlangten Abtretung der Insel Suda, und da die Republik nicht einwilligte, wurde die Fortsetzung des Krieges beschlossen.1)

Im Februar 1665 begehrte Venedig von Zürich und Bern wieder den Aufbruch eines Regiments von 2000 Mann.2) Die Obersten Weiss und Merlot wurden von Bern beordert, deswegen mjt clem Residenten Giavarino in Zürich zu konferieren. Vorher wohnte Weiss einer Sitzung des zürcherischen Rates bei. wo er des bestimm- testen abriet. Venedig von neuem Truppen zu bewilligen,

') Leo, V, 673.

2) Bern. Staatsarchiv. V. B., B, pag. 1111.

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denn sein Regiment sei in Dalmatien zu schändlich be- handelt worden.1) Wenn Weiss vorläufig mit seiner Stimme nicht durchdrang, indem der Rat aus bundes- genössischer Bezeugung seiner hohen „Estime" für Venedig in eine Kapitulation einwilligte, so wurde ihm doch die Genugthuung zu teil, dass man dem Üesidenten die Bedingungen schärfer und präciser stellte, als es früher geschehen. Dies merkte der Resident auch gleich, als ihm der Statthalter Grebel dieselben vorlas. Er nannte sie überspannte Forderungen („esorbitanze ed altissimi pretensioni"), hinaufgeschraubt durch die Bös- artigkeit des Obersten Weiss, der in Bern an Kredit und Autorität übermächtig, in diesem Geschäft über alles Mass ungebildet sei und nach seinem Gutdünken verfahre.2) Es scheint aber,3) der Resident habe doch einen ge- wissen Respekt vor dem machtvollen Einliuss des Obersten gehegt, denn er sandte ihm gleich nachher als Geschenke Wein und Contitüre und trug ihm unter günstigen Be- dingungen die Führung des Regimentes an, die derselbe jedoch zurückwies.

Die Bedingungen (Rimostranze), welche die zwei Städte dem Residenten stellten, waren in folgenden Punkten bestimmt: 4)

1. Vor dem Abmarsch der Truppen soll an Zürich und Bern eine Pension bezahlt werden.

2. Der Oberst und die Hauptleute sollen für die üb erzähligen auch besoldet werden.4)

') Bern. Staatsarchiv, V. B., B, pag. 437. Kriegs-Rats-Manual 13, pag. 143, 152, 174, 178: Schon im Berner Kriegs-Rat hatte er gegen Lieferung von Truppen geeifert.

-) Bern. Staatsarchiv, V. B., B. pag. 441 f.

3) Bundesarchiv, Bd. 72, pag. 402.

4 ) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, pag. 469. Bundesarchiv, Bd. 73, pag. 23. Das letzte Mal geschah dies nur unter Androhung, dieselben zu entlassen.

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3. Vor der Ausrüstung dos Regiments werden die Waffen in den Depots vermehrt, da die gegenwärtige Anzahl eine ungenügende und noch nie ein Schweizer- regiment unbewaffnet ausgezogen ist. Die Waffen müssen in der Schweiz geschmiedet werden, denn die italienischen sind zu leicht.

4. Jeder Ort. an den das Regiment hinkommt, muss vorher in guten Zustand gesetzt werden, damit die Truppen nicht erkranken wie das letzte Mal.

5. Oberst und Hauptleute sollen in Bezug auf die Vorrechte, welche im Bündnis vorgeschrieben sind, aufs beste gehalten werden, namentlich bei den Einkäufen.

ß. Venedig soll, falls eine der beiden Städte Krieg führt, pünktlich ausführen, was darüber das Bündnis vorschreibt.

7. Die Gelder, . welche Venedig den beiden Regi- mentern noch schuldet, sind prompt zu bezahlen und all- fällige Reste durch Assignaten zu sichern.

8. Wenn der Oberst oder die Hauptleute einen Unterthanen Zürichs oder Berns unter fremden Offizieren oder in der Galeere antreffen, so soll derselbe auf ihr Ansuchen in Freiheit gesetzt werden.

Der Ambassador nahm diese Remonstranzen an, in- dem er sich darüber an den Dogen äusserte: ..Wir brauchen uns über diese Punkte nicht lange zu disku- tieren, denn abgesehen von Punkt 3 können wir die Regierungen mit guten Worten schon zufriedenstellen."

Der neue Oberst war schon erwählt in der Person des Georg Werdtmüller, eines Verwandten des frühern Regi- mentsobersten, einige ebenfalls schon ernannte Haupt- leute und andere, die sicher auf ihre Ernennung zählten,1)

') Zürcher Staatsarchiv 214, Mappe li. Gewählt waren schon die Hauptleute Berns: Gabriel v. Diesbach. Antonius Steiger. Johannes Willading, Marquart Zehender, Hieronymus v. Grafenried. Laut Kriegs-

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hatten schon ihre Leute angeworben, als Venedig Ende April 1665 auf das Regiment Verzicht leistete. Das offizielle Schreiben vom 12./22. April lautete in der an

Zürich übermittelten deutschen Übersetzung: l) Die-

weil demnach sich eine zimmliche Zvtt verloffen in er- örtemng der vorgefallenen bedenckhen wider alles ver- hoffen, die Werbung Selbsten betreffent unt inzwüschent Dalmatia änderst woher nach noth durfft versehen worden dan es keinen Verzug erlyden mögen: Erklährt sich myn Fürst, dass Er allein bei sich halte ein sonderbare und grosse Obligation, gegen beiden Löbl. Stätten und Ständen wegen der Bewilligung und ufrichtig geneigt syge, sich deren zu bedienen In aller Begebenheit, in dem Ver- trauen by gleichen anlassen sich auch glyche gut Willig- keit ihrsvts erzeigen werde.

Unterdessen ergreifen ich mit gantzem Herzen die gelegenheit Ihr Hochgeacht. Herrl*. mit diesem zu ehren."

Der Gesandte sah das Motiv der Verzichtleistung in dein Eigennutz der beiden Städte, Weiss aber führte einen andern Grund an:2)

„In Erinnerung der schlechten Satisfaktion, sowohl gegen die Obrigkeiten, als auch fürnenimlich gegen die Officiers in vorigen beyden Zügen ist aus dieser Werbung nichts worden: wozu ich das meinige boygetragen, ob- schon der Herr Resident mir dieses Regiment im ge- heimen mit einem schönen Gehalt angetragen : Es konnte mir aber nicht mehr anstehen."

Rats-Manual XIII. 143. wurden die Ärzte angefragt, wie sich die nach Dalmatien ziehenden Truppen am besten schützen könnten gegi'n ..Haubtweh, Brüui und rohter rühr".

') Bern. Staatsarchiv. V. B.. B. 477.

*) Bern. Taschenbuch, pag. 25.

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2. Aufhebung' des Bündnisses im Jahre 1681.

Der Türkenkrieg, den Venedig hauptsächlich in Candien auszufechten hatte, fand nach mehr als zwanzig Jahren 1669 seinen Abschluss, wobei Venedig die Insel bis auf drei Häfen dem Sultan abtrat. Von jetzt an erfreute sich die Republik für einige Jahre der Ruhe, die auch von anderen Mächten nicht schien gestört zu werden. Osterreich war mit der ungarischen Angelegen- heit beschäftigt, und Ludwig XIV., der auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, war auch nicht geneigt, dem Feinde des Mailänders Schaden zuzufügen.1) Nachdem so einige Jahre des Friedens verstrichen waren und am politischen Horizont keine drohenden Wolken heraufzogen, glaubte der Doge die Zeit für gekommen, einige Ersparnisse zu machen und das Bündnis mit Zürich und Bern, das ihn jährlich 8000 Dukaten kostete, aufzulösen. Er durfte sich aber nicht den Anschein geben, als ob er allein eine Auflösung wünsche, und deshalb sucht«1 er eine Verlängerung des Bündnisses an Bedingungen zu knüpfen, von denen er vielleicht wusste, dass sie nicht angenommen werden. Im Jahre 1676 war der Bund zum fünftenmal abgelaufen und nun verlangte Venedig, dass bei der Er- neuerung hauptsächlich folgende zwei Punkte reguliert würden.2) Erstens sollten nicht nur die Gelder, welche den beiden Städten bei einer an sie gerichteten Kriegs- erklärung zu bezahlen wären, vermindert werden, sondern zweitens auch die Pensionen, und dies im Interesse der beiden Verbündeten, damit sie desto rascher und promp- ter bezahlt würden. Zürich und Bern wollten aber be- treffs des Bündnisses beim Alten verbleiben, und sie zogen die Unterhandlungen so lange hinaus, bis Venedig

'.) Leo, V, 678.

-) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, August 167(1

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anno losl behauptete, das Bündnis schon im Jahr 1676 gekündigt zu haben, weshalb man die Pensionen nur bis zu jenem Zeitpunkte entrichte]] könne. Die beiden Städte beriefen sich aber auf Briefe dos Residenten, die immer nur von Umänderungen und Anpassung der Bündnisparagraphen an die neuen Verhältnisse handelten, aber niemals von Aufhebung, so dass Venedig die Pen- sionen bis zum Jahr 1681 nachtragen musste. Damit war das Bündnis aufgelöst, aber der Doge wünschte gleichwohl, dass die gegenseitige Affektion und Freund- schaft noch weiter bestehen möchte:1) „Inzwüschen werden wir nit unterlassen, dieselben unser Fründscbafft und Hochschezung zu versichern, welche wir wegen dero Verdienst Erhalten werdent, und wüntschet die gute Verstendnus Je mehr und mehr steiff zu setzen mit solcher Intention, so wir denselben schon zu mehrmalen bedeutet, und derselben auch in allen begebenheiten zu erkennen zugeben unser Dankbarkeit, so wie alzeit in früscher gedachtnus halten werdend" . . . 22. Febr. 1681.

Der Bund Venedigs mit Zürich und Bern war auf- gelöst. Um so enger suchte sich die Marcostadt den

') Bern. Staatsarchiv. V. B.. B. ööl f.

Nach Leo, V, pag. 709: Im Januar 1699 schloss dann Venedig mit den Türken Frieden, der dem Sultan das Land zwischen Gabella und Castelnuovo zusprach, so dass das venetianische Morea bei llexamilon abgegrenzt wurde, die Yenetianer Lepanto zu räumen. Prevesa und die Schlösser der Dardanellen am Meerbusen von Le- panto zu schleifen und von den Inseln des Archipels alle, die vor dem Kriege türkisch waren, zurückzugeben hatten, alle, die venetia- üisch waren, behielten. Die Tributzahlungen für Zante hörten aut: die dalmatinische Grenzlinie wurde auf dem Gebirge östlich von Knin, Yerlica. Sigu, Delovar. Zadoar und Vergorac bis Gabella ge- zogen. Cattaro blieb den Venetianern, die Gefangenen wurden aus- getauscht und beiden Teilen das Recht zugestanden, die Festen, in deren Besitz «ie blieben, zu verbessern.

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katholischen Schweizern anzuschmiegen. Schon zu Anfang der sechziger Jahre standen Truppen ans den ennet- birgischen Vogteien und des Fürstabtes von St. (lallen in venetianischem Solde, und jetzt bedurfte man ihrer um so mehr, als es galt, auf allen Punkten gegen den zurückweichenden Sultan vorzurücken. Als die Türken 1683 unter den Mauern Wiens dem wuchtigen Anprall ihrer Gegner unterlagen, wurde sogleich ein Bund ge- schlossen zwischen dem Kaiser Leopold L. dem Polen Sobieski, dem Papst Innocenz XI. und Venedig, mit dem Zwecke die Türken vollends aus ihren neuen Besitzungen herauszutreiben. Auf der ganzen Linie von Ungarn bis hinunter nach Morea entbrannte der Kampf von neuem. Die türkischen Scharen erlitten eine Schlappe nach der andern. Binnen wenigen Monaten bedrohten die vene- tianischen Bomben -die Akropolis.

Die katholischen Kantone lieferten ganz bedeutende Truppenkontingente, von denen nur kümmerliche Beste den heimatlichen Boden wiedersahen. So stund unter dem Oberst von Roll aus Solothurn ein Regiment von 2400 Mann, von dem nur \\a den Kriegsgreueln und den epidemischen Krankheiten entrann. Im Jahr 1688 beschloss die Konferenz der katholischen Orte in Luzern mit dem Abte von St. Gallen, dem venetianischen Sekretär Hieronymus Squadroni ein Regiment von 3200 Mann für Morea zu bewilligen. Befehligt wurde es von Sebastian Schmid von Uri und nach dessen Tode vom Schwyzer Heller. Auch diese Truppe lieferte türki- sches Säbelfutter, und die Überlebenden erlitten eine so schmähliche Behandlung, dass die interessierten Schweizer Regierungen zweimal den Papst ersuchten, er möchte bei Venedig die Entlassung des „überbliben Völklins" erwirken, und Heller nach seiner Heimkunft vor Gericht gestellt wurde. Von den 218 Mann der mitbeteiligten

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stiftsanktgallischen Compagnie kehrte nur ein Dutzend mit dem geretteten Fähnlein zurück.1)

3. Wiederaufnahme der Verhandlungen bis zur Erneuerung des Bündnisses.

20 Jahre waren seit dem Abbruch der venetianischen Beziehungen mit den beiden Städten verstrichen, als im Februar 1701 der Resident Vendramino Bianchi aus Mai- land die Städte Zürich und Bern um 2 Regimenter Kriegs- volk von je looo Mann ersuchte.2) Wie gewöhnlich hielten auch diesmal die Räte Beratungen über das Ansuchen und teilten sich dann gegenseitig das Resultat derselben mit. Bern schrieb an Zürich:") „Nachdemm Wir auss Euwer Unser Y. L. A. E. schreiben vom 16ten currents des mehreren ersehen, wasgestalten Ihr. wegen ambegehrt- Venetianischer Volks-Werbung nicht allein unser gut- achten. sondern auch die continuation hierüber ver- pflogener-Correspondenz zuvernemmen verlangten, über •'inige Pündtnuss aufzurichten sein, und unter was für einer Capitulation die Völker zu stehen kommen möchten? also haben wir nicht ermangeln lassen, in unserer heutigen grossen Rhatsversämmlung hierüber reiflich zu reflektieren da unss ein gegenwärtig-missliche conjunk- turen, wegen der Sachen zweifelhaften aussschlag so be- denklich anscheinen, dass wir uns zu einigen volksauff- bruch bey jezigen zeit löuffen gar nit verstehen könten: in mässen Wir unsere hierum waltenden reflexiones auf

r) Nach Leu und Dr. Hanf : Eine stiftsanktsallische Compagnie in venetiani3chem Kriegsdienst.

■) Bern. Staatsarchiv, V. 11, B, 687 95.

:i) Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 697.

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berufend-Arauischer Conferenz ausführlich in freündt. Eydtgen11. Vertrauen eröfnen lassen" . . .

Auf der Aarauer Zusammenkunft im März wurde beschlossen, keinen Volksaufbruch zu gestatten, welche Entscheidung dem Ambassador in folgender Form über- reicht wurde:1) „Weil Wir in der ungewüssheit wo das Trüebe Wätter seinen aussbruch nemmen möchte, in nicht minderen gefahren alls Hochermelte Herrschafft selbsten stehen, so könten wir unss an volk nicht wohl entkräfften, umb so da weniger weilen darmit andern potenzen sehr bedenklicher anlaass gegeben würde, gleich volksuffbruch zubegehren , wardurch man dann unser Land und Volk all zu vill entblössen, und selbst in für- brächendem nothfall zu eignem Schirmb desto minder bytragen könnte : danebent sich die Sachen sint jüngster Arauischer Conferenz nicht gebessert, sondern villmehr zu einem offenbahren aussbruch des Krieges an Zu Zetlen scheinen, dessetwegen wann zwo Kriegende Armees im und gegen dem Meyländischen wider ananderem zu fehl liegen möchtend, unsere volkshilffe den pass gegen den Meyländischen nirgends zufinden hette" . . .

Im April 1705 schickt«1 der Doge einen Gesandten nach Zürich, damit er im Rate das aufgehobene Bündnis wieder zur Sprache bringe. In welcher ungewöhnlichen Hochhaltung, so lauteten ungefähr seine Worte,2) die Herrschaft Venedig diese mächtigen „Republicc" zu jeder Zeit gehalten, und wie gross das gegenseitige Wohlwollen und die gepflogenen Korrespondenzen gewesen, geben die vor langer Zeit aufgerichteten und aufrecht er- haltenen Bündnisse und Allianzen deutlich zu verstehen, besonders aber diejenigen, welche Venedig mit den beiden

!) Bern. Staatsarchiv, V. B., B. 706. -) Bern. Staatsarchiv, V. B.. B. 747.

IIB

Städten Zürich und Bern einging. Dazu stimmen nicht weniger die geleisteten Kriegsdienste, in denen sich so- wohl verschiedene Offiziere wie gemeine Soldaten dieser herzhaften Nation wider den gemeinsamen Feind der Christenheit signalisiert und ewigen Ruhm erworben haben. < Ibwohl nun der venetianische Senat eine Zeit lang keinen Residenten in der Schweiz gehalten habe. so sei doch die Hochschätzung und Liebe nicht erkaltet, sondern vielmehr mit einem von Asche überstreuten Feuer zu vergleichen. Diese glimmende Lohe werde nun in so hellen Flammen aullodern, dass jedermann die Liebe und Hochhaltung Venedigs leicht erkennen müs^e. In diesen misslichen Zeiten, die allen aufs beste bekannt seien, habe die Republik für weise gefunden, den Bund mit den beiden Städten zu renovieren, deren Macht und Fürsicht in der ganzen Welt bekannt seien. Dieser Entschluss sei um so eher zu applaudieren, da er zur Erhaltung der gegenseitigen Republiken heilsam wirken werde. Dieses möge als Hauptursache seines Erscheinens gelten.

Der Resident erhielt zur Antwort, dass man Venedigs Ansuchen um Freundschaft gefällig annehme, dass aber auf einer zwischen beiden Städten zu vereinbarenden Konferenz die Proposition näher beleuchtet werden müsse. Von Bern wurde dafür der 3. Juni vorgeschlagen, und da sich der Resident extra dorthin bemühte, wurde der Vorschlag, in Aarau eine Zusammenkunft zu veranstalten, angenommen. Am Konferenztage J) wurde nun in erster Linie das alte Bündnis und das vom Residenten am 24. Mai eingereichte Memorial abgelesen, worauf die Delegierten beider Orte ihre Ansichten äusserten. Für eine Erneueruns: des Bündnisses sprachen das Interesse

l) Eidg. Abschiede, A. VI 2, pag. 1233.

Archiv des histor. Vereins. XV. Band. 1. Heft.

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freier Staaten , sich gegen monarchische Gewalt zu schützen, der unbestreitbare Nutzen, den diese Allianz den Vorfahren gebracht hatte, und die Neutralität Venedigs, welche die Eidgenossenschaft nur zu defensiver Hülfe verbinden würde. Als Gegenansichten waren nicht zu übersehen die mit der Bundeserneuerung notwendig verbundene Aushebung, die gegenwärtige „Kriegswufc" in Italien, die Missverständnisse im eigenen Vaterland«'. vorab das Toggenburgergeschäft und die wieder begin- nenden Remonstrationen der fremden Gesandten. Bei der Beratung erörterte der venetianische Ambassador auch persönlich, in welchem Sinn die Artikel 2, 3. 9 und 19 des alten Bundes umgeformt werden sollten, während man die übrigen Bestimmungen mit unbedeu- tenden Veränderungen belassen dürfe.

Im Juli verlangt«' der Resident mit Nachdruck von Zürich eine endliche positive Erklärung, ob man auf das Bündnis eintreten wolle oder nicht ; x) Bern habe auf den ersten Antrag guten und geneigten Willen gezeigt; bei längerem Verschieben fürchte er, von seiner Regierung einen derben Verweis wegen unnütz verlorner Zeit, allzu grosser Leichtgläubigkeit und unrichtiger Berichter- stattung zu erhalten. Zürich entgegnete darauf, es heg« keine Bedenken gegen den Bund selbst, wohl aber gegen den damit verknüpften Volksaufbruch, da die Zustände in Italien und die Zwistigkeiten im Vaterlande zur Vor- sicht mahnen. Man müsse für die Aushebungen gewisse Vorbehalte gemäss den Situationen in und ausser dem Lande treffen. Demnach entwarf nun der zürcherische Rat das Bündnis und die Kapitulation und schickte die- selben nach Bern, wo am Rande die Abänderungsanträge hingesetzt wurden. Auf einer Konferenz zu Baden

1 ) Eidg. Abschiede, A, VI 2, pag. 1253.

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einigten sich die beiden Städte über das Projekt, worauf die Zürcher Abgeordneten auf der Heimreise dasselbe dem Residenten Bianchi zur Prüfung unterbreiteten. Am 6. August fand darüber in Weiningen eine einläss- liche Besprechung statt, wo mau sich gegenseitig in der Bestimmung der Artikel näher rückte und die noch zu diskutierenden Punkte ad referendum nahm.

Je mehr sich das Bündnis dem Abschluss näherte, desto kräftiger arbeiteten die fremden Gesandten dem- selben entgegen.1) Schweizerische Offiziere in französi- schen und holländischen Diensten schrieben an ihre Freunde in den Räten, sich doch ja nicht in dieses Bündnis einzulassen, da ihnen dadurch die Truppen- aushebungen erschwert würden. Der französische Ge- sandte liess durch seinen Sekretär einen Brief an die Zürcher richten, worin er sich äusserte : 2) Er vernehme

J) Bundesarchiv. Bd. 84, pag. 271.

-) Bundesarchiv, Bd. 84, pag. 274.

rJ?appreus avec beaueoup d:etonnement que vous etes dans la resolution d'aecorder des troupes ä la Republique de Venise rualgre celle ijue vous aviez prise de iren aecorder ä aueune puissaace etrangere pendant le cours de cette guerre, et rualgre la declaration que vous en aviez donnee. J'apprends meine que vous vous etes determines ä aeeepter une capitulation bieu ioferieure ä celle que le Roi mon maitre a aecordee aus troupes de votre nation qui ont l'homieur d'etre ä son service. Vous vous souvenez saus doute que vous aviez refuse d'aecorder les levees que Sa Majeste vous a demandees et cela sous le pretexte de n'eu vouloir aecorder a aueune Puissance. Ainsi vous devez avouer que Sa Majeste saura bien que penser de la demarche que vous semblez vouloir faire. Vous savez le besoin que le Roy a de faire toutes les annees des recrues en Suisse. Sa Majeste peut meine vouloir y demander de nouvelles levees : ce sont les seules raisons qui nr engagent ä desirer que vous n'aecordiez point les troupes qui vous sont demandees par la Re- publique de Venise; mais si contre votre politique et vos resolution* vous lui en aecordiez, je nie Hatte que vous feriez la meme chose pour les levees que je pourrais vous demander pour le service du

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mit grossem Erstaunen, dass man mit Venedig über den Abschluss einer Kapitulation zu ungünstigeren Bedin- gungen verhandle, als die vom König früher anerbotenen und von Zürich abgelehnten. Den Aufbruch habe Zürich abgeschlagen unter der Vorgabe, dass keiner Macht ein solcher gewährt werde. Daher verlange er. dass auf das Gesuch Venedigs nicht eingetreten oder aber dann auch dem Könige Volk bewilligt werde.

An den französischen Gesandten erging folgendes Antwortschreiben:1) „Da wir durch die Gnade Gottes eine freie, anabhängige Republik sind, besitzen wir das Recht. Defensivbündnisse abzuschließen, laut den öffent- lichen Erklärungen, welche die löblichen Kantone schon öfters, besonders im Jahr 1663 Ihrer Excellenz schrift- lich eingaben. Bis heute wurden von Venedig noch keine Truppen, sondern nur Erneuerung des Bündnisses verlangt. Werden wir um Truppen angehalten, so werden wir dieselben als einem neutralen Staate gewahren, nicht aber andern Machten, die in diesen Krieg verwickelt sind. Damit Verstössen wir uns nicht im geringsten gegen den ewigen Frieden und gegen die Bündnisse. die mit Frankreich abgeschlossen wurden."

Von nun an trat der französische Gesandte nicht mehr öffentlich auf. sondern wühlte in geheimen Maul- wurfsgängen gegen die geplanten venetianischen Truppen- werbungen.

Unterdessen war man in der Bündnisangelegen- heit um einen Schritt weiter gegangen. Am 28. Sep-

Roi et ä la meine solde que celle dout vous convieudrez avec les Venetiens. Je vous prie de me faire savoir incessauimeut vos inten- tions sur Je contenue de cette lettre, afin que j'en puisse rendre compte au Roi et que S. M. puisse prendre les resolutions qu'Elle croira convenables au bieu de son Service. Je prie Dieu de . . ." r) Buudesarchiv, Bd. 84, 22. August 1705, italienisch.

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tember1) eröffneten beide Stände in Aarau ihre gleich- lautenden Instruktionen, worauf der Resident in Bezug auf 11 Artikel Gegenbemerkungen und abweichende Vorschläge vorbrachte. Diese betraten namentlich die Tarifierung der zur Zahlung der Truppen zu ver- wendenden Geldsorten und ihre Specifikation. Zürich und Bern hatten gefunden, dass nichts so beständig sei, wie die Unbeständigkeit im Auf- und Abschlage der Gelder. Darin sollten in Zukunft Streithändel zwischen den Offizieren und den Kommissären vermieden werden. Dann verlangte der Resident von den Hauptleuten Kaution für die vorgesehenen Werbegelder und sprach sich noch über die Erwirkung des Durchpasses durch Bünden aus. Da die Gesandten von ihren Instruktionen nicht ab- weichen konnten, Hessen sie die beanstandeten Punkte ihrer Obrigkeit durch Fussboten unterbreiten, und obwohl diese mit denselben Instruktionen zurückkehrten, wurde in der Schlussberatung vom 1. Oktober der Entwurf unter Vorbehalt gegenseitiger Ratifikation mit allseitiger Zustimmung angenommen. Zürich und Bern behielten sich aber ausdrücklich vor, von Truppenwerbungen so lange abzusehen, bis die innern Zwistigkeiten in der Eidgenossenschaft beigelegt seien.

1. Das erneuerte Bündnis.2)

Die Grundlage zu diesem in 28 Artikeln niederge- legten Bündnisse bildete das frühere vom (J. März 1615. In folgenden Bestimmungen weicht es aber von dem- selben ab :

1) Eidg. Abschiede, A, VI 2, pag. 1262.

2) Eidg. Abschiede, B, VI 2, pag. 2312. Bern. Staatsarchiv, V. B., B, pag. 1019.

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2. Wenn die Herrschaft Venedig in Krieg oder in Kriegsgefahr gerät und von den beiden Städten Hülfe begehrt, so sollen für den Feld- und Garnisonsdienst ein Corps von 4000 Freiwilligen in 2 Regimentern oder nur 2000 Mann unter einem Oberst ausgehoben werden. Stehen die beiden Städte in drohender Gefahr, so dürfen die schon geworbenen Trappen ins Vaterland zurück- kehren. Jede Compagnie soll 200 Mann stark sein und unter dem Kommando von 1 Hauptmann und 2 Lieute- nants stehen. In der Zahl 200 sind mit diesen Offizieren einbegriffen ] Fähnrich. 4 Wachtmeister. „4 Unteroffiziere 'S 6 Korporale. 6 Gefreite. 4 Trommler, 1 Trompeter und 1 Feldscher mit seinen Trabanten.

3. Jedem Hauptmann werden gegen zu leistende Bürgschaft vor dem Abmarsch 533 spanische Dublonen für seine Compagnie bezahlt. Diese Summe soll nach einem Jahr in monatlichen Raten von 30 Dublonen zu- rückerstattet werden. Fehlen bei der ersten oder bei den nachfolgenden Musterungen Soldaten, so wird dem Hauptmann für jeden monatlich l1 % spanische Dublone = 1 venetianisches Pfund abgezogen.

4. Die Truppen dürfen, solange die Gebirgspässe durch Schnee versperrt sind, nicht entlassen werden.

5. Stehen die Truppen einmal in venetianischen

Diensten, so verbleiben sie dort 3 Jahre und dürfen während dieser Zeit nicht licensiert werden.

(i. Im Feldlager dürfen die Regimenter nach heutiger Kriegsführung in Bataillone getrennt werden, in der Garnison aber darf nur compagnieweise Trennung vor- genommen werden.

8. Für den Heimzug von der Grenze an werden jeder Compagnie 30 Tagessolde bezahlt. Bis zu den bündnerischen Grenzen sollen die Truppe mit aller Sicher-

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heit begleitet, die Kranken und der Hausrat der Offiziere kostenfrei auf Wagen spediert werden.

9; Die Mannschaft soll mit Gewehren, Bajonetten und Bandelieren ausgerüstet sein; den beiden Städten steht es frei, die Truppen selbst auf diese Weise zu be- waffnen oder sie von Venedig ausrüsten zu lassen, in welchem Fall dann den einzelnen Soldaten für die Ab- nutzung der Waffen monatlich 5 venetianische Soldi ab- gezogen werden. Jede Compagnie erhält 833 Dublonen per Monat, der Oberst deren 145. die Dublone = 29 venetianische Pfund.1) Zählt eine Compagnie bis 220 Mann, so soll den Überzähligen, wenn es wirklich Eid- genossen sind, je l1/:-) Dublone als Sold entrichtet werden. Ist der Effektivbestand unter 175 Mann, so verliert der Hauptmann monatlich 20 und bei einer geringeren Zahl als 165 40 Dublonen, „Kraut" und Lot wird gratis geliefert. Wird die Compagnie durch eine Schlacht oder durch grassierende Krankheiten geschwächt, so sollen die Hauptleute 2 Monate lang nach der letzten Musterung besoldet werden, damit sie die Ergänzung der Mannschaft um so eher vornehmen können.

10. Ein Lokal für den Gottesdienst und ehrliches Begräbnis werden zugesichert.

11. Den reformierten Feldpredigern ist es gestattet, die Kranken ohne Störung zu besuchen und zu trösten, und niemand darf diese von ihrer Religion abwendig machen.

*) Italienische Dublone = 28 italienische U -f 10 Soldi. Zechine = 17 italienische U.

Jährlicher Dukaten oder Hungarus = 16 italienische «. Scutus oder Silberkrone = 9 italienische U -\- 12 Soldi. Schilling oder venetianischer Dukaten = 8 italienische ü

+ 10 Soldi. Laufender Dukaten = 6 italienische U -\- 4 Soldi.

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13. Die Hauptleute bestimmen von sich aus ihre subalternen Offiziere, unter der Bedingung, dass sie da- zu tüchtige angesessene Zürcher und Berner und nicht Fremde ernennen.

14. Es steht den Compagnien frei, einen Marketender aus ihrer Mitte zu erwählen, der aller Auflagen und Zölle befreit ist. In der Garnison alter hat er sich der Zollerstattung wegen mit den Einnehmern oder Befehls- habern der Herrschaft zu vergleichen. Doch darf er die Lebensmittel nur eidgenössischen Soldaten verkaufen.

19. Venedig gewährt während der Dauer des Bünd- nisses, vom Tage der Ratifikation an gerechnet, jeder Stadt eine jährliche Pension von 711 Dublonen.

Der Artikel 26 wurde in drei Paragraphen zerlegt und mit dem Zusatz versehen, dass das Bündnis für 12 Jahre gelte, und dass Zürich und Bern mit Venedig den Durch- pass durch Bünden erwirken sollen.

5. Solemnisation und Schluss.

Die zuerst auf den 7. Januar 1706 festgesetzte Be- schwörung des Bündnisses beider Städte mit Venedig musste wegen verspäteten Einganges der italienischen Briefe auf den 12. verschoben werden. Nach Ankunft der bernischen Gesandtschaft *) wurde am 11. Januar in der ersten Konferenz der beiden Städte das Bündnis abgelesen und genehmigt und dabei die Wahrnehmung

') Von Bern waren abgeordnet: Job. Rud. Sinner. alt Schult- heis: Job. Friedr. Willading. alt Fenner, Herr in T'rtenen und Mad- stetten; Franz Emanuel v. Bonstetten. alt Kommandant von Aarburg, und Job. Heinrieb Steiger, alt Schultheis» von Burgdorf, alle Mit- glieder des grossen und kleinen Rates.

Eidg. Abschiede. A. VI 2. pag. 1281 f. Bern. Staatsarchiv, V. B., B, 1047 f. Bundesarcbiv. Bd. 84. pag. 451 f.

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gemacht, dass das lateinische Instrument im Widerspruch

mit dem letzten Abschied von Aarau im Artikel 14 des Kommissbrotes nicht gedenke, während eine bezügliche Bestimmung im deutschen Text enthalten sei. Darüber gab der venetianische Resident noch am gleichen Tage die schriftliche Erklärung ab, er wäre gerne bereit, dem Worte1 „utensilium" beizufügen „et panis", wenn es in der vorliegenden Originalausfertigung noch statthaft wäre. Er gab aber die Versicherung, dass die schwei- zerischen Soldaten hinsichtlich des Brotes den andern gleichgehalten werden. So liess man es bei dieser Er- klärung bewenden. Hierauf wurde das für die Bundes- beschwörung nach dem Vorgang von Ulis entworfene Ceremonial verlesen und genehmigt. Um allen Inkon- venienzen vorzubeugen, wurde Stadthauptmann Escher beauftragt, die Wachen um 100 Mann zu verstärken.

Die Feierlichkeit begann Dienstag den 12. mit einem Zusammenläuten aller Kirchen. Schon am 7. Januar waren die bernischen Gesandten mit Comite und Diener- schaft auf 40 Pferden durch eine „unglaubliche" Menge Zuschauer in Zürich eingeritten. Im Gasthof zum Schwert wurden sie nun abgeholt und zuerst ins Grossmünster geführt, dann ins Versammlungslokal des kleinen und grossen Rates begleitet. Eine gleich starke Abteilung ging auch mit dem Residenten durch das Wollishofer- thor und den Fraumünsterplatz auf das Rathaus. In der Stube der Räte und Burger wurden der Resident zur Rechten und die Berner Gesandten zur Linken des Bürgermeisters Escher in gleicher Linie mit ihm placiert. Auch das Gefolge wurde, soweit es Livreen trug, in die grosse Ratsstube eingelassen; die Vertreter des berni- schen grossen Rates erhielten Sitzplätze, die andern nmssten stehen. Neben dem Residenten stand sein Dol- metsch und neben den Gesandten Berns ihr Sekretär.

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Ratschreiber Gross. Der Bürgermeister erhob sich nun und hielt ungefähr folgenden Vortrag : Als auf den leidigen Sündenfall alle Geschöpfe Gottes Feinde des undankbaren Menschen und homo homini Lupus geworden, hat der grimmige Menschenfeind zwei seiner Boten, den Ehrgeiz und die Missgunst, in die Welt gesandt, welche die Menschenkinder so sehr hintereinander gehetzt, dass einer den andern zu beherrschen und zu unterdrücken suchte. bis endlich Nimrod, der gewaltige Jäger, den Grund zur Manierlichkeit legte. Unter dieser Sklaverei seufzten nun die meisten Staaten, und darum müssen diejenigen, welche noch in Freiheit leben, auf ihrer Hut stellen und den Spruch zu verwirklichen suchen, dass homo homini deus est. wozu der Abschluss von Defensivtraktaten ein treffliches Mittel ist. Dieser Staatsmaxime haben die Herrschaft Venedig.. und Zürich mit Bern von jeher ge- huldigt und schon am 2. April 1618 einen Bund be- schworen, der jetzt in Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse erneuert wurde und heute beschworen werden soll. Nach dieser Hede, die dem Residenten sofort ins Italienische übertragen wurde, fragte der Bürgermeister an. was die anwesende Gesandtschaft dieses Geschäftes halber vorzubringen habe. Hierauf liess \ endramino Bianchi seine Vollmacht vorlesen, worin es unter anderm hiess : . . . ..Wir versprechen bei unserer wahren fürstlichen Treue und Glauben, alles, was unser Gesandter des Bündnisses wegen thiin und vollziehen wird, zu bestätigen, zu ratifizieren und gut zu heissen. unverbrüchlich zu halten und zu beobachten. ohne dawider zu handeln, noch zu gestatten, dass dawider auf irgend eine Weise gehandelt werde"' . . . Dann hielt er in Messendem, elegantem Stil, der den venetianischen Resi- denten des 17. Jahrhunderts eigen ist. eine Proposition, worin er ausführte, dass es eine grosse Wohlthat Gottes

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sei, wenn ei" einem Staat nicht nur Land und Leute, sondern die gerechteste, beständigste und vollkommenste Regierungsform gebe, welche allein die Republik sei. Wenn aber der Allerhöchste die Regierung eines solchen Staates dem freien Willen der Glieder desselben über- lasse, so sei es wiederum eine grosse Wohlthat. wenn er ihnen die Liebe zum Frieden und zur Vereinigung einflösse. Diese Gleichheit der Regierungsform und diese Liebe zum Frieden machen eine Verbindung der Herr- schaft Venedig und der Republiken Zürich und Hern zu einer gaitz natürlichen, und es sei zu erwarten, dass Gottes Segen darauf ruhen werde. Er schätze sich glücklich, das Werkzeug zur Errichtung dieses Bundes gewesen zu sein, den er beschwören werde.

Nachdem der Dolmetsch diese Rede verdeutscht hatte. legte Schultheiss Sinner namens des Standes Rem seine Vollmacht vor und sprach, der so treffliche und merk- würdige Teil der Welt, den Gott den hier Anwesenden zur Wohnung angewiesen, heisse heutzutage mit Recht das ver- wirrte Europa, in welchem Jammer und Elend auf die höchste Stufe gestiegen seien, Hiervor habe aber Gott einige Staaten, welche feste Neutralität beobachten und auf ihre Erhaltung bedacht seien, bewahrt. Die heutige Feier beweise dies, indem die Herrschaft Venedig und die Städte Zürich und Bern einen frühern Bund erneuern und beschwören. Gott möge denselben segnen. Nach diesen Worten wurde der Bund zuerst lateinisch und dann deutsch verlesen. Hierauf sprach der Dolmetsch des Residenten den beiden Ständen den Eid in deutscher Sprache vor. nach dessen Beschwörung der regierende Bürgermeister dem Residenten den Eid italienisch vorlas, worauf er von diesem mit aufgehobenem Finger ebenfalls geschworen wurde. Während sich die Versammlung wieder setzte, wurden auf dem Hofe die <i aufgepflanzten

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Vierpfünder und auf dem Schänzli die Sechspfünder in 3 Salven gelöst und Trompeter schmetterten ihre Signale. Dem Residenten, den Ehrengesandten, sowie deren Gefolge wurde auf dem Rüden ein Bankett ser- viert, zu dem auch sämtliche Mitglieder des kleinen Rates und von jeder Zunft ein Delegierter eingeladen wurden. Allen Zünften wurde zudem gestattet, sich in ihren Stuben bei einem Abendtrunke zu erfreuen und den silbernen Becher. M ein Geschenk Venedigs, einzu- weihen. Während der Mahlzeit donnerten bei den vier ersten Trinksprüchen, welche den beteiligten drei Ständen und ihrer allseitigen Verbindung galten, die Stücke auf dem Schänzli, bei den übrigen bliesen nur die Trompeter. Am andern Tage wurden sämtliche Eingeladene vom Residenten gastiert, der unter die Räte und Burger eine auf diese Feier geprägte Medaille von ungefähr einer Dublone Wert austeilen Hess. Jeder der vier Depu- tierten von Bern und Zürich erhielt ausserdem eine goldene Kette im Werte von 200 Thalern geschenkt, und der Schultheiss Sinner wurde zum Ritter von S. Marco ernannt. Bald darauf teilte der venetianische Ambassador die Erneuerung des Bündnisses dem Nuntius mit. dann den Gesandten Frankreichs und Spaniens, dem Extragesandten Englands und dem Subdelegierten Öster- reichs. Dem Dogen von Venedig reichte der Gesandte ein Verzeichnis des grossen Rates von Zürich und Bern ein, an dessen Rande er bemerkte, welche Mitglieder Venedig zugeneigt, welche nicht und welche ihm ganz ergeben seien, damit bei zukünftigen Aushebungen die richtigen berücksichtigt werden. Auch die Haupt- leute sollten nämlich von nun an von Venedig ernannt werden.

;i ä 50 Thaler.

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Noch vor Erneuerung des Bündnisses hatte der greise Oberst Weiss an künftige Venedig dienende Offi- ziere eine Warnung gerichtet, die wir als Resultat der Erfahrungen eines Mannes, der in den bisherigen An- gelegenheiten eine hervorragende Stellung einnahm, wörtlich an den Schluss setzen.1)

„Ein Jeder Ehrlicher Obrister undt Haubtmann der iu der Herrschafft Venedig Dienst träten will, obgleich- wohl es nach Eydtgenössischer Capitulation geschechen soll, hat sich trefflich wohl vorzusehen. das> Er nit be- trogen und dargesetzt werde, Zu dem Ende Ihme hoch- nöthig anff nachgesetzte Punkten zu achten.

1.° Erstlich wo möglich sich nicht ohne Bürgschaft einzulassen, dan Ihnen den Venetianern. (»der Ihren worten, Schriften, Authentischen Brieffen. Siglen, Trac- taten, Verkommnissen in kein weis noch weg zu trauwen, und wan sie derselben erinnert werden, antworten Sic und schützen vor, die Bisogni e Interessi publici können es .iiul'Tst nit zugeben.

2.° Die Wärbungen soll man nicht anheben, die Wärbgelter syen den gezehlet. 165S ist es unser grosser schaden gewesen, dass Wir das galt also stück- weis und verstümplet angenommen haben, in Betrachtung Wir anstatt gutter Goldsorten oder Spanischen Duplonen allerley Lumpengelt annemmen müessen. da dan der Resident Sarotti und Salomon Hottinger der Kauffmann ohne Zweifel Ihre Hand drinn gewaschen und Ihren \ ortheil gesucht haben.

3. Dahin trachten, dass anstatt der drei Monathen, die Völker sechs Monat zu behalten schuldig seyen.

4. Wo möglich die sach der alten Capitulation nach dahin richten, dass so bald ein fahnen fliegt, demselben

') Bern. Staatsarchiv, V. B.. B. pag. 1067 f.

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der sold angehe, damit Sie die Venetianer den Pass destobesser beschleunigen und richtig machen, dann sonsten die Umbkösten gross, und auff die Haubtleüth fallen, und ist der Herrschaft Venedig nicht viel daran gelägen, wan die Compagneyen an dem eint und andern Ohrt schon lang aufgehalten werden, so lang aber sel- biges geschieht, gehet es über der Haubtleüthen Seckel, welches Ihnen zu Merklichem schaden gereichet, Exem- pel dass 1658 man durch des Abts von St. Gallen Ge~ pieth, und also einen merklichen Umweg mit grossen kosten nemmen müessen , da dan wohl zu gewahren, dass man aller Ohrten den Ambtleüthen die Hände schmieren, und den Pass gleichsam von Ihnen kauften müssen, da sonsten, wan der Sold von Haus aus anhenge. alle solche Beschwärden aufgebebt oder auf das wenigst erträglicher wurden.

5. Ist hoch von nöhten, class der dritte Artieul der Allianz der Todten hall), alss vor welch Jeden Sie zwo Silberkronen bezahlen sollen, wohl und mehr dan wohl ausgedrückt werde, Ja man kan demselben wider diese Listige und betriegerische Leüthe nicht genug ver- niethen.

(i. Also ist es auch mit dem Zechenden Artieul von gciiiessung der Privilegien bewandt, und Ist hochnöthig, dass, worinnen selbiger bestehe, wohl specinciert werde. zumahlen weilen in Frankreich selbiger den Eydtgenossen auch disputiert wird. 1658 hat man desselben sehr wenig genossen.

7. Der Zwölfte Artieul der Alliantz soll wohl be- obachtet, und uffs neüwe aussgetruckt werden, in be- trachtung selbiger solcher Wichtigkeit, dass er der einige Sporenstreich ist die Zahlung zu befürderen. 1658 ist man durch List und Betrug zu grossem nachtheil verschalten worden.

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8. Ein sehr ungereimbtes Ding ist es, dass der Soldat den Strohsack, so etwan wegen schlechten Loge- ments ander Dune verfault, bezahlen iniiss. da ist auch hochnöthig, dass dessen gedacht werde, es ist Ja billich dass der Zahlherr, dem der Soldat dienet, dissohrts helffe, was aber sonsten verlohren und verliederlicht wirt. soll billich bezahlt werden.

Hochnöthig ist es einem Haubtmann, dass Er fleissige Schreiber und Fouriers habe, die der strohdecken. Decken und ander Haussgerähts, so die Herrschafft ver- schaffet, ein über alle massen genauere Rechnung tra- gen, dan es ist ungloüblich wie die Commissary und be- diente der Herrschaft, wan es an ein widerliferen gehet, •■inen ehrlichen Mann tribulieren und plagen können.

9. Allhier ist auch nit zu vergässen der vielen Emo- lumente, so man den Cammern aller Ohrten. da man seine gäiter erheben muss, zu geben gezwungen wirt, welche Sie Stili di Camera (Bureaustill nennen. Item muss man auch den Spittälen Coiitribuiren deren man doch niemahlen genossen, da lauft einem armen Haubt- mann ein guter Theil -eines profits under das Eis und diesem könte auch remediert werden.

10. Dass es wo möglich bey der alten Musterung verbleibt, und man dess unanständigen, bey allen anderen Potentaten ohngewohnten und der Eydtgenössischen Nation verkleinerlichen abmahlens, so Sie la Rassegna a nome Pelo e Segno nennen, überhebt werde, dan dass man selbiges 1658 zugelassen, ist ohngeacht dess Piesi- denten Sarotti grossen Sincerieren und protestieren von seithen Venedig nicht umb ein Har erkent, sondern die Sache der bezahlung halber viel ärger worden.

11. Von den gräntzen an auf die Heimreise i-t es mit zwantzig tagen besoldung nit genug, sonderlich wan Sie die Völker bey so unbequemer und harter Winter—

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zeith als beyde vorige mahl beschechen, abdanken und wie Hunde vortschicken : dahero hoehnöthig, dass maus auff einen gantzen Monath richtig, oder so es Ja bey den Zwantzig tagen bleiben solte, wirt erforderlich sein. dass Ihnen das abdanken in Dezember. Januario und Februario weiter vorbehalten werde, dann es mit den Zwantzig tagen nicht Compatieren kann, angesehen dass die Berge offtmahls durch den Schnee viel tag lang be- schlossen und ungangbahr gemacht werden.

12. Ein Jeder Oberster und Haubtmann seye Ja troüwlich gewahrnet. seine Völker nicht marschieren zu lassen, so lang er in den Cammern. da er seine Zahlung erheben muss. noch etwas zu thun hat. oder sonsten der widertiberliferung des Haussgeräths . als Strohsecken. Decken, stuhl, Tisch u. s w. noch beschäftigt ist. sondern zuvor alles in sein .richtigkeit bringen, dan unglaublich ist. was vor verordnete schelmenstückli einem Ehrlichen Mann daselbsten angethan werden.

13. Weil ein Haubtmann immerdar in sorgen stehen muss, dass im hineinmarchieren. auf dem wäg oder sonsten viel Völker ausreissen, als ist nöthig. (will er Ja seiner Zahl gewi>s sein) dass er eine anzahl über die Zweihundert oder das begehrte, wärbe. derowegen dahin zu trachten, was er mehreres bringen wirt. Ime pro pata das wärbegält als Zwo Duplonen auf den Kopf er- setzt werde.

14. Sobald die Tractaten beschlossen, ist nöthig. dass sie von der Herrschaft Immediate Ratifiziert werden, die Erfahrung bezüget, dass das Jenige, so 1658 von dem Residenten Sarotti concludiert. und versprochen im geringsten nit gehalten worden.

15. Alles was mit den Representanten. Residenten und andern der Herrschaft bedienten verhandlet wirt, es seye was es immer wolle, soll schriftlich begehrt und

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abgefordert werden, und Immerdar gedenken, man habe mit Italienern zuthun.

16. So ist auch zu gewahren, dass man gleich anderen Sclaviseh und übel gehaltenen Völkern zum ar- beiten und Schantzen angestrengt worden, und da man selbiges nicht thun, sondern der Eydtgenössischen Frey- heit sich getrösten wollen, (es wäre dan sach dass man desswegen bezahlt wurde,) ist schlechtes Tractament Ja gar die Licentz erfolget, wirt also Jeder Oberster und Haubtmann sich hierinnen vorzusehen wüssen.

17. Die Erfahrung lehrt, dass die bezahlung schlecht- lich folget, und dass Sie nothwendig mit Importunitet muss Sollicitiert werden, desswegen erforderlich, dass der Obrist oder ein verständiger Haubtmann ohne wider- red, sonderlich nach geendigter Campagne nach Venedig reisen dörffe.

G. Weiss. Experto crede Ruperto.

Pro Copia Collata: Kantzley Bern."

P. S. Die Fortsetzung dieser Abhandlung die politischen Beziehungen Venedigs mit Bünden und der Schweiz im 18. Jahr- hundert — wurde von der philosophischen Fakultät der Hochschule Bern für die Periode 1895 97 als Preisarbeit bestimmt und ist vom Verfasser bearbeitet und im Manuskripte bereits eingereicht worden.

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Archiv des hist. Vereins. XV. Band. 1. Heft.

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Literaturverzeichnis.

I. Uligedruckte Quellen.

1. Bundesarchiv.*)

„Copiata dall' originale couservato all' Archivio generale di stato a Sa Maria gloriosa dei Frari in Venezia." Kopiert auf Kosten der Eidgenossenschaft unter der Leitung des schweizerischen Konsuls in Venedig, V. Ceresole. Foliobände 16 86 inkl.; ferner 2 Mappen, die später hinzukamen.

Gedruckter Katalog, verfasst von V. Ceresole. Venedig 1890. S. S. 286.

2. Staatsarchiv in Bern.*)

1. Venedig-Buch A, B, C. Drei Folianten ä 1400 Seiten c.

2. Deutsche Spruchbücher der Stadt Bern, SS, PP, VV.

3. Kriegsrats-Manual XI, pag. 168, XIII, pag. 143, 152, 174, 178.

3. Staatsarchiv in Zürich.*)

1. Beziehungen zum Auslande. Venedig 1483 1717. A 214, Mappe 1 7 inkl. Ohne Paginierung.

2. Originalbüudnisse und Kapitulationen in einer eigenen Schachtel.

II. Gedruckte Schriften.

1. R. Daru: Histoire de la Republique de Venise, tomes III,

IV, V. Paris 1819.

2. Dr. Heinrich Leo: Geschichte der italienischen Staaten,

V. Teil, 1492—1830. Hamburg 1832.

*) Es gereicht mir zur angenehmen Pflicht, den Herren Staatsarchivaren Dr. Kaiser, Henry TUrler und Prof. Dr. Paul Schweizer meinen wärmsten Dank auszusprechen für ihre Zuvorkommenheit und stete Bereitwilligkeit, mir die nötigen Akten zur Verfügung zu stellen.

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3. Dr. Johann Strickler: Lehrbuch der Schweizerge^ehichte Zürich 1874.

4. Hans von Zwiedineck-Südenhorst: Die Politik der Republik Venedig wahrend des 30jährigen Krieges, I. und II. Band. Stuttgart 1 B82.

5. Sammluug der eidgenössischen Abschiede : A, VI i, B, VI i (1587—1617), A, VI 2, B. Via, (1681—1712).

6. Berner Taschenbuch, 1874 77 (Biographie von Gabriel Weiss).

7. Dr. Wolfgang Friedrich v. Mülinen : Die Chronik des Jost von Brechershäusern, 1598 1658.

8. Prof. Hagen: Die auswärtige Politik der schweizerischen Eidgenossenschaft, vornehmlich Berns, von 1610 18. Programm der Berner Kantonsschule für das Jahr 1864.

9. Leus Lexikon (W), Band 18, pag. 254 f. und 313 f.

10. Dr. Valer: Das Bündnis mit Venedig im Jahre 1603 und seine Folgen. Rheinquellen 1895.

11. Dr. Häne: Eine stiftsanktgallische Compagnie in venetia- nischem Kriegsdienst (1688 91). Centralblatt des Zofingervereins 1896, Xr. 9 und 10.

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