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1893.
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The University of Connecticut Libraries, Storrs
1 1 Z-f/^-
BOOK 10 1.F672 c 1
FLUGEl # DIF PROBLEMEN DER
PHILOSOPHIE UND IHRE LOSUNGEN
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Otto ©d^ulse 33 er lag. 1893.
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iDoritiort jur juieiteu Äuflttge.
^on bcr @ef($i(^te ber ^Itlofop^ie gilt oan§ inäbefonbere, waä ^erbart üon ber ©efd^ic^te jeber Sßiffenfc^aft faßt: ,,3öaä enthält bie ©efd^id^te einer Söiffenfd^aft? Df)ne ,3^weifel '^^x\nä)^, bie man maä)t, um jur SBiffenfc^aft felbft §u gelangen. 3ßer uermag ben 2Bert biefer ^er= fud^e 5U toürbigen, imb, wo barin SfiücEgang ober Fortgang fei, gu bemerfen? Dl)ne ßraeifel berjenige, ber htn beften unb fürjeften Sßeg, roeld^en biefe 33erfu(^e ju it)rem Qkk nel)men fonnten, überfieljt. ®at)er ift bie ©efi^id^te einer i^unft gen)ö!)nti(^ erft bann üerftänb(i(^ unb intereffant, wenn man ber ^auptibeen mäd^tig ift, nad^ benen bie mannigfaltigen ^erfui^e, üon benen bie ©ef^ic^te erjälilt, beurteilt werben können ; menn man bei un= richtigen 9)ia^regeln bie rid^tigen 3lbft($ten Ijerauösufinben unb ju fd^ä^en, wenn man bemjenigen, maä Übertreibung ober ©i^raäd^e üerfel)lten, baä redete a}la^ nac^juweif en , wenn man ha§> SBaljre, baä SBid^tige oom Un= bebeutenben, S^'^'^Ö^" ^iiib @efäl)rlic^en geljörig ju trennen t)erftet;t/' (^erbart, ^Hebe bei Eröffnung ber SSorlefimgen über ^äbagogif. äßerfe XL 64.)
3n biefem ©inne ift baö üorltegenbe SSerf, wie ba§ 3Sorwort gur erften 3tuflage näljer barlegt, entworfen, auggefüljrt unb je^t in ber jweiten 3tuflage genau burc^gefe^en unb crgängt worben.
2Bangleben a. «See.
r Dormott }\it ttfltn Auflage.
c-i 2ßelc^e ^ebeutung in neuerer 3eit bie ©efd^iv^te ber ^l)ilofopl)ie er= langt Ijat, beweifen bie mannigfaltigen, jum STeil üortreffli($en 33earbeitungen bcrfelben. ^efanntlid^ wirb baä Stubium biefer ^iä^iplin auö zweierlei GJrünben gef($ä^t, einmal um beö ^ntereffeä willen, weld^eä bie ©efd^ic^te ber ^l)ilofopl)ie, wie jebe ©efc^id^te überliaupt barbietet, fobann weil man
VI SOorhJort.
(;offt, auä berfelben ^s|^iIofopI)icrcn unb ^i)i(ofopt;ie feldft 511 lernen. S)iefer leitete ©eftc^tspunft t)at uns üornet)niU(^ bei ber Stnsarbeitnnö beö üot= Uegenbcn 33n($es geleitet. Unfcr ^auptbeftreben geljt in bemfelben bal^in, bie @cfd)ic^te ber ^l;ilofopl)ie nic^t jnr blofien ^iftorie werben unb über berfelben nie yergeffen gu laffen, lueffen ©ef^idite fte ift.
(5^reili($ ift bei beni ©treben, ^Ujilofopljiercn unb ^sljilofopl)ie anä beren ©efi^ic^te ju lernen, bejonbere lsorfi($t nötig. 9hir ju liäufig ift bie @r= fal^rung genrnd^t, ha^ man bei biefem (Stubiuni anfangt bie Überfülle beä gcfc^ic^tlid^en Stoffeö mä)t ju uerorbeiten nermoc^te, am ®nbe aber gleid^^ n)ol)l fiel) fel;r teer fül)(enb fragte, wo^xi nun bies alles? unb fic^ baoon, alö von einem geiftrcic^en ©ebanfenfpiel abumnbte. ®ie ^ilfe, roeli^e Ijier biejenigen boten, meldte bie ©cfdliicljte ber ^ljilofopl)ie nac^ einem ein^eit= lid^en Öebonfen, ober, mie es Ijiefs, nac^ ber ^bee im organifc^en 3»f(ii"»ten= fiange barftellten, l)at incljr gefc^abet, als genügt; benn mä)t allein mufete fid^ baö ©cfc^id^tlic^c felbft bie ungeljcuerlic^ften -l>erunftaltungen gefallen laffen, fonbern cä würbe baburc^ auc^ meift ber ^rieb jum ^^sljilofopljieren erfticft.
^nbeffen mu^ bo($ jeber, ber a\\^ nur einigermaßen von ber (5)ef(^i($te ber ^^l)ilofopl)ie Kenntnis nimmt, fragen: follten benn bie beften Senfer aüer 3eitcn itjre beften 5lräfte an bloße ^l)antafien, an ein bloß geiftreid^es ©piel gctüanbt Ijaben ? baö !ann nic^t fein, fc^on barum nidit, weil eä im ©runbe immer nur biefelben ^^^unfte finb, an welchen fie iljre 2lrbeit ein= fe^en. (Sä muffen alfo gemiffe 3lufgaben uorliegen, meiere baS Tienfen §n bearbeiten l)at, 2lnfgaben, bie man )iä) ni(^t felbft ftellt, fonbern bie fic^ uns aufbrängen. Siefe ^^unfte, biefe Probleme, auf beren Söfung bie pljilofopljifc^en ^kftrebungen aller Qtikn gerid^tet geiuefen finb unb um beren Söfung febe ernfte in biefer 33e5iel)ung angcftcllte gorfd^ung bemüljt fein muß, liaben mir in ben 'l^orbcrgrnnb ber Sarftellung fomol;l für bie tljcorctifdie als bie praftifd^e '^^Ijilofopljie gerüdt. 2ßir traben es ferner ncrfucl)t, ben gansen 3toff einer allgemeinen ©efc^ic^te ber 'ipl)ilofopl)ie um biefe ^^irobleme unb beren Söfungcn ju gruppieren. 3»bcm mir immer mieber "Den ^licf auf bie eigentlichen örunbprobleme Ijinlenften, Ijofftcn mir, nic^t allein fie in geljöriger äBeife bcmerflid^ jn machen, fonbern gugleid^ ben ^rieb ju immer erneutem (einbringen unb gorfc^cn an ben betreffenben '^lUmften mac^ 5U Ijalten. Tsenn baö ift gemiß, wenn eö audt; ni($t mögtid^ ift, überall bie uoUe :^öfnng Ijerbei^ufüljren, wenn cö 5. 33. auc^ nie gelingen wirb, \)a^ äi>efen ber äfJaterie noUfonunen 5U burd^fc^auen, fo gibt eö bod^ fet;r oiel uerfd^icbene Stufen ber (Sinfic^t, meldte ?,unfrf)en einer uolltommcnen S'urd^fd^auung unb ber gcgeniuärtig geläufigen (Srfenntniö ber ^Jiaterie liegen.
asortöoct. VII
©emnad^ i)at baä uorlicöciibc 'öu^ einen boppcltcn Smed. @s fott cinmat benen bienen, welche baö yortianbcnc SJfatcrial einer attgenieinen ©efd^id^te ber P)i(ofopf)ie !enncn lernen sollen, fobann aber a\iä) benen, wzlä)c beftrebt finb, fic^ an bcr eiöcntlic^en, weiter cinbrin^cnben (^^orfc^ung ju beteiligen.
3Ber f)ierna(^ bie @ef(^ic|te ber ^t)ilofopI;ie !ennen lernen will, bem löirb biefelbe foroeit öorgefi'iljrt, a(ö beren Kenntnis für jeben wiffenfd^aftlii^ ©ebilbeten iuünj($enöiöert ift. 3llIcrbingS ift buri^ ben Uniftanb, bafs ber gef^ic^tli($e ©toff um bie "^^problenie gruppiert ift, ber ^abeu ber gef(^ic^t= tilgen (£iitiüic!elung oft unterbrochen. ®ies max bei unferm ^wcd nic|t ju oermeiben, einmal weit nur bie luenigften ^Ijilofopljen alle Probleme bel;anbelt ^aben, fobann weil eine weitere 5i>erfolgung bes Ginjelnen uns §u weit t)on unferer Hauptaufgabe abgefiil)rt Ijätte, unb enblic^ weil fef)r ^äufig ber ^ufammenljang in hm ptjilofopljifc^en 6i)ftemen nur ein fd^ein^ barer ift; in 3Bir!li(^feit i)ai bie ©pefulation in jebem ©ijfteme fel)r uer= f^iebene 2lnfä^e. Um aber baö ©tubium ber @ef($i($te ber ^Ujilofopljie nac^ biefem Suc^e §u erleiditern, ift baö 9lamenSregifter na^ bem chrono; logif($en 33erlauf ber ©cfc^ii^te ber ^^^t)ilofopljie georbnet unb bietet fo gleic^= fam einen hirjen StuSjug berfelben bar.
S)er anbere ^w^d l)at bie eigentlichen ^orfc^er im 3tuge. S)ie pl^ilo^ fopl^ifc^e j^orfc^ung !ann woljl guweilen fto.cfen, aber, folange nic^t alle 5ßiffenf(^aftli($!eit ju ©runbe gcljt, wirb fie nie auöfterben. ^afiir forgen fc^on bie einzelnen SBiffenfd^aften. ^n ^tiUn, wo fic^ namentlich auf bem ©ebiete ber Dkturwiffenfi^aften neue ©ntbecfungen pufen, ^unml unerwartete ©ntbecfungen , welche teils ganj neue äßiffenögebiete erfc^lie^en, teilö auf üorljanbene ©ebanfenfreife umgeftaltenb wirfen, wirb allerbingö äunäc^ft baä empirifc^e ^ntereffe uorwalten. 3(ber je länger, umfomel)r wirb fic^ baä Sebürfniö füljlbar mai^cn, nic^t allein baö empirlfc^ gewonnene 9Jtatcrial nac^ beftimmten oerwanbtfc^oftlii^cn @efi($täpun!ten §u gruppieren bej. auf:: einanber jurücfjufüljren, unb fo baö (Sinjelne in einem begriffsmäßigen, größeren 3iif^"i"i<^'il)^"06 g^i crfaffen, fonbern awä) bie betreffenben iBi- fc^einungen aus ben legten ^kbingungen absuleitcn unb fie bamit, foweit als möglich, erfc^öpfenb ju erflärcn. 2luf bem ^^unftc biefes 33ebürfniffes ftel)t gegenwärtig bie allgemeine 9]aturwiffenfd)aft. CSin reiches empirifc^es Sßiffen, welches non jal^lreic^en ilräftcn nod^ innner weiter in bas Glnjelne verfolgt wirb, brängt felbft meljr unb melir p einer barauf gegrünbeten, in fic^ jufammenljängenben Gr!lärung ober ^Ijeorie. ^n ber pl;eren 9ktur; wiffenfc^aft richtet fic^ biefeS ptjitofopljifc^e SJil<^i^effe unb 33ebürfnis einer 5tl)eorie namentlich auf §wei fünfte: wir meinen einmal ben begriff bes
VIII SSotioort.
2ltomä ober ba§ SSerpltntö üon J^raft imb Stoff, iinb fobann ben ^eßtiff ber (Stnpftnbuno. Sßenbct fi(^ ein 3^orf($er, weichet fic^ longe 3eit mit ber ^Bearbeitung einzelner 2Biffen§öebiete befc^äftigt f)at, jum SSerfuci^e, eine Srt;eorie auä ollgemeinen ©efid^täpunften §u geben, fo pflegen \iä) ii)m in ber Sfiegcl §raei @efal;ren entgegcnsuftetten. Ginnml ntad^t fic^ i{)m baä ^ebürfniö einer S^tjeorie Ijauptfäd^Iic^ nur an einem ober hoö) nur an tuenigen fünften geltenb. liefen fünften fuc^t er feine S^^eorie an-- gupaffen, anbere ©c^ioierigfeiten, bie nic^t gerabe ii)n brücfen, roerben oft überfefien. ©obann menbet er fi(^ im Sebürfniä nac^ einer ^t)eorie leicht einem p^ilofopljifc^en ©ijfteme ju, rael(^e§ it)m jufällig am näc^ften liegt, ober präfentiert wirb üon iljm zufällig bekannten 3tutoritäten, ober fonft feiner S^^t^^^^^^ität am meiftcn jufagt. 2lu§ 9)iangel an i^enntniö fämtlid^er Hauptprobleme imb fämtUd^er an biefen ^imften ein= gef(^lagenen 2)en!bemegungen ge^t bie ilontinuität beö SBiffeitö oerloren, xmb eä t)ängt tjäufig ni($t üon fac^Iic^en, fonbern t)on sufättigen ©rünben ab, ob man für geroiffe allgemeinere ^Ijeorien eine Vorliebe ober 3Xbneigung mitbringt, .^ier foll nun unfere ©li^rift fämtli(j^e ©runbprobleme ber t^eoretifd^en unb praftifd^en ^Ijilofop^ie üorfüfiren, bie ^un!te, an luelc^en fid^ ©(^mierigfeiten finben, inöbefonbere beren eigentümlicE)e Sef($affenl)eit bemer!li(^ mad^en unb bamit bie nerfc^iebenen 2lnfangöpun!te ber Spekulation aufzeigen, gerner foll ber g^orfc^er bei jebem einzelnen Probleme in ben ©tanb gefegt werben, fämtlid^e mögliche unb l)iftorif(| t)erfu($te, bemer!en§merte Söfungen ju überfeinen unb fie na^ il;rem magren aBerte beurteilen §u !önnen. 2)enn an einem felbftänbigen ^^erfuc^e, jene Sd^mierigfeiten ju löfen, bürfte !aum jemanb mit (grfolg arbeiten fönnen, ber fic^ nid^t mit fämtlid^en ©enfbetuegungen in 33e5ug auf ©eift unb aJlaterie menigfteng ben ^auptpunl'tcn naä) üertraut gcmod^t l;at. 9Bo biefe S!enntni§ fel;lt, loirb oft an üenneintlic^ felbftänbige Söfungöoerfud^c gro^e ^Mi)e üeriuenbet, bie gefpart fein mürbe, Ijätte man gemußt, mie ganj bie nmnlic^en @eban!en beteitö früljer üielfad^ aufgeftellt, abgeänbert, raiberlegt unb uon neuem aufgenommen morben finb. ^ei einer bcrartigen Darlegung ber öerfd^iebenen !I)enfbcmegungen l;at aUerbingä aud^ auf @eban!en 91ü(!fid^t genommen luerben muffen, bie bereits wegen il;rer Unfruc^tbarfeit aufgegeben finb, mic 5. 33. bie ^l;ilofopt;ic Stficllingg ober ^egeU, bie jeboc^ prinjipictt inmierl;in alä ein bebcutungöüotler a^erfud^, gemiffe Probleme ju löfen, an^ufeljen finb. äöer fie nic^t fennt, fommt nur gar ju oft, ol;ne es §u moUcn ober ju miffen, auf fie jurüd.
S8oth)ort. IX
3m übrigen finb bie einzelnen Probleme unb i^re Söfungen foraeit iierfolgt unb bie einfd^Iagiöc Sitteratur foweit angegeben, ba^ man oon ba aus unntittelbar jur ^etailforfc^ung übcvgeiien !ann.
2tuf biefe äßeife glauben luir, biejenigen ^^^ragen, uon bereu 33eantiüovtung bie eigentlid^e (Sntfc^eibung in 33etreff einer aEgemeinen äßeltanfc^auung abl;ängt, für ben angegebenen ^mcd genügenb erörtert gu l)ahzn, fo ba^ \\ä) jeber unffenfcljaftlic^ ©ebilbete baburd^ Ijinlänglic^ auf bem (Gebiete ber ^-)]t)i(ofop()ic unb ber attgemeineu 9iaturu)iffenf(^aft orientieren xm'i) ein felbftänbigeö Urteil über bie eigentlid^ entfc^eibenben fragen bilben !ann.
©rftcr ^eil: 2)ic ^toölcmc ber t^corctifti^ett ^^tlofo^^ic unb i^rc iJöfungcn.
5le exften iHitföngc bev mctap^tjllft^eti ^pcßufation.
Segriff ber ^l^itofo^i^ie. ^aS (SIement bei 3;i^a[e§, ^iJJ^JO, SlnajimeneS, S)iogene§ bon S^jollonia. S'ir. 1. ©. 1. ©a§ aTteipov be§ Slnajimanber. 92r. 2. ©. 3. Sie ©ubftanj be§ ©^inoja. 3lv. 3. ©. 4.
^cgrlf be6 a^f&tnUn ^etben$,
Segriff be§ abfoluten Sßerbenä unb beffen SBiberf^rüd^e. 3lv. 4. ©. 6.
^aüpiixffteme bcs aßfofttfen gScrbcns.
^eraclit. ?ir. 5. S. 8. 2tnfä^e baju. 3lv. 6. ©. 10. Sßeitere mtSfü^rung bei gid^te unb ©d^elling. 3lt. 7. ©, 12. 33ei §egel unb ©c^o^Jenl^auer. (^renbelen= Burg unb Saaber.) 3lv. 8. ©. 13.
f Ittfc^rdnßttttöCtt bcs aßfoftttctt gScrbcns.
^eraclitS Seigre bom ©egenftrom. 9?r. 9. ©. 15. j^i^^^^ unbegrciflid^er 2lnftof(. ©. 16. 2)ie ©inne faffen bag abfolute SOßerben nid^t rid^tig auf. ^cracHt unb ©d^o^jenl^auer. 3lt. 10. ©. 16. Sie intetteftueHe Slnfd^auung bei ©d^eHing unb ^egel. 3lv. 11. ©. 17. S)a§ abfolute Sßcrben ftimmt nid^t ju einem ßreiälauf ber SDinge. 3lt. 12. ©. 19.
S5a§ abfolute ©ein im ©egenfa^ jum 9tid^t = ©ein, jum abfoluten SCßerben, jum relativen ©ein. Vlv. 13. ©. 20. (Äo§mologifd)er unb ontotogifd^er 33etüei§ für baS Safein ©otteS. ©. 23.) Sa§ abfolute ©ein bei ben ®leatcn, ©mtjcbocleg, ainajagoraS, ben 2ltomifern, ^tato, ®auniIo, ©affenbi, $obbe^, Seibnij, Äant, ÄrauS, ^erbart. 9ir. 14. ©. 24. Pas ^cienbe.
Sag ©eienbe l^at eine beftimmtc JClualität. 9k. 15. ©. 26. SBcrfud^c, baSfelbc qua(itätg(o§ ju beulen, bei ^l^ilo, ben 9leu^3(atonifern, %iäjt<, ©d^cHing, §cgel. 2l[§ qualitatib beftimmt tüirb eg gebadet bon ^piato, Seibnij, ^erbart. 9k. 16. ©. 27. Sag abfolut ©eienbe ift ein quatitatibeg ©ing. Seibnij (el^rt eine urfprünglid^e Steilheit in ber Ginl^eit (^räftabilicrte Harmonie). SlHer 9J?onigmug trägt bag ^rinji^ eineg ^phtraligmug in fid^. 3lv. 17. ©. 28. Sag abfolut ©eienbe ift nid^t urf|)rüngüd(j ivirfenb. Sag ©eienbe fe^en alg qualitatio einfad^ an bie (Srcaten, ©m^eboclcg, Stnajagorag, bie Sltomifer, ^ßtato, ^erbart. 9Zr. 18. ©. 31. Sag abfolut ©eienbe feigen ali quantitativ einfad^ (unräumlid^) an bie
3nl^aItS=a3eräeid^ni8. XI
eieoten, SeiBnij, ^erBart, 3118 nctlcenbig auSgebel^nt feigen eS an bie 2ltomiIer, bie ©toüer, §obbe§, 2)e§=Sarte§. 3lv.\9. ©.32. Qm Scgriff be§ aBfoIut ©eienben liegt eS nid^t, ob nur ein ©eienbe§ ober beren mel^rere anjunel^men finb. 2)a8 ©o^l^i§n;a: determinatio est negatio. Ser 2JJoni§inu§ ber ®Ieaten, ber ^Reu^tatonifer, 6^inoaa§, ©c^cUingS, ^egelS. 3lx. 20. ©. 34, 2)a§ Sebenfen, alö folle fic^ ba§ ©eienbe nad^ unferen ®eban!en rid^ten. 9lr. 21. ©. 37.
^ufammcn^anö b«$ ^ctcnben unb ^cgcßcncn.
yixd}t§> SlbforuteS fe^en ^eip: nid}t§ fe^en. 3ir. 22. ©. 88. S5er 3J?oni§mug !ann baS ©egebene nid^t erüären. 3lv. 23. ©. 39. Sie ©leaten berjid^ten auf eine 9^aturerf(ärung. 3^r. 24. ©. 40. ®ine 3We^rl^eit bon ©eienben ift an= junel^men. 9k. 25. ©. 41.
^t)(lcme bfö ^furaflstnus.
2)ie ^^t^agoreer. 9ir. 26. ©. 42. ^piato. 3lx. 27. ©. 42. 3lriftetereS. 3lv. 28. ©. 46. 2)ie ntec^anifd^e S'Jaturerllärung be8 @m^ebocIe§, SlnajagoroS, ber 3ltomifer. 3lv. 29. ©. 50.
A. ^ißt CS eine cnbflfßc ober unenbfitßc 5a^f »on tcafcn SScfcn?
Jlur bie 2lnnaf;me einer enblid^en Slnjal^l öerträgt fid§ mit bem abfoluten ©ein. Ä?ant§ ätntinomien. yiv. 30. ©. 51.
B. /titutt bie ?3ctt)C9tttt(| ber reafen p^efen eine urfprmtflntfje (utfat^fofe) fein,
ober ßebarf jebe läeweönng einer ;2ttftt($e? 50?anger^after Segriff ber SBetcegung bei ben Sitten. 3ir. 31. ©. 53. ®ine urfiprünglidje (urfacljlofe) Setoegung i[t ben!bar. 3lv. 32. ©. 54.
C. I^lnb itraft unb ^ioif jit trennen ober uniertrennflt^ ntlt elnanber tierßnttpff ?
Trennung beg ©toffe§ öon ber Äraft bei Slnajagoraä unb einigen neueren 9Jatur^^ilDfo^!^en. Iraftloä l^ei^t nicl}t qualitätäloS. Äraft ol^ne ©toff ift ein blo^ abftrafter Segriff. 91r. 33. ©. 56. Sie realen SQöefen finb nid^t urf^rüng= lic^e Ärafttvefen. 9Jr. 34—35. ©. 60. Sllö urf|)rünglic^ tDirfenb Srirb bag Sleale angefel^en ton ben ©toifern, S)e§=©arteä, Seibnis, toielen neueren 2ltomilfern. 91r. 36. ©. 62. Söiberf^jrudl) im Segriff einer urf^rüngtid^en , unbermittelten 2öir!ung in bie ^erne. 9lr. 37. ©. 63.
D. ^Inb bie reafen ^efen (Jitome) für elnanber burt^brlugflrf? ober ttnbnrc^-
brlngCtt^? 2)urd;bringlid!jfeit ift fein in fid^ hjiberf^red^enber Segriff. Sic SUnnal^me ber Unburd^bringlic^ieit ber einfallen aßefen berul^t pufig auf einer Übertragung ber ^räbüate ber finnlid^ Ujal^rnel^mbaren 5DJaterie auf bie legten Elemente berfelben. -Jlr. 38. ©. 66. ®ie 2lbteitung ber Äraft erforbert bie 2lnnal^me ber ©urc^bringlic^feit. 3tx. 39. ©. 69.
E. ^ittb bie reafen pefen atfc von ofetrfjer ober aucfj »Ott uerfc^lebener ^uafUöt?
Qualitativ einanber gleidje 2ltome bei ben Sltomifern. Serfd^iebene Seit>egungS= !räfte ber 3ltome in ber neueren 3ltomiftif. 2)ie d^emifd}en SDifferenjen unb bie geiftigen ßuftänbe berufen nid^t lebiglid^ auf SeiöegungSjuftänben. 31U8 qualitatib gleid;en 3ltomen folgt feine Äraft. 9Jr. 40. ©. 70. Sie Slbleitung ber Äraft erforbert bie 2lnna^me qualitatiö berfd^iebener 3ltome. 9lr. 41. ©. 73. S)er qualitatiüe ©egenfa^ unter ben Sltomen. 9Jr. 42. ©. 73. Vorläufiges 3lefultat. 9tr. 43. ©. 74. Bufäüige Slnfic^ten. 3tv. 44. ©. 75. Sßec^feltvirfung. ©elbfter^altung. 9lr.45. ©. 76. innere Buftänbe ber realen SBefen. 3Zr.46. ©.76.
XII 3n^artg=aSeraei(^m§.
Qntüiefern baS (Segebene hjiberf^red^enb fein fann. ©. 77.
aßiberf^rüd^e im Segriffe eine§ 2)inge§ mit meisteren 3Ker!maIen. 3tt. 47—48.
©. 78. aBarum biefe SBiberf^irüci^e oft nid^t gefüllt hJcrben. 3tx. 49. ©. 81.
2)a8 Problem ber ^n^t^enj bei fiotfe unb Äant. 3tv. 50. ©. 82. |)tt$ ^roßfcm ber Veränderung.
aSiberf^jrud^, Jüetd^er im Segriff einer qualitatiöen SOeränberung Hegt. 3)er
influxus physicus Jüirb öeriüorfen bon 25eg:Sarte8 unb Seibnij. £öfung biefeS
Problems bei §erbart. 3lt. 51. ©. 83. 3>a$ ^roßfem ber ^aterte.
2Bie lann au§ unräumlid^en Sßefen bie räumlid^ beftimmtc 2JJaterie entftel^en?
3tr. 52. ©. 85. Söfung, hjelc^e ^erbart gibt. 3h. 53. ©,86. Söfung, hjeld^e
SDrobifd^ gibt. 5Rr. 54. ©. 88. Söfung, föelci^e ©orneauä gibt. 5Rr. 55. ©.89.
SSerfud^, bie räumlid^en SSerl^ältniffe aI8 innere 3"ftänbe ju begreifen. 9ir. 56.
©. 90. 2lb[eitung ber aittraftion. 3lv. 57. ©. 93. Slbleitung ber SRe^uIfion.
SRäumlic^e ©ebilbe. 5Rr. 58. ©. 94. Stt^eratome. 3^r. 59. ©. 95. Vermittelte
Sßir!ung in bie gerne. 3lx. 60. ©. 96. 5>a5 "größtem bes ^(^.
Sie (SIeaten unb §eracUt jtoeifeln an ber SRid^tigleit unferer finnlid^en 3üai)X'-
nel^mungen. 9^r. 61. ©. 97, S)ie ©o^jl^iften unb nod^ mel^r bie ©fe^tifer bereiten
ben 3bea(i§mu§ bor. 3lx. 62. ©. 98. ©e§;(Earte§ bejtoeifelt bie ©jiftenj einer
Slu^enlüett. 3lx. 63. ©. 101. Serfelei^S unb gic^teS ^bealiSmuS. 3lx. 64. ©. 103.
S)a§ 9^ ift ^ttö einjifle unmittelbar ©egcbene. 3lx. 65. ©. 104.
Verftt($e, am bew gibeafismttö jum ^eafismus äurücfijuße^ren.
©er naibe 9?eali§mu§. ©d^eltingä intelleftuelle Slnfd^auung. 9Jr. 66—67. ©. 104. ®e§ 3)e8:6arte§ unb Seibnij Selceife für bie ©^iftenj einer 2lufienh)elt. 9^r. 68. ©. 107. Striftotefeg über bie Äategorien. 3tominaIiSmu§ unb 3ieaU§mu8 beS a^ittelalterS. ©^irituali§mu§ unb ©enfualiSmug. 3tx. 69—70. ©. 108. Äant über bie Kategorien. Unterfd^eibung bon 2JJaterie unb ^orm ber Sßa^rnel^mungen bei Äant unb ©d^open^auer. 3ir. 71—73. ©. 110. ®ie Äategorienlebre ift eine fe^r na^eliegenbe §t;^ot§efe. 3lx. 74, ©. 112. Äant§ jföei a3en)eife für feine £e^re bon ben Kategorien. ^Wr. 75. ©.113. 2luf bemfelben Sßege, luie Äant, finb aud^ neuere Staturforfd^er ju biefer Seigre (§^^ott)efe) gcfommcn. 9ir. 76. ©. 115. SDie $t)^otbefe ift in fid^ tüiberf^red^enb. ^orm o§ne Snl^alt unb Sn^alt o^ne ^orm finb blo^e ittbftraüa. 5«r. 77—78. ©. 116. 2)urc^ SKnnal^me ber Kategorien h)irb nid^tä erflärt. 3lx. 79—80. ©. 119. 5HEmä^Iic^e8 (Sntfte^en ber Kategorien, IRr, 81. ©.122. 2)ie befonberen gegebenen formen ber Stm fd^auung laffen fid^ burd^ bie Kategorien nid^t crf(ären. 5ftr. 82—84. ©. 123. aSetbeiä ber ©i-iftenj einer Slu^emwelt bei ©d^ojjenl^auer, ^elml^ol^, %id. 3*bei: beutigfeit in bem 2lu§brudEe: unbetüufiter ©d^lufs, 9ir, 85 — 86, ©, 126. aSerid^tigung unb ©rgänjung be§ Seiüeifeg für bie (Sgiftenj einer Slufienh^elt. Kaufalität. 5nr.87— 89. ©.128, ^erbartö Segrünbung be8 SRealiönmö, 9ir,90— 91. ©. 130. 3lnna§me eine§ felbftänbigen ©eelenföefcng. 9ir, 92—94, ©, 132, Sie 2ßed^fettüir!ung 5iüifcf|en £eib unb ©eele unb baä ©efd^el^en in ber ©eele folgt beftimmtcn ©efefeen, ^Ir, 95— 97, ©.135, Hemmung, SSerbinbung, mittelbare
9n^art§=aSeracic^ni8. XIII
unb unmittcrbare SRc^robuÜion ber SJotfteHungen. SWr. 98. ©. 140. aSilbung ber begriffe. 3lv. 99. ©. 142, 3Keta^]^l;fifd^e Irrtümer, treidle fid^ an bie SUbung ber begriffe angefd^roffen l^afeen. 31t. 100. ©. 143. «Pf^d^ologifd^e Irrtümer. Dir. 101 — 102. ©. 144. einteilung ber ©eelentl^ättgteit in S)enfen, t^ü^ten, aOSoiren bei «ßlato, airiftoteleg , Söolff, Äant. ©eerenbermögent^eorie. 3ir. 103. ©. 146. ©efü^Ie unb Sege^rungen. 3lv. 104-105. ©. 147. ®ntfte^ung beS ©elbftbelDu^tfeinä (beö ^ä}). 3tv. 106—110. ©. 149. 2)a§ em^iriftifc^e «ßrinji^) in ber «ßf^^ologie. Unfterblid^leit ber ©eele. Dir. 111. ©. 151. Diaturiviffen^ fc^aftlic^e ^Jjringi^ien unb 2Jiet^obe in ber ^f^c^ologie. Dir. 112. ©. 152. «ßf^c^ologifc^e Sitteratur. ©. 153. 5>tt5 te(eofogif(^e ^roöfcm.
Unterfd^ieb biejeg Problems bon ben anberen. Dir. 118. ©. 154. 2)ie ^^ormen, an tneld^en man 3*öedtmä§igfeit tva'^rnimmt, finb gegeben. Dir. 114. ©. 155. ®h)ig!eit ber Sßelt: ©m^ebocleä, Slnajagoraä, Slriftoteleä. Dir. 115. ©.155. 3lntt>iefern Sh^ec^niä^iglett gegeben fein !ann. ©^inoja über Xeleologie. Dir. 116. ©. 159. 2lbftrafte SJiöglid^feit einer jufälligen ©ntftel^ung ber 3'»f<iformen. Dir. 117. ©. 161. Unlüa^rfc^einlic^!eit berfelben. Dir. 118. ©. 164. 3tt)ecf= fe^enbeg ^xmxp (©c^ö^jfer). Dir. 119—120. ©. 165.
Breitet ^et(: ^ie ^tohltmt ber ^jraftift^cn ^^Wofo^j^ie unb i^rc Söfungcu
SSerfd^iebenl^eit ber tl^eoretifd^en unb ber ^jraüifd^en Unterfud;ung. (Sinteirung ber ©efc^ic^te ber ©t^il. Dir. 121. ©. 173.
^t}fltme t>tx rcffttltjett pcrtfc^ft^unfl.
(Sinteitung berfelben in antl^ro^ologifd^e, tl^eologifd^e, loSmologifd^e. Dir. 122. ©. 174.
A. per atti^roporoölf(^c ^tanhpnnM.
35ie ©o^^iften. Dir. 123. ©. 174 unb Dir. 125. ©. 176. 2)ie ©^nifer, 2lntift^ene§. Dir. 124. ©. 176. Sie ©^renaifer, Slrifti^^), $egefia§. Dir. 126. ©. 176. ®^)icur. Dir. 127. ©. 177. aeeno^^on. Dir. 128. ©. 178. 3trifloteIeg. Dir. 129. ©. 180. ©^riftlic^er ®ubämonigmu§, DJialebrand^e, 5ßa§car. Dir. 130. ©. 181. ^o^ular-- 5ß^irofo»)^ie. Dir. 131. ©. 182.
B. per tßeofoflift^e |itftnbj»uttftt.
Segriff beäfelben. Dir. 132. ©. 183. aSertreter beäfelben. Dir. 133. ©. 184.
C. per ftosötorogifc^e ^tanbpunU.
Segriff be§felben unb 3ufanti«enl^ong mit bem 3Jioni3mu8. Dir. 134. ©. 187.
a. ^oxibeaüßii^e §t)fteme.
S)ie ©toifer. Dir. 135. ©. 189. ©^)inojo. Dir. 136. ©. 193. 2lnfänge ber DJi^fti! Bei ben ©toüern. Dir. 137. ©. 196. 2Jii;)ftif ber Dieu^^latonifer unb be§ 2Jiittet= alters. Dir. 138. ©. 198.
b. 3ibeart(llf($c |it)(leme.
gierte. Dir. 189. ©. 201. ©c^eEing , ^egel, ©c^leiermac^er. Dir. 140. ©. 203. ©c^o^jenl^auer. Dir. 141. ©. 205.
XIV Sn^altö=33erjeid^m§.
pettticlfung bct ^t)fleme bcr tcrafbcn ^Sfdftßä^ttttg.
Beurteilung beg antl^ro^ologiydjen unb tl^eologifdjen ©tanb^JunlteS. 3lx. 142. ©. 207. Beurteilung be§ !ogmotogifd)en ©tanb))unfteg. 9ir. 143—145. ©. 208. 3Ba8 in biefen ©t^ftemen alä Äorreftib geiüirft ^at. 3lr. 146—148. ©. 212.
^tjflctnc bct a6fo rufen iScttfdjc^unfl.
©ücrateg. Dir. 149— 151. ©.215. «ßlato. 9ir. 151 — 152. ©. 218. 2;rennung
ber :|)raftif(^en ^{>i[ofo|)l^ie öon ber tl^eoretifd^en bei £ant unb ^etbart.
31t. 153—155. ©. 220, Dbjeft ber fittUc^en 2ßertfc]^ä|ung ift nadj Äant unb
§erbart ber SBitle. Dir. 156. ©. 222. Äant unb §erbart über (Subämoni§mu§.
9lr. 157. ©.223. Äantä unjureidjenbc 2lntioort auf bie jjrage: Jüaö ift gut?
3lt. 158. ©. 224. SDie englifd^en unb fc^ottifd^en aJIoraliften. SJr. 159. ©. 225.
«perbartg attgemeine ©runbfäfee ber iBtljxl Dir. IGO. ©. 226. "pU ^bcc t>(x inneren ^^rcl^elf.
Darlegung berfelben. 3h. 161. ©. 227. S)iefelbe bei ^lato. 5Rr. 162. ©. 227.
»ei ben ^efuiten. 3lv. 163. ©. 228. Äant« 2lutonomie. 9Jr. 164. ©. 228.
aJJi^beutungen berfelben. 3lx. 165—168. ©. 229. 3>lc ^bec ber ^offßommenOcit. 5Rr. 169. ©. 231. 3)te ?bec bes PoßfwolTenö. 9lr. 170-174. ©. 233. 5>le 3>bec bes ^edjts.
Bei ^obbeg. 9lr. 175. ©. 237. Bei ben beutfc^en ©ojialifteu. 9?r. 176. ©. 238.
Trennung be§ 3taturred)t§ öon ber 3)Uval bei Äant unb gierte. 3h-. 177—178.
©. 239. ©tal^l gegen biefe 2;rennung. 9Jr. 179. ©. 240. 2)ie SKec^täibee bei
©rotiug. 3lv. 180. ©. 240. Bei §erbart. 5«r. 181—183. ©. 240. 3)ie ^bee bev ^erfleftunß. 3lr. 184—188. ©. 242. Slbfotut^eit ber Sbeen. ©. 246. pie aßgefeifeten gibeen.
3led)tgfl;ftem. 9ir. 189. ©. 250. £ol;nfl;ftem. 9Jr. 190. ©. 251. BertraltungS;
fiiftem. Dir. 191. ©. 251. Äurturfl)ftem. Dir. 192. ©. 252. Befeelte ©efeüfc^aft.
Dir. 193. ©. 253. 3)ic 5been unb bie S^irüfic^ßeit.
Ber^Itni§ ber Sbeen jur 2ßirfrtd;!eit. Dir. 194. ©. 253. 2;ugenb. 5Rr. 195—197.
©. 254, ^flidjt. Dir. 198. ©. 258. ^reil^cit. Dir. 199. ©. 260. Dieligion. Dir. 200.
©. 263. ^^ronofogifd) fleorbnetes ^owenöt»erjci(f)ni5. ©. 265.
(Er Her teil
Pie ^roBfeme bet fßearefifc^en ^(iifofopßie
nnb i^xc Jöfuitflen.
Jie nficn Jinfäiige bcr metap§t^(lf(fjen ^peftufatto«.
1. ^ttbeiu man fett 9((terö bie ©cjd^ic^te bei ^U^ilofovijie mit ben iogenanuteii ionif($en ^^l}i;fio logen 511 beginnen pflegt, unrb bie ganje 9^ei()e bev novangeljenben ^enfnerfnc^e uon ber ^^^t)ilofopf)ie nnb iijrer @e= fc^ic^te nlö ni^t bn^u getjörig anögcfc^ioffen. 'OJfan fiet)t alfo erftenö ab uon ben veligiöfen unb nu)tt)ologif($cn ^IsorfteUnngen, mit meieren faft bei einem jeöen S5olfe eine benfenbe 3lnffaffnng ber äßelt beginnt ; gmeitens oon ben bereits üielfad) i)or()anbenen, lüoljl auä) naä) geioiffen ©efid^töpnnften georbneten rein empirifc^en 33eobaci)tnngen beö 9?atnr; nnb SJienfdjenlebenö; nnb brittens non allen ^enntniffen i'iberljanpt, loelc^e beftimmten änderen 3n)ecfen bienen, ane ber c^eilfnnbe, bem l^anbban, ber ©c^iffaljvt n. f. 10.
9)iit biefer 3tuöfc^eibnng beffen, luas nmn ntd)t ^nr ^^Ujitofopljie redjnet, Tüirb jngleidj angebentet, waö bajn gn jäljlen ift, ober welchen '-Begriff man von Stnfang an mit bem äl^octe ^^tjitofopljie uerbanb. '^l)x genügt eä otfo nid^t, in metju poetifi^er, pljantafiegemäfeer 'ißeife bie 9Mtfel beä S)afeing 5U löfcn nnb fid) fo eine allgemeine fiebenö^ nnb äöeltanfc^annng ^n bilben, TOie bieg bie alten 93h;tl)ologien nnb ^oömologien tljaten, fonbern uon ber ^Uiilofopliie uerlangt man 'Ißiffen im (^iegenfal uon bloßem 9Jfeinen unb (Glauben; fie foU in ftreng logif($cr äöeife jn 5lnnal)men fü{)ren, bereu Gegenteil unmöglich ift.
^ie '|>t)ilofoplne foll fid) ^um anbcrn nid^t genügen taffen an einer empirifc^en 'i^ctrac^tnng ber ^^selt, an blofter J-eftflellnng nnb iSannnlnng ber 2^t)atfac^en, fonbern fie foll hai erfaljvnngönuifng Öegebene begriff lid) fo bearbeiten, bafs ber bunte ^Äk'c^fet bci(S'rfdjeinungcii auf etunxö '^leibenbeö, luabrljaft 3eienbeö jurüdgcfnljrt luerbe, nnb bie mandjerlei ©Uten, @e= iüol)nl)eiten, Ciinrid^tungen ber iniltev nnb ^Hbiuibnen an ctma^ loa^rljaft äßertuollem iljre 3ii(^tfi^nnr finbeu.
Unb enblii^ foll bie pljilofopljifd^e ^ovfc^nng feinem anbern ^'uerfe bleuen, alö eben ^u tuiffcn um bcö ißiffenö millen, bie äBal)rl)cit nur um it)rer felbft willen fud^en. Sarnac^ Ijat nmn uon 9(nfang an unter ^^ilo=
2 Qonifd^e ^I^^ftologen.
fop()ie ein ©tveben üerftanbeii, uield)eö bmd) (oflifi^e ikHU'beituuß ber ouf @vuiib bcr (iTfal)nin(^ cutftaiibcucn '^egiiffo ein aüflonicin rtiltiocö "Üsiftcn uoni iiuiljrljaft 3cienben bcsw. föefdjetjen nnb iual)r(jaft '^^cvt^lo((en jn er^ reid^en fuc^t §u feinem anbern ^\md alö eben inn beä älUffenö ober nni ber SBaljrljeit unilcn.
^il>cil biefe 3)icrfmale \\6) im allgemeinen jnerft bei ben ^eftrebnngen ber ionifc^en ^^Mjijfio logen finben, fo beginnt num mit 9ied)t mit itjnen bie Öef($ic^te ber ^^il)ilo[opI)ie. :3l)nen ift eö eigen, alö bnö allen SJatnrerjdjeimmgen ^n (^rnnbe l'iegenbe einen Urftoff an^nneljmen, anä mel(|em alleö geworben fei. ^IDie l^totine jn biefen 3lnfftcünngen finb nnS par nid)t anfbeljalten, allein fie laffen fic^ leicht erraten. 3^i"öc^ft mögen gemiffe trabitioneUe -Dceinnngen itnb iloömogonien, bie bnrd) it)r 3(ltcr nnb bie 33erbinbnng mit ben religiöfen 'l^or[tellnngen einen nid)t geringen (S'in-- flu^ anöüben mnf3tcn, mitgeunrft''') nnb ber erften Spefnlation gleid)fam bie 9iid)tnng ber (^iebanfen geunefen t)aben. ^\\m anbern finb eä jebod; eigentlid) pt)ilofopl)ifd)e i)iotiue gemefen. 3)ie natürliche nnb erfte Söe-- trac^tnng ber 9iatnr fafst t^a^i, maö wir feljen, iiberl)anpt finnlid) \mi)X'- nel)men, als Thinge anf, weldje aufser nnö nnb nnabljängig uon nnö finb nnb fcftfte^en. li'ine einigermaf^en gefd)ärfte 58eobad)tnng erfennt fobann, ba^ beö 33leibenben, g-eftftebenben, 'ikljarrenben uiel weniger in ber .^uitur ift, alö man anfangs glanbte, baf3 -l^cränbernng, ^IlNed)fel, Übergeljen beö einen in ein anbereö bei weitem Ijänfiger ift, ja bafe nic^t feiten felbft baS ä'seränbernngen crleibet, an beffen .'ikbarren fonft nienmnb jiueifclt. 'iöaö nun anö einem anbern geworben ober gemad)t ift, fann man uon bem eigentli(^ fagen: ee ift? Crben haö, waö iä) je^jt watirneljnu', ift allcrbingö, aber meift nur für hirje Seit, oorl^er war eö etwaö anbereö nnb nad)l)cr wirb eö etwaö anbereö fein, nnb boc^ ift eö in biefem 'Jlngenblicfe nid)tö neues, fonbern eö l)at ,3iniiiniiHMU)ang nüt bem, waö eö oorljer war nnb nac^ljer fein wirb; eö war alfo etwaö, elje eö fo war, wie eö je^t ift, nnb wirb and) nod) fein, luenn eö nic^t mel)r fo ift. 5prad)lid) legt nurn bie üerfd)iebenen Weftalten alö '^iräbitate einem 3nbjeft bei. Taö 3ubjeft alö foldjes bleibt, nur \>aö, waö eö be5eid}net, nimmt innner neue unb anbere Öeftalten an. Tie (''ieftalt ift aber boc^ nid)t bao ^ii^efen. Tao, wac eigentlich ift, war fd)on, elje eö biefe Weftalt annal)m, unb wao es banmlö war, müf3te nmn wiffen, um eö feiner wal)ren 'Jiatur nad) ju feniUMi; und
*) ©. ein 58eif^icl baüon in bcr 3«itfti^tUt für ehalte ^ßj^ilofopl^ie im Sinne beg neuern ^)f)ilDfo^)l^ifd^cn 3kali§nui«, a3anb I. ©, 152. Sie iucitercn f;äufiöen iö'ux- hjeifungen auf biefe ßcitfc^rift erfolgen unter ber Slbfürjung: 3t. f. cj. ^i).
Sl^aleg — .spi^)^)o — 2lnai;imene§ — ©iogcne^. 3
mar baö, uinö cö uorbcin war, anä) mir eine ©eftolt, fo muf] innu m^ lueiter 3urücföe{)cn , mau imif3 iljin alle biefe freniben iNevIjülhiuöen m^- stellen, um eö enblid;, uiie eö luirtlid) ift, nadenb ju erOHcfeu.*)
Stuf biefc ^^Beife nnvb beu X'ingen, une fie fic^ mit if)ren ^Be- ftimmunoon ber il^ahrncljmuurt uumittclbar barbieteu, baö (Siement ober bei- Stoff ßei^enüber gefegt, uicld)er bcn ^inöen ju C^Jnmbe liegt, iljr eigent= (idieä äl>efen bilbet iinb aitö bem fie gemorbeu finb. ^ieä mox ba§ erfte iRefuItat ber meta].)I)i)fifrf)eu Spefulatiou bei beii ^oit^crii: fie üerftanben unter bem Glemeute t>a^, loorauö alö au^ bem C^Tften äffe S)iuge finb, uierben unb in baö ^ule^t )k ?iurücfgel)en, fo ba^ lüäljreub fein SÖefen bleibt, eö nur in feinen ^uftänben fid) änbert unb bieriu bie S'ieilje ber Thinge burd^läuft. ^af3 man junäc^ft nur ein (Element aiuuiljm, fanu nid^t be= fremben, einmal mögen bierju trabitionelle ^l^orfteUungen mitgemirft (jaben, fobann maren bie feften, inbiyibuellen Unterfc^iebe ber einzelnen Staturbinge unb örfc^einungen, mit hcmn \\m eigentlich erft bie neuere 3iaturunffen; fd^aft oertraut gemacht bat, noc^ nid)t ^ur genügenben Älenntniö getommen; bie öegenfä^e mürben in 0)ebanfen gleic^fam fÜiffig, nac^bem man einmal bie 33etrac^tung auf baö Übergeljen beö einen in ein aubereö gerii^tet Ijatte. (E'ö mar alfo für ben banmligen 3tanbpun!t ber 9taturerfenntniö haä 9(atürli(^fte, einen ©runbftoff anjuneljmcn. 'änä) baä ift natürUi^, ba^ fie fic^ äunä(^ft unter ben gegebenen Stoffen ber Slatur lunfaljen, ob unter biefen einer ben 2tnfprü($en genügte, meldte fie glaubten an ben Se^ griff beö (£'lcmente5 ftellen ju muffen.
äöarum nun Ttjaleä alö bieg (Sine baä SBaffer, ijippo "^o^ ^em^te im allgemeinen, äfnai-imenes bie Suft, Siogeneä üon 2lpoÜonia etiuaö lUiftartigeö, melc^eö aninu^lifc^ unb intelligent jugleid) fei, bejeidjuete, bar= über laffen fii^ nur 5l>ermutuugen aufftcllen.**)
2. SBirb ber ^^egriff beö (i'lemcntcö ftreng gcVf5t, bann finb it)m alle mirflic^ TOat)rneI)mbai-en C>3eftalten gleich zufällig, feine einzige ift baö äßefen felbft, fonbern ift eben nur (sjeftalt, bie loieber oergef)t ober bie
*) ^erbart. ©ämtUd^e 2ßcr!e l^erauSgegebcn b. §artenftetn. Sb. XII. 108. **) SOergf. barüber ©trüm^eft: (55ef(^i(^te ber t^eoretifd^en ^^Uofo))]^ie ber ©riechen, Eeipjig 1854. ©.26, imb ©eibel: ber gortfd^ritt ber 50Jeta^^t)fi! inner= l^alb ber ©d^ule be§ ionifdjen .t)^[oäoi§mug. 18G0.
SJabei barf inbeä nid^t überfe^en iuerben, ba^ bie tniffenfd^aftlid^en SBemü^ungen ber ionifd>en ^l^^ftologen nid^t aüein auf eine 3wüdEfü!^rung beS ©egebenen auf ein nxeto^]^t)fifd}eg Se^teg gerid^tet haaren, fonbern uorne^mlid;» anä) auf eine ©ammlung unb Sefdjreibung ber gegebenen (Srfd^einungcn unb beren ©rflärung aug ^rinji^ien ober 2:§atfad^en, \vüä}t teils jenen ®rfd^einuugen, teil3 bem eigenen ®ebanten!reife biefer aWänner am nädiften lagen.
1*
4 9lna)rimanber.
boc^ lücniöftenö beii 'ii>cd)fcl fürchten (äfjt; cbenjo lücniß fann eine berfelben bell S^or^ug uor bcn nubeni Ijabcu, ha^ eißenlUc^c äßefeii nni)er ober gar uoütoiiiiucii ßenau ?)U be3eid)nen. 'il^nvuui foU alfo bciö ^ffinffer ober bie i^uft baä eigentliche 'i^^efen ber ^inge äUüerläffiger barftelten, alo etiua bnö ^ener ober bie (5'rbe? "ii^eber burd) baö eine, nod) bnrc^ bnö anbere fann beantiDortet luerben, luaö bas ^ilU'fen ber !^inge ift. ^lUelinel^r unvb man uon bem Okgebenen nbfefjen muffen imb 9iid)t=Öeßebeneö anjuncljmen ijaben, loeld^eö in ber gegebenen ^)hxtnr erfc^eint. So loirb ber begriff beö reinen Stoffes gemonnen, eines (S'tiüQS, lunö ni(i)t<5 33eftimmteä ift, fonbern a((eö ^eftiminte fein fann, baö erft nocl) baranf luartet, uiaö anö iljin uierben foU.
Siefeö fc^cint ber Sinn 511 fein, in iiield)ein 3tnaiimanber baS C£-(ement anupov genannt Ijat, ein tUnöbrncf, ber ni(^t nnr baS Unenblid^e ber @röf5e nac^ bebenten fann, fonbern anc^ baö Unbeftiminte ber Clnalität na(^, baö Seftimmnngöiofe, uield)eö aber nnenblii^ uiele mögliche '^e^ ftiminnngcn erijalten fann, gleic^fam ben oi^ bietet für nnbegrenjt oieie einzelne Unterfd)iebe ober '|>räbifate. Sieljt Xi\(x\\ oon ber Zeitfolge ab, in lueli^er \^o.^^ Clement nai^ nnb nad) bie üerfd)iebenen Unalitäten annimiiit, wel^e bie Scatur jeigt, fo luirb man fagen muffen, baö annpov Ijat \\\\- enblii^ uiele OnaUtäten, uon benen ibm aber jebe gleich loefentlid) iinb gleid^ nmnefentlid) ift. ^aö (S'tement felbft ift alfo baö (£-igenfd)aftö(ofe.
So mar beim in fefjr frül)er 3cit uon ber SpefnUttion baö (begebene überfi^ritten nnb alö fein le^ter Örnnb etuuiö 3(id)t=Öegebeneö angenommen. 3tber tjom ©egebenen loar man anögegangen, biefeö ^n erfläien, bejio. rid)tig i\\ benfcn, (ebiglic^ ba^n mar baö 3iid)t-'Wegebene uoranögefefet. CS-r- flärt biefe 3(nnal)ine lutn and) unrflicf) baö Wegebene, b. l). laffen fid) bie Grfi^einnngen ber ^uitnr fo(gerid)tig anö jenem (i'Iemente ableiten nnb be= greifen? 'Me folgt baö -i^eftimmte anö bem llnbeftimmten? ^^i>obnrc|, burc^ meiere Äraft ober llrfadje luirb baö ti-lement genötigt, je^^t gerabe biefe, bann jene anbere beftimmte A'orm an^^unebmen?
Tiefe Avagen nid)t anfgeiuorfen, gefdjioeige benn fie beantioortet 5,11 liaben, ift bao anbere, loao bie Spefnlation ber ^'■^int'v fenn^eii^net. Sie fpred)en uiol)l im allgemeinen üoii Umiuanblnng, 'iHnbidjtnng nnb änn-; büniuing, aber bereite -Jlriftotelcö tabelt an ibnen, bau \\t für bie Cl"nt= ftel;nng überljanpt nnb für bie fpe^ififc^en "i^efrijaffentieiten bes tiiiiäelnen inöbefonbere feine Urfadie angegeben baben.
3. 3(uf biefer nnterften Stufe beö '^U)ilofopl)ierenö, 100 ,^uiar orfannt ift, bafe, loenn bie yJebe ift uon bem, luao luabrbaft ift, man nid)t bei bem, luaö erfc^eint ober mao unmittelbar gegeben ift, fteljen bleiben barf, luo
(3^)inoKa8 ©ubftanj. 5
ciim' jum aiiborn bic }sn\(\( naä:) bor Urladjc ober Mraft, uic(c^c 'i^a^-^ nid^t fclbft öegebene 3eieube ^i bcn ciu.^iclnou (^crtcbcneu (S-rfdjcimuun'n bcftimnit, nocf) nic^t fiU)lbar ift ober incnii^fteuö nicfjt vcd^t öciüüvbi(]t luivb, fteljt unter beu Dfeuevn Spinojn.
3einc eine imcnblid) a\iöi^ebcl)nte unb boc^ nidjt teilbare Sitbftanj ober Wütt mit beu uueublid) uieleu iHtributon ober Clualitäteu, uoii beueu uuö ober nur bie ^loei Senfen unb äluöbel^uuuß befannt [inb, entipric^t etum beni ä-rcsipov beö Sluarininnber. Tüiö, uiaö eirtenttii^ ift, ift bie 3ubftnu5, iimö fte ift, ift bie ^)Jiöolid)t'eit, alteö ^-Beftinunte ju werben ober, luie awi) fd)ou 3tuarimauber leljrte, atleö 33eftiuuute, alte Oiegenfä^e in fic^ ber ';)Jiööli(^feit nad) entl)altenb.*) Stber mie nuö ibr bie enb(id)en beftinunten, öeöebenen tDiuöe folöen, biefe i^'^'^^Ö»-' fdjiebt er mobl biu unb I;er, barauf gibt er aud) luoljt etiuaö, bttö mie eine 3tntii)ort auöfiel)t, allein in 'üöirfUc^feit bat er biefe ^-rage in iljrer 33cbeutung gar ni(^t rei^t ge: fiiljlt. 3(uf ber einen 3eite ftet)en bie inirflic^en ^inge unb (i-rfd)cinunöen ber c^egebenen 3Belt, auf ber anbern Seite ftcljt bic Subftanj, alles Sein in ftc^ entl)altenb unb baruni alle einzelnen X)in8e ber ^JuiciUi^feit \m^ in fi(^ tragenb, alfo, fo loirb o,f\ao,\, luuf^ ja bas ^Birflic^e a\\^ ber Subftanj folgen, uuniu jebod^ biefeö „nutf5" feinen Örunb bat, bleibt unbeadjtet. 3um ^öeiueife unrb angefiil)rt, bafs aus llnenblid)eni nur Unenblid)eö auf unenblic^e 'il'eife folge. Xianiit uiirb freitid) auf boppelte 'il^eifc bie Un= niöglic^feit ber 3Uileitung beö CS'nblid)en aw^j beni Unenblid)en auögefproi^en; benn fann auö bem Unenblid)en nur Unenblid)eö, fo faun nic^t ;\uglei(^ (S'nblic^eö folgen, unb folgt eö nur auf eine unenblic^e '-ll>eife, fo l^eifjt \)a^j auf eine äöeife, bie nie ^uni ^\d^ fül^rt. SDcan frage alfo ntc^t, wiz t;at ©p in 05a baä ©übliche auö beni Unenblidien abgeleitet, benn er t)at bie 33ebeutung biefer ^rage, auf uield)e Ijicr boc^ alles anfonnnt, gar ni(^t ge= fül)lt, no($ füt)lbar genmdit.**)
*) ©. %'ii'xio: ßurje ))ragmatifc^e ®efc^id)te ber ^^«ofo))^ie, 1880. I. ©. 36. **) aSgl. §erbart III. 164 u. S;^ito: Ueber ©^inojaS 3fleligion§))^Uofo^^te in 3t- f- «E- ^§- VI. 389. ®tn toid)tiger Unterfd^ieb jtüifd^en ben ^''"ici^" u"^ 6j)inoja befielet barin, bafi erftere ba§ Safein bc8 ©tementä nid^t beiveifen, aud^ nic^t baran benfen, ba^ ein fold^er SBeii^eiS ettra nötig fei. Unb bai8 ift ganj natür^ lic^, bie 9?atur yelbft forbert ja jenen begriff, berfelbe Ujar i^nen jtvar nic^t gegeben, aber bag (begebene brängte i^n felbft auf, fie beburften alfo fcineg SBetücifeg für ba§ 35afein beS ®(ement§, fie l^aben felbft jenen SSegriff f^e!ulatiü erjeugt unb ßlüeifet bagegen finb nüc^ nid^t erl^oben. 2lnber8 ©^inoja, er ftel^t nid^t in ber unmittelbaren '^x\\'i)t ber meta^'^i^fifd^en Untcrfud^ung, er I>at axx^ jenen ©ebonfen öon ber ©ubftanj nid^t felbft geiüonnen, fonbern l^at il^n al§ einen bereit« borl^anbenen, faft fertigen, namentlid^ üon 2)e8=Sarte8 aufgenommen; e8 ift alfo natürlid^,
g 33egriff be§ absoluten ?Berben§.
^ei aücbetn raevbe nun aber nid)t nergeffen, bn^ bie ©pefutation barauf auööefjt, ba§ Wertebene ju erflären, ha\] eö alfo ein .Sjnnptpnnft i[t, wie ba§ 3ii^i'^^(^i"^i^'^<-' ^i'ö bem folgt, maö (ebirtlicb nnt biefer (Srflärung mitten angenonnnen ift; ift eine fold^e Stbleituuö unniöölid), bann ift jene Slnnaijuie uöttig unnü^.
Steten mir mit unferni an natnru)iffenfd)aftlid)en ^-rflärniirten niannig; facf) ö^üf^^ten Senfen an jene %xag,z f)eran, fo mirb bie ^i^ernuitung erregt, e§ merben naä) ber «Spefulation ber Monier Unterfuc^ungen folgen über bie Urfad^e ober bie ."Rraft, meiere baö (Slement nötigt, baö iöeftimmte ^eruor^ubringen. 2tttein unfere anögebilbeteren 33egriffe bürfen mir meber auf jene friilje ,3^it, noi^ auf ben bie eigentiic^en nietapbi)[if($en )!;'ragen uerfenncnben Spinoza übertragen, ^enen erfteu 9iaturp(jilofopl)en mar t)ü§^ f^-ragen nac^ Urfai^en nic^t fo geläufig, alö \\m; Ijatten ]k bod) ha^ 3($aufpiel ber 'Iseränberung täglid) nor 9(ugeu, faljen iu boc^, mie einä auö bem anbern mürbe, mo?|U noi^ uai^ ber 9."liögUc^feit beä 2Birfli(^cn fragen? 'Siel natiirlid)er erf(^ien eö i^nen, baö SSerben fo an^uneljmen, lüie eä fic^ ber unmiffenfdiafttic^en :öetrac^tung ,!)Unä(^ft barbietet, alä ein 3iBerben ofine Urfac^e, b. ^. alä abfoluteö äl^erben.
4. ®en 33egriff beö abfoluten 'iöerbenö entiuicfeln, I)eiBt sugteic^ eine .^ritif biefeä 'Begriffes geben, benn e§ Ijei^t jeigen, baf3 er in fid) miber^ fpred)cnb unb alfo unljaltbar ift.
3ni Sßerben liegt jmeierlei: erftenö, baf^ je^t etiuaö ift, maö üor()er nid)t mar, unb §meitenö, ha^ jmifdjen bem je^t unb bem norljer Seienben ein gemiffcr 3iifrttnmenljang ftattfinbet. äi>äre ha^ erfte nic^t, fo märe iüd)tö geiuorben, märe baö 5meite nic^t, fo märe nic^tö gemorben. :ilUrb baö 'iiJerben ferner no^ alö abfoluteo gefaf5t, fo mirb bantit auö= brüdlid^ üon jebcr innern ober äuf^ern llrfac^e abgefel)en, nielmcbr fott eö in bem, maö je^t ift, liegen, baf^ eö im näcbften 'Jlugenblicfc nid)t mel)r biefeö ift, fonbcrn ein anbereö. 3(uögefc^loffcn ift benuiac^ oom abfoluten 'ii>erbcn auc^ ber ablolute :^n]a[i. Xiefer Ijat h^mx and) feine llrfa^e, aber er entbel)rt jugleid^ ber 'Jiegel. ©in Ting, mctdieö eine ^eitlang be=
bafe fid^ bei il^m fclbft 3*»fifel bagegcn erl^ebcn, unb fo ift ev baju flefoinmcn, ba§ 2)af«in beffcn beiveifeii ju ivoUen, »vaä ja eben nur barum angenommen lüurbe, um baS 3)afein beg SSorl^anbenn begreiflich ju mad^en. lieber biefe nic^tä bcloeifenben «eiüeife f. ^t. f. ej. ^1^. VI. 123—127.
Segriff be8 abfotuteu ?ßerbcn§. 7
darrt unb baim fpnnuiiueifc bic uorirte 33efc^affeii()eit mit einer neuen Der; taujdjt, u'irb ober neränbert fiel) eis^entlicE) nic^t, fonbern eö uerfc^iuinbet, uni) ein wan-^ anbereö, frenibeö tritt an feine 3teüe. -S^aö ^i\>erben befaßt eben, baf] ein ^iM'onnnenljanrt ber üerfd)iebenen tyioniente beftet^e, bereu eineö an^ beni anbern luirb. o*-'beö ('»Hieb ertjält ha<i näc^ft foU]enbe unb bannt alte meitcrn präforniiert in iiä). 'ilUrb nun bas abfolute äl^erben fd^arf anfgefafit, alö i)m, u)aö barunter ^u nerfteben ift, fo liegen bie ii>iberfprii(^e barin f(ar ,^u Xage. "öctrac^tet man bie ßanje itomplerion ber ein,5,elncu be[timniten Oualitciten, fo forbert ber 33e(]riff, ha]] alle bie entgeöeuöefe^ten, luec^felnbeu '-iiefdjaffeutjeiten in eine (Siutjeit ?)Ufanimen= rtefa^t luerbeu, um anjunebeu, luaä baö äöerbenbe ift. Xa§> ift nnmöijli($. '-öetrad^tet man bie einjctnen Oitieber, fo ift jebeö baö, luaä eä ift, unb ^u^ gleich haö, maö ec. nic^t ift. '^m Stufbören ber norigen ^ef($affenljeit liegt 3ein unb ^J(id)t=meljr;3ein, im -l-Jeoinu ber folgenben Bdn unh 'Jioc^=nid)t= Sein. Unb foineit nurn and) bie einjelnen Ölieber ber 3eit nad) uon ein; anber entfernt benft, innner muf^ eä boc^ einen ^^^unft geben, in bem baä eine auftjijrt unb hau folgenbe beginnt. Sott aber biefer ^^Uintt beä Uebergetjeuö uermieben luerben, xinh foU haä eine erft nöllig nerfi^unnben, elje hat-' anbere beginnt, fo bet)ält man boc^ erftenä für jebeö ber ©lieber alö feine Statur übrig, baf? eö jefet ift unb bann non felbft ni(^t meljrift, fonbern uerfi^uiinbet, alfo benfelben 'Mberfprud) u)ie oben, unb jum anbern §errei^t man hen ^aben, öen 3iifammenbang ber einzelnen ©lieber unter= einanber, nurn gibt baö äÖ erben auf. (S'ö ift auc^ um nic^tö beffer, auf3er unb biiiter hcn einzelnen iüed)felnben '^ef^affenljeiten , bie baö :ißerbenbe na6) einanber burcbläuft, no^ etiuaö i^efonbereö p benfen, lueld^eö alö folc^eö beijani, an melc^em aber jene einjelnen 33eftimmungen mec^feln. 3)enn menn man uon Urfadjcn auöbrücflic^ abftebt, bann fann auc^ baö eine '^et^arrenbe im .öintergrunbe nic^t bie Urfac^e beö '-fielen unb 'll^ec^felnben fein, unb bann ftebt bie :)ieilje beö äBerbenö mieber für fid^ unb jiuar mit benfelben UHberfpre(^enben 'öeftimmungen, wk üort)er, eö ift gan§ fo, alö ob baö '^eljarrenbe batjinter überljaupt nid)t oorbanben märe. SoÜ biefeö jebo(^ bie Urfac^e beö Üi^ec^felnben fein, fo gibt nmn erftenö baö abfolute (nrfac^lofe) ^iöerben auf, unb ^loeitenö müj3te gejeigt luerben, luie nieleö 2ßec^felnbe auö einem '^et)arrenben folgen !ann, ol;ne ba^ biefeö aufl)ört, alö fii^ felbft öleic^eö ju beljarren.*)
*) 35ie auSfü^rlid^ere JJad^iüetfuug ber 2Biberf^rüc^e im Segriffe be« abfoluten aßerbenä f. bei §crbart namentlich I. 205- 210, .^artenftein, bie ^:)3robteme unb (Srunbtel^ren ber adgemeinen aJ?etaVl;^fi!. 1836. ©. 95—101. 3t. f. e^. «ßl^. I. 248 f., 3 immer mann, ^j^ilofojj^ifdje ^ßro^Jäbeutif. 1867. ®. 390 f. u. a.
8 SBiberf^rüc^e im abfoluten 3ßcrben.
9Sa§ f)ci^t mm fancn, baö abfohlte 'iöcrbcn ift in fic^ unt)crfprcc|eub? Gö I)eif5t: cö ift unmößlid); iiub jiuar ift Ijicr nic{)t uon einer fubjeftincn Un; moölid^feit ober Unbec]reifUd)feit bie 3iebe, bnf^ man etum non einer fpätern ,3eit unb I}öl)enn 5c^arffinn Ijoffen fönnte, eö merbe il)ni ^elincien, biefc ®iber= fprüc^e jn löfen. 9tein, woä in feinem 'Beßriffe miberfprec^enb ift, baö ift fc^led)tljin iinmöciüd)/ bas fann nic^t f o fein ober gefdieljen, mie ber eä benft, welcher beffen 33eöi-iff in fi(^ felbft miberfprei^enb benft. (Sin S^ing ift ein üierecfigcr ilreiö, l^eif^t : biefcS Xina, ift unmöi^lic^, ein foli^eö fann eö nic^t geben, unb feine intelligent wirb im ftanbe fein, ein fo(d)eö alö mirflid^ feienb ju benfen, unb feine 2((Imacf)t xijm ^afein ncrleiljen fönnen. ^mav an unb für fidi ift jebe 33cftimmunn : uierecftn unb SixdQ rec^t niot)l ju benfen, aber beibe ju gleicher ^eit einem unb bcmfclben Thinge an ein unb bcrfclbcu Stelle beilegen, furj bie fontrabit'torifc^en ©egenfäle ?)U einer ^bentität jufammenfaffen , baö ift fouiet alö ein foldjeö Sing für unmög^ lid), für nid)t feienb erflären. (S'benfo uertjält es fic^ mit bem abfoluten äBevben; ein ('>3ef(^e{}en für abfolut erflären, t)eif5t einem Singe Sein unb 9U(^t-Sein ?|Uglei^ beilegen oberfagen: ein fold}eö Oiefc^etjen ift unmöglich; nirgenbö in ber ganzen "Jfatur inirb jemalö irgenb ctiimö abfolut.
3l(lein baö ::liJerbeu ift gegeben, eö läf3t fic^ nid)t wegleugnen, unb je weitet bie 3ktur im großen Öan^en betra(^tet wirb, um fo weniger ^e= ftänbigfeit jeigt fie, imi fo beutlid)er tritt 'i)aö äßerben Ijeruor,*) unb nirgenbö ift für baö 'iBerben, für bie 'iseränberung eine llrfai^e im eigent; lid)en Sinne gegeben, fonbern baö ^^i^erben ftcllt fic^ riHHficflft nlö urfai^loö ober abfolut bar. äiJenn nnn bie Spefulation baö abfolute '.liserben für uumöglici^ erflärt unb auf ber anbern Seite bie :ii>al)rnet)nuuig baö abfolute äl>crben alö wirf lid) jeigt, loaö ift l)ier ;\u t()un'^ ,'Qier teilt iiä) baö ^-elb ber 'ip{)ilofopl)ie in (i^mpiriömus unb 'Ka ti o na liömuö. Ser erftere Ijat nic^t genug jweifeln gelernt, \)at bie ßrfaljrungöbegriffe nic^t fritifi^ genug beljonbelt, fonbern bält an iijmn feft, wie fie fici^ einer no^ un= auögebilbcten 33eobad)tung, luenn and) alö wiberfprcdienb, barbieten. Ser anbere fuc^t uor allen bem 0>ebanfcn, baf? nid)tö in fic^ '.li.Uberfprec^enbeö fein ober gefd^cljen fönne, geregt ?,u werben unb follte er ratloö fteljen oor einer ili>elt, bie nac^ feinen (^Jebanfen fonfcqucnter 'A^eife nid^t fein fönntc. 3u ben (i'mpiriften in biefem Sinne geljören alle biejenigon, iiield}c an bem abfoluten ^ißerben fcftbalten. Sie erfenncn bie in biefem Wcbanfen
*) 3IIIcrbing8 ;(cigt bie ^latux bei fd^avfet unb cinjel^cribcr $8ctraci)tuiig beä 6in;ielncn iriebcr eine gennffe g^^ftiö^cit unb Seftänbigicit unb nivgenbS eigentlich iuef entlid^e Unnuanblung ober gar iüernic^tung.
^eraflit Doin abfohlten SOBerben. 9
licöenben 'ii>ibcviprücftc iiuV{)l au uiib fpvei^en [to ^uu)oi(cn anä) beuttic^ am, öebcii aber biefen -i^ctrad)tuiu^cii uid)t bie goiß'-'/ baö abfohlte 3ßerben übcr()aupt ju ueruicrfen, jouberii cvt'cunen baö teufen, lucldjcö cvflävt, ein 3n:fi(^=unbciiprec^enbcö ift nid)! imD (H'fd)ie(jt nic^t, iiic^t alö gittiß uub binbciib an. T'aö g-olöenbe möju' mm rtCi^cn, u)tc ber '-öeöriff beö abfohlten äi>erbeuö neu t\tn einjclneu '^sl)iIofopl)en angemeiibet lootben ift.
5ie ^rtnptft;fteme t>eö aOfofitten ^exbem.
5. ^©0 ber Oiebaiifc beö abfohlten 'i^erbenö in ber öefd^ii^te ber '^Ujihifopljie ^uni erften Wiak auftritt, erfi^eint er fofort in ooUfonnuener ed^ärfe nnb ^^irä5,ifiou, uub feine ber fpäteren ^-affnußen l)at ju beni (^runboebanfen etiimö iuefentlid)eö I)iu5ufe^en fönuen. :^ieö oef^iei)t non ."Oeraflit. Si'JiöcflÜ ^^t*-'i^^^ berfelbe mit feinen 33etra(^tunrten (^anj im .Streife ber alten ^^bpfiohiflen, ja fiuft infofern fogar unter bie Stufe beö ätnarimanber ^uriirf, a(ö er iineber einen empirifc^ Ö^^Ö^'^^enen Stoff alö (S'tement anfielet, nämüd) baö J-euer in ber ^-orm beö luarmen .^auc^eö. 3(ber woä) uie( uieuiger, alö bie frül)eren ßel)t er barauf auö, in alten ge^ öebeneu '^^ingen bie OuaUtät beö aurteuommeneu (S'lemeuteö, alfo beö g-euerö, ju finben, uiehneljr ift er bemiitit, überall beu ruljelofeu 'iöedjfel, bie be^ ftänbirte 'lH'ränberli(^teit ju erfenuen, mie bieö bem ^-euer ja vor allen anbern (i'lemeuten eigen ift. tiefem 'iiserben ift bie f^on^e 9{atur im eiujelnen uub im t]anjeu untenuorfen ; maö il}v pi (^irunbe liegt, ift barum nic^t ein Sein, fonbern ein äBerben. Hub ?)iuar bentt ^erafüt biefeö äßerben uollfommeu fd)arf uub bebt i)m :ißiberfpre(^enbe barüi beutlic^ geruig (jerüor: eö ift ein Sein uub Üiic^t^Sein jn gleicher ^dt, eö be^ieljt nä) nid)t nur auf eiuigeö, fonbern alleö ift it)m untenuorfen, uic^t allein ju geiüiffen ßeitpunften, fonbern immer, uid)t fo, ba^ eö in ber 3ßaf)l ber ehijelnen ftäube, ob eö iid) bem 'il^erben l)ingibt ober nidit, ober meiere gorm eö bei bem äöec^fet ber Weftalten anneljmeu utod^te, fonbern nai^ unabänberlic^er 9?otmenbig!eit luirb alleö in ben Strom beö "iiserbenö Ijiuein uub barin fortgeriffen ; biefe 'Oiotmcnbigfeit ift aber nid)t ^^u beuten alö eine Urfac!)e, loeli^e bie unaufljörlidje Umuianbhiug bemirfte, fonbern alleö gefc^ieljt eben oljue Urfac^e, nac^ einer unabiinberlidjen 'iHirberbcfthumt; l)eit, bie o[)nc jeben Oiruub ba ift. ^iefe i'eljre uom 'ißerbeu lieben 'lUato unb 3iriftoteleö alö baö ben ."oevciflit bcfonberö bejeii^nenbc Ijernor.
9Bie rair bereitö anbeuteten, tjat .<Qeraf lit mit biefen feinen fo fcemb; artig fd)einenbeu Set)ven baö (begebene eigentlid) nii^t iiberfc^ritten, fonbern
10 SDaS SDerben bei ^lato, 3iriftoteIc8, ^ßlottn.
bleibt bei bemfclbeu ftcl)cn, beiut bic (]C(i[ebcne 9htur [teilt fic^ ber wu befauöeneiien öenauevu --öeobni^tunö eiiuuii^ft luivfüc^ alö ein folcfier unaiif= börlici^er ^-tiif? uon iiiuner auberii iinb mibevu C£-rfd)ciminöen bar, oI)ne bafj ftreiig öeuommeii eine bemirtenbe Urfac^e oegebeit ift.
6. Der uon .'geraflit feftöeftellte 53eöviff beö abfohlten 'ißerbenä ift ber ^^bilofovbie nie unebev cibbanben (^efomnien, faft nlle '^Ijilofoptjen I)aben fid) beunif^t ober unbeiuufU nnb luenn awd) nur iljn bcfnnipfenb bciniit aböcoeben. ^ie lueniöften ^^Ijilofopb^'n bnben j^es^laubt, biefen ^c; griff entbel)ren jn fönnen, luenn uon ber öfö'-'^''^i*'-ni 'il>elt bie 9iebe war. tSelbft bei hm (Sleaten fönntc man eine epnr baoon finbcn in ber 3lrt, iDie fic üon ber finnlid) gegebenen 'Jiatur fpred)en al5 luie uon einem uon bell ^ic^tern beliebig },n neriuenbenben mi)tbifd)en ^Stoffe, ^^uimentlii^ aber !ommen '^Uato unb 3lriftoteleö obne ben ^ik'griff ber Hiaterie, meldic bem abfohlten 'il>erben beö^eraflit feljr natje fteljt, iiidjt ,^n einer einiger= ma^en jufammenljängenben 'ii>eltanfd)aming. S^unai bei ätriftoteleö fpi^en \iä) bie 33etrac^tungen fogar über baö oeienbe fd)liefUi(^ jum ah- foluten Sßerben in (9cr. 28), inbem bem Seienben urfprilnglic^ fc^on eine notuienbige ikjicljung gu anbern nnb jnm 3(nberöR)crben inneiuobnt. i)Uä)t eigentlich aber mad)t -plotin uom ^^egriff beö abfohlten ^il^erbenö Webraudö, nid^t allein l)infid)t(ic^ ber "äliaterie, fonbern and) in 'iH\iiebnng auf ha§, luaö er für baö abfohlte Sein erflärt. ©t lel)rt uon bem einen Seienben ober uon ('>3ott, baf3 er fein eigenes Sein beruorgebrac^t bnbe, baf^ er alfo luirffam luar, ebe er überhaupt mar, fo baf^ fein "^lUrfen ,?,ur ^öebingnng feineö Seins genurd)t luirb (causa sui). '^
Slllein bei ben alten '|>bilofopben ift nidjt ^^u überfetjen, M\] ibnen allen ein beutlic^es 'ikiuuf^tfein uon t)zn äßiberfprüdien bes abfohlten äßerbens inneiuobnt. Sie fpredjen es auä) immer flar aus, iia'Q biefer •Begriff fein (£-rfenntnisbegriff fei, uielmebr t)a\i basjenige, luaS etioa burc^ benfelben fc^eint erfannt ^n luerben, nic|t ein 'ii>iffen, fonbern bloB eine
*) SCl^iro: Äurje pta^m. ®efd). b. ^I^il. 1. 352 f., Wo baju bemerft »wirb: „§ier f)at man au^ erfter §anb bie nod^ in unfern QciUn bielfad^ gel^örten unb felbft bon ortl^obor^c^riftlid^en S^eologen begierig aufgenommenen Sieben Don ber causa sui, ber ©elbftfc^ö^fung ©otteä. |)ier ift fc^on jene 3}erf(^mäl^ung eine§ ©eicnben, ivefc^eg ift unb bleibt, \va§ cS ift, alg beä XrägcrS ober ber ©ubftanj aHer Xl^ätigfeit ; benn ba§ 2;^un felbft ift bie ©ubftanj. |)ier ift bal^er fd^on, hjenn aviö) mit anbern SBortcn, '^\d)t(^i ^ä), lueld^eS barum ift, iüeil e§ fid; felbft fe^t unb fid^ burd^ fein eigenes 2;^un l^eröorbringt ; ift abfolutc {^'^«i'^fit, toeld^e einä ift mit ber 5Jotlvenbig!cit, iveit ber abfohlte SßilTe ba§ iffiefen jjnnu- frei fd;afft, aber ii nic^t anberö fc^affen fann; ferner ^»cgelg ©elbftentlaffung ber Qbec auä fic^ felbft iur 3lotur unb enblid^ jcneS unbcJüufete UrhJoKen."
I)a8 aßcrben Bei SDeS^GavteS unb SetBnij. 11
nic^tiöc 9^ebe (bei ben (S(eaten) ober ein btof^eö aJieinen (bei *p(ato) ober ein i^orbeiöefien am ^enfen (bei ^^Uotin) fei.
:3)ie)e n)id)tiöe (Sn-fenntniö ift Un ^Jceuern uielfai^ uerloren ijeöangen. Um uon ben Sd^oiaftifern ju fc^iueißen, non benen namentlich Scotuö (£-riö<^ni^ fiJi^it f^f)^' auögebeljnten Wcbrauc^ oom abfohlten äöerben l;in= [ic^tlic^ feineö pantfjeiftifd^ gebauten (^)0tteci ma^te, Ijat S)eä;6arteä an meljreren ^^un!ten biefen ^e^viff nom ÄBerben in fein ^en!en aufgenommen. So Ijeot er bie 9Jieinun(], bie einzelnen ^iuge mürben, ficE) felbft übertaffen, jeben 2(ngenbticf in ha^^ '^Jic^tö uerfdjiuinben, it)r ©ein mürbe atfo in 9{ic^t= 3ein übergeben, menn nid)t bie I)öt)ere ^Jiai^t Oiotteö fie im ^afein ertjiette; ja (^ott felbft mürbe nid^t uon einem ^tußenblicf jum anbern im ©ein be= barren, menn er nid)t in fo fern a se märe, alö er fi^ felbft jeben 3(ugen= blirf ert)ie(te. Unb jmar roirb babei feine Urfac^c gebadet, meöl^alb bas 9U(^t-'©ein eintreten mü)3te, ober gegen meldie bie ©elbfterljaltung beö ©einö gerichtet märe.
3nbem ferner 3)eä=earteä, ©pino§a unb l^cibnij; bie 9iatur ober £luatität ber ©eeten unb £eibni§ bie aller 'DJonaben in ein ur= fprünglid)eö ^()un fe^en (f. ^h. 06 u. 17. 3(nm.) unb oiele neuere 9Jatur= forfc^er bie legten Elemente ber 9urtur aU urfprünglid^e Äraftmefen anfeljen (3flr. 33 — 37), netjmen fie alle ben 'begriff beö abfoluten ^Kerbenö im ^rin^ip an. 9iamentli(^ aber mürbe ©pinoja biefem '-Begriff noc^ nicl mel)r nerfallen muffen, menn er ]iä) näl)er barüber l)ätte auölaffen moUen, mie in feinem ©yftem überljanpt bie tljatfäc^lid) gegebene i^eränberung },n benfen fei, mie inäbefonbere baö (Snblidie au« bem Unenblid)en folgen foU {dlx. 3).
^aö ift au<i) ber '^iunft, au meld)cm ber neuere abfohlte ^bealiömuö in bie l>orftelhing bes abfohlten äl^erbeuö Ijineingetrieben mirb. !I)iefer ift befanntlic^ uon Kant auögegangeu, mo er eine Sieilje uon Öebanfen üorfanb, meldte ber 3lnnabme beö 33egriffö uom abfoluten äßerben fel)r günftig maren. Denn anä) ,Tiant bat mcnigftenä an einem ^|iunfte fi(^ ber ä.sürftellung bes abfoluten 'iiserbenö bcbient. 3^^'^^ bef)auptet er, baf3 aüeö, maö in ber erfal)rungömäf5ig gegebenen 'Kultur ift unb gef($icbt, nif^t abfohlt mirb, fonbern bem feften unb notmenbigen .HaufalneruQ untermorfen ift, felbft bie .öanblungen ber ^Jienfc^cn, mie meit fie in bie C^rfc^etnung fallen, finb notmenbig uon feinem empirifd)en (Sljarafter uerurfac^t. 9lllein fc^on in ber iöeljauptnng, baf? bie .Kategorie ber ,'Raufalität nur auf bie (Sr= fc^einuugen unb nic^t auf bie Dinge^an^fii^ ober bie intelligibcle 2ßelt ansumenben fei, liegt, tia'\i in biefer ein (^efc^eljen oljue Urfad^c, alfo ein
12 2)a§ obfolute SBerben bei tant.
nbfoliitoö 3Bcrben inönücö fei.*) ^tetUd^ ift dereitö mit biefer 9Innal)ine bor 3J(örtU(^fcit bie Streiu^e beö (^kbanfcnev baf? ein ;on=fic^=unbcrjprcc^cnbeö nic^t fein noc^ (■5efd)c()cn fönne, aufc^eßcbcn. ^Insbrürflic^ inbeö befennt ]iä) .^ant 5nni nbfolnten 'ii>erbcn einmal bn, ino er bie Ctliefiö auffteüt, ha]^ abfohlte ©pontaneität, tvanfcenbentate A'veiijeit oljne Urfadjc uon felbft bie 9teif)e bei (STeiflniffe beginne, nnb fobann, wo er alö 'ipoftnlat ber Sittli(^= feit bie tranfcenbcntale J-veüjeit alö ein ^Isevmööen, eine 9ieii)e uon felbft nnb uon vorn anzufangen, bem menfcl}li($en Oieifte weninftenö in ber intelliöibelen 'ii^^elt ^nfdjreibt.**) '-öei bem allen aber überfal) .slant nic^t, ha^ baö abfohlte '^i>erben eigentlid) etuuiö llnmöglid^eö bezeichne, luie er baö in ber brüten 3(ntitl)cfiö: „eö ift feine ^-reiljeit, fonbern alleö in ber 9Bch öefcf)iet)t lebigUcl) nac^ Oiefe^en in ber 9tatur" Ijerüor()ebt nnb in ber Stnmerfnnö ba^u fogar bie blofee ':\)iöoli($feit einer inn-änberung übertjaupt in Slbrebe ftellt. 3« t'i" nennt bie 3.seränbernng auöbrücflid) eine 3.^er= binbnnß fontrabiftorifc^ einanber entöeöengefe^ter 'ikftimmungen im 5>afein eineö unb beöfclben ^ins^cö nnb fe^t Ijinjn, feine ^^ernnnft fönne begreif; lic^ matten, wie eö möglich fei, bafe anö einem gegebenen 3iiftciube ein il;m entgegengefe^ter beöfelben T'ingeö folge.***)
S)arum f)at .Hant aud^ an feiner Stelle hm i^erfu(^ genmi^t, haä tl;atfäc^lid) Giegebene auö einem abfohlten SBerben abznleiten, nnb beöljalb batf man Kantö ^^Ijilofopljie nict)t eine ^^Ujilofopliie beö abfohlten '■ii>erbenö nennen. J'^eilic^ ift eö rid)tig, menn nur einmal, anc^ nur ber 9)iöghc^feit nac^, baö abfohlte ißerben jugelaffen ift, fo ift fein Wrnnb uorbanben, uiariim eö nid)t überall angemenbet luirb. (Sin anberer Unterfc^icb äiüifc^en ber Slrt, loie .Uant nnh luie anbere auf ha^ abfohlte 'ii^erben gefüljrt werben, beftel)t barin, \)a\] letztere eö alö etmaö empirifc^ Öegebeneö, tro^ feiner 'Mberfpriid)e nid)t '^segfiuleugnenbeö anfnebmen, .s^ant l)ingegen luirb barauf erft am Si^lnffe fpefnlatiuer Webanfcnreil)cn gefüljrt.
7. ^ic^te fnüpfte an ^ant an. 'IihU' einmal baö abfohlte 3Berben für einen ^eil (hen intelligibelen 'ißillen) beo meiifd)lic6en (^cifteö ;\ngelaffen, uiariim nic^t für ben gaiij^enV 3luö Wrünbcn, loelc^e fpäter }^n erörtern finb, (f. 9Jr. 64) l;atte ?5^id)te als ha^ einzige 9ieale baö menfd)li(^c ^^c^
*) ®icfe Äonfequcrtj tttürbc ftd^ cbenfo au§ bem 6a^c .t)ume§ jiel^cn laffen, ba^ btc Sßerbinbung junfd^cn Urfac^c unb Söirfunn !cinc objcftiü notttenbige jei, tuie benn and) SDJill (inbufttiie Sogif ©.331) c§ für mögltd^ l^ält, ba| in einer ber ^immelSregionen ©reigniffe auf§ ©rabeirol^I unb ol^ne beftimmte§ ®efe^ erfolgen fönnen.
**) «gl. 3t. f. n:. m. I. 6. 9, 18, 310. *♦*) aOßer!c öon Schubert unb SRofenlranj II. 778 u. I. 13.
iUnigbeljalteii, uid^t baö empirifd^e ^s <^/ ^'te eö mit feiner ^^ie(f)eit öeßeben ift, fonbern baö reine ^c^, bie ^bcntität beä 3ubjeftö unb Dbjeftö. 9(uS bicfeiii follte bic öegebene i1ianniafalti(]feit abgeleitet werben. ®ieö ging nid)t anbcvö, alö bnrc| 3i>()i'f'''ii«')iii'^ ^'^^ 'i3eoriffö uoni abfohlten ^ißerben, in lucldjem eben bie '^iatnr beö r^6)^ beftet)e. 2)aö ift bie Qnatität beö reinen ~^ä), ba^ eä nid)t bleibt, maö eö ift, ba^ eö überljanpt nid)t ift, fonbern in reiner 3:f)ätig!eit, alö purus actus befielet.
T'ie 'Jisiberfpriicl)e, bie in biefeni öebanfcn liegen, bat nienmnb beut; lieber gefüblt unb ausgefprüd)en alö ^-ii^te felbft, er ertUirt eine folc^e "ibätigfeit für „unbentbar'' unb lueiB, '^a^ bie 3isiberfprü($e baniit nid^t gelöft, fonbern nur gefegt merben. (!'3lei(^iuot)l glaubt er jenen 33egriff nic^t aufgeben ju biirfen, lucil er ifjui unmittelbar gegeben ju fein fc§ien.
äöie ^ic^te Kantö traufcenbentale A'i"^it)>-'it auf baä ganje .^c^, fo übertrug Sc^elting '5i<^teä ^^egriff uon ber reinen Xtjtitigfeit auf bie ganje Statur, "©eil aui^ er nur (Sinö alö iHealeö gelten lief^, fo ftetjt er gleid)fallQ uor ber ^rage, luie auö beni (£1uen ä.>ie(eö, ixw^ ber Smutje bie '^eiüegung entftet)en fijnne. Unb ()ier tuad)t fic^ unebcruni in gleicher äöeife baö abfohlte '2i>erben unter ben Söenenuungen oon .Sieben, 3)ifferen5Üeren, 93ianifeftieren, Sln'jatien u. f. lu. geltenb; aber sngleirf) fo, ha^ bod) ein 33eiinif?tfein beö barin liegenben "ilUberfprndjö ^urürfbleibt, benn SdjeÜing meifi, baf5 uoni 3lbfoluteu jum älUrfUd)en eö feinen ftetigen Übergang gibt, fonbern hai} ber Urfprung ber Sinncnioelt nur alö ein ootlfoninieneö 3(b=^ bred)en uon ber 3(bfolut()eit burd) einen Sprung bentbar fei.
8. %m fonfequenteften unb am meiften fpftematifd} auögebilbet tritt bie alte .^et)re beö ^craflit bei .'gegcl auf. iHui^ (;ier luirb mit i^ilfe Deö abfohlten äiserbeiiö bie gegebene ^\)iannigfaltigfeit auö einem ^Ibfoluten abgeleitet. Tan tritt bei ^egel ber eigentliche äßiberfprud), ber im 'ü^erben liegt, lueit fd)ärfer alö bei Sc^elling tjernor. Xro|bem aber ^eg ei auf biefe 'Mberfprüdje ein befonberö grelleö i'ic^t gemorfen ijat, uerfteljt er fie boc^ feiueöiuegö uon bem rechten Öefiditöpunft auö ?)U betrachten ; er felbft i)at ]iä) in feinem teufen nie über biefelben crljoben, er mirb uon ben 'ilUberfprüdjen im (begebenen oielmeljr beljerrfc^t, alö bafj er ]k hn l^enfen beljerrfc^t, b. (). objet'tiu bargeftollt unb in ber reiften :iiseife beljanbelt tjätte.
'l^eninrfehi fic^ irgenöioo unfere Webanfen in 'Üjiberfprüc^e, fo ift bie logifctie 'Jiegel bafür, babei nic^t fteljen ^n bleiben, fonbern fic^ uon biefem äi^iberfprudj ;^u anbern ricl)tigen Oiebanfen treiben 511 laffen, inbem ha^ T'enfen reuibiert mirb. Dieö mirb uon^egel fo gebeutet, baf^ bie äßiber; fprüc^e, in meieren mir unmiffcnfdjaftlic^er :ißeife haö begebene auffaffen, nic^t in unfern Ö5ebaut"en, fonbern in ben objeftiuen IMngeii felbft liegen.
14 ' 35a§ 3Berbcn Bei ^cgel.
a(§ ein tvcibcnbcö ^^rinjip, nie(($c§ ba§ X)ino mö)t läfst alö baö, niaö e§ ift foiibern weiter ?,u anbern ^Jiomeuten forttreibt. Tiaä) ber iüiffeiif($aft= liefen ;^Oflif l)ebt im 'ilUberfprudje t)aü eine OHicb baö anbere auf, unb ein in^^fid^'Uiiberfprerfienbeö Tiing ift iiic^tö. Um biefer äBatjtljeit ju entgelten, ijat ^egel bie unffcnfc^aftUi^e i'onif befanntlicf) auf5ul)eben unb an bereu (SteUe eine folc^e §u fe^en perfud)t, bie ben äßibcrfprud) erträgt unb H)n für bac fonftitutiüc -^^rinji].! ber 'iisiffeufcl^aft auögibt. Isernuig alfo baö Senfcn in einem ^^iuge "il^iberfprei^eubeö ju erfenncn, fo ift eö ein ric^tigeö 3!)enfcu unb Ijat bie nml^re 9ktur bes 2)inöeö crfannt. Unb fold^e 3Biber= fpri'K^e jeigt bie ©rfaljruuö überall, beitn uiaö in ber %i)at üorf)anben ift, ift, baf? etmaö ju anberem unb baö anbere überljaupt jum anberen mirb, unb menn man bie 'isorftellung uom 'ii>erben analijfiert, fo ift bann bie 33eftinnnunrt beo ©einö, aber and) oom fd)led)tt)in anberen beöfeiben, bem SfUc^tö enttjalten; bicfe beiben 'ik'ftimnuingen finb ungetrennt in biefer einen §ßorftel(ung entl)alten, fo ha^ 'ii>erben fomit (5inl)eit be§ Seinä unb be§ 9h(^tö ift. 4^af3 ber ^i^egriff beö S^ßerbenö empirifi^ anö ber (S-rfa()run0 genomnum ift, unb hai äiJerben felbft alö etuiaö ;^3n;fid^=u)iberfpred)enbe5 alö (£-in^eit uon oein unb 9(id)t = 3ein gebadjt luirb, tritt bei ^egel be= fonberö beutlid) f)eruor, unb barum ift ha^ 3tubium biefer '^'(jilofoptjic noc| immer le()rrei(^er als anberer, bie im allgemeinen audj berfelbeu äßelt= anf(^auung bulbigen, aber babci über bie eigcntlid) treibcnben ''l'rin^ipien felbft im Unflaren geblieben finb ober fie für anbere in Untlarljeit oerbüllt !)aben. Xal)ui gebort j. 'i^. 3d)opent)aucr, meld^er ftatt :i^serben äßiüe, ober Trenbelenburg, welcher lieber '^eiuegung*) fagt, ]\)k benn übert;aupt alle llJoniftcn, b. i). biejenigen ^^st)ilofopt)cn, uield)e auö einem ^rin^ip bie gegebene 9J(annigfaltigfcit ableiten, obne bie 'Isorftellung beS abfohlten äl^erbeuö nid)t einmal ^m 3d)cin einer 3(bleitung befonunen. ©ie muffen baö :ii'iberfpred)enbe alö gef($el)enb annebmen, ober fie erl)alten übertjoupt feine Bewegung luib (intuiidelung. 31ber um ein 3i)ftem beö abfohlten ^iiserbeno leljrreid) ^u mad)en, ift eö niä)t genug, fic^ in loiber; fpruc^öüollen 'ikgriffen ju beiucgen, fonbcrn man muf? auc^ beren 'iisiber= fprüc^e alö fold)e boutlid) er!ennen unb au5fprcd)en. .'i-iaabcr bciuegt fid)
*) über baS abfotutc Sterben bei %i(ijti, ©d^cüing, ^eget f. Sl^tto: bie ©runbirrtümei- bcg ^bealiörnuä in i^rer ©ntundelung bon Äant bi§ ^egel in 3t. f. ej. ^1^. I. 1 u. 113. Ueber bie 2tntrenbung beSfelben ©ebanfeng bon @^o))en; l^auer f. 2;i^iIo: ©c^o^enl^auerg etl^ifd^er 2ltl^eigmug in 3t- !• «E- ^^- VII. 345. Ueber Xrenbeinburg« 2lu§fü^rungen f. 3t. f. ej;. g}^. IV. 281. §r^nlic^c3 bei Öo^e l 3t. f. ej. ^\). VII. 4<J, bei Sangenbed f. 3t. f. ej. ?ß^. VIII. 178, bei üuaebiÄcr f. 3t. f. ej. ^^. IX. 307.
einfd^rän!ungen bc§ abfohlten SBerbenS. 15
5. 33. in benfelben äiUöerfprüd^en loie Sc^eUing uut» ^egel, mir (eußnet
er aiiQbrücfUd^, t>a^ eö 3.\>iberfprüc^c finb, unb tabelt le^tern, ha^ er ben "il^iboripriici^ jinn "priu^ip bor ^^Jisiffcnfc^aft öenmc^t (jabe.
gitt|*(§tttttRttngen b€$ aOfofiiten 2^erben$.
9. 9)?it ber 9(iinttl)me beä abfohlten 3I?erbenö war man eigent(i($ jnvücföefcbvt jn bcni, luouon bte Kontor aiiöciingen, nnb Ijatk feftöeijaltcn, luaö biefe verwarfen, h^nn bie fic^ nic^t s^leic^bleibenbe 9iatur, luie fte fic^ barfteüt, fonnte ben ^soniern nic^t für ha^^ gelten, loaö eißentlic^ tft, eö niuHte H)v jeboc^ etwaö Seicnbeö ju Örunbe lieoen. 9lber ber 'ü&qq oon biefeni Seienben ober (Sieniente jn ber loirflic^en äl^elt loar aböefd^nüten. ^aä 5nr (i-rflärunö 3(nöenonnnene erftärte nid^t baö, um beöiinUen eö norausgefe^t mar.
Seiftet fiierin bie 3(nna{)me be§ abfohlten SÖerbenö — inbem mir uon feinen innern 'ii>iberfprücf}en einmal abfefjen — mel)r? ®er ^^egriff beö= felben forbert bie 3hinat)me, baf5 nid)tö be[)arrt, fonbern einö otjne jebe Urfac^e aiiö bem ani)(txn luirb. ^o[(\t nun and) am biefem allgemeinen Webanfen beö äi>erbenö nic^t nnbebingt eine befonbere iHrt, mie bie 93ers cinberungen gefc^eljen muffen, fo liegt bod) ber öebanfe am näc^ften, biefen g'luf^ alö ftetö gleic^mäfug an5ufet)en, fo bafs jebe l^lbmeidjung non ber einmal angenommenen 9{id)tung nnb Wefd^minbigfeit bie Jrage nac^ bem Wrnnbe ber 9lbuieid)nng erregen unb fo ber ^Ibfolntbeit iuiberfpred)en luürbe. 'Kian müf,te alfo ermarten, bie Ücahtr muffe ^n einer ;]c\t alleö bnrc^iueg gleic^mäf5ig, ,v '^. runb, bann edig, ober blau n. f. in. jieigen. 3tllein einen fotc^en gleichförmigen JvliiB bietet bie 'Jtatur meber im grofsen nod) im einjelnen bar, eä jeigt fic^ ,^1' Ohnd)er ^t'it eine grof5e ^Hiannigfaltig^ feit, alfo uerfc^iebene ^Jiefultate beö angebli(^ einen gleidjnutfiigen ^^uffeö unb auc^ eine uerfc^iebene 3c^nelligfeit, inbem eineä länger als bas anbere bel)arrt. 4^arum finb mancherlei 'ik'fd^ränfnngen beö abfohlten Ä^erbenö oorgenommen, bamit baöfelbe ju ber gegebenen '^catiir paffe.
So finb erftens geioiffe otodungen in bem ^luffe beä 'iLVrbenö felbft angenommen, .^eraflit fuc^tc bier }^n t)elfen, inbem er einen Öegen= einanbertauf ober Hrieg ber 4>inge Icljrte. ^(Uerbingö lueiben babiirc^ ge^ uiiffe 3tanungen, glcidjfam feftere .Slnotenpuntte an t^zn 3c^nittpunften ber oerfc^iebencn Strömungen fi^einbar erflärU^, m\h ^crafiit modjte beS=
16 ®infrf)ränfungen beS abfoluten 2Berbcn§.
wegen ben Streit beii ^Natcr QÜer Siuöe nennen;*) allein einmal ift bod^ uncrflärlid), motjev bie i^erf(^icbenl)eit ber ©trönuinßen fonunt, beim man barf nidjt fagen, i)aö eine ift eben feiner 3Jatnr nac^ fc^neller im ^-luffe olä baä anbere, ßl^icdf^^'» ein befferer i^eiter für baö Sßerben, benn bomit fciireibt nmn bereits ben fingen eine 5iatur ju, an melc^er baä ^Serben fic^ üoÜ5iet)t, wäljrenb boc^ gerabe ha^ äi>erben felbft bie 9iatnr ber ^inge anönm($en nnb folglich überall gleich) fein foHte. ßw" anbern wirb in bem ©egeneinanbertanf ein ilaufalnei'uö ^^luifc^en ben »erfi^iebenen otrönningen ftatniert unb bnmit baö abfohlte äl^erben aufgegeben.
(S'tioaö ^iljnlidjeo liegt in g-id)teö älnualjme eineö unbegreiflichen 3lnftof3eS. ^i(^te erfannte, a\\^ bem Unbeftimmten mit) (^3leid)mäf?igen, umä bei iljm bie 2:i)ätigfeit beö reinen 3^) c^araftcrifiert, folgt unmöglich ha?i ^i^eftimmte, (iinjelne, 33tannigfaltige, maö bie 9(atur j^eigt. Gö luirb alfü nötig, etmaS x)om ^d^ Unabtjäugigeö ju fe^en, au luelc^em fi($ bie im Unenblid^e gel)enbc ^Tljätigfeit beö ,^c^ gleic^fauT ftöfjt, eine fören^e, an loeldjer eö felbft in fic^ refleftiert unb beftimmt mirb.**) äßeil aber baö 3d) baö einzige Bieale fein unb eö allein fic^ beftinnnen fann, fo mirb jene ©renje, jener Sluftofs miebernm auci^ alö etiuaö uom :3d) nic^t Unab= bängigeö, uiclmef)r als von iljm felbft ©efe^teö betrad)tet. ^amit fommen nuu jebod) in bie eine gleidiförmige TTbätigfeit beö '^s^ jiuei iierf(§iebene fic^ ftofscnbe Strömungen biueiu, eö ift berfelbe 03cban!e alö bei .^eraflit, unb unterliegt benfelben 'i^ebenfen alö bort.
10. ®er anbere -iun-fuc^, bie ('•ileic^förmigfeit beö 3Berbenö, meldte ber ^öegriff erforbert, mit ber Ungleic^förmigteit, meiere bie (S'rfa^rung jeigt, ju ueicinigen, befteljt barin, baf? gefagt luirb, baö SBerben in ber ^Jtatur an fic^ ift moljl yöllig gleid)förmig, aber unfere 51nffaffnng hnxä) bie Sinne
*) 21(8 3Bir!ung be8 affgemcineu ©egeneinanberlaufeS ift naö) ^eraüit bie SBelt, ber jioö/Aog anjufel^en, an iüeld^em Drbnung unb S?crnunft nid^t ju i^erfennen ift. Satin liegt jebod^ nid^t ber ©ebanfe, alg l^abe eine göttlid;c Sßernunft ben 2auf ber ®inge abfic^tUd^ georbnet, fonbern ba8 SKJerben felbft ift bie äSernunft, bie 3]ernunft als Hoirog Xoyos', 2öeltfee(e ift aEen Singen immanent, ift mit bem 2ßerben felbft ibentijd^. 2Bie ba§ geuer ift ja aud) ba3 Sentcn iuegen feiner großen S8ciueglid^!eit eine red^t genaue Sarftettung beä allgemeinen 5ßerben§. SaS inbiinbueHe Senfen irirb bal^er um fo Vernünftiger, richtiger fein, je mct;r unb je ungetrübter e8 bie allgemeine SBeltfubftanj (ba§ Sffierben, Steuer, 3)en!en) in fid^ (burd^ ben 2ltmungg= pvoiit^ unb bie geöffneten ©inne) aufnimmt. 3118 Vrflftifd;e§ ^rinjijj folgt barauS, ba^ ber ©injelne um fo l)ernüiiftiger l^anbelt, je mel^r er, üon fid^ felbft abfeljenb, ben allgemeinen unb natürlid)eii QJefe^en fidj in ruljiger ^ufriebenl^eit mit bem Sd^icffal unternnrft.
**) 3t. f. ej. ^f). I. 34.
3)te tnteHeftueHe 9lnfcf)auung. 17
ift eine trübe unb bringt ä>erf($tebenl)eit in ha^ an )i6) ©letdjuiäBiöe. 3lud) biefer äßentiung bebient fid) ^eraflit, inbem er nnfere Slugen nnb Df)ren fc^led^te B^^Ö'-'J^ ^^^^ ^^^ ^öefd^affenljeit nnb beni ^fa^ be§ än^erlid) ^ißerbenben nennt, bie 9int)e fetjen, wo ^öeroegung ift, unb ^ob, ido Seben u. f. ra. Übrigen^ fei eä raentger Sc^nlb ber Sinne, a(g üiehnet)r ber 9^of)eit, ber Unaufmerffamfeit ber Seele, roenn bie 3J?enf d^en nid^t überall baä alleä burc^bringenbe SBerben raal)rnel)men. Gtroaä ^il)nlic^eö follte n)ol)l auc^ ber «2a§ beö ^srotagoraö bejeicincn, tia^ ber ?Dienf(^ baä 9)?a^ aller 2)inge fei.
Unter tm Wienern i)at namentlid) ©($openl;auer biefen ©ebanfen meiter auägefüljrt; nai^ iljm ift ber SBiÜe, "tia^» ©runbiuefen aller (Sr^ fd)cinungen, auc^ in fid) (Sinö unb gleidiförniig, allein er foU burd^ t)a^ ^^rinjiip ber :3nbiüibuatiün, b. l;. burd^ bie Stuffaffung beö r^nteUeftä namentlich naö) ben formen beg 9iauniä unb ber 3ßit «J^^ ber i^ategorie ber Slaufalität alö inbiyibuell beftimmt erfc^einen.
@leicl)iüol)l lueii^t man Ijiermit uon bem ©runbgebanfen beä abfohlten SSerbenö ah, ha einmal uon einer trüben 3luffaffung gerebet mirb, mo hoä) überl)aupt feine ftattfinben tann; benn roenn fein J^aufalnepä an= genommen werben foU, fo beftct;t ein folcl)er auc^ ni^t ^mifi^en bem Dbjeft unb bem ba^felbe auffaffenben Subjeft ober ^ntßHeft. Sobann aber trägt hai auffaffenbe Subjeft hoä) roieber eine 9)iannigfaltigfeit bereits urfprüng= iiä) in fic^ felbft, bie eö ben Dbjeften aufprägt. >i)enn raoljer follte aud^ nur ber Sd^ein ber ^DJannigfaltigfeit fommen ? Siegt er nic^t im Dbjeft, fo nuijs er im Subjeft liegen, ©iefeä aber ift felbft eine befonbere ©arftellung beö allgemeinen gleic^fijnnigen äöerbenö, eine befonbere Dbjeftiuation beä 2BillenS nadl) <Sd^open§auerä Slusbrud. ©ä wirb olfo aud^ ()ier oorauö^ gefegt, maö erft erflärt werben foU, nämlic^ bie gegebene 9)cannigfaltigfeit in bem angeblich gleid)förmigen äßerben.*)
11. ©(^elling verfolgt einen äljulic^en ©ebanfen, menn er ber ge^ meinen 3(nf(^auung eine t;ö^ere intelleftuelle gegenüberftellt unb le^tere alö bie eigentlid^ pl)ilofopt)ifc^e bejeic^net. ^öci ?^idl)tc l;atte biefe Slnfc^anung hm Sinn, bae 3<^ ^»il feinen äßibcrfprüi^en fi^arf ju benfen unb alö ctmaö Öcgebeneö, gleic^fam mit bem innevit Sinn @ef(^auteö feftjulialten; bei Si^elling inbes t)at biefe älnfd^auung bie allgemeinere ^üebeutung: alleö in ber ^orm ber ^6)i)tit ober überhaupt alö oieleö unb eineö in- glei(^ , alö merbenb unb in fic^ miberfpreclienb ju benfen unb jugleic^ alö benfbar unb logifd) richtig gelten ju laffen. 9)iO(^te alfo immert)in bie gemeine 2(nfd^auung ber ^inge nid^t alteö im gleid^mä^igen ^^luffe begriffen
*) ©. 3t. f. CE. W VII. 349 f.
(Flügel, 2)ie ^Probleme bev $^tlofopls|ie.
18 S)ie intetteftuelle 2ln[d^auung.
fe()on, mie bcr 33egviff es ftreuß ßcnointiien erforbert, fo ift bieä eben bie öenieinc niebeve Slufc^auuurt, bie Ijöljeve, iiitelleftuede fa^t bie Singe gerabe fo auf, luie fic bcm '-Bei^riffe nad) fein foUeii, uäintic^ n(ö t)er)d)iuinbenbe ^Dcoinente beö einen 3tbfo(uten. ©ie ift eine ^infdiaunng, benn fie fcl)ant atleö, miees gegeben ift, nänilic^ alöiuerbenb; fieift intel(e!tueü, benn fie ben!t baä SÖerbenbe, 'i)a^ :3n4ic^-Ji>tberfvrec^enbe jugleid) nlö ha^ ^iic^tige unb '•!isal)ve, haä (jei^t, fie bleibt bei ber erften roljen, nniuiffen^ fc^nftlic^en 3üiffaffung ber Dinge wnh beren äöibevfpvüc^en fte()en unb er= flärt juglcic^ biefeö gebanfenlofe Steljenbteiben bei ben äBiberfprü^en ber @rfaf)rung für baö I)ö($fte ^ißiffcn felbft.*) ^iöenn man nun mid) banon abfeijen luoUte, baf? biefe SXufc^auung ni(^t6 ift, da eine für Sd)e(ling nnpaffenbc Sieniiniöcen;^ miö A"i<$teö '^sbilofopt^ie, eine (eere unb grunb; lofe ä3e()auptung, fo (euc^tet bocf) auf^erbcni ein, baf5 baniit noi^ innner bie eigentlid)e i^rage 5,urüc!b(eibt, wie utinilic^ überljaupt eine 3:rübung ber Stuffaffung burrf) bie Sinne, alfo eine 3tbiüeic|ung, loenn awö) nur ber ge=
*) S)arauf krul^t e§, bafi e§ für ©d^eüing tuic aud^ für §egef eigentlid^ !eine Sßibertegung il)ver ©i;fteme geben iann, benn ein ©Aftern iüirb tüiberlegt, i»enn man il^m einmal nad}lveift, eö erltäre nic^t, iua? eö erHären iuoüe, unb fobann, e§ fei in fid» unbevf^rec^enb. Sßenn nun in evfter Sejiel^ung auf bie gegebene 3tatur l^ingetüiefen luirb, bie t§atfäd;Iiii^ ganj auberä fei, alg fie nad; bem ®runbbegriffe beg ©t;ftem8 fein muffe, fo mirb mit ber intelleftuellen 2lnfd)auung geantiuortet, bafe nämlic^ bie niebere ba§ ©egebene fotfd^ auffaffe; luer aber bie erftere befi^e, fd)aue a((e8 fo, \vk e§ ber Segriff forbert. Über folc^e Slnfd^auungen jebod; läfst fid^ nid)t ftreiten. 3ßirb jum anbcrn auf bie Sßiberfprüdje bc§ (St;ftem§ felbft l^in= gelüiefen, fo iüirb geantivortet, bie gemeine Sogil, tveld;e iüJiberf|)rüd^c »erbietet, ift ungiftig; ba§ SBal^re ift ber 3Biberf)3rud) fetbft, fe me^r il^r un^ 3Biberf|3rüd^e nad^; iueift unb un§ nadj geiv»t?I^n(id;er Sisetfe ad absurdum fü^rt, umfomel^r erlveift il^r un§ bie Sßa^r^eit unfereS ©t)ftem§, benn, fo fagt §egel felbft, 2Bf. IV. 69, ba§ fpefulatiöe Renten befielet nur barin, ba^ baä S)enfen ben Sßiberfprud^ unb in i^m fic^ feft^ält. SJgl. baju öerbart XII. 195.
S)iefe 2(rt ber ^l^ilofo^l^ic, bie man lool^f a(g ein abfid;tüc^e§ ^Sersid^tfeiften auf ^ljilofo^t)ifd)e ©rtlärung c^arafterifieren fann, ift oft für bie redete ©nt^altfam^ feit unb Selbftbcfdjräntung crflärt toorben, bie ber 3Jicnfd; gegenüber ben objcftiDen SReatitätcn ber aSelt innel^alten muffe. ®g sieme fid} für bog ®efd)ö^f, be§ ©rijö^jferS Jßerfe nur aufjufaffcn at§ ba§, al§ toa^ fie fid^ batftellcn, fic^ bei il^ren Unbegrcif: lic^fciten ju beruhigen, bie ©ebanfen @otte§ na d^benfen, n^eniger felbft ju bcnfen, alg nac^ lieget § 3Ui§brucf fid; bem Renten, foU eigentlich ^ei^en ber unluiffen^ fc^aftlicfien Sluffaffung, J^injugeben. ^nbeS ift e8 ja befannt, baf; bergreidjen ©t;fteme nidjt allein bie größten fubjeftiöen SBiafürlid^feiten geftatten, fonbern gcioifferma^en gcrabcju baju nötigen, nne benn auc^ t^atfäd^lic^ ber abfolute ^beali'gniug unb bie em).nrifc^en, cijaftcn Sl'iffcnfc^aftcn, bie eö mit geftftcllung ber objeftinen Xtjatfadicn ju t^un l^aben, einanber ftetö feinblic^ entgegengearbeitet l^aben.
Äreisrauf be8 SQßerbenS. 19
meinen 3tnfc|auunrt üon bem gteid^mafetgen ?^'Uiffe bev ©rfi^einungen, 311 iuel(i)en auc^ bic finnlid^e niebere 2(uffaffung geljört, in ha^ emiö gleiche 2Berben l;incinfonimt. 2(uc^ ^egel f)i(ft fic^ bamit, ju fagen, ba^ bie fcflied^te nnb enblid^e '2>irflid^feit, alfo bie 3tuffaffung ber 'iöelt nac^ bev geuiöljntic^en ätnfc^anung, i!)reni ^Ikgriffe ni(^t entfpric^t unb barnm t>a^ 9?irf)ttge ift. 2)amit ift offenbar eingeftanben, 'oa'^ bie genmi^ten 'IsorauS; fe^ungen ha§> nid^t erflären fönnen, jn beffen ©rflärnng fie aufgefteUt finb. 12. 3llä eine 9Jceinung, bie ben 2(nt)ängern beä abfohlten '-Ißerbcnä genieinfani ift, ift noc^ ^u ernml)nen bie 3lnfi(^t, 't)a'\i ber Sauf bcö 2Berbenä ein freiöföriniger fei, inbem fein @nbe toieber in feinen Slnfang einmünbe unb biefetbe ^emegung non neuem beginne. Si^on bie Monier fagen uon bem angenonnnem^n (Siementc, ha'^ von ityn alteä au§gef)e unb ju if)m jnrücffcljre. J-erner fprei^en ^eraflit unb, ifjm fi($ anfc^üefsenb, bie Stotf e r uon einer periobifcfien 5i>e(tDerbrenninig, ^-p tot in uon ber 9}(aterie, meiere uon Öott abfäEt unb fic^ luieber mit i^m ucreinigt, gii^te uon einer in fid^ jurüdlaufenben ^t)ätigfeit beö ^c^, Si^etling, ^egel unb ©(^open^auer uon einer enbli(^en 9hirffe^r beö ©nblii^en §um Unenb= (i(^en. ^m (^ntftef)ung unb ^.Verbreitung biefer 9}ieinung mag uio^l bie Sf^efterion auf geiuiffe 9Iaturerf($einungen 9ln(afe gegeben ^aben, §. S. bie Sf^eilienfotge: .teim, ^flanje, Stute, ^ruc^t, Heim, ober ©ig, 3Boffer, 2Baffer= bampf, "Jßaffer, ober bie ?^lüffe fpeifen baö 9)icer unb biefeä fpeift infolge feiner Sscrbampfung unb ber atmofpt)ärifd}en 9Ueberfd)(ägc bie Queflen, j^^tüffe, u. f. f.*) ^ergleid)en Xljotfai^en ueraUgemeinert mochten früt)er TOo{)l leidet ju einem Kreislauf ber 5lÖelt im ganjen fiUjren, obgteic^ in ber 'iti)at nid^tä jn einer foicfien 3>era(Igemeinerung berechtigt, '^'t^mn aber auc^ loirflii^ ein berartiger in fid^ fetbft jurücftaufenber äöec^fel beftänbe, fo folgte berfelbe boci) nid^t ax[§> bem 33egriffe uoni abfoüiten 3Berbcu. ^ÜT bie 3tlten, meldte unfere 9Jiec^anit noä) nic^t fannten, mod^te allerbingä bie Älreiöbetuegung a(ö bie einfad^fte erfd^einen; aber mir t)eutsutage luiffen, ha^ bie Üreiäbemegung nie eine einfad)e ift, foubern baf3 ftetö minbeftenä Siuei gaftoren jur ©rjeugung einer fo(c|en geijören; einfad^ ift nur bie gerabUnige Slid^tung, bie freiöförmigc 33eiuegung erforbert nod^ eine peite 5lraft, raeldie ftetig bie gerabe Semegung abänbert. Xa^ abfohlte 'iöerben fann bemnad^ nur unter bem 58ilbe einer gerablinigen Seiuegung gebadet
*) SOBeitere Strgumente für unb triber einen aügemeinen Ärei§(auf ber 3)ingc ). bei ©orneliug: Über ik ©ntfte^ung ber 2ßelt mit befonberer ^JUidfid^t auf bie jjrage, ob unferm ©onnenft)fteni, namcntlirf) ber ®rbe unb ifjren Setvol^nern, ein seit; lid^er Slnfang jugefc^rieben hjerben mu^. ©efrönte ^rcigfc^rift. §aC[e, 1870. ©.63; togl. baju bie 9lec. in 3t. f. e^. «p^. X. 194.
2*
20 SSegriff be8 «Seing.
lüerben; bie freiöförmige hmä)k einmal noc^ eine ^tüeite ocrfd^iebene 5Ri($tuno iinb jinn anbern bie Slaufatität ju ber iirfprüngUrfieu 3lniiai;me t)inju.
2)aö tS'rgebniö am beii uorfteljcnbcn 'öetradjtungen über hm abfohlte Söerben ift bieS, ba^ biefcv ^krinff cvftenö uubenfbav, weil inMlrf)oinbei-= fpvecbeub ift, unb bafs er sinn jineiten aiid) iingilti}^ unb auf bie um ge= gebene 3iatiiv iüd)t aiuueubbnr ift, beim bie (:rinfd)vänfunöcu, burc^ welche baö äl'erben ju ben befonberen 9faturerfc^eimingen paffenb gemacht uierben füllte, i)üim\ fic^ x\m alä unbaltbar eriuiefeii. ^^t^^ßlicl) ötl^t ^^ in bem nanjen Uinfang ber 9latur fein abfoluteö, urfaclilofeö äöerben, nod^ fann eä ein fold)eö geben, unb überall, luo ein folc^cö alä lüirflic^ gegeben ift, ba fd)eiut eö eben nur abfohlt ober nrfad^loö ju fein, ift aber in 5Birf= lii^feit anber§.
13. 3Baä mar benn ber Shiögangöpunft ber «Spefulation? unb ineö^ wegen nnirbe fie überljaupt unternommen? ^ißeil e§ bei bem, maö gegeben ift, nic^t fein '^emenben Ijaben tonnte. 3llfo man fucl)te nai^ etmaö, mobei eö fein 33eiiienben Ijaben tonnte. Unb loarum tonnte man bei bem ©e^ gebenen alö folcfiem nidjt fteljen bleiben? '^Ißeil eö fic^ alä ein äöerbenbeä jeigte, unb t^m äl^erben nirf)t alö baä malere "ii^efen ber ^inge angefel)en merben burftc. 'ilkn-ben ift (Einlieit non Sein unb 3ii(j^t = 6ein. Siefe (£inl)eit muf5 aufgegeben werben, baö ift ber erfte Schritt, ben bie 3pefulation tl)un mufe, wenn \k re(^tm(if3ig fortfc^reiten miU. (S'ntmeber nur Sein fiir )\ä) ober 9tic^t = Sein. Xa^ eine wie baö anbere ift für fiel) ol)ne äl?iber= fprucl) benfbar. Xa nun baö Oiiegebcne nid)t nic|tö ift, fonbern etiimö ift, fo ift eö baö Sein bejm. baö Scienbe, lueldjeö man bei ber erften meta; Pbpfifc^en Spefnlation alö baö 3» = fhibenbe hn Sinne l)atte. Unb jinar Ijatte iiä) bie metapliyfifi^e 'ik^beutung beö Seinö el)er Ijeranögeftellt alö ber iuiffenf(^aftlid)e Wcbraud) beö iii>orteö felbft, benn banad^ fuc^ten fc^on bie ionifd)cn '|>l)ijfioIogen. Tcx Sinn ift junäi^ft ber, baf5 baö, maö ift, nic^t ein 'Jiid)tö unb aud) nid)t ein ^ißerben ift, benn 'ilNerben entljält ja eben ?)Ug(eid^ ein ^JJi(^t=Sein in fid).
^m 'ii>erben ferner liegt, baf? einö aii^^ bem anbern loirb, alfo ein geroiffer 3ih'amment)ang ber ein?)elncn Oilieber unter einanber beftcljt. i^at man alfo bie 'Jieilje a b c d, fo foll eineö am bem junäc^ft uorl)erget)ciiben folgen, d ift o^ne c unbenfbar, foioie c nid)t oljne d fein fann; eineö ift uon bem anbern abl;ängig. Kann man alfo hn ftrengen Sinne fagen:
3lbfo[uteg unb relatiöeS ©ein. 21
d iftV ^)Uu\, beim eö ift \nä)t o[)nc c iiub biofcö nic^t o()ne b, überljaupt, cö ij't feinö ber föliebcv oI)itc oEe i(;iii i)üi()cröe(jcnbeit. 3lber ha^ 3(Hfaiu]ö-' rtlicb? ©iOt eö ein fold^cö? Oxxbc cö fcineö, fliiige bie 9teüje bcr ^öe^ biiu]uuöcn iu'o unenblic^c, fo ftnb and) alle übrigen OKicbcr nii^t, bcnn jebeö eiu?,elnc Ijättc uitcnblid) uiclo '^k^binpiißcn, bic alfo iiiemaU er= fci^öpft, uiemalö beifammcu fein fönuteii, um bie ©runblage für bie fo((^eubeii in bieten. OUbt eö aber ein 3tnfangörtlieb, fo ift biefeö otjne ein nod) üüvtjergetjenbeö ju benfen, alfo unabbänßifl von einem anbern. 3i^Hfc^en ber 9lrt, in meli^er man biefeö für etiuaö Seienbeö erflärt, unb ber 9U1, in lueldjer anä) uon h^n uon it)m abljänj^ißen Ölicbern ^efagt mcrben fann, fie finb, ift ein ßrofeer Unterfc^ieb. Xa§i ©ein ber (entern ift nur ein rclatiücö, bebingteö, baö beö 2(nfanßö(^liebeä aber ein abfoluteö, unbebin^teö. älian tonnte (jieröeßen ß'-'^tcnb macf)en, bie 3ieit)c ber fic^ tjeflenfeitig be^ bingenben (^lieber bürfe nid^t gebarst merben alö fic^ in ber '^dt naä) unb nac^ entmicfelnb, alö ob immer einö auf baö anbere marteu mü^te, elje eö felbft inö Sein treten tonnte. -IMehnetir möge angenonunen merben, ha\>, bie ganje ^Jteit)e ber oon einanber abijäugigen Ölieber alle auf einmal unb 5uglei(^ oortjonben feien. 3)ann, fo meint man, uerfi^ioinbet baö äöarteu auf einanber. 3niein ntit biefen ©ebanfen, loomit namentlich ßo^e ju Ijclfen fud)t,*) ift burc^auö nicfitö gemonnen. Sinif^'^ft uui^ abgefeljen werben uon einer une üblichen ^Jieit)e uon ©liebern, meli^e alö real uorgeftellt loerben foU, benn eine unenblid^e Slnsaljt barf uiemalö alö fertig, abgefcfiloffen nnh alfo and) nid)t a(ö real, feienb gebadit werben. (9{r. 30.) 2lber roenn and) nur gmei einanber in itjrem ©ein be= bingenbe ©lieber angenommen merben, fo erf)ält man ben ilßiberfpruc^, ha^ a nic^t oljue b, unb b nic^t ot^ne a ift. ®aö i)et^t: eö ift nic^tö, lueber a nod) b ift. Senn foU a baö b in feinem Sein bebingen, fo nui^ boc^ a fein, benn fonft ift nic^tö ba, melc^eö b bebiugt, unb ift ntc^tä, luetc^eö b bebiugt, bann ift b nid^t. 3ft nun a in feinem Sein burd^ b bebiugt, fo fetjlt eben in ber 3:i;at jebeö (^-tioaö, ober Seienbeö, uon loelc^em bie 33ebingung auögel)en fönnte. 9}ian fpricl)t bann uon ^e^ bingungen unb ^^e^ieljungen oljue etioaö, loelc^eö belogen mirb ober bebiugt. (5ö i)eiBt bie 3Birfung ber Urfac^e oorauöfd^icfen, nmn benft alö feienb (a), luetdieö jugleic^ alö nicl)t=feienb gebucht roirb (nämlii^ bebiugt burd^ b) nni> benft lüieberum alö nicfit^^feienb (baö §u bebingeube) b, melc^eö alö feienb (alö baö a bebingenb) gebadet unrb.
*) Sßgl. baju 3t. f. ej. ^i}. VI. 390; VIII. 38 ff. ©tvünHjell, ©inteitung in bie ^J^itof. 1886. @. 397 ff.
22 3Ibforute8 unb refattöeg ©ein.
3a, tianbclt eä fi(^ nic^t um baö Sein, fonbern um blo^e Gißcnfc^afteu ober StcKun^^cn ^iLU'ier ®inöe, t)a\\\\ mag mau faßen: bte Steine im Öemölbe bebin^en fi($ fießenfeitiö, nämUd) in it^rer Sage, ober j^wei an=: einanbcr geriebene ."gölser bebingen [ic^ gcgenfeitig ju il)rcm '^armfein. 3(bcr, uienn oon Sage ober non erioorbencn (S"igenf(i)aften bie ^k'i)^ ift, fc^t man ha^ Ding felbft fd)on in feinem Sein uoraus. ison ben beiben *ööl3tern ift jebeä für baä anbere bie Urfac^e nid)t beä Seinä, fonbern beä iöarmfeinö. 93lan bejielje aber ben ©ebanfen beö )iä) gegenfeitig 33e: bingcnö auf baö Sein felbft, fo fommt umn bei bem SBiberfprud) an, bemfelben :^ing baö Sein unb aud) baä ^Jiid)t = Sein in bemfelben Sinne beizulegen.
Ober nuin fiil)i^e ben Öebanfen be§ fid) gegenfeitig 33ebingenö nod) einen Sdiritt lueiter: a nic^t ol)ne b, unb b nid)t ot)ne a, baö tieißt auc^ a nic^t oljne a unb b nic^t ol)ne b. Sebeö fe^t fic^ felbft in feinem Sein üorauö, jebeä bebingt fi(^ felbft. ©ä mirb ^h^n nic^tö alö feienb an= genommen. Dber man befommt htn Segriff beö abfoluten 'ißerbens im ftrengften Sinne alö causa sui, ba^ ncimli^ baö, maö nic^t ift, auö fic^ Ijerauö fpontan in baö Qtma^ übergebt.
äluö biefen 33etrad}tungen gel)t Ijeroor, blo^ JJtelatineö, ober Sebingteö fe^en, l)eif^t nid)tö fe|en. Sinb unr alfo genötigt, irgenb etumö .^unäi^ft nur alö etumö 9?elatiüeö, ober Sebingteö, ober (i;rfc^einung an5unel)men, fo muf5 and) etiuaö Unbebingteö ober in feinem Sein alö Slbfoluteö [pv- gugebad)t werben; ober muffen mir auf ©runb ber (£rfat)rung fol(^eö an= nebmcn, metcfteö nid)t o^ne 33egiet)ung §u benfen ift, fo ift anäi Sesieftungö; lofeö üorauöjufe^en. ^"Hücfmärtö: luer nid)tö abfolut Seienbeö gelten läBt, ber mufe auc^ baö relatioe Sein, anä) bie gegebene (iTfd)einungötüelt leugnen. 3Illeö relatiü fe|en, ^ei^t nic^tö fe^en. 3iur bei beut (Gebauten beö abfoluten Seinö fann eö fein ::üeioenben l)aben.
5Diefen 33egriff oom Sein, niimlid) oom abfoluten Sein batte man gleich anfangö im Sinne, ba man i)a^:> Wegebene alö baö Unfelbftänbige, 3tbl}ängigc nerliefe unb nad) etioaö Jeftem fud)te, loobci bie Spefulation fteben bleiben tonnte. ,^ft baö, maö ift, überljaupt unabbängig, fo aucb oon bem auffaffenben Subjeft; biefeö nmg baö Seienbe tennen ober nid)t, baran benfen ober nid)t: baö Seienbe felbft bleibt ein Seienbeö. T^er Segriff beö Seinö läfet fic^, mie jeber einfache Segriff, nur ocrbeutlid)en , inbem man ibn oon feinem Gegenteile ober ben i()m äbnlid)en Segriffen unter= fd)eibet. Tsiefeö ift foeben gef(^cl)en, inbem mir baö Sein bem 'Jhc^t=Sein unb bem 3Berben unb bem relatioen Sein gegcnübergeftellt b^ben. Tiefer Sinn ift nid)t miüfürlid) mit bem ^ißorte Sein oerfnüpft, fonbern jeber.
»ciüeife für baS unfein ®otte8. 23
ber überljnupt uom Sein rcbet, inuf5 eö in bicfcin Sinuc uciftcljen, ober er benft eben bei biefcni 'iöorte i^a^ C^iertcntcil ober nur ctiuaö bcni Sein Iseriuanbteä. ^{amcntlid^ ift 511 luarneu uor ber 'lseriiie(^felung beö nbfohiten Seinä nnb beö relatiucn. l'et^tcreö Ijat erftereö jur Üsorauöfe^iuuj, ol)ne abfoditeö fein relatiueä Sein, biefeö beftel)t nur unter t^eiuiffeu 33ebinöuuöcu unb fallt unter ben ^Segriff beö 03ef(^el)enö.*) 'ilUrb ha^ Sein im ftrengen Sinne rtefttfet, fo fann nutf) ni($t lueitcr uon einem mcl)r ober meniger Sein ge^ rebet luerben, jonbern ein J)ing ift entiücber, ober eä ift überljaupt nic^t. (^Mbt umn \\d) ber ^i>orfte(Iunö (jin, eö !önnte etioaö im pfjeren ©rabe fein, alö ein cinbereöv fo mirb bereits ber reine begriff beä Seinä auf= gegeben unb eö mirb a(ö ein ""^rübitat gebadet, '^n biefem Sinne meint Spinoza, ba| einem S)iuge umfomeijr ^Jiealität ?iUtomme, je mefjr 3tttribute eö i)ahe. So fonnte bie 9iebe üon einem ens realissimum entfte{)en, beffen effen§, b. i). beffen 3Ittribute bie ©fiftenj inuolüiere.**)
*) ©ine SSerhJcd/fetung beö abjoluten unb beS relatiben ©ein finbet fidj j. 33. bei Sole, j. Bt- f- ej:- ^:ߧ. VIII. 38; bei Sang enbed, [. 3t. f. ej. ^^^. VIII. 156; bei Quaebifer, 3t. f. ej. ^^. IV. 399. ©itteg, 3t. f. ej;. ^^. XIV. 48 ff.; Dft ermann, 3t. f. e^. ^§. XV. 282 ff.; 2aa§, 3t. f. ei;. ^^. XIII. 393. 2luf bem rid^tigen ©ebanfen, ba^ ha^ relatiDe ©ein nottoenbig ein abfoluteä ©ein t)orau§: fe^c, berut;t ber foSmoIogifd^c Selüeiä für hai ®afein ©ütteö. S)iejer Seiceiä. irrt freiließ in ber §auj)tfac^e, ba^ er nämlid) ba§ abfohit ©eienbe ol^ne iweitereS al§ ©Ott bejcic^net. SSgl. baju: ©robifc^: ^Religion^^^^ilofo^j^ie, 1840, ©. 105, unb 2;^iro in 3t. f. ei", ^i). V. 309.
**) aSgt. bajiu 3t. f. ef. g5§. VI. 122—124. $iert>er gel^ört and) ba^ ©o^^iäma youi ontologifd^en 33 eh? ei fe für ba§ Safein ®otte§. 2)erfelbc lautet bei bem Url^eber 2lnfelm öon ©anterburt): certe id, quo majus cogitari nequit, non potest esse in intellectu solo. Si enim vel in solo intellectu est, potest cogitari esse et in re, quod majus est. Si ergo id, quo majus cogitari non potest, est in solo intellectu id ipsum, quo majus cogitari non i)otest ,est, quo majus cogitari potest ; sed certe hoc esse non potest. Existit ergo procul dubio aliquid, quo majus cogitari non valet et intellectu et in re. 2lu§fül^rUc^ere§ barüber, folüie über bie Slrt, toie ©aunilobaS Slrgument ju entfräften fuc^te, f. bci2;aute, ^ReligionS^l^Uofo^^ie, 1840, 1. 111 ff. u. 225 ff. Über bie berfc^iebenen gaffungen biefe« a3eiucife§ bei 2)e§ ©arteS, 9)tarebrand;eu.£eibni5,f.2;^iroin3t.f.ej;.^^.III.138;IV.]81;V.171-175;IX.234.
^n ber Äritif, treidle Äant bem ontologifc^en 33elt)eife entgegenfefet, l^eHt er bie 3*i'cife«uti9'f'^it auf, treidle in bem ©a^e liegt, tüag ivirflid» ift, ift ein ^öi^ereö, olö bag, iuag bloB gebac^t lüirb ober in ber 33orftelIung ei-iftiert, unb fommt fo ju bem ridjtigen 33egriff Dom ©ein. ©ein, fagt er, ift offenbar fein realeä ^räbüat, bog ift, ein 33egriff Oon irgenb et)t)a§, irag ju bem S3egriff eineg 2)ingeä ^inju= fommen !önne, eg ift blof; bie ^ofition eineä 2)ingeg, ober geioiffer 33eftimmungen (^räbifate) an fic^ felbft; im Iogifd)en ®ebrauc^ ift e§ lebigtic^ bie ©o^jula eineS Urteilä. 2Birb baS ©ubjeü eines Urteils mit allen feinen möglichen ^räbüatcn ju^ fammengenommen unb Oon i^m gefugt, eS ift, fo lommt baburc^ fein neueS ^räbifat
24 (gleaten — ^tato.
14. ^en 33e!5riff be§ ©einä im ftveugeii Sinne, im @eöenfa| gegen baä 9Ji(j^t:Sein, gegen baä SBerben, gegen bie 3i>irfli(|fett, bie fid^ ftetö aU blofee förfcEieinung ober relatiüeö Sein ^eigt, ^uerft aufgeftcUt unb fcft= get)alten §u l)aben, ift bas grofee 'i^erbienft unb baö auäj^eic^nenbe 9}lerf; mal ber Gleaten. ^infii^tlic^ beö ©eienbcn — fo (eljren [ie — fann nur gefragt luerben, ob eä ift ober ni(^t, ein mittlereä gibt es nicj^t; eä felbft aber ift, unb ift ineber entftanben noc^ üergänglii^; ift eö, fo ift eö unuergänglici) ; ift eö nic^t, f o mirb eä nie. ^n bemfelben Sinne üerfteljen ade biejenigen bas Sein, meiere baä ^iöerben alö in^fic^^miberfprecCienb uenuerfen unb oom eigentlii^en 9iealcn fern ()alten, fo CSmpebofleö, 3lnaj:agoraö, bie 3ltomi!er, namentlid^ aber beruljt ^latoö ganje metapljijfifc^e Spehilation barauf, baf, er baö eigentlich Seienbe üon bem äBerben in jeber ©eftalt rein ju Ijalten fu(^t. 5Jac^ i^m i)at eö lange gebauert, biä ber Segriff uom abfohlten Sein rein unb flar roieber §utage getreten ift. (Sä gef(^iel)t bieä erft, alö ber ontologif^e iöemeiä für baS Safein ©ottes üorgetragen unb erörtert wirb. Dljne B^^^^U'^f fd)H)ebten ©aunilo in ber £ritif, raelc^e er gegen biefen Semeiö üon 2tnfelm ricC)tete, unb aui^ ©affen.bi, inbem er bie gleidien 0ebanfen bei X^eö^ ßarteä befämpfte, ber riditige Segriff uom Sein nor; anö) i^obbeä be=
jum ©ubjcübegriff f)inju, fonbern cö ivirb nur ba8 ©ubjeft mit jeinen fämtUd^cn ^räbifatcn an fid^ felbft gefegt, nämltcf) ber ©egcnftanb in Sejiel^ung auf feinen Segriff. 33eibe muffen genau einerlei entl^olten, unb eg !ann jum ^Begriff, ber blof; bie 3JJögIic^!ett auäbrücft, barum, bafs beffen ©egenftanb burc^ ben2lugbrud: er ift aU gegeben begeic^net »tiirb, nid^tä lüeiter ^injufommen. 3)a8 SBirflic^e enthält nid^tS mel^r alS ba8 bfof( ai^öglid^e; l^unbert Jüirtlic^e X'ifaUx enthalten nid^t baS minbefte mel^r, alö l^unbert mögliche ; lüäre eg anberö, fo linirbe ber 53egriff, ber bie 3Wüglic^feit beä ©egenftanbe« bebeutet, nidjt ber ganje unb angemeffene 33egriff biefeä ©cgenftanbe^ fein. S^i ©jiftenj gel^ört alfo ein tuirflic^eö ©egebenfein be§ ®egen= ftanbeS. Sei ©egenftänben ber ©inne gefc^iel^t bie§ burd^ ben 3uffl'""^fn'^a"fl '"it irgenb einer SBal^rnel^mung , aber für Dbjleüe be§ reinen SenfenS ift ganj unb gar fein 2)UtteI, t^r ©afeitt lebiglic^ auö iljnm Segriff ju erfennen. Q^it Beurteilung beg ontologifc^en SeiueifeS f. aufierbem Srobifd^: 5ReUgiong^^Uofo)5l^ie, 1840, 93. ^25erfelbe: neue 2)arftenung ber Sogil, 1863, 61). S^ilo, in 3t. f. e^. «ß^. V. 307. Übrigen« begegnet man bereite bei 5ß[ato bem Serfud^e, au§ ber SQJal^rl^eit, ber SRic^tigfeit beg Segrip auf bie öriftenj ju f^liefeen, alg ob aUi giltigen Segriffe auc^ reale ©cgenftänbe I^aben müfiten. ?ßIato bcl^au^3tet nämltdE>, bag ©rfennen mufe fic^ auf ein ©ein bejiel^en, benn tuie fönnte ein ^i/ ov erfannt werben? 2ßag erfennbar ift, mufe fein, unb iria§ ift, muf; erfennbar fein (©. 5Rr. 27). Son ^tato rü^rt auc^ bie ©^lefulation 3lnf elmS ^er. 2)er Segriff beö ens realissimum, eineg abfolut notn.>cnbigcn ©einö in bem ©inne, ba^ fein Segriff notivenbig auc^ bie ©giftenj beS betreffenben 3Befeng forbert, ift ben ©c^olaftif ern fel^r geläufig; fie legen nämlic^ @ott ein notmenbigeg ©ein in biefem ©inne bei.
Äant — ^erbart. 25
äiueifclt, ob bie 9(nna()me eines Wicijx ober lUHnbev ber Sflealität juläffig fei*); nod^ inci nac^brücfUd^er innrnt ll^eibnij bauor, bas ©ein alö ein realeö '^sväbifat ju benfen**). 3lßcin erft ^ant wax eö, ber ben oben cntiuideltcn 33eöriff üom ©ein lüieberljerftellte, oljne \i)\\ freiließ felbft fe[t= öel)alten ober angemenbet 511 Ijaben; biefeä (entere gefi^al) erft üon ^erbart. !5)0(^ fei l)ier nod^ befonberö eineä "^Ujilofopljen enuäljnt, beffen befonnene 9trt 5U p()i(ofop{)ieren auf bie j^olgeseit (eiber feinen (S'influfe getiabt l)at iSUm glcicEijeitifi mit Rawt beftimntte nanilii^ auc^ 6. 3- ^tauö ben ^^egriff uoni ©ein in berfelben 'ii>eifc; jn in ber 3lnöeinanberfe|ung über ben 33egriff beö 3tbfolut = 9iotiüenbirten Ijat er mä) ^erbartä Urteile***) feinen ^-reunb Kant lüeit übertroffen, 'l^on ben ^ule^t genannten 9)?ännern wirb ber 33egriff ooni ©ein baljin beftintnit, ba^ er in feinem ©inne ein realeä :Dcerfmal eineö !4)ingeö fei, lueld^eä bcmfelben unbefi^abet feiner felbft ^u; unb abgefpro(^en luerben fönnte, luie anbere ''^rabifate, fonbern er bebeute nur bie ^ofition ober ©e^ung üon etiuaö, iuel(^eä unabl)ängig üon aüen anbern !Dingen felbftänbig ober abfolut für fid^ befteljt, fo bofe eä babei für immer fein Semenben Ijaben fann. ^n biefem ©inne fagt man, ber begriff beä ©einä fei ber S3egriff ber abfoluten ^^ofition.f ) Sei biefem Segriff i)om ©ein üerftet)t eö fic^ üon felbft, baf3 baäjenige, morauf berfelbe angemenbel wirb, baö ©eienbe, alö nöllig unueränberlic^ in feinem ©ein ju beuten ift. Tiaä) bem Uuüeräuberlic^eu l)at bie ©pefulation üon 3(nfang gefucf)t. ^eägleid^en fe^t bie ^taturforfd^ung bie Se^arrung ber ©ubftauä alä felbftoerftäublic^ woraus, unb bie (5rfal;rung beftätigt bieS l)iufi(|tlicf) ber einfaclien c^emifc^en ©toffe. tS-beufo roäre bie burd^ (Bt- faljruug fo ficlier oerbürgte geftigfeit unb Uuiuanbelbarfeit ber 9Jaturgefe^e gar nic^t benfbar, mmn fie mä)t begrünbet märe in beljarrenben, unoer= äuberlic^eu legten Sl^rägeru ber (S-rfi^einung. 3lber — tta^ fei fogleii^ ^ier bemerft — bleibt auc^ ein äßefeu unter obigen Umftänben baS, maS es ift, üf)ne fi(f) in feinem 'Btin ju oeräuberu, fo ift bamit nic^t auSgef(^loffeu, baß ein ©eienbes unter üerfdjiebenen Umftänben ober Sebingungen üer= f «Rieben mirft.
*) %\)ilo: l St- l «E. ^^. IX 347. **) ©. bei 2:aute a. a. D. I. 2<>. ***) ©. ^erbatt, IX. 4. t) ©. u. 0. 3t. f. ej. 5ß^. I. 14 unb 244. @ine 2)ifferens in biefem ^ßunfte jtüiyd^en Äant unb ^erbart, n^ie üangenbed, f. Qt. f. e^. ^1^. VIII. 156, unb Cluaebifer, f. biefelbe IX. 402, unb (Sa^JcfiuS, f. Qal^rbuc^ für tinffenfc^aftlid^e ^äbagogi! XI. 241, bci^au^sten, ift burc^au« nic^t borl^anben. SBeibe, Äant unb ^crbart, beftimmen ben 33egrtff bom Sein ganj in berfelben 2ßeife, nur mad^t Äont leine Slnwenbung baöon.
26 25o8 ©etenbe tft ntci^t qualttätSIo«.
15. Xex 'Segriff bcö ©cinö in feiner abftraften CSinfad)l)eit ift yöUig (eer, wenn er nii^t bcjogen mirb auf etuiaö, lueli^eä ift. ^JJJan yerfuc^e, benfelben ol)ne alle ■•ikjieljimg auf eine beftinunte Qualität ?jU benfen, eä fei alfo nid^t A, i\iä)t B, nic^t C u. f. w. alles 'Seftimmte nic^t, fo ift übert;aupt uic^tä, eä löirb eben baä <Bdn auf nichts belogen, eä lüirb nid^tg gefegt. Sein ift nichts oljue Seienbeö, b. 1). ol)ne ein beftinnnteä 6troo§, roe(c^cö ift. So wenig bie 'iieivegung etiuas ift otine '^eraegteö, b. i). ot)ne ctiuaö, loeld^eö fic^ bewegt, ebenfoiücnig gibt eö eine ßjriften^ ot)ne etiüaö, luaö e^'iftiert. Sprac^Iic^ lüirb man nun allerbings nicj^t untt)in fönneu, uon einer Oualität beö ©eienben ju reben unb fo glei^fani bie Dualität alö einen iöefi^ mbtn baä ©eiettbe ^u fe^en, ober aud^ ju fagen, bas Seienbe l)at eine beftimmte Oualität, allein in aßirfUc^teit ift bie§ ntc^t §u trennen, fonbern bie Oualität ift eä eben, welche ift. «So ift n)ol)l ber 33cgriff uom Seienben §ufanuuengefe|t auä ben Gegriffen üom Sein unb ooni 2Baö, baö Seienbe fetbft aber ift nid)t aus Sein unb Oualität jufammengefe^t, fonbern ftreng einö.*)
9hui ift aber boc^ ber 'i^erfud^ genmi^t, ha^ abfolut Seienbe alä oöHig qualitätsloö ju beuten. 3)ies gefdial) uiol;l §uerft üon ^tnarimanber. (i'r fal; ein, ha^ feiner ber gegebenen Stoffe ober Dualitäten alö baö abfolut Seienbe ju fe^en fei, ftatt beffen meint er nun baöfelbe alö reinen Stoff, als etwas üijllig DualitätslofeS, UubeftimmteS ober Unenbltc^eS an^ feilen ju miiffen (9h-. 2). 3Me anbere 9Jiöglic^feit, ha^ bas Seienbe jwar üon beftimmter Dualität fein fönne, wenn fc^on biefelbe nic^t finnlic^ ge:: geben fei, i)at er nicl)t erwogen. 9iur fcl)r bebingter äöeife ift l)ierl;er ber begriff ber 9}(aterie, wie ilju ^^Nlato imb 3lriftoteleä aufgeftellt Ijabtn, ju recE)nen. 3tllerbingS loollten biefe bie vXrj als bas (£-igcnfcl)aftslofe ge^ bac^t wiffen, weld)eö felbft feine Dualität Ijat, aber jebe unter näl;eren Umftänben anncljmen fann. 3(llein biefe vA?] ift iljucn barum aud) nid^t bas Seienbe, am wenigftcn bas abfolut Seienbe, fonbern baS /<a; 6V unb ift baljer nac^ '|>lato nic^t föegenftanb bes '^Üiffens ober ftrongen 3)enfcnS, fonbern ber bloBen DJeinung. .f^ingcgcn ift Ijier ber (^Jottcsbcgriff '!pl)iloS unb ber mit il)m in biefer ^ejiel)ung uöllig übereinftimmcnben 9Jeu = platonifer ju erwähnen. @ott ober bas abfolut Seienbe, ber @runb
*) Sangenbed, n. a. D., glaubt, baf; bag ©eienbe, hjcnn i^m ©ein unb Dualität üugefd^rieben nnrb, jelbft ali jnfammcngcfc^t aufgefo^t n^erbe, »gl. baju 3t. f. CE. ^i). Vm. 160 ff.
Unbeftimmteg ©ein. 37
unb ba§ SBefen üon atteni, fofite a((eö nur Den!bavc uic^t fein; au(^ (Sein unb ^^eden merbcn iljui nbiiofproc^cn. äBenn er bennoc^ mit pofitiüen ^^räbifaten genannt luirb, nänilid): baö (Srfte, baö (Sine, baä ©ute, fo fotten biefe ^^ejeid^nunöcn feincrlei ^ii^efenbeftininuingen be§ 3(bfo(uten fetbft fein, fonbern Ijaben nur bie negatiiie 33cbeutun0, ba^ eö baä (Srfte fei, uergtid^en mit bem, raaä miö ii)m folgt, einä im Öegenfa^ jur 3]iel; f)eit, gut, nid^t an=fic^, fonbern fofern eö ber fi(^tbaren äBelt Sein unb ^eftetjen gibt.*)
16. '^m ^DHttelalter tuurbe biefer S3egriff eineö a-Ttoiov, eines üöffig Unbeftimmten, nor^ugöuieife uon ben 9Jh)fti!ern, in ber fogenannten ^ioXoyia oiTtocpatinr} (negatiuen 2:l)eo(ogie) , me((^e namentlich uon ^ioni)fiuä SIreopagita ftanunt, uertreten. Unter ben 9Jeueren gepren t)iert)er gi«^^^/ Sc^elting, .§egel, meldte fämtlic^ a(ö ba§ 2tbfolute etroaö Unbeftimmteä fegen, namentlirf) f)at fic^ Sc^elUng bemüt)t, biefeä alä bie ^snbiffereng, alö ben Ungrnnb unb Urgrunb, in welchem atte @egen= fä|e aufget)oben finb, §u benfen. ?^rei(i(^ fott boc^ auc^ roieber biefeä Un= beftimmte bie Urfac^e unb äinar bie alleinige Urfai^e beä 33eftimmten, ber gegebenen 3Be(t fein, unb infofern mirb jeneä 2lbfolute üerftecfter 9Beife fd)on a(ö Seftimmteg unb aud^ alä SSieleä unb 9}Jannigfaltigeä gebadet. 3tllein, meil jene ^^Ujilofoptjen beftänbig nerfi^ern, eä foHe \i(\.^:> Slbfolute an fic^ a(ö üöUig qualitätstoä gebac^t merben, fo mu^ man bei ben äöorten ftel)en bleiben unb bie 3(bleitung eben alö i^nfonfeguenj- bes Si)ftemä anfeilen.
Sflun ift aber erfic^tlic^, mirb bamit ©ruft gcnmc^t, '^^'^ baä 5(bfolute üöUig ol)ne jebe Oualität %\\ benfen fei, fo wirb eö meber alö abfohlt, noc^
*) Sc me^r auf biefe SBeife ba§ Slbfolute, iwaS bod^ ber ©runb ber gegebenen SBelt fein foüte, öon biefer felbft entfernt iüurbe, um fo unbegreiflicher irarb e§, iüie biefe bon jenem ©inirirfung erfahren ober gar l^errül;ren XiiW.\\t, unb eg mad^te fic^ bal)er bag 33ebürfni§ geltenb, geiriffe aJIittetgriffe jftnfcl^en ba§ 2lbfolute unb begebene einjufc^ieben, bie beibeS Vermitteln foüten. ©0 bei ^^ilo bie Se^re öom \6yog, bei ben 3teu^)latonif ern bie Seigre bom rovg unb ber ipv^^- Übrigens ift fofort erfid^tticfi, bafi biefe Slbleitung beä begebenen au§ bem ©inen ®igenfci^aft8= lofen nur mit §ilfe be§ abfohlten 2Berbeng möglich ift (9^r. 5). 3)ie 5«euplat onüer f^recf^en babon faft augfrfdie^lid^ in bilblicf)cn 2lugbrütfen, lüie bom Überfliefien eineg borien ©efä^eg ober bom auöftraj^lenben £id^te u. a. @tma§ ä^nliieS ift bon bem ^ant§etgmu§ ber ©toifer ju fagen: fo fe^r bie ©in^eit beg Urjjrinjijjg betont mirb, loirb boc^ o^ne jeglidie Slbleitung, ivenigfteng ift ung feine aufbehalten, bag-- felbe in eine 3n>ei^eit bon ^rinji^ien gef^alten, ein 2;^ätige8 unb ein Seibenbeg, hjeld^e aud) apxoit genannt h^erben unb mal;rf(^einlici^ nur berfd^icbene Setrad^tungg; lueifen beg ©inen finb (f. 9lr. 135).
28 ®infac6l^eit beS ©etenben.
überljniipt mir alö etiuaä (Seicutieö ^cbad)!. T^aljcr forberte ''^(ato ent= fd^icbcu, baö 3eienbe als etiöaö qunlitatiü ^Beftiiniiitcö p betrachten, unb Seibnii^ l;ebt eö g^kiä) im Slnfauß feiner a)ionaboloöic fjeruor: bie 9}?onaben muffen getüiffe Dualitäten l)aben, fonft [inb fie gar feine 'ißefen. 3tm reinften tritt biefe liBa()rI)eit bei ."oerbart l^eruor, für ben fie ein Örunb= Pfeiler ber 3)tetapb^)fif ift.
17. 2Bie aber ift nun ferner bie Dualität beö Seicnben ju ben!en? ©infaif) ober jufammenf^cf e^t ? '^ie '^rage ift bie, ob jebeö ein^einc Seienbe nur eine Dualität baben fann, ober ob eö anä) bcnfbar fei, baf? ein SBefen mehrere Dualitäten (jabe nnh }fWax urfprüuöUc^, b. [). l)ier fo, bafs biefelben it)m notiuenbig finb unb eben in iljrcr 3>ielt;eit unb 3)ianni0= faltigMt baö eigentlidie 'ißefen beä 9tealen auöma(^en. 3(uf bie ?^rage alfo: raaä ift baö reale A? erhielte man bie 3lntiüort: e§ ift a unb b, fallä man beffen Dualität alö aus a unb b ^ufanunengefe^t annimmt, ©inb mm a unb b unabbängig uon einanber, fo bat man eigcntlicb jiuei ©cienbe, nämlid) a unb b, inbem fomobl bcm a als bem b bas ©ein gugefc^rieben wirb. Sagt man: ni(|t bem a unb nic^t bem b für fi(|, fonbern ber i^erbinbung bciber mirb ein ©ein beigelegt, fo fübrt baS bod^ lüieber 5U jioei ©eienbcn, ba ja bie ^serbinbung eine blofee ^orm ift, ber baS ©ein nur infofern jugefdbriebcn merbcn fann, als es bem a unb b jufommt. äl^ollte man enblidb bebaupten, a unb b notmenbig mit ein= anber oerfnüpft, geben bie Dulität bcs A, fo b^ifst „notiuenbig" fouicl, als a ift nid)t oljue b unb b nicbt obne a felbftänbig ju benfen. ^ann luirb aber bas, ums abfolut fein foll, nämlic^ A, beffen iJÖefen aber in ber notmenbigen ^ikrfnüpfung uon a unb b beftebt, oöllig relatiu, benn A ift ja nid^t obne a unb b, eS belöge fid^ alfo burd)uieg auf etmas 9?clatiües, unb es gcfdbiebt bann, mas ber 33egriff bes abfohlten ©eins verbietet, es wirb A nur bebiugungsiueife gefegt.*)
SlHein jeigt benn nicbt ha^ (begebene tbatfäd)li^ eine ^Welbeit in ber (^in^cit? „äBir erfabren in uns felbft eine iUeUjeit in ber einfadien ©ub= ftanj — ^ fo argumentiert Seibnij — , i^a \m finbcn, baf? ber gcringfte ©ebanfe, beffen mir uns beiinifst finb, eine 9Jiannigfaltigfeit in bem G5egen= ftanbe einfcbUefet. ällle biejenigen alfo, meli^e jugeben, ha^ bie ©eele eine einfache ©ubflaUf, |ift, muffen biefe ^sielbcit in ber 9}?onabe jugeben, unb Sar)lc foUte barin feine ©cbmierigfeit finben." 2lber bie ©cbmierigfeiten f)at ^ai;lc nic^t bineingetragen ober gemacbt, fonbern fie liegen mirflidö in bem begriff einer Öinbeit, bie mcbrere Dualitäten Ijaben foll; junäc^ft
*) SBeitereS barüber f. bei ^erbart, IV. 83, 3t. f. «£. ^i). I. 230; VIII. 159.
SSiell^eit in ber ®inF)eit b«i Seibntj. 29
f)anbelt eS )iö) inbeö nur um eine urfprünglic^c ^Me(f)ett, bie eine wef entlid^e , uotiucnbirte '-öeftimnumö beö einjelnen 3Befenö fein foll, nii^t etiua um eine 'lUe(l;eit uon '^eftimmuuöcn, luel^e burd^ meljveve anbcre reale 2Befen in i(;rer öegenfeitiöen ^iöed^felunrfuug uerurfac^t ift. ßeibnis freilid) lüoKte nichts uon einer äußeren Urfac^e roiffen, barum mufete if)m jebe tt)atfäd^Ud)e 'i>iell)eit in ber ^JDionaö ju einer uvfprünölic^cn merben; biefer ©ebanfe, nnemol)! iinbcrfprec^enb, mufete beibe()alten luerben, unb beutlid)er, alö bei anberen, jeißt fidj beiiieibnij baö pl)ilofopt)ifc^e ^Dlotiu ju biefem Öebanfcn: nämlirf), baf? er tljatfncblid) fiertcben ift.*) (Sbenfo
*) SSon ber intereffanten (Erörterung jiDtfc^en Ceibnij unb Söa^Ie, wddji in be§ legieren SBörterbud^e im 2lrtifel SRorariuS mitgeteilt l»irb, mögen bie ^aupt-- ^)unfte l^ier ^la^ finben. 58at)le tüirft l^ier Seibnij ein: ^m ©l;[tem ber rein inneren Urfad^en mu^ immer ber gegeniüärtige Bwftßni» «i"«^ S)inge§ bie notföenbige golge beg borl^ergel^enben fein. Qd^ fann mir aber nic^t ben!en, twie in einem |»unbe bie greube pgleid^ bie Urfad^e beS ©c^merjeS fein foH, luie eg bod^ fein mü^te; tvenn ber ^nni beim f^i^^ff^" «i"^" ©c^Iag erpit, ober tuenn ein Äinb, tüeld^eS trinft, fid^ an einer Jfabel ftid^t, ober ioenn ic^ je^t etloag SBeifseS fel^e unb gleid^ barauf ettvaS ©c^lwarjeg, ift l^ier bie ©m^sfinbung be§ 3Beifien bie Urf ad^e ber ®m^>finbung be§ ©d^luarjen? S)ie§ mü^te fein, tnenn eä toal^r twärc, loaö Seibnij fagt, ba^ nämlid^ jebe aJJonabe unb alfo auc^ jebe ©eele ganj biefelben 3"[iän^« l^aben mü^te, ioeld^e fie je^t l^at, aud) »wenn fie mit ©Ott ganj allein auf ber SBelt tüäre. Sine berartige SBeränberlid^feit, ioie l;ier öorauggefe^t tüirb, ift gar nid^t ju ben!en, bcnn bie ©eele erl^ält in ber anbern 9Jlinute il^re§ 2)afein§ teine neue Äraft ju benfen, fie bel^ätt nur bie Äraft, u^eld^e fie in ber erften SOiinute em^jfangen l^atte, unb alfo ift fie bon bem Suf'uff« ^Ker anberen Urfad^en in ber anberen 3Kinute ebenfo unabl)ängig, al§ in ber erften, folglid^ mufj fie in ber anberen aWinute eben; benfelben ®eban!en l^erborbringen, ben fie bereite l^ertoorgebrac^t l^atte. ^Darauf anttoortet Seibnij: „ÄeineStoegS, benn vermöge beg ©efe^eg ber Suft ober beS appetitus ftrebt bie ©eele jeber ^üt nad) Sßeränberung, foioie ber Äör^er nad) bem ©efe^e ber Semegung." hiermit acce|)tiert alfo Seibnij ba§ abfolute SBerben, fo ba^ jeber Sufl^ni' i" fi<^ f^'^&ft ^fl§ Streben l^at, fid^ ju beränbern. S)aju pafit aber gar nid^t ba§ ®leid^ni§ Don ber 33etoegung, benn biefe bleibt fi^ ftet§ gteid^, Jüenn man üon jeber abänbernben Urfai^e abfielet. ®t>öa§ 2t^nlid^e§ madit Sat;le gegen Seibnij geltenb, loenn er fortfäl^rt: bie ©eele ift nad^ Seibnij einfad^ unb unteilbar. aJJan begreift flar, ba^ ein einfad^eä SEßefen allejeit einförmig l^anbeln toirb, toenn e§ nii^t irgenb eine frembe Urfac^e babon abioenbet. ©ine aJJafc^ine, j. S8. eine Ul^r, mit ii^eld^er Seibnij bie ©ecle bergleid;t, ift aug berfc^iebenen ^Keilen jufammengefe^t, !ann alfo aud^ berfc^iebene 2;^ätig!eiten ausüben, weil bie befonberc 2;i^ätig!eit eine§ jeben einjetnen ©tücfeä alte Slugenblicte bie X^ätigfeit ber anberen änbern !ann; allein, loo loiH man in einem einfachen SQBefen bie Urfad^e bon ber SSeränberung ber SBirlung finben? SDie fann überl^au^jt Seibnij bie ©eele mit einer U^r bergleid^en, njelcl;e boc§ jufammengefe^t ift? aJJan ibürbe etioaö l^ierbon begreifen, tüenn man borauSfe^te, ba^ bie ©eele be8 SKenfd^en !ein ©eift, fonbern bielmel^r eine Segion bon ©eiftern fei, ibobon jeber feine SSerrid^tung ^at, toeld^e
30 9!J?oni«inu8.
muffen alle biejeniöen biefe innere a.^iel{)eit für eine iirfprüngtic^e 2öefen= beftinmuino beä älbfoluten anfetjen, meiere nur ©ine Subftans ober ©in ©eienbeä anerfennen, alfo jebeJ2lrt üon ^llfoniönuis , benn biefer i)at bie boppelte 3lufrtabe, nuö bem ©inen Slbfoluten bie tl)otfäc^Uc^e 3sieli;eit unb ^Jiannit^faltigfeit ber gegebenen 9Jatur abzuleiten unb ^ußleii^ bie ©inbeit §u waljren. §ier fcf)icbt fic^ geuuibnlii^ ber ^^egriff uom abfohlten äßerben ein, allein biefer ift f($on abgeunefen. Sobann foll eben bie ^iNerfic^erunö l)elfen, bie ab^uleitenbe isielljeit liege alö ©inbcit, alä ^^nbifferenj in bem Stbfoluten; fo l)aben wir eö bei ben 9teuplatonifern unb ben mobernen
juft anfangen unb aufhören, Jute e§ bie 3Seränberungen erforbern, ttielci^e in bem menfd;Iidien Äör^er 0efd)el^en. SDarauf erftärt Seibnij: SBir l^aben feine 3u[ammen= fe^ung ber ©ubfianj ber ©eele bon nöten, eg ift genug, bafe i^re ©ebanfen ju- fammengefe^t finb unb eine grofse Slnjal^I ber Dbje!te unb ber entSvcber beutlid> ober unbeutlic^ erfannten SSeränberungen in fic^ f äffen, tuie bie ©rfal^rung un§ foIc^e§ in ber ^l^at erfennen (ä^t. Senn obgteid^ bie ©eele eine einfädle ©ubfianj ift, fo l^at fie bod^ niemals einfache unb einerlei Gm^finbungen ; fie l^at beren aüejeit auf einmal biete beutlic^e, beren fie fid^ erinnern fann, unb unenblid^ biete unbeuttid^e, tbeld^e mit jenen berfnüjjft finb unb beren Qnljatt fie nid^t bon einanber ju unter; fc^eiben bermag. Sarum tt;ut bie ©eete biete?, ol^ne ba| fie eS tbei^, amrum fie e§ f^ut. ©ot(^e§ gefct)ief)t nämtid^, iitenn fie bermittetft unbeuttic^er ®m|)finbungen unb 3fetgungen ober bermöge unmerftic^er Segierben ibirlt. 2)arau§ erftärt fid), tüie bie ©eete ^lö^tid) au§ greube jum ©c^merj u. f. ib. übergeladen iann: bie unbeiuufsten aSorfteltungen finb bie Urfad^e, nid^t bie greube für fid^ altein.
5Kan fiet)t, bafi 2eibnij ben eigenttid^en 2Biberf^rudi, auf loeld^en i^n Satjte l^inibeift, nid^t erfennt, ifie nämtid^ bie SJietl^eit urf^jrüngtid^, b. t;. urfaditoä in ba§ einfädle Sßefen l^ineinfomme. Seibnij beruft fid^ immer nur auf bie ®rfal^rung, ba^ tl^atfäd^tid^ in ber ©eete eine aSietl^eit bon aSorfteEungen borl^anben fei: id^ gtaube, f^jrid^t er, §err 58a^te unb aCe ^J^itofopl^en ioerben jugeben, baft unfere ©ebanlen niemals einfad^ finb unb ia'^ bie ©eete in Slnfel^ung geunffer ®eban!en bie Kraft ^aii, bon fid^ fetbft bon bem einen auf ben anbein ju fommen.
2)amit ift bie eigenttid^e jjrage nad) bem Urfjjrung ber S^ietl^eit in ber einfad^en ©ubftanj furj abgelbicfen. 2ßo Seibnij aber barauf einjugel^en im Segriff fte^t, n)eid}t er aud^ bom ©t)ftem ber rein inneren Urfad^cn ab unb nimmt auf einem Umioege feine 3"ftu<^t ju ber berworfenen causa transiens. ^ebe Slonabe ift eine Äonjentration beä 2Bettgebäube§, jebe fpiegett bie Sßett ai bon i^rem befonberen ©tanb^junfte au§. ®oc§ foII tjier nid}t eine unmittetbore Sßed^fetnnrfung ber 5D(0naben unter einanber bie Urfad^e be§ 3tbfpiegetn§ fein, fonbern burd^ ®otte§ Mad)t ^at jebe SKonabe biejenigen inneren ^uftänbe unb biefe in ber beftimmten Slei^enfotge, ba^ fie ju i§rer Umgebung ^armonifc^ ^)a|t, fie bire!t abjuf^iegetn fc^eint, atS ob eine auf bie anbere »rir!te. 2)amit ift iod) tüieber bie causa transiens eingefül^rt, junäd^ft jibifc^en ber ein.^etnen 5Jlonabc unb ®ott, bann aber aud^ burd^ biefen ber= mittett jirifcben alten 3J?onaben untereinanber. ©er DccafionaIi§mu§ ift nur in einen borlüettlidien einmaligen Stlt ©otteS bertegt unb fo jur ^jräftabi tierten Harmonie getborben.
aWoniämuS bei <S>pmoia. 31
9)bniften ^-id^te, ^egel, ©d^openf)auer unb uamentltc^ ©d^eüing fd^on erfmmt, foune eö anä) ein ^auptfa^ 33aaberä ift, bafe bie ^^erfön- iiä)fnt unb 511mV bie trinitavifc^e, bie uoUfonunenfte i^-orni ber (^riftenj ift, lUübci unter (ii'iften^ eben ta^ abfolut Seienbe ^u benfen ift. (Sin be= fonbcrs Icljvreid^eö ^eifpiel bafüv bietet Spinoza in feiner ©runb^: anfc^auunö, hai] cS nur (i'ine abfohlte oubftanj gibt, mit unenblii^ üielen Attributen, von benen aber b(o^ pei: 3(u§bel)nung unb X>en!en, unö be^ fannt feien, ^max üerfic|evt er and), bafs alle biefe unenblid^ nielen 3lttributc im C^irnnbe Crinö finb*), allein im meiteren 'ikn-lauf ber Spetulation rcirb boc^ ouf biefe 'i^orauöfe^nng fo gut mic gar feine -Kücffid^t genommen. Bnnäci^ft leucfitet ein, baf? unenblid) uiele 9Ütribute nic^t eriftieren tonnen, benn ber begriff beä ftreng Uneublici^en uerträgt )iä) mä)t mit bem begriff ber 3iealität (f. 9h-. 30). Sobann aber luirb, \imxn ber Segriff beä abfohlten ©einö auf bie Subftanj mit it)ren Attributen angeiuenbet luirb, jebeö einzelne ber Attribute ju einem ©eienben, mie benn auc^ in ber ^tjot naä) Spinoza jebes ber Attribute oöllig felbftänbig für fid^ unb un= abtjängig oon ben anberen befteljt, unb bennoc^ jebeö für fid^ allein bie gan^e Subftanj auöbrücft.
18. 2)ie Annal)mc, baö abfolut Seienbe tjabe in ficf) urfprünglic^ mef)rere 2Befenbcftimmungen ober Qualitäten, verbietet fid^ alfo barum, meil baburd^ ha^ abfolut Seienbe alö fold^eö aufgef)oben unb an feine ©teile etmaö burd^auö 9ielatiüeö gefegt luirb, inbein biefe innere ilsieltjeit not= luenbig mit einanber ücrbunben, alfo jebeö ©lieb gu oen anberen Öliebern in yölliger Sielation fteljcnb unb boc^ abfolut feienb Qeha^t werben foll. Serfelbe aBibcrfpruc^ ftellt fi^ l)eranö, luenn bie Duahtät be§ abfohlt ©eienben alö urfprünglic^ toirfenb ober als urfac^tofe i^raft angefeljen Tüirb. (£1ne Rraft foll mirfen entiueber nac^ au^en ober nad^ innen, ^m lefeteren ^^allc befommen mir ben 'begriff beö abfohlten Söerbenö, benn baö foll babei bie Qualität beö äßefenö fein, ha^ eö fic^ felbft unb ^luar nrfprünglid^ ober abfolut jn etmaö beftimmt, maö eö oorljer nid^t mar. 3)amit mürben wir in bereitö abgeiuiefene äßiberfprüi^e fallen, fobann aber nur einen anberen %a\i non bem obigen ^ißiberfprud) ber ^'^i^äreuä beö fielen in (iinem l)aben, benn ob bie innere 'i5ielljeit in il;ren ©liebern fhnultan alfo gleid)5eitig beftel^enb ober fucceffio alfo einö anö bem anberen werbenb gebadet wirb, änbert bie ©ai^e felbft nid^t, eö bleibt immer ber Sßibcrfpruc^, ba^ "i^a^ 9{elatioe abfolut fein foU. 3"i" anberen: bie 5^raft werbe naä) aufeen, b. l). auf anbere äßefen, wirfenb gebadet, unb biefeö
*) ©. 3t. f. ej. «ß§. VII. 62.
32 35a8 ©cienbe i[t nid^t uvfprünglid^ Äraft.
äBirfen fei felbft bie QuaUtät beö SBefenä. 2öenn je^t gefragt' wirb: roaö ift baä äöefeii, fo imi^ geantraovtet werben, 'iya'iß eö voixtt auf etroaä, luaö eö fe(bft nid)t ift; jebe ^eftiiiiiming beä eigentlichen äßefenö mufe bie ^öejietiung auf itwa^ bem Söefen felbft ^-rembeö, nirf)t ß^gß^örigeä ent= {)alten, unb biefe ^Se5iel)ung ift bennoc^ baö jiim 3ßefen felbft notiüenbig 3ugel)örige. (Sine fold^e .slraft beliebt fid; benmac^ it)rem 'begriffe nad) auf etroaä ^^-rembeö. 5)aö t)ei^t, um biefe i^raft ^u benfen, lüirb bo§, roaö man benft, als etmas burci^meg 9tclatiües beftimmt; rooburc^ bie abfolute '^ofition aufgegeben, unb jugleicf) bie iinrflid^e ilraft, als abfolut gebac^t, für ein Unbing erflärt mirb.*) äßollte man nun ftatt .Slraft nur bie 5ät)igteit ober Einlage ^ur äBirffamfeit fe^en, fo aber, bafe biefe älnlage eine nnrtli(^e, inmobnenbe 'Seftimmung bes äßefens felbft raäre, fo würbe auä) bamit eine nrfprünglid^e '^e^ieljung in baS ©eienbe hinein fommen, benn biefe Stnlage follte fic^ ja Qim\ auf etmas anberes be^ieljen, inaS bas äBefen felbft nidbt ift. Sie 'A^iberfprüd^e Ijäufen fid) no^, wenn mebrere ober gar eutgegengefe^te i^^räfte als urfprünglic^ in ©in ^Ä>efen Ijinein gebadit werben, (^ißeitcres barüber f. dh. 34 — 35.)
Soll alfo iia'i Seienbe abfolut unb wiberfpruc^öfrei aufgefaßt werben, fo mufe e§ ot)ne alle nrfprünglid)en ober wefentüd^cn 9ielationen nub bemnai^ als qualitatiu einfai^ unb biefe einfädle Oualitiit als bet)arrenb unb nic|t als urfprünglii^ wirfenb geba(^t werben, als id, quod semper Sit Simplex, et unius modi et tale, quäle sit.**) ©o lehrten bie ©leaten unb^^lato, nur baben bie ©leaten nocb feinen Unterfii)ieb jwifdien bem 33egriff beS Seins unb bem bes (Seienben gemacht, fonbcrn fie begnügten )iä) SU fagen: baS Sein felbft ift. trbenfo befd)reibt ©mpcbofleS jebes einzelne feiner uicr Crlcmente als qualitatiu einfach, bod^ bölt er biefe ©infacbbeit nii^t rein, ba er urfprünglid)c .Uräftc ber Elemente anjunel;men fd^eint. iiin 03lci(^cs gilt i)on t>m l'Uomen ber alten fowol)l, als auc^ vieler neueren '|>bi)fi!er; ftreuger b^t wobl älnaii-agoras bie legten ^eile ber 'iBelt als unteilbare (S-inljeiten gefafjt. Unter 'C'zn neueren finb eS §erbart unb beffcn 3tnl)änger, welche bie Ginljeit beS Seienbcn ftreng gefaxt, bcwicfcn unb angewenbet baben, unb bie neuere tbcoretifc^e ^^(atur= forfcbung treibt immer mebr jur 3Inerfennnng biefer ^Ißabrljeit l)in.
19. 2luf biefelbe Sl^eife, wie bie qualitatiue ©infai^beit beS abfolut Seienben bewiefen wirb, ergibt fidb a\\6) bie quantitatiue ©infac^l)eit
*) aiuSfü^rlid^er ivirb ber S8eii^ei§, ba^ eg feine utf^rüngltd^en Äraftwefen geben !önne, geliefert ^erbart IV. ©. 531 ff., bgl. autf» ©orneliuS: ©runbjüge einer 5morefuIar|)]^t)fif. ^aOe, 1866. ©. 5—8.
**) ©icero, acad. quaest. I. 8, berid^tet bieg bon ^lato.
3)a« ©eknbe ift ^citlo«. 33
beöfelbeii. Si^'^^i^Ü lenktet ein, baß man fid^ ein ■D'tealcö A nid)t auä öiöfreten, nebeneinanber liegenben teilen §ufatnmengefe|t benten barf. 3onft luäve jeber bevartii^e ^eit ein (gelbftänbigeö, ein eeienbe§ für \ii), nnb A nnr bie formale l^inl^eit biefer Seienben. ^lUehnetir tniiffen bie Xeile eines Stealen, luenn man üon folc^en fprei^en mill, alä fontinuierlid) :;,nfammen(iänrtenb anf^efa^t luerben, fo ba^ feiner etmaS Selbftänbifleci für fid) ift, fonbern übcri)anpt nnr ift, fofern er mit ben anberen ^n einer realen tS'int)eit A uerfnüpft ift. %a'^t man'nnn A alö ein (£ontinnnm, beftebenb anö nnenblic^ uieten teilen anf, fo fönnen biefe ^eile eben alö nnenblid) niele nnmöglid) alä ein t]efd)loffeneö i^an^^ gebacfit luerben, benn baö nnenblid) 'l^iele ift nnnoüenbbar, nnb ein foli^eö (Sontinnnm fann baber nid)t ha^ 9ieale fein (f. 9tr. 30). ^er ^^egriff bes abfolnten relationälofen Sein mn^te fonft eben anf etiuaä belogen loerben, inaö als Unuollenbbareö überl^anpt nii^t fein fann. 3)ieä fi^lie^t jeboc^ im §inbticf anf eine 9)ief)rf)eit realer äBefen nid)t bie 9}iöüili($feit anö, fic^ jebes in feinen ränmlic^en ^^e3ief)nnöen jn anberen als ein fngelförmiöeö, begrenj^teö Gontinnnm },n benfen. ?5^erner bürfen 3eitbeflriffe nic^t anf t)aQ Seicnbe als folc^eä angemenbet loerben, b. t). ^nnädift, man barf t\a'j Seienbe nicbt alä jn einer beftimmten 3^it entftef)enb nnb }^n einer anberen oergetienb ober fic^ änbernb, alfo alö uierbenb auffaffen. T)ieö ift bereitö abgeioiefen. Schreibt man bem 9iealen eine ^auer §n, fo mnfe iljm eine eraige X^aner ot)ne Unterfdieibnnß non 5Jiomenten jugefdirieben merben. X'arnm betjanpten bie ©leaten, ha^ Seienbe ift nit^t anögeftrecft in ber 3eit, nid^t anö= gebefint im 5Haume, noc^ bnrd^ baö äßeltall ^erftreut. -hingegen legen bie Sttomifer ber alten nnb nunft anc^ ber neneren ^dt ben Sttomen eine geroiffe, luenn and^ nod) fo geringe 3(nsbet)nnng bei, inbem man 9tcalität nnb 3lnöbefjnnng für gleic^bebentenbe ^öegriffe anfielt nnb etiuaö Un^ anögebe^nteö, riinmlid) ftrcng (iinfac^eö, gerabej^n für 9cid)tä l)ält. Sinf biefer 2lnfic^t berntjt ber fogenannte -öiaterialiömnö ber Stoifer. '^ijMw galt alle £nbftan5 für etumö .Hörperlid^eö, ^IJiaterielleö, nnb fie berufen fid^ bafür auf bie beiben falfc^en (Sä^e: feicnb ift nur, maö unrft nnb auf \id) niirfcn läßt, nnb fobann: mas luirft ober auf fid^ loirfen lä^t, ift lljatfäc^lic^ überall etunxö ilörperlid^eö. Da^er fann ha^, lüaö ift, nur förperlic^e 8nbftantialität fein. (S'benfo grünbet §obbes feinen 3)?aterialiömuö auf hm i2a^: ^Baö im 9ianme ift, mu^ ränmlid} fein, 'öefonberö aber Ijat Deö;C5;arteö bajn beigetragen, ha^ man bie 3luöbel)nung alö bas eigent= lic^e 9ieale an ben fingen anfat}. T^agegen ^aben luir bereitö angebentet, ba^ baö Scienbe nidit nottnenbig alö auögebel)nt gebadet merbcn bürfe. 5lHelIeicl)t mollte Slnavagoras bieö fagen, wenn er feine (Elemente alö
34 3)flS ©eienbe ift unräimiltd^.
iinenbltrf) fleiii bejeid^net; freiließ legt er benfelben bennod) eine ©eftalt unb jiüar eine ücvfc^icbene bei unb nufcf)t fomit boc^ bie 9XnQbef)nnnö ()inein. 3üif bie eif3entlic^en '-ii>ibevfprürf)e aber, bie im ^^ei]nff eineö realen don- tinnnm iic^^cn, niad)te ^nerft ber (Sleat 3cno anfnierffani, luelc^er freiließ wdä) an beni falfc^en 3a^e feftt)ält: ^il>enn baö 3eienbe feine C^irö^c f)at, fo ift eö nic^t. C^3enaner nac^aeunefen umvben bie 'ilsiberf].irüc()e im ßon= tinnnm non i'eibnij nnb ^erbart. Tiiefe faffen ba()or baö Seienbe alö ränmlid) ftreni^ einfach, alö 9J(onaö oI)ne alle !:}(nQbe()nnno. i^eibnij ge^t überall non ber Überjengnnö anö, baf? eö einfache äl^efen (\dmi mnf?, ineil eä 5\nfannncngeiet3te gibt, nnb baf? baö 3iifrt»i'»eiM3i^fe|te ni^tö ift alö eine 2ln()änfnng non Crinfadien. T^eögleidjen bemcrft ^rieö: „2Bir fommen bei bcm 3^0"aii"»eiiö6fe|ten nnr bann anf etroaö an )iä), uienn mir biö anf einfa^e 2:eile surürfgefonnnen finb." Unb anc^ .*i^ant, wmn er einmal non feiner "^Mjxc über bie 3(nfd)annngöformen abfiel)t, befennt, „baö 3"= fanunengefe^te ber 2)inge an fid) felbft mnf5 freilid) anö bem öinfai^en befteben, benn bie 3:eile ntüffen l)ier nor aller 3iif'ii"m*-'iM'et3nng gegeben fein/' ^^nbeffen, menn er fonft nnb nad) feinem 'i>organge J-ic^te nnb bie 3tnl)änger beö tranfcenbentalen ^sbealiömnö, mie 3d)openl)aner nnb ein Teil ber neneren ^^Uiijfiologcn lengnen, bafs nnfere i'Kaumuorftellnngen anf i)a^ 2lbfolnte an fid) an;^nuienben finb, fo baben biefe 'i^eljanptnngen einen anhmx 3ufamnienljang, ber fpäter anf^nmeifen ift (f. 9h-. 73 ff.). Ser eigentliche ^-ragepnnft, ob baö :'){cale anögebelmt fei ober nidjt, unrb uon ibnen überl)anpt uon ber 'Di etapln; fit ancgcfc^loffen.
20. 1)ie le^te ^ragc binfiditlid^ beö Seienben enblid^ ift bie: folgt anö bem ^Segriffe beö Seienben, ob eö ber Seienben mebrere gibt, ober ob mir (iinö ,^n benfcn ift'i*
4)aö abfolnt 3eienbc ift etiuaö nöllig in fic^ 31bgefd)loffeneö nnb 3elbftänbigcö nnb fagt iiber etjuaö, luaö eö felbft nid)t ift, gar nid)tö anö. Tiefer 3at3 luirb uon einer grof^en 9(n?)abl non "^^Ijilofopljen fo gebentet, im 'Begriff beö 5(bfolnten liegt eö, baf5 baö 9\*eale felbft negatine .^c= ftimnumgen erljielte, menn eö etmaö nid)t luäre, loaö anbete 'AUM'on finb. 3el)r frül) l)at fid) in ha^ metapbi)fifd)e Tenfen biefer i^srrtnm eingefd)lic^en, u)cld)en fpäterbin Spinoza mit ben '^i>orten deternüiuitio est negatio auofprad). 9Jian fagt nämlid): lucnn a eine einfad)e abfohlte Onaliti'it bat nnb ebenfo 1) nnb c, jebe aber non ber anberen i)erfd)ieben, fo ift a iierfd)ieben non b unb iierfd)icben non r; a ift alfo nid)t, mao b nnb nid)t luaö c ift; ebenfo ift b nid)t, luaö a nnb nid)t maö c ift n. f. u). ; fo t'omnit in jebeö 'IBefen fo oft eine negatiue '-l^eftimninng binein, alö eö 'iii'HM'en gibt, non benen eö nerfdiieben ift. Wum überfiebt babei, baf? bie 'Jiegation t)icr
2)a3 ©ein unb baS ©eienbe. 35
nic^t eine 33eftimmung beä 9i}efenS felbft ift, fonbern ba^ fie blofe in ber l^orfteUung besjenigen uortianben ift, luelc^cr bie ^Ißefen mit einanber uer= ijleid)t unb fie von einanber unterfc^eibet, unb ber in beni Oiegenftanbe etraaö fuc^t, umö er nicf)t finbet. SBenn man aber fagt, bie 2ßefen unter= fdjeiben fic^, jo ift bamit felbftuerftänblic^ ni(|t eine ^(^ätigfeit ber 2Befen felbft gemeint.*)
Serfetbe S^-rtum liegt ber 93ieinung üon :2eibnig §u ©runbe, als fönnten jmei üöttig gleiche SBefcn nic^t gefonbert für ]iä) befte{)en, fonbern fielen in (Sinö sufammen (principiuui indiscernibilium). ®ieö ift fo menig ber %a{l, ak ^roei matljematifc^^e ^^nnfte, bie boc^ einanber noll^ fommen gleich finb, in 6'in§ 5ufammenf allen, menn man iljnen eine un; beftimmte (S'ntfernnng beilegt.**)
Ob h^n (^leaten bei il)rer nacl)bnicflic^en 33e^anptung non ber ßin^ l)eit beS ©eins f^on äljnlid^e ©rünbe üorgefc^roebt ijaimx, fann nidl)t ent- fd^ieben rnerben. Sie neljmen uorjüglii^ baran 3tnfto^, ba^ bei ber 2lnnal)me einer -))iel)rl)eit oon (Seienben baö eine I)ier unb baö anbere bort fein mü^te, unb mit ben räumli(^en '-^sräbifaten fcE)ien iljnen 9iic^t: Sein in bas Sein l^inein^ufornmen, benn baö, maö f)ier ift, iann nic^t auä) bort fein. Sel)r nal)e gelegt war iljnen bie 9JJ einung, ba^ eä nur ein SeienbeS geben fönne, burd) iljren Sa^, bafe baä Sein felbft baä Seienbe ift, 'i)a'\] alfo baö Sein, b. ^. ber blofse 33egriff beä Seienben bas dicain felbft ift, metd^eö er oorftellt. Scfion 3lriftoteleä bemerft, biefen ^a1^ befämpfenb, bafs, luenn tia^ Sein für baä Seienbe felbft ge; nommen merbe, fo entftelje eine grof3e Sc^inierigfeit, lüie au|er biefem noc^ etmaö anbereö fein foll. -Xenn jebeö anbere itma noä) au^er bem Sein aujuncljuienbe Seienbe uuirbe natürli(^ jeneö juerft angenommene Sein nid^t fein, alfo überl)aupt nic^t fein.
"iöirb biefer Sat^, bafe baä Sein ift, ^hm^ anberö auögebrücft, fo beljauptet er eine ^bentität beä Seinö unb beä 2)enfenä. 3)a§ reine ^enfen, uiclc^eö bttQ abfolutc Sein erfennt, ift nic|tä 9ücf)tige5, feine blo^e SJieinung, ift aber auc^ fein Sein, neben anbercm Sein, benn fonft gäbe eä bereu ja jraei, ift aui^ fein '^räbifot beö Seinö, benn fonft ginge beffen innere (S'inl;eit verloren, eö gäbe Sein unb ^Denfen, fonbern Sein unb "^enfen muffen baöfelbe fein.
*) 3"r SCibertegung bicfeS ©a^e§ bgl. ^crbart 111. 217 f. ^artenftein: bie «Probleme unb ©runble^ren ber 2)Jeta^I;t)fif, 1836, ©. 190 ff. X^ilo: 3t. f. ej. ^1^. 1. ©. 114 f. u. 131. 2)er befonbere ©tnn, in tretd^em ©^)inoja jelbft jenen ©a^ amvanbte, f. 3t. f. e?. ^^. VI. 128 f. **) «perbart HI. 162.
3*
36 (Srünbe für ben a)?ont§mu8.
3n 3Baf)rI)eit nun i[t ber Sa^: baä Sein ift, bnrd^auö falfd^. ^enn 3ein ift ein b(oJ3er begriff, er bejieijt \iä) ftetä auf ein Üi^aö, lueldieö ift, bavf alfo felbft alö etuniö 9ielatioeö nic^t als feienb ober real öefe|t luerben. Öleid)uioIjl ift biefe '^Jieinuuö eine fcljv folöeureic^e für bie Öefd)ii$te ber '|.^l)ilofopl)ie i]cu'orben, ba faft aUe 3)ioniften i()r t)u(bigen.
2lud) ein britter Wvunb für bie 3tnnn()nte nur eines Seieubcn tritt bevcitö im 9Utertuni nullit beutlicf) f)eruov: nänilid) bie ^Jlcinung, jniei ober niel)reve Seienbe fönnten nic^t auf einanbcr u)irten, wenn fie nid)t fc^tie^= lief) ein Seienbeö uniren. T'ioc^eneö von 9ipoÜonin iet;rt: loenn eä nief)rere felbftänbic^e Seicnbe ocibe, fo uinve eö unniöi]lic^, bafe cinä auf baö anbei'c lüirfte, fid) mit iljm mifc^te, g-örberuns^ ober .<oinbernng üon it)m crfiiljrc. 'iöeil nun bie "Platin üderait berartige (Slnuiirtunoeu unb 'Ü>ed)feU lüirfuuöen ^eigt, fo mu^ angenommen luerbcn, bafs alteä, umö ift, im @runbe CS'inä ift, unb baf? baä als oerfc^iebeneö unö gegebene nur manc^ertet ^ar= ftedungen beö Öinen finb. 3hid) 9(riftoteleö gibt biefem Saöe feine auäbrücflid)e 3i'ftnJi"iiiiig.*) ®as gtcii^e betjaiiptet Spinoza: quae res nihil commune inter se babeut, earum una alterius causa esse non potest. ,^n ber ßegenumrt l)at namcntlid^ 2o1^c ben 9)(oniömnS mit biefem ©runbe ju ftü^en üerfui^t, baf^ feine SBec^fehuirfung ftattfinben fönne unter met)reren abfolut feienben Sßefen, fonbern alteö l'eiben unb 'il^irfen nur in einem einljeitlic^en ^llsefen möglich fei.'''*)
Übrigenö ift niemalö ein crnftlid)cr 'i'erfuc^ genurc^t, biefen fo folgen^ rei(^en Sa^ ju beioeifen. (£-r mirb meift tjingcftellt in ber (S'riuartung, baf5 man iljm otjne meitercö ,?,uftinnneu werbe. Ober eä wirb nod) fjiugUgefe^t, bafe alle ä>erfud)e, eine ^Ü>ec^felunr!nng unter gm.ei ober mebreren abfohlten "il^efen begreifli(^ ju mad)cu, gefc^eitert feien unb fc^eitern nntfUen. (Tiarübcr f. 9]r. 43—45.)
Tie erörterten brei örünbe für bie 3(nnat)me eines 3eienben: erftens (leterminatio est negatio ober baS 3eienbe ift nii^t, wenn eS ni(^t alles ift, weil fonft etiuaS märe, loaö baS eine £eienbe n'i^t uuire; zweitens : ^mei ober met^rere Seienbe finb ni^t, wenn fie nid)t Crinö finb, nämlidj luenn fie md)t in bem ^-iicgriffi-' beS Seinö (5inS loären; brittenS: ^luei ober
*) De geu. et corr. I. G: Kai rovt op^wg Xeyei ^ioyivi]g, oti el )j.i} iB ivog i/r ra anavra, oim av ijv ro noieiv uai rb TraÖ^^iv VTc aXX/i\ooy.
**) (Riegen £o^e fö(. 3t. f. ej. %^^. VIII. 38 ff. u. XV. i<:82 ff. u. e tvüiii peK: Ginicitung in bie ^f;tIofopf)ie, IdoO, 3.303 ff. Xegglciciieii l^at iiütt aiid) huxü) obige SBcifc bie Sint;oit olie§ Scicnbcn ju beJueifcti berfuc^t. ®. bajui: ;3<*!)r^*W"^^ be§ herein« für Jxnffcnfc^aftad[)c ^:päbagogif XII. 16.H), 6. 20y u. XIII. 1881, ©. (i.
Unfctc 'Begriffe bom ©eienben. 37
ine()rere Seienbeii föuutcu iiid^t auf ehianbcr luirfeii, lueim fio widjt tiiuö mären, (äffen iiä) ?(Uni 2eil auf einanber 5unicffiU)ren un'D ftanimen ^u- nieift auö bev 'Isenuccfifeluni^ lo(Ufd)er 'ikrtviffe, buri^ u)el(^e mir t)a§> ©eicnbe benfen, mit ben realen -l^erljültniffen felbft, lueldje burd^ jene gebadet luerben. 3" biefen brei nu1apl)i)fif(^en Oiriinben beä ^JJioniöutus gefeiten ftd) bei ben einjelnen T'enfevn noc^ niand)erlei fubjeftiue ':)ieiounöen, meldte baö natürltrf)e Senfen für ben l)coniönniö enipfänglid^ nuic^en.*) Sie ^•l^ertreter beöfelben benu^en balb hm einen, ba(b hm anbern, balb alle biefe ©riinbe, um it)re 3(nfic^t uon ber (i'i'iftens nur eineö ©eienben pi ftü^en.
21. ^Serben nun biefe (^irünbe für nidjtiö erfannt, fo folgt nod) feiueömegö : eö gibt mel)rere Seicnbe, fonbern nur : ber 'ik'griff beä Seienben beftinnnt nic|tä barüber, ob ec nur ein ©eienbeä ober ob eö bereu niet)Tere gibt. Siefe ^rage ^n entf (Reiben, baö Ijängt uoni ('•iegebenen ab, ob biefeä fi^ an^ einer (S'inljeit ober einer ^OJetjrijeit folgerecht ableiten lä^t. Sod) el)e mir baju fortfdjreiten, möge ein 33eben!en ermogen mcrben, loelc^eö leicht bei ber 3(uöeinanberfel3nng beä eeienben fid) cinfi^leic^t. ($0 fann nätnlii^ gefagt merben: 5öiöl;er ift immer nur uoni begriffe beö Seienben bie yiebe gemefen uub ift erörtert luorbeu, mie baö 8eienbe gebadet merben mn^, aber fann man benn I)offen, burc^ biefe ^-Begriffe, felbft menn fie alö ^^egriffe notmenbig fo uub nidit anbcrö ju beftinunen fiub, haä Seienbe felbft, nid^t mie eö gebadet merben niuf^, fonbern mie eö in äßirflid^feit ift, ju erfennen? mo liegt bie iBürgfc^aft, ba^, menn mir unö baö 9ieale fo benfen muffen, eö auc^ fo befc^affen fei? marum foK ha^, maö mat)r= i)aft unb an iiä) ift, fid^ nac^ unferer notmenbigen 'i^orftelIungöart rid^ten? 2)iefe grage fid^ tlar mad^en, f)eif^t au($, fie alö nnbegrünbet ?iUrii(Jmeifen. ®er gragenbe gibt bie entmicfelten 'öeftinnnungen beö Seienben alö not= menbig ju, b. t;. er erfennt an, baf, biefer ^i3egriff auf eine anbere ^iBeife üt)ne ^ißiberfprud^ nid^t gebad)t merben fann; 5U gleid^er 3^'it unternimmt er aber fid) oorj^nftellen, baf; etmaö fei, maö non nnferer notmenbigen 9.sorftelInngöart abmeidlie, er unterninnnt alfo fic^ etmaö ju benfen, maö jn benfen er foeben fi(^ felbft alö unmöglid^ ober miberfprec^enb oerboten Ijatte; er erflärt alfo baö für möglii^, maö er äKn alö unmöglich erfannt f)atte, er nimmt in fein benfen gerabe bie falfd^en Okbanfen auf, bie er alö falfd^ bereitö abgemiefen f)atte, ober mit anberen ÜÖorten, er uerfud^t baö ©eienbe alö baö ,^n=fid^=äßiberfpre(^enbe §u benfen. ßö fommen bie alten
*) ©.barüber D. 'Jlüget: ©ie f^efulatiöe Xl^eologic ber ©egentwart Iritifdj beleud^tet. Sötten, 1888, ©. 5 ff.
38 2)ag ©egebene ift ni^t baS ©eienbe.
Itnßcrcimtljeiten löieber, welche ^n ben fi^oii angeftettten Untcrfu^ungen getrieben ()aben; [ie treiben noi^ einmal, unb man m\\\] ben fc^on betretenen Seg §u bcmfelben ,^kk noc^ einmal geljen.*) Unb um bieö ju uermeiben, ift ber begriff uom Sein unb bem Seienben fo gefafjt, lüie er eben er^ öttert TOorben ift. 'JBer biefe S3egriffe nic^t fo benfen luitt, ber mufe na^- roeifen, baf; fie, anberö gebac^t, nid)t luiberfprcc^enb finb. T^ieä aber, meinen lüir, ift unmöglich. ®§ ift alfo ein für allemal baö '^ebenfen ab: guiueifen, alä machte bie 9J?etapl)üfif fic^ erft ben Segriff üom Sein unb Seienben sure(^t, inenbete bann biefen gemad)ten 33egtiff auf baö mirflii^ ©egebene an, fänbe, ba^ biefeä nid^t ju jenem paf3te, unb fud^te nun biefeä nad) bem gemachten 23egriffe uom Seienben §u berichtigen ; umge!cl;rt muffe ber 33egriff uom Seienben na(^ bem Wegebenen berichtigt werben. 9lllein ber eben erörterte Segriff üom Sein unb bem Seienben ift nidit iinllfür= li(^ gema(i)t, fonbern mu^ notiuenbig fo unb uid)t anbere gebac^t werben, raer i^n anberä benft, ben!t iljn eben nid)t fcliarf. ':pa^t nun biefer Segriff nic^t auf ha^ ©egebene, fo ift meber bas eine noc^ ta^ anbere fo abju; änbern, t>a^ fie ju einanber paffen, fonbern eS ift bie Erinnerung nötig, bafe t>ü^ ©egebene ii)ol)l etraaö ift, waä ni(^t uicl)t ift, aber ha^ eö feineöiuegö auf ber ^anb liegt, ba§ unö ©egebene alö foli^eö fei baä abfolut Seienbe felbft. 3Daö ©egebene ift, aber e§ ift nid^t baä 3Xbfolute. äöäre eg bieö, b. t). fönnte e6 babei fein Seroenben l)aben, bann loürbe man eä auc^ babei ^aben beiiienben laffen, unb eö würbe fii^ nic^t immer oon neuem bie Spefutation in Seroegung gefegt tjaben, baä ©egebene fo §u beuten, wie cö gebac^t werben muffe, um babei fteljen bleiben ju fönnen. 3Bie baä ju benfen fei, bei bem eö fein Sewenben Ijaben fann, niimlic^ baö abfolut Seienbe, ift im Sort)ergel)enben auseinanbev gefegt; je^t erl)ebt fid) bie ?^rage, in welchem .3^M"i"i"^ßi^§^i^^Öt' "^^^ Seienbe unb t^aä ©egebene ju einanber fteljen.
^ttfammcttßattg jwift^ett bem ^e'unhen ixnb bem ^egeBeitett.
22. Xk bieljerigen 3iuöeinanberfe^ungeii über hai Seienbe waren rein f)ppotf)etifd)er 2trt, fie 5eigten uämlic^: wenn etwaö alä abfolut feienb
*) «gl. ^erbart I. 221 ff. u. ^artenftein, a.a.O. 506: „Sßenn man be= j(tüetfelt, ob etwas fo fei, Une irir e8 nic^t ettoa blof; finnlid» öorjufteßcn, fonbern ju benlen genötigt finb, fo l^eifit bic§ mit anbeten ißorten: man bejineifelt, ob iüir ethjaä fo benfen muffen, lüie trtr e§ benfen muffen. ®§ gibt ja fein anbete? HJlctfmoI ber ^Jiöglid^feit, aI8 bie 35enfbatfeit, unb fein anbetet bittet bct aLUrflid^; feit, al« bie Olotmcnbigfeit, un§ bie ©a4e al« tt?irflici^ i^u benfen." ^f'lf'^- ®^'- l^uijU bet bcutfc^cn ^^ilofo))^ie feit Seibnij, 1873, ©.585.
25a8 ©egebene ift bebinßt burrfi ba« Slbfohite. 39
an,?iiiiu'l)inen ift, fo iiuif? bieö fo c^'^ad)t mcrbcn, iinc mir eö biöf)er erörtert ijabm. "Tiun ift eö bie ^yrage: iinif? beim in ber i:ijnt etiuaä alö nbfolul feicnb i^efe^t ßeiuerben? ^er Iserfud), ni(^tö jii fc^eii, (jebt fid) felbft auf, benn ctiuaö ift i^cöebeit niib maä)t 3{nfprud), für ein Seienbeö c;ienüinmcn ju luerbcn. -3)00 ©eßebene ift nid)tö 'Jiic^ts, foiiberu jebenfallö (5rfrf)einuun. CS-tmaö muft bemnac^ alö feienb lU'fet^t loerben, benn mmn 'OJic^tö märe, feilte and) ^)tid)tC) erfc^einen. "ii^Min alfo etiuaö erfd)eint, fo muf? awä) etmaö alo feienb ^efelst merben, nnb menn etunxö alö feienb l^]^i<i^t merben nuif5, fo mnn au($ etmaö alö abfolut feienb ö'-'Kfet merben: benn nur ^Jielatiüeö ober '^ebin^teö fe^en, l^eifet, ni($tö fe^en ('Jh'. 13).
(£ö ift (Sin nnb baöfelbe, baö begebene für mirflic^ erflnren, nnb haä, maö baö (s3egebene f^lief^lic^ bebingt, alö abfohtt feienb fe^en. ^'arunt ift eö benn auc^ unter ben "^ysljilofopljcn nienialö eine ?^rage c^emefen, ob etmaö abfolut gefegt merben nuiffe, fonbern alle l;aben oi)ne meitereö etmaö alö abfolut Seienbeö uorauögcfe^t. dlnx barüber finb bie 9Jfeinuni]en auöeinanber iiecsangen, mie ha^ 3(bfolute ^u beuten fei unb maö alö abfolut gefegt luerben nuiffe. .^^öierbei ift eö allerbingö oft oorgefoninien, baf3 man baö angeblid^ 3(bfolnte in lauter relatiue ^ik>ftimmunöen auf= öeljen ließ.
^ei 'öetrac^tuuö beö C^egebenen entftel)t alfo notmenbio ber Öebanfc an boö Sein, ha^ (>k^dmu felbft aber alö (STJi^einnug fann M^ 3eienbe im ftrengcn 3inne nid^t fein, eö uerlangt bemnac^ alö feine -öebingnuß etmaö, maö abfolut ift. ^iefeö Stbfolnte mufj fällig fein, bem ©egebenen ;\ur (5-rflärung ^u bienen, i)Q\m nur allein barum, -weil ha^ le^tcre für fic^ genommen nid)t begrifflich miberfprndjcfrci luar, mufete erftereö yorauö; gefegt merben.
23. äßie nun baö abfolut Seienbe ju benfen ift, ift bereitö oben (Dir. 13—20) auöeinanber gefegt; an biefen 33eftimmungen barf na($trägtic^ ni(^tö mef)r geänbert merben, etma in ber 3(bfic^t, ha^ begebene rec^t leidet \>axam ableiten ju fönnen. I^ie Slufgabe ift je^t, einmal baö Seienbe im obigen 3inne feftäubalten , unb eö anbererfeitö fo §u faffen, ha^ eö ben (S-rflärungögrunb für t)a^:> begebene abgibt. .<Qier ijat man junäd^ft nur bie ^ilsaljl jmifi^en jmeierlei, nänilic^ ha^ Seienbe entmeber alö Öinö ober in ber 9JJcl)rjat;l anjimeljmen. äl^ir fallen frül)er (9ir. 20), biefe ^rage fonnte nic^t auö bem Segriffe beö Seienben (jeranö beantmortet merben, begrifflich läftt ]\(i) cbenfomol)l ein Seienbeö alö beren meljrere benfen. Xk CrntfcEieibung Ijängt oielmeljr lebiglic^ baüon ab, meldje ber beiben he-- grifflic^ gleii^ mögli(^en älnna^men geeigneter fei, baö mirflid) ©egebene ju erflären.
40 TOontSmuS ber ©teaten.
prüfen iiiiv ^unädift bte erfte 2(nnal)me: cö merbe mit ein ©eienbcö norauögefc^t, unb biefeö ®iue luerbe fo t^cbai^t, mie cä a(ä abfolut ©eienbeö notiucnbig oebad)t werben mu^, niiniU^ alä fc^Iec^ttjin einfach unb un= neräubcrlicf), fo tft e§ burd)aus unmögUc^, am bie[ein Seienben bie Matnx, fo lüie fie öcgeben ift, alö ein Spieles, 3}(anni!ifa(tiocö unb 'Iseränberlid^cs, folgeridjtio abjutciten. 2luä bem (Sinen fann nichts roetben. ©oU cttoaö barauö unb ^luar allein aus il)m inerben, fo ift eä entiueber nii^t alö ein ©eienbeö, fonbern alö ein abfolut ^löerbenbeö ober nic^t als (Sins, fonbern als eine 'JJJel)rl)eit gebaut. 9Ius bem (Sinen an fid) folgt nirf)ts.
24. I)ieS flar crfannt unb barum ein für allemal jebe Slaturerflärung aus bem einen 3lbfoluten abgeroiefen 5U Ijaimx, ift eine ber ^ernorragenbften (Sigentümlii^feiten ber (Sleaten. 3)aS ©egebene brai^te bei iiinen junäc^ft allgemeinen 3uieifel (Xenop^aneS), bann ein entf^iebeneä 33erroerfen aller Gn-fal)rung Ijeroor, bie man nur etiua ^um ©piel in eine georbnete :3)arftellung bringen fann, mie ber ^i^ter einen nujtbologifc^en Stoff aus= fcl)mücft*) C:parmcnibes). Gnblid^ geigte S^no, bie (grfal)rung felbft fei in fi($ ungereimt unb unbenfbar unb üerrate fii^ gang offenbar als leere 2äufc^ung. ^^parmenibes fuclite bie (Sjiftenj bes öinen, Sn\o bie 3üc^t:=(i'j:iften5 beS ä>ielen feftguftellen.
(Sine anbere Stellung jum (begebenen als eine gän5li(^e ^^ergic^t^ leiftung, eS ju erflären, fann man aucf) fonfequenter 2Beife nid^t ein= netjmen,**) nienn einmal ber 50ionismus, b. l). bie a>orausfefeung nur eines Seienben, unb jum anbern ber mabre 'i^egriff beS Seienben feft= geljalten merben foll. -Me anberen 9Jioniften benfen l}ier meniger fctiarf, als bie (Sieaten, benn jene neljuien \)m i^egriff beS abfohlten äßerbens ju .^ilfe, um aus bem urfprünglic^ einen 3tbfoluten bie SBelt mit il^rer ^JJJannigfaltigfeit abzuleiten. :i^amit mirb jcboc^ ber 'begriff beS Seins aufgegeben, man oerfällt in bereits abgeiuiefene 'iBiberfprüd)e unb erflärt baS Wegebene auf miberfprec^enbe äl^eife, b. l). nmn erflärt es gar ntd)t. Xenn unberfpred)enbe Grflärnngcn finb im Wrunbe nidits anbereS als ein ^^er3iid)tleiften auf (S-rflärung, nur baf^ mau fic^ unb anbere. mit einer S ^einerf lär ung taufest. * '' '^)
*) Sßcim gteid^tro^I ^ßavmcntHS noc^ f intime foSmoIogifc^e Seigren t'ortnttt, betten äufolge jmei (Elemente, ba^ äßarmc unb ba§ ilalte (ober geuer unb ©rbe), ,^ur Silbung ber SBett t^ättg gehjefen finb, fo gefc^ie^t ba« bo* nur, inbcm er an^brüd: [td^ ^injufe^t, baö fei nid;t ©egenftanb beg 55?iffen§, fonbern nur ber 5Jleinung unb nickte; aI8 3Bortfc^inud.
**) eth?aö ^Ji^nlidje« tocrfuc^t neucrbing« ©pir: f. 3t. f. tjc- ^^^- IX. 218. ***) 5Wit ben anbern moniftifc^en ©tjftemen, bie gen^ot^nlid^ alg ?ßant^ti«mu« verlaufen, barf man bieöleaten nid^t jufammcnfleflen. I)iefc njerben frcilid; auc^
3lii§ bem ®imn folgt nid^t bie 33ien;eit. 41
25. 9hm ift eö aber mä)t 3a(^e t>eö 'ikUcbens, ob mau auf ade 9taturevnäruuii uer5i($teu unll ober uic^t. ^ie uietapljijfifi^e ©pefulatiou barf barauf md)t uer^ii^teu, l)eute, luo bie X^atfad^eu bei meiteui uieljr öcfj^^iift füib, a(ö uorbem, uod^ üiet lüeuiger, alö fouft. 'ißoQte fie barauf uerjii^teu, fo öäbe fie fid^ f eiber auf, benn fie ßel)t ja if)rer 33e^ ftiuiuuutö uad^ lebißlic^ auf am u)iberfpruci)öfreie 9^iturerf(äruuö auä, ju biefent ^^mcdt allein roarb bie 3tunat)nie beä 6eieuben geuiad^t. aSäre biefe 3luua()me oon ber 3(rt, baft fie baö 03eoebcne uic^t nur nic^t begreife lic^, fonbern gerabeju unbcj^reifli^ ma(^te, fo utüf5te fii^ irgenbroo ein ^el)(er in bie ^Isorauäfelungen eiuncfcfilic^eu i)aben.
äßaä mad)te benn nun 'i)tn (Sieaten bie 9Jatur fo unbenreiflic^? ^ieö, baf3 iljuen ha^ ©eieube einä unb uuueränberlid^ war, bie 9ktur aber 9)ianuigfaltig!eit unb ^Iseräuberlic^feit barbot. (Sinä üon beiben mu^te atfo geleugnet werben, ^efinuen luir unä auf beu 3luggangöpunft ber uietapl)i)fifc^en Spefulation, fo tonnen mir nic^t mit hen ©leaten bie 93iannigfaltigfeit unb 33eränberlicl)feit ber 9iatur in 3lbrebe ftellen, benn wenn unfere 2(nfc^auung ber Scatur auc^ nur auf bem alterflüdjtigften Scheine beruljt, fo ift fie bod^ gerabe fo unb ni^t anberö tl)atfäc^U(^ ge= geben. (Sbenfoiuenig aber läf^t fid^ an ber Uuueränberlic^feit beä Seieuben etumä abbingen; rütteln mir an biefem 'begriffe, fo uenuideln mir uns fofort in bie befanuten Sßiberfpriu^e beö abfqluten äßerbenö. (Sä bleibt alfo nur einö übrig, nämlic^ bie uorauögefe^te (Sinljeit aufzugeben, ni^t bie (Sinl)eit im Seienben felbft, fonbern bie 9}teinuug, alä !i3nne eä über= tjaupt nur ein ©eienbeä geben.
äi>ir bemerften bereite frül)er (f. i)h-. 20), ba^ biefe le^tere 3Iufic^t feineä= megö eine notmenbige fei, bafe bie (Sntfd^eibung ber grage, ob nur ein Seienbeö ober bereu met)rere an5unct)uten finb, allein bauon abl)änge, melcf)e ""isorauöfe^ung geeigneter fei, bie 9tatur miberfpruc^äfrei 5u erfläreu. 2)a )i6) ber a)(oniämuä, b. t). bie 3(nnal)me eineä Seienben, nun alö uöliig unfäl)ig jur (i'rflärung ber 9iatur gezeigt Ijat, fo finb mir genötigt, uon hen bcibeu an fid) begrifflii^ gleic^möglic^cu 9(ufi(^teu ben '^^pluraliämuö, b. l). bie 'i^orauöfe^ung uieler 3eienben al§ bie einzig annel)mbare ^u mäl)len, Ijingegen \)^n 9}fonismuö gänjilid^ unb für innner ab^umeifen. 3(uä bem maljrljaft CSinen, fügte :^eucipp, mirb nie :isieleä, auö bem mal)rt;aft
oft genug aH ^antf^eiften bejeic^net. Staein mit bem ^antl^eigmug tiaben fie nur ben iDioni^mu« gemein, burd^aug aber nic^t bie (gntnndtetungen ©otteg jur SBelt. I)a^er fann ^infic^tlic^ ber ®Ieaten bon ^^ant^ei^mug nur mit fe^r er^ebfid^en ©infd^ränhmgen bie 5Rebe fein. 2(uf;erbem nennt '•^ arme uibe«, ber $auj)tüertreter ber ffileaten, iai eine ©eienbe nie 0ott.
42 ^tjt^agoreer.
^^ielen nie (Sinö. ^sieleö ift aber gegeben, ai)o nuif; ein urfprüngUd^ 'Isicleö §u C'kunbe gelcat luerben.
(So l)at fic^ nnö bcnn ergeben: 'lUeleö ift, unb biefeö ä.Me(e mu^ bie Urfac^c bcr gegebenen ^3iatur fein, jebeö biefer llUelen ift ein Seienbeö im ftrengen Sinne, einfai^ nnb iinüeränbcrlid). ii>ie nun ber 9Jioniöninö bei Sijfteme uoni abfohlten 'iiserben nor bie aiufgabc gefteKt mar, baö begebene an^ bem glei(^mäf5igen äöerben, bie tbatfäc^ücfie :iUeU)eit auö ber (Sinljcit, baö Cüinjelne anö bem Öanjen jn erflärcn, fo ift es bie iHufgabe beö ^^MuraUömnö, baö t^atfäc^li^ gegebene liiWrben auö bem Sein, baö C^ianje am bem CSin^cinen abzuleiten. äBirb bieö gelingend ^aö merben bie jtun folgenben 'iscrfuct)e le{;ren.
26. (So ift n)o(;( natür(i(^, baf? man fic^ ^uerft unter bem ©egcbenen umfiebt, ob nic^t uie(leid)t menigftenö einigeö barunter alö ein abfolut Seienbeö angefeljcn merben fönne. 5Bei ben nmuiügfacben 'iWrfud)cn, no^ innert)a(b beö (sjcgebenen ju hQW mecf)felnbeu ei-rfd)eiinuigen baö 33(eibenbe, ^\{ bem ^ii>erbenben baö Seienbe aufjufinben, trat fc^ou feljr frül}^eitig bie 33emer!ung beruor, ha\^ eö gemiffe begriffe gibt, meli^e fid^ immer gleich bleiben unb feftfteljen, wäbreub bie ^inge, auf meiere )k )iä) belieben, bem äl^erf)fel initeruiorfeu finb. ^ie erften 'begriffe, bie fic^ alö feft unb un= abänberlid) berauögebilbet l^atteu, maren bie ^ttljlci^^^föi'iff^- -i^i^ie f(^ienen megen il)rer Unüeränberlid)feit bem lOabreu '-Begriffe oom Sein am näd^ften ju fommen. ^ieö beftimmte bie älteren ':}.h)tbagoreer ju ber '^el)auptung, bie Ballen feien ber eigentliche Ojrunb, haö W^WV ber IDinge, bie ©inge felbft feien (^iadiabmungen non) Labien, biefe hai Seienbe. aitlein eö moUte nic^t gelingen, auf biefe ^ablenbcgriffe, fo febr ifjuen au^ üor anbcren ber 'i^orjug einer großen ä3eftinuutbeit jufonnnt, bie ganje 'OJfannigfaltigfeit ber lS-rfcl)einungen .^urücf^ufübren. ^eötialb nebmen anä) bie fpäteren '^Nijtbagoreer ju anberiueitigen 4)eutungen unb :i)eutcleien it)re 3wf^iicl)t.
27. :i)aö I5igentümlid)c ber pi)tbagoreifd)cn HcetapbbUf Hegt in ber 2Inficbt, M^ bie 3at)len an unb für fic^, fei eö in, fei eö auf^er ben },äi)U baren ^Tingen finb. ^l^erglic^cu mit bicfen feftbeftimmten, unmanbclbaren matt)cmatifd)en ^Begriffen, fc^eiuen bie mirflicbeu ^inge nur alö 3iac^= a()mungen bcrfelben. 3(t)men bie Sinnenbiugc nun aber blof? Ojröftenbcgriffe md)'^ Öibt CO nic^t noc^ böb^rc unb fd)önerc 'JJhifter'^ Xax\ man bie
5ßrato8 Qbeenle^re. 43
pi)tl)artoreif(^c Seigre oon öer ^teoütät ber 3tt()lenbeöviffc nic^t auf a((c O5attuu0Sbcöriffe cnucitern? lii^eröen Mefe Jyraöcn bcjnljt, fo erijält man ben Stanbpunft "^^latoö in ber .^beeuleljre. 2)ie 3)inöe finb bem im^ bcflvcif liefen 'Il^ei^lel IjinöCrtcbcn: baö '-liHiffer ift jc^t fU'iffiö, bann feft, lüenn es gefriert, ober luftarti(^, lueun eä oerbninpft. (>5eiiHiI)ulic^ nintint man I)ier äBaffer alö ben i^bauptbeöriff, atö baö M(ak\ alö baö Subjeft, welchem bie ücrfd^iebeneu (S-itUMtfc^aften alö '^U'äbifate beirtcle.qt merben. T>tefe lüe^feln, faßt mau, jeneö bel)arrt, allein babur(^ luirb (jleic^mol)! baö ^inß jelbft, inel^eö feine 'Diatur eben in feinen (Sirtenfi^aften ^eigt, in iicn 'Äecl)fel unb bamit in baö 5{i^t-'feienbe Ijinein gejoßen. (So Ijinbert nun nic^tö, haä, lüaö bie öeuiöljnlii^e Uteinunö ^^^ '^^^^ ijauptbeflriff unb alö \)aä dkak anfiel)!, ^uni '^räbifate, unb baö, luaö ber Sprachgebrauch alö ^^räbifat I)inftetlt, jum Subjeft unb jum 9iealen ^u ma^en. ©0 gut, iine ii^ fagen knn: flüffigeö 'iöaffer, barf ic^ auc^ fagen: luäfferiße ji^lüffigfeit. ^amit geiüinnt man ben 'i^orteil, baJ3 man in ber Sefd)affenl;eit etiuaö Unoeränber; lic^eö erl)ält unb biefeö ^um iRealen mac^t, baö 'Jßec^felnbe aber ni(^t alö baö 3teale anfiel)!, fonbern alö baö Stic^t-feienbe, auf welc^eö meljrere ^e-- fc^affen^eüen belogen merben fönnen. !Die ^ef(^affenl)ei! },. 33. beö glüffigen fann auf 'oa^ 'il>affer, auf äßein, auf 331u! u. f. lu. belogen werben, ebenfo baö ^eftc auf CSiö, auf ©leine n. f. m. ^ie '-öefci^affentiei! alö foli^e bleib! überall biefelbe, ha'ä Jylüffige bleib! flüffig, uou uielc^ev ^-lüffigfei! eö and) auögefag! iwerben mag. hingegen baö, maö bie geiuöl)nli(^e 'JJc einung für baö y^leale f)äl!, unb morauf unler anbern bie eine iöefc^affenljei! belogen n)irb, if! oeränberlirf), ^eig! fid) balb fo, balb aiiberö, luäljrenb bie ^ilef(^affen= f)eit felbft, loögelöft uon ben X)ingen, an benen fie beobact)!e! luirb, fid^ felbft gleich bleib!. Saö alfo, luaö §. '^. alle AÜifUöf'^il»''» }Uci(i) ^i"b ge^ meinfam l)aben, ha^ ^^^^i'iw 0I0 folc^eö, uerbien! uiel eljer abfolu! gefe^! ju loerben, alö bie einzelne befonbere ?^lüffigfei!. Sobalb aber bie all: gemeinen, meil feflfleljenben begriffe alö baö Seienbe angcfetien merben, bürfen fie nict)! mel)r "präbifate ober (Sigenfc^aflen ^eif5en, benn eö ift fein realer (^iegenftanb mel)r alö feienb uorlianben, uielc^er fo befc^affen märe. ^ie ^igenf(^af!en luerben uielmel^r felbflänbig, bie Slbjefüua ^u Subfianliuen, fie t)ei^en ^^een (^^efc^affenljeüen). ?Kein, felbftänbig, unoeränberlid^ bleiben fie alö baö eigentlich 'ii^al^re unb ©eienbe jurücf, maö uon ben Thingen felbft nur unoolltommen nad)geal)mt mirb. .s^ebt man alfo auö bem mit üerfcl)tebenen @igenfd)af!en gleid^?iei!ig ober nad^einanber bebafielen einzelnen Xinge beffen einzelne iöefc^affenljeüen Ijerauö, fül)r! biefe auf iljrc ollgemeinen 'begriffe ,?,urücf, fo ift jeber berfelben nur einnutl r>ort)anbcn, !ann jebo^ auf üiele Dinge belogen merben unb ftellt baö bar, maö '^Uato
44 583iber|^)rüci^e ber ^f^'^fuff'^f«-
eine ^bee nannte. T)ie iinrfUc^ ßcöebcnen, yeränbevUc^cn ^^ingc finb nici^t baö Üteale, fte fliegen bie :;^3been, baö wdjrljaft ©cicnbe nur barjuftellen ober nai^sunfjmcn, finb baö3ii(i)t=feienbe ober melmel)r bas jiuifcfjcn Sein unb 9^ic^t = Sein S^iuebcnbe, bnDon cö nid^t ein 'Biffeu, jonbevn nur eine ^)JJeinung ßibt (9tr. 13, 3tnm.).
Stuf biefe äBcife ölnubte '^lato baö ©eienbe für immer uom :ißerben befreit §u ijaimi. 'Jhir bie ^^been finb, benn fic finb unöerönberlic^ baö, roaö fie finb, jebe felbftänbig für fid).
2lEein bie Selbfiäubigfeit ber ^been ftellte fid) batb alö triigerifc^ fjeraus. !I)enn, gibt eö foüiel ^been, alö cö allgemeine begriffe gibt, unb bejeid^net jeber berfelben eine ^bee, fo ftet)cn biefe .^beeu in benfelben ^^er= l)ältniffen ber Über: unb Unterorbnung, fur^,, ber gegenfeitigen SXbl)ängig= feit, toie jene begriffe; ja einige bejeic^nen überljaupt nid)tö, alö ein §8er; Ijältniö, alfo eine ^Jielation, roie 5. ^. bie 3bee beä ©leieren. So verlieren bie 3been ein loefentlic^eö SJierfmal beö Seienben, bie Selbftänbigfeit ober Stbfolut^eit. T'ieö tritt uod) mel)r l)ernor, raenn uon ben ^been gefagt löirb, fie finb nur, fofern fie 3^eil tiaben an ber ^bee beä ©eins, ober bie ^bee beö föuteu fei bie Urfad^e ber anbern ^been. §ätte ^Uato mit biefer 3^sorftellung (i;rnft gemad^t, fo würbe gerabeju allen ^been aufeer ber beä 05uten bas abfohlte Sein abgefproc^en, iljuen nur ein relatiueö, be^ bingtes gelaffen, unb in bie '^sbeeniuelt fclbft baö äi^erben unb baö Ci'ntftel)en einbringen. 'Mr befänben unö loieber auf ber 33al)n beö -yioniömnö: als le^teö abfolutes 9iealeö bliebe allein bie ^bce beö Oiuten übrig, ja auc^ biefe nertrügc bie abfohlte '^sofition uic^t, benn ik müfete fonfequenter 2Beife alö Urfaclie, alö mirfenbeö ^^irin.^ip unb jmar urfprüngUc^ alö folc^eö gebadet luerbcn.
Xod:) menn man auc^ uon biefcn Sc^mierigfeiten , in welche ^^lato )iä) oeriüicfelt unb ^ie er fic^ felbft nid)t üoüfommen uerbeuthc^t l)at, ab- fe^en mollte, eö bleiben uoc^ anbere Sc^unerigteiten in ber .öauptfad^e, nämlid^ toie benn nun baö ©egcbene an^ ben alö abfohit feienb an= genommenen l^been folgen foll. ^lai^bem auö bem Wegcbeneu alle ^^e; f(^affent)eiten abgezogen unb alö blof?c 3lbbilber ber ^hccn bejeirf)net luaren, blieb alö 3:räger biefer Slbbilber etioao übrig, loaö felbft feine Crigenfc^aften mel)r batte, iool)l aber fällig mar, jebe (Sigenfdiaft anjune^men. Siefe qualitätölofe ^Jtaterie foUte ber Si^ beö SBerbenö nub beö 9Bec^felö fein, benn biefer ift gegeben unb barf nic^t auö htn ^been abgeleitet werben. X'ofe ein folc^eö Gtioaö, loelc^eö alleö beftimmte nic^t ift, nic^t fein fann, entging ^lato feineömegö, ber ja ben riclitigcn 33egriff 00m ©ein befafe. Statt eö inbcö ganj bei Seite ju laffen, bejeic^nete er eö mo^l alö ta^
2)ie S^een unb baS ©egebcne. 45
9^ic^t=3eienbe, aber tioc^ eirtcntlid) aU ein ^luifc^cii ©ein unb 9U(^t;6ein in bev ^^Jlitte Stefienbeä, alö blo^eä Dbjeft ber ^Dieinuuö, md)t boö Denfenö. T'aä ©egebene machte feine 3(nfpriic^e, als ein dt^ak^ anßefeijen ju werben, jn fel)r geltenb, fo baft iv^enb etiuaö ßefe^t luerben ntuf3te, an lu etilem baä abfohlt Seienbe, bie '^^een, erfc^ienen, unb luelc^eä bod^ SUßleid; bie ^been nid^t rein, fonbern buri^ hm ber 3}laterie eigenen Sßerfjfei getrübt jur (£n-fdjeinung brai^te.
9luä biefetn ;öe(]riffe ber 9Jiaterie cx(},ah fid) eine neue ©d^wierigfeit. \$e%t ftanbeu bie ^beeti auf ber einen ©eite, auf ber anbern bie 3)iaterie. Saä beftinnnte nun bie ältaterie, bie ^hezn absubilben, ober bie l^been, in bie 9)(aterie ein5Uöcl)en? 35on ber ^Jkterie fonnte biefeä Streben nid)t auööel)en, fie ift ja ot^ne alle Kraft; üon hm ^been aud^ nic^t, benn fie fteHen baä rein Seienbe bar, unb biefeö l)ai hin (Streben, fein S^serlangen nad^ etiuaö, maä eä fetbft nid^t ift, eö ift fid) felbft genug ; wirfenbe Kräfte an benifelben an^unebnien, t)ätte eä mit beni äßerben be()aftet. So ftef)en hmn bie '^heen gan5 niüfeig ba unb ]inh nid)t im ftanbe, baö ©egebene 5U erftären, ju luelc^em ^medc hoä) alleö Seicnbe angenommen mirb. Genfer, meldte ben ^^egriff beä Seienben weniger feftfialten, mie 3. 58. 2lriftote(eö, ijeifen f)ier bamit, bie I^been fetbft alä bie Urf ad)en, aU rairfenbe '•^Uinsipien ju betrachten, unb anä) '■^Uato ]n6)t uio{)( mit einem äljnlic^en ©ebanfen*') ober ^öilbe ju Ijelfen, nämlid^ bie 3t»cen fpiegetten fid) in ber ^3J?aterie ab, o()ne uon ifirer Seite eine 'iisirffamfeit auöjuüben. 3m STimäuS aber fi^eint er feinen anbern Sluöioeg gemußt ju traben, a(ä fid) auf ©Ott ju berufen, meli^er, auf bie 3^een blicfenb, bie luirflid^en ^inge auä ber SDiaterie bilbete. ^nbeffen erfennt ^lato felbft bie tSin= fiif)rung ber 9}taterie unb beö S^öpferö in haii Syftem ber ;3been alä ■Jlotbe^elfe ; auf biefc 33egriffe be5)iel)e fid) nid)t baö (S'rfennen ober Sßiffen, fonbern baö "lOJeineu, t)ingcgen bie „""^been werben begrifflii^ erfannt, fie finb, benn wa^ erfannt wirb, fann nid)t 9tid^tö fein.
S)er ltnterfd)ieb, wcii^en t)ier ''^^lato nac^ beut ^nn-gange ber (^ieaten ?iwifd6en äöiffen unb ©lauben \naä)t, beru()t auf bem ber ganzen alten '!p()itofopt)ie eigenen naiuen Sfealiönuiö. ^Jiad) il)m ift baö (S-rtennen ein 'i(bbilben ber Thinge, ^e nad) ber 'iHn-fd)iebenl)eit ber Icljteru nuif? fid) alfo bie ©rfenntuiö rid)ten. ^oUfonunen beutUd), b. l). ol)ne '^lUberfprud) in fic^ felbft, fann nur bie Grtenntniö beffen fein, waö aud^ in fidb wiber= |prucf)5loö ift, alfo beö wal)rl)aft Seienben. Unb umgefel)rt, wouon id^
*) über bie beiben Siafogen ^acmenibeä imb Sop^ifte^ xuib i^re ju 3lriftotere§ neigcnbe Sbeenle^re f. 3t. f. ej;. ^i). XII. 9 ff.
46 aBiffen unb ©tauben.
eine loa^t^aft tmberfpru($öfteie @r!enntmö l^abe, baä mit^ audf) (Setenbc§ fein, äöoüon ic^ aber nur eine bunf(e (Stfenutniö l;abe, a\\^ roeldier eö mir md)t gcliuöt, bic 3Biberfprü(!)e ju entfernen, baö tft anc^ fetbft in=fi(|= unbcrfprecfienb, ift atfo ni(^t ha^ Seienbe, fonbern baö äi>erbenbe, baö 58er= änberlid^e, bie 9)faterie. Unb enblid), luonon )\d) übert)anpt (\ax feine (^rfenntniö benfen Üifet, baö ift anc^ nberljaupt nirf)t. ®aö 9ü(^t:©ein fann ni^t erfannt werben. 9Ilfo baö, luaö snnfd)eu beni liegt, inaö raatir; i;aft erfannt iinrb (bem Seienben) nnb bem, luaö über^anpt niä)t erfannt TOirb (bem 9ii(^t = Seienben), ift gar fein (Seienbeö, aber auc^ fein 9Ji(^t= Seienbeö, fonbern etiüaö, waö ^inifi^cn beiben fc^uicbt, ein jj.?) ov. 5Jiit biefen Unterfcf)eibnngen Ratten nnn ^mar bie (Steatcii unb '^lato bie 2tufgabe ber ^s()iIofüpf)ie infofern ri^tig beftimmt, alö fie fic^ ni^t mit einem bloßen itceincn ober einer bnnflen Cirfcnntniö begnügen barf, fonbern auf ein äßiffen, ein in fic^ luiberfpruc^öfreieö CE'rfennen gerietet fein mufs, nnb ferner, baf5 hai ^löerbcnbe alö foli^eö nid)t a(Q miberfprudjöfrei aufgefafjt werben fann, aber biefe nntcrfrf)eibung biente bod) gugleid) baju, baö unffenfcl)aftUdje C-jemiffen Ijinfic^tlid) ber 9)iaterie alö beö /xrf ov nur §u leicht ju bcrnt)igen. Dian glaubte genug getl^an ju ^abcn, menu man baö ^Ißiberfprei^cnbe uon bem ftrengen 9isiffen abgefonbert batte, unb geroöl)nte fid) barau, beu ^ii>iberfpru(^ in bem ©egcbcneu, in ber luirflii^en ^ii>elt, ^n ertragen. 'il>cil eo biöbcr nld)t gelungen war, baö wirflid) We= gebene wiberfpru(^öfrei ju benfen, fo nunnte nmn, baö föune überl)aupt nic^t gelingen, uon bem 'i^eränberlidieu fei überl)aupt fein etgeutlid^CG ©iffeu möglid), ba muffe nuiu fid) mit blof5er Weinung begnügen unb fönne fid) ungeftört ber '^U)autafie Eingeben. Unb fo entfernte man )iö:) aUmä()lid) ganj unb gar uon ber cigentlid)cn Stufgabe ber 9{aturpbilofopI)ie, ber ju= nä(^ft gar nicbtö anbereö obliegt, alö eben 'i)a^ begebene, ha^ -I^eränber; li^e, bie 93iaterie, wiberfprudiötoö ju begreifen, ober auö bem 8eienben baö begebene, baö 'Ii>erben abzuleiten. Gelingt bieö uid)t, fo ift eben bie ganze Spefulation binficbtlid) beö Seienben nergeblic^. T^ieö jeigt fid) auc^ bei Slriftoteleö.
28. Terfelbe teilt im allgenuniu'n bie 3tnfiditen '^Uatoö binfid)tlid) ber ::)Jtatevie, beo "ik^griffö nom Seienben, unb binfic^tlid) tieffen, worauf biefer bejogen wirb, ber ,>been. ^er 'iU\]rtff ber ^Jiaterie wirb bier nod) auöfül)rlid)er beftinnnt alö "i^a^i Unbeftinuute, weld)eö fäl)ig ift, im allgemeinen wenigftenö alleö ^i^eftinunte zu iiierben, alö Siti ber ©egenfä^e von 9iafe unb Xrocfen, oon .Hall unb äöarm ober ^ener, l'uft, 'ii>affer, (i'rbe, alö §erb ber innänberung, werbe fie nun alö Gntfteben ober ^i^ergel)en, alö "i^ermebrung ober 'l^erminberuug, alö Crtöwei^fel ober aUj qualitative Unu
3)te fjormen be? 2triftotelc8. 47
tüartbUing ßebac^t. 33ei bcin aUen aber ift bie ^^hterie mä)i abfolutcä •iöerben in bem Sinuc, baf? am ii)r bie unr!lid)eu :Dinge unb (Srfdjcinuußen won fclbft folrtteu, foiibcvn bie 3)iaterie ift bieö attes nur potentiell, nur bev ^)}iöö(id)feit narf), luenn noc^ etinas anbereä t)iusnfonnnt. .^infic^ttid) beä Jöeöriffeö oom Sein fd^webt beni 31 viftote teä aufäufllic^ etiun tia^- felbe nor, alö uia§ eö bie ©Uatcn unb '•^Uato gebac^t (jatten, eö fott einfach, qualitatiü beftiunut, iiö:} felbft gleid), uuüeränberlic^ fein, i^b^n baruni tonnte er M^i begebene a(ö fol(^eö niegen beffen Unbeftänbigfeit nirf)t a(ä bttö iüat)ri)aft 3eienbe aufet)cn, fonbevn bejog baö Sein auf baä, luaö baö ^ing eigentlich feiner 3catur nac^ fei, auf baö, luaä er im Sinne ''^latoö eine ^bee ober ^orni nannte. 3i>enn anc^ ber ^^eg p biefen "^htiw ober /V'-''i"'ii^'i^ inib bereu näfjere ^i^eftinunung anberä alö bei ^^(ato ift, fo trifft älriftoteles boc^ ber ^auptfac^e nac^ mit i()m 5)Ufammen, inbem ha'^j eigentliche 'ißefeu ber ^inge in bereu 33egriff, nid)t in ben al(= gemeinen, luie bei ^^lato, fonbern in ben inbiuibnellen gefegt unb für jebeö ^ing ober ä^ert)ältuiö eine bcftimmte ^bee ober )^orm angenommen mirb.
3)ie eigentliche begriffliche 'Ikn-änberung, meli^e SXriftoteleö an bev ^beenletjre ^^Uatoö uorninnut, beftel)t barin, baf3 er bie ^been a(ä lüirfeube Urfac^en ber gegebenen Tinge unb (£"rfdjeinungen anfielt, •ißir bemcrften bei"']- lato bie 'lU'rlegenljeit, une \>Qnn bie ^been eö machen follten, fic^ in ber ^Jiateric abjubilbeu unb bod) uom 'ilserbeu frei ju bleiben. 3(riftoteleö tabelt '^Mato auöbvücflid) barum, t>ai] naä) iljm bie 3been ni(^tö jiun Sein ober 'Ü>erbeu ber loirflicfien Tinge beitrügen; menn e§ auc^ ^jbeen gibt, fagt er, fo entftet)en bod^ bei ''^Uato anö it)nen feine ^'insetbinge, bie an ibnen Xcil Ijaben, menn nid)t eine beioegenbe llrfai^e üorbanben ift, uield)e bie i)iateric unb bie ,"sbeen aneinanber bringt. 3q bie :^been müfeten, falls fie überbaupt eine 'ilsirffamteit ausüben u)ürben, el)er llrfadjcn bes Stillftanbeö unb ber Unbemeglidjfeit als beö tl)atfäd)lidö gegebenen 4l^erbeuö fein. Xie 3lnnabme ber ^been ift alfo nnnülj, fie leiften nid)t, loo^u fie uorauögefe^t finö, fie ertlären baö Wegebene nii^t nur nid)t, fonbevn fie nmd)en eö gevabe^u unbegreiflid). 'ii>erben bie ^been Ijingegen alö urfprünglid) loirtenbe '^^rin^iipien gebac^t, fo ift jene 'lser= legenljcit uerfd)uiuubeu, nun finb bie ^beeu fäl)ig, bie gegebenen Tiatm- evfc{)einuugen 5U ertlären, benu bie ^0een beftiuunen bie au fiel) unbeftinuute ''Dcaterie luid) iid). Sie fteben nun nicl)t mel)r müf5ig Ijinter hcn ^Jiatur; erfdjeinungeu, alo abgefouberte, blof3e ')Jiufterbegriffe, fonbern finb felbft bie Urfadjc ber Tinge unb nmd)en il)r eigentlic^eö ^ii>efen am.
)}l\\ biefem "^'unfte ^eigt fiel) ein .S3auptunterfd)ieb junfdjen bem '■]i^[{o= fopt)ieren beö '|>lato unb beö ^Iriftoteleo: loenu ]ii: w mäbleu Ijuben,
48 2)ie (5c>rnicn bc§ Slriftotete«.
eiitiucbcr etiuaö SBibevfprec^enbcö auäuneljnicn, wobei aber bie dlatm be= grcifUd) 511 uierben fd^eiut, ober baS äBiberfpriK^öfreie, '^cöriffämäBiße an- 5unet)men, luobci aber bie (S'rfat)runfl uube^riffen bleibt, fo entfc^eibet fid) 3triftoteleä, me^r §um (S'mpiriäimiö ueiöenb, für baS erfterc, '^Uato, ine^r bem fpehilntioeu ^Jtationaliöimiö folgenb, für haä le^tere (9h-. 4). Csnbcin 3triftoteIeö bie ;jbeen ober Yvonnen alä luirfeiibe .Hräfte fe^t, f)at er allerbingg not '^iato ben lisorteil uorauö, ha\] bie Stbleituiiö ber er= fat)rungöinä|ic-5 gcgebeneu ^inge mößlid) erfctieint, aber inbem jene formen ^ugleid) t^a^^ eiöeutUc^ 3eieiibe bejeid^iien foUen, beiift er biefeö uid)t fo fdjarf unb rein alö ^Uato, benn lufprünglic^ loirfenbe '^rin§ipien üer= tragen bie abfoliite '^ofition md)t (9ir. 18).
2lÜein bie urfprüut}!i($e Sßirffanifeit ber ^tiem erfät)rt bodj bei 2triftote[eö nod) eine geiuiffe ^efd^ränfung. ßr nnterfd^eibet 5. ^. im SJJenfc^cn oiererlei 9Xrten uon :3^een ober formen ober Seelen: bie oege^ tatiüe, bie fenfitiue, bie niotorifc^e (begeljrenb unb beioegenb) unb bie benfenbe, loeldje unebcruni in einen rov^ TraB-t^rmog unb ämn rovg Ttoirftmög verfällt. 9iur ber le|tere, ber vovs' 7toii]riH6g, ift ol)ne aüe (S'infc^ränfunfl rein auö fid^ t)erauö rairfenb, er ift für fid) felbft irspyeia, frei uon 9}iaterie, an fic^ felbft purus actus. Tsie übrigen 3eelcn iinh uioljl anä) luirfenb, aber nur potentiell, b. I). wenn nod) geunffe äußere ^^eranlaffungen jur Xljätigfeit eintreten, bie uegetatiue Seele 5. ^ii. nur, wenn oorljanbene Dk^rung, bie fenfitioe, wenn etwaä 'Jßaljrneljwbareö ]iQ jur äßirffaniteit beftinunt. ^n biefcni J-alle gef)t fie auö bem 3iM'tanbe ber övvajxig in ben ber ivepysia über, .^ierin föiurtc nuin ein ftrengcreö ^•eftl)alten aw bem 33egriffe beä Seinä finben, benn eä fd^eint t;ierna(^, alö fei baö äöirfen nid)t etwas Urfprünglidieö, loclc^eä alö folc^eö baö aßefen ber l^been auömad)t, fonbcrn etwaö 3iif'^^lio^'ö, ju bem baS eigentlid) Seienbe, bie ^^bee, nur unter bcfonbern Umftänben, nämlid) im 3ii)'^iin»i-'n= treffen mit etwaö anberem oeranlafjt wirb. 9lUcin iHriftoteleö benft jene potentielle 'ilnlagc jum äßirfen bod) nidjt alö eine blof3e 9Jtöglid)feit, bie alö fotdie gar feine pofitioc, iniun-e 33cftimmung beö Seienben ift, fonberö alö eine reelle, präformierte $äl)igfett, wel^e 51ml SBefen ber obce gebort, ja bie Qualität berfelben felbft ift. ^amit founnt aber in baö, voa^ abfolut fein foll, bie gleid^e 9telation l)ineiu, alc mit ber urfprünglid^ aftinen 3:l)ätigteit. T^aä Seieube wirb in Nidation ju bem gefegt, worauf fid) bie pofitioe 'Einlage bejieljt (9h-. 6). 3luj3erbcm wirb I)ier nod) ber begriff einer untl)ätigen ober fraftlofen .straft, einer wirfungölofen Urfac^e, alfo ein neuer ilßiberfprud) eingefübrt. l5-nblid) werben alle ^been ober normen äbnlid) wie bei '^Mato iiod) einuinl in eine 9lbbängigteit ju einem l)öl)eren
3)a§ ©eienbe bei 3lttftote(e«. 49
^rin§ip, jii einem 3^^^^«^^ ö^fe^t. Tiiefer ^vozd ober vovg roirb rate im 9}ienfc^en ber vov^ Ttoirftinög, olä frei uon 9){aterie, alä purus actus gebarf)t, ber als (e^ter 'Seraeger ben J^ormen erft i£)re Seioegung, nämlirf) tf)re ^raft, aus ber poteutia in h^n actus §u treten, üerleit)t. ^Son if)m ftammt ai)o im legten Örunbe ade 3Birffatnfeit, er ift bag Seienbe, im minberen ©rabe finb eä bie formen, im no<i) geringeren bie -Diaterie. So finb bie :3bcen, bie boc^ bas eigentUi^ Seienbe oorftellen follten, gänj; lic^ relatir) gcroorben, fie luerben belogen auf etraaö, raaä fie felber nid)t finb unb burd) lueldieö fie erft Sein unb 'ißirfen tjabtn, fie raarten alfo erft barauf, feienb §u raerben, ,,fie ftet)en je^t in ganj gleichem 9iange mit ber '3)(ateric: ha^ (Sine raie hm 3tnbere ift nur ein t)albeö Seienbeä, jebeä uon beibeu met)r ein @efc^et)enbeö , aU ein Steales, mitt)in ein ^ielatioeä, baö, luie bie 'J)?ateric, über feinen eigenen 33egtiff f)inauöroeift.*y' 3lrifto^ teleö mag hm rioIjI felbft geat)nt fiaben, ]mnn er fagt, ba^ lueber bie ';)3laterie noc^ bie ^orm hin ^orausfe^ungen einer 9tealität an fic^ genüge, unb feineö uon beiben ein eraiges Sein beanfpruc^en fijnne unb bemnad^ ein fold^eö oon ber Strt, ha^ eä ^^srinjip beö (Sinen raie beä 2lnbern fei, gefud^t raerben müffo. 'Isiefleic^t i}at er ein foli^eö Slbfohite in ber Öott^ t)eit gefunbeu.
1)emna(^ fann bie 93Jetapl)t)fif beö 3(riftoteleä Stnlafe jum '^^luraliö-' muä geben, ba bie formen )iä) nid)t auä einer Urform ergeben, fonbern urfprünglid^ uiele finb unb if)re C^irunbtage am k^tin ©nbe in beu uieleu gegebenen uerft^icbenen Sinneöempfinbungen tjaben. @§ ift aber aiiä^ ätnla^ oortjanben ^ur 3(nual)mc uon brei "pringipien (äliaterie, formen, (e|ter öeraeger), ober auci^ jum X^ualiömus, ba ja bie formen it)re 3Bir!fam!eit lebiglic^ bem lefeten 'Seraeger ücrbanfen unb fomit i^m jufommen foUen, enbUc^ auc^ jum "iOioniömuö, fofern bie a)?aterie eigentlich ein /xrj ov ift, fein felbftänbigeö '^srinsip. Der Sto.iäiämuä fann aU ein 33erfud^ be; trachtet raerben, bcn 9}(oniöuuiö unb ben -Dualiömus beö Striftoteleä ju uerfrfimeläen {))lx. 135). äöir fetjen 21 rifto teleö bemüt)t, einmal hm obfoiut Seienbc feft5ut)alten unb eö bo(^ fo ju faffen, baß eö Urfac^e ber gegebenen 'iiNirttic^feit rairb. Tm ift auc^ oljue 3^'eifel bie .^pauptanfgabc ber ^JOictapfjijfif. 3lber loo er eruftlic^ baran gcl)t, baä Seieube jur Urfad^e beä begebenen ju nuidjen, ober mit anberen 'ißorten, anä bem Sein baö ©efd)et)en absuleiten, ba rairb ber ftreuge 33egiiff beä Seiuö aufgegeben, baö 3tbfolute rairb einer qualitatiuen Unnnaublung unb notraenbigen ^ielation §ugäng(ic^.
*) <S. ©trüm^jcir, a. a. D. ©. 382.
j^tüflcl, Iiie ^Probleme ber sp^iloföp^ie.
50 9Jled)anifc&c 9Jaturer![äning.
29. ^ft bieö nun ber uotmenbitie &anQ jebei inetap{)i)fifd^en Spefulation, ober läfet ficf) benfen, bafj baö abfolut Seienbe, in ber Wti)V'^ 5at)l aurtenommeu, Urjad^e bcö Ojefc^eljcneii jei, otjue felbft feinem ^^isefen und) [id^ }^u üeränbern?
l'ini nnd)ften licfit eö t)ier, an bie ^eiue^iunß ju benfen. T^ie bloße "Benie^nn^i ift ein fornuilev 33oTflan,q, ber bie Urfad)e neuer ^i^orrtänge merben fann unb boc^ bie dlatnx bes '-öemertten i]ar nid)t uernnbert. 3ft ein ^in^ in '-öeiueonng, fo bleibt eö an fi(^ noUfonunen i)ai, tüaö eö in 3hi()e UHU-, fein qualitatiucr -^uftanb bleibt berfelbe, lueber rteiuinnt eä, nod) uerlieit eö eine (S'ij^enfc^aft lebic^lii^ burc^ bie '-öeuiertunö aü fol(i)e. allein trifft es in biefer '-öemesyintj auf ein anbevecj, fo fann biec bie Urfad)e nianniöfad)ev ^iseränbcrun^en fein.
.*öier fd)eint uor nnö ?,u liefen, luao wir fud^ten: bie Seienben, fallö fic beiDcgt unb aufcinanber ftof^cnb ßebac^t luerben, bleiben einmal in fic^ felbft iljrem '2i?efen nad) unueränbert, mic bieö ber '-beöriff bes Seinö forbert, unb merben bod) fiU^leic^ üermöi]e it)rer 'öemeöuna mit üerfd)iebener Diic^tuurt unb (^)efd)iüinbißfeit Urfac^en uieler oerfc^iebenev (£'rfd)einunoen. (*ö luirb ^ier in i^lci($er 'ii^eife bem begriff beö Seins, mie bem ©eßebenen fHedinnurt ßetrac^en. ^enn üon ben nielen 3eienben ift jebes ein^ielne ftreuQ bas, maä e§ ift, ol)ne innere ^^ielt)eit, ot)ne llJförtlic^feit, fic^ ^u uer= manbeln ober non einem anbercn umßeuianbelt ju merben. 3Me i^e^ebene 'JJuinniöfaltiiifeit unb ^Iseränberun^ ber Ocatur fann nur in bei Ü)iifd)unrt unb (S-ntmifi^unc] ber 'ii>efen nac^ iierfd)iebenen 'isertiältniffen it)ren Oirunb tjaben. ^sn biefen oäßen finb t>k eiöcntlid)en Urljeber ber nu^c^anifd;cu ^il'eltanfd)auung (S'mpebocles, Slnara^oraS, bie ^Itomifer i'eucipp unb ^emocrit unb viele t)eutiöe :}{aturforf(^er eini^, fofern }\q alle ßr= fdieinunaen auf blof^e "-öemertung ,!,uriirffül)ren.
3t(ö bie legten ^ikftanbteile ber ^Jcatur fal) (S-mpebocleö bie defannten üier (5-lementc J-euer, äßaffer, V:uft unb (Snbe, iHnaraöovnä eine mi- beftinunte (^umeilen Ijeifst es eine unenblid)e) älnjabl oon unenbl{($ fleinen ilk'fen an, meiere bei Veucipp nnh ^emocrit ältome ^^enannt merben. ^J^od) unterfd)eibcn firi) bie legten i^eftanbteile ber :?ltomifer von benen bes 31 na rartoras Daburd), ba^ l'eucipp unb T'cmocrit uon ber uer-- fd)iebenen Clualitdt, meld)e 3(naracioras uon il)nen betjauptet l)atte, ab: fa{;en unb ]id) für eine uollfonunen iiualitatiue 03lcic^()eit bejro. (>5lei(^rtiltiö= feit ber IMtome erflärten, D. l). bereu Oualitnt nirijeubs in '^ctrac^t sogen. Xiefe ^ii>efen muftten nun bie Urfa(^e uon uerfd)icbcnen ^-öcmcöun^ien fein, menn bie "llsclt ber (i-rfd)einunrten begreiflid) merben follte. ti-mpeboctes mirb als ber crfte genannt, meld}er uac^ Urfad)en ber ^i^emeßung rt^fvagt
®ibt e8 unenhtid) biete ffiefenV 51
unb fie in ö^i^Ufen §8efc^affen()eiteii ober Gräften ber Elemente gefunben ^abe. älnai-agoiaö Ijingegen fat) als ^öeiDegungsurfacle ein aufeeitialb ber eigentlid^en Stoffe fteiienbeö ^"prinjip an, trennte atfo Stoff unb Kraft ; bie ^^Itomifer enblicf) betrauten bie 33eraegung teils alö etroas Urfprüng; lid)eö, loeldieö feiner Urfad)e bebürfe, teils als etiüaä Slbgeleiteteö, alö eine golge beä Stofees unb ©egenftofeeä ber Sttomc untereiuanber. T)iefe felbft füllen unburdjbnnglid), auögebebnt unb nerfc^ieben geftaltet, aber unteilbar unb unficl)tbar fein. (So finb alfo in biefen erften 2(nfängen einer ined^ani= fd)en ^ißelterflärung mancherlei ©ebanfenroenbuugen bereits angebeutet, löelclie ber 'Pluralismus Jjur (Srflärung ber (Srfd^einungen nelimen iann. ^iämlid) :
A. Öibt es eine enblic^c ober unenblic^e 3lnjat)l realer 3Befen?
B. ^ann bereu ^^eiüegung eine uriprüngli(^e, urfad^lofe fein, ober bebarf jebe Bewegung einer Urf ad)e?
C. ©inb ^raft unb (Stoff ^u trennen, ober unjertrennlid) nüteinanber uetfnüpft ?
D. «Siub bie realen äßefen für einanber burd^bringlid) ober unburd^= bringlic^ ?
E. <2inb bie realen 'ißefen uon gleicliev ober oerfc^iebenev Qualität?
A. 0l6t eö eine enhü^e ober unenbftt^e Jlit^a^r
xeakx liefen?
30. ßs jeigte fid) fef)r balb, bajs bes (£'mpebocleS nier ^'lemente unb bereu- SSerbinbung jur förfldrung ber aufserorbentlii^ grofsen 3}Jannig= faltigfeit ber äöelt nid)t ausreichten, bie Slnjaljl mufete größer angenommen roerben, wie grofe, lie^ fic^ nid)t beftimmen ; aber fie mu^te au|crorbentlid) grofe fein, loenn no^ bev ©ebanfe t)in§ufam, bajs bie (Elemente an )\ä) unfi($tbar flein fein folltcn. (i'S ift nun natürlid^, ba^ eine unbeftimmte, auf^erorbentlid) grofn' 'itnjaljl von 'Befen lei($t ^^eranlaffung gibt, oon einer unenblicl) großen 2(n5a£)l bevfelben 5U rebcn, mie bies uon Stnaj-agoraS unb ben 9Uomiferu gefi^ieljt, mieiooljl es inunerf)in jiueifelljaft ift, ob fie unter arreipog eine ftreng objeftiy uiumblic^e 3lnäal)l oou äßefen ge^ bac^t miffen uiollteii. .öingegen loirb in neuerer 3eit öfters eine unenblic^e Stnjaljl uon ^Xtomeu uon ©eiten einiger 'pf)ilofopl)en unb ''pl)i)fifer als etroas ganj natürliches unb unoerfänglid^eS uorauSgefe^t, um baraus bie gegebenen ©rf (Meinungen ber 9{atur ju erflären.*) >Dies fann inbes nur
*) ajg(. baju 3t. f. Cf. «p^. XII. 10, 144, 166.
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52 • 2)te Stnjal^I ber realen JBefen ift enblid^.
baraitf berufen, bafs man fii^ ben ^eßriff einer unenbüd^en 3tnjaf)l nt(|t uollfonnneii iierbeutli($t ()at; .acfcl^iet)! biee, jo mufi einleuchten, ba^ baö fd)led)tf)in Unenblic^e, ha^ Unevfc!)öpflid)e, nie ^-crtine ain^ nic^t alö ein abßefct)loffeneö C^anje ßebnciit mevben fann, eö ift ein unuolläietjbaver (A3e= banfe, beni nid^ts i-Kealee entfpredjen fann. T'anun ftanb eö and) in ber iUMbnis = Ä^olff' fc^en *'^s()i(ofopl)ie feft: eine unenblic^e ^a\){ unb unenb= lic^e (^röf^e ift unntöglid). 3ll(e ':^ai)i unb (Mröf5e, bie luirllicf) ift unb rtebad)t luerben fann, ift enblid^. T)aö Unenbtid)c, Ijeiftt es bei^rieö, ift ha^ Unuoüenbbare ; eö barf nie alä ein ^crtebeneö Öanjie an^efetien merben. ^arum fann bie nnenblid) auöfiebel)ute nnh mit nnenblic^ uielen 3(ttributen bebaftete Subftanji opinojas ni(^t a(ö real gefegt merbcn, fonbern ift nur ein (>5ebanfenbinin, mit beffen Tenfen man niemalö fertig luirb.*) (Sben= fomenig barf bie Stnjai)! ber (Slentente ober realen 'iöefen im ftrengen Sinne a(ö unenbüc^ grof? annenommcn merben, fonbern eö fann nur eine enblid)e 9ln^abl uon Si^efen unb ii'eltförpern geben. 9lber nic^tö tjinbcrt, uielmebr fübrt allcG barauf, an^unebmen, biefe 3ln,^abl fei fo grofe, ha^ man )k luobl oom fubjeftiuen Stanbpunfte auö nnenblid) grof?, eigentlich un= üorfteübar, unjäl^lbar nennen mag. 3)iefe 3lnnal)me ift frei uon bem 3Biber; fprud^e, ber in ber 3{nnaljme einer unenblidien 3lnäal)l realer 'iBcfen liegt, i^ant bat bie ^rage nac^ ber (S'nblii^feit ober Unenbtid^feit ber 3BeIt alö etmaö angefet^en, nmö fic^ nic^t entfd)eiben lä|t. ^ie erfte feiner oier 91ntimonien**) ftellt bie X^efiö auf: bie äßelt ift enblic^, unb ba^u bie ^fntitbefiö: bie ^^selt ift unenblic^. Sir feben bier ab uon 'i)Qn '^e^iiebungen ber S^xt, welche Rant bei biefer ^-rage einmifc^t, unb fragen nur, ob oon ben realen $ßefen eine nnenblid) gro^e 3In;iabl in ftrcng begrifflidiem 3inne an;!,unel)men ift, ober nid)t. 'ißer eine uncnbltd)e ^^JJenge realer '•löefen uorauöfe^t, uolljieljt feine unbebingte 3ct3ung, fonbern eine fold)e, ii)eld)e ftetö mit bem ^Norbebalt bel)aftet ift, nod) einigeö I^injujufiigen , ha^ bat aber eben bie ^IH'beutung, ba^ bem unenblic^ 'l^ielcn feine ^Jiealität ^iufommt. •ißie bie %^ai)i ber realen 'ii>efen, fo ift and) bie an^ ibnen jufammeu:: gefegte Seit im großen unb ganjen, wenn fd)Ou unermefjlic^, boc^ nid^t nnenblid) groft. 3(Ue Seltförper ^^ufanunen, alle realen Sefen ,5,ufannnen bilben eine enblid)e 3umme. '■'**)
*) ^erbart III. 428. •
**) 2)ie iüeiteren 2(nttmonien ftnb: 2) ob eine ©ubftanj enblic^ ober unenblic^
teilbar; 3) ob ein abfoluteg Slßerben üutäffig fei, ober aüeS ©efc^el^en eine Urfac^e
^aben muffe; 4) ob alg Urfad^e ber SBcIt ein jd^led^t^in notlüenbigeö 5Befen anju^
nel^men ift, ober nicöt. S3g[. über bie 2lntimonten öcrbart VI. 340; IV. 258.
***) ©. ßorneliug: S)ie entfte^ung ber SBelt. ^aOe, 1870. ©. 130 unb 3t.
Setvcgung bei ben 2nten. 53
B. ^atttt hie ^enieöuttg bet xeakn '^$efen
eine itrfvrwngftr^e , nxfa^tofe (ein, obex Maxi U^^
'^ewe^nn^ einex ^tfatfje?
31. Dcaii imiB fiel) unintiern, bafj bie 3Uteu, uaincutlid) bie 'Jttoinifcr, jo lüenirt iu bei (S'vflävuuö uatiivlirfier (i'rfd)eiuun(^en im Sinuc ber (jeutißen 'Jiatuvfovfc^uiu] c^eleiftct l)aben. '-Ißie uiel erfo((^rei(^er lueift nid)t bie neuere tt)eoretifd)e 'lUiiifif, nieift auf auaUunou .^pupottiefen ber 'iltouiiftif fn[?enb, biefe jur tirfläruurt ber 'Jiaturerid)eiuuugeu ?,u üeriueubeu! Die ,Qoupt= urfncfieu, bnv; beu iHlteu bie iHtoutiftif jur 9iaturerfläruug fo lueuig Dienfte leiftete, liegen uio()l uor!,unQU)eife iu einer uiauge(f)aften 'JUiffnffung ber '■öeinegung.
(S'uipebocleö liat buö gro^e -Ikn-bienft, juerft iiacf) .Slräfteu alö ^e- loegungöurfttdieu gefragt wib geforfdit ^^u l^abeu, er nimmt bereu pei an, iüel(^e er (piXia nub veixog neuut. 'ICnr uiürben unö ,^u fetjr uon uuferen naturu)iffenf(^aftlic^en '-Begriffen leiten (affeu, moUten mir jene ^il^orte mit i'ln?,ie^uug unb Slbftof^ung, 2lttraftiüu unb ?)tepnlfion überfe^eu. ^tM ^e= griffe beö (S'uipebocleö tonnen bie iu ibreu 9Uimen iiegeube, fo?|Ufagcn perfönlid^e 'i^ebeutuug uid)t uerleugueu, es fc^eint, uaä) ben ^^roben ber Slaturerflärung, meiere mir uou (SmpebocUä. traben, innuer unfeiner 3(rt freien, perfön liefen 'ii>al)l ju beru()eu, uicnn fic^ nad) üjui gmci SBefen anjie^en ober abftofieu, baf^ fii^ j. 58. Öteic^eö aujiel^e, ober ba^ bie Ükbt anä) trenneub mirfen fönue.
Statt baf5 bieSttomifer biefe ^Begriffe reinigten nnh rein med)auif(^ faxten, fi^eineu fie nid)t einmal beu C^rnubgebanfeu beö (Snipebocleö uon einer Urfac^e ber '-öeiuegung rec^t nerftanben ^u (jubeu. 5öalb fetjen fie bie löeineguug alö etmaö an, waö nid^t uou hen 9Xtonteu felbft auögeljt, foubern fie oon aufeeu ergreift unb bemegt, 5. 33. menn fie ftrf) fo oft ber ^-Bilber t)om Schütteln ber ^-ißürfel ober Steinc^en unb ber barauö l)eroorget)eubeu niaunigfa(^cn Gruppierungen bebiencn, balb betrachten fie mieber bie '^e:= megung alö eine eigentümliche Oualität ber 2(tonte, unb faft baö ganje 3(ltertum unterfc^ieb natürliche unb mibernatürlic^e '^emegungen; nuinc^eö foUte fi(^ uon ^Jurtur ua(i) oben (loie haö g^euer), nutn(^eö nac^ unten (luie bie (£-rbe), manc^eö fii^ gerablinig, anbereö geneigt, noc^ anbereö freiö- förmig u. f. m. beftegen, unb uienn eo iiä) anberö bemege, fo fei bieö nicfit
f. cj. «ß^. VIII. 162; X. 69. Slud^ Ärönig finbct cä triberfmnig, eine unenblic^ grofie 3^^' flt^ i" SSirflid^feit beftefjenb anjunel^mcn, f. beffen ©d;rift „ba€ Unenb; lid^e": ©e^jaratabbrud auö beöfelbett aSerf. größerem äßerfe „SJaS SDafein @otte8 unb bag ©lud beä a)tcnfc^en". »tvlin, 1874.
54 Utfjjrünglicbe 33elt>egung.
fein natürUd)cr, fonbern ein i()in aufc^esiüunßener ,3«[trtnb. ^aburd) f(^nitt man fic^ i^an^ bic 'I)iö|^lid)feit ab, nac^ Öefe^en ber ;iku)eoung im 8inne ber (jeutiöcn 'I1lec^anif 511 fragen.*)
32. 33ei aßebcm t)aben bie ^Itomifer bod) rei^t, luenn fic im aü- gemeinen j^uiei iöeiueönngen unterfd)eiben, eine nrfpriingUi^e, bie feiner llrfadie bebarf, unb eine fefnnbäre, iüe(c^e eine ^-olge einer Urfad)e, eines Stofeeö ober ^UQt^j ift. Sefanntlid) folgt aus bem 'Segriff ber ^Seioegung alö eines rein formalen ^I^organgeS, eines Söec^fels, welcher eben nur ben Ort betrifft, alfo eine bem 3)inge felbft ganj jufallige äußere 33ejie^ung ju anberen J^iugen ift, fomie aus ber rid)tigen T>eutung ber 2rägt)eit ber 9)Jaterie, ba^ bic 'Semegung als fol($e lueber eine befonbere ßigenfi^aft bes Stoffes, nod) notiuenbig unb immer J-olge einer Urfac^e ober ilraft ift. trs fd)lei(^t iiä) bier freilid) gar ju leicht eine 3>erined)fehing ber qualitatinen unb ber räumlid)en iseränberung ein. Tav, erftere einer Urfad)e bebarf, ift au^er ß'^'^'i^^' f'oB "^ß" nielfad) eine Urfadjc and) für bie bloß räum= li(^e CrtSüeränberung ol)ne alle (S'in.fdiränhing annimmt, berul^t auf einer unoollftänbigen Oi'ibuftion, luobei Süilje als ber urfprüngtic^e, glcid)fam natürliche .^nftanb aller im 'Jiaum befinblid)en Söefen betrachtet luirb. 'JJun ift allerbingö richtig, fein ilörper fann üon felbft, b b- ol)ne Urfadie iKutje mit ^öeioegung, ober 'Semegung mit Dtu^e ober eine ^öeiuegung mit einer nac^ 9^ic^tung ober Öefc^ioinbigfeit anberen Seroegnng uertaufd^en. j^erner finb bie unferer 'ilUrl^rne^mung fi($ barbietenben 'ikioegungen nur foldie, iuelcl)e in bem uorl)anbencn 'iiseltjufamment)ange namentlid) bei ber überotl luirffamen Oh-anitation notmenbiger i^Jeife ans einem .siaufaluerljältuis ber .Körper untcreinanbei beruorgcgangen finb bejra. l)eruorgel)en. 2lber man faffe bie 'öeiocgung für fid) ins 'Jluge, alfo Crtöueränberung unter äöefeu/ meldte uöllig unabbangig von einanbcr finb, ober auftert)alb jebes äßelt= jufammenbaugeö fteljcn, fo ift eine urfprünglid)e ^eiuegung nid)t allein mögli^, fonbern auc^ im Ijöc^ftcn Örabe maljrfi^einlic^. ^öebürfte bie Drts^ ueränberuug überbauet einer Urfad)e, fo loürbe and) bas C^efe^ ber 3^räg-- beit ober ber ^ikl)arrung für ben gleid)förmigen Aortgang einer gerablinigen Seioegung feine ('»ieltnng bfiben. Wnh bocf) ftet)t es erfatjrungsmäfeig fcft, baß ein Ting, melcl)eö in einer gleid)förmigen '-Bewegung begriffen ift, in biefer um io länger bebarrt, je mehr .s^inbernifje jeber 3lrt biniucg geräumt finb. ^Me ein T^ing, abgefeben uon einer Urfadie, in*'J;ut)C bcljarrt, fo and) in ber gerablinig = gleid)förmigen 'Beioegung. 'ilnbers fann es aud) nid^t fein, lücnn äm\ 'Semegung fein reales '^^räbitat bes ikmegten ift.
') «fll. ©trumpf n, rt. a. 0. 7G f.
Urf^jrüngltcfic 5Pelt>eflunfl. 55
tiie(d)cö ^ieKö uon einem rHulientien ouaütatin imterfc^etöet. 'iöäve :JKii()e Der natiivlidie .Si'ftanb bcv .sUivpcv, fo müf5te jeöcr fict) beiücc^cntic .Slövpev «on felbn al(mäl)lic^ unetiev in Ocii Suftanb bev ?)üil)C (Klf^iHl^i'/ '■''öcr miberö nnöneörücft : iiuire Die 'Ik'iüertung überhaupt otjue Uvfa(^e uubeufbav, fo bet'ürfte anii) ein beireflteö Sinö für baä vyortvüdeii üon einem 'fünfte feiner 58al)n jnm anberen intmer einer nenen Urfad)e. Dtnn ber @nint>, marnm eö feinen Drl nerlaffen bat, möge fein, lueldier er motte, fo bejog ficf) bo^ biefev dsJrunb anf bie banmlige ©tette beä ®inc]e§, benn um feinetiniden [jat eö eben biefe etetle uerlaffen miiffen. oobatb es aber biefe üerläRt, ift eine 'lu'riinbernnö ber Umftänbe eingetreten, nnb man ta\w nic^t be- haupten, eö muffe am bemfelben ('•)rnnbc meitergeljen. 3)ie ßau^e Über-- i^euguui], baf3 ein "^-^euiegteö , bem fein .'oinbcrniö iinberfäl)rt, in gici^er ^Hic^tung unb (N3efd)iüinbirtteit ftet? lueiter geben merbe, berutjt ein.^iß anf ber '^.sorausfe^ung , bie '-öemegung fei teine maljre ikränberung, fonbern haö bewegte befinbe ft(^ an jebem neuen Crte, ben eö erreti^t, nod^ genau ebenfo mie an bem näc^ftüorljergebenben, nnh gerabe wie biefen, fo üertaffe es jenen. 3Bäre überhaupt '^emcgung ein innerer ^uftanb beä --Bewegten, fo märe fie ein 2:rieb; benn fo nennt man ein folc^es 'öeftreben , loclcfies innerlid^ nötigt ?)iun fortgel}enbcn ii>ed)fe(. ;i)iefer >trieb loürbe bie künftigen ?^ortrüct'ungen, wie fie hnxÖ) bie gerabe IHnie. ber ^ikbn beftimmt finb, präbeftiniert in ftd) entljalten. liT würbe ?,um ^eil befriebigt burc^ jeben Xeil. ber wirflit^ uoüi^ogenen 'Bewegung. 3{ber nimmermeljr fann ein ^rieb, ber jum Xeil befriebigt worben, gtei(^ fein il)m fetbft uor ber iöefriebigung ; fonbern er ift notwenbig fd)wä(i)er um 't)aä Cluantum, wel(^eö uon it)m befriebigt iinirbe. Dk 'Bewegung nniftte bemgemä^ notwenbig langfamer werben, (^in ri^tigeö 'Iserftänbniö alfo beö ©efe^es ber ^rägl^eit Iet)rt, baB bie '-Bewegung an ftd) feiner Urfarfie bebarf, fonbern ben (i5egenftänben im Sf^aume üoUfonunen ebenfo natürlid) ift, als 9iu^e.*) 3^enn eS nun feftftel)t, baf5 bie einzelnen realen ÜBefen ober 3ltome, tfoUert unb unab= t)ängig üor bem jefeigen 'iöeltjufanunenbange aufgefaf^t, \\^ gegen dhii)c unb '-Bewegung gleic^giltig uerbalten, b. b- ^a^ für jebeö ein.^elne 'iisefcn fowot)l haä eine als bas anbere möglid), alfo ot)ne älUberfprud) benfbar ift: fo fann man weiter fragen, l)at man örünbe, bie uns jur 3lnnabme urfprünglic^er 'Kuf)e ober urfprünglii^er '-Bewegung nötigen? 'il>enn nurn ^Hulje unb '^ew^gung als niöglicf)e ^äik btnfi(^tUc^ bes urfprünglic^en räumUrf)en '^ert;öttniffeö ber realen äl^efen einanber gegenüberftettt, fo barf
*) |»er5art IV. 229. §artenfteiu, a. a. D. 389. ©ovneliug: 2)te ®nt= fte^ung ber aBett, ©. 3. Äramär, a. a. D. 230; 3t. f. ej. ^^. VII. 197; IX. 157; XII. 15 ff.
56 Äroft xmb ©toff.
man babei bod) H{d)t übcrfelien, baf; uon 'Qtn möglic^eit räumlid^eii 'lser= l)ältiü)fcn di\\i)i nur einen J"'-^'^/ ^eiuepng bagegen aüe anberen, b. i). nnenblic^ niele bejeicfinet. Unb sumr liegen für bie J^eiueguno äiuei unenbUd)c ^Kcil)en uor, uon bencn )i6) bie eine auf unenblid) uiele möölidie @efd)unnbiöfeitcn , bie anbere auf unenblid) uiele üerfd)iebene ^üi^tungen begiel)t. ÜDabei niufs wieber jebeö einzelne ©lieb ber einen ^eil}e mit jebem ber anbcren fombiniert ßebac^t luerben. Slber nur in einem ^-atle, nämlic^ luenn bie G)ef(^u)inbigteit glei(^ 9hiU ift, Ijaben mir ben ^-all ber JHulje. tiefer %aü. ift alfo mot)l ebenfo mciglid), alö jeber einjelne ^all ber 'öemegung; aber 9iut)e alä ber eine ^aii ftetjt ber 'J^emenung über{)aupt alö bem ^n= begriff aller möglichen, b. (). uncnblic^ oielen einzelnen 'öemegungen !eineä= megci mit gleicher 'ilsal)rfd)einlid}feit gegenüber, fonbern 'iieinegung ift ber unenblic^ uial)rfd)cinlid)ere „^uftanb ber realen 'ii^efen Ijinfic^tlic^ il)rer ur= fprünglic^cn räumlid)en 33e5(iel)ung. 5^od) ift Ijier nid)t ^u überfeben, baf3 nur bie cinfadifte aller "öemcgungen, bie gerablinig = gleichförmige, als eine urfprünglid)e -^emegun.g betrad)tet werben barf, mobei aber im c^iinblid auf eine unbeftimmte ^^iell)eit realer 4l^efen immerbin eine große 5l?annig= faltigfeit bc^üglic^ ber ^)iid)tung unb (i^)ef^unnbigfeit einer folc^en ^öemegung bentbar ift.
C. gitttb ^taft unb §foff ^tt txemten, ober m^etttmnü^
mit etnaitbet tJerHitüpft?
33. (S'o ift uiol)l an^^uncbmen , ban ät)nlid)e (^iebanfen, lueli^e 3(riftoteleQ .^iv 3(nnabme eines erften ^eiuegerö, eineö legten Urljeberö aller ^öemegungcn füljrten, bcreitä bei ^tnaj-agoraö gemirft t)aben, alö er neben "i^cn '^(tomen (.öomöonun-cn) nod) ein bemegenbeö '^^srinjip, al§ Cuelle aller ««iraft, ben voijg uorauöfe^te. Tiefer ift il)m bie Urfac^e ber ^iiemegung, obmo^l felbft unbewegt, f(^lcd)tl)in imm Stoffe getrennt, mit feinem Tinge gemifcbt, für fic^ beftebenb, freimaltenb nnh aUbel)errfd)enb. -Der vovs gab ber d)aotifd)en ^Jtaffe ber urfprünglid)en tDiaterie bie erfte ^L-^emegung unb leitete bamit bie (S-ntftcl)ung beö je^igen 'i£velt^uftanbeo ein. Strenger fann bie 3d)eibung .Moifdjen .siraft unb Stoff nid)t gebad)t mcrben. ^iöir traben nun fd)on gefagt, baf? baö .*oauptnuitiü für ^ie ^JUtcn, uield)cö ^u biefer 3d)eibung "iHnanlaffung gab, ber (^iebanfe luar: bie :i3emegung bebarf einer Urfad)e, luimlid) mieber einer ^iiemegung, unb loeil bieö nic^t ins Unenblic^e fortgeben fann, fo luirb bie :?(nnal)me eines erften ^öemegerö nötig, ber felbft feiner :öemegunö bebarf, um eine foldje erteilen ju fönnen.
Äraft unb Stoff. 57
ßö ift aud) geseilt, öaf; bicje 3c^hi^fo(ge (jiitfctUirt uürb, fobatb ovfannt ift, ba^ bie 33eiiiertimrt alö foldjc beii 3ttoineii ui-fpvüuglirf) eigen fein fönne; fo wirb lucnigfteii'o üüu biefer 3eite Ijev bie Sc^eibung siuifctieu Stoff unb ilraft nic^t nötig.
3tnbere llntftänbc Ijaben einige neuere ^;)iaturpljilofopl)en ^n einer :3:rennung uon ©toff unb £raft ueranlaf^t, fo baf? auf ber einen Seite bie ^raft ftet)t, auf ber anberen ber Stoff, lebigLic^ alä träge ^OJkffe, luelc^e ftd) nur bewegen ober iiberljaupt luirfen fönne, wenn fid) eine befonbere iilraft, bie bem Stoffe nic^t wefentlid^ j^ugetiört, mit il)m oerbinbet. Diefe 3lrt ber 9caturbetrad)tung, wie fie ber ibealiftifc^en 'J{aturp()iIofop()ie eigen ift, fc^Uef3t iid) ber alten Unterfd^eibung uon "OJtnterie unb ^orm Qh<it) an unb ftü^t lid) auf gewiffe ti'rfc^einungen an hen Drganiömen. li'inige weniger genaue ^Betrachtungen nämlic^ geigten, wie 5. 5Ö. ein unb berfetbe Stoff in unorganifc^en ikrbinbungen fic^ ganj anberö ner^ieit, a(ö in ürganifd)en. 'OJian badite l)ierbei, biefeö uerfd)iebene ^^ert)alten eineö unb beäfelben Stoffes tann nic^t uon i()m allein, fonbern mu^ uon etwaä t)errül)ren, welches iwn au^en iitn Stoff ergreift unb it)m t)ier biefe, bort jene beftimmte Sage ober 33ewegung uorfd)reibt. 2Xllein bergleidien '3:f)at- fad)en berut)ten auf einer ungenauen (Srfal)rung. Gegenwärtig ift bie Uu; jertrenntid)feit uon 5lraft unb Stoff ein faft allgemein anerfannter Ba^ ber eratten :)iaturforfd)ung. Xafi'ir beruft man fic^ einmal auf bie (Sr^ fal)rung, lueli^e in feinem einzigen ?viiüe einen Stoff oöne alle .Üraft, nod^ eine .Straft alö fold)e o!)ne jeglidjen Träger ober Stoff jeige. Bii'" anberen läftt fid) na^weifen, baf^ eine Trennung uon Stoff unb .Slraft iiberljaupt unmöglich, weil ungereimt, in fic^ wiberfpred)enb ift. S^n'^^'^ft ^ft fveilic^ ein fraftlofer Stoff — ober fagen wir lieber 31tom, bamit ber 9lusbruc! Stoff ni(^t uer leite, fofort an bie gegebene 3}taterie ^u benfen — hin ^Biberfpruc^, im Gegenteil, wir Ijaben oben (9lr. 18) gefeiten, ber --Begriff oom Seienben forbert, biefeö an fid) obne alle urfprünglic^e ivraft ju benfen. .HraftloS ift noc^ nid)t qualitätäloö. .Hraft legen wir einem Stoffe nur bei, fofern er auf anbere X)inge wirft, Dualität t)ingegen fommt il)m aud) an fid^ oljue jebe ^-iejieljung ju etwaö anberem ^^n. Könnte fic^ aber biefe Dualität nie unb unter feinen Umftänben alö .Hraft äußern. Dann uuirbe freilief) ein fold)er Stoff jur '^ilbung be?,w. jur Crrflärung ber 'Oiaturerfc^einungen nid)t \)a& geringfte beitragen; benn baö, waö 5unäd)ft gegeben ift, ift nid)t ber Stoff alö folc^er, fonbern ift nur 'iisirfung, )volge einer Äraft. Übenfo unsuläffig ift bie 3lnnal)me einer Eraft otjue Stoff ober ol)ne einen 3:räger berfelben. ^enn waö Ijei^t ein 'ißirfen ot)ne Birfenbeö, eine X^ätigfeit ot)ne 3:i)ätigeö anberö, als ein im :iJeeren
58 Äraft unb ©toff.
jc^mcbenticö abfolutcö ^il^ciben? 9(((c ^Mbcrfprüc^e, öie im begriff beö abfolutcn '■ll^cvbcllö Ucaen, uncbcrl)oIcn iiä) l)iev. CS-iiie foli^e felbftänbiöe <^raft fann iud)t fein, fonberu fie imiB ilircm :i^eiu"ine luic^ uiirfeit, lebijv li(^ iin 'K-ivkn fnnii it)r Sisefen befteben: unrfcn abev alö fclbftäitbig ge^ bac^t Ijeif^t, nicf)t bei beni ftet)eu bleiben, luaö eö ift, fonbern barüber tlinauögeben, baö nic^t ,^u fein, inaö es ift, uieüneljr fein, luaö eö nic^t ift. SiUrfen l)at ferner eine notmenbiße 'i^e?|ief)uno auf bns, moranf iid) bie 9,Birffnnifeit richtet, ^arnni (jeifit, eine felbftänbige Kroft ol)nc einen 2:täger, üon luelcfiem fie anönel)t, fe^en, fouiel olö baö 3iid)t = feienbc, 9ielatiüe nlö Seienbcö nnb junu alö 3lbfoluteö fegen. 3)iefen 3Biberfprnc^ füljlenb nnb burd) bie 2batfad)en getrieben, bcbonptet banun and:) bie a)iel)r5al)l ber i)iaturforf^er, bafi bie .Hraft eine ^Tl^ätigfeit ber ^JXtonie felbft fei, nic^t aber etiunö oeibftänbigeö neben ibnen.*) .^nbeffen fel)lt es aud^ nid^t an fotc^en 9(atnrforfd)ern, meiere glauben, uon beni eigentlichen 5iöefen, bem (Stoffe, ben gemöbnlic^ uorauögefegten Trägern ber .Gräfte, pr (Sr^ ftärung ber 9iatnr abfeben nnb alle (Stfdieinungen lebigUc^ auf .'ftröfte ,^urüc!fü()ren ^u fönnen. Stllerbings muffen bie 9iaturerf^einungen ;\unä(^ft auf Gräfte belogen lüerben, benn, iinc fd)on bemerft, alle ßrfc^einungen befielen in einem (^)efd)el)en, in einer 'ilUrfung, unb weifen alfo auf eine Xf)ätigfeit ober .Hraft tjin; auc^ bie (.^rnnbbegriffe unb 9?ec^nungen ber '^[Red^anif loürben fid^ bei biefer .*pi)potbefe feftbalten laffen, ti(nn biefelben betreffen ja ouöfc^liefilicb nur ränmlidtie Mraftnerhättniffe. 3)er nmtl)e= matifc^en '^l)i)fif genügen allenfalls .Hräfte, bei hemn man oon 2:tägern ober bem 8ubftrate gan?i abfeben fann. l>a§ oubftrat ots folc()eS, als reales 'ii^efen fonnnt bicrbei gar nid)t in '■Betracl)t, biefes \)at ^ier feine anbere Öebeutung, als einen ''^^unft, Ort anzugeben, oon loo aus bie .Sitäfte ge^en; barum genügt es für bie ©tatif unb ^JJ(ecl)anif, ftatt uiirflicl)er '^sefen nur centra activitatis anjuneljmen, bie umgeben finb oon einer sphaera activitatis. '^Iber etioas gan.^ anberes ift es, ^n fragen, finb benn nun ou(^ biefe Hräfte unb bereu 'iverbältniffe bas eigentliche 'IJ^efeu, bas Seienbe felbft, loeld^es ben tS-rfcbeiunngen ^u Wrunbc liegt? itauu man bei bloßen Gräften ftel)eu bleiben, forbert bas (^liegebenc nicbt unabiocisbar etmas Seienbes, bei lueldiem es fein 'ikMoenben bitben muf5? X'as fönnen blof^e Äräfte uic^t fein, fonbern ber metapbyfifdie Webanfengang forbert unbebingt bie älnnatjme oon abfolut Seienben, beneu Mräfte jufonuneu, oon ißefen.
*) ®ine buatiftifd^e 3(nftd^t in biefer ipinfic^t ^egt nod^ ^^ec^ner in feiner V^t;filarifc^en unb ^^ilofojj^ifc^fn Sltonienlel^re. 1864. ajgl. boju bie SRec. bon 60 melius in 3t. f. ej;. ^f). V. 398.
Äraft urtb (Stoff. 59
Me auRerbem, ba^ )iQ roirfen, and) nod) fiub, bencn baö ^öirfcn nur 511= fnllirt, b. (). ()icr inrf)t iiotiücnbio ift. '1061- allein jur (Srforfc^uiH^ rteuiiffcr quantitatiuer 'ik^jieliunncu nuf beni ^iBege ber ^}teci)nunö bcn eiufa^ften ^Uiöbrucf für bie c^ei^ebeiien (vrfd)eiuun0en jucl)t, beut geniU:^! alleufatlö jene 3lnnal)nie, iiier aber barmif auößeljt, ha§i 03eoebene unbcrfpnic^öfrei 511 benfen, unb erforfdjen luill, luie baö iix 'iiialjrljeil beft^affcn ift, raaö ben Kräften ju ©ruube liegt, ber luirb uou ber 2tnnQl)nic3urfprünöli(j^er, felb: fttinbiger Slräftc ^u ben abfohlt feienben )BQi^n alö S^rägern ber Kräfte gefüljrt luerben. äßer aber biefer ^fötigung beö ®en!enö nic^t folgen, fonbern nur bei beut (begebenen fteben bleiben loill, ber nuif; fid) fagen, ha'^i, ftreng gcuonnnen, nic^t einmal bie Kräfte gegeben finb. (begeben finb unö nur geuiiffe innere 3^M"tänbe ((i'nipfinbungen, l^orftellungen); baf^ biefe eine 5li>irfung finb unb biefe oon einer Kraft uerurfac^t luirb, bas ift er= fd)loffen. 3)iefeni 8d)luffe liegt bie ©rfenntniö ^n ©runbe, ha^ ein @e= fi^eljen, eine SBirfung otjue Urfarf)e ein Sßiberfpruc^ ift, roel(^er unbebingt nermieben luerben muf^. 'ißenn ein ©türf (Sifen iiä) einem 9Jkgneten nät)ert, fo fc^reibt man biefem eine 3tn§iet)ungäfraft ^u, alä bie Ur-- fac^e für bie beobadjtete 3lnnäl)erung j^roifi^en CSifen unb 9Jiagnet. @e= geben finb eigentli(^ ma bie einzelnen -öeiüegungöerfc[)einungen. ^^mn eine Kraft alä Urfac^e jiU ©runbe ju legen,. ift ein ©(^lufi. S)iefe et; fd)loffene Kraft foU nun no(^ ferner bem 9)fagneten in einer geiüiffen 3Beife als eine bleibenbc (Sigenfdiaft innemo^nen, alfo anä) bann noc^ üorljanben fein, wenn fie nic^t uiirft, teine 'ißirfung won il)r beobachtet mirb. ißaruni begnügt man fid) ni(^t mit bem, umö lebiglid) ^tbatfac^e ift'^ iöarum nimmt nuin für bie jebeönurl einzeln auftretenbc (£'rfc^einung eine Kraft als Urfad)e an''^ 'ißeil ein (:'>iefd)et)en o^ne llrfac^e unbcnfbar ift. Wel)t man nun nicl)t barauf auö, ha^ ©egebene bentbar ;^u madien, b. l). fo auf: jiufaffen, tia'^ unfere 3luffaffung feinen inneren äöiberfpru^ in fid) birgt, fo ift fd}on bie atnnaljme iimeiüol)nenber Kräfte ni(^t nötig. (Sä ift alfo fd)on 5u iiiel gefagt, luenn eä bei ©aint^'-lsenant l;et|t: ,,nmn geftatte mir, bie auögebel)nteu unb unoeränberlii^en 3ttome ju leugnen unb nur Kräfte ju^ugefteben, u)eld)e in bie g-erne mirfen, unb "l^untte, lueldie Si|e biefer Kräfte finb unb bereu Öemegung auc^ bie 'iseränberung bes 9J{ittel= puutteö bebingt, üon bem aus bie Kraft mirft. ^ies allein ift feftgeftellt unb entfpric^t allein ber gefunben 3?egel aller äßiffenfdjaft, baf^ umn jur Cirtlärung ber CS-rfd)eiuungen bie einfadiften Urfad)en auffucl)en mufv meiere §ur (Srtlärung berfelbeu Ijinrei^en.*)" 5ßie bereits gefagt, bles ift nic^t
*) ©iel^e 3. 2)aftic^, üJieta^l)t^ftf unb esafte 5«aturforfc^ung, in 3t. f. cj. «p^. IV. 225 ff., 260.
60 Äraft nid^t o'^ne ©toff,
f(^(e(^ti)in burc^ Xl)atfacf)cii feftflcfteUt, fonöeru lunauQgefe^t juin :iH'l}utc ber c)k($iuuu-( uiiti luii^ften (ivtläniiio. iHbcv bicfe (i'rflänuu] bcbavf nod) einer uieiteven (SiKänuio, bie 'iHirauöie^unöcii, bie fic maä)t, genügen bev gorfct)unö mir inner()nlb geiuiffcr, enger C^hen^en nnb tonnen [ic^cr nic^t o(ö ein Se|teö im ftrengen, nietapl)i)nfd)en 3inne angcjeijen merben. So lüie bie einzelnen 'ilUrfungcn ^n ber 31nnal)nic von blcibenben, nnoeränbcr; liefen Gräften, alö ben notiuonbigen (irgänjnngögcbanfen binfiUjven, fo bleibt ber ^ikgriff einer rein ftofflofen ilraft, ol)ne alleö ©ubftrat, non bent^ fclben äöiberfprnc^e gebrücft, alö ein Cijefc^cben obne Urfac^e. "ilUe ju ber allein gegebenen '^i>irfnng bie Hraft, fo nnif^ ^n biefer ein 3toff nlö Xrnger ^injngenonnncn inerbcn. 1^ieö fnljlten bie '^^bijuter '^umeift, loenn fie be= Ijaupteten, eine Mraft obne Stoff fei nnbenfbar. Triefe 3Innal)nie ift an6) im Sinne ber ^^Ujyfifer feine ^l)atfac^e, hmn t)aQ, raaä biefelben Stoff nennen, ift jo felbft nnr eine ^ii^irfnng, bie auf nnfere Sinne ausgeübt wirb unb barauf ^in mir erklären, t)ier fei etioaö ©reifbareö unb Sic^t= bareö. 2tlfo jene 3>orausfe|ung ber Unjertrenntic^teit uon ^raft nnb Stoff ift nur ein Sd^luf;, ber gemacht inerben mnf3, weit eine iilraft ol)ne Präger unbenfbnv ift. iHuö bem Td6)t<6 tann feine .Sü'aft cntfteben, fagt jeber 9laturforfcl)cr. So ift es benn innerljalb bev ^taturiuiffenfi^aft ju einem faft allgemeinen Wrnnbfal^e geiuorben, feine .Siraft oljne Stoff anj^uneljmen, fonbern inelmeljr jene als biefem uon (Sioigfeit inneiiiol)nenb nnb non il)m nnabtrennlid) anjufeljen.
34. iS'ö ift nun bie ^wge, ob mit biefer i3i)potl)efe jenem (Gebauten, ber bemübt ift, bie (£Tfcl)einnngen auf ctiuas Selbftänbigee, :iMeibcnbe6, Unoeränberli^eö ;^uriicf;^nfübren, genügt loirb. S^i^^ft f^^'^^i ^ö fo fc^einen, benn nmn t)at nac^ biefer 3lnficf)t alö baö bie (S'rf^einungen 'ikmirfenbe an§ufel)en : 'ilsefen ober 3ttome, bie in fic^ einfad^ unb unneränberlic^ finb, unb benen beftimmte Kräfte innemoljnen. ^iefe machen bas äBefen ber 2(tome nuö unb finb alfo für fid) gleid)faUö nnneränberlic^. ^iDer 2i^ec^fel unb bie Dinnnigfaltigfeit ber (£-rfd)einungen bat bemnad) ben örunb in etraaö fid) felbft glcid)bleibenbem nnb einfachem.
3lllein :iuerft pflegt bie (i:infad)l)eit jener "ißefen nic^t ftreng feftgebalten ju merben. T^a^ eö bebenflid) ift, mit ben alten 3ltoniifern ben Sltomen üerfc^iebene Weftalt ober and) nur übcrbaupt 3lu5bet)nung ^u^ufd)reiben, ift bereits oben gefagt unb luirb fpätcr nod) einnml jnr Spradje fommen (9{r. 52—57). Tod) mirb oielfad) aud) bie innere, qualitatiue CS-infad)l)eit ber Üöefen nid)t gctualjrt, benn eö mirb nid)t feiten jebem einzelnen jener ■iBefen ober bod) einer 3lrt berfelben anjieljenbe nnh abftoRenbe .Hraft i\i- Qkxd) beigelegt. So mirb in ber gemöl)nlid^en pl)i;fifalif(^en 3ttomiftif hm
Äraft ift nid^tS Ur^jitüngac^e«. 61
Örunbatomen ,vuar, ine(d)e bie •i^ernpunfte ber 5)?aterie bttben, nur an- ^iel}cnbe .t^rnft 5Urteid)ricbeu, bie 'Jltljerntoine [)iiifleöcn foüen }iä) suöteic^ unterctnanber abftoficnb unb l]Q\]^n bie Örunbatome nn^ieljenb üerf)alten. .t)ier briurtt 'i^iett)cit, unb j^umr C^Jegenfa^, in ben innerften Slexn cineö jeben ttljeratomö. Treffen 'il^efen foll eben barin beftet)en, bafe es fic^ in ftrenger Ojleic^j^eitigfeit liegen bas eine ättoni an?|ief)enb, gegen ha^ anbere abftof^enb uerbnlt unh .yunr — uias u)oi)l ju beengten ift — biefe äBirfungSiueife ift eine urfprünglic^ urfacfilofe. 3cbeö einzelne 3(t()emtom, and) lüenn eö nie auf anbere 2ltonie luirfte, bat uon ^am axm alä fein inneres 2ßefen auQuuicbenb jiuei unb jiuar '^mä entgegentiefe^te .Strafte a(ö urfprimfilid^e 'ikfi^tünier. Xaf^ bicr, wo ^^mci entgegengefe^te 'i^eftinunungen in ein unb baöfelbe Subjeft bi'^t-'iiUU'bai^t merben, bie uoranögefe^te t5'infac^t)eit bes %to\m aufgegeben luirb, (endetet ein. ^atjer nuic|t iid) auc^ inimerme^r bas 'ik'ftrebeu geltcnb, jebeni ber Sttoine mir eine .Hraft, entioeber eine, bie fi($ gegen alle '^Itonie abftoBenb, ober eine, bie fic^ gegen ade an= jiebenb uerbält, beizulegen, ober gar bie 9Ibfto^ung nur als eine ?^olge ber "ißec^felioirfuug in ber ^erübrung aujufeben.*)
35. ^thoö) awd) baniit loirb ber ftrengen CSinljeit unb Selbftänbigfeit ber Sttonie mä) nic^t genügt. '^Mrb nmnlid^ baö 3ltoni atö urfprünglic^eS .Hraftmefen angefeljen, fo ba^ biefe Kraft urfac^loö in benifelben als uon Crioigfeit ber inneioo()ncnbe (i'igenfi^aft betrai^tet loirb, fo l;ijrt baS 9Befen auf, abfohlt ju fein. Xtnn äln^iebung unb 3lbftofning ijat hoä) offenbar nur 3iun unb .^ebeutung in '^e^ug auf anbere ^-h>efen, luorauf biefe iträfte gerichtet finb, unb u rfpriinglii^e 3(n?)iel)ung ober Slbftofnmg fe|t jene ^e^ieljung gleii^falls alö urfprünglidj norauö. 3(uf bie g^rage, maö ift ha^ 3Itom? '2ßaö ift eö für \iä), and) wenn eö nid)t auf anberes loirft, fonbern gan^ uereinjelt für fi^ []ehaä)t luirb? hierauf hnn nur geantwortet Uterben, inbem bie 2tntiuort nic^t biefeö adein, fonbern and) anbere äßefen mit einfc^lief3t. ^aö ^iiJefcn ber 3ltonic fann alfo nur beftinunt luerben, inbem es auf etroas it)ni nid^t^^sugeljöriges, fonbern frembes, luelc^eö itjui gleic^uiol)l loefentlid) ^ugeljören foll, belogen wirb. Sinxy. es wirb nic^t abfohlt, fonbern nur relatiu, b. (). in ^)ielation ^u anberen 3ltonien gefegt. 3tber alles nur relatio fersen, fabeu wir frül^er (9h. 22), (jei^t nii^ts fe^en. ÜbrigeuQ werben loir aud;, fo lange bie .Hraft als urfac^los ober urfprüng= Ud) im '^tom gebadjt wirb, ben :ii>iberfpruc^ eines (^-jefi^efjens otjue Urfac^e nic^t los. 9Jiag immcrl)in bie Kraft als unjertrennlii^ uon beni ©toffe.
*) 58gr. ®. ^anfemann, 2)ie atome unb i^re Scivegungen. 1871. $8gr. baju bie 3fiec. in 3t. f. ej. ^f). X. 63.
62 Äraft i[t ni*t« Urf^3rüngrid)e§.
alö iftxem ^täner, außefeöen merbeii, menn eö ntc^t mö^^lid) ift, baä 3ttom felbft nlö ttie Urjac^e tiev Älraft ju begreifen, fo luirb man beörifftirf) ent= juebcv eine Tljätigfcit neben bem ©toffe, luenn [ie aurf) faftifd) nid^t üon it)m ju trennen ift, baben, ober eö roirb ha^ 3ltoni felbft (ebiglic^ alä Äraft beftinnnt nnb bmnit ber (!>3ebante einer ST^ätigfeit otjnc Xt)ätißeä loieber auföenonnnen. l^dlcin bieö gefrf)iet)t aud) im erften ^aUc, bcnn t)ier befielt bie S^bätigfeit borf) für firf), menn auc^ faftifc^ ni(^t abtrennbar oon bem 'ffiefen fetbft; fie ift nic^t ^^olge ober 'iisirfunö bes äßefenö, fonbern ift für fi(^ ein abfohUcö @efd)cl)cn. ©efe^t: iia'^, 3cienbc fei A nnb feine tt)m luefentUi^ jugcbörige Jt^ätic^feit fei a, fo foU jioar a nii^t bie Qnalität beä A anömac^en, benn fonft fämen mir mieber auf bie oorige 3(nnat)me t»on Gräften ol)nc Xräßer jurürf, fonbern A tjabe feine befonbere Ünalität, nämlic^ A nnb anf3erbem bie Kraft a, fo aber, ha^ a iirfprünglid) unb mcfentlicf) 5U A i3el)ürt. 9lnf bie ?J-raöe alfo, mas ift haö äßefen A? er; l)telte man bie 3intmort: A nnb a. 2)aä miberfprid^t bem begriffe beö ftrengen intenfiucn Cl'inö, me(d)cu mir oben in betreff beö Seienben gettenb machen mußten, tiefem 'begriffe mirb no(^ mebr miberfprocien , modte man bem A me^r alä eine urfvrüngU(^e c^raft, fei eä gteic^^ieitig, fei eö nai^einanber, beilegen. ©0 fommt baburi^ bie Ungereimttjeit in ben 'Begriff beö 3eicnben l;inein: a in nic^t obne A, bO($ bas gel}t nod^ an, benn a foll ja ni(^t§ für fid) allein fein. 3tber nmn mü^tc eben fo gut fagen: A ift nid)t ot)nc a, benn a ift bie notmenbige unb mcfentlic^e 'Beftimmung oon A, unb hoä) ift a nur eine Kraft, ein (^efc^eljen, meldieö iid) auf attbere 3Befen bejJiieljt. !Daö ljeif3t aber, baä Seienbe ju etmaö 'i^ebingtem machen unb ^mar ju dmm, baö bebingt märe üon einem (ijefdjeijen , alfo üon etmaä, ha^ felbft nid)tö fc^led)tbin :}vealeö, fonbern nur ein '^öebingteö ift; unb auf3erbem ift jeneö ('»icfdjeben, bie 'ikbingung beö Seienbcn, fogar baä ®efd)eben ober bie Kraft tb^n biefeö Seienben felbft. (^ä mürbe alfo nic^t nur überbaupt baö %i)im §um Örunbe beö Seins, fonbern baö ^^un beö 3eienbeu jur Urfai^e eben biefeö 3eienben felbft gcnu\d)t. ^w biefe 2ßibcrfprüd)e uermtrfcln fid) fonfequenter 'ii>eife alle biejenigen, meli^c bie Kraft als bas urfprünglid)e, luitiuenbige (Eigentum bes ^ii>efenö anfet)en.
36. 3o UHU- eo ein (^hunbfaü ber 3toifer: feicnb ift nur, maö mirtt ober auf fi4 mirfen läf3t, unb barum ncljmen ii( altein förperlidtie Subftantialität an, meil tl)atfäd)lic^ hai, maö mirft ober auf fid) mirfen läfet, unö überall alö etmaö Körperlidieö gegenüber tritt, ^eögleid^en fe^en 2)eö;6arteö unb Spinoja ha^ 2i5efcn ber Seele in baö, maö fie tt)ut, in baö CDenfen.*) (Sbenfo beftimmt l^eibni^ baö SÖefen ber
*) ©. 3t. f. cj. ^^. II f. 130.
^etnlPtrlfung. 63
Subftan^ olö ."(Iraft.*) ©(^opeutiaucv mnc^t moi)l bte rid^tiöe ^ik= merhmfi, jebeö 6etenbc nüiffe eine itjni eirteutümlii^e 'Jiatuv t)aben, bio eä ftetä bef)auptct, bie abfolut fein muffe, aber alö biefe !9Jatur lüirb otjue löeitereö ha§ ißirteu aurtCrtcbcn.**) 'J^t bie öciuöl^nlicbe neuere pbgfitalifcfie ^(toniiftif enbli^ ift ec j^leirfjfallö ci^araftenftif d) , ba^ fie nlö baö iBcfen bev Sltoine bie >*<lvaft anfiel)!. Xer vvcbter bevjenit^en, iuelcf)e baö 'ii^efen bes Seienben in bie .Hraft fe^en, lies^t barin, bafe babnrcb ha^ ©eienbe feine abflefc^loffene innere tSinbeit wnt} ^^(bfolut^eit uerliert. Daä ^-Kicbtige an biefem ^^unfte fd)einen bie alten ^Dfegarifer rteabnt ^n Ijaben. ^ni Öeflenfaöe ju 2lriftoteleö oeriuerfen fie eine bem 9iealen luefentÜcb ii"ö notuienbiß inneiuobnenbe övvtxfng, unb meinen, man bürfe nur hanw üon einer ilraft fprec^en, wenn fie mirflic^ ttjütig fei. Xarin fc^eint bie (i-rtenntniö auiu'beutet, baf3 bie .Hraft nic^t etiuaö bem ^){eaten mefentiicb 3uflei)örioeö ift, fonbern etuuiö ^iif'iüii^i^ö, b. t). loaö nur unter beftimmten llmftänben auftritt.
37. WiÖQ^ nun bie ^ißirffam!eit alö bas 'ißefen, als bie Qualität felbft ber ältonu', ober alö etmaö '^efonbereö, aber ?|Um SBefen ber 2ltome notmenbig (^3el)örenbeQ angefeljen luerben, ba^ man eö in beiben fällen ftreurt rtCJiommen nur mit einer urfad^lofen .Slrafl, einem abfohlten äl>erben im iUeinen ^n tl)un babe, ^eigt fid) befonberö, luenn man eriuägt, ba^ bie i^raft über ^a^ iöefen felbft binauö^eben foü. ^)iad) ber rtcii)i3l)nlic^en pt)i)fifalifc^en 3ttomiftif nämlic^ foü baö 3{tom eine unmittelbare actio in distans ausüben, alfo umgeben fein uon einer .Slraftfptjäre, bereu :^ntenfität mit luac^fenber (Smtfernung abninuiit. X)aö 3ltom foll bennutdb luirfen, Yoo eö felbft nid)t ift. 3" berartigen Webanfen bntte nanumtlic^ ^iewton'ö (AjraintatiouQgefe^ 3>eranlaffung gegeben. 9iacb biefem laffen \i^ bie 58e= luegungäerf^einungcn ber ^innnelöförper auf eine ilraft 5urücffüf)ren, welche im bireften 'Iserljältniffe ber, "iüfaffen nn^ im umgefeljrten beg Onabrateö ber (Entfernungen je juieier Körper ober .Svörperteilc^en nnrlEt. igierbei bebt nun 9ien)ton auöbrücflii^ b^'-'oor, ha)^ bannt feineöroegö eine unmittelbare ii^-ernuiirfung eineö Hi)rpcrö auf ben anhcxn hnxä) ben abfohlt leeren ?Kaum geleljrt werbe, er ertlärt im ('»iegenteil biefcn Webanfen für ungereimt uub forbert 5ur (irflärnng ber gegebenen ^•ernmirfungen ein ucrmittehibeö Slgenö. Xeögleid^en wirb ber (^kbanfe an eine "iBirtung in bie i^erne burd) h^n abfoint leeren 9iaum uermorfen oon i'eibnis, öaffenbi, ®eä = (s;arteö, ^ll^olff, mää) \:;e^terer and) bie inagnetifc^e
*) ©. 3t. f. (K. '^i). X. 9. **) ©. 3t. f. e;i-. ^^. VII. 308.
64 i5f'^"*^^i'^f""9-
imb eleftrifc^e 5In5ief)ung hmä) hk 2tniia!)me erflärt, ba| bie Jlörper, uield)e eiiianber nn^uj^ie^en fd^ciuen, burc^ öß'^'iff^/ unferer 2Bof)i'nef)muufl fi^ cnt5ief)enbe ine(^auifd)e Uvfaclen }:5egeneinanber getrieben iwerben. 'Jlljiilid^ urteilen aud^ bie uoräüglic^ften ''^()t)fi!er jener 3fit roie ^^laii- pertuiö, ^efage, 33iot, Strago u. o.
älbcr alhnäljUc^ geiüöljnte man fid) an ben (^Jebanten an eine un= mittelbare ^ernunrfung unb trug fein 'ikbcnfen, berartige Gräfte ben 'ißelttörpern alö urfpriinglic^e (Sigenfc^aften beijulegen. -Con t)ieraug war eö nur ein deiner Schritt, 'ba^i, maö im Wrc^en angenonunen luar, auc^ auf baö .^llcine unb Kleinfte ?in übertragen \m\) alfo jebes 9ltom ]i6) gu ben!cn als Präger uon .Svräften, melf^e über iia^ 'ii^efen felbft binauöreii^en nnh uiirten, luo biefec jelbft nici^t ift. 3« Kant meint fogar, ein jebes T^ing im 9ianm mirt'e auf ein anbereö nur an einem Crte, wo 'i)a^ ^Birtenbe nid)t ift.
Öegenmärtig fängt nmn luicber an, baö 'UMberfinnige im ©ebanfen ber unmittelbaren A^ernwirhmgcn ju füljlen unb ift utelfa(^ bemüljt, bie gegebenen 'ißirtungen in bie 'Jverne auf eine Ssermittelung juriKfsufiU^ren, fo ha^ man faft fagen fann, bie abfolute ^^ernunrfung ift je^t fc^on ein überunmbener (ikbanfe.*)
Sie äöiberfprü^c in biefem (^Jcbanfen liegen einmal barin, bafs ber abfolut leere ^kum jum Xräger eines ©efe^eä gemad^t luirb. S)enn bie 'iöirfung ber fernuurfenben Mraft foll geringer werben, je weiter fid^ bie betreffenbcn .*i^örper ober ^-Jttome uon einanbcr entfernen. Sott I)ier ber leere ^'Kaum baö Ouantum ber 'ilUrfung oerminbern? Soll haQ, inaö nidl)tö dkakö ift, einen 'ii>iberftanb leiften fönnenV ©inge bie 5lraft in ber %i)at burdl) ben leeren 3ianm, fo foUte bie älUrfnng überall gleid) ftarf fein, eö müfUen bie 3ltome ober ^J}iaffen atlgegeniuärtig für einanber fein.
©Ott aufjcrbem baö Sltom ba loirten, wo eöuii^tift, fo uerfättt man wiebcr in ben bereits abgewiefenen ÜiUberfprnd), ber im 'ikgriff einer !J^ätigfeit obne Tbätiges liegt, beim eine fold^c .süaft, bie über ha^ äßefen felbft binauöget)t unb im beeren t()ätig ift, ift in ber %\)at nid^tö atä eine freifd)webenbe .Hraft. 3)er :iiUberfprnd) wirb nur fd)einbar uerberft, wenn gefagt wirb, fie werbe bodf) getragen uon bem '^Itom, uon meld^em fie auögc()t. ^n 'ii>at)rl)eit ift bie .suaft in allen "punften, weld^e aujser^ tialb bcö ä^efenö felbft liegen, eine 1t)ätigfeit otjue 2t)ätigeö, ein 'iiJirfen,
*) D. glügel: a5ie ©eeleiifrage. 1878. ©.61 ff., 6.5. Sorncliug: ©runbjüße einer OToIefufarjjii^ftt. 1866. ©. 8 ff. Serfelbe in 3t. f. ej. ^^. XII. 155 ff. u. aib^anblungen jur ^Jaturkriffenfc^aft unb 5pft)d^oIogie. 1887. ©. 35 ff. Äramät: Saß «Problem ber 2«aterie. 1871. ©. 106 ff.
j^fernhjtrfung. 65
uieldieö 00115 hri Veeren fi^iuebt. Die Un0eieimtf)eit , uiel(|e im SSegriffc einer reinen 'Jl)ätiöfeit oljiie realen 3:^rä0er Ue^t, unrb erft bann voii- ftänbirt befeitint, luenn man bie Xljätiofeit ftreng auf ha^ S^ljätige befc^ränft, jene iiid)t tueiter alö biefeö reichen lä^t.*) 91llein auc^ fo ift ber --Begriff einer urfarl)lofen, urfpri'uißlic^en ilraft nnb baniit beö !l)naliömnö, melci^er 6toff unb Kraft jebeö alö etums Selbftänbioeö, luenn a\\6) nid)t oon ein; anber §n trennenbeö betrachtet, nod) nii^t uermieben; bies ift erft bann ber ^-all, mcnn eä öelingt, bie Kraft als eine '^ol^e beö äBefenö felbft an^ufeljcn. )Bk ift eö aber möglich, bie Kraft alä eine ^olge beö 3(tomö unb biefcö alö bie Urfac^e ber Kraft 511 benfen, o^ne ben ftrcngen 33eöriff beö Seinö, weldier boc^ uom 3ltome gelten muß, ^u uerlc^en';' Denft man, ha^ eö bem 9Itom mefentlid) ift, Kraft ^u erzeugen, fo fontmt man auf ein ^Uobu5,ieren , ein äßirfen oljne Urfac^e surüct; benft nmn, tia^ 3Itom beftimme fic^ felbft ^ur Kraft, fo lodre bie Urfadje ber Kraft eben jene '^eftimmung, biefe aber ift felbft ein Öefc^etjen, luelc^eö einer Urfai^e, eincö tiefern ^^mpulfeö bebarf u. f. w. 3)iefe 9fieit)e mirb unenbUc^, ein Smpulö inartet auf han anbern, unb fo mirb baö []an]^^ @efc^el)en l)infälti0. Sooiel ift erfic^tlid^, menn bie Kraft eine J-olge beö SBefenö fein foU, fo fann ein äi^efen allein nid^t Urfaci^e ber Kraft fein. Man oerfuc^e eö alfo mit met)reren ^ii>efen. Man benfe 5unä(^ft jiuei. 3Benn ein äBefen ifoliert mc|t Kraft äuf^ern fann, fo loerben natürlid) jioei, ot)ne alle Söejieljunö 5U einanber, bieö an^ nii^t uermöoen, beim für jebeö berfelben ift eö ja bann gerabe fo, alö ob i>a^ anbere gar nic^t oor^ banben loäre. 4)ie beiben ^ilsefen luerben alfo in eine '-öejieljunö §u ein= anber treten muffen, ätber fönnen fie t>a^'? ^^hc^ ber beiben ift nad) ber 3.^oranöfe6unö ein Seienbeö im ftrengen Sinne, alfo abfolut einfach, feineö loeife uon bem anbern, feineö ^at eine 3:^enben5, baö anbere jn fud)en. Soll alfo üon einer '^e^iebung jineier abfoluten äöefen bie 9^ebe fein, fo mufe bieö eine fotd^e '^e^iebung fein, bie iebein ber beiben äÖefen §ufäUig ift, bie, ]i\: mag eintreten ober nii^t, baö ^JBefen felbft qualitatiu lö^t, lüie eö ift. (i'inc berartige Sejietiung ber äßefen 511 einanber fann
*) SBir erinnern nod^ einmal, bafi l^ier immer nur bie SRebe ift öon bem, Wai begriffti^ ben!6ar ift. ^ür bie SRed^nung, meldte allein bie in geiviffen räumlid^en öejiel^ungen beftel^enben ÄraftöerpUniffe feftäufteßen fuc^t, genügt, luie bereite gefagt, bie Slnnal^me öon Gräften, bie üon getniffen fünften ani nad; einer gunttion ber (Entfernung anrfen. Dh aber eine actio in distans burd^ ben abfolut leeren 'Sia\xm l)in ftattfinbet, fann gar nid^t auf ®runb bon 2:i^atfad^en feftgeftellt loerben, loeil eö fic^ nie tuirb au8mad;en laffen, ob ber betreffenbe 9?aum, ben man gemeinl;in für leer anfielt, aud^ ioirllid^ abfolut leer ift, ober nid^t.
glüflel, J)te ^vofcUme ber ^IjilofoMie- 5
66 Siird^bringUd^feit.
nur eine dufeero, ein räumUi^eö Sagenuerf)ä(tniö , ober ein Drtön)e(f)fe( fein. 3'^ V(iinntid)ev .'Qinfii^t nun fönnen t)ie uerfc^iebenen '2i>efen entiueber (UiBcreinauber mit ^^^'if'ilt'ni'auin , ober nneiuanber, ober ineinanber fein. Cl'ö Ieud)tet ein, lia^, wmn uuoermittelte ^-erniLurfungen i'iber^anpt un; 5uläffio finb, 'Befeu, loelc^e fid^ in bcr erften ^a(\t befinbeu, feinerlei 'llMrfunö auf einnnber auöiiben fönnen. (ibenfoiyenic], menn fie nur an^ einanbcr finb, oljne ba^ etmaö non i!)nen in Surc^bringung begriffen ift. T'enn fclbft, menn man bie äi>efen a(ö nrfprüngtic^e Hraftwefen anfe^en, aber bie Kraft auf boä äÖefen fe(bft befc^ränfen wollte, fobafe es ntc^t loirft, luo eö nir^t ift, fo bleiben ^^lüei ^ii^efen, meldte fid^ im ftarren %}- einanber befinben, cinanber iiöllig fremb unb gleii^giltio, jebeö nimmt eine befonbere Stellung ein, jebeö loirft nur rno eö ift, f bunte alfo auf baö anbere nur luirfen, rv>Qnn baö anbere in feine 2Öirfungöfpl)äre , b. i). in t)a^ '2Öefen felbft inenigftenö teilmeife einbringt. 3{ut3erbem aber bürfen mir bie 9ltome nic^t alö urfprünglic^e c^lraftmefen betrad^ten, mir ge^en ja barauf auö, bie .'itraft felbft erft in it)rem (intfteben ^n begreifen. Da'^u geboren minbeftenö jiuei äßcfen, bie in einer gegenf eiligen 'Sejiel)ung s" einanber fteben. Tiefe 53e5iel)ung fann nur bie äußere räumliche Sage betreffen. Ta nun baö 3(u^ereinanber unb and) ^a^ 3lneinanber ni(^t im ftanbe ift, bie äl^efen einanber uiirflic^ ^ugänglicl) ^u machen, fo bleibt nic^tö weiter übrig, alö baö einzig nocb möglidbe \?agenüerf)ältniö, baö ^neinanber ober bie Turd^bringung barauf bin anjufeben, ob auf biefe ^©eife bie ^U^efen in Umftänbe verfemt werben, in meldten ik ^Iraft äuf^ern.
D. $tttb bie xcakn ^efcn (Jltome) für etttanbet btttrf) bring fir^ ober imbttrr^ bring fir§ ?
38. Ter ©ebanfe beö ^neiuanber ober ber Turi^bringung j^meier ober mebrerer ^U^cfen mad)t .^unäc^ft hm (Snnbrucf eineö 'ißiberfprud^ö. ^nbeffen man ncrfuclje bieten iiermeintlid)en 'ii>iberfprud^ genau ?,u formulieren, alfo jiuei Oilieber anjugeben, bie einanber fontrabiftorifd) entgcgengefebt finb unb bereu ^bentitüt beljauptet mirb. ^llian wirb nid;t im ftanbe fein, bieö anzugeben. Ter Webanfc ber Turcbbringnng bietet ni(^tö in fid) 4i.Ubcrfpred)cnbeö bar, aber freiüdi ftellt fid) ein ^ilUberfprud) ein, wenn nuin bie Unburd)bringlid)feit alo eine U)efentlid)e (iigenfdjaft nid)t allein ber Hörper, fonbern überbaupt alleö ^Kealen anficbt. 'ik^ainUltd) ift bieö uielfac^ bie lHnfid)t ber 'Jltomifer uon ben eilten an biö auf unfere Beit ber gemefen, fie grünbet fid) auf bie Tbatfad)e, X)a\] bie .Svörper bem (i'inbriugen eines auberu einen ^ii^iberftanb entgegenfe^en.
3)urci^bringltd^fcit. 67
3l(ö 3tnarartoi"(iö anfüiß, für öie ^Jcaterie le^te tleiiic ^eild^en an^ 5unet)nten, fo übertvuö er ßauj natürlich juiiärf)[t alle bie iuat)rgenommeneu Giöenfd^afteii bev 'OJJntcrie, luie 'i5}ärme, ^axbc, (^3olb, %id\ä) u. f. lu., auf bereu le^te l^lcnieiite, er iinrb alfo bie (Slemeute beä Mod^faljeä alö geruc^loö, faljiß fd)mccfenb u. f. m. bejeic^net fiaben.*) äöir iiingegeu unffen, ha^ bie genannten (i1ö^»^f<i)tiftcn nirf)t (SioenjcI)aften beö ^Heateu felbft für fic^ finb, fonbern nur in Delationen bes Realen ^uni auffaffenben ©ubjefte ober §u anberen ÜiJefen bcftet)en. ^iBaö inbeö jene fooenannteu (£'ii]enf(^afteu uon Seiten beö 9iea(en felbft beunrft, loelc^e 'öcftimmt^eit bem 3(ealen on fici) ot)nc Dücffic^t auf anbere 'Ä^efen ober ha^ ©ubjeft sufomnit unb beu üon unö it)al)rßenommencn (Jigenfci^aften objeftiu ^u Örunbe liegt, ha^ lüirb otine 3'i'fifel etiuas anbereö fein, alö maö mir lualjrneljnien. ä)ian barf alfo nidjt ol)ne loeitcreö bie 9Jtert"malc ber finnlic^ iüal)rnel;nibaren ^IJfateric auf bereu le^te 33eftanbteile übertragen. 3tuf biefer t)öt)eren otufe ber 3ttonuftif ftet)eu Üeucivp unb ^eniocrit unb bie neueren ^|>t)V)fifer. 3ie feljeu bie an ber 9)iaterie uiüt)rgenontuienen (Sigenfd^aften nic^t alö qualitatiüe ^öeftininuingen ber 3ltonie felbft an, fonbern üielmetir alö ?^olgen ber in 'ißed^felunrfung unter einanber unb mit bem auffaffenben oubjeft begriffenen IHtome. 9iur in 33e5iet)ung auf eine ©igenfc^aft ber 3Jiaterie uuxgt nmn eö nod) nic^t, fie alö eine urfprünglidje Seftimmung ber Sttome felbft 3U leugnen unb fie ii)ie alle anberen nur alö eine ^olge bes gegen- feitigen -Iserbalteno ber 3Befen ju einanber anjufeljen: nämlid; bie lln = burd)bringlict)t"eit. Unter bcn Otiten finb eö luotjl nur bie otoifer, lueldje auöbrüctlid) eine Durc^bringli^feit beö Seienben leljren.**) Soiift aber mcrben in alter unb neuer 'i]cit iik 2Iton)e, alö bie legten ^eftanb= teile ber tDJaterie, mit 5Jeu)ton alö solidae, tirmae, durae, impenetrabiles, mobiles befdjrieben. Unb ^eö^ßarteö fe^te in ätjulici^er 5Ü>eife t)a'5 Sein ber Xmi\^ in it)re i)Xuöbet)nung, foba^ ]k burd) it)r blof^eö Sein if)un dlanm auöfüüten unb anberen ha^ Ci'inbringen meierten. 'iBarum trägt man fo uiel sbcbenfen, beu 3(tomen bie Unburc^bringlid)feit ab^^ ?iUf].n-ed^en? ©laubt nuxu etiua, fonft bie tt)atfäd)lid) gegebene Unburd^; bringlid)feit ber .Ubrper nid)t erflären ?,u !öunenV ^ieö fann ber Övunb
*) 2)em iinberf^)rid}t aud) nic^t bag befannte ^arabogon be8 2lnaj,-ag oraS, ber ©d^nee jei f^iuarj, benn, fügt er ^inju, ber ©d;nee beftel^t au8 2Cßa[fev unb btefeg t[t bunfter Slrt.
**) Stob. ecl. I. 37(j ap^ÖHSi yap avtoi? Öwfxa Sioc öGojuaTog dyriTtapr/Heiv. Plut. adv. Stoik. 37, 45. ^lud) 33] u übt (Öogif ©. 3G2) erfennt an, ba^ Unburd)bring[id}!eit unb Unteitbaricit nid>t ol)nc iweitereg alö ©igeufdtaften be'S legten Subftratc^ ber ^Jjiatciie angefe^en tverben bürfen.
68 35urd^brin0Ud^feit.
lüenigftenö nid)t aüöemein fein, benn biejenißen ^^f)ijfifeiv meldte nur Äraft= pimfte annet)inen, fiU)ven bie Unburcljbriiirtiicfifeit bei* •ilörper iiid)t auf bic ber Sltomc juviicf, foiibern auf bic bcu '^^unfton bcii]clcßteu abftoftenbeu ü^räftc. 'I^eöt]lcid)cn merbcn bei bcn 3ttoiniferii , meiere uuburd)brinö(id)e !Ätotiie mit fevuunrfcubeu .Hiäften ber Sln^ictjuiu^ uub 'Jlbftofnmg auncl)iiien, alle (STf^eiuuuöcn uub alfo aud^ bie lluburdjbriuoU^feit auf bic 'iiUrhiUrt jcuci- Gräfte juriicföcfüljrt, fobaj^ bie Äk'fcu fclbft eiuaubev uic^t ciuuuil bevüljven. 3o ift \)kx bic auöcuonuucuc abfolutc .Sparte ber Sltouie gar nic^t ber (SrÜärungößrunb ber tl;atfäc^Iic^cu Uuburcl)briurtlid)fcit ber ."tlörper. 3lu(^ bei i^eibnij liegt ber ©runb ber tl)atfäd)lid) gegebeneu Unburc^= bringlid^feit nirf)t in beni Sein ber 9)ionaben, fouberu i^i bereu SÖirten, lüieiüoljl ja bei ii)ni ©ein uub 'ilMrfen äufauuuenfaUt (^Jir. 36). Unb Kant crflärt: ,,®ie 9}?aterie erfüüt einen diaum nid)t burci^ itjrc blo^e Gj^-iftens, fonbern bnrc^ eine befonbere beuicgeube .Slraft." I'arnni erftärt er anä) bie ^urcfibringlic^feit für niöglin^, luicuiot)! er feinen OJebraud) baoon nuic^t {Mx. 37).
2rü^ aUcbeni pflegt bennod) jieniUd) allgemein bic Unburc^bringlic|feit ben 3ltonuMi alö n)efentlid)e (i'igeufdiaft beigelegt ju werben. Wiau Ijat l)ieräu in 'iöaljrljcit feinen beffern örnnb, als uurrnm man etwa bie 3ltome bcö Sal^eö für fid) unb oljuc 9iücffid^t auf ein empfinbenbeä Subjeft faljig fd^mecfenb uenucn mollte. ^ie Unbnrc^briugli(^tcit ber "Körper ift uid^t me^r olö ber Saljgcfc^mad eine wahrgenommene (iigcnfdiaft ber 'JJuiterie; eö liegt aber burd)auö fein ^wingeubcr Cs)rnnb uor, bicfc Ci'igenfd)aften alä luefentlid^e ^öeftimmuugcn auf bic legten (S'lcmentc felbft ^u übertragen. 'Äelmcljr wirb bie eine wie bie anberc Gigcufd)aft uid)tö anbercQ alc eine Aolge Der -ilsedifeluiirfung unter ben 'ii^cfcu fein. 3'^ir bie iHunal^nu' abfoluter ^ärtc für bic ^iltonu' laffcn fid) allein fubjeftine (sirünbe gcltcub umc^cn; wir finb cinnml gcuiöl)ut, hiVj, waö mir DJaterie nennen, alö ausgebcljut unb unburdjbringlid) anfjufaffcu, uub fo glauben inele, lueini bem ^JJcalcn bie l'hiQbcliuung ober bic Unburd)bringlid)feit geuonuiuMi wirb, fo bleibe uom ^Kcalcn uid)t'3 mebr übrig, co fclbft nerfd)wiube. .s>infid)tlid) ber äluöbcbnuug nun ift nuin allmäljlid) bod) fd)on cl)cr geneigt geworöcu, ^ujugeben, Dan lUuöbclmnng unb (iTiftcu,'i zweierlei unb buö räumlid) (i'üi: fad)e nid)t 9(ic^tQ fei. Sd)werer l)ält eö nielfad) nod), bacfclbc in 'l^c5ug auf bie Uuburd)bringlid)feit jU5,ngcftcl)cn, aber ber Wcöanfc ift gan;, berfelbc, öuri^bringlid) fein l)eint nid^t ^)iid)tö fein. ^iiHMin cö uuo gelingt, bie 3ltome in ein fold)eo 'i>erl)ältuio :,u eiuau&cr ju fc^cu, ^a^ iie an^icljcnbc uuö abftoneube .strafte äuHcrn, bann braud)en wir bic xHnualjme ber ab; folutcn .'Qärte Der '.}ltome nidn mcl)r, bcnn bann leiftcu bic abftoncnöcu
2)urcl}bftn9licf)feit. 69
.Gräfte 1)00, loaö mau otiua am bor Unt)ui-c()bnnrtlid)tcit bcv l'ltoinc alUcitcn moflte. T^er ^-h>iberftanb, iuold)cn ein .Uövper bem tSiubrinncn cincö anberen cnt^crtonfe^t, ift nlöbaun auf bie abftofH'ubeu Kräfte j\urücf5ufiU)reu, u)clc^e bcu le^teu 2etld)cu bcö Körperö tierabe iu biefer iun'fuüpfuuö eiöen finb. 39. Gö ift lueber bcßrifflid), uod) au^ jur (Srfläruuö ber 2:I;atfoc^eu umnurtäurtli(^ uotmcubtc^, bie iHtonic alö uuburdjbriurtlid^ au^ufctieu, une ha^ ?i. il anä) J^-ricö erfauut tiat. 'Ibcr eiue A'vane ift eö, ob beuu bie 3tuual)nio ber ^urd)briunUd)feit ber l'Uouie uotmeubiö ift. '^ir Ijaben fie biötier uur alö uiönlic^ auöeuouuueu; (ie,at ()ier aiic^ eiue ^iotmcnbigfeit uor'c' ^ie blof^eu Xljatfacbeu alleiu eiitfc^eibeu iu biefcui ^^Uiutte uic^t. 3)ie ,3in'rtii">i*-'ilbriufbarfeit ber 'Diaterie fönute fc^eiubar aui crften ner= uieubet merbeu, uui bie T^urd)briiuUid)feit 5U beiueifeu, alleiu bie 'iUjijfifer pfle^eu biefe tiirteufd)aft niäjt auf eiue ®urdt)briu(juuö ber älsefeu felbft, füuberu uur auf bereu i\raftfpl)äreu ^u be^ieljen. Diefe le^tereu foUeu iu eiuauber briiu^eu, o\)m t)a]^ bod) bie iHtouie felbft cinauber biö jur 'Se= rül;ruua uat)e t'ounueu. A'i'eiHc^ bürfte bie ätuuatjuie eiuer 3)urd)briuöuuö ber Kraftfpljäreu , u)eld)e bod) aud) uidjt ^J(Md)tö finb, fid) beui Webaufeu eiuer T^urdjbriußuuß ber realeu äßefeu felbft nätieru. ^ie ^yvaße, ob wixh lic^ t)k (S"lemeute eiuauber burd)briuneu uiüffeu ober uic^t, tauu uur auf beut äiNe^e eutfdiiebeu uierbeu, iiield)eu mir obeu eiufc^lugeu ^m ^x- forfc^uun berjeuirteu Uuiftäube, luiter meldjeu bie C^leuieute .Svraft äuf?eru. 'ilsir l)atteu erfauut, erfteuö, baf^ bac. 3eiu uid)t im ^ÜUrfeu befteljt, uiel; niel;r uöllio abfolut, ol)ue jebe 'iie?,iel)uurt auf aubere 'ißefeu ift. Xawn füuu aber aud) am beui blofieu 3eiu uiitt bie Vbiburd)briurtlic^feit (^efol^ert werben, beuu biefe fe|t baö iun-baubeufeiu oou abftofseubeu ilräfteu, iuclrf)e baö Cüubriu^eu u)el)reu, oorauö. ~ii>ir l)atteu ,yoeiteuö erfauut, bafe alö ber alleiu uiöc]Ud)e 'i^ali, iu uield)eui eiue .Uraft fid) iu beui ©eieubeu eut= lüicfetn fauu, bao .Vii'iiii^iiber ober bie Turd)briurtuuo uerfc^iebeuer 'ii>efen iibriö bleibe, meil ber ^-^^e^riff ber Mraft erforbert, eiu ^il^efeu föuue nur ba uiirfen, \m eö aud) unrfltc^ ift. 4^a bie •:iisirfiiuö5fpl)äre alfo uii^t über bas ^ii^efen felbft l)iuauö reid)t, fo muf3, meuu überl)aupt \)a'j ^in- uürfeu eiueö iöefeuö auf baö aubere feft^elialten uub erflärt merbeu foU, baö i^iii-'iiwnber ober bie X>urd)briurtuurt alö bie uotioeubiße 'Isovauöfetiuug, alö etmaö Teufbareö uub JlUrflic^eci augeuommeu uierbeu. T^ie 'iseruierfuuö einer ^'t-^rninirfinu^ burc^ hcn abfolut leeren 9iauiu, uub bie 3(nnal)ute ber l^urc^briurtlic^feit ber 3ltoute l)äurtcu auf baö inni^fte .^ufaninieu. leugnet utan einuml eiue ^-evniuirfuni\ im obigen Sinne unter ben 3ltomen, fo miif; man notuicubig eine T)ur(^brinnlic^feit berfelbeu oorauöfe^en, t)^\m eine ^erniüiilung bei unenbli^ flciuem 2lbftanbe bleibt nod) immer eine
70 3?crfcl;tebene CluaUtät.
^criuüirfuiu't luib iintcrliertt bcnfcl(ien 'Ik'bcufcn / uic(d)e )iä) gencn eine "ii^irfniii} in bie ^-crnc übcvl)aiipt rtcüenb niad)en {'Oix. 37). 'iiHrb nlfo eine actio in distans bnrd) bcn abfolnt leeren ^Kanni anf^eneben, une bieö jcfet nnter ben '^intnrforfc^evn immer allgemeiner uiirb, jo ift ber nädjfte 3(^ritt, ber notiucnbiö weiter nctl)an luerben mnft, bie ^nrd)brinölic^feit ber 3ltonie jnjnlnifen. 3)tnn rnfe fiel) ic|t bie Wrünbe ^nrücf, bie nnö üerboten, noranö; jufe^en, ein 2(tom fönne für firf) allein bie Urfacl)e ber Äraft fein, eö 6e= bürfe üiefniefir minbeftenö ^lueier 'ii>efen, nm baö t5-ntfte()en ber .^raft bcnfbar jn mad)en nnb ,vuar f^iueier 'ii>efen, meiere luenit^ftenö teihoeife fid) an einem nnb bemfelben Drte befinben, alfo einanber teilnicife bnrc^^ bringen.*) 3ft l^iermit bie (5nt[tel)nng uon ilraft erflärtV Cl)ne S^^^^if^l foÜ bod) in bem 3i'ff^iJii"(-'n mefircrer einfachen Sefen ber (S'nt[tel)nn!.]ä= grnnb ber ilraft Heften, ^-ülgt nnn baranö baö 'iBirfen, ober mnft man nod) anbere -i^orauöfeönnöen I)injnnef)men? Offenbar !ann bie 3Öirffamfeil nnr ein ßegenfcitii^eö reelles T^erbalten ber 5{tome felbft fein; ein reelleö ^^erl)alten aber ift hk blof? ränmlid)e Tnrdjbrinrtmu; nicl^t, biefe bietet nnr bie ändere, formale ^)Jiögli(^feit ber 2Birtfam!eit. ^as eigcntUdje reelle 'Iser()alten tann nnr etiuaö fein, luaö uon ben '^i'efen felbft al§ folcl^en, b. I). uon i(;rer Cnalitiit anöfjeljt. Tie Hraft u)irb alfo angefel^en uierben muffen alö ein geöenfeitigeG, qnalitatiueö 'Ikn'fjalten mel)rerer 'ii^efen im 3nfammen. Xa nun feine ^JJiönlic^feit uorljanben ift, bie eit^entlic^e ünaliät ber iHtome au nä) jn burc^fc^anen, fo finb über biefelbe nnb haö iinalitatiüe 'l^erbalten ber :il>efen ^^u einanber nur formale 'öeftinnnuni^en ftattbaft, mie bie A^'^^Ö^'' '•''^^ ^^'■' Qualität ber 'iik'fen einfach ift, ob fie bei alten !ißefen biefelbe ober 5,11m Teil uerfdjicbeu ift, im le^teren A^^Ue, in meli^er 3Beife fie oerfd^ieben ift. Über bie (5nnfac^l)eit ber Dualität ift bereits ge^ Iianbelt (^tr. 17). '^i'ir treten bal^er an bie ^"taße nai^ ber Öleic^fjeit ober Ungleid)l)cit ber Qualitäten t)eran.
E. §tttb bie teakn pefen (^tome) von jjfeir^er obex tJerfr^iebener <^uafttät ?
40. ^ie 3(nnal)me ber qualitatiuen ('!5leid)l)eit aller 3(tome bürfte moi){ für bie einfachere gelten, nnb märe eä möglid), unter ^-eftbaltung biefer i^orauöfe^ung M^ Wegebene ,yt erflären, fo uerbiente fie oielleic^t eben aU bie einfai^ere ben 'Borjug uor ber anberen. tiefer SBeg unirbe
*) 9Iuci^ Äant Ic^rt in feiner »orlritifc^en ^criobe, ba| fein SBefen für fidj allein ^rinji^J einer iU^änberung ober eincS ®efc^el^cn8 fein fönne, fonbcrn bafi ba^u ber 3ltiüi mel^rerer 5Ißefeu crforberlid^ fei.
58erfdjiebene Cluatität. 71
uoii Don alten l^Üoniifcnt ciiu]ef(^(atUMi , fio cvnävten bic i'(toiuc alle in ^)xiicfnd)t auf baö, luaö fte iinh, für einanber gleid) (be.yu. nlcic^öiltiß), uer= id)icbeu nur an 05eftalt, Oiröjie unb 'ik'iDetynuien. T'ie neuere pl)i)HfalijcI)e l^ltonüftif in ber rteiuöl)nlid)en Aai'funa [ieljt nieift aud) von ber ^lHn-fd)iebcn= l)eit an OiröjV unb Ojeftalt ab nnt\ fi^reibt il)nen nur eine -Iserfdiicbenljeit ber .^eiüertuurt'jfräfte (iJlnjiebunj^ unb i?lbÜo(5nniO ,^n. ^m Übrigen follen bie 3ltonie untereiiuinber uöllii^ ijteid) fein, ja auf bao, iintö fie fiub, uürb gar feine 3iücffid)t genoninien, bicfeö tommt als etiuaö uöUicj Ölcidjgiltigeö bei ber 5tbleitunc^ ber (5"rfd)einunc]en iueift gar nic^t in '^etrai^t. :^nx (irtlärung ber tl)atfäd)lic^en i)(aunirtfaltigfeit ber ^JJaturerfd^einungen unrb alfo von biefer 'Jlrt ber 3ltonuflif breierlei gelteub rteniac^t: bie -ikrfd)ieben; Ijcit ber gegenfeitiöen t'aöe, ber iiuantitatiuen 9Jafd)ungöüerl)ältmffe nni) ber ^eiuegunoöDorgnuge ber ^Üome. ^^(llein babei ift bie beljauptete quali^ tatine 031610^1)611 aller 3ltome, infofern il)nen uerfc^iebene 'öeiüeöuuööfräfte beißelegt mcrben, bod) uneber auföegeben (3ir. 34). ^enn biefe 33euieounöö:: fräfte bat man Ijier alä bie eioicntlidjc Dualität ber 3(tonte anjufel)cn ; benft man nä) nmnlid^ biefelbeu uou einem 3ttom l)inii)eö, fo bleibt von iljm nid)tö übrig; man nimmt alfo bod) ftillfc^ioeiöenb eine Strt uon ctualitatiuer -■l^erfd^iebent)eit unter htn 3ttomen an, bie eben barin befteljt, baf? bie einen an^ietjenb, bie anberen abftofjenb mirfen follen. ^oc^ ift biefe 2lnnal)me, abgefeljen baoon, baf^ fie uug in 5h5iberfprüd)e oeriuicfelt, nic^t im ftanbe, bao tl)atfä(^tid) Oiegebene ?,u erfUiren. T)enn eö ift unmönlic^, bie gegebenen, nid)t aufeinanber juri'uffübvbaren , d)emifc^en Xifferenjen lebiglid) als wer; fc^icbene ^-öemegungä ; unb 0)leic^gen)i(^töuert)ältniffe ju begreifen. Unb etinaä anberes als ^i^eiüegungö= unb Ciileid^geiuidjtöuertjaltniffe ()at bie be= fprodiene A'öffinig ber Sltomifti! pr (Srflärung bes 3rt)atfdd^lic|en niä)t ,^u bieten. iÖenn biefer 3trt ber ^Itomiftif fdion niele d)emifd)en (E-rfci^einungen unbegriffen gegenüberfteben, fo uod) wiel meljr bie geiftigen (S'rfc^einungcn ; bcnn auc^ biefe fönnen nad) it)r nidjtö anbereö alö Icbiglic^ 'l^eiuegungö= uorgänge fein. 3tun aber ift ber elementarfte geiftige 9llt, bie (i'mpfinbung, ein rein innerer ^iiftanb uon beftinuntem gualitatiucn 6l)ara!ter, unb eö ift bemnad) f(^led)terbing'j nic^t ab:iufel)en, mie eine --öeioegung alö folc^e, alö rein äufserer iüirgang, in einen inneren, qualitatin beftimmten um= fc^lagen follte. Tie (S"infid)t in biefe fpe^ififc^c 'Iserfc^iebenljeit, meiere ^raifdien geiftigen unb '^emegungsuorgängen befteljt, fprei^en fd.)on \)k eilten an^, fo fe^t '^lutard) (adv. Colot. 9 u. 10) an ber 3Üomenlel)re auö, auö xi)x (äffe fidi töo^l Sto^, T^rucf unb '^emegung ableiten, aber fein innerer 3"ft(^n'^ {Ttä^os), fein geiftiges C>5cf(^el)en (atö^Tjöt^, vovg, (ppovTjöis). Unb biefe (Srfenntniö ber Unüerglcic^barfeit ber geiftigen ^u-
72 SOerfd^iebeitc Qualität.
ftnnöo mit 'öcuieguiu^öuovrtanöcii bvi{^t fii^ anä) in bor Oki^cuioart inimcv niel)r 33al)U {^Ix. '■J2). (vjefc^t aber, cö luärc bic Ci'inpfiubuns^ iiti^tö, alö eine 'i^etuegunö eineö 3Uonieö ober eineö 3itouient"oniplercö, fo inäre bie 3;l)0tfad^e beä g(eid)^eitirten 9(uftretcnö nicljrercr (S'mpfinbnnrten in einem ©ubjefte unmög(id). Tmn biefc uerfd^iebenen tS'mptinbnnflen müfUen bod^ aiid) mieberum üerfc^iebcnc 'i^emeßungen eincQ Sefenö fein, ucrfi^iebene Bewertungen eineö 3öefeu§ aber fe^en fid) ^^u einer refiiltierenben 'i^e; megung sufammen. (i"ö luürbe bemnad) am mebrereu ^tcidi^eitigen (Ämpfinbungen eine mittlere jufammengefe^te refnltieren, etma auö. rot unb blau luürbe niotet u. f. lo. Xcm unber|prid)t jebod) bie (Srfatirnng auf hü'i beftimmtefte, mir fönnen rec^t gut nu'brero iierfd)iebene (Sm- pfinbuugen, bejm. Crmpfinbungönorfteilungen, 5,11 glcid)er ;]eit bnben, ol)nc t>a'\\ 'i)axam eine mittlere refultiert.*) 'iUehne()r bel)ält jebe ein,5,elnc ibren qualitatii) beftimmten Cil)arafter. ^ie '^(nnabmc blof?er 'öcmegungöfräfte genügt alfo meber bem ftreng begriffömäf5igen X^enfen, nod) ber (S'rfatjrung. 2)iefe ^ijpotljefe aber l)cingt mefentlic^ bamit ^nfammcn, baB man uon ber eigentlichen Dualität ber ^^Itome gou;^ abfielt, äßir gelten barum ^urücl: äu bem, luaö mir bereitö gefunben Ijatten. (i'ö ftanb unö feft, t>a^ 03ef($eljen ober bie Kraft ermadjt nur im 3in"annnen mel)rerer äBefen, fie felbft ift ein innerer ^Sorgang, ein ^ißed)felmirfen ?,iiieier ober nu'l)rerer quatitatiu beftimmten ^li^efen. 9{n biefen allgenu'inen 'i^eftinnnungen barf nii^tö ge: änbert merben, moUen mir nic^t mieber in bie alten Sdjunerigfeiten unb äßiberfpriid)e nevfallen ; baran miifjten mir feftbalten, felbft menn mir bie 9Irt unb 'ii>eife, mie fid} bie 'il^efen gegenfeitig jur .straft beftiuunen, ni(^t angeben fönnten. 3omel läfU fid) inbeö gar balb crfennen, baf^ biefe 'iÖed)felmirfung in einer f|ualitatiuen "Innf diiebenbeit ber iHtome be-- grünbet fein muß. Tenn fe^cn mir einnuil bio oölUge gualitatine OHeid)-- beit aller realen 'il^efen uoraus nnti nebmen an, bie fonnalc '^-^ebingung ber ':lik'd)feliinrfung, nämlid) baö ^ufanunen ,vucier ober mebrerer -ilvefen, fei erfüllt: maö fönnen fid) '-li^efen, bie einanber luillig gleid) finb, aiUbun':' wa^ fann biefeö 3in"ö"iiii'-'ii fiii" ^i''*-' ^'^^^^ Jyolge tjaben":* ^ii>enn Wleic^eo mit 0lei($em ,^ufammengefaBt luirb, fo erljält nurn nid)tö neueö. inin 5,mei ober mef)reren uöllig gleidien ^Äsefen tann feines bem anberen etmao bieten, ma§ biefeö nid)t and) in fid) bat. Unb gefeiU, eö l)ättc baö 3ufanunen 3imcier uöUig gleid)cr iHtome einen realen Crrfo^fl/ cä entftünbe alfo, menn Ai unb Aa jufanunen mären, eine .su-aft ober ein 3iMtanb in Ai unb Aa,
*) ©. Äramar, a. a. D. 89 — 9'J, unb D. ^lügcl, 3)tc ©eelenfragc, 1878, Seiuegujig unb ßm^finbung, ©. 34 ff.
3Jerfc^iebene Qualität. 73
10 iiiüfUc öcrfelbo uotuKMibirt in bcibcit (\an}, gleiii^ fein, bcnn er iimre bie Mituurt oölU(j rtleid)or Uriad)cn. tS'Ci luürbe fid) lüciterljiu buvdjauö lüc^t abfcl)cu Inifeu, iine jcmalö ein anbeier o"ftanb (.Slraft) eutftetjen tonnte, uienn alle iHtome einanber (lualttatiu ^leid) innren. .spöd)ftenö fönnte biefev Snftanb intenfiu ftävfev merbeu, je meljv 4isefen non bev Onalität A mit einnnbev in T'uvd)briurtnnrt be^viffen mären, nnb eö luürbe abennnlö ber ^l^erfnd) (^eniad}t merben niüifen, alle t^H^ebene Diannirtfaltißfeit nic^t alö eine fpe5ififd)e 'iHn-fdjiebenljeit, fonbern mir als örabnelle oteißernn}] ober i^erininberiuiö eineö unb becijelben Snftanbeö ober einer .siraft anfsufaffen. Unb baö tft eine unlööbare lUnfijabe.*)
41. Ok'ben luir alfo jene 3(nualjine uon ber qualitatiuen (^letc^ljeit aller ii>efen anf nnb fe^en qnalitatin oerfd)iebene uorauö. T'aran Ijinbert unä ja nid^t i)iv^ 'Isorurteil, alö fäiiie babiirc^ in jebeö einzelne SBefen eine '}f emotion binein, alö luäre 5. '^. A, locnn eö nid^t B ift, ctioaä 3tegatiüe§, alö fei determinatio and) negatio ('}tr. 20). ^-ragt man mm: iiüemelerlei oerfdjiebene Onalitäten finb beim noranö^nfe^en, fo ift bie uorlänfine 3tnt= luort: foüielerlei, inte uiel üerfd)iebene anfeinanber nii^t :^nrücffübrbare (S'r- fc^einnnciöqnalitäten gegeben fiiib. ^Jtad)beni fid) bie uier uerfc^iebenen (Elemente beä ©mpebocleö a(ö miöemigenb ermiefen tjatten, fprac^ 3tnaragoraö ben Webauteii einer grof^en 'lneU)eit nnb qnalitatioen )Stx- fc^ieben()eit ber Elemente ans imb inarb bamit ber tS'rfte, iüeld)er aw eine ■:^emif(^e -^erlegbarfeit ber ^Jiaterie bai^te. A-reilid) föniien mir baö, maö er alö nrfprüuglidje ünalität ber Ciiemeiite anfal), luiiiilid) bie fiimfälligen trigenfdjaften ber 9Jiaterie, nid)t mdjx für bie eiqeiitümlid)en Onalitäten ber 3ttome gelten laffeii. 5(ber baran mirb man feftljalteii muffen, bafs bie (S-lemenle nntereinanber urfprüuglid) uon nerfd)iebener üimütät finb. ^iefe imfeve l'limabnie nnterfd)eibet fid) uon ber l'eibni,H'no babiird), baH biefer mobl aiid) eine ^Jieljrljeit eiiifad)er, qualitatio oerfd)teben beftimmter 'ißefen imraucife^te, bie Onalitäten ber 'ii>efen jebod) oljiie meitereö alo .sU'äfte anfet)en lel)rte, mätjrenb mir bie >h'äfte erft alö Aolgen jener Onalitäten unter gemiffen 'öebingnngen betrachten.
42. i>iögen mm bie nrfpri'mgltcf)en Onalitäten ber realen 4ßefen aud) noc^ fo mannigfad) fein, fo fanii uergleid^ömeife il)re -iH'rfd)iebent)eit boc^ nur oon ^meierlei %xt fein: nämlid) eine uöllige 'iserfc^iebenbeit ober eine nur teilmeife. 9Uö teilmeiö uerf (Rieben fteljcn bie realen 2ßefeii in einem fonträren 03egenfafee ju einanber, )k bieten einanber Oileic^eö unb (intgegengefe^teö ; alö uöllig üerf(^iebene finb )k miteinanber nnoergleic^bar.
*) Slugfü^rlic^crcS barübcr f. 3t. f. ej;. ^i). XII. 307 ff.
74 (SJegenfa^ unter ben ®[ententen.
U)xc 33erfd)tebcnf)cit ift eine biöparate. 5(n einen rein fontvabiftovifc^en Öeßenfal nnter realen 'Iisefen barf man barnni nic^t benfen, uieil bas \)k\i(, ein '>^i>efen foUte 5. 'ü. nur Non-A fein, fonft aber ^ar nichts lueiter alö Non-A. T^a6 t)iefee aber, es ift ein rein nec-^atiueö äl>efen atfo fein ÜBefcn. tiefer betriff lid)e Unterfc^ieb l)at nun facllicl} jnr lS-r!lärun(] bes luirflic^en 0)ef(^e()enQ foloenbe '-öebeutuuö. iloinnien biöparate 'Ißefen j^u^ fanunen, fo luerben ik fic^ qüw^ (-ileicb^iltig ^n einanber uerl;altcn, eines unrb non beni anberen nid)t im minbcften affigiert. 3oU e§ jur äßirf: famfeit fonnnen, fo barf nnter ben (Elementen meber yöüic]e qualitatinc (^3leicf){)eit noc^ Tisparatljeit I)errfd)en, fonbern a(c. nnerlnf5li(J)e '-öebinguncii baju ift erforberlicl) ber qualitatine Oicgcnfa^. X^iefer %al\ ift unä non alkn anberen a(ö ber einjig mögliche jur (S-rflärunj;^ beö (^efd^eljenö übrig geblieben.
43. 3o finb mir benn ju ber i)lnno()me einer 3.^ielbeit non realen 3öefen gelangt, mel^e in 33etreff ii)rer nrfprünglii^en Oualität teilö ein= anber gleid^ finb, teilö in einem fonträren OJegenfa^ ju einanber ftet)en. 3tuö ber 3)ur($bringung fold)er äisefen nuifs ha^, maö man ilraft nennt, mit feinen nerfi^iebenen ^öe^ieljungen inSbefonbere a(ö 3(näiel)ung unb %b' ftof?nng Ijeruorgeljen. ^ie .fträfte finb alfo, um eö noc^ einmal Ijeruor: äu{)eben, nid^tö ben äBefen urfpriingli;^, b. i). nrfac^loQ 3(nl)aftenbeä, fonbern fie entftel)en erft in ber unmittelbaren 53eriil)rung met)rerer qualitatin uer^ fd^iebenen 'iisefen, unb ba bie äi>efen fic^ med)felfeitig gu Äraftäu^erungen beftinnnen, fo ergibt fid) uon felbft, ha^ bie 3(rt biefes 33eftimmenö unb ^eftimmtmerbenö uerfi^ieben fein mn^ nad) feinen 'ik'bingnngen, b. 1). je nad^bem ha^ eine '^ik'fen mit einem anberen non biefer ober einer anberen Oualität 5ufammen ift, ober je nad) bem qualitatinen Wegenfa^c, loelc^er unter ben betreffenben ^^Jefen bei'tel)t. T)abei ift feft,^ul)alten, baB bies innere '^eftimmtmerben ober Wefd)el)en feine "Iseränberung ber urfprünglid;en Oualität eines '-ißefenö bebeuten fann; ein folc^er (siebanfe ift begriffUd) nidft benfbar unb lutrb and) 0011 ber lirfal)rung entfdjieben jurücfgeunefen, ineli^e le()rt, baf? ein einfad)er d)emif^er Wrunbftoff aus allen 5>erbinbungen im mefentlic^en als berfclbe mieber auöfdieibet. 9)?it biefer Unüeränber- lid^feit ber nrfprünglicben Oualität beffen, maö als 9iealeö ben 9iatur= erfc^einungcu ju örunbe liegt, itäjt bie g-eftigteit ber 'Oiaturgefe^e in un^ mittelbarem 3i'innnnenbange. Cbmol)l nun bie inneren il)ätigfeitö5uftänbe ber realen "^sefen in 9iücffid)t il)rer qualitatinen 'öeftinnntbeit untereinanber feftr üerf(^ieben fein tonnen, fo mcrben boc^ alle biefe 3iMtänbe nad) auf^en bin, b. (). in '-öe^ng auf bie i'agenncrbältniffe ber 2öefen, nur als 'öemegungQ= urfadien, als 2lnjiel)ung unb 2ibfto^ung fid) geltenb machen.
3ufäUige 2lnftd)ten. 75
44. '?3inii benfe fic^ min jipei reale 9Befeu A unb B, junfd^en beten Oualitäteu ein (U'unflev contnirer Wertenfat^ beftel)t, fo bnf^ beibe Oualitäten im i^cn^lcicf) ^u cinanbev ("'Mcicf)c<5 iinb (intöeöcngefc^teö bavbieten. '-öeibe Ounlüätcn inoncu be,^iel)uni^öU)eifc biivd) a-f-b unb a — b bavi'^eftelit fein. §icr foll a hiv^ in A unb B ('*)lcid)c, -f-^^ ^i'^b — b bad in beiben (£-nt= geöcngefe^te bcbeutcn, lucUljcö inbcö in beibon :^(uöbviic!en uöUio pofitiu ju benfcn ift. 'ii^acn ber burcbauß rclatioen :öebeutun9 bes Öegenfa^eö tonnte man fid) ebcnfoßut A in a — b unb B in a-f-b ^erlegt benfen. 5}?an öergecseniuärtic^e fic^ alö .^eifpiel bec Wegenfa^eö jiuei einanber ent= i^egengefc^te ^Jüc^tungen. ,Vbe bcrfelben ift alö pofitin anjufct)cn, bod) fann in anbetrad)t ii)reö Wegenfa^eS bie eine mit -f-/ ^^e aubere mit — bejeic^net merben. (Erinnert fei bicr auc^ nod) an bie S^Jtec^anif, luel^er es geläufig ift, eine einfache .Slraft in me()rere Komponenten ?,u jettegen unb leitete unebernm ju einer .Hraft jufammenjufaffeu. 'ilseil berartige Verlegungen je nad) bem $!ebürfuiö auf j^al^lloö üerfd)iebene 'ilseife möglich unb ber betreffenben Kraft in ber I1ted)auif ober bem einfachen il^efen in bei- 9JJetapt)i)fif zufällig, b. l). nic^t mefentlid) ^ugeljörig ober notiuenbig finb, fo nannte £>erbart jene 3luöbrüde jufäüige 3(nfi(^ten. 3"= fällig finb fie nur bem 'begriff, uou welchem fie genonunen werben, aber notiuenbig an bem Crt, luo fie uorfonunen. (i'ine gegebene Mraft läf^t ]\Ö) in jtüei Seitenfräfte ^erlegen, u)eld)e im oiM^^'i'intMuinrfen jener einzigen uollfonnnen gleid) gelten. IMe 3eitenfräfte finb eine lebiglid) j,ufällige 3(n; \x(i)t, meiere jeboc^ unter gemiffen uorfonunenben Umftänben notiuenbig mufe angeiuenbet luerben. (rbenfo ift eö mit ben jufälligen 3tufic^ten ber einfachen 'il^efen, bereu feineci an unb für fid) gebac^t ju einer ßevlegung feiner einfachen Oualität 31nlan gibt. $allö jeboc^ ber Ojang ber Unter; fud^ung Ijinfic^tlid) ber 'ii>e(^fcliuirfung foldjer ^ii>efcn ,;|U einem 'l^ergleii^ it)rer Oualitäten aufforbert, ftellt ]id) bie in ?)iebe fteljenbe tbeelle Serlegung alö notiuenbig berauö. Xk Oualität jebeö einfachen ^^i^efenö ift fd)ted)tt)in einfad), aber uerglic^en mit ben Oualitäten uerfd)iebener auberen einfad)en 'Ißefen tann biefelbc fel)r luobl auf uerfd)iebene 4lUnfe jerlegt gcba(^t luerben in (^leic^eö unb (5;ntgegengefe^teö. I^ie Wlieber be§ betreffenben 3(uSbrucfö, b. l}. ber zufälligen 'Xnftd)t, burd) iueld)e bie Cualität cineä -Befenö im '^^ergleii^ f,u anberen äöefen uerfinnlid)t wirb, finb feine felb= ftänbigen ©lieber ber Qualität, f onbern t)aben 2,ufammen bie '^ebeutung eineö üollfommenen intenfiucn CSinö, lueldjeo bie ©lieber ber .zufälligen 3lnfid)t fo in fid) uerf(^lingt, luie bie Seitenlräfte uon ber 'Jfefultante uerfc^lungen luerben, in luelc^er man it)ren Unterfdjieb auf feine äi^eife mel)i luafirnimmt.*)
*) ©. ^erbart IV. 93 ff.
76 ©clbfter^altung.
45. ^a^t man min bie 9(uöbriirfo (nic^t bic baburii^ bejci^netcit ^BefeiO a + b unb a— b jufnmmen, fo Ijcbt )iä) +b unb — b auf. tSlmaö anbercö aber ift cö, locun bie 'liefen felbft in 'ii>trflt($fcit 5,ufannncnfonunen, fid) burd)bnnoen; Ijicv ift ber Oicbanfe, baj^ fid^ bas (S'ntöCcH'nrtcfctjte auf()cbt ober i)crnid)tet, auööcfc^loffen, bcnu a-|-b nnb a — b bcbcutct jebeö eine intenfioe ti'inljeit, ein nnanflöölic^eö (Sins, in welchem fid) moljl bejiebuiu^öuicife (_^3tcid)cö unb CSiitc^eöengefe^teö in Qk- banfen unterfd)eiben , aber in '-l5>irflid)feit nic^t trennen löfet. ©Icirfiiool)! ift um bes (^ej^^enfat^eö uüüen ein unrtlii^er ©runb jur 3(uft)ebung beS b uorlianben. ätUein bem iHn-fud)e, mcldien A in B unb B in A niadjt, ha§ ii)m (i-nt^ei^ennefel^te anf?,ut)eben unb fo baö oanje 'il^efen ju ftören, fe^t jebeö 'ii>efen einen ^ii>iberftanb entöenen , burd) uield)en eö fid^ (^ec^en bie (:5ebrot)te Störuni] er{)ält alö baö, luaö es ift. 2)iefe "^Ijat, biefer ^itt't c^eljt natürlid) uon beni Qan^m ÄÖefen ans unb nid)t etum mn hm einzelnen in Webanfen unterfd)iebeiuMi Teilen. Tiefen l'tft nennt ^erbart bie Selbfterbaltunci bes ^^isefeuö. We^en biefe --Ik'jeic^nunn finb ^uuxr niand^erlei (S'iniuänbe erljoben uiortien, uuh fie tonnte ja aud) bnrc^ anbere 3üiöbriicfe crfefet luerben, a,a\^ bejeid)nenb wirb feiner fein, ba alle unfere bafür {.gebrauchten "ii>örter ber blof^en li'rfd)einunc] entnonnnen finb, bie ©elbfterljaltung aber ber einfadjen 'ii>efen fid) jeber finnlidjen 'iHn-ftelhiuö unb 2tnfci^anunrt ent§iel)t. Taruni bleibt ha'n ibl^oxt Selbfterbaltunci immer nod) bie paffenbfte 'i^eneiuiung für einen 'iift, buri^ lueldjen lueber eine '^ernünberuurt bes oeins, nod) eine iHbänbernurt ber Oualitiit beiuirft luirb, unb ber bod) ^ugleic^ eine uiirtlid)e Tl^ätiateit, ein unrflid)eQ ("•)efc^cl)en bejeii^net, loelc^ec. uid)t eintritt, luenn bac betreffenbe 'iisefen fidi felbft überlaffen bleibt unb nid)t mit anberen oon entöertensu'fe^ter C.unlität ,^u^ fannnentommt. 3o bietet fid) im .v)inblitf auf einen iiualitatiuen Wegen; fa^ ,MiHÜti'" ben realen '^l'efen bie ^.ycöglidjfeit ^ar, baf^ tiiefelben eben auf Wrunb biefeö ('»iegenfafeeo mit eiimnber in einen MonfUt't geraten, morin jebeö ^^efen aggreffiu unb reaftiu jugleic^ ift, inbem jebeö ha^ anbere au= greift unb it)m jugleic^ iniberftrebt.
4ö. (i-ö uerftel)t fid) nun faft oon felbft, baf^ bie qualitatiue 'öe= fc^affenl)eit ber inncrn Ibätigfeitö^uftanbe, in uield)e fid) bie realen "-^l^efen auf bie bezeichnete 'ii^eife iiicd)felfeitig oerfe^en, eine uerfdiiebene fein muf^, je nai^bem bie üi?cfeu in il)rer urfprüngUc^en Oualität oon eiiutnber iier= fd)ieben finb. A loirb fid^ in iierfd)iebener "iiknfe gegen B, gegen C, gegen D n. f. 10. i)er()alten, norauGgefeW, ban B, C, D üerfct)iebene Dualitäten bebcnten. 3ei ber gualitatiue Wegenfafe ,Miiifd)en A wnh B be^iebungömeife bejeic^net mit a-[-b nnb a— b, jmifc^en A nnh C mit a-j-c unb a — c.
innere Buftänbe. 77
äH)ifd)en A imb D mit a-ffl unb a — d, ]o ift iia^ ^^edjalteii beö A gegen B ciualittttiü beftiuunt bitn^ b, gegen C hm6) c, gegen D bnid) d. 3" allen A'^tU^n eil)ält ]\d) A n(ö A, jebod^ wegen ber -iscrfc^iebenOeit bes gualf tütiueti ("^egenfat5eö in uevfc^iebener '-liseife; innre bie Selbfterlialtnng in allen ^i^llen bie gleiche, fo luüvbe firf) ber Mberfpnid) einteilen , ba| nnter nei-fdiicbenen'öebingnngen boc^ ininier biefelbe älUrhmg einträte (^JJr.96, 9tnni.). A^'i-ner ift cö begreiflii^, bafs bie ^ntenfität beS Innern Bnftanbeä nngleid) fein ninf3, je nad^beni baö eine ilBefen beni anbern niel)r ober uieniger entgegengefe^t ift. ®er C'»)rab ber 3:ljntigteit richtet fic^ nad) beni ©rabe beä C^egenfa^eö. 3{nf biefe 'ii>eife fann ein nnb baöfelbe äßefen in 'liH'd)feIn)irfnng mit nnberen in feljt uerfc^iebene qnalitatin bcftijnmte 3nftänbe mit feljr uerfd)iebener Stärfe geraten, inbem eö hod) immer baö nömlic^e, in feiner nrfprünglidjen Onalität nnueränberte 'ii>efen bleibt.
Triefe Innern Iljätigfeitö^nftänbe ber realen :ißefen finb ^»ngleic^ als attraftiue nnb repnlfiue 23eu)egnngQimpnlfe nnb bemgemäf5 alö Urfai^en ber äußern ^^agen- nnb 'öeiuegnngöuerljältniffe ber betreffenben äl^efen an= jnfeljen (9k. 57—59). ®od) beuor unr ben 3iif'^i»i»fiit)ai'9 Siuifdjen ben Innern nnb änf^ern 3i'itänbcn ber realen äßefen näljer inö 3lnge faffen, möge jngefel^en merben, ob nic^t fd)Dn burd} bie biö je^t gemonnenen ^m- fiepten gar uieleö uon bem begreiflich luirb, anf beffen (S'rtlärnng bie l)ieta:: Vt)i)fif jnnäd)ft anögel)t. 'ii^aö an bem Wegebenen, fo mie mir eä geu)öt)n= lid) anffaffen, unbegreiflich ift nnb alfo ber (irflärung bebarf, lä^t fid) mit ^erbart auf nier '^^unfte, Hauptprobleme, ?inrücffül)ren. 'l^ergegeniuiirtigen mir lim biefelben, gleid)fam nm bie '^U'obe jn nurd)en, ob unter inn-aus- fe^nng ber oben entmicfelten '|>rin3ipien bie (Bd)iuierigfeiten i)erfd)uiinben, unb bie (S'rfal)rung in ihren allgemeinen normen begreifli(^ loirb.
5te ^xnnt>vxoMeme ber t^eorctifr^ett ^^Uofop^u.
^li>enn bei hin nun bar.^nftellenbeii "Hauptproblemen uon ^il>iberfprüd;en. in bem (^)egebenen bie ?)(ebe ift, fo oerftel^t eo fic^ non felbft, bafj bamit nid)l ^^i>iberfprüd)e in bem OJegebenen gemeint finb, fofern es baö 'Jieale, über mirtlid) (^iefc^ebenbe bebeutet, fonbern fofern eö uon einem 3ubjeft anfgcfaf^t unb norgeftellt mirb. 0)egeben im ftrengen 3inne finb unö nur unfere 'iHH-ftellungeu, in biefen finbeu fid) ^c^unerigfeiten unb :iiUberfpriid)e. ^^LUbeifprüd)e im Wegebenen IjeifU alfo ^ilUberfprüdje in ber %xt nnb ^ii^eife, luio baö ^^sirflidje uon uno aufgefaf^t loirb. Unb .yuar ift Ijier junäc^ft nur uon ber gemeinen, nod} nic^t luiffenfdiaftlid) geläuterten 9tuffaffung
78 ^roMem ber 3i"^Ären§.
bie Siebe, ^euu tjeUiiitert unb wiffenfc^aftüd^ nennen w'xx bie Stnffaffnng beö "iBirfUcfien bann, vuenn biefelbe uon Unbeßreiflic^t'eiten nnb 2Biber= fprüd)en gereinigt ift. Xk gemeine, unmittelbare 'Jluffajfung ber I)inge, bie fid) icbem 90ienfc^en oon felbft aufbriingt, entt)ält bie ^^srobleme. Öe^ lingt eö, biefe jn löfen, bie gemeine 5(nffaffung alfo uon äiJiberfprüc^en jn befreien, fo geminnt man bie pt)ilofopt)ifd)e ober unffenjc^aftlicle ^ilnfid)t ber ®inge.*)
5a$ ^xoMem hex ^n^ärenj.
47. 2)iefeö '-^U-obtem betrifft bie Srf}atfocI)e, bafe nns bie ^inge in ber 9latur alä Momplerionen lunt finnlid^en 'i'Jierfmalen gegeben finb.
l^erbentli($t man fic^ hcn 'i^egriff eineö gegebenen I'ingeö noc^ gan^ abgefet)en uon bem ftrengen 'l^egriff beö Seienbcu, fo gibt jeber, ber ein folc^eö T^ing üorftellt, ^u,, bafj er eö mit metjveren 3)ierfmalen ober (Eigenfdjaften benft. J-ragt man, luarum fagen mir: ^ier ift @olb, fo merben unr antiuorten: meil mir eö feben, taften n. f. u>. ^Hiif biefen finnüdjen ii^at)rncl)mungen beruboii bie 'Dterfmale beä Öolbeö: eö ift gelb, glän,^enb, oon beftinnnter *0ärte, oon beftimmtem ."titang u. f. lu. Unb 5mar finb biefe äi^al)rnel)mungen ober ^OJicrt'male bie einzige 3>eranlaffuug, üon etmas .liealem in biefcm ?yaUe ^u rebeu. Unb barum ift fo oft ^-i>ei"= antaffung uorf)anben, etiuaö Sieateö :^n fe|en, als mieoiele 'OJierfnmIe unö gegeben finb. 3oUte alfo t)ier ein ftrenger 'ilnöbrucf für t>aä Oiegebene gefunben loerbeu, fo müf3te er lauten: l^ier iftOielbeö, l)ierift('»3län5enbeöu.f. m., unb biefe DJerfmale alle gerabo in biefer unb feiner aiiberen T^erbinbung ober J-orm. 2tl(ein 10 fpridjt bie gemeine 'Jtuffaffung nid)t, jonbern fie fagt: ^ier ift 0)olb. Tic SJcerfmale luerbcu iiid)t alö feienb gefetU, benn mo ift bie ^arbe im ^unfein, luo ber .sUang im luftleeren 9{ainn, loo bie .Sparte im JvcHcr? '^ielmef)r baö ©anje gilt alö feienb. "iDian fofet alle bie uerfc^iebenen 'Ilierfmale in eine 'i'^orftellung ^ufammen wnt) ftatt ben begriff beö Seinö ober ber 9iealität fo oft an?|Umenben, alö luicuielmal 'Iseranlaffung 5U folc^er ^Hnmenbung uorbanben ift, alfo mieniel üerfd)iebeiie ^Ju'rfmale gegeben finb , aürb ber '-begriff beö Seine nur einnml auf bie ganje Homplerion angemenbet. Tie .Homplerionöein^eit nennt man bie
*) ffiobei 511 bcmerfen ift, ba^ auc^i ein? nic^t geringe 9(njal^I i'on ^fnfoyo|)]^en ber getübl^iUic^icn .HnfidU bor SMngc I)ulbigt, otinc Don ben bariii lie^eiibeu SPiberr fprüc^cn i'id) gebrücft 3U füllen.
Problem bcr gfn'^ärenj. 79
(Subftanj, öie 3)cerfinalc liei^en Die ^(ccitteujeu, meiere ber erfteren iuf)ärieren. Ttan öerßclfe jebod) uirf)t: öcgeben [int> nur bie 'äJJertmale (gelb, ölänsenb u. f. lu.) unb juuxv in einer i]an^ beftimmten 'J-onu ober ^Xkx^ binbuug, aber nid)t oeflebeu ift bie Subftanj (Öolb), unb bocf) unrb gerabe uon biefer öcjrtöt, [ie ift. Unb ^raar tnirb biefelbe nad) ber genieineu ätnfid)!, iDeld^e fid) im Sprai^gebraud) funb gibt, alö ©ins auöcfeljen {^a^ ©olb im ©insular), unb für h^n Qan^m Komplei" unrb nur einmal ber 33e9tiff beä ©einö in 3lnu)cnbunö gebracht. il)enft mau fic^ bemnad) bie ©ubftanj alä (iinö, in fic^ gleichartig, räumlich auögebel)nt ober nid^t, fo mufe gefvagt werben: luie tonn ein fot(^eö 'iBefen, mie eö bie gemeine 3lnft(^t norauöfetjt, bie '^IJtannigfaltigfeit unb ^^l^eit ber 3)?erfmale bar; bieten c* ^a ließen fid) bie le^tern in eine ©inf)eit jufammenfaffen, mären fie unter einanber gleid), fo unberfprädjen fie ber üo rauögef e^ten einen ©ubftani, nic^t. Sie finb aber i)erfd)ieben, biöparat unb nid)t aufeinanber jurücf5ufül)ren. So entfteljt ber ilßiberfprud^, bafe bie Einbeulung auf baö Sein, bie in jebem einzelnen ''DJerfmale liegt, gleid^ fein foll ber einen Einbeulung aufä Sein, meld)e infofern i)orl)anben ift, alö fid^ bie einzelnen 'JJJerfnmle jufammen mic ein ^ing barftellen. Cjs ftel)t alfo bie Subftanji in SiUberfpruc^ mit jebem einäcinen ilirer ^)Jcerfmale, bem }k gleich fein follte unb hoä) uid)t gleich ift; unb ebenfo ftel;t jebeä einzelne 'i'Dierfnwl mit jebem anbeten bisparaten '}Jtertmale im äßiberfpruc^, bcnn uon it)nen follte jcbeä einzelne ber Subftanj gleid^ unb fie follten bamit untereinanber gleid) fein, iüäl)renb alle untereinanber uerfc^ieben finb. T'ie gembljulidie 3(uf= faffung beö -Dinges mit meljrereu 3}Jerfmalen birgt alfo in iid) hm 'iBiber^ fpruc^, baä (Sine alö iHeleö, unb ha^ ^iele alö (Sinö ; baö (Sine alö nid)t (Sinö, imb ha^ 'Isiele ai^ nid^t iUeleö anjufeljeu.
48. (S'in mciterer äBiberfpruc^ ftellt fid) ein, luenn nmu bebenft: bie angenonuuene Subftau,^ foll nii^t etmas neben ober au|er hzn ge-- gebenen SQJerfmalen fein, aiKt) uid^t bie bloße Summe berfelben, fur;\ uid)t felbft ein blof^eö tFierfmal fein, fonbern fie foll biefelbeu befil3en. Sie ift haä Selbftänbige, ben 3Jierfmaleu founnt fein esse, fonbern nur ein inesse ju, ik' iul)äriercn ber Subftauj alö blo^e 9rcciben5en. So tritt bie Subftanj ben 'ilccibenjen alö ha^ Selbftänbige bem 3(bl)ängigen, Mn- fetbftänbigen gegenüber; fie foll ben Sife unb Örunb bieten für bie 9}terf=: nmle. Unb '^\mx nuif, biefeö 'ikfitien gerabe biefer 9Jierfmale in biefer bcfonberen >vorm etioaö ber ^}Jatur ber Subftan?, (Sigentümlid)eö fein. T'a nun bie 'Dierfumle allein gegeben finb nnh nur fie auf baö Sein beuten, fo ewU fteljt ber ^Mberfprud): bie Subftauj, alo baö Selbftänbige foll ibren lHcciben:^en alö bem 'Jlbbängigeu gleid) \mt> awd) luieber oerfd)ieben uon iljucn fein.
80
^rob[em ber ^"'^ärenj.
"^^iefe ^Bibinfpvüc^e uievbeu anä) bnbmc!) lüc^t üeniücben, baf5 man bas fietjcbene X'iiu^ etuni väinnlirf) teilt, beim jebev fleiufte n:iat)rnef)tnbare Teil beGfelben fällt luicbev iiiUev bcn '-i^egriff eiticö X^ingeö mit iiieljTeren 'OJcerfninleii ; immer unebev luirb babei bie oubftttus als eine rtcbad)t unb lueuu rtcfmöt ii^ii^b, luaö ift fie, fo fann immer nur mit einer 'J)ie£)rt)eit genntmortet loerben, nämlii^ mit ber Smnme ber '^Uierfmalc in einex be= ftimmten Jorm. Unb mcire and) ber "Mberfprud^ junfc^en bem (Einen, Töaö ä.Heleö fein foll, bann befeitii]t, menn uon einer onbftan^i nur ein 'JJJerhnal geßeben wäre, fo bliebe immer nod) ber anbere ^iBiberf^ruc^, ha^ 'oaä 9}iertmal, alö baö Slbljängige, barftellen foU baä äöefen ber Subftanj als eines oelbftnnbigcn. ^iefe ^Mberfpriic^e ftellen \\ä) ein, menn nmn bie öeiiiöl)nli(^e, iionuiffenfd)aftlid)c 'iHirftellung eineö X^ingeö mit nuijreren 5Jterfmalen anahjfiert. ^iisenbet man nun gar ^i^u oben (ßh. 16—19) gemonnenen 'i-iegriff beö abfohlten 3einö alö eineö ftreng einfachen Sl^efenö auf baö Sing mit melireren ^Dcerfmalen an, melc^eö ja boc^ junäd)ft alö feienb gefegt loirb, bann loerben bie (jier Ijeruorgeljobenen ii>iberfprü(^e noc^ uiel Ijärter, ba^ nämlic:^ iia^j, maö alö feienb 5U fe|en ift (baö Sing mit melireren 93certmalen) , jugleic^ alö eine 'iNielt;eit, mie eö baö ©e^ gebene ocrlangt, gebac^t werbe unb i^ngleic^ alö eine ftrenge Crinbeit, luie eö baö teufen forbert, alö etmaö burd)gä0uig 9i\iatioeG, maö bod) ner= langt, abfolut gefegt -^u werben.*)
*) S^renbelenburg crl^ebt gegen öerbavt ben ©inh?anb, er madjt ben SBe; griff bc§ ©eienben jum SKafiftabe ber 3i>iberf|)rüd;e tm begebenen; erft entlütdetc er biefen ^Begriff ganj für fid), ol^ne SiücEfic^it auf ba§ (Segebene, unb l^interl^er finbe er, ba^ biefer SSegriff jur örfal^rung nidit |)affe, fonbern biefe i!§m h)iberf^rcd;e. 3)a8 fei ber SBiberf^r udj, luetd^en ^erbart in ber ©rfal^rung finbe, c§ fei in ber %^at nur ein SBiberf^rud) jiinfd^en bem, \va§ gegeben ift, unb bem, um§ 6er bar t nnUfürlid; alö Grflärung ber ©rfal^rung ^injubringe, barin liege bie Sßeifung, nid^t ba^ bie ©rfal^rung alg folcbe begreif lid) gemad^t, fonbern ia^ jene l^injugebrad^ten (grflärungägebanfen, namentlich ber begriff be? ©eienben alg etiua? ftreng (Sinfad;en aufgegeben luerben mü^te.
2lUein bieg ift eine fd;iefe 2luffaffung ber 3Biberf))rüd)e im begebenen, bie fid; ganj abgefeben üon bem 33egriffe be§ ©eienben auf;ieigcn taffen. 2)iefen mag jemanb ben!en, Jöie er fonft \vxü, jebe 3Iuffaffung beS 2)inge§ mit melireren 5Dierfma[en, ber fid^ niemanb entjiel^en fann, entl;ält, genau anal^fiert, ben Sßiberfprud; ber ^^cntität beg 33ielen mit bem ©inen, bie Qbentität unb DMd;tibentität ber ©ubftanj unb ber älccibenjen. ÜbcrbieS ift ber begriff be§ ©eienben, alg be§ ©infad^en, nidjt ivitlfür^ lid^ gemocht, fonbern in notti^eubiger ©cbanfenfolge geluonnen. 58gl. ju biefem ^robtem: 3t. f- er. 5|}^. 1. 235 ff. unb 2;r enbelenbur gä (Sinti^änbe betreffenb: 2B. Sdjac^t: fritifcb=p{)ilofo^^ifc^e 2luffä^e. 1. .^eft. .<r«erbart unb Xrenbelen^ bürg, 3tarau, 1808, unb 3t. f. er. ^^. VIII. 183, 4». ®üntf)cr, im Qatirbud^e
Problem ber ^iti^ärenj. 81
^te SBeifung, Tüel(|e btefe 9Biberjprü($e bem Senfen geben, ift §11= uörberft bie, bttöjeuige 511 uerneineu, iüe(d)eö ben @i^ beg äBibeifpruc^eä bilbet, entiueber alfo bie -l^ieUieit ber 3D(erfnm(e ober bie ©iuljeit ber (Sub= [tanj aufjiuneben. T'ie Isielfjeit ber ^JOierfmale ift nun geöebeu, fie läßt )i<i) beinnad^ nid)t auff)eben. Sllfo mu^ bie (i'inljeit ber Subftanj geleuöuet luerbeii. (^efc^ie()t bieö, bann inu^ aiiä) fogleid^ baö a(ö unmöglich (Sr^ fannte tjinsugenomineu lycrben, iiämlid^ bie (Srfenntniä, baj3 baöjeuiöe, luaä nnr Subftouä nennen unb a(ö ein (Sinö an^nfe^en öeu)ö{)nt finb, nic^t ©inä ift, fonbern eine 58ieUjeit. Unb jamr unrb bem ©egebenen unb bem logifc^en ^enfen nur bnnn (>)enüge gefc^etjen, luenn eö gelingt, eine ^l^iel= ^eit einfacher realer äöefen fo sufmnmen ju benfen, bafe biefeö ^ufammen eine formale Ginl)eit bilbet. 9cac^ unfcren frül)eren Erörterungen ^ei^t baö : ein ein§elneä realeä 3Befen fann ni(^t non fi($ felbft ot)ne Urfad^e Subftan^ b. i). Präger oerfd^iebener ^ilccibenjen fein, fonbern nur in ©emeinfc^aft mit anberen realen ^^efen. ^Stellt aber e i n äöefen in ^Ißedifelroirtung mit nerfd^iebenen anberen, fo wirb baöfetbe awä) oerf(^iebene Öigenfc^aften (^ilccibenjen) barbieten, tnbem eö fid^ gegen bie nerfdjiebenen äBefen in üerfc^iebener äi^eife uertjält. hiermit l)at baö 'Problem ber 3nl)ärenä.im allgemeinen feine l'öfung gefunben.
49. 55ÜV unfer an naturraiffenf(^afttic^en (£n1lärungen oielfac^ geübteö T^enfen nerlieren bie ^ißibcrfpri'K^e im '^U'obleme ber ^nllärens barum fo leidet an (£'üiben5 uiiö erfc^einen alö blo^e Spi^finbigfeiten, weil wir bereite bie ;^öfung Einzubringen. Die ältomiftif tjat unö gewölint, ein 3)in0, welc^eö insgemein alö (i'inö angefeljen uürb, alö ilomplei' einer ^Diel)rEeit üon 3ltomen ju betrad)teu, alfo nid^t alö eine (Sin^eit, fonbern alö eine 'lUelljeit, bereu uerfc^iebene (^Uieber nur eine fornmle (Sinljeit be^w. 58er= binbung bilben. Xk 'JJterfnmle gelten unö nic^t meljr für urfprünglid^e (iigcnfd)aften beö einjelnen ))iealcn, fonbern nur alö örgebniffe ber '.Jisecfifel: wirhing, in weldjer öie 3ltome eineö 3Mngeö untereinanber, mit anberen, in lefeter ^inie mit unö felbft fte^en. So ift bie ftrenge (Sinl;eit, unter weld)er man fonft ein 2)ing uorftellt, aufgehoben, unb bamit auc^ ber "ißiberfprucf) beö Einen unb beö 'IHelen gel)oben. 'Dian bcnfe fic^ aber biefe atomiftifdje äluffaffung Ijinweg unb feljre ju ber gewoljulid^en , wn-- wiffenfcEaftli(^en ^ilnfc^auung jurüd, fo ftellen fic^ au^ bi« befprod^enen / 'iöiberfpriid^e wieber ein unb bamit ^b^n bie 9iotwenbig!eit, bie C£1nl)eit <^
vv^
für mffenfd^aftac^e ^äbagogif (^erauäg. öon Bitter), 1872, ©.286. §id^te3 unb Urrici^ Seitfc^nft für ^^ilofo^^ie unb ^^irofo^^ifc^e Äritif, Sb. 25-27, 3t. f. er. ^^. 1. 235 ff., XIV. 353 ff., XV. 274 ff.
82 2)ic Qnl^ärcnj bei Sode unb Äant.
bcö ^inßcä aufzugeben unb eine ^Olefirfieit üon SBefen anjunetinien , ou§ beren ^öei^felnnTfung bie fogenanntcn 9Jcerfnia(e \iä) eröeben. So bietet aKerbiußö bie atoniiftifc^e .öypotbefe, uic(d)e fid) nuci^ abgefe^en uon bev bcutlic^en (Sinfid)t in bie äßiberfprüc^e ber ^^P^'^'i^?! wiffenfdiaftlic^ be= övünbcn läfjt, eine iiöfung biefeö '!probleniö; allein biefe ."gripottjefe entt)ält bod^ in i^rer fleroöt)nlic|en ptjijfifalifc^en ^-affung, mie oben (9ir. 33 — 42) gejeigt ift, äöiberfprüd^e, bie nur ^u nermeiben finb, wenn man auf bie oben im (Sinne .^erbartö gegebenen llnterfurfinngen über Sein unb ©efc^eijen eingeigt. Senn jebeä einjelne 3Üom, fofern es nic^t a(ö ftreng einfach aufgefafst, fonbcrn etma gebaut loirb a(ö betjaftet mit einer 9Jiel;r= t)eit oon Kräften, Einlagen, ^Trieben, ^Isermögcn u. f. m., fällt uneber unter \)m 33egriff ber ^^nljären^ unb nerlangt, bie Unterfurf)img fomeit fort: gufe^en, biä man auf etumö abfolut Ginfac^eö gefommen ift unb jebe ^ielt)eit anfielet ale eine ^-olgc ber äßerfifelunrfung unter mel)reren ein; fachen $li>efen. (irft bamit ift bie oolle i'öfung beö ^;).U-obleme ber ^^^n^ärenj gegeben, unb gioar im ftrengen Sinne, inbem bann bie Diöglidjfeit uorlicgt, felbft in bem abfolut ©infacben eine ^})ie^rl)cit von 3iifttinben bep. (Sigen= fdjaften ä" benfen, nämlic^ alö (Ergebnis ber Üßed^fetuiirfung mel)rerer Seienben (9lr. 42).
50. §infid)tlic^ ber ©efd^id^te biefeä ^U'oblemö ift ju bemerfen, baf5 eigentlich crft üon Sorfe bie S(^unerigfeiten gefiUjlt u)urben. ^()m fällt eö auf, bafe bie einzelnen 9)lerfmale, buri^ luelc^e luir bie Singe benfen, untereinanber feinen 3iM"öi'in'cnl)ang b^ben, bafs niemanb im ftanbe fein mürbe, aus ber garbe eines SingeS feinen .sVlang ju lueisfagen. Stlfo, fc^liefet fiocfe, ift bie (Einfielt aller biefer ^JJJerfmaie, oermöge beren fie ein Sing barfteUen, fct)lcd)tl)in zufällig, unb baö iSine, bie Subftan§, bleibt unbefannt, ba fie burcb jenes lofe 3lggrcgat uon '))ierfmalen, bie nur unfere i^orftellungen finb, uicbt bcftimmt lucrben fann. 'Jiad^ Siant ift jenes Öanb unter ben einzelnen 9Jiertmalon ?|U)ar nicE)t gegeben, loeber für fiel) allein, noct) in unb mit ben 9Jterfmalen, gleid)uiobl forbert baS @e= gebenc, biefe 'l^erbinbung ^u benfen, öenn bie ':)Jierfnuüe finb nicbt öer= ein?telt gegeben, anc^ ift es nid)t möglid), fie auo ibren ("'iruppierungen bcrauötreten ww^ anbere '-iHn-binbungcu eingeben ?,u lajjen, menn man nid)t übcrliaupt bie 'itnfcbauung gerabc biefeö Singeö, beffen 'iWiertmale nmu auffafU, aufgeben unll. "iiUr finb alfo an bie Sijntbefe ober eine ftrenge Iserbinbuiig Der 'JJierfnmle gebnnben. .»oier nmd)t ficb nun aber bei ilant eine iUHn-eihing gcltenb, mcun ev locitev fcbUefU/ ber Oirunb biefer fo be= ftinnnten ('•iruppierungen uon SOicrfmaleu fann lebiglid) in bem auffaffenben Subjefte liegen. Ser ^üegriff ber Subftau5 als bes tVH;arveuben l)at t;ier
Problem ber Söcränberung. 83
nur ■'öebeutuiiö für bie ßrfd^einiinö. 9M(^ §erbart ift I)tn0e0en jene 3>erbinttuii0 unter ben ^Jferfnuilen begrünbet in beftinunten Ikrbinbungen ber äi>efen fclbft, lueldie bie betreffenben 'Dterfmale crseugen burd^ it)re '-h>ec^fehi)irt'una unter cinanber unb mit beui Subjett b. t). ber nienfc^li(^en Seele (3h-. 82).
5(1$ ^roBfem ber ^eränbetrung.
51. ®aö ^srobteni ber ^scränberunt^ ober be§ 3Serben§ (äfet fid^ alö ein befonbcrer ^aii beö ''^sroblcniä ber ^n^ären^ auffaffen, inbem bie "^kU i)tit ber ^Jterfmalc an ber einen ©ubftanj t)ier gleic^jeitiö (finui(tan), bort naä) einanber (fucceffiü) Qchaä)t wirb, ^ie Scfiiuierigfeiten, meli^e im 'begriff ber 3[>eräiibcrung liegen, finb am erften erfannt iDorben, unb ber gröfste aqÜ beö bis()er ^-öefproc^cnen be(;anbelt biefelben. Diefe liegen barin, t\a^ ber Segriff beö "^^erbenö bie ^^entität beö ©einö unb beö 9ti^t = Seinö, foiuie hk ^bentität beö einen beftinunten äi>aä unb feineö (^egenteilö uerlangt. Um biefe äßiberfpri'K^c ju »erbeutlic^en, ftellt .^etbart folgenbeö Xrilemma auf: bie 3.?eränberung ober haö SBerben ober baö @efd^et)en bat entiueber eine Urfoc^e ober fie l)at feine. 35ie le^tere 2tn- nabme i^abzn luir bereitö (9ir. 4 — 9) unter bem 9kmen beö abfohlten 'ißcrbenö tjinlänglic^ bet)anbelt unb i^re Ungcreimtl;eiten erfannt. 3llfo bie 'I^eränberung tjat eine Urfac^e: entraeber eine innere ober eine äußere. 3m erften g-alle foU baö, loaö fid^ ueränbert, fic^ felbft ^m §l>eränberung beftinnnen. 2(Uein biefer 3tft beö ©id^4flbft=beftimmenö ift f(^on eine ^i^er^^ änberung, bie uon ber äöirfung, loelc^e ^oige ber 3elbftbeftimmung ift, untcrfc^ieben werben mn^. So ertjebt iiä) nun bie ?^rage nac^ ber llr; fai^e ber -Iseränberuug, lueli^e bereitö in ber ^t)ätigfeit beö 3ic^:fetbft= beftimmenö liegt. X>a äußere Urfad^en auögcfc^loffen finb, fo mufj für ben 3tft beö Sid)=fclbft=beftimmenö eine tiefer liegenbe innere Urfad^e, alfo abermalö ein Si(^;fe(bft=beftimmen angenonnnen werben. ^-Bon biefer Selbft^ beftimnuuig gilt baöfelbe, maö oon ber uorigcn , fie !ann gleic^faltö oljue Urfac^e b. ()• obne eine anberc tiefer liegenbe Selbftbeftimmung nic^t uor; banben fein, u. f. lu. ;^m örunbe genonuuen läuft and) bie Strt, wie §ume unb Haut ben Kaufalbegriff iibert)aupt umgefjen unb auf bie blo^e (ix- f(^einung befd)rdnfen, binfid^tlic^ ber 'Iseränberung in ber l£-rfc^einung auf innere Urfa^eu ober auc^ auf abfoluteö ^ii>erben binauö. 9ittd^ ^ume ift eö nid)t möglich ju entfd)eiben, ob bie finnli(^en (Einbrüde oon Cbjeften ober üon ber fc^öpferif(^en ^Jiad^t unferco ©emüteö ober üon bem Ur;
84 Problem ber aSeränberung,
^eber unfereä Xiafeinö l;errüf)ren. T)^äQiää)^n f)Qt imc^ Äant bie 'Box- ftedunö von Urfac^e unb äßirhinc^ mir fubjcttiüe ^öebeutung, unb bie ge-- i^cbtni iscränberuiirt ber Ci;rfd)einiuißcn tanii aud) nur einen fubjettiüen ©runb in um Ijaben. 2)ie ^^lnnal)nie rein innerer Urfad^en füf)rt aber ju einer imcnblic^en ^Jtei^e non Selbftbeftinnnunöen b. l). eö fonnnt auf biefe äBeife übertjaupt ju feinem öefd^cljen. Soll aber baö ^eroortreten einer berartigen Selbftbeftimnuing irgenbiuo abfohit, b. 1^. o(;ne Urfac^e ge; fdieljen, fo ift man mieber auf ben ^öegriff beö abfoluten äßerbenö jurücf; gefommen. 60 bleibt bemnac^ nur norf) bie 2lnna{)me einer äuf3eren Ur= fad^c übrig. Öegen biefe 'isorftellungöart, lueld^e gemeini)in a(ö intiuxus pliysicus bejeic^net unirbe, macbt jnnäi^ft 3)eg = 6arteä, ber babei nur bie 2Bec^fe(n)irfung junfc^en ßeib unb Seele befianbelt, folgenbeä geltenb. ^er Seib ift etmaä Biifi^iii'^^^öcfe^teä , bie Seele etrcaä (Sinfad^eä: foll junfc^en biefen eine C^ininirfung ftattfinben, fo muß fic^ entweber etwaö von ber Seele trennen unb auf hm Üäb überget)en, tia^ ift aber unbenf= bar, benn bie Seele ift einfad), ober eä muf3 fic^ chva^ uom l^eibe trennen unb auf bie Seele übergeljen, maS gleic^fallö bereu Crinfad^ljeit aufljeben loiirbe. 3luJ3erbem märe im erften ^alle ber .^eib, im ^mciten bie Seele genötigt, firf) mit etioaS ^rembartigem ju einer (Sin()eit ju uerbinben. 2lug biefen ©rünben uermirft ©eä^ßartes ben iufluxus physicus, menigfteuö ^mifc^en .Ceib unb Seele, unb eö mirb uon i^m unb no(^ mel)r oon feinen 9iac^folgern bie ^ypotbefe beö Dccafionaliömuö erfunben unb ausgebt Ibet."*') 3)?it äbnlid^en Wrünben befämpft .iiieibni§ ben intiuxus physicus feiner 3cit. Qt meint (J)h. 7 ber 9Jionabologie): .öat man einmal einfact)e •iBefen ober 9)ionabcn, fo lä^t fid^ uon ber einen ^)Jionabe ntd)tö auf eine anbcre übertragen, fo baß bie Quantität ber einen uerntinbert unb bie ber jmeiten nennel)rt mürbe, benn fie ^nb einfach; man barf l)in?,ufe^en, burc^ eine berartige blof3e -i>erminberung ober 'ikn-gröfjerung loärc auc^ feine 'i^er-- änberung im inneren gcmonnen. (i'bcnfomeuig, fäbrt er fort, ift eine -l^er=
*) über ben Occafionalt§mu§ bei SD e § = S a r t e ö ügl. ^ I; i 1 0 : Über bie 9teligion§= ^^ilofo^jbie beg 2)cg = (5arte§ in 3t. f. er. ^^. HI. 166, unb berfelbe: Über Wale = brandjeg reIigion§Vt;ilofoi)f)ifd^e 2lnficf)ten, ebenba IV. 103 unb @cfd). b. ^b^of. II. 33, 38. 2)er eiöentünilid)e ©ebanfe be« DccaftonaÜgmu« befielt barin, ba^ aüe Gräfte ber 9iatur nur qI§ ber immer »virtfame Sßille ©otteg angefet;en hjerben. ©eftt nad) ber geioöl^nlidien iKeinung 3. 33. eine roUenbe Äuget burd; ©to^ eine anbere Äugel in Seivegung, fo i[t na^ ber Se^re be§ Occafionaligmug nic^t bie erfte Äuget Urfad^e, bafe bie ja^eite fic^ ben)egte, fonbem ber Qufammenftofe ift bie SSeranlaffung, ba^ ©Ott ber jiyeiten einen SeluegungSim^uIg erteilt. Dber: ^ebe id^ nbfic^tlid^ meinen 3(rm, fo ift nid^t ber SÜittc bie birette Urfadbe ber S3e>fegutvg, fonbem mein SBiÜe, ben 5(rm ju b^bcn, ift bie «cranlaffung (Uifac^ci, bafj ®ott meinen ^Irm ^ebt.
ipvoblem ber SBeränberung. 85
lc^ic6mu^ ober ^Isevtaujc^iinn bcr einselneii ^eife einer *£ubftan,3j beufbar, benu bie ^lJ(Ouabcn l)nbcn feine 2cile, unb mir fe^en luieber t)in5U, anc^ eine bcr- artige 'l^erfd)ielninrt , menn fie benfbar luäre, märe nocf) feine eiöentlic^c qualitatiue 'iseränbenuuv (S'nblii^, t)ei^t e§, bie 3lccibenjen fönncn fic^ uon il;rer Subftanj nid)t ablöfen, nuö \i)x tieranö fpa^iercn unb in ber ^uft fc^meben, mie bie od^enien ber Sd^olaftifer ^eruniflatterten. Bii^M<$<^'t Sctb tmb Seele inöbefonbere fei auci^ bnruni eine Ä^Ci^felmirfunfl unmöglich, meii beibe toto genere nerfi^ieben feien, i^eibnij fd^liefet hieraus, ba^ überf)aupt eine causa transiens unbenfbar fei, unb O'^^öUi^t gu ber ^Bor^ ftelluni} ber harmonia praestabilita.*) äöir geben i^m 3ve(^t in ber 3trt, mie er ben intiuxus physicus feiner ^dt bcfänipfte, aber eö ift bie ?yrage, ob bnnüt bie causa transiens in jeber nur benfbaren ^-orni abgemiefen ift, ob unter alten Uniftänben bas, maö oon außen bie i^eranlaffung juni 'ilvirfen gibt, felbft mieber ein Mrfen fein nuife unb alö folc^eö felbft einer äußeren Urfac^e bebarf, maä ju einer unenblic^en ^)ieil)e führen mürbe, äöix t)aben frnljer (ßx. 42) gefeljen, ba^ bieö nic^t unter alten Uniftänben gilt. Sei ben 33etraci^tungen über bie äßei^felmirfung ber realen ^ÜBefen Seigte fii^ uns bie ^Utöglic^feit, ben Segriff einer äußeren Urfac^e ober, menn man raill, eineö influxus physicus feftjuljalten, otjue in eine unenb:; licEie 9fteil;e ober in bie Sorfteltungöarten ju geraten, melcfie 5Deä = (Sarteä unb Seibniä mit 9xe(^t uermerfen.
^ie ßöfung, mel(^e bur^ bie Unterfui^ungen im Sinne ,§erbartö bem Probleme ber Seränberung gegeben roirb, beftetjt in ber ,3w^ücffiii)^iii^Ö ber erfal)TungSniä^ig gegebenen qualitatiuen Seränberungen auf eine med^felnbe ©emeinfc^aft ber uerfi^iebenen realen äßefen unb ber auö it)nen jufammengefe|ten Webilbe, bei meieret bie eigentliche Dualität ber 'iöefen unoeränbert bleibt, mäl)renb beren Buftänbe auf eine gemiffe ißeife mec^feln unb )iä) nad) außen l)in alö Äräfte ber Semegung geltenb machen.
5a0 ^toBfcm ber lÄaterie.
52. Unter 'H^aterie mirb f)ier bie gegebene räume rf ü 1 1 enb e 9}kterie nerftanben. (£ö liegt nm je^t bie 2tufgabe nor, am ber Söec^felmirfung ber realen 'iBefen bie etfa()rungämäfeig gegebene 9)kterie in it)rcn oer; fd)iebenen formen abzuleiten. ;3ii^ßffß'V no<^ abgefel^en uon ben Sefonber^
*) Über bie ^räftabiliertc Harmonie f. X^ilo: Über Seibnij'ä SReligionS; ^l^Uojo^^ic in 3t. f. ej. ^^. V. 182 u. X. 7 ff., f. a\xä) bie 2lnmerlung ju 3lv. 17.
86 ^ßrobtem bei- TOatcrie.
I^eiten biefeö 'iprodlcniö, [teilt fic^ bei lUifuits^ bcöfclben fofort eine 6d)iineri(V feit cirtcntüin lieber iHvt tjcrauö, uiciiii iiiaii Mo reaton iBefen a(ö uöUta unrtiumlic^ ober punftuell betrachtet, benu baö (^infac^e alö b(of?e Summe rtebtti^t nibt iiocf) feine 3luöbel)mni(V Senn, fo bemerft bevcitö ber (Skat 3eno, umö felbft feine örö^e {)nt, fann, wenn eö jii einem nnbcren ()tn5U; gefegt luirb, biefem feine Öröfte geben.
.'gat man bie legten realen ''M(]Qn ber 'Jtatur, lüenn man nic^t in ^iBiberfpriic^c uerfaUen miK, nic^t altein in qualitatiner, fonbern auc^ in räumlicher ."oinfic^t alö fc^le(^t()in einfacf) auf.^ufaffen , fo muH nian mo^l bei biefer 9lnna()me beharren, loenn jc^on eö ni(^t uollftänbig geUngen foUte, auö bcrartigen Crtcmenten bie raumerfii Henbe "iDiaterie mit Öuibcn?, ,^u fonftruicren. ^I'abei ift uor atlem nicit auf^er l^lcbt ^n lafjen, baf; bicfe 'Hiaterie bod) ^uniic^ft nur (Snfi^einuns] ift, Ijernoröcgauöen auö ber 3Bec^fel= lüirfuug eincö ©ubjefteö unb eineö Objefteö. 9Uö bie (efeten objcftinen Urfadjcn alter (i:r)(i)einuntien (jaben mir bie einfacf)en ^^l^efen gefunben. 3(uf bie ?^rage, wie biefe 'ii>efen ^u benfen finb, antnmrtetcn uuö bie biöljcriiicn Unterfuc^ungen über Sein unb ©ef($ef)en. ^I'ie beiben '•^Utnfte, meb^e uns an bem (begebenen uor^urtämcife be)d)äftinten , luaren bie Dcannigfaltigfeit unb bie 'l^erduberung. (i-ö':fteUte [ic^ l)erauä, ben manninfaltigen (ix- fc^einungen muf? ein mannirtfaltiöeö ©ein, b. f). eine 'iUief)rl)eit unb ^-IVr^ f^iebent)eit uon ©eienben, ber i^erdnberung ein objeftioec C^jefc^efjen in ben ^)tea(en entfpred)en. ^t^t treten inir an bie gegebenen rdum(id)en 'i^er= Ijditniffe l)cran unb fragen: fe^en biefe auc^ geiuiffe räumliche 'i^^erl)dltniffe unter ben realen ©efen felbft norauä? ©id)er muffen ben gegebenen rdumltdien unb j^eitlic^en Crbnungen unb (Mruppen aud^ gcmiff e Crbnungen unb (^iruppierungen unter ben let3ten (Elementen entfprei^en. IJMe J>-ragc fann nur bie fein, ob biefe Crbnungen unter ben ^Kealen felbft auc^ räum= lieber 5lrt in ber ?^orm ber 3(uöbebnung (bcö 'J(uf^crcinanbcr) finb ober nii^tV '-öeja()en mir junddift bie /vrage unb ge()en auf bie iserfuc^e ein, met^e namentlid) innerljalb ber ©c^ule .»gerbartQ geiimd)t finb, bie räum; liefen '-üejieljungen ber gegebenen 'Dtaterie am rdumlidjen ::lk5ie^ungen ber einfallen (Elemente untereinanber abzuleiten.
53. ."oinfic^tlicft einer 5.^ie(l)eit felbftdnbiger, üon einanber unabljdngiger 3Befen bietet fid) ber Webanfe beä 3ii'nnnnen unb beö 'JJi(^t = Siifti'nnu'ii bar: ,vüei ®efen fönnen jufammen ober nid^t ^ufammen fein. Taö '^Nroblem ber 3nt)ärenf( erforbert ,^u feiner :ii^öfung bie 9(nimf)mc eineö ^ufanuncn unb einer bamit gefegten 'ißed)felmirfung ber einfachen ^^Befcn. 4>aö '|iroblem ber !i^eränberung nmi^t bie ätnnabme eiueo 'iikdifelö beö 3iifo"i'"e" »J^b 3^id)t=3ufammen, be.vo. beö aßirfenö unb ^Jidit^äöirfenö ber bctreffenben
Problem ber HKateric. 87
^f^caleii ober bor auö iljucn ,!iuiamnicn}^c|c^tcii Wcbilbc nöt\(\. )b^a^ nun bic ^)iaumcvfüllunrt biefcr Okbilbc ober bcr unö [innlic^ ocöcbcncn 'OJhiteric anlangt, fo beruljt biefc bei ."gerbart auf bem Söeßriffe bcö unnoüfonnnenen ;]ii)nnuuen ober ber partia(en 2)ur(^brinöuug jincier ober uiel;rerer einfachen ai?e|en.
!Denten inir unö giuei fold^e SBefcn üöIUh aufeereinanber , aber oljuc Tiiftan^, fo finb iu aneinauber unb [teilen in einer gciinffcn räuntlid^en iBe§iel)unö ^^u einanber; jebeö Ijat in 'Be^ug auf baä anbete eine geiüiffe Stelle, bejiü. Ort, roctd^er aKerbinßS uöUiß einfarf) ift, niie baö äßefen felbft. Daä Stneinanber jiueier '^untte a(ö einfacher Drt ber einfachen äßefeu filtert auf bie nmnlidf)e 2lkifc, fortgefe^t ober wiebertjolt, ,^u einer geraben, ftarren iiinie. 'OJiit .ßugrunbeleounrt biefer ftarren i'inie cntioid'elt nun ,öerbart weiter ben 33eöriff ber fontinuierlic^cn l'inie unb ber Äoutinuität übcrt)aupt, im Öeßenfa^ ^ur .Slontiguität.*) .sMerbei fteUt )'\ä) in einem notiuenbigen Weban!enfortf(^ritt ber begriff bes unyoltfommencn ^uffiit^ii^en ein, nie((^eö eine foI(^e £age ^lueier einfallen äßefen ober ?(Uieier "^punfte bejeicfinet, uiorin biefetben nur teiüueife ineinanber finb, fo ha^ beibe in biefer Xiage einen größeren ober fieineren ^rud^teil beä 3(neinanber '^mäcx ^^unfte ein= nef)men. .'(lonimcn alfo meljrere äiJefen infolge iljrer äöei^felroithing unb ber bamit §ufammenl)ängenben ätn^iefjung unb 2(bfto^ung in bie 2aQC ber partiaien Unterbringung, bie je nai^ Umftänben gtö§et obet Üeiner fein !ann, fo muffen biefelben notmenbiger äßeife raumetfütlenbe 9)fatetie bilben.
3n bem Segtiff beö unüoUfommenen 3ufammen jiueiet ''fünfte ift bet Segriff einet ibeellen 3^eilbarfeit beö ''^unüeö eingefc^toffen, ein ©ebanfe, lüelc^en ^erbart felbft atö lüiberfprei^enb erfannte,**) beffen man aber alö einer ^iftion nid^t eutraten fönne, wmn eö barauf an!omme, begreif= tic^ ju mad)en, loie räumlid) auegebctjute ^JDfaterie auö ben einfacJ^en äßefen entftet)t. Überbieä be§iet)en fic^ biefe 33egriffe nic^t auf baö 9icale ober baä u)irf(id^e ©efi^et^en als folc^eö, fonbern (ebigtid) auf bie räumüd^en Sagen; i)crl)ä(tniffe ber SÖefen. X^iefelben 2Öibcrfprüc^e liegen auc^ im Segriff ber Semegung, inöbefonbere ber ©efc^unnbigfeit , unb (jängen mefcntUd^ mit bem Segtiffe ber 5lontinuität ^ufammen, ber in 9Xnfet)ung hu 9iaum; oet^ltniffe nii^t },\i umgel)en ift.
@ibt man einmal baö Slneinanbet jmeier 'ipunfte *alö ein 3(uöeinanbcr ju, fo folgt baö unüolltonuncnc 3iM"(^i"niß» (^lö ein teiliueifeö ^"eii^önber Stoeiet 'fünfte mit 9iotiöenbigfeit. Da^ Sinei ^^unfte auc^ alö ancinanbet
*) ^crbart IV. 147 ff. **) aßfll. ouc^ 3t. f. ti. ^^. V. 14'^ ff.
88 Ißroblem bcc aKatcrie.
öcbad^t merben fönuen, oI)nc sulamiiicn?,nfn(Ien, ift iUn-itjeiiö an<i) oon wer; fd^iebcucn 9)latl)cinatifern unb ''^^tji)fifcrn feftgeödtcu lüorbcn, fo oon ^if(^cv imb fiaiiöäborf, unb in bev 'iöolff'fc^cn Schule oalt ber oa^ odöemetn: extensio lineae ex numero punctorum, qiiibus constat, determinatur.*)
tiefer l'öfuno beö '^rob(eniö bev "OJtaterte [inb .^artcnftein,**) "Taute,***) ßorneliuöf) unb Äraniarff) gefolgt, une bcnn auc^ üer; fdiiebene anbere, ^. 33. Si^ac^t, erflären, feinen 'Jtnfto^ an beni unuoll; fonnnenen 3iif«'"wen ju neljnien.f ff)
54. Sollen bie Sc^iuierigfeiten, loeli^e man in beni ^eöriftc beö unncClf'onnncncn 3iifö'"nicn einfacher SSefen finben fann, üerniieben lüerben, fo ift jmeierlei niöglid): entioeber bie biel)er nur fingierte 3Xuöbcf)nung ber (Elemente unrb alö tuirttic^e atuöbet^nung genommen, bbet eg wirb jebe auc^ fingierte 3Xuöbef)nung ber Elemente unb bamit baö unuoUfommcne ßufammen übertjaupt aufgegeben.
Saö erftere tjat Drobifc^ üerfucE)t.*f) (i"r bc^ieljt bie (iinfacötjeit ber Elemente lebiglic^ auf bereu Dualität, fietjt aber im übrigen bie i'Healeu alö luirflic^ auggebebnt an; fie nefjnien nai^ it)m einen ]s^vax au^erorbent^ lid) f (einen, aber immerl)in boci) einen enblid^en ^){aiim ein. il)ann üer^ fd)unnbet allerbingö jene Srf)unerigfeit ber Silbung ber iliaterie an^ bcn legten Elementen. 5)ie partiale ^urd^bringuug ober baö uuüoUfommene 3nfanunen t)at f)icr nid)t blofe alö ^iftion, fonbcrn in ^^iUrflic^!eit ftatt; bieö f)ot i)ier feine Sc^niierigfeit, ha bie äßefen felbft alä f leine, beftimmt begrenzte .Hontinua aufgefaßt merben.
9hm ift eä fidier, bie ^i3egriffe ber 9iealität unb bev 9tuäbel)nung finb nic^t fo(cl)c, bie notiuenbig mit einanbcr ucrbuuben fein muffen. 2)aö 9teale muf? nic^t alö fold^es au^ auögebeljut fein, ^aö gibt anö) T)robifc^ §u; aber fann bas dlcak alö folc!)cö nii^t anö) auogebebnt fein? Xa^ ift eö, maö Srobifc^ abmei^enb uon .Qerbart bejaljt. Um biefcu "^unft bre()t fid^ bie ^rage, ob nmn bie legten (Slemente alö ftreng einfädle.
*) ©. £» erbat t XII. 528.
*"-^) §artenftein: ^^roblcinc unb ©runblegiuiö bei- aUgemcincu 3Weta^l;i)ftf, 1836, ©. 289 ff.
***) Saute: 3iefigtün§J)^itofoi)l;ie I. 520 ff. t) 3t- f- <^i"- '^^- ^- '^^'^ ' aUerbtngg mit .tiiiuiHMfuiig auf einen '3?crfud), bie 33tlbung ber DJJaterie auä ben einfad^en ©lementcn ül;ne ben Segriff beö unöoH- fommcnen 3"f<ii""'f" abäuteiten.
ft) Äramär: ^problem ber SKaterie, 1871, ©. 182 ff. ttt) 3t. f. «E. W VIII. 180. *t) 3t. f. CE. ^f). V. 155 ff., ößl. basu VI. 11 ff.
^robtem ber aiJatertc. 89
punftuelle 3Bcfcii an)ef;en unif, unb a(fo genötigt ift, bie 5}?atene an^ joli^eu "ir^efcn ^^cbilbet 311 bcnfcii, ober ob bie 'ilUberfpnii^c, uictc^c .t)ev6att im 'öoiuiff bcö realen .Houtimami aufzeigt,*) uic^t uöüig ftic^ljaltig finb, fo bafe eö bcßvifflic^ ertaubt ift, bie legten CS'teiiiente als fleiiie reale Kontinua §u betracf)ten.
55. Soll nun jeboc^ baö iloutinuuui in jeber @efta(t Deriniebeu, alfo bie ftrencje räumliche (Sinfad^ljeit ber Oiealen fefti}et)a(teu unb bereu Stuä; bcl)nunö nid^t einumi als giftion jugelaffen uierbeu, fo nui^ man au(^ ben iöegriff ber partialen Suri^bringunö aufgeben.
Gö incrbe aurtenonimen: pei qualitatiu gleiche '^Befen B unb B' finb in einem itjueu entgegeugefe^ten A sufammcn, fo muf^ t)ter 3lbftoj5ung ein= treten, menn ber Öegenfa^ 3H)if(^en A unb B gleich ift (9h'. 58). ^eibe B muffen bemnad) a\\& A f)erauötreten unb jiuar uöIUg ()crauö, ba bie 'QSefen ()ier räumlid) ftreng einfad), punttuelt geba(^t lucrben. ^n bemfelben 2(ugenblicfe aber, 100 bie 'i(bftof3ung eintritt, ift auc^ ';?tttraftion, b. i). ha^ Streben ber B, in A ju üerf}arren unb bamit eine '^eiuegungstenbens in gerabe entgegeugefe^ter ^iic^tung (naij^ A I^in) uorijanben. Sie ^olge bauon wirb fein, ba^ bie -öemegung ber B uou A fjiniueg uerlangfamt lüirb, biä fie 5hilt ift, mo bann jenes Streben alö rücf gängige 'i^eiuegung fic^ gelteub uurc^t. 2)iefc fül)rt luieber jum Jyneiuanber, unb eö muffen ]i6) biefelben ^^orgänge mieberljolen. i^ieranö läBt fic| nun in 3(nbetra^t einer größeren IHujal)! realer ^il>efen ?,eigen, mie eö ju beftinunteu mittleren 9tbftänben junfc^en geioiffen ^ii>efen founnt, inbem biefe um beftimmte '^^^unfte fortmätjrenb oö^iüieren unb fo innerl)alb geiniffer Wrenjen ben 9iaum er^ füllen. .*0infid)tli(^ ber ^^egriffe beö Seiuö m\t) loirtlid^en ('>3efd^el)enö wirb l)ier an \)m früberen 2hiöeinanberfel3ungen nid)tö geäubert.
Siefe eben befprodjene 3lbleitung ber 3üiöbel)uung a\\6 'ifcn Sd)iinngungeu ber einfad)en ^ißefen ^at (Sorneliuö nerfuc^t unb meiter auögefüljrt.**)
X)aö ^auptbebenfen gegen biefe älnfii^t fc^eint unä baö ju fein, ob bie 3Innal;me geftattet ift, B bebalte feine Xenben?, nac^ A t)in, meiere il)m auf örunb beö im ßi'ffliinnen mit A gemoiuienen inneren 3»ftrtnbeö eigen ift, au($ bann nod), menn cö uöllig am A l;erauögetreten ift. (£ö liegt l;ier ber Oiebanfe nal)e, ba^ bie betreffenben ^>ßefen mit berfetben Öe^ fc^iüinbigf eit , bie fie beim 3Xuöeinanbertreten erlangt fiatten, fic^ immer
*) Xlber biefe SBiberf^rüc^e bgt. §erbart IV. 147 ff., and) 3t. f. c^. ^^. VI. 32 f., unb Äramär, a. a. D. 72 ff. u. 189 ff.
**) (5. ©. ©orneliuS: Über bie Silbung ber 2)latcrte an^ i^ren einfad;en (Elementen, ober baS iprobtem ber SJJaterie nac^ il^ren djemifd^eii unb ^jl^tjfifalifd^en SBcjiel^unöen, mit Jlüdfic^t auf bie fog. ^m^jonberabilien, Sei^jjig, 1856.
90 Problem ber aWatcrie.
uieitcr uon eiunnber entfernen muffen, ^-reilii^ ift babei ,^u bebenfen, bnf^ ai\(i) in beni %aik, mo man \iö) bic realen Üßefen, fei eö in 'iisa()rl)eit, fei eä in ber ^iftion, a(ö ouöoebel^nt benft, bie auä ber 3i6ftof5ung entfte^enbe Bewegung ber beiben B an^ A rüdgängio i'-^ii^^ infolge ber inneren 3uftnnbe, luelc^c beibe B im 3iifflii"»en mit A gciuonnen I;aben. ^ebeä B bleibt »ermöge bcö inneren 3i<ft(^nbeö beftrebt, in A einjnbringen, unb bel;ält bicfe 3lenben?i aui^, menn cö genötigt ift, ans A j^n weichen. 3)iefe bleibenbe ^enbenj luirb bie 'öeioegnng von A weg anfangö oerlangfamen nnb bann überiuiegen, b. l). bie B luerben üon nenem in A einbringen u. f. f. 3)a eö alfo bie inneren 3"ftö»t)c ftnb, meli^e I)ter bie Sagen: unb 33e: luegungäücrpltniffe bebingen, fo bietet fi^ allerbingö bic 9Jiöglid)teit bar, an^nneljmen, baf? aud^, abgefe^en uon jeber rönmlic^en 2(nöbeljnnng ber 3ltome, bie infolge eines uoranögegangenen ^^Mi^i'n^f'^ö ber 'ißefen oor-- Ijanbencn 3iiftfii^^e bie Urfa(i)e jener oö^ilticrenben '^eiucgung finb.
^nbeffen finb auc^ noc^ einige anbere SJJöglic^feiten üorl)anben l)in= fic^tlicf) ber 3(rt nnb äBeife, mie am einer äl^ed^felmirfung punftnell ge= haö)kx realen 'Befen bie (S'rft^einung ber räumlich beftinnnten 5Jkterie I)erüorgel)en fann.*)
56. i^nUiä) ift no(^ ein inerter ^Iserfud^ möglic^. Man fönnte näni; li(^ ha^^ '^räbifat ber 2tusbel)nnng nii^t attein ben ^Hcalen als fol(i)en, fonbenr auc^ allen aus i^nen jufammengefe^ten ©ebilbcn, alfo ber ^Jtaterie übert)aupt, abfprec^en. 3llS (Srfd^einnngen, ]miä)c tl)atfäd)li(^ an ber "^Jiateric gegeben finb, laffcn fic^ natürlich 31usbet)nung unb räumliche 'i^emegung nid^t leugnen. 9Ibcr nic^t unmittelbar einleuc^tenb ift es, ba^ biefeu Gr^ fc^einungen gerabe etioas ?>iäumlici)eS, ein aiufeereinanber ber einfachen Sefen felbft, entfprci^en nuife. Jvreilic^ muffen fic^ biefe (Srfd^einungen auf etwas grünben unb bejicl)en, maS ein isorgang unter ben ^'Healen felbft ift, unb ^max muffen '^cn räumlid^en unb r^citlid^en (S-rf^einungcn gemiffe formale 'Ik^iiebungen, Crbnungen unb Oiruppierungen unter \)m legten (Elementen entfprec^en ; aber bic ?'vragc ift bicr bic, ob bies ni(^t möglichen galls rein intenfioe Crbnungcn unb (Gruppierungen fein tonnten, mic fold^e bie ^^fi)rf)ologie unter ben rein inneren, intcnfiuen 3ii[tänben ber ©cele fennt.
9?el)men mir an, baf, alle bie aSelt bilbenben 3Befcn in uollcr Xmä^-^ bringung begriffen finb, unb fcljcn mir uon aller 3lusbcl)nung unb räum-- lid)en '-Bemegung ab, fo merben infolge biefes 3iifrt"H"f'i in allen :-lBefcn
*) 6. ©. ©orncliu«: 3lbl;anblunflcu juv ^laturlinffcnfci^oft imb ^ft^d^oloflie, 1887, ®. 53 ff.
5pi-obtcm bcf 'JWaterie. 91
innere ^l^eaftionö^uftnnbe ber nianiürtfaltinften 5Irt üor()nnben fein, oon bcncn unö allein bie nnfeicr Seele antuHjovirtcn betannt [inb. 5JÖie t)ättc man f{(^ nnn liier bie (5'ntftel)unrt ber jeitlicfjcn nnb rnnnilic^en A'ornien ^n benfen'^ 5(nf bie iBenntmortnuß biefer Ava^e fonunt eö an, luenn bie (£r; faljrnn^^, luie fie fi^ barbietet, unter ber c;5enmd)ten 'l^orauöfe^uurt unr!licl) benriffen uierbcn foU.
9{ac^ nnferer bisl)eriöen 3lnfc^auuiin i[t bie 'ißec^felmirtunö bebiiu\t burrf) \)a^ ^\\)am\]m\ ber 'ilsefen, eine ^tufi^aunno, meiere t)ier beibeljalten inirb, aber baö 9tic|t;ilsirfen mar na^ beni biöljcr 'isorrtetragenen on baö Sfiic^t^^^ifrt^i^i^^'ii "^f^* '^3efen ciefnüpft. T'iefe räumliche Se^ief)unö fällt nun bei ber allßenieinen T^urc^brinnmu^ loeß, maö iinirbc alfo (;ier biefent ^Mä)U ,3ufaniinen cntfpre^en? '^ir nel)nien bie !Dinge ber äßett in uerfc^iebener (Sntferiuntß iual)r unb benier!en, baf3 bie äßefen, menn fie aufeinanber, inic bei ber (^emif cl)en 3(ftiou, mirfen f ollen, einanber biä jur ^erül)rung nal)C fominen muffen, ii)äl)rcnb mieberunt anbere, bie in einem beftimmten Äaufaluejits fte()en, bio ,;,u einem g^'^nffen ^iOca^e auseinanber ßebrad)t merben muffen, bamit fie aufljören, in ber biäl)eri(^en '^ßeife aufeinanber ?,u iüir!en. l'ebif^lic^ atö fubjeftiuer Sdjcin, ber auf t^ar feinem i^organc^ in ber objeftiüen äßelt beö Seine, unb 03efc^el;enö begrünbet luäre, bürfen biefe väumlt(^en ^'formen, inäbefonbere baö 3lu^ereinanber , nic^t gefafjt luerben. ^srgt'itbmelc^e "-isorgänge unter ben 3?ealen muffen iljnen entfprei^cn. ^ebenfüllö l)aben unr eö Ijicr mit geuiiffen formalen iöeftinnnungen ^u tl)un, loelc^c mit bem unrtlid^en Wefc|el)en unter t>en (Elementen felbft im 3ufünuuent)ange fteljen. Monunen g. ^. gmei Stoffe, bie biöf)er in feiner c^emifcf)en 3{ftion ftanben, einanber biö ^ur '^^crü()rung nal)e, unb geben fie nun eine 'l^erbinbung ein, fo baben mir einen Unterid^ieb in 5lnfel)ung beö iißirfenö unb "Jüc^t^'i^ßirfenö ; erftevcö ift in ber 3lnfd)auung nom 3u= famnu^n, lefetereö uom 'Jcic^t=3ufanunen begleitet, l'luf (s5runb nnferer ißabr^ nel)mung bejeii^nen mir baö ^iif'^'i^'H'-'it t^^ö äuf^ere, fornmlc '-Bebingung beö 'ißirfenö unb baö ^^äc^t^ßufammen alö bie beö ^lic^t^^^ißirfenö. T^iefem Unterfc^icbe in ber (£rfd)eiming muf^ notmenbigermeife aud) ein llnterfc^ieb, unb (Vuar ein formaler, in bem objeftiüen -i^erljalten ber 9tealen entfprec^en, beim fonft fönnte er aui^ nic^t einmal alö fubjeftioer Schein entftel)en. ^JOIan fönnte im .öinblicf auf bie obige 'iNorauöfelsung benfen, t)aä 9lidE)t= ®irfen bct beiben ^Ißefen fei bebingt buri^ ein britteö, burc^ melc^eö etioa bie 3:i)ätigfeit berfelben gebunben märe, fo baf^ fie tro^ itireö mirflic^en 3ufammenö bod) nic^t aufeinanber mirfen fönnten. ^aö britte mü^te alfo erft unmirffam merben, bamit jene beiben 'ißefen gegen einanber tl)ätig ^\i rwerben uermöd^ten. 2)aö, maö mir bieljer baö ^ufammen ober bie äußere
92 Problem ber Waterie.
^eblitöung bcö 2i>ir!en§ nannten, uuirc (jiernnc^ in einem freien 3iM"tanbe ber Scfen ^u fnc^en, in meldiem fie für cinanber ^ngänt^Ii^ ftnb; beni 9U($t:3nfantineiv alö ber änderen ^cbingung beö 9?ic^t;'iBirfenö, entfpräd^e ber öctnmbene 3iift(^iib eineö ober beiber äi^efen, meld^er fie tro^ ii)reö 3ufannnenö eben für einanber nnjinöäm^lic^ niac^t; bie Urfac^e, bn^ fie für einanber nn^n^ängUd^ ftnb, lueldje mir fonft in ber rännüic^en Trcnnnni^ fallen, märe l)ier eben jeneö britte; ber 33emec5nnö ober t^em Überöanne beß 9iHd^t;3itföin"t^"ö, a(s bee 3i'ftanbeö beö ^JJic^t=3i>irfenö, in baö 3»frtJinnc'i/ alö ben 3iift«"b beö 'ilMrfenö, entfpräcfie f)ier baö allinäl}U(^e Hnmirffam= merben beö britten, loeld^eö biöljer ba§ äi>ir!eu ber beiben äöefen aufein- anber oerl^inberte.
StUein Kjierniit ift boc^ bie 3d)mierißfeit noä) nic^t gel;oben, benn jeneö britte bürfte tein reales äßefen, fonbern bürfte mit ein formateö ^inbcrniö fein, meli^eö d^icn anf analoge äi^eife üöllia uerfi^mänbe, mie ber diaum smifi^en gmei Singen oerfc^minbet, bie fid^ bis gur ^^erülirnng nätjern.
(Sä f(i)eint nid)t geUngen }^\\ mollen, in bem obfcftiöen Öefc^efjen rein formale 'i^orßänöe 5n finben, menn oon bem ränmlic^en ^hiseinanber anäbrüdlic^ abgefcl)an merben foll. 9tur gan^ im allöemeinen tonnte man fagen : an rünmli($en 'l^orftellungögebilben tann eö bei bem 3iifai»Ji'eii aller äBefen in ber Seele ni(^t fel)len, benn in itjr ift eine ^ülle von ^^orftellnngen üorI)anben, bie infolge uon .»pemmungen in abgeftufter .*illarf)eit gegeben, ?)U einer eintjeitlic^en 9lnfd)annng 5nfanunengefafet werben muffen, hingegen mürbe nmn fic^ bei ber (S'rflarnng ber einjelnen 9ianm= formen mit ben allgemeinen '-öemertnngen begnügen muffen, fie feien Qbm fold^e unb feine anbeten, meil bie fie bebingenben intenfiuen Crbnungen nnb ©rnppiernngen ber einfallen 'il>efcn gcrabe folc^e nnb feine anberen mären. äÖcld)erlei inbeö tiiefe finb, barübcr mürbe fid) faum etmao näljereö beftinnnen laffen. 'O.lcan follte überbieö meinen, M^ mit ber allgemeinen Dnrc^bringnng and) bie ubllige ©leic^jeitigfeit fämtli($er Urfac^en jn allen (iJmpfinbungen unb (S'rfd)einnngen gegeben märe; unb eä möd^te fc^mer anzugeben fein, moljer ber Sd^ein ber Succeffion über-- ^aupt fonune.
^ißenn man nun and) bie eben uorgetragene iän]iö^t als eine innnerl)in mögliche jugeben moUte, fo mürbe man boc^ bei ber genaueren (S'rflärung ber einzelnen (£-rf(^einungen nic^t umljin fönnen, bie betreffcnben 'ißefen minbeftcnö in ber ^ittion in räumliche '^ejiel)ungen ^u bringen. Die begriffliche ^luseinanberfe^ung mürbe in (viebanfen and) bie räumlid^e nötig mad^en.
«Übung ber Waterie. 93
^\x finb baljer ber ^DJeinung, bafe e§ fmmi tf)unlid^ fein mirb, bie räumlichen unb jeitlidieu ^-ornien ber unö rteßebenen (?rfd)einiinßäiöe(t 511 erfUiren ol)ue bie 3lnual)me, baf? unrt'lic^ räumlidie unb 5eitlid)e S3e5iei)uugen unter ben legten ei'lenienten felbft befteljen. iÜL^k man fid) biefe ^öepel)unöen benfen fönne, ift im i>orftet)enben angebeutet. IsöUiö geniiöt freilid) feiner ber genurc^ten 'lscrfud)e, allein eä ift hoä) gezeigt, wie man auf yerfcfiiebeuen äl^egen l)ütfeu fann, fic^ ber l'öfung beö ''Problems üoIl= ftänbigex ju bemächtigen. 'lUelleidjt inbeffen ftetjen wir ^ier an ber C^ren^e beö 33egTeifli(^en, wie fd^on X^eibnij meinte unb 3)robif^/') 6ornc = liuö**) unb 3:'l)ilo***) glcid^fattö befennen.
57. ^DJag man fic^ nun für bie eine ober bie anberc ber (Dir. 53 biö 56) IjerooTgeljobenen möglirfjen älnfic^ten entfc^eiben, jebenfallö ift ^ur 3Ibleitung beö mirflii^en C^efd)ebenö eine iUet^eit uon realen äöefeu nötig, iüel(^e uermöge it)reö C^egenfa^eö einanber ^ur 'ii>irt'famfeit beftimmen. Um fid^ einigermaßen uorftellbar ?)U madien, wie bie 3:i)ätigfeit, welche wir biöljer alö eine rein innerlidie, in ben einzelnen äöefen eingefd^loffene fennen gelernt l}aben, jugleic^ alö eine äußere .<üraft fic^ geltenb mac^t, alfo bie :^agen; unb -^ewegungöuerljältniffe ber realen ^ißefen beftimmt, ober loie innere unb äufserc 3iM"tänbe einanber genau entfprcc^en muffen, benfe nmn )i6) bie einfachen 5h>efen alö f leine .siügelc^en, waä alö ^i^tion jebenfallö geftattet ift. ®ie iiugelform ift bie einzige, bie mau in 3in= betrad)t ber einfa^en Qualität eineö jeben realen äöefenö benfelben äu= fc^vciben barf. 2)äd)te man bie realen äöefen anberö, fo würbe bie ^l^erfd)iebenl)eit ber l'age ber ibeellen Xeilc^eu eineö ^iBefenö auc^ bie ^-rage nad) einem ©runbe biefcr 'iNerfc^iebenljeit rege mai^en. ,3" einer uer= fd)iebenen 3lnorbnung aber ber ibeellen 3:eil(^en ift bei einem ftreng ein-- fadien 3ßefen burdjauö fein (>3runb uortjanben. 3Iuö bemfelbcn ©runbe ift jebeö aiJefen in allen '|Uin!ten feiner 2tuöbet)nung alö uollfonnuen gleid)befcl)affen p beuten. f) .'Ronnneu nun jwei qualitatio einanber ent= gegcngefe^te, für einanber burc^bringlic^e 'll^efen jufaunneu, fo wirb mit bem '^kginn beö CSinbringeuö jebeö oermoge beö §wifd^en it)nen befteljenben Öegenfat^eö ha^ anbere 5U ftören fuc^en, aber aud^ jebeö fic^ gegen "iia^ anbere in feiner .Oualität er()alten.f f ) ^Diefer Trljätigteitö^uftanb ift uor:
*) 3t. f. ei-. W V. 140. **) 3t. f. er. ^^. VI. 30.
***) Äurje ))ragmatifc^e ©ejc^ic^te ber neueren ^l^ilofo^^ie, 1874, ©. 879. t) Über einige üon 2angenbed f)iergegen erhobene Sebenfen f. 3t. f. eg. ^1^. VIII. 168.
ff) ^infid^tlic^ be§ 3"fßwi"«"^ommen§ ber Sßefen (ä|t fid), föenn man Don bem gegebenen SCßettjufammenl^ange abfielet, an eine urf^srünglic^e aSeinegung benfen (3ir.32),
94 2lnntc^ung.
i)anben rnd)t allein in ben !3:eilen be§ aSefenä, melcfie Iiereitä faftifii) burd)bvmH]eu finb, fonbevn, ba jebes siBefeu ein inteufiueö (S'inä ift,*) auc^ iii i>m Xcileit, lueidie uo($ nic^t burc^bruuöen finb. 3o ift alfo Storunö uiib Selbftcutjaltunö f(^on im erfteii ^Jioiueute bes (Slnbrinöeiiö in allen teilen beibcv "ißefen jumal üort)anben. -Die ©törmtö, meiere jebeö 'il^efen in bem anberen Ijeniorjubrinoen fuc^t, läfet fid) mit .iperbart einem uiecl)felfeitit]en T^rnrfe, bie gegen bie ©törung gerichtete Selbft; cvbaltung einem Wegenbrncfe uergleid^en. --öeibe "ißefen merben yöUig ineinanbev einbiingen unb jebem ^iscrfu(^e, fie ju trennen, einen bcftimmten äBiberftanb entgegenfc^en. ^^m 9)iomente ber nollen T^urdibvingnng erreicht bie ®elbftert)altnnn lljrc größte 3"tc»fität. 2)a ber eintrieb ju tieferem (Einbringen bis jn bem 3lngenbtic!c beö uoKfonimenen ^'^cii^^^^ber fort= banert, jo mu^ \)iQ Wefdjiinnbigfeit ber beibcn 'ii>efen ftetig juncljmen unb in bem bejcid)netcn Diomente am gröf^ten fein; bal)er werben beibe Sßefen infolge ber einmal erlangten ("•iefcbunnbigfeit über ben -]>unft ber noUen Durc^bringung Ijinauö nad) entgegengefet^ten ^'Kid^tungen auöeinanber lueii^en über fid) burdjeinanber binburc^ bcmegen. T'ic (.^iefc^winbigfeit biefcr ^e; wegung üerminbert fid) inbes fortmäl^renb, meil beibe Ü>efen uermöge i§reö @egenfat3eö in bie l'age bcö uollf'ommeuen 3iif(H"i"i''i gurücfftreben, eö erfolgt benniad) eine rüdläufige ^emegung, fallö bie (>3ef(^unnbigfeit friil)er 9hiU luirb, el)e fi^ bie Sl^efen uöllig getrennt baben. ^nbem nun beibe ^ißefen mit befd)(eunigter .'^eiocgung luieberum juv uoflen 2)ur(^; bringung gelangen, finbet aud) non neuem jene Oöjiüation ftatt, für bereu älufljören, fo lange nmn blofe jiuei folc^c äBefen inö 3luge fafst, feine Oirünbe oorliegen. ilian fanu nun baö Streben beiber 2ßefen, üöllig in cinanbcr einzubringen, luenn fie fic^ einmal in ber l^age be§ unuollfommenen ^iif^'nnicnö (ber partialen ^urd)bringung) befinben, 2lnjiel)ung nennen. Tiefe mirb um fo ftärfer fein, je ftärfer ber ©egen^ fo^ jmifc^en ben beiben äöefcn ift.
58. ®enfe man je^t an brei reale äßefen, B unb B, beibe einanber uöllig gleich, unb ein iljuen qualitatiu cntgegengefe^teö A. Xer (^egenfa^ jimfc^en A unb B fei glei(^, b. i). fo bef(^affen, ba^ je ein ih>efen von ber 3lrt A \inb je eins uon ber 'J(rt B iid) gcgenfeitig ju einem geiuiffen ^^larimum ber 3elbfterl)altung bringen tonnen, fallö fie uollftänbig 5U= fammen (ineinanber) finb. '-üerübren nun bie beiben qualitatiu gleid^en B baö ibncn im glcid)en SDiane entgegengefe^te •ilNefen A an uerfc^iebenen
*) Ober anc man im .tiinblid auf bie flemac^te J^-iftion jafien faiin: ba bie ^eile eineC^ jeben Sßefeng bollfommen ftctifl jufommenl^ängen.
Seiten, fo luerben fie üermöfle il^rev ^Bec^felnnrhmg mit A tiefer in biefe^ einbringen. Üe|tereö, oon beiben B in Slnfpriicfe öenouunen, i)at )iä) gegen beibe in feiner ünalität gn er()alten. Sollten mm beibe B in A üöllig einbringen, fo jnüfjte A eine boppelt fo ftarfe Selbftertjaltnng leiften, alö jebeö einzelne B. (Siner folcl)en Steigernng ift inbeö bie Selbft; er^altnng nid)t fäljig, niel)r alö uollftänbig fann fie nic^t fein. 35aä Streben ber beiben B, uöIlig in A ein^nbringen, fnnn ni^t uollftänbig renlifiert uierben, meil A bereits bnri^ teiluicifeö (anbringen ber beiben B juni 9)cQi-innnu ber Selbftcrljnltnng gelangt. Diefeö ^JJiarinuim fönnte fcf)on ein B lieroorbringcn, luenn eö mit A oöllig jufmnmen umre; beibe B branc{)en '^n bicfem ^ikljnfe nur }^nx ."oölfte in A ein^^nbringen. Ginem tieferen (einbringen ber B über biefe C^ren^^e Ijinauö luirb A einen 'Mber= ftanb — eine 9(bftof?ung — entgegenf ei^en , inbem eö einer Csii)öl)ung feiner Sclbfterljaltung iiber ^a<> betreffenbe 'OJuuimnm l;innnö nic^t fällig ift.*) 3luf?erbcm liegt noc^ bic ^Hiöglic^feit uor, baf^ bie beiben qnalitatiu gleichen B fclbft wäl)renb il)res (Sinbringenö in A in eine repulfiue ^Ijätigfeit lüibereinanber geraten, ums jebod) noä) feine Xrennimg §ur ?^olge i)abtn luirb, fallö ber Öegcnfn^ nnb fomit anä) bie Slttraftion 5unfc^en il)nen unb A t)inreic^enb ftar! ift. So loerben bie brei SSefen B, A, B, burd) 9Ittraftion mit einanber uerfni'ipft, burc^ 9iepu(fion aber an einer uölligen gegenf eiligen '4)nrd)bringung oerljinbert, bereits ein räumliches C^jcbilbe in linearer Jvorm barftellen. ^iUif ganj analoge äßeife loerben oier qualitatiu gleid^e äöefcn ein Ouabrat unb ac^t einen Kubus um ein il)nen entgegengcfe^teö äßefen bilben, ba bie erfteren wegen beS glei($en ©egenfalies gleich tief unb in gleidimäBiger 3tnorbnung in baS i^ncn entgegengefe^te 9Befen einbringen ntüffen.
59. 33iSl)er l)anbelte es liä) nur um 'iBefen, meiere in gleichem 03egenfa^e §u einanber ftel^en, fo baft alfo i\m äl^efen, ^wifd^en benen ein folclier öegcnfa^ obwaltet, fic^ gegenfeitig jum 3)iai-imum ber Selbft= erbaltung bringen fönnen. (5§ finb inbeffen auc^ noä) anbere 9Innal)men möglii^. ^er Öegenfaö unter ben legten (Elementen ber 'Jiatur fann nämlic^ fein: 1) ftarf unb gleich, 2) ftarf unb ungleich, 3) fc^iuac^ unb gleirfj, 4) fc^mac^ unb ungleich. 3Öir inoUen l)ier nur noc^ ben jioeiten J-all ins 'iluge faffen, b. l). "^^efen annebmen, oon melcben eine relatiü gro^e 'In^a^l erforberlic^ ift, um eines oon einer beftimmten anberen 3lrt äur DoUen Selbftcrljaltnng §u beftinunen. ^emgemä^ iinrb biefes le^tere.
*) SSejügttd; einer untriftigcu ®inix>eubung bon Sänge nbecE gegen bie bon §erbart gegebene 3lblcitung bei Stnäiel^ung unb Slbftojiung f. 3t. f . ei", ^i^. Vlll. 1G8.
96 ©runbatome unb Sit^eratomc.
löcld^es mit A bejeii^net fei, fid^ mit einer re(atit) (^lofeen 3tu§Qf)( ber erftereii (C) netbitiben fönnen, el)e it)nen uon Seiten beöfelben (A) eine ^epnlfion cntöeiientvitt. 6obaIb jeboc^ eine ^eunffe 3tn5a()l bev etnbvinßenben •i^efen C iibevfd)ritten luirb, nuif^ A abftofsenb luirfen. .^cne äl^efen muffen bann öleid)mäBiö i^nö A (jcvauötveten, aber bod) noc^ in teiliueifer ^uvc^^ bvin^nnö mit A bcljavren nnb baljcr eine fngelförmiöe Sd^ii^t nm basfelbe bilben.*) 9J(ittelä ber biefe Sd^ic^t bilbenben 2Befen, lueldie fic^ in einem bnrd) A beftimmten ^JIiätiQfeitöjnftanbe befinbcn, fnnn biefeö auf anbere 2Befen uon berfelben 3(rt C, fatlö fie mit ber betreff enben Sc^id^t in 33crüi)runö finb, eine SlnjietinnQ anöübcn nnb fie jur ^erfteihinji einer jTOeiten <Bä)\ä)t nötigen, um uield)e fid^ ebenfalls eine britte u. f. u). bitben tann. Xoä) mirb mit ber Crntfernunö non bem äßefen A bie teiliueife ^nrd^brinßunn je s'^ei aufeinanber folßenber ©d^id^ten immer öc^"i"0<^i" merben.
3lUe 9Eefen nun, meiere eine relatin orofee %\v^ai)i gewiffer anberer fpl^äreimrtifl um fid) gruppieren tonnen, nennt man ©runbatome, ilern= punfte ber mägbaren 3Jiaterie, bie anberen ^Ittjeratome.
60. ilommen jiuei C^hunbatome A unb B, jebeö mit einer ^tt)er= fpl;äre umgeben, einanber biö ju einer geioiffen ^iftan^ nal;e, fo luirb nermöge einer bnrd) ben ii^Üljer nermittelten '^(njietjung eine weitere 3tn= näl;erung ber ©runbatome beiuirft uierben. Xk 5U A geljörigen IHtljer; atome finb nämlid) in Tbätigfeit gegen A begriffen, bie ^u B gel)örigen in ^Jieaftion gegen B. lliögen nun and) bie beibcrfeitigen :^itt)eratome felbft in betreff iljrer urfprünglidicn Oualität einanber glei^ fein, fo finben öod^ bie 5U A get)örigen l'Üt)eratome in ben ju B gct)örigen einen 3ieaftionö5uftanb gegen B unb biefe in jenen einen Stcattionäjuftanb gegen A nor. X*ie jn B gebörigcn iHtberatome repräfentieren öen ^u A get)örigen B unb biefe jenen A. x^snfolge biefeö übertrageneu Wcgen= fa^eö werben ]i6^ bie in 3)ur(^bringung begriffenen 'iltljeratome ber beiben Spl)ären fo uerljalten, loie fid) A unb B in unmittelbarer ^erül)run0 ju einanber üert;alten unirben, nur in fd)U)ädt)erem '3Jia^e. Stuf biefe ■iöeife unrb begreiflid^, mie ein (^irunbatom oermöge bcö übertragenen ÖJegenfatjeQ aud) ha loirten tann, luo er felbft nid^t ift, loie alfo eine ■iLUrfnug in bie ?;cxm möglid) ift, nid)t bnri^ t)(n abfolut leereu ))la\\m (jinburc^, fonbern oermittelt burd^ eine 'Jfeilje realer 'üsefen (^M;er), welche
*) ®mc bon biefer 2lu§etnanberje^un9 ettüag abhjeic^enbe, jcboc^ im lrcfent= lid^en ju bemfelben SHcjuItate fü^renbc 3lnftc^t über bie JRepulfion ^at Ära mär a. a. D. 150 aufgcftcUt; üfll. eine '-Üefpred;un0 berfelben in iJt. f. n:. '^i). XI. 46.
©aS Problem be§ 3|d^. 97
in einer geiuiffen 33er(nnbunö mit bem Sßefen ftel;en, von juetd^eni bic 'il^ivfnng ouSge(;t. Gö ift erfii^tlid), bafe 2ltome, nield^e uon ältf)erfpl)ären umgeben [inb, bein 9iefnltnte nad) baöjelbe (eiften fönnen, inaä bic 2(tonte bei s^euuiljnUc^eu pljijUfalifc^en 3(nfi($t, naä) roeld^ev bie 3Itonie alö urfptüng= Uc^e .Ivvaftiuefen auföefajst luevben imb foiueit in bie gerne luirfen foüen, alö dmi itjre SIraftfpljäre reicf)t. ^ni Saufe ber weiteren Slbleitung ber ■Jt'aturerfc^einungen*) berüljren fic§ beibe 3Infc^auungen in me{)reren ^^^unften. ©cuiiffe, alö Sttonie bejeiii^nete äöcfen mirfen t)iet wie ba nac^ einer gunftion il;reö 3tbftanbeö. ©obann fonunt f)infic^t(i(^ beiber 3lnfi(^ten bie 3Lserf(^iebenl)eit uon qualitatiuen 'OJiifd^ungöuerljältniffen, von Üa^^n- unb ^eiueßungöuerljältniffen ber ältome in 33etrad^t. äöaö alfo bie geii)ö()nli($e ptjijfifaliic^e Sltoniifti! in ber DJaturerflärung (eiftet, wirb bie t;ier in iljrcn Örnubsüßen bargclegte in naljeju gleicher äßeife leiften. Sie le^tere bietet ferner aud^ baö bar, waö bie ttjeoretifc^e (Efjemie nii^t feiten no(^ alö ein befonbereö (i-rflärungöniontent Ijinjubringt, näntlid^ bie 5l?crf(^iebenl)eit ber nrfprünglidjen Dualitäten ber ©toffe. ©nblid^ aber ^at fie noc^ im ^n- fammenljange il)rer ^egrifföentuncfelungen bie 3::i)eorie ber inneren ,3uftänbe gewonnen, burc^ loelc^e erft eine ©infidit in bie eigentliche 33ebeutung ber iiualitatiüen SSerfd^iebenljeit ber Stoffe, begui. ber 3(tome in 3lnbetrad^t ber ^emifd^en, pljijfiologifd^en unh fi^lic^lic^ ber pfi)($ifd§cn 33orgänge möglid^ wirb. >^u einer nätjeren (Erörterung ber geiftigen ^iiftÄnbe fütirt un^ ha^ ibealiftifc^e Problem.
5a0 ^xoMm t>e$ §(§•
61. 9hir fetjr allmäljlii^ (jat fic^ boö Problem beö 3<^ ober beö ^bealiömuö alö fold^eö Ijerauögeftellt. Sie ganje alte ^^(jilofopl)ie ^t eö faum norbereitet, waljrenb eö feit Seö^ßarteö geiüifferma^en baö §aupt: Problem ber ^^tjilofopljie geworben ift. ^infic^tli(^ ber gefd)i(^tli($cn (Snt^ widelung biefeö ^roblemö finb namentlich brei (Stufen gu beachten. B^^crft regten fid) ä^^ß^f^^ <^i^ ^cr Sic^erljeit unferer ^rfenntniö ber Sing« unb
*) ©arüber bgr. ©orneliuä: ©tunbjüge einer aKolefuIar^^^fü. ^aüe, 1666, unb baju bie 3lec. in 3t. f. Cf. «ß^. VII. 287 ff., bgl. anq Qt f. ej. «ß^. IL 113 ff. Über bie SBec^feliDirfung ber ©runbatome bermittetft be§ Sttl^erS, fotuie über freien unb gebunbenen Sttl^er bgl. nod^ befonberä: ßorneliug, Sux 2J?oIe!ular^)l^t;fif, ^aße, 1875, unb 3t. f. ej:. ^^. XII. Über baS Problem ber aRaterie, unter $8ejug= na{;me auf bie neuere betreffenbe Sitteratur. 2)erfelbe: Slbi^anblungen jur 3Mtur= iüiffenfd;aft unb ^pf^djologie. 1887.
i^lügel, «ie Probleme ber i^^irofo>)^)ie. 7
98 ©!e^ttjt8mu§ ber Sitten.
füfirten ju bem negatiueit 9iefultnt, ba^ iinfere 9Ba()rnef)nuinöen iinb @r= fenntniffe um baö eigentüd^e äßefen ber 'T)ino,t ntc^t befannt machen, ©obann iinixbe W ßfiftcng von Sinken au|er un§ übedjaupt junäc^ft bejiDeifelt imb bann öeleußnet. ©nblic^ uerfui^te ninn auf ©runb ber 96= gebcnen äC^djrncfjniunöen ben reinen ;^sbealiönuiev welcher baö ä.Un'f)anbenfein ber ^inge auf3er unö in Slbrebc [teilt, ju uerlaffen nnb ju einem 9{ealtöntug jurinfjnfeljren, ber bie (Si'iften^ einer Stnfjenuielt nid)t oljne weiteres uovmig-- fe|t, fonbevn 5U beiueifen beftrebt ift.
^ie 9nten evfannten, ba^, maä mir von hm fingen iibertjanpt luiffen, uiir burd^ nnfere Sinne miffen. 3l(Iein maä bie ©inne uns oon ben fingen lef)ren, ift um ber 3trt, bn^ bie ©vfenntniö fi{^ nic^t babei be= rut)ißen tann. 9Xlö bnö uiat)ve äßefen ber ^inge fetjen niehnefjr fänitliij^e alte 9}ietapl;ijfifer etmaä an, inaö alä fol^e§ nic^t finnlid) maljröenonnnen mirb, aber boc§ ber le^te ©runb atleä ^or^anbenen, äöaljvneljnibaren ift. ©teilte es fi(^ nun aber tjerauö, baf^ es unmöolic^ ift, mie bie Gleaten unb ^eraflit erfannten, aus beni auöenonnncnen -^Uinjip bas folgerecht ah-- juleiten, was bie ©inne uns barbieten, fo nni^te entweber bie ©pefnlation falfd^ fein ober bie ©inne mußten trügen, ^infit^tlii^ ber ©pefulation glaubte man forgfältig genug uerfaljren §u fein, bie ©d^ulb alfo bauon, bajs bie 2öal)rnel)nuuig bie Singe ni($t fo fanb, wie bie ©pefulatiou eS erforberte, ninfste hm ©innen jugefc^rieben werben. 3)iefe finb falfd^e beugen beffen, was ift unb gefd)ietjt. T^arin ftinnnten bie ^leaten unb ^eraflit überein. 3?on ben erfteren fudl)te ^^»o "O'^ befonberä baS Söiberfinnige in ben gegebenen (S'rf (Meinungen , namentlich ber ^^ewegnng, nac^juweifen.
2tlleiu, wenn bie ©inne falfc^e unb gleidiwoljl bie einzigen ^ciiflfii ber Tinge finb, wirb nid^t alle ©rfenntnis, bie fiel) auf finnlii^e 3i>aljr; neljmungen ftü^t, völlig unfid^cv? (£-S ift ein gemeinfames "'J^ierfmal ber ©pefulation bei ©o!rateS, ^Uato unb ::?(riftoteles, bafa m biefer ^rage nid^t 9kum geben, fonbern unerfdljütterli(^ feft an bem ©lanben an bie aßal)rl)eit, an bie Bi'uerläffigfeit i^res SenfenS balten. ?^reilic^ finb es uid^t 5um wenigften fittlic^e 9Jiotiue, welche fie bcftinnnen, bie äi^abrljclt ber CSTfcnntniS gegenüber ben ©opljiften ju oertreten, welche eine ©ic^er= f)eit ber menfdjlic^cn Crrfenntnis teils bezweifelten, teils leugneten. Unb hoä) fonntcn jene ^Juinnev oon iljrem ©tanbpuufte aus gewiife ^eben!en ber ©opl)iften gar nid^t wiberlegen, oft niä)t einnml würbigen.
62. :i:ie ©opl;iftif iä)io^ ]id) an bie S'^^ifct teils bei (iieatcn, teils beS ^eraflit an. 3tlS isertreter ber erften 9iicl)tung ift bcfonbcrs ©orgias, als ber ber äweiten ^rotagoraS befannt: jener mit ber
®fc^3ttjiSmu8 ber Sitten. 99
Seliauptung, eö gibt !ein 2öiffen, fonbern alles ift ^rvtuin, biefev iiüt bev söe^auptung, eö gibt feinen l^vrtnnt, fonbern ieber ©ebanfc ift ein bcfonberö er^cngter Bi^ft^H'^ t)eö einigen ^Uiffeö, beä eigentlichen wnljvcn 'ii^efenö bev 3)inge unb barnm '-iBal)vl)eit, mögen nnr iljn falfd^ ober \ml)X nennen, ^svotagoraö ift fi'iv bie (Sntnncfelung beä ibealiftifi^en ^U-obleniö no($ befonbcrö babnr(^ luid^tig, weil l)ier bentlic^ ber ©cbanfe ber Sftelntioität alleö begebenen ju 2:^age tritt, wonon fid^ bereits bei 2tnni*agoraö unb ben 3ltomi!ern 3lnbcutnngen finben. (Bx unterfc^eibet nnnilic^ baä äßal^r:^ nebnibare ober 2Bal)rgenonnnene non ber SSnl)rnet)nning felbft unb erfennt, baf? ha^ äBal)rnel)nibare nnr infofern ^Sebeutung i)ai, alä e§ iUn wai)X' genonunen ratrb, als eS für uns, bie äBa^rneljutenben, ba ift. @s !ann alfo nienianb non irgenb etiunö fagen, bafe eö unb wa§> es an fid^, b. I;* ol)nc 9iiicfftd)t auf ben ^^al)rnel)nienben, ift, fonbern nur, loie es mai^x- genonunen loirb. ^alja ber 3a^: ber Ü)tenf(^ ift baS Wia^ aller S)inge. (Ss mirb Ijier nac^ unferer 3Iusbru(fSiueife ber objeftine goftor {cpvöig) ber @rf(|einvmgen uon beut fubjeftiuen {vöjxoi) unterfc^icben unb benierft, baf3 ber erftere als fold^er uns uöUig unjugänglid^ ift. Slui^ bie Ifabemic unb bie fpäteren ©feptüer \)Oiht\\ biefe 93etradl)tungen im ©runbe ge-- nommen ni^t weitergeführt, menn fie biefetben a\\^ bebeutenb oerfc^ärft traben. ^l)re ^auptargumcnte rid^ten ftc^ gegen bie Slnnaljme eines un^^ trügli(|en ^lennjeicfiens ber äßal)rl)ett, wie ein fol($eS non bem ^ogmatiSnuiS, namentlich ber 8toi!er, feftgeljalten imirbe. (Sin fold^es Kriterium ber 3Bal)rl;eit, fo argumentieren bie ©feptüer, befi^en mir meber in ber äÖal)rnel;mung, noc^ in beut iserftanbe. 3" "^em legieren ni($t, weil jeber (Sa| eines Seweifes bebarf unb fo ins Unenblicl)e jurücffülirt, aufserbcm aber jeber Semeis boi^ nur eine fubjeftioe Bewegung unferes ©elftes ift. Sefonberes 3»tßi-"'^ff'^ aber 'i^c&tn bie 3lrgumente gegen bie Söaljrlieit ber finnlid^en äBaljrnetjnuing. klimmt man bie jelin Tropen bes ^inefibemus, meldte fic^ nai^ ©ej:tus.®mpittcus in ben einen ©runbgebanfen ber Stelatioität aller unferer 3>orftellungen uereinigen laffen, unb mas biefer fonft nod^ anfüt)rt, jufammen,*) fo eiijalten mir ungefäljr bie 2lnfid)t,
*) 25ie 2tfabemie iüurbe namcntli^ burd^ 2lrcefiIao§ unb^arneabeS nal^e an bcu ©fe^JtijiSmug gefül^rt, inbem i^nen jebe ©eiüipeit, fotuol^I beg SetveifeS al§ ber Sffial^rnel^mung, jJüeifel^aft Xoax, unb nur eine geiuiffe Sßal^rfc^einUd^feit für bie 93el^anbtung unb ben ©ebraud} ber Singe be§ geiüöl^nUd^en SebenS alö miJglid^ übrig blieb. S5er ©a^e nad; nehmen bie ©fe^tiler biefe 2lrgumente gegen bie SBal^rl^eit ber ©rfenntni? lieber auf, tuenn fie e§ auc^ nici^t SBort l^aben lüotten, unb fci^Uefien fid^ an ben ^t>rrl^o an. SBai ber gefamte ©!e:ptiji8mu§ ge(eiftet I;at, l^at ©estug ®m^iricug jufammengefa^t. Sefonbere 2Bid;tigIeit für ;mg l^aben
7*
100 ©fe))tist§mug bei- SCIten.
lüelc^e Ijeutäutage ©cmcinöut ber p()i(ofopl}ifd^en itub uaturun[fenfc^QftU($en 3Infd)amuui gcuiorbeii ift, bafe wir iimnlid) in uns nur unfere fubjeftiueu .guftänbe nmljrncljnieu, meiere auf irijenb eine (uic|t näljev ju beftinuneubc) 3lrt üon nu^en auöereöt ftnb. (^ten baruui föuncu unfere 'i5?nl)rne()uuinrten unö nid^t mit ben fingen felbft au^er unö befaunt machen.
bte jel^n %xopm be§ ^inefibcmuS, iveld^e aBbann lalh ju fünf, Balb ju jhJfi 3;ro))cn jufammenge5ogen iiierben.
1. ®er erfte ^CropuS bctueift bic Unftdjerl^eit ber ©tfa^rung au8 ber %i)at'\a(i)(, bafs ftd; berfelbe ©egenftanb bei berfcfitebenen Spieren in ber 3QBal^rneI;nmng uerfd^ieben barfteUt. Sie 3;icve l^aben berfdjiebenen Urf^nmg, l^aben i)erfd^ieben gebaute 2luflen u. f. h?., alfo muffen aitdf; if;re (Smi^finbungen berfdjieben fein.
2. S)ie gfeid^e aSerfcI)icbenI;eit, Jüie bei ben Sieren, l^errfd^t bei ben aKenfd^en: ber ©elbfüd^tige fielet für gelb an, toa§ anberen toei^, für grün on, h>aS anberen blau erfd[}eint u. f. W.
3. 9Ud;t einmal ber cinjelne ift überaß mit fidj eing, inbem bie Dcrfd^iebenen ©inue 58erfd)iebene§ unb nid)t feiten ©ntgegengefe^te^ über bie 2)inge auäfagen: auf ber gemalten Jiafel erfd}eint bem 2luge j. S8. etu>a§ erl^aben, bem ®efü^[ aber nid^t. gerner lüiffen wir gar nici^t, ob unr mit iuciteren, anberen ©innen nid;t nodj biete anbere Verborgene ©igenfd^aften an ben Singen entbedten.
4. S)ie !ör^erlid;en unb geiftigen 3uftä"t'e/ ii-'^ie ©efunbl^eit, Äranll^eit, ^ufleni*/ 2Uter, ©d)taf, 5Bad;en, 3Jüd^tern^eit, Srunlenl^eit , Slul^e, 93elv>egung, 9ieigung, 3lb: neigung »üirfen auf unfere 2lnfid)t bon S)ingcn beftimmenb ein. 2lu \v>a§ folt man er!ennen, luetd^er 3uft^'ii' berjenige ift, in »wetc^cm man bie 2)inge rid^tig er!ennt?
5. ®g jeigen fid^ aSerfdjiebenfieiten, loeldje fid^ für bie Seobad^tung burd^ bie llmftänbe ergeben, unter iwerd^en fie gefd^iel^t ((Entfernung, Seleud^tung, Sage u. f. io.).
6. aSir nehmen aKe§ burd^ ein aJJebium Wa^x, anberg crfd;eint etioaä, iwenn hjir e§ burd^ bie Suft, anber§, Svtnn iuir eö burd^ ba§ Sßaffer feigen, ©erüd^e finb im ©onnenfd;ein ftärfer u. f. io. 2Bir fönnen aber nid^t beredjnen, iueld^en (Sinftu^ biefc befouberen Umftänbe auf bte 33eobad}tung felbft l()aben.
7. SDagfelbe erfd^eint bei toerfd^iebeneu a)Jafeber^ä(tniffen berfdjieben: berfelbe ©egenftanb crfdbeint jerftcinert U^eif?, aU 9){affe fd^toarj ober gelb; ein einjelneS ©anbforn fül;tt fic^ l^art, ein ©anbl^aufen iueid; an. Serfelbe Stoff bringt, in Der: fd^iebenen Quantitäten genoffen, ganj entgegengefe^te Sßirfungen im ßörper l^erDor.
8. ä(IIe 5ßräbifate, J«eld}e »oir ben Singen beilegen, finb nur Sietationen ber SDinge ju un^, j. Si. ob tt\va§ red}tg ober tint§ ftcfjt. Sßir tonnen ba§ Siciatioc nie trennen öon bem anbern, U^iorauf eä fid^ bejicl^t, unb barum nid;t ipiffcn, loaS eg an fic^ felbft ift.
9. Sag Ungeii>ot)ntc ma^t einen ftärfereu ©inbrud atg bag ®eh?ol^nte. Sie (Sinbrüdte atfo, bon bcucn unfere äsorftcttungen augge!^en, finb fubjettiö.
10. Surd) bie ^erfd^icben^eit ber Sebengiveife, ber ©efe^c, beg 4)erfommeng, ber 3!)Jeinung »rirb bie (£ntfd;eibung über bog äßal^re, ©ute, 9iaturgemä^e fd^wantenb.
3tae biefe Sro|)en fafit ©ejtug (Smpiricug in ben ©runbgcbanfen ber SRelatibität ber ©rfc^einungen jufammen: oi ovtoi rpönoi avdyovtai sig ro npös ti.
©fc^ttatSmug bei 2)eg=Sarte8. • 101
Sagcöeii tritt unö mä) nic^t bei* Unterfc^ieb ^mifc^eii bem ^iil)a(t uub ber ^orni beö ©eöebeneii eutnegeii unb ebenfoineniö ber ßtüeifel, ob bcnu überhaupt mä) etumö uoii unä 2lbf)änflioeg aii^er unö ei-ifticrt ober nid^t. i3)ieä letztere tjäugt uiieber bninit sufaiumen, bafi, foüiet awä) Gegen bie ßJiltigfeit ber Slaufalttät gefagt wirb, boc^ ber eigeutUi^e '')^xmtt, nämltc^, ob bie 5laiifa(ität nur eine fubjeftiüe 58orfte(Iunoöart ift ober obiefttue 'Ikbcutuno l)at, uon bcn Stiten fo gut a(ö gar nic^t beriUjrt wirb.
63. 3ln biefem 8a(^nerf)a(t i)aimi awd) bie ffeptifc^en ^ebeutungen ber englif^en '^^f)iIofopl)cn ^obbes unb Sode nid^t Diel geänbert, fie füiiren nic^t lueitcr, ak biö ba^in: bie fogenannten öigenfi^aften ber ^Dinge finb nic^tä aiiberes, als unfere fubjeftioen ©nipfinbungen.*)
hingegen ift wot)! S)eä:(Sarteä ber erfte,**) loeld^er ben B^^^^f^^ an ber ©i'iftens üon etioaS Dbieftioem aujäer uns rege maä)t ^()m ift es nid^t genug, bie 9}ii)glic^feit (jinsufteüen, eS tönnc bem ^nl)a(t unb ber gorni unferer (Sntpfinbungen nii^t baS entf preisen, als was luir bie S)inge gewöt)nli(j^ anfef)en, fonbern er fpric^t au^ ben ©ebanfen aus, es fönnte t)ie[Icid)t übertjaupt nid)ts Dbjefttoes ben SSorfteUungen ju ©runbe liegen, es fönnte fi(^ oielinet)r mit benfelben ebenfo nertjalten, wie mit ben ßim bilbungen eines S^räumenben, bie reine ^st)antafiegebi(be otjue olle Dh- jeftiüität unb ^Jiealität finb. 9iimmt man noc^ ben anberen (Sa^ beS ®es = (£artes Ijinsu, ba^ nämlic^ jwifc^en ber 9)(aterie, olfo ber 3(u§en= weit, unb bem ©eifte f einerlei Slaufalität befteljt, ein (Sa^, bem auc^
*) über ^obbeg f. 3t. f. e^. «ß^. IX. 351 unb 357, über 2oc!e IX. 867 unb VIII. 313.
**) Unter ben alten ^^ifofojjl^en tüar ^ totin fdjon faft ganj in iin QbealigmuS hineingeraten, o^ne aber bie Siragmeitc feiner ©ebanfen ju feigen. @r bemerft, ba^ ba§ Senfen ba§ tua^rl^aft ©eienbe ift, aUeg 2ihin ift ein 2)enfen, alle§ SÖirfen ift ein ®d)auen, ba e§ ba§ SBirfen einer ©eefe ift, unb alle§ gefd)ie^t nur um be§ Sd^auenS milten, lüie ja aud) ber SDfenfrf» nur barum l^anbelt, um jum ijollenbeten Schauen ju gelangen, gerner l^atte ber Äird;enl)ater 3tuguftinu§ in bieten ©d^riftcn jerftreut bie 3lic^tung auf ba§ ^ä} genommen unb biefe§ al§ ba§ einjig ©eiuiffe bei flUem 3>üeifell^aften feftgefialten: irenn alteg jhjeifell^aft ift, l^eifit c§ 5. 58. de trinit. lib. X. 14, fo bO(^ nid^t, bafe idj lebe, bin, benfe unb jU'eifle. 2)enn lüenn jemanb jtüeifelt, lebt er; iuenn er jlüeifelt, erinnert er fid) beffen, tuoran er jiueifctt; n»enn jemanb jiueifelt, erlennt er, ba§ er j^ueifett; ir»enn jemanb jtüeifelt, WiU. er ©eJüifil^eit l^aben; iüenn er jiucifctt, beult er; luenn er jtvcifelt, mcifi er, baf; er fid; in Um geJuipeit befinbet; tüenn er jiyeifelt, urteilt er, ba^ er nid^t ol^nc ©runb beiftimmen bürfe. Sßer bal^cr an irgenb ctu^ag anberem jiueifelt, baif an allen bicfen iöoigängen nid;t jUKifeln, benn lucnn biefe nid^t tvären, iüürbe er überl;auj)t an nichts jtoeifetn fönnen. 58gl. and) de vita beata 7, de trinit. XV. 21 , de libero arbitrio II. 7 ; Soliloq II. 1.
102 * 3it'eafi§tiui§ bei ßcibnij.
«Spinoza suftiinutt iinb bcn ^eibni^ auf nlle SBefcn auöbcfjut, fo ftnb bereitö l)icr für beu uolleii «i^'^ealiömuö aik 3.sorauöfct3unöcit uodjauben. Monfequent märe cö für alle biefe '^^^Ijilofopljeu allein gciucfeii, ju befenncn, baf? uiir in bcr "Zijat bie 3Utf3enu)clt nic^t nur nic^t fennen, fonberu ba^ mir nid)t einntat luiffen, ob eine folc^e Dorijanben, ob nid)t etioa unfer OJeift baö einsige 9ieale ift. ©enn wie fott uon einer .Slenntniö ber 3(uf3cn: Hielt bie 9iebe fein, loo eine CSinuiirfung bcrfelbcn auf ben (Srfennenben, ja luo übcrljaupt jeber 5laufa(nei-uä ^luifc^en ^loei X'ingen geleugnet unrb? aiUein teilö fa^ ntan biefe Äonfequenj nic^t, teiis fud^te man biefclbe bur^ anbere 2lnna(jnien ju yermeiben, üon benen balb bie 9iebe fein foU. %nd) Slant, geleitet üon beni ©a^e .'Qunteö, baf3 .Slaufalität in )&^ixh lic^feit uirf)t beftelje, fonberu nur eine fubjeftioe 3{otuienbig!eit unfereö (^)cifteö fei, fpric^t ber 2(uJ8enRielt ober ben 3)ingen an 'jiö) alle Ä^aufalität unb bamit bie fS-äl}ig!eit, auf unferen (^ieift ju rairfen, ab. Seinem trau; fcenbentaleu ,3beali§muö fel)lte eö nur, luie 3- §• Sacobi mit 9tec^t bc; mer!t, an ^onfcciuen^, um in h^n uollen i^bealismuö überkugelten, für uiel(^en bei ^ant alle 33orauäfe|ungen uorljanbeu waren (3ir. 72).*)
*) ®. 3t. f. ej;. ^^. I. 10 f. 2)iefe Qnfonfequenj bei ^ant bemerften nid^t allein feine ®egner, fonbern autf) feine SCn^änger. So l^eifit e§ j. 33. bei @. ®. ©d^ut^e: „©enn man ntit Äant annimmt, ba^ bie Kategorien ber Urfad^e imb 2Bir!iing nur auf ©rfa^rungggegenftänbe augeivanbt luerben bürfen, fo tann man nic^t be^auf)ten, bafi bie Sßirtung öon Singen, ivelcfie au^er unfercr 3>orfteIIuug ei;iftieren, ben ^u^fllt ber SSorftellungen hervorbringen. SBoIIen inir aud) jugeben, ba^ tuir unä einen be^ ftimmten ®runb unferer ®rfal^rung§erfenntniffe beuten muffen, fo iuäre bod; immer crft ju ertreifen, ba§ biefer ©egenftanb aufier ung fetbft liegt, ba^ unfer ©emüt ntcl)t bie alleinige llrfad^e unferer 3SorfteItungen fein tonne." „Sineä Stoffel, bc: merft ©alomon Sfaimon, bebürfen Unr freiließ für unfer Senten, benn baS Senlen ift Sejiei^ung einer (^o^m auf eine ÜJJaterie, unb biefer ©toff mufi unä atä ba§ altem beiou^tcn Renten SSorange^enbe gegeben fein. 2)amit aber ift nod^ nid)t gefagt, ba^ er üon Singen au^er un§ I()errü^ren muffe; ba§ ift öielmel^r eine ioiberfinnige Stnna^me, benn mie tann baä, lva§ aufier un§> ift, atä Stoff unferer Sorfteltungen in un§ fein? Sonbern ein 0egcbene§ ift ba§, beffen Urfprung uu8 unbefannt ift; ba§, tüaö tuir in Öebanten nic^t auflöfen tijnnen, baä irrationale, baä ?ioumenon bejei^net nur bie ©rcnje unfere§ (Srienneng." ©benfo [;ebt 53 cd ^eioor, „ba^ bie 33orfteItung axidj nad) ^»"tjalt unb nid^t allein nad^ il;rer gorm auf ein urfprünglid^eg SiOrftellen unb nidjt auf Singe-an^fid; jurüdfgefül^rt »oerben mii^te." 2tber biefem urf^rünglid^en ^orfteCen, ioetd^eS 3(nta^ gibt, baf< luir Singe md) ^orm unb Qn^alt beuten, l^atte noc^ nicmaub genauer nad)geforfd;t. Sie pofitiüe 2lntloort barauf gab erft gierte, inbem er baö ^d; anfal; alö bie alleinige Cluellc allej$ SJorftctleuä, unb •^loar gefd^al^ bie'3 in bcr aJteinung, bamit erft bie 2lnfic^t iiantö red^t ju Derftel^en unb auS^uf^jredjen.
a3er!ere^ unb ^id^te. 103
S)enn wo bie i^mifalität aufgefjoben luirb, mu^ ]iä) fonfequcuter 3Beife auc^ ftetä ber wolle :3bcaliönuiö cinftcdeii.
64. Stin uieitefteu auöoebitbet jeigt fic^ ber oode :3bea(iömu§ bei 33erfe(eij unb ^-id^te. (Srfterer öef)t uon SodeS ^Refultat au6, ba^ luir bic Tm^Q felbft lüc^t erfeimen, unb bcljauptct, baö äßefen ber !3)in0e ift überljaupt ni($tö weiter, a(ö SSafjrgenominen^roerben, iljuen a(ä fob^en liegt nic^tö Selbftnnbiöeö, Sieateö ju (^3runbe; unter ben fogenanntcn äußeren 2)inoen ober rii^tißcr ^sbeen bcfteljt feinertei ^aufnUtät, me(mel)r ift alleä, UHxs barauf binsubeuten fdbeint, nur eine für unfcren ©eift feft; ftet)enbe 9{ufeinanberfolöe. .»oinöCÖi-'it t)i*?tt er bic Kaufalität in 33e5ug auf bie (Sntftetjung ber ^been feft. S^eren unmittelbare Urfac^e fei in ©ott in fu^en. Stuf biefe 'iöeife wirb eiöentüc^ bie gewöI)nUc^e SJleinunö, ba^ unferen äi}af)rnc()uuin9en etiuaö alö Urfac^e unb guior eine äußere üon unö unabljänöigc Urfad^e 5U ©rnnbe liegt, nic^t aufgegeben. ®er Untcrfc^ieb liegt nur in bcni, wag man alö bie Urfac^e unferer S^een anfielet, Ijier nimmt ber gewüljnlid^e 9tealiönui§ bie äußeren ®inge alö biefe Urfai^e an, naä) ^ erfeiet) ift biefe Urfac^e (Sott, ber Urheber aller ©elfter unb aller ©rfc^einnngen, weli^e bie unmittelbaren äöirfnngen ©otteö auf unferen ©eift finb. S)ie äußere Urfac^e ber ®rfc^einungen in jeglicher ©eftalt gab erft ?yi(^te auf, unb fein ^bealiämuö ift eben barnm bie le^te £onfequen5 ber ibealiftifc^en i^oranäfe^ungen. 9lac^ ^ic^te beftetit and^ haä äBefen ber ^inge, wie bei Serfelei), in ber bloßen 93orfteüung; er gel)t aber baburi^ noc^ über Serfelep Ijinauö, bafe er nic^t mel)r nac^ einer äußeren C£'ntftel)nngöurfa(^e biefer 33orfteÜnngen fu($t, fonbern, oon einer fold^en ausbrücflic^ abfeljenb, unferen ©eift felbft alö ben alleinigen Urt)eber atleö beffen anfieljt, wa^ er äuf^ertid^ waljrjunelimen glaubt. Tiaä) bem il)m innemottnenben ©efc|e beö abfoluten äßerbenö erzeugt baö 3c^ feine ^been, üon benen einige mit bem Schein ber ätu^erlic^feit bel)aftet finb. 3)ag gic^te'fcbe ^c^ l)at fomit bie größte 3it)nlic^feit mit einer Seibnij'fc^en 'Dionabe, mäd)Q auä) auö eigenem g^onb iljre 'rsorftcllungen o^ne alle äufäere 2(nregung erjeugt. 9iur t)at %iä)t^ a\i^ ben ©ebanten aufgegeben, als muffe biefen i^orftellungen etwaö Dbjeftiüeö in ber 9Jlnf?en= weit entfprec^en. ©ine 3i^^onfequen5 biefeö wollen ^bealiömus fann man nur etwa an §wei ^^unften finben, nämlii^ bic ^Heben uom „nnbegreiflid^en 3lnfto^e" f^iencn auf eine uom 3«^ unabljängige Urfac^e su benten, loeldie gleict)wol;I wieberum uom '^ä) gefegt war (9h-. 9) ; fobann füljltc \\ä) (^id)tc auö moralifc^en ©rünben bewogen, nii^t fein eigeneö '^ä) alö baö allein (Sriftierenbe anänfcl;en — wie cö bie äu^erftc itonfeqnen^ 96=^
104 5Rait)er SReali§mu§.
forbert Ijäik*) — fonbern, iinc anä) S^erfelei) ti)at, bie (Sj:iften§ anberer i)eriüinfti(]cr a'ßefen, uic^t in bc^uieifedi.
65. So Ijattc fi(j^ baö ^sä) als ha§^, loaö uns atlein öcöet^eii ift, erft mit (S'itbe einer (analen iHeilje uon T'cnhicrfiK^cn über bie (S'vfenntnis ()cvnus= ncfteüt. 9}ioc^te es inbcffcn anä) aus p|i)c§olofiif($en Wrünben unuui(](td) fein, baf? bie gefc^ic^tUc^e (i'ntuncfelung ber 9)ietftpl)i)fif mit beni ^^Moblcm bes 3<^ begann, fo ift es boc^ je^t bas uns junäi^ft liegenbe '"Problem, meli^eS füglic^ juni Stusgangspunft ber nietapl)i)fi)($en ©pefulation gemacfit merben !ann. 3)enn es leuchtet ein, ha^ ades, luas gegeben ift, nur unfer ä^orgefteIIteS ift unb nur infofern gegeben ift, als es uorgeftellt luirb. iHuf5ere ^inge, wclclie unferen ^.sorfteKungen entfprei^en, finb nii^t gegeben unb tonnen als foli^e nid^t gegeben fein, iljre i>(nnaljnie berul)t 5unäc|ft nur auf C^^eu'öbnung. ^yür ben Ijeutigen Stanbpunft ber iüietapljijfi! ift baljer nidjt ber i^bealisnuis , fonbern ber äiealisnuiS baS ^u beiueif enbe Sijfteni.
lxxxü^inM}ten,
66. Ser geinöfjnlic^e ^JJenfc^ uerniag es nic^t ju begreifen, mie jemanb an ber (S'riftcnj uon eturns 5Uieifeln fann, maS man boc^ ftel)t, Ijört, taftet u. f. u)., unb glaubt, bie Sunuitung, alle unferc finnlic^cn Gnipfinbungcn nur dmi als unfere (i'nipfinbuiigen ober isorftellungen unb als ni(^tö weiter an^^ufeljen, baburc^ abiueifen ^n fönnen, baft er )iiii auf bie C^kiinfv- I)eit ber (S-nipfinbung unb bie (jerrfc^enbe 3tnfcf)auung, bie (S'uipfinbungen nac^ aufjen als (S-igenfcl)aften uon Singen ju oerfe^en, beruft. Sa uiuf? boc^ etiüas fein, fagt felbft Sc^teiben, luo ici) mir bie 9iafe blutig ftofee. 'ii^er in (^icbaufen, fpric^t Stutenrietlj, hQn .Hopf l)eftig gegen eine Sijüre rennt, mirb )iiij plö^lic^ überzeugt fiiljlen, baj3 baS 9Jid^t=3(j^ f<^on anbei':: lüärts muffe gefetzt fein unb bafe baS Se^en ober 9lic^t;8e^en beS 9ii(^t= r^c^ hmä) bas ^ä) eines ^^sl)ilofopI)en jum Safein ober 9iic^t=Safein ber Singe aufjer uns auf ber $lL'cIt nichts beitrage. Serglei(j^en ©rünbe gegen hm i^bealiSmus finb bcfanntUc^ ^^krteleij unb ?yic^te im gemeinen :^ebeu
*) S)ie 3lnfic^t, ba^ ber Senf enbe allein eEtfttere unb fonft überl^aujjt nidjt^, l^eifet SoIiJ)fi§mu§ ober tl^eorctifd^er Ggoi§nm§. DD biefc aJJeinunfl je im (Srnfte Mnl^iinaer gc^bt ^t, luirb man beäiocifetn müffeu. SBoIff bcric()tet: fuit paucis abbiuc anuis assccla (juidam Malcl)ranchii Parisiis, (jui Egoismuiu profossus (quod mirum videri potcrat) asseclas et ipse uactus est. (Psycbologia rationalis, 1740, ©. 38.)
^nteßeftueae 2lnfc^auung. 105
oft rtcmtrt uorfiefjalten unb dou ifjucu ebenfo oft treffenb burc^ bte ©r^ innemuo unberlcot luorbeu, ba^ ja im oMöen ?^alle bte %i)nx^, bet i^opf unb ber ©($mer§ zhen nur unfere 93orfte(Iuuöeu finb. 2tuf benifctben (Staubpunfte beö naiuen 9tealiöinuö, oljuc bie .(^onfcquen^en feiner Seurtuunfl ber ^aufalität sioifc^en Seid unb ©ce(e p fetjeu, fteljt ©pinoja mit ber (SrÜcirun^: nos corpus quoddam multis modis affici, sentimus*) unb ber anberen: ordo et connexio idearum idem est ac ordo connexio rerum. 3Iuc^ ber 9tealiämuö uon Urug, ^^outerwec!, ©c^ulje, ©c^feiermac^er, ^acobi**) tjat in ni^tö anberem feinen @nmb, alö in ber 33erufunö auf baö tljatfäc^Ii^e ©egebenfcin unferer (S'mpfinbungen, bejui. auf baö 'öcftinnntiuerben unfereö ^c^ uon einer 3Iufeenit)e(t. äBie Ijier überaU ofjuc atteä :öebenfen bie (Sj-iftenj einer objeftiuen 2luf3enu)elt uorauägefe^t inirb, fo auc^ in ^qw meiften materiaUftifc^en Sieben unferer S^age, unb ber 9)laterialiömu§ mu^ fic^ barum jc^t oft ben ^^oriuurf eineä naiüen 9ieaüämu§***) maä)^n (äffen, o§ne biefen a>orimirf jurücfiueifen gu fönnen.
3ni ©runbe öenommen loirb auc^ ba fein anbereä 3tröument gegen ben 3>5ealismug oorgebrac^t, wo man eine Ijö^ere 3{nfc^auung gettenb ma^t Sc^on gegen ben ©feptijiömuö ber 3tlten loufiten fid) bie.Sku:^ pijt()agoreer unb 9ieuplatonifer ni($t anberö ju tjelfen, ate bafs fie iiä) auf eine t)ö£)ere 3(nf(^auung, eine unmittelbare (Srfaffung beö ©öttlii^en unb bamit atteö äöefentjaften beriefen. Triefe Intuition fottte leiften, maS bem bisfurfiuen teufen uerfagt mar. (Stmaö 3tf)nli(^eä uerfu^te su at)n= Ii($em ^w^d^ ©(fielling, inbem er einer intedeftuetten 2tnf(^auung },\u mutete, fiber jene Slhift uom eigenen ^c^ §u anberen (Siiften^en tjinüber 5U füt)ren. ^ür bie 9Jatur begeiftert, une er war, uermoi^te er bie 2(nni= t)ilation berfelbcn nicf)t ju ertragen, wie fie aus gic^teä Softem folgt, unb meinte, bie 3(nnaljme einer Statur auf5er unö l)abe bann ni(^tö iöebenflit^eö, wenn nur feftgcljalten werbe, bafj biefelbe auc^ geiftig ober ibeal fei, unb biefe leitete Grfenntniä liefere eben bie intelleftuelle 3(nfc|auung. ®amit beioeift
*) ©. 3t. f. es. «p^. VII. 64. **) ©. 3t. f. es. ^^. VII. 122 f.
***) 3. 33. öon 91. ^id, f. barüber 3t. f. e^-. ^^. X. 346. ^icc^cr Qdpvt noä) eine nid;t geringe Stn^al^I neuerer ^^itofo^l^en, iveld^e aud^ burd) bie Berufung auf bie 2;^atfad}e ber 33or[tef(ung Don äufieren SDingen bie le|teren über allen 3t>-^'^Uef al§ real unb aufier un§ glauben bargetfjan ju l^abcn. ®ine 3iifamntcn[tctfung bicfer 2)leinungen fiubct fid^ bei ®. £. g-if d)er : Sie (SJrunbtagen ber (Srfenntni^t^cürie, 1887, ©. 311 ff. Ser SSerfaffer felbft freilid; iwei^ audj nid;t'3 aubereä für ben 3fleali'3mug borjubringen, al§ eben bie Slfjatfad^e, ia^ twir bie Singe ali äufseve toorfteUen. 3SgI. oud) 3t. f. e^-. ^^. XIV. 441 unb 455; XVI.
106 3beaU§mu8 bei ©d^eHing unb ^egel.
6 c^ e n i n 0 freiließ, luie menig er ben urfprünglic^en ©ebaufcn ^ t (^ t e ö gefaxt l[)abe, baft bic 9iatur ibenl unb nic^tö anberes fei, alö baö ^robuft unfereS ©eifteä; beim ob man bered^tigt ift, iiberijaupt ctiuaö von unä Unabljängigeä ober eine 9iatnr au^cr unö anjuneiimen, tia^ ift bie ?^rage ^^ic^tcä, nid)t, loie jeneä an^er unö (Sj-iftierenbe, wenn man ein folc^eä annimmt, befi^affen fei. Unb gefegt, jene fogenannte Ijöljere 3(nf^annng fc^ante mirflic^ etmaä, fo märe man immer mieber anf bie ^-rage ^nrücfgeuiorfen, ob biefeö ©efi^aute au(^ für fic^ Gi-iftenj I)abe nnb nii^t blo^ eine (^inbilbnng ber 3(nfc^aunng fei. ^egel gibt ^roar baö äBort f)öf)ere 2tnfd)annng anf, allein ant^ er Ijat ben eigentlichen ^ragepunlt bei gi^te ni(|t Ijinreic^enb eruiogen, gefi^roeige benn beffen ^^ealiömuä miberlegt. (ir rebet gcrabe fo, atä bürfc man gar ni(|t baran ^meifctn, ba^ ber einzelne S)enfer nid^t baö einjige (Sj:iftierenbe fei. S'^^'ii^ ift 'ii't'i) i^Jiii alleä, maö nmn waljrnimmt, nnr ein ©ebai^teä, aber nic^t ein oon bem i^nbioibnum @eba(^teä, fonbern ein 9}ioment ber abfoluten ^bee ober be§ abfolnten 3)cn!en§ nnb ^at infofern bod^ eine gemiffe 9tealität. S)ie ^rage, ob aiifeer bem benfcnben .^nbiuibunm nod^ ein berartiger ^ro^e^ ber abfolnten ^bee anjnnefimen fei, baö ift nic^t raeiter ©egenftanb ber Unterfud^nng, fonbern mirb nac^ ber 2Beife beä naioen Siealiömnä uoranögefe^t. Unb um biefen ^unft brel)t fid^ bod^ bie ©ntfd^eibnng über ben Siealismuö. ^reilic^ fjatte bereits ^ic^te felbft l^erantaffung ju ber ^egeCfc^en 3Inffaffung gegeben, inbem er oon einem abfohlten ^ä) alö ber Urfac^e unb bem 2;räger ber inbioibueUen ^erfön^ lic^feiten fprac^.
67. So ift hmn anä) fjier mä) ni(^t ber naturnni^fige 9?ealiömuö übermunben, ja baö 33ebenflid^e, maö er an fic^ Ijat, mirb nic^t einmal red^t gefüllt. 2Bir ^aben tt)ol)I einen abfohlten ^beaUsmuö, aber nid^t ben urfprünghc^ fubjeftioen ^-i(^tes, fonbern Sijfteme, meldte ot)ne meitereö au^er bem 2)en!enben nii^t allein anbere ^nteüigenjen, fonbern aurf) anbere ^fiften^en überljaupt ooranöfc^en. Unb menn nun a\\^ tjin^ugefügt wirb, ha'^ biefe (Sriftcnjen nur ein ibealeö Safein (jaben, b. t). 'äliomente eineä eiuigcn, abfohttcn, gciftigeii '^^rojcffcs finb, fo änbcrt bic6 boi^ bic ^aä)t nic^t.
3tnf5erbem aber ift burd) hm ;,"5bealiömuö, nameutüd) bei fonfciiucnteren ?5ormen, bei ^^erfclcij unb ^ic^tc ber ahc, oon ben ofeptifern, foiuic üon:^ocfe, .slant, öerbart nnb ber neueren '^Ujijfiologie ucrtrctcnc 3a^, ha^ ba§ Üi>efcn ber Singe uuö oödig iiubefannt fei, umge!e()rt in ben, bajs )k unö uöüig bcfannt finb: fie finb ja nicfits anbereö, benn ba§, alö umö mir fie benfen: ber ©ebanfc ift feU^ft baö Sing, mctc^eö er benft.
Übrigcnö umr cigenthi^ ^-ic^te fcfion ju meit gegangen, mcnn er vofitiü bie 9ii^t-(inftcn5 ber 9iatur beljauptete. ©ö ift maljr, nac^ feiner
SRealigmug bei 2)e§=©arte§. 107
^entiueife ift es nxä^t möß(ic^, fic^ üon ber ©iiftenj uou S)inöen au^er uns 511 überzeugen, aber ebeiifo uicnig niößlic^ ift e§, \m^ üon ber 9U(^t= (S'rifteuj berfelbeu 511 über^euöeu. 3)enn ber ©ebanfe bleibt iiniuer möglich, ba^ Eilige aiif^er unö iiorijaiibcu iiuireu, aber luir föunteu nie etwaä von if)nen iinb i!)rer (Si-iftenj erfaljren.
68. X'ie erften eigentlichen ^Nerfnc^e, bie Slnnatjnte einer 3Iiif3enroe(t begriff lid^ ju bemeifen, nia(^en 3)eS:(Sarte§, ©eulinr unb Seibnij, inbeni fic ben ©ebanfen ©otteö ju ^ilfe nel)nien. 2)er 33egriff ©otteä ift nad) 3)eö = 6arteö beni nienfc^lic^en ^eiuuf3tfein unmittelbar gegeben unb jmar fo, ha^ barauö bie (E'i'iftenj unb bie 'lsollfonnnenf)eit Öotteö oljue lueitereä folgt. Wa\^ man nun üon ©ott, beni abfohlten Urljeber üon aüem, anneljuien, baf3 yon i^nt and) unfere :5been IjerriUjren, unb liegt eö im ikgriff (>)Otteö, ba^ er felbft nid^t täufc^en !ann, fo mufs unferen 2ßal;r; nef;nuiugen and) etroaö aufeer unö entfpreci^en, meli^eS mat)rgenommen mirb unb luclc^eä menigfteuö l)infid^tlid^ ber .^oaupteigenfc^aft ber Sluöbetmung fo ift, mie e§ maljrgenommen wirb, nämlii^ auögebeljut unb beuicgt. äöäre bem niclit alfo, fo täufd^ten uns unfere ^been unb burc^ biefe @ott felbft.
^n biefem ^^emeife für bie (^fiftenj ber aiu^cniuelt ift inbeS fein ©a^ fti(^l)altig : benn erftenä barf man uii^t zugeben, ha^ unö ber Segriff ©otteö unmittelbar gegeben ift, nod^, inenn bieö ber %aii lüäre, bafe bamit ol)ne lueitereö bie ßTiften^ unb bie i^ollfommenljeit Öotteö eriuiefen ift, nod) enblic^, ba^ auö ber äisatirljaftigfeit ©otteö folge, 'oa'Q unfere Sinne nn§> n[d)t täuf($en tonnen. Stltein nic^t einmal für S!)eö:=6arteö fann biefeö 3(rgument uolle über^eugenbe Straft Ijaben, benn nac^ feinen 'isorauö^^ fe^ungcn muffte er es für möglid^ l)alten, baf^ ein täuf^enber (^iott '^i^n menf(^lic^en Öeift fo eingericf)tet Ijat, ba^ ber dTmiid) meint, einen iual)r= Ijaftigen (^3ott !lax §u ernennen, wäljrenb biefe CSrfenntniö irrig ift unb ber summus deceptor hod) nüt bem 'lUJenfd^en fein ©piel treibt.*)
(i'inen befferen äßeg, um bie (^Aiften^ einer realen 2Iu§eniüelt ju be- loeifen, fdilägl 21. ©eulinr, ein ©(^üler beö ^eä=(Sarteö, ein. (Sr ftü^t fi^ babei auf ben richtigen Sali, baf3 baö '^d) (follte beffcr Ijeiften bie 3ecle) etmaö fct)lecl)tljin (S'infac^eö unb gleii^iooljt tljatfäc^lic^ ber ^Träger üieler uerfd)iebener ©cbanfen fei. (S'in Cüinfac^eö fönne aber nie oon \id) fclber 5u einer inneren 5ßieU}eit loerben, alfo muffe biefelbe unter 9}iit= mirfung uon fingen ju ftanbe ge!onuiien fein, uield^e if;rer (Sriftcnj nad) unabljängig uom ^d) finb.**)
*) ©. ^^ilo: über bie 3'ldtgioii§))^UüiopI;ie beä Se§-6ai-tc§, in 3t. f. ej;. ^1^. III. 131.
**) <B.%'f)'\io: @efd;icf;te bcv neueren ^l§i(ofopI;ie, 59.
108 35te Kategorien.
9Bo Setbnts inne ju lüerben fc^eint, baf? bei ber ^Pernierfung jeber causa transiens ){ö) ein rein fubjeftiüer ;^5beaUöimiö einfteUen müfjte, maä)t er 511111 ^emeifc ber (S^iftenj nnberer äöefen, btc uoii unferer Seele rerfd^ieben finb unb fie auc^ nic^t im o^i'inöfteu affigieren föiinen, bie 33e; merfung: e§ ift ©otteö un'ivbiger, niet alö wenig jn fc^affen. 2^iefem 33eixiei§ gegenüber genügt eö woi)i f($on, eine ©egenbeinerfung Ser!e(ei;ä anjnfütjren: S^inge, bie einanber nichts angeljen, von benen nie einö von bein anberen meifs ober 9tn^en Ijat, noci) überfjanpt affigiert werben fann — wie bie a)(onaben ßeibnij' finb — , fold^e unnü^e T)inge wirb @ott nic^t gef^affen ()aben.*) 3üi^erbem trifft bie 33emerfnng non Setbnis ben gragepunft anä) barnm nic^t, weil er bie ©i-iftenj @ottcä felbft erft t)ornebinIi(^ ans beni Sijftein ber präftabilierten Harmonie ableitet. Siefe fe^t üoranö, bafs man wenigftenö einen Xeil ber ©lieber in ber Harmonie überfielet, fe^t alfo bie (Eiiften^ üon ineljrercn äßefen bereits üorauä. ^n einem ©i;ftem, welches mir innere Urfac^en fennt, ift ber 3'^<^a^iömnä burc^anS nidit ju überwinben. äßirb, wie bei ^eä^GarteS nnb Seibnij, geleugnet, ba^ bie 3lu^enwelt auf ben ©eift wirfen !ann, wirb ferner bie Dualität beä le|teren alö etwaö angefeljen, beffen 9Jatnr eö ift, urfprüng: li(| ju wirfen unb hmä) feine eigene 3^l)ätigfeit ^been ju erzeugen, fo ift ber DiealiSmuö für immer nerloren unb aud^ jeber äßeg, §u einem fold^en gurücEjufeljren, üöUig abgefd^nitten.
Sln^erbem wirb eö für unfer 2)eiifen immer etwas 33efreinbenbeS I^aben, §um 33el;ufe ber 3lnnat)me einer 3Iu^enwelt ben ©ottesbegriff §u ,^ilfe gu net)mcn.
69. ^in anberer SBeg, ben S^ealiSmnS 5U uerlaffen, wirb non hm neueren .Kantianern eingefcl)lagen. ®ie .ft'ategorie ber 5laufalitdt foll nac^ il)nen bie ©riften^ einer ^luf^enwclt nerlangen. 3)a biefeS i^erfaljren gegenwärtig fel^r ucrbreitet ift, fo mögen bie betreff enben ©ebanfen etwas auSfüljrlic^er erörtert werben.
2)ie erftc 3tufftetlung unb eingeljenbere 33el;anblnng ber Kategorien xüljxt ron 3triftoteles l)er. (£t betradlitet biefclbcn lebiglic^ als Klaffen^ begriffe, welche auf bas 3lllgemcinftc angeben foUen, was unfer 3>orgeftellteS fei; ein jeber 'begriff, hcn wir baben, bcicicbnet entweber ein Sing, ober eine Qualität, ober eine üuantität, ober eine 'Kelation, ober ein 9Bo, ober ein äöann, ober eine 9}iobalität (wie Xi)\\n, Seiben, ."oaben u. f. w.). Wdt biefen Kategorien ocrbanb 3lriftoteleS 5unäd)ft no^ nid)ts tD(ctapbvfif<^eS, fie foUten Sejeic^nungcn ber allgcmeinften (£-rfal)rungSforincn fein, wie fic
*) ©. S^ilo: in 3t. f. fK. ^fi. V. 164 unb IX. 379.
Sogifd^er 5ReaU§mu§. 109
f{(^ in bcr (Sprai^e beö ncmeinen Sebenä üorfinben. Db bie Steifie ber (icnaimteu .stateöorieii uoUftönbio aiifßcfteUt ift, ob fie um aiiöebovcii [inb, ob uiir burijb fte bie T'inge crfeniicu, bauon ift l)ier nod^ feine ^ebe. 2)aS öefd^af) fpätev uon 'iim ©toifern unb ^^lotin. ä>on t)m 9{l)etoveu werben fie gern öebvauc^t gur bequemen 9(norbnung irgenb eineö (^ebanfen= ftoffeS naä) hen üevfd^iebenen öefii^töpunften. 3t(ä man )iä) barauf an ben ©ebrauc^ biefer '^eöviffe rteiuöfjnt l)atk, mit iijnen, luie mit Dielen anberen abftraften 33eonffen, alö mit ben allerbefannteften umöing unb mit if)rer .'öilfe untevfuc^te, mufste fic^ aucb bie ^rage ertjeben: wie finb fie entftanben? ^ebev 9}?enf(^ Ijatte fie, aber niemanb fonnte beren Ur- fprnno fo nai^meifen, tua'^ bie ^uu^iueifung allgemein überjeugt Ijätte. '^n ber äußeren (Srfa()rung waren fie als foli^e, b. l). in iljrer 3lbftraftl)eit, nic^t gegeben, t>(^\m bie örfaljrimg 5eigt fie nur in fonfreter ©eftalt. So entftanb benn bie ?^rage: befi^en bie allgemeinen 33egriffe übertjaupt, alfo and^ bie genannten Ä^ategorien, Selbftänbigfeit für ficf), ober finb fie nur gewonnen in ber oergleid^enben ^etrad^tung ber wir flicken Cbjefte?
70. Sie erftere 9)hnnung i)aiW baä ^eifpieP^Nlatoä unb jimi ^feit awä) be§ Striftoteleg für fi^. dlaä) '^lato ej:iftieren bie S^een, bie ja im ©runbe nichts alö 3(bftra!tionen ber 9BirflidE)feit finb, alö felbftänbige ^^orbilber ber (S-injelbinge, eine 3tnfi($t, weld^e ber mittelalterliche 9tealiömuö in bie äßorte faf5te: universalia ante rem. (iin gemäßigter 3iealiömu§ f(^loß iiä) an 3triftoteleö an, naä) welchem bie ^bcen ober bie j^^ormeu baä in ben Singen wirfenbe ^^rin'jip finb unb iljnen §alt unb Sii^jö^t geben; formuliert wirb biefe ^Dteinung: universalia in re. Siefem logi= fc^en 9iealiönuiö, ober, wie wir unä ausbrücfcn würben, ^^ß'il^tömuä, balb in feiner gemäBigteren, balb in feiner ftrengeren gaffung, folgen int allgemeinen fämtlic^e moniftifc^e (pantljeiftifi^e) ©yfteme, beren ßbara!terifti= f(^es ja barin beftel)t, baä (Sünjelne auö bem ©an^en, baö ^^efonbere am bem begriffli(^ ober äeitli(^ uorauögcl)enben ätllgemeinen abzuleiten, ©egen^ über biefem OtealiSmuö, uertreten uon faft fämtlii^en 3Xutoritäten beä 5)?ittelalterS, beljauptet bcr uon 3(nfang an mit bem -Isorwurf ber ^eterobofie bclaftete ^tominaliömuö: universalia post rem; bie Sttlgcmeinbegriffe ftanunen auö ber (Srfatjrung, finb nur im Denfen gewonnene Stbftraftioncn ber (S-in^elbinge nnh Ijaben außer in Öebanfen unb äi>orten feinerlei 9{ealität. (Stoöcellin. Dccam.) gortgefe^t würbe biefer ©treit unter bem 9Zamen beö Spiritualiömuö unb ©enfualiönuiö. Se^terer würbe uorneljmlicb uon ^ode, erfterer oon ^eibnij uertreten, boi^ gef<$al) beibeö nur unter fe^r erf)ebli($en (Sinfc^ränfungen. Ser ©treitpunft würbe namentlich in bie grage uerlegt, ob eö angeborene ^been gibt ober ni^t.
110 gotm unb Qn^alt bei Äant.
71. Wü Rani treten biefc Betrachtungen in ein neueö 6tabiuni. ^m luefcntlic^en ftetjt ii^ant in biefer Bejieljung auf ber (Seite beö logifc^en 9^enUömuö ober beö fpnteren (Spiritunliönuiö,*) bo($ befi^ränft er feine Betrad)tunöen in biefer 9üd)tung lebiglii^ auf biejeniflen aügemeincn Be= griffe, meiere feit 2lriftoteleö unter bcm 9tanien ber Kategorien befannt nmrcn. ivant unterf(^eibet junäi^ft ben ^n^alt unb bie ^orm eines ä^or= fteüungSobjefteä. (Begeben, fagt er, finb allein bie einzelnen qualitatiuen (änipfinbungen, wie rot, ()avt, fauer u. f. w., alfo ber ^i^tjolt, ni(ä)t gegeben aber ift bie ^^-orni, in u)cl(^er ber ^"l^f^lt wal)rgenonnnen wirb, nic^t ge= geben finb alfo bie Untcrfc^iebe beä jeitlii^en 9tac^cinanber unb beä räum; Iid)en 9cebeneinanber. So luertuoll biefe Unterfc^eibnng ift, fo ift fie boc^ nic^t rid^tig auögebrüdt, mcnn fie alä ein ©egenfa^ uon (Begebenem unb 9li(i)t::(Begebeneni Ijingeftellt luirb. (Sä ift nic^t ricfitig, baf? bie ^onn nic^t gegeben fei. (£'benfo, mie iä) in ber ßmpfinbung an bie Oualitäten rot, I;art, fauer u. f. m. gebunben bin, burc^auö nid^t weniger and) an bie 9tuf= faffung biefeö '^Nierecfö, Mreifeö, 9Ün)tl)nuiö u. f. m. 3o wenig iä) bie erfteren in ber 3(nfc^auung iinllfürlid) änbern fann, fo wenig anö) bie le^tere. itaut meint offenbar etwaö anbereö; er will fagen: bie befonbere 33erfnüpfung ('^orm) ber einzelnen 3Jterfmalc ober (Smpfinbungäqualitäten liegt ni($t unmittelbar unb notwenbig in biefen 93(erfmalen felbft ; eö liegt nic^t in bem 3iot al§ folc^em, ita'ii eä ftetö in biefer ober jener gorm (3Siere(f, 5h-eiö 2C.) angefc^aut wirb. 3i^^i[c^eii 3nl)alt unb gorm ift in biefer Se5iet)ung !ein notwenbiger 3iiffiiiiiiicnl)ang, wie bereits Sode naci^= brüdli(^ genug betont ()at. liefen Unterfc^icb erläuternb, fügt ^erbart Ijinsu: ptten wir gan^ anbere ©inne unb burd) biefclben ganj anbere .^ilaffen non (S'mpfinbnngen , fo \thod), ha'ji bie 'lu'rbältniffe unter ben (i-mpfinbungen gan5 biefelben wären, als je^t, fo würben bie nämlii^en ?3-ormen famt allen in iljuen möglid^en Ronftruftionen jum -iNorfdjein fommen; unfere (E-rfal)rung würbe einen ganj anberen ^nljalt, aber bie nämlidie gorm Ijaben, wie je^t, unb bie Ijinsufommenbe ^ieflej-ion würbe gang bie nämlid^en Kategorien baraus abfonbern, wie je^t. Slufeerbcm ftellt fid^ nic^t allein bas finnlic^ (Begebene räumlich bar, anä) bie abftrafteften (Bebanfenreit)en, bie rein aus bem inneren !ommen, neljmen juweilen bie g-orm bes 9iäumlic^en an, wie ja bie meiften 31usbrüde ber i'ogif räumti(^en ^orftellungsarten entlel)nt finb.**) ^ie Unterfd^cibung jwifc^en
*) 3n)ar berit>a^rt fid^ Äant gegen bie Slnnal^me angeborener ^been unb fe^t bafür ba§ aüerbingg ööCig greid^bebeutenbe Sßort: urf^rünglid^ errtJorben, f. barüber ßt. f. ej. «ß^. II. 5 f. **) 3t. f. es. ^f). X. 252.
Äant§ ©rtenntniStl^eorie, 111
^r\i)alt unb ^orin ift atfo inol)! feftstif)altcn. B^^if^^" ^nijalt iinb ^orm befte()t fein notiucubiger Bufttiinneuljauö bergeftalt, bafs ber ^s^xijalt ax\^ ber g-ornt ober bie ^^orm auö beni .^ntjalt gefrfiloffeu luerbeii föniite, ober eiueä mit bcm anbeveii notiucnbiö initgefc^t märe. (Sine au|erorbenttic^ uer; tjänöniöüolle Übereilung mar eä, aiö i^lant quo biefen 33etrac^tun0en fc^lo^: bie {^orm ift übertjaupt nicl)t gegeben, fonbern foinnit auö xmjereni inneren, alö bem ^"wcntariunt beveitliegenber formen Ijinju. 2ln bie anbere llcöglid^feit, ha^ bie ^orni veranlagt fein fönne, wenn aud^ n[ä)t ron ben (i-nipfinbungöqualitäten a(§ folc^en, aber boc^ burd^ gemiffe gegebene 33e;^ief)uugen berfelben nntereinanber, tjat er gar nid^t gebai^t. iiantä 3lnfic^t ber (£-rfenntniö ift beninai^ folgenbe: ber Stoff, bie finnlid^en (i'mpfinbungeu, werben beni erfennenben 2ubje!te uon anf3cn gegeben, llr= fad)e biefer (Snipfinbungen finb int legten ©runbe bie non unö unabtjängig bcfteljenben ®inge=an-fid^. 3lnfgefa^t werben biefe (Sinbrüife ron ber nic^t üon au^en ftannnenben (Sinnlic^feit , ber ^Kejeptioität in ber ^orm beö Dtcben; unb 9iac^einanber (Siauni uub ^ät). S)er ä^erftanb, alö ha^ ^tx- mögen, baS 9)tannigfaltigc bev Slnfd^anuug in bie (Sünljeit bes 33egriffö ju uerfnüpfen, enttjält bie fogeuannten Kategorien ber Quantität, Dualität, 9iclation (baruuter ber Kaufalität) uub 9J{obalität. S^er 5lsevnunft, alö bem 'l^ermögen ber "^^srinjipien, würbe bie :^beebeö Unbebingten, 2lbfoluteu; ber Urteilöfraft bie ßwecfmä^igfeit; bem 'Mllen ober ber praftifc^en 3>eruunft ber fategorif(^e 3ii'P*-'frttiü 5ugcfc|rieben. ,^^nbem fo .S{ an t bie überfommene Seeleuüermögcuötljeorie oöUig uufritifcl) anfualjm, überrebete er fic^ glei(|= woljl, bie menfc^lic^e (S'rfeuntniö ooUftänbtg auögemeffen ju tjaben,*) unb gewann alö ©runbanfic^t, jur (i'rfenntniö getjörcn jweiStücfe: erftlic^ ber 33egiiff, woburc^ überljaupt ein Öegeuftanb gebad)t wirb, unb ^weitenö bie 3tnfc^auung, woburc^ er gegeben ift. Sabei ift feftäuljaltcn, ba^ bie begriffe alö apriorifcl)e ?yunttionen ber (Seele nur formen ot)ne allen ^n\)alt finb.
72. Stuf biefe äöeifc wirb alle Grfenntniö ganj fubjeftio, fie f)at ©iltigfeit nur für ben menfd^lid^en ^Iserftanb, eiu anberer fönnte mit anbercu Älategovien auögeftattet fein unb alfo ganj anbere (Sifenutuiffe fjubeu, otjue baB je entfc^ieben werben fönnte, u)elc^e Üifenntniffe bie waljren finb. ©ans in unfer ;jnnereö eiugcfcl)loffeu, gewinneu wir nur burc^ hk Sinneö= empfiubungen eine irtunbe oon ber 3(uf5enwelt, aber nid^t Don beren Dualität, noc^ üon ben formen unb ©efe^en, fonbern nur t)on beren (Si'iftenj.
*) über bie Äategotieu 'oqI. Autibarbarus logicus. 2. Slufl. Dtto Sd^ulje, ©Otiten. ©. 39 ff.
112 2;ranfceubcntaler ^bealiSmuS.
3nicin, iine von ^ einrieb ^acoln juerft ricfitiG beitierft luorben ift, a\\^ tiic (iTfcmitniö von ber (S"i'iften§ einer 3Zufecnu)elt ober uou ben 3)ingcu= an')'ici) bcnitjt für Haut auf einer Grfc^leid^uuö. ^a Siant anä) bie Mnufnlitiit ju ben ilategorien a piiori rechnet nn'o bei)auptet, jebe Slateßorie, awä) bie ber Knufalität, fei nnr für (Srfc^einnngen, n\^t für bie !l5ingc: an=fi<^ QÜtid, fo folgt, i>af5 (entere nic^t bie Urfac^en unferer Gnipfinbunocn fein fönnen, bafe a(fo für ilant bnrc^auö fein ©rnnb üorliegt, neben ben ^^^I)nnonlenen noc^ 9ionniene als beren Urfad^en ansnnetjnien. ilantö Ijatber, tranfcenbentaler ^JbealiSnmö nui^te bei einiger ilonfeqnenj in h^n volkn ober abfohtten ':;jbealiönuiö übergetjen (9lr. 63).
73. %nx bie weitere CS'ntixndelung ber "»^Ijilofopljie finb bie ^ant'; fc^en 33egriffe uon ber 3eit/ bem dlamn, ber Maufalität nnb ,3we(fnuif3ig; fett am unc^tigften geworben.*) 9ionient(id) bie brei erfteren tjoben nieift burc^ iscrniittelnng Sd^opentjauerö eine weite äserbreitung gcfunben.**) ®0(^ ift gegenwärtig ber Sinn nnb ber ©ebrand) biefer Kategorien nic^t mef)r ganj ber Äantifc^e. älian glanbt nämlic^, niittelft ber Kategorie ber Kanfalität bie (S'riftenj einer atn^enwelt beweifen luib mit i^ilfe ber 9iamn= unb 3eitforni bie ränmlic|en nnb seitlichen Drbnnngen ber 2tn^en= weit erflären gu fönnen. (2(^opent)aner f^wanft noc^, ob bnrc^ bie Kanfalität bie ßi'iftenj einer 3tiif3enwelt nerbürgt ift, bei il;ni ift bie ßr-- innernng baran, bafs bie Kanfalität fid) lebiglid^ anf örfd^einnngen bejietie, noc^ 5n lebenbig, barnni erflärt er ben ^bealiönuiö für eine nneinnef)mbare g^eftnng; anberwdrtö aber argnntentiert er wieber: bie ©mpfinbnngen finb etwas in uns, ni(^t uou uns felbft, fonbern von etwas anfser uns 33e-' wirftes, alfo nui^ es eine Slufeenwelt geben.
74. ^ei Beurteilung biefer 3Inf(^auung ift junäd^ft feftjutialtcn, baf? wir es f)ier ni(^t mit einer ^()atfad)e, fonbern mit einer ^ijpotljefe ju ti)nn f)aben, unb jwar mit einer ^ijpotljefc, bie fe^r na^e liegt. ®enn l;ot man bie (£-infi(^t gewonnen, ba^ alle unfere 'iHirftellungen nur innere ^^ftänbc in ims finb, fo nui^ bie ?^rage entftel^en, luie fonunt eS, 'Oa^ wir eine 3(ufeenwelt watjr§uncl;men glauben? ^n ben cinjelnen (Smpfinbungen
*) ^ür bte Gnttutdelung ber ^l^eologie jum fogen. 3lationangmu§ ift befonber§ irid^tig gelrorben: 3)te SBernunft a[§ Vermögen ber ^rinji^Jten. Die SSernunft mit i^rem ^n^alt: ®ott, greif^eit unb Unftcrblidjfeit »üurbe jur Üucac unb jum ^öia^ftab aüer Slerigion. SSgl. gtüger: Sag SBunber unb bie ®rfcnnbarfeit ©otteg. £ei)3jig, 1869. ©. li; ff.
**) Über bie Äritif, irelc^e in biefer Sejie^ung ©d;o|)cn^auer an ila nt übt, f. in Sillerg ^a^rbuc^ beä 3]erein§ für iüiffenfd^aftlicie «päbagogif eine m-. I^anbtung toon § ermann ®üntl^er. 1872, IV. 116.
maum, 3eit, Äaufalität. 113
liegt eö burd^auö nid^t, tiafe fie mö) au^en T)er(eot loexben muffen, eä imi^ alfo wo{)l etraaä im Si^ncren, im ä^erftanbe beä 9Jicuf($cn üorf)anben fein, umö ba kunrft, baft bic Gmpftnbunßcn als von aii^cn Ijcr fommenb an= gefc^ant mevbcn. ^aö mm, maö ber i^erftanb I)in3ubrinöt unb melc^cö crft bie Slnfd^auunö einer 3(ufeenuielt möglich mac^t, fommt in feinem ^Jtefnltate einem Sc^luffe o^'-n(^, weither bie (Smpfinbungen alö üon aufsen beuiirÜ auf eine änfsere Urfad^e 5urü(ffii()rt. ®aö J^anfalgefe^^, faßt nmn, mufi alfo bereits uortjanben fein, el)e bie 3lnfc|auung einer Slu^eniuelt p ftanbe fommt, benn eS mac^t ©rfa^rung (nämli^ ändere) erft möglich, äöerben nun bie ©mpfinbungen als üon nufeen fonmienb angcf(^aut, fo §ugleic^ in beftinnnten formen, es läfst fi(^ gar nic^t benfen, bafs mir äußere äÖal)rneljmungen (jaben, oljue ba| biefelben uns in beftinmiter ^^orm gegeben mären, ^ritt l;ierju bie (Srfenntnis, baj3 ?^orm unb 3»I)rttt in ber 9BaI)rnel)mnng nic^t notinenbig ^ufammcngefjören, fo liegt bie $lserfuc^ung na()e, auc^ bie g-orm als etmaö ansufcljen, mas erft ber ^Berftanb (jinju; bringe, unb in melc^eS ber uon aufeen fommenbe ©toff (bie ©mpfinbungen) gefafst luerbe. 9)ca(^t bie Eanfalität überfjaupt äußere ©rfatjrung nmglid^, fo matten bie formen ber Sinnli(^feit (bie 9taum= nnb 3^ttfo^J"ßiO «^^'ft bie befonbere, wirfUi^e, uns als räumlid^ unb ^eitlii^ georbnet gegebene (5rfal;rung mög(i(^. ©ntmeber alfo man nimmt bie le^teren formen als neben ber Slaufalität mirffam in bem ^i>erftanbe an, ober man fa^t ben S3egTiff ber Slaufalität fo, ba^ jene Stnfc^auungsformen mit barin liegen.
75. 2luf folc^e 5ffieife ift aud^ Kant ju feiner Stnfid^t in btefer S3e= jie^ung gefommen. 2)er erfte Semeis, meieren er bafür uorbringt, bcrufjt barauf, ba^ er fagt: bie formen ber ©rfd^einungen fönnen beSt)alb nic^t gegeben fein, meil fie fonft mieber ©mpfinbungen fein mürben. Siefer beweis fe^t aber offenbar baS ju ^öemeifenbe uoraus, benn er grünbet fic^ barauf, baf3 baS, maS gegeben ift, nur (^'mpfinbung fein tann, ha^, loenn alfo formen gegeben mären, fie (^-mpfinbungen in bem ©inne mie blau, Ijart u. f. m. fein müßten. ®a bie ?^ormen aber unabljängig finb yon bereu 3nt)alt unb etroas gan§ anbcres als biefer, fo fönnen fie nic^t gegeben fein. 23ünbig!eit Ijat biefer ©(^lufe nur für ben, meldier bereits uorauSfe^t, lebig= lic^ bie tS'mpfinbnng fann gegeben fein.
2)er anbere Seroeis Slants tautet: bie Grfatjrung le^rt nie baS 9lot= menbige, fonbern nur 3iifälligeS; 3iaum unb ^nt aber unb bie barauf be^üglidien nmt^enmtifdlien Sä^e finb notroenbig, folgli(^ fönr ^n fie nid^t burd^ bie (£rfal)rung gegeben fein. 9)iit anberen äöortcn, bereu fic^ 3. S. 2(. 3^ic! bebient: „3llle Öegenftänbe ber äßelt fann man megbenfen, nur nid^t dianm unb 3ßit. 5)araus get)t flar t;erüor, ba^ fie nicf)t S)iugen
^lügel, X>ie Probleme bei- $^iIo{o))^te. ß
114 SWaum, Seit, Äaufalität.
QU^er uu§ entfpre(^en, benn luaö i6) abfohlt nic^t raegbenfen !ann, mu^ jiim beufeitben Subjeft felbft öeljöreu".*)
®aä i[t abernialö ein ^•djlf(^luf3, eine Xautotogie, iine ber t)or^er= gelienbe Semeis. ^m ^-Begriffe cineö .^örperö liegt eS, ba^ er rävunlid), im 33egnftc eiiieä CS'reiöuiffeö, ba^ eö jeitlic^ angefc^aut wirb. SBer einen ^lörpet ober ein (S-reigniö benft, tjat awö) bie Isorftellung uon etiuaö ^iänm^ liebem unb oon etiuaö 3eitlic^eni. i^at man nun Slörper gefeljen unb (&x- eigniffc erlebt, fo fann man [ie einmal IjiniDeöbenfen ; bann bleibt bie @r; innerung baoon §urii(f, unb bamit bie C£'rinnerung an etumä ^cHäumlic^cä unb 3eitUc^eö. Unb benft man alle Körper unb alle (Sreigniffe Ijinroeg, fo üerftel)t eä fic^ üon felbft, ba^, nac^bem einmal bie SBirflidifeit ber Körper unb 33egebent)eiten maljrgenonnnen ift, es ber ©ipfel ber Ungereimt^ ^eit fein mürbe, biefe äBirfUcf)feit (mit iljren räumlid^en unb seitlichen 33e; fttmmungen) für unmöglich ju ert'lciren. ■)kä)bem bie (Srfabrung irgenb ein äl^irtUcleö gegeigt bat, mirb allemal ber Sluöbrucf ber blofsen 9}(öglic^feit biefeö äßirflic^en ein notiuenbiger ©ebanfe.**) Wian beacl)te biefeö „9{ac^= bcm''. 3ca($bem 3{äumlid}eö unb 3^itlti^eä uiabrgenounnen ift, iann eä nidjt unmöglid), fonbern mu^ eä möglii^ fein, S^Jäumlid^eö unb 3ßitlic^ßö maljräuneljmen. ^ie aJiöglic^feit aber, ba^ es auSgebetjnte, fo ober fo ge^^ formte Körper unb aufeinanber folgenbe (Srcigniffe gibt: bas ift eben ber allgemeine ©ebanfe bes 9{aumeS unb ber 3eit. 9iun erljcbt )\ä) bie ^rage, ob erft baS einzelne ^väumlic^e unb bann ber allgemeine 9iaum ober um= gefel)rt, ob erft ber 9iaum im aHgemeinen unb hann baS einzelne 9iäum= (i^e uorgeftellt mirb. (£'S ift alfo mit jener :öetra(^tung noä) gar nid^ts entfd)ieben, es läuft immer mieber barauf t)inauS: maS id) als notmenbig uorftelle, ift eine 'Jsorftellung a priori. ?^reilic^ lä^t f(^on bie 3(nalogie mit ber CiJrflärung aller anberen allgemeinen :öegriffe oermuten, es merben erft bas 9täumlid)e unb ,3eitlid)e, b. l). bie eingelnen 9iaumformen an-- geflaut unb baraus baS abftratte ä3ilb beS allgemeinen aiaumes gemonuen, aber nid)t umgefel)rt.***)
*) ^tdf: 3)ie aBelt alS Soifteaung , 1870, H^t. baju: D. J-Iügel: Sic Sßdt al§ SBorftcUung, in 3t. f. ej. «ß^. X. 245 ff.
**) aSgl. $erbart Vi. 308 u. I. 505, wo aV.o fortgcfal^reu Jütrb: a)Jaii benfc einmal alleg :pi.irbarc I;imiieg. 2)a§ faim man, nbcr bie lUiöglid^feit, bafs Söne gel^iut uierbeii tonnten, fann man nidt leugnen, (^olölic^ bleiben aud) alle Stegcln bev ajJufif gcrabe fo unlraubelbar ftel;en, mie bie ©eometrie o[)ne Äörpertuett. ®a§ Sier^ ^ältni§ ber 2:er}cn fte^t feft a priori, ob nun in biefem SUigenblide nnrnid)c ©aiten unb Dl^ren bort)anben finb ober nid^t . . . u. f. Jt>.
***) Über bie betreffenben Setoeife Äa nt§ ügl. aufjerbem: :p er ba rt VI. 307 ff. Srobif c^: Üoßit, lbü3, ©. 117, ferner in 3t. f. ej. ^f). 1. 15 ff., V. 392 ff., X. 38 u. 253.
SRaum, 3«it/ Änufalität. 115
76. (So finb bie ©rünbe befd^offen, idcIc^c mit !aum bemerfbaxer ä^evfd^iebenf)eit in gleicher äöeife üon §la\ü, ©d^opeuljauer unb einigen nenereii "^^siiijftoloöen uovöebrnc^t werben, nm bie 3(priorität öetniffer Se- griffe jn beweifen. ©ö (endetet ein, ba^ eä fid^ t)ier nnr nm eine fefir naljeliegenbe ^i;pot(;efe (;anbelt. ®er Umftanb, ha^ in biefem ^^nnfte, in ber 2^1)x^ von ben Kategorien, namentli(^ ber Itaufalität, bie fpehilatioe ^^^()üofop(Jie ^anH nnb ©d^open^anerS mit ben 2tnfid^ten eines S^eileö ber ä>ertreter ber empirifc^en 91atnrfotfc^nng ^nfammenftimmt, wirb jmüeilen benn^t,*) um bie 9ii^tig!eit biefer 3lnf(^auung §u erhärten. @g mirb gefagt, oon girei ganj entgegengefe^ten Seiten, auf gang oerf^iebenen SBegen ift nmn ju einem unb bemfelben 9fiefultate gefommen: maö non ber Spefu- lation bebuüiu beioiefeu ift, baä l)at bie inbuüioe 9kturforfc^ung empixifd^ befttitigt gefunbeu. Stttein, fo vzxl)ält fi($ bie ©adije feineöraegg. (Srfteng {jab^n mir e§ l;ier, une bereits tieroorgeljoben, ni(^t mit einer ^^atfad^e, fonbern mit einer ^ijpotljefe §u t^im, bie fid^ alä folc^e nid^t empirifc^ feftftelleu läfet; ^lueitens ift man ju biefer §r)pott)efe nid^t auf jwei vzx- fd^iebenen, am aüenueuigfteu eutgegengefe|ten 2Begen gelangt, fonbern auf ganj bem nämlid^en 9Bege. äßie eö nichts felteneS ift, ba| jioei ^erfonen, unabhängig üon einanber, gang baöfelbe ©jperiment anfteüen, fo ift eä bur(^auö nid^ts SBunberbares, bafe, wenn bie Sßiffeufd^aften geraiffe Probleme in ein befonberö tielles Sid^t gefteüt f)aben, met)rere ^erfonen gang unab; tjängig uon einanber auf bem nämlid^en 3Bege baäfelbe p löfen fud^en. So (jaben t)ier jene ^tjüofoptjen unb ^l;t;ftoIogen an bemfelben ^^unfte ganj ben nämlichen äßeg jur Ööfung be§ betteffenben Problems ein= gefdfjlagen. ^ie Itbereinftimmung in biefem fünfte ift nid^t ein 33en)eiä für bie 9iid^tigfeit ber in 9tebe fteljenben Slnfid^t, fonbern nur bafür, roie natürlii^ ber ©ebanfe fid^ eiuftellt, baä für angeboren gu l)alten, roas erft erflärt werben foll nnb um beffen ßrllärnng man in 3Serlegenl)eit ift, wie eö ja faft immer im Slufang einer SBiffenfc^aft ju gefd^elien pflegt, ha^ für an-- geboren juljalten, was man fonft nid^t ju erfläreu nernrng. ©ine 5Cerlegen= l)eit fteüt fid^ an biefem 'ipnnfte gan^ unuermeiblii^ ein, benn mo eine rid^tige ^fijd^ologie nid^t oorbanben ift, meli^c jeigt, bafe au§ ber 3Serbinbung, bejw. Trennung ber einseluen elementaren ä>orftellungen fic^ bie Ijöljeren pfi)d^i= fdl)en Öebilbe erzeugen muffen, ba liegt es fel)r nal;e, ju ber rejeptinen Sinutidfifeit, lueldlie nur bie äußeren (Sinbrüde auffaßt, nod^ urfprünglid^e, innere l)öl)ere l^ermögen an^unetimen, wziä)t bie gegebenen ©mpfinbungen
*) 3. S. bon Gaermad in ben ©i^ungäber. b. Ä. Ä. 2lfab. b. Sßiff. ju aßien. a3b. LXII. 1870.
8*
116 diaum, Seit, Äaufalität.
orbnen. Sißenn eä feftftetjt, baf3 ber faufale Bufainnienljaufi ^uiifc^en jwei (S-veioniffen nt(^t Q^Qchen tft, baf^ ferner fein notuienbiger .gufannnen^anö 5unfd)en ber ^orin nnb beut ^nljalte ber aBal)rnel)nuinöen befteljt, wenn ferner nnfere ociftiße STijätißfeit boc^ nnr entweber uon innen ober uon an^en {jer ftmnnten fann, bann fonunt man natürlic^ernieife auf ben @e; banf cn, baö, was fi^einbar nicfit von auf^en bnrd) bie Sinne ßegeben ift, alö eine SÖirfung ßeiuiffer, im ©emüte dereitUertenber ^^ormen ober 33er= rnößen anäufel;en. ©ibt man einmal biefem ©ebanfen 9iaum, bann nmc^t fic^ auc^ jene ^^erleöenI)eit gar nic^t a(g eine ©(^wierigfeit füi)l6ar, fonbern bas ^^sroblcm fd)eint getöft p fein, el}e man eö noc^ recf)t bemeilt t)at.
77. Siac^bem nun gezeigt ift, baf3 bie in 9iebe fteljcnbe ^ijpotljefe uioljl fe()r na^e liegt, aber feineöroegS ermiefen ift, fo möge je^t auf bereu begrifflichen äöiberfinn aufmerffam gemad)t lucrben. dlaä) ber bejetc^neten 3lnfii^t ciiftieren geiuiffe 'formen, namentlich bie beö ^aufalitätägefe^cö, beö 9iaumcö unb ber 3eit, uiel(^e in feiner Siejie^ung mit ber äuf3eren (S'rfatjrung gegeben finb, fonbern lebiglid^ uon innnen ju bcm 3Lsorftetlungö; inljalt Ijiusugebraclit werben. SJiau wirb alfo nidjt umljin fönnen, ju fagen, biefe Jo^'iiißit finb augeboren, finb ber «Seele, beut ©emüt, bem ^ntedcft, ber grauen ^irnfubflanj,*) ober wie man fonft ba§ Senfeube in unä nennen möge, urfprünglid^, fie finb bem !l>erftanbe eiueö neugeborenen Äinbeä, wie Siebmann fagt,**) fogar bcm eines noc^ ungeborenen, wie '^xd betjauptet, eigen, ^a biefe formen in feiner SiJeife uon auf^en eut= fteljen fönneu, fo fönnen fie awä) nid^t burc^ äußere ä>eranlaffungen aus= gebilbet werben, fonbern man muf? ein ;3»t)eutarium fij- unb fertig liegenber formen annehmen, ^n biefer 2(nnaljme liegt, was man freilid) nic^t ju; geben will, baf3 fämtU(^e räumliche unb jcitlic^c ^-onuen, foiuol)! bie, an weldie wir uns beim 3Bal)rnet)men ber äufeeren tS'rfaljrung gebunben finben, als auc^ biejenigen, weld)e wir uns willfürlid^ uorftellen fönnen, bereits üorl)anben finb; unb jwar liegen fie urfprünglic^ t)or atter tS'rfafjrung — jebe ein5elne mit iljrem inbiüibuclien (iljaratter präformiert in luis, nur fef)lt biefen formen ber 3»f)öit/ i"^^ barum fönnen fie nid)t jum 23ewuBt- fein gebracht werben. Sie Seele fönute mau einem Briefe uergleid^en, welcher mit fi)mpatl)etif^er Xinte gefdjricben ift unb alfo erft gelefen werben fann, wenn er etwa gegen ein &id)t geljalten wirb.
iTüB bies ein abfurber Öebanfe ift, bie ganje CSrfübrung mit allen il)ren ^efonberljeiten auf folc^e :iöeife ber g-orm nad^ in ber Seele prä=
*) a«eter: 3ur ©cereufrage, 1866, rejenftert in 3t. f. er. ^I;. VII. 318. **) Siebmann: Über ben objeftiüen 21nbltcf. 5BgI. baju bie 5lej. in 3t. f. e^. 5p^. IX. 431.
SiZatibigmuS unb ®m^iri§mu§. 117
fonnicvt ju bcnfen, fü()(t man rec^t u)of}l, baljcr ift ein 33eftre(ien uor()anben, niöglic^ft nmü^ Yvonnen a priori an^uneljuien. 2lni yerln-eitetften ift es, bie 3tnnaf;nie anf ■Kaum, ^dt nnb .llnnfalität ju befcf)rän!en. D. lUcbmann unb SBolff*) glauben an ber S^aufalität unb (Subftantialität oenug ju Ijaben, 1)n 23oi§; 9?ei)monb**) unb jumeilen aud^ ^elmljol^***) meinten, ötetc^fallö 9ianm; unb ^i-'itfonn entbetjren 5U fönnen unb bie Avanfalität a(ö bie ein^iße .Siategoric a priori anfetjen ju bürfen. 2lber inbem bie ^aijl ber .Ttategorien befc^ränft wirb, ermeitert man nic^t feiten bereu gunftion. So luirb fjäufig ber SBirlfamfeit ber .fvanfaütät jugteic^ bie JRaum-' unb 3ßit'^iif'$^iii'i'Ö ängefd^rieben. Überfjaupt ift ein gro^eö ed^inanfen ber 3(nfid)t oft bei einem unb bemf elben ©d^riftfteUcr in biefcr ä3e5iel)ung ju bemerfen. äßirb im aHgemeinen üon Kaufalität, dlamw unb 3eit gefpro($en, fo luirb bereu 9{priorität oljue raeitereö beljauptct; gel)t man aber baran, in einem beftinunten einscinen ^alle etum eine befonbere räumliche 3SorfteÜung ju erflären, fo loirb babei empiriftifd) uerfatjren, rmb man gibt wotjl auc^ ju, baf? etmaö natii)iftif($ ju erftären foüiel Ijei^t, als e§ nii^t erftären; nur an gemiffen ^^punften meint man mit ber empirifti= f(^en Xtjeorie nic^t auö!ommen 5U Bnncn unb nimmt ^nr natioiftifc^eu feine 3>iftuc^t, mel(^e nmn, fo fe()r fie auc^ befd)ränft wirb, bo^ nic^t glaubt gan§ aufgeben ju fönnen. f)
*j SBoIff: Sie meta^'^i;fifcfie Slnfd^auung Äant§ u. f. iü., 1870, ügl. baju bie 9lej. in 3t. f. ej. ^^. IX. 414.
**) 2) XI 33oi§ = 3let)monb: Seibnijifci^e ©ebanfen in ber neueren SJaturlüiffen; fd}aft, 1871, bgl. baju bie 3iej. in 3t. f. ej. f^. X. 279 ff.
***) §eIm^or^: ?p^l;fiotogifc^e Dpül Über ba§ ©e^jen be§ 3«enfcf}en, ^^atfac^en ber 2ßa^rnct)mung, ögl. baju 3t. f. eg. «ß^. XII. 242.
t) 2Bir gebrauchen ^ier unb f^3äter^in bie 2lu§brü(fe em:t)iriftif d; unb nati = öiftifd;, iueil man i^nen gegeniuärtig im ©ebiete ber neueren ^^^fiotogie pufig begegnet. 2)er ^l^t)fto[og gering finbet biefe 33e3eid;nungen nidjt jutrcffenb (53erid;t ber Sßiener 2lfabemie SBb. 65, 2lbt. III., ©. 5), ba fie einen ganj unHiefentlid;en ^unft jur §au^tfa(^c machten. 3lwifd)en 9Jatii)iömu§ unb ®m^)irigmu§ befte^t nad; i[;ni fein eigentüdjer ©egenfa^, fonbern nur ein grabineifer Unterf^ieb. Sßenn un§ bie Organe angeboren finb, fagt er, fo finb eä in gelüiffem ®rabe auä) il^re {^unftionen. 2)a§ muffen felbft bie ftrengften ©mpiriften jugeben, unb anbererfeitä I;at eä nie einen ?Jatiüiften gegeben, ber ben geloaltigen ©influ^ geleugnet l^ätte, lüetdjen ©ebraudi unb Übung auf bie gunftionen unferer Organe, in^befonbere ber ©innegj Organe, l^aben. 2)er natiüiftifc^e ^^t^fiolog ift infofern auä) em^jiriftifd^, aI8 er ba8= jenige, iuaä ber je^t fogenannte ®m^iri§mug al§ einen ©rloerb bc§ inbibibuetten 2eben§ anfiefjt, alg einen ©rtuerb bcg Sebenö aller jener 5al^(Io[en ^^nbiöibuen be; trachtet, mit welchen ba§ je^t lebenbe Qnbibibuum in abftcigenber Sinie öerlüanbt ift, unb üon loel^en eS baS i^m 2lngeborene geerbt l^at. 2)agegen liegt jioifdjen
118 3latibi8mu§ unb ®m^iri8mu§.
78. 3lffciit, ob eine .Kategorie mefir ober lueuit^er angenommen, ob bereu 33eoriff etmaä enger ober weiter gefaxt wirb, mac^t im ©rnnbe nic^t oiel miö, ba bie gan^e l^orftetlungöort in fic^ roiberfprcc^enb ift. ^enn waö ift eine ^orm oI)ne ^ntjalt? 9)fan benfe eine 9)(elobie o!)ne ^töne: uiQö bleibt baoon? man mirb fagen: ber 9i(jijt^muö bleibt; aber ift eä möglich, eine beftinnnte ^eil;e unb Drbnung üon 9tic^tö ^u benfen, ift nic^t bie Orbnung von 9lic^tö eben 9ii(^tä, ein irgenbmie real gebeertes -liii^tö aber ein 9Biberfprud^ ? '^tmö öleic^niö üon ber fijmpatljetifc^cn ^itintc ))u\tk, benn bie mit folc^er Xinte gefi^riebcncn ^m^ftaben finb nic^t 9iid)tö. Ober mag ift ein ©reiecf o[;ne jcbe beftimmte, oorftellbare Sinie? 9Kan mirb fagen: S^aä ift ^hm ber 33egriff, bie blo^e gorm beä S)reie(fg. Stber
f^irttualiftifd^er unb natibiftifcf;er 9JJctf)obe eine tiefe AUuft, benn e§ ift ein grunb= fä^tid^er Unterfd^ieb, ob man bie ©efe^e ber Siegungen be§ Scnni^tfein§ auS ben ©efe^en ber aSeluegungen be§ organifd^en ©toffeö abäuleiten fucf;t, ober ob man fid^ biefe 3JJül^e erf^art unb lurjtoeg fagt: jene ©efe^e feien eben eine @igentümlid^!eit beä ©eifte§ ober ber ©ee[e.
SfBaS I^ier gering al§ fj)iritua(iftifcfee 2lnfid[;t bejeid^net, ift nad^ bem gegen: iüärtigen ©^rad;gebroud£> unter ben ^l^^fiotogen nid^t fpiritualiftifd^ , fonbern im ^inblicE auf bie tljatfäd^Iic^ gegebenen gciftigen j^ormen trie beö Staumeg unb ber 3eit entfct}ieben natiöiftifd^ ju nennen. ®§ ift eben ba§ (Ef)arafteriftifd)e be§ nati= biftifd^en 35erfal^ren§, ba|( man fid^ bie 3Rüi)( einer 2lbreitung ber ©ntftel^ung be§ 53en)ufitfein§ erf^art unb baäfelbe namenttid^ bie fogen. Äategorien ol^ne tveitereg alg urf^jrüngli^e, bejiü. angeborene Gigentümlid)feiten beä ©eifteg ober ber ©eele betrad)tet. hingegen ift e§ em^iriftifd;, iuenn man biefelben alö ein ©eivorbencg anfielt, tt»obei Vorläufig nodt) aUenfaltS üon ber (^-roge abgefe^en toerben fann, ob für bie ^3f^d;ifd^en (Srfd^einungen ein felbftänbige? ©ubftrat (©eele) anäunel^men ift, ober ob fie lebiglid^ au8 ben Setüegungcn be§ organifd^en ©toffe§ abjuteiten finb.
2)a nun aber in jebent galle ba§ ©ntftel^en ber geiftigen ^c^ri^e" nn bie (Sj:iftenj getoiffer Ieiblid;er Drgane gebunben ift, fo ift freilid^ jebe 3lnfic^t über ben Urf^rung jener gormen aud^ infofern natiüiftifd), alä eben biefe Drgane mit bem betreffenben 3inbit)ibuum gegeben ober i^m angeboren finb. Qn biefem ©inne h)irb inbeS ber 2lußbrudE natibiftifd^ nid}t gebrandet. 9lber auc^ bie Sejeid^nxing f^siritualiftifcfi nnrb bDni>ering l^ier nic^t ^iftorifd; rid;tig angeirenbct. Sie ©i-iftenj einer fclbftänbigen ©cele mufi auf ©runb einer 2(nat^fe be§ ^jftidjifd^en 3;i^atbeftanbc§ angenommen iverben. 3)iefer ©eete inprieren jebod^ feine urf^^rünglid^en formen irgenb njelAcr 2trt, biefetben geiuinnt fie (9lr. 97 — 98) crft infolge il^rer SßedifeUüirfung mit ben betreffenben leiblichen Organen. 3BiII mau biefe 2lnfid^t, ti^elc^e fic^ j;ur 3(nnal;me eines felbftänbigen ©eelenluefenS genötigt fietit, ©piritualigmu§ nennen, fo barf man nic^t Dergeffen, ba^ man tjiftorifc^ unter ©^jiritualiSmuS etmaS ganj anbercg berfte^t, uämlid} bie 2tnfid)t, nad^ ioeldjcr ber £eib gan,^ unb gar ober bod; feiner organifc^eu gorm nad^ aig ein ^robult be8 ©eifteg betradjtet »uirb. (3}gl. über ©piritualiSmuä : aSolfmaun b. Jüoümar, £e^rbuc^ ber ^fvc^ologie, Sötten, § 20.)
Äritif bc§ ^«attöiSmuS. 119
biefe %oxm a(ö eine mirfUci^ in bcr See(c e^iftierenbe ^orm tft ein Unbinö- 9BaS ift ein iimifalneiniö oljnc ^'itjnlt? ®ie ^uirftethnu^ beö ^^M'^nimem (;anöö uon Urfacf)c unb 'iisirfuniv 9.1ian laffe anö biefcr -Isorftellung jcbeä beftimnite (S-rei(]niö alö Urfad^e ober äBirfung weg, fo bleibt ber 3"= faminentjang von smei ^Uc^tfcn übrio, ein abftrafter 33eönff, aber burc^auö nid^ts 9iee(Ieä, mic^ nic!)tä inn-fteEbares ; benn rein abftrafte begriffe alö fol(^e fönnen nid)t faftifc^ gebadet lucrben.*) ©inen ©attunööbegriff foff man frei benfen üon ben fpejififrf)cn Sifferenjen, meiere jur Seftimnumg beS i{)m Untergeorbnctcn bienen nnb bafjcr in ben :3i^t)f^ft bes @attnngä= begriffö mä)t geljören. 2(Uein biefer g-orberung wirb, obiuoljt man fie an^ erfannt, niemalö in Sßivflif^feit xiollfommcn ©enüge geleiftet. Bo fc^lie^t ber allgemeine ^Begriff bes £teifeö einen beftimmten Siabiuä an^, aber faftifc^ ijat baö 33ilb be§ 5lreije§ in jebem 2Ingenblic! für xm§ feinen be^ ftimmten iWabinö. (E'benfo mirb niemals mirflic^ eine ^inie ofjne äffe ®i(fe üorgeftefft. Sie affgemeinen begriffe finb (ebiglid^ (ogifc^e i^beale, benen nä) nnfer luirflic^eä >Denfen nnr in einer geiuiffen ^Beife mti)x nnb mef)r näf)ern fann (9h. 99). 3Bir fönnen bei ^^eftfteffung folc^er Segriffe nnfere Sieflejion ober 2(ufmer!famfeit bis ^u einem ©rabe üon biefem ober jenem, loaö mirflii^ uorgefteUt toirb, ab^ielien, inbem eö für uniuefentlic^ (nic^t jugeijörig) erflärt mirb; aber luirflid^ rein oljne affeä Uniuefentlid^e lüirb ein Stffgemeinbegriff nie gebadet, noi) uieliueniger fann er alö folc^er fij unb fertig angeboren fein.
2)ie Übereilung ^antö, üon einem Senfen oljne ©ebad^tes, einem Segriff o{)ne 3nl)alt alä oon etmaä 9Jiöglicl)em unb SSirflidiem ju reben, ift für bie (i'utuncfelung ber '^^Ijilofopljie feljr uerl)ängniöüoff gemorben, benn baljer ift eä gefommen, bafe fpäter jum Se^ufe einer miffenfc^aftlid^en Örfenntniä ber Singe leere, aus if)ren urfprünglic^eu nnb notioenbigen Sesiel)ungen Ijerauögeriffene begriffe uorauögefdjiclt lourben. hierin liegt bie gange 9?eil)e oon S.>erfu(^en apriorifi^er 'Äeltfonftruftionen beS ^bealiömuö begrünbet.
79. Soc^ nel)men wir einmal an, bie real gebac^ten leeren formen lägen pröformiert im ^ntcffeft, fo ift burd^ bie 'l^orauöfetjung beö 3Ingeboren= feinö ober ber 3tpriorität eigentlicl) bie i^xa{]Q^ abgefrf)nitten, wie ber ^nteffeft fie erworben Ijat. 9)fan nuif? anneljmen: entweber ba^ ber ^iiteffeft bie= felbe ücrmöge eineä fpontanen älfteö in nd) felbft erzeugt l;at, ober ha^ fie eben bie Dualität beä ^t^tcffeftö felbft auömac^en ober boc^ wefentlid^e Seftanbteile beöfelben finb.
") ^Ql auä) Ära mal-, a. a. D. 30.
120 Äriti! be§ 9Zattbi?muS.
@elie man fii^ biefem ©cbaufeu f)in unb fvasie, {)nt innn in biefen 2ln: naljnicn ein 3J(ittet 5nr (Srffäninö nnfever rmnnlic^en nnb 5citli($en '3>or= ftclinnßcn gewonnen? äBir uiodcn no(^ ni(^t fragen, fann bie erfat)ninßö= ntäf5iö öegebene 2Belt im einzelnen baranö erklärt werben, fonbern mir, ob übcrljanpt irgenb ctinaö auf biefe 3Beife nnffcnfc^aftUi^ erflärt werben fann? Siefe ^^-rage ift entfd^icben ju üerneinen, ha I;ierbei bas ^it^^^'^^iß^'C"'^'^ bereits uorauögefe|t wirb, ^-ragt nmn §. 33. : roarum werben §wei len^tenbe ^^^unftc nic^t alö einer üorgeftellt, fo ift bie 3Int wort : baö 9iaumi)ermögen l)ält fie auöeinanber. gxagt man : warum fcljcn wir mit jwei 2lugen nur einfai^? biefelbe 3Intwort: baä 9iaumt)ermögen ^at biefe gunftion. 3l(te bie fd)wierigen ^^robleme beö räumlichen unb seitlichen -Isorftedenö werben auf biefe Sßeife ungelöft gelaffen, gieic^woljl aber als gelöft unb felbft= uerftänblic^ befjanbelt. 2Bo inbes wirflii^ uerfud)t wirb, baS Ginjelne wiffcnfcl)aftlic^ §u erflciren, ba wirb auc^ alöbalb bie natiuiftifdie ^ypottjcfe bei ©eite gelaffen unb bie empiriftifc^e angcwenbet. ^aljer 60 melius mit 9ie^t erflärt, ba^ burd^ bie erftere ber pfi;c^ologifd)e Unterfuc^nngSgeift geläljmt imb üon einer tieferen gorfc^ung abgelenft werbe. 3Iuc^ bie ©atwinianer gelten Ijier cmpiriftif($ §u äßerfe. '^laä) iljuen finb bie gciftigen 3(nlagen, wie bie 9iaumt)orftellnng, anfangs entftanben, bann erft »ererbt unb im ^Öaufe ber 3cit auSgebilbet.*)
80. 9iefle!tiert nmn auf ben ü^aufalbegriff unb fragt: warum fe^en wir bei ©reigniffen Urfai^en berfelben uoraus, fo wirb jene 3lnfi(^t von ben angeborenen .Kategorien antworten: weil uns bie Kaufalität a priori iunewol)nt, eine innere 9iötigung uns pr 3lnnaljme uon Urfac^en treibt. 3::iefer inneren 9iötigung aber loirb nic^t weiter nac^gcfpürt. Übertjaupt liegt es auf ber §anb, eine (Srfdieinung baburi^ erflären ju wollen, ba^ nmn oljue weiteres ein ^sermögen annimmt, welches bie fraglid^e (£rfrf)einung I)eri)orbringen foll, t)eif3t auf (Srflärung uer^ic^ten.**) ^ie angeborenen ^'ormen bes ^ntellcfts fpielen gegenwärtig bei uieleu ^^fy^ologen eine äi)n''
*) g-rügel: S)a§ ©eelcnleben ber Xmc. 2. Slufl. 1886. ©, 104. **) (Sine X^atjadje au8 einem befonberem 33err.iögen erflären »vollen, mifibilligt Scibnij. @r jagt, nad£> feinem ©inne fei e§ feine fel^r fd^öne ©rflärung einer ®r= fd^einung, iuenn man il^r ein befonbereg ^rinji^A äiiineife, bem 58öfen ein principium maleficum, bem Aalten ein priraum frigidum; eä gäbe nid^t«, baS Ieid)ter, aber aud) platter ipäre; unb er üerjpottet bie Sc^otafttfer iucgen il;rer erbt(^tften qualitates unb facultates occultae, bie man ft^ tüie fleine ©ämonen ober ßobotbe backte, »Deld)e of>ne »ueitereS t^un fönnten, \vai man iininfc^te, atö wenn bie Safd^en; u^ren bie ©tunben burcf} eine facultc horodeicti(iue anjeigtcn, oI;nc Ütäber nötig ju I;aben (3ir. 103). (5benfo fjjred^en fid; ©^)inoja unb Üodc gegen bie 2lnna^mc realer ©eelenberntögen ani.
Ärttif beg 5«attöt§mu8. 121
9voC(e, luie frütjer bie Sebenöfraft in ber ^(jyfiologie. 3Baä man im Dvßaniömiiö nic^t erklären tonnte, fc^rieb man biefer ^raft jn: fie fottte nod) etwaö anbereä, i)on ben einachien (Stementen beö Drganiömuö ganj 33er[(^iebene§ fein, über itjnen itnb itjxm S^crbinbnngen fc^iüebenb, fie be: I)ervfc^enb nnb nad^ ycvnünftigen ^^een, Si^tjpen, §TOetffetienbcn ^ntenfionen orbnenb. S)eäöleic^en foU je^t ber ^ntedeft mit feinen g-ormen nocö etmaö anf5cr nnb neben ben eiitjelncn ^^orfteUnngen fein, maä fie §nfammenfaf,t, na^i) g-ormen nnb Kategorien orbnet nnb grnppiert. Slttein ber ^iitelleft in biefem ©inne wirb anä) gteid^eg ©c^itffat mit ber Sinnaljme einer be= fonberen ,^ebenö!raft t)aben. 9Jian wirb erfennen, baf; bnrc^ beibe ^i)po= tiefen nic^t nnr nic^tä erflärt, fonbern baf3 eine ejafte ©rftärnng fogar bnrd) biefelben ueiijinbert wirb, weil babnrd^ ber (Hd^ein entfteljt, alä t)er= ftef)e fic^ baä uon felbft, waö ^bm einer ©r!(ärung bebarf. 9Jfan legt, nad^Siebigä 3lnöbrnciC, bem, was gegeben nnb nic^t fofort begreif lid; ift, ein äßort unter, nennt bieö bie Urfac^e nnb mit einem bnrc|auS nnbegrcif= liefen, unbeftimmten , bnrc^ flare S^orftellungcn nid^t begrensbaren Q:tma§ erflärt man, waö uns nic^t gleid) begreiflich ift. ©ä tuirb fid^ aber t)erauö: fteUen, fowie bie Sebenöfraft nid^tö aufeer ben p{)i;fi!alifc^en unb d)emifc^en Kräften beä Organismus ift, fonbern gan§ unb gar auf biefen unb bereu befonberen Kombinationen berul)t, fo anä) ber ^nteffeft mit feinen formen eine äßirfung ber einzelnen ^sorftcUnngen, iljrer 3Serbinbungen unb ?ieit)en, nic^t aber bie UrfacEie ber erften Drbnnng unter iljuen ift. Sie pfij(^o= logifc^e Grftärung wirb ämi barin bcftef^en, ju geigen, baf^ bie einzelnen 3.Hn-ftellungen in iljren oerfdjiebeneu Kombinationen bas leiften, was uon geiuiffen ^Ijijfioiogen je^t oI;ne weiteres ber S^tjätigfeit bes S^tellefts §u= gef(^rieben wirb.
®od^ wir luollen einmal jene ©rflärung mit ^ilfe ber Kategorien im allgemeinen gelten laffen nnh weiter fragen, finb benn bie genmd^ten 55orauS= fe^nngen geeignet, baS ju erflären, was burdö fie erflärt werben foll, nämli($ baS (Sinjelne ber (Srfaljrung begreiflid) ^u mad^en.
(Srfa()rungsmäf3ige STljatfai^e ift es ^unäc^ft, ba^ wir bie 9^^orftelIung einer 9(uf?enwelt in uns als gegeben uorfinben. ©oll nmn f)ier benfen, ba^ wir, wie ^elml)olli fagt, aus ber äl'clt nnferer (^mpfinbungcn ju ber ^i^orftellung uon einer 2lnf3enwelt niemals fommen, als burc^ einen ©c^lu^ üon ber wcc^felnben (Smpfinbung auf änfserc Cbjefte, als bie llr= fac^e biefes äöcd)fels? ©oll man glauben, bafs ^iere unb neugeborene Kinber jur 3(nfc^aunng ber 3tuf3enwelt fo gelangen, baf? fie bie (S-mpfinbungen in fi(^ als etiims -öcuiirftes anfeilen, fobann uerinöge bes angeborenen Kanfalgefe^eS ju bem 33eiüirften bie Urfac^e fnd^en unb biefe enblid) in
122 Äriti! be§ 5Ratit)i§mu§.
ber 2tiif3enme(t finbcn? Sßcnn l^ierbei gefaxt wirb, baf? alles gef^efje eben o()ne atte 9tef(ej,-ion, un(ieiini|t, inftinftartig, fo ift bteä oKevbiU(^ö Xl)atfa(|e ; aber von unbeimifsten ©cfilüffeu aiiö ber Söirfuiiö auf bie Urfa^e, auftatt uon blo[3er Slffociation unb ^Jieprobuftion ber (Sinpfinbiingen iinb '^^ox- ftetlungen ju reben, bas ift offenbar nur ein 9iotbe()elf, lueb^er bie ^^cr= legeuljeit fauni notbürftig ncrbecft. Dljue ,3^^^^ifß^ ift bie l)ier iierfud)te (Srflärung be§ (Siitfteljenö ber 3(nfc^auung uon einer 9Uif;enu)elt juni tuenigften feljr gezwungen unb unm a()rfc^einlic^. äßir werben t;ierauf loeitcrtiin (JRx. 87—90) noc^ einmal jurücffonitnen.
81. 2)ie ©rfaljrung jeigt ferner, bafe baä räumliche unb ^eitüd^e ^orftetten unb baS Senfen nac^ bem ilaufaigefe^ fe()r aHmäI)lic^ fic^ auöbiibet. ©iefe xfjatfad^e bleibt aber nac^ ber befproc^enen ^ijeorie uölüg unbegreiflid^. (Ss ift bur(^auö nii^t abjufe^ien, luaruni erft norf) eine geiüiffe 3eit yerfUef5en follte, el)e bie (Sntpfinbungen in bie rici^tigen gönnen ge= brad^t merben. Sobalb alle ^ebingungen eineö (S'reigniffeö uorljanben finb, muf3 oljue ^ci^bern ber betreffenbe tSffeft Ijeroortreten. Tier (Sffeft ift in unferem g^ade bie 3lnf(^auung ber rnuniUc^ unb ^eitlid^ georbneten Söelt, bie S^ebingungen finb einmal bie (Snipfinbungsqualitäten unb fobann bie im Öemüt bereitüegenben, leeren formen. :^e^tere finb ni(^t allmäl); lic^ entftanben, auf il)re Slusbilbung i)at bie äußere CS'rfaljrung burd^aus feinen (Sinftufe, fie liegen allejeit fij: unb fertig bereit; fommen alfo bie ©mpfinbuagägnalitäten uon aufeen ^inju, fo mu^ oljue raeitereö bie räum= lic^e unb seitliche 2(nf(^aunng I)eruortreten, unb ^mar nic^t uieniger uoll= fommen in bem neugeborenen Rinhc, alö in bem auögebilbeten 9)ianne. 5)arum fagt ^erbart mit dieä)t: ,,^zi hen falfc^en pfpc^ologifdien "oppo: tiefen beö ^hrntianiömuö finb Minber unb ^iere uergeffen morben, ba()cr follte eä nun freiließ ber §i)potl)efe ?,u Wefaüen feine allmäl)lirf)e intelleftucfle Sluäbilbung geben, bie fic^ jeboc^ nicE)t luegleugncn läfet.*) ^iefe luirb and) nid^t geleugnet, fonbern Siebmann unb ^^reyer**) eriüäl)nen bie be^ fannten gäße uon glücflid^ operierten 'ölinbgeborenen unb meljrere anbere (S'rfaf)rungen, meiere unjiueibeutig auf eine allmäljli^e 3tuöbilbung beä rnumlii^en unb jeitlic^en "i^orftellens, luenigftenä im menf(^li($en ,3nbiuibuum, binmeifen, ol)ne ju bemerfen, wie luenig bieö mit ber 3lnnal)me ber Stpriorität ber Siaumuorftellnngcn juiannnenftinnnt. ,'pingegen finb bie genannten
*) ^crbart XII. 374. Sie ©teile möge im 3ufammeu^anö nac^gelejcn iverben, f. oud^ 3t. f. es. m- ni. 297 ff.
**) ^rel;er: Sie fünf ©inne beS Sknfc^cn, 1870. SJgL baju: Sie Sluffaffung bei- äaufatität al§ eineg Scgriffg a priori, in 3t. f. ej;. ^^. X. 35. ^rel;er: Sie Seele be§ üinbeä, 1882. ©. baju ^liigel: ©eeleuleben ber Xiere,. 1886. ©. 104.
Ärttif beS yiatibigmuet. 123
Grfafirunflcn fo, inte fic ermartet luerben muffen, wenn bte formen ber 3innlic^feit md)t angeboren, fonbern evft nnc^ nnb nac^ 5ug(ei(^ mit ben (S'mpfinbunööquaUtäten eviuorben luerben.*)
82. 3>ie CS'rfa()nutn aeigt brittenä eine a,w^^ SJiannit^faltigfeit von gnns bcftimmten, inbiuibned c^arafterifierten ?^oxmen. §ier ift bie .*0aupt; fc^mieriöfeit, an iue((^er jeber 3>erfnrf), biefelben bnrc^ angeborene formen erflären ;^n loollen, f (Reitern mu^. S)enfen wir bie Seele ber ^oranäfeliung gcmäf, auögeftattet mit einem ^i^y^iitar aller mögtii^en formen: wie wirb bie ©eele biefe formen anwenben? (Sntroeber nac^ blofser 3Bi(I!ür, ober nac^ beftimmten Öefet^en. ^la^ äBillfiir gefdjiefjt bieg nic^t, benn wir finb an bie "formen ber Dbjefte im 2(nf(^auen gebnnben unb finb §. 33. ni(^t im ftanbe, biefeö üieredige 33latt ^-|.^apier alö rnnb anjnfel^en. 3ltfo bie 3(niiienbnng jener formen wirb nac^ beftimmten ©efe^en uor fic^ getjen. Xk)c liegen entweber in ber Seele ober in ben Dbjeften. ^m erfteren ^alle fann e§ jebenfafiö nic^t ein öefe^ fein, benn fonft mü^te erwartet werben, bafj bie Seele ju gewiffen ^^iten itjren Stempel allen Dbjeften ol)ne Unterfc^ieb anfprägte : alfo 5. 33. I^ente alleö rnnb, ntorgen adeö yier^: edig n. f. w. anfc^ante. Unter ber 33oranöfe^nng aber einer großen 3)knnigfaltigfeit non befonberen gefe^lic^en 2lufeinanberfolgen in ber 3ln; wenbung ber Vvormen muffte man für jebeö Dbjeft eine ^^eriobi^ität et; warten, in welcher eä eine 9ieit)e üon formen fonftant bnr(^liefe; bann f)ätte man aber wieber Sd^wierigfeit, in bem äöed^fel ber formen beren 33e(;arren jn erflären. .'iinrj, man nüifete <ä)zn gerabe fouiet uerfdiiebene Gjefele annel^men, wie oiel uerfc^iebene formen angef($aut werben, b. Ij. man muffte anf jebe (Stflärnng üerjic^ten unb babei fteljen bleiben, §u fagen: bie Seele l;at Qb^n bie unbewußte ^unftion, Ijier fo unb bort fo unb nid^t anberä bie g^orm gur 2lnwenbung §u bringen, ©efe^t enblic^, bie Dbfefte felbft wären eö, bie je nad^ iljrer C^igentümlid^feit balb biefe, balb eine anbere ber in ber Seele bereitliegenben formen au§löften, fo fönnten unter biefer ßigentümlid^feit entweber bie ©ntpfinbungöqualitäten alö foii^e ober beren befonbere 33e5ief)ungen ju cinanber, 03ruppierungen, Drbnungen t)er= ftanben werben. 3)er erfte gall ift unannel)mbar, benn tljatfäc^licl) befteljt !ein notwenbiger 3iM"^i»"iei^I;a»Ö gunfc^en ber (S'mpfinbungäqualität unb beren ^^-orm ('Jir. 71). Sonft müBte §. 33. jebe befonbere garbe immer in einer beftimmten räumlichen ^orm angefc^aut werben ; tljatf äd^lid^ aber jcigt fic^ biefelbe ^-orm an öerfi^iebencn (Jmpfinbungöqualitätcn, unb luiebcrum jägt \iä) biefelbe ßmpfinbungsqualität in ganj uerfi^iebencn formen. Xk
") 3t. f. es. 5ß^. X. 47 f.
124 Äritif be§ 5natit)iömu§.
empfinbbaren ©töcnfd^often alfo fönnen nic^t ben llntcrfc^ieb begrünbeii, ba^ je^t biefe, bann eine anbcre ^orni ausgelöft wirb; nuc| uiirb man md)t faoen, bafe bie Objefte nac^ belieben, SBidfür fic^ balb biefe, balb eine anbete %i)xm niäl)Ien, beni würbe bie gefe^lic^e Jlonftanj iDibcrfprei^en.*) ^oIg(i($ bleibt nic^tö anberes übrig, alö ben werfc^icbenen Dbjeften üer= fd^iebene formale tSiö^ii^jeiten beizulegen unb biefe 3.^erfc^iebcnljeit alö ben ©runb 5U betrachten, baf^ baä eine Dbjeft bie 9taumanfcl)auung ju ber, ba§ anbere ju einer anberen ^orm ueranlaj3t. Man müfete alfo fagen: baö Subjeft aUein gibt bem Dbjeft nic^t bie gotm ber 3lnf(^auung, fonbern ba§ ©ubjeft empfängt nom Dbjeft bie äseranlaffung, biefe beftinmite gorm oor^uftellen. ^ft man einmal fo weit gefommen, 5u?,ngeben: bie Dbjefte felbft muffen geiuiffe formale 33eft{mmungen an fic^ Ijaben, benen zufolge erft bie fubjeftio uorgeftellten 9iaumformen entfteljen, bann mu^ man einen ©d^ritt roeiter gel)en. 3^enn maä foU l)ier noö) ^a^ abftrafte ^)iaum= üermögen? (So bebeutet nichts anbereö, alö bie leere 9}iögli(^feit, baf3 mit überljaupt beö räumlichen 58orftellenä fällig finb. Man tnag cö nur gang fallen laffen unb fagen: bie 2(rt unb äßeife, raie bie (Smpfinbungen infolge ber 3Be(^fclunrfung beö betreffenben Drganö unb ber Dbjefte erzeugt merben, ift ber ©runb beö ^orftellenS beftimmter räumlid^er ©ebilbe; bie ©eele mu^ bie ä^orfteüung beö Siäumlirfien erzeugen, meil bie Dbjefte räumlich ßcorbnet finb. ©amit ift jeboc^ nic^t gefagt, ba^ unfere ^l^orfteUungen ein genaueö 2lbbilb ber 9Xufeenuielt finb. 3)ie ©eele ift nidit ber paffioe «Spiegel, meieret baö SBeltbilb in )iä) oljue meitereö aufninunt, fonbern eö fommt l)ier auf eine äöec^feliuirfung, eine 9ielation ^luifd^en Dbjeft imb ©ubjeft an.**) ®iefe muf5 jcboc^ nad^ ben obigen (Erörterungen bergcftalt gebac^t werben, ha^ bereitö in ben Dbjeften an fiel) eine beftinunte C^jruppierung ober eine räumlii^e, bejro. seitliche 3tnorbnung alö bie ^l^eranlaffung ber fubjcftiucn räumlichen unb jcitlii^en Slnfcliauungen uorl)anbcn ift.
83. (S'ö ift alöbann 3(ufgabe ber ^fy^ologie, ju jeigen, ha^ bie ©mpfinbungen in ber 2lrt, wie fie gegeben werben unb wie fic fi(| gcgcn=
*) S8gr. Äramär, a. a. D. S. 30 ff. §erbart I. 258.
**) S''^^ax iinrb audi) üon bcu Sßertretern ber Sategorieu gefagt, e§ fomme i^icrbei auf eine 3?ctattDn jiinfc^en £)b\iU unb ©ubjeft an. S)ie§ l^at nun ivo^I für fie ©inn, toenn c§ Reifet, bie gefamte räumtidie unb jeitHd^e Slnfci^auung fei {^olge einer 3ieIation jlinfc^en ©ubjeft unb Dbjeft, inbem crftereS bie (^'orm, le^tereS ben ^n'i^alt liefere. Äeinen ©inn aber l^at in jener 3lnfi^t eine 5Jelation jnnfc^en ©ubjeft unb Dbjeft, iüenn eä fid^ lebigfic^ um ©ntfte^ung unb 2(u§bilbung ber gönnen l^anbelt, bcnn barin nnirbe liegen, bafe anä} bie (^orm ijon auficn, iwn ber (Srfal^rung ber: anlaßt iuäre ^ bejuv auögebilbct mürbe; bauiit unirbc bie ^Bc^au^Jtung be§ a i^riori aufgegeben.
Äritif beS 5Watibi§mu8. 125
fcitig in beut ©uBjcft ju einanber uerfjalten, unö jum ^ßorftetten beä diäunu lid^en nötißeu. .<Qierbci wirb man nic^t fagen !önnen, ba|3 ja anä) bei biefer Slnfic^t bie jnbieftiuen Urfac^en (^ebingunöcn) jur ©rjeugung beä räuntlic^en i^orftelIenä von 3lnfang an alle oor^anben finb, nnb ba^, fobalb bie Dbjefte, lüie fie \i6) mit ii)un ränmlic^en 33eftintmtl)eiten bar^ bieten, übcrijaupt perjipiert loerben, and^ bie 3?orfteüung ber räumlichen g-orm ni($t zögern bürfe, fonbern fofort, menn iia^ Rinh bie Singen auf= fdilage, uoUfommen oorljanben fein muffe. 3)ieö trifft nidjt ju, benn fi^on bie 3Jtuffaffung ber einsclnen Steile ber Dbjefte mit bem Sluge unb bem ^aftfinn erforbert 3cit, ferner aber fann bie 3lrt unb SBcife, wie bie uer= fd)iebcnen einzelnen Slsorftellungen, um baö räumliche ^l^orftellen ju ftanbe 5u bringen, affo5iiert, reprobu^iert unb gefiemmt werben muffen, nur burd^ Ijäufige "ii^ieberljolung unb Übung gefd)el)en, fo baf3 nad^ biefer 2(nfid^t, wonach bie ^-ormen nic^t bereit liegen, erwartet werben mu^, ba^ bie 9vanmauffaffung, namentlii^ bie feinere, nur aümäljlii^ gebilbet unb auä= gebilbet werben fann, wie benn bie ©rfaljrung bieä auf baö «Sc^lagenbfte geigt.
Siljulic^eö gilt uom ,3ßit^i'^*''"-*)
84. ^n bem ^ßorfteljcnben traben wir in erweifen uerfuc^t, baf3 bie Slnnal}mc non in ber ©eele bereitliegenben formen erftenö feine S^ljatfac^e, fonbern nur eine §i;potl)efe ift; gweitenö, ba^ biefe ^ijpotljefe in \iä) wiber^ fprecdenb fei, ba eine ^orm ol)ne jeglichen ^nljatt ein unmöglii^er ©ebanfe ift; brittenö, ba^ bie ©rflcirnngcn, welt^e im <3inne biefer ^ijpotljefe ge= geben werben, feine ßrflärungen finb, fonbern baö Qn^utläx^nht bereits alä befannt iwrauöfe^en; uiertenö, ba^, wenn man jene (Srflärung im allgemeinen gelten lii^t, bie§ bo($ nid)t eine t^rflärung ber wirflid) ge= gebenen, befonberen formen ift. 2Bo im eingelnen beftinunte JRaumformen erflärt werben f ollen, muf3 tnan notwenbig biefe ,g»ijpotl)efe gänglic^ auf= geben unb fann nur im Sinne ber empiriftifd)en ^ijpotfiefe Ijoffen, bie Probleme bes räumlii^en unb seitlichen IsorftellenS ju löfen. ^ebe ^fi)($o= logie ftellt fid^ mit ber älnnaljme uon angeborenen Segriffen immer ein 2lrmutöseugniö auö, inbem fie ba§ als unentftanben betrachtet, beffen (gnt= fteljung fie nic^t p erflären uernmg. Qhcn barum fann man im atl= gemeinen fagen, bafs ber Umfang, in bem eine pfijd^ologifdlie X^eorie uon ber 3lnnal)me angeborener S3egriffe (^ebraud^ nmd^t, ben SJkMtab für baä 3Sertrauen abgibt, baö fie §u il)rer eigenen ^eiftungSfäljigfeit f)egt.**)
*) 3t. r. ej. W X. 48 ff. **) SSotfmanu b. aSoIImar, a. a. D. § 123.
126 Unbeiüu^te Sc^Iüffe.
85. ®o(| bie Hauptfrage bleibt noä) prüd, nänilic^ ob buri^ jene Hypottjefc bie ©i'ifteus einer 21uf3emiielt erwiefen ift. Siieä luirb uns ju; gleich auf eine nätjere Grörterung beä Kaufalbegriffä füf)ren.
gaft g(eic^(auteub iiurb bie ßi'iftenj einer Stufeenwelt bei S(^open; Iraner, ^elnitjol^, ^-icf unb anberen in folgenber 3Beife erliefen: ber Kategorie ber ivaufalität gemäfe loirb ber äserftanb beö cmpfinbenben Subjeftö a priori geni)tigt fein, baö (Eintreten irgenb niel($er ©mpfinbungen ber ©inne fofort alö äöirfung irgenb welcher (äußerer) llrfad^en aufjuf äffen (©d^opentiauer). ©§ ift flar, ba^ mx auö ber 2BeIt unferer ßnipfinbungcn ju bex 9]orfteIIung einer 2tuf3enuielt niemalä fonmicn fönnen, atä burc^ einen ©diUife t)on ber mec^felnben ßinpfinbung auf äußere Dbjefte alä bie Urfadjen beö 9BecE)fe(ö (^elnt^oll). Sie ©ntpftnbungen fontmen unb get)en, lued^feln otjue unfer 3iitl)»»/ t^t^ei" ft^ U'^i^ öiic^ ber einzige .^ntjalt unfereö Sennif3tfeinö, weli^er fic^ fo üerljält. Sie Ginpfinbungcn fünbigen fid^ benigeniäf3 alö etumö n\ä)t hmä) ta^ 93etuuf3tfein felbft ©efc^affeneä, fonbern iljui 3Iufgebrungeneö an. Saö .53eiou^tfein fc^t baljev ein äu^ereä Dbjeft ober einen äußeren ©egenftanb, beffen Gegenwart ober beffer (Stn= lüirhmg auf baö Subjeft bie (Sinpfinbungen bebingt*) (gicf). Sabei ift no^ ju benterfen, baf3 uon allen nadjbrürflic^ betont luirb, biefe ©d^lüffe feien „unbenni^te Scf)(üffe".**) ä^orfic^tiger brüdt fi(^ ^uiueilen Hehn()oI^ awQ, inenn er fagt, biefe Operation ber Seele fonunt in iljreni 9iefultate einem Sd)Iuffe gleid^. §anbe(te eö fic^ t)ierbei allein um bie (£'ntftet)ung
*) Ü6er[id^tUd) neben etnanber gefteHt finben ft(^ bie 5iu|enmgen bon ©d^oVen = I^auer unb ^elml^ol^ bei 3öüner: Über bie 3latuv ber ßometen. aBeiträge 5ur ®efc^ic|te unb S^eorie ber @rfenntni§. 1872. ©. 342 ff.
St^nrid^e ©ebanfen f. bei SBaumann: ^^P^irojo^j^ie al« Drientierung in ber 2Bert. 1872. 3?gt. baju bie Sdej. in 3t. f. e^. ^^. XI. 181, unb (S>d)üpp: 2)a§ menfd^Iic^e Senfcn. 1870. 3]gt. baju bie SRej. in 3t. f. e^. ^^. X. 275. fi'iergegen Iä|t fic^ bereits eine Semerlung Slntenrietl^ä geltenb machen. ®r meint, luenn atteS bag, ma§ in un8 ol^ne ober iniber unfercn Sitten gejd^iel^t, auf äußere Ur-- fad^en jurücfgefül^rt luerben mu^, fo mü|te bie§ aud^ ber ?fall fein bei atten unö unangenehmen ©ebanfen, ©cfü^Ien, ©timmungen, bie man gerne loa fein möd^te, hjiber tuetd^e man !änH)ft unb bie feodj ol^ne unfer 3ut^un, ja föiber unferen SBitten fommen unb gefjen ober beharren. Unb ^rre fül^ren ja bergleidben auc^ auf äufsere Urfac^en jurücf, inbem fic fic^ al§ befeffen anfef)cn. Sßgt. baju 3t. f. ej. 5ßt>. XII. 244.
**) Über unbelüufjtc Sc^tüffe bgl. äßunbt: Sßorlefungen über 3!Kenfd^en= unb Xierfeele. 1862. Srobifc^: Über ben neueften 5ßerfud^, bie ^ftjd^orogie natur= »inffenfdiaftric^ ju begrünben, in 3t. f. ej. 5ß^. IV. 313; ferner: S. 2)aftic^: Über bie neueren j5l^bfiorogifd}=^ft)c^oIogifd;en gorfdiungen im ©ebict ber menfc^Iic^en ©innc, 5ßrag, 1864, unb bon bemfclben: Über einen ^att ber SRotblinb^eit. 1867. (SBerlag ber Ä. bö^mifc^en ©efeüfc^aft ber SBiffenfc^aften.)
Unbehjufite ©d^lüffe. 127
ber fubjeftiüen Srnna^me einer 2(iiBemüeIt, mk fie un§ aüzn eigen tft, fo lüürbe es im ©runbe nur ein äßortftreit fein, luenn roir bieä auf xm- beraubte 3(ffociation, jene eä auf unbeunifete (Sd)(üffe jurüdfiUjren. 3tber man bead^te roo!)I, iine u)iÜfominen uielen bie 3weibeutigteit beä Slusbrucfeä ,,unbciuu^ter ed^luß" fein mag. ^anbelt eö fiij^ um bie blo^e fubjeftiüe 2lnfc^auung einer 2(uf5emüelt , bann betonen fie „unberou^f, i)anbe(t es fic^ aber um einen miffcnfc^aftlic^en 53eroeis für bie unabpngige (Si'iftens einer 3lu^eniiictt, bann betonen fie „©d)(uf5'^ bann loirb jener unbeiüu^te Sc^lufe ju einem beuniBten, ju einem miffenfc^aftlid^en ä3eiüeife. 9iur als folc^er l)at er einen Sinn, WQwn er mirflic^ etiuaö objeftiu beiueifen foü. ©efe^t, eä märe ein unbeiuu^ter, inftinftartiger (Sci)lu^, bas -l^ermögen ber S^aufalität fd)(öffe alfo auf eine 3tu^ennielt, fo erljebt fic^ fogieic^ bie grage: finb mir nic^t uielleii^t in einer Selbfttäufc^ung befangen, menn mir glauben, mir felbft finb nic^t Urljeber unferer ßmpfinbungen? 3SieI- (eic^t finb mir bennoc^ bie llrfa($e, nur nnbemufet, roie mir eä fic^ertid^ bei Halluzinationen finb. hierbei glaubt ber 9)icnfd) aud^, fo lange er bie ^äufc^ung nii^t als fold^e erfennt, nic^t er felbft, baö (2ubjeft, fonbern hk älußenmelt fei bie Urfac^e ber (Srfc^einung, unb boci^ fagen mir, er täufdit fic^. 5lönnten nicl)t alle unfere $l>orftellungen nur Halluzinationen fein, benen nichts Dbjeftiüeä entfpräd^e? 3)ie Äaufalität lui'irbe Ijier immer auf äujiere llrfai^en fc^lief^en, aber fie mürbe fid) ftetö täufc^en. Siefelbe Xäufd}ung Ijat ftatt, imnn ber ä)tenf($ noc^ Si^merj in einem amputierten ©liebe empfinbct.
86. S)urc^ unbeiüu^te ©(^lüffe, bei benen bie ilaufalität mie ein innerer blinber ^rieb roirft, fönnte atlenfatlä ber (Si^ein, nie aber bie objeftioe ©emißl^eit einer 3(uBenroelt bemiefen merben, benn bie Kategorien, alfo anä) bie Kaufalität, fönnen nac^ ber in 9?ebe fteljenben 2(nfi($t nur fubjcftiue tiinric^tungen beä menfd^li(^en 'l^erftanbcö fein, bie bei anberen iüefen üielleic^t anberö finb. 2)emnac^ ift eä möglic^erroeife nur eim menfc^lic^e Scfc^ränftljeit, ba^ mir ju einem ©ef^eljen (l;ier §u einer (Smpfinbung) eine Urfacfie ansuneljuien genötigt finb; in aßirflii^feit fönnte eö iid) ganz anbcrö uerijalten. 5}ie ilategorie ber Kaufalität möchte alfo immcrljin nic^t auberö fönnen, alö auf eine 3tuBenroelt f^liefeen, allein, fie irrte jebesnml babei, menigftenä böte ]k niemals bie '^ürgfc^aft für bie äi>al)rl)ett iljrer 3Xuöfprüc^e; fie tritt auf, mie ein Orafel, beffen fetbft= uerftänblici^e Shitorität für bie öemi^ljeit feiner ätuäfprü^e fte^t. Dber mill nmn mä) ein anberes Vermögen anneljmen, meli^eö bie äßaf)rl)eit beä Sc^luffeS ber Kaufalität oerbürgt u. f. f.? 33ei aUebem mürbe man niemals rec^tmäBig über bas (Subjeft ^inauöfommen.
128 Unbeiuu^te ©d^lüffe.
87. ®od^ feigen rair baüon ab, ba^ eö ein unbewußter ©c{)luß fein fott ; bel;anbeln nur ifju aU bns, luaö er nac^ feiner ^eiftunß fein nuiß, a(s einen beiunf^ten ©(^hiß, aU einen wiffenfc^aftlic^en 33euiei§ : bemeift er baö, inaä er beiüeifen foÜ?
Ser 9Jerü biefeö ^^eiueifeS beruht einmal barauf, baf3 Q^iaQt luirb: jebeä aSec^felnbe, roie 5. ^. unfere ^IsorfteUnußen, aKöcmein: alleä ©efi^cfien muß eine Urfad^e l)ahtn, unb zweitens, biefe Urfac^e muß im legten Öruube eine äußere fein.
äBorauf berul^t eä nun, baß atteä ©efd)el;en, jebe ^l^eränbcrung eine Urfa(^c Ijaben muß? 33erfte()t fic^ biefer ©a^ üon feibft, ober berul)t er bloß auf einer @cn)öi)nung uon unferer (Seite, ober ift e§ ein innerer Snftinft, genannt Kategorie, lueld^e äßirfung unb UrfacEie aneinanbcr fniipft, ober enblic^, läßt er fic^ beioeifen? S)iefen g-ragen finb bie ''^^l)ljfiolooen in ber Siegel anögemiclen , I)aben aber eben bamit iljrent Seioeiö für bie ©inftenj ber Stußeniuelt bie ©cE)ärfe genommen. S3erul)te biefer ©a| auf bloßer ©eraöljnung ober auf einer befonberen (Sinrii^tung beö menfi^lidien ©emütä, fo liegt auf ber i^anb, baß bamit feine objeftiüe (Srfenntuiö ge= lüonnen werben fann. Gs fommt bennuu^ barauf an, §u jeigen, baß ber ©c^luß non einem @efc^el)cn auf eine Urfad)e nid^t ein unbeanißter, fonbern ein miffenfdjaftlid^ berechtigter ift. §icr erinnere man fid) nun an baö, maö oben über ein ©efdieljcn oljue Urfa^e ober — roaä baöfelbe ift — über ba§ abfohlte Sßerben gefagt unirbe (9ir. 4 — 7). 3Beil "Oa^ abfolute 2Berben äßiberfprüc^e cntljält, mit meieren baö ©ein unb ©efc^eljen nie beljaftct fein barf, fo ift ein folc^eö äßerben unmöglich, unb ein ©efc^eljen nur benfbar, menn cä auf eine llrfad)e belogen luirb. ®ie (Sileuntniö beö Si>ibcrfpru(^ö im 'ikgriff bes abfolutcn äßcrbenö fel)lt ben genannten ^sljijfiologen, um iljrem ^kiueiö für bie Giiftcn;^ ber 3tußenniclt hk not; rocnbige ©c^ärfe ju geben unb eine richtige (Sinfic^t in bie ^laufalität ju gewinnen. 9)?an benfc fic^ bie (S-rfenntniö Ijinuicg, baß ein abfoluteä SBerben uiunöglid) fei, Ijalte alfo für möglich, baß bie Seele oermöge eines fpontancn 2(fteö alle ^l^orftellungen unb formen auä ftd^ fclbft erjcugt, fo l^at man hcn ©tanbpunft ^-ic^teä; ilju gu roiberlegen, ift nödig unmöglich, ol)ne bie äiUbcrfprüc^c aufjubecfen, welche im löegriff einer urfai^lofcn 2:t)ätigfeit liegen.*)
*) übrigeng iüäre felbft mit ber Sulaffung beä abfoluten äßerbeng nid^t o^ne Weiteres bie (Srfc^einung beg SSeiüu^tfeing erilärt. S)enn, i»ic oben (Str. 9— 11) ge; jeigt ift, bertangt ber Segtiff bcg abfolutcn 5fi?erbeng ein ööHig gleichmäßiges 2;em^o beS gortfd^reiteng; um bie 9tnnal^me beg abfotuten SäJcvbeng atfo ber (Srfafjrung einigermaßen anjujjaffen, müßte man ber_©eele bag Söermögeu beilegen, unjä^lig
Äaufarität. 129
88. 3»i" anberen gibt bie (Srfenntniä ber SBibcrfprüd^c im abfohlten äßerben juglcic^ eine ©infid^t in bie Dbtiuenbigfeit beä S^aufal^ufaunnen- t)an0eä. 33ei ben mciften 9}ienf(^cn, befonberä ben löeniger ©ebilbeten, f)at bie ^anfalität fauni eim anbete Söebentnng, a(ä bie 0erool)nte jeitlic^e 3(nfeinanberfo(ge non ©reißniffen. ®a§ eine ©reigniä gilt alä SSorjeic^en beä anberen. '^n biefem Sinne l)ai aiiä) (Stuart 9)UU red^t, raenn er ben i^aufalbegriff für nic^tö anbere§ erflärt, aU für eine unnoltftänbige 3"bu!tion. (Srft W (Srfenntniö, bafe ein ©efi^efjen ofjne Urfai^e einen Sßiberfpruc^ in fid^ entpit, unb ba^ biefer nur baburd^ axii unferem Senfen tiiniöeggefi^afft wirb, raenn eine Urfad^e alö S3en)irfenbe§ (jinjugenonimen lüirb, ^eigt, ba^ bem ^aufalbcgriff nic^t aüein eine fubjeftiue 9totwenbigfcit beö Dcid^t^anberä^ fönnenä, fonbern eine objeftiue 9iotrnenbigfeit unb SlUgemeingiltigf eit §u= fommt. ^ener aßibcrfprucE) brängt fid^ aud^ luoljt bem in biefer 33ejie^ung weniger im Senfen ©eübten auf, wtnn fd^on nur in ber ?^orm eineä bunfeln @efü!)(ö, inbem eö iljm nic^t gelingt, bie fid^ unberfpred^enben ©lieber auf eine ejafte 2Seife auäeinanberjufe^en.*) ©eleitet uon biefem bunfeln triebe, fü^lt man fid^ veranlagt, eine Urf ad^e anä) ba anjimel)men, rao fonft bie äußeren Umftänbe nod^ gar nidfit auf eine fold^e tjinbeuten. Unb qUw barin liegt anä) ber ©d^ein, alö ge^e bie Slaufalität ailer ©rfaljrung uorauö, mad^e biefelbe erft möglid^, fei ein angeborener ^rieb unfereä inneren. 5)od^ mit einem fold^en bunfeln @efüt)le barf fid^ bie ejafte SBiffenfd^aft ni(|t begnügen.
89. S)er ^tneite llmftanb, welcher geljörig tnö Sid^t gefegt fein mu^, um bem ^emeife für bie Gi'iften§ einer Stu^eniuelt 33ünbigfeit §u geben, ift bie ?^rage nad^ ben inneren Urfad^en. ®enn offenbar ift eä ein ©prung, menn gefagt wirb : ha§> innere ©efd^elien beutet auf eine Urfad^e, folglich ift biefe Urfad^e in einer Stu^enmelt ju fucf)en. S)iefem ©d^luffe mürbe Ißeibni^ fein Sijftem ber rein innerlichen llrfad^en entgegenfe^en. ©ä mufe alfo erft gegeigt fein, mie oben gefi^etjen ift, "Da^ baä ©rjftem blo^ innerer Urfac^en entmeber §u einer unenbli($en 9teit)C, b. l). ju gar feinem Slnfang eineö ©efdl)el;en§, ober jum abfohlten äßerben füljrt (9tr. 5—9, 17).
biete berfc^tebenc SßorfteHungen in fid^ ju erjeuaen,- jebe nadj einem befonberen ©efe^e fid^ entfattenb unb auf anbete Jvir!fam unb bennod^ alle 3Sermögen ju einer (Bin'i^iit berbunben. greilid) ivürbe mit ber 2lnnal^me, baf; bie SBorfteQungen aufeinanber tüirften unb jirar nad^ berf(^iebenen ©efe^en, bie 2lnnal^me eine? abfoluten, al[o eines urfad^rofen SBirfeng irieber aufgegeben. 3SgI. Äramär, a. a. O. ©. 24 ff.
*) S8gr. ©prnetiuS: Über bie 33ebeutung be8 ÄaufalbegriffS in ber 9Jatur= hjiffenfd^aft. §alle, 1867. ©. 15 ff.
glügel, lie iJJrobleme ber >^ijt(oyop^ie. 9
130 SReaUSmuS bei .^erbart.
90. .^terbei ift ntd^t unbemerft jii (äffen, ba^ bie SBiberfprüd^e im abfohlten SBerben unb im (3i;ftem rein innerlicher Urfac^en nie üoüftänbig eriüogen merben fönnen, ofjne bafe man anf ben ^i^egriff beä abfolut «Seienben, alö etiuas ftreng ©infac^cn, eingeigt. 9htr auf biefe äöeife wirb ein(eud)tenb, baf3 jebeä ©efc^etjen in einer Urfai^e unb gmar in einer äusseren Urfad^e murmelt, ©o liegen aUerbings gerabe bie bornenüodften Segriffe bec 9}ietapi)t)fit näm(i($ bie be§ Seinö unb ©efd^efienä, auf bem äöege, ber allein rec^tmä^ig an^ bem ^bealiämnä jum 9iealigmu§ fü§rt. Stlö ein SSerfud^, biefen 9öeg ju gel)en, inbem man jene Segriffe beifeitc lä^t, fann ber in Siebe ftel)enbe Semeiä ber ^^l)t)fio logen bleuen, jugleic^ aber aud^ alö ein Seiueiä, baf] ein berartigeä ^erfal)ren nid)t §um ^kU fü^rt. Sie 2trt unb SBeife, mie bie Kantianer jur 2(nnal)me einer 2lu^enroelt gelangen, Ijat nur bann ÜberjeugungSfraft, menn fie in ber befproc^enen SBeife ergänzt rairb. ^-reilicf) füljrt bann ber 3Beg aud^ no^ etwaä meiter, als bie Kantianer ilju oerfolgen. Senn finb unfere 3Sor= fteEungen uon au^en beroirft, fo muffen, nac^ ber 5ßerfi$iebenl)eit ber SÖirfung IM fc^lie^en, auc^ üerfd)iebenc, alfo meljrere unb nmnnigfaltige Urfad^en üor= Rauben fein. X>iefe Urfa^en muffen in le^ter Sinie auf etmas ©eienbeö, alfo auf r)erfcE)iebene SBefen 5urüc!gefüf;rt werben. W^tnn mUiä) felbft bie 2ln= fc^auungäformen in geroiffer ^infic^t üon au^en ftammen, fo muffen bie legten abfohlten SBefen in beftimmten formalen Sejieliungen gu einanber ftelien.
91. S)iefeä ift bie 3(rt, toie ^erbart feinen 3f{ealiömuö begrünbet {)at. Sie 5leime baju hegen freihc^ auc^ bei Slant oereinjeh nor. Einmal ber rii^tige Segriff beä ©eins (9h. 14), fobann bie (Srfenntniö, ba^ eine einfalle ©ubftanj o^ne allen 9Jei'uö mit anberen uöllig unueränberlid^ fei (D^lr. 39), ferner bie ^krinerfung beö abfohlten 'li>erbenö (9Jr. 6), eubhd) bie Unterfdieibung beö "^ä) non ber ©eelenfubflanj (9h. 91). Sei ^-cft^ l)ahung biefer ^Uinfte l)ätte fic^ ein gefiederter 9iealiSmuö ergeben muffen. 2lber 5^ant mar weit entfernt, l;ierauä bie nötigen Folgerungen §u gießen. Sag gefciial) erft oon ^erbart. aJtan erinnere fi^ an ben Segriff beö Seienben alö eineä ftreng Ginfac^en unb Unoeranbcrlic^en. B^lQt i^w« bie (Srfal)rung in unferem ^ä) eine 9}teljrl)cit oon (£-mpfinbungen unb Sor^ ftellungen, wdä)c miteinanber ju einer (S-inljcit nn Seunifetfein jufammen^ gefaxt merben, fo ift baö ^^ bem bereitö (9ir. 47, 48) befpro^enen Problem ber '^uljärenj ju fubfumiercn unb nic^t anberö ju löfen, alö burc^ bie 3lnnal)me me lererer felbftänbiger äi>efen, bie mit unfever Seele in ^^ec^fehoirfung fteljen. ^^erner jeigt ]iä) im ^ä) eine bcftänbige Seränberung, inbem bie Sorftellungcn f ommen unb gelten : eö muf3 alfo aucf) baä Problem ber Seränberung (9h. 51) auf baö 3d) angewenbct unb bemnac^ gleic^fallö
SReaUSmuS bei ^erbart. 131
eine 3)lef)r{)eit üon 9?ealeu gefegt raerbcn, a\\^ beten SBedfifeliüivfnng bie 3uftünbe unb beten ^J^etönberungen im ^6) \iä) etgeben. ©o ift l^iet auf fttenö unffenfrfiaftlid^e 2Beife bie ©fiftenj üon SSefen etwtefen, bie if)tem Sein naä) unabljänöig üon unfeteni ^ntetteft finb. 5tbet man beachte n)ot)I, ha'^, um biefen ©(^lüffen 33en)eiäftaft ju geben, üott)et bie 33egtiffe beä ©einä unb be§ ©efd^eljenö etraogen fein, imb namentlich bie Segtiffe beä abfohlten @cf(^et)enä, bet tein innetlic^en Utfad^en unb einet utfptüng; liefen 3Sieli;eit in einem einfachen SBefen al§ in=fi<^-tüibeifptec^enb ab; geroiefen fein muffen.*)
aBie beteitä oben (9h. 56) f)etüotgcf)oben routbe, liegt eg eigentlich am nädiften, bie metapljijfifc^en 33ettad)tungen , meiere oom unmittelbar ©egebenen auSgeljen, fofott mit bem ^tobleme be§ ^c^ ju beginnen, roeil bie ä^orftetlungen für unä haä einzig begebene finb. 2luf biefem äöege ift auc^ §etbatt felbft gu feinem S^ealiSmuö gelangt. @ö finb jumeift Sti'icffid^ten auf bie Sefet unb bie ^equemlid^feit be§ Sßotttagö, maä einen anbeten ©ang ber Unterfu(^ung empfieljlt, namentlich im 2tnfang ben ge^ meinen 9?ealiömuä üotauääufe^en.
^Beginnt man abet mit bem '^tobleme be§ ^(f), fo ift bo(^ baö Stefultat xmb auc^ bet eigentliche @ang bet ©pehilation betfelbe. ®as 3"^ S^tgt eine 3Siel^eit in bet ©inljeit. ^ann alfo baö 3"^ fi" 9^teale§ im fttengen (Sinne fein? ©ä müßten bemnaii) l)iet bie Untetfuc^ungen übet ©ein unb ©eienbes gefü()rt roetben. ^atauö roütbe folgen, roaä bereits Sode unb 5lant l^etüoiijoben, bafe baä ^ä) felbft nic^t bie teale Seelenfubftanj ift, fonbetn ba^ baä ^ä) alä eine SSiel^eit unb ein ©efdielien einem SBefen inljäriert. 9lun erl)ebt fi(^ bie ^rage nad^ bem @ef(^e^en. 3ft baä abfolute 2Berben unb bie 9?eit;e rein innetlidier Utfac^en abgeraiefen, fo etgibt fid^, ba^ ba§ @ef(i)el)en im ^d) im legten ©tunbe butd^ äu^ete Utfaci^en betoitÜ ift. äßie finb biefe anbeten Utfad^en befd^affen? (Sie muffen l)ettü{)ten üon SBefen, auf weli^e bet ^Segtiff beä abfoluten ©ein anjuroenben ift unb Toelc^e, nai^ il)ter SBitfung ;^u fc^lie^en, unteteinanbet qualitatio üetfc^ieben fein muffen. (So tüäre nmn bei bem oon uns entraidelten 9iealiSmuS angelangt. l'Xui^ bie einzelnen ^stobleme behielten im allgemeinen if)ten bisl;etigen ©ang unb il)te Sebeutung. ©egeben finb im 3c^ geioiffe
*) Qft bieg gefd^el^en, bann ift ein (gintüanb 33er!ele^g l^infäUig: fo tuie im 3:;raume, fagt er, bem ©cifte Singe al§ icirfttc^ erf^einen, bie in 2ßal^r]^cit nid}t borl^anben finb, fo fann e§ fid^ aucf; mit ben SBorfteHungen be§ Sßadjenben tjer^alten. 3lad} ben Don unä l^erborgel^obenen ^rinjijjien aber ift aud) ein folci^er %raum nur möglid^, nad)bem bereits eine SBedifelhJirlung jiüifc^en unferer ©eele unb anberen Sßefen ftattgefunben ^at.
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132 ©eelenfrage.
Äompicf tonen oon 5?orfteIIungen. SBir f elbft aber finb roeber bic affeinige Urfadie ber SSorftcIIungen, noc^ von beren 93erHnbunöcn uiib Gruppierungen, ba§ oerbietet ber ^Segriff beä Seins. Söie finb alfo bie Urfad^en befd^affen, welche bie 3>orfteIIung beä SingeS mit meiireren SJterfnialen gur golge fjaben? j^etner, mie finb bie llrf ad^en befc^affen, von raeld^en bie 33or= ftellungen ber 3>eränberung unb ber 3Iuöbef)nung in unö erzeugt werben? 5)te 53eantiuortung biefer fragen wirb chin jene ©ebanfenbeiuegungen f)eroorrufen, bie mix im 58orfte^enbcn entioicfclt ^abcn.
Übrigeng I)at ^erbart in ben -^auptpunften ber SJcetapljijfif bie ^arftettung ber ^^robleme fo allgemein gel)alten, bafe man fie red^t tooI)1 gleich üon oorn()erein im ©inne beä ibealiftifd^en ©tanbpunfteä üerftef)en fann.
92. ?^offen mir nun jufammen, maä fic^ unä auä ber Betrachtung be§ ^M'oblemä be§ ^d^ ergeben i)at, um barauä eine einge^enbcre ßrfenntniö ber pfijc^ifd^en Grfc^einuugen ju geiuinnen. 3i'»ö(^ft ertjellt, bafe man ein felbftänbigeö äöefen alä Präger ber geiftigen 3iift^"^^ anjunelimen i)at. !Der erfte ©a^, auf meld^em biefe SInnaljme berut)t, ift ber, ba^ geiftige ,3iiftänbe nid^t 33en)eguugö5uftänbe fein !önnen (9ir. 40). 3Bie fd^on getinffe ä>orgänge, tueld^e ©egenftänbe ber organif d^en (Eliemie unb ^Ujtifiologie finb, fi^ nur fct;r gejunutgen auf blo^e 33eioegung§= §uftänbe surücEfüIjren (äffen, fo forbern gan§ unabiueiöUd^ bic pfijd^ifd^en ©rfc^einungen, aud^ bie einfac^ften, roie bie ^arben^ ober ^Tonempfinbuugen mit il)rem beftinunten tiualitatiüen 6t)arafter, bie 3Inna(;mc noö) anberer, o(S Beroegungöuorgänge, nämlid^ innerer ,3iiftänbe, mie luir fold^e oben (9h. 45) a(§ innere 9teaftionö§uftäube ber Sltome gefunben (jabeu unb mie fie Seibnij in allen 9)tonaben anualjm. 3)iefe (Srfcnntuiö fann leidet getrübt unb ber Unterfdiieb, lueld^er junfi^en äußeren unb inneren 9Jor= gangen beftel)t, leidit üerioifc^t uicrben, loenn mon fid^ üorjugöroeife mit h^n ^l^orgängen ber äufseren DJatur befd^äftigt Ijat unb fii^ baim ben inneren (Srfi^cinnngen jinuenbet. ^a begegnet eä 9{aturforf(|eru , meldte eä oorjugäroeife mit äußeren 3iiftöubcn, ©ruppierungen unb 33eiuegungö:: üertjäUniffen ber Sttome unb bereu ©ebilben §u tt)un l^aben, uic^t feiten, ba^ fie ben befonberen 6I;arafter ber geiftigen 3iiftiinbe alö innerer ^-l^or; gänge, beren loir unö beiou^t finb, übcrfctjcn. ^aö ^^^fpd^ifd^c, mic fd^on bie einfai^fte ßnipfinbung, getjört in t>a§i BereidC) beö inneren Öefi^cljeuä, uid^t beö äußeren; (e^tercs betrifft allein bie Sagen; unb BciuegungS^ üer^ältniffe ber Hörper ober ber fie fonftituicreuben Sltome. 3)aä innere ©efd^eljen l)lugegen ift eben ein 93organg in ben 9iealen (3ltomcn) felbft, loeld^er allerbingä mit ben äußeren ^.sorgängen an ben 9{calcu in Bcjieljuug ftet)t (3ir. 40). ^ebod^ läf3t fid^ bemerken , baf? bie (£-infi^t in bie Un=
©eclenfrage. 133
oergleic^barfeit ber geiftiöen 3>orgänge mit 33ciüe0un0§juftänben allgemeiner wirb unb ft($ felbft folc^eii ^-otfdiern aufbrängt, welche gleiij^raof)! nid^t bie näd^ften i^oiifequen^en aus biefer (Srfenntniö jiel;en.*)
93. ^er jraeite @a^, iüe(($er gur ^nnal)me eines felbftänbigen (Seelenmefenö fü^rt, ift ber: bie geiftigcn 3"ftänbe eines geraiffen ^"bim; buums fönnen nur 3«ft^nbe eines, nid^t mehrerer äBefen fein, ^iefe (SrfenntniS lag üieUeid^t fi^on ber alten px)t^agoreif(i)en 9)ieinung üon ber ©eele als einer .<5annonie ^^u ©runbe. 3Siel beutlic^er fpric^t fie 2lriftoteles aus, lüeld^er bemerft, roenn bie eine ^erfon ben Dberfafe eines ©i^luffes benfe, eine anbere ^^erfon ben Unterfa^, oline ba^ eine üon ber anberen unb iljrem teufen raei^, fo !ann loeber bie eine, noc^ bie anbere §u einem ©($luffe baraus fommen. Unb gerabe fo wie oerfd^iebene ^erfonen loürben fic^ oerfd^iebene felbftänbige reale 3Sefen, raenn au(| ^eile beSfelben ÖeljirnS, üerl)altcn, falls nid^t bie 3nftänbe bes einen auf bas anbere übergelieub gebai^t unirben, alfo eines ber ^Träger aller 3uftänbe wäre. Unb nod) roeit einfachere geiftige ^uftänbe raürben bei ber 2(nna|me einer S^erteilung ber geiftigen ^orgönge an oerfc^iebene SSefen unerflärlid^ bleiben, loie j. 33. bie ^Sorftellung eines Ringes mit mehreren 3)?er!malen. "i^tnn wäre etwa ein äßefen Präger ber ^on^, ein anberes Xräger ber ^^arbenempfinbungen, fo wäre es unmöglich, in einem einl)eit- liefen 2lfte färben unb Xöne als 3Kerfntale einem unb bemfelben 2)inge ju^ufd^reiben. ,,^^t\m bie (Seele, fo bemerft auc^ ^lotin, ein ®ing als ein ©anjes raal)rnel)men foll, fo muffen bie 3[ßa^rnel)mungen ber oer= fc^iebenen Sinnesorgane in ein 3ßi^trum jufammenlaufen. SBäre baS ntd^t ber ^all, fo würbe eS fo fein, als wenn mir, id) bie eine unb bu bie anbere 2Bal;rne^mung l)ätten; bann aber würbe !einer non uns bie 9Ball)rnef)mung bes ©anjen l)aben. daraus folgt, ba^ bie (Seele ein un^: teilbares (Sins ift, alfo fein Körper, unb ba^ fie unauflösbar, mithin un= fterbli($ ift.**) Dkmentlic^ würbe in ber Seibnig^äöolff'fd^en (Schule bie ©inlieit bes ^ewu^tfeins oielfacf) l)erüorgel)oben jum 33ewcife ber (Sinfac^= l)eit ber (Seele. Seibnij felbft oergleic^t bie 2tnnal;me einer 33erteilung ber ^ewuj3tfeinsjuftänbe an oerfd^iebene 2:^räger unb bie baraus fid^ ergebenbe formale ßinlieit mit ber ßinl)eit eines Sienenftodes ober einer aJJafc^ine.***)
*) 3t. f. ej;. ^^. X. 418 unb XII. 246 ff. unb ©orncliuS: mb^anbtunßcn jur 5Rotiith)iffenfc^aft unb ^fl^c^otogie. 1887. ©. 102 ff.
**) (gnneabe IV. 7, 2, 5, 6, lüobei freiließ bie ®in!^eit beS SehJufitfeinS mit bcm 2eben8j3rojef! a(§ einerlei gefegt h)irb.
***) 2KonaboIogie 17. „Übrigen§ mufi man benennen, bafe bie SSorfteHung unb baS, tüaS babon abpngt, burd^ med^anifc^e Urfad^en, b. ij. burd^ ©eftalt unb S3e;
134 2«i& "ni> ©eele.
2tu(^ biefer <Ba^; bafe f amtliche öeiftiöc ^iiftänbe eineä ^ubbibuimtö in einem einzigen unteilbaren SBefen, alö beffen Gräfte ober 3iiftänbe bci= famnten fein tnüffen, tnirb, wie eä fc^eint, immer mei;r anerfannt unb er= gibt fi(^ mit üoUer 6(^ärfe auä einer gel)örigen 33e[innung auf ben mirf= liefen geiftigen SC^atbeftanb.
94. 2Iuä biefer (Srfenntniä folgt, ba^ meber baä ©e^irn, noc^ ein ^eil beöfelben S^xäger ber geiftigen 3iiftcinbe fein fann, zUn meil alle 5Diaterie, alfo auc^ baö ©etjirn, sufammengefe^t ift auö einer a5ielt)eit ein= fac^er Sttome. 9hir ein ftreng einfaches äöefen (3ltom, 9}Jonabe) !ann Präger ber geiftigen (Srfd^einungen fein. ®agfelbe mu^ allerbingS ntit bem &d)\xn in ber innigften äßec^felmirfung fteljen, !ann aber gteic^moljl ni^t felbft eineä ber bie @el)irnmaffe bilbenben Sttome fein, fonbern, ba tl)atfä^lic^ bie in ber erften ilinbljeit gewonnenen geiftigen 3iiftflnbe nod^ im fpäten Stlter üorljanben finb, fo mufs man anneljmen, ba^ ber 2::räger ber geiftigen 58orgänge nic^t in ben beftänbigen ©toffioec^fel beä ©e^irng cingel;t.
2)iefe Betrachtungen nötigen unumgänglich jur 2tnnaf)me eineä felbft= ftänbigen ©eelenraefenö alä beö "J^rägerä ber geiftigen ©rfc^einungen.*)
tuegung unerftärtid^ ift. SKac^en ft)ir einmal bie j^iftion, eö gäbe eine SWafd^ine, beren 33au benfen, fül^Ien, öorftellen mad^e. 3)iefe 2f?a[d^ine tüirb man im t)er= gröficrten ^DJa^tabe unter Seibel^altung berfefben 3]erl;ältniffe beulen lönnen, fo ba^ man in fie "^ineingel^cn fönne, iüie in eine 'SRü^U. ®ie§ angenommen, Jüirb man bei ber innerlichen Sefid^tigung nur Steile finbcn, bie cinanber ftofeen, aUein nie etuiag, itjorauä man eine SßorfteUung erflären fönnte. j^'^'^ö'^i'^ '""^ '"ß" i^i« ^•''^^ fteHung in ber einfad^en ©ubftanj fudicn, uid}t in bem ^ufammengefe^ten ober in ber TOafd^ine. Slud^ läfit ficfi in ber einfachen ©ubfianj eben nur bie§ ftuben, näm= lid^ S)orftelIungen unb i^re 50eränberungen. 5)arin allein muffen alle inneren 2;i^ätigfeiten ber einfachen ©ubfianjen beftel^en." Unter ben 3ln!)ängern ber Setbn ig; SBoIff'fd^en ?pi^itofoJ)l^ie l^aben firf) augfül^rlid^er über biefen ^unft geäußert j. 33. XetenS: aSerfuc^ über bie menf^tic^e 5«atur. 1772. ©.182—210. §. ©. JRei^ maru§: 33on ben üornel^mften äBal^r^eiten ber natürlid;en ^Religion. 1791. 937 ff. Q. 21. §. SReimaruS: ©arftellung ber Unmöglid^Ieit bleibenber för^jerlid^er , ort: tid^cr ©cbäc^tnigeinbrütfe. 1812. ©. 45 ff. 2JJenbeI§f ol^ng 2Ber!e IL 207 ff. uf. i». ajgl. l^ierüber 33oIfmann ü. Söotfmar: Se^rbud; ber ^f^d^orogie, § 11 unb 3^- f- e£. ^^. XIV. 63 ff.
*) aSgt. D. ^lügel: S)er 2J?ateriaH§mug bom ©tanb^junlte ber atomiftifd^: med^anif(^en 3Jaturforfc^ung. Sei^jig, 1865. ©erfelbe: Sie ©eelenfrage. 1878.
©8 bebarf U^ol^I !aum ber ^emerfung, baf( man unter bem, »oa§ foebcn alS ©eclc bejeidinet hjorben ift, nid^t ein fogenannteg £cben§^vin;(iV ju bcrftel^n l^at. 9Jad^ ber toorgetragenen 3(nfid^t ift baö organifd^e Scben bebingt burd; bie unjät)Iigen fträftc ber einjelncn, ben 2eib bilbenben 2ltome unb beren ^Kombinationen, nic^t aber burd^ bie Xl^ätigfcit eineö befonbercn, felbftänbigen Sebenäprinji^Jg. ^uv 2lnnal^me
Seit unb ©eelc. 135
95. tiefes ©eeleuracfcit ift iiiimateriell, raic jebeö einfache 2Befen (3ltoin) für fi(^ genoiniucii uid)t unter beii begriff ber TOal)ruei;inbaren 9)faterie fällt, luelc^e (entere ja erft auö ber äßed)fe(Tinrfunfl einer 9}?el)rt;eit fü(d)er einfachen äBefen refultiert. 5i>or ben bie 9}Jaterie bilbenben Söefen tjat eä junäd^ft nur bies xuirnus, ba| eö uerniöge feiner befonberen Qualität
eines ©eclentrefen^ fül^rt un§ bie 3lna[l;ye lebiglid} ber :|3[t)cl^ifc^cn ®rfd;einungen, nic^t ber toitalcn, unb bemgcmä^ ift and) bie ©eele nur al§ Sirägerin ber geiftigen ©i-fd?einungen anjufel^en.
9iaerbing§ ift eine ^bentifijierung ber Seele unb be§ SebenS^rin^i^S im Drgani'3mu§ eine fcl^r alte unb ioeitüerbreitete 3)Jeinung. ®ie ionifd^en ^l^tifio; logen, ferner ^eraclit, ©ntpebocteg, bie 2ltomifer feigen alte ba§ ©eiftige jugteid^ atä ba§ ben Seib Sctebenbe an unb betrad^ten bie geiftigen ©rfd^einungen al§ eine befonbere 2(rt ber materiellen, ©ie finb 5[RateriaIiften, Wk bieg befonberö bei ©m^ebocleä unb ben 3ltomitern ^eröortritt. ©cI;on @m|)ebocIeä ^ulbigt bem ©a^e, ba^ ®teid)e§ nur bon ®teicf;em er!annt lüerben fann, unb barum muf; na^ il^m bie ©eele au§ alten üier ©tementen (3lt. 29) beftel^en , bamit fie aUeS er= fenncn fann. 3Son ben 3ttomifern lüirb bie ©eete alä ein 2tggregat bon runben {Jeueratomen gebad}t, iuetc^e luie ein feiner ©trom ben ^iJoröfen Seib überaß gteid^fam in (^orni eine§ jiceiten Seibeö burd^jie^en unb beiuegen unb fii^ burc^ 2luS = unb ©inatmen fo lange erneuern, bi§ ba§ le^tere ouf^ört. ®abei tüirb eine 3Serfd}ieben= l^eit bon Seben^rinji^ unb ©eele (©eift), Senfen unb ©m^finben augbrüdli^ berneint. S5ie ®m))finbung folt il^ren ©runb barin ^ahax, ia^ fii^ bei ber SBa^rne^mung geiriffe Silbd^en bon ben äußeren Singen ablöfen unb in bie ©eele einbringen, lueld^e ftc^ beren belüufit trirb, 3lud| ^lato unb SlriftoteleS Italien im allgemeinen nod} baran feft, bafi baö ®r!ennenbe unb ba§ 33elebenbe ein ^ßrinjip fei; l^ingegen madjt fic^ ^iev immer mel^r ein Unterfc^ieb, ja ein ©egenfa^ öon Zehin (ober ©eele) unb £eib (ober 3}Jaterie) geltenb. 3iac^ ^Uato, ber l^ier lual^rfc^einlici^ an ^^ti^a = gorag anfnü^jft, beftel^t bie ©eele aug jtvci gleiten: einem ebleren (ber SSernunft) unb einem unebleren, soeld^er hjieber in aJlut unb Segel^rung gerfällt. 2)ie aSernunft foll im Äo^fe, ber 3!J!ut in ber Sruft, bie Segel^rung im Unterleibe i^ren ©i^ l^aben. 3ugleid^ aber ift bie ©eele baö £eben§^rinji^ beg Seibeg, ja in biefer aSorauäfe^ung finbet er einen §au^)tbeiüei§ für bie Unfterblic^feit ber ©eele, ©inb ©eele unb Seben ein unb ba§felbe, fo ift eg ebenfo unmöglich, bafi bie ©eele fterben tann, al§ baf( bag ©ig brennt. Sie ©eele ift Seben, fie fann nid^t »ergel^en, ix)ie fie aud? ntc^t entftanben ift, unb barum fd^eint bie 2lnfidE)t ^lato§ bon ber ^räejiftenj ber ©eele unb ber bamit äufammenl^ängenben Seigre bon ber Sßiebererinnerung an einen frül^eren 3uftanb, ba fie bie ^been unmittelbar fd^aute, nid^t blofs m^tl;ifd^, fonbern ernftlid^ gemeint ju fein. 2)emnac^ fd^eint ber 2eib, tvie aud^ bei ben ^^tfjaQomtn, für 5ßlato nur ben 3*^«ä' f^n^^ Säuterunggmittelg für bie ©eele ju l^aben. ^laä) 2lriftoteleg finb ©rnäl^rung, ©rjeugung nid^t iveniger alg Sßal^rnel^men unb ®e; bäd)t;tig jjunftionen ber ©eele, unb im 2;obe bergänglid^. SSerfd^ieben babon ift ber vovg, aber auc^ biefer, fofern er twal^rnimmt, begel^rt, furj, bom Seiue oeeinflufit ivirb ober auf benfelben ioirft, ift mit bem Seibe fo beriuad^fen, bafi er im 2;obe beffen ©c^idfal teilt. 3lur ber vov$ TtoirjttHog alg abftralte 33ernunft, als Äraft
136 Seib unb ©eele. /
nti^t in bie öeroö^nfi(|en dieimfcfien ^tojeffe mit ben Seftanbteiten be§ ©eijitnS cingel;!. 9Kc^t a6er barum I)ctf3t bie (Seele ein inintatericüel 2Befen, lueil fie in feiner oefe^lid^ notroenbigen 33er6inbnng mit bem DrganiSmnä ftänbe, ober lueil in ber Seele felbft etumö gefd)ä()e, ma§ bein allgemeinen Haufalnei'uä enthoben wäre. ä5ielmet;r, raaä giDifcfien ;^eib
jum pd^ften ®r!ennen, iuetd^eg mit ben ©injetnen unb alfo ben ©injelinbiöibualitäten fd^Ie^tl^in nid^t§ ju t!^un l^at, ift göttlich unb unfterblic^. ®ine inbibtbuelte Unfterb: lid^feit l^ingegen für ben ©injelnen ift auggefd^Ioffen. j^i^fi'ti'^ laffcn fid^ berarttge Slnfid^ten leicht beuten, je nac^bem fie jemanb öerfte^en Wiü; e§ liegt l^ier eine Qlüix- beutigleit bor, meiere l^infidjtUd^ ber Unfterblid^!eit fet)r oft ioieberfel^rt. ©o f^rid^t j. SB. aud^ ©:|3inoja tion einer bom £eibe unabpngigen Sauer ber ©eele, obgleid^ nad^ i^m bod) bie ©eete ganj ibentifd^ mit bem £eibe ift, nur berf(^ieben angefd^aut, baö eine unter bem 33egriff be§ Senleng, ba§ anbere unter bem begriff ber 2lu§: be!^nung. 2lber auiS) abgefe^en babon leiert <S>pini>ia nod^ auäbrücEUd^, bafe bie ©eele im Sobe aüe§ SSorfteöen, ©ebäc^tniä unb infolge babon ba§ barauf berul^enbe ©etbftbenmfstfein berliert. ©ine anbere 2lnfid^t geftattet aud^ ber neuere QbeaUSmuS nid^t: nad^ il^m ift jloifc^en bem lebenbigen Seib unb ber ben!enbcn Seele lein inefent^ li(^er Unterf^ieb, fonbern ba§ eine ift nur bie anbere ©eite beS anberen, ber Seib bie 2iufierlid^!eit ber ©eele unb bie ©eele bie ^""«rlidjfeit beS Seibeö. ©arum unterliegt nothjenbig bie ©eele, föeld^e fid^ unmittelbar auf ben Seib bejiel^t ober ba§ ^räbijierenbe beöfelben ift, ber gleid^en 3'Jid^tigfett mitbiefem; ebenfo aud^ bie ©eele, fofern fie ba§ ^rin^i^ be§ SSerftanbeS ift, toeil aud^ biefer fid^ unmittelbar burd; bie erfte auf ba§ ©nblid^e bejie^t ; ba§ iwa^re Sln^fid) ober Sßefen ber btofi erfd^einenben ©eele ift bie Qbee ober ber eirige Segriff bon i^r, ber in ©Ott, unb belc^er, il^r bereinigt, ba§ ^rinji^) ber einigen (SrfenntniS ift: bafi nun biefeS eioig ift, ift fogar nur ein ibentifdjer ©a^; ba8 äeittid;e Safein änbert in bem SJorbilbe nid^t§, unb tbie e§ nid^t realer föirb baburd^, ba^ ba§ il^m entfjjredjenbe Gnblid^e ejiftiert, fo !ann e§ aud^ burd^ bie SScrnid^tung beöfelben ni^t ioeniger real ioerben ober auf: l^ören, real ju fein (©d^elling). 2)er Segriff felbft ift unfterblid^, aber baS in feiner 2;eilung au§ i^m §erau§tretenbe ift ber SJeränberung unb bem 3tüdfgange in feine allgemeine Statur unterloorfen (.t>egel). Unb bie aJJenf d^en feilten bie einjige ©elegenl^eit ergreifen, bie il^nen ber Sob bietet, um über bie ©c^ranfen ber «ßerfönlt(^feit l^inaug ju fommen (©d^leierm ad; er), ^^reilic^ täfst bie ^^^^ei^eutig: leit im SluäbrudE für folc^e, lodere bem 2;beali§mu§ nic^t bi§ auf ben ©runb ju fe^en bermögen, bie SKiJglid^leit ju, bon einer Unfterblid)!eit ber ©eele |u reben, ja eine Unfterbli^feit ber einzelnen ^erfonen ju bel;au|)ten, fofern \a bie abfolute Qbec fic^ immer in beftimmten ^erfonen geiftigeä Safein gibt; aber nid;t biefelben ^erfonen bauern, fonbern immer anbere, neue treten an beren ©teUe. ^n biefer Sejiebung ift eS ein 33orjug be§ QbealigmuS ©d^ojjeni^auerä unb ber fogenannten S"n9 = l^egelianer, ba^ fie jene 3ti^£i^f"tigfeiten berfclfmä^en unb bie 33ernid^tung beä Snbibibuumä rüdE^altloS leieren. ©. D. giügel: Sie f))e!ulatibe Sil^eologre ber ©egenioart. 18H1 unb 1888. ©. 68 ff.
Sie 3ii'«>^tifijierung be§ materiellen £eben§ mit ber ©eele ift aber nid^t allein bem bejeid^neten meta^l^t)fifd^cn ^ibealiämuS eigen, fonbern ift ebenfo bie ^errfc^enbe
3)a8 ©efd^el^en in bcr ©ecle. 137
unb ©eele*) ober in biefer felbft**) uorgeljt, trägt bcn beftimmten (Stiarafter ber 9Zotit)eubigt"eit unb @efe|(i(f)feit lüte alle übrigen (Srfc^einungen ber 9ktur.
96. ®aö @ef($ef)cn in ber (Seele bietet im allgemeinen ni($t me^r ©(^lüierigfeit olä baö @ef(^et)en in irgenb einem anberen einfachen äßefcn. Renten wir imä ein äBefen A in a^erbinbnng mit B, C, D u. f. w., fo t;at jebeä biefer 9Befen, alfo auc^ A, eine a)iet)r()eit von -Heaftionä; juftänben, jroifc^en racl(^en eine qualitatiüe l^erf(!)iebenf)ett befte()t, fattä eine foli^e unter ben äBefen B, C, D u. f. m. oorljanben ift. §ätte eine fotc^e ni(^t ftatt, mären alfo B, C, D qualitatio einanber glei(^, fo auc^ bie 3iifti^iibe, raeli^e A in äßec^felmirfung mit B, C, D geroinnt. S)iefe inneren 3iiftönbe fönnten nic^t üon einanber unterf Rieben werben, wenn fonft nlc^tö ^insufäme. Dualitatio gleiche ^wftänbe uerfd^mel^en ju einem ungeteilten 2l!te oon gröfserer ^"Icnfität. ©efe^t aber, B, C, D finb üon üerf(^iebener Qualität, fo muffen auä) bie ^nftänbe, melcfie A au§ ber 2öec^felmirfung mit it)nen gerainnt, oon nerfi^iebener Qualität fein, inbem fi(^ ber ©egenfa^ gmifc^en B, C, D in hin huxä) fie in A berairften ^u-
2lnfid^t be§ Sßaterialigmuä. 2lud^ tl^m gelten bie geiftigen (Srfc^einungen nur für getüiffe 2eben§erfd)einuugen. Unb ba nun ber 3}JateriaIiämu§ bie 2(nnal^me eine^ befonberen öeben§^rinji^§ au^er ben 2ltomen mit 3led}t aufgegeben l^at, fo finb il^m bie getftigen Vorgänge notlüenbig materielle guftänbe (33elt)egung§=®rfc^einungen) ober i^unfttonen be§ materiellen ®ef)irnei. ^n feiner öeftreitung ber Slnnol^me eineS ©eelenloefen§ ^jftegt er freiließ irre ju ge^en, ba er meint, bie 2lrgumente gegen eine befonbere Sebenäfraft träfen jugleid^ bie 2lnna!^me eine§ befonberen Srägerä ber geiftigen ©rfd^einungen. Sie SSorauäfe^ungen ber ©eele unb ber Sebenfraft ftel^en unb fatten feiner 9}?einung nad^ mit einanber. S)iefe§ ift jebod^ !eine§lüegö ber '^aü. 9Bir ftimmen bem 3[)Jateriali§mu§ öoüfommen ju in feiner Volenti! gegen ein be: fonbereä Seben^^rinji^, l^ingegen nötigt eine forgfättige Slnat^fe ber getftigen ®r= fc^einungen baju, biefe nict)t al§ materielle ober 58elrtegungöborgänge, fonbern alä innere 3uftänbe anjufe^en, bie in 3iücffid)t eine§ jcben QnbiöibuumS ein SBefen afg S^räger erforbern, ivetcfieg mit bem Seibc in ber innigften SQäed^fetiütrfung fielet. Unter ben alten ^^ibfojj^en lüar eSSlnajagorag, bei twelc^eni fi(^ juerft eine Sd^eibung be§ ©eiftigen öon bem SDiaterielten finbet; unb bod^ tcarb ber einmal ges fe^te Unterfc^ieb ivieber üertnifd^t, inbem alle Äraft (alfo aud^ bie materielle) auf ©eiten be§ rovg geftellt ioarb.
*) 3Sgt. ®. ©. SorneliuS: Über bie SBed^feHüirlung jtrifc^en 8eib unb ©eete. Jeaüe, 1871. ©. auc^ 3t. f. ej. «ß^. IV. 97.
**) 0egen ben ißerfud; ©d^ leibend, nad^jutoeifen, bafi bie ©eelentl^ätigfeit beftimmten ©efe^en nidjt untertvorfen fei f. ßorneliuS: 3"^^ X^eorie be§ ©el^enS k. in 3t. f. ej. ^^. III. l.
138 2)a§ (Sejd^el^en in bcr ©eele.
ftänben (b, c, d) !unb0t6t.*) ©tefe Buftänbe b, c, d alä ^iiftänbe eines iinteilboren äßefeuö fönncn uumößUc^ of'^i<i)öiltiö ^^d''^^^ eiiiauber bet)arren, foitbcrn merbeii \\ö) teils i)cmmcu, tei(ö mit einanber üerbinben. Sctrac^ten wir bcifpielöiüeife bic 3ii[täube b unb c. 2)a fie Ijerviitjren uon beii beiben im !oiittäten ©cöenfa^e ftetjeuben SBefen B unb C, fo luerben anä) b unb c einanber fonträr entgegenöefe^t fein ; ein ^wftanb wirb aifo bcm anberen ©leic^es unb (^ntgeoengefe^tcs barbieten. Saö ©leiere in beiben ^iiftänben foHte unmittelbar gu einem ni(^t unterfc^eibbaren 3l!te üerfc^meljen; biefeä ©leic^e aber ift nic^t ju trennen von bem ©ntgeöcnöefe^ten. SBieberum fottte baä (Sntgeöenöe)e^te einanber auftjeben, eä ift aber nicfit abtrennbar oon bem ©leid^en. <Bo ift I)ier ein ^onflüt jiuifc^en b unb c üor^anben, in welchem jeber ber beiben ^iiftönbe bes anberen in einem 2tfte angreift unb itjm miberftrebt unb fo fid) in feiner befonberen qualitatiuen 33efd)affen= ll)eit beiiauptet. ^nbcm jeber B^ift^"^ '^'^" anberen angreift unb if)m ^n- gleid^ miberftrebt, mad)t fi(j^ jeber alö eine .^iraft geltenb. Seibe 3«ftänbe werben fic^ auf ©runb beä befteljenben ©egenfa^es gegenfeitig biö §u einem geroiffen 9}ia^e f)emmen unb baburc^ an freier äßirffamfeit oerlieren. S)a inbes jeber 3wft<itt^ ^^^ i^^'" ^^^^^ ^^" ©egenfa^ auferlegten Hemmung
*) ©id^erlii^ mufi bte quaütatitie Sefd^affen'^eit ber inneren 5Rea!tton§i(uftänbe eineö Sßefeng A abl^ängig fein, foinol;! üon feiner eigenen urfprünglic^en Üualität al§ aud) öon ben iQualitäten bcr anberen SBefen, gegen Jüeld^e e§ in 3iea!tion Be= griffen ift. ©o finb bie inneren 3"ftänbe b, c, d, inetc^e A in SBec^feltoirfung mit
B, C, D getrinnt, aUe c^aralterifiert burd) bie urf^jrünglid^e DuaUtät bc€ A, aber aud^ burd^ bie Dualitäten Don B, C, D. A lüirb toon B anber§ al§ bon C ober D erregt, jur 3;ptigleit beftimmt werben. Senn man f^alte feft, bafi ja A Jeine ur= f^rünglid^e Äraft l^at, meldte e§ in ßleid}er Si'eife gegen B, C, D !e!^ren fijnnte, fonbern A Jüirb erft jur Äraft beftimmt burc^ B, C, D ; unb biefe§ Seftimmt-iuerben Jüirb eben d;arafterifiert teil§ burd; bie Qualität bcffen, iueldjeä reagiert, teit§ beffen, gegen tt?eld)e§ bie SReaftion geridjtet ift. 3)al;er muffen benn auc^ bie 3flea!tionen Don A gegen B, C, D in beftimmter Sßeife Derfd^ieben fein (5ir. 46), faHä jhjifd^en B,
C, D gemiffe qualitatibe ©egenfä^e befte^en (3t. f. ej:. ■^^. XII. 248). Übrigens ift bei etniaigen Sd^mierigfeiten, meldje man in betreff ber Äaufalität jmifd^en ben qualitatib üerfc^iebenen SBefen finben lönnte, bod^ bie 9)?annigfaltigfeit qualitatib innerer 3"fiÄnbe in ber einfad^en, einem beftimmten QnbiDibuum jugel^örigen ©eele alö^a'ft"»" feftju^alten, meld^e§ aud^ Seibnij ouSbrüdlid^ betont (9Jr. 17). Senn qualitativ Derfc^iebene innere, geiftige guftänbe finb un§ t^atfäd^lid^ gegeben, fold^er finb itnr un§ bemüht. Siefe 3uftänbe aber bürfcn bejüglid^ eineä QnbiDibuumä nic^t an berfd^iebene Sßefen öerteilt gebadet irerben (iWr. 92), fonbern finb bie 3"= ftänbe eineä 2ßefen€. 2tuc^ barf bicfe SJannigfaltigfeit nid)t al§ ein urf^srüngli^cä SBefi^tum ber betreffenben ©eele angefefien toerben, fonbern eben nur alS ^olge eines Äaufalberl^ältniffeS jiDifc^en ber ©eele unb anberen äBefen üon berfd^iebener Dualität.
Xai ©efd^el^cn in ber ©eele. 139
lütberftrebt unb por umfoiue()r, je nrö^er feine ur[prünöti^e 3"tenfität ift, fo ftrebt er a\i^, foiueit er geljemmt tft, fic^ nou ber ^einimuig ju befreien. 3)iefeä Streben luirb (Srfolß (jaben, alfo ber betreffenbe B^ift^nb mirb an freier äßirffamfeit gewinnen in beni 93iaf5e, alä bie ^enminng, rodä)t er non beni anberen erfäljrt, burc^ eine ftär!ere Hemmung chtn biefeä anberen infolge beä ^injntrittö eineä ober nie()rcrer neuen 3wftcinbe üenninbcrt wirb. Sie inneren 3i'ftänbe enblic^, fofern fie ber Hemmung nic^t unterliegen, muffen fid^ alö 3tfte eineö unb beöfetben Jßefens mit einanbcr oerbinben. Stuf biefen inneren 3iiftii"ben unb beren äßed^fel^ nntfung beruf)t nun im (e^ten ©runbe olle £raft, namentlich anö) bie organif(^e*) unb bie geiftige.
97. 3Bir fe^en je^t an bie ©teile beä A ein ©eelenmefen, b. l). ein einfaches äßefen, loelc^eö feiner urfprünglic^en Dualität na^ fefjr oerfd^ieben üon h^n übrigen, ben Seib bilbenben «Stoffen fein mag unb eben barum nid^t in bie geuiötjuUc^en d^emifc^en ^l^erbinbungen eingeljt, fonbern beljarrt, niä()renb bie anberen Stoffe !ommen unb gef)en. 2ln bie Stelle non B, C, D u. f. ro. fe^en wir bie ben Crganiönuiä, sunäd^ft bie bas ©e^irn bilbenben SBefen. ®a§ Seelenroefen i)at alfo t)or ben anberen SSefen breierlei uorauä. (Sinmal bie unterf(^eibenbe Qualität, luie \a überhaupt gwifd^en ben (e^ten reoten 9Befen oerfiiiiebene qualitatioe ©egenfä^c an- §unef)men finb. 3^t'ßitenö, ba bie qualitatioe ^efd^affenbeit ber inneren 3uftänbe eineö SBefenö ab()ängig ift nic^t allein non ber Oualität ber= jenigen äßefen, mit meldten eö in STsei^felioirfung ftefjt, fonbern ebenfofe{)r üon ber eigenen Dualität beä betreffenben ^iBefenö felbft, fo muffen aud^ bie inneren 3itftfi"be ber Seele in qualitatioer ^infic^t abioeidicn uon benen ber anberen 3Befen, burd^ melcfje itjre 3i'ftö"^ß bebingt finb. Srittenä fommt ber Seele eine jentrale Stellung im Seibe ^u, uermöge beren fie in einer befonberen 2lrt oon Sßed^feliuirfung mit ben Organen beä £eibe§ ftel;t.**)
*) ©. 6orneIiu§: SDaä ©ebäd^tniä eine ©igenfd^aft ber aUaterie, in 3t. f. ej. «ßl^. XIV. 129.
**) aSon einem Sualiämu€ im gelpöl^nlid^en ©inne ift ballet l^ier feine Stebe. ©er '3:uati§mu§ (f. barüber S^olfmann: ^ßj^d^orogie. ©öt^en, 1875. I. 134 ff.) fteigert bie 3]erf(^ieben^eit bon 2eib unb ©eele ju einem abfoluten ©egenfa^ toon ber SIrt, bafi eine SBedjfetnnrfung jlxnfc^en beiben unbenibar ift. Un§ ift bie ©eele ein einfad)e§ SBefen, tüie jebeg anbere 2ltom, fie befi^t feine urfprünglid^e lUanntgfaltig: feit bon inneren ßwftänben, fonbern geiuinnt biefe erft burd; il^re aßec^felmirfung mit anberen 2Uomcn. Sie SD3ed;feÜinrfung jiüifc^en Seib unb ©eele ift bemnad^ im allgemeinen benfelben ©efe^en unteriuorfen, tüie bie Sffied^feliüirfung jrtJifci^en irgenb icelc^en anberen 2ltomen. S)ie ©egenfä^e alfo, beren fic^ ber 2)ualigmuä jur S8e;
140 Hemmung.
98. Snfolöe biefer 9Bc($fe(unrfitng imif? fic^ in ber ©eele eine gtofee 2)?enge oon inneren ,3«ftänbcn befinben, ^lüifc^en meldten aiiä) mancherlei ©egenfä^e beftet)en werben, bai)er eö anc^ unter biefen Ibnftänben ber (Seele an ntan^erlei ^enintungen unb gegenfeitiöen Sinbungcn nid^t fef)[en fann. 3(uö bcm anfänglich c^aotifc^en @enienge uon inneren 3^iftfiiiben, mcld^es in öer Seele üerntöge il;rer SBec^felunrfnng mit bem 0el)irne be= fteljt, werben nun burc^ bie äuJBercn (E'iniuirfungcn uermittclö ber ©innes= Organe gewiffe 3uftänbe auögelöft, b. l;. nor anberen befonberö biä gu einem geiüiffen ©rabe ber i^larljeit l)eriiorgel)oben. 2)iefe fo von au^en l)er er= mcdten 3iM'tänbe (SinneSempfinbungen) muffen \iä) untereinanber in ber oben im allgemeinen angegebenen Sßeife teilö l)emmen, teilä ju größeren ober fleineren ©rnppen uerbinben.*)
®er Hemmung wirb l^ier in 2tnfel;ung non ©mpfinbungen , bejm. ©mpfinbungänorftellungen eine SSerminberung be§ ^larljeitägrabeö, ein 3Serbunfelt= ober 'l^ergeffen ; werben entfpredlien. Sie SBiebererwednng (9teprobu!tion) uerbunfelter ober yergeffener ©eelen^uftänbe, fowie im
jeid^nung ber Sßerfd^iebenl^eit t)on Seib unb ©eele bebient, j. S. einfad^ unb jufammeni gefegt, überfinnltd^ unb finnlid^, unbebingt unb bebingt u. f. \v. I^aben tei(§ feine, tettS nur eine relatiöe Sebeutung, benn, une fd^on bemerlt, bie ©eele i[t, iüie iebeS anbere 2ltom einf ad^, ber £eib juf ammengef e^t, ein 2lggregat au§ einfad^en 2ltomcn; überfinnlid^ ift bie ©eete, iüie jebcS anbere 2ltom, fofern fie aI8 ein einfad^eS Sßefen nic^t ®egen[tanb unmittelbarer SBal^rnefjmung fein fann; unbebingt ift bie ©eele, toxi jebeS anbere Sltom bem ©ein nad^, bebingt, J»ie jebeS anbere Sltom, l^infid^tlid^ be§ SBirfenS.
*) 2)a fic^ alte unfere ®r!enntni8 ber Slu^enluelt allein auf bie ©inneSs njal^rnel^mungen grünbet, fo leud^tet ein, baf( tuir niematä bie Singe; an :fid^, ober ba8 eigentlid^e Sßefen, bie Qualität ber 3)inge bur^fd^auen fönnen. Unfere ©rfenntniS ber 2lu|enn)elt ift immer nur eine relatiöe, genionnen au8 ber 5Helation ber I)inge ju unferen ©innegorganen unb biefer ju unferer ©eele. 2ßa§ un5 jum $8emu^tfein lommt, trag nur nial^rnel^men, finb nicbt bie Qualitäten ber realen SDSefen aufser un§, nodC) bie Dualität ber ©eelenfubftanj als fold^er, nod; bag SBer^alten biefer 2Befen ju einanber, fonbern (ebiglicf; bie inneren 3"ftänbe, bie mir ©m^finbungcn nennen unb meldie aui ber burd; bie Sinnesorgane bermitteften Sßec^felmirfung ber ©eele mit ben 2{ufeenbingen refultieren. 2)iefe ©m^finbung§gualitäten finb ber einjige 3;nl^att unfereä 2Biffen€ im ^fi;c^oIogifc^en ©inne, aber üon einem Slbgebilbet^merben ber SBefd^affen^eit ber äufieren Sßelt burd^ bie (Smpfinbungen fann feine SRebe fein. Salier ^elml^ol^ mit 3ied;t fagt: bie ©inneöem^jfinbungen finb nur ©bmbote für bie ©egenftänbc ber 2lu|enh)elt unb entf^red^en biefen ettoa fo, Une ber ©d^riftjug unb 5ffiort(aut bem baburd^ bezeichneten S)inge. ©ie geben unS jiüar 91ad;rid^t bon ben ©igentümtid^feiten ber 3lufieniüett, aber nid^t beffer, alS mir einem 23Iinben burd^ Sßortbefdjreibungen bon ber '^athi geben. 2lu8fül^r[ic^er f. barüber ^erbart IV. 311 ff. unb auc^ 3t. f. ef. ^1^. X. 266.
SletJtobuftion. 141
Tueiteren alle Grfd^eimingcn beö ©ebäc^tniffeä finben t{;re Grflärnng im ^Sef;arren unb SBiberftreben jcbeö ©eetensuftanbeö gegen bie ii)m üon anberen unberfdjrenc Hemmung, .^ebe einfache ^^orfteKuug fu(^t fic^ aii folc^e im iloufUfte mit entgegcnfteljcnben anbeten ju befjanpten, roiberftrebt ber ^emnning, inbenx fie berfelben nachgibt, fo "oa^ bie buri^ bie Hemmung J^erbeigefiUjvte Öebnnbenljeit jugteid^ uerfnüpft ift mit bem Stnfftreben p freier älUrff amf eit, wie fie otjne Hemmung norlianben fein würbe. «So fteigt alfo bie getjemmte ä>orfteIInng uermöge itjrec eigenen ©pannfraft ^u einem f)öi)eren illarlieitögrabe empor, roenn bie ^^ift^'^'^ß/ meldte ii;re Hemmung (33erbnnfehing) beiinrfen, nnn ifjrerfeitä burc^ anbere ftärfer in 2Infprnc^ genonnnen nnb felbft bejügüc^ iijrer freien 3Bir!famfeit ge= Ijemmt (gebnnben) werben, ©ewinnt alfo eine einfache ä>orfteEung infoige it)rer eigenen Straft, womit fie and^ im üöttig gebnnbcnen, geljcmmten ^u- ftanbe aU üerbnnfelte gegen bie ^emmnng anfftrebt, bei ^erminbevnng ber (enteren, einen Ijöf^eren Stanb im Sewnfetfein, einen ^öljeren .tiarijeitögrab, fo Ijat man Ijier bie nnmitteibare 9ieprobn!tion. ®ie mittelbare 9teprobnftion berul)t anf ber ^erbinbnng ber ^i>orftettnngen nntereinanber. 2)ie ^l^orftellnngen aii ^iift'inbe eineö nngeteilten SBefenä tnüffen fic^ not; wenbig anf beftimmte äöeife mit einanber uerbinben. ®ieö gilt awä) non entgegengefe^ten ^^orfteUnngen, foweit fie uon ber Hemmung üerfct)ont bleiben. Onalitatio gleiche ^i^ftönbe üerfi^meljen ju einetn einzigen Qxu ftanbe; entgegengefe^te ^emmen fic^ je naä) il)ren (Begenfa^graben nnb Sntenfitätäuerljältniffen me^r ober loeniger imb nerbinben fid^ naä) ä)h^= gäbe ber il)nen bei ber ^emnuing übrig gebliebenen freien SBirffamfeit. (Soweit mm eine S^orftellnng mit einer anberen üerbnnben ift, foweit fnc^t fie anc^, wenn fie nad^ eingetretener 'l>erbnn!elnng wiebererwecEt wirb, bie anbere mit it)r oerbnnbene inä Öewnfetfein empor^näieljen. S)ie tnittelbare 9teprobn!tion betrifft nnn eben alle gälte, wo eine ä^orftettnng ober ^ox- ftellnngSgrnppe bnrc^ eine ober meljrere mit iljr uerfnüpftcn üon ber Hemmung befreit wirb nnb bantit einen gewiffen @rab ber 5llarl)eit gewinnt.*)
Über bie weiteren folgen ber äßed^felwirfnng ber ^l^orftellungen nnter; einanber mijgen je^t noc^ einige 3Inbentnngen gegeben werben, welche für bie ©efcljii^te ber ^^Ujilofopliie befonberä wicl)tig finb. 3Bir red^nen ^iei'l)er namentlich bie ^ilbnng ber ^öegriffe, bie ß3efül;le nnb 33egel;rnngen, nnb baä Selbftbewn|3tfein ober baä ^ä).
*) Sejüglid^ berfc^iebener ©inlüenbungen unb beten (Sriäuterungen f. 3t- !• «j. ^^. VIII. 150 ff., IX. 276 u. 390, XV. 307 f.
142 SlUgemeine 33egriffe.
99. ®ie $8i(buno ber 93cöriffe ift eine unmittelbare ^olge ber gegen^ fettigen SSexlnnbung nnb ."oemmung ber ^orfteüungen untereinanbex. Sterben §u yerfdjiebenen Reiten bie ^^orfteUungägruppen ab, ac, ad, ae u. f. ro. gegeben, fo tuirb ftetö bie ^l^orftellung a uerftärft, inbeni [id^ bie a au§ ben nerfd)iebeuen ©nippen §u einer 3?or[telIung oereinigen, mnljrenb b,, c, (1, e alä nief)r ober weniger einanber entgegengefe^te ^Borfteüungen fic^ gegenfeitig t)ennnen unb foniit uerbunfehi. So wirb a attmätjlic^ infolge ber Hemmung ber b, c, d, e untereinanber eine l)erüorragenbe Stellung im Seiüu^tfein geroinnen. ^ie§ ift baö einfad)fte ©d^ema fi'ir bie (BwU fteljung forool)l ber inbiüibnellen aU ber abftraüen 33egriffe.*) ®aä Slinb fielet ben 3Sater fi^enb, liegenb, ftetjenb, gel)enb, rebenb, fd^ioeigenb, freunb= lic^, ernft, in mannigfaltigen idleibungen u. f. to.; bie nerfi^iebenen (Situationen, in meieren biefelbe ''^erfon erblicft loirb, ()emmen fid^ attmä^lid^ gegenfeitig, unb uiaä jurücfbleibt alä ©efamteinbrud, alö 2:otalyorftelIung, ift ber Segriff, luelc^er ^eroortritt, fobalb ber 3.^ater erroartet ober fein 9]ame genannt loirb. Dber eä bieten fid) bem 3Inbli(i nai^einanber ober 5U gleicher >\tit ^unbe oon uerfc^iebenen 2(rten bar, fo wirb baö @emein= fame, baä 2il)nlic^e biefer 2lnf(^auungen ol)ne roeiteres §u einem ^otalaft oerfc^meljen; baö ^^erfc^iebene, luoburc^ bie einzelnen ^unbe fic^ uon ein; anber unterfd^eibcn , luirb fic^ Ijemnien, unb eö bilbet fid) baö SlUgemein^ bilb beö ^unbeö. So beruljt junädift auf ber ^Berfc^meljung beö ©emein= famen unb ber gegenfeitigen Hemmung beö (Sntgegengefe^ten bie 33itbung ber logif(^en 33egriffe. Xiie Hemmung unter ben einanber entgegengefe^ten 9)cerfmalen ift übrigenö niemalö eine noHftänbige, baö ©efamtbilb tritt üielmeljr balb mit biefem, balb mit einent anberen befonberen 93terfmal, balb mit bem bunfeln (Sefamteinbrucf aller uerbunben in baö 33eiinif3tfein. 2tu|erbem aber mirb and) baö ©emeinfame alö mit bem 33efonbcren oer; fnüpft mit in bie .^emmung (jineingejogen, bel)ä(t jeboc^ burc^ bie ^er= binbung ber jaljlreid^en 3>orfte(iungen äljulid^en l^ntjaltö baö Übergemidit über bie Hemmung. 5)ie ^^olge bauon ift, ha^ bie loglfd^en Segriffe in 3Birflid)feit nienmlö fertige, abgefd)loffcne ^^sorfteUungen finb (9h. 78), fonbern mel)r ^orberungen an baö 3^cnfcn, logifd)e ^beale, metdfie, je Ijöljer bie 3{bftraftion getrieben inirb, bem 3)cnfen umfomet)r ^mawQ auferlegen. (S'ublic^ beachte man, bafe baö Streben ber ^i^orftellungen jum 2(llgemeinen
*) J)a8 gaftum, ba§ bcfonbere Gm^jfinbnngen in 2tagemeinbegriffc jufammen: gefafit lüerben, unb biefe fic^ au§ jenen bilben, befunbet inicberum bie (Sinl^eit beS SBetuufetfeinö, unb forbert, ba^ aße SJorftcHungen in einem SBejcn beifammen finb (5«r. 94).
SlUgemeine Segriffe unb baS ©ein. 143
üermöge ber unoermeiblic^en Hemmung unter entgcgeuöefe^ten ein not= juenbiöeä, untuidfürlidieä unb meift unbeiuu^teä ©reigntö ift.
©0 rauTjelt bte (^iitfteljung ber affgemeinen Segriffe ganj unb gar in ben einjehien ^l^orfteffungen, gleid^mo!)! tann man ben Stffgemeinbegriff a(ö folc^en üon jebem einsetnen (bliebe ber ©ruppe, auö uietc^er er fic^ gebilbet ijat, feljr luot)! unterfi^eiben.
100. 2tn biefe ^Isorgänge tjaben fid^ nun uiele unb jmar feljr oer; ^ängniönoüe ntetapt)i;ftfcE)e unb pftjc^otogifc^e l^rrtümer angefc[)Ioffen. 33Uc!en roir 5unäd)ft auf bie erfteren.
a) ©egenüber ben raecf)fe(nben, unftäten 3]orftelIungen, bie mit äöefent^ liebem unb Unroefentlic^cm uerbunben in baö Seunif5tiein treten, eignet bem 33egriff ber (Ef)arafter ber 9tut)e, beö (Sii^^gleii^bleibenö unb '^oU uienbigen. ®iefe le^teren ^räbifate Ijat ber Segriff mit bem Seienben gemein (9ir. 13, 14). gür ein raeniger genaueä 2)enfen befommt er ba^ burc^ eine geroiffe Serraanbtfc^aft mit bem Seienben, meld^em bie logifci^en Segriffe näijer ju ftel)en frficinen, alä bie empirifc^en SSorfteffungen.
b) Sogif(^ betrad^tet ift jeber Segriff eraig unb nur einmal ;)orf)anben. SSie Diel 9)?enf(^en aiiä) ben Segriff beä Ereifeö benfen mögen, ber Segriff ift in äffen unb ju jeber 3cit berfetbe; felbft wenn jemanb biefen . Segriff falfc^ auffaj3t unb alöbann fein 3)enfen berichtigt, ift boc^ nid^t ber objcftue Segriff beö ilreifes, fonbern nur beffen fubjeftiue Sluffaffung bericE)tigt roorben. Ser Segriff fetbft, alä folc^er gebac^t, ift eiüig unb innner ber= fe(be. Xa§i fc^ien it)n abermals in eine geuüffe 9Ml)e ju bem ewig fic^ gleid^bleibenben Seienben p rürfen. (So fann eö nid^t befremben, bafe ^lato bie logifd^en Segriffe gerabe^u als baö Seienbe betrad^tete (9lr. 27), unb ba^ ber neuere :3bealiSmuö üon einer S^^entität beä ©eins unb ^enfens fprad^.
c) Son je mel)r befonberen 9}ter!maten man abftral)iert , um fo äff; gemeiner unb um fo einfai^er roerben bie Segriffe. ®ie Ijöclifte Slbftraftion Tüirb ^ule^t gar feinen ober bo(^ nur einen feljr unbeftimmten ^i^l^alt l)aben, tüie ben beö „t^twaö'". Slljute man nun, baj3 auc^ bas abfolut Seienbe einfad^ fein muffe, fo lag eä nalje, in bem abftrafteften einfad^ften Segriffe beä ©tioaö ober ber !^3nbifferenj, baä abfolut Seienbe, baö ens realissimum p fetien (9fir. 16).
d) 3e^t begreift man aud^, wie fid^ l;ier ber 9)?oniamuä notiuenbig einfteffen mu^. Sogifi^ betrad^tet faffcn 5roei abfolut gleiche Segriffe §11= fammen; baä l)ei^t eigcntlid^, luie oft ein Segriff aud^ in 2Bir!lid^!eit ge; bacl)t werben mag, immer ift es boc^ ber nämlid^e Segriff. 2Iber ber ©pinojjismus beutete bies als einen Seuieis für bie ©injigfeit bes
144 3lIIgemeine begriffe unb ba§ ©ein.
Qbfohit ©eienben. S)iefe§ als bie f)öc^fte 3Ibftraftion, raeli^e alles 58e= fonbeve in fi($ entl)ä(t, tann nur einmat üorljanben fein, märe noc^ ein jiueites ober britteä folc^eö 3Befen au^er bem erften öor^anben, fo wäre jenes ni^t bas tjöc^ftc, b. l). bie ^öc^fte aUgemeinfte 3(bftvaftion. hierin rourjelt ber Sa^: determinatio est negatio (9h. 20).
e) S« 2Baf)rf)eit (;at fi($ guiat ber allgemeine Segriff erft aus hzn befonberen ^sorftellungen gebilbet, ift er aber einmal Dorljanben, bann fc^eint er oon ben befonberen nnabljängig unb felbftänbig ju fein; liingegen fc^einen biefe in einem 2(bljängigfeitsr)crl)ältnis ^u bem allgemeinen ju ftel)en, benn ber allgemeine 33egriff ift wol)l in ben befonberen, biefe aber finb nid^t in jenem ju finben. 3Bar man nun einmal im Buß^/ "^^^ logifc^en 9]erl)ältniffe unter ben 33cgriffen oljue weiteres auf baS (Seienbe §u über= tragen, fo glaubte man in ber fd^einbarcn 3Ibl)ängig!eit ber befonberen Segriffe oon ben allgemeinen unb in ber fij^einbaren ©elbftänbig!eit ber legieren ben ridjtigen Segriff ber Äaufalität ju l)aben, als ob baS Sefonbere eine SBirfung bes Slllgemeinen fei.
§ier l)at man bie ©runbjüge eines jeben 50ioniSmuS, namentli^ bes logifd^en ^antl;eismus eines ^ lotin, «Spinoza unb ^egel beifammen. 3e allgemeiner, um fo näljer bem abfoluten ©ein ; je Ijöljer bie SlbftraHtion getrieben mirb, um fo me^r ücrcinfac^en fic^ bie Segriffe. 1)k l)ö(^fte 2tbftra!tion ift ber einfac^fte Segriff (i^i^bifferen^), ift baS ens realissimum, nur einmal uorljanbcn unb bie alleinige Urfac^e alles Sefonberen.
101. }^ixmx fnüpfen fiel) an baS i^erljöltnis ber allgemeinen §u ben befonberen Segriffen gemiffe bebeutfame pfi)($ologif($e Irrtümer. !Die rol;en 3lllgemeinbcgriffe als ©efamteinbrücfe äuf^erer ®inge bilben fid^, mic bereits gefagt, infolge ber Hemmung beS Scrfc^iebenen unb ber Serbinbung bes ©emeinfamen gans oon felbft, mei$anif($, oline bafe man barum ioei|. ilommt nun ber 9)(enf(^ jur Setrad)tung feiner felbft, fo finbet er in fid^ eine gro^e 9Jienge oon abftraftcn Segriffen in iljren erften, rol)en Umriffen oor, au^ f(|on mit befonberen SJamen benannt unb unterfc^ieben oon ben empirif(i)en Sorftellungen. So geioinnt es ben 3lnf(^ein, als ei'iftierten bie allgemeinen Segriffe no($ auf3er unb neben ben fonfreten Sorftellungen. 2tber nic^t allein auf3er unb neben benfclben fc^einen jene ju criftieren, foubcrn il)nen auc^ ber ^dt nad) oorausjugeljen \mh bie Stuf f äff ung beS (Sinjelnen erft möglich ju machen. ^Jefleftiert man namentlidl) auf bie 2tbftraftionen, loelrfie 5u hcn i)öd)itcn geljören, beren Umfang am loeiteften ift, unb loeldie faft auf jeben geiftigen 2(ft 3lniocnbung finben, fo erljält man bie befannten itategorien (loie Quantität, Qualität u. f. lo.), in welchen ber Senfer alles ©eba^te auffaßt. 3(uc^ biefe bilben fic^ in iljren erften
2lIIgcmeine Segriffe. 145
Umriffen infolöe bei* SBec^fedinrfung ber SSorftelhinöen imtereinanber 0an§ ebeufo mcc^anifd^ iinb unbeimi^t, wie aik aügenieinen Söeoriffe ; im weiteren luerbeii fie bann bnrc^ baö luiffcnfc^aftUdje 2)enfen, nanient(i(^ burd^ Urteile von allem 9icbenfä($(i(^en Qcveinigt. ©inb nun aber bie Kategorien, tuenn aiii^ no($ unuottftänbig unb nic^t üöEig ausgebilbet, einmal üorljanben, fo mufe fic^ ber ^enfenbe fagen, er fönnte gar nid^t benfen, nichts auffaffen, no(^ unterfu(^en, wenn er bie 5lategorien unb bie 'formen beä 9iaume§ unb ber S^xt nid^t überall §ur Stniuenbung bringen follte, ober wenn er fie gar nii^t fjätte. "^znn e§ fann faum einen geiftigen 3lft geben, in meU^cm man fic^ nid^t ber .*»lategorien bebiente, in luelc^em fie nid)t alö in einem befonberen j^alle mitgebad)t werben, ^ä) tann 5. 33. bie ©onne mä)t Dorftetten, ot;ne jugleid^ etuiaö 9tunbe§ oorjuftellen, raot)! aber tann i($ etraaä 9iunbe§ b^nfen, nmä nid^t bie ©onne p fein brandet. 33ei ber befonberen ^rsorftettung ber Sonne ift jugleic^ ber allgemeine ©ebanfe bes 9iunben mitgeba($t. ©0 fd^ien eä, aU ob bie affgemeinen 33egriffe ben befonberen üorangingen xmb bie Sluffaffung ber befonberen ©rfd^einungen erft mög(i($ ntad^ten, a(ä ob erft ber S3egriff beö 9iaumeö uorljanben fein mü^te, ef)e man irgenb ein befonbereö 9Wumlid^eö anfd^auen fönnte, ober al§ müfete man erft bie S^ategorie ber iRaufalität i)aim\, elje man in einem beftimmten ^-affe ein ©reigniö a(§ abpngig üon einem anberen anfet;en fönnte (9h-. 71).
102. 3Me affgemeinen 33egriffe enblic^ fd^ienen übertjaupt nid^t er= morben ju fein, toeil iljnen alö f old^en in ber Sßirflic^feit nid^ts entfprid^t ; eä gibt naä) bem befannten 33eifpie(e fein Dbft, meld^eä nid^t ein Stpfel, ober eine ^|>f(aume u. f. m. märe, äßo^er foffen alfo bie affgemeinen ^e^ griffe gefommen fein? 5ßon auf3en nid^t, benn bann müßten itjuen, mie ben befonberen ^^orfteffungen, äußere Dbjefte aU beren Urfad^en entfpred^en. SSenn nic^t uon auf3cn, fo lag eö am näd^ften, ju fagen: üon innen; benn bie britte 9JJöglic^fcit, nämlid^ fie ansufeljen alö entftanben auö ber 3Bed^fel= mirfung ber uon aufaen gewonnenen ©in^eluorfteffungen, liegt ber gen)öl;n= iiä)cn 2luffaffung 5U fern, ba ja bie 'öilbung ber Segriffe anfänglid^ ganj unbeiüufU gefd)iel)t. ©0 fant eö, baf3 bie affgemeinen 33egriffe alö an= geboren ober bod^ nic^t burd^ bie ®rfaljrung crioorben, fonbern biefer üorauögeljenb angcfeljen mürben, ^n 2Bal)rl)eit nun erflärt fidl) affeö, maö bie affgemeinen Segriffe angel)t, in ber oben angebeuteten äßeife fel)r leidet: ber Segriff ift baö Serouf^tmerben beö einer 9)?e§r^eit uerfd^molsener Sor= fteffungen ©emeinfamen. ^n analoger äBeife, roie fid^ überf)aupt affgenteine Segriffe anä ben fonfreten Sorfteffungcn inlh^n, nerljält eö fid^ aud^ mit ber ßntftetjung ber affgemeinen ^aum= unb 3^^tonfd^auung auö ben
glügel, 33ie Probleme bev sp^Uofop^ie. 10
146 P^ren.
inbtüibueffen räumli($eii unb j^eitltd^en g^ormen. ^iefe Sluffaffung berul^t auf ber 91x1 unb SBeife, lüie bie oerfd^iebenen ©innescinpfinbungen buri^ bie betteffenben Organe in ber ©eele ^erüortreten unb Ijier fic^ reifienfönnig üerraebcn.*)
103. Sturer beni 3?orftetten unb ^enfen gibt eä no($ jmei anbere ©nippen von pfi)(|if($en Grf (Meinungen, baä ^üf)Ien unb 33egel)ren. ^i3efannt(i($ finb biö auf bie neuefte ^ät jur ßrflärung biefer, mie über; (jaupt aller geiftigen ^l^orgänge nieiftenö befonbere Seelenoerniögen an= genontnicn. 3I(ö man anfing, auf bie geiftigen Siiftönbe ndtjer ^n arfiten unb fie non einanber p unterf (Reiben, nutzten fic^ gar balb geioiffe, üon einanber uerfd)icbene Klaffen uon ©rfc^einungen t)erauöftetlen, lüeld^e mit befonberen Slamen bejeii^net rourben. 3lm natürlic^ften mar eä, bie geiftigen 93orgänge in teufen (3>orftetten) , ^üljlen unb 33egebren einjuteiien, luie bereits ^lato ber ©eele bie brei ^eile 3>ernunft, 3)iut, Segel) reu §uf(^rieb (9^r. 94, 2tnm.). 3l(öbann bemächtigte fic^ bie Spe!u(ation biefer (ogifc^en (Sinteitung unb f(^(of3: umä roirflid^ ift, baö mu^ auc^ möglich fein; cl)e ber ^iJtenfc^ a(fo in 3Birflic^!eit benft, füblt unb begehrt, muf, er bie Wöq- li($!eit ober bie Aäfjigfeit fjaben ^n benfen, ju füljtcn unb ju begel;ren. 2(uS ber blof3en 9J(ög(i(^feit machte man fobann ein rea(eö 23ermögen, unb bie blo^ logifc^en Itlaffenbegriffe ber geiftigen S^tjätigfeiten neritianbelten fi(^ in reale ©eelenfräfte, welche eben teufen, ^üljlen unb Segeljren be^ TOirfen folltcn. £ogifd)e Slllgemeinbegriffc mürben nad^ .^erbarts 2(uö; bru(f erft l)i}poftafievt, bann ^u nujtljologif($en SBefen. Sabei mürbe baö @efüt)l üon ben 3llten unb ber (Sc^olaftif meift bem 33egebrungät)ermögen, von 3)eä = ßarteä an bem SBorftcttungöuermögen angefc^loffen unb erft von Rani alö ein befonbcreä 33ermt)gcn bcljanbelt.
®iefe 2trt ber ^^fnc^ologie beginnt bereits mit 3lriftoteteS,**) il)m folgen bie (Stoüer unb bie Si^olaftifer. ^iefe :i?el)rc mirb bann befonbers auögcbilbet uon SBolff unb otjue mcitereS beibeljalten non ^ant***) unb feiner ©clulc (9h. 71). 3(uc^ bie bebuftiue Slrt ber
*) darüber bgl. bie SJr. 112 genannten ^jftjd^orogifdjen 9ßerfe, au^erbcm nod^ namentlid^ G. ©. ßorncliuö: 2;f;eorie be§ Sel;eng unb beä räumlichen SJorftellenS, ^atte, 1801. Unb öon bemjelben: Quv Xl^eorie beä ©efienö. ^lalle, 1864.
**) ^ a r t e n [t e i n : de psychologiae vulgaris origine ab Äristotele repetenda. Lipsiae, 184Ö.
***) Über SBöolff unb tant in biefer »cäiei^ung f. ©d^iriing in 3t. f. e^. ^§. III. 275. 6ine ausführliche Äritif ber ©eelenbermögenStl^eorie f. in Qt. f. ej. 5ßl^. n. 33 ff. bon 2ß. gjolfmann, aud^ bei 2Bai^: Sel^rbud^ ber ^fl;rf;orogie atg 3iatur= lüiffenfd^aft. 1849. gerner: SOß. Sotimann Slitter b. 33olfmar: Sel^rbuci^ ber ^l^c^ologie. Götzen, § 4. 2)r ob if c^ : ©m^irijd^e ^f^c^ologie. ©.29.
%üWn. 147
^^fijd^ologie beä odfohiten ^jbeaUömus benu^t bie alten ©eeleuüermögen ; biefe werben a(ö bejonbere ^^^t)afen be^cic^net, luel^e baö bis jum ©eift entunrfette Stbfohite uerniöße beä tljm innemoljnenben abfohlten äöerbenä burd^laufen nuifj.*) (Sbenfo ^at bie ^sfijc^oloöie 23ene!eä**) iinb auc^ bie ^tjeorie ber ilategorien bei einigen neueren ^^t)l)f^oIogen geiuiffe abftrafte ^Isermögen beä 3'itelleft§ §ur (Srftärung beftintmter geiftiger (Srf(^einnngen jur isorauöfe^ung. 5)a|3 berartige 33erniögen unnötig, in;fi(^=tüiberfpre($enb unb §u einer raiffenfc^aftlid^en (Srflärung oöllig untauglich finb, ift (ßlx. 69 bis 90) an ber 3:^ijeorie ber .Kategorien, alö einem befonberen 33eifpiel, nacfigeimcfen worben. ©in nid^t geringes ä>erbienft i^erbartö um eine tinffenfi^aftlic^e ^^^fpc^ologie beftet;t eben in ber grünbtid^en SBibertegung ber Scclcnuermögenttjeorie. Gs ift (9h'. 99) angebeutet, roie Grfcf)einungen, luelc^e man fonft auf ein befonberes Stbftraftionöüermögen, auf ^^erftanb, ©ebäc^tnis, auf ein ä^ermögen ber Sijut^efe, b. l). ^^orftettungen mit ein= anber ju nerbinben, ^urücffüljrte , an^ ber SBed^felunrfung ber einzelnen ^orftcUungen unter einanber gu erfldren finb. 2)ät biefer SBec^felmirfung finb ferner nid^t blo^ oerfc^iebene Örabe ber J^Iarfjeit unb 5^erbun!etung ber 58orfteIIungen gegeben, fonbern eö machen \\ä) babei au(^ nod^ befonbere 9lebenäuftänbe in ber Seele geltenb, welche fid^ nic^t anberö, benn alö ^•ü^len imb 33eget)ren bejeic^nen (äffen.
104. 9)ian benfe fi($ eine S^orftellung a gleichzeitig mit ben ^ox- fteüungen ß unb a im S3eunif5tfein, uon meli^en ß bem a entgegengefe^t ift unb biefes ju ()emmen unb ju uerbunfeln fu(^t, a aber bem a ätjulii^ ift unb basfeibe ju einem tjöljeren ÄlartjeitSgrabe §u l)cbm beftrebt ift. ^at nun roeber haö Streben uon /3, nod) baö uon a (Erfolg, lueil fie beibe fic^ ba§ ©(eid^geunc^t (jalten, fo be^arrt in biefem ^^alle a auf einem ge^ lütffen ^lartjeitSgrabe, tro| ber Hemmung unb tro^ ber ^örberung. §in= fic6t(i($ beä bloßen S^orftellenS ift l;ier hin UnterfcE)ieb, ob a unongefo(^ten ober ob eS, 0lei(^5eitig oon a getjoben unb uon ß niebergebrücft, benfelbcn •KtartieitSgrab im ^euni^tfein beljauptet. Slber bie 2lxt unb Sßeife, raie a biefen Älartjeitögrab be{}auptet, ift in beiben ^^ällen gan^ üerfc^ieben. 9)ian Ijat eö l)ier ni($t .^u ttjun mit einem bloßen ^eller= ober ©unflerioerben, nic^t mit bem b(of3en -rsorfteüen im engeren Sinne, fonbern mit einem befonberen ^i^fta^i^^/ ii^ loeld^em fi(^ eine ä>orftelInng anberen gegenüber
*) ©Etter: S)te Sßft^c^ologie ber ^egel'fc^en Sd^ule. 1843 u. 1844. **) S)ie aßiffenfd^aftlic^feit ber Senefc' fd^en ^f^djorogie bon 9ia]^Ioiu§fli in 3t. f. ej. «p^. III. 30; ebenba IV. 63 bon a3aUauff. Sßeber: Äritif ber ^fi;c^o(o9ie öon »enefe. 2ßeimar, 1872.
10*
148 SSegel^ren.
kfiubet, unb lueld^er natürlich öUöleic^ anä) ein Biiftöub ber Seele*) ift. ©0 rerplt eö fic^ ki allen ©efül()(en bet S3eflemmuito, lueli^e eben ha- burd^ d^araftevificrt ftnb, baf? an einev ^^orfteflunö, bej. 3[>orftcttunööönippe §n)et anbere, eine emportreibenbe unb eine bepriniierenbc fic^ mc^x ober meniöer ba§ ©leii^öeroid^t Ijalten.
®er dm\ ijerüoroeljobene ^all bietet juöfeid^ bie ßrfcfieinung beg $8eöel[;reng bar. 9Benn nämlic?^ bie von ß ^urücf getriebene SsorftcUnng a infolge iljrer ^.^erbinbnng mit a fic^ ni($t allein gegen bie Hemmung int ^eunif3tfein behauptet, fonbern auc^ ju einem Ijöljeren ©rabe üon ^lar^eit aufftrebt, fo ift bie 'öegierbe auf baö burc^ a S>orgeftelIte gerii^tet. ®ie Befreiung ber gegen ^inberniffe fii^ entporarbeitenben ä^orftellung beä SBegeljrten uon ber biöl)erigen Hemmung unb ©pannung filtert mieberum einen befonberen 3iMta^^b, ber nidlit innerhalb beö Sereic^eS beä bloßen 3SorfteIlenö unb beä ^egel;ren6 liegt, mit fi($, nämlic^ haä @efüf)l ber ^efriebigung. (£'nblic^ mu^ eö einen Unterfc^ieb auömad^en, ob eine 9]or; ftellung fteigt nur mit fooiel ^raft, alä liinreid^t, fie ju einem beftimmten l)öf)eren 5llart)eit§grabe ju bringen, ober ob fie foniel ^örberung burc^ anbere 3?orftelIungen empfängt, bafs fie mit einem Übcrfc^uffe non ^raft gu bem Ijöljeren .tlarlieitögrabe emporgetrieben unrb, fo 'itafj nic^t einmal alle mit iljr uerbunbencn unb fie förbernben 3.sorftelIungen jur äöirffamfeit gelangen, fonbern mit iljrem Streben ben l)ier ftattt)abenben ^roje^ nic^t fomot)! unterftü|ten, alä üielmet)r nur begleiten. ®ieä ift loieber ein galt, mo ber geiftige ^ro§ef3 nic^t in ein blo^eä Sllarerroerben non geiuiffen 9>or; ftellungen aufgel)t, fonbern mo ftc| nod^ befonbere 9]ebenjuftänbe geltenb nmc^cn, auf meldten bie ©efü^le ber ßuft, ber ^reube an leid^tgelingenber ^(jätigfcit beruljen.
105. So finb Öefüljle unb 33egetjrungen nii^t an^ufel^en als Seelen^ juftänbe, welche unabijängig non ben 9>orftelIungen beftänben, fonbern fie i)aben il;ren (^runb in ganj befonberen fiagcnuerljältniffen unb i'erljaltungö; meifcn ber 'IsorfteUungen in ber Seele. -Daf] ^^^enfen, g^ülilen unb Segeliren nidit getrennte 'l^ermögen ber Seele finb, fonbern innig mit einanber uer= bunben fein muffen, luie fie ja bereits iieibnt§ auf eine ©runbfraft ber Seele surüdfiiljren mollte,**) leiert awä) fd)on bie ®rfal)rung: bcnn jebeönml
*) über einen I)iergcgen crl^obencn ©tnUmnb So^eS ügt. SSoHmann: ©runbrif; ber 5ßji^d}orogie. 1856. ©. 302; f. auc^ 3t. f. ej. 5ß^. VIII. 177 u. 236, IX. 411. XV. 310.
**) Über einen äl^nltd^cn $ßerfn^ fcI;on bei 2lri[toteteg f. Siebedf: Quaestiones duae de philosophia Graecorum. 1872. I. Sluct} bie ©totfer berfucbten bie ©eeleniräfte auf ben vov^ alö ba§ rjyefxovinöv äurüdjufü^ren.
Sag Qc^. 149
iubeni luir 6eöcl)vcu, füljlcn luiv an^ bie ©ntbe^runö unb f)abeu basienige in ©cbanfen, lüaö wir beöcljreu, foune jebeöinal inbein wir benf'en eine ^^ätiofoit inirffam ift, bie, wenn [ie anföel^alten würbe, aföbalb ft($ alö ein iöeöe(;ren, beii ©ebanfen (jerDor^nrnfen, verraten würbe.*)
106, aöas fc^Ue|3Üd) bas ^ä) inöbefonbere anoefjt, fo erljeEt nn= mittelbar auä ben biötjer anoeftellten ^etrai^tniißen, baf? baöfctbe feine ©nbftanj, Mn wirflidjeö äßefen in ober mben ber 6ee(e, anc^ nii^t, wie ^ant bereits (jerüorI)ob, bie ©eele felbft ift, fonbern ba^ e§ nnr anf einem @ef(^e{)en in ber ©eele berntjen fann. Stber ba§ ^ä) barf anc^ nic^t a(ö ein urfptüngli(|eö ©efdjefjen auföefaf3t werben in ber äßeife von gierte, ober aU fei basfelbe ein iuteßrierenber S3eftanbteil, eine anoeborene 9)citöift ber menfc^iii^en ©ee(e, ja alö bebürfe basfelbe übertjanpt feiner ©nbftanj a(ö eines Prägers. 58ielme(jr fe^t baö ^ä), wie jcbes ©efd^efjen einmal eine ©ubftanj, t)ier ein felbftänbic^eö ©eelenwefen DoranS nnb fobann eine a)fel)rljeit iwn S3ebinönn0en. 3)ie[e 33ebinönnöen fönnen nnr bie ein= fairen ßmpfinbunoen nnb bie ans beren mannigfaltioer äöec^felwirfnng fiel) ergebeiiben ^^olgen fein.
107. 3lnf ä^tilic^e äßeife, wie ber 9}?enfc^ i\ix räumlichen 2Iuffaffnnö äuf5erer Dbjefte foinmt, o^'^'i^i^t ^^ ^^^^) ^iii'<^ ^^^ ©innesempfinbungen, namentlich bes &c\i^t^' nnb ^aftfinnes, eine 3Sorfteltnng bes eigenen Selbes als eines r^imttic^en Dbjeftes. ®iefe ä.Hn-ftelluiig bes eigenen Selbes mu^ balb eine auSgejeii^nete ©tettung unter ben 3]orftellnngen ber 2)inge ein; nehmen. 3""tii$ft bebingt es einen Hnterfc^ieb in ben ©mpfinbungen unb 33orftettungen, ob 2luf3enbinge aneinanber ober an ben eigenen Selb fto^enb waljrgenommen werben, ob bie ^anb äußere Dbjefte ober ben eigenen 2äb berül)rt. 9)fit ber burc^ ben ^aft= \u\i) ©efi($tsfinn Ijerbeigefüljrten ''Box- fteUung beS eigenen Selbes uerfnüpfen fid^ auc^ innig bie flnnlid^en ©efüljle unb 33egel)rungen, weldie in ben wed^felnben ^iift^lii'^cn besfelben begrünbet finb. Slllmäljlii^ f (Reibet fii^ bie SSorftelhmg beS eigenen Selbes üermöge gewlffer ^emmungsuerl)ältnlffe nnmcr beftlmmter oon ben 'isorftellungen ber aiuf^enbinge, womit blefe als ^ilu^eres, Dbieftloes, ber Sluffaffung beS eigenen Selbes als bes ©ubjeftlüen, ^i^i^ei-'en entgegentreten, ©o erfi^elnt ber eigene Selb attmäljlld^ als ein räumll($es, empflnbenbes ®lng neben anberen 2)lngen nnb als ber beweglld^e äluSgangSpunft aller Drts= befthnmungen, wie am^ ferner als ©ammelpla^ uon Ssorftellungen. ©Ine gegebene ©Innesempflnbnng wirb nämllc^, Inbem fie nac^ an^en projiziert wirb, nl(^t fowoljl als unfer 3iiftii"ö/ fonbexn ulelmel;r als (Slgenfc^aft
f') ^nbatt VI. 70.
150 25a8 3(^.
eines 5lii^cnbiiiöc§ angefet)en. 3Inberö Mxl)ält cö fic^ mit reprobiijierten 33orftcttunöen: [ic mevben feljr nio(j( iinterfi^ieben von h^n unmittetbaren ©imieSiüdjrnefiimuiöeu , fic fommen nic^t unmittetbar oon aufeen, luerben anä) nid^t roie jene naä) au^cn üerlegt, beuießcit \xä) aber sugteic^ mit bem eigenen Seibe, mit beffen 'l^orftettiuiö fie bet^arrüi^ uerfnüpft [inb. tiefer rairb ai\o aud^ alö ©ammelpla^ ber ^l^orfteltungen im engeren Sinne nnb ebenfo aU Präger ber @efüt)le unb S3eget)runoen angcfe^en.
108. S)ie ^egetjrungcn ferner gef;en naä) aufeen, fc^en anfangs unwillÜirlid^ gcroiffe ©Iiebmaf3en in Bewegung unb rufen baburd) ^i^er^ änberungen in ber 3tuf5enuielt fieruor, weld^e g(cic^fal(6 niatjrgcnommen merben. ^on biefer 9ieil)e: S3egefjrung, eigene 53eroegung, äufsere 3Ser= änberung befommt ber 9}tenf(^ gar balb bie eigene 'Bewegung in feine ©emalt unb luirb inne, ba^ er nad^ Söillfür gemiffe ä,^eränberungen in ber 3tuj3eniüelt Derurfa(^en fonn. !J)er 3)knfc^ lernt fi^ fo a(s tljätiges ^ringip, als 931a($t !ennen. ®ie auf biefe SBeife I^ernorgcrufenen ä>eränberungeu niirfen in üielen ^ätlen wieber rücfroärts auf ben eigenen £ei6, ben 3tuS= gangSpunft jener Bewegungen; inbem 5. B. ber hungrige bie Speife begetjrt, fic^ §u if)r t)inbewcgt, fie jum 9)funbe füfjrt unb genief3t, ftettt fii^ IjerauS, baf5 ber 3iuSgangS; unb (Subpunft ber 33eget)rung berfelbe ift, bem fowot)l bie 33ege!)rung a(S bie 33cfriebigung innewotjut. (Ss babnt fid) burc^ berartig in fic^ gurüd(aufenbe 9ieit)en bie ä>orfteIIung bes eigenen «Selbft an.
109. 3"i Soiifß i^ßö SebenS werben ber 9>orfteUungen, ©efüljte unb 33eget)rungen immer met)r, fie erleiben auä) mannigfad^e 'l^eränberungen, fo jebod^, ba^ bas ^Vorausgegangene wieber reprobujiert werben fanu ; unb baS Scf) ift fd^lief^lid^ baS (Ergebnis ber ganzen SebenSgefi^id^te eines jeben. ^on bem überaus reidien 3)iateria(e aber, welches ber 33i(bung beS '^ä) ju ©runbe liegt, fann freiüd^ wegen ber ^emnuuig ber uerfi^iebenen 9]orftettungS: gruppen untereinanber jcbeSmal nur ein üertjäitnismäfsig ficiner ^ei( im 33ewuf3tfein gegenwärtig fein. 2(ud) ueriieren einzelne finnlidie ^.sorftellungcn unb 5öege(}rungen infolge ber abneljmenben (S'mpfängU^teit metjr unb nu^tjr an S3ebeutung. (Jrfat)rungen an ber eigenen ^^^erfon unb an anbcren (wie etwa 3tmputation eines ©liebes) laffen uerfdiiebene einzelne 2:ei(e bcs i^eibes in 23etreff beS ^d^ als unwefentlid^ erfi^einen, fo baf^ biefes fic^ atlmäl)üc^ meljr unb meljr uon ber 5lVorftelIung beS eigenen SeibeS ablöft, unb als ein geiftigeS, oorftellcnbes, fiiljlenbcs, begeljrenbes äiVefen angefel)en loirb. ^snbcm ferner bie mannigfaltigen 3?ovftellungen, (^3cfül;le unb 58e-- gct)rungen immer meljr nur nac^ iljven allgemeinen S^iQun in abftraften Begriffen aufgefaßt werben, fagt fid^ ber ilicnfc^ woljl, bafe für fein '^ä)
3)08 ^d). 151
feine beftinuute 3>orftcIhuiö, SSeoc^ntnc^ ober @efü()(6iüeife mefcntlic^ fei. ©ä fcfieint, als föuntcn alle befonberen geiftioeu ^iiftfiiibe fc^winben un- befd^abct beö j^ortlicftanbcö uom ^d). 2luc^ bic 2lbftraftionen : teufen, %üi)kn unb ^codjreii fül)ren 511 einer noc^ weiteren 2lbftraftion bes ^iffenö unb fo juni begriff noni Sßifien bes 'iiU[fenä, unb ba Ijier ber 3nf)alt beö ^Biffenö unb beö (i)eunif3ten ber nämlid^e ift, fo wirb baö '^ä) fcl)lie|licl) alö eine uollfonunene :3bentität beö 2ßiffenö unb ©eiuu^ten, beö ©ubicftö unb beö Dbjeftö, alö reineö ^ä) befiniert. Siefer le^te Segriff ooni 3«$ Mt auöfi^liefsiic^ baö ä'ßerf ber ©pefulation, in Söirflid^feit ift baö ^c^, baö fogenannte enipirif(^e ^d^ im ©egenfa^ ju bem reinen ^c^ allezeit alö c^arafterifiert burc^ befonbcre Seftinnnunöcn ('J>orftelIungen, Seoeljrunöen, (Scfüljle) oeßeben.
110. ®o bilbet )i6) b«ö ©elbftbeiüu^tfein ober baö 3<^ affniäfilic^ an^ ben einzelnen ^sorftellungcn unb bereu ilßeclifelnnrfnng unb ^roar anfänglid) ganj unbcuni^t, wie bie allgemeinen 33egriffe. S)arum Ijatk eö bann auä) in ber Spefulation gleic^eö ©i^itffal mit biefen: eö erfc^ien ai^ etwaö Urfprünglic^eö, Selbftänbigcö neben unb au^er ben befonberen 93orftcllungen unb allen geiftigen Operationen, nic^t alö baö DIefultat beö geiftigen fiebenö, fonbern alö bie non 3tnfang an im Heime norljanbene Urfarf)e aller pfi)($if(^en Ci;ntwicfelung. 2(llerbingö wirb baö 3<^ tiiK^ jur Urfa(^e ber geiftigen Silbung, jum ©rnnbftod, an welchem fiel) bie weiteren (Seelenjuftänbe anfe^en, aber erft nac^bem eö in üerl)ältniöntä^ig früljen Sal)ren fid^ au§> bem erften 3?orftellungömaterial ju bilben begonnen Ijat. ^ft jebod^ beffen 33ilbung unb 3luöbilbung einmal eingeleitet, fo mu^ baöfelbe aui^, wie leii^t erftc^tlicl) ift, vermöge feiner engen 9?er= !nüpfung mit bem ganzen ©ebanfenfreife eine immer größere Ä5<^rrfct)aft über biefen gewinnen, womit bann bie ©elbftbeljerrfrfmng ober g-reilieit beö äßillenö ^anb in .§anb gel)t. 3)iefe wirb übrigenö baburc^, ba^ in ber ©eele aUeö ftreng gefe^mäfsig gefdjieljt, weber aufgeljoben nod^ beein^ trärfitigt, fonbern üielmeftr geförbert*) (9h-. 199).
111. (5inc berartige ^-pfi)(^ologie, uon welcher wir nur einige 2ln= beutungen gegeben l)aben, ift eine fonfequente 2)ur(^fül)rung beö em^ piriftifc^cn ^^rinjipö; alle natiuiftifc^en (Srflärungen finb Ijier auö= gefc^loffen. 3llleö, waö man fonft ber «Seele ober bem ^ntelleft alö
*) Srobifd^: 2)ie moralifc^e ©tatifti! unb bie mcnfcf^tic^e aßiaenäfrci^eit. 1867. D. 5 rüg er : Sßon ber Brei^C't beö SBirrenS. S" 3t. f. n-W X. 128 ff. aßeitere Sttteratur f. bei aSorfmann ü. SSorimar, ^f^d^orogie 1885. II. (5. 448. yj
152 Sel^arren ber 3SorfteIIungcn. .
unmittelbar angeboren, ober, luaS baöfelbe tft, als urfprünglid^ erroorben jufc^reibt, ift na^ hcn bargelegten ^rürgipien auönatjinöloö entftanben aus ber 2Be(^feliuir!ung ber einfallen ^orftettungcn untereinanber. Dbfc^on nun atte 3]or[teIIunöen unb mit itjnen bie auf it)nen berufienbe ganje geiftige Sluöbilbung im legten @runbe fieruorgegangen finb anö ber äßed^fehüirfung ber ©eele mit bem Drganiömuö unb bnrc^ benfelben mit ber 2tu^enraelt, fo folgt boc^ feineSwegS barau§, ha'^ bie inneren 3uftänbe ber ©eele auc^ jugleic^ mit SBegfatt biefer 33ebingungen nerfc^minben müfsten. Sie ©eelenfubftanj junäc^ft fann natürlich in itjrem (Sein nic^t wernid^tet werben, wie eö ja über()aupt uom ©ein jum 9ü(^t=Scin feinen Übergang gibt. ®ie inneren ßiiftönbe ferner bef)arren tljatfäc^üc^, trofe= bem bie ßlemente beä ßeibeS, unter bereu SOiitwirhing bie (Smpfinbungen entftanben finb, bei bem iiuauögefe^ten ©toffroedifel anäfc^eiben. 3(u^erbem beruht jeber innere 3^iftanb auf einem mirftic^en ©ef^efien; mas aber gef(^eJ)en ift, fann ni^t ungefc^eljen gemad)t merben. 3]erf(^iinnben alfo bie formalen Sebingimgen ber ©ntftetjung eineä inneren ß^iftanbeä, fo ift no(j^ gar ni($t einleuc^tenb, marum er felbft oerfc^unnben follte.*) Übrigens (ä^t fi(^ bie 2tnnal)me oon bem Se^arren ber inneren 3iiftänbe re(^t moljl bem ^^rinjip non ber ©rfiattnng ber ilraft fubfumieren. 2Iuö biefen ©r= raägungen ergibt fid^ bie Unfterb(i($!eit ber ©eeie unb jraar mä)t blo^ ber ©ee(enfubftan5, fonbern ebenfo fef)r bie g^ortbauer bes inbioibuellen geiftigen ßebens, aud^ nac^bem bie 58erbinbung ber (Seele mit bem Seibe aufgeprt l^at.**)
112. ßnblid^ ift erfid^tlic^, ba^ bie angebeutete ^sfyc^ologie ganj in ber 9ßeifc ber 9laturn)iffenfc^aft foniot)! |infi(^tlii^ ber ^rinjipien als ber 9Jiett)obe entworfen unb burd)gefül)rt ift. S^ie §ur (Srftärung uerumnbten ^^Uinsipien finb f)ier ebenbiefelben, meldte audf) bei ber ©rflärung ber materiellen ©rfd^einungen jur Stnmenbung fonnnen, nämlid^ bas ^rin^ip ber 2ttomifti! unb bie geläuterten 33egriffe üon ilraft unb ©toff. 2)ie 93?ett;obe jum anberen gcf)t uon ben einzelnen gegebenen geiftigen ©r^ f(^einungen unb beren 9(na(i)fe aus unb erfiärt rociter{)in bas 3iifö»ii"ei^= gefeitere aus bem Ginfadiercn, nid^t aber fc^icft fie abftrafte Gattungsbegriffe olS Siermögen ober Stmnmbegriffe uorans, aus meldten baS (Sinjelne, ^öe= fonbere abgeleitet merben foU. ßs mirb ferner aües G)efd^el;en, fon)ol)t smifc^cn ber ©eele imb bem Seibe, als aud^ in ber ©eele felbft angefelien als folgenb
*) 3Jgl. 3t. f. es. ^^. VIII. 180 unb XI. 47. XIII. 184.
**) ©. ©orneüuä: Ueber btc Sßed^fctmirlung jtotfrf^cn £eib unb ©eclc. ^aU^ 1871. 114 ff. unb D. glüger: Über bie ^erfönlic^e Unfterblic^fcit. 1886,
^fi^c^ologifc^e Sittevatur. 153
beftinimtcn, notiuenbioen ©efe^cu, welche 511111 ^etl fogar bereits auf einen genauen nuitljeniatifc^en 3tuäbnic! gebrad)! finb.*)
So f)aben lüir eö Ijiev feineäraegä mit einem S)uali§mu§, fonbern mit einet ftreng in ftd^ ^ufatumeuljängenben Slatuvanfc^auung §u t{)un.**)
*) ®ine matl^ematifd^e ©ntJuidehmg ber ©efe^e, nad) tucldjen bie Sßed^fer; imtfung ber SSorftettungen erfolgt, gab ^erbart in ber ©d^rift: '^\^d}oloQk aI8 2Biffeufd;aft neu gegrünbet auf ®rfa^rung, 3)!eta^^t;fif unb 9J!at^ematif. Sl^erJe V. 31Ü. hierauf folgten mat]^emotifd;4ift;(^otogifd;e Unterfutj^ungen über bie 33er= ^ättniffe ber Söne unb über ba§ ^eitma^, fobann über freifteigenbe aSorftelhmgen W. VII. 182; 356. lieber bie 9J^i3gric^Ieit unb 3fiotit)enbigfeit, 2Rat§enmti! auf ^ft;d^oIogie anjuiüenben. VII. 129.
©robifd^: Quaestionum mathematico-psychologicarum specimina I. — V. 1836—1839. ©erfelbe: ®rfte ©runblinicn ber mat^ematif^en ^pf^c^ologie. Sei^jig 1850.
2;aute: 3f{erigtDn§^^ifofo)j^ie I. 1840. ©. 552 ff.
3u 21. Sänge: Sie ©runblegung ber mat(;ematifc^en 5pft)d^oIogie. (Sin 3]erfuci^ ber ?lad^li'eifung be§ funbamentalen gel^IerS bei §erbart unb 2)robifd). 33gt. bie 9?ac^Ji'eifung ber ®runbIofig!eit biefer ®ini»änbe in ber SRejenfion bon ©orueliuS in 3t. f. CS. ^i). VI. 323 u. 451.
2Bittftein: Quv ©runbtegung ber ntatl^ematifdjen ^f^d)o(ogie in 3t- f- «£• 5p^. VIII. 341.
**j ^infi^tlid) ber ©arfteUung ber ^ßf^d^otogic im Sinne §erbart'g öern^eifen t»ir auf folgenbe ©d;riften:
2)robifd^: ®m^irifc^e ^f^d)o(ogie nadj naturiviffenfc^ftl.Siet^obe. Sei^jig 1842.
SEßoi^: ©runblegung ber ^fl;c^oIogie. 1846.
3?erfelbe: 2e§rbud^ ber ^f^d)otogie a(§ 3'iaturn.nffeufc^aft. ^raunfc^iüeig 1849.
©d^illing: Sel^rbud; ber 5pf^d}otcgie. Seij^jig 1851.
Serfelbe: Sie SReform ber ^ft;c^oIogie burd) ijerbart. 3« 3t- f- «£• ^'^• III. 273 u. V. 1.
SB. »oümann: ©runbrifi ber ^f^c^ologie. §aae 1856.
©erfelbe: Se^rbud) ber 5ßf^d)ofogie üom ©tanb^unfte be§ 3flea(i§mu§ unb nad^ genetifd^er SDkt^obe. S)e§ ©runbriffeä ber ^ft)d)o[ogie jtüeite fef;r öermef^rte aiuflage, 2 Sänbe. Sötbcn bei Dtto ©c^ulje 1875, 1876 unb 1885.
Sinbner: Se^rbud; ber ein^irifdjcn ^fl;c^ologie al8 inbuftiber SKiffcnfd^aft. äßien 1^58, in mehreren 2Iuftagen.
Srbal: ©m^sirifdie ^ft;c^o[ogie. SBien 1868, in mehreren 3(uf(agen.
©trüni^eü: ©runbrifi ber ^f^c^otogie. Seiip^ig 1884.
SMic^: ©runbrifi ber Seelenle^re. 2Bten 1877.
§etm: ©runbjüge ber em^irifdjen 'ißft;d}o(ogie, 33amberg 1882.
3immermann: «p^ilofo^fjif^e ^ropäbeutif. ©. 133: ©m^^irifd^e ^fl)d)o(ogie. Sßien 1867.
DtaiD^Ü;: Sie SSorfteffungen im ©eifte beg 2JJenfc^en. SerUn 1868.
3la^lo\v^ii): ©efü^lSteben. Sei^jig 1862.
^olornt;: Sie §au^t^un!te ber Se^re bon ben ©efü^fen bei ^erbart unb feiner ©c^ule. ^n 3t. f. eg. ^^. VIII. 117 u. 229.
£ a a 0 r u § : Sa§ 2tUn ber ©eele in 2)lonograi)]^ien. aSerlin 1886, in mehreren iKufl.
154 %iUc>loQXi.
5rt0 tcfeofogifc^e ^xoMem.
113. 3Baö 3tn(a^ o^^^t, uon einem tcleologifc^en Problem gu rebeu, ift bie 5tf)atfac^e, ba^ in ber 9]atnr Sesieljungen uor()anben finb, metc^e adem 2ln)(^eine nac^ auf einer abfic^tlic^en 2lnorbnun(] beruljen. ÜDiefer Uniftanb wirb },n einem 'i^'roblem, meil ben bctreffenbcn ^Dingen jene 33e= jicljungcn nic^t mefentlid^ wnh notiuenbii^ guc^epren, bie !Dinge aber biefelben aud) nid)t mit eigener 3(bfi($t eingegangen fein tonnen. ®ie 8(i)iüierigfeit, ober wenn man unll, ber Slßiberfprud^, loelc^er t)ier oorUegt, (ie^e fic^ alä „beu)nf5tlofe 3^1' ecfmäfug feit'' anäfpre(^en. !3)amit fod gefagt fein: ©eiüiffe ST^atfac^cn beuten einnml auf 3i^'ecfmäf3igfeit, jugteic^ aber geigen fie an, bafe bie ®inge felbft, moran fid) biefe geigt, nic§t bie lUi;eber berfeben finb, fonbern ba^ eä eine iljuen unbewußte ift. ä^^^rf^iöfeigfeit jebod) fe^t Semufstfein, 3tbfi($t, Sßitten üotauö, nnb 33euni^tIofigfeit fd)lie^t 3lbfic|t nnb eine gniecffe^enbe 3:'ptigfcit awSi. Wian fönnte alfo in ätjulic^er SBeife, loie bei h^n anberen ^sroblemen fagen: bie 3'^'ßrfi"öfe^9'feit ber 9]atur, mie fie gegeben ift, nämlic^ als bemufsttofe, ift togifc^ nic^t benfbar, it)ie fie aber allein benfbar ift, nämlic^ alö beunifete, ift fie, menigftenö in ben mciften ^äden, nic^t gegeben. 2)iefe «Scbunerigfeit mirb gelöft, mmn man über baö ©egebene tjinauögcljt unb ein beiou^teö, jroedfe^enbeä ^rinjip alö Urt)eber ber betreffenben j^ormen annimmt. 3l(Iein eine berartige 33ei)anblnng biefeS ^^sroblemä, foraie eine ©leic^fteflung beöfelben mit ben anberen nietapf)i)fif($en '^Problemen Ijat batum i^r 33ebenfen, loeil baö 3(bfi(^tlid^e in ben fogenannten 3^ußcffotmen a(ö fold^eä ni(|t in gleicher SBeife gegeben ift, nod^ gegeben fein !ann, alö mie j. 33. bie ^öeränberung, noc§ aud^ eine allgemeine Grfc^einung ber 9?atur ift. 2)effen ungeachtet aber unirbe an ber Sa($c felbft nic^tö 2i>efentl{(^eö geänbert, roenn bie 2(nnabme ber 2lbfic^tlid)feit auf einem not luenb igen Sc^luffe uom &C' gebenen berubte. 3(Üein cö wirb ficb jeigen, ha^ lid) biefe 3lniuil)me nur auf eine äBal)rfc^einlid)tett, wenn auc^ auf bie Ijöc^fte 3Bal)rfd)einIid)t'eit bringen läfet. Saburd^ l)ört bicfeö ''^'roblem auf, ein "^^U-oblcm gang in bemfelben Sinne ju fein, wie bie anberen metapljijfifc^en '^^robleme eö finb. 2)ie 3]eriiierfung ber 3(bfi^tlic^feit füljrt ni($t unmittelbar ju einem Sßiberfprud^e.
33ei 33el)anblung ber ^Teleologie in ber 9]atur werben nun folgenbc ^^unfte 5u beachten fein: 1) 3)ie ^e^ietjungen felbft, weldie auf einen ^Wid Ijinbeuten, finb
gegeben.
S;eIeo[ogie. 155
2) Sinb biefe Bestellungen iibevfjaupt geitlii^ entftanben ober kftefien fie üon CS'unofeit l)er urfprüngUd^?
3) 2Benn fie entftanben finb, finb fie bas äöer! bes 3»f(^ttä ober einer nbfid^tUd^en ^t)ätig!ett?
4) äßenn Stbfid^tlic^feit nnjunetjuicn ift, loem ift biefe(6e su^ufc^reiben : ben Singen felbft, an welchen jene Sejieljungen §u ^age treten, ober einem anberen ^sTin^ip?
114. 1) 2Im augenfättigften feigen fic^ bie fogenannten ^löerfformen in ber organifdjen 5iBelt. 93tan beachte ein einzelnes Drgan: eö ift ge^ bilbet im legten ©rnnbc aus einer nrgäljlbaren 9}ienge non 2ltomen. Siefe finb an fid^ fe(bftänbige äi>efen, !einö meift auf baö anbere t)in, unb bo($ muffen fie gerabe in berjenigcn Besieijung jn einanber ftetjen, mie fie jebeö einzelne Organ ^eigt, nrnin es feine iljm jugefjörige ^unftion ausüben foil. ^ebes einzelne Drgan Ijat ferner in ber -Wegel roieberum geroiffe ©d^n^organe. Stile ©lieber bes Organismus ftimmen bann mieber §u einanber; ©tifteme, bie an fid) felbftänbig finb, rate ,3^f)"6/ ^^Icinen, 5ßerbauungSwerfjeuge, ba^u bie geiftigen 3::riebe unterftii^en fid^ gegen= feitig. Sie Sejief)ung bcs ganzen Organismus ju einem anberen felb= ftänbigen Organismus uermöge bes ©efi^tec^tsunterfc^iebs jeigt, baf] ber eine auf ben anberen angelegt ift. (Snblii^ fteijen gange Siergef(^le($ter in einer foli^en 33e5ieijung ju einanber, ba^ eines gum Sefteljen ber anberen notmenbig ift, mie benn befanntliij^ auc^ bie (Srifteng ber Sicriuelt an bie ^^ftanjenmelt gebunben ift.
Serartige Sejiel^nngen uon an fid) felbftänbigeu 3(tomengruppen, ©liebern, ©tjftemen, @ef(^(e(^tern §u einanber gepren in ber organifc^en 3Belt ni(^t gu ben ©eltentjeiten, fonbern finöen \iä) burdjiocg. ^tjatfac^e ift bas burc^gäugige l^orljanbenfein folc^er Be^ieljungen. (Sbenfo geiui^ aber ift, ha'ii biefelben ben betreffenben ©liebern biefer 3>erl)ältniffe äufältig finb, bas t)eifet f)ier, baj? biefelben nic^t notmenbig aus ber 9latur jebes einzelnen folgen, biefem nid)t mefentlii^ ^ugetjören; am allenucuigftcn liegen berartige Begieljungen in ben 2ttomen felbft uon .§auS aus, nermöge bereu fie etma mit innerer 9iotu)enbigfeit in jene 33e§iet)ungen eintreten müßten.
115. 2) Man fönnte nun aber fagen: Siefe 33e5ie^ungen finb allerbings nid^t urfprünglic^, fofern man bamit eine ^um äöefen ber 3ltome gel)örcnbc Beftimmung meint, fie finb allerbings uii^t urfac^los, aber fie fönnen red)t moljl urfprünglic^ im seitlichen oinnc fein. C£s beftanben eben uon (^luigfeit t)er biefelben Bebingungen, loie je^t, unb baraus mußten
156 ®h)ig!eit bet Sßelt.
anä) von Qm^Mt i)n bicfefben SSirhinocn, tuie je^t, {jeroorgef^en. ^n biefein Sinuc bürfte bann ber Q^xt nad) uon jenen '^e^ieljunöen a(ö von ciüiöen über urfprünöli^cn, aber nii^t nrfai^lofeu bie Siebe fein.
hierbei finb unebermn brei ^raöepunfte ju nnterf (Reiben: a, nod) ber (Sunöfeit beö ©toffeö ober ber 3(tonie im allgemeinen, b, ob eine reale ^e§iel)unö ober ein @c[d)el)en überljaupt unter ben einseincu Sttomcn uon Gmigfeit f)er ntöglic^ ift. c, ob bie uns geoebenen 33e5ie()un0en, namentlich bie fogenanntcn 3iwcdfoi^tticn in ber organifi^en äßelt alä eroige nnb nrfprünglii^e gu betrad^ten finb.
a. ®ie ^^rage nac^ ber ßroigfeit ber Sttome ober beä ©eienben an fi(^ ift für bie gegeniuärtige 33etra(^tnng nidjt uon Gelang. Überljaupt genügt eö ber ^stjilofopljie wie ber 9tatnrunffenf($aft, bie ^e^ieljungen im ©egebeneu foroeit ju oerfolgen, bis fie roiberfprud)0frei gu benfen finb, ba§ ift erreicht, wenn man big ^nr 2lnna(jme von legten einfacl^en äßefen in unferem Sinne gelangt ift. 2)eren ä>or(janbenfcin nerfteljt fi($ üon felbft. Sie finb abfolut feienb, barin liegt, ba^ ()ier feinerlei 58eranlaffung mef)r norl)anben ift ju fragen, wo!) er fie finb. Sie finb bie legten Präger ber (Srfc^einungen, t)infid)tlid) be§ Seins über fie ^inauä ju gelten, Ijat bie Dlatnrforfc^nng burdjanö fein ^kbürfniö. 3)al)er ift in pl)ilo= fopl)i|(^en Si)ftemen faft bnrdiroeg bie ©luigfeit beö Stoffeö, geroöljnlic^ in ber ^orm eines (Eljaoö, angenommen roorben. 9liir bie panttjciftifc^en Si)fteme reben pnfig fo, als fei bie 9)?aterie anä) in S3e§ug auf bas il;r §u ©runbe liegenbe 9ieale gefd^affen; in Sßat)r{)eit jeboc^ roirb gleic^rooljl bereu (Sroigfeit beljanptet, inbem baS eigentli($e 2Befen ber ^elt in ber Subftanj (>)OtteS felbft eingefd^loffen nnb mitgefe^t ift.
b. ®ie anbere ^-rage, ob auc^ geroiffc 33e5iel;ungen unter ben eiuäelnen SBefen urfprüngUc'^ ber ^ät naä) benfbar finb, tjat nur .53ebeutung in einem pluratiftifd^en 9?ealiSnuiS. ^ie erften 'i^^ertreter beöfelben backten barüber oerfc^ieben. (Smpebocies lell;rte, bafs bie nier ©lemente nor 33eginn ber äöeltbilbung ungemifc^t aber boc^ nerbunbcn uon ber cpMa in einer ^^ugelform jufammcngeljaltcn rourben, baf3 alsbann ber Streit {remo^) oon auf^en I)er cingcbrungen fei mib bie gegcnumrtige Sonbcrung I)eniorgebra(^t (jabe; jroif d^en beiben ^i^ftänben, bem ber 9)(ifd^ung nnb Sonberung, beftel)e eine eroige periobifdie 3(broc(^felung. dlaä) 9(nai"agoraS lagen bie ber 31^1)^ n'^i^ iilein()eit nad^ unenblic^en (S-lemente fo jufanunen, ba^ jebe 3trt ganj mit allen anbcren nöllig gemifc^t roar nnb beöljalb nid)ts unterf^eibbar fein fonnte; biefem 6t)aoS machte ber rovg ein (Snbe nnb füljrte burc^ Sonberung ben je^igen äßeltsuftanb I)erbei. 2Dod^ aud^
®H)ig!eit ber SBelt. 157
naä) bcr (5nttiiif(^unö finb in jebein ®iuge alle ©(erneute uorfjanben, nur dei bell yerfdjiebeucu Sl^inoeu in üerfd^iebenei* ^JHfd^ung, unb werben na^ beni unterfc^ieben unb benannt, waä in feiner SJtifd^ung üoriuießt. ^a(;er jebeö S)inö eine TtavöTtep/xia ift. ®ie alten 3ltomi!er ©emofrit unb ßeucipp f($einen (jingeßen bie 3ltome urfpriinglic^ ifoliert uon einanber gcbac^t ju f)aben, fo ba^ fie erft in j^^olge it)rer 33eiiieöunoen auf einanber getroffen finb.
3tus ber ?iatut ber testen (Elemente in unfereni ©inne folgt meber baä eine, noc^ baö anbete, eö ift beut 33egi;iffe nac^ möglich, ,bafe bie ©leniente oljue alle ^e^ieljung ^u einanber üorljanben waren, eö l)inbert aber au(| nii^tä anjunetimen, ba^ fie ober luenigftenö ein ^eil berfelben ber 3eit n(i^ urfprünglid) in gewiffen S3e5iel)ungen, b. l). in einer geu)iffen 2Be(^fetn)irlung §u einanber ftanben. ®enn forbert auc^ ber begriff beö «Seienben, eä oljue alle inneren realen 33e5icl)ungen ju benfen, fo Ijei^t bie§ nur foüiel, baf? {"einerlei ©efdjeljen ol)ne IXrf ad^e ober fpontan an= 5unef)men ift. 3)aniit ift aber nid^t gefagt, bafs es Ijiftorifd^ einen ^^itpunft gegeben Ijaben muffe,*) loo loirflii^ jebeä einzelne äßefen ifoliert unb relationöloö war, „^eitlofe ©uiigfeit ift für eine c^emifc^e ^erbinbung ebenfo benfbar alö für bie Elemente."**) ©§ fönnten alfo gemiffe ©leniente urfprüngli(^ sufamnien ober urfprünglii^ niiteinanber üerbunben fein.
c. hiermit ift iebo(^ bie eigentliche grage noä) gar nt($t berül)rt, um meldte eö fic^ in biefer §inftd)t beim ''Problem ber Ideologie l)anbelt, nämlic^ ob bie befonberen gegebenen f^ormen, namentlich bie Drganiömen, ol)ne jeitlic^eu Slnfang oon C5raig!eit Ijer uorljanben fein fonnten. 3liö)i um ein ©efdjeljen im allgemeinen Ijanbelt eö fi(^, fonbern um baö be- fonbere ^luecfmäf^ige @efd)el)en. ©ibt man am^ bie 5[l((jgli(^!eit eineö urfprünglid^eu ©efc^eljenö überljaupt ju, fo ift bamit über bie befonberen formen beö @ef(^el)enö, um meldte eö fi($ l;ier lianbelt, noc^ gar nic^tö entf erleben.
®ie natürlic^fte 33orftellungöart ift bie, baf3 bie 2Belt, mie fie je^t ift, einen §eitli(^en Slufang geljabt Ijabe, unb alle ^^oömogonien üon Sllterö l^er fe^cn otjue weitereö einen f öligen üorauö, fomie auc^ bie erfte Spefulation §unäc^ft Ijierbei ftel^en blieb. 2Illein eö traten bod) fd^on früljseitig 9Jteinungen fjeroor, meldte bie SInfangölofigfeit unferer 2Be(t auöfprad^en. %i\x bie ©leaten uerftanb fic^ bie (Smigfeit unb Uuyeränberlic^feit beö
*) 2Bie ^enbetoerl unb Äramär a. a. D. 230 f. annehmen, bgl. baju 3t. f. e£. ^f). IX. 163 ff., XIV. 52.
**) ^erbart IIl. 24.
158 (Stüigfeit ber Sßelt.
©etnä unb bainit bcr SBelt, rate fte im ©runbe tft, t)on felbft; anä) hzx ^etaflitifd^c ghi^ war üon (Snngfett t)er ftetö fic^ oeranbernb in Sc= luegung, welcher attmäljUd^ 511 einer 5lserbrennung hmä) ^^euer füi)rt, bann aber miebcr vom neuem feinen i^reis(aiif beginnt u. f. ro. ®er ©ebanfe einer periobif^en 2Öeltöerni(^tun(^ unb 'ißcltentfieljung ift überljaupt bem 2l(tertum jiemlii^ geläufig. 21m auäfüljrlidiften l)ai 2(riftote(eö biefc ^Uceinung beljanbelt, unb fie fc^eint auc^ auö feinen '^^srinjipien mit 9iot= toenbigfeit ju folgen. 3Benn man non anberen 2lrgumenten abfiel)t, fo tft junäc^ft bie ©runbtage alter (Srfc^cinungen nac^ 2lriftotele§ bie 9J?aterie, fie tft eä, auä melier alk^ wirb. Sollte fie felbft toieber ent= ftanben fein, fo müfste fie awä) awä etmaö, b. f). auö einer SJJaterie ge= morbcn fein, unb bieg würbe inö Unenblic^e führen. SBeil inbeä Slriftoteleö erfennt, ba^ bie 3)iaterie eigentlich bas nur ber 9}iögli(^feit nad^ Seienbe, baS jxtf ov, ift, fo trägt er 33eben!en, ber 9)iaterie baö pofitiue ^sräbifat ber (Smigfcit ju geben, ©oll auö ber 9)iaterie etroas 2Birfli($eö entfteljen, fo ift no^ baö anbcre ^^ninäip, bie gorm, erforberlid^. §infid)tli(^ berfelben fönnte eö gunädlift fc^eincn, alä muffe baö blo^e 3Sermögen ju mirfen ißvvapLi?) ^eitlic^ eljer fein, a{% bie mirflic^e 2:l)at (ivspyeia); allein fo ift eä n\ä)i. Samit ein 9}cenf(^ werbe, l;ei^t eö, mu^ fc^on ein 9)tenf(^ fein, märe alfo nic^t juerft baö ©efi^eljen mirflii^, fo fäme es überljaupt ju feinem ©efc^eljcn. (£ö mufj bemnad) auc^ ba§ anbere ^rin^ip, bie g'Oi"'»/ uon Gmigfeit tjcr aftio gemefen fein; unb ba ©leic^eö von ber 33eioegung beljauptet roerben mu^, meldte beibe ^^'rinjipien Sufamntenfüljvt, fo ift bie äöelt, wie fie ift, üon (Smigfeit Ijer fo gemefcn, roeil üon (Sioigfeit l)er biefelben ^ebingungen beftanben. 2lm loanbeU barften ift bie (Srbe alö ber uom g-ii'fternljimmel entferntefte Xeil beä Unioerfumö, bo(^ auä) Ijier Ijeirfd^t eine periobifc^e -ii>icber!el)r berfelben (Staatenenttuicfelungen , 9JJenfc^en, ©ebanfenbeioegungen u. f. m.*) tiefer le^tere ©ebanfen einer pcriobifc^en äßieberfeljr ganj berfelben ©rfc^einungcn imb bereu ^J>ernic^tung u. f. f. ift fpäter ein iücblingsfa^ ber Stoifcr geworben, ^ie neueren 2(nnal)men oon ber (siuigfcit ber 3öelt, inöbefonbere anä) ber Crganiömen gleicE)en bem allgemeinen 9{efultate nad^ im ganzen ber alten Sel)re uon einem euiigcn ^i5eftel)en ober einem fortwäbrcnben Kreislauf ber 2)inge, fie unterfc^eiben fic^ inbcö uon jenen namentlid) in jwei ^iunften. iSinnml finb natürlid) bie falfct)en Segriffe ber alten ^l)9fif, 5. S. bie Urfprüngli^feit unb (i'infad)l)eit ber ilreiöbewegungen
*) SSgr. ©iebed: SlriftotereS über bie etüig!eit ber 2BeIt. Qn 3t. f. cj. ^1^. IX. 1 u. 131. SDerfelbe: Unterfuc^ungen jur ©efc^ic^te ber ©riechen. ^aCe 1873. III.
S)er Btüetf. 159
aiiföcoeben (9ir. 12); ftatt beffen beruft man fic^ f)auptfQ($(id^ auf bie (Stöcbuiffe ber ueuercu Siaturnnffeufd^aft. ©obaun lucrben biefc 3(uf= fnffuni^en in ber Üeberseugunö eutiüicfelt, baf5 bmnit bie te(eo(oöif($eu -öetradjtunöeu f)iufä(Ü0, weil übcrfiüffig luerbcu. ßä fd^eiut uäinüc^ auf ber ^aub 5u liegeu, bafs, meun überijaupt ciu jcülii^er Urfprung ber 3Belt= foriueu im großen geteuguet inirb, awä) ein 5H)e(fiuäf5ioerllrfprun}jiuöbefoubere unb bamit bie 9(unabnu' eiueö Urijeberg ber 3iwerfmäf5io!eit auägefd^toffen ift. 2lttein bieg fotot noc^ uic^t. W^mn einmal öciüiffe formen al§ ^wedformen anerfannt luerben unb bereu euiiges 33eftcl)en behauptet mirb, fo liegt bie 3luual)me nabe, ba^ awä) ein juiedfe^enbeö ^riujip alä von ©mißfeit l)er tu ber äl^elt tljätig gciuefen ift. ©elbft sugegeben, bie 9Belt fei wefeutlii^ fo, raie fie ift, uou Gmigfeit ^cr gerocfeu, fo oerträgt fic^ bamit x^ä)t iuol)l ber ©ebanfe, baß aud) ein juiecffet^enbeö ^sriujip non ©roigfeit f)er mirffam getuefeu ift. Sieö ift bie 3}Mnung be§ 2triftoteleä. @r gibt ber teleologifc^en 33etrac^tung bie yiotuienbigfeit beö Sd^luffeö auf eine 5iüec!fc|enbe ^nteltigenj gu, behauptet aber, ba^ bie 2:l)ätigfeit ber^: felbeu in 53etreff ber äßelt eine eiuige unb fontiuuierlic^e fei unb ber 9ktur felbft inneiuoljue unb nic^t üou beut vovs auögelje.
Sie ?^rage nacb ber Gmigfeit ber Sßelt unb ber Organismen in§; befonbere ift alfo für bie teleologifc^e 53etra(^tuug uub bereu JHic^tigfeit iüol)l üon 33elang, aber ni(^t entfdieibcnb. 3luf ber anbereu Seite beuten jebod) bie naturu)iffenfd)aftlic^eu J'ljatfat^eu cutfdjiebeu auf einen jeitUdicu 3tnfang unfereä SouueufijfteutS uub namentlich ber belebten iffiefeu Ijin, meiere beu (Stjarafter ber 3i^^ec!uiäf5igfeit am auffallenbfteu au fi(^ trogen.*) 9)ian fte^t immer mieber oor ber ^rage: meifen bie fogenaunten ^\md= formen loirflic^ auf S^^'^de, 9Ibfi(^ten imb alfo auf ein geiftigeö "^sriusip ^iu?
116. 3) @ä liegt in ber 9iatur beä Q\v<;d^ä, ha\] berfelbe als folc^er uid)t tl)atfä(^lid) gegeben fein fann, ober bod^ nur für beu allein, weldjer fic^ felbft h^n 3wecf fe^t. äßeun ii^ eine 9teibuug uoruebme, um äßäruie in erzeugen, fo ift m i r allein bie erhielte 2Bärme als etroaä einem ^mcdc entfpredieubeö gegebeu, für jebeu auberen liegt nur bie 3:ljatfac^c uor, baf? auf 3ieibuug äinirme gefolgt ift. Selbft wmn ber anbere beobachtet Ijätte, n)ie id) bie äieibung uorualjui, fonute er bocb nii^t oljue lucitereö meiue 2tbfi^t erraten, iö) fonute ja aud^ etiuaö anbereö, j. ^i3. ©leftrisität beiüirfeu luoUeu, icb fonute auc^ gar feine 3tbfic^t babei Ijab^n. Sllfo aud^ in bem ^alle, ha^ eine 3"lßüi0enä sroei (S'reiguiffe als Wütd uub ^mcd
*) aergt. ju biefer ^-rage: ©ovneliuS: bie ®ntftel;uug ber SBett u. f. »ü. ^atte 1870 unb 3t. f. es. ^^. X. 177 ff.
160 • S5er 3ivcd.
ücrtniuben f)at, ift bo($ biefe nbfi(i)tHc^e ^ßerlnnbuuö al§ abfic^tlic^e mir bcni 3i^^fdicfec"5)en allein t()atfäc[)Uc^ ö<^Oci^'^»/ fi'i-" (^^^ anbcren ift fie nur crfc^loffcn. SInberö uerljnlt cg ficd auc^ mit ben foöenannten 3^^^ßdformen ber Dröaniönien nic^t. 2Benn n)ir a(ä 3'y6cE bie ©rtjaltung beö ^n- biüibiuiniö iinb ber ©attung üorauöfe^en, fo ift bie (Sinric^tunfj ber Dr0aniönien allerbings fjöd^ft ^lyerfniä^iö. 2l6er bie ^^ragc ift hk, ob man berechtigt ift, jene (Sffefte ber befouberen Dröanifation alä ^wed an§ufe(jen. ©egeben alä foI($er ift er nid^t unb fann eä nirfjt fein.
@efe|t aber, eö märe unumftö^Iic^ fic^cr, ba^ jener ßffeft S^cd fei, fo ()ätte bo(^ bie erüärenbe 9iaturu)iffenfrf)aft mit biefem @eban!en burrfjauö nid^tö gewonnen, äöenn irf) anc^ uieif3, baf3 jemanb burd) S^ieibung ^ärme erzielen loill unb erjiett Ijat, fo ift mir ber SSorgang, mie 9ieibung bie äBärme uerurfadjt, um nichts fiarer, aU mtnn \ä) jene 2][bfic^t nic^t fenne. ®ie erflärenbe Staturforfc^ung get)t barauf an^, für eine ©r^ fcfieinung bereu Urfai^en aufjufurfien; ift i!)r bies gelungen, Ijat fie bie betreffenbe ©rfd^einung alä ben notiucnbigen ©ffeft auf geioiffe 33ebiugungen jurücfgefiU)rt, fo lat fie bie ©rfdieinung er!(ärt. 33ei biefen Unterfuc^ungen wirb bie ^rage in 33etreff be§ ^i^'^cfeg gar nid^t angeregt. ®enn ob ber betreffenbe ©rfolg alä ^mcd angefetjen loirb ober ntd^t, baö uermel^rt meber, nod^ uerminbert eä bie Stn^at;! ber 33ebingungen, loie übertjaupt bie 3InnaI)me ober 3]eruierfung be§ B^ecfcS an bem 'i>ert)ältni§ jmifd^en ben 33ebingungen unb bereu SBirfungen burd^auä ni(^tö änbert. (Sä ift freiließ ber Qwcd mä)t feiten felbft alö eine ber mirfeuben Urf ad^en, ja als bie cinjigc loirfenbe Urfad^c aufgefaßt u)orben, unb nmn (jat geglaubt, menn eine Grfc^einung nid^t fofort auf iljre ^ebingungen 5urücfgcfiif)rt werben konnte, ftd^ berul;igen §u fönnen mit ber Slnnaljme, ba§ betreffenbe Drgan fei eben jum ^wcde ber ^eruorbringung jener fraglichen ©rfc^einung gefcEiaffen. Sieä ift bie 2tnfd^auung ^^latoä unb jum S^eil oon 2triftotele§.*)
*) hierbei möge an eine Semerfung 2;i^i(o8 (®efd)ici^te ber gried^ifd^en ?pi^t[oyo^3l^ie. Götzen 1S76 ©. 67) erinnert föerben, tvel^e fic^ auf bie 9ktwr; ^)l^iIofo^jl^ie faft aßer Seiten übertragen lä^t: ©g ftel^en fid^ jtuei Derfd^iebene 2ßert= anfid^ten gegenüber. 2)te eine [ud^t baö ®cfc^)ef)en in ber Sßett auf rein niec^anifc^em Sßege ju erffären, inbem fie baSfelbc auf a3eJregungen ber 3ltome jurüctfü^rt unb biefe 23eir>egungen nicl;t bon einer bernünftigen Urfad^e ableitet. 3)ie anbere (an: l^ebenb mit 5ßt)t^agorag) bagegen ad^tet auf bag 3*bedEmä§ige, ©d^iJne, ©eorbnete in bem ©efc^e^en unb rclurriert jur GrÜärung begfelben jute^t auf eine iöelt^ fc^ö>3ferifd;e QntcIIigenj. 2)ie erftere, bie ^^bfitarifd&e, lüirb innerhalb ber gried^ifd^en «ß^ilofopt)ie öon ber jiveiten, ber äftl^ctifd^ = teteoIogifd^en, Jtaturanfdjauung ^au^t= fäd^rid^ burd^ ben ©influ^ ^ßlatog in eine untcrgeorbnete ©tellung jurüctgebrängt.
Sived unb Urf ad^e. 161
©eöen eine bevartiöe 2tuffaffunö bet ^eleoloßie richtet ©pinoja feine ^eftreitung ber 3iy<^<fiii"fa^^" w ber 9ktur*) unb will öon einem ©nvc^brec^en ber Kette ber natürlii^en Urfac^en nic^tö wiffen. (Segen biefe a^orjMunö beä ^mdt§> gelten bie äßorte ^aconä t)on^erulam, bie erforf(^enbe ^-l^ernunft werbe baburi^ in ber 3(uffinbung ber luirfenben Urfac^en träge gemad^t. Unb ein großer ^tjeil ber mobernen 3Mnx- forf($er f)at gleii^fadö nur biefe feljlerijaftc Raffung ber 3^i^*^<i»"«B^0^'''it int 2{uge, wenn bagegen u. a. geltenb gcinad^t wirb, ein suüuiftiger Qn- ftanb, wie ber ^mtd ift, !ann nic^t auf ben gegenwärtigen S^iftiwb ©in= ftuf? traben.
derartigen 33e!ämpfungen ber ßwecfurfai^en in ber 9iatur wirb man üottfommen dkä)t geben muffen, Unred^t Ijaben fie nur barin, bafj fie meinen, bamit bie teteologtfc^en Betrachtungen übertjaupt getroffen ju i)ahm. SSeil bie 9)kinung fo aKgemein verbreitet ift, bie 2;e(eoIogic woKe an bie ©teEe ber erforfcf)ten ober no($ ju erforf djenben loirfenben Urfac^en bie ^ii^ccfii^'f'^'^'^" fe^*^n, wirb eS uon einigen 9iaturforf(^ern fogar aU Slufgabe ber äßiffenfd^aft Ijingcftellt , bie B^ß'fiii-'ffl'^ßii «itö ber 9Jatur §u uerbannen.
117. 9Bie gefagt, eö beruht bies attes auf jener mangelfjaften 2tuf= faffung ber 3^^'c^iti1^(^c"- ,,SÖer bie Gnburfai^en burc^ bie wirfenben Urfac^en üerbrängt glaubt, irrt ebenfo fctjr, als wer burd) ©nburfac^en bie Sluffuc^ung ber wirfenben Urfai^en entbefirlid^ mad^en will. S)enn wo etwas abfic^tlid^ ueranftaltet wirb, ba werben wir!enbe Urfac^en in ben Sienft ber ©nburfac^en genommen; fie wirfen aber babei nad^ il;ren
©ie berbtente e§ infofern, al§ fie bie ©ntftel^ung ber gegeBenen SBelt auf ben Qu^aU jurüdfü^rte, im 9Jateria(i§mu§ ftetfen blieb unb bie äft^etifc^e 2ßeltbetrad;tung Der; nadjläffigte. 3luf ber anberen ©eite aber mu^te bei ber einfeitig äftl^etifrf;: teIeo(ogijd}en 3lnfid^t bie eigentUd^e SfJaturerüärung üer!ümmern. ^l^rer allgemeinen 9iatur nad} finb beibe 2(n[ic^ten nid^t unvereinbar, 's^a ba§ 3*i^«^wttBi9e a^^^i) nadl) 9Jaturgeje^en, inenn aud) nad^ einer eigentümlid^en Äombinierung berfelben gefd^iel^t. Unvereinbar iverben fie nur bann, lüenn bie pf^iifüalifdje 3[nfid;t jum 3JJateriaIigmu§ iüirb, treil bann bie SCnnal^me einer fc^ö^ferifd^en ^nteßigenj unmijglidj ivirb. ®em reinen Q^'jaU aber jene eigentümlid;e Äombinicrung, auf Jüeld;er ia^ ^i^edmä^ige beruht, jujufdireiben, erfd;eint al§ 2:^or^eit unb Ungebilbet^eit. 2Iu§ biefem ©runbe ftel)en bie ti^eiftifdjen unb :|)ant^eiftifd;en ©l;ftente, loeil fie beibe eine tveltbilbenbc SJernunft annel^men, ber materialiftif^en 2lnfid;t gegenüber unb fül^len fid^ burd^ biefen gemeinfd^aftUd^en ©egenfa^ miteinanber Derivanbt, obiüoi^t ber ?pantl^ei§mu3 in !onfequenter ©ntiüiderung ebenfcluol^I jufe^t auf ein nid;t vernünftige^^ ^rinji^) l^inauöläuft, »wie ber SJJateriaUSnxuä, freilid; nid^t auf ben Qn^aU, fonbern auf bie blinbe |)eimarmene be§ abfoluten SBerbeng. *) 3t. f. es. W VI. 403 ff.
%lüatl, S)te ^Probleme ber ^ijUalopfjU. H
162 SiffcE wnfe Urfad^c.
ciocnen ©efe^en, alö ob feine (Snbutfa($e fie an ben ^la^ geftettt ^ätte, fo bafe ber ^(jijfifer aüc Statur^iüecfe gar luof)! ionürieren, aber baruni fie !cinesn)eö§ leu^^nen barf."*) äßeun, um noc^ cinmat ha^ obige ©(ei^niß 3U oebrau(|eu, auf 9^eibung 9Bärme folgt, fo Qcm^t e§ beut ^^i)l)fifer, bie 9ieibuuo a(ö bie Urfac^c bcr SBäruie unb (entere alö bie notioeubige ^olgc ber Dieibung an§ufet)en; ba^ jemanb bei ber 9teibung bie Stbfii^t getjobt i)ai, 2Bärme §u erzeugen, änbert au bem Gaufaloerijättuiö uic^t ba§ ©eringfte. Hub fo uerftefit eä fic^ burc^ioeg gang oon felbft, baf3, nmm rorauögefe^t mirb, alle ^ebiuguugeu §u einem ©reigniffe, alfo etioa jur ©ntfteljung eines DrganiSmuö feien oorijanben, anä) ba§ ©reigniä atä ber notnienbigc Gffcft ofine Bögern eintreten nui^. ^aran ift burd^auS nicfitä SBunbcrbareä. 2(u(^ t)iufii^t(ic^ ber STiettiobe ber eraften 9ktur; forfi^ung, toelc^e bie beraitfenbe Urfa^e fuc^t, ^at man uom ^mcd^ ju reben feine 3?eran(affung ; obgleich anbererfeitö boc^ nicf)t ju leugnen ift, ba^ felbft §ur 2luffinbung ber luirfenben Urfac^e bie 3Sorau§fe^ung eineö beftimmten ^^mdc^ a(ä (;euriftifd^eö ^^ringip nic^t feiten uon ^ebeutuug getöcfeu ift.
§at e§ nun a(fo auc^ bur(^auä nici^tö SBunberbareä an \iä), foubern ift eö uielmeljr uödig erflärlic^ unb notuieubig, baf3 geroiffe 33ebingungen bcftimmte ©reigniffe jur ?^oige Ijah^n, fo mu^ man fic^ boc^ im tjö(|ften ©rabe ueriounbern, baf] in unsätjligen Ratten eine aufeerorbentiid^ gro^e 3ln5aI)I uon befonbcren ^^ebingungen in ber 3iseife fombiniert uorfjauben ift, ba^ bereu notiuenbige ^iifatttmcnroirfnug gerabe eine fo(($e ift, auä welcher ber betreff eube Drganiömuö §u feiner unb ber ©attung (Sr^altung ben gröf5ten 9iutien jieljt. 2( r ift o tele ä beiounbert 5. 33., ba^ attc ©etenfe fo eingerichtet finb, bafe fie bie ^eiuegung nac^ oorn jur golge i^ahcn, hai)u\, woipi auä) ber 33(ic! bog 2lugeS gerichtet ift. ^ebeä ©eleu! ift ron ber 3lrt, ba^ eine geiuiffe 2In§al;l uon ^eiuegungen auSgefüi;rt werben !ann; Urfaclie biefer 33eroegungen ift ämx bie befonberc (S-inric^tung beä ©elenfeä, nid)t aber etroa baä 2luge. (Sbenfouieuig finb bie ©elenfe Ux- fac^e beä 8et;enö überl)aupt. ©eun^ aber ift, bafe ba§ (Sctjcn auf^er; orbent(icf) unterftü^t wirb burc^ bie 33cnieg(ic^feit ber ©cicnfe naä) uorn, unb ebeiifo lieber bie ilunftfertigfcit ber ©e(cn!e burd^ ben 33Iicf beö 2lugeö naä) norn. Cber nmn analijfiere ficE) anbere g-älie unb man tljue bieä unter 3ugrunbclegung bcr 3(tomiftif, fo uiirb bie Slomplisiertbeit, bie f)ier in einem jeben eiuäelnen galle oorlicgt, no^ ein(cud)tenber. 9hui er:= fiebt fi^ bie grage, loenn es eine ßeit gob, wo bie 3(tome als bie testen
*) ^ e r b a r t I. 6.
2)et Sluetf bei Äant. 163
Ui-fac^eii ber (Stf(i^einunö nod^ ni($t in ber aSeife bctjammeu waren, toic
fie fid^ in ber organifi^en 3i>elt finben, tüo alfo and) bie betreffenbe
^^sirfnno nod) ni^t eintreten konnte: waä war eä, raaS jene övabeju im=
5ät)liöen 3ltontc ßerabe fo orbnete, ba^ eine folc^e SBirfnno I)eraus!mn,
meiere nic^t bioi al§ fpd^ft jwecfmä^ig erfi^eint, fonbern tüirfüd^ anc^
5H)ecfnmJ3io ift in Sejng anf eine beftinunte Seiftung beg Organa? Unter
ben unsäljligen 3ltomen iimren unjäljüge ^Kombinationen möglich, üon itjnen
aUm bnrfte nur eine toirflic^ werben, in atten anberen fällen luäre etiuaö
Unäuiedmä^igeö, raenn fc^on in oielen fällen eturns oiefleii^t Ü^b^n^-- unb
gortpftansungäfäljigeö jn STage getreten, ^ie grage nac^ beni Urfprung
ber Quiecffornien, ial)tn wir, loirb aderbingS ba iiberflüffig, wo ein folc^er
übertiaupt geleugnet wirb, obwol;l bie 2tnnai;me eineä ^wedfe^enben
^:prin5ipö ui^t baniit abgewiefen ift. Zottig überflüffig jeborf) werben
bcrgieic^en 33etrad)tungen, wenn ßwecfformen über!)aupt nid^t anerfannt
werben, ©ewiffe neuere 9iaturforfc^er fe^en, um bie 33ewunbcrung ber
3wecfmäfeig!eit in ber 9]atur abjufi^wä^en, berfelben bie augenfc^einfi(^en
UnjwecfmäJBigfeiten entgegen. Slttein unter biefen legieren nerftel^en fie
entweber befonbere ätbnormitäten, bie im S^erglei^ §u ben t)errf(^enben
Ratten nur oereinjelte 2luönaf)men finb, ober man rechnet alleö baS ju
ben Unswedmä^igfeiten, wa^ bem 9Jienf(^en f($abet, unb wä()(t alfo ein=
feitig baö äu^erlic^c äßoljt beö 3)Zenf(i)en jum ©efid^töpunft. ^Mn !ann
bieö alleö zugeben, inunerljin bleibt no(^ eine auf3erorbent(ic^e gütte uon
^wccfmäBigieit übrig, bie notwenbig ftets wieber auf ein 5wec!fe|enbes
^rinjip beutet. 9iabi!aler oerfut^r Slant, inbem er ben 33egriff ber
Sweimä^igfeit a(g eine nur menfi^lic^e 2tnf(^auung§weife anfaf), ber aU
fo(d)er in ber 9iatur felbft nid^tä entfpräi$e. ©o wie wir mä) Rani
9täum(i(^eö feljen, wäljrcnb boc^ bie ®inge ber 9]atur in äBaljriieit ni($t
räumlii^ georbnet finb, fo erblic!en wir au(^ 3wecfmä^ig!eit, wo ein
berartiger 3iiföi"iiient)ang in ber realen 2Bett gar nic^t befteljt. 2Bir finb
e§, bie na^ ber eigentümli($en Einrichtung unfereö ©eifteä 9iäum{i($cö,
3eit(irf)cö, ilaufaieö, S^^ecfmäfsigeö u. f. w. in bie 9ktur I)ineintragcn. ^w-
beffen unterliegt biefe 9(nfd)auungöweife benfelben 33ebcn!en, alä bie 3tn=
na^me ber 5lategorien (im ilant'fd)en Sinne) übert)aupt, unb jwar in
no6) ^ötjerem Örabc, ba bie 9iaumanfc^auung überall in ber 9iatur an-
gewenbet, .3ii'ßclwöf3igfeit Ijingegen nur in einzelnen fällen bewerft wirb.*)
(2o wie eä unä nic^t möglid^ ift, überall in ber 9iatur einen 3iifö""nen:
*) Sie yiaiüt mü^te un§ unter jener S5orau§fe|ung burd^lneg jtüecEmä^ig cr= jc^einen.
11*
164 2)er 3"fatt.
lang t)on Urfa(|e imb 9Btr!ung gu feigen, fo xft eö im§ eknfo iinmögltc?^, überall 3^ue(fmäj3t0feit ju crbltrfen. ^ti geroiffen Se5iel)un0en üermögen wir foli^e ju cntbeden, in anberen nii^t. 9Bir muffen beninad^ benfelben ©($hi§, wie im bem SMunüic^cn, 3^itf^c^^» ii^^b c^anfalcn niacj^en, nmn= Uc^ es nuij3 bem, mag uns räumlich unb mas «nö jroecfmäfjiö erfdjeint, auc^ etiuaö befonberö ©eorbneteö in ber obieftiuen SBelt entfprei^en.
118. Sßir werben alfo wieber anf jene ^ragc nac^ bem Urfprnng ber befonberen Kombinationen unjäl^üger 3ltome, bie nii^t von einanber abf)ängen, getrieben, nnb §war ftettt fic^ nun |ier bie ?^rage rein t)erauä: war e§ B^ff^^i o^<^^' 3lbfi(^t, waä jene 3ltome gu ben betreff enben .Kombinationen jnf annnenf ütjrte ?
3unäd)ft bie ^rage: waren benn jene ^Kombinationen auö bloßem 3ufaII mögli($? Sic abftrafte 9[ltögli(^fcit läf3t ft($ nic^t leugnen, ßine Unmögli($feit liegt nid)t in ben einselnen Oualitäten ber (S'lemente, läge fie Ijierin, fo Ijätte auc^ feine no(^ fo mächtige ^sntettigen§ bie gegen= wärtige 3Belt mit iljren 3'yc'^fonnen Ijerüorbringen l'önnen, benn eä lüürbe babei cimi uorauögefe^t, ba^ eine folc^e SBelt in i§rem S3egriffe unmöglich fei. 3tuc^ in ben äußeren Sagenner^ältniffen ber legten Elemente fann eine Unmöglic^feit nic^t liegen, benn eg läf^t liä) immerl)in ol)ne Sßiberfpruc^ benfen, ba^ jebes Clement gerabe bie Sage ober 33ewegung Sufätlig Ijatte, bie eö Ijabcn mufste, wenn bie 53i(bung ber 3Belt uon felbft äu ftanbe fommen follte. Wlan beljauptet alfo nic^t gerabe etwaö 3"= fid^;wiberfpre($enbeä, wenn man bie zufällige ^ilbimg ber SBelt an- nimmt, f owenig ber etwas gerabc5U Unmöglii^eö ober Sßiberfpred^enbeS beljauptct, ber a\\Q einer zufälligen Slneinanberreiljung unb 9ßieberljolung ber 24 ^u^ftaben bie öcbii^te ^omerö ableiten wollte. 2)aö eine ift cbenfo abftraft möglich, aber ebenfo unioaljvfcljeinli^ alö ha§> anbere.
9Benn bie alten Itomifer, Seucipp, Semocrit rmb ©pitur, bie (Sntfteljung ber 2Belt auö bem zufälligen 3iif'^i""icntreffen uon Gliomen leljren, fo Ijatte eine fold^e 3tnnal)me für fie nic§t ba§ Ungeljeuerlid)e wie für uns. ^ene aljntcn nic^t uon ferne bie grofse Kompliziertljeit ber Se= bingungen für bie gemeinften organifc^en $^orgänge, fie waren naii) genug, wie Sucretiuö, bie 93ilbung gcmiffcr auögebilbctcr Siliere auö S($lannn nid)t nur ju glauben; fonbern ju meinen, fie mit eigenen 3(ugen gefeljen ju Ijaben. Unter ben bleueren ift cö namentlich Darwin unb meljr noc| feine Stnljänger, weldie ben ^Iserfud) mad)cn, bie (£-ntftcl)ung ber Organiömen am reinem 3iU"«lle abzuleiten. 33ei biefem 9>erfuc^e wirb nid)t angenonunen, baf3 bie (S-lemente uon norn Ijcrein einjig unb allein biejenige Sage ober ^^ewegung geljabt Ijättcn, weli^e bie ßnlftcljung ber
35er 3*»««* Bei 2Inax:agora8. 165
3niccffovmcn jut ^otge (jaden imi^tcii, fonbern bafs uon unj^äljlij^ inößttc^cn 33ilbunöcn anä) unjäljUßc uiirfUd^ luurben, ba^ aber uon biefcn nnv wenige Ie6enö= iinb entiüidelunööfäljto roaven, weit natürlii^ nur bei einer üer= (jttltniöntäfsig feljr {(einen 3tn5a(jl uon Ratten alle Uniftänbe öünftig waren. 3)ie weniger uom B^fatt begünftigten formen gingen unter, unb fo ent= ftefjt ber iSd)ein, aU ob überijaupt nur 3^uec!niäj3igeä gcfc^affen fei. 33on hm uielen (l)egengrünbcn gegen biefc i^eljrc möge ()ier abgelesen werben,*) nur baö fei ()eroorge|oben, baf3 ber 3>erfuc^ ®arwtn§, bte ^ilbung ber 9BeIt auö bem 3wfotte abjuteiten, feineöwegö rein ift; uielnieljr tann er jum 33ewei6 bienen, bafj boc^ immer auf bie eine ober anbcre SBeife ein §wec!fe^enbeö ^^rinjip eingefüljrt werben muf3. ©o tritt t)ier bie fogenannte natürlid^e Siii^twatjl faft wie ein intetligenteö ^rinjip auf, weldjeö ftetä auf baä 33efte feiner ©efi^öpfe bebac^t ift unb jeben fteinften 5ßorteit ju benu^en wei^.
3ft nun ber blo^e 3"f^M bei ©ntfteljung ber DtganiSmen auä:: gefi^Ioffen, fo bleibt mir bie 2(nnat;me uon beffen Gegenteil, nämliij^ einer abfic^tlid^en ^ilbung übrig.
119. 4) 2(t§ ber erfte unter ben namtjaftcn ^(;i(ofoptjen, welcher ein geiftiges ^rin^ip annaljm, lun barauS bie (^ntftetjung ber äßett ah guleiten, wirb Stnai'agoraä genannt, ^on .it;m ^ei^t es, er erf($eine mit biefer feiner 3(nfic^t als ein ^Ißac|enbcr unter ^Träumenben. 33on «Sofrateä, ^lato unb namentlid^ 9(riftoteIe§ wirb alöbann fo nai^- brüdlic^ auf bie 3iüecfmä|3ig!eit in ber 9tatur oufmerffam gemad^t, ba^ bie ^t^eleologie feitbem ber ^tji(ofopt)ie niemalö wieber gan§ abfjanben ge; fomnten ift.
2(naragora§ uafjm a(§ pecffe^enbes ^rinjip ein uon ber übrigen Söelt fubftantiett uerfi^iebeneg äßefen, vovc^, an. ^lato, 3(riftoteleä vmb 3f^euere nmc^en ifjui ^um ^^orwurf, er t;abe fic^ m($t näljer barüber ausgelaffen, wie er fic^ bie äöir!fam!eit beS rovg ben!e, \a er erf($einc feinen fonftigen 3tnfi^ten nac^ überftüffig, weil boc^ überall ber SSerfud^ genm($t werbe, bie (Srfi^einungen auf pt)ijfifa(if($e Urfa{$en jurücfjufül^ren. Snbeffen bürften bie Gabler einen weniger richtigen ^i^erfbcgriff (;aben, alä tf)n uieHeici^t 2lnaj;agoraS fiatte; benn ber 31^^«^ ober ^in ^wcd- fe^enbeä ^rinjip fott ja bod^ nid^t felbft hk affeinige Urfac^e be§ ©reigniffeä felbft fein ober ofjne aJiittelurfa($en wirfen unb fo bie eigentlichen
*) »gr. baju ©0 melius: (Sntfte^ung ber aCßelt u. y. h?. 1870. ©, 147 ff. unb Sallauff: 3ur 9?eligion§^Pofo^l^ie in SiUerä Qa^rbud^ beS SSereinS für n)iffen= fc^aftlic^e ^äbagogif. 1873. 33. 90. D. grügef: 2)a8 ©eelenleben ber ^^iere. 1886. ©. 71 ff.
166 2)« 3*»«* l»ci 2rri[totere§.
pt)t)fi!alif(^en Urfai^en erfc^en, fonbetn biefe werben nur in ben ^ienft einer (Snburfacle öenommen. ^öei 3lnaj;a0oraä rairb otterbinöä ber vovs suglcicf) jur ein§ioen unvfenben Urfad^e, roeil er benfetbcn aU bie Duelle aller ^raft betrachtet, imb bantit niag eö weiter 5ufantmenl)ängen, wenn bie 2IIten bem 3tnaj:agorag üorwerfen, er rufe nur ba ben vovg f)erbei, wo er mit ben pl)i)fi!alif($en Urfai^eu nic^t auööereii^t i)ab^. '^m übrigen ben!t er bie fd^öpfetifd^e 3ntelli9en§ alö f(^led^tl)in üoni ©toffe gefonbert, mit feinem ^inge oermifc^t, für fic^ 6eftel)enb, freiwaltenb, all^ bel)errf^enb, felbftbewu^t unb §wedmäf3ig Ijanbelnb. 3)iefe üer()ältniSmä^ig flaren unb richtigen ©ebanfen l;at 2lriftoteleä bei feinen eigenen 2lu0= einanberfei^ungen wicber nerwirrt. 33ei i§m wirb eä nie rec^t flar, tuem er bie ätbfic^t jufc^reibt. Sem rovs fc^eint er nirfjt bie ^wzd^, fonbern ben Urfprung ber Bewegung ju^uf^reiben, juweilen fc^einen bie formen ber ^wtd ju fein, unb alfo bie S)inge felbft fi^on mit einem gewiffen 6l)arafter be§ intelligenten beljaftet. ^ebenfallö fommt 2(riftoteles mit feinen teleologifd^en --öetrac^tungen burd^auö nic^t ju @nbe, fein @otte§= begriff löft fic^ nirgenb§ flar ah uon ben S3egriffen ber aöelt ober einer SBeltorbnung. Stuf biefer (Stufe ber teleologifc^cn Betrachtung ftefien axiä) bie ©toifer; bie Sewunbernng ber ^n-^ecfmä^igfeit, ber 3Beiöl)eit, bie fid^ in ber 9ktur funbgibt, ift iljnen felir geläufig. SOüt bem ©ebanfen aber ber 9Beiäf)eit unb Vernunft (Srnft §u machen unb auf bie ©riftenj eines intelligenten Url)eberä ber SBelt §u fc^lie^en, l)inbert fte namentlich il^re pantl^eiftifd^e Söeltanfd^auung, uon ber fpäter bie 9iebe fein foU. %n6) fie crl^eben fi($ nid^t über hm allgemeinen ©ebanfen eines Xoyos öTrsp/xatmos ober eines mundus ratione praeditus. 9}iit biefen nebclljaften Begriffen üon ber 3'^^^ff'»fiBiö^eit in ber Scatur Ijängcn no(^ einige anbere ^^'o^n jufammen, bie gleichfalls uon 2lriftotelcS ftammen unb bis jc^t bie tcleologifi^en BetracE)tungen uielfad) uerborben Ijaben, nämlic^ bie 9}icinung, als gef)e bei ben organifd^en formen bas öanje ben Steilen, bie äßirfung ber Urf ad^e woraus. 2)od^ ift bei Slriftoteles nod^ ber ridtitige Sinn biefer 2Borte erfennbar. 2Bie fein ganjes Senfen auf einer mangelliaften ^Verallgemeinerung gewiffer empirif d^en ^^orgänge berul;t, fo benft er fid^ f)ier einen Eünftler, ber 93?aterial t)or fid^ Ijat, um ein §aus ju bauen. Ser J^ünftler i)at babei einen ^WQd, nämlid^, bas ^awQ ju bewol^nen. '^}aä) biefem ßwecfe entwirft er einen ^slan ober eine 3bce bes Kaufes, nun fd^icft er fid^ an, baS 9Jiaterial nad^ biefer ;^bce 5U formen, barauf wirb bas ^auS bcwoljnt. Gl)e alfo baS .^aus gebaut würbe, war es f(^on fertig (nämlid^ in bem ©ebanfen beS 9JceifterS) , ober mit anbercn 2Bortcn, baS @an§e ging (in ©ebanfen) ben Steilen, bie erft nad^ ber
J)er 3t»ec( bei ben ^bealiften. 167
3bee oebilbet uub sufammengcfe^t würben, üorauö. ferner bie Utfac^e, bafe baä ^auö gebaut raurbe, mar ber 3^t)ß<f/ bie 33eniof)nurtö beäfelben, oJine biefeii wäre es iii(^t öebaut morben. 3" 3BirfIt(^!eit erfolot abet baä Seii)ol;nen erft, menn baä ^auö fertig ift. (So ift ber B^w^cE/ bie 33euiof)mtnö, bie Urfad^e ober baä 9}^otio iinb jugleic^ bie 3Bir!ung (in 9Birf(ic^feit) bcö ^aufeä; ober man faun aud^ jagen, ber ^mtd, ha^ Mnftige, baö ^^eiuirfte (näinlid) bie 33eroof)nung alä 9JZotio gebac^t) ge^t ber Urfac^c, hem rairflii^en 33auen uorauö. JDiefeni trioialen ©ebanfen gibt 2lriftotele§ baburd^ einen befonberen ©i^ein, ba^ er oon bem einzelnen ^atte abfiet;t unb bann blo^ ntit ben abftraften Segriffen operiert. 33ei ben organifc^en Öebilben freien e§ nid^t nietjr erlaubt ju fein, oon einem .^ünftler, ber einen beftinnnten ^wcd reaüficren loilt, ju reben, unb fo befam ber ©ebanfe beö ^votäz^ eine geioiffe ©elbftänbigfeit , ber fic^ felbft 5u oerroirfüc^en ftrebt unb in ben Organismus felbft ^ineingebac^t werben tnu^. ©o werben benn jene Dieben, bafs bas (^anje ben ^Teilen, bie 3Öir!ung ber Urfad^e t)orangef)t, auf baS eigentliche ©ein unb @efd^et)en übertragen unb fütiren immer tiefer in wiberfpruc^Sootte ^^ermicfelungen. (Ss ift bemerfenswert, ba^ aud^ ^ant fi(^ nic^t allein aus biefen äßiber=: fprüd^en nid^t tjerausfanb*) , fonbern fogar tiefer in fie t)ineingeriet,. als er in ber ^riti! ber Urteilsfraft oon ber 9]atur als einem fic^ felbft organificrenben ©anjen, Don ben Organismen als t)on ©ebilben, bie uon fid^ felbft Urfac^e unb äöirfung unb nid^t nai^ bloßen 9^aturgefe|en mög; lic^ finb, üon einem anfd^auenben ^l^erftanbe fprac^, weli^er in ber 9iatur wol)t 3wec!mä^ig!eit fiel)t, aber nidlit ber 2lnnal)me einer ^wedfelenben ^ntettigenj bebürfe. hiermit ift bie Se^re bes abfoluten ^bealiSntuS non einer erb Statur immanenten unb wefentlid^ §ugel)örigen ^^edmä^igfeit fd^on üöHig üorbereitet. ^er ^bealismus im ©inne oon S (Delling unb §egel üer= !ennt baS 3wßcEttiä^ige unb ilunftoolle in ber Statur keineswegs, wei^ awä), ba^ berglei(i)en auf ^nteUigenj Ijinweift, biefe ^i^t^ffiö^i^S ol^er wirb ben 2)ingen felbft pgefd^rieben. 2Il(eS «Sein unb @efd^el;cn ift nur eine 9)?anifeftation ber allgemeinen ^bee ober 58ernunft (fogenannte immanente ^eteologie). SBaS äßunber alfo, wenn fi($ in ber ^iatur ^^ernunft unb äßeislieit funbgibt.**)
120. ©leid^e Übereilungen laffen fid^ gewiffe ^f^aturforfd^er ju fd^ulben !ommen, inbem fie bie 2tnnal)me einer f(^öpferifd^en, felbftänbigen Sntettigenj burd^ bie Sieben üon einer befonberen Sebensfraft ober formbitbenben
*) über ßant t)g(. in biefer Sejiel^ung ^erbart III. 135. **) 3Sgr. baju 3t. f. ej. ?ß^. X. 234.
^been imb STijpen üenueiben wollen, ober luenn fte, bie 9]atur im ö^o^^» pcvfonifisierenb, uoit bereu ©ebanfeii itnb ^Uäneit fpredien, a(ö fönne iimii bie 9ktur als natura naturaus ifjren Söerfen als einer natura naturata öegenüderftelkn.*) äßenn ferner non einer ber 9]atnr innnanenten nn^ beuni^ten S^i'cdntäf^iofeit oerebet wirb, fo ift bmnit woijl bas ^robiem, nid)t aber beffen £öfung tjinöeftellt. '3^mn haQ ift richtig, wenn übertjaupt ßiuecfmä^igfeit in ber 9]atur gefunben wirb, fo ift biefe eine unbewußte, b. f). man !ann fie ben Söefen, an meieren fie fi(^ funbtt)ut, ni^t als eine ^olge ilirer eigenen $ßernunft jufc^reiben. 3ln fic^ aber ift ber begriff einer itnbennifsten ^^sernunft ober Bwei^wäBigteit ein 9Biberfpru(^.**) Soll berfelbe uermieben werben, fo mufj bie 3»tclliöc»5/ f^i^f weldie bie Qwcd- mä^igteit notiuenbig beutet, entweber ber 9uxtur felbft, b. l;. im legten ©runbe ben 3ftomen, ober einem ^^rinjip, welches Don ber 9ktur oer= fc^ieben ift, beigelegt werben, '^m erften %aüc fommt man gu bem abfurbcn öebanfen, baf5 bie Itome felbft intelligente äßefen finb, bie begabt mit organifatorifd^en Talenten nac^ üernünftiger Überlegung p Crganiömen Sufammengetreten feien. ^a§ ift bie 2tnfic^t 5. 93. üon S^rofsbad^, nad^ il)m ift jebeS einzelne 2ltom gleid^fam ein swecffctienber ©ott unb bie ganje 9iatur eine ©öttergefellfc^aft.***) Ober refleftiert man, immer nod^ biefe biefe 3lnf^auung im ^^rinjip feftljaltenb, fpejiett auf bie 5lunfttriebe ber 2^iere, fo finb eä notiuenbig biefe felbft, wel^e beunif?ter SBeife \\ä) Ijöc^ft uernünftige 3we(fe fe^en unb fie mit ganj übermcnfc^lic^er 9BeiSl;eit aus= fiil;ren.t) ©eljt man l^ier befonnen in äßerfe, faf3t alfo bie 9ktur im Sinne ber Sltomiftif auf, fiel;t baS 2Sir!en ber 2ltome unter einanber als ooüfommen blinbes unb ftreng gefe^li(^es an unb Ijält feft, baB jcbes einzelne 2ltom ein einfaches Sefen ift oljue urfprünglic^e innere 3siell)eit (oljue 33ernunft), ol;ne urfprünglic^e intnmnente ^Jiclationen ober ^Triebe ju anberen l)in, fo wirb nmn nac^ naturunffenfc^aft(i($cr 9,lietl;obe ju einem üon ber 9latur felbft uerfc^iebenen, felbftbeiuufeten, 5U)e(ffc^enben ^Uinjip ober lu einem perfönlid^cn Schöpfer als Url;eber gunöd^jt ber gegebenen ^med- formen gefiUjrt.ff) SaS ift ber 3ßeg, auf welchem ^erbart hm ©lauben
*) S8gt. baju gflüger: S)cr 2JJateriaIi§imi§ u. f. \v. fiei^jig 1865. ©. 62 ff. **) ©ie logifc^c Unl^altbarleit cinc§ unbeiini^tcn (immanenten) 3*^f^^/ ^- '^- f*"«'^ inteUigenjloien ^ntcaigcnj ijat aud^ iiröntg erfannt: „Sa§ SJafein ®ottc8 unb baä ßlüd beä äJJenfd^cn, matertaUftif(^:erfal^rung§=^)l^i(ofo^)f)ifd;e ©tubien. SJerUn 1874. ***) ©. 3t. f. ej. ^^. I. 221 u. X. 203. t) ©egen bergtcid^cn f. D. glüger: 2)a§ ©ee^enteben ber 2;^terc. 1886. tt) 25ag ^at aud) $8aco öon aSevuIam crfannt. 33ct i[;m Sermones fideles XVI. de atheismo l^ei^t e§: „öerabe jene ^3^i(ofo^3f)ifd^e ©d^ulc beä Scuci^)^/
Qdjöpfn. 169
nii eine fc^öpferifd^e .^»t^Kirtenj für begrünbet Qnfief;t. 9)?it 9?ec^t l^at er icboi^ baö teleoloi3if($c ''^sroblem iiii^t mit in bie 9tei§e ber auberen ^5ro6(eme ber aüöciiicinen SJictapljyfi! aufoeiioinmen, einmal barum nid^t, meil bie .3wedformcH a(ä beabfiiiitigte nic^t geßeben finb, uo(^ gegeben merben fönncn, unb jum anberen, lueil baranö nic^t rein bcgriffsmäf3iö eine weitere ßrfenntniö abgcUntet werben fann, ba, mie roir fc^on anbenteten, ber ©($Iu^ anf einen perfönlii^en Urlieber ber 9iatur nic^t anf einem in ftrengem ©inne notmenbigen ©ebanfenfortfd^ritt bernljt, fonbern anf einer 2Ba()rf(^ein(idj!eit, bie aderbingö fo tjoc^ gebracht werben fann, ha^ eine ®ic^er()eit ber llberjengnng baranä folgt, wie man fie oernünftiger äöeife bei berg(ei($en X)ingen ni($t anberä verlangen !ann. hingegen glaubten wir ein uolles 9?ec^t ju i)ahm, ha^ Problem ber 3iye(fmäf3igfeit in ben Umfreiä ber .Hauptprobleme ber ^^sljilofopljie überl)aupt mit aufjunelimen, iurmentli(^ wenn biefelben ljiftorifc^=!ritifc^ belianbelt werben.*)
S)cmocrit unb ©^icur, bie bor allen anberen be8 2It^etämuö befd^ulbigt iüirb, gibt, naiver beleu^tet, ben Harften 58et»eiä für bie SReligion, benn e§ ift immer Jüa]^rfd^einlid;er, ba^ bie toier beränberUd^en unb ein fünfte§ unberänberlid;e§ ©lement (nad; Slriftoteleä), bie bon (Slüigfeit fo genau ju[ammenl^angen, feineä @otte§ be= bürfen, al§ ba^ bie jal^Uofen Sltome unb Äeime, bie o^ne Drbnung umherirren, biefe Drbnung unb ©djön^eit be§ äBeltallä ol^ne einen göttüd^en Saumeifter l^ätten l^erborbringen lönnen."
*) Söeitereä barüber f. ©orneliuS: SLekologifd^e ©runbgebanfen in 3t. f. e^. ^f). I. 413. S) r 0 b i f c^ : Steligiong^^ilof o^^ie. 1840. 120.
Zweiter Seil,
Pie ^roBfeme ber praßfifcpen ^(iifofopßte
unb i^re Jöfungen (ifßiR).
121. 5r)ie ^inge unb ©reigniffe geftatten eine boppelte SBetrac^tunö, eine t§eoretif(^e unb eine praftifc^e. Sie erfte ift gexid^tet auf baö, wag ift unb gefi^ieljt unb luie biefes unberfpxud^äfret ^u erflären ift, bie anbete f)at eä mit einer ^eurteihnig ju t()un. ^fjr gilt es atö foI($er gleic^üiel, ob baSienige, maö ber 33eurteihing üorliegt, wirflic^ ift; ober nur uorgeftettt unrb, ob eö wiberfpruc^öfrei erüärt ift, ober nid^t; fie be-- trachtet eö nur gerabe fo, wie es unmittelbar gegeben ift unb oorgeftedt rairb, unb fragt barnad^, welchen SBert ba§ auffaffenbe ©ubjeft bemfelben beilegt, ©ewiffe 3)inge unb ©reigniffe ermatten nämlic^ im ©eifte beffen, ber fie rorftedt, noc^ einen 3«!^^ ^^^ SSorjie^enö ober ^erioerfenö. SJiit biefem ^ii^a^^ be§ SSorjietjenö unb ä?ern)erfenä ober mit hin Urteilen beö Sobes unb bes '^aM^ Ijat eg bie praftifi^e ^tjilofopf^ie ju tt)un.
®a fi^ bas 'J^olgenbe allein auf baS (Stljif(^e bejieljen foH, fo mirb babei als Objeft ber praftifi^en S3eurteilung bas äöollen unb ^Ttjun ber 9Jtenf(^en ober allgemein ber SScrnunftiuefen in Setrad^t ju jielien fein. S)enn bie ®tl)i! foU feftftellen, melc^cö 'iserljalten gut unb welches böfe ift. Sie praftifc^e ^sljilofopljie geljt atfo wie bie tljeoretifdje junäi^ft uom @e= gebenen au§). ©egeben ift i^r jener ^n^a^, meli^en bie Dbjefte im ©elfte beä SSorftedenben erljalten, unb meli^er fic^ in ben Urteilen beä ©efallens ober 9JU^falIenS hmbgibt. Siefe Urteile finb tljatfäc^lid) gegeben; e§ fragt fic^ l)ier aber nic^t, une fie entfteljcn ober wie fie §u erflären finb, — baä ift eine tljeoretifc^e ^rage — fenbern üielntel;r, welche von biefen Urteilen ptreffenb finb, ober welcher ajfenfc^ bej. weld)eö ^^ertjalten bcs= felben in äßalirljeit gut ober \ä)k6)t genannt ju werben oerbient. ©arauf i)at es im ©runbe genommen uon jeljcr nur zweierlei 3lntwovten gegeben, bie eine: gut ift, was nü^t; bie anbere: gut ift, was abfolut gefällt. Ser Sinken beliebt )iä) immer auf etwas, bem es nü^t, unb Ijat oljue foli^e ^e§iel)ung feine ^ebeutung. SaS abfolut äßoljlgefällige Ijingcgen fennt feinen fol(^en äuf5eren S3e5iel)ungSpunft, um beswillen eS gelobt wirb; bas foll huxä) bie näljere ^öeftimmung „abfolut" auSgefc^loffen werben:
174 2)er antl^ro^jologifd^e ©tanb^un!t.
e§ öefäClt um fein felbft roillcu. ©ä ift a\\^ nid^t bie ^roöe: metii eö gefaßt? ©eantiüortet füunte mir tuerbeu: jebein, ber eä rein üorjuftetten üernmö.
®a§ gelb ber ©efc^ii^te ber Gttji! ober ber Unterfu(^ungen über baö (BwtQ; teilt fid^ unö Ijieruad^ in jraei ^eile. 5ßon bem einen §al)(rcid)eren 2^ei[e ber ©tl^ifer roirb baö ©ute aU etiuaö Stelatioeä betrachtet, nnb einem Singe, i)kx einem beftimmten (menfc^Iic^en) ^erljalten, nur ^ert beigelegt in 33ejug auf ^tma^, luaö ba§ Dbjeft ber 53eurteitung fetbft nid^t ift. 5l^on bem anbercn Gleite ber iBÜjihx mirb ber 2Beg ber abfohlten äßertfc^ä^ung eingefc^tagcn, meldte dmi von einem berartigen .53ejiet)ungg= punfte abficljt. ^m aügcmeincn fann mon babei bcmerfen, ba^ Sijfteme, meiere im ^(jeoretifc^en als bas cigentli^e SBcfen ber Singe nur etimä S^tcIatiueS, roie §. S. ba§ SBetben fennen, auc^ in ber pra!tif(^en Se= urtcidmg ben relatinen StanbpunÜ einnef)men; ba^ Ijingcgen ©pftemc, meiere baä Seienbe als abfolut auff äffen, auc^ im ^raftifd^en meift bie abfolute SBertfc^ä^ung ^um ^rinjip crljeben.
I. $%)fieme bet tetativm l^ertfj^ä^ujtrj.
122. Siefe ©pfteme antioorten fämtlicf) auf bie ?^rage nad) bem ©Uten: gut ift, maö nü^t ober maö begehrt wirb. 3^ nad^bem nun ber Sejie{)ungöpun!t, lueäiüegen ber SBiUe gelobt be§. getabelt wirb, ber yjienfi^, ober bie ©ottijeit, ober ber gefamte äBeltsufammcnljang ift, §erfaUen biefe ©i)fteme wieberum in folc^e, welche oom antljropologifc^en, ttjcologifc^en, foömologifi^en Stanbpunfte aua entworfen finb.
A. S)er antf)rD^oIogifrf)C Staub^junft.
123. SBie bereits gefagt, anä) bie praftifd^e ^l^ilofoptjic gcljt uom ©egebenen aus, von bcn tljatfäd^lidfien Urteilen über gut unb böfe. 2ln bicfen Urteilen, a(s bcn Xljatfac^en ber (Sl()if, fctjlt es im aügcmcinen feinem 9)(cnfd^cn noc^ ä>o(fe. 2(ber cttjif^e Unterfud^ungcn beginnen erft ba, wo biefe Urteile jum ©egenftanbe weiteren 9tad^bcnfens gcmad^t werben, unb biefe Unterfud^ungen ncljmcn wieberum erft ba einen cigentlid^en wiffenfi^aftlic^en (£f)ara!ter an, wo man nacb bem legten ©runbe hz^. Sejieljungspunfte forfd^t, um beSwilten etwas gelobt ober getabelt wirb.
©et)r lebhaft würbe barüber unter ben @rie($en jur S^it ber <Sopt)iften t)ert)anbelt ; e§ ift wal)r, längft üorf;er gab eä l^ier, wie unter
2)ie «So^^iften. 175
nnberen ^^ölferit trepdie 9)(cnf($en, (Sitten, ©efefee, ©tttenfprüd^e, biefe le^tereu tüol;! ai^ 511 einer 3(rt ®i)ftem jnf ammengefiiot , baö @nte war Oefannt, gelobt, enipfotjlen, baroefteHt, eä roar barüber ge^iüeifelt unb o^^ ftritten luorbcn. 2lber bie eigentli^e ^rage nad) bem legten Sesiei^nngö^ punfte, foiDie bie uerfc^iebencn 3(ntiuorten barauf treten unö erft ^nr ^dt ber öried^if^en ©0|)t)iften entöegen. ^aö Söebürfnis, über baö, was gut ift, sur iUarfieit ju fonnnen, nmc^te \iä) um fo meljr gcltenb, aU banialä bie einjeinen (Staoten immer xeii^er an inneren unb äußeren Se^ieljungen würben unb mit itjren uerf^iebenen ^etfaffungen unb Diec^töbcftimmungen einanbcr näfier gcrücft waren. 2)er Ginseine fonnte alfo ^Sergteid^e an^ [teilen, e§ wirb iljm nid^t immer gerabe baä §eimif($e als baö Sefte er= fcf)ienen fein, eä nullte \i6) in nurni^er ^infit^t ein geiuiffer 3i»iefpalt in bem (Sinjetnen 5wii($cn bem inbiuibueHen unb bem ©emeinbebewufstfein {)eraugftcllen, ein Siuiefpalt, ber burc§ bie 'l^erf^iebenljeit ber Slnfic^ten einselner Ijetuorragenben ^'erfönticlifeiten über ha^i &i\tt genäljrt unb be= feftigt würbe. Üiid^tete fi^ alfo bie 2lufmer!fam!eit barauf, wie üerfc^ieben ein unb baäfelbe ron üerfi^iebenen 9)ienfd^en, ^arteten, Staaten, S^ölfern beurteilt würbe, fo war eö ganj natürlich, bafi eine 2tnfic^t ^la^ griff, weld^e baä Sittliche ober haQ @ute nic^t alä etwas ^efteS, 2IIIgemein= giltiges, fonbern als etwas Si^wanfenbeS, Sf^elaltioes betrachtete; Ijerrfc^ten bocE) anä) in ber tf)eoretif($en ^^Ijilofopljie nid)t minber unausgeglichene @egen= fä^e. ganb man alfo fefte 9cormen weber in ber 9iatur, noc^ im SJienfc^ens leben, fo war es natürlich, alle ©ntfc^eibung gan^ non ber eigenen Subjeftiüität abhängig ju benfen. ®aS @ute betulit nid)t auf ber 9ktur, {(pvösi), fonbern auf bem Übereinfommen (vo^gj), Ijatte bereits Semocrit geleljrt; eS fann balier burc^ bie Kunft ber 9itebe balb bies, balb etwas anberes jum @uten gemacht werben, unb für htn einen wirb bieS, für ben anberen jenes gut fein. S)ieS ift ber ©runb^ug ber ®tl)i! bei ben (SopI)iften. 3Bas fie vortrugen, war ni($ts 9teues, nichts non ilinen (StfunbeneS, fie fprai^en nur in mel)t: ober minbet beftimmten ©äfeen aus unb brachten jinn Sewu^tfein, was gange gto^e Sc^ic^ten ber ©efellfi^aft längft gefüllt unb ■ unbeftinunt gebac^t Iiatten. Sie befanben fic^ mit bem öffent^ liefen :^eben in einem 3iiueau. Stber il)ren ^^itgenoffen erf($ien oft als etwas 9{eues, was in einer fonfcquenteren 2Beife bes 33ortrags aus ben 'l^orausfe^ungen, bie faft allgemein oI)\k weiteres zugegeben würben, ge; folgert warb.*) @o ge^t es ja in ber 9tegel bem gemeinen 93erftanbe,
*) Sßgr. ©trüiiH>eH, ©efc^id^te ber ^raüifc^en «p^itofo^l^ie ber ©riechen. 1861. ©. 27 ff. u. 74 ff. unb S^iro: ©efc^ic^te ber ^^Uofo^^ie I. 82. f.
176 ä)ie ©o^)I)i[ten unb bie S^nüer.
wenn er auf bie nöd^ften ober weiteren 5lonfequenjen feiner ä^orauäfe^ungeu Qufmerffam ocinac^t tuirb.
©ut ift, fo töurbe gefagt, tnas mi|t, b. l;. tüoö sum 9Bo{)lfein beö 9)lenf(|en beiträgt. ®a§ 58erlangcn ober bie 33egierbe ift ber 9)iaf5ftab be§ ©Uten, ^a^ ©ute felbft ift ha§> Dbjeft, auf luetc^eä bie ^egierbe gerichtet ift, \u\h baruni m\\^ ha^ 9J(ittcl, b. i). i)m baö 58ert_)a(ten, tuoburd^ jeneö DbjeÜ erreid^t, alfo bie 53egierbe befriebtgt wirb, 3:^ugenb {;ei^en. äBeld^eö ift nun baä tauglic^fte 9JiittcI, um bem 9^^if5oer^ä(tniö , luctd^eä tf)atfä($(ic^ fo oft 5iüif(^en ä5erlangen unb ^efricbigung beftctjt, ab^uljclfen? ^ier gibt eö jiuei äßege, entwebcr baö ^iunlajigen ju bcfd^ränfen, ober bie Wdttd 5U uernief)ren ; bie erfte ^ctra(^tung prebigt (S-ntt)a(tfanifeit, bie jtoeite 9)iut imb Überlegung.
124. S)en crften $ffieg betrat 2lntift{)eneg (loetd^er fogleic^ t;ier genannt fei, ba er unö nur wenig befc^äftigcn loirb). '^\)\n folgten bie 6i;ui!er, alö bereu Xypuö gcuiöt)n(id) ®iogeneö dou Sinope gilt, mit bem @runbfa|e, möglidjft raenig ju bcbürfen, inie bereits ©ocrateä an= gebeutet l)atte, ha'^ ber ben ©Ottern am näd)ften fei, loclc^er am raenigften bebürfe. SBaö bie ^ebürfniölofigfeit förbcrt, ©ntfagung unb 2luäbauer lel^rt, wie Slrnuit unb 3(nftrcnguug, ift ein ©ut; luaö bie Selbftgenügfamfeit £)inbert, mie §. ^. bie l^uft, ift ein Übel; alleö übrige ein aStdcpopov.
125. äiiel einlabenbcr unb bem natürli^eu ^wqc beö Sebenä nölier ftel)enb ift ber äiueite 9Beg, mel(^en bie SMjrtjcit ber ©opljiften cinfcä^lug. ©enie^e auf jebe 2llrt imb fe^e bi(^ l;iuweg über baö, maö ben ©enufe f)emmt, wie ^erfonnncn, Sitte, ©efe^ u. f. ra. ^m rüftigen Slffeft trägt bei ^lato uamentlid^ i^allifleä biefe £el;re t)or: ©lücf ift bie un^ befd^ränfte grciljeit, la^ bie ^egierben iuö Unenbtic^e wac^fen, füumtere bic^ ni(^t unt ben 3itftanb ber ©efellfc^aft, benn er ift naturmibrig, be= ruljt auf ©(^cin unb gcgenfcitigcr 3'äufc!)ung, bie weniger .klugen Ijaben fid^ mit ben weniger 9J(äc^tigen uerbunben unb belegen, weil fie fic^ iljreä lluuermögenö fi^ämen, bie natürliche 3i'tgcllofig!eit mit fc^impflii^en 9camen, unb bod) ift biefe gerabe unfercö äBunfd)eS ^ki. 'i^ollcnbung beö ©lücfes t)at ber ^t)rann, bem allcö erlaubt ift unb bem anbere bienen muffen, mag er au<^ burc^ 93iorb unb 9Jieiueib auf ben ^l)ron gelangt fein. Ser ^ijrann ift glücÜid) tro^ bes 3icibeö unb beö §affeö anberer, benn er ift im iwUen 33cn^ ber 9Jiittel, frei ju fein. ^Äaö gur '?>Tiaä)t füljrt, ©ewalt ober namentlich aud^ illugljeit unb 'UUffen, ift etwaö ©uteö.
126. äßoju alö .<Qerrf(^er fi^ müljen? — fpric^t 2]triftipp — weber ber Siebe, nod) beö ^ox\m, nocf) beö Q3eljerrfd^twerbenö finb bie 9^(enfd^en wert: ic^ Ijabe genug mit mir felbft ju tljun. Ter Staat fct5t mic^ nur
SlnftH)^ 177
^vladereicn aiiä, i^ M)xt i(;in ben dlMtn itnb iüünf($e ni^ts raettet, alä für mi($ anöenel)tn gu leben unb par in bem gegernüärtiöen SlußenMic! bic ntöoUc^ft Qxö^k Suft ju ^aben, eine raitfUi^e, uotte, aufregenbe Suft {ijöorrf iv nivr/öei). äöeil bie ©enüffe beä Seibeä anfregenber finb, atä bie beö ©eifteä, fo finb fie leiteten oor§irgiel^en, vo^nn biefe ai\^, luie bie beö ^^eatcrö, ber greunbf^aft u. f. m. ni($t gan^ ju üerad^ten finb. 2lm beften wäre es nnn frei(id), man fönnte baä ganje Seben I)inbntd^ bie Suft in uotten Qnm^ fc^Uirfen, aber tocU bie Sit'^^i^ft nngeroi^ nnb fieser allein bie Gegenwart ift, fo nnifs e§ ©vnnbfa^ fein, niemals nm eines §u: füuftigen alfo nngeiuiffen ©ennffes ober Seibens wiUen bie filtere Suft beS 3lugenblideS aufjngeben ober anc^ nur §u inä^igen. ®er @ebon!e an bie 3u!unft beängftigt, barum ben!e man nii^t baran ; allerbings geljt es oline alle Überlegung ni($t ah, fie ift nötig, bamit äußere S)inge, menf($lid^e (SJefe^e, 2lberglaubcn, @ötter= unb ^obeSfur(|t ben @enu^ ni($t ftören.
(5o ift ber ^rieb ju genießen in ber gorm bev reinften Snbiyibualität unb ©ubjeftimtät bas etl)if($c ^rinjip ber ßt)renai!er.
®iefe @runbfä|c eines bur(^gefül)rten ©goismus mu^ ein ^oljer ©rab üon ßeiij^tfinn unb äu^erent äBol)lfein unterftü|en, fonft ift ein allgemeiner ©fei am ßeben ganj naljc.*) '^^nn bie äußeren 9}iittel jum ©lüde felilen, bie Übel fi(^ geltenb mai^en \mi) unb beS ©enuffes fpotten, bann ift ber ^ob beffer als baS 2then, fatts beffen einziger SSert im ©enu^ beftel)t. ^egefias üon 6t)rene fc^eint bie Übel beS ßebens erfal^ren gu l^akn, raenigftens l;at er biefelben in fi^redenerregenben färben ju fi^ilbern ge= rou^t. S)te Übel finb nad^ il)m t)iel gu gro§, als bafe bie Suft felbft it)ir!li(^ ^rinjip unferes ^anbelns fein fönnte. 2öie es für ben ^cbrürften ber näc^fte SBunfc^ ift, nur frei gu fein üom ^rud, unb iljm bann erft Seljnfuc^t waä) pofitiüem (Benu^ entfteljt, fo foHte man überlianpt ntit ber greil)eit uom ©c^merj jufrieben fein. Gelingt freilid^ nid^t einmal bies, unb tritt alfo bie eigeutlii^e Suft ganj fern, bann ift ber ^ob baS ^cfte: it)ie er felbft fein Übel ift, befreit er bo($ oon atten Übeln.**)
127. Ser ©runb biefes unfid^eren ^in^ unb ^erf($iüanfens 5iüif($en ber ^öd^ften ^reube ant 2^hm unb ber tiefftcn ^erad^tung besfelben — fo meint ©picur — ift ber 9}tangel an red^ter Überlegung. 3triftipp f)at iüol)l re(^t, ba|3 allein ber ©enu^ unferen ^anblungen unb ben Singen,
*) ^erbart XII. 125.
**) 2ßei[ fic^ tuegen biefcr Seigre nid^t irenige feiner ©d^üler ba§ Seben nal^men, tüurben feine 93orträge in SUesanbrien öerboten unb xi}m ber SBeinamc TtsiöiB^dvatos gegeben.
Slügel, Sie sprobleme ber sp^Hofo^j^ie. 12
178 ®^i!ur.
auf welche fie ö^ni^tet finb, einen 3Bert oibt, aber ^eöefiaä l^at and^ ni(^t unred^t, wenn er snyörberft nur nad^ (Sc^nierslofiöfeit tjerlnußt. Unfereä Gebens ^id tann nid^t bev 3^auniel bet Suft {rjSovtf iv 7avr/ö£i) fein, üielmefir bie frol^e, ungetrübte, anl)a(tenbe, l;eitere ©tininiunö ber ©eele. Sir i [tipp f)ätt tooI;I gro^e ©tücfe auf bie cpp6v7]6is, \m bie rechte Suft nid^t ju uerfcl^Ien, aber er ptte bie Überlegung, bie ^erei^nung nod^ weiter füt)ren follen, fo würbe er erfannt f)aben, ba^ bie Dualen unb greuben ber ©eele weit gröf5er finb, als bie bc§ :^eibcg, unb bafe barum bie ^Vergnügungen be§ ©eifteg, mie ^-reunbfd^aft, äBiffenfc^aft , Umgang, 2ßoljltljätigfeit u. f. tu., benen beö Seibeö uorgejogen werben muffen, j^erner lel;rt bie Ginfid^t in bie 53ebingungen beä menfc^lic^en ©lücfg, ba^, wenn man nicfit blof3 eine augenblirflic^e ^yreube im 3luge ^at, fonbern fic^ ba§ ganje Seben t)inburc^ beä ©lüifeö erfreuen mö^te, ba^ man bann eine furje gegenwärtige (Sutbeljrung auf fic^ ncljmen muffe, um einem weit größeren Übel in ber golgejeit jn entgeljen. Überhaupt ift unfer '^ki bie i]8ovrf Kata6Trfjj.atiH7] bie gefe^äte, nad^tjaltige i^uft, weld^e in ber arapaB,ia ber (Seele unb ber artovia beä Selbes beftetjt.
SlHein baS beftänbige 9tec^nen m\ii Sli^ten auf bie ?^olgen, baS 2lb= wägen eines gegenwärtigen Übels gegen ein baburc^ ju erlangenbcs fünftigeö ©lue! mad)t ben 5}?enfc^en nic^t gtücflid^, bcnn eS lä^t \\)\\ nid^t unbefangen genießen. Saburd^ wirb nictjt bie Suft, fonbern bie ^^urd^t uor bei' IXnluft baS ^riujip unfereS .^anbelnS. S)aS l)at aud^ ®picur felbft gefül)lt, weshalb er in gar mandl;en 3iu^erungen wieber auf ben ©tanbpunft 3lriftippS jurürfgefe^rt ju fein fdl)eint. äöenigftens pflegten bie fpäteren @pi cureer namentlich ber tömifdjen iMferjeit in il;ren ©runbfä^en imb il)rem ^Verl;alten ftc^ wieber ber 9)iaj:ime beS 2t ri flipp §u näljern: genieße, ol)ne oiel gu rerfinen. ^w ber j^olgegeit ift bie @enu^= lettre tu fo nadter SBeife nur etwa uon ben franjöfifc^en (S'ncijclopäbiften wieber in eine 3lrt uon ettjifd^cm Si;ftem jufammcngefaJ3t.
128. 3u gans anberem Sinne als (S'picur l)at 2£enopl)on eine illngl)eitslel)re cntwiclelt. 2Bie biefer ^l;ilofopl) überhaupt bem öffentlid|)en politifd^en Seben weit naiver fteljt, als bie anberen, fo I)at er norgugSweife feinen ^M auf bie menff^lic^e @efellf(^aft geri($tet. 5)iefe fann uumög= lief) beftef)en, ol)ne ba^ einer auf ben anberen 9iücffid^t ninnnt, fid^ gewiffe (Sinft^ränfungen gefallen lä^t unb ben ©cfe^en geljord^t. SBerben bie ©e-- fe^e, weldlie bie illugtjeit jum ^eftcl)cn ber ©efcllfc^aft errid^tet l;at, nii^t bea(^tet, fo mut3 uufcljlbar Unorbnung einrcif5en, unb bie uerfdjiebencn .^h'äfte werben fid^ nuljlos aufreiben, ^ai aber jcber baS Wanje im 2tugc unb beweift er fid) an feinem ^eile als ein braud^bares, tljätiges äliitglieb
Xeno^l^on. 179
ber (5Jefettf(J^aft, fo wirb er jugleid^ auäi) am fii^erften für ba§ eigene 2Bot)l forgen, inbcin er von bem ©anjen B(l()\i^ unb oou ben ©injelnen greunb? fd^aft unb ®an! erfäl;rt. ^oruni finben loir bei 3£enopt;on md)x als bei anberen ^^l)i(ofopl;en beö 2(Itertumä l;ei(fame, üom ©eifte einer oer^ ftänbigen aj^ä^iönng imb beä äßof)ln)olIenä eingegebene ^iatfd^läge über (Sl;c, .^inberer§iet)ung, Sienftoerljältniffe, ^auswirtfc^aft unb ©taatö; üeriualtung. @ö ift eine üerftänbige ©üterlel^re, roaö 2£enopt)on vorträgt, ber eä freilii^ eigentiiinlic^ ift, ba| fie aufä treffUd^fte über bie SJiittel ju reben roei^, raäljrenb fie ben eigentlid^en ett;if(^en Qmtd barüber oergi^t. ®er le^te 3^^^ ift öW(^ t)ier nichts anbereä, aU ber 9iu^eti §unäd)ft beä ©emeimuefcnä unb baburc^ aud^ beä @in§elnen, unb gwar beult 36enopt;on auöfc^Iie^Uc^ an bie irbifd^e äßot)(fal;rt, inbem h^^ il)\n faft nirgenbä eine Stnbeutung an Unftcrblic^fcit uorijanben ift.*) Sßieiuo^I nun aud^ bei Xenopljon alles von bem ©tanbpunlte beö ^Rufeenö entraorfen ift, fo fielet bod^ biefe 2lrt ber ©tl;if roeit l^öl)er an fütlid^em ©elfte, als bie bisl;er befprod^enen £el)ren, einmal inbem überljaupt ber (ggoiämus ni^t fo nad£t lierüortritt, unb §um anberen, weil baS ©lud nic^t attein auf bas Snbiüibmmi, fonbern auf baä ©anje belogen rairb.**)
*) aSgr. ^erbart XII. 122 ff. u. ©trüm^ell a. a. D. 459 ff. **) 2Jlit betnfelben SCrgumente fud^t 5ßericleg bei %;^uc^bibe§ feine aKit= bürget über bie Unfälle be§ :f ^'''^^onnefifci^en ÄriegeS ju berul^igen : „^Ed^ meine, nxel^r frommt baä ©ebeil^en beS ©emeinlt)efen§ bem ©injetnen, al§ toenn bei aller 33ürger Sßol^lftanbe baS ©anje ju ©runbe gellt. S5enn ber bom ©lüde SBegünftigte teilt borum nid^t minber beS 3Saterlanbe§ Untergang. 2lu§ bem ©lüde beg SJaterlanbeS aber jie!^t aud^ ber fonft UnglüdElid^e iüeit leidster SSorteil. SJermag alfo ber ©taat bie UnfäEe be§ ©injelnen i»o!^l ju überftel^en, be§ ©taateS Unfälle aber nid^t ber (Sinjelne, lüie, jiemt e§ nid^t allen, il^n ju berteibigen." ©§ ift intereffant, gu fe^en, tuie Semoftl^eneä, angehjel^t bom ©eifte :|)latonifd;er ©tl;^, einen äl^nlid^en ©egeuftanb bel^anbelt unb fid^ babei ganj über ben ©efid^tS^unlt be§ ?lu^en8 erl^ebt. Sn ber 3flebe de corona l^äufen fi^ bie Sinterungen bal^ingel^enb, ba^ eS bei attem ^onbeln nid^t auf ben ©rfolg, fonbern auf bie ©efinnungen anlomme, erfterer ftel^e in ber §anb ber ©ötter, bem 3Wenfd^en fei e§ genug, bag ©ute nad^ feinen 5?räften geh)ollt unb berfud}t ju l^aben. Slef deines fud^e il^n, ben SDemoftl^eneS, l^erabäufe^en, inbem er barauf l^inJtieife, bafi bod^ aUe bie Slnftrengungen, tüeld^e ber ©d^lad^t bei Sl^aeronea borangingen, nid^tS genügt l^aben. Semoftl^eneS antwortet barauf, eg fei genug, fid^ als »oürbige unb hjadere SRänner ju beiüeifen, bie aEeS getl^an l^aben, h)a§ Älug^eit, Ja^f erfeit unb Uneigennü^ig!eit bermag, um ben ©turj beä $8aterlanbeg abjuivel^ren, ben ©rfolg muffe man nel^men, njie il^n ba? aSerpngniä einem jeben barbietet, fo lönne man eS auä) einem SRI^eber, ber ba8 ©d^iff mit attem, hjag ju einer glüdtlid^en "^a^vt erforberlid^ fei, auggerüftet l^abe, nid^t jur Saft legen, trenn ein Drfan, ber atter menfd^lid^en Äraft unb SSorfid^t f^jottet, fein ©d^iff bernic^tet. 2)abei fei an ein äl^nlid^eS SBort bei SfocrateS
12*
180 2lriftotereS.
129. ®cn biöljer (iefpro(|enen ©runbfa^, ba^ fittlic^ Ö«t tft, luas lui^t ober loaö kge(;rt luirb, t)er(ä^t aud^ Slriftotclcö ni^t. (Sin jebeö, jagt er, tutrb um eines anberen nnikn &eoe(;rt, ha^ alfo, um beämiüen atteö anbere in le^ter Sinie begei)rt wirb, tft baä t)öd)[te @ut; ö«t)ß ß^ ein folc^es mä)t, fo uerfiele man in eine unenblid)e ^eit)e. 9Baä ift mm bas I)ö($fte @ut? S)ie fonfecinente aintiuort beä ß'ubämoniömuö unb aiiä) beä Striftoteleä mü^te fein: bie ^efricbigunö aller Segierben, bie ber SJZenfd^ gerabe Ijegt. ©ö fann nid^t ©ineö genannt werben, raaä für alle in gleid^er 2Seife gut unb erun'infd^t ift, fonbern jeber mü^te \)aä 'Siz^t l^aben, baS gut 5U nennen unb alö fold^eö ju erftreben, na^ bent er augenblicüid^ uerlangt. Unb aüerbingö mag Striftoteleö biefe ctonfequen^ gefiU;lt Ijabcu, benn er meift ^unäi^ft eine beftimmtc Slntwort ab auf bie j^^roge, mas für äffe gut fei. (£t l)atte einen viel ^u reinen unb l;oljen (Sinn, ai§> bafj er ptte bie Suftlcljren feiner Vorgänger anneljmen fönnen. (Sr bel)ält freilicE) hzn ©a| bei, ba^ ber 9Jtenf($ haö Wla^ affer 5)inge fei, auc6 beffen, maa gut unb fc^led^t ift, aber er änbert biefen Sa^ ein raentg ab. ^Der 9)(enf($, fogt er, nac^ bem, maö iljm eigentümlid^ ift, ha^ rein SJtenfc^lic^e, wir mürben fprec^en, bie ^unmnität, ift baä 9Jk^ affer ^inge. @ä ift erfic^tlic^, mie wifffürlid^ eä ift, aus bem Umgreife ber menf^lid^en 33e= gicrben nur einen fleinen ^Teil alö baö rein 9}(enf($li(^e fjcraussufonbern. ®0(j^ fragen mir meiter, ma^ ift nun baö rein 9Jlenfc^licl)e, ma^ untere f(^eibet htn 9)?enf(^en non alkn anberen ©efd^öpfen ? .^icr ift ein meiteö, offenes ^elb gegeben, auf bem fic^ eine fittlic^ tüd^tige ©eftnnung t'unb tl;un !ann, unb oon bem ftttli($en ßfjarafter beö 2lriftoteleS mu§ jum noraus erwartet werben, tia^ er unter bem 9iamen bes rein a}ienf(j^li($en
(^anatl^. 75) erinnert: „^ä) iüunbere mid^, ju feigen, ba^ eä £eutc gibt, hjeld^c ©d^Iad)ten unb ©tege, bie iviber SfJed^t unb ©ercd^tigfeit geinonnen ittorben, nid^t für fd^mäl^(id)er unb tabelnöiuerter Italien, alg eine ol^ne ©cf)ulb ber S'^iöl^^it er= Uttene 3iieberlage, ba fie bod; iüiffen foKten, ba^ eine gro^e, a&er nid^tälvürbige SKad^t oft über rüftige S5erteibiger ii^reä 3SaterIanbe§ obfiegt."
3m SBIicEe auf baö aiCgemeine (teilen bem Xeno^l^on unter i^n Steueren biejenigen am näc^ften, n^e^d^e bie salus publica jum l^öd^ften ©efefee er!^ebcn unb jJuar fo, ia^ tie salus publica bo(^ im ©runbe nur bag WitUl ift jur ©rreid^ung ber salus privata. 3>om ©tanbpunfte ber Untert[;anen gefd^iel;t bieS bon §obbcg (f. 3t. f. ej. $^. IX. 352) unb bcn f^)äteren Seigrem beS 9?aturred}te§. 3?om ©tanb= ^5unfte beg gürften aug tüirb berfelbe ®eban!e, iüenn aud^ in anberem ©eifte öon 9)?ad^iaöeHi auggefül^rt. 2)er gürft n^irb überall am fic^erften für fein eigeneg ®rüdE forgen, h)enn er am beften bag ©taatgintereffe n^al^rnimmt. Sßag jur Qx- l^altung unb .görberung begfelben bient, ift gut unb ertaubt, fei eS aud^ äJJorb, Süge, aJieineib u. f. Jv). unb föag fonft im 5ßriüatreben für unerlaubt gilt.
Slriftotereä. 181
nt(^tä 9^iebriöe§ ober ©cmetnes einfüllten niirb. 3tber bo^ er bieö t^nt, uerbanft er nic^t feincnt ctljifd^en ©ijftenie, fonbern üiehnefjv beni eißcnen, bauon fjanj nna61)nn(3iöen fitt(i($cn Urteile, benn bie --öcöicrben, nnr alö folc^e bctradjtet, ftrebcii alle naä) iöcfricbiönnö nnb bieten feinen 3(nl)alt, einiße aiö rein nieiifd)lic^e an5ufetjen, noc^ anc^ ein ^kiterinni, luarnnt bie fpe5ififc^ nienfd)(ic|en ä^e^ierben beffer fein foKten als anbere. Gö tritt auc^ gmueilen bentlic^ öcnug tjeruor, ba^ 3lriftoteleä ben Unterfc^ieb jiüifd^en ö^t nnb böfe nic^t aus feinem ©ijfteme gewinnt, fonbern bereits als befannt norausfe^t nnb ftiUfrfnueioenb unter beut 3:itet bes aUßeniein 9)?enf(^(i($en üerftetjt, benn biefeS ift nai^ ifjni bas, luas ber beften 3:^üd^ti(]feit ber ntenfc^lic^en (Seele oeniäjs ift ; ober noc^ unüerl)ol)lener, uio es Ijei^t: gut ift, luaS ber ©ute bafür erflärt. 2lls baS jenige nun, was bem 9)ienfc^en eigentünilid^ ift, was ifjit üon aMi anberen ©efc^öpfen unterf(^eibet, l^atte Slriftoteles in feiner tljeoretifd^en ^^sljilofopljie (3tr. 28) ben vov^, bie SBernunft gefunben. '^n ber 5Lt)ätig!eit bes vovg, bem aöiffen, fann baljer allein bie waljre ©elbftbefciebigung beS älienfc^en, bie t{;m eigentümlii^e ©nbmnonie beftetjen. 3ßie ber rovs ein fid^ f($on Gnergie ift unb als purus actus ber 9}iaterie nt^t bebarf, fo erfolgt auc^ biejenige menfi^lid^e 3:;i)ötig!eit, bie bem vov? entfpringt, rein aus feinem eigenen SBefcn imb nid^t aus fremben Urfai^en. Bi^Ö^'-'i'-^ ift anc^ ber yovg als purus actus ber eigentliche ^^orjug beS legten (gijttlid^en) ^^rinjips, unb fo werben bie fogenannten bianoetifd^en (tljeoretif(^en) STugenben, alfo bas aöiffen uom Gungen, Unueränberlic^en, htn 58orjug t)or ben praftifc|en (etl)ifd)en) ^ugenben Ijaben. Setiteve befil^en einen äßert nur foweit fie bem vovg gcl)ord^en; bie bianoetifc^en aber be5ei(^ncn am getreueften baS eigentümliche SBefen beS 9)ienfc^en, befunben feine ^lser= manbtfdjaft mit bem (Sötttic^en, erfreuen am reiuften unb bauernbften, barum l)ahtn fie äßert au fid^ felbft, ^saopia rb ijöiötov. ®aS gött= lic^e anfc^auenbe ©rfennen bes Gwigen, Unueränberlid^en ift baS pdjfte Biel bes Striftoteles.*)
130. ^ft alfo bie S^ontemplation baS ^öd^fte unb bebenft man, in welchem (Sinne fpäter im SÖiittelalter bie vita contemplativa auf baS ht- fc§aulid;e Sllofterteben gebeutet mürbe, fo fiel;t nmn, luie leidet fic^ 2lriftoteles Gingang in bie Sittenletjre beS a}Uttelalters oerfc^affen fonnte. ^nbeffen am^ bann, raenn bie vita contemplativa auf bie vita beata beS ^enfeitS belogen wirb, lag eS naije, bie gan^e c^viftlid^e Gtlji! auf ben öebanlen bes Gubätnonismus ju bauen. S)ie ewige Seligfeit ift es bann.
*) S8öl. Xl^ito: Übet bie ®ubämonie beä 2ln[totere§ in 3t. f. es. ^^. II. 271.
182 ©l^riftrid^e ®ubämoniften.
tt)a§ tn legtet Stnic atä größtes unb bauerf)afte§ ©liic! bcgel^tt wirb. ®a§ fid^erfte Mitkl, btefeö §u erreichen, ift bic ^^römmigfeit, unb banun altein ift bie 3^römmigfeit unb 3:^ugenb lobenäroert unb gut. 3e nad^bcm man nun über bie ^ebingungen jur ©eligfeit urteilt, barnad) wirb '\iä) eine rigoröfe ober aud^ eine laje 9)loral ergeben. SIlS 33etfpiele ber erfteren mögen SJialebranc^e unb ^aäcat genannt werben. ®ä ift gewi^, fagt jener, ba^ bießuft, allgemein gefaxt, ber einzige Seweggrunb ift, tuolier bie 9}?enf(^en, fei es bie ©ered^ten ober Ungerechten, beftimmt werben,
überhaupt alleö §u tl)un, wa.^ fie ti)\m ©ott ift attmä^tig unb
geredet, man fann il)m nid^t oljue Strafe unge^orfam unb ol)ne Sol)n ni(^t ge^orfam fein.*) Ditod^ nacEter fteHt bieö ^^aöcal ll)in: ber a)lenfd^, liei^t eä bei i^m, ift für bie Öuft geboren, bie geiftige üerbient üor ber fleifc^:: lid^en wegen ilirer Ditantität ben 5ßor§ug. 2)ie Siebe jur £uft foll auf ber 33a^n bes ßebens unfer Seitftern fein; unb oerji^ten wir aud^ auf unfere eigene ^erfon, fo l;ei^t haö nid^ts anbereö, als um ber größeren jenfeitigen ©üter ber fleineren irbif d^en 'i^ergnügungen entfagen; wir wollen baburd^ nur bie 2tnwartfd^aft auf bie üer^ei^enen ^immelsfreuben uns fidlem. M(^t ber ©ebanfe be§ ^ftid^tbcwu^tfeinö , nii^t bie 5ßor; ftellung beä SSernunftgefe^eg , aud^ nid^t bie (Sr!enntni§ unferes SBefens, fonbern lebiglid^ bie filmen @efül)le ber ßuft, weld^e ©Ott in unä burd^ feine ©nabe erregt, follen unö gu unferem CS'nbsiele Ijinleiten, unfer ^wed nämlid^ fott uns ausfdlilie^lid^ burd^ ©mpfinbung jum 33ewu^tfcin gebrad)t werben.**)
131. ©iefelbe 9tüdfid^t auf bie göttlid^e 93elol)nung ober Strafe war ba§ 3J?oralprinjip ber eubämoniftifd^cn ''^^eriobe ber ^sopularpl)ilofopl)ie üor unb naö) Rani ®er 2öille ©ottes ift bas allein Seftinnnenbe , benn er l)at 33kd^t, bie 2Biberfpenftigen ju zwingen. 5)iefen göttlid^en äöitlen er- fennt man in bem B^ecfe, su weld^em ein Sing gefd)affen ift. ©er abfolute 3wec! bes 9)tenfdl)en aber ift bie ©lüdfeligfeit.***) (E'S war ein (SubämoniSmuö, uon wel($em ^erbart fagt, er empfahl mäBigen unb gegen ©ott ban!baren ©enu^ ber in ber 9latur bereiteten greuben, wies ll)in auf ein !ünftigeö ©afein, worin Sotin unb Strafe gefpenbet werbe mä) ^erbienft unb (impfänglid^!eit. 2)iefe Seljre t)on einer mel)r geiftigcn
*) ©iel^c 3t. f. CE. ^1^. IV. 219. Über 3nalebrand^e8 reUgion8=^l^Uo[o^]^ifd^e Slnftd^tcn.
**) Pensees IL 84, 116. I. 110, 47. Qn ät;nUd^er Sßeife tjertcibigt Soffuet fjenelon gegenüber l'amour qui nous fait desirer veritablement de posseder Dieu seul par le motif de trouver notre bonheur dans sa connaissance et son amour. ***) ©. 3t. f. eg. ^^. I. 294.
35er tl^eologifd^e ©tanb^junft. 183
a(ä [iniüic^cn 0(ü(ffe(iöfeit innd^tc ben a)certf(^en wat)rU(^ nic^t fi^ted^t, fie (ie^ ifjn ni^t ol^ne llnterrii^t über baä @utc unb ©c^öne — aber fie iintcrfci^ieb bicfeö ntc|t von beut 2lnöene()mcu unb 9iii^(ic^en.*)
Xoä) lüir finb bainit fd^on biö au bie ©reuje ber tlieologifd^en Se- örüubuug ber (^'tfjif gefounueu. i^enor rcir gu biefer fetbft überöef;en, luöiie mÖ) etu furjer 9iü(fblicf öeftattct feiu. SBeuu mir uuä eine äf)nlid^e ©eutuno, mie eö 'plato fd^ou Ü)at, mit beut Sa^e beS ^rotagoraä: ®er Dfenfd^ ift haö 9}Mf3 afler Singe, erlauben bürfen, fo iami uiau fageu: bie bi§I)er entundcüeu ettjifd^eu 3(ufi(^ten finb nur nä{)ere Se^ ftiuimungeu unb weitere 3(uäfü^rungen biefeö ©a^eö. ®er Wm\\ä), b. l). eigentlich bie uienfd^Iid^e 33egierbe ober baö 33ebürfni§ ift baö 9}?a^ aller Singe. Ser 6x)ni!er Seftreben ift grciljeit oon «Sorgen, haä 9)littel baju ober in i^rem Sinne bie 2^ugenb ift ©ntljaltfainfeit , 33ebürfniä= lofigfeit. 3triftivp f($(ägt ju beni gleid^en ^i^ccfe ber f^reil;eit uou Sorgen unb beä ©enuffeö aubere 9}iittel ober Xugenben uor: äieid^tuni, @efunbl}eit, 5llugljett. Gpicur loitt ba§ gauje Seben l)inbur($ genießen, baruu! ift iljui bie Serec^nung bie Ijöi^fte ^ugenb. ^allicles luitt l;errf(^en, er lobt Wa\t unb ©eroalt. Sem Slriftoteleö ift ha§i äöiffen baä ^öd^fte, unb S^ugeubcu finb it)m nornelimlic^ bie inte lief tuellen Sl)ätig= feiten. Sie (^liftlid^en CS'ubämonifteu empfeljlen bie grömmigfeit alö ba§ fi(f)erfte 5)iittel ^um fiöi^ften (^ut ober jur ewigen Seligfeit, ^ihex, fo fönnte ^rotagoraä fd^lie^en, lobt bie Sefriebigung feiner 9ieigung imb nennt baä baju füljrenbe 5}iittel Sugenb. Üeberall ift Ijier bie menfd^lic^e ^^egierbe ber fittlicöe 9}iaJ3ftab.
B. ^er t^cologtft^c Staub^unft.**)
132. Unter einer tljeologifd^en 33egrünbung ber @tf)if nerfteljt man eine fold^e, weld^e ben 5iBillen Öotteä alö baä le^te ^Junbament ber ß-tl;if auffteHt. Soc^ finb f)ier §unäd^ft einige 9}ii^üerftänbniffe ju befeitigeu. 3u fagen: haä ^rinjip ber (St^if ift ber 2BilIe ©otteö ober bie Siebe ober ber @el)orfam gegen @ott, ift burc^aus ni(ä)t falfi^, wenn babei, wie ba§ wol)t meift gef(^iel)t, ©ott alö ber ^eilige unb @ute uorauögefe^t wirb. Stl)ut man bie§, bann fe^t nmn freiließ alö befannt bereits üorauä.
*) ©. 3t. f. ej. 5ߧ. II. 377.
**) hiermit ift natürlid^ ntd^t gemeint, bafi bie X^coloQixx biefen ©taub^unft einncl^men ober einnefjmen müfiteu, fonbern naä) Slnatogie be8 ant^ro^jofogifd^en unb fogmotogifc^en Stanb^unfteS bebeutet ber t^eologifd^e nur foöiel, baf; barnad^ ©Ott o^ne jebe nähere ftttlid^e Seftimmung jum ^rinji^) ber ©tl^if gemad^t ivirb.
184 Slnajard^.
roaä cvft öefunbctt werben fott, nmnltc^ bie Ginfic^t in baö, was gut ift. ©otteä 2Bitte ift baö ctljifd^e ^rinsip, I;eif3t bann nid^ts anberes, alä baä ©Ute ift biefeä ^rinjip; e§ ift eine ^Tautologie, mit welcher man um feinen ©($ritt weiter ift, am allerroenigften ein le^teö gunbament ber Gtf)i! gewonnen I^at. ®ie (Bt^ii fragt barnad^, wa§ in le^ter Sinie ben Unterf(^ieb äwif($en gut unb böfe begrünbet. ®ine folc^e Unterfd^eibung borf alfo nii^t fd^on als befannt uorausgefe^t werben, wie es bort gefc^iel;t, wo ber in paränetifc^er ^e^iefiung uoöftänbig rii^tige ©a^, ber 2Bi((e ©ottes ift bas ©ntfd^eibenbe in bem, was man tt)un ober laffen fott, ot)ne weiteres jur wiffenf(^aft(ic^en Segrünbung ber Gtl)i! üerwenbet wirb. ®as eigentU(^e tf)eo(ogifc^e ^rinstp ber (BÜß ftellt \iä) erft ha ein, wo gcfagt wirb: bas, was wir gut nennen, ift lebiglid^ barum gut, weil ©Ott es Witt. S)er SBitte ©ottes als folc^er ift eben oljue atte näljere Söcftinnnung gut unb brüclt atten unb jebem, worauf er fic^ gerabe ricfitet, ben «Stempel beS ©uten auf, wie wir es anä) fonft beurteilen mögen, äßas alfo ber ©ubämonismus üom 9)ienf(j§en fagt, baj3 affes gut ift, was er gerabe begel;rt, bas wirb l)ier auf ©Ott bcfdjränft. 2BaS er witt, ift gut, unb jwar lebiglid^ barum, weil es üon iljm gewollt wirb. SBieberum ber alte ©a^, ba|3 bie Scgierbe ober ber SBitle bas 9)1 a^ beS ©uten ift. aiber, fo wirb befi^ränfenb Ijinäugefügt, nii^t jeber äöille ift l;ier gemeint, fonbern nur ber göttliche, äßoburi^ inbes unterfi^eibet fid^ ber göttliche Söitte üon einem jeben anberen, wenn man ouSbrüclli(^, wie l)ier, wo bie S3egrünbung beS Unterfd^iebeS jwifd^en gut unb böfe erft gefud^t wirb, t)on atten etl)ifc^en 23eftimmungen biefes ^Bittens abfielt? ©S fann nic^t anberS geantwortet werben, als: burd^ bie Wia^i; unb man fonunt baljin, gu fagen: baS ift gut, was burd^ bie 9)tad^t feftgefe^t ift. ®er ©e= liorfam gegen fold^e burd^ bie 9)iad^t geftd^erten ©efe^e ift gut, weil er baS £lügfte ift, weil ni(|ts uerberblic^er unb unnü^er wäre, als fid^ ber Mmad^t wiberfe^en. SaS ©ute ift l;ier nichts 2(bfolutes, fonbern etwas Dielatiues, wittfurlic^ ©efe^tes. 2ßer bie Wiad)t l;at, fid^ ©eljorfam ju uerfd^affen, ber i)at baS 9iec^t, gu beftimmen, was im UmHreis feiner 9}iad^t als gut gelten fott, fo wie er bie fogenannten pofitioen 9le(^tsbeftimnumgen gibt, fo wie bie 9JZobe i)om §ofe ausgel)t.
133. ®iefe ©runbfä|e trägt ber ^^Ijilofopl) 2lnaj:ard^ uor in ber 9tebe, mit weld^er er bei ^:piutard^ 3tlej:anber ben ©ro^en über ben an ^litus üerübten 9)Zorb tröftet: „^ft baS ber 911 ej an ber, fagt er, auf welchen je^t ber ganje (Srbfreis l;inblic!t? Sßie liegft bu gleid^ einem Stlauen l)ingeftrecft, j^itternb uor bem ©efc^ unb bem S^abel ber 3)ienfc^en, für bie bu boc^ felbft ©efe^ unb 9Jiaf5ftab beS 3ted^teS bift, wenn bu
^^omaS 2lquin. 185
anberS geftegt f;aft ju fjcrrfrfjen unb gu regieren, n\ä)t aber um btc^ unter bas ^oc^ ber öffentüi^en 9Jieinung ju f($mtegen! äßeif3t bu nidjt, ba^ 3eus bie ®ife unb ^t)emiö beöiuegen in S3eift^erinnen i)at, bautit atteö, luas üom unu)iberftcl)(ii$ .§eri*f($onben gettjan wirb, rec^t unb erlaubt fei?" Scfannttici^ pflegten bie ^eid^tüäter beä ilönigö Souiä XIV. if)n bur(^ ätjulic^c Berufungen auf feine gefel^gebenbe Wfla^t über feine ©eiuiffens^: bebenfen wegen beö üon i(;m oerübten Srucfeö unb ber ti)rannif(^en äßill= für J)inroeg5u]^e(fen. S)ie gleii^en Slrgumente wenbet SDlacd^iauelli an, um gu §eigen , baf3 ber ^ürft fi($ alleö erlauben bürfe, luas bcm ^rit)at= mann üerboten ift. „©§ forge ein ^-ürft, bie Obennac^t unb bie 9icgierung ju bcijaupten, fo werben feine ^(jaten immer et;rent)olI unb von jebcrmann löblich befunben werben." 33et)ält nmn biefeg ^^^rin5ip bei, fteigert nur bie 9}fa^t biä 3ur Snimadjt, fo gelangt nmn jum SSitlen ©otteö. SSirb @otte§ Sßille lebigli($ barum, weil er ber 3(llmä(^tige ift unb fid; ©etjorfam er= zwingen !ann, axiä) of)ne weitere^ gut genannt, fo ift baö tt^eologifd^e ^rinjip aufgeftellt. Bo gefc^ieljt eö üon S^ertullian, ©cotuö ©rigena, SBil^elm Dccam, befonberö aber oon 5Dunä ©cotus im auöbrüc!li($en ©egenfa^e p 3(uguftin unb 2^l;omaS Stquino, wel(^e Sedieren an ber 3lbfolutt)eit beä ©uten feft^alten.*) Sung ©cotu§ fragt: finb alle ©efe^c beä ®e!aIogg 9taturgefe^e? b. Ij. fol($e, an wetd^e ©ott felbft ge^ bunben ift/ fo ba^ er in feinem galle 2{uänaljmen geftatten ober banon biöpenfieren !ann? 3)ieä (jatte 3::i;omaö 2lquin bctjauptet: eine an fii^ böfe ^anblung, Ijatte er mitStuguftin gefagt, fann nie eine gute werben, weil fein l^in^ufonimenber Umftanb iljre innere llnfittlid^feit aufljcbcn fann. l^iele ^anblungen finb baljev unabbängig uon unb oor beut äÖiIlenä= afte ©otteä gut ober böfe. Sent gegenüber fül)rt fein ©egner ©unä ©cotuö auä: Siöpenfieren Ijelßt nii^t: ma($en, ba^ man, fo lange baä ©ebot beftel;t, wiber baöfelbe Ijanbeln barf, fonbern es Reifst: baö ©ebot
*) ^lertuHian: non quia bonum est, auscultare debemus, sed quia deus praecepit.
Sßill^elmDccatn: Ea est boni et mali moralis natura, ut cum a liberrima dei voluntate sancita sit ac deficita, ab eadem facile possit emoveri et refigi, adeo ut mutata ea volutate, quod sanctum et justum est, possit evadex-e injustum.
2luguftinu§: Non ideo malum est, quia vetatur lege, sed ideo vetatur lege, quia malum est.
%'i)Oma^ 2lquin: Volitum divinum secundum rationem communem, quäle sit scire possumus. Seimus enim, quod deus, quidquid vult, vult sub ratione boni ; ideo quicunque vult aliquid sub ratione boni, habet voluntatem con- formem voluntati divinae.
© U a r e j : De legibus : Non mala, quia prohibita, sed prohibita, quia mala.
186 35un8 ©cotuS.
totberrufen, ober er!(ären, tute es eioentlii^ gu uetfte^en fei Söenn
bie id)\\ &chok eine innere, notiuenbige 3BaI)rf)eit Ijätten, fo niü|te \i)u 2Bof)rI)eit unobfjänoio oom göttlichen SBiffen fein, ©otteä 33erftanb mü^te fie aU notmenbig wal)x ergreifen unb fein SBille fic^ nac^ i^nen ri(^ten, e§ lüöre alfo fein 2BitIe oon etroaä au^er i()m obl;ängig. ^er SBiüe ©otteö aber ftrebt nad^ nid^tö notiüenbig, fonbern nai^ aUeni siifällig. Sagt man, baf3 ber äöille eineö @ef(j^öpfeg \iä) notmenbig (b. 1^. abfolut üerpftid^tct) alä ein guter SBitte nac^ bent äBaljren, ©uten richten tnüffe, fo wu| hoä) ber SBitte ©otteö nid^t bcm äöa^ren, ©uten gemäfe wollen, fonbern meil er il)nt gemä^ will, ift eö wat;r unb gut. (B§> wirb alfo l;ier bie attmäc^tige SSiüfiir ^um ett)ifc^en ^ringip gemacht, unb barum fomnit ®unö <Scotu§ benn awä) ju bem ^tefultat, bafe ©ott allein oon ben beiben erften ©eboten nid^t biäpenfieren fönne (bu fottft feine anberen ©Otter I)aben neben mir, unb bu foüft ben Dkmen ©ottes nic^t mi^brau($en). Unb warum ni(j^t? 2Benn ein ©ott ift, I)ei^t eö, fo mu^ er anä) geliebt, angebetet unb nichts au|er il)m barf angebetet werben. 9)lit anberen 3Borten, weil ©ott ntit einer berartigen ^ispenfation bem eigenen ^ntereffe unb feiner ®l)re §u ualje treten würbe. @ä wirb alfo l)ier bie egoiftifc^e ^egierbe als fol(^e wieber jum etl)if(|en 'iprinsip gemacht. 9ln S)unS ©cotus fc^loffen fic^ gern bie S^fuiten an unb wieberliolen mit bcm fpanifclien Siftercicnfer ßobfowi^: nii^ts ift an ober für fic^ gut ober bi^fe, fonbern nur barum, weit ©ott es geboten l)at. @r !ann aui^ oon allen ©eboten bispenfieren, er fann cbcnfogut bas ©ntgegengefe^te oon bem, was er je^t geboten t)at, feftfe^en, er felbft ift uic^t an feine ©ebote gebunben. ^ie uotwcnbige ^olge ift bie: wei^ man in einem beftimmten gatte, was ©ottes Sßille ift — unb bas unfehlbare Sel;ramt um^ bies wiffen — , fo ift jebeS Wdtki, biefcn aßillen ©ottes ju reatifieren, gut unb r;eilig. S)enu bas ©ute ift nii^ts 3UifoluteS, geftftel^enbes , fonbern etwas Slelatioes. 3)em ^srinjip m^ bel)auptet anä) Galoin bas nämliche: adeo summa est justitiae regula dei voluntas, ut quidquid vult, eo ipso, quod vult, justum habeudum sit.*) ^cSgleid^cn ftel;t SeS = 6arteS
*) Instit. Christ, sei. 3. 23. 2, ttitcJüol^I Salb in aud) Jüieber bemerft, ©ott f)aht gro^e unb geredete Urfad^en bei ber Sßerteilung feiner ®nabe.
33ei 3 It) i n g l i de prov. VI. Unum igitur atque idem facinus, puta adul- terium aut homicidium, quantum dei auctoris, motoris, impulsoris opus est, crimen non est, quantum autem hominis est, crimen ac scelus est. Stj^nlid^ gjteland^tl^on in feiner ©rllärung beS 93riefe§ an bie 3lömer 1825 unb SBeja Aphorism. XXII. „3n 2lnfel>ung ©otteg unb bor feinem aSerbote ift nichts unred^t ober moraIifd£> böfe," fagt bei fieibnij ber ©dE^otte ©amuel Sietorfort. SJicleS
S5er foSmoIogifd^e ©tanbjjunit. 187
auf btcfcm ©tanbpunft 'ber t^eotoöifiiieiT Segriinbuitf] ber ©tf)i!*), crfuf)t inbeö in bicfcm Binde äöiberfpritc^ uon ^ayle, ©aurtn**) u. a. Unter ben dieneren I)at befonberö ©tafjl bie ^^'erfönlic^feit ober ben Sßitten ©otteä qIö bie obfoUite Urfai^c unb 9)iac§t sugleic^ als ^rinjip be§ @uten betont, o{)ne jebod^ felbft baran feftsutjaücn.***)
2ßie ber ä^erfuc^, ben äöiüen ak fo(($en junt ^^unbanient ber (Stf)i! gu ntad^en, auf bem antijropoloöifc^en ©tonbpunft leidet etraas ©ef^äffigeS befontnit, wenn gefaßt wirb, ber 9Jieuf($ ift baö a)(a^ aller S)inge, fo erijält ba§fe(be ^rinjip auf beut tfieologifc^en Stanbpunft (eic^t etiöaö ßt^rraürbigeö unb ©eiüinnenbeö, iiienn eä J)ei^t, (Sott ift ba§ Wia'^ atter !J)inge. 2IIIein feine ber beiben gaffungen brücft ben eigent(i(^en barin Itegenben ©ebanfen genau auö. 2)ie 33egriffe 9)tenf(^ unb ©ott finb ()ier §u lueit unb ge^ ftatten atterfianb fiineinjubenfen, uon beut boc^ burc^auS abgefef)en werben mu^, um baä ^^^rin5ip rein ju f äffen, ©onft läuft man immer roieber @efal)r, in ben 33egriff 93tenfc^ entuieber bie fd^lec^ten menfi^lid^en ^e= gierben ober ba§ rein menfc^li(j^ Gble, unb in ben 33egriff ©ott baö ^eilige unb @ute liineinjutragen unb bamit baä t)orauö§ufe^en, mag man erft fu^t. ©(Reibet man hingegen alleö nic|t ^inge^örige auä, fo bleibt alä ^rinjip juriid: bie 33egierbe ober ber äßille atä fold^er ift ber 9)?aB= ftab be§ ©Uten unb Söfen, unb foll l)ier ein Unterfi^ieb jiuif^en ben 2BtlIen angebracht werben, fo !ann biefer nur uon ber ©tärfe {)ergenonn.nen werben, fo ha^ ber mäc^tigfte 3ßille ber befte ift.
C. 2)er fo^mologifc^e ©tanb^junft.
134. ®er !o§mologif(^e ©tanbpunft ift ausf(^Iief?li(^ ben moniftifi^en (Si)ftemen eigen. Sßie biefe überfjaupt alleö Seftel)cnbe, atteä ©ein unb ©efd^eljcn auä einem ^rin^ip abzuleiten fuc^en, fo finb fie bcmül)t, ani^ baö (Stl)if(^e barauä gu entundcln, inbem fie ben antl;ropologifc^en unb t^eologif(^en ©taubpunft uereinigen unb baö metaptjijfifc^ ße^te jugleii^
äl^nlid^e fiel^e bei 58at)[e: Slrtifet Pauliciäner. dagegen aSoetiuS (1611): „Wan nel^me bie innere (SJered^tigleit au§ ®Dtt, fo fönnte ©Ott ni5gUd}eriveifc and) gang abfer;en bon ber 3SergeItung, ben notiiienbtgen 3>ifat"i"en^ang jtuifc^en ©ünbc unb ©träfe löfen, bie gorberungen feiner ^eitigfeit Verleugnen, bem ©efefe unb (Selüiffen eine anbere ©eftalt geben, unb jeber 2(t]^ei§muä tüäre nur ftatutarifd^ unb imQs lürlid^ berurteilt."
*) 3t. f. cj. ?ß^. III. 155, h)ic benn a)e§ = ©arte8 nid^t allein ben Unterfc^ieb Don gut unb böfe, fonbern anä) ben öon hjal^r unb falfd^ öon bem SBiUcn ©otteiS abl^ängig benft.
**) 3t. f. ej. gJ^. V. 228, 3. ©aurin al8 aWoralift. ***) %'i}\U: 2;^eoIoflifierenbe 3lec^tg= unb ©taotgre^re 1861. ©. 164 ff.
188 2)er SWoniSntuS.
als ctl;ifc^es ^rfnsip faffen. ®er «ietapfji)fif(|e ^oiiptfetjlcr beö aj?ont§mtt§ bcftcfjt borin, ba^ er nur ein ©cienbeä fcnnt, ber etljifc^e ^auptfel;ler ift, ba[3 biefeö ©ine oljiie roeitereg gut genannt rairb, ha^ abfolut «Seienbe alä fold^eg sugleid^ bie tjöc^fte 9^orm für baö fittlic^c «ganbeln fein fott.
3u biefer a>orauöfe|ung ift burdjauö hin objeftiüer ©runb üorljanben, eö ift ein ©prung, ein nndüirlic^eä 3Serfat;ren, ba§ allerbingS fubjeftiu fel)r erüärlic^ ift. 3Ber Diele 9}iü()e geljabt l)at, ctiuaö gu finben, beni crf($eint leidet baö enblic^ ©efunbene ntit allen möglichen 33ortrefflic^!eiten auögeftattet, bie Gntbctferfrcube blenbet unb eö gcljt ben ^^orfc^enben wie ben 9ieifenben, bie allcö, maö fie auöiuärts faljen, fc^ön nennen, baruni lücil fie mit 9Jtülje unb Sloften jum ©eljen gelangten.*) ©ine anbere fubjeftiue a^eranlaffung liegt barin, bafi baö ntetapl)yfif(^ eine 9ieale uon allen 9)ioniften (auf3er @c§openl;auer) ©ott genannt wirb, imb Ijier unnnllfürli($ bie etljifc^cn ^sräbüate im ungenauen teufen auf baö an fi(^ etl;if(| üijllig gleichgültige (Bim übertragen luerben. Slllein, raie fc^on gefagt, objeftiü liegt burc^auö fein ©runb uor, warum biefeö ©ine gut im etl;ifc^en ©inne genannt werben bürfte; mit bemfelben 9^ec^te ober bemfelben Unrechte fann man jeneö ©ine böfe nennen.
äöirb nun baö (Sine gut genannt, fo mu^ baö ©egenteil beö ©inen, bie ^öieUjeit, böfe fein ober baö, waö nic^t fein foUte. Saö ift felbft= üerftänblid^ ebenfo will!ürli($, alö warum bie ©inljcit baö C^ute fein fott. Sie etl;if(^e 2tufgabe wirb bcmnac^ fo gefaf3t werben muffen, baö ^itU lux ©inl;eit surüd^ubilben.**) S)aö ift im affgemeinen bie etf)if(^e ©runbanfc^auung aller moniftifc^en ©ijfteme, im befonberen fd^lie^t fi($ bann jebeö berfelben nät)er an bie eigentümliche ^oömologie an, bie eö aufftefft; unb bereu ©igentümli(|!eit ift wefentlic^ baoon abljöngig, ob baö ©i;ftem hxnä) ben metapljyfifc^en ^bealiömuö Ijinburd^ gegangen ift ober nidlit.
*) ^erBart I. 415.
**) SSieWeid^t ift 2lna^:imanber al§ ber erfte anjufcl^en, iwetd^cr biefem ©e^ ban!en 2tu§brud gab in ben Sßorten, bafe bie 2)inge iuxä) il^ren Untergang bie ©träfe für il^r Unred^t büfien. 2)aä Itnred^t ber ®inge iüürbe barin liegen, ba§ fie überl^au^t al§ einjelne Singe bcftcl^en unb einen gii'icf^'ilt/ «ine Unangemeffenl&cit in ba§ eine ©eienbe, ba§ UnenbUd^e, gebrad^t l^aben. (2Bie \a a\xd) nac^^eraclit ber Ärieg unb na^ (Smpebocleg ber ©treit e§ ift, tvoburd; bie gegebenen ©injel: binge in bie ©rfd^einung treten.) ®iefe§ Unred^t fann nur gebüßt iüerben burd^ ben Untergang be§ ©tnjelnen ober il^re SHüdffel^r in§ Unenblidie. S)anüt ift bie Unangcmeffenl^eit t)eri^4üunben. Sod^ eS ift fel;r bie %vaQi, ob Stnajintanber bieä gemeint l^at, greller unb Stitter beuten bie Sffiörter r/o'z?, öiiuj, advda im ^3]^t;fifalifc^en ©inne, bie Singe erleiben ©träfe foÄ nid^tS anbereS bebeuten, alä ein 2)ing berbrängt baS anbere a\\^ bem Safein.
©ie ©toifer. 189
a. 33oribeaItftifd^e ©yfteme.
135. 2((ö bic erften unter bcii 9J(omften, wää)e awQ bem tfieoretifd^en 9Jioniöimts dej. ^autfjeiömug ein etljifd^eä «Softem abzuleiten unb baniit bie ©ittenletjve fosmolooiji^*) §u begrünbcn oerfud^ten, finb bie ©toiifer Qnjufetjen. greiUc^ liegt \\m von feinem bev vielen ftoifc^en ^(jilofopljen ein sufanunentjänoenbeö ©ijftetn uor, unb wir werben unö hai)ix im folgenben nic^t an bie Satftelluncj eineö eingetnen ©toiferö galten !önnen, fonbern baö, maö man uon ftoifc^er ^^l;i(ofopt)ie an^ hm üerfd^iebcnen Zeitaltern weife, benu^en, imi ein einiuennafsen jnfatnmenpngenbeö ©tjftem SU ertjalten unb fo einen C5inb(itf in bereu foömologifc^e @t()if ju ^e-- tüinnen. S)o(^ auc^ auf biefe SBeife wirb eö nid^t möölid^, überaß einen ftreng begrifflii^en 3"i'^^itiiienl)ang iljrer Setjren §u geben; ja eä ift fel;r p bezweifeln, ob überhaupt ein folc^er in allen S3e5ief)unöen uorljanben gewefen ift. '^Mn barf nii^t yergeffen, bafe bie ©toüer ju atten ^dUn beffer ermaf;nt, aU geleiert fiaben.
S)ie (Stoüer waren einig in ber 33et)auptung beä tt)eoretif($en 9)ioniömuö, ferner barin, bofs baä S'ine abfolut ©eienbe fid^ fofort in gwei ^eite fpaltet. @s wirb weber erflärt, nod^ ber ©rflärung für be= bürftig erad^tet, warum unb wie baö ßine fid^ gefpaltet ijaht in ein leibenbeö unb ein tptigeö ^rinjip, ober ob beibe nur üerfd^iebene 2(n= fd^auungöweifen beö Slbfoluten oon uerfcliicbenen ©tanborten anä fein fotlen. S)ag t^ätige ^^rinjip wirb ©ott genannt, unb bamit äiun erften= male in ber @efdl)ii^te ber ^Ijilofopljie ber eigentlid^e ^ant£)ciömug in einer wiffenfi^aftlic^en g^affung eingefül)rt. 2)aö tptige ^ringip wirb
*) 3tüar fd^eint an^ bie ajlorat ber ^^tl^agoreer einen !o§mo[ogifd^en 3w0 Qi^ait ju l^aben, fofern fie fid^ auf tlf;eoretifci^e 5ßrinji^ien, bie ^a'ifUn unb beren Harmonie unb 2)i§l^armonie gegrünbet l^aben foK ; bod^ ift baöon ju irenig befannt, um etföaS näl^ereg mit Seftimmtl^eit angeben ju üJnnen. Sßie bie 5ßt)tl^agoreer bie erften finb, hjelc^e bie ©ittenfel^re auf tl^eoretifd^e 2lnfid^ten ju bauen fuc^ten, fo ^aben fie iüol^l überl^au^t juerft bie 3]orfd;riften für ein fittlid^eS 3i?erl^alten in einem geiviffen 3uf^'i""?n^fltt0« öorgetragen. SSon ben anberen ^l^ilofo|)l^en Dor ©o!rate§ iüiffen iuir nur nod) bon SDemocrit, ba^ er fid; mit ber ®tt)xt hc- fd^äftigt l^at. ©eine Setrad^tungen laufen auf eine tterftänbige, me!^r geiftige al8 finntid^e ©(üdfetigfeitglel^re l^inauä. 21I§ uornel^mften ©efid^tS^unft fteUte er bic ev^fv/xta, bie rul^ige l^armonifd)e ©timmung ber ©eele auf, tüeWje fi(^ burd^ feinerlei ajegel^rungen fti3ren (äffen barf, benn nid^t alffcin bie böfe 2:i^at ift unred^t, fonbern aud^ biefe fd^on ju ioollen. ©r unterfd^eibet ätwifd^en ©efe^en, bie üon Jiatur, unb fold^en, bie üon menfdjlid^er Sßißlfür georbnet finb, unb feiert bie 9iot; trenbigfeit ber menfd^Ud^en ^anblungen. Über §eraclit f. ?lr. 9 Slnmerf.
190 2)ie ©toüer.
ferner befd^ricben 1) als etraas ©eiftiöes, ö^^^öfinlid^ awä) ^erfönlic^eö, 2) aU baö ciöcntli(^e SSefen aller natürlichen ©inge, 3) als bie not^^ wenbige unb sugleid) uernünftige ©ejc^Ui^feit im 2(blaiif ber 2ßelt, als gatuni. hingegen loirb baS Icibcnbe ^^rin^ip als qnatitätslofe SJIaterie im ©inne üon StriftoteleS anf gefaxt. äBir!licl)!eit, Eraft unb ©eftalt ert;ält baSfelbe erft burc^ baS tljätige ^srinjip. Sie 3Belt unb alles in il)r befielet batier in einer ä^erbinbung beiber ^rinjipien, ift ber üon Öott burd^-- brungene ßeib ©otteS (Sir. 28). aßie ift alfo l^iernac^ bie uns gegebene 9iatur bef (Raffen? Sie ift 1) vernünftig, 2) gut, b. l). ol)ne jeglid^es Übel, 3) fie ift ©ins, alles fielet barin iin einem inneren notiuenbigen 3ufammenljange. 9hin ift eS !lar, maS bie Stoüer mit ilirer etl)if($en ^-ormel: ber Statur gemä^ leben, fagen wollten.*)
©ibt man biefer formet bie ^hm üorgetragene metl)aplji)fif(^e 33e= grünbung, bann bebeutet eS immer basfelbe, ob ^leantlies unter ber Statur bie allgemeine Statur ober G^ryfipp baneben awä) bie befonbere 9Jtenf(^ennatur nerftanbcn iinffen mill, benn le^tere ift ja aud^ nur ein ^eil ber erfteren, ober ob gefagt mirb, ber SSernunft gemäfe leben, ober n)ie fonft bie oerfd^iebenen Raffungen jener gormel lauten mögen. (Sie bebeuten atte basfelbe, nämlicb ba^ bie Scatur unb bie Slrt, mie l)ier alles ge^ fc^iel)t, baS 33orbilb bafür fein foU, loie baS menfi^lic^e Seben einjurid^ten ift. 2tlfo: 1) bie Statur ift geiftig unb uernünftig, fo mu^ baS \l)x ge^ mä^ gefülirte 2Q.h^n baS Seben eines SBeifen fein, ber oernünftig überlegt unb fid^ nicf)t üon Seibenfc^aften ober Slffeften beljerrfdlien lä^t. 2) 3)ie Statur ift gut, es ift bemnad) alles in \i)x gut, nirgenbs ein Übel; unb ein SieblingSfa^ ber ©toiter, ben fie in ben ftär!ften 2tuSbrücEen oerteibigen.
*) S5iefe {^orntel ift urfjjrünglid^ nid^t auf eine 2:i^eorie gegrünbet, biermel^r Süoirte il^r Url^eber, ber Ct^nifer Sinti ftl^ene§, unb aucl^ 3enO/ iuetc^er fie iüieber aufnal^m, iuol^I nur eine bercd^tigte SHealtion gegen bie unnatürlichen 3"ftänbe feiner Seit, inäbefonbere gegen bie raffinierte ©enu^u^t auSbrüden. (Sin foIc^eS Streben, jur ^IfJatur, b. 1^. ju natürlidjen 3uftänben jurücEjuf eieren in bem ©lauben, bamit alfen Übün ju entgelten, entfielet faft nottucnbig immer bann, ivenn bie öffenttid^en Suftänbe ber (Sefeüfd^aft üöUig unnatürlicf), fünftlic^ öerfd^roben finb. 3)!an fann etiüaS 5ä^nU^e§ bei Stouffeau bemerlen. 2ll§ aber bie ©toüer, namentUd^ ber f^Jäteren Qtit, bie 5°'^'"^^' ^'^^ 9Jatur gemäf; ju leben, ali ©runbfa^ an- genommen l^atten, glaubte ein %i\l ber ©d^ule, ber ^ormel eine meta^jl^tififd^e SBegrünbung unb bamit ber ©tl^if einen foSmoIogifd^en Unterbau geben ju muffen. ©0 berid^tet ^(utard^ (repug. Stoicorum 9) aU 5Dteinung ©l^r^fi^s^S: ba8 ^rinji^j be§ (Suten fann nur aug ber gemeinfamen 9tatur, au§ ber 5ß^l;fif gefunben tperben, unb baö gefdE^iel^t bermittcIS ber Sogü. hingegen nal^m ein anberer Xeil ber ©toüer bie formet o§ne loßmologifd^e Segrünbung an.
2)ic ©toiler. 191
ift: loas lüixüic^ ift, ift vernünftig unb gut. 2)o0 ber 9^atnr ßemäfe eüu ßeric^tete i^eben fcnnt bal;er fein Übel, allcö: greube unb <Sc^nier§, @efunb= (;eit unb .^ranEi;eit, 2dm\ unb %oh ift gut. ^ier liegt bie Segrünbung beffen, roaä lüir gern alö fpecififc^ ftoifc^ bejeid^nen: bie 3]erad^tung beä ©(^merjeö unb ^obeö, @ntf)altfainfeit, Strenge unb 3IpQtl)ie. 3) ®ie 9{atur ift einä, ftreng in fid^ 3ufanunen(;ängenb. ®aä ^eben beä Söeifen wirb alfo nid^t ein einfanieä, ganj ber Sef(^auli($!eit geraibmeteö fein bttrfen, fonber ein t(;ätigeö, weld^eö auf anbere cinjuiöirfen fuc^t, ein ßiog noki- tiKog KoivGovnw? cpiXdXXr/Xo^. ^aS ganjc 9}ienfc^engef(^le(^t bilbet ein ©anäcö, ein einzelnes ©lieb barf fi(^ nid)t beni anberen ent^iel^en. ^ierbur(^ gewann für bie Stoiber ber Staat eine fo I)of)e 33ebeutung unb bamit bie l)'m üor aden Ijeruortrctenbe 'I^ugenb ber ©ered^tigfeit, ju bereu Stufrec^t- er{;a(tung fie auc^ bie fiärteften ©trafen oljue alle ©d^onung unb 9iürffid^t angeiüenbet raiffen löollten. 4) SltteS in ber 3^atur !l)ängt ftreng gefefe= mäfeig äufainmen, ber Skturlauf ift einer unabänberlidl)en 9lotiuenbig!eit unterworfen: fo möge fi<^ benn ber 9Jienfc^ in feinem Seben unter baä unabwenbbare gatum, o[;ne ii)m gu tuiberftreben, beugen, eä ift nottoenbig unb eö ift jugleid^ gut.
Sltle biefe Slbleitungen oon ^ftic^ten auö ben tljeoretifd^en ©ä^en finb iebo($ nur fd^einbar folgerei^t gewonnen, "^mn wenn bie Statur fo be- fd^affen ift, toic bie ©toi! er fie befd[)reiben, warum foll ber 9)?enfd^ ebenfo befc^affen fein? hierauf wirb ^wax geantwortet: weil ber SOJenfd^ ein ^etl ber ganzen DIatur ift. 3lber, wirb bieg ftreng genommen, fo werben alle jene ^^flid^ten überflüffig. ®enn ift in ber 9Zatur alles üernünftig unb gut, unb ift ber 9)ienfd^ ein 2:^eil baüon, bann nui^ er notwenbig üon t}ornl)erein fo fein, wie er fein foll. Sie fittlii^e 3lufgabe ift gleid^ im 3lnfange gelöft, fie ftellt fid^ gar nid^t als nod^ gu oollbringenbe 2lufgabe l)erauS. äßo^er nun bodf) bie ^flid^t, bie jene Slufgabe als noi^ nid^t ooUbrad^t uorausfe^t? §ier ift ber ^^un!t, wo nmn bem ©yftem mit feinen ilonfequeuäen ben ^üc!en feljrt unb bas menfd^lid^e treiben, wie es ]iä) jebem unbefangenen Seobac^ter barbictet, mit t;ellen Stugen imb einem natürlichen moralifc^en @efül)le betrachtet. Wit 5ßerbru^ bemer!ten bie ©toifer, wie wenig bas Seben ber meiften 9}Zenfd^en fo ift, wie eS fein fotlte, wie unnatürlich befonbers bas f^laffe, raffinierte ©enu^leben ilirer 3eit= genoffen fei. ^m ©egenfa^e ^ierju fiatten fie fid^ ein ganj anberes ^beat gebilbet. 9Kd^t alfo aus tl)rem tfieoretifd^en Unterbau ber ©tlji!, fonbern aus il;rem natürlid^en, regen moralifd^en Urteil entfpringen bei i^nen bie fittlic^en ^sorfd^riften unb bie ^Nflid^ten, weli^e auf einent ©egenfa^ jwifd^en ber 3Bir!li(^!eit unb bem ^beale berulien. Sefanntlic^ l;aben bie ©toifer
199 2)te ©toüer.
fid^ au|evorbentli(^ ütel 9)iüf)e öCöeben, biefes ^beal in einem lüatiren 2Beifcn perfonifisicrt 5U fc^ilbcrn. 2)er 3Beife, fagcn fie, i)ai alle JTugenben ober t)ielmel;r beten Inbegriff bie ^Ußenb felbft, benn eö gibt naä) i^nen mix eine Sl^ugenb, wie c§ nnr ein (Snt otbt. ©ntiöeber l^at man biefe S^ugenb Dollfonunen ober man l;at fie gar nic^t, jeber 9}ienf(^ ift banun entiüeber ein ooUfommener äßeifer ober ein oolifommener %f)ox. ^nbem nun weiter fiin^uoefügt wirb, baf? in SBirflic^fcit niemanb ha^ 3beal eines SBcifen vollftänbig barftelle, fonbern an6) ber aBeifefte nur in ber 3(n= näfierung gum ^beal begriffen bleibe, folgt freili*^ loieber, ba^ a{k§> fitt= li(^e Streben eigentlich ganj ucrgeblic^ ift. S)enn oermag auc§ ber Sefte baö Sbeal nic^t jn erreichen, fo ift er ftreng genommen fein 2Beifer, fonbern ein fo oollfomntener ^l;or, wie ber aller Unioeifefte unb fann auä) bei aller 2lnftrcngung nic|t über biefe ©tufe l^inauögelangen. 9hm !onnte eö iljncn freiließ nic^t entgel)en, meld^ großer Unterfd^ieb unter ben 9)tenf($en in moralif(j^er i^infic^t beftel;e, baiiim pflegten fie in praxi jeneä „(Sntioeber — ober" nid^t fo ftreng §u nel;men.
©0 ergibt fid^ benn anö ben ftoifi^en 2lu§fül)rungen t)on pei gan§ entgegengefcfeten 58orauöfe^ungen auä baöfelbe 3iefultat, ha^ ein fittlic^eö ^anbeln oöllig unnötig ift. Gigentlid; folltc alleö, maö ift unb gcfd^ie^t, üon uornljcrein oollfommen uernünftig unb gut fein, alfo follte aud^ jeber 9)icnf(| gan^ uon felbft ein oollfommencr äßcifer unb ein fittlid^eä Streben überflüffiß fein. 2luf ber anberen Seite follte mieber jeber ein oollfommener 3^l;or fein unb bleiben muffen, alfo wieberum baö fittlid^e Streben über= flüffig, weil erfolglos fein!*) äöir werben beibe Sd^unerigfeiten noc^ ferner in allen foömologifd^cn Sittenlel;ren auftreten fel;en. Sc^Uef3lid^ folgt bann, ha^ man rul)ig bie S)inge unb fid^ felbft ge^en läjst, wie fie zh^n gel;en mögen, fic^ bem ^^atum blinb unterwerfenb ; wenn man ja noc^ uon ^ftidl)ten reben will als oon im Sinne ber Stoüer naturgemäfscn ^anblungen, fo ift alleö, waö gefd^ieljt, gut unb pflic^tmä^ig, unb felbft
*) Unb h)ie au§ bem SInfangc il^rer tl^eorctifd^cn 33etrad^tungen , fo folgt aud^ awi bereu (Snbe, ial^ fd^tic^lic^ bo(^ aUc§ , tua§ ift unb gefd^icl^t, fd^on an fid^ gut unb bernünftig ift, ba^ atfo üom 58üfen unb barum bon einer erft nod^ gu löfenben fittlid^en Aufgabe leine SRebe fein lönne, benn fd^Iie^lid^ hjirb baS aßeltaü gonj tjon felbft lieber in biejenige (Sinl^eit jurüdf eieren, aug h^eld^er e§ l^erbor- gegangen ift, bi§ e§ fid^ hjieber entfaltet unb ein Seben ganj in berfelben SQJeife mit ganj ben nämlid^en 5ßerfonen, ©ebanten unb ©reigniffen beginnt, öor beffen 2tnfang alte ©celcn, anä} bie ber SOßeifeften bernid^tet fein muffen. 3u bem fd^lie^lid^en SRefurtate arfo ber bollen 3;n=einS=58itbung tragen alte 3Wenfd^en, bie (Suten toie bie aSöfen, in gleid^er Sffieife bei.
©pinojo. 193
bie ^anblunoen ber Spiere verbleiten na'^^novta öeunnnt §u raerben, wie einige Stoiber ttjun. —
136. @ö wag fonbcrbar fd^cinen, neben bie evnfte imb t)er{;ältni§: nm^ig reine 9)?oral ber ©toifer bie beö nadten ßgoiömnä bei ©pinoga §u [teilen ; unb boc^ ift in beiben Sijftemen foiöoljl baS tt)eoretif(^e gnnbmnent, als bie Slbteitnng oon ctljifd^en ©ä^en ans benifelben gleic^. 3(u(^ (Spinoza [teilt \i<x^^ eine 2It)[oInte, welches er of)ne lueitereS ©Ott unb üoüfomnien gut nennt, (\.\\ bie ©pi^e [eines ©i)[tenis, ber SBeltlauf i[t nur eine ßnt[altung bie[er attgetneinen ©ub[tan5 [eH)[t (9lr, 3). Saraus ergibt [ic^ [i'ir ©pinoja: bas 33e[tel)enbe i[t baS ©ute, bas 6tar!e baS Steckte, bas rairflid^ @e[(^cljenbe baö ©ittlic^e, gür bas 58erl)alten ber 9}ien[(^en [ollte IjierauS ni(^ts anbereS [olgen, als ein rul;iges Slbiuarten, pa[[iues @e[c^el)enla[[en ber Singe, wie [ie einmal geljen, benn was ge= [c^ieljt inib TOie es ge[c^iel)t, i[t immer unb überalt baS 33e[te. Unb aller^ btngS mac^t bie (Stiji! bes ©pino^a an oielen ©teilen ben ©inbruc!, als motte [ie au(^ nichts anberes prebigen, als Fatalismus, [ür ben es nid^ts 5ri)öri($tereS gibt, als in 2t[[e!t %\\ geraten, er mijge [id^ nun als gurc^t au[ bas 3u!ün[tige ober als "^twt au[ bas 9Sergangene be^ieljen. „(Sben bestialb ptte er [reilic^ feine ©tlji! [(^reiben, [onbern bie ©ac^en geljen Ia[[en [ollen, Toie [ie gelten, benn [ie gelien immer redl)t."*) 2lllein ©pino§a rebet bo(^ au($ uon ^^[li($t, als einer [ittlid^en ^orbernngan un[eren Söillen. äßie fommt nun bie[e in baS ©^[tem? %\{\^i [e^t [ittlic^en Hamp[ ober n)enig[tenS eine 3(n[gabe ooraus, bie noc^ nii^t gelö[t i[t, al[o etraas Sö[es, mas übermunben werben [oll. Söie |[oll aber baS ^ö[e \\\ einem ©i)[teme ^la^ Ijaben, mo alles, maS i[t unb ge- [(^iel;t, nur ein 2tusbruc! ber ab[olut guten ©ub[tans i[t? ©anj in ber gleii^en äBei[e, mie bei ben ©toüern, bringt I)ier baS ^Sö[e buri$ bie ^intertl;ür ber ©r[al;rung in bie als burd^ unb burd^ göttli^ fon[truierte SBelt. Sie ßr[al)rung jeigt tl)at[äc^li(^ mannig[a(^ ©törvmg imb '^tx- [törung. Serglei^en [ollte [reilic^ nac^ ben gemalzten 33oraus[e^ungen ni(^t üortjanben [ein, benn bie modi öer[c^iebener 3tttribute (al[o beS Senfens unb ber 3tnSbel;nung) fönnen einanbcr meber t)ennnen noc^ [örbern, [teljen übevljanpt in feinem ilau[alne};us, [inb int legten ©runbe [ogar ibenti[c^, ba ber gan^e Unter[(^ieb nur wx\ bem ©taitbpunfte ber Setrad^tuitg beruht. Sie modi aber eines uitb bes[elben 2tttributes fönnen aud^ feinen ©runb beS $ü3iber[trcites \\\ [id^ tragen, ba [ie ntir ben logi[($en ^^otgen einer Se[inition gleid^ett [ollen; überl)aupt [olgt aits bem
*) ^erbart IX. 325. glügel, »ie iJJro6teme bei «p^iIofo)3t}ie. 18
194 ©^Jinoja.
ganjeu (Sriftem, wenn mau üiel äuöeben will, nur eiuc iuuuer fi^ Qidä) bleibeube Drbnuuö ber Siuoe, oljue jeglt(|eu äBed^fet. Sa uun ober hoä) tljatfäc^Iid^ ©töruug uub S^vftöruug iu ber Statur yorlicgt, fo — foKten bie 'l'orauöfc^ungeu Spiuojaö aufgegebeu werben; aUeiu 6piuo§a fc^licf5t: fo f ollen Störung imb 3^rftöruug nidjt fein, fie finb baä, wa§> nic^t fein, ronä überuniuben raerbeu f oll, unb sroar baburcl), ba^ fi($ jebeä S)ing ber Störung^wibcrfe^t uub fic^ felbft ju erl)alten fud^t. So ift ber ,,uuter aller 5lriti! fd^ledite Übergang befc^affen, n)obur(^ bie fptno^tfttfc^e Cutologie fic^ in eine Sittenleljre yeriuaubelt"*) unb als ^^rin^ip berfelbeu fici^ baä suum esse conservare eiuftellt: conatus sese conservandi primum et unicum virtutis est fundamentum. ©in anbereS ^^rin^ip, alä bas ber (Selbfterljaltuug , be§ ©goiönuiö, läfet fii^ aud^ bei beui 9}ioniänuiä nid^t eriuarteu. S)enn gibt eö nur ein ©eienbeä unb folleu überl)aupt ett)ifc^e {^orberungeu barauö abgeleitet werben, fo fönueu biefe nur bie ©elbftliebe §ur Duelle Ijaben; niditö anbereö, als nur fid^ felbft !ann bie eine Subftauä jutu ©egenftanb iljreö 3Bollenä unb ^anbelnä ntad^en. S)ie a)icnfc^eu finb nur 9}iobifi!atiouen biefer fic^ unenblid^ felbft; liebenbcn ©ubftanj, fie fönneu alfo auc^ nur bcu conatus sese conservandi jinn '^'rin^ip iljreS ^anbelnö macljeu. (Sin Unterfc^ieb §unf($en göttlid^eni unb menfd)lic^eni ."öanbelu befteljt nur Ijinfic^tli^ ber SJcac^t, @ott alö ber 2lllnm($tige l;at barum §u allem Diec^t, ber 9JJenfrf) nur fo meit, alä feine 2)cad^t xdö)t ©0 ift inieber bie naiJte 33egierbe ^um etfiifc^en '^^rinjip ert;oben. 9^un ift freiließ Spinoza nid)t geinillt, bcu gemeinen ©goismuö ^um fittlictjen vJ-unbament ju macljen, beun bie 9latur be§ ©eifteä, meldte fic^ bem ^riujip na^ alö fol^e erl;alten foll, ift ja nad^ bem Sijftem ein modus beS aUgemeinen intelligere ber ©ubftauj. ^e niel)r alfo ein 9Jienfd^ nac^ 9)Jaf3gabe ber (Sinfidjt Ijanbclt, um fo größer ift bie 3:ugenb in ii)m. S)ie Ijö^fte Ginfid)t ift uun bie (irfenntnis ber Subfianj, ober mie ©pinoja bieö nennt, intellectus dei, uub fo fommt als für uiele üerfü(;rerifd^ flingenbeä ^^^rinjip ber'(£-tl)if ijtxanö : amor dei intellectualis. ^nbcffen ift bicfcr amor dei bod^ nur ein SOiittel, baö Streben, fid^ felbft SU erljalten, ju bef riebigen; ein 9Jiittel, raelc^eö nur gut ift, meil es uü^t; unb ber SJiafsftab beffen, umS gut ift, ift iuuuer wieber jenes Streben, fic^ felbft gu erl)alten, ober bie nadte ^egierbe. Sies fprid^t auc^ Spinoza beutli(^ genug aus : id unusquisque ex legibus suae naturae necessario appetit et aversatur, quod bonum et malum esse judicat. Per bonum id intellegam, quod certo scimus nobis esse utile .... Constat
*) §erbart III. 3G8. VIII. 249.
©pinoja unb bie ©toüer. 195
itaque ex bis omnibiis, nihil nos conari, velle, appetere neque cupere, quia id bonum esse judicamus, sed contra nos propterea aliquid bonum esse judicare, quia id conamur, volumus, appetimus atque cupimus. ©eutlid^er tann eä nic^t auggcbrüdt raerben, ba^ bie rot)e Se^^ gicrbe a(ä fold^e jimi 9}laf3ftab beö @uten unb ^öfen gemad^t wirb, ©o fonunt man §um ^^-ataliöimis jurüd, jeber 9)tcnf(^ mit feinen Segierben unb feinem ^anbeln mag bleiben tt)ie er ift, benn wie er ift unb mill, ift er Qwt*)
93ero(eid^t man ba§ Softem ber ©toüer mit bem ©pinosas, fo !ann eä aUerbinßö, roie fc^on gefagt, faum einen größeren ©egenfa^ geben, wenn man ben ©eift unb bie ineiteren et^ifc^en 2tusfüf)rungen beiber 9JtoraI= ft)fteme anfief}t; gleic^rooljl [inb beibe auf benfelben tljeoretifc^en Unterbau gegrünbet. Sd^on anö bicfem Umftanbe folgt, ba^ nic^t beibe ©pfteme mit gleicher 9lotwenbig!eit auä ber üorgefd^obenen 5r!)eorie fi(^ ergeben, "^n 3Bat)rtjeit folgt feineö uon beiben barauö, loie überfiaupt t(;eoretif(^e Sä^e niemals eine ©tl^i! begrünben fönnen. Säfjt man aber boc^ einmal eine foI($e 2lb(eitung ju, fo ift ot)ne 3w)eifel ©pino^a ber fonfequentere. ®ie ©toüer I;aben ba, mo fie bie ^nfonfequen^ gemat;r werben, ba^ ber 3}?enf($ in äBirflid^feit nic^t fo üoKfommen ift, aU er na6) bem ©rifteme fein foKte, ben mor alifd^en 3Ibftanb im Singe, hingegen fprid^t ©pinoja, rao er auä ber tl)atfä(^li(^en 3"^o»Öi^iiettS gmifc^en bem SBeltlaiif, mie er ift unb wie er nad^ feinen 33orau§fe|ungen fein fottte, eine (5ittenlef)re abzuleiten fu($t, immer nur üon h^n an fi($ tljeoretifd^en Segriffen ber Störung, 3e^ftörung, ©elbfterljaltnng unb Maä)t ©nblic^ aber raerben beibe ©yfteme mit einer inneren ^lotmeitbigfeit gum Fatalismus unb bamit su einer 2Irt oon 33änbigung ber 2tffe!te bur(^ bie ©rfenntnis ber 9^otn)enbig!eit gefüljrt.**)
*) 2)a§ «Rainere f. 3t. f. e^. «ß^. VII. 72 ff.
**) 2ln ben ©toifern unb ©:fi "''?<* ^^t man ein intereffanteS Seif^iel, irie biel bei einer hjiffenfc^aftlid^en Bearbeitung ber ®tl^if auf ba§ natüvlid)^ [ittlid;e Urteil anfommt, ivM)t§ ein 2)enfer ju berartigen j^^orfd^ungen mit J^injuBringt. Dl^ne Sii'fifel ifar bie§ bei ben ©toifern oft in jiemnd^ l^ol^em ©rabe enttüidclt, unb feine :|5!^i[ofo^)]^ifd;e ©cl)ule l^at fobiel burd^ fittlic^e 2:üd^tigfeit auSgejeid^nete 3JJänner aufäuiveifen unb erjogen al§ bie ftoifd^e. SKit SWed^t finb bie mel^r ^o:t)uIären Bearbeitungen il^rer ajforal, bie fid^ oft ganj öon bem t^eoretifdjen |)intergrunbe ablöfte, tüie namentUd; bie eineS ©eneca, Slrrian, (Bpict^t, 3Karc2luret, nod^ immer im l^eilfamen ©ebraud;. hingegen ging ©^inoja, ioenn aud^ nid^t fittlid^er ß^arafter, Wo'ijl aber ber redete ©inn unb ba§ hjarme ©efül^I für bag ©d^öne unb ©Ute ah. greiüd; l^at e§ aud; feiner 3)loval nid^t an Sobrebnern gefel;[t, iveld^e fittli(^e SReinl^eit, ©rl^abenl^eit unb Uneigennüfeigfeit in feinem ©^fteme ju finben
13*
196 S)ie y:|)ätcren ©toüer.
137. 9Xlö bas am inciftcn ef)ara!tcriftifc^e bcr ftoifi^cn moxai fällt i)orncIjinli($ beven Slnfc^auung über bie iXhd in bie Singen. Übel fann eö in ber non itjnen alö voUfonunen angefeljencn äßelt nic^t g,ciKn. 3Ba§ geiuöljnlid^ fo genannt wirb, luirb nnr burc^ bie tljöni^te 9lnffaffnng ber 9Jienf($cn gvirn tlbel, inbeni fie fid^ burd^ einen änderen asorfall bie innere 9^nl)e ranben nnb in 2tffe!t Dcrfc^en laffen. giir ben äßeifen aber gibt eö fein Übel, er i[t ani^ in ben fläglii^ften äußeren llniftänben frei, reic^, glücflidj, Svönig; nnb wo ja fi($ iljtn ctiuaö entgegenftellt, raaö anbere ein \\hd nennen, fo fieljt er bieS als einen (Sporn jnr 2:l)ätig!eit <in, nni bie (S(^iuierig!eit jn i'ibcrunnben. 9)ian pflegt in biefer 3lnf(^annng beö (Stoi^iönuiS moljl bie ^^erfi^nielänng be§ griec^ifc^en nnb bcö röniif(^en ©eifteä §n erbliden, inbeni man eS als etmas fpe^ififc^ ^cllenifc^eö W-- trad^tet, nnr ©inn für "oa^ Bä)öM nnb ©nte jn Ijaben, bagegen fic^ non bem ^ä^tid^en nnb Seflagenömerten in ber 9Jatnr nnb bem 9}ienfd^en= leben ab^nraenben. S3efannli(^ ift bies nnr mit feljr evtjeblid^en ©in^^ f($rän!nngen waljr, benn wer rannte nic^t, p mel($ Icbljaften Silagen baö menf($tic^e (Slenb bie gried^if(^en Sictjter nnb Senfer ueranlafst l)ail Snbeffen \xm\n nnr baö ^^orljcrrfc^enbc inö 3lnge gefajst mirb, mag eä immcrljin für einen fel^r bebentfamen 3»0 '^^^ IjeUenifc^en ©elftes gelten, baä Sebcn norjngömcife yon ber Ijeiteren, ben Übeln abgewanbten Seite onjnfeljcn. Sllö baö fpe^ififc^ 9iömifd)e wirb Ijingegen baö anbere 9)(oment bes ©toisiömuö betrachtet, bie (Energie, bie eigene ivraft beö aBillenö, bie Übel, wo fie fic^ geigen, praftifd) jn negieren, bnrd^ eigene 3tnftrengnng jn übemiinben. Sßie überljanpt biefeö ©efüljl ber eigenen iitraft, bie fic^ a\\^ im Ijärteften Klampfe felbft genng ift, für ein a)?er!mal bes antifen ©elftes gilt.
^nn benfe man an bie fpäteren 3^itcn bes ©liedjcntnms, an bie 3cit bes 3erfalles ber römifi^en 9tepnblit nnb bie ber römif^en Slaifer, als bie änf3eren Übel nnb bie inneren ber ©efeEfdjaft ünnter größer mnrben, alfo bafe ber ganje Bufta^b ber äßelt als eine golgc bes göttlichen 3orneS angefeljen marb.*) 9Bie fonnten je^t nod^ bie Übel gelengnet werben? ai>as man fonft ein ©nt nannte, l)ief3 nnn beseic^nenb genng ein ^roft. Wian neljmc Ijinjn, wie einesteils bie alte römifc^e (S'nergie nnb ajcännlidfifeit bnrc^ cntnerucnbe ^.üaftcr gebrochen war, anbererfeits
tuä^nten. £ief;en fic^ bod^ 5. 33. Sejftng, ©d^reiermacfier, ©oetl^e u.a. burd^ ben infinitus amor dei fo im|30iiiercu, ia^ fie ©))inoja ivegen ber Unetgennüfcig!eit feiner 5JJoraI über alle crl^aben fanben.
*) 2;acitu§: Aunal. IV. 4, bist. IL 38; 1. 3, aud) ber 21[u§bru(f German. 46 securi adversus deos mag ba^in gerechnet iüerbcn.
«prutard^. 197
jebcö fid^ reßenbc ßröf^orc 93ia^ uon Gfjarafterftnrfe uon bcn .^aifcrn 0C= ftiffciiKt^ mit ('»icuHilt nicbcvrtcljattcn uub uutcrbrüdt iinirbc, fo baf? nur bic aJiittchuä^iöfcit ctiunö i^aU imb Uutljättöfcit ber Snbcöriff alter aßei§t)eit luar,*) hirj man bcufc an bie Seiten, mte fie 3:;acituä unä f^ilbcrt: luaS luirb aus bem (StoiäiämuS merben? £euöneu tiefen fic^ bie Übel nid^t, fie gu bewältigen, i>^n feljlte eö an 9Jhit uub Straft. (£ö ift natürlich, ba^ an bie ©teile ber entf(^munbeucu ©elbftöeuuöfamfeit uub i^raft, bie Übel in überunnbeu, einmal bie gluckt auä ber gan§ üerbecbteu SBelt mib äum anbeten baö 33 erlangen naä) göttlid^er .^ilfe tritt. X>ieS Söeibeö fiub bie l)errf(^cnbcu 3nö*^ ber fpäteren pljilofopljifc^eu (Stl;if unter Oriei^en, 9tömern \mh Drientalcu.
^innctgunö jum a}h)fti5iönutö uub gnr j^luc^t, jur 3nrüc!ge§oßeuljcit uon ben öffentüd^en 3(nöelegeuljeiten finben fid) bereits bei bcn fpiiteren ©toüern, bei (Spictet, namentlich bei Wilaxc SlureL äßas biefer uerlangt, ift meljr als fitttic^e JBauter!eit ber ©efinnung ober ftoifd^e 3(patl)ie; bie ©ecle foll nicl)t nur von aufsen uic^t beunrul^igt werben, fonbern baS ^u|ere foll fie überljaupt nic^t metjr berül;ren, foll für fie ni($t mel;r üor{)anben fein. 3ft bie ©eele fo bem ©üblichen, Siujseren abgeMjvt, l)at fie fic^ „vereinfacht", bann wirb fie erft wac^, berüfjrt bie ©ottljeit uub üerfeljrt mit hm Sämonen. Sie natürliche golge bauon ift bie ^>era($tuug bes Scibes uub bes ^i'bift^en überljaupt. (Suchte inan für biefc SebenSanficf)t einen tljeoretifc^en Unterbau, fo lag berfelbe gewiffer^ maf3en in ber Kosmologie ber «Stoifer fc^on yor. ^1)1 3JioniSnuiS ge= ftaltet fic^ ja von §aus aus jum 5DualiSnuiS, ber ein tptiges unb ein leibenbes ^riujip einanber entgegenfe^t. ^on bem legieren Ijatk man aber bisljer fo gut als gar feinen ©ebraud^ gemacht, es war aud^ uic^t als Urfa^e ber Übel angefeljen worben, benn biefe würben negiert ober üon ©Ott felbft abgeleitet. 31llein baburc^, fo wirft ^lutard^ ben ©toüern uor, wirb ©ott felbft jum Urljeber bes S3öfen. Slönnen bie Übel nic^t geleugnet werben, fäljrt er fort, unb fann ber gute ©ott nid^t Urljeber beS ^^öfen fein, fo mu^ man gwei oerfi^iebene Ic^tc Urfadjcn anneljmen, ein ^rinjip beS ©uten unb ein ^ringip bes ^ööfen, le^teres aber nic^t bloS als eine eigeufd^aftä^ unb h'aftlofe a}lateric im Sinne oon ^^ilato ober Slriftoteles gebadet, fonbern als eine beftimmte S^llätig; feit, ein ^rinjip.**) ©iefer ©ualisnuis ift nun fortan bie ©runbanfd^auung
*) 2;acitu§: 2lgricor. 17; 6; 2; Slnnal. VI. 39; VI. 27; XIV. 47; VI. 10. **) ©aburdj cntftanb eine böHige Umbeutung ber ^l^ilofo^l^ie ^(ato§, iüic fie bei ben ©toilern berfireitet wax unb bem ganjen 3teu:j)latoniämuä eigen
198 Sßeu^)Iatoni8mu8.
beä 3^eupt)t{)OöOtei§inuS unb ^Reitplatoniämuä itnb bie ^orauäfe^ung bereu @tf)tf. Slllerbingö wirb am 9}iomäinuS beö Si)[teins feftgef)alten ; um i()U uiit bem ©ualiämuö ju ücrciuigen, roerbeu uaiueutlt(^ stoei SBege eiu= öcfd^tageu: eiumal loirb bie 9)kterie al§ ber ©i^ bes ^öfeu, für bie not; wenbtge ^olge ober bie aubere ©eite ber urfprüuglic^en (Siuljeit felbft ausgegeben, wobei aber biefe lueber iiä) teilen, uod) felbft Urfac^e beä Söfen werben fott, jum anberen tritt fc^on ^ier bie bann oft roieberipite ^cl^auptung auf, ba§ Söfe fei übert;aupt nur etioaä Slegatioeä unb t)er= biene nic^t, ein 9?ealptinsip ju Ijei^en, wenn fc^on e§ als foI(^eö ficö tljätig erroeift. Überatt wirb t)ier bie 9}caterie pr alleinigen Urfac^e unb jum Präger atteö Übels unb ^öfen unb wirb auf bas tieffte l;erabgefe^t. ©er fieib insbcfonbere gilt für baS reine SSiberfpiel ber ©eele.
138. SaS etf)if(ie ^rinjip bei ^:|]f)ilo unb ben SIeuplatonifern ift bemnad^ bie ntöglic^fte SoSfagung oon ber ©innli(^!eit unb barum bie gänjlic^e 2luSrottung aUer £uft unb aller 2tffe!te. S)aS ©innlic^e, 3Siele, Berftreuenbe ift baS, ma^ ber ßinljeit wiberfprid^t unb nic^t fein foll. Sie metapl;i;fif(^e (Sinlieit, bie ajionas, ift baS ^ö(^fte, an il)r teil ju Ijaben, ift unfer 3iel, ju it)m l)at alles eine natürliche ©eljufui^t.
©0 ergibt fi($ ein nöllig negatioer ßljarafter biefer 2lrt non ©itten= le^re. ^infic^ttic^ ber 2lb!et)r non bem ©innlii^en werben in ber Siegel jwei Sauber gwifd^en Seib unb ©eele angenommen, eins ber Diotwenbigfeit, imb eins ber £uft, nur bas te^tere fott freiwittig aufgegeben werben, wäl^renb bie ßöfung bes erfteren burc^ ©elbftmorb ber ^Jtu^z bes SBeifen unwürbig fei. 3)abur(^ wirb atterbings bie ftrengfte ©nt^altfamfeit ge^ forbert, biefe StScefe aber noi^ ni(^t bis §ur ©elbftpeinigung gefteigert. @s wirb fogar für ba§ jugenblid^e 3llter eine beftimmte berufsmäßige 2ßir!fam!eit, namentlich eine erjieljerifi^e jur ^flic^t gemacht, ^cbo^ für bas l^öE^ere llter geziemt fid) nur bie ilontemplation, bie il)r Ijöc^ftes ^id auf ©rben in ber befinnungSlofen (Sfftafe, im Slnfc^auen beS Urwefens felbft fiubet. 2)iefe !ann nid^t hmä) eigene 2lnftrengung , fonbern nur unter bem Seiftanbe ber (^ottl)eit felbft t)erbeigefül)rt werben, ©aucrub ift biefes p^fte 3iel für ben äßeifen int 2:obe erreicht. ®iefe 3>ereinigung mit ber SJionaS ift tljeoretifc^ baS ^ö(^fte, benn fie ift ein unmittelbares
geblieben ift. 2)er gjJaterie, aU bem /^rf öv [teilen je^t nid^t mel^t ioie bei «ßlato als bag abf olute ©eicube bie ^been gegenüber (3^r. 27), fonbern ba§ gute 5ßrinjtp ober ©Ott. Sie Qbeen, bie Urbilber be§ Sßirflid^en, muffen ba^er al§ in ©Ott, a.U Sbeen, ©ebanlen ®otte§ aufgefafjt Serben, nac^ benen bie SBelt entioeber Don ©Ott ober öon untergeorbneten ©eiftern gebilbet ift, iuie ein ^o^m^ nac^ ber Qbee, bem ?(JIane be§ »aumeifterä gebaut »uirb. 33gt. X^ilo: ©efd^. ber ^^Uof. 1880 I. 320.
aJI^ftifer. 199
©c^auen beffen, maö ben!enb nie rec^t erfaßt merben tann ; fie ift praüifd^ baä ^öc^ftc, bcitu fie ift im C^ieociifa^e jur irbifc^cn CiJeteiltfjeit unb ^cx- ftreuuno bic uoUfoinmcne (Siuljeit unb 9iul;e.
^nö 3(u5icljenbe, uic[d)cö bicfe p(ji(ofopf)if($e 9)h)fti! für mk unb jiuar bte cbelftcn @enuitl;cr ber bninnltgcn werraitberten ßeit (jatte, ließt loeniger in bem eigentlid^en bcßvifflic^eu ©ebaufentntjalt, al§ üiehneljT in beni, lua^ bie nu)ftif(^en 2(uöbnirf'e gcftattetcn, ja einluben, tjineinjubenfen. ®as 9{bfü(utc würbe nid)t olS ein kalter, leerer begriff öeba(^t, fonbcrn al§ Inbegriff attes ©uten, <Bä)önm, \va§ es ber Siebe unb ber ^Bereinigung mit if)m wert mad^te. SaSfelbe gilt yon ber c^riftli^en 9}hjftif. (£'igent= li(^ neue Sel)rmomente ^ot bicfe nic^t (jin^ugebroc^t, luenn fie awä) leicht infolge beö c^riftlic^cn (Sinftuffes, ber 9^ationolität, ber religiöfen noffen ^efriebigung unb uic(er anberen Umftnnbe einen ganj anbereii (S'inbrucf mac^t. ©Ott mirb awä) tjier ak 9Jionaö gefegt, al§> baö 9iirf)tö aller 33eftimmtt)eit , a(ö 9(egation jebeö ^rabifatö unb |ebe§ Untcrfcfiicbä, ber mic^ ©ein, 2d)m unb ®üte in unferem ©inne abgefproi^en wirb, hieran fc^lie^t fi(^ im .^inbUrf auf bie äße(t ein ^antfjeiämuö, raie er nic^t beut= lieber auögefproi^en werben !ann, a(ö eö uon 9)Mfter ©cffjart unb 3lngehig ©ilefiuS (^otjanneö ©c^eff(er) gefcfjefjen ift.*) ®ie SBelt ber (Srfi^einung wirb uament(i(^ non ©rfterent alä etwaö nur 9Jegatiiieö an; jufefien gelehrt. 3tud) (jier wirb @ott um feiner (Sinljcit willen alg baä abfohlte ^kl, ober baö tjöd)fte @ut aufgefteHt. S)ie SSieltjeit beö (begebenen
*) ©inige 33erfe öon 3lnge[u§ ©itefiuS (au§ bem d;erubinifc^en Sßanberg: mann) mögen bic§ erläutern:
^dj tv)ei§, bafi ol^ne mid^ ®ott nid;t ein ^JJun fann leben,
Sßerb' td^ ju Sticht, er miifi bor 3lot ben ©ei[t aufgeben.
S)a^ ©Ott fo felig ift unb lebet o^u' Sßerlangen,
§at er fol»o!^l bon mir, al§ idj üon i^m em:^fangen.
^d} bin fo grofs, al§ ©Ott, er ift aU iä} fo Hein,
(gr !ann nid)t über midi, id) unter i^m nid)t fein.
©Ott ift fobiel an mir, al§ mir an ii^m gelegen,
©ein SJBefen l^elf id^ il^m, er mir ba§ meine jsflegen.
^ier fliel' id) nodl) in ©ott al§ eine 33a(^ ber 3«it/
©ort bin ic^ felbft baä 3JJeer ber einigen ©elig!eit.
©Ott ift in mir ba§ (^euer unb id^ in il;m ber ©djein ;
©inb \uir cinanber nidjt ganj inniglic^ gemein?
^d) bin fo reid^ al§ ©ott, e§ !ann !ein ©täublein fein,
SDa§ id; — SJJenfd; glaube mir — mit il^m nid;t l^ab' gemein.
^^ilofol^'^ifd^ nod) fd}ärfer unrb ber ^antl)eigmu§ bon 3)ieifter (Sdl^art bor^ getragen, bod^ laffen fidj al3 5öelegftelten bafür nid^t fo lur^e ©ä^e mitteilen.
200 3Kt)[tifer.
gilt als baö 92i(?^t4cin=foIIenbe, ba§ 3it=übern)inbenbe.*) ^icfc Übcrunnbuuo tann mm einmal burc^ 2Wieit, sum anbereu bnri^ 2ÖeItflu($t gefi^efjen. 9hm t)erfc^mftl)en bie 9)iijfti!er jmar nic^t burd)auö bcn erftcu 3Beg; 93ieifter ßrftjart fo(öert fogar au§ beni 33eifpiele ©otteö, bcr erft eine 3ÖcIt fd^affen mufjte, um burcj^ bereu 3"i"i'icf»(^tj»ic ^i^ f^^ W eigenen 58ottfommeul)cit §u gelangen, baji anä) bem 9)ieufc^eu 2lrbeit geboten fei, um im ^^nUn^ f^ül)teu uub S;i)un atte S)inge p uergeiftigeu , baf3 fie ©Ott raerben.**) 3116er ber aubcre, weit fiii^erere 2Bcg, §ur (Siul)eit ^u gelangen, ift, fi^ burc^ ^urüdgesogenljeit üou ber Söelt beä ©üblichen gauj ab^ufeliren.***) 3" biefer 3Xbgef($iebcnt)eit geljört mm breierlei: ber 9}knf($ mu^ bie auberen Singe laffeu; loer bie S)inge lä^t, fofern fie ein nichtiges, sufälüges ©ein fiub, ber ermirbt fie, fofern fie roefenl)aft uub cung finb (($c!l;art). B^»» auberen foffft bu gau^ imb gar entfinfen beiuer ©einljeit uub gcrftie^en in ©otteö «Seinl^eit, beun bu follft mit feinem 3<^ fo öä"sW(^ ein 3<^ werben, bafs bu mit il;m ett)igli(^ feine uugeiuorbeue ©ubftanj uub fein uamenlofeö Td^tQ uerfteljft, b. l). bafs bu alles ^"biüibuelte, mie Segeljrungcn u. f. m. abftreifft. Sinn brüten, ba^ bu fclbft ©otteö lebig raerbeft, fofern er uod) ein anberer ift, alö bu, fofern bu il)n nod^ als ein Dbjeft bir gegenüber Ijaft.f ) <So mirb bie ©eele mieber ui^ts, ober (Eins mit @ott. ©ie urfprünglii^e Sbentität be§ Unenbli^en uub ßnblii^en ift miebcr l)ergefteHt.
*) Sie fel'ge ©eelc hjci^ nid;t§ mel^r uon 2luberl^eit: ©ie ift ein 2id;t mit ®ott uub eine §errlid;!eit. S)er Tlin^ä) l^at cl^er nid)t DoUifommene ©cUg!cit, 2ll§ t)i§ bie Ginl^eit l^at beffd^Iud't bie Sluberi^cit. **) 3la^ 5ß|cifer§ SCuggabe 533. 5. ***) ©in ^avv ift biet kmiü^t, be§ SBeifen ganjcS 2;^un,
3)a§ jel^nmal ebler ift, ift lieben, fd^auen, rul^n. 3BeU aber bie Seele l^ier nod^ mit bem fieibe Devbunbeu ift unb tro^ il^re§ Sßibei-ftrebenä auf baö ^ii^iiifc^e einige SflücEfid^t ncfjmcn mu^, fo gelangt fie auf (£rben nie jur boüen 3teinl^eit unb ©eUg!eit.
2)ic ©eete, bie nid^tä fud^t, al§ ®in§ mit ©Ott ju fein, 2)ie lebt in ftetcr 9lul^ unb fiat bodf; ftete ^ctn gjJenfd^, ein bollfommener Gl^rift fjat niema[§ redete '^tin'b SKuf biefer Söelt. aßarum? ®r ftirbet aaejeit.
t) ©0 aud^ SCngeluS ©itefiuS
©Ott aber felbft ju laffen,
Qft eine ©elaffenl^cit, bie iüenig 2Renfd;en faffcn.
aBie felig rul^t ber öeift in be§ ©eliebten ©d;oof!,
2)er ©ott'g unb atter Sing' unb feinet fetbft iüirb loS.
^bealiftifd^e St^fteme. 201
®aö finb im atlöeineincn bie et()if($cn ^rinsipien ber mittelalterlichen 9)h;[tif, welche in bor uerfi^icbenftcn 9trt baroeftcllt nnb auf baö wirflic^c Scben auöeiuanbt luuvben. ^abei luurbe Irnlb ber äu^erfte 9iiöoriämuö öeltenb gemad^t, balb uerfan! man, wie bie trüber vmb (Sc^mcftern Dom ©eifte u. a. in etl)if(^e £aj;l)eit, ja 3lntinomiömu§, ba bem n)al)rcn '^^ci^m ober j^ronnnen ba§ ßinjelne unb barum aud^ eine einzelne fünbiöe ^anblung nichts angelie.
b. Si^eotiftifc^e ©gfteme.
139. 3n ben t§eoretif(^en Q\[q, baö ^lliele ©egebene axi^ ber ©inljeit absnleiten, fam bei ben biöljerigen foömifc^en ©ittenleliren bie moralifd^e j^orberuno baburd^ Ijinein, ha'i] man bie <S(^iineriö!cit einer folgen iSnU midelung bej. 3urücffül)runö bcö einen auf ha^ anberc füljlte. (Statt aber barum ben ä)ioniömuä aufzugeben, l)alf man fii^, Ijier bie moratif^e f^orbcrunö eintreten §u laffen. (SJanj ebenfo nerljält eä ftd; bei hm nun bar^uftellenben etljifc^en ©ijftemen beö abfohlten ^bealismuö ; baö ©egebene ftimmt nid^t gu ben angeblid^ logifd^ notmenbigen l>orauöfe^ungen beö abfohlt ©inen, barum foll biefer^nfongruens burd^ unfer praftifc^eö ^erlialten abgeljolfen werben. ®in Unterfd^ieb ber ©nippen non ©ijftcmen bcftcljt barin, baJ3 bie biöljer bargeftellten biefe Sn'fongruens motjl alö eine ©d^wierig^ {"eit fül)len, nid^t aber als einen SBiberfprnd^ ernennen, unb ha'^ ilinen biefe Sd^wierigfeit erft l)interljer bei 2hxmenbung beö ^Begriffes uom 3lbfoluten auf bie mirflid^e äßelt füljtbar wirb ; bie ibeaUftifd^en 9)ioralfijfteme (jhigegen erfennen fogleid^ bei Slufftellung beö 33egriffä uom SÄbfohiten ben barin hegenben Sßiberfprud^, unb barum mad^t \iä) i)kx bie ^orberung ber ^ben= tität ober baä 3Siete jur @inl;eit surürfjubilben fogleid^ im Stnfange iljrer ©i;fteme gehenb.
3Bie im S^ljeoretif d^en, fo beginnen aud^ hn ^raltifc^en bie ibealiftifc^en ©ijfteme mit ^ic^te.
^id^te l)atte (9lr. 64) als alleiniges ©eienbes ba§ ^d^ gefunben, biefes aber fofort als ein reines 3($, b. l). als eine ganj unbefthnmte, gren^enlofe ^Ijätigfeit, als actus purus, als abfohites SBerben gebadet. 9hin ift bereits (9lr. 9) gegeigt, ba^ aus bem allgemeinen abfohlten äßerben niemals bie inbiüibuellen formen ber 9{atur, wie fie uns tljat^ fä(ä)U(^ gegeben finb, erflärt werben fönnen. Slud^ ^id^te erfannte fell;r wol)l, ba^ aus bem reinen '^ä) bas empirifd^e ^d^, b. l). bas '^ä), wie es mirflid^ gegeben ift, als in jebem Stugenblirfe inbioibuelt beftinunt, als mancherlei benfenb, fü^lenb, begcljrenb, ni(^t abgeleitet werben fann. ^siehneljr bcbarf es nad^ '^i6)t^ no(^ eines befonberen „unbegreiflid^en 2ilnfto|eS", an
202 l^ic^te.
toeli^em fi(^ bic ölctc^mä^iöc Xf)ätig!eit beö reinen ^ä) Qkx^'iam breite, reflefticre unb fo 5U ben beftintnitcn ßCöebcnen 33orfteUun0en foinme. 2luf biefe 3Betfe erft wirb baö 3^ W Siitclligenj, wirb gum empirifi^en $j($ unb gelanöt jur SSorftettung ber gegebenen ©rfd^cinungöroelt. 2tl(ein biefe 2lblcitung ber befonberen 9]orftc(Iungen aus ber attgenieinen ^(jätigfeit beö reinen 3<$ oennittcü eineä befonberen 3(nftof3eö TOiberfpric^t gerabeju bem ©runbgcbanfen ber ^^-ic^tc'fi^cn Seljre. ©arnac^ gibt eä nur ein ^rinjip, nänilic^ bas 3^/ welches barum dkn feinen befonberen ^eftininuingen nad) allein burd^ fic^ felbft gefegt fein mn^. S)er fogenannte unbegreif; lid^e 3lnfto^ fd^eint nun gunäd^ft ^twa§> Dorn reinen 3«^ Unabl)ängigeö, ein 9Zic^t=3(^ üorauö5ufe^en. ®aniit würbe aber baS 3*^ ß^ft wirflid^ (gum empirifc^en "^ä)) hnxä) ctiuas üan if)m Unabljängtges. dJaä) beni ©rnubprin^ip jebod^ foü cö auf3er beni 3«^ ^"<^ts ©clbftänbigeä geben, fott baä ^ä) ben ©runb ju feiner (Entfaltung lebiglid^ in fid^ felbft tjahm. 2llfo niu^ bie fcfiein-- bare Unabl)ängig!eit beä ^d^ üon etumä, waö es nic^t felbft ift, uerneint, auf= get)oben werben, ^^n^l 2tnftof3 ift eben unbegreiflich. SaS enipirifd^e ^c^ forbert jwar §u feiner ©rflärung bie 3(nnal)n!e jenes 3Infto^es, alfo eines ^iä)U^^. SaS ^rinjip aber verlangt, ba^ biefes dliä)U^ä) felbft wiebcr ein 2Berf bes reinen ^ä) fei. ®as reine ^ä) wirb bemnac^ in feiner Slbfolutljeit wieber Ijergcftellt, wenn es gebadet wirb jugleic^ als Urfad^e bes 9tid^t-S($ als basfelbe bcftintmenb unb in fic^ jurücfneljmenb. ®ies ^eftinimtwerben be§. llbcrwunbenwerben beS dliä^W^ä) buri^ baä reine Sc^ ift nun ber ©runbgebanfe ber praftifc^en P)ilofopl)ie bei j^ic^te. „23eibes, fagt er, bas fubjeftine unb objeftioe wirb als l)arnionierenb angefeljcn, fo ha^ bas objeftiue aus bem fubjeftiüen, ein ©ein aus nieinent ^Begriffe folgen foH: iä) wir!e . . . (Sowie baS ^^ gefegt ift, ift alle 9iealität gefegt, im ^d^ foll alles gefegt fein; baS ^d^ foll fdl)lec^tj)in unabl)ängig, attes aber foH uon il)m abljängig fein. 2tlfo es wirb bie Überetnftimmung bes DbjeÜes mit bem ^c^ geforbert, unb bas abfohlte ^c^, gerabe um feines abfoluten ©innes willen, ift eS, weld^e fie forbert. 5^ants fatego= rifd^er ^mperatio." §ier wirb allerbings uon einer gorberung, einem ©oll gefprod^en, aber eS ift bies eine logifc^e gorberung, baf3 nämlid^ ous bem reinen '^6) bas empirifc^e folgen unb biefeS mit feiner 9}iannigfaltigfeit aus ber einen glcid^ntäfiigen Jljätigfeit beS reinen ^ä) begriffen werben foll. ®ies ift iebo(^ für ein rid^tigeS teufen unmöglich; es bleibt eine gorberung, ber ^^ic^teS tt;eoretifc^e ^sljilofopljie l)ätte genügen muffen, eine 9(ufgabe, bie fic^ aber nic^t löfen läfst, weil fie Umnöglid^eS, ^w-^iä)-- aöiberfpre^enbes ju bcnfcn junuitct. Statt inbeS barum, U)ic eS eine gefunbe Sogif erforbert Ijättc, bic ganje uerfuc^te ^cbuftion aufäugeben,
©c^etting, ^eßel. 203
lä^t ]iä) %\ä)tt von ben SBovten ©ollen, ^orberuuö, 3IufßQbc üevleiten imb machte biefe Io9if($c ^orbcruitö au feine lljeoretifd^e ^(ji(ofopf)ie jur motalif^en ^orbening. ^enen aiUberfpruc^ gu löfeu, ha\] aus bem reinen 3«^ ^«^ empirifc^e, am bem allöeuieinen äßerbeu bie befonberen (Srf($cinunöeu nid^t abgeleitet werben !öuneu unb boc^ abgeleitet werben nüifeten, ift^flid^t; baö 3c^ foU/ inbeui eä oon altem Dbjeft unabl^ängig burd^auS fdbftäubig l)anbelt, burd^ pflichtgemäßes ^anbeln bie Dbjelte mit fid^ (bem reinen '^ä)) übereinftiutmcnb machen.*)
140. ®ie lueiteten etljifd^en (Sntmdelungen von ©d^elling, ^egel unb © d^ l e i e r m a (j^ e r f d^lief^en fid^ unmittelbar an biefe 53egr{ffseutunclelung gid^teä an unb finb in it;ren allgemeinen ©runbsügen, auf meli^e eä unö tjier allein anfommt, untereinanber fo ä^nlid^, baf? fie gleic^fam als ein (Si;ftem bargeftellt tuerbcn fönnen.
Se!anntli(^ nerattgemeinertcn bie fpäteren abfoluten ^bealiften ^id^tes abfoluteS Qd^ unb nannten eö bas eine 3tbfolute, aus weld^em alles ©egebene, äBirflid^eS unb ©ebad^tes folgt. 3Säl)renb ^id^te^eS fid^ uiel dM^z foften läßt, aus ber urfpvünglid^en SIgilität beS ^d^ uermittels eines 9tid^t=3<^ ^iß befonberen (Srfcfieinungen abzuleiten unb bann bas ^lid^t^S«^ als ein uom ^d^ felbft ©efe^tes gu begreifen, nurd^en feine 9iad^folger fi(^ baS ©efd^äft üiel leidliter. ©d^elling er5äl)lt nur, wie fid^ baS Urfein (UrnioUen, ^bentität u. f. m.) in eine ^ielljeit fpaltet. ^cgel füfirt an Stelle bcs ^id^te'fd^en 3tnftoßes bie abfolute 9?egatiüität als intcgxierenben 33eftanbteil jebeS Segriffes ein, vermöge bereu baS 3{bfolute, wie jeber 33egTiff, fein Gegenteil an fid^ felbft l)at, fic^ alfo fid^ felbft gegenüber; fetjt unb, imt fid^ nid^t ju uerlieren, fid^ wieber §u einet l)öl)eren (£'inl)eit jurücfninuut, wo bann bie ©paltung unb 9Iufl)ebung berfelben uon neuem beginnt unb fid^ nad^ ber bialeüifd^en 9}tetljobe fortfe^t. ©(^eiermad^er fe^t \iä) über jebe berartige ^ebuftion beS 3>ielen aus bem ©inen tjinweg, nimmt bie 3J(annigfaltigfeit ber Sfatur imb ©efrfiii^te empirif^ auf unb betrad^tet fie oljue weiteres als entgegengefe^t bem abfoluten ©inen unb bo(^ Sugleid^ als feine ©ntwidelungen. Xnxä) berartige Entfaltungen fommt bas 2(bfolute, weldjes oljue biefelben nur poteutia als 9}Zöglic^feit uorljanben ift, jur 2ßir!lid^feit. ^n biefer ä^erwirfli^ung feiner felbft ju ftrebeu, ift feine 9iatur unb feine 2(ufgabe; unb ba baS 3lbfolute jugleii^ in etljifd^er Bestellung als abfolut ©uteS betrad^tet wirb, fo ift biefe 3(ufgabe eine fittlid^e 3(ufgabe, weld^e eben burd^ bie Entfaltung na<S) unb nad^ gelöft
*) lX6er bie anbete fünftUdjere , aber auf baSfelbe I^inauölaufenbe Seßrünbung ber ©ittetUeljre bon gid^te f. 3;^iro in 3t. f. ej. ^^. 337 ff.
204 ©d^Ietenna^er.
mirb. 9(6er nur bic ö(i"S<^/ u ollen bete Steige ber (Sntraidelungen als eine Ginljcit gcbac^t, ift bie ^senuir!U(^unö beö Slbfohiten unb bmnit bcs abfohlt ©Uten. Siefe fjanje 9M^e ift inbeä nic^t mit eincmmale ßegcben ober öcfc^t fonbern eine ©tufe folgt auf bie anbere; jtuar gel)t feine ber uovtjeröeljenben ncrloren, fonbern ift jebesmal in ber barauffolgcnben auf eine l)öl)cre 3(rt mit entl;alten ; erft bie le^te (Stufe mürbe, ba fie alle uorljergelienben, alfo bie fjanje ti'utmiclelunööreilje in ftd^ entljielte, bie uollftänbige Sarftelluno beä abf olut &nkn fein ; nur ift biefeö le^te nie §u erreid^cn, ba bie W\i)z ber ßntmirfelunööftufen unenbli($ fein fott. 2)ie 9]eil;e beginnt mit ben unterften ©tufen ber Dktur. Siefe finb jjWar awä) ^arftettungen beö 2lbfoluten, alfo baf? Sein unb SBiffen, 9latur unb @eift, Dxealeö unb ^bcaleö barin entljalten finb, aber boc^ iibermicöt junäc^ft bas 9latürli(^e unb nmd^t biefe ßrf(|einunöen ju Oegcnftänben ber ^^Ijijfif. ^u ©egenftänbcn ber @tp ober ber ©eifteämiffenfi^aft werben bie ©rf^einungeu erft uon ba ah, mo in benfelben ber ©eift baö ^inglid^e überraiegt. '^i)X)\it unb Gtl)if finb baljer nac^ ©c^leiermac^er eigentlich bie beiben einzigen SBiffenfd^aften, ja im ©runbe genonnuen finb fie beibe eine aßiffenfd^aft, meiere bie ©ntmiclelung beö Slbfoluten jum ©egenftanbe Ijat. ®ie ßtf)i! t)at barsuftetten, raie baä Slbfolute auf ber Stufe beä ©elftes §u fid^ felbft !ommt; 3tufgabe beö ©elftes ift es, bie 9latur ju einer Ijöljeren Stufe ju erljcben, fie mit ©eift ju buri^bringen, b. f). ju erfennen, unb 5U organifieren (auf fie (janbelnb ju mirfen, 9Jr. 169). hieraus ergiebt fic^ awä) für ben einzelnen 9)cenf(^en eine gemiffe 2(ufgabe, ba ein jeber fic^ an jenem ßntuiidelungSgefe^ beteiligt, fofern er ©eift ift; aber uorneljmlic^ fommen bod^ babei bie größeren ©emeinfc^aften, ^^amilic, ^J^olf, Staat in sBetradit, meldte an ber a3etmir!lid^ung ber ^bee, ber 2)urd^bringung ber 9iatur mit ©eift im großen tliätig finb. 5)iefeS ^anbeln, Sic^^felbft=barftellen gel)t üom 3tbfoluten, melc^eS aud^ ©ott genannt wirb, aus unb ift in jebem einjelnen mirffam ; jeber einzelne Ijat bemnad^, fofern er bie 9]atur gu uergciftigen fud^t, fid^ gegen fie l)anbclnb unb erfenucnb uerl^ält, eine ,,gottgleic^e Öefinnung". ^as Sid^=93ianifeftiercn bcs 3lbfoluten (Uncnblid^en) im Gnblid^en ift ein notmcnbiger, bcm Unenblic^cn mefcntli^ inljäriercnber ^rojefi unb bamit alfo eine notmenbige Sclbftoffenbarung bes abfolut ©uten ober ©ottes.*) Unb bie berül;mte Ijöl)ere @ef^i(^tSanfc§auung Sd^ellings
*) ÜBer ©d^Ieiermad^er'S Gtl^if f. ©trüm^jell: de summi boni notione qualem proposuit Schleiermacherus. ©or^at 1843. platten ft ein: de ethices a Schleiermachero propositae fundamento. 1837. 2;]^iIo: Sie aOßiffcnfd^aftUd^Ieit bet ntobernen f^efulotibeu X^eologie. 1851. ©. 196 u. 3t. f. ej;. ^ I. 394.
D^stimtSmuS. 205
befielt eben barin, jcbe einzelne Pjafe ber a)?enf($fjeit in ber ©cfdjic^te aU ein a}ionicnt in ber notiuenbiöcn [ittÜd^en (gntiuicfclung ber Sßelt, beö ©cifteä ober öottcö, alö notrocubiöe Surc^ößi^ööftufc beä 2l6füluten, aU unüernieibU($cö Wdtkl ju lueiteven, nod) uoUfonuneneren 2)arfte(Iunoöftufen an^ufcljcn. äBeil bie ganje (Sntiindehinö eine notirenbiße, eine im äBefen beö 3tbfoluten Ucöenbc ftufcuiueifc 3)arftellung beöfelben ift, fo !ann ein abfohiter Un-tcrfc^icb junfc^en Qwt uub böfe nic^t bcfteljen, ber Unterfc^icb ift überall nur orabucU; aber au^ üon einer ju uoUbrinoenben [ittli($en 2lufoabc !ann nic^t bie 3iebe fein; bauon §u fprec^en, üerrät nur ben aJianöcl ber luafjren (Sinfi^t, welche baöieuioe, tuaö ber eiu^etne äöitte ak ein iljm anferletiteö Sollen cnvpfinbet, attenml fc^on in äöirfli^feit alä auööefül;rt erfennt. ®aä l^ernünftioe ift atternol wir!li4 forocit eö übcrlianpt ju einer bcftinnntcn ^ät luirlUd) werben !ann, ober baö SBirflic^c ift ttllcnial üernünftiö nnb out, ift jebcönial bie notioenbioe Sarftellung beä ©Uten in einer geiuiffen ^ül ©rfennt man bieg, fo fte^t man auf bem pd^ftcu Stanbpunft, bem ber abfohlten ,3bee, meiere nid^t mcl;r bie Si»ee alö ein ö<^f"c^tcö ^enfeitä imb unerreid^teö 3tel in fi^ I)at, fonbern bie ber ucrnünftiöe 33cgriff ift, ber in feiner 9iealität nur mit fic^ fetbft Sufammenoeljt, bie baljer ©ein, uuüergänglidjeö Seben, fic^ miffenbe äßatjrljeit nnb aae äBaljrljcit ift (§egel). S)aö ift ber ^ataliömuö, bem jcbeä etl){fc^e Sijftem ncrfällt, melc^eö einen füSmologif(^en Unterbau nid)t glaubt entbeljren ju fönnen. ^cbcö Greigniö, jeber SJienfc^, jebe ^aublung ift gut, fofern fie eine ©ntiuicfelungöftufe beö ©anjen ift; eben baöfelbc ift böfe, fofern eö nur eine einjelne ©tufe lutb nic^t ha§ ©anje ift.
141. Sßie ju mieberljotten nmlen l^eruorgeljoben ift, mar eö ganj miKfürlii^, baö fogcnannte metap^yfifi^e Slbfolute jugleic^ alö baö abfolut moralifc^ ©ute §u bejcii^nen. 3ft «^teö jebod^ einntal gefd^eljcn, fo uerftel;t eö fi(^ üon felbft, ba^ bie ©ntmidelungsr.eil)en beö Slbfoluten ftufenmäf5ige S)arftellungen beö 2(lfoluteu felbft uub bamit beö ©uten finb, ha'i^ alfo eine bcrartige ©tlji! auf einem optimiftifc^en Stanbpunfte ftel)t, mit bem ©runbfa^e: waö wirflii^ ift, baö ift ucrnünftig uub umge!cljrt (9ir. 134). 9ii(^t TOcuiger willfiirlid) aber ift eö, jene Entfaltungen beö 2lbfoluteu im pcff imiftifc^en Sinne ju befc^reiben, benn etljifcb angcfeljcn ift ein berattiger ^^roje^ uöUig gleichgültig.*) Sei* ^seffimiömuö betrachtet allerbingö
*) 3)abei i[t nid^t au§ bem Sluge ju [äffen, ba| ein berartiger D^timi§mu§ etira im ©inne §egel§ uub ein ^effiini^inug im ©inne ©^o^)en]^auerg ganj genau auf bemfelbcn ©i;[teme berul^en unb gang genau btefelbe £et)en§anfd;auung bieten. ®g ift nid^t etlüa fo, bafs ber :|3ant]^eiftif(^e D|3timilmu§ bie t!^atfäd^(id;en
206 ?ßeffimi«mu8.
mä)t gerabe baö 3lbfolute felbft für fic^ alö baö abfoliit ^öfe, fonbern nur bcffen jeitlicfie unb räiunltd^e Entfaltungen.
©ntiuicfelung jur 93iell^eit ift bas ©egenteil, ift ein 2(bfatt be§ 2tbfohit= (S'incn uon fid^ felbft. ®a^ baä 3lbfolute nic^t für fic^ (£inö unb uuüeränbett geblieben ift, fo argumentierte ©d^openljauer, bafür muffen bie Urfac^en in i()m felbft liegen, e§ ift eben nic^t al§ ein ftarreö «Seienbeä, fonbern alö ein abfohlt SöerbenbeS, aU ein Streben, als ein 3Bille §u faffen. (Sä mu|3 in fic^ felbft gemiffe 33ebingungen §um Streben, geroiffe ^inberniffe l)abm, ttafj eö nid^t Crinö bleiben !aun, fonbern fic^ al§ SBerben, alö SBiUe barfteöt, unb jmar ^inberniffe non ber 3Irt, bie nic^t mit einemmale übernninben mcrben !önncn, fonbern ein allmä^lic^eö Entfalten bebingen. Ein geljemmter SBille ift ein ßeiben. S)ie äßelt alfo als emigeö Streben, alö ein 3In= brängen gegen eine niemalö ganj §u überroinbenbe Hemmung ift einiges Seiben. ^e me§r nun biefer SBille in bie Erfc^einung tritt, befto mel;r wirb awä) biefer fein' notmenbiger Si'ft'^n'^ i>es ßeibens erfc^einen, alfo ift bas Seiben im 9)?enf(^en, als ber l)ödl)ften Erfc^einung bes Slbfoluten (SöillenS) relatiu am ftärfftcn, unb unter ben 9Jienfc^en merben bie am fjöcliften begabten mieberum bie Ijöc^fte Dual empfinben. ®er, in welchem ber ©eniuS lebt, leibet am meiften.*) hierauf berutjt nun bei ©($openl)aucr bie
übet ber 3öelt überfäfie, leugnete ober berileinerte, ober eine enblid^e (Sriöfung öon benfelben unb beren gänjlicl;e§ Sßerfc^lrinben toerl^ei^en fönnte, benn ba§ Übel ift nad) jebem SJJoniSmuä nicf^t ctlt>a nur an bicfen befonberen aBeltjuftanb ge!nü^ft, fonbern ift mit jeber möglicfien 3Belt, mit jeber ©jiftenj al§ etlüaS 9lotlrenbige§, im 33egriff bes ®ein§ bej. SßerbenS überl;au^t liegenbeS unjertrenntid^ berbunben. Jiur mit ber ©Eiftenj, bem Söerben felbft fönnte ba§ Übel öerfd^iinnben. ©in Untere fd;ieb jtüifi^en bem ^^anti^eiftifd^en D^JtimiömuS unb bem atl^eiftifd^en ^effimi§mu§ beftcl;t nur in SBorten: eben biefelben 3»ftänbe, loetdje le^terer bei il^rem redeten JJamen nennt, nämlid^ Übel, ift ber ^anti^ei§mu§ genötigt, 2;^eo^^anien ju l^ei^en, benn eö finb nad) il^m nur 9Jianifeftationcn bc§ einen 2lbfoluten, ioaS er ©ott nennt. SDafe aud; l^infid^tlid^ ber ju ©runbe liegenben 2:§eorie l^ier fein Unterfc^ieb, am allerföenigften ein ©egenfa^ borliegt, ift bereits in 9k. 8 gejeigt, unb e§ ift fcl;r begreiflid^, tttenn ein graujofe in biefer SBejiel^ung fagt: jJoifd^en ber betvu^tlofen 3;bee Segels unb bem betüu^tlofen Sßillen ©c!^o^)enl)auerg iverbe nur ber einen Unterfd)ieb finben !önnen, ioeldier befonberS tief in bie ©el^eimniffe ber beutfd^en ^j^rafeologie eingeuieiljt ift. (^'.aul Qanet, S)er aKaterialiSmuS in S)eutfci^Ianb, 1866, bgl. baju 3iec. in 3t. f. ej. ^^. VII. 183.)
*) SSgl. 3;^ilo; Sd;o^en^auer§ et^ifc^er 2lt^ei§muS in 3t. f. ej. ^§. VIII. 6. 3n äl^nlid^er il^eife bejeidmet aud^ £o^e altc§ ©efc^el^en überhaupt als ein Seiben, Joelc^eS aber nur bon ben 2}Jen[c^cn al§ Seiben empfunben ioirb. ©. D. j^Iügel: (Sinige SBemertungen über So^eS 2lnfid}t bom 3ufammenl^ang ber Singe, in 3*- f- CE. ^§. Vm. 49. Über So^eä ®t^if f. ©trüm^iell: ©inleitung in bie «p^ilofo^l^ie, 1886. ©. 426 ff.
etfjifc^e 2Berti(^n^uno beö äßittcus. Sie ftidfc^iuciöenbe äNorttUöfc^itng babei ift: jebe (Sntuncfelunö ift oetjeininteö äßoden ober Reiben, unb Seiben ift ha^ Sc^(ed)tc, haQ 9]i($t=fein=fo(Ienbe. ®a mm allcö äBolIcn notiöenbiö Seibeii ift, fo ift ein äiJille befto fd^tcd^tev, je me{)r er fic^ fc(bft bejdl^t, bcfto beffer, je me(;r er fic5 felbft oerneint. 2)er befte unb äUölcic^ olücf= Iicf)fte alfo ift ber 9)ienfci^, ber gar nic^tö wiE, bcun mir ntit beni äi>oIIen felbft fann baö Seiben auft)ören. 2)aö ^^erioerftii^fte ift bemnad^ ber natürliche ©ßoiöntuö, ber eben barin befielt, baf3 ber 93tenf(^ bag Seben, wie er eä finbet, bejaljt. tiefer (S'öoiönuiö ift bie Duette be§ Seibenö unb beö 33öfen. Siefe qualuotte 9Uc^tigfeit unb 9Uc^töu)ürbiöfcit !ann nur auföet)oben luerbcn bur(^ 3Serneinunö beä äßillenö, lueld^e brei ©rabe ()at. $Det niebrigfte ift bie ©ercdjtißfeit, weldie ben eigenen äöitten wenioftenö foiueit uerneint ober befd^ränft, ba^ man ben frentben SBitten ni<^t wertest, fonbern i^n neben fic^ anerfennt. ©in t;öl)erer @rab ift baö pofttiue äßotjliuolten ober äöoljltfjun, bie a}ienfc^enliebe, welche fic^ ©enüffe uerfagt unb Gntbcfirunöen übernininit, um frembe Seiben gu mitbern. SaS 9)iotio baju ift baö a)Jit(eib, baö eigentliche ^rinjip ber ©d)opent)auer'f(^en 9)toral. S)er Ijöd^fte ©rab luirb enbtii^ bie volle ©ntfagung üon allem äßoHen, allem ©treben, alfo ber Duietiömuö fein.*)
©0 bieten fi(^ aud^ bem abfoluten ^bealisntuä pei 9)littel bar, um baö le^te ettjif(|e ^id in feinem (Sinne §u erreii^en, nmnli(^ baö gegebene Isiele bem einen Stbfoluten fonform be§. ibentifd^ ju machen. Gin SJiittel ift bie rüftige 3:Tjätigfeit, baö anbere SlbgejogentjeU ober S3erneineng beffen, roaö Sebingung ber 3Siell)eit ift.
"gjettttdfuttö bn §\}fleme t>ex xeMivm p^ettfc^di^ung.
142. '^il ben biö()er befprod)cncn 33egrünbungen ber @tl)i! ift gemeinfam, baf3 bereu 2Bertf(^ä^ung eine relatiue ift. ©ilt eö alö bie 2(ufgabe ber Gt^ü, ju beftimmen, maö gut unb maö böfe ift, fo mirb Ijier geantwortet: cö ift nic^tö an fi(^ unb unter allen Umftänben gut ober böfe, fonbern fo tjeif^t etumö nur infofern, alö eö ein paffenbcö ober unpaffcnbeö 9)Uttet ift, ein geioiffeö 3i'-'l su errei(j^en. Saöjenige, auf beffen Siealifieruitg eö babei abgefetjen ift, ift baö Ijöd^fte @ut, ift ber le^te ä3eäiel)ungöpunft, raeöioegen ein Sßitte gut ober böfe genannt wirb.
*) ©. 2;'^i[o a. a. D. u. S'^^ge: Über ba§ gunbament ber ®tf)it. ©ine fritifd^e Uuterfu(^ung über Äantö unb 3c^o^)en^auerg 2)2 oraler inji^), 1872.
208 2)er antl^ro^ologijd^e unb tl^eologifd^e ©tanb^unü.
9ßas ift mm naä) ben bi§l;er bargcftcHten (Sijftemen biefer le^te ^e§icl)imgöpunft? (Sntrocber bie Suft, allöeniciner ausoebrüdt baö jeuieiliöe Dbjcft bcr Seöierbe, ober ein an fid^ ganj otei($öi'tIttgcr, tl^eoretifi^er ©ebanfe.
®ie 8x;fteme, mcl^e bie ©ttjif üoni antl)ropolooif(^cn ober tfjcoloßifdien ©tanbpunfte auö entwiifcln, [teilen als ben legten SejieljunöSpunft baS Dbjeft ber Segefjrunö I;in. 2lus i^ren ^ringipien folgt: gut ift, wa§> lieöel;rt inirb ober baju beiträgt ba§ Segcl^rte 5U erreichen ; ber Unterf(f)ieb pifc^cn einem guten SSillen unb einem böfen liegt nur in beffen größerer ober geringerer Stärfe, in ber ricf)tigen ober unrid^tigen 2Ba()( ber a)tittet, iüe(d)e äur Griangung beö 33egel;rten füf)ren. ®rft ber ©rfo(g entfc^eibet pifc^en gut unb böfe.
3lm meiften leud^tet am antfjropologifc^en «Stanbpunfte ein, ba^ ber 2Bi(Ie alg fold)cr nit^t einen fidleren 9}iaMtab feines fittli($en SßerteS abgebett, unb ha^ auf biefe 3lrt nur bas S^ec^t bes ©tärferen ^um ^rinjip werben fann. Sod^ tjaben wir bereits au^ angebeutet, loeld^er ^Verfeinerungen bie Syfteme ber Suft be^. ber 9Jiad^t fäf)ig finb, ja ba^ ber (Subämonismus feine SSorfc^riften fd^einbar ganj übereinftinnncnb mit ben gorberungen einer abfohlten SBertfd^äljung auffteüen fann.
d)hl)x ©(^nnerigfeitcn tjat man tfjatfärf)lid^ bei oielen gu überininben, loenn ifjuen begveiflid^ bargelegt werben foU, ba^ aud^ ber t^eotogifc^e ©tanbpunft fein anberes fittlic^es ^rinjip, als ben SÖiden als fold^en unb bamit bie Suft ober bie 9Jiad^t fennt. S)oc^ finb biefe ©d^wierigfeiten nur fubjeftioer 2Irt unb berut)en auf einer mangelhaften 3lbftraftion, inbem man nic^t umf)in fann, ben begriff ©ottes als bereits ausgeftattet mit aßen etljif d^en ^räbifaten uorauSjufe^en, gerabe inbem hoä) eben biefe etljif d^en ^eftimmungen erft gefud^t werben, ßs wirb alfo aus bem ©ottesbegriff abgeleitet, was o^ne weiteres bereits an iljm als befannt oorauSgefe^t war. Stimmt man aber biefe SIbftraftion oor, l)ält ba, wo man bie etljifd^en ^rinsipien erft fud^t, alle etljifd^en ^räbifate oon ©Ott fern, unb mad^t öleidl)Wol)l ©Ott ober feinen äiUllen jum ^rinsip ber Gtl)if, fo ftcUt fid^ basfelbe Ergebnis wie beim antl)ropologif(^en Stanbpunft ein: ber ftärffte SBille ift bas SJiafi bes ©utcn, benn ©ottes SBillc Ijat l)icr feine anbere ^cbcutung, als ber allmäd^tige äBille, ber \iä) ©eI)orfam erjwingen fann. ©Ott §u geljord^en ift ^^ftid^t, Ijei^t (jier nid^ts anberes, als: ber Maä)t fi(^ ju fügen, ift baS flügfte.
143. Sei allebem fielen bie enbämoniftifd^en ©yfleme bod^ wenigftens no(^ in ber Unterfncf)ung über baS &\\k unb mad^en eine praftifd^e 33eurteitung bes menfd^lid^cn äÖiHenS geltenb. .hingegen i)at bie fosmologifd^e Sittenlehre ben eigentlid^en etl)ifdE)en ©efid^tspunft ganj aus
aScurteitung bw foSmifd^en ©ittenle^te. 209
ben ^tilgen üerloren. aBaxum etroas ßelobt ober getabelt wirb, rotrb bareiu gefegt, bofe eö ztwa^ an \iä) oöHig ©leic^gültigeä §u realifieren bient ober nid^t. ®enn baö eine 3l(ifolute, auf beffen 5ßermrfti($ung alles I)inatbcitet, l^at Weber noc^ barf eä eti)ifc^e ^räbifate an fic^ t)a6en, noc^ !ann irgenb ein 9Befen ein^ntereffe i)aben, ob ein fold^eö Unbing realifiert ift obernid^t, ^^0($ lüirb jemanb Sob oerbienen, wenn er etraaä §ur (Sj-iftenj be§. ©ntraidelung biefeä Slbfohiten beiträgt. ^Serben gIei(^wolf)l SOiittel angegeben, bie 3ieali= fierung beäfelben f^erbei^ufül^ren, jo befinben wir un§ ganj in einer t(jeoretif($en Unterfu($ung, bie nad^ ben 33ebingungen eineä ©reigniffeä fragt, ß^efe^t aber, wir wollten ber foäwifcfien ©ittenletjre zugeben, bie§ (Sine fei otine weitereg baä ©ute unb baniit baä ^kl unferer 33eftTebungen, fo t)abeu wir bereitö gefetjcn, ba^ bas eigentliche «Soll, bie inoralif(^e ^^^orberung nur alä ein SücEenbüfBer ber feljlerfjaften tljeoretifc^en Betrachtung eintritt. ®a^ bas (Sine, wel($eä fein unb §war ©runb unb 2Befen atteS anberen fein follte, in äÖir!li(^!eit nic^t ift, fonbern bafe 'oa^ 33ie(e ift unb hoi) nic^t fein foIIte; biefe 92ot wirb nac^ iQerbartö SluSbrurfe jur ^ugenb*) gemacht, wenigfteng jur 33egrünbung ber 2::ugenble!)re üerwenbet. 9Bie fic^ auc^ bie moniftifd^en (Sijfteme winben mögen, fie fominen aus ber tf)eoretifc^en Betrachtung nid^t fjeraus, ift eö bo(^ aixä) übertiaupt unmöglid^, lun mit Rani p reben, aus bem 8ein baS ©ollen !l)erauä§uflauben.
Soc^, um weiter in ber Beurteilung §u fommen, nef)men wir bie ^aupt= fad^e als gefunben an: bas ©ute unb bas moralif^e Sotten. ©S fragt fid^ ie^t, was ift baS tauglic^fte 9}iittel jur 9iealifierung beS ©uten, b. l). pr ^erftettung beS ©inen? Sie natürlid^fte unb näd^ftliegenbe älntwort barauf ift: bie Verneinung beS Bielen im ©inne ©d^openliauerS. Surd^ ben Xoh attes ^nbioibuetten ift mit etnemmale bie abfotute, unterfc^iebslofe Gin^eit l)erbeigefül)rt , alfo wäre ber 2:'ob bas fürjefte unb befte SDiittel, bie fittli^e Slufgabe ^u löfen. ^n bcmfelben 9?efultate fül)rt bas anbere ©i'trent, bie abfolute (Selbfttljätigfeit bei ^id^te. ®iefe bebeutet, ba^ baS empirif(^e, inbioibuette 3d^, wel(^es fidf) burd^ bie Dbjefte befd^ränft weife, gleich werben fott bem abfohlten ^ä), weld^es abfolute Selbfttl)ätig!eit ift. ^ieS läßt \\ä) nic^t anbers Ijerftetten, als bafe ber 9}ienfd^ fic^ feiner ganzen ^nbioibualität entäufeert, b. l). \xä) als baS befonbere '^ä) uerneint ober ftirbt. ©S ift aud^ ganj notwcnbig, bafe jebe ©ittenlcljre, mcii^c baS Stttgemeine als fold^cs jum abfolut Öuten unb atteS Befoubere gum abfolut 'Bä)kä)tm mac^t, ben 2^ob ber ^nbiüibuen als bas tauglid^fte Wättd jur 9^ealifierung bes ©uten ober §nr diMUl)t in bas 2lttgemeine empfeljlen mufe.
*) §erbart III. 357. §lusel, »ie S3ro6lme ber ^pi^ilofoiJ^ie. 14
210 aSeurteilung bcr foSmifd^en ©ittenfel^re.
144. 2)od^ ö^fffet, CS lie^e f{(^ axiQ beii montftifc^en ^tinjipieu eine pofitiue Xf)ätig!eit alö ^sflic^t ableiten, fo niü^te biefe STljätiöfeit baranf gerii^tet fein, bie 5ßiell)eit §u überunnben nnb bie @int)eit ^er^nftcüen. ZxäU ber 2tngenbltc! ein, wo bieö 3^el erreicht nmte, fo lOÜTbc auc^ bie fittiid^c ^^ätißfeit unb bomit baö ©itt(i($e überl;oupt anfijören ntüffen. ©0 l)at benn bie fittUdje 3:^f)ätigfeit juni ^kk, fic| felbft anfjutjebcn. ®ieö ift überall bie notioenbige ?yolge, wo bie ©ittenlefjre iii-fprüngUci^ nur unter ber g^orni einer ju erfütlenben ^tufgabe gefafst wirb. pDenn ift bann bie 2(ufgabc Qelö% fo bleibt ni^tö Oiuteö mcljr in ooHbrinöcn übrig, fonbern baö Sittliche ift überljaupt mit bcr 3(ufgabe ucrfrfiiDunben. äöcil alfo ba§ fittli(^c i^anbetn jum 3(uft)örcn beö Sittlid^cn felbft fiiljrt, fo barf ftreng öcnonnnen au($ nic^t einmal baö ©ittlidie, b. l;. bie ^erfteUung jener (Sintjcit gciüottt raerbcn,*)
§ier luenbet ber neuere ^bealiömnö ein, bie t)olle ^bentität liegt in unenblid^er gerne unb loirb niemals erreicht lucrben, eä ift alfo nid^t §u füri^ten, ha^ jemals bie fittlii^e f^orberung aufljört, bas 58iele, ^nbiuibuellc bem einen 3lllgcmeincn fonform §u nmi^cn. !l)as ^ei^t aber nichts anberes, als: baS (Sine, als uollc ^bentität gebadet, ift unmögli(^, baS ®ine t)at alfo notmcnbig baS ^Uele an fic|, baS ©ute fann nid)t otjue baS 33öfe gebadet mcrbcn nod^ ej:iftiercn, fonbern baS eine ift bie ^ebingung bes anbcrcn, baS ©ute beS 33öfen unb baS 33öfe bes ©uten. Unb in ber Xi^at ift bieö bie auSgefprodiene Seiire beS abfoluten ^bealiSmuS.**) (Ss rairb bemna^ bem fitttidjcn ^anbeln eine unmögliche Stufgabe geftellt, es foll baS Stiele pr ©inl^eit gebilbet werben ober baS 23öfe oerfcliroinben unb baS ©Ute an beffcn Stelle treten, wäl^renb bo^ eins baS anbere notmcnbig an fiel) l}at unb eins mit bem anberen ucrfi^iüinben müfite. Um eine 2tufgabe alfo Ijanbelt es fic^, bie, locnn fie gclöft loerben !önnte, bie Sebingung beS Ohiten wie beS S3öfen unb bicfes unb jenes felbft aufljcben n)ürbe.
'dagegen mac^t ber l^^ealiSmuS enblic^ geltenb, ba^ bie Spaltung 5wifd)cn bem (Sinen unb bem 33ielen feine reale fei, fonbern nur auf einer atbftraftion bcs äserftanbcs bcrulje. Sas 3?iele ift Gins unb baS (Sine ift baö )i.siele, je narf)bem nmn es anfcljaut. (£s ift eine notiuenbige Slonfcqucnj bes Zionismus, baf? baS Stiele eigentlid^ nidjt nur nic^t fein follte, fonbern aud) übcrl^aupt nic^t ift, bafe überall blo^ baS ©ine ift. dlm ein untergeorbneter Stanbpunft, ber fic^ aus ber äßelt ber ^NorftcUungcn
*) ©iel^e 3t. f. ej. «ß^. 1. 354 ; 368. **) ©ie^e 3t. f. ei". 5ß^. I. 354; 369; 375; 409.
Beurteilung ber !o§mifd^en ©ittenlel^te. 211
nidjt 311 ber be§ reinen 33cöriffeS ober ber intellektuellen 9Inf($auun0 ert)eben f ann, trennt beibcö ; raer bie ©ac^e red^t burc^bringt, fc^aut beibe§ ^ufammen aU ßinö. i0ierna($ ift freilid^ ©uteö unb ^öfeö nur auf einem fefir unteröcorbneten Stanbpunfte ju unterfd^eiben, alfo fitttid) ju tjanbeln unb bamit beul ^^öfen haö ©ute entöCöensufe^en unb jeneä burc§ biefeö ju überiüinben, eine 3(nf(^auungä'' unb ^anblungäiueife, über wel($e ber wal)xc Steife, ber ben fingen auf ben ©runb fietjt, (änoft t)inau§ fein mu^.*)
145. ©0 füljrt bie foönioloöifc^c ©ittenleljre überall ^u betn 9kfu(tate, bie ®inoe geljcn gu laffen, wie fie nun einntai geljen ; etiuaö baran änbcrn motten, Ijci^t entroebcr, ©inge unterf^ciben, bie eine waljre ^l)ilofopt)ie für ©ins anfetjen muf5, ober eö lei^t für ben, luelc^er nod^ fo tief fteljt, ©uteä unb ^öfeö ju unterfd^eiben, unb ©uteö tt)un unb 33öfeö laffen unb cernid^ten loitt, bem ©uten non ben Sebinounoen feiner @j:iftens ebenfoüiel entäieljen, als wie oiel 33öfe§ er in ber SBelt überiüinbet, bcnn ba§ 33öfe ift nur bie anbere «Seite be§ ©uten, bem einen wirb gerabe fooiel entzogen, alä oom anberen rernic^tet wirb, wenn überl^aupt üon einer SSerni^tung bie 9iebe fein fönnte.
3Son üornljerein lie^ fic^ aud^ üon ben befproc^enen ©ittenlel^ren beS a)bni§ntuö nid^tä anbcrcs erwarten, aU ba^ fie mit gatalismuö enbigen würben, 'l:)^nn man ift bei benfelben nie auö ber tl)eoretifd^en 9iatur; betrod^tung IjerauSgetreten. 2)aä ©anje ber Sßelt ift ein abfolut notwenbiger Slaturproje^, in weld^em ber 9)tenfd^ ein nerfcfjwinbenbes 9)foment ift. ^a es wirb auf biefe 9Beife ni^t ottein baö fittlic^e ^anbetn, fonbern baö §anbeln übert)aupt aufge(;oben. ©er a}ioniSnutS verliert bas ^"'^lüibuum aus ben 2tugen; mit ben „Eleinigfeiten bes einzelnen ßebens unb ben üerworrenen perfönlic^en 9?eIationen" fic^ ju fd^affen §u mad^en, (ä^t ber l^o^e ©tanbpunft nid^t ju, welchen bie foSmologifd^e @tl)i! notwenbig ein= nimmt. 2)er einzelne 9)?enfd^, bieS üerfc^winbenbe ©lieb in ber sufammen= I)ängenben ^ette ber ©rfcijeinungen, ift felbft bei ^^ic^te nid^ts anbereS, als ein Wittd pr 9iealifierung beS 3lttgemeinen, \\a^ ©(^elling unb ^egel ein ®urd^gangSpun!t, burd^ welken bas 2lbfolute mit ftarrer 9lotwenbigfeit Ijinburd^fd^reitet, um eS §u üernid^ten unb baraus bereid^ert burd^ baS 9)ioment beS äöittens wieber ju firf) felbft p fommen. ^on einem SBerte ober einer perfönlid^en g^reilieit beS ^i^biüibuumS fann feine 9flebe fein.
SBirb nun aber bod^ ber a)bnisnuis auf ben ©tanbpunft beS ^n- biüibuums angewanbt, bann uerwanbelt fid) bie EoSmifd^e 9JJoral in eine
*) ©ie^e 3t. f. es. ?ß^. 1.351 f.; 368.
14*
212 Äorreftit) ber relativen aßertfci^ä^ung.
feftr irbifc^e Ä(uöt)citgleljrc. 'D^nn ber (^inselne nnrb ]iä) natüxliä) gu feinem fittUd^cn S^oiinlbe baö ^anbeln beö 2tbfoIuten 511 neljmeit Ijaimx. «Sowie bieö, o{)m aEe 9iücffid)t auf etiuaö aubcreö aufjer itjm, fic^ naä) feinen iljui inneuiotjneuben Trieben entfaltet unb barftellt, fo wirb auc^ ber (Einäelnc fic6 nac^ feinen natürlichen ^ieigungen o,^i)m (äffen, fein äßot)l §um 3)ta§fta6 beö (Erlaubten unb ©ebotenen ma(^en unb über^eußt fein bürfcn, bafs fein 9iec^t foiueit ge^e olö feine 9Jta(^t.*)
Snbeffen ift in iolä) nacfter i^onfequenj bie (3itten(e()re oon feinem angefeljenen 9}?oraliften auföefteltt morbcn, namentlich) tjaben bie foSmo= logifc^en ©ittenletjrer, auc^ (Spinoza ni(^t ausgenommen, üerfud^t, hm fubjeftioen (Sgoiömuö ju befcfiränfen. ^a ot;ne S^^ß^f'^i ^(^^ ^ß^' Qi^öfite X^i[ ber biöi)er genannten Gtljifer bie unfitt(id)en Slonfequenjen ber eigenen (Sijfteme gar nic^t, menigftenö nic^t yoUftänbig, gefeljen. Sßie I)ätten fonft fo uiele ebte 9)iänner in ben ^v^ffclu berartiger unfittUd^en ©i)fteme ju betjarren yermo(|t! Sarum mögen noc^ einige 33emerfungen barüber folgen, maö inögemein alö Slorreftiu tjierbei gerairft l)at.
146. „©i)ftenmtif(^e 9JMngel in ber Slntage ett)ifc^er Unterfuc^ungen l^aben ju alten 3citß»/ ^^^^^^^^ i^ii^' fonft bcm ©anjen eine tüchtige ©efinnung 5U ©runbe (ag, beötjalb menigcr gefc^abet, als fonft ber Irrtum ju fc^aben pflegt, weil bie maleren et^ifc^en 3^een unioillfürlic^ in ber Stuslegung einer etljifc^en Unterführung fi^ geltenb mai^en, unb baö fittlii^e ^ntereffe beffen, ber bie Seljre aufnimmt, ben ntangelljaften 2Iuöbrud berfelben ju ergänzen immer bereit ift".**) <So auc^ bei ben ä>ertretern ber relatiuen 3Bert= fc^ä^ung. :4^iefclben lebten ja jumcift in ben ^Iserljältniffen ber (^^amilie, ber greunbfc^aft, beö Staateö, ber religiöfen Öemeinfdl)aft u. f. m., mo fic^ täglich ©efinnungen unb ^anblnngen barbieten, beren 2(nffaffung bei einem nur einigermaf5en regen moralif(^en Sinne bie richtigen Urteile über baö, waö gut unb waö böfe ift, uon felbft erseugcn. 3)aö Ijieran täglich unmillfürlid) geübte unb fic^ immer erneuernbe moralifc^e ©efüljl ober ©eioiffen mar eö uorneljmlic^, maö bie fc^lc^ten ivonfequensen gemiffer Sijfteme nerl)inberte, benfelben eine moralifdie iKic^tung ober 2(uölegung gab, S^i]äi^^ unb iöefdjränfungen (jinsufügte, bie freiließ in bem Sr^fteme felbft nic^t liegen, fonbern gerabeju uon iljm auögefi^loffen werben. ®al;er finb oft biefe 9Jiänner felbft unb beren einjelne etljifc^en ^^orfd^riften meit beffer, alö il)re allgemeinen ©runbfä^e, auö meldten fie bie einäelnen ^ox-
*) ©iel^e 3t. f. ej. ^^. I. 387 ; 392. **) ^artenftein, ©ninbbegriffe ber etl^ifc^en aCßiffenfc^aften. 6.76.
ÄorreÜiö ber telatibcn SBertfd^ä^img. 313
fc^riften ableiteten.*) liefen einzelnen 9?orf(^riften für baö fittüc^e 33er= (jatten ließt meift etiöoö oanj 9üc^tiöeö ju örunbe, fatfd; luerben [ie nur babur($, baf? [ie teiis uereinäelt unb in biefer ä^^ereinselung aU ber einjige @e[id)töpunft (jinöefteHt, teilö ba^ fie p weit ober 511 eng öefafet werben. ©0 tritt bei allen foöniü(ooifi$en Syftemen bie äßatjrtjeit I;eroor, ba^ baä Starfc nor bem ©cfiuiac^en QQ^iiHt, fcfjlertjaft ift babei nur, ba^ bie[es Urteil sunt cinsißen ober bod^ tjeroorragenbften 9JtaMtab ber fittUc^en 33eurtei(unö gemacht wirb. (Sine ju grof^e ^Iserallgenteinerung fitttid^ richtiger ©runbfälie ift eö ferner, loenn bie SSenoerfung beö Ggoiöniuö jur ä^ernid^tung atleö Sefonberen unb Snbioibuellen,**) wenn ha^ 2{bt(jun ber
*) Bäi'ön ^px'idjt ftd^ ber moralifcCie ©inn j. 33. bei ^idjte in ber a»t)etteu 9?ebe an bie beutjci^e 3lation f olgeubcnna^en au8 : „S^ »will eu* ben 33etvet§ führen, bafi !ein Tlm\d) unb !ein ®ott unb feine§ öon aUin im ©ebiete ber SJöolidjfcit liegenben ©reigniffe un§ l^elfen !ann, fonbern ba^ allein luir un« l^elfen muffen. Keine Station, bie in biefen 3"ft^n^ '^'^^ StbJ^öngigfeit l^erabgefun!en, fann fi(f) burd^ bie gelvö^n; lid^en unb biSl^er gebraud;ten 9JlitteI au§ bemfelben erl^eben; fetbft ^-urd^t unb Hoffnung ift für fie !ein 33anb mef;r, ba beren Seitung itirer §anb entfallen ift. ®« bleibt nid^tS übrig, alä ein ganj anbereä, felbft über f^wr^^t ""b ^loffnung er!^abene8 a3inbung§mittel ju finben, um bie 2lngelegen!^eiten il^rer ©efamtl^eit an bie Xnlna^mt eines jeben au§ il;r für fid; felber anjuJnü^fen. (Ein foldjeä liegt in bem geiftigen Slntriebe ber fitt(id^en SiKigung unb gjiipiüigung unb in bem tjöi^eren 2lffe!te be§ äßol^tgefallenS unb a)H^faIten§ an unferetn unb anberer guftanbe. 2)ag innere geiftigc Singe beg a)!enf(f)en fann fo geiüöl^nt unb gebilbet loerben, bafj ber blo^e 2lnblid eineg berlüorrenen unb unorbentlid^en, eines univürbigen unb el^rlofen 2)afein§ feiner felbft unb feines berbrüberten 9iamen§ il^m innig tvel^e tl^ut, unb ba§ biefer ©ci^merj, ganj unabpngig bon finnli^er gurd^t unb |)offnung, ben 58eft^er eines fold^en SlugeS feine SRul^e laffe, bis er, fo biel an il^m ift, ben i^m mi^fäüigen Suftanb aufgel^oben unb ben, ber il^m allein gefallen fann, an feine ©teile gefegt l^abe. 3m aSefi^e eines foldjen SlugeS, ift bie 2tngelegenl;eit beS i^n umgebenben ©anjen burd) baS treibenbe ®efü!^l ber SiEigung unb ber 35U^billigung an bie Sln^ gelegenl^eit feineS eigenen eriveiterten ©elbft, baS nur alS 2:eil beS ©anjen fid^ fül^lt unb nur im gefäUigen ©anjen fid^ ertragen fann, imabtrennbar angefnü^ft. ©omit hJäre bie ©id)bilbung ju einem fold^en 2luge ein fid^ereS unb baS einjige ajJittel, baS einer ^Ration, bie il;re ©elbftänbigfeit berloren §at, übrig bleibt, fid^ lieber auS ber erbulbeten 3Sernid^tung inS S)afein ju erl^eben . . ."
**) ©0 fud;t j. 58. ©trauf! in feiner ©laubenSle^re im ©lauben an bie \Xn-- fterbli^feit als einen SluSflu^ beS ©goiSmuS barjufteöen. „SOöenn id^ nur bid^ ^aU, fo frage id^ nid^t nad^ §immel unb ©rbe," f^rid^t ber uneigennüfeige ^ßfalmift beS 2llten S:eftamenteS ju feinem ©Ott, ber moberne ©laubige aber fagt: it>enn id^ nur mid^ (unfterblid^) l^abe u. f. 1». Sefanntlid^ !^at man aud^ an ©^ino ja beffen 5ßerhJerfung einer inbibibuellen Unfterblic^feit bielfad^ alS Uneigennü^igfeit feiner ^oxal ge^riefen. Über ben ©influ^ beS Unfterblid^feitSglaubenS auf bie ©ittlid^feit bgl. D. 5-lügel: 2)aS ^d) unb bie fittli^en Qbeen im geben ber SSiJlfer. 1885. ©. 215 ff.
214 ÄorreÜib ber retatiöen SBertfd^ä^ung.
foöenannten fleifc^fi^en ßüfte jur 33era(^timg be§ Setbeö ober ber Tlattm, als bes Siljeö beä (Sinnlichen unb 33öfen überljaupt, wenn ha^ ©efaflen an Orbnnng nnb an bem I;arnionifc^en Slblanf ber S^inge unb ^anblungen §um ©efaffen an ber bloßen ^tttgemeinljeit ober ^bentität gefteigert lonrbe. 23ei ber 3lniüenbnnö im 2zhtn unb bei ben fpe^ietten SSorfc^riften ber ©itten(ef)re erljalten bann biefe gu attgemein gefctfeten 33cöriffe bie nötigen Sef($rän!ungen mieber, fo wenn §. S. StriftoteleS ftiHfi^iueigenb r)orauö= fe^t, man werbe unter bem allgemein 9}?enf($lii$en baä menf(^(i(^ ©ute, ober bie ©toüer, man merbe unter 9latur bie gute, nernünftige 9iatur oerftefien. Gin ^eifpiel, rao ein etijifd^ richtiger ©ebanfe ju enge gefaxt lüirb, bietet u. a. ©d^openfjauer bar, l)ier foll aileä 9Bol)(n)oIIen in 9!)iit(eib befteljen, welches aber fofort wieber jum ^i^^^^Ö^'iffß ,,atler Siebe" eriueitert wirb.
147. (Sin ^weiter ^un!t, ber namentlich bei pantf)eiftifc^en unb tl)eologif($en «oxjftemen al§ £orre!tiü mirfte, ift ber Umftanb, baf3 baö eine 3lbfolute ©Ott genannt würbe. 5Damit fd^ieben \iä) fofort ftillfc^ioeigenb biejenigen öigenfc^aften unter, bie man im ^inblid auf bie n)at)rl;aft fitt^ lid;en ^hztn ©Ott beizulegen pflegt. ®ieä tritt befonberä bei -Diännern lieruor, bie fi($ toie bie 9Jhjftifer, ober ©c^leiermac^er u. a. unter bem bireüen Ginfluffe beä (E^riftentumS entunrfelten, aber auc^ ©p in 05a ift ni(^t frei oon folc^en uniüill!ürli($en @rfcl)lci^ungen. 3" beacliten ift anä) no(^, ba^ l;ierbei biejenigen, roeli^e ein berartigeö 6i)ftem eon aufeen aufneljmen, alö Sefer ober §örer gern i^re eigenen fittlic^en ^orfteUungen uon ©Ott auf jenes ^rin^ip ju übertragen pflegen, mää)Q^ ber tl;eologif($e unb foömologifi^e <Stanbpun!t ak ©ott be5ei($net.
148. (Snblid^ wirft jur Säuterung ber uorgefüljrten 9}?oralfr)fteme ein üerftänbiget (Subämoniämns mit, weld^er bie natürlichen 936= gierben burd^ ^inweifen auf bie f($äblic^en y^olgen, burc^ bie Ijerrfi^cnbe ©itte, ©i(^=2(nf(^lie^en an giltige Slutoritäten , bur^ bie gefellfc^aftlic^e Drbnung jäljmt, ober ein (Subämoniämuä, welcher, wie 5. S. bei^aäcal, gereinigt ift hnxä) bie ^riftlic^e 3]orftclIung ber ewigen (Seligfeit, unb bei bem baä a]erfel)lte md)x im 3(uäbrucfe alö in ber (Sac^e felbft liegt.
^iefe fünfte üornetjmlid^ unb noc^ nmncl)eä anbcre Ijaben baju bei= getragen, baf? bie:iSi)fteme, welche nac^ ben befproclienen ©eficl)töpunften entworfen finb, nic^t in il;ren nacften unfittUc|en Honfequensen, fonbern mobifijiert burd^ waljrljaft fittlic^e ^^ücffid^ten fic^ barbieten unb aufgefaßt werben.
9111ein ha^ wirflid^ Sittliche, woö fid) barin finbct, luirb nic^t au^ ber vorgetragenen 33egrünbung gefolgert, ja eä wirb fogar oon berfelben
©ocratcS. 215
auggefi^loffen unb eine objefltuc .^riti! Ijat [id^ lebiöüc^ an bie ^^rtnjipicn unb bie barauö firf) notiucnbio cvöcbcnben Slonfequcnjcu ju l)a(ten unb bauoii baö 511 foubern, umö bie @ef initun g beö ®en!evä Ijiusugebrac^t (jat.
11. $t;fleme bex aOfofuten p^afft^ä^itttg.
149. 2l(ä bie (jevüorragenbftcn 33ertreter ber abfohlten ^Ißertfd)(i^uno auf bem (Gebiete ber (S'tljif gelten unö: ©ocrateä, ^lato, .^ant unb .<Qerbai't.
®aä Grfte, woburd) iiä) bie Unterfud)un9en be§ ©ocrates von faft allen ben biö^er bargeftellten etljifc^en ©ijftenien unterf^eiben, ift, baf, er bei ^egrünbung unb 2(usfiil)rung feiner ßttjif, wenn von einer foli^en alä oon einem ©anjen bie 9iebe fein barf, oon aller ttjeoretifc^en ^^t)i(ofoptjie abfaf). 5Die§ gefd)al) nii^t, luetl er baä ^^-et^ler^afte nn'i) Unjutreffenbe in ben biö baljin üorgetragenen nietapljijfift^en (Sebanfen erfannt unb an ben ^Tag gelegt Ijatte, fonbern wtii barüber Streit obiiialtete; unb etiüaö no(j^ Strittiges niottte er nic^t gur ©runblage ber flaren unb [{d)eren nioralifc^en Urteile ntarf)cn. 9tun war jwar nidjt mentger ©treit über bie etljifc^en ^srin^ipien, allein © 0 er ateä jiueifelte feinen Slugenblicf, baf? bie lualjren fittlii^en Urteile fic^ mit oötliger ©üiben§ im Innern cineö jeben 3)ienfc^en l)erau§ftellen tuürben, wenn man il)n nur auf ben rechten ©tanbpunft ftellen fönnte. ®iefe innere (Soiben^ füf)lte ©0 erat es in fic^ felbft alä ein inneres (Erlebnis, als eine 2^l)atfa($c, bie iljm nii^ts ftreitig mai^en fonnte, er füfjlte fie als etwas fo «Sicheres unb SeftimmteS, ba§ fie i(;m als etwas ©öttlic^es, als ein S)ämon uorfam.*)
SBaS fic^ als etwas fo 33eftimmteS unb immer fic^ ©leid^bleibenbcS int Innern geltenb mai^te, bas fonnte uic^t feinen 9J?a^ftab in ber innner wec^felnben 33egierbe ijaimi, ^eber l^erfuc^, bie ^egierbe 51ml 9)iaPab beS ©Uten ober bes Söfen j^u machen, füljrte auf nichts anberes, als auf eine ©pftentatifierung ber 33egierben, füljrte jur ©opljiftü. 9}iit biefer 2(rt, baS 2tUn an^ufeljen, i)atU ©ocrates ein für attemal gebrochen; bafe bie Sop^iften auf falf($en 2Begeit waren, bafs fie bas &nk bem Slicfe ber 9}ienf(^en entzogen unb uerljüllten, ftatt es §u geigen, bas füljlte er nte^r, als er es beweifen fonnte; tuir roürben fpred^en, baS fagte i§m
*) stuf biefer inneren (Sbibenj berul^t bei ©ocrateS unb ^lato niand^c 33e- ^au^)tung, ^orberung, 2(nfid;t, bie mit DoIIer 3"öci^fic^tlid;^eit f;ingeftellt luirb, hJö^renb bod) ein iüirllid^er SelüeiS bafür nirgenbS borgebrad^t ift. SSgl. ©trüm^etl a. a. D. ©. 118.
216 ©ocratcS.
fein geiüec!te§ ©etüiffen. 9Zt(^t ctiimö ©(j^uian!enbeä, fonbern etiuaö gefteä inuf3te baä (Sute fein, fo idciüö fd^iunnfenb , olä eö f($iüaufenb ift, au§ luie üiel ^udiftabeii ber 9kme ©ocrateö bcftcfjt, ober luie üiel peimal fünf ift. ©6en barum muffe eä ettwaö Slffgcnietnöültiöcö fein, n)aä ni(i)t ber ©ine fo, ber 2lnbere anbers anfeljen fönne, fonbern jeber, ber eä nur gu erblicfen t)erntö(^te, ntüffe beffen immer auf bie gleiche SBeife inne merben.
150. ^ie eigentli($e «Sc^unerigfeit fanb nun ©ocrateä barin, ba§, mag er ak ctmaö fo SllareS unb Seftitnmteg in feinem Innern füf)(te, fo auä§ufpre(^en, baj3 eä i^m jeber auf bie nämlid^e Söeife nac^fiU)(en mu^te. §ätte if)m t)ier eine bereits auögebilbete öogi! jur Seite gcftanben, fo mürbe e§ ii;m k[ä)kx geworben fein, ba§ @efüt)(te in flare unb jeber; mann fa|li(|e Segriffe ju üeiben. 60 aber nullte er felbft erft bie 2ln= fange einer Sogi! begrünben; bie allgemeinen logifc^en Segriffe unb Siegeln bilbeten fic^ i(;m erft bei ber fpejiellen Unterfurf)ung eineä jeben Segriffeö befonberä. Unb mie geraötjulic^ baö, mit bem man in @eban!en nic^t fertig mirb, leicht unter; ober überf($ä^t mirb, fo trat bei ©ocrat e§ eine foli^e Überfi^ä^ung beö logif^en ^^erfaf)renä ein, unb bal;er feine ^reube, menn er baburi^ 5U einem beftimmten Siefultate gefüt;rt mürbe. S)iefe greube t;atte bei if)m einen boppelten ©runb, einmal ba^ er baä, vaa^» er fuc^te, gefunben unb bargelegt Ijatte, jum anberen, ba^ fic^ iljm bei ber Unterfu(^ung felbft eine geioiffe allgemeinere logifci^e Drbnung unb Siegel ber befproi^enen Segriffe gezeigt ^atte. 2lnä biefer Überf(^ä^ung ber logifd^en 3:i)ätigfeit ift auc^ ber ©a^ §u crflären: 3)ie S^ugenb ift ein SBiffen. 3)amit mar im ©runbe nii^tö anbereö gemeint, alä: in einem beftimmten %a\iz bie ©rmägung bei fi(^ ober anberen auf ben ^un!t fül)ren, mo ha§i fittlid)e Urteil unmittelbar tieruorfpringt. Um biefen ^:pun!t §u treffen, beburfte e§ in ber Siegel gar nicler Unterfd^eibungen, meldte im gewöhnlichen Urteil burc^einanber laufen unb ben betreffenben Segriff uer= bunfetn. S)iefe Siftinftionen l)eroor5ut)eben unb bie Scgrifföuerljältniffe in ein folc^eö Sic^t ju fteüen, ba^ \iä) ein Urteil ganj oon felbft ergibt, ift eine Hauptaufgabe ber «Socratifd^en Unterrebungen.*)
*) ^reilid^ na^m ba§, tva8 © 0 c r a t e § alS ein 2ßtffen beaeid^nete, im tücitcren SJerlaufe immer mel^r eine rein t^eoretifc^e aßenbung, eben toeil bie begrifflid^e Unterfurf}ung nic^t boüftänbig gelang unb fo felbft al§ ein geJimnfd)tc§ ®ut erfc^ien. ©aburd^ berliert ba§ ©t^ifdE^e bei©ocrate8 immer mel^r feine Unmittelbarfcit iinb Sßärme, bie bieüeid^t im l^ö^eren 2)?a^e bei i^m bor^anben Wat, e^e er barüber fijcfulierte. 2)ag Gtl^ifd^e tritt burd^ feine ©Refutation aHmäl^lid^ immer me^r alS etJoaö SBerftänbigeS, iueniger al§ etiüa§ <o<i)'imS unb ©elvinnenbeä auf. Sie ®in=
©ocrateö. 217
^at \iä) nun baö Urteil o^t^i^^^t/ ift "^^^ SSiffen üOer einen be= ftinimten ^-qU geiuonnen, fo lueife ©o erat es, baf? bieö nic^t ö^nug fei; haä als ö^it ©eunifste fott nic^t allein geiDu^t, gebidiöt, fonbern auc^ in baä 3Berf gefegt uierben. älUrb bieä o(;ne roeitereä g,^^ä)d)^n'? @ä ift be= fanntUc^ eine ©igentümlid)feit bes © o er ate§, biefe grage rüc!{)altIos ju bejatjen.*) ®a^ bie a}ienfcf)en nid^t überatt baä &nU t{)un, meint er, liegt nur baran, ba^ fie baä @ute nid^t fennen, ba§ Söfe üielme^r für baö ©Ute ijalten, Mnnten fie in allen fällen baö ©ute, fo mürben fie baöfelbe awä) unfeljlbar überall tljun. ®iefe 9}ieinung ift woljl nur eine Übertragung feiner eigenen ©eftnnuug auf äffe anberen 9Jienf(^en. ^ei itjui mar es freiließ fo, mie es fein foü, ba^ bas (Srfennen bes ©uten fofort audl) ein 3tusfüljren besfelben mar. (Socrates fonnte oerntöge feiner eigenen ^Utoralität ben 3^uiefpalt jmifi^en ber ®infi(^t unb beut 2tusfül)rcn bcS als gut C^rfannten nic^t ertragen, füljlte eS fogar als einen göttlichen 33eruf, felbft bas in äffen 6tücfen bar^ufteffen, maS er als baS @ute mu^te. Unb biefen ©tauben l;atte er uon äffen 9){enfc^en. Siefer ©laube aber Ijing auc^ no<i) mit einem anberen Um; ftanbe jufammen. «Sobalb er nämlic^ baran ging, pofitiu anzugeben, maS bas ©Ute fei, len!te er in bie Sonnen eines gemiffen ©ubämoniSmuS ein. SaS ©Ute marb il;m o|ne meiteres ein SegefirteS, ein ©ut, morauf eben ber 2Biffe gerichtet ift. ')S)ann erfdieint baS äBiffen als hk (Sinfid^t, meiere fac^gemäf? bie beften Wdtki gur 9^ealifierung bes ©uten fui^t unb finbet. So fäfft bann mieberum bas ©utc unter ben ©efi($tspun!t bes ^luerfes ober bes 3^u^ens, meld^er eben in ber Gubämonie befteljt; unb bal)er fommt es, ba^ ©o erat es jumeilen bas ©ute gan§ in äljnlid^er SBeife mie bie ©opljiften ^u begrünben fdieint, als glaube er, baS ©ute ftclje Dl;nc eine gemiffe anttjropologifc^e ©runblage ni^t feft genug, ^^^beffen ift babei boc^ nicfit §u überfel)en, ba^ ber 3^ee ber (Subämonie fein be= ftimmtcr ^nf)alt gegeben mirb, bafe biefelbe guroeilen nid^t als ber eigentliche 3mec!, fonbern meljr als ber (Srfolg beS fittlic^en .^anbelns ^ingeftefft micb.
9Bir finben alfo bei ©ocrates einmal bie fittlic^en Urteile empirifc^ an beftimmten S3eifpielen gewonnen, jum anberen bas Streben, baS ©ute als etmas ^efteS unb 2ltlgemeingültigeS (Slbfotutes) im ©egenfa^ jur 33e=
fic^t iuirb fo fel^r überjc^ä^t, bafj ba§ etl^ifd^e Zf^un fo lange tüarten foß, bi§ bie rechte ©infid^t geiüonnen fei, ja ba| i§m baä 33üfe, hjenn e§ mit boHer ©inficfjt, e8 fei böfe, auägefü^rt trirb, tueniger böfe crfd^eint, al§ iuenn biefe ©infid^t fel^It.
*) 2)abei ift freitid^ nie ^u überfeinen, bafi ber aBegriff beg SBiffen§ bei ©ocrateä ftet§ eine ))ra!tifc^e 2;enbenj bel^ätt unb iüol^l nie atä ein blof; tl^eoretifd^eg mü^igeä Sßiffen gitt.
218 ^lato.
ßierbe unb unabtjängig t)on jeber ^f)eorie (jinjiiftelien , brittenö aber, baf3 eö il)m nic^t öclinöt pofitiu anzugeben, luaö baä (^ute fei, fonbern bo^ er fjter üon bem etugenoinnienen Staubpiinftc abgleitet.
151. ®er ^auptfac^e iiad^ ift au(^ ^lato ni(^t weiter gefornmen, nur ba^ er überntt baS ©ute fd^ärfer oon bem i(;in 5l^eriüanbten unb ©ntgeoengefclten fdieibet.
3unä(j^ft jeigt ^(ato, wenn mii^ mit mand^crlei ©(^luanhingen, bo^ baö, umö gut ift, feinen 53kJ3ftQb nii^t in ber mcd^felnben 33egiecbe unb ber baburd^ angeftrebten Suft tjaben fönne. S)enn märe eö alfo, fo märe bie unbefriebigte 33egierbe 'i)a§i ^öfe unb biefes bie Urfac^e ber be= friebigtcn ^^egierbc ober beä ©uten. gerner pflegt jugleid^ mit ber ^e= friebigung ber 33egierbe bie £uft felbft §u uerfc^minben, baö ©ute mürbe fid^ alfo burd^ feine eigene SBirfUd^feit uernid^ten. SBeiter nimmt man bod^ auc^ fein Urteil über einen guten ober böfen ß^araftex nic^t gurücf, wenn bem erften Seib unb bem peiten greube miberfä(;rt. ©o gelangt er ju bem 9iefultat, meil etroaä gut ift, wirb e§ begel)rt; nii^t meil eä begeljrt mirb, ift eS gut. S)arum mirb nun bas ©ute pofitio alö ein iHavov, ober TeXeov bejeid^net, alfo alä etmaö, TOel(|eg feinen §alt unb feine S3ebeutung nid^t in etmaä anbercm, toaö eä felbft nid^t ift, i)at, fonbern in fic§ felbft, mit anberen 2Borten als etwaö 3(bfoluteö. Zweitens ift aud^ ha§> Urteil über gerecht unb ungered^t nic^t baoon abl)ängig, ob ein ©Ott eg befot)len unb ßol^n ober ©träfe barauf gefegt l)at, t)ielmel)r ift bie ©ere^tigfeit rein an fic^ felbft gut, Ungerecfitigfeit lebiglid^ an fid^ felbft böfe, fie möge nun, wie jweimal liinjugefe^t mirb, ©Ottern ober a)ienf^en oerborgen fein ober nic^t.*)
152. Über ©ocrateö ift er aber rool^l in folgenben fünften l)inau§gegangen, erftenä, bafs il)m baä &uk unb ba§ Söiffen baüon nid^t meljr ganj ibentifd^ ift, üielmeljr l)at er, wie fpäterljin 9(riftoteteä bieg noc^ ausbrüdlid^er geltenb mad^te, erfannt, ba^ auä bem äBiffen ober bem
*) ©d^feiermad;er finbet bei ^ßlato al8 ba§ ^ßrinji^ ber ®tl^i! bie ®otts äl^ntid^f eit. Slüctn ba§ ift nid^t ber ©inn ^Iato§; biefer bcrfannte nid^t, ba^ 'il'i)nliä)U\t mit Sott gar feinen Sinn ^at, trenn nidit fc^on öor^er bie ^bce ö5ottc8 a(8 baä abfolut ®ute enttxndelt »rorben ift. ©ottälinlic^feit l^at bei ^Uto feine anbere 5öebeutung aI8 bog ©treben, bem ®uten äl^nlid^ ju Serben, unb fofern er ©Ott alä bcn ®uten bejeic^net, fann er aüerbing? fagen: ©treben nad^ 9(t|nlid^feit mit ©Ott. 2lber ben Segriff be§ abfotut ©uten cnttridelt er iinabf)ängig bon bem 33egriff ©otteg. 2lufserbem foU fic^ nad; 5p lato baö ©treben nad^ ©ottäl^nlid^feit nur bejiel^en auf ©ered>tigfeit unb ^eiligfeit, ivä^renb babei bie neiblofe ©üte ©otteg gerabe nic^t mit genannt tvirb.
^rato. . 219
Urteile itic^t immer ber baäfelbe realifierenbe Sßitte fofßt, joroie ha^ ha^ Urteil nicf)t über bie blofee (Siufic^t, fonbcrn über beii äöillen ergefie. 3iii» anbcren fuc^t er baö ©iite uon bem 3Xiiöenef)men gu unterfd^eiben unb fe^t eö brittenö mit bem ©c^öuen in eine ^ieitje. ^i^^^ff^i^ äu einer lüirflid^en, beftinnnten (Sntfc^eibunß über ba§ ©Ute fommt e§ ni(f)t, fonbern eä bleibt immer bei ben formalen S3eftimmunöen, eä fei baö ©enügenbe, 33ollenbete, fid^ felbft ©leidje, S^orauöfe^ungölofe, ha^ auä ©i^önl;eit, bem Wia'iiQ unb ber 3Boljil)eit ©emifd^te. ^a ^lato gerät mit feinen Unter; fu(^unöen über bas &ut^ in eine 9ii(^tuno, meldte ben abfohlten 61;arafter bcöfelben luieber sroeifelljaft mac^t. ®ieö gefc^ietjt erftenä baburd), ba^ feine CS'tl)if bie ©eftalt einer @üterlel)re anninnnt, ober nielmeljr oon ©ocrateä beibe{;ält. (£r benft baö ©ute als „ein uon bem 9)ienfc^en feiner natürlichen ^efäljiöung na^ ^u erinerbenbeä ^efi^tum, baä ber nielgliebrigen (Sigentümlii^feit ber menfd^lii^cn 9?atur entfprec^enb nic^t in einem einl)eitli($en 33e0riffe auögebrücft raerben fann", unb meldjeö fic^ aneignenb ber 5löilte felbft gut unb feiig werbe. 2Bo fii^ biefe 2lrt ber 33etrac^tung cinntif d^t, ba erfd^einen bann auc^ jene abfoluten 33e; ftimmungen nic^t fomoljl al§ Urteile über hen Sßillen, als oielmefjr über ben äßert ber Dbjefte bes äßiHens; unter biefen l)at eine nerftänbige Überlegung basjenige l)erauö3ufitiben , roelc^eS ben ©efamtjuftanb ber Seele am meiften unb am bauernbften befriebigt. ®er anbere ^^unft, mo ^^lato öon bem Stanbpunftc ber abfoliiten [ittlid^en ^Beurteilung ah- gleitet, l)ängt aud^ mit bem Gljaraftcr feiner (Stljif als einer ©üterleljre ^ufammen. SDaä ©ute mirb nämlid^ als ha^ 9ieale angefel^en, als bie ©onne im 9iei(^e ber ^been, bie bas 6ein an 9)iac§t unb SBürbe über; ragt unb bem ©eienbcn baS ©ein, bem ©rfannten ha^ ©rfanntmerben uerleil)t. 3Beil baS ©ute erfannt merben fann, mu^ eS au^ fein, ober follte je eine richtige ©rfenntniö auf etwas gerid^tet fein, weld^es nid^t ift? <So wirb bas ©ute ju einem ©ute, b. i). ju bem realen Dbjefte, nad^ meld^em geftrebt wirb, "^a eS mifd^t fid^ l)ier fogar ein !oSmologif($er 3ug ein, inbem baS (Srfennen beS ©uten, als einer realen '^hcc, bie 33e= beutung eines ^anbelns befommt, lueld^cs ber S^ljätigfeit ber ©ott^eit folgt unb berufen ift, ber neränberlid^en ^ii^elt jur S^eilna^me an ber SBelt beS Unneränberlic^en p oerljelfen, baburd^, baf^ es bie fittlid^en realen ^been in biefe äßelt Ijineinbilbet. ^nbeffen ift bod^ ber 3nfo"^"^efil)fi"0 beS ^l)eoretif(^en unb '-Praftifd^en nur ein fel)r lofer unb wenig bemerfbarer. ©0 tiatte wo^l ^lato, ben ©puren bes ©ofrates folgenb, ben erften notwenbigen ©diritt gu einer wal)ren ©tljif getljan burd§ bie ftrenge ©d^eibung bes fittlic^en äöerteS uon ber ^efriebigung ber ^egierbe; aUein
220 Äant unb §etbatt.
CT Ijattc bo($ iineber naä) einer tfjcoretifc^en 0ninb(artc ber Gtfji! O'^f^i'^t, Ijatk beu cirtcntlicficn ©cöcnftanb ber fittUi^cu 33cuvtci(unrt, ben äßiden, mo\)l ftillf($uiciöenb uoraiiööcfe^t, aber ui(|t I)inrei(^enb Ijcruorßeljoben, unb l]atk brtttenö bie 2(bfolutf)eit bcö fittUc^en Urtetlä raieber fd^manfenb gentacf)t burd^ bie 9üc^tung feiner Sittenle(;re aU einer ©ütcrieljrc unb lüar ba= burc^ uiieber in eine 3trt uon (Subäntoniönius einge(enft.
153. ©ine @tf)if im ©inne einer abfohlten Uuterfc^eibunö sroifc^cn gut unb böfe f^at aujäer ben raeniger einflußreichen englifc^en unb fd)ottifc^en 9)ioraliften (9lr. 159) unter ben naniljaften ^^Ujilofopijen erft ilant wieber auföenomnien unh ^erbart ber 3]olIenbunn entöegenfüfjrt.
ilant unb ^erbart umten sunäc^ft einig in ber Si^rennnng ber praftifd^en ^^Ijilofopfiie non ber t]^eoretif($en, mie bieä bereits © o!r ateö getfian Ijatte. SBaö fie baju beftinimte, war nii^t allein ber fe^r berechtigte 2Bunf(j^, bie moralif(^en Überzeugungen ben f(^n)anfenben 5!)Zeinungen ber STIieorie inöbefonbere ber ^oöniologie, 3(ntl)TopoIogie unb ^fieologie entljoben ju feigen; auc| nidjt b(of3 bie ©rfenntniö, baß bie biötjer auf tljeoretifc^e ©runblage gegrünbeten ©ijftenic fänttlid^ im ^ringip menig= ftenä it)r 3iel t)erfe!)It Ratten; eg mar nielmeljr bie !(are (Einfielt in bie nöttige 33erfd^iebenartigfeit ber beiben ^Teile ber ^sljitofopljie.
®ie tf)eoretifcf)en Unterfu($ungen gef)en barauf ans, bie gegebenen ©rf(|einungen begreiflid^ ju nm(^en, b. l). miberfpruc^öfrei ^u erklären. ^l}x ©efc^äft ift e§ alfo junäc^ft, haö (begebene noUftänbig, rein unb fc^arf auf^ufaffen, fo bann rii^tige S3egriffe nom ©ein unb ©efc^eljen im all= gemeinen unb richtige 33egtiffe uon bem befonberen ©efc^eljcn in betreff ber gegebenen 9fiaturerfc^einungen gu geroinnen. SBirb in biefe Unter- fuc^ungen t)a^ Tloxalx]ä)e tiineingejogen , fo roirb, roie ber gefc^ii^tlid^e 58er(auf ber 9}?oralfi)fteme ^^eigt, baö (iJute alö baä ©eienbc bej. SBerbenbe in jebem gälte ats ba§ 9JJöc^tige l^ingefteUt unb baä moraUfd^e ^anbeln §um b(of3en Skturpro^eß fjerabgebrücft. ©er Unterfc^ieb beS ©uten unb Söfen wirb bann barein gefegt, ob etroaS bem ©ein nä(;cr ober ferner fteljt, ob ctroaö metjr ober weniger W^a^t f)at, in bas 2)afein ju treten unb fi(^ barin ^u bel^aupten.
hingegen ift bie praftifd^e ^etrad^tungöweife nic^t auf bie Gr!(ärung irgenb eineä begebenen gerid^tet, uiehnef)r urteilt fie barüber, l)i:bt baä f)erüor, too§ abfolut gefällt, waä fein fott, ftettt ^beale auf. ®ie ett)if insbefonbere {)at bie 2lufgabe, §u entf treiben, weld^eö 33eii;alten eineä ücr= nünftigen SBefens gut unb wcl(^eö bijfe ift.
154. Sie Stntwort Ijierauf, bemerfen Hant unb ^erbart, wirb nid^tö abfotut DUueä cntt)alten, vielmef)r ^at bie äBiffenfd^aft fic^ an-
Äant unb ^erbart. 221
pfc^Iie^en an bie Urteile, welche ununttfürlii^ im fiekn über ba§ SBoHen unb ^anbeln bcr 9Jienfc^en gefällt luerben, unb eä ift rao^l ju hcaä)kn, ba^ ber gemeine 5lserftnnb oft t)ie[ treffenber urteilt, aU bie ^sljilofoptjen. 2Baö Ijicrbei bem Urtei(enben bei feiner uniuitüürlic^en, abfic^tslofen äßert= frfjtt^ung notf; unbeutUc^ üorfd)U)ebt, ha^ ift uiiffenf($aftli($ aufjuflärcn, nntjer ju beftimmen, ju reinigen unb ju ergänzen. 3(bcr nid^t Sfufgobe ber (Sttji! ift eö, bie fittlic^en Urteile gu erzeugen, 'jk !ann nur bie betreff enbcn Dbjefte ber Beurteilung, b. 1^. l)ier bie betreffenbcn äßiUenöuerpltniffe, ber 9)icnfc^en S^ljun unb Saffen uollftänbig aufzeigen, nutf? fuc^en, ben Urteilcnben fo §u biöponieren, ba^ er jene Dbjefte richtig, namentlich uu; parteilich auffaßt, unb mu^ bann erroarten, ba^ in biefem uoüenbeten l^orftcllen ha^i Urteil unmitlfürlii^ Ijeruorfpringt. ®a^ tiaö fo gcioonnene Urteil richtig ift, lä^t fic^ ni(^t bemeifen, eö genügt t)ierbei ber ^inraeiö auf baö (£'i.'periment, welches bei gleichen STsorauöfe^ungen immer mieber baö nämli(^e 9tefultat, baöfelbe Urteil ergibt. 2Bo a\\<^ g. 33. bag Übel; wollen angetroffen loirb, immer wirb eä uon bem Unbefangenen alä mi^= fällig oerurteilt luerben. Unb pmv ftellt fic^ ein abfoluter Unterfc^ieb 5iuif(^en gut unb böfe Ijerauö: eines ift nic|t bie 2lbänberung, ©tcigerung ober l^enninberung beä anberen C^x. 188). ®a§ Urteil ferner ergel;t über ein SSerljalten ganj unabtjängig von ber ?^rage, ob jenes 33erl)alten nur üorgeftellt, erbi(^tet ober als wirflic^ gebac^t wirb, ober welche ^'örberuugen unb Hemmungen teils in ben äußeren Umftänben, teils in ber pfijc^tfd^en Sef($affenl)eit bes aJienfc^en ftattfinben, mit einem äßorte: ha^ fittlii^e Urteil ift tljatfäc^lii^ ganj unabljängig üon jeber S^lieorie.
155. SBenn nun aus bicfen Örünben bie ftttlii^en Urteile abfolute, unbebingte Urteile genannt loerben, fo Ijeifst bas ni($t fooicl, als wäre beren 3iiftrt"befommen nii^t an gewiffe Bebingungen gefnüpft, uielmeljr geljört jur (Sntfteljung berfelben gar nmn($erlei, uor allem eine unbefangene ©emütslage, bie nii^t jerftreut, nici^t mit anberen bef(^äftigt, nid^t parteiifij^ fein barf, fonbern bie betreff enben Dbjefte im uollenbeten ^vorftetten an- f(^aut, ber Urteilenbe muf? nac^ ©mitljS 3(usbruc!e ben ©tanbpuuft eines unparteiifc^en Sufc^t^iiß^'ö einneljmen. ferner Ijei^en jene Urteile abfolut, ni($t als wäre Ijier ni^ts ju erflären. ^m ©egenteil liegen t)ier für bie ^-Pfi)cl)ologie sum 2^eil fel^r uerwirfelte ^roblente oor.*) Stber bie pft;($o= logif(^e ßrflärung ber ßntfteljung ber Urteile ift nii^t ©aij^e ber (Stljit ^ür fie bilben bie Urteile ämn abfoluten Slnfang, bie le|te S'iftrti'a/ ^ei"en @ewif3l)eit ober 5llarl)eit um nichts erljijljt ober oerminbert wirb, ob fie
*) aSflt. barüber 3t e g r in 3t. f. e^. «ß^. VI. 225 ff.
222 Siant unb §erbort.
tt;corctif(^ erflört finb ober nii^t. @o tft beim bie unbebtngtc, fittlii^e 33curtci(imö tl;eoretifc^ auöefel^en, affcrbiitöS bcbingt hnxä) utand^erlet 216= ftraftionen unb 9icf(e;:ionen , wie übcrf)aupt bie Grfemttniö eineä Uu; bebiuöten fubjeftiu burcE) uiclevlei ©ebanfcii unb @eban!en6euieoiinoen üermittelt ift, hmä) welche ber ^enfenbe auf ben ric^tioen ©taiibpimÜ geftcllt werben inufs. ©tel^t er aber in etljifcfier S3e5ie{)un0 auf biefem 6tttubpunft, i)at er im 9Iuöe gefaxt, \va^ man iljni ^eißt, bann erwartet man non iljm eine ©ntf^eibuni] unb Slnerfennung, bie man il)m nid)t mitteilen unb bie er aus feinen ^rämiffcn folgern !ann. 3)arum l)eifet fie unbebingt, wiewol;! fie im pfydiologifc^en 6inne eine 9}^enge oon Se^ bingungen Ijat.*)
3n ber 2tufftettung beffen, ma^:> gut unb waä böfe ift, befielet bie eigentliche Stufgabe ber &^xt Sft bieö gefc^eljcn, bann nmd^en fic^ natür= lid^ nod^ me(e anbere 'g^ragen geltenb, bie Sejug barauf traben, namentlich bie in praftifd^er .*öinfic^t aUeriuic^tigfte , wie eö jugetje unb inwiefern e§ möglich fei, baf^ bie ftttlid)en Urteile hm 3Billen beftimmen, baö Sittliche alfo wirflid) auögcfüljrt werbe. 5)iefe ^rage ift eine pfpc^ologifd^c be§. päbagogifc^e, fie Ijat eö mit ben 9}litteln ber Silbung jur 9)ioralität ju tl)un unb fe^t bie ©rfenntniö beö ©ntcn bereits norauä. S)iefe ju ge= währen, ift baö erfte imb üorneljinfte ©efc^äft einer wiffenfc^aftli(^en M)\t
156. 9iacl)beni ber Unterf($icb ber tljeoretifc^en unb praftifc^en ^^Ijilofopljic inä Sicl)t gefegt ift, erliebt fic^ bie weitere S^rage: waö wirb in ber (5tl;if beurteilt, wa§ ift baä «Subjeft ber fittlicfien Beurteilung, ober mit anberen SBorten: welcEieg finb bie logifcEien ©ubjefte gu ben ^räbifaten gut unb böfe?
33efanntlic^ gibt eö nun Urteile beö SSor^ielienö unb beö 33erwerfenö, bei benen fic^ baö Subjeft überl)aupt nid^t angeben lä'^t, von weldjcm baö ^sräbifat auögefagt wirb. 3)icö finb bie Urteile über angencl)m unb un-- angenel)nt. 2)as ©efüljlte ift l;ier mit bcm @efül)l felbft fo eng oer:: fc^moljen, ba^ eö ftd) banon nic^t unterfdieiben lä§t, alfo anä) nid^t ©egenftanb einer wiffcnfdöaftlid^en Beftimmung werben fann. So lä^t fid^ §. 93. bei htm @eru(^e einer 33lunic nid^t angeben, waö von bem babei jum 33orftelIen gelangenben baä eigentlid^e Subjeft für baä auögefprod^ene ^räbifat angeneljui ober unangcneljm, ober baä ©efüljlte für baä @efül)l ift.
hingegen lä^t fiel) bei ben fittlic^en Urteilen fef)r wol)l angeben, ma^ babei beurteilt wirb. Xa^ eö fic^ liierbei um ha^ Sßoüen, baö 2^t)un unb ;^affen, bie ©efinnung, baö gan§e ^iserl^alten uon ^^^crfonen Ijanblc, barüber
") aSßl. §evbart I. 129.
Äant. 223
wat man üon 3Iufau(^ an etnifl. 9Benn bei ©ocrateä, 3triftoteleö, ©pinoja unb ©d^letermad^ex sumeKcn baä Sßtffen al§ baö ^öcEifte ()inöcftcllt Jüirb, fo ift bieö jtim^etl ein mangeltjaftcr 3Inöbrnrf, inbeni man nnter äßciöfieit in^kiä) ein praftifc^eä ä>erl)a(ten ber äßeiöljcit ßcniäf? ycrftanb; sum ^eil lieöt bann allerbinoö eine einfeitige Überfcfiä^nno ber intcllcftneaen ^()ätiöfeit ^n ©ninbe. 33ei beni 3luöfd)eiben beffen, ma§> nnn an ber ^^erfon cii^entUc^ nom fittlic^en Urteile octroffen tmrb, um§ ßut unb luaö fc^Icd)t ift, mangelte bcn ^ikn eine miilenfc^aftlic^e ^^ifyc^oloßie, inöbcfonbere auc^ ber tljcorctifd^e 'begriff ber ^serfönlic^feit unb beren fonftitntinen 93terfntale. ^atte anä) Si^iato naf)e baran öcftreift, fo naljni bod) crft baö (Sijriftentuni burc^ fein alleinige^ 33etonen ber ©efinnung ben bireften "iöeg juni äöiUen, a(ö beni einzigen Dbjefte ber fittlid^en aßertfdjätjung. 9)tit ootter unffenfd)aftli(^er K(arf;eit fpric^t eä aber erft Slant auö: ,,e§ ift überatt niii^tö in ber SBelt, ja aud^ auf^er berfelben §u beuten niögli^, waö otjue (Sinfd)rän!uug für gut föunte gefiaiten werben, als ein guter äöille. Mc ^Talente beä ©eifteä, (Sigenfc^aften beö 3:eniperamenteö unb alle ©lücfsgaben Ijaben feinen inneren unbebingten 2Bert, benn of)nc ©runbfäi^e eines guten äöidenö fönnen fie I)öd)ft böfe werben. 5)er gute Söiüe ift uic^t burc^ feine 2Birfungen, auc^ nic^t burc^ feine STauglic^feit sur ßrreic^ung eines ^mecfes gut, fonbern allein burd^ bas aßollen, b. 1^. an fic^ gut".
157. .hiermit erljebt fi^ i^ant jugteicl über fänitlid^e ©i)fteme einer relatinen äßertfc^äfeung, beren ©igentünilid^feit eS thzn ift, ben SBillen ju loben wegen feiner ^auglic^feit jur (Srreic^ung eines S^^ccfeS. 3ltte berartigeu ^Beurteilungen bes äßiHens ian^m auf (SubmnonismuS ()inaus. ^n ber 3tbweifung unb Befämpfung besfelben ift £ants .^auptftärfe unb ^auptuerbienft um bie etlji! ju fud^eu. Sies ift bie erfte, sunäc^ft negatioe 2lntwort, weld^e ^ant auf bie ^-rage: was ift gut, gibt; gut ift etwas nii^t f^on barum, weil es Dbjeft ber 33egeljrung ober ein @ut ift. ®ie Örünbc i^ants gegen ben (SubcimoniSmuS Ijat ^erbart fo uerbentlic^t : wo ein Unterf($ieb bcs guten unb böfen SßillenS gemacht wirb, ba ift ber Sßille felbft Dbjcft ber 33enrteilung ; unb bies Dbjeft barf mit ben Dbjeften bes 3BilleuS nii^t oerwedjfelt werben. 9hin Ijanbelt bie @üterlcl)re non ben Dbjeften bes 2BillenS; aber bie (gittenleljre uou bem Unterfc^iebe bes guten unb böfen 2BillenS ; alfo barf bie Sittenlehre ni($t mit einer @üter= teljre üerwed^felt unb niemals als foli^e bargeftetlt werben.
§ier ift es, wo fic^ baS ^elb ber praftif^en ^J)ilofopl)ie in eine abfolutc unb eine relative, ober in eine formale unb eine materiale 3Sert- fc^ä^ung teilt. ®ie relatiuc fe^t ein Dbjeft, ein gewiffes Sßol)lfein als
224 ^ant.
gut öorouö, unb bet SBtHe luirb qzIoU, luenn er tauölii^ tft gu beffen ©rreic^ung. ©in ©ut tft aber immer ettuaö ©eiüollteö, Öen)imf(ä)teä, eö ift bariim I)ier ber äöiüe felbft, luelc^er iirteilt, ob etronö ein &i\t ift ober nii^t, b. i), ob etioaö öeroolit uiirb ober nid^t. ©ex äßiUe fommt nur in Setrac^t, luie weit ,er einem anberen auf baä äßol)Ifein gerichteten Söillen bicnt. ®aä Erteil öet)t t)ier com (enteren 2Öitten auö, roelc^er lobt, waö ifjn förbert, unb tabelt, loaö \i)n l)emmt; er felbft aber unterliegt feiner ^kurteilung, aU nerftänbe eö fii^ üon felbft, baf3 er gut ift um feines ©egenftanbeö, feines Dbjefteä luiüen, auf loelciieä er gerichtet ift. Slant »enuirft nun alle nmteriaten unb empirif(^en ^rinjipien ber ©tl)i!; eö bleibt iljm alfo nur bie j^otm beö 3i>ilIenS als 33euTteilungä; pringip übrig. ®em fügt ^erbart uerbcutlid^cnb l^inju: fo lange ein SBilte als ein ganj einzeln ftel)enbe§ äßollen betrad^tet wirb, ift biefes SBotten fein ©egenftanb ber 33eurteilung mit ßob ober 2:^abel, fonbern eö ift gleichgültig . . . 3ilfo mu^ haä äöollen nic^t als einzeln ftel)enbes, fonbern mit anberen ^ufammengefa^t in 33etrad)t gejogen werben. 3ebe 3ufammenfaffung, mel(^e als folc^e eine neue 33ebeutung verlangt, ergibt eine ^-orm . . . 3tlfo fann nur ber ^orm beS äßottens ein SBert ober Unroert beigelegt werben.
158. Um eine pofitipe 2lntmort ju gewinnen auf bie ^rage, weither äßille ift gut, l)ätte es nun am näd^ften gelegen, ben formalen Seftinunungen bes äöollens na(i)sufpüren. ^n ber erften 3(ntii)ort, welche Itant im fategotif(|en 3i»peratiu auf biefe j^'^'age gibt, bleibt er bem formalen ßljarafter ber (£tl)if noc^ treu, inbem er bie bcftimmte ^orm, wegen welker ein 'Äille gelobt wirb, in ber 2tllgemeingültigfeit ber 9)iai*imen bes ^anbelns fuc^t: „§anble fo, baJ3 bie 3)?ai-ime beineS äöottenS jeberjeit guglcid^ als ^rinjip einer allgemeinen ©efefegebung gelten fann." S)amit war allcrbings ber SBilte üon momentaner äBillfür unterf (Rieben, auf5erbem f^ien es ein ireffenber ©ebanfe, ba^ ein unftttlic|er SBille ftets Stuönaljmen für fid^ begel^re, bie er nic^t würbe als Siegel für einen jeben ancrfennen wollen. Slber ^ant fül)lte bo($ felbft, bafj babei bie ?^rage nod^ offen bleibe, warum ic^ nur nac^ allgemein gültigen 3)taj:imen l;anbeln foll. äöo eine folij^e ^rage noä) offen bleibt ober aud^ nur aufgeworfen werben fann, ba tft offenbar ber le^te ^^.Uinft ber ä>erpftid;tung nod^ nid^t gefunben. 3Serfel)lt war es inbes fd^on, ba^ Haut bie gorm bes ©uten ofme weiteres in einem ;3i"peratit), alfo nur in ber g^orm eines ©efetses fennt, baf5 fid^ feine Sittenlctjre als eine ^^iflidjtenlcljre barftellt. ®enn ^^flid^t fe^t offenbar einen gcljorc^cnben unb einen gcbietenben Sizilien noraus; wenn nun ber erftere bem jweitcn jum ©eljorfam üerpflid^tet fein foU, fo mü^te fid^ bie
©ie englifd^en 3KoraUften. 225
2(iitovität bes oelnetenbcn uon felbft uerfteljen, ober es mü|te §urei(^enb benntiuortet fein, morin bie äBürbe, ber 3Sor§uö besfeldcn beödiubet fei. 5lant (jattc junäc^ft mit ber Berufung auf bie SlKoemeinoiUtiöfeit oe= antiuortet, bann aber ^uoeftanben, bafe biefelde no($ nic^t ber üoUe 3lnS; brucf cincö abfolutcn £obcö für einen Söillen fein fönne. ©arnrn mad^t er weiter, nni bie äßürbe bes ßelnetenben äßittens jn kgrünben, bcffen älbftantnning ans ber ^ernnnft geltenb. ©ollte aber in ,,ber 9ieiniöfcit bes Uvfprnngs" ein ^^or^ng bes äßillens, liegen, fo nü'i|tc biefer Siorjng ber 33evnunft nor ben anberen «Seelenüerniögcn bereits ins £ic^t gefegt fein. Mein bies ift uon ivant nirgenbs gefc^eljen, i)ie(me[;r üernmnbelt fi(^ bei i^m bie reine ^^ernnnft felbft in ein oberfteS 33ege(jrungSüermögen, fie wirb als ©efe^geberin beS SBillenS felbft jnm SSiffen. ®ie (Sigen= tljümlic^feit biefer ^crnnnft foll eS fein, ba^ fie fid) felbft ©efe^e gibt, wetd^e wiebernni ifjre SBürbe barin ijahm, ba^ bie SSerminft fie fic^ felbft gegeben l)abc. „Tarn aber ift biefer SBille ber reinen 5ßernunft in ber (E'rfal)rnng nic^^t jn finben, er mn^ alfo in ber intclligibelen äBelt gefn(^t werben, b. l). in einem äßillcn, welcher bnri^ feine finntid^cn SJtotiüe be= ftinnnt fein !ann. .^ierbnrd^ gef($alj eS, baf, ^ant bie SDiöglid^feit nnb ©ültigfeit ber ßtlji! boc^ wieber mit feiner tljeoretifc^en ©pefntation oer^ !nüpfte nnb fie mit ber 9}tögli($feit einer tranfcenbentalen greifjeit ner= wickelte."*)
159. 5lant bleibt bemnad^ eine pofitine, genügenbe SIntwort anf bie ^anptfrage ber Gtlji! f($nlbig: worin liegt bie eigentümli^e 2Bürbe eines moralifc^en SBiUenS? Si^i^em bei il^m immer bie ^flicEit ben oberften ©efic^tSpnnft bilbet, fommt er ni($t gur ^Benrteilnng beS SBillenS; bas fittlii^c Urteil geljt fc^lief^lid^ wieber uon einem SBillen, nämlid^ uon bem ans ber SSernnnft ftammenben Söillen aus.
Stber aus ber ©rnnblegung feiner düß ergab fid^ gnerft, baf? baS Urteil nid^t uom Sßillen anSgeljen bürfe, fonbern über ben äßitten gefaßt werbe, jum anberen, baf? baS SSorgüglii^e ober 33erwerfli^e beS SlHlIenS auf gewiffen formalen 33eftimmnngen besfelben bernlie.
^n biefen beiben wid^tigcn fünften Ijatkn bereits bie englifd^en nnb fdjottifc^cn 9}(oraliftcn baS 9ii($tigc gefeljen. „®ie etljifcljen wiffenfct)aftlic^en ^^eftrebungen uonGlarfe, ©IjafteSburi), ^utfi^efon, ©mitl) laffen
*) ©. 2;^iIo: ©efc^ic^te ber neueren ^^Uofo^^ie. (Sötl^en 1881. ©.243. SSgl. ferner über Santa ^raftifcTje ^^l^itofo^^ie Qt. f. ej. ^1^. I. 292, II. 3G9 ff. hartem ftein: ©runbbegrtffe ber etl^if^en SEßiffenfdjoften. 1844. ©.58. 2;aute: JReligtong' p^\lo\o\)'i)k. 1840. I. ©. 645.
^flüflel, ®ie ^protteme ber ^tjilofoprjie. 15
226 ^erbatt.
fic^ in ^olgcnbcin jufannnenfaffen: 9ti(|t bcr Söitte ober bie 33e0{erbe, iiicbcr ein göttU(^er noc^ ein nicnid^lid^er, bilben bie ©rnnblagc ber ©tl)if, fonbern fcftftci)cnbe natürlid^c (äßiüenö=) ^Scvljältniffc, uon benen bie einen nnbebinöt ßctobt, bie anbcren oetabclt werben muffen. 2)en ettjifc^en 33er= (;ältinffen ßcljcn bie äft(jetif($en paraUel, über beibe erßeljt biefelde 3(rt üon Urteilen — @efc|niacfönrtei(e. ®en Urfprnnö bicfer Urteile finbet ^ntfc^efon im moralif d^en ©inne, ©mitl; in ber nnpnrteiifd^en 3Ser= fc^uno in bie Sage anbcrer. ^ie ^n (nüiöenbcn etljifdjcn !i^er(jältniffe inerben no^ nic^t fyftenmtifi^ aufoeftetit, aber bie Grfenntniö tritt Ijeroor, ba^ fie nic^t mifcinanber snriicfoefii()rt werben fönnen, fonbern ^n foorbinieren finb. (Snblid^ tritt bie richtige ©rü'enntniä mif, ba^ ber begriff ber ^sfUc^t ni(|t bie ©runbform beö Gtljifd)en ift."*)
160. ^n biefer 9iic^tnng ift bie (^Üß erft luieber üon ^erbart fortöefiiljrt. (Sr fa^t bie Gtlji! alö eine befonbere Siöjiplin ber allgemeinen Etftljetif, b. i). ber äßiffenfi^aft von ben abfohlten äBertnrteilen. 2)ie ^iftljeti! ift eine formale Sisiffenf^aft, baö Ijei^t: bie Urteile beä ©efallenö unb 9Jt{f3fallenö crgcljen nic^t über etmaö (Sinfai^eö, fonbern nnr über ^Nert)ältniffe; ein einfai^cr 3:;on, eine einfat^e ^arbe, ein einjelneg äßotten, an^cr allem i^erpltniö 511 anberen gebadet, ift mcber fc^ön nod^ pf^lic^, weber gut noc^ böfe. §ier liegt bie 3In!nüpfnng an Rant§> ^e= Ijanptiing, baf5 ein guter ^iffe feiner formalen 33eftimnuingen megen gut fei. ferner bamit bas Urteil ein abfoluteö fei, mufe eö ein luiltenlofeö fein, ol)ne aEe Segierbe unb Si^t^i^^cffen muf? es fic^ üon felbft auä bem niögli(^ft uodenbeten Slnfc^auen ber uorliegenben ?8erl)ältniffe ergeben. 3)iefe Urteile finb an ]iä) eoibent unb bebürfen feiner T^emonftration. Sie einzelnen S)iä5iplinen ber allgemeinen 3iftl)eti! unterfd^eiben fic^ nac^ ber ^crf($iebent)eit ber Dbjefte, melcbe beurteilt merben. Sie Cbjefte ber (S'tlji! im befonbercn finb äßiHenöüerljältniffc. 9Iuö ben allgemeinen förunbfä^en ber ^ilftljeti! ergibt fi($ für bie &i)[t, bafs auc^ bereu Urteile millcnlofc fein muffen, nid^t Dom äiUUen auögeljeub, fonbern über ben äBillen erget)enb. Saraus folgt, ba^ bie ett)if meber in ber ^orin einer ^sflic^tenlelire noc^ Wüter== nod^ Sugenb= nod^ 9iecl)tslel)re urfprüngi lid^ auftreten fann. Senn alle biefe g-ormen fe|en bereits bie (S'rfenntnis beffen woraus, ums einem aöillen fittlictjen 9£sert gibt. Semnai^ i)at man bie einfad)ftcn ^iimicuSoerl)ä(tniffe aufäiifuc^en, über meldte fittlid^ geurteilt mirb.**) 'äi^ fold^e l;at ^erbart folgenbe aufgcfteltt.
*) Xl^ilo: ®efc^td;te bcr neueren ^l^ilofojsf^ie. ©.113.
**) Über Gt^if im ©inne §erbartg fei ^ingeixnefen auf § er bar t VIII. u. IX. ^artenftein: ©runbbeßriffc ber et^ifc^en SBiffenfc^aften. 1845. S. 21. 3;§iIo:
Qbee ber inneren greil^eit, 227
5te ^bee hex innexm §fteif?etf.
161. 3)ie ^bee bev inneren greiljeit ober, populär auSgcbrücft, bev Üderjeuounoötreue im\\l)t auf ber ^(jatfac^e ber unrailtfürli($en ^eurteKung unfereä 2Bittenö burd^ unö felbft. Unfer 2SiIIe wirb üon im§ felbft cntiueber gebiüiöt ober geuiipilliot- S^^öt berfclbe ber Sßeifung, loeldjc in biefeiu [nlli(3enben ober nii^billiöeuben Urteil i'iber ilju entfjalten ift, fo (iegt l^ier in ber Übereinftinununö beö äßiHenä mit bem über i()n er^ öcljeuben eigenen Urteile ein abfolut lüoijlgefäHigeö ?ßer|ä(tniä t)or; ber anbere galt, in roeli^ent ber Söilte ber inneren ^^ßeifung nid^t folgt, bietet ein abfolut nii^fäüiges ^^erljältnis bar. ^ie beiben ©lieber biefeö Iser^ r^ättniffeö finb einmal bie eigene ©infi^t ober baä Urteil unb baö anbere ber SBitle. 3tuf welchem Kriterium biefe ©infic^t beruljt, roelc^eö iljr ^"l^jßlt ift, ob fie rid)tig ober falfc^ ift, bleibt jefet noc^ bal;ingeftellt; Ijier genügt ber Umftanb, bafe ch^n bie ©infid^t baö Urteil beS SBolIenben felbft ift, unb bie ^Ijatfac^c, bafs loirflid^ bergleii^en Urteile über hen äöillen er; geljen. Sßefentlic^ für- btefeä ^^erfjältniä ift eö, ba^ beibe ©lieber, ©tnfic^t unb 2ÖilIe, in einer ^serfon geba(^t werben. Senft man beibes getrennt, eine ^erfon als urteilenb, eine anbere als wottenb, fo Ijört baö ganje ^er= pltniä unb bamit baö Sob ober ber ^abel, oon welchem l)ier bie 9iebe ift, auf.
162. ©inen fotc^en 5ßerfuc^, ©infic^t unb äBille in t)erf($iebenc ^erfonen ju uerlegen, machte '^lato. ©onft Ijat gerabe ^lato bie ^bee ber inneren ^^rciljeit treffli^ geseid^net unter bem 9kmen öinaioövvi] ; baö Urteil, bie praftifc^e (Sinfid^t l)eij3t bei iljui öoqjia, ber 3Bille dröpsia, unb öinaioövvi] bebeutet bie ^armomie biefer beiben ©lieber (bie 6oocppo6vv7] würbe ntan auf bie .^altung beö SBillcnö bejiel^en fönnen). Slber mal)rf($einli($ in ber SOceinung, \io!^ ni(^t alle 9)ienf(^en ber rid^tigen fittUd^cn ©infidjt fäljig finb, »erlegte er bie genannten ^ugenben, alö er fie auf bie ©efellfc^aft übertrug, in t)erfd)iebene ^erfonen. 2)er eine ber
Sie tl^eorogifierenbc SRec^tä; imb Staat§le!^re. 1861. Slllil^n: ©runblinien ber allgemeinen etl;if. 1861. ©erfelbe in St. f. ej. ^^. IL, III. u. V. 2)ie «Reform ber allgemeinen ©tl;i! burd) ^erbart. 9Za]^loiü§ft): 2iagemetne ^raf tif dje ^]^i[o[o))'^ie. 187111.1884. Bilter: Slßgemeine ^pljifof. ©t^if. 1880 u. 1885. ©et)er: «p^ilof. (Sinleitung in bie SRec^töJüiffenfd}aften. 1882. ©trüm^etl: 3Sorfd;uIe ber ®tl^if. 1844. ©robifd^: SleUgiong^^itofo^l^ie. 1840. ©trüm^eU: (Einleitung in bie «P^tlofo^J^ie. 1886, ©. 430 ff. Saftauff: Qn SRanng beutfd)en »lättern für er= jie^enben Untcrrid^t. 1875 — 1878. Über bie iütqitigften (gintDänbe gegen bie ©t^i! f. X^ilo : Unterfud;ung über §erbart8 gibeenle^ire in 3t. f. e^. %^. XV. 225. 3u ©t eintrat: aiUgemeine ©t^ü, 1885, ügl. 3t. f. ej. %'^. XV. 129 ff.
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228 3b«c bcr inneren j^i^eil^eU.
deiben in ^latoö ^bealftaate am lueiftcn Ijeryorraöenbe ©tänbe, bte 5l(a[fc bcr ^evrfc^enbcn, fotitc ber 6ocpia, bcr anberc ber S^ricöer, ber arSpsia bcfliffcu feilt, ^aä ric^titie ascrtjältuiö äiuifi^cu ben beiben würbe beut @an5en baö ©epräge ber dmaioövvr] geben. Slllein auf biefe 2Betfe verlieren bcibc iilaffcu \)a^j cigciitlid^e Sob ber inneren ^reifjeit. ®ie STugenb bcr Krieger luirb jur bloßen j^olgfamfeit gegen einen fremben äBiUen, tapfer gegen geinbe unb niilbe gegen ^^reunbe ju fein. 33ei ben ^errfci^enben aber befoninit bie btof^e (Sinficfit fd^on einen nioralifrficn 9Bert. greili^ ift (jier, mie im ganjen 2((tcrtnm, bie ^ißeiöijeU ni(|t alö blo^e (Sinficftt fonbern immer fdjon alö ben eigenen äßillen beftimmenbe gebac^t. 1(53. ©inen anberen unb jiuar meit entinürbigenberen 33erfu($, (Sin; fic^t unb äßiile in oerfc^iebene ^^^erfonen ju uerteiten, marfitcn uiele ^efniten, inbem fie ben fogenannten ^^robabi[iömus suliefjen. 2tn bie ©teile ber eigenen feften fittü($en ©infiij^t tritt eine 9)ieinung, ber man unbebeuftic^ folgen fönne, fe(bft luenn fie nur probabel ift. probabel ift aber eine 9)ieinung 5. 53. fc^on bann, menn anc^ nur ein 3:^t)eoIoge fie beljauptet, ja fie nur für probabel erflärt, ober ein fonft re(^tfc^affener 9}tann burc^ fein ^eifpiet gebilligt (jat. 9kc^ einer folc^en 9}kinung barf man un= beben!li($ fjanbeln, felbft bann, menn fie mit ber alleru)a§rfc^einlicf)ften, ja ber uns febft geiuiffeften im geraben äßiberfpruc^ fteljt.*)
164. ^m ©egenfa^e gegen alle 'J>erfu($e, ©infic^t unb SSiUe §u trennen, ftefjt ^ant mit ber ^eljauptung ber 3lutonomie. S)er ^anbelnbe felbft muf? wa^ iljm über ben 2ßert ober Uniuert feiner ^anblungen urteilen. S^aö fittli(^e Urteil barf nic^t angefeljen werben als etwas bem 9Jtenf(^en frembes, uon aufscn t'onuuenbeS, fonbern wir felbft muffen Öefe^geber unb Öeljori^enbe in einer ^^^erfon fein, fonft gel)t bie Über; SeugungStreue unb bamit ber eigentliche äßert bes Sittlidien uerloren. 3n gewiffer äßeife weicht inbe^ Maut felbft uon bem '■^srinsip ber Slutonomie ab. Um fi(^ nämlic^ nor bem ©ebanfeu 5U fdjütjen, als ob jeber SDicnfd; \\a^ iöelieben feine fubjeftiüen fittlic^en ©rnnbfä^e auffteüen !önnte, fdjreibt er bas ©efe^geben bem tranfcenbentalen !3($ ju, bas ©eljord^en bem empirifd)en. ©0 meint er einnml ben 3>or5ng beS ä3efcl)lcnben in ber „Sieinigfcit beS UrfprungS" unb fobaun eine 3(llgemelngültigfeit foldjcr ©efe^e gefunbcn ju (jaben, ba ja baS tranfcenbentale 3c^ allen älicnfdjcn in gleii^er '-li>eife jufomme. äl^aö nun bie „9icinigfeit bes UrfprungS" beS gefe^gebenben ai3illens anlangt, fo ift bies feine 9(ntwort auf bie
*) ©. ba§ ixKttere j. 33. Bei ©täubt in: ©efd^. b. c^riftl. SDioral feit bem SQßieber= aufrcben bcr aöiffen[d;aften. ©öttingeu 1808. ©. 492 ff.
3ibce ber inneren ^rcii^eit. 329
graßc, luaruni fott baö tranfceubcutale ^d) bcfel)(eu unb nic^t baö ciupirifrfic 3c^, ober Tüoriii bcfteljt ber ä^or^ug beä einen cor beni anberen ? (9ir. 158) unb nufjcrbeiu luirb Ijier bie praftifc^e ^sfjilofopljie luicber in 3(b(jäußigfeit uon ber t()coretifd)cn ucrfelt. Unb ivaö bie allößiueine ©efc^oebung an- ge^t, fo genügt eö, lucnn gesagt mirb: mirb irgenb eine 3.Wrnunft, ^nteUigcns gcbadjt, wetdje )iä) bie betreffcnben fl'erljältnifle unter bcn 'iBitlen rein, nnparteiijd), b. f). bcgierbcloö uorsuftellen uerumg, fo wirb überalt baö Urteil gan5 gleich auöfaüen. (S"ö ift beninac^ für t)m 3Bert beö Sitttic^eu gnnj gleichgültig, luer baö Urteil fällt, ober alö meffen ^kfeljl eö auftritt, ob 5. :il alö ©otteö ober beö 9Jienfd)en. Senn ift eö rein jn ftanbe ge!onnncn, fo ninf^ eö in jebem %aUc baöfelbe fein, weil a\\§ benfelben 33ebingungeu, b. l). l)ier anö bem begierbelofen, uollcubeten 2lnf(^auen berfelbeii Sßillenöoerljältniffe aud) intuier baöfelbe y^efuUat, l;ier ha^ betreffeube Urteil Ijeruorgeljen mu^.
165. Wät biefer 2lutonontie beö SBillenö finb in ber golgegeit oielertei 9)ti^beutungen uorgenonimen lüorben. ©geutlii^ war baniit ge^^ meint: 1) baf? baö fittli(^e Urteil abfolut fei, alfo !eine frentben diM- fiepten fenne. S)arauö folgt 2) ba^ eö für alle ä^ernunftwefen gleich unb alfo allgemeingültig fei. 3) Sie 3(utonomie forbert, baf^ ber 3J{enfd^ felbft, ber Ijanbclt unb urteilt, ein unb biefelbe ^Necfon fein muffe. Sen erften ^^un!t beutete bereitö taut felbft auf bie abfolute Unabljüngigfeit nid)t allein beö Urteilö, foubern ber ''^serfon übertjaupt. Crö ift noc^ ri(^tig, wenn er fagt, ha^ wal)re <Sittlid)feit nur ba norl^anben fei, wo bie reine 3tc^tung uor bem ©itteugefe^e bie ^anblung Ijeroorgebrai^t l;abe, ober wo bie (Srfeimtuiö beö &nkn rein alö foli^en baö einzige 9}iotiü beö SBillenö fei. 2lber baö 33erfeljlte beginnt f($on, wenn eö l)eif3t, ber äBille gibt fic^ felbft baö @efe^, ftatt er finb et eö nor alö abfoluteö Urteil. Unb entf (Rieben übereilt war eö, wenn Ijierauö alöbann bie abfolute greil)eit beö äßillenö gefolgert würbe, eine Slutonomie in bem (Sinne, ba^ ber äßille nic^t meljr blof? fein eigener ©efe^geber, fonbern fein eigener Urljeber fei oermöge einer fpontaneu, urfad^lofen 33ewegung. Überboten würbe enblid) biefer ©ebanfe uon ?^i(^te, ber bie abfolute ©elbfttljätigfeit alö bie einzige ^Lugeub, unb Srägl;eit alö baö einzige ;öafter gelten laffen wollte, ^on ber Ungereimtljeit biefer abfoluten tran= fcenbentaten greiljeit wirb noc^ fpiiter bie Siebe fein (9h'. 199); tjier fei nur angebeutet, auf weld^em 9Bege man im fpäteren ^bealiömnö bagu gelangte, bem abfoluten SBerben einen fittli(^en 9Sert beizulegen, "^m ©runbe war ja Siantö tranöceubentale ^^reiljeit nic^tö aubereö alö ein abfoluteö äßerben (9h. 6), eine ©elbfttljätigfeit, welche attem ilaufalnej:uö
230 3^»«« i'cr inneren greil^ett.
entljoben ift. 3ln beut 93eöviff felbft I;aBen '^iä)tc unb feine SJadifolßer mä)t^ oeänbert, fie l;aben tt)n nur üerallgenieinert.
Ser giücite ^unft, bic 3lfIoeincinoü(tiö!eit beö fitt(id^en llrteilä, luurbe üon ben 9J?ouiftcn auf eine fubftantielle ©olibarität atter ^sernunftiuefen ober eine Si^entität beö 2Befcn§ aller ©eifter ober adeä Stealen überhaupt be§oöen: nur eine 3]ernunft fei eö, iüel($e in allen benfe unb urteile, unb eben batuni niüffe biefes Urteil, lüenn es tief genug gcgrünbet fei, überall basfelbe .fein. SBirb bicfe ^bentität aller ©ubfianjcn feftgeljalten , fo ift, nac^ bem Sluöbtucfe beö.^antljeiönius, Giott in allen ilscrnunftJüefen bie fittlidfie ©ubftans, unb eö wirb nietaplji)fif(^ uerftanben, wenn man populärer SBeife baö ©ewiffen bie ©timme ©otteä nennt, ober loenn Schiller in bem ©ebic^te: bas S^eal unb baö Seben, fagt: „9Jeljmt bie @ottl)eit auf in euren äßillen unb fie fteigt uon iljrem äßeltentljron. ©es ©efe^eä ftrenge geffel binbet nur ben Sf lanenfinn , bcr eä uerfd^mäf)t. 9Jiit bes 9Jcenfd^en Sßiberftanbe fdjunnbet auä) beö ©ottes ajkjeftät." hiermit ift ^h^n bie innere fittlii^e greiljeit gemeint, baf3 roir felbft eö finb, toeld^e urteilen, unb un§ in biefem abfoluten Urteile eins luiffen mit jebem anberen unbefangen urteilenben ^Isernunftioefen, alfo au($ mit ©Ott, in loelc^em man bie fittlid^e ©infic^t am uollfommenften ooranääufe^en I;at. ^reilic^ bie metapljijfifi^e 2)eutung fittlidjer i^erljältniffe unb ^^egriffe ift fe()r alt, fie tritt unä §. 33. fe^r weit auögebeljut bei ben 93cijftifern beö 9)tittelalter§ entgegen. 9)?innet ©Ott, fagt äJMfter (Scfl;axt, fo werbet if;r ©Ott mit ©Ott; bann ift gwifd^en ©ott unb ber ©eele fein Unterfc^ieb, bie Seele ift ©ott ni(^t allein gleich, fie ift il)m alljumal gleich unb baöfelbe roa§ er ift, fie üerliert i|re ©efc^affenlieit unb fpric^t: freuet eud^ mit mir, ic^ bin ©ott geworben.
167. ®er britte ber oben (9Zr. 165) genannten ^un!te betrifft bie Übereinftimmung beö aöillens mit ber ®infi(^t. SBirb biefc Übereinftimmung, wie es gefi^eljen ntuf5, auf fämtlic^e äßillenöregungen bejogen, fo l;at man baö 33ilb eines Ijarmonifc^ in nd) abgefd^loffenen fittli(^en (Eljarafters , in welchem cbm bie ganje 9)tannigfaltig!eit ber wirflic^en unb möglichen 2BitlenSregungen einl)eitli($ uon bem ©ittlid^en jufammengeljalten unb be^ l)errf(^t wirb, fo jeboc^, bafe fein äöiberftreben gegen bas ©ittlid;c, mä) ein 3'öang besfelben ftattfinbet. CSIwaS berartiges fc^webte of)ne S'i'cif^t ben 9)ioniften oor, wenn fie baS Sittlii^e in eine Übereinftimmung Qbentität) beS '^sielen mit bem Ginen festen. 33on t;ierauS fällt ein iJid)t barauf, wie es möglid^ war, baf3 jene tl)eoretifc^e gorberung als ein S^eal erfd;ien. (Ss war <^bm bie innere ^reiljcit, bie Harmonie, uon welcher man fic^ leiten liefe unb bei bereu §i>eratlgemeinerung nurn alimäl)li($ ganj uon
:3bee ber SSoIIfommenl^eit. 331
bell fvcjifiic^ fittüc^cn 33ioiuenten abfd;. ©an^ uuüerfeunbar tliiiöt bicö noc| auö beu äöortcn Jvic^teö fierauö: „ber (jöclfte Xxkh im SJienfc^cii oef)t auf abfohlte Übcrcinftimntuuö mit fic^ felbft." ^^rcilid) ift ber eigent; lic^e etljifd^c 33e5iet)imoöpun!t oer(oreii, toenn biefe Übcrciuftimmuuö auf ^bentität bcö empirif^eu mit bem reinen ^6) ober t)on jvici^tes 9Ja(^= folocrn auf abftrafte ^sbcntität ber 33ieU)eit mit ber ©in(;eit gebeutet niirb. —
168, ^i^cntität ift in iebent galle ein !)ier gan^ falfd^ geiuäfjlter 3tuöbru(f, felbft luenn man bie urfpri'niölic^en ©lieber beä in 91ebe ftetjenben ^^erl)ä(tniffeö, (Sinfic^t unb äBille, loieber aufnimmt. ®cnn ^^bentität barf dmi nic^t fjetrft^en jioifc^en ©infic^t unb SßiUen, fonft (^djt bas i^awie: ^^ertjältniö uertovcn. 3lber es ift ja bem 9)ioniämuö eigen, überall bie fpe^ififc^en Unterfdjiebe ju neriüif($en, fo anc^ l;iei' eine ^bentität yon (S-infic§t unb äöillen },n beljaupten unb beibeö nur alö üerfrfiiebene ©eiten eines (Sinjigen auf^ufaffen. ^e nac^ ber inbinibucUen Skngnng warb nun balb meljr bas SÖollen betont als abfohlte STljätigfeit (gierte), balb mel^r bie (Einfielt als 9BeiS^eit, ilontemplation, loie bie 9}ii)fti!er, ©pino^a, ©d^leiermad^er, tljaten. 3»beS S^ljätigfeit für fic^ allein ober (Sinfic^t für fic^ genonnnen ift nod^ niclits abfolnt SittUdlieS, am wenigften baS allein fitthc^ ©ute, fonbern baju geljört Übereinftimmnng ber (5infi(^t unb bes äßillens in einer ^erfon. ®ocb meift baS Sob ber 2:;ijätig!eit, ber £raft unb ber (Einfid^t ober ber 2BeiSl)eit auf ehie fittUc^e ^Beurteilung nac^ einer anberen i^bee t)in.
5ie ^bee bet ^oHRommeit^elf.
169. Ser äßille !ann fi($ als eine ^raft uon t)erfcl)iebener ©rö|e ändern. Semgemäf, läf5t fi($ eine SSergleic^ung peier ober mehrerer aßitten lebigli^ nad^ bereu ©tärfe yorneljmcn, ganj abgefeljen bauon, raaS geiuollt TOirb, ober ob fie einer ober meljreren ^erfonen -^ugepren. •hierbei gefäHt ber ftärfere äßille als ber üollfommenere neben bem fdjRiäc^cren , als bem unuollfommeneren. Unter einem ftarfeu äöillen uerfteljt nmn Ijinfic^tlic^ ber i^ntenfität einen energifc^en, welcher .^ginberuiffe leirfit übenuinbet, l)infic^tlid) ber ^^rotenfion einen folc^en, luelc^er beljarrUc^ unb fonfequent feine 9iic^tung einljäh, (jinfic^th^ ber (Si'tenfion einen oielfeitigen, raelc^er über möglic^ft oiele Wittti §u gebieten Ijat, Ijinfic^tlid^ ber Slonjentration einen foli^en, in welkem fic^ bie oerfd^icbenen ©trebungen gegenfeitig in geljöriger äßeife unterftü^en. 2)ie 33eurteilung nac^ ber Sbee ber ä5olt!ommenl)eit, nad^ loel^er ©tärfe, Wnt, ^el;arrhc^!eit, ©rö^e,
232 Si'C« i>er 33oC[!ommen]^ett.
0uof;eit u. f. id. ßelobt inivb, tft eine ber elften, mä) luetc^er Eiubet iinb Sf^aturuölfcr urteilen, ^apferfeit ift barnm oft ßlcii^bebeutenb mit S^uöenb übert)aupt. ©et)r lebenbifl mar biefe 2trt ber Beurteilung bei ben ©toifern, beren Mjre uon ber Setbftüberiüinbung, 9tpatt)ie, §umcift auf ber 33eurtei(uno naä) ber '^'^)^^ ber 5>olt!oinntenf)eit (ber inneren ©tärfe)
^n ben iuoniftif(^en ©yftenien pflegt bie Beurteilung na^ ber Boll; foniinent)eit in beut angegebenen ©inne nic^t nur obenan ju ftetjen, fonbern anä) bie einzige ju fein, ^son if)r rebet ©p in 05a, loenn er oon ber fortitudo, animositas, generositas fpri(^t; fie liegt bei ^yii^te ju ©runbe in beni Begriff ber abfohlten ©elbfttljätigfeit bcä ^d), u)el($e§ alle Gnergie beg äßillenö aufbietet, um ben Söiberftanb ber ©inneniuelt §u brechen unb biefelbe für fi^ in ein bienenbcö äöerfjeug ju oeriDanbclu. (S'tiuaö 2il)nli(^eä briidt ©djleiermai^er auf feine SBeife au§, luenn er als fittlic^e gorberung Ijinftellt, bie 9iatur burc^ unfer .^anbeln auf eine Ijüljere Stufe beö geiftigen ©einä gu erljeben, ju üerfittlii^cn. ^ieö gefd^ieljt, inbem man fii^ einmal organifierenb uerljält, b. Ij. bie 9iatur jum äßerfseug ber 3Sernunft mac^t, jum anberen fijtnbolifierenb, b. l). fo tuixft, ba^ in ber 91atur felbft Bernunft erfennbar loirb. (Sine meitere g^olge bauon, ba^ bie moniftifc^en ©ijfteme uur bie Beurteilung nac^ ber ^bee ber Botlfommenl)cit fennen, ift e§, ba^ biefelben )iä) in ber etljifc^en Be= t;anbluug am liebften ben großen fittlic^en ©emeinfci^aften, beut ©taate u. f. lu. jumenben, l;ier erft feljen fie baö ©ittli(|e mal;rl)aft oeriüirflic^t, n)äl)rcnb il)ncn bie fleineren, perfönlic^en Berljältniffe ber einzelnen 93ccnf d^en ni^t 9Bürbe genug ju Ijabcn f($eiiu'n. 9iur bie Öefamtljeit beä menf(^ liefen ©efc^lec^tä ift \mä) ©c^leiermac^er ber mal;re unb eigentliche Ort beö Ijöc^ften ©Utes. ®er ©taat ift mä) ^egel objeftioer öeift unb ber lüirfli^e ©ott.*) (9k. 140.)
*) (S§ ift ni^t ju überfeinen, bafi bag Sßort ^ßoüfommenljeit t;icr (ebigUif) ettva^ j^onnateS bejeidinet, unb bai-unter niii;t, iüie fonft \\>oi)l gefdjic^t, fittlid^c a>oII= fommenl^ett als 2i"'^f9i^iff '^^^ Sugenb übei-l;au^t ^u Derftel^en ift. ^n bem Ic^teven ©innc mad}te Sßolff bie SJerDoHfonnnmuig feiner felbft (perfice te iijsum) jum ^rinji^) ber ©ittenfe^re. Sßolff felbft Derftanb biefeä fein ^rinji^ im ©inne eineä gcmäfiigten ®ubämoni§mu§: ber SBille gel^t naturgeniäfs auf ein bonum, unb ber Sittlid^e l^anbelt fo, ba§ er beujenigen DZu^en errcidjt, tuelcl^en bie Gräfte be8 £eibc§ unb ber ©eele überl^au^Jt l^aben fönnen, nämlid) bie SJerüoUfommnung unfcrer felbft unb unferer äufieven ßwfti'iHbe. ©§ l^errfd^t l^ier alfo ein ©rnnbfa^}, toeld^er fid; aud) mit bem ftoifd^en ^rinji^) augf^redjen liefe naturae congruenter vivere. Übrigenö liefie fid^ bie gJ^age aufwerfen, ob man eS bei ber i^bee ber 33ollfommen=
Qbee beg Söo^riuoireng. 233
170. Üdemd fc^ätjt imb preift man juerft bie Stäxfe, i^raft, ^Tapfer: feit, ^ef;arrli(^fcit, ptamiotleö ^-Ißirfeu. Überatt, wo nur bie erfte 9to^eit unb 3ßilb(jeit fic^ legt, lobt unb liebt man neben ber Stärfe au(^ bie gjiilbe, bie ©üte, ba§ Sßoljliuotlen (^erbart). Siefeö, baö äßoljtuiotten, befteljt barin, baf? eine ^^erfon mit iljrem Sßillen ben iinr!li(^en ober alä mirflid) uorgeftelltcn äBiden einer anberen ^erfon förbert, unb gwar blo^ um ben anberen ju erfreuen.
3)aö abfolut fiöbli^e biefeö 33erl)nltniffes tnit nic^t rein Ijeroor, menn nod) befonbere 9Jiotiüc etiua ber 3)an!bar!eit, ber 33erounberunö n. a. jum 3Öof)lmotlen treiben, ober raenn etiua ber äöide, bem man ^iä) u)ibmet, nur als SJliüti angefeljen mirb, um ben eigenen §u befriebigen, mi)ge ber (Slgennu^ no(^ fo fein fein, wie etiua bei 3lriftoteleö, welcher, abgefeljen üon anberen 31luöfprii($en, baö Sßoljlioollen fo motiuiert: äßoljlttjäter lieben felbft bie ©egenftänbe iljrer ©üte, luenn fie aud^ non iljuen gar feinen 'Vorteil erioarten fönnen, fie lieben il;r SBerf ineljr, als fie uon iljrem Sßerfe geliebt loerben, benn eä ift bem 9JtenfcE)en angeneljm, etioaö fjen)or= zubringen, er wirb fi(^ babei feiner eigenen £raft unb ^Ijätigfeit beiuu^t. Sagegen luarnt fc^on 36enopljon, baf? man feine 9Bol)ltl)aten nii^t oer= faufen folle, benn ber allein uerbieue woljltljätig genannt ju werben, iuel(^cr lüoljittiue, oljne auf ©egenleiftung ju red)nen. (Sine foli^ reine ©Ute rüljmt ^^Uato aU baö ^öi^fte an ©ott, welcher iiic^t allein of)ne 9ieib auf bie 9}?enfc^en blicfe, fonbern ben ©efc^öpfen haä Seben gegeben Ijabe, um iljiien iüol)l3iitl;un.
171. ferner ift ba§ SÖoljlwollen ba nic^t rein uorijanben, wo bie '^perfoii, bereu 2Bitlen man fi(^ wibmet, nic^t alä eine aiibere, fonbern alä eine bem 3Bol)lwollenben in irgenb einer äßeifc jugeljörenbe betra(^tet lüirb, wie in allen ^yorinen ber ©ijinpatljie ober be§ Sfiepotiömnö. hieran leiben nainentlid^ bie ^-Begriffe oom 3Bol;lwolIen bei ben 2llten. gaft nie tritt es alö ein allgem eines auf, in ber 9ieget ift eö nur in ben partifulären ©eftalten gcfannt, alö ©Itern-, S\inbeö=, @attcn=, (i3efct)Rnfter=, "^reunbeöv ^l>atertanbölicbe.*) Überljaupt franft ber 33egriff beö äßoljlwollenö
l^eit tnit einem fpcsififd^ et^ifd^en ober einem allgemein äftl^etifd^en 5i?erl^ältnig jn tl;un ]^at, inbem ba§ ©efallenbe ober 9[lli|fallenbe in biefer 33ejiei^ung fici^ nid)t allein an SBillensber^ättniffen, fonbern an allen Äraftoer^ältuiffen überfiau^t jeigt.
'*) S)en fid^tbarcn SOJangel an allgemeiner 30ienfd;enliebe beS ganjen 2llter= tnm§ befd^reibt befonberS a}Ja);imu§ öon %t}Vü^ in feiner 36. SeHaniation, »uo c8 u. a. l^ei^t : menfd;Ud^e $8ortrefflid^feit ftcl;t ber gijtt(icl)en nidjt nur überl;aii^)t, fonbern
234 Sbee beS SÖo^IiDOttenS.
bei ben SHtcn nn jiuctevtei: einmal, bafs man baö eiöcntUc^e SBol^t lu o U e n alö reine innere ©efinminö weniger deai^tet, ak bas 3Sol)Itf)nn; unb §uni anberen, baf3 es innner etiuaö partifnläreö befjält. 2tni reinften l)at eö '^lato erfaf5t, aber and) nnr, wo er uon ber ©üte ber öotti)eit rebet, freiließ ofjne biefe Öüte für bic ^Jtenfc^en als nadjaljnumöömcrt anf= jnitetlen. (3ir.'l51.)
172. 2Birb nnn baö 2ßof)luiotten unrein, fc^on roo ber ^roeite SSitte, bem man loolji miü, nid)t rein a(ö ein anberer, non bem beö äBotjhüofienben t)erf(^iebener aufnefa^t mirb, fo ücrfc^uiinbet eö ganj, wo bie siueite ^^^erfon bem 9Befcn nac!^ alä ibentifd) mit ber erftcn gebac^t mirb. !J)ieö ift überall im 9Jconismus ber ^all. (Sin 3Xnfang in biefer 9ii(^tnng luurbe gemad^t, alö bie Dleupytljagoreer geiuiffe üon ^^t)tt;agorag überlieferte 23or: f($riften nad^ itjrem pantljeiftifdien ©ijfteme §u motiuieren fnci^ten. dMn fotl — fo t^eif^t eö — alle 9}tenfd)en, "Jreunbe, ^-einbe, grembe, ^ierc, ^fknjen fc^onen unb (ieben, weit fie mit uns biefelbe 9latur \)aben unb im ©runbe oenommcn lüefentlic^ (5inS finb. 3Benn non ben neueren 9)?oniften irgenb ein fittlic^eä 9>ert;ä[tnis üerfetjrt morben ift, fo ift eö baS 9Sot)(n)oIIen. 3)iefeö ift überall bei itinen bamit motiniert, bafs alte Söefen einer ©ubftanj anoeijören. ^ebes 2Bot)liüot(en ift nur eine Söieberijotunö bes amor sui ber fvinojiftifdjcn ©ubftang. ^eber liebt nur fic^ felbft in bem anberen; tt)nt er jemanb motjt, fo ttjut er fid^ felbft moljl unb erplt bamit fic^ felbft. ©oiuie bie Siebe bes pantl)eiftifd^en ©otteS nur ein ©i($;^inöeben an fic^ felbft ift, um ju fii^ felbft gu tonunen, fo auc^ bie Siebe feiner C^efc^öpfe. Wian fommt im beften ^alle nidjt über bas fi)mpatl;etifc^e 9}Utöefüfjl l)inaus. 2)aS (SeeleToerbenmoUen ber 58ernunft, ha^ (Siuöeljen in ben organifc^en ^^rojef^, fid^ felbft mittels anberer er= l^alten unb bergl, baS finb bie 3lusbrücfc für baS äßotjlmollen h^i ben ^antl)eiften, i. 33. bei S c^ l ei erm ad) er.*) 3tber auc^ mo ber 9}conismuS
aud) borne^mlid} in 2(njel|ung eineS a u § g c b r e i t e t e n 29 o f) I iv o [ I e u ö U'cit nad^. Äein menfd)U(^er ©cift umfajjt fein ganjeS ©efc^tedjt, fonbern ift immer nur, Wie bie 2;iere bon einerlei öerbe e§ machen, feinen 53iitbürgern jugetl^an, unb eä ift fc^on t)iel, luenn er c§ nur biefen inS gefamt ift.
*) ©erabeju t>erff30ttet imirbe e§ üon ©d^leiermac^er: „3ft ba§ SOßol^nvioiren ba8 §öd&fte: föarum foll e§ feine öefriebigung ^ernefjmen au§ ber £uft an ber un-- mittelbaren eigentlichen ÖtücEfeltgreit anberer, unb nic^t üielmet^r eine ^ö{;ere Suft finben an il^rer l^ö^eren, nämlicf) auc^ luol^tiuollenben £uft? 2)iefe fann ic^ nid^t fieberer beförbern, a(§ burd^ Söelüirfung meiner eigenen, i[;nen jur 2lnfd;auung bar; gebotenen ©lücEfeligleit."
3bee be§ Sßo^tooßeiiä. 235
lüd^t ncrabeju bic ^orm beö ^antfjcisinuö «nniinmt, raie §. S. bei (Sc|open= fjauer, ift bod) baö SßotjtiDottcn uic^t beffer beörünbet. ®ie ©elbftfud^t ift anö) naä) iljin Qeörüubet im ';plura(iöniuö, ii)e(($er mc(;rere i)on einanber meicnttic^ üerf^iebcnc ^ubiuibueu anerfenut; ijal man aber bie tS-in[i($t, ba^ ba§ priucipium individiiatiouis bIof5er Sd^ein ift, bafs luir im Oruubc alle nur SO^obififatioueu einer Subftan^ finb, fo wirb jeber \iä) felbft in allen anberen crfennen unb inbem er anbete förbert, suötei(^ [i(^ fetbft ben Qxö^kn ©icnft eriüeifcn.*)
173. 3n anberer äöeife luurbe baä aöoljdDotlcn von Slant yerfeljlt. •Da er attcö ©ute lebii](icf) in bcr gorm ber ^flic^t fannte, fo manöclte il)m baö ri^ti^ic 2.serftänbniö für bie eißentümlic^e ©c^önt)eit be§ '^d^- lüottens; er luirft bie ^rage auf: mürbe es mit bem äöol^Ie ber 3BeIt überi)aupt ni^t beffer fteljen, menn alle 9J?oralität öeroiffentjaft auf '?fl^ä)tö' pflichten ein0efd)ränft , baS 3Sof)lmo(Ien aber unter bie adiaphora öejä^lt mürbe? :^arauf antmortet er: ^n biefem galle mürbe eö an einer großen moralifc^en Sterbe ber 2Se(t, ndmlic^ ber 9Jtcnfc^enliebe fcljtcn. 'Siefe froftige 33emerfung rüljrt oljue i]Ji^<^ifeI «if^t an^ ber ©efinnung, fonbern (ebiglic^ aus bem (Sijfteme bes fategorifc^en ^wperatiüS t)er.
174. a}tan muf] fid^ munbern, ba^ bie ^^ee beS SBoIjtmoffens fo oft t;at uerfetjlt merben fönnen, nad)bem fie bo^ uom (Sfjriftentum in üölliger 9iein(jeit in ben 'Diittelpunft ber Sittentet^re gerüdt mar,**) naä)- bem unter ben ^t)i(oföp^en bie oben (9ir. 159) ermät)nten engiifcficn unb f^ottif d)en a)iora(iften , mc(($en in biefer Se^ietiung noc^ ßumberlanb beigefügt merben möge, auf bas unmittelbar ©efaltenbe bes reinen 9BoI;l= motlenS fo nad)brücfli($ (jiugemiefen t;atten. Si^ulb baran, bafs bie ^bee bes 9BoI;lmolIenS fo uielfai^ uerfeljlt, entftellt unirbe, mag moljl ^um STeil beffen gro^e (Sinfa(^ljeit fein, umn fuc^te üiele Eünfte, um bas ju befdireibcn unb ju motivieren, beffen (Sc^öntjeit uon jebem nur einigermaßen reinen ©inne of)ne weiteres empfunben mirb; ©i^ulb baran maren ferner namentlich bie fatf(^en ttjeorctifc^en Sijfteme, oon benen aus baS aBof)lmo(Icn foHte begriffen unb abgeleitet merben. (Ss mar ba§er ein großes ä.?erbienft um bie (5tl)i!, baf3 ^erbart Ijier üon aller Mnftelei, insbefonbere allen t[)eoretifc^en 9iebengebanfen üb]ai) unb baS äßol)lmolIen in ooller 3ieinljeit
*) 3u Bemer!en ift Ijicr, ba^ je^t nic^t bon ber SluSübvmg beS SBo^IiiioircnS bie 3kbe i[t. ^n biefer a3ejiel^ung iucrbcu bie genannten 3Känner of;nc B»»-'«;'!«! ba§ äi>ot)ÜuoUeu fe^r gut getcinnt ^aben; ^ier fjonbelt e§ fic^ nur um bie tl;eoretifc^c Sluffteaung beö Segriff§ üom Sßo^lJüoUen unb biefe ift bon i^nen üUeraH gänjlid^ öerfe^lt.
**) D. giügel: 2)ie ©ittenle^re Sefu. 1888.
236 Sbee ^^^ 2ßo^rh)oiren3.
Scid^nctc: ben!t eine ^crfon, ha^ eine anbere etraaö luotte ober tootten luerbe, unb rietet ifjrcn cißcnen äBiÜen auf ben gebac^ten freniben äßillen, fo öcfi'ittt bie Übcreinftiinimiuö bicfcr beibcn 3lsi(Ien, b. (j. bie görberung beä jroetten burd^ beii cvftcn als Soljdyollen, ber adficfitÜc^e ^ÜUberftreit be§ eiöenen äßidens öcßcn ben jiueiten niif5fällt a(ö Übehoodcn. (So ift bas $lßof)(inolIen bie Harmonie ^lüifi^en beni eigenen unb beni t)or= gefteUten frernben äßillen.
DIeuerbingö fjerrfc^t bei uieien pljitofopljifd^en ©djriftftettern eine 93or= liebe für ba§ äßort SUtruisnuiö ^ur ^eseidjuung aller ber iBeftrebungen, weldje auf 33eförberung beö SBoljleö anberer geridjtet finb. ©emüljulic^ pflegt baniit eine 3lrt ©ubmnoniöniuö ucrbunben 5U fein, meieret ben fog. 2lltruiönuis nur als eine ^Verfeinerung be§ (i'goiöninö anfiel)t, fo baf3 alle uioljluiollenben ©cfinnungcn für anbere i^re SButjel Ijaben füllen in beni ^eftreben, fein eigeneö äßol)l gu eTl)öl)en.*) 9iun ift offenbar, wo bieö lüirflic^ ber gaU ift, baf? man anberer SBoljl förbert, nur um ]iä) eine Suft, @cnu§, Sebenöförberung ju üerfc^affen, ba ift nic^t baö SBoljlioollen, fonbern ber (Sigennutj tljätig. (Sbenfo fallen mir bereits, baf^ bie blof^e ©ijtnpatljie, bas äHitleib moljl pufig ber 3lnfang jum 'löoljlmollen, aber nid^t biefes felbft ift.
3luf5erbem follte man nid^t uergeffen, baf? bas SBoljlmollen in ber ^orm ber 2^eilnal)me an bem ^-lßel)e anberer burc^aus fein ©efüljl ber Suft, ber Sebensförberung mit fid) füljrt, fonbern gcrabeju ein Seib, unb giuar ein fe^r ernftes Seib ift, Unb in einet Söelt, mie bie unferige, roo fi($ bem äBoljlmollenben fo uiel ßeib barftellt, u)el(^eS ein einzelner nic^t befeitigen !ann, fonbern welches man ftill mit anfelien muf? lebiglic^ mit bem SBunfc^e, baf3 bem \^eibenbcn geljolfen werben möge, in einer folc^en 3Öelt wirb baä SBoljlmolIen ebenfo oft bie goxm mitleibiger ^eilnaljme als tljätigcr ^ilfe anneljmen muffen. ."*lann man le^tere no($ allenfalls als einen SluSbruc! uon Selbftgefüljl unb fomit als Suft ober Sebenöerljöljung beuten, fo bod^ fic^erlic^ nid)t bie 2^eilnal)me an frembcm 'iöelje.**)
*) ©. einige $8ci)>ictc in 3t. f. ei". ^^. XV. ©. 425 ff.
**) Xalm luerbe an eine Senierfung iperbartS erinnert, bie nocl; genau auf biete ber l^eutigcn Gtljifer ober ©ubämoniften :|3afit. ©r fagt III. 375: „S)ie ©deuten fingen an ju fünftein; unb eö gelang i^nen, gfei^fam im §erjen beg Sffiol^ItüoßenS benGigcnnu^ aufjuf^üren. 3)ian ^attc bie an fid} unfcf)ulbige unb irafjre Söcmcrhing gemacfit, ba§ mit liio^lliioUcnben ©efinnungen ein ©efü^I ücn ^eiterfeit, mit beren §iu^erungen ein innere? 58crgnügen üerbunben ju fein ))flegt. 2ln ben ©d^merj, ben fie unter anberen Umftäuben (v 23. ivo man frember 3Jot nid^t l^elfen fann) mit fid^ filieren, unb an bie ganje 3"f«Ui9feit ber üon 3lebcnbingen abpngenben SRücfirirfung
Sbec be§ SRed^tg. 237
Um an bem ßnibänioniöiniiö meniöfteng beut 3öorte nac^ feftjvilialten, lüirb äuiueilen öefagt : baö &iM, bie (Subämonie ift ba§ 3^^^ »^ß^' S^^enfi^; fjcit nnb alfo baö ^M-iuäip ber @tt)i!, jcbes eürgelnen a}?enf(^cn Sluf^abe ift cö beinnac^, baö mögUdjft oröJ3te (^)lü(J für iuöö(i($ft üiele ju erftreben, lyenn es fein imif5, nuci^ mit ^iutaufe^uuö feineö eiöeuen ä>ottei(ä. äßirb bies evnft öenommeu, fo ift bamit ber (Subömoniömitö im gefi^ii^tlic^en Sinne, ak öooiömuö oollftänbig anfgcgebcn, nnb fein Öegenteil an feine Steile gefegt. 3)cnn für .baö &iM anberer forgen in feiner anberen 2tbfi($t a(s bamit fie glücflii^ finb, baö ift eben baö äBot)(motten, mie mir eä oben befc^rieben t)aben.
175. SBerbcn juiei Söitten jnr )li)at nnb ritzten fic^ anfällig anf baö nämlii^e Dbjett, über meld)eö aber nnr einer mit 3tnöf($ln^ beö anberen biöponieren fann, fo l)at man baö 35erl)attniö bes Strciteö nnter ben äßillen. '^a'\^ nnn ber Streit, in bem ber eine SBille ben anberen gn negieren fnc^t, an fii^ nii^tö äßoljigefälligeö fei, fonbern anf irgenb eine Söeife beigelegt luerben ntüffe, Ijaben TOot)l bie meiften 9iec^tölel)rer gefüljlt, nnr erl)telt "Da^» a}iif3fallen ant Streite feljr oft eine 2)entnng im enbä:= moniftifdjen Sinne. S)er Streit follte uermieben werben, nid)t weil er abfohlt oermerflic^, fonbern meil er bem 2Bol)le ber Streitenben na^teilig ift. 5lson 9fatnr ift ber SJcenfc^ begcljrlic^, fclbftfü($tig nnb gerät babnri^ in äÖirUic^fcit ober ho6) ber S3egierbe nad^ in ^onflüt mit anberen, meiere and) nnr an \\ä) benfcn nnb nad^ iljrer 9teignng über bie ©üter nnb Singe biöponieren wollen. S)ieö ift nac^ c*oobbeö ber natürlidje 3"ft'wb, baö bellum omnium contra omnes, Samit ift notwenbig eine Unfidjerljeit beö äßoljleö nnb ber Selbfterljaltnng aller einzelnen gefeljt; biefc forbert batjer, bie Unfic^erljeit nnb alfo ben Streit hnxä) einen unserftörbaren {^rieben
auf bie eigene ®eniüt§[timinung be§ Sßol^InHiUenben rourbe tuenig gebadet. 3Bo!^[= litotlenbe ^anbhingeu Wann einmal al§ eine Quelle eigener Suft unöorfid}tig eni^fo^ten Jüorben; banun foUten fie nun auf einen bevftedten Gigennu^ jurüdgefül^rt luerben. SBic h)ol(en l^ietbei nic^t bergeffen, ju fragen, lüa§ benn loo^l ber 3Sorit>urf ber 35erftedtf)eit l^ier bebeuten möge? Äann fic^ ivirllid^, föie e§ im Seben oft genug borfommt, ber ©igennu^ eine fcßöne Sarbe, einen 2lnf)jruc^ auf ©^re fdiaffen, inbem er fid^ l^inter bem 33ilbe be§ äÜoIjIiuoUen? verbirgt, fo mufs unftreitig bie§ 33ilb an ftd^ fd^ön unb ein ©egenftanb ber SSere'^rung fein. §ier unb ba mag ber 5öJenfd^ l^eudjeln; aber bie ^bee be§ 2ßol^liüoüen§ ift eben begiücgen nid^t an fid^ ^eud^etei; benn niemanb fudjt ben ©d^ein be§ §euc^ler§."
238 3i'«e ^«§ ^i<i}ti.
niifjiiljcbcn. ^aö fic^crftc 9)iittel 511 einem foli^eu ^rieben ift naä) ^obbeö, baB oUe ^^erfoucn ftd^ aßev if)rer ':prii)atun(Ien, Siedete, Urteile befseben imb fie einer unrfüii^en ober pl)i)fif($en ^^erfon als bem Dber^anpte über^^ traßcn unb von beffcn SBidcn alöbann haä di^äjt ableiten, fo baf3 altcö dicä)t uom Staate anößet^t.
176. ^ic ©egner uon ^obbeö, bie bentfc^en Sogialiften, finb uon i(;m nid)t fouiofjl in ber ©runbicönnö beö ^iei^tö nerfi^ieben, ak üiehnel;r mir I;infiditlid) bes 9J(itte(ö, burcl^ wetc^eö ber griebe nnb baburcl) bie 2BoI;Ifat)rt jebeö einzelnen fic^cröcftcUt werben fott. 3llö biefeä Wittd enipfieljlt ^nfenborf bie ©o^ialität. 2)er einj^elne 9)tenfc^ ift ^ilflos, mir in 33erbinbnn0 mit anbercn üernrng er fein )Bol)l jn fiebern; bamit bieä gefd^ieEjt, mn^ er fid^ gegen bie anberen fo i)ert)alten, bafs fie it)m nid^t fc^aben, fonbern nü^eu. So nnirbe baö 9?ec^t uon ber Sozialität nnb biefe anä bem Streben nac^ Selbftertjaltunß tjetöeteitet. ^amit tjängen nnn bie bret folgenbcn mic^tiöcn Umftänbe ^nfammen:
1. ®a ber allöemeine 3>ertrag allein nm beö 9Bo^le§ jebeä einjelnen roillen gefi^loffen mnrbe, fo mnjite babei uor allem bas beai^tet werben, ol)ne inclc^cö eö für bcn einzelnen fein fölüc! gibt, ^u biefen notwenbiöen 33ebinoiinöcn ber äBoljlfaljrt geljört bie ©iäpofition über Seib nnb Seben. Sieg finb nnncränf5erli(^e ©üter nnb Siechte, finb ^inge, worüber nic^t erft ber Siertrag mit feinen pofitioen 9iecl)tcn entfc^eibet, fonbern fold^e, auf TOel(^e jeber non S^^ at nr ein angeborene^ Siecht Ijat.
2. 2)ie eingegangenen redjtlic^en SSerträge leiftetcn n\ä)t, iiia§ fie follten, h.i). fie ptten feinen DZu^en, wenn ni(^t im ^^-alle be§ ^li^U erfüllend 3^1^ 'ii^Ö angewenbet werben fönnte; nnb gwar mn^ biefer foweit gefien fönnen, als ber äßiberftanb, welcher ber ^flid^terfüllnng entgegen^ gefegt werben fann. So wnrbe ber 3^y«il1 S^"» S^orrelat beö 9iecljtö, nnb man unterfdjieb uollfommene ober ergwingbare nnb nnoollfommcne ober m($t erjwingbare ^^fl{(^ten.
3. 5{ommt eö beim dlcä)t, wclc^eö ^ur SBoljlfaljrt ber einzelnen geftiftet ift, allein auf bie l'eiftnng an, fo ift eö gleidjgültig, in weld^er @ef Innung bie 9^ec^töpflic^tcn erfüllt werben. SBer allein fein 3Bo^l im 3üige f)at, bem fommt eö nur auf bie ^l)at (Seiftung) an, nid)t auf bie ©efinnung, ober auf le^tere nur infofern, atö fie ber ©runb ber 'X^ai ift. 3(u^erbem uermag ber ^mano, ja übcrtjaupt nur bie äußere 2:()at l^ernorjubringen.
Siefe ©runbäüge: bie auf ber i^orauöfe^ung beö 3:riebeö gur ©tücf= feligfeit gegrünbeten 9kc^töuerträge, bie 9iaturre(^te mit il;ren unüeräuf3erli($en ©ütern, ber Bwang alö ."»lorrelat beö 9ied)teö, baö 2lbfeljen uon ber @e= finnung c^araftcrifiercn bie 9iec^tölel)re uon ^^^ufcnborf biö auf ^ant,
Sbee beg md)t^. 239
alä bereit kfonbcrc 33ertreter kj. 9Bciter(n(bner ^fjomafiuö, 9BoIff unb in Qeunficm ©inne anä) 2eihni^ gu nennen ftnb.
177. ^nrd^ bie Reiben 'fünfte, baB ber 3»uᯙ ^oö 5lorre(at beö dkä)t^ fei, unb ba^ man uon ber inneren ©efinnunn o^^^ii^^tc abfel)en 5U fönnen, l;atte fi^ bie Sted^tölcljrc immer mef)t üon ber 2:^ugenbleljre (SJioral) oclöft. 9tllcin ba in biefer ^^eriobc bie gefamte Moral ouf einer burc^^ aus eubämoniftifd^en ©runblaße ruijte, alfo anä) bie 3:^Uöenb im ©runbe nur um beö ^I>orteiIö iniden empfoljlen rourbe, fo Ijiuöen 9)coral unb 9{atur; red^t no($ prinzipiell 5ufammen, le^tereö mar nur bie Eonfequens beö gemein; famen "iprin^ipö. SIIö aber Alan t ben (Subämoniömuö ganj aus ber 9}ioral üer= bannte unb ßieicömoljl bie 9ied)ts(et)re im adöemeinen in ber überfommenen ©eftalt beibeljielt, trat eine uollftänbiöe S^rennuno ber 3::uöenb; unb ber ^e(^ts(el)re ein. 9}tora(ität befi^t nac^ Slant eine ^anblung nur bann, luenn i^r fein anberes 9)(0tiü alö bie 3lc^tung uor bem ©ittengefe^ §u ©runbe liegt ®ie Legalität lä^t jebeö SJlotin ju unb begießt \iä) allein auf bie äußere 3:^l)at. S)en ^anptna(i)bruc! legt 5lant in feiner d{cä)i^' lel)re auf bie greiljeit, auf iljr, atö einem inneren 33efi^tum beruht il)m bie SSürbe beö a}lenf(^en; jcber 9J?enfc^ ift ©elbftsuiec! unb barf raeber als bloßes Wdtkl gebraucht werben, mä) barf er anbere ^erfonen alö blo^eö 9JKttel braui^en; er barf baljer feine greiljeit nur infofern geltenb ma($en, als fie mit ber ^reil)eit von |ebermann na(^ einem allgemeinen ©efe^e 5ufammen befteljen fann. 9]ur burc^ einen gaben Ijing bei .^ant bie 9tec§ts= leiere mä) mit ber 5:ugenblcl)re jufammen. ^ie §eilig()altung ber ^er; träge foU nämlid) nic^t blof? auf ^'^^«"Ö/ fonbern auf einem unbebingten ^softulat ber praftifrf)en i^crnunft beruljen.
178. 2)iefeö le^te Q3anb löfte gid^te. 53ei iljm Ijat baS 9iec^t gar nii^tä ©tljifi^es meljr an fic^, fonbern eö griinbet fic^ allein auf bie praftifi^e ©ültigfeit beö (Sijllogiömuö. 2Baö auf mid^ von au^en einioirft, fann nac^ bem gi(^te'f(^cn ^bealiömuö nur uon einem "^6) IjerriUjren, alfo üon einem freien 2ßefen (9ir. 64). ^ahe iä) nun jemanb alö freieö äBefen erfannt, fo mu^ iä) if)n auc^ alö foldjeö be (ja übe tu. ^efjanbelt ber anbere mic^ nii^t alö freieö äßefen, fo ift eö nur fonfequent, wenn lä) itjn anä) nidjt alö foldjeö befianbele, -üiclmcljr ftcljt mir bann ein 3Juangöre($t gegen it;n §u. Somit möglic^ft jeber uon jebem alö ein freieö äßcfcn beljanbelt wirb, l)at fic^ ber ©taat bie gegenfeitige Sic^erftcllung ber ^i^bioibuen jur 2(uf; gäbe ju mad^en. Ser Staat red^net ni^t auf ben guten äßiüen ber einjelnen, fonbern fieljt allein barauf, baf3 jebem 3]erfuc^, red^töwibrig ^u tjanbeln, burc^ ^wanii entgegengewirkt wirb.
240 3ii>ee *>Ǥ SRed^tS.
3Iu(ä^ im fpätcven SbealiSiniig, §. 33. bei ^egel, tüirb ba§ S^cc^t nur als bie nicbere Stufe bcr 9)ioralität anoefeijen- unb fogar auf ben animus habendi ober barauf beövünbct, baf^ bie ^serfon i(;reu 2BilIen iu eine un= perföuUc^e 'BaäjQ- legt.
179. 9icbeu biefer ^rcnuuuö ber 93toraI unb beö 9iect)tö (ief aber üon Stnfang an noä) eine anbere 9iic^tunö, welche beibeö sufatnmcnsuljalten fu(^te, inbcni fie beibeö als unmittelbare ööttli(|e Ginrid^tunöen §u beorünbcn bcmüljt mar. Sott f)at bcftimmt, maö ö"t "«'^ rec^t ift, unb bafe etmas ßut unb rec^t ift, l)at feinen ©runb (ebiglic^ in bem 2Bitten ©ottes. 2Im auöfiif)rli(i)ften ift bies ä^ilelt moljt t)on «Staljl gefdietjcn; nad^ it)m miiffen bie meltöfonomifc^en S^Jcen bes göttli($en SÖeltpIaneS bas leitenbe ^^^rinjip bei ber 9iec^töorbnunö fein. S)oc^ fiUjrt biefe 2trt ber 33eoriinbunö beä 9te(^tö wieber gu bem oben befprod^enen ttieologifc^en (Stanbpunft ber SJtoral unb im ©runbe jum (gubämoniömnä (9h-. 133).
180. Söirb nun ber ßubämonismuä überl)aupt aufgegeben, ni($t allein für bie 9JloraI, fonbcrn and) für bie 9ie(^tölet)re, fo bleibt feine anbere SSeorünbunö bcö 9ie(^tö übrig, alö bie abfohlte 9){iBbiinöunö beä ©treiteS. (Bä)on ^ugo ©rotiuö Ijatte bieö im aEgemeinen richtig erfannt. S)em 9}ienfc^en, fagt er, moljnt ein S^rieb ju einer rul^igen unb georbneten ©efett; fd)aft inne. 2luS ber ^emaljning einer frieblid^en ©efeltf^aft leitet er bas 9iec£)t ah ; mas biefen ^rieben ftört, ift llnre^t, nid)t weil es 9larf)tcil bringt, fonbern meil ber ©treit abfolut ücriucrfli^ ift, mürbe man fagen muffen, menn man ben ©ebanfen bes ©rotius üoHfommen uetbeutU($en moKte. ®ies, bas a)iiBfatten am (Streite, ift bas 9^e($tSprin5ip bei ^erbart.
181. ®as a)cif3fatlen am (Streite betrifft nid^t ben einen ober ben anberen ber beiben ftreitenben ÜBillen für fid^ allein genommen, fonbern bas 3BiüenSüerI)ältniö. g-ajst man blofj einen ber beiben äßiüen ins Singe, fo mag berfetbe fc^on an unb für fi(^ Sob ober STabel nad^ anberen Sbeen ucrbienen, inbem er fid^ im (Streite einer guten ober böfen (Sac^e mibmet, inbem er etwa nac^ ber ^bee bes 2BoljlmottenS ben (Streit §um 53eftcn anberer aufnimmt, ober inbem er na^ bcr ^bee ber a>ollfommenl;eit burd^ bie 2lrt feines ©treitenS fid^ als ein mutiger, tapferer, beljarrlid^er, befonncner, 'ober als ein feiger jeigt. 3" «Ken biefen ptten wirb nid^t ber etreit als fold^er gelobt ober getabelt, fonbern ^ob ober STabel trifft ben ©treitcnben eUn naä) anberen ^been unb mürbe ilm treffen aucE) ganj abgcfeljen uon ber ^ufättigen ^sermicfelung beS Streits.*) 2)er Streit an
*) Sic SDJi^üerftänbniffc , Jüetd^e in biefer Sejiel^ung Q gering öuficvt, finb jurüdgeiöiefen bon ©et; er unb gienemann in 3t. f. ej. ^f). XI. 262.
Sbee be§ 3ie(^t8. ^41
ftd^, in weld^em ein 25>itte ben anbeten nnonff;örn^ aufsutjcben, ju negieren fu^t i^iefe S)iffonan5 (netct ftetä einen niif^fälliöen 3lnblic! bar. S)od^ ergebt bie§ SJiiMatten no^ nid^t al§> eine moralifc^e 3.?erurteilunö über einen ber Oeiben äßillen, welcher ja ganj ol;ne fein 3wtt;nn in einen berartißen 5?onfU!t öcfommen fein fann; einen 3:^abel jieljt ber SBitte erft anf fic^, wenn er tro^ beö yernommencn inneren 9)(i|fa(Ieng int Streite ucrijarrt. Um biefeö 9}(i^faIIeng inne jn werben, nin^ baöfelbe wie jebeö äftt;etif(^e Urteil nnbefaiiöen ju ftanbe foinmcn, barf alfo nor allem ni(^t baö Urteil einer 33egierbe fein, benn fonft würbe bem (StreitfücE)tiöen aller; bingö ber (Streit öcfflUcn; ber ^^eige, Süeqneme lüürbe iljn alä etwas Saftiger t)ernrteilen. äöeiter mnfe ber ©ebanfe an eine wiffenfc^aftlid)e ^ontrouerfe ober an einen ^^ro^e^ uor ©ericJ^t ferngeljalten werben, benn bieä foll fein ©treit ber 2Billen fein, fonbern eine ganj nnparteiifd^e ©rörterung ber (Sac^e, wobei f($on im noraus ber ©rwägnng uon ©rünben ober bem Urteil beö Sfiic^ters bie ©ntfd^eibimg überlaffen wirb; mifi^t fi^ jeboc^ fjierbei ^arteilid^feit, 9ied^tl)aberei , alfo ein Sßille ein, fo erljebt fic^ anc^ fofort ha§> üerwerfenbe Urteil über einen fold^en Streit.
182. ©teilt man fid^ nun auf ben Stanbpunft eineö begierbelofen 3lnf(^auenä jweicr 2Billen, bie im ^iiftöube ber (gootution 'iiä) an einanber abarbeiten, uon benen ber eine, um ju erreichen, worauf er gerietet ift, ben anberen gan§ auä bem ^elbe fc^lagen muf?, fo ftettt fic^ unoermeiblid^ ein abfoluteö 9}ii^fallen am ©treite ein. S^iefeö uerfc^winbet aud^ nic^t, wenn ber eine Sßille ben anberen nieberfi^lägt unb fic^ in ben 33efi| ber ftreitigen Sad^e fe|t, benn bamit uerfi^winbet noc^ nid^t ber ©treit ber SBillen, 'i)a ber Sßille beä Unterbrücften noc^ ünmer im ©tillen fortfaliren wirb, bem Unterbrü(iten p wiberftreben. 93erftummen wirb ba§ 9)ii^fallen erft, wenn ber ©treit atä folc^er aud^ im Sleime beigelegt ift, alfo wenn entweber beibe äßiHen, ober einer freiwillig uom ©treite jurücftreten, ober fid^ über ben ©cbraud^ bej. ^^efit^ ber ftreitigen ©ad^e uereinbaren. hierbei überläfst ber eine SBille bem anberen entweber ganj ober unter gewiffcn Sebingungen unb 33ef^rän!ungen. biefeö Überlaffen bebeutet, ba| man bem eigenen 2Billen eine ©renje fe^t, um baä Sßotten ber anberen ^erfon in biefer iöe^iel^ung freigulaffen, bamit fein ©treit fei. ^ier erwirbt bie ^^^erfon, loeld^er überlaffen ift, ein 9Ud^t, über baä ftrittige Dbjeft nad^ äßiUfür, foweit eö il)r überlaffen ift, ju biSponieren.
183. äöie bie Überlaffnng gefd^icljt, bernljt auf ber befonberen, üon ben betreffenben ^erfonen feft^ufelenben SLsereinbarung. Überfd^reitet eine ber beiben bie in ber ^Vereinbarung gezogenen ©renken, fo erljebt fie allein ©treit, inbem fie in bie 9ied^tsfpl)äre ber anberen eingreift. S)er ^wan^
rtlüflcl, SDic Probleme ber *45tjilofopl;ic, 16
242 3i>ec bet SBergeltung.
fonn ^lernai^ nic^t aU ^oxxclat beö dteä)U auöefcljen werben; ein Siecht pm Bi^'t^iiöc crfovbert nii^t lücnißer, alö iebeö anberc pofitiuc ^cdit, eine i'Uicroinfimft. 9Iu(^ üon anöcborcnen ober 9Jaturve($ten ober von unt)er= äujserlid^en 9ic($ten !ann f)ier feine 9tebe fein. Xoä) wirb ba§, raaä man burc^ bie Siaturrec^te fc^ü^en wollte, mic^ in jenem 6inne oeiiittt)rt. ®ag uollfommcnfte dleä)i ift barimc^ baöjeniöe, weldjcö md)t aHein allen ©treit, fonbern and) jebcn i^eim eineö Üinftiöcn mösilic^en Streiteö nnterbrücft nnb für jeben alfo bie ßrljaltnng bes ^riebcuö niößüc^ft leicht mac^t. 33ei (S-rrid^tunö non Siechten finb bcmnad^ bie 9Jatnrüerf)(iItniffe ber SBiHen jn bea^ten, nm ^n evfcinien, non melier Seite allein ober am leirfjteften ber ©treit uermteben werben !ann. ©o wirb 5. S. ein fonft formell red)tlid) jn ftanbc gefommcner S^^ertrao, in wel(^em jemanb bie 3)iöpofition über feinen Seib ober über etwas ^nm Seben nnbebingt S^otwcnbiges einer anberen ^^^erfon überläf3t, immer ben Sleim beö ©trciteö in fid^ traßen, inbem jener mä)t nml)in föimcu wirb, üä) wenioftenö innerlich bagegen gn ftränben. §ier "war e§, wo awä) ©rotinS fein ^^^rin5ip lU'rlie^ nnb oewiffe 9^atnr= rechte nnb ben B'^ß^Ö 0I0 integricrenben 33eftanbteil gewiffer '^tä)k nid^t ßlanbte entbel^ren jn !önnen.
184. ^^ei ber ^bee beö 9ied^tö war nom abfic^tölofen 3itf(^i»'»en= treffen zweier 3ßillen bie 9vebe; SBoljlwollen ober Übelwollen war ang= gefc^loffcn. f5Ügt nnn aber eine ^erfon abfidjtlic^ einer anberen bnrd^ if)re 5r^at 9Bo{)l ober 3Belje jn nnb bleibt eö babei, fo ift bieö wicbcrnm ein miBfallenbcö ^serljciltniö , benn nnn ergo Itenc Xljaten, Si'oIjU ober äl'eljetljaten mifsfallen. 3)aS 9Jiif5fallen ucrftnmmt erft, wenn ein entfprecl)cnbeö Onantnm non $lBo!l)l ober äße!)e anf ben ^Ijäter ^nrücfgeßanoen ift.*)
185. Dfine B'^^cifel ift biefe ,obce ber ^sergeltnng bej. ber 33ifltöfeit mit am früljcften nntcr ben ^^ö^fern erwad)t. ©ie bietet Ijanptfädjlid) ben ©toff jnr alten ^^ragöbie. -l^on ben ^^ijtljagoreern beridjtet ^(riftoteleö bie Siegel: 3*^bem muffe wibcrfaljren, waö er felbft getljan Ijabe. ^a, cö fi^cint, alö Ijätten bie '■^ijtljagorccr biefe iljre 'J(nfid)t uom avtiTreTrov^'og biö jnm bnc^ftäblidjen jus talionis gcfteigert. 3(nc^ ©ofrateö fprid)t bei ^^lato: baä größte ber Übel ift Unredjt ju tl)un, ol)ne bafür ju bilden.**)
*) über einige 2lugftettungen 2 a n b m a n n § in bicfcr S8e3icl^ung fiel)e üon bcmf elbcn : bie Hauptfragen ber Gtljif, Scipäig 1^74, baju bie 3^cj. in 3t. f. er. 'H^i}. XI. 240 ff.
**) 25iefer 2luäf^)ruc^ l^at freiließ me^r einen päbagogifc^en ©inn, inbem bie Strafe alä Heilmittel üom Unred^ttfjun angefe^en tüirb.
Qbce ber aUergeltung. 243
^n ber die^d crfd^eint btc S^ee ber 33itt{ofcit alö ein 2::eil ber ©erec^tiöfeit, foiuic eg ja tjiftorifc^ tnetft in einer §anb lag, Stecht ju [tiftcn, 511 fdjlic^tcn, 5U befd^ü^ten unb baä oerle^te §n beftrafen. ©0 wirb namentlich bei bcn Stoifcrn baä suum ciiique tribuere anc^ anf bie ä.scröeltunö besooen. Unb atterbingö lä^t fic^ dkä)t nnb ^l^eroeltung Icii^t nntev biefeni 9lnöbrncf ^nfanintcnfaffen. ^ebein baö Seine geben, baö Ijei^t in einer oefe^li($ georbneten ©efettfc^aft, jcbeni ha^ jngefteljen, Qthm nnb (eiften, woranf er ein dhä)t l)at; eö tjei^t aber ani^: jebem Qch^w, raaö iljni nac^ feinen Xljaten ßcbiUjrt, So!)n ober «Strafe. ®0($ finben fid^ bei ben fpäteren Stoüern manche Spnren, lüo fie beibeö anöeinanber §n Iialten nnb baö TtpiTtov uon beni Sinaiov ju nnterfc^eiben fnc^en.
186. ®ie 3iifa""i^ß»foffii"Ö "O" ^^(^t "^^^ Silliofeit blieb anc^ in ber neueren 9^aturred^tölef)re beftel}en. ®ie 33ergc(tuno galt für einen S^eil ber ©erei^tigfeit, als justitia distributiva. äßarb einmal ber ^mana, aU Slorrelat beö 9tec^tö angefef)en, fo mar ja bie Strafe leidet nntcr ben @efid^tö= pnnft beä B^öiiß^ W bringen, ^obbes ift iüo!)l ber erfte, welcher beibeö, D^lei^t imb 33ergeltnng, getrennt lüiffen miß. §erbart trennt 9^ed^t unb SSergeltung barum, meil beibe Sbeen anf gang t)erf(^iebenen 3Bil(en§= rerpltniffen beruljen. '^mn' liegt baö unabfi($t(i($e 3iif(^i"i»ß'^treffen jmeier SBillen (Streit) gu ©runbe, biefer eine abfic^tlic^e Störung beö einen SSiüen burd^ einen anberen, fei eö int guten ober im böfen Sinne.
187. ®ie 3Sergeltung ^ai bei ber 3Bof)ltt)at feine Schwierigkeit, (;ier ift eö junäd^ft Sad^e beö ©mpfängerö, §u oergelten. ©aöfelbe non ber 3Be^etf)at ju fagen, f;inbert bie ©rwägung, ha'^ ber 53eleibigte in feinem Slffefte fd^roerlid^ im ftanbe ift, baö gebüf)renbe SDJa^ jurücfsugeben. S)ieä ift in georbneten l^erl)ältniffen Sad^e eineö Unpartciifd^en. Safe eine Strafe ben Übeltljäter treffen fotte, ift ha§> allgemeine Urteil. S)er ©runb beöfelben ift oljue S^ußiM "^ '^'^»i abfolut mif3fälligcn 3Serfjältniffe einer unüergoltenen ^Ijat ju fudöen. 2lber über ben ^wcd ber Strafe finb meljrfad^ von einanber abiueid^enbe ^n^eorien aufgeftettt worben, bie fid^ in abfolute unb relatine teilen, gür erftere ift ber ^wcd ber Strafe lebiglid^ ber, ber ^sergeltung ©enüge p tfjun, fo 5. 53. bei i^ant unb ^egel Sie relatioen Strafttjeorien forbern gur Strafe nod; ein 9)^0 tit), fo bie Stbfc^recfnugö:, 33efferungö=, 2Bi^igungötl)eorie. ®er ^^^eljler biefer !J;(jeorien ift, bafe jebe allein genommen baö redete 9)?afe ber Strafe ni(^t finben !ann. 3laä) .^terbartö ©tl)if liegt eö nafje, fid^ ben abfoluten Straftl)eorien anjufi^liefeen. ^erbart felbft jeboi^ verlangt um ber ^bee beö 2ßof)ltüoIlenö willen nod^ ein 9)fotiü jur Strafe, weld^eö in ber 2lb=
16*
244 Slbfolut^eit ber Qbcen.
fc|vc(funö imb 33efferunö kftef)cn möge, fo iebo($, ba^ bie ^bee ber ^er^: öc(tunö baö 9Jia^ ber ©träfe kftimmc.*)
188. Gö leuchtet ein, ba^ man es nac^ ben fittlic^en ^bcen mit abfolutcu (Sjeflcnfä^en §u ttjuu Ijnt. S)ie 3^ee ber inneren ^reifjeit [teilt einanbcr öeöeniibcr: Harmonie unb 2)iSt)armonie jiuifc^en (Einfielt unb älUilen ober llberäengunnötrene unb ^anbeln wibcr deffere Übcräeugunö ; bie ^bee beö 9Bot)(iuoI[enö : reine uneiöennü^ige :^iebe nnb ^a^, S:^ücfe, SBoöIjeit, 9]eib; bie ^bee beöDied^tö: Gintrai^t nnb ^i^^ictrac^t, 2^reue unb Untreue, Sorttjalten unb äi.^ortbre($en; bie 3bee ber 33ifliöfeit : San! unb Unban! u. f. in. S)a^ Ijier ©egenfä^e obiualten, unb juiar uon ber 3lrt, baf? fein ©lieb berfelben auf baö anbere burc^ ©teigeruno ober 5ßer= minberuuö jurürföefüljrt merben fann, alfo abfohlte ©egenfä^e, !ann !ein Unbefauöencr uerfennen. @[ei($iuot)( (;at e§ üon alteröljer nii^t an folc^en öefetjlt, meiere Öutcö unb ä3öfeö nur als etiuaS relatio äserfc^iebenes, als etiuas 9i^anbe(bareS betrai^teu, bas fid^ naä) Drt, 3eit, 9lationalität, 33ilbunoSörab unb berßlcidjen richtet, fo ba^ bei einem 3SoI!e ^u einer beftinnnten ^eit gevabe baS für böfe unb ftrafbar gilt, urnS ju anberer 3eit ober einem anberen ^l^olfe als lobenswert erf{^eint. ^ei berartigen fnlturljiftorifc^en 33etrac^tungen fjat man inbes nicf)t foiuotjl baS unmittelbar (Sittliche im 2luge, als uiclmeljr baS, was mir {Ta. 197) für mittelbare 3::ugenben anfetjen, wie 5. 33. ^Jcä^igfcit, (^leijj u. f. m. ober fel;r ueriuicfelte fittlid^e 35erl)ältniffe, mie ^inber^nd^t, «Stellung beS SöeibeS, ©taatS:= cinric^tungen unb bergleic^en, ober was ä>olfSfitte, religiöfe Überlieferung unb pofitine ©efe^gebung georbnet Ijaben. ®a^ in biefen 33e5iel)ungen mel manbelbar ift, nieles ber 2öill!ür, ber fortfc^reitenben ©efittung unb anberen CSinflüffen unterworfen ift, liegt uor 3tugen unb ift burc^aus nic^t anbers gu erwarten. ^reili(^ ift babei nid)t ju überfeinen, 'oa^ es auc^ mittelbare fitflic^e SL^erljältniffe gibt (wie etwa bie 9)ionogamie), welche burd) iljven (Sinflufs auf U)al)re ©ittlic^feit in praxi bie S3ebeutung uon unmittelbaren fittlidjen ^i'erljältniffen erlangen, '^n uerwicfelten J-ällen fann nun allcrbings über baS, waS red)t unb unrcdjt ift, gcftritten werben, unb jwar non beiben ftreitenbcn ^^'arteicn im guten ©lauben; eS fann aber auc^ geftritten werben bei ©egcnftäuben, bereu (Suibenj im all; gemeinen nienmnb bezweifelt. (£-S fann aud^ über bie 3iicl)tigfeit eines
*) 2)a§ Dtäl^ere barüber f. bei gienei'ia"": ^»0^ ©trafrcd^t t>om ©tanbjjunfte ber ehalten '^ijilo'iopt^k, 3t. f. ej. ^i). VI. 337. Qu ben beiben regten ^been übcr^auj3t bgl. Xl^ito: t^eologificveube 3Jeci[jtä= unb Staatölel^re, £ei^5jiij 1861, unb in 3t. f. Ci-. ^t). XV. 342.
2lbforutt;ett bcr 3bcen. 245
0eomctnf($en iCct^rfa^cö Streit fein, uäniüd^ fo laußc man bie ^eljauptnng beöfelben nic^t burd^ einen ftrengen .53eiueiö auf biejenißen einfachen ©ä^c Surücföcfüfjvt Ijat, beren 9{i($tio!eit fid^ mit siocifeüofer CS'uiben^ ergibt, äßenn 5. ^. bie @leid)f)eit jineier ^Irtd^en beljauptet unrb, fo fann mau t)ie(Iei(^t of)ne loeitere Überlegung nic^t bie einfachen 3::ei(e ber einen er= fennen, welche mit hin entfprec^enben ber anberen in uotter Übercinftimmung fid^ befinben. ©0 fann auc^ baö, was ber fittlic^en Beurteilung untere liegt, ein ^iM^^uii^^^Öcf^^^t^ö fein; eö !ann üevfc^iebene (Elemente in fid; enthalten, benen mir jum 2:^eil Beifait fpenben, bie mir §uni ^eil ober au(^ tabeln muffen. Söei einer mo()lmoUenben ^anblung 5. B. luirb bie ItebeüoKe ©efinnung, auö meic^er fie t)erüorgegangen ift, unferen 23eifaU auf fid) jieljen; bem älHtlten feljlt aber bie redete Stärfe, unb eö mißfällt megen feiner Sc^nmc^e; in bem §anbe(n, 5U metc^em jene moljtmoltenbe ©efinuung fübrt, finb bie 9ted)te auberer ni(^t l)inrei($enb geachtet, unb bie 9?ed)töüevle^ungen, meldte e§ in fid) fd^(ief5t, muffen mir tabeln. ^ier erregt eine unb biefelbe c^anblung uerfdiiebeue, \a entgegengefe^te Urteile, bie ftc^ uic^t gegcneinanber auftjebcn, mie pofitiue unb negatiue Bß^^^iV fonbern in uolier ©ültigfeit nebeneinanber befteljen bleiben, bie alfo gegen= einanber abgewogen werben muffen. Sie 2(bwögung wirb aber baburd^ erfd^wert, ba^ bie uerfc^iebenen 2(rten beä Sobeä unb 3^abe(§ uid)t allein quantitatiü, fonbern aud^ qualitatiu uon einanber uerfi^ieben finb; ba| fie nic^t alle gugleii^, fonbern nur nad^einanber im 33ewuf3tfcin feftgefjalten werben fönnen; ba^ bie 2tufmerffam!eit bei bem einen mefjr auf biefes, bei bem anberen mel)r auf jenes 9J?oment gerichtet ift. @s ift batjer fein 2Bunber, ba^ in oerwideften fällen biejenige ^serfd)iebenl)eit ber 9)?einungen fid^ f)erauöftel(en fann, ber wir im täglichen 2dm\ fo f)äufig begegnen. Sa^u fommt no(^, ba^ bie edtite moralifd^e äBürbigung gar oft mit äöert= fd^ä^ungen anberer 3(rt üerwed^fcit unb infolgcbeffen verunreinigt wirb; baf3 falfd^e 3:tjeorien fie trüben fönnen; bafe 5isorurtei(e, felbftifd^e :3nter= effen, ^^sarteiriidfi^ten, ©ewotjufjeit unb mand^es anbere bie richtige 2tuf= faffuug fälf(^eu; ba^ nur bei ruljigem ©cmiite bie fanftmaljuenbe Stimme beä abfohlten 33eifa(Iö ober Labels oerneljuibar ift, baf3 wir alfo im Sturm ber Seibenfc^aften unb Slffefte, wenn Kummer, Slngft unb Sorge unä bebrängen, fie übcrtjören. -Diag inbeö infolge aller biefer Umftänbe nod^ foüiel über bas geftrittcn werben, waQ gut unb böfe ift, ja nmg ftd^ faft in feiner 33e5iel)ung eine folc^e 3>erfd^iebenl)eit ber a}kinungcn Ijerauöftellen, als gerabe in biefer: bie uollfommene Sid^erljeit ber ©runblagen, ouf wel(^e unfere moralifd^en 2tnfi^ten fid^ grünben, wirb baburd) nid^t er=
246 Slbfolut^eit ber ^been.
f($üttert.*) GbenfoiMenig werben rair fageii, baf? ber abfohlte ©egenfa^ uon Harmonie unb !4)iöl)arinonie in ber 9Jhifif aufgeljobcn ober sweifeliiaft gemad^t loürbe, wenn ber bei loeiteni oröf3ere ^eil ber 9}Jcnf(^Ijeit üoII= ftänbto unenipfnnol{($ für ha§i äßofjIocfäUige unferer SJhifi! imb beren Siffonanjen untre, ^eögleii^cn wirb man nienmiö bie eöibentcn Iogif(^en unb matf)eniatif($en 3Ba()rl)citen üerlaffen unb beren ©egenteilc für baä aiic^tige (jaltcn, ober meinen, baf? ^unfc^en rid^tig unb falfi^ in ber 9)iati)ematif ein nur relatioer ©eßenfa^ beftelje. (Sbenfowcnio wirb bie a)cenfc^{)eit jenuriö bal)in fortf($reiten, ober oiehneljr fo tief finfcn, bafs baä .^anbeln wiber beffere Über^enöuno, 6tjara!terf(^uiäd)e, 33oöI)eit, (^a(fc^()eit, Xüde, 3iöictrac^t, Unre^t, Untreue, a)ieineib, Unbanf alö ha^ fittlid^ ©Ute gelobt unb beren Gegenteilen in ber ^Beurteilung uorgejogen werben foHten.
a}ian Ijat fic^ l)ier üor ber SJteiiunig §u I;üten, alö wären bie Urteile über gut unb böfe ober bie ^jbeen angeboren in bem ©inne, baf5 fie fid^ ganj uon felbft unb abgefcljen uon bem Bufammeiiljange mit ber fonftigen geiftigen 33ilbung geltenb mai^ten. Tiaö) ber ^sfyd^ologie, beren ©runbsüge wir im obigen ganj furj anbeuteten, ift fein Öebanfe, noi^ irgenb eine ©ebanfenuerbinbung ber Seele angeboren, äßaö ben ^.IJenfi^en angeboren ift, !ann nur in gewiffen, burd^ ben ßeib bcbingten T^iöpofitionen befteljen, oermöge beren gewiffe Steigungen, ^^äljigfeiten , ^ertigfeiten in bem einen ^nbiuibuum fo ober anberS, leichter ober fc^werer, uollfonunener ober iiu= üollfommener entftelien. 2(ber pofitioe, fertige ©cbanfcn, Grfenntniffe, ^been u. f. w. fönnen fic^ im einzelnen 9)(enfrf)en wie in 23ölfern nur im Söege fel)r allmäljlid^er (Sntwirfelung bilben. ^aö gilt für baö "^^Maftifd^e wie für haä 3:'l)eoretifd^e. ®ie natürliche anfäng(icl)c Sluffaffung ber äußeren 3Sclt bewegt fic^ befanntlic^ in wiberfpre($enben Gegriffen, bereu wir oben bei ben ^^sroblemen ber tljeoretifi^en ^Vljilofopljie gebac^t Ijaben ; bie le^tere fd^reitet barum weniger uon äöaljvljeit 5U äöaljrljcit alö uielmet;r meift uon bem S^'i-'lii^i W ^^al;vl)eit fort.
(StwaS ätjulic^eS gilt oon bem fittli(^en Urteil ober ben aufgeftellten ^been. ^ic erften 3Bertf(^ä^ungen beö ^^orsicljenö, ©cfallenö ober älii^- fallend beruf)en auf bem leiblid^ bcbingten Unterfc^ieb beö 3Ingcncl)inen unb Unangcncljmcn unb begrünben bie 9JJa;i:imen, baö 3ingencl;me ju fud^en unb baö Unangcnct;me gu meiben. Siißl'-'ic^ '^^'^^" "^^^ "^^^ '^^'f^'-'^^ 9tegungcn,
*) SBat lauft: ba§ religio je Sebürfniö; im 3a(;rbii(^ be§ 3Jerein§ für iinf[en= j^aUlii^e ^:päbagoöif, r;evauägeöebeit Uon 3il[er, Seipjig 1872 IV. ©. 11, uiib D, glügel: ba« ^ic^ uub bie fittUd^cn Sibeen im 2eben ber $ßölfer, 1885. ©. 224.
2lbforut^eit ber S[been. 247
©rfafiruuocn beC' n^ift^O^t^ Sebeiiö ma^en fi($ awä) Hemmungen unb g-örbcruHöcn unb bamit ^Berablc^cuunoen uub '-öcöierben gcltenb, lueldje i^rc '^cfncbiöuuo fliegen, unb alfo bemjenißcn einen äöert erteilen, roaö öeeiöuet ift, bie 33eoierbc ju befviebiöcn.
^icrauö Ia[fen fic^ juui övüf3ten 5^eil bte ^onblunoen unb SBerturteile beö a)cenfd^en auf ben erften ©tufen ber ©ntiüicfelung erflären, feine Se= nuiljungen gcljen ^uni gröf^ten Xljeil barauf a\\§>, baö 3tuoene(jnic unb Suftbringenbe im obigen ©inne §u fud^en, laben iljren ©runb im ©goismus.
©ä ift nun bte ^rage: fann*auö biefem triebe nai^ &iM unb 3So!)l= fein auc^ baö ©ittlii^e crüärt werben? 3ft baäfelbe nur eine -l^erfeinerung beö ©goiänuis ober beä mofjluerftanbenen S^tereffeg? S)aä ift befanntüc^ bie 33el)auptung aller ©ubämoniften von 3triftipp unb Gpicur an biä in unfere ^Xage (9h-. 174).*) Unb allcrbingö läf3t fi($ au^ mit einiger Sopbiftif unb mit einer Umbeutung ber für bie fittlid^e ^Beurteilung iibli(^en äBörter bartljun, bafe baö ©ute auc^ jugleid^ baä 9iü^li(^e unb 3Jngenet)me ift, inbem äm\ alles, luaS gelobt, gebilligt, geuniufc^t, be= üorjugt toirb, mit bem allgemeinen 9]amen ßuft ober äfjulic^ bcjeic^net luirb, unb nmn feinen Untcrfd^ieb mad^t junfc^en ben oerfc^iebenen Strien beä ^ßorjieljenö , ob ettoaö uorgejogen wirb, raeil eö angeneljm ober luft= bringenb ift ober an unb für fi($ gefällt. 9)tan fann fagen: anä) ber 9Jiärti;rer, melc^er für feine Überzeugung baä ©raufamfte erleibet, Ijat größere Suft baran, feiner Überzeugung treujubleiben, als bie Dualen mit Verleugnung feiner Überzeugvutg ju ocrmeiben, ober eä raürbe il)m üiel f(^roerer unb unangeneljmer fein, feine Überzeugung ju oerleugneu, als bie ©raufamfeiten ju bulben. Unb fo fann man bei feber fittli(|en, aber auc^ unfittli($en %^at fagen: märe eö bem a)tenf($en nic^t baö 3tugenel)mfte, füljlte er \i6) nid^t babei am moljlften, würbe er ^hen ha^» fogenannte ©ute ober ^ijfe nid^t tljun. ^anu beftel)t überljaupt !ein Unterfd^ieb met^r Zmif^cn gut unb böfe, !aum uoc^ zmifd^en !luger unb unfluger 33ere(^nung ber Suft, benn ber 2)ienfd^ wirb inuner tl)un, maö if)m im 2(ugenblid beä ^anbelnä am meiften Suft bringt. 3tber jeber mu^ t^ier erfennen, ba^ bie 2Börter: fittlic^e SBertfd^ä^ung, angeneljm, luftbringenb alö oöllig gleic^= bebeutenb genommen werben. (Sä ift aber ein großer Unterfd^icb jwifc^en biefen SBerturteilen. Sßir erwätjnten oben bie beiben 3trten: baä 2tu= genel)me unb baä Suftbriugenbe, weli^eö le^tere lebiglicl; barauf berut)t, ba^ eine Sefriebigung einer augenblicllic^ auffteigcnben ^egierbe eintritt.
*) igier^er gef;ört auc^ bie (St^i! üon Sßunbt, bfli. baju 3t. f. ex;. ^^. XV 196—224.
248 2lbfoIutl^eit ber ^ian.
2)aäu !oinmt nun noc^ eine britte SBcrtfc^ä^uno , nänilii^ baö 3Sor; ikijm na^ äft|ctifc^cu ^iücffiditcu, weld^c \iä) hoä) anö) fefjr ftüt) bei allen ^sölfern, uienn fc^on in fet)r uerfd)iebeneni ^Jfa^e, geltcnb nmrfien. (£'ä gibt eine gan^e 'ühv^alji uon ^anblnngen, lueldie fid) nii^t anö ben 9iü(f= fiepten beö 9hi^enä erflären (äffen. 3(nö biefem, etiua auö beni ©etbft= gefüljl, beul (Sfirgefül;! nnb bergleii^en, folgt iüo(;I bie 2In(eönng oon S3nrgen, <S(ä)a^f)änfern, baö ^^ragen siuedniäfeiger ober glänjenber Ä(eibnng II. f. «)., aber \6)on baä regelmäßige ©cflei^t einer Wlaik ift anö blofjen DKi^lid^feitögrünben nic^t ju crüären. 'Ü)la\\ benfe an baö Synnnetrifc^e im Sau ber glitten, im ^ftanjen ber 23äume, in ber Stnlage von Seelen, in ben S^er^ierungen beö Seibeö nnb ber ©eräte, an bie garbenljarmonie, an t)armonif(^ nnb melobifc^ fomponierte ßieber n. f. to., waö man aßeö gum S^eil in reichem 5IRaße bei ben fogenannten S^aturuölfern finbet,*) bieö alleö ift entftanben of)ne S^lüdfic^t anf unmittelbaren Taigen unb trägt §ur görberung beö Sebenö nid^tö bei. Slatürlic^ tann man anä) Ijier fagen: eö trögt jur ert)öl)nng, §nm ©enuf? beö Sebenö bei, eö ift cbtn bem 9)]enfc^en weit angenetimer, eö crljötjt feine ^uft, auf regelred^t an-- gelegte Seete ju fd)auen, baö ©egentei( beleibigt i^n gemiffermaßen. 3tber Ijier finbet uiieber bie ^ermengung ber nerfc^iebenen äßertfdiä^ungen ftatt. Diatürlic^ füljrt jebeö 2öoI)(gef ättige , mag eö in ber ainneljmlic^fcit einer (Speife, ober in einem ©elbgeiuinn, ober in einem äft()etif(^en ©enuß, ober im 2tnblic! einer fittlic^en <oanblung befte(;en, ein äßoljlgefüljl mit fid^. ©iefeö nennen mir cimx baö SBerturteit ganj im allgemeinen. Stber eö ift bod^ ein großer Unterfc^ieb pifd^cn bem 3Ingenel;men beö @efd)macfeö, beö @eru(^eö u. f. w. unb pifd^en ber Sefriebigung einer in mir auf= fteigenben :^uft unb jmifc^en bem rein objeftiuen 2öol)lgefalIen an äftljetifc^ fc^önen formen. Sei ben le|tcn ift baö Subjeft alö ^nbiuibnnm gar nii^t beteiligt, ©in ganj unparteiif^cr 3uf(^auer, beffen perfönlidieö ^ßo^l baburd^ nic^t im minbeften geförbert ober uerminbert rairb, iann niclit uml)in, §ier Seifall be§. 9rtif5faüen ju empfinben. 9hm liegt ja aud^ im Gmpfinben beö Seifallö, ja ber bloßen 3uftimntung eine 2trt Sebenö^ ert)öl)ung, £ebenöförbernng, innere Sefreiung u. f. m., roie fd^on ber 9]ame beö 2Bol)lgefälligen anbeutet; aber gerabe an ben äftljetij(^en Urteilen fc^on ber Skturoölfcr l;at man einen Scmeiö, baf3, menn erft bie notroenbigften £ebenöbebürfniffe befriebigt finb, fid) fogleid^ im 9)?enf($engeifte noc^ ein
*) SOgl. ju ber ^rage über ba§ 3lbfoIute in ber motal D. fjtügel: baS ^df) unb bie fittlid^en ^been im 2eben ber «ötfcr, 1885. S. 231 ff. u. 157 ff. u. 3t. f. es. ^1^. XII. 78—117 über: ©d^öffle: $8au unb Seben be? fojialen Äör^jerg.
aibfolut^eit bcr ^becn. 249
oeiuiffcö 0")cfüf)[ für 2öo()löefäflioeö geltenb mai^t, melc^eö s^cfäflt of)ne jebe 9tücffic^t auf bell 9hi^en im rteiuöljulic^cu ©inue. 5ßon biefen äftl)etif(^eu Urteilen unb ^aublunöcn tann man nic^t faßeii, ber 9)Jcnfcö roar baju genötiöt, lucil bie ^erjienmöcu ben ©eräten größere ^altbarfeit ober 33rau(^6arfeit ßaben, fonbern nieii fie eben fo öefc^niücft inel^r gefielen, barum luurben fie I)eroeftcl(t. S)er 9Jcenfd^ erfjebt fi^ cbm in einzelnen Stücfen uerljältniötnä^ig friU; ouf hk Stufe, au(| rein objeftit) im äftf)etifc^en (Sinne ju urteilen.
Unb mie eö nun unmöglich ift, bie äftljetifc^cn Urteile unb ^anblungcn allein aus bem Sinken im geiuöljnlic^en Sinne abzuleiten, als ah ®iffo= nanjen bie Dl)ren unb ^ä^lic^feit ber ^orm bie 31ugen fran! mad^ten, fo oerlangt aud^ bas ßtljifclie, angcfel)en p werben als berull)enb auf Urteilen über geraiffe äBillenSoerljältniffe. SaS Jiiob ober ber 2:abel, welcher fi(^ bei ber 3)arbietung fol^er 58erpltniffe erljebt, ift nic^t ^olge einer Segeljrung, eines boS Sßol)l bes Urteilenben betreff enben 93tögenS ober 9ii($t:9)iögens, fonbern ein oöEig objeftioes Urteil, roie eS in bem gang Unparteiifc^en gu ftanbe fommt. Sßeil nun biefe 2lrt ber Un= parteili($feit, biefer üöEig objcftiue Stanbpunft für bie Beurteilung fo langfam unb fo ungleich uon ben ^^ölf'ern unb uon ben ^nbiuibuen eriüorben wirb, bafjer rüljrt bie grofse Sßerfc^iebenljeit ber ^Beurteilung ber fittlic^en ä>erpltniffe. äBenn man uon einer Öef(^i(^te ber fitt= Ii(^en Urteile fpridit, fo l)at ntan bamit bie ©efc^ic^te ber ä)ienfc^l)eit unb beS einzelnen 9)lenf(^eu im 31uge, roie nämlic^ ber ©eift allmäl)li(j^ unb mit oielen Unterbred^ungen unb 2lbirrungen bie Stufe ber unbefangenen, unparteiif($en ^Beurteilung erfteigt. ^ft biefe erreicht, bann f(^iüan!en bie Urteile auc^ nic^t mel)r, eS fd^ioanft bas Urteil nur in ber 2(niuenbung auf bie im Seben geroöl)nli($ feljr oerroidelten ^älle.
9}üt ben aufgeftettten fünf ^been ift bie dkitje ber urfprünglic^en ^been gef^loffen, meil bie möglichen JÖillensuerljältniffe jiuifd^en jmei ^erfonen erfc^öpft finb.*) ga^t nmn eine größere ^tnjaljl uon ''^'erfonen unb bereu möglid^e SBillenSxieiijältniffe ju einanber ins Sluge, fo iüicber= ()olen fid^ jene ^been, uur mit bem Unterfi^iebe, ha^ fie nic^t me^r blo^ auf einzelne ^^erfonen, fonbern auf Oiefellfd^aftSgruppen belogen luerben. 33ei ber ©arftcllung ber gefellf^aftli(^en ober abgeleiteten ^been merbeu am natürli duften biejenigen uorangeftellt, roeld^e es mit bem ju tljun Ijahm, raaS m(^t im inneren beS einzelnen eingefd^loffen bleibt, fonbern l^erauS:: tritt uub als %i)at in bie 2(ugcn fäUt, ober mit all ben gefeClfc^aftlidl)en 3Seri)ältniffen, iüel(^e bie ^becn ber 33iUig!eit unb beS -iHed^ts berül)ren.
*) @. /Qer&art II. 251.
250 SRec^tgf^ftem.
SSott btefen Eieibcn ^bcen ift ea nneberum natürlicher, mit ber be§ dUä)t§> ju licöinuen, weil fie felbft S^ljaten unb ä.krt)ältnif)c betrifft, meldte am einem nnabfic^tlid^en 3iii'^i''i"entreffen ber SBiüen Ijeruorßeljen.
^U aHekxteUn ober öefellTc?ttfifir?ett §becn.
189. 9tccljtigfi)ftem. ^l^oranöoefe^t mirb Ijier eine a}Jel)rl)eit von 9)?enfd)cn nnf einem ^oben, ber mancherlei bietet, anf lueld^eö bie äßiHen fid^ rid;ten fönnen nnb mobnrd; einer ben anberen Ijinbert, wenn jeber naä) feiner Ski^nng bariiber uerfüöen will. 2ln^er ^rage bleibt Ijier noc^, wie in SBirflic^feit dUä)t unb Sefi^ entfielet, benn mir liaben e§ je^t §u tljun mit einer Sbee, einem 9}hifterbeoriff, wie 9^ecE)t unb ^efi^ bef (Raffen fein bej. entftel)en foll. a^orauööefe^t wirb nämlic^ §um anberen, ba^ alle ^erfonen nid)t allein im ooUen 2)ta^e ben ©treit mipiUigen, fonbern aud^ befeelt finb uon bem outen äßitlen, überall bem ©treite üotsub engen unb ben etwa entftanbenen jn fc^ lichten.
3u ben i^orbenöungö: ober ^^sräoentiuma^regeln gepren befonbetö baö ©iöentumäred^t , Dccupationärec^t unb baö Slnrei^t auf perfönlid^e greilieit. C^ine ©ac^e Ijat ber §um (Sigentum, raeldicm fie uon allen anberen, aud^ ben fpäter ^ur^ ©ef^llfc^aft ^injutretenben ju aUfeitigem ©ebrauc^e überlaffen ift, bamit fein Streit fei. Occupationärec^t Ijei^t bie Übereinfunft, meldte im üoraus feftfe^t, wie man cö mit nod^ auf; §ufinbenben, überljaupt Ijerrenlofen ©ütern Ijalten motte, ^amit bem (Streite uorgebeuöt werbe, wirb enblid^ nötig, oegenfeitiö feftjufe^en, ba^ niemanb über bie ^^erfon beä anberen nac^ eigenem ©utbünfen nerfügen fotte.
föleid^iuoljl fann Streit entftcljen, nic^t aUein burdfi böfen ^^itten, fonbern audl) burd^ B^eifel, 5. ^. infolge nic^t ganj genauer Sluäbrüde, rote weit überlaffen war unb wie weit nid)t. gür ben ^yatt eines Streites wirb barum im norauö feftjufc^en fein, ein jeber l)abe fidl) bem Sluöfpruc^e eines britten Unparteiifi^en (Siic^ters) §u fügen, 'äwä) ben gatt, baf3 ein böfer äBitte Streit erljebt unb fid^ ber Stutorität nid^t fügen wiU, wirb man uorausfeljen muffen unb alfo uon oornt)erein baljin übereinfommen, ba^, wer bem Stusfpruc^ bes 3ü^ters niä^t geljor^t, jum föel)orfam gezwungen werben fann. (Ss ift aber l)ierbet woljl ju bemerfen, ba^ baS 3^'^a"Öö»;ed)t nic^t baraus abgeleitet wirb, ba^ bem (Sinjelnen ober ber ©efettfi^aft uermöge ber 5öerle^ung eo ipso ein d{cä)t jum 3i^'fl»9ß juftänbe, fonbern es wirb babei DorauSgefefet, jeber innerljatb ber Öefettfd^aft, alfo aud) ber 'i^erletjenbe Ijabe f^on im ooraus feine 3»ltiinmung ba§u gegeben, ba^ in einem fold^en gatte ^mxnQ unb Strafe eintreten fotte.
Solans unb 3JertüaItung§f^[tem. 251
3)em ciöenroiKiö Streit erl^ebenbcn gef($icf)t, menn ^mang, gegen if)tt au§: geübt unrb, mir luaä er felbft auerfaimt l;at aU cttoas, beffen (Eintreten feinen (Streit crljebe. Überljaupt bebarf ha^ 9icd}töfi)fteni aU ©rgän^ung beä (St)ftemö ber a.^ergeltung ober ber 33i((igfeit. Xamit baä ^iec^t nicj^t ein l;arteS fei, lueld^eö bcn Streit im Ä^eime in fi(^ trägt unb jum Streite reijt, niu^ bie 33i(ligfeit bei Stiftung beö Sted^teö geijört werben. So lüeift baö 9ie($täfi)ftem f)in auf ha^ Sotjufi) fteui.
190. £o^nfi)ftcm. 'isorauögefe^t wirb I^ier eine 9Jtef)tl^eit uon 9}?enf(^en, u)eld)e alle befeelt finb uon bem crnften äÖiUen, bie ^bee ber 33illigfeit auf bie angenieffenfte Söeife ju realifieren, inöbefonbere bafür §u forgen, ba^ raoniijgli^ feine äÖoI;ltl;at imb feine äiiet;ett)at otjue ben if)r gebü^renben £o^n be§. Strafe bleibt.
äBofjItljaten, lueldje benx ©anjen §u @ute fonnnen, f)at bie ©efellfd^aft gu vergelten, bei 9Bot;Itijaten, meldje beni einzelnen erraiefen werben, tjat bie ©efeUfc^aft barauf 5U feljen, ba§ wenn irgenb möglid^ oon bem Se= treffenben luieberuergotten werbe, wenigftenö ba^ fein Unbanf ober Un= biüigfeit fid) geltenb mac^e. 2Bef)ett)aten f)at allein bie ©efellfc^aft, als unparteiif(^, alö im SDienfte ber l^bee nic^t bcä ^i^tereffeö fte^enb, 5U üer= gelten, hierbei ift nid^t allein t'Ibelwollcn ober Unrei^t ober Unbilligfeit ferne §u Ijalten, fonbern bei bem Strafen foU pgleid^ neben ber 3^ee bet 3Sergeltung auc^ bie ^bee beö SBoljlwollenS berüdfi($tigt werben. Dh eine Strafe ein dUä)t l)at, ju befteljen, ift ^unäc^ft Sad^e einer- llbet= einfunft ; aui) bie Ijärteften, unbilligften Strafen fönnen in biefer 33e5iel)ung §u dlcä)t befteljen, aber bie 3^een ber 33ergeltung unb beä aBoljlwollenö werben bagegen ©infprud^ tl)un.
191. 23criuoItnng^fi)ftcm. ^^orauögefe^t wirb Ijier eine ©efellfd^aft befeelt oon bem äBillen, baf? bie ©üter beö ßanbeä fo uerwaltet unb bie üorf)anbenen .Gräfte bergeftalt gerichtet werben, ba^ baburt^ für ben einzelnen bie gröfste Summe üon äßoljlfaljrt unb fo guglei^ 'M^i allgemeine ^ikfte erjielt werbe, ^ie 2tufgaben beö ^lserwaltungöfi)ftemä finb alfo uorneljmlic^: möglic^ft allgemeine, fc^nelle unb noUfommene Älenntuiö ber oorljanbenen -Sebürfniffe, Q3ermel)rung ber natürlidien ©üter burd^ 3tcfer = , 93erg- unb gorftbau, ^nbuftrie, .ganbel u. f. w., enblic^ möglic^ft §wccfmäf5ige, woljlwollenbfte ^Ikrwaltung ber ©üter gum heften ber einzelnen. 9latürlid^ fommcn Ijier ber ^bee beä ^soljlwollenö gemä^ immer nur bie einjelnen f^nbiuibuen in 33etrac^t, baö ©emeiniuoljl felbft entljält nur bie größte mögliche Summe beä inbiinbuellen SßoljlfeinS.
^a allgemeinem aßoljlwollen, uerbreitet unter ben ©liebern ber ©e^ fellfc^aft, bie ©runbbebingung beö Seruialtungöfijftemä ift, fo fällt ber
252 ^ulturf^ftem.
3Bcrt bcö Gfjriftcntuinö für jebe @efe(If(^aft in bie 9(uöen. &ähc eö hin 6I;nftcntum, fo würbe man bicfe 33ebinöung noä) weit iiic(;r alä je^t yermtffen. 9Jlonteöquieu, ber %nxä)t, &)x^, Xiuienb bem Seöpotiöniuö, ber 9)Jonavc^{c, ber 9iepub(i! alö bie jebem cigciitümlid^eu '^^sriusipien §iu tl)ei(t , fagt üom ßljriftentuin : Les principes du Christianisme bien graves dans le coeur seroieut infinement plus forts que ce faux lionueur des monarchies, ces vertus humaines des republiques et cette crainte servile des etats despotiques.*)
192. ^ulturfi)ftentc. ©er eiöentümiic^e, auf ber ^bee ber 5ßoII= fommenljeit berul)enbe ©runböcbanfe be§ 5lulturfi;ftems ift: 2(uöbilbung ber Gräfte be§ 2Biffenö uub Slönnens, nur baniit fie Ijeruortreten unb )iä) barftcUcn in if)ren S^öirfungen, §unä(i^ft noc() abgefe^en von allen loeiteren 2Ibfi(^ten beö ©ebraudies für einen ^wzd. Wdt biefcr feiner befonberen ^ikbeutung greift ba§ ^utturfyftem bereitö f)inein in bie biöljer bargcftellten ©t)fteme. ®aö 9iec^töfijftent fe^te •rlenntniä ber S3eftrebungen, fotüie ber yerfc^iebenen Sieijungen ber SBillen uoraus, baö £of;nfijftem 5lenntniö ber gef(^e()cnen 3Bot)(= unb äßcl)etf)aten. ^sor allen aber ift ber beften $l^ernialtung möglicfifte' 3luöbi(bung ber ilräfte luefentlid^, einmal weil mit ber ^raft jugleid^ eine urfprünglic^e ßuft beö ©c^affenä ober llmgeftaltenö oerbunben ju fein pflegt, fobann roeil burc^ möglid^ft gxo^e 2luöbilbung ber Kräfte bie ©unune ber ©üter unb bamit bie äliöglic^fcit, U)ol)l5utt)uu, uermcljrt mirb. ©o erfäljrt baö 58crn)altungö: fijftem görberung burc^ baö i^ulturfijftem, baö lottere Ijingegen eine gc= wiffe S3efc^ränfung unb eine beftimmte 9ii^tung burc^ haä erftere, benn ni($t alle 5lräfte oljne Unterfi^ieb finb ber 2tuälnlbung gleich wert.
Sie felbftänbige ^ebeutung beä ^ulturfijftems mad^t fi^ geltenb, wenn bie äßillen unb bereu :^eiftungen lebiglic^ nac^ bereu formaler Seite, ber Stärfe, S)auer, a.Melfcitigfcit unb Konsentration betrad^tet roerbeu. 9)Jit 9iücffic^t auf bie uatürli^cu Sc^rau!en bcö 3)ienfd^en iinrb I;ier bie 3bee uon bem einjelnen i^irtuofität in einem ^wm^t beö SBiffcnö be§. Könnens unb ^i^tereffe für bie aubercn oerlangen. Übernimmt fo jeber bie möglid^ft ooUfonunene ^arftellung einer ber Dielen üerfc^icbenen ©eiten
*) ©egen Sa^le, iüeld^er bc^au^Jtet, ein ©taat au§ lauter ioa^xm S^riften fei unmögtid^, bemerft SKontegquieu: Chose admirable! la religiou Chretienne, qui ne semble avoir d'objet, que felicite de l'autre vie, fait encore uotre bonheur
dans celle-ci La religion Chretienne, qui ordonne aux hommes de
s'aimer, veut sans doute, que chaque peuple ait les meilleures lois politiques et les meilleures civiles, parcequ'elles sont apres eile le plus grand bien, que les hommes puissent donner et recevoir. SSgl. Esprit des Lois liv. 24, 1 u. 3 u. 6.
»efeerte ®cfeafd;aft. 253
beä ^ulturfijfteiuö, fo luirb biefeö aU ein ©anseö detrad^tet tnößlic^ft volU fommen tealtfiert fein. Gine ^.^eröleic^unö finbet l)ier natürlid^ nid^t §ttnf($cn bcin (S-in^elncu unb bein (Banken ftatt, fonbern nur jiuifi^en bcn einjclncn nntcvetuanber ober 5un|d)en nieljreren Öcntcinfcf;aftcn nntereinanber,
193. Jöefccitc ©cfcttidjaft. 3n SöirHic^feit QC]ä)kl)t eö nieift, bafe gennffc ©efellidjaftcu balb bie eine, balb bie anbcre ^bee uorsugSineife auöbitben unb babei bie anbcren nernai^iäffiöcn; aber baö ^beal uerlanot, ba^ eine fittlic^e ©euieinfc^aft uon allen l^been gleid^nm^iö befeelt ift, ober bcftrebt ift, alle Sbeen in gleidjer äi^eife ^u üenuirfüd^en. 3ft "^leä bev %al{, fo wirb bei allen 9Jiitöliebern ber ©efellfc^aft bie xic^tige fittli(|e (Sinfic^t alö ©emeinbefi^ uorljanbcn fein, fo ba^ jeber einzelne biefe ®inft(^t nid)t alö feine '^^riyatanfic^t betrachtet, fonbern biefelbe bei jebem anberen i)orau§fe|t. ^mn anbercn werben alle ©lieber eö fic^ §ur ^ öd) ften 3lufgabe ntad^en, ber fittli($en Ginfid^t gemä§ ju leben ober bie '^hmx barjuftcllen, fo ba^ jeber biefen äßilleit bei jebem anberen norauöfe^t.
Sieä ift baö Ijöc^fte &nt, ein Sbeal, loeldjes ben 2llten bei ^efc^reibung beö golbenen ,3cilflfterö unb "^^lato bei beni Gntunirf feines 9}infterftaateö üorgefc^mebt Ijaben mag. SiefeS ^beal fe^t ber i^antifc^e ©ebanfe einer allgemeinen ©efe^gebuug yorauö, ber fic^ jeber mit feinen 9)taj:imen an^ fd)lie^en unb yon ber niemanb 3tuönatjme forbern foll: ein '^hml, meld^es baä C£l;riftentum al§> erreichbares 3^*^^ i"i S'ieic^e ©otteä yorl^ält.*)
J^ugcttb, ^-Pjiic^t, ^rci^cit, Ü^eligton.
194. 2)er ©ang ber Unterfuc^nng ift in ber praftifd^en ^sljilofopljie ein äl)nlic^er, mie in ber tljeoretifd^en. ®iefe gel)t nom (begebenen in feinen ^auptformen anä, geminnt babnrd^ bie 33egriffe beS ©eins unb @ef(^el)ens, meiere einer genauen Gnnägung in abstracto, b. l> abgefeljen non ber in=: biyibncllen äßirtlic^feit, untermorfen werben muffen, ©inb biefe 33egriffe raiberfpruc^sfrei in einem notiuenbigen teufen feftgeftetlt , fo mu^ man roieber jum (begebenen surüdfeljren, um ju feljen, mie bie genannten begriffe ju bem ftinnnen, mas burc^ biefelben begriffen werben fott.
*) 2l(g Qbeal fott bie feefeette ©efcttfc^aft auc^ bem ©taate borfd^tueBen, unb eä ift eine fel^r einfeitige 33etrad^timg beSfetben, irenu bie 3'iaturred^t§Iel^rer unb bie aSertreter ber 2;rennung ber 3)loval unb beS 3iec^t§ im ©taate nur ein 9lec]^t§: unb 2o]^nf^[tem feJien lüoKen. ©egen bergicidjen 2Infi^ten übte ©tal^t eine bered^tigte Sleaftion aug , luenn er ben ©taat überl^au^t a(§ ein fittlid;e§ 9'leid^ betrad^ten leierte, beffcn Aufgabe e8 ift, alte fitttid^en ^"tew naä) 2)li5glid^!eit ju realifieren.
254 ^ugenb.
3n äf)nltc^er SBeifc {;e(it bie pvaftif($e ^(;iIofopIjie mit ben geßebenen fittHc^en Urteilen an. ®iefc muffen betriff lid^ unterfui^t werben, inbem man wätjtenb ber Unterfm^nn^ nbftmljievt von bem mirf litten SBoIIen unb von inelcn anbercn Umftänbcn unb 33e5ie()nnoen, meiere in 3ÖirfIi(^feit bie öcoebenen Urteile becinftuffcn. (Soweit [inb mir jc^t ßelnnflt. ®ie fitt= lidjen Urteile [inb öcteinigt von allem, maö nid^t nnmittelbar ein [ittlicEier ^kftanbtcil barin ift; biefelben [inb ben Örnnbäügen nac^ begrifflich uott-- [tänbig fe[toc[tellt fomol^l in 3lnfef)nnö ber (Einzelnen alä ber @efeüf($aft. 9}iit anbercn SBorten, bie ^beale, bie abfohlten 3telpnn!te finb anfgeftellt. 9^nn !et)rt bie Unterfud)nng §11 ber gegebenen äBirflic^feit jimicf nnb fragt, in welchem ^l^erpltniö ftel)t biefe ^n ben ^been? Sie ^been finb 9Jhifter- bilber für bie mir!li($en SBillen, unb biefe follten [ic^ alfo naä) jenen richten. 3ft bies nun ber galt, cntfprid)t bie äBirflic^feit ben fittlicöen ^^een? ^n ^Betreff biefer grage mac^t [i(^ alöbalb ein großer Unterfcl)ieb piif($en ber tljeoretifi^en unb ber praftifc^en ^^l)ilofopf)ie geltenb. ginben bie tl)eoretif($en 33egriffe feine 33eftätigung in ber äßirflid)fcit, unb läf?t [ic^ baä ©egebene ni(^t baburc^ begrei[li^ mad)en, fo [inb jene 33egi'iffe unrid^tig ober nod^ unüoUftänbig entmidelt, üorauSgefe|t, baf3 bie 2Bir!li(^feit nic^t etma un- richtig aufgefafjt ober gebeutet ift. S)aö 9)Jif5i)erl)ältniö ^wifc^en ber SBirt- lidifeit unb unfercn tljeoretifc^eu S3egriffen ftellt alfo bie gorberung auf, nid)t bie 2ßir!lid)!eit, fonbern unfere Segriffe ju üeränbern bej. §u beri^tigen unb ju ergänzen, ^m ^sraftifc^en Ijingegen beljalten bie aufgeftellten 9)tu[ter= begriffe iljre abfolute ©ültigfeit, auä) uienu bie äßirflid^feit iljnen nic^t entfprii^t. Sie gorberung ber Slbänberung, meiere bie 9ci^tiiberein[timmung ber ^been unb ber ^^ir!lid)feit [teilt, ge^t nii^t an bie ^htm, fonbern an bie 2Bir!lid)feit, raeld)e biefen entfpredoenb georbnet uierben foll. Sie ^been uerwanbeln [ic^ in biefem gälte in ^^oftutate ober ©ebote.
Stimmt man an, bie ^been unb bie ^ÄUrfli(^feit becfen [id^ u)enig[tenö in einen- ^^erfon, fo ha'^j beren äßollen unb ^anbeln eine uollftänbige Sarftellung ber ^i^een fei, fo mirb man auf ben 33egriff ber S^ugenb gefül;rt. Ser gatt ber 3Ud^tübereinftimmung leitet jum Segriff ber ^fltc^t. Sie grage, ob bie 9tid)tiiberein[timmung aufgctjoben unb ^nx uoUen Über= einftimmung gebrai^t werben fann, läf^t ben Segriff ber grei^eit fiernor-- tretcn. 3ft enblic^ bie Siebe üon ben 9}?itteln, burd) weld)e bie äßirflid^feit naä) ben ^been geftaltet, ober bie Sugenb realifiert werben fann, fo nimmt unter biefen SItitteln bie Sieligion bie Ijerüorragenbfte Stellung ein. Siefe üier Segriffe mögen je^t furj erörtert werben.
195. 2:ugcnb. Sie 9ieil)e ber [ittli^en ^5been beginnt mit ber inneren grei^eit, bem Serljältniö ber eigenen [ittlic^en (£'in[ic^t jum äßiUen (9cr. 161).
S;u0enb. 255
3ur Sluffteffiinö biefeö 3?crf)n(tniffe§ ift eö junäd^ft ß(cti$ßültiö, tuaä bcr ^uijalt ber ©in[i(^t ift, ob [ie uodftänbio ober nic^t, ob [ie rid^tig ober unrichtig ift, luefcntlid) ift es nur, ba^ fie bie eioene (Sinfic^t bes SßoHenben ift. 2)iefe Unbeftimmtljeit beutet bnrauf Ijin, ba^ mit ber bcfnateu ^bee bie ^eilje ber fittUdjeu Urteile uic^t erfc^öpft ift, fonberu noc^ aubere als bcftinnneuber ^utjnlt ber CSinfic^t tjiusufonuuen uüiffeu. ®iefe fiub in ben uier uieitereu ^t^mi (9lr. 169 — 188) gefunbeu: fie bilben beu ^nljalt ber fittlid)eu (Sinfic^t, menn fie richtig unb uofiftäubio fein foll. Bo lange baö, luaö bie ßinf{d)t ertennt unb billigt, nic^t baö ift, was naä) ben uier anberen ^been baö fittlirf) ©ute ift, fo lange ift fie irrig, fc^iuanfenb ober noc^ unuotlftänbig, fo lange mag allerbings eine geiuiffe innere ^reifjeit, ÜbeT= einftinunung beö äBitlens mit jber nmngett^aften (Sinfid^t uottjanben fein, aber biefer 3lrt non greitjett brof)t bie Unfreit)eit. SBenn nömlic^ bie ©infic^t eineä Seffern beleljrt nntb, alfo ba§ SSoIjlgefällige na^ ben anberen ^been erblicft, wirb fie haä üerurteilen muffen, raaö fie früljer billigte, unb ber 2Bille auöfütjrte. ®iefeö ^serurteilcn feiner felbft ift eben bie innere Un^ freit)eit. Sinb bagegen bie nier anberen '^hmi bcr auöfd^lief3li($e .^nljalt ber fittlidjen ©infic^t, bann brof)t bie @efa£)r ber inneren Unfreiljeit niemals, benn etwas beffereö alä baö abfolut &\\k tamx bie (Sinfic^t nie ctfennen. 3ft bieö ber gall, bann gefällt ber 2Billc, melc^er einer folc^ geläuterten Ginfii^t folgt, ftetö boppelt, einmal nac^ ber l^bee ber inneren ^tcitjeit unb giun anberen nac^ ber befonberen 3bcc, loetc^c burd) itju reatifiert mirb, etwa alö ein moljlmollenber, rec^tlidjcr u. f. w. hingegen !ann eö bei einer mangelljaften ober falf(^en ®infi($t red)t loofjl gef($el)en, ba^ ein äßille jurnr alö augenblicflic^ innerlid^ frei gelobt, aber jugleii^ g. §8. al^ ein unbilliger ober fc^iuadier na(^ anberen 3been getabelt wirb, ober umgefeljrt, ba^ er nac^ einer ^bee imax gelobt, aber alö innerlich unfrei nerurteilt wirb, wenn g. ^. ein grunbfä^li($er ©goift einmal uon einer bcfferen Siegung ber Xeil= naf)me befdjlidjcn wirb.
196. ©0 werben bie oerfd)icbeneu, an fic^ felbftänbigen ^been ju- fammengefaf3t in bie uollenbcte innere grei^eit. äijirö nun bicfe in il)rer ibealen ^l^ollfünunenlJeit nac^ (Sinfic^t unb äßille alä realifiert, alö bctiarrlid^e Gigcnfi^aft einer ^^erfon gebadet, fo ert)ält man ben 33egriff ber 2^ugenb. (Sine berartige '-^scrfon wirb in allen iljren äßillenöregungen genau burd) bie nollfonnnene fittlid^e (Sinfii^t beftimmt unb baxum ein gleic^bleibenber ©egenftanb eineö reinen fittlid^en ai^ofjlgefallenö nad^ allen ^bcen fein, ^eber 9)iangcl nad; einer Seite ber «Sittlidjfeit , jebeö ein= fettige ^eruortreten einer l^bee auf ."iloften einer anberen ift auögef(^loffen. ®amit ift aber ni^t gefagt, baf? jebe .^bee gleid^oiel beiträgt ^ur ^ilbung
256 3:u0enb.
beg fittlid^en GtjavafterS ober ber ^ugenb, benn eS Ucöt in ber '^atwi ber (Sac^e, ba^ bie S^ee be§ 2Bo!)luioUenS ben (E()arafter t)orue{)inU(^ kftimmcn nnrb. ^ic beibcii S^cen beä 9iec^tä unb ber 33iniö!eit I)aben ja übcrt)aupt nur eine ncöatioe 33ebcntnng, fie uerbieten junäd)ft nur etroaä. äßer it)nen folöt, uernieibet allerbün-jö S^abel, aber einen pofitiuen "ißert ber ''^crfon bejeic^net bie blofje 9{e(^ttid)feit nur infofern, alä fie auf einer innerlid^ freien 33eobacE)tunö bcö 3icd^tö beruljt. ^iefe bciben 3^een betreffen ferner juuörberft nur ^Tljaten, nic^t ©efinnungen, biefe erft in ^roeiter Sinie, fofern ©treit unb Unbilligfctt au($ in ber ©efinnung uermieben werben folL ®ie ^bee ber ^•8oUfonintenf)eit ferner ift ganj leer of)ne bie übrigen ^been, fie lobt nur bie ©rö^e, unb eä ift il)r für fid) allein genommen gleii^üiel, ob fic^ baä Sob auf bie ©rö^e im ©uten ober 33öfen bejiet^t. hingegen ift bie ^bee beä 2öof)(uio((ens ganj eingefc^loffen in bie ©efinnung; ba e§ üöUig oljue SJcotioe ju beuten ift, fo entjiet)t eä fid^ am meiften bem ^ftic^tbegriff, benn äßotjIiuoUen aus ^f(i($t ift !ein reineä SBotjtwoüen. ©aöfelbe (äf^t fi(^ nid^t gebieten, unb wenn fic^ auc^ uieleö gebieten lä'^t, Toaö jur (Sniftetjung unb (Srljaltung beö SBoIjlmoKenö feljr förbertic^ ift, baö aBoljlniolIcn felbft ift frei unb urfprünglic^ unb bleibt am meiften in ber 9]ät)e ber inneren greiljeit. ^aljer fonnten and) bie Sijfteme, welche lebiglic^ rom ©tanbpunft ber ^^flic^t auö entworfen finb, ber Sbee beg äßot)ImoIIenö nie ganj gered)t werben imb ftedten ben 9ied^täpfticf)ten als ben" uottfommenen bie beä 2ßol)twoIIcnä alö bie unuoUfonunenen gegen^^ über. 9)tit bem ^^oljlwotten ift ferner bie 9iealifierung ber anberen ^been jum größten ^eil gegeben, benn bafe ber ©treit uermieben wirb, bie ^oi)U t{)at nid)t unuergo(ten bleibt, nerftetjt fid^ für ben 3SoIjlwottenben non felbft, 0el;t er ja bo(^ in biefer 53ejiel)ung no^ uiei weiter, als bie S^een beS Sfted^tö unb ber 33iüigfcit oon iljm forbern. 2Baö ferner naä) ber 3^ee ber SSoüfontmenijcit getobt wirb, mad^t fid) anä) jum ^eil im SBoljlwoHen geltenb, benn je reiner bieö ift, um fo ftärfer wirb aud^ ber SBiUe fein, baö SÖoljlfein anberer ju förbern, unb befto umfiditiger werben bie 9Jiittel baju gewäljlt werben, bie Siebe, fagt man, ma^t erfinberifd^ unb ift ftär!er als ber 2:;ob. 3^aS 2Bol)lwollen felbft aber ift fd^on an fic^ ein nid^t geringer ^eil ber 9iealifierung ber ^bee ber S^ollfommenljeit aud^ infofern, als baSfelbe bem natürlid^en ^wqc beS gemeinen menfcl)lid^en (S'goiSmuS bire!t entgegen ftel)t, in ber 5Regel mit einer ftarfen ©elbftüberwinbung oerbunben ift unb gewöl)nli(^ fel)r mä(^tige ^inberniffe im eigenen Innern 5U überwältigen i)at.
<Bo beseic^net baS aßoljlwollen am unmittelbarften ben äßert ber ©efinnung unb gibt oon allen ^been ben größten Beitrag jur ^ßoßenbung
Xnmi. 257
ber STugenb. @ö ift baljev mii^ nid^t ju oenuerfcu, wenn populär ju paräuetifd^en ^'^'^cteii bie öanje 'üJoralität auf bie Siebe surüdgefiU^rt lüirb; bcseic^nct man boci) mic^ öcmcinljiu mit föüte bie gauäe [ittUi^e Wefininuiö unb nennt gut uori!,urtöiüeife bcn äÖotjliuoUcuben. 3lber in unffenfdjaftlicfier '^e^ietjung barf nid)t uergeffeu werben, tia^ jebe einzelne :^3bee auf einem befonberen äÖi(Ienöyert)ältniffe berufjt. ,ßm '^Qiä)m\]\q, beä S^ugenbbegriffeö barf feine ,3bee feijlen, jebe in it)ver (E'igentümlic^feit muf3 mit beu anberen in ber reiften ^ißeife uerbunben gebac^t werben, jebe iljren befonberen Beitrag ^ur ()armonif(^en älbrunbung beö fittlic^en Gljarafterö ober ber '2:ugenb geben.
197. 3"1'^f^^"i^ "wn alö fämtlic^e '^been glcidjmä^ig realifiert gebadet fein muffen im ^beale ber 5Cugenb, !anu eö auc^ nur eine ^ugenb geben. T^iefelbc fc^liefet aüerbingö ein 9)tannigfaltigeö ein unb mirb fid^ je nad^ ben Umftänbeu alö ©arftellung bolb biefer, balb jener ;3^ee äußern, unb infofern mag mon awä) uon eingelnen ^ugenben alä einzelnen 3}cer!malen beö Xugenbbegriffeö fpred)en; felbft mittelbare $Lugenben, nämli^ fo(d)e 'i^eftimmungen beö perfönlid^en äßillenö, roeld^e bie 3(uöttbung ber ^ugenb unb bie lHnnäl)erung an biefelbe be; fötbern, lüie ©parfamfeit, g-leif; u. f. w., mirb man nic^t umbin fönnen gerabeju ^ugenben ju nennen; aber für fic^ betra($tet finb bie einzelnen unb bie mittelbaren ^ugenben nur fe()r unuollfonnneue 3(nnäf)erungen an baö 3^eal ber ^ugenb. ßben ,biefe 3lnnäberung, baö (Streben nad) ^ugenb, pflegt man auc^ u)ieber für \iö) fdjon ^ugcnb ?iU nennen, unb imax ift bieö bie einjige 53ebeutung, unter melc^er um überbaupt bie 3:^ugenb am a)(enf^en befannt ift. ^enn au(^ im beften ^alle ift bie 2:ugenb ber ä)ienf(^en nur ein «Streben nad^ ber (uollfonimenen) ^ugeub ; fie felbft ift ^beal.
®a nmn jumeift nur bieg (Streben gur ^^oflfon^nenI)eit im ©inne t)at, menn uon 2:^ugenb gefprod^en roirb, fo fommt eö, ba^ mit berfelben gar f)äufig bie 9iebenbebeutung oon etmaö 9)iüt)eoottem, 9tnftrengung= foftenbem uerfnüpft ift. Sieä liegt bereitö in ber ©ifinition beö 3triftoteIcö, melc^er bie ^ugenb alö eine fertig feit begeid^net, bie burt^ Übung ge^ monnen ift unb mit 3lnftretigung bie recf)te 93Jitte ?|Unfc^en smei entgegen^ gefegten i^aftern galten mu^. Slud^ bie Stoifer unb Siant uerbinben mit bem S3egriff ber 2^ugenb ftetö Slampf, iSelbftüberroinbung, 9\igoriönuiö. aöeil allerbingö menfd^lid^e Xugenb nie me^r ift, alö ein blo^eö ©treben baxnai^, fo erfd^eint biefelbe oft alö etwaö Unnatürli^eö, @emadl)teö, iDobei man fic^ 3^^"ß auflegen muB, baljer auc^ alö etioaö Unliebenö= roürbigeö, 2(bftoJ3enbeö ; bamit f)ängt bann roieber jufanunen, ba^ ber in
gliiflel, ®ie ?ro6leme ber $^ito?o»)^ie. 17
258 Wm.
Mefoii! Sinne 2nöenbf)aftc im '-ikiininticin ber ©(^ivierigfeiten , lueld^e er iilHniiniiibcu hat unb ftcto nod) üboriiünboii imif;, ?,iiin Tiuicnbftol^e, jur 3olbftrtcved)ti(ifoit \Kh\t, luobci lim feine ITiirteub ak- etuiaö felu" ^l^er= bienftlid)eci erfd)eint. iHber bie Tuneiib, iiollfoiiuiieu )U'bad)t, beftel^t uic^t mir nid)t im Hnmpf, jonbeni id)liefU aiid) übevbaupt allen inneren Hampf am, ^en^ ein 3elbft, luaö übenuunben merben follte, luaö wiberfteljen nnb bie iHiioübunc^ &er 3^U(^enb id)uier nmd)en fönnte, ift im u)al)r§aft 3:nnenbl)nften (W nid)t uorfianben; nimmt man ein fold^eä ©elbft im inneren nnb (\ax alö ei,aentlid)e fefte ikftimmtf)eit ber '■^^erfon an, fo weicht man uom ,^sbeale ber Xn^enb ab unb blicft auf 'i)m empitifi^en 9)(enfd)en. fsm Turtenbbaften i^ibt eö feinen .Hampf mit fi($ felbft, jebe ^eßunrt, auc^ bie leifefte, muf? hm ^been mnix]] gcbad)t merben. ^ie uoKenbete Xuc^enb trdnt bas (^^epräne jeber uial)ren, uollenbeten Kunft, baö Wepräöc ber :ViatiirUd)feit unb miiljetofen 2ei($tigfeit. 3)arum ift auc^ bie ^nflenb üerfnüpft mit bem Öefülil ber Ijöc^ften ^xeif)eit; biefe beftetjt barin, bafs ber Xngenbljafte auöfc^lief3(i(^ ber eigenen (Sinfii^t folgt, meiere alä üoUfommeue feiner ^^Ibänberung bebarf, noc^ fäf)ig ift, unb in bem Wefül)!, baf? alle 'iBillenSregunöen biefer eigenen ©infic^t non felbft folgen.
2Bo eine folcfie Xugenb I)errf(^t, alfo rolle Übereinftimmung ber ^il^irflic^feit mit ben '^hm\ yorf)anben ift, bo ift non bem ©ittlic^en nid)t alö uon einer 9tufgabe, einem '^oftulate, einem 0efe^e ober Sollen unb '|>flid)t bie 9tebe; baljer gelten, fagt ,Svant ganj richtig, aber nid^t noU^ fommen im Sinne feiner Crtl)if, uiel^e baö ©nte nur in ber ^^^orm ber •ipftid^t fennt, batjer gelten für ben göttlidien unb überl)aupt für einen ^eiligen 'ißillen feine ^^^mperatiue, baö Sollen ift l^ier am unred)ten Drte, roeil baö 2Öol(en fd)on oon fetbft mit bem föefe^e (ben i^^eeu) notmenbig übereinftimmt .... (£-in freier ^ii>ille nnb ein SBiüe unter fittlidien ©efe^en ift ein unb baöfelbe.
198. ^^flit^t. ."ilaut fäljrt in ber eben angefüfjrten Stelle fort: 3)af)er finb ^mperatiue nur gormein, bie baö lserl)ältniö objeftiüer 05efe^e beö ^^i>ol(enö (ber abfoluten ^^been) überl)aupt ju ber fubjeftiuen UnuoU= fommenljeit bes 3Öiüeuö biefeö ober jeueö uernünftigen 'iiJefenö, 5. 33. beö menfc^lidien '^iL^illenö, auöbrücfen. Xa^ C^ute iinrb alfo nur ba unter ber gorm beö SoKenö, eineö öcfe^eö, ber '^flic^t auftreten, mo bie 3Birflid)feit ni^t in allen ^nniften ^luöbrucf ber '^heen ift. 3ln fic^ ift feine ^h^e ein 3mperatiu, inbeö eine fur?;e Überlegung ^eigt, baf^ jebe ^bec einen X ab cl einfd)lient, fallö H)i nx^t gemäfe gewollt mirb, unb bofe t;ierburd) bie ,^vbee ]\i einem '■^^^oftnlat wirb. Stellt nä) nämlid) ein .^nflift ber ^bee unb
^flicf)t. 259
eines luirüic^eii, itir luiberiprei^enben äßiüenä ein, fo bränöt einmal ber allöenieine Sauf ber ä.>orfteUunöen, fobann ber Umftanb, ba^ bie betreffenbe 3bee baö nbfo(utc 9Jiufterbilb gerabe für hm in 9iebe ftef)enben SÖillen ift, anf eine ^^cfeitigung biefes Konflifteö ^in. Soll berfelbe befc^iüid^tigt werben, fo mu^ entiueber bie ^bee, haö Urteil über ben äiiiüen, ober ber 3Bille felbft nnterbrücft, bc§. abößönbert werben. Sag erftere ift nmnöölid^, baä yerbietet bie 3tbfohitbcit ber ^t^ee. 3)aä peite ift nur tl)unlic^, fo lange ber Sßille noc^ ein blo| oorgeftellter, fünftiger ift, benn in biefeni galle Unn er aufgegeben ober abgeänbert luerben. :3ft ber SBiUe aber ein fefter ßntfc^hif^, uielleidjt fc^on jur Xl)at geworben, fo ift ber SBiber-- ftreit jwifc^en ibnt unb ber S^ee mä)t aufjnljeben. Ser 2:abel, ber SSor= wurf bleibt unb ergel)t auc^ über ben entf(^tuB, felbft wenn er nid^t auä^ gefüljrt ift. ^nbeö ganj unwillfürlic^ ftellt fi^ neben bie ©egenwart bie 3uhinft, unb a\i§> bem itonflift ergibt fic^ bie äßcifung, in 3«^"»ft anberä §u wollen, ^ier wirb ein jufünftiger äöille an eine beftimmte ^orfd^rift gebunben, bereu 3(nfvru(^ auf ©ültigfeit nic^t aufgetjobeu wirb, an6) wo baö ©eforberte faftifc^ nic^t gefc^ieljt. 3)iefeä beibeö: ber Slnfpru^ auf abfohlte ©ültigfeit unb bie 9Üic!fi($t auf bie ^wtnn^t finbet eben feinen Stuöbruc! in bem 3Öorte ©ollen, ©o fann ein jebeö tabelnbe Urteil über einen äßillen ju einem ©ollen werben, ©clbft blof3c 5Rü^li(^feitö= rütfficl)ten treten oft alö fel)r ftarfe ^mperatiye auf. Stui^ äft^etifc^e Urteile werben ju ^oftulaten, inbem ber ^ünftler ^u fic^ ober ju anberen fagt: wenn wieber fünftlerif^ gef Raffen wirb, fo foll bieö fo ober fo gefc^eljen. 2(llein in biefem ^alle gibt e§ noc^ einen anberen 3luäweg, um jenen .^onflift ju wermciben; ein berartigeö ©ollen ift bod^ intmer nur Ijijpotljetif^ : wenn wieber gef^affen wirb, aber ob bieö gef(^iel)t ober ob ha§> ^anbeln in biefer 33egiel)ung gans unterlaffeu wirb, ob fic^ alfo feneä ©oll geltenb ma6)t ober nic^t, ftel)t in ber 9Bill!ür bes ilünftlerö. 9Jlnberä ift eö im ©ittlic^en: einmal oermag ber 9Jienf($ nid^t, alleö Sßollen p unterlaffen, unb nm^ alfo immer oon neuem ben Beifall ober ben J^abel ber :3been werfen, fobann, wznn er wirflic^ üou allem 'iisoUen abftänbe, würben fömtlic^e ^been il)ren ^abel über baö ©äumen unb Unterlaffen ergeben. @ä ftellt fic^ alfo l)ier ein (Sntweber— ober Ijerauä: cntweber ben ^abel, bie ©elbftoerurteitung ju ertragen, ober ber Söeifung, welche in ben ^been liegt, ju folgen, ^n beiben fällen ift eine 33erurteihuig beö fc^lei^ten 2BillenS unb bamit ein ©ollen*) ober eine ^flid^t, ber ^bee gemä^ ju wollen, üorl)anben.
*) $ßatürlid^ liegt in bem ©efü^te beg ©oßcng, ber 9Ser^faci)tung a"m ©wten nod^ nid^t ein SßoUen beSfel&en.
17*
260 Srci{;oit.
I)er 33egt;iff beö 3ol(cnö ober bei ']l'\^\ä){ fct3t a(fo incterlei uovauö uub ift luillirt uurtceii^ict, bcu ::^(iifnurt *^incv (it()if ^u Inlbcn. (5-i fet^t voraus: 1) bio ^^H'faiuitidiaft mit boii abfolutcn o>been, alfo bic lUntiuort auf bie (^irunbfraac bor tilbif: mact ift rtut':" ;2) (iiiie iHn-filoid)unfl ber ;3t'>-HMi mit bei 'ii>ivt'lid)feit uub bic jid) barauö evöcbeube CiTfenntuiCv baf; le^terc uid)t innuev ben erfteveu eutfprid)t. H) T^ad '^^eunifUfcin uou ber 'Iser; änberlid)feit bes ^^lUlleucv aljo \)a]], wo ieucö Dtiiu'erliältnio [tattfiubet \mh i^a"-:!) Urteil fic^ alö 4:abel i^eltenb maö)t, in füuftii^en, ät)nlid)eu '^dll^n anbero, luimlic^ beu ,"^sbeeu lU'nuif^, (\euiollt merbeu fauu. Tauiit fiub luiv auf bie A-reilieit bcö ::}l^illeuci cuiül)rt.
19J). ^vci{)tit ©efetjt, ber 'Mite luäre uufrei, er luäve alfo gerabe fo luie jebeö anbere i)iaturcreirtuio au?|Ufel)eu, fo ift mo()l feftjutialteii, baf? M^ Urteil uac^ ben ^been über beu äßillen ui(^t nerftiunuum luürbe. ^aöfelbe mürbe billii]enb ober mifUnlliöcnb, Gefallen ober 3}iif5falleu au^-- fprcd^eiib fid) !uub ti)nn, foiuie äftljetifc^e Urteile über fc^öue uub uufd^öue 9catun)crl)ältuiffe erge!)eu. „Meiner, faßt einmal ©c^I ei etm ad) er, loo er auf ber Spur einer ric^tifjen C5'tl)if ift, feiner, er bejalje ben 'begriff ber äÖilleuQfreiljeit ober ueriunne il)n, loirb beljaupten, bafs er bann aubereä
für ö»t uub anbereö fiir böfe l)alten mürbe, al§ ^uuor @o auc^ gibt
eci über bie !ünftlerifd)en i^'inblunrten beö 9)ienf(^en uub ha% ©elingeu berfelben ein Softem ber 33eurteilunrt nac^ beut ^beale, ot)ne ba^ jemalö bie ^rage in 3lureüiun(\ fäme, ob auä) ber Hüuftler '^reiljcit getrabt, anbereö ober bcffereö ^u fönnen. ^as Urteil über gut unb böfe, fc^ön unb i)äfMä) ift unabljängig uou ber Slnualjute ber g-reiljeit ober Unfreiljeit. Taö fteljt erfaljruurtömäfug feft." 5(llein bei ber Seu(3nun0 ber äi^illeuö:: frei()eit mürbe fid) unmöglich auG bem '03iiJ3fallen ein ©oEen ergeben. (Sin fold^eö folgt nur für ben, in beffen ?3iac^t eö ftel)t, bie mifsfälligen ä>er= tjältniffe §u änbern bej. in B^fiii^ft 5» ueruunbeu. ^aö Urteil Ijörte fonft auf, ein fpe?)ifif(^ fittlic^eö ^u fein unb mürbe ju einem allgemein äftljetifc^en. Taö fpe^ififd) )""ittlid)e Urteil erforbert alö fein Dbjeft äi>illeuöuerl)ältniffe. !^n ber 3(nnal)uu^ eines unfreien ^ißilleuö aber liegt eigentlich fd^on ein 'ilUberfprud), benn ein unfreier 'ißille ift fein SßiHe, foubern finft ?)Ur blof^en '-Ik'gcl^rung ober jum Xrieb ()erab. ^n bem 'i^egriff eiueö äßillenö liegt, baf? er ber bemufete l'Iuäbrucf eineö '^6) ift, ober bafj er feine Urfac^en im .^s^ l)at unb fomit frei, b. l). burd^ Öebanfen, ^JJotiue be; ftimmbar ift,*) Saö mar co, maö Eant urfprünglid^ im Sinne l;atte,
*) aSgl. Über bie grei^eit be8 SBiUen« bon D. ^lügel in 3t. f. ej. ?ßl^. X. 128, unb %ilpe: Über bie i5rcif;cit unb Unfreiheit be§ menfd^Iid^en 2ßoIten§, 1861, unb Sorne(iu§: 3ur 3;i^eorie ber SBed^fetJnirfung ^lüifc^en Seib unb ©eele, 1880, ©. 82.
ha ov t)ie ^-reüjeit bcö ^IlUKeiiö alö notiuciibiöe 'i5orauQfc|uufl ber ©itt= lid^feit Ijinftcllto; er fraßt, uormiööefe^t, öajs bie blo^e rtefe^ßcbeiibe ?5-orm ber 9Jia^;imen (bie ^^beeu) allein bcr jureic^eube 'i^eftiiiuminnögnuib eineö aötUcnö ift, une inu^ ber äÖille befdjafteu fein, ber baburc^ deftimmbar ift? S)ie luidjfte 3Xntu)ort ließt in ber ^-rage felbft: ein fold^er äßille barf nid^t unbebinßt beni objeftiuen l'anf ber 33eöierben (eingegeben fein, fonbern er nuifi beftinunbar fein bnrrf) ^iHn-fteUnugen, burd^ Webanfen, ^Dtotiüe, ii)eld)e bem .^"^d) felbft angetjören, beftinunbar anc^ bnrc^ baö iiob nnh ben STabel ber fittlidien ^^been. ^sn bent ^-atle nnn, ha'^ bie te^teren, bie fittlii^en 9)totiüe bie einzigen jnreii^enbcn älcotiue finb, ift bie ^reiljeit eine fittlic^e ^-reiljeit, bie 3^ce ber inneren ^n-eiljeit ift realifiert, bie 3:^ngenb nnb baS mit iljr nerfnüpfte (^3efiU)l ber ^-reitjeit nnb bes inneren griebenö ift ein perfönlidjeö Sefi^tnm geworben. „Senn ber 9Jienfd) foniint ntit feiner praftifc^en Überlegnng nid^t eljer ,^n einem feften 9hit)epnnfte, alö biö er nnter allen "iliotiuen, benen er fid) Eingeben fönnte, bie ganj nnneränber= Ii(^en obenan jn ftellen fic^ entfc^lie^t. Unüeränbertid) aber finb allein bie i^been ; beljarrlid) ift inöbefonbere M^ 'a)äf5fal(en an ber inneren Unfreilieit, menn man iljnen ^nioiber anberen 9)?otiüen 9ianm gibt. S)tefeS füllte 5lant, alö er uon einer abfolnten Selbftnötignng fprac^."*)
!J)iefe ^reitjeit, ficb felbft jn beftimmen, fici^ ^u beni eiitfcf)lie^en ju fönnen, was nn§ baö '-öefte bünft, tränt feber 3)ienfd), ber nnr einiger^ maf^en geiftig entunrfelt ift, fid) felbft ju, unb einigermaßen erlangt anä) ein jeber einen Örab uon gnuligfeit in biefer Setbftbeftinnnnng. (Ss ift baljer bnrd)anö nic^t jn Ijod) gegriffen, luenn man baö 3itttid)e alö bie allgemeine menfdilic^e 3(nfgabe ()infteltt, benn luenn and) feljr oiel fe^lt, ha^ bie 'JJ(enfd)en fofort \)a§> ©ittlic^e ganj §n oollbringen im ftanbe mären, fo läßt fic^ bod^ fouiel oljne ^loeifel fagen, fie !önnen allmäblic^ ba^n er= gegen loerben.**)
,i]n biefer §reif)eit, ol)ne u)eld)e baß Sittliche nic^t gebadet merben !ann, geijört alfo folgenbeö: 1) ber 'IKenfd^ mnfa einec loirflii^en ^ilUllenc fät)ig fein, bei feine Üßnrj^eln nid^t in änderen fremben Urfad)en, fonbern im eigenen ^tii^ern beö 9JJenfd^en, im .^(^ Ijat. Stile materiatiftifc^en nnb fpino^iftifd^en***) ©yfteme, luelc^e bie (S^lftenj eines felbftänbigen ©eelen^
*) Jperbart I. 144. ^n biefem ©inne jagt auc^ ©eneco: sapientia est idem semper velle et semper nolle, potest autem non idem semper placere, nisi honestum.
**)aSgl.2)robifc^: 2)ie mord. ©tatiftif u.b.menfc^r. SBittengfrei^eit, Sei^jgig 1867. ***) Über ben ^rei^eitSbegriff bei ©^jitioja f. ^etbart IX. 256 ff. unb 2;^iIo: Über ©iJinojag 9leItgion8^^irofo»)^ie in 3t. f. ej. ^^. VII. 83 ff.
362 ^rei^eit.
wefens leuöncn itnb ben ©eift unb bainit ben äBttten in irocnb einer SBeife als gunftion beä ^eibeä bej. ber äßeltibee (beS obfoluten ^Äerbenö) anfe^en, ucrfennen bie 9iatnr beä ÜJidenö unb entgiefjcn ber fötf)i! bie ©runblaöe ; bie fittlidie 53eurteilung luirb l)ier im beften galle ju einer oll; gemein dftl)etif (|cn , unb non ^sflic^t ober «Sollen im rein fütlic^en 8inne !ann, genau genommen, nid^t meljr bie 3tebe fein, ^n bem Segriffe beö SBillenö alö eines motioierten .§anbelnö liegt 2), baB er ni(^t un^ üeränberlid) fein barf. SBäre ber (£t)arafter ber a)Jenf(^en, loelc^er fiel) im aiJollen funbtljut, unneränberlic^ in bem ©inne, mie (Scl)open^auer es meint, bafe nienmls ber B\Md, fonbern nur bie ^Jiittel umgeiuanbelt werben fönnen, fo loäre eine (£'tl;if gleichfalls unmöglich, ©c^openljauer fietjt ben C£l)arafter für etroas ebenfo (i'infa^es unb Uniieränberü(^eS an, als mir oben (dlx. 15) bie Oualität bes abfolut Seienben tennen gelernt liaben; bie ©xnnbqualität alles ©eienben ift i§m eben bas 'Collen, meldies barum in fic^ unoeränberlic^ ift.*) ©omie ein qualitatio beftimmtcs ein; fa(^es äßefen (3ltom) unter benfelben 33ebingungen immer in ganj gleicher Sßeife reagieren wirb, fo tiaubelt anc^ jeber WiQn]ä) ju allen ^zikn gan§ gleich unter ganj gleichen äußeren Untftänben. ^em 33oS^aften ift feine ^oSl)eit ebenfo angeboren, als ber ©erlange i§re ©iftjäljue. SBöre bem alfo, märe ber ßl)arafter etroaS fo llnnerönberlic^eS, bann mürbe ol)ne 3roeifel alle 9Jlorat illuforifd^ aierben. Sene Seljauptung, welche in ©(^openl)auers falfclier 9JMapl)t)fi! begrünbet ift, fte^t aber nid)t allein mit ber (Srfa^rung in bireftem aSiberfpruc^, fonbern fie fe|t anä) eine ganj falf(3^e 3lnfic^t üom menfcl)lic^en (Sl)ara!ter ooraus, als fei biefer etraas ^foliertes ober baS ^^rimäre im @eifte, n)äl)renb er bod^ ganj unb gar in bem üorl)anbenen ©ebanfenfreife murjelt unb alfo junäc^ft bur($ biefen beftimmt bej. üeränbert mirb. Unb bas ift ja bie notmenbige äsorausfe^ung ber ganzen ©ittenleljre, ba^ ber Sßille ben ^been gcmä^ gebilbet werben fann. 3) ^\i ben 9)iotioen bes äßillens gel;ören a\\6) bie fittlii^en Urteile, meiere eine fol^e ^JJac^t im Öemüte beS 9)ieufc^en er: langen fönnen unb foUen, ba^ fie überatt bie entf dieibenben 9)?otiüe für ben QBillen finb. SBie bereits gefagt, mar es bieS, mas £ant cigent^ tic^ im ©innc i)atk unb jur öegrünbung ber 9)bratität braui^te. ©r legte aber biefe ^i^orausfe^ung, biefes ^oftulat ber Sittlic^feit falfd^ aus, menn er unter greil)eit ein tranfcenbentales 33ermögen oerftanben miffen TOoUte, loelc^es ot)ne jebe Urfad^e unb alfo ol^ne jebes 9)btiü einen SBillen ganj abfolut üon üorn anfangen fönnte. 9hir auf biefe SSeife glaubte
*) über ©d)oi3cn]^auer§ et^ifd^m Slt^eiSmuS f. X^ito in 3t. f. ej. ^1^. VII. 821 ff, u. 298 ff.
Sieligion. 263
er, bie morolifc^c 3iiic^i^iii^ö feftf)a{teii ju fönneu, inbem fo ber 9J}enf(^ ber freie Urheber aller feiner 2:Ijaten lüie feinet öon5eu Gtjarafterö luürbe. ©iefe greif)eit ift na6) .Haut tranfcenbental, b. i). in äßirfUd)feit, in ber '^zit nic^t öec]eben. -iMehneljr fteljen in ber g^-'it alle 3:i)aten bee i)Jtenfd^en in notmenbiöer 3(b(;änöigfeit von beni enipirifc^en (Sl}arnfter; biefen aber unb baniit alle in ber 3<^it baranö foU^enben 'iisiltenöentfc^lüffe f)at fid^ baö ^s^ felbft vor aller ^ßät bnr^ eine inteliiöible ^Ijat oljne alle 9Jfotioe gefegt. ®ieä ift auc^ bie 9Jieinnn(i ©(^openljauerö, nnr tritt eö bei biefem cjan^ bentlid) ^u ^age, luag bei ^ant noä) uerborgen bleibt, baf^ mit biefer tranfcenbentalen ^reiljeit nid^tö anberes, alö ein abfolntes äßerben ol)ne allen 3nl;alt, ol)ne ©inn unb oljne äßert üerftanben wirb. Wät biefer greiljeit trat ^ant bireft ber oorangel)enben '"^Ijilofoptjie namentlich £'o(feä unb :^etbnij' entgegen, welche beibe feljr entfc^ieben fern uon jebeni niaterialiftifc^en 3»Öß 6^"^" fittli($en 3)eterniiniöniuö ober eine ^eftinun-- barfeit beä 2BilIens bnr^ fittlic^e ^Diotiue geleiert (;atten.
Übrigenö lag für .^ant nod) ein anberer (^runb jur 5Bet)auptnng ber traitfcenbentalen greitjeit üor. (Sr Ijatte t)tn ^flic^tbegriff unb baniit einen äßillen juni obcrften ^rinjip ber (Stl)if gemacht. ®iefed oberfte ^-prinjip burfte nun ni^t felbft lüieber uon etiuaö au^er ifjui abljängig gebadet werben, fonbern nui^te alter üaufalität entnommen ein abfolut felbftänbigeö fein.*)
200. 9flcItgton. ^ragt nmn enblid) nai^ hai 9)titteln, burc^ meiere bie SJfenfc^^eit unb jeber einzelne 9){enfd^ jur 2lnnät;erung unb enblii^en (Srreic^ung beä B^^leg, nämlic^ ber reinen Xugenb erjogen wirb, fo nimmt bie Sfteligion ot)ne B^oeifel ben t)en)orragenbften ^sla^ unter biefen
*) Ü6er ben gufa'^men^flng ber tranfcenbentalen ^reil^eit mit bem ^flic^tbcgriff bei Äant f. §erbart IX.. 20 f. Sei ber Äriti! be§ 58egriffeg bon ber tran§= fcenbentalen (^^^ei^eit finb toornel^mlid) brei ^nn!tc ju beac^tten: 1) bafe eine fold^e ^reil^eit ineber in ber ©rfal^rung gegeben ift, nod) ba^ ju beren 3lnnal^nie ein moralifd^e'S S3ebürfnig vorliegt. 3SgI. SDrobifc^: aJioraUfcfje ©tatiftif unb bie menfd^aie SCBiUenSfreil^eit, Sei^jig 1867, ©. 5—8 ff. 2) S)a^ fie begrifffi* bagfelbe ift unb alfo ebenfo unniögUd), alö ba§ abfolute Sßerben, i>g(. öerbart I. 201 ff. 3) 35a^ fie aüe SBefferung unb ©rjie^ung unb alfo alle ajJoralität unmögU^ mad^t, bgl. |)erbart II. 329 ff. Qu te^ter 33e5ief)ung fagt ia^^v ^riftlet; gegenüber ^avtlii) bollfonmien rid^tig: bie S^ugenb n)irb burc^ ben 3)etermini§mu§ nic^t aufgel^oben. 3" ^'"^^^ tugenbl^aften ®ntfd^lief!ung unb öanblung nnrb foiool^I ber aKenf(^ felbft, aii ein Sen^eggrunb erforbert, eine .t)anbtung oljne aüax Seineggrunb ift Jüeber tugenb^aft nod^ lafter^aft. 3ßenn aud; unfer SBitte burc^ S9en>eggrünbe beterminiert i»irb, fo ift er boc^ immer unfer 3ßiUe, ber in unferem ®eifte feinen ©i^ l^at. ©ine ganje freie, bon jebem Urteile, Dom @elüiffcn, bon jeber Steigung unabl^ängige ©elbftbeftimmung be§ Sßillenö iüürbe nur zufälliger Sßeife balb ®ute8, balb Sofe« l^erborbringen unb fijnnte tüeber tugenbl^aft nod^ lafter^aft fein, fonbern hJürbe gleichgültig fein, ©benfo mürbe e8 ber aSerantmortUc^feit gelten.
264 ^Religion.
9)?itteln ein. CDer Sittenlehre, aU lüitfenbe ^roft gebai^t, mürbe ber ^auptneru fel;len, niü^te [ie ber 9te(iöion im oinne beä Gt^riftentums ent= raten, i^ann unb mu^ aud^ bie 9)?ora( alö SBiffenf^aft junädift von jeber rcügiöfen (^Jrunblage abfef)en, fo uerplt eg ficf) ganj anberä mit ber 9}^oraIität alö ©efinnung. ^ie ^cbentung ber 9ieIiöion, alä beö vox-- net)niften 9)iittel§ jnr 5::ugenb, lafet \\ä) mit ben befnnnten 3Borten auä= briicfen : ha^i Sittlid)e ift ber "iijilie Öotteö an uns. ^Jüif5er mani^en anberen wichtigen ^^^nnften liegt barin ber Ölaube an eine moralifc^c iiöeltorbnung. beuten bie (Sigcnfdiaften ©ottec, alö beö 3lllu)eifen, 3((lmäd)tigen, 3lUgütigen unb ©ereilten ol)ne .S^^^if^l iii'f eine uolltommene !;HeaU[terung ber fittlicfien Sbeen in ber ^^erfon ©otteg l)in, fo er()ält bie fittlic^e Ci-nevgie eine beträc^t^ lic^e Unterftü^ung burc^ t)m OUauben, baf3 baö ©utc ber äBille ©otteö nnb alfo ber (Snbjmecf ber ganzen Sd^öpfung ift. '^efanntlid) fe^t jebeS energifc^e äöotten bie Hoffnung auf ha^ Gelingen noranö. ÜTso biefe 3tuöfi(^t fc^minbet, finft baö Sl^ollen ^um bloßen (fogcnannten frommen) SBunfc^e l^erab. ®ie 3iii"-'i"fi'^l ^'^ ^^c (^rrcid)barfeit bcö öuton für ben einzelnen unb für bie ©efamtljcit mu§ aber notiucnbig fdnuinben bei einer gemiffen Deutung ber 2lnfi(^t ilantö oom rabifalen (nnüberunnblic^en) ^öfen, bei 3c^openl;auerö 9^leinung uon ber Unncränberlic^fcit beö ©l)ara!terö, im ©pinosiömuö, roo baö ^öfe §um ."Korrelat beö ©uten genmd)t mirb, ober bei ber :2eugnung einer inbiinbueüen Unfterbli^feit. 2Bo in einer folc^en ober äl)nlic^en 'ii>eifc bcm fittlid^en Streben non norn; t)erein bie 9^>ergebli($feit alleä '^emütjenö, bie Unerreic^barteit beö ^kk^ feftftel)t, ba mirb aui^ ber fittlid^en (Energie bie l^cbenöaber fehlen. S)er an feiner unb ber SBelt fittlidien 33er£)ollfommnung 3(rbeitcnbe mu^ ju biefer 9Irbeit ben ©lauben an eine fittlic^e 2Beltorbnung feftt)alten, bafi alfo baö Sittliche baö ^id ber Sdiopfnng fei unb enblii^ aui$ ben Sieg über baö 33iJfc erlangen muffe, ober mit anbeien SBorten, baf? baö Sittlii^e ber 2ßille ©otteö beö 3tllmä^tigen ift ; benn eine abfic^tlidie Orbnung anneljmen oline einen perfönlic^en Drbner, wie ^ic^te oerfuc^te, ift ein Unbing, ein @eban!e, meinem unter allen Umftänben nid)t allein bie ©nergie, fonbern au(^ bie Älorl)eit abgel)t.
2)er ©ebanfe ber moralifi^en Söeltorbnung, monad^ baö ©nb^iel baö ©Ute ift, ©Ott bie Sßelt auf biefeö 3iel ^in angelegt t)at, unb fomotjl ber ©efamtl)eit alö bem einzelnen ben erforberlid^en 33eiftanb, bie nötigen SlJittel ba§u an bie .»ganb giebt, bilbet ben 3(bf($luf5 ber teleologif^en ©ebanfen unb forbert alö notmenbige ©rgänjung bie perfönlii^e Unfterblid^feit ber Seelen.
f Oronofotjifj^ gcorbiieteö 'glameiit»er|ci(^nt6.
I. mt Jett.
^tC tmit|d)CU ^^tjfiologcn. 'S^ofcs aug3!)UIetum 6IO-550 ». ©^r. Urftoff ift ba§ a^affer 5Jr. 1 ©.3, 9ir. 94. 3Inm. ©. 128. ^'.ippo te^rt ä^nlic^cg ju «ßerüleg' Seit 5«r. 1 ©. 3. i^ita^intnnber au§ DJJilet 611-547. ^ix Urftoff ift qualität^roä (aTteipor) ^v. 2 ©. 4, 9Jr. 15 6. 26, 5«r. 134 ©. 188. ilna^fimcttcs au§ SKilet um 500. Urftoff ift bie Suft 3lv. 1 ©. 3. |)iogenfö öon 2I^)oIIonia um 463. S)a§ ©cienbe ift (Sin« 9ir 20 ©. 36.
/Acrrtfiftt au?. ®|3f)efu§ um 500. 3)er Urftoff ift ba§ f^euer. 3iae§ ift in einem abfofuten Sserbni bejjriffen ^Rr. 5 ©. 9. SaSfelbe ttnrb bon un§ nid^t richtig auf-- gefap dlx. 10 ©. 16, 9k. 61 ©. 98. Qm SKerben gibt e§ ©trom unb ©egenftrom 9fr. 9©. 15. ©ein unb ßrfenneu ibentifc^. 2BcItfeeIc 9tr. 9 2)[nm. ©. 16. ^etiobifd^e aBeltöerbrenuung 9ir. 12 ©. 19, 9lr. 115 ©. 158.
2)ic ©krttc«. ^(nopHKti an« lolo^^on jute^t in ®fea um 500. f*ttrmenibe$ au§ @(ea um 455. ^{Icfiffus bon ©amo^ 444. ^eno axi§: ®[ea 495. ®§ gibt nur ein ©cieube§ 9fr. 20 ©. 36. Siefer 3)Joni§mug ift nidjt ^antf)ei§mu§ im gelpöl^nlicfien ©inne 9Jr. 24 ©. 40. 2)a§ ©eienbe ift nic^t unterfd^ieben bom ©ein 9fr. 18 ©. 32. 2)a§ cbfotute ©ein 9ir. 14 ©. 24 ift ibentifc^ mit bem Senfen 9fr. 20 ©. 35. Sm 33egriff bcS Äontinuum unb ber Semegung finb 2ßiberf^)rüd^e entl^alten. S)a§ ©eienbe ift einfad) 9fr. 19 ©. 33, l^at feine ©röfie 9fr. 52 ©. 86. Sie ©leaten beräic^ten auf 9faturer!(ärung 9fr. 24 ©. 40, be^tueifetn bie 3tid)tig!eit ber finn; liefen 2ßa!^rnef)numgen 9fr. 61 ©. 98.
f*pi$ttflora$ öon ©amo8 um 550. Sa§ ©eienbe finb bie Qaijlin 91r. 26 ©.42. Sretteitung ber ©eete (?) 9fr. 94 2lnm. ©. 135. 3tnfa^ ju einer !oSmo= Iogifd;en ©ittenle^re 9fr. 135 3lnm. ©. 189. ©trenge aSergeltung 9fr. 185 ©. 242. aBo^aootren 9Jr. 172 ©. 234.
f mpcboßfeö au« Slgrigent 440 fielet bie fog. bier (SIemente 9Zr. 29 ©. 50 a[§ abfolut ©eienbe§ an 9fr. 14 ©. 24. QebeS ©lement ift einfach 9ir. 18 ©. 32. ^rinji^ ber Kraft (cptkia unb vsluos) ^^J^- 29 ©. 50, 3)ie SBettbilbung gefc^iel^t burd> 2Jfifd}ung unb (gntmifdiung ber ©temente 9ir. 31 ©. 52. ^eriobifc^e aBeltentftel^ung nnb SSernic^tung bej. ©lingfeit ber 2BeIt 9Jr. 115 ©. 156. 2)ie ©eete befielt au8 ben bier ©tementen (9}fateriali§mu§) 9Zr. 94 2lnm. ©. 135.
(Äno;ra(jortt5 a.\\% Älajomenae 500—425 ber^)flanjt bie ^l^ilofo^l^ie nad) Slf^en. 2)a§ abfolut ©eienbe 9ir. 14 ©. 24, 9k. 41 ©. 73 finb unjä^lig biele 9ir. 30 ©. 51, 3fr. 29 ©. 50, unenblid; Heine 9lr. 19 ©. 33, einfacfie, unberänberlid^e 9?r. 18 ©. 32,
266 (El^ronologifd) fleocbneteö 9Jamcnl>crjeici^ni§.
qualitatib berfd^ieben beftitnmte 9it. 41 ©, 73 SÖSefen (|)onioeomeren). Seren Dualitäten kftel^en in ben tüal^rnel^mbaren ©igenfd^aften ber a)Jateric 3tr. 38 ©, 67. 3iüeifet an ber Söal^r[;eit ber finnlic^en SBal^rnel^mungen 9lr. 62 ©. 99. 2)te geiftigen Sßorgänge iverben gefdiiebcn bon ben materieEen 9Jr. 94 2lnni, 6. 137. 33om ©toff i[t getrennt bie Äraft, li>elcf}e il^ren Urf^rung im vovs^ ^at 9lr. 33 ©. 56, 9tr. 115 ©. 156. S^erfclbe entnüfdit bie in einem (5I^öo§ bereinigten ©lemente unb bilbet baburc^ bie SBelt 9Jr. 29 ©. 50 no.d) beftimmten 3trecfen (2;eIeoIogie) 5k. 119 ©. 165.
2)ie Sttomifcr. c^cußlt»p unb 3)cmofitit au§, Slbbera 450. 2)ie legten ©fementc ber 9)iaterie finb bie 9ltome 3lx. 29 ©. 50, biefe finb abfolut (unberänberli^) 3ir. 14 ©. 24, einfai 9?r. 18 ©. 32, au§geber;nt Dir. 19 ©.33, unburdjbringlid^ 5Rr. 38, 39 ©. 67, qualitatib einanber gleid} 9?r. 40 ©.70, berfdiieben an ©eftalt 9?r. 19 ©. 33, iinenblid) biele 9ir. 30 ©. 51, anfänglich isoliert 9ir. 115 ©. 157, in urfprünglid^en Seiüegungen 5Rr. 31 ©. 53. Sie aBett entfte^t burd^ jufäHigeS 3ufammen!ommen ber Sltome 3lt. 118 ©. 164. Sie ©eele befte^t auS geueratomen, bie (gmj)finbung bernl^t auf Sifbern, weldie bon ben Singen in bie ©eete gelten 9]r. 94 Slnm. ©. 135. 3ibeifc[ an ber SS5at;rf)eit ber finnlic^en ©mpfinbungen 5k. 62 ©.99. Semoifrit§ et^ifc^e? ^rinji^ ift bie £v^v/iia 9ir. 134 Slnm. ©. 189, ©.175.
S)ic ©0))f)tftcn. et^ifd;ier ©tanb^unft berfelbcn im attgemeinen 5Rr. 128 ©. 175, 9k, 125 ©. 176. ^orQias auä Seontium 427 forgt in ber ©rfenntniSIe^re ben (Steaten, e§ gibt feine SBa^'r^cit 9k. 62 ©. 98.
■^rotafloras axi^ Slbbera 480 folgt in ber ®rfenntni§Iel^re bem öeraftit, eä gibt feinen ^rrtum 9k. 62 ©.98. ©ein etl^ifdjcr ©tanb^unft: ber 3}ienfci^ ift baä Tla^ alter Singe 9k. 131 ©. 183.
^oßrotfö au§ 2tt^en 470 — 399 iüenbet fid^ bon ber tl^coretifd^en ^l^itofo^^ie ah 9Jr. 149 ©. 215. Sa§ ©ittlid^c beruht auf etitiaö 5^^*«"'/ unmittelbar ©eJbiffem 9?r. 149 ©. 215. Söiefern bie ^ugenb ein Sßtffen ift 9k. 150 ©. 216. SJergeltung 3flr. 185 ©. 242, ber (Staube an bie 3Sorfe!^ung grünbet ft»^ auf bie Seteotogie «Rr. 119 ©. 165.
^enop^OM au§ SKtl^en 444—360. ^rtnsij) ber ©ittentel^re ift ein gemäfitgter ©ubämoniSmug 9k. 128 ©. 178. Sßo^Iiboaen 9k-. 170 ©. 233.
Wcqaxiht, ^ußflbes au§ avegara 432. Sag JJeale ift nic^t urf^rünglid^ niirfenb 9fr. 36 ©. 63.
Sl)nifer. iVnti|ltr;cnc5 nu§ 3lt^en 444. @nt^altfamfeit 9?r. 124 ©. 176. Ser 9latur gemä^ leben 9Jr. 135 3(nm. ©. 190. pioßencö bon ©ino^e 340, 3lv. 124 ©. 176.
(Stjreuaifcr. Axifünm bon (Eirene 390. ^rinjij) ber 2uft 9ir. 126 ©. 176. (Äegcflas 300. ^rinji^) ber ©c^merstofigfeit 9k. 126 ©. 177.
■»»fato au§ 2ttf)en 427—347. Sag Slbfotute im ©egenfa^e ju bem SRetatiben 9k. 14 ©. 24. Sag abfolut ©eienbe ift quatitatib beftimmt 9k-. 16 ©. 28, ift einfach 9?r. 18 ©. 32. Sie Qbeen finb bog abfolut ©eienbe 9ir. 27 ©. 43, beren SHbfotutl^eit lüirb nid^t feftge^altcn 9k. 27 ©. 42. S^erfudj , bog ©ein aug bem Segriffe ju er= fd^Iie^en 9ir. 14 31nm. ©. 24. Sie 9J?aterie ift bag 5ffierbenbe , Clualitätglofe 9Jr. 6 ©. 10, 9k. 27 ©. 45. Sitbung ber 2BeIt burd) ben Semiurg 9k. 27 ©. 45. Über Jeleologie 9Jr. 119 ©. 165. Sreiteitung, ^räe^iftenj, Unfterblid^feit ber ©eele 9ir.94 2lnm. ©. 135, 9k. 103 ©. 146. Sogifc^er «Realigmug 9fr. 70 ©. 109, 9fr. 100 ©. 143. llnterfdbeibung bon Senfen unb ?0(einen dh. 27 ©. 45. Sag ®ute ift etlbog 2lbfoIuteg
(Sf)vonolo0ifcl^ georbneteö yiamenberjei^niö. 267
im ©egenfa^ jur Segierbe 3lx. 151, 152 ©.218. 2o(pia, avdpsia, dcocppoövvrf, ötHaioövvrj 3lv. 162 ©. 227. Sieiblofe ®üte 5fr. 170, 171 ©. 233. ^bealftaat 9?r. 162 ©. 227, ©. 253.
|ltt(lotef<$ aiig ©tagira 384-322. (gm^irift. 2)ie ^rinji^jien ber SBirfUdjftit ftnb a)Jaterie imb (^orm. ©ie gönnen, bergltdjen mit ^fato§ ^i^ee"/ iüerben ur= j^rünglid) ju Gräften unb fcaburd; relatiö (SlJbgUc^feit unb aüirfUrfjIcit) 5?r. 6 ©. 10, 3lr. 2» ©. 46. 2)te Sßelt i[t etvig 9ir. 115 ©. 158, ein Äreiölauf 5)ir. 12 ©. 19, hf. bingt bvirrfj ein jivedmäfiig iuivlenbeö ^rinji)) 3tr. 115 ©. 159. 5üeim QWid gei^t bie SCßiv!ung ber Urfac^e, ba§ ®anje ben Seilen Doran 3tr. 119 ©. 166. @r[ter 33e= meger ^Rr. 33 ©. 56. Äategorien(el;re 3Ir. 69 ©. 108. ©eelenbennßgen 9lr. 103 ©. 146. ®inf)eit be§ Setvu^t^einS beutet auf bie ©infai^fjeit ber ©eete 3lv. 93 ©. 133. 5leine iubiüibueUe Unftcrbic^feit 9tr. 94 'ihm. ©. 135. (gt^ifc^er ©ubämoni^muä ^Jlr. 129 ©. 180. Xugenb ali gertigfeit unb ein 5üUttIereä jtDifdjcn jiuei Saftern 3lx. 197 ©. 257. aBoI^nuoaen ^v. 170 ©. 233.
<£-ptßur bon ©anto3 341 — 270. 9limmt bie 2ltomreI;re unb bie ^ufäKtge Silbung ber 2ße(t an dh. 118 ©. 164. ®t^ifcf;e§ «ßrinji)) ift bie Suft 9ir. 127 ©. 177. j[ucrcttuö au§ 3iom 70.
©toifer. ^nio au§ ilittion 350—258. ^ßrtjfijjp au§ ©oli 282—209. <|ifcotttß (3(nüj:arc;^ 833 ©. 165). Sie erften iüiffenfc^aftlic^en ^^ant^eiften. 3lel^men nur ein ^^rinji^ an, n)elcf)e§ fid; in ein £eibenbe§ unb ein 2;ptigeä f^altet 9lr. 15 2lnm. ©. 27, 3ir. 135 ©. 189. aitte^ gfteale ift lorpertid; (3JJateriaU§mu§) 3lr. 19 S. 33, ©. 64. Ser QWid (Xoyog ÖTtepj^attJtos:) in ber 3latur 3lv. 119 ©. 166. «Periobifc^e Sßeltöerbrennung 3tv. 12 ©. 19, 5Rr. 115 ©. 156. Saä ^rtnsi|) ber ®tl;i!: ber 9Jatur gemä^ (eben, gvüubet fid^ auf bie tl^eoretifc^e 2lnfdjauung 92r. 135 ©. 189. Über bie Ü&et ber äBelt 9ir. 137 ©. 196. ©elbftbe^errfc^ung 3lr. 169 ©. 232, suum cuique. beginnen &iec^t unb 3]ergeltung gu fdjeiben dir. 185 ©. 242. 3)oginatiämu§ in ber 6rfcnntnig(e^re 9ir. 62 ©. 99. ©eelenbermögen ^v. 103 ©. 146. 2)er ©toiäigmuä be§ ^piUtet 90 n. (E§r. unb be§ p. Ättrcftus 2lntoninu3 161—180 n. e^r. neigt jur 3!«l^ftil 3ir. 137 ©. 197.
'§*fiitar(6 au§> (S^aeronea 99 n. S^r. SualiSmuS eineä guten unb eines bijfen «ßrinji^jg 9lr. 137 ©. 197.. 35a§ ©eiftige ift nic^t aSeU^egung 9?r. 40 ©.71.
2)ic Sfe^Jtifcr. ^tjnßo 330 b. 6^r. J\fncrti>fotttö 20 ö. (5^r. ^«ius ©m^iricuS 200 n. ©f>r. Slelalibität ber finnlid;en Sßa!^rnel^tnung 9Ir. 62 ©. 99. ®iner »erhjanbten Slrt ju ^jl^ifofo^jl^ieren folgt bie jiveite unb britte |tßabemie. ©tifter ber erften 3tfabcmie ift ^lato, ber ,^tt)eiten JirßcflfattJ 316—241 ö. S^r., ber brüten ^arneßöcs 214 — 129 b. (5^r. (g§ gibt !ein SBiffen, nur 2ßa|r= fc^einlid;!eit 9Zr. 62 ©. 99.
^tC 9lcu)Jlotonifcr. S^rer Sen!lt>eife na^e berhjanbt ift ber ^ubc "g'^ifo (3eitgenoffe gfjrifti). Aiitinonius ©acca§ in SlfeEanbrien 175—250 n. 6l^r. '^fotin aug £^fo^)oIi§ 205 — 270 n. 6Ijr. Causa sui 9ir. 6 ©. 10. Kreislauf bcö 3Berben3 3tr. 12 ©. 19. (gin^eit ber ©eete 5Rr. 93 ©. 133. ^bealigmug 9ir. 63 ©. 101. ^orp^pritts 233 — 304 n. ©^r. Sambtid^uS 300. ®ä gibt nur ein ^rinji^j 9Jr. 20 ©. 36. S)iefeg ift ber eigenf^aftglofe ©ott 3lv. 15 ©. 26. «ermittclnbe ©lieber jtüifd^en ©ott unb ber 9Jiaterie finb Xoyos^, vovg, rpv^i] 3ir. 15 ©. 27. ©i^ be8 Söfen ift bie 9«aterie 3lv. 137 ©. 196. (St^ifc^eg ^rinji^) ift bie Sogfagung öon ber ©innfic^!eit 9lr. 138 ©. 198. QntettertueEc Sinfc^auung 5«r. 66 ©. 105.
268 (El^ronologifd; gcorbneteö 9lament)erjeid^ni8.
IL Jltttclttltcr.
iHtiflitflitttts f 430. 3lntänge bcS ^bealiömuS 9?r. 63 2Inm. ©. 101. Xai ©ute ift nic^tg 2BiafürIic^e§ 3lv. 133 ®. 185.
piontjRuö 2lreo})agita (^feuboni;m) 475. ^eoXoyia aTtoqjatmr] 5Jr. 16 ©. 23. ©cotuS (Srigena 843-877. Slbfoluteg Sßerbeu 9Jr. 6 ©. 11. ^Infcfm tion (Santerbur^ 1033 — 1109. Dntologifc^er 33eiuei§ für bag ®afetn ®otte§ 3Jr. 13 9lnm. ©. 23. ®egner bcSfelben ^aunifo 9lr. 14 S. 23. ^osccITUiUö 1092, logtfd;er 9iominaIift 9h-. 70 ©. 109. SIbelarb f 1142. SHbertuS 3Jiaguu§ f 1280. ^Oomas bon 3lquino f 1274, logifc^er SieaUft 9ir. 70 ©. 109. 2^ag ®ute ift nic^t? äßtC^ lürlicbeS !:)tr. 133 ©. 185. puits ^ifotuö t 1308. S)a§ ©ute ift ein UnUIürrid^er SBefe^i ©otttg 9h. 133 ©. 186. ^$if^cfm v. (^«nm logifc^er 9lominalift 9Jr. 70 ©. 104.
9)?ljftifet. 3J;eifter ^(Rf^art 1330. ^»f^effftr 1624—1677 9ir. 138 ©. 199.
IIL Heuere 3eit.
©iorbano 33runo, berbrannt ju 5Rotn 1600. Monfcquentcr ^antl^cift, nimmt jugicid) 9Jionaben an. gr.vanctö Siafu (li. 3]eru(am), gcb- ju Sonbon 1561, f 1626. ©d^rift: Cogitata et visa ober Novum organon scientiarum. ©ift für ben 33c: grünbcr be§ naturiinffenfdjaftlicf^cn ®m|)iri§mug unb bev Sni'iiftion 9ir. 116 ©. 161.
■^ftte Pfö-^axics, geb. ju 2aija'C)i ISüG, f in ©torf^ofm 1650. ©d^riften: Meditationes de prima philosophia 1641. Principia philosophiae 1644. ^ejU'eifelt bie ©jiftenj ber Sdt^enliielt. ©idjer ift junäd)ft nur 'aa^ S^^ gegeben (cogito ergo sum) 9Jr. 63 ©. 101. »eiüeift bie enftenj ©otteg auö beffen »egriff 9lr. 68 ©. 107 unb burcf) ben ontologifc^ien Setiu'iS 9if. 13 ©. 23 2lnm. Sßelüeift bie ©jiftenj ber 21u|entvelt mit .^ilfe ber 2lnnal;me ©otteS 9h. 68 ©. 107. 3}a§ SKefen ber Körper befielt in ber 3(u§be^nung 9h. 19 ©. 33, 9h. 38 ©. 67. S)a§ SBefen ber ©eete befte^t im 2)enfen ^x. 6 ©. !0, 9h. 36 ©. 62. Serlverfung be§ influxus physicus "^Ix. 51 ©. 84 unb ber unöermittelten ^ernixnrfung "^Ix. 37 ©. 63. S)uali§mu8 jtrifd^en £eib unb ©ecle '^Ix. 98 ©. 139. Slnfänge be§ Dccnfionali§mu§ 9tr. 51 ©.84. S)a§ ©Ute ift ein nnUfürlid^er Sefe^l ©otted ^x. 133 ©. 186.
ilrnofb ^cufin* (Gartefianer) 1625—1669. SBeiveift bie ©Eiftenj ber 21uf!en= irelt au§ ber Ginfac^fiett ber ©eetc 9h. 68 ©. 107.
^icofas pafcßrondie (©artefianer) 1638-1715. Dccaffionalift 9h. 51 ©. 84. e^riftlicber ©ubämonift 9lr. 130 ©. 182.
53arud) bc ^pinoja, geb. ju 2lmfterbam 1632, \ im ,'?)aag 1677. ©d^rift: Ethica ordine geometrico demoüstrata 1677. Tractatus politicus 1677. ^antl^eift. ©runb unb Sffiefen afier ®inge ift eine ©ubftanj (©Ott) 9h. 3 ©. 5. ®er S8en?ei§ für bereu ©injigfeit berul^t auf bem ©a^e : determinato est negatio 9h. 20 ©. 34, 3ir. 100 ©. 143. Sie ©ubftanj ^at unenblid) biel 2Ittribute, üon lüelc^en un§ nur jitjei befannt finb: !£enfen unb 2lu§bo^nung 9lr. 3 ©.5, 9h. 17 ©.31. Bwifc^en ben SWobig beiber 3tttributc befte^t f einerlei Äaufalität 9h. 63 ©. 102, 9Jr. 136 ©. 193, fie laufen einanber paraOel 9Jr. 66 ©. 105. 2)ie 2lnnal^me ber 2lu^ennjelt beruht auf ber @m^)finbung 9h. 66 ©. 105. Urfac^e unb Sßirlung fte^en ju einanber in bemfelben 58er^ältni§, it)ie bie allgemeinen begriffe ju ben befonberen 9h, 100 ©. 143. 2lug ber ©ubftanj lann bag ©nblid^e nic^t abgeleitet toerben -i\x. 3 ©. 5. (Ein SDing
(£l;rouolügif(i) gcoit»nete'3 'Jfameuüerüeic^niä. 269
f)at um jo ntel^r SReatität, je mel^r 3Ittribute eg ^at 3lt. 13 ©.23. Äeine Qtütä- urfad^en 9Jr. llü ©. 161. SDie ©eete bcfte^t im 3)enfeu 5«r. 3(j ©. G2. Äeine Un= fterblic^feit 9ir. 94 Slnm. ©. 136. (gtf)ifd;cv ©tanb^)un!t: jusr^ipotentia, gataliömuS 9Jr. 136 ©. 193, ©. 231.
(ÄUßO ^rotiuö, geb. ju ®elft 1583, f ju 5RoftodE 1645. ©d^rift : De jure belli et pacis libri tres 1625. ©aö 3iecf;t grünbet fid^ auf ba§ üDU^faUett am ©treit 3{r. 180 ©. 240. Urred;te unb ßanggred^t 9ir. 183 ©. 242.
"Stomas ^"ioßOcs, g«b. ju 93Jarmeäbutt) 1788, f 1679. ©d;rift: De cive 1642. Seöiatl^an 1651. De corpore 1655. De homine 1658. S)a8 ©ein l^at feine ®rabe beä 3){el^r ober SBeniger 3lr. 14 ©. 25. 2)a8 SBefen ber Singe erJennen tüir nid^t 9Jr. 63 ©.101. 2Bag im «Räume ift, i[t räumlich (9Jlateriarigmu§) 3k. 19 ©.33. S)a§ SRed^t berul^t auf ®ubämoni§mu§, ift ba§ 2)iittet, um bem bellum omnium contra omnes ein ®nbe ju mad^en Dir. 175 ©, 237. Unterfd^eibet baä SRed^t öon ber aSergeltung 9tr. 186 ©. 243.
^o^tt cj^odic, geb. ju SBrington 1632, f 1704. ©d^rift: An essay concerning human understanding 1690. 2)a§ Söefen ber Singe crfenneu tüir nid^t 9ir. 63 ©. 101. Problem ber ^n^ärenj, ©ubftanj unb 2lccibenj 3lx. 50 ©. 82. ^eine an^ geborenen ^been. (©enfualiämug) 3lv. 70 ©. 109. 2)a§ Qd} ift nic^t bie ©ubftanj ber ©eere 5Rr. 91 ©. 130.
George pcrßefct), geb. in 3!'-ltfl"i» 16^4, f 1753. ©d^rift: Theory of vision 1709. Treatise on the principles of human knowledge 1709. Seugnet bie (S^iftenj einer 2lu^enirelt. Qbealift. 2tüe Urfadje ift in ©ott ju fuc^en 3lv. 64 ©. 103.
^axttuei ^farßc 1675—1729, ^^aftcsßur^ 1671—1713, gtranciö ^»uid^efon 1694—1747, |i6aw §mitf) 1723—1790, ^olTaCion 1659-1729 finb aSertreter ber abfoluten SBertfc^ä^ung 9k. 159 ©. 225. Ueber aSo^riüotten 9ir. 174 ©. 235.
|)at>ib cfÄUmc, geb. ju ©binburg 1711, f 1776. ©c^rift: Enquiry concerning human understanding 1770. Sie Äaufatität l^at nur fubjeftikte 58ebeutung 9ir. 63 ©. 102, 9k. 51 ©. 83.
laacj^taucITi 1469—1527. ®t§ifc^eg «prinji^ ber 3JJac^t 9Jr. 128 2lnm. ©. 180, 9lr. 133 ©. 185.
3)ie ^cfttitcn. aRoraliften: ©anc^ej 1610, ©uarej 1617, £at;mann 1635, escobar, Sufenbaum 1669, 2;amburini 1675 u. a. Sa8 ©ute ift etloaö 3telatii?eg 9k. 133 ©. 186. ^robabiUgmuä 9k. 163 ©. 228.
gSfftifc ~^a5caf 1623—1662. ß^rifttic^er ©ubämonift 9k-. 130 ©. 182, ©. 214.
liamttcf von f»ufenborf 1632—1694. 9iaturrec^t 3lx. 176 ©. 238.
^apfe 1647—1706. Sritif ber ^Jräftabitierten Harmonie bei Seibnij 9lr. 17 ©. 29. Sag ©Ute ift nichts Sßiaiürlic^eä 9lr. 133 ©. 187.
pontcöqtticu t 1755. Über ba§ S^riftentum 9k-. 191 ©. 252.
^ottfricb c^cißttij, geb. ju Sei^jig 1646, f ju ^annober 1716. SBerfe l^erauS: gegeben bon (Srbmann 1840 unb ©erl^arb. ©ein ift lein realeä ^ßräbifat 9ir. 14 ©. 25. Sag ©eienbe, beftel^enb in DKonaben, l^at eine beftimmte Qualität, 9Jr. 16 ©. 28. Sie Clualität befielt im SBirfen 9lr. 36 ©. 62, 9k. 38 ©. 68, '■Jlv. 41 ©. 73. Sog SBirfen ift urf^jrünglic^ , jebe 2Jknabe entölt eine 3J?el^rl^eit innerer 3"ftönbe. Sag SDßirfen l^at nur innere Urfac^en (^räftabilierte Harmonie) 9k. 17 ©. 28. ^Üuftere Xlrfad^en finb unbenfbar 9lr. 51 ©. 84, 9ir. 63 ©. 102. SSertoerfung ber unbermittelten gerntvirlung 9k. 37 ©. 63. Sag SReale ift nid^t unenblic^ 9k. 30 ©. 52. Principium
270 (Sl^ronologifd) georbneteg S'lamenberjeid^ntg.
indiscernibilium 3lv. 20 ©. 35. S)ag Äontinuuin ift in fid^ h)iberf^red^enb 3lt. 19 <S. 34. Segrünbung be8 9leari§mu§ 9^r. 68 ©. 108. Slngeborene ^inn 3lv. 70 ©. 109. 2lEe ©ecleutl^ätigioitcn [inb ^''fs^" einer ©runbfraft ber ©eete 9ir. 105 ©. 148, unbergleid^bar beu 33etxiegungen 9fr. 93 ©. 133 2lnin. SSertoerfung ber ©cerenöerniögen 3lr. 79 ©. 120. 3JaturrecI}t 3lv. 176 ©. 239.
^^ömaftus 1655—1728. Siertreter be« 9?aturrec^tg 3lv. 176 ©. 233.
^^rifliott pioff 1679— 1754. SSertreter ber Seetenbermögentl^eorie 9k. 103 ©, 156. (St^ifd^eö ^riuMj): perfice te ipsum 9fr. 173 ©. 232 ainm.
S)ie franjöfifd^en @nci)Clo|)äbiftcn. SßoUaire f 1778, ©onbißac f 1780, 2)iberot f 1784, b'2trembert f 17ö3, be Samettrie f 1751, ^olhaä) (systeme de la nature) finb aJiaterialiften unb ©ubämoniften 9Jr. 127 ©. 178.
^ricflfcp 1733—1804, über gret^eit be§ SöillenS 9Ir. 199 ©. 263 2lnm.
gimmanucf ^mit, geb. in ßöniggberg 1724, f 1804. Sßerfe herausgegeben öon §arten[tein 1838 unb 1867, unb üon 5Rofen!ranj unb ©d^ubert 1842. Äritif ber reinen 58ernunft 1781, ®runbtegung jur 9JJeta)3^^ft! ber ©itten 1785, Sriti! ber ^ra!ti[^en SScrnunft 1788, ßriti! ber Urteiläfraft 1790, Sleligion innerl;alb ber ©renjen ber bloßen SSernunft 1793. ©ein i[t !ein rea(eg ^räbifat; über ben ontologifd^en SeJiH'ig für ba§ ©afein ©otteS 9fr. 13 Slnm. ©. 23, 9fr. 14 ©. 25. einfad^^eit beg ©eienben 9k. 19 ©. 34. 3)föglid^feit beg abfoluten 2Berben 9k. 6 ©. 11. ^robtem ber ^nl^ärenj. 2)ie ©ingc an fic^ fennen unr ntc^t 9fr. 50 ©. 82. 2lntinomien 9fr. 30 ©. 52. Sie ajfaterie erfüQt ben 3?aum burc^ 5?raft 9fr. 38 ©. 68. gernlüirfung 9fr. 37 ©. 64. ®er ©toff ber ©mpfinbungen fommt öon aufien, bie {Jorm Don innen. Äategoriente^re. 3;ranfcenbentarer S^c<^^i^'""^ ^ir. 63 ©. 102, 9fr. 71 — 77 ©. 110. Seleorogie ^at nur fubjeftiöe Söebeutung 9k. 117 ©. 163; anfd^auenber SSerftanb 9fr. 119 ©. 167. ©eefenüermögen 9fr. 103 ©. 156. ®a§ ^d) bejeid^net nic^t bie Dualität ber ©eele 9fr. 91 ©. 130. ®tf)if berul^t auf abfoluter SBertfd^ä^ung. 'Trennung ber ^raltifc^en ^F;iIofo))l;ie bon ber f^eoretifdien 9fr. 153 big 156 ©. 220. S)ag Dbje!t ber fitttid)en Beurteilung ift ber SßiUe 9k. 156 ©.222. Äritif beg (Subämonigmug 9fr. 157 ©. 223. ^ategorifd^er Qmperatiü 9fr. 158 ©. 224. SCutonomie 9fr. 164 ©. 228. Seren Seutung in eine tranfcenbentale grei^cit 9ir. 6 ©. 11, 9fr. 165 ©. 229, 9fr. 199 ©. 261. ^flic^t jRr. 198 ©.258. SBo^rtüoUen 9ir. 173 ©. 235. Trennung beg Siec^tg öon ber 3JforaI 3lv. 176 ©. 238. 3tbfolute ©traft^eorie 9fr. 187 ©. 243. 9iabifalcg $8öfe 9fr. 199 ©. 261. 3figorigmug ber 3:ugenb 9Zr. 197 ©. 258.
^ßrlditttt §aco6 ^trauö 1753—1807. Segriff bom abfotuten ©ein 9fr. 14 ©. 25.
5?ricbn(§ /ifinridj ^ocoßi 1743 — 1819. 5Wac^t barauf aufmertfam, ba^ Äantg tranfcenbentaler ^bealigmug in einen abfohlten übergel^en niüffe 9fr. 63 3. 102, 9ir. 72 S. 112. ©ein SHealigmug grünbet fid; auf bie ©innegem^finbungen 9fr. G6 ©. 105. gjtics 1773—1843. Jiantianer ^tnfid;tlid^ ber ßrfcnntniglel^re, leiert bie ßinfad^^eit beg ©eienben 9fr. 19 ©. 34, bie S)urd;bringlidifeit 9Jr. 39 ©. 69, öeririrft bie Un= enblic^Ieit beg ©eienben 9k. 30 ©.52. 3iciuf;0fb ^.''jS— 1823. Kantianer, bereitet ben abfohlten ^bcahgmug Dor buri^ ben ©a^: alie SBiffenfdjaft muffe aug einem ^rinji^ abgeleitet luerben. ^. ^. ^rfjufic, ^. ^Saimon, '§.U&, Santianer, bereiten ben abfotuten iöiieaügmug bor iuxä) SOerJüerfung ber Singe an fid^ 9k. 63 ©. 102.
^ioßttnn ^oltfifß pM)U, geb. in ©d^teficn 1762, f 1814 in Serlin. 2Ber!e ^erauggegeben öon 3. ^. gierte 1845. Äritif aUer Offenbarung 1792. 2Biffenfc^aftg=
(S^ronologifd; georbneteS ^lamenberjeic^niS. 271
le^re 1794, 1795. ©runblage bcg 9iaturred^tä 1797. ©Aftern ber ©ittenle^re 1798. Über bie SBeftintmung be§ 3JJenfc^eu 1800. S)ie 3Biffeufcöaft ^at nur ein ^rtnjip. SiefeS ift ba^3 ^c^, Wdi}^^ allein Siealität befi^t dh. Gl ©. 103. !©a'3 Sßefen beg ^d) tieftest im abfoluten Jßerben ■'Jh. 7 ©. 12, entiuicfelt fic^ burd; 2;^cfi§, 2(ntit^efi§, ©^ntl^efiS 3lv. 140 © 203, ioirb mobifijiert burc^ ein S'HdjtjQc^ (unbegreifUd^en 2In: rai) 9ir. 9 ©. 16, läuft in fic^ jurücf 3lv. 12 ©. 19. 2)ie inteKeftueUe 5tnfd;auung fd^aut ba§ ^d) al§ in ftd; txnberf^jred^enb 3lx. 11 ©.17, ivirb mi^üerftanben üon ©d^elling 3ir. 66 ©,105. ©eine ©t^if grünbet fic^ auf bie gorberung, ba^ baä md)t'-^d) bem 3^ ibcntifd^ lüerbe 9h-. 139 ©. 201, fü^rt jur SJernid^tung beg Qnbiüibuumg 3lv. 143 ©. 209. ©elbftt^ätigfeit ift bie einjige 3;ugenb 3lv. 165 ©. 229, 3lv. 169 ©. 232. Harmonie mit fid^ felbft 3lx. 165 ©. 229. 2:rennung be§ SRec^tä bon ber SKorat 5fJr. 178 ©. 239. SJoralifc^er ©inn 3lx. 146 2Kmn. ©. 213.
5^ncbn(^ pif^cfm 3>ofep^ Ät^elTtnfl, geb. ju Seonberg 1775, f ju 33errin 1854. 2öer!e "herausgegeben öon 5?. ^y. 21. ©c^eüing. Slb^anbhmgen jur ©rtäuterung beS ^bealiömuö ber 2Biffenfc^aft§leI>re 1796. Sruno ober über bag götttid^e unb natürli(^e ^rinji^ ber Singe 1802. 'Spt^irofo^l^ifc^e Unterfu(^ungen über ba§ Sßefen ber nienfc^Iid^en grei^eit 1809. Qbcen jur ^^itofojjl^ie ber 9Mtur 1803. 58er= aßgemciuert baä gid^te'fd^e ^d) unb überträgt e§ at§ abfoluteä SBerben ouf bie ganje 9Jatur 5«r. 7 ©.13. 5lennt nur ein ^rinji^ 3lv. 7 ©. 13, 31. 20 ©. 34, biefeä ift qualitätSIog (^nbifferenj) 3lv. 16 ©. 27, enthält eine innere Siiel^eit 3lx. 17 © 31. S^ie ©jiftens ber 3lufeennie[t iinrb burd^ bie intclleltuelle Slnfd^auung erfannt 9?r. 11 ©. 17, 5«r. 66 ©. 105. Kreislauf be§ aSerbenö 5Rr. 12 ©. 19. immanente Xeleotogie 3lx. 119 ©. 167. Unfterblid^feit 9Jr. 94 2lnm. ©. 136. ©eine et£)if beruht auf ber ©ntJüidetung be§ 2lbfotuten 3lx. 140 ©.203. <pö^ere®efc^ic^t§anfc^auung 3lx. 140 ©.204.
2)er ©d^eHing'fc^en 2(rt ju ^jl^ilofo^i^ieren bertuanbt finb ber S'Jatur^jl^ilofo)))^ 0ß«n, bie 3;^eofo^l^en ^xaufe (^anent^eiSmug) unb paaber. Steffen Segriff bom ©ein als SBerben unb 3SieI^eit in ber ©in^eit 5ftr. 17 ©. 31, 5«r. 8 ©.14. gerner:
l^fo^f 1802—1861. ^^ilofo^^ie be§ 5Red^t§ 1830. S^eofogifd^e Segrünbung ber ©t^if 5«r. 133 ©. 185. Serlrirft eine 2;rennung beä 3led^t§ bon ber 'SRoxal 3lv. 179 ©. 240. 3)er ©taat ift nic^t blo^ 3^ec^t§ftaat 3lx. 193 ©. 253 2inm.
^eoto SSif^cfm ^iricbrid) isegcf, geb. ju ©tuttgart 1770, f ju Serlin 1831. SBerfe l^erauägegeben 1832. ^^änomenologie be§ @eifte§ 1806. SBiffenfd^aft ber Sog« 1812. ©nc^cto^äbie 1817. ©runblinien ber ^^ifofo^j^ie be§ SRed^tS 1821. ©g gibt nur ein Wm^P 51r. 8 ©. 13, 3lx. 20 ©.37, baSfelbe ift qualitätgtog 3lx. 16 ©. 27, trägt in fic^ ba§ ^rinji^) ber SJiel^eit 9]r. 17*©. 31, entJüidelt fic^ alg abfoluteä Sßerben 3lx. 8 ©. 13, burdj bie bialeltifc^e «DJet^obe 3lx. 103 ©. 146, 3lx. 140 ©. 205. Ärei§rauf ber S)inge 3lx. 12 ©. 19. Sa§ abfolute Senfen fie^t bog 3n=fid)=5Biberfi)rec^enbe alg bag SBa^re an 3lx. 11 ©. 18. gjbentität beö ©einS unb be§ Senfeng 9Jr. 100 ©. 143. immanente Seleorogie 9Jr. 119 ©. 167. Sie ^pf^d^ologie o^)eriert mit 2mgemeinbegriffen 9Jr. 103 ©. 147. J^eiue Unfterbltd^feit 9ir. 94 2lnm. ©. 136. Sie ©t§if grünbet fic^ auf bie ©ntloidEelung beg 2lbfoluten 5Rr. 140 ©. 203. 2lbfoIute ©traft^eorie 3lx. 187 ©. 243.
^riebrlc^ ^(^fclerwot^cr, geb. ju 33regrau 1768, f in Berlin 1834. SBerfe 1835—64. ©runbUnien einer Sriti! ber bisherigen ©ittenlel^re 1803. ©nttüurf eines ©^ftemS ber ©ittentel^re 1835. ©rünbet bie 2lnna]^me ber 2lu^entüe(t auf bie ©in^)finbung JJr. 66 ©. 105. Sie ©t^if ift Sarfteöung beg Slbfoluten 3tv. 140
272 ©i^ronologifd^ geovbnete§ Stamenberjeid^niS.
©. 203. ©er 3J?enyd^ Witit auf bie Statur ft;inboUfierenb unb organifierenb 9lr. 140 ©. 204, 3lt. 1G9 ©. 232. Über SBo^Ilüoaen 5Rr. 172 ©. 234, Über bie grei^eit beä 2Btaen§ 3lv. 199 S. 260. i!eine Unftcrblic^feit 3lt. 94 3lnm. ©. 13G.
^ScuccHc 1798—1854. Dbgleid^ er in ber 'i|ijt;d}oIo9ie nur em:^irifci^ öerfal^ren Wiü, bel;ätt er bod^ bie ©eelenbermögen bei 3}r. 103 ©. 156.
Jirf^ut ^(^opcn^aucr 1788—1860. S)ie aßelt alg 2BiUe unb als 33orfteUung 1819. 3ft aSonift, nid)t ^ant[;cift, Icnnt nur ein©cienbeg mit urf^rünglid^ innerer Siiel^eit 9k. 17 ©. 31. Siefe§ entwiöelt fic^ al§ abfotute§ SCßerben ober SBiüe 3Jr. 8 ©.14, 9lr. 36 ©.63, tnirb bon un§ nur unüoUfommen aufgefaßt ^v. 10 ©.17. Äategorienlel^re unb Seiüeig ber (Sgiftenj einer Slu^entuelt 9lr. 73 ©. 112, 3lx. 85 ©. 126. et^i! (^effimigmug) grünbet fic^ auf bie (Sntixndelung be§ Slbfotuten 9lr. 141 ©. 205. Über 2Bo^lWoaen 3h. 172 ©. 235. Unüeränberlic^feit beä S^aratterS 3ir. 199 ©. 262. Äeine Unfterbtic^feit 9ir. 94 2lnm. ©. 136.
^o^ann gii^t^^ri«^ /Acrßort, geb. gu Dtbenburg 1776, f ju ©öttingcn 1841. SBerfe l^erauögegeben öon ^artenftein 1850. Sel^rbuc^ jur Einleitung in bie ^f;i(ofo))^ie 1821. lügemeine aiJeta^)^t;fi!. 2 %^U. 1828. ^f^djorogie alg 2ßiffenfd)aft 1825. aiügemeine ^jraftifdie ^l^ilofo^I^ie 1808. Sßerle l^erauSgegeben bon |)artenftcin 1851, bon Äel^rba^ 1887. 2)ie allgemeine -öieta^jl^^fif bef)anbelt folgenbe Probleme: ber Sinl^ärenj 5Rr. 47 ©. 78, ber SSeränberung 3Jr. 51 ©. 83, ber 93Jaterie 3iv. 52 ©. 85, beö Qrf) 9Jr. 61 ©. 97. S)eren 2öfung erforbert bie Stnna^me bon bielen ^Jlv. 25 ©. 41, aber nid^t unenblic^ bieten 9ir. 30 ©. 51 realen 3Befen, tbeld^e abfolut 9ir. 14 ©.25, qualitatib beftimmt 3lx. 16 ©.28, bon berfc^iebener Clualität 9lr. 40 ©.70, einfad) 9Zr. 19 ©.34, für einanber burd^bringlic^ 9tr. 38 ©.66 ju fe^en finb, unb ireld^e fic^ gegenfeitig ju i^raftäufierungen beftimmen 3lv. 45 ©. 76. 33egrünbung be§ 5lealigmu§ 3tt. 91 ©. 130. yiad} ben inneren Hraftbert)ältni[fen ridjten fic^ bie äußeren 3"ftänbe ber realen Sßefen 3lv. 57 ©. 93. ©elbftänbigeg ©eelenivefen 5Rr. 92 ©. 132. SDeffen Slied^felivirlung mit bem Seibe 3tv. 95 ©. 135. 2ßc(^fet= Jbirlung ber Sorftettungen xmtereinanber 9lr. 98 ©. 140. ®ie 3*^^«tfforincn ber 91atur (3;eIeologic) führen 5ur Slnna^me eine§ ©d)ij)jfer§ 9Jr. 119 ©. 168. Unter= fi^ieb jtüifc^en ber t^eoretifd;en unb ber ^jrattifc^en ^^itofopl^ie 9ir. 153 ©. 220. ®t^i! al§ Xeil ber aügemeinen 2lftt;ctif 9ir. 160 ©. 226 unb ©. 246 grünbet fic^ auf abf olute Urteile 9tr. 154 ©. 220, wetc^e über 2BiÜen§berf)ättniffe ergeben 9Jr. 156 ©. 222. 2)iefe Urteile geben jur 2lufftellung folgenber ^becn iH-ranlaffung : ber inneren grei^eit 9ir. 161 ©. 227 (befeelte ®efeUfd;aft 9tr. 193 ©. 253), ber aSolT-- lommen^eit 9lr. 169 ©. 231 (Äutturf^ftem 9Jr. 192 ©. 252), be§ aBüt)rn>oaen§ 9Jr. 170 ©.233 (SBertDaltungSf^ftem 9Jr. 191 ©.251), be§ 3iec^tg 9Jr. 175 ©.237 (3fJec^t8j f^ftem 9ir. 189 ©. 250) , ber 3Jergettung 9ir. 184 ©. 242 (2ol;n - unb ©traf f^ftem 9lr. 190 ©. 251).
ttug. fxtui, <liti)tn.
Otto Sc^ttljc SSertag iu 6ilt()ett. 273
Über bie erfte 3liiflaöe be§ üorftetienben 33u(^eö
®ie
§iftorif(^ = fritif(j^ bärge [teilt
O. ^lügcl. fotgen na($ftet;enb einige 33 e ii r t e i I ii n g e n :
Jctttfi^c ^mUv für erjte^cnbctt ^niettt(^t. 1885. 3lv. 22, S^iselS ©^rtft tüilt baju anleiten, auä ber ©ejd^ici^te ber ^ßl^ilojo^l^ie ba§ «ßl^ilofo^l^ieren unb bie 5pi^ilofo^l^ie ju lernen. SSerf. giebt hjeber eine rein l^iftorifd^e , noc^ eine bogmatifc^e S)arfteIIung , fonbern er fteßt biejenigen «ßr ob lerne in ben 3Sorbergrunb, anf beren Söfung bie ))l^i(ofo:i)l^if(i^en 33eftrebungen aller Qdt gerichtet geh)efen finb unb um beren 2i5fung jebe ernfte in biefer SSejiel^ung angefteKte gorfdjung bemül^t fein mu^. Ser ganje ©toff einer allgemeinen ©efd^id^te ber ^i^ilofo^l^ie ift um biefe ©runbfragen be§ S)en!enä un"!} beren Söfungen gru:|)^iert. ®g hjerben fämtlidie ®runb:|)robteme ber ti^eoretifc^en unb ^raüifdien ^l^itofo^l^ie üorgefül^rt, bie fünfte, an iueld^en fic^ ©i^toierigJeiten finben, in^befonbere beren eigentümlid^e aSefc^affenl^^eit bemer!lid) gema(^t unb bamit bie öerfc^iebenen 2lnfang8= fünfte ber ©^jelulation gejeigt. Ser ^^o^i^J^i^ foH bei jebem einjetnen Probleme in ben Staub gefegt U^erben, fämtlic^e möglid;e unb l^iftorifd^ t)erfu(^te, bemer!en§n)erte 2ö[ungen ju überfe^en unb fie nad^ il^rem ioa^ren SBerte beurteilen ju lönnen. 2)enn an einem fclbftänbigen 33erfud^e, jene ©d^toierig!eiten ju löfen, bürfte faum jemanb mit ®rfotg arbeiten lönnen, ber fid^ ni^t mit fämtlid^en 2)en!beiüegungen in 58ejug auf ®eift unb SOJaterie tüenigftenS ben §au^t|)un!ten nad; tjertraut gemad^t I^at. SBo biefe Äenntnig fel^tt, lüirb oft an öermeintlid^ felbftänbige SöfungSberfud^e gro^e SJlül^e öertDenbet, bie gef^art fein iüürbe, l^ätte man getoti^t, tr»ie ganj bie nämlid^en ©ebanJen bereits frül^er bielfac^ aufgefteEt, abgeänbert, tüiberlegt unb bon neuem aufgenommen Jüorben finb. 33ei einer berartigen Darlegung ber öer= f(l)iebenen Sentbelüegungen l^at aCerbing§ aud; auf ©ebanfen 3iücEfid^t genommen lüerben muffen, bie bereit? h)egen il^rer Unfrud}tbarfeit aufgegeben finb, iüie 3. 33, bie 5ßl^ilofof3l^ie ©(^etlingö ober §egel§, bie jeboc^ ^rinji^ieH immerl^in al§ ein bebeutungöüoUer 3Serfuc^, geiniffe Probleme ju löfen, anjufel^en finb. SDBer fie nid^t fennt, !ommt nur gar ju oft, ol^ne e§ ju tttoUen ober ju Jüiffen, auf fie jurücE.
Sm übrigen finb bie einjelnen Probleme unb il^re Söfungen fo tt)eit Verfolgt unb bie einfd^lägige Sitteratur fo ttjeit angegeben, ba^ man bon "ta au§ unmittelbar jur Setailforfd^ung übergel^en lann.
SDiejenigen fragen, bon beren 33eantlüortung bie eigentlid^e (Sntfd^eibung einer allgemeinen SBeltanfc^auung abfängt, finb genügenb erörtert, fo bafj fic^ jeber Iriffen;
274 Otto Sf^ul^c SScrkg m (Söttjen.
yd)aftUd^ ©ebitbete baburd^ I^inlänglid) auf bem ©ebtetc ber ^l^ilofo^'^ic unb ber attgemeinen 3}atiirlinfi'enfd&aft orientieren unb ein felbftänbigeö Urteil über bie cigentlid^ entfd^eibenben fragen bitben !ann.
Jenaer c^ittcratttricttuttfl. 1877, 3ir. 3. ®a§ Dorriegenbe 2BerI giebt ireber eine bogmatifd^e, nod^ btofi Ijiftorij'dje S)arfteaung, fonbern ift fo angelegt, ba^ bie ©efd^id^te ber ^^itoj'o^)I;ie um bie $au:^t^robIeme be§ S5en!en§, mit benen bie 3Biffen= fdjaft bon jel^er befd)äftigt getoefen ift, gleidifam Verteilt erfcf>eint. Sie ^!^ilofo:()t)ifd^en ^Probleme al§ foldje finb alfo in ben 58orbergrunb gerüöt, unb an il^nen inirb ge: jeigt, iniinefern unb mit ivelcl^em ©rfofge im 33erlaufc ber l^iftorifd^en ©ntiüidetung bie öerfd)iebenen ®en!er an beren Söfung gearbeitet fjaben. Qnbem ber SSerfaffer burd^ biefe 2lrt ber SarfteEung, U^eldie fd^on burdj bie 3ieu!^eit feffett, ben SUd feiner Sefer immer iuieber auf bie eigenttidien (Srunbfragen ber ^Ijilofojjl^ie l^inrenft, ift er nid^t nur imftanbe, biefe red)t bemcrftid; ju mad£)cn, fonbern jugleid^ aud^ ben S^rieb ju immer neuem Einbringen unb j^orfdjen ju ioeden, Wildjt beiben Sti'cde er bcnn aud^ im SCuge ju 'i)abtn au§brüdlid^ erflärt — einmal nämlic^ benen ju bienen, bie ba§ borl^anbene SJJateriar einer allgemeinen ®efd;id)te ber ^'^ilofo^'^ie !ennen lernen iooCen, fobann aber and) benen, JDcId&e beftrcbt finb, fid^ an ber eigentUd^en ^orfd^ung felbftänbig al§ 2lrbeitcr ju beteiligen. Siefer bo^^etten Slbfidjt genügt ba§ bor; liegenbe Suc^ in borjüglidiem 3[)ia|e. 3""äd)ft jeid^net eS fid) bxirc^ einen flaren, allgemein berftänblid;en ©tit au§, ber äugleid; jebod^ an h.nffenfd;aftlid)er ©d^ärfe nichts JU lininfd^en übrig lä^t; e§ gru)3|)iert ferner feinen ©toff in fo überfic^tlid^er aBeife, bafs man fid; überall fdjnell jured}tfinbet, iimS burdE) ein forgfältigeS SRegifter am ©d)lu§ be§ 2Ber!e§ nod) gefijrbert tnirb; enblid^ loeifen jal^treidje 2lnmer!ungen unter bem %i^t biejenigen, lt>el^e einzelnen fünften näl^er treten unb Süeiter nad^= geljen it^ollen, auf bie neueften Unterfud^ungen barüber ^in.
ft»anöcftf(^C5 ittttfien- mb ^i&umaU im ^ütUmbexQ. 18S1. 9?^. 38. ®in nad; 3lntage unb 33e!^anblung biä^^er gar nid}t borl^anbeueS , ganj befonberS unßfommene§ Sud^ finb ^tügel§ Probleme 2c. , eine enc^!lo|)äbifdje ®efd)id;tc ber ^^ilofo^l^ie nad^ ben biefelbe bon Slnfang an bi§ je^t beloegenben |)au^tfragen, beren jebe in i^ren berfd^iebenen Söfungen burc^ alle Qal^rl^unberte l;inburc^ auf; gejeigt tuirb. Sag 33ud^ bietet alfo eine Sfleilje größerer unb itleinerer 9JJonogra))]^ien über bie ©runb^robleme ber t!^eoretifd^en unb ^raftifc^H'u ^l)ilofo^l)ie — ber 53egriff be§ abfohlten SOßerben^, beä ©ein§, ba§ Problem ber 9){aterie, be§ ^d^, ber S^cteologie, ber ^reil^eit ac. 2C. — , beren 3lnorbnung unb ©ru^^ierung fd)lie§lid} bo(^ ein über; fic^tli(^e§ ©anje? giebt, beren abgerunbetc ©onberbe^anblung aber biel leidster, tiefer unb einbringenber in bie einjelncn ))l^ilofo))l^ifd^en Hauptfragen borläufig einführt, a(§ e§ bei einer rein l;iftorifd;en ^l;itofo^^icgefd;id}te, bie bie§ fc^on borau3fe^t, irgenb möglid^ ift. Ser ©til ift allgemein berftänblid^, bie Unterfud)ung bon bebeutenber ioiffenfdjaftlii^er ©djärfe, unter bem 3;ej.:t fel^len nid)t bie nötigen Sin: merfungen, unb ein forgfältigeS Jicgifter erleidjtert ben ©ebrauc^. 2lt§ ^j^ilofo^l^ifc^e ^ro^äbeutif, loie al§ ^l)ilofo|)^ifd^e§ SRe^etitorium für S^eologen ift ba§ 23uc^ au^, gejeic^net em^)fe^len§ibert unb burd^ bie Jieul^eit be§ ©runbgebanfenS feffelnb, 33etannteg in neuer inftruftiber Seleud;tung jcigenb.
Dito Srfjnljc iBctIag in ßöt^ciu 275
Pie ^eefenfrage
mit 9tüc!ftd)t auf bie neueren Sßanbluni^cn (^emiffer naturn)iffenfd)aftUd)cr S3egi*iffe
1878. — sßreiS: 2 3Har!.
^n^alt: 1. 6iftorifd;e ©inleitimg. 2. ^orin ^at bei- naturtniffenfd^aftnd^e 3)iatcriaUgmu§ 3{ed)t? 3. ©el^irn unb (Seift. 4. S3eivegung iinb ©m^finbung. 5. ©toff unb Äraft. 6. ®in^ett be§ ^etüufetfeinS.
S3 e u r t e i 1 11 n 0 e n. üffgemcine fittctarifj^c Sotufponben^ 1878. 9?r. 35. 2Btr l^aben baä 3Scrgnügen, unter bem borangefteHten Xitel eine fe!^r intcreffante ©djrift gur 2ln:: jeige ju tringcn. Senn biefe ©c^rift ift feft, tlav unb rid^tig gefd^rieben, für jeben tüiffenfctjaftlid) gebitbeten Sefer berftänblicf), unb fie legt in einer gebrängten lieber; fidjt ben ganjen ©taub ber %vaQi bar, ob e§ nämlid^ eine (:^erfönlid^e) fubftantieUe ©eelc giebt, unb twie iüeit ber 9Biffenfd;aft bie ®r!enntni§ ober bod^ eine logifd; rid;tige 3lufftel[ung einer fotd^en ©eete ntöglid^ ift. ®urd} i)a§ Sefen biefer ©djrift fann fid^ jebermann fofort mitten in biefe trid^tige ©treitfroge berfe^en.
l^^ifofop^tfc^c ^nomUmiUx von ^(^aavfdlfmbU Sonn 1878. .^eft VIII. Sie turje l;iftorifd)c (Sinleitung f;anbelt bie @efd)id;te be§ aJlateriaIi§mu§ biel über-- fid^tUdjer unb fa^gemäfier ah, al§ ba§ bielgerül^mte Sange'fc^e 33ud^. . . . 2)er ©runbgebanfe be§ '^lüQiV]ä)tn 33ud^e§, ia^ bie materialiftifdie Sl^eorie in il^rer big^ertgen f5<iffu"3 fll^§ unl^altbor ernannt ju toerben anfange, ift bon ebenfo un- leugbarer 9lid)tigfcit, al§ bie S)urd^für;rung beSfelben im aUgemeinen für eine ge; lungene erüärt h)crben muf;. . . . Sie borliegenbe ^ublifation ift aU ein ibid^tiger Settrag jur jeitgenöffifdien ^f^djologie ju betrad}ten, toeld^er mit um fo griJficrer 2lner!ennung aufgenommen iüerben mu^, al§ er bie ^lid^tung bejei^net, in tbeld^er fi(i> in ber 2;£;at ein gefunber g^ortfdjritt ber ©eelenlel^re gu boöjiel^en beginnt.
^itterarlft^cs ^cnfrafßfatt. 1878. 9ir. 39. Sie SSorjüge ber früheren ©d^riften be§ 58erfaffer§, Selefenl^eit, ©d^arffinn unb logifd^e Äonfequenj, finben fid^ aud) in ber borliegenben ibieber.
^itUxaiuvbiaU. SBien. §eft 21. 1878. Sie materialiftifd^en ©runbbegriffe finb gcgentüärtig in einer Umiuanblung begriffen, au8 ber fie :|)!^ilofot)l^ifd) bertieft l^erborgel^en merben, unb barau§ iinri) aud^ bie Unl^altbarfeit ber materialiftifd^en 2lnfid)t fid) ergeben. Siefen Umiüanblungg^rojef^ fteltt ber 3Serfaffer fel^r gut unb lid^tboü bar.
^aba(|0öif($C5 |lr($i». 1878. XX. 8. Senjenigen, ivetd^e fid^ für ben Äam^f jiüifd^en bem 3[)Jaterialigmu§ unb ben ii^m entgegenftel^enben Slnfid^ten über bie ^Jlatur unferer ©eele intereffieren, !ann ba8 borliegenbe SBud^ befteng em^fol;Ien
tberben Ser SSerfaffer tüei^ in feiner überaus Haren Sarfteßung bie
objeftibe SRu^e ju tbal;ren unb lautet fid; forgfältig bor jener l^eftigen lt)iberlid)en ^olemil, ioeld^e fo bieten ber über jene g'^^age gefdjriebenen a3üd^er nid^t gerabe jur 3ierbe gereid^t.
276 Otto Sc^uljc JBerlag tu aöt^cn.
^tcnjßotcn. 1879. 3flr. 35, ©. 350 — 360. Unter ben ©c^riften, tverc^c öom ^it;djoIogifd)en ©tanbjjunfte au§ ben 2)?ateriaU§mu§ befäm^fen, 5eid}net ftd^ bie 3lv&eit D. g lüge Ig biircö ©d^arffinn bc§ ®eban!en§ imb 2)urd}fid^tig!ett ber S)arftel[ung au§. . . .
la.gttrm«. ^Sclfagc jur ilttgsß. Hirgm. Scttttttfl. 1878. S>lr.220. 6.325. ©ine Heine aber gel^altöoHe ©djrift eine§ fd^arffinnigen ^fl;djo[ogen. . . . ©eine ©ä|e erijrtert er in Sejug auf ükreinftimmenbe une auf hJtberftreitenbe 2Infid^ten bon ^I;iIofo^l^en unb ^iaturforfd^crn in einteud^tenber 2Beife.
■glefotw. 2Bien. Ser Sßerfaffer bel^anbelt ba§ fd;tvierige 2:i()ema mit iüiffen^ f(i^aftUd;er 35oIIenbung.
'g^cofogtfc^c c^ittcvaitttseitttttg. ©iefien 1879. 3tt. 5. Qn ftarer unb eingel^enber Unterfud^uug erörtert ber SSerfaffer bie ©rünbe für bie 2tnnal^me eine§ einfad;cn ©eelentnefeng.
^äctuciö bc$ #(au6ens. 1879. §eft 10. Sie ©eetenfrage ixnrb l^ier in böEig befriebigenber, im 2:i^atfad;en ber SRaturlyiffenfd^aft unb bc§ ©elbftbelüufitfeinS ebenfoiüol^I, a[§ ben ^orberungen ber Offenbarung entf^red^enber SBeife getieft. SBir emjjfel^len bie ©d^rift ber 2lufmer!fam!eit unferer Sefer.
Pie fpeßufafit)e ^ßeofogie ber ^egeiwart
t r i t i f ^ 6 e l e u ($ t e t d o )i
zzizz B^tictte, erweiterte Stuflage. :z=:
1888. — ^rei§: 6 a«ar!.
Snl^alt: S)er 3)Joni§mu§ unb bie X'^eologie. ®ie Hsl^ilofoijji^tfd^en ©rünbe beS a)Zoni§mu'5. Sie tl^eologifd^en ©rünbe be§ SDiJoniömug. — Ser 5)?oni§inuä unb bie negative S^i^eologie. SBiebermann. D. ^ßfteiberer. £i))fiu§. — S)er a)Joni§mu§ unb bie ^jofitibe 2:^eoIogie (Sl^jologetif). (Sbrarb. Sorner. ^ranf. — 2)er 9ieu= fantianiSmuS unb bie Sil^eologie. 9litfd)l. .^lerrmann. ~ Sie realiftifd^e 3}hta- ^jl^^fif unb bie Xl^eologie. ©Ott unb bie SBelt. — Über organifdje unb med^anifd;e SBeltanfd^auung. — Floxal unb Steligion.
33 e u V t c i I u n 0 e n. 'Jl^cofoflifcfK c^tttcrofur-^citttttg bon ^arnad unb ©d}ürer. 1881. 9?r.23. ©.550 — 553. 3n flarer unb burd}fid}tiger ©prad^e, Une in trcffenber 2rrgumen- tation njerben bie ^^el^Ier be§ 9}Joni§mu§ aufgebedt. . . . ^oUe 58el;eräigung ber^ bient bie allgemeine (Erörterung über bie arge Äompromittierung, Uu'Ic^e bie Xi^eologie burd^ bie l^ologeten erleibet. Qi^re Sanjelargumente, il^r Slnrufen bon 3lutoritäten , il^re §aft, jebeä fd()einbarc 3"9fftänbni§ ber ^laturiinffenfd^aft au^= jubeuten, bie faufale 5}}et^obe unb ben SttomiSmuS ju befiim^fen unb für Seben§fraft, ©jjiritiSmug , angeborene Sbcen cinjutreten 2C., lüerben gebül^renb geloürbigt. Sie Sarlegung ber realiftifdjen SJeta^l^^fif, bie ber 35erf. fel^r gefdjicft bon bcm ©cbanfen ber lüdfenlofen ©irtigfeit beS ÄaufalgefefeeS au§ giebt, ift flar. , . .
Otto Srl)nf,',c l^crJag tu (?ötf)cn. 277
^ßUof0j>5tf(6e ^Jlonatsßcfte. herausgegeben bon ©d^aarf cf^mibt. 1882. ©.304 — 309. Ser 5Rcf. ift mit ben 58emer!ungen fel^r einbecftanben, ioeld^e ben 2lbjci^nitt über ben ^JleufantianiSmuS eröffnen unb fid^ auf bie in ®eutfcl^lanb , be: fonberg bon 2llb. Songe, in Gnglanb unb {^^ranfreid; burd^ bie ^ofitiöiften üer^ tretene 2lnfidjt Bejiel^en. ... g'^ügel jeigt fel^r gut "i^a^ Unl^attbare biefer 5n)ei ©eelentl^eorien unb ba§ Unjureid^enbe ber 3'litfd^[ = |)errmaun'f^en 2;§eotogie.
|)ör|)fcfb'5 fDcnflcfifÄCö ^djttfßfftif. 1882. ©. 236—237. Ser al§ 2Kutor l^erborragenber :|3l(;i(ofo^t)ifd^>er ©d^riften, al§ unbefangener ^i^eotoge, fc^arf: finniger Senfer unb ^ft;d}o(üge bcfannte 3Serf. giebt in biefem 3Bcrlfe eine umfaffenbc ßritif bcr f^ehdatiDen S^^eologie in i'^reu neueften ©rfd^einungen. evcrit Don jebem ^artetftanbjjunltc unb alleS f^cjififc^ Sogmatifc^ie ftreng berineibenb, I;at er bie ©^ehdation innerl;alb ber 2;r;eoIogie juni ©egenftanbe feiner Strbeit gemad}t. . . . 2lm ©d^Iuffe befinbct fid; ein Jlamcnregifter, baSfelbe jäl^tt über 230 3'lainen, unb ift barau§ erftditüd^, bftf) \vo^ !ein namhafter 2;^eotoge bcr ©egentuart o!^nc Serüdfid^tigung geblieben ift. Sa§ 33uc^ ift ein SBerf beutfdjcr ®rünblid^!eit unb aufierorbentlid^er Selefenl^eit, logifd;er Äonfequenj unb großen ©c^arffinne? unb bebarf feiner ®nt^)fe^Iung.
5ö(R f er : ft»an8crif(^(! ^lt:(6«tt- Leitung. 1882. 5Rr. 20. 3)er SBcrf. unters Unrft bie f^c!ulatibe Sil^eologie einer Iritifd^en Beleuchtung. ''Rad) mel^rcren ©eiten ^in tt)ut er bie§ mit gutem ©rfolgc unb fo, ba^ man i!^m öom ^jofitiü^ebongelifd^en ©tanb^junfte au§ guftimmen !ann. 3iamentlic^ an ben aSertretern be§ mobernen ^antl^eiSmug, fohjo^l ben im ^I;iIofo^^enmante( einl^eriuanbelnben, al§ ben il^re Slö^e mit biefen ober jenen t^eologifc^en ©d)tetern berbedenben, übt er eine un; barmherzige, fd;arfe Äritif, auö inelcber, lueil fie geredet ift unb auf 2:i^atfac^en fufit, mandjeä dtüi^lid^i fi(^ lernen läfet. . . . Sßir begrüfien in ber ©nergie feinet 2luf= tretend gegen 93ieb ermann, D. ^fl eiber er, £i^fiu3 unb anbere SBertreter ber l^eutigen negativen ^^^eologie eine uuferen Seftrebungen berföanbte unb ftjm^ati^ifd^c ©rfd^eiitung, teilen be§gleid;cn im icefentlid^en ben ©tanbj^unft, bon ioeldiem au^ er bem antimeta^3]^t)fij(^en neufantifdjen 9taturaligmu§ 3titfd^I§ unb §errmann§ gegenübertritt. Qa, bie realiftifd^e 3Keta^)!^t)fiI , auf beren ©runbe er fid^ betoegt, gilt aud^ un§ at§ eine gro|;enteil§ bere^tigte, bem ©runbgebanlen biblifd^er SßJelt= anfidjt nid^t fernftel^enbe unb barum julunftSbolle. 2Bir fagen, iitenn nidjt ganj ol^ne abVoeid)enbc 2luffaffungen, bod; in ber .^au^tfad^e Qa ju be§ 3Serf. ^oftulat am ©d^luffe: 3'lur ber öoUenbete, jur Steife gefommene Seibnijiani§mu§ genügt ber 3'JeIigion.
^ITöcm. Un^xvaüvc ^ottdsft^rlff. 1888. Sag Suc^ ift ein rec^t f^m^at^ifd;e§ unb le!^rrei^eö. ©^m^atpfc^, iceil es in einer rein fad^ltd^ ge= l^oltenen, ruhigen unb !laren SarfteEung bie fd;nnerigen Probleme, mit loelc^en eä fid^ befc^äftigt, ju lijfen fud;t unb eine ^ofitiüe, iuirfli^ fijrbernbe Äritif giebt; lel^rreic^, h)eil eä manche Irrtümer, tüelc^e in ber l^eutigen 2;^eologie berbreitet finb, fd^arf beleud^tet unb auf il^re Cluetlen jurüdfüljrt, and) in einer oft über; rafc^enben Süeife jeigt, ioie Slnfc^auungen unb ®rgebniffe ber e^aften 2Biffenfc^aften, wel^e man üon manchen ©eiten um beä .©laubenö lüiHen befäm^fen ju muffen gemeint ^af, in 2Ba^r!^eit fid^ gerabe atg ©tü^en ber ^riftlid^en SBeltanfd^auung toeriuerten taffen. SDer aSerf. I^ulbigt ber S^feta^i^^fi! ^erbartS unb fud;t bon biefem ©tanb^junlte au§ ben in ber f^efulatiben X^eologie beS negotiben iüie
278 Otto <Bä)n^t Scriog in (Sötten.
^jofttiijen Sägers unbeiim^t ober bewußt öorauggefe^ten 9!)?oni§mu§ al§ an \xd) un-- i)aühax iinb ben religiöfen ^ntereffen gerabcju entgegengefe^t ju ertweifen. 3^abci Süirb and) bie üblid;e 3l^ülogeti!, Juie fie au§ S^orträgen bor einem gemifc^tcn 5ßublifum in ^üdjer übergegangen ift, mit i^ren für ben Siugenblid beftcd;enbcn, aber nid^t überxcugenben Slrgumcnten, mit t^rer ^lanlofen ^Berufung auf einzelne Siufierungcn bon 2Iutoritäten, mit i^ren ived;fernben 5Kanöbern gegenüber ben jeiüeifigcn 2lnfid;ten ber 3iaturJuiffenfd)aften fdEiarf, aber nid^t imgered;t fritifiert. 3)em alfen, toie bcm ®nbergebni§, bafi f:i)e!utatiOc Sf^eologie nid^t mögüdj fei, ftimmen toir im JvefentUd^en gerne ju.
^ttteratur-^crif^t für l^cofojjic. 1888. 9ir. 7. Ser burd) mannigfaltige ^l^ifofo^l^ifdje ©d;riften bekannte Herausgeber ber 3«itfd)rift für ei-a!te $!^itofo^!^ie bietet in biefem SBud^e einen fer;r bcad;ten§ioerten Seitrag ju ber im legten 3al;rjel;nt biel bel^anbelten i^rage ber 3fjJeta:j3]^t;fi! in ber ^l^eologie unb jloar in gorm einer fritifdjen Sef^redjung einiger neuerer i^au^tbertreter ber f^efulatiben Sl^eologie, nämlid) Siebermann, D. 5ßfleiberer, Si^fiug, (Sbrarb, Sorner, granf, Slitfd^l unb §errmann, ^tügel toill an ©tette ber fatfd^en, aber faft burd^ioeg in ber Xfjeologie !§errf^enben, moniftifdjen 2Jfetapbt)fif bie realiftifd;e JperbartS cinfül^ren. S)a§ ift um fo notioenbiger, toie er auSfül^rt, al§ fonft bie S^l^eologie bem SSoriourf ber UnSbiffenfd}aft[id;!eit unb bamit bem Xobe berbienterioeife pvti^- gegeben ift, ba ber SDfoniSmuS ein gegenioärtig übertuunbener ©tanb^unlt in ber SBiffenfd^aft fei unb nur nod^ in ber Si^eologie l^errfd^e, ioelc^ie nidjt erfenne, ba^ er in bireltem ©egenfa^ gegen ba§ ©l^riftentum ioie überl^au^Jt gegen atte 9?eUgion ftel^e. ajlit ©d^arffinn berfolgt unb berurteilt er ben 3)!oni§muS, b. b. bie 2lnfid;t, baf! e§ nur ein ©eienbeS giebt, lue(d^e§ al§ le^te ©ubftanj altem ©egebenen ju ©runbe liegt, foibot^I in ber !onfequent moniftiid^en, negatibcn St;eoIogie, bie fidj bemfetben entJoeber biJKig ergeben l^abe, ioie bei Sieb er mann tmb ^f leib er er, teils mit il^m nod} ringe, nne bei 2i:^fiuS, al§ aud) in ber infonfequent moniftifd;en ^ofitiben Xl^eotogie, bie mit il^m liebäugle. S)er allerbingS fd;arfen Äritif be8 fonfequenten tl)eologifd^en 9JJoni§mu§, ibeldier alle d^riftlidfien ©runbbegriffe jcrftören muf;, unb ber nid)t minber fdiarfen ^xitil einer gutgemeinten aber irrigen Slpologetif, »bcld^e biele Singe atS und^riftUd; abiueift, bie nur anttmoniftifd§, in SDßal;rbeit aber für d)riftlid}e ^Religion böllig irrelebant finb, unb bie anbererfeitS moniftifd^e §irn= gefpinfte, \vk 5. S. bie 2lnna!^me einer befonberen SebenSfraft, bie 2el;re bon ben angeborenen S^^^"/ ^i^ (Einführung beS unfinnigftcn aller Segriffe ber causa sui berteibigt, für bie Sirinität bie tribialften Silber gebraud;t u. f. \v., Ibirb man nur mit grofiem ^ntei^effe unb meift juftimmenb folgen !önnen. 2ßie man fid^ auc^ ju glügclS SluSfü^rungen ftellen mag, baS eine mufs il;m jugeftanbcn loerben, baft er in geiftbotler unb !larer ©arftellung feine (^orbcrungen an bie X^eologie ftellt unb jebenfallS l^öd^ft anregenb unrft.
c^ittcranft^e ^unbft^au für t>a6 ßat^ofifjßc 3)cutf(^ranb. 3lv. 4. 1883. ©. 106 f. S)ie ©d^irift ift aud) für un§ (fatl^olüen) bon großem ^ntereffe, fofern fie bag Unffenfd;aftli^e %adt ber ^jroteftantifd^en S'ogmatif mit annäl^ernber Stid^tigleit für baS reine Scnfen barlcgt. SEir muffen c§ bem Sud^e jum Serbienft anrechnen, ba^ eS überall l;innHnft auf bie Vergiftung bcS Vroteftantifdtien ®enfenä burd) bie ^IjantaSmen beö ^jantl^eiftifd^en SJoniSntuS. S)ie negatibe Sl^cologic (Siebermann, D. ?|Jf leibcrer, Sipfiug, .t>artmann) ift Icbiglid^ ein
Otto St^uljc 5öcrfaö ttt ^Ufjm, .279
2;^«oIüi3te (©brarb, Soviler, gvanf) üerftridt fic^ glei^faUg, lücim fic bic Sog-nen f^chitatiö ju begrüiibeii unternimmt, in hai (yeiuirre ber moniftifd^cn SialtUi! u. f. iü. Dr. Sratg.
3iafjt:6tt(^ föt ^^ifofop^ic unb (pcßttfatbc tOcofofltc i)on Sommer. 1888. ©.464 ff. Sag SiJcr! ift flar unb mit Togifd^er ©cfjärfc gcgliebert. Ser 3Scrf. üix- fügt üb«r eine reid;e unb eingcl;eube jienntnig ber betreffenben atutoren unb itieifi in Juenigcn Söorten beren ©runblef;rcn jufammenjufaffen. Wlit ernftem ©inne legt er ben a^afiftab be§ SDßiffenfd}aftIid;en unb 3ieligiöjen jugleic^ an bie üerfd;iebenen, üon i^m bel;anbcltcn ©l;fteme. Dr. ©d^neiber.
5)cttif!f)C5 c$:ittcratttrßfatt , begrünbet bon ^erbft. 1888. Ta. 11. Sie ©d;rift jeigt mit ebenfo biet ®c(c[;rfamteit ivic ©djarffinn bie 3''"i"tüi"*^t^ ber Der; fdjiebenen f^efulatiöen ^i^eologen. g-reilid^ iuirb feine ber brei §ou^trici^tungen, 5oeldje 3)erf. bef^rid;t, mit i^m jufrieben fein, toie ber 33erf. felbft burdj bie Äritüen belveift, bie feinem 'iSudji bon allen ©eiten geivorben. Sebe§ma( fanb nämlid} ber Äritücr bie S8ef|)red)ung oUcr übrigen ©tanbf^untte bortrefflid^, ^k feinet eigenen aber böEig falfd)! ''Md) ber (Sinteitung, Wild^i ba§ Sßefen be§ 3}Joni§mu§, feine ))l^itofo^l^ifc^en unb ü^eotogifd^en ©rünbe bef|)rid)t, um ju jeigen, bafi alle ff^efulatiben 2:^eo(ogen bem 2)Ioni§mu§ l^ulbigen, fü^rt er juerft bie negatibe S;i;eoIogic (Siebermann, D. ^fleiberer, 2i^fiu§) bor, bann bie ^ofitibe, bie 2lf)oIogeti! (@brarb,2)orner unb g r a n f ), bann bie 9feu!antianer SR i t f d; l unb |) e r r m a n n ; barauf fud^t er gu seigen, bo^ bie realiftifc^e, b. l). §erbart'fd;e SKeta)) l^t^fif, ber g lüg et be!anntlid; l^ulbigt, ber Xl^eotogie nid^t ibiberffjred^e. hieran fd;tie^en fic^ jjuei lefen^iüerte ©i'furfe: über organifc^e unb med^anifd^e Söeltanfd;auung, unb: "-Movai unb 3teIigion. ®in 3iamengoerjeic^ni§ er^ö^t bie aSrauc^barfeit be§ a3ud;e§. 3)a§fetbe möd^ten ioir junädjft ben 2;i;coIogen, befonberä jüngeren, gu forgfamer 2e!türe emjjfel^ten, aber aud) 2aien, ioelc^e au§ 33eruf ober 3kigung fid; mit ffjetutatiber 2;i^eo(ogie bcfd^äftigen. ©ie werben barau§ uid}t nur mand;cä überaus treffenbe Urteil fdjö^fen, fonbern auc^ ^i^itofo^I;ieren lernen. ÄirdE^ner.
■ 3]on
flonreftor an ber sHealfdjuIe j" S5nrcl. 1877, — «ßrei§: 2 mavt 50 ^f.
33 e u r t e i l u n ö e it. ftiic^ungsfc^ufe, I;erau§geg. bon Dr. ©. Sartlj. 1884. 3?r. 5. §erbart'g ^ft;(^otogie a[§ 2ßiffenfc^aft, neu gegrünbet auf ©rfa^rung, 5Jicta^^t)fl! unb 9Jiat^emati! (1824), ift nad^ be§ SSerf. Ueberjeugung für bie eigentUd^e ^ft)d^o(ogie auä) ie|t nod} ba§ ^au^ttoer!, tuenn e§ axidj in f)l^l;fiotogifd)cr §infid^t met;rfad^ ber ©rgänjung burd^ bie Slefuttate ber neueren gorfdjungen bebarf. Siefeä iuertboEe
380 Otto ®(^ttl5C aSerlag in göt^cn.
aßerf, ba§ fidj burd; Scbeutung, 3?ei{i^tum imb ©ebiegenl^eit feineS 3nl;art§, Älarhit unb ©cf;önl;ett ber Sarfteüung au§üeid;net, ift aber nic^t leidjt ju ftubiercn: c§ grünbet fid^ auf 3Keta^l^i;ft! unb ^iel^t mand^erlei ntatl^ematifd^e 33ered;nungcn l^crbei, bic ntd^t jebermannö ©ad^c finb. 3)a ift nun ein §ilfgmitte[ n>ie ba§ borlifgenbe an feinem ^la^e. Sa ( lauf f fül^rt feine Sefcr in :|)affenber Söcife in bie § erb ort'; fc^en ^fl;c]^orogifd;en t^orfd^ungen ein; er giebt bie §erbart'fd(e ^ftid^otogie in breiterer Sarftellung, berüdfidjtigt bie neueren gorfc^ungcn ber ^^tjfiotßgie unb fielet Don alten matl^ematifd^en Unterfudjungen ab, bie ben Anfänger leidet jurütfs ftofien. ®ie inteUeüueltcn 2;!^ätigfeiten bilben ben §aut)tgegenftanb be§ bcrliegenben Sud^eg. ®8 teilt fid^ in fieben Slbfc^nitte, bie folgenbeS entl^alten : ©ie mefa^)l;l;ftfc^en ©runblagen ber ^ft)d§ologie, bie l^erfömmlidje (nii)tl^ologifd)e) Öe^re tion ben Seelen^ Dermijgen, bic ©efe^e be§ SSorfteIlung§ljerlauf§ , (Sntftel^ung ber finnlii^en aBelt= anfd^auung, SSerarbeitung ber finnlic^en 3Sorftet[ungen burc^ ba§ 2?enlen, ba§ innere ©ein unb ©elbftbeiou^tfcin, 3Befen ber ©eele unb il^r ^43erl)ältni§ gum £eibe.
2)a§ trefflid^e Selirbud; öon Söatlauf f ift befonberg für Sel^rcrlEreife geeignet, in benen fid^ je|t ein regeS ^ft;(^ologifd;e§ Qntereffe ju jeigen beginnt. ©§ bietet ein gelüiffeä 3JJafi ^flid^ologifd^er Äenntniffe unb erfd^eint au^ befonberS ^affcnb für folc^e, bie fid; bem ©tubium beS ^auipttnerfeS ber .'gerbart'fc^en JRid^tung, bein £el;rbud;e ber $ft;c^ologie ijon 3]olfmann, gulüenben iüoEen.
^Cttttraf-^Vfiftn füt bic '^nievc^en bes ^calf^ufwcfcns. VII. Sa^rg. ©. 738. S)er 33erf. berfucl^t in bem borlicgenben 58ud§e bie ^ftjd^ologie §erbart§, bcffen eifriger Slnpnger er ift, in einer leid^tfa^lidjen unb babei bodE) iinffenfd;aft: lidjen ^orm barjuftellen. ®r ift babei bon ber rid;tigen Ueberjeugung bur^brungen, baft bie $ft;d}ologie fid; auf eine 3!}ieta^^l;fif grünben muffe. Unb iuenn ivir aud^, iwie anberen Drt§ begrünbet luorben, §erbart§ Sfeta^l^^fi! nid}t juftimmen fijnnen, fo leugnen luir boi^ il^re in bielen fünften anjuerfennenbe 3iid)tig!eit feine§Jveg§. ©eine ^f^djologic bagegen, ivelc^e mit belüunbernäiDcrtem ©d;arffinn bie taufenfadj berfd^lungenen gäben be§ feelifd^en Sebenä aufbedtt, üerbient ol^ne 3»üeifel bor ben meiften :|)ft)d^ologifd}en 58üd^ern ben SJorjug.
33anauff ftettt bie ?pfl;d)ologie l^au:^)tfäc^lidi für £e!^rer bar, iueldje, ol^ne ?ß]^ilofo:j)]^cn bon %ad) ju fein, naäj :t)l)ilofo^^ifd)er 33ilbung berlangen. ©r l^at mit rtd)ttgem 2a!t bie fd;iberberftänblid^en, meift unfrucbtbarcn Sied^nungen unb matl^ematifc^cn g^ormeln feine§ 9}kifter§ fortgelaffen, fi(^ auf bie inteEeftuelten (fragen ber ^ft;d;ologie befd^ränlt unb nid)t nur Siefultate gegeben, fonbern burd^ bie j^ori" bialeltif(^er ©ntibidelung überalt ;^um eigenen 9iac^ben!en angeregt, yjadjbem er in ber (Stnleitung bie (fd^einbaren) ©elbftiuiberf^rüdje be§ ^dß auf; gebedt, ioeift er junäc^ft bie fogenannten ©eelenbermögen al§ eine unl^altbare Sßorftettung jurüd, um bann bie ©efe^e be§ 3Sorftellung§berlaufe§ ju entluideln. ."pierouf Ibirb bie (Sntftel^ung ber finntid;cn 2ßeltanfd)auung , bie 35erarbeitung ber finnlid^en 35orftellungen burc^ ba§ Senfen gefd}ilbert, fobann ia^ ©elbftbetoufUfetn analt^fiert unb mit Untcrfudjung beS a5er!^ältntffc§ ber ©eele jum Selbe gcfdjloffcn. 5Jamentlid; bie beiben legten Jta^)itcl (©. 142—216) l^aben unferen Seifalt megcn ber umfic^tigen unb ma^boUcn a){etl;obc, biefe fd^ivierigen Probleme 5U bel^anbeln, unb lüir euH)fel?len baä Sud^ al§ ein gute? ^ilfgmittcl jum ^l;ilofo:|)l;ifdjen ©tubium
Berlin. Sic. Dr. g- riebt. Äird^ncr.
Otto St^nljc JBcrlag tu (Eöt^cu. 281
^iCttacr ^iftctftturjcitttnö. 1876. 9ir. 48, Ser SSerf., ein Slnl^änger bei- ^erbart'fd^en ^l^ilofo^l^te, Ijat fid^ eine anerfennenSioerte ©elbftänbigfeit be§ 2)en!en§ betual^rt, bie it;n befäl^igt, neben ben ^Borjügen ber ^erbart'fc^en ^ß^t^d^ologie aud^ beren fdjiuadje ©eiteu nid^t ju über^el^en. ©eine ©d^rift jeid^net fic^ burd; eine forrefte unb flare B\>vad)^ au§, bie SarfteHung l^ält fid^ immer ftreng an bie (Sad}c fefbft, ol^ne ben Sefer burd^ unnü^e ©eitenbelüegungen ober burd^ 5ßoIemif gegen anbere ju ftiJren, unb (ä^t ben auf mer!f amen Sefer ba(b er; !ennen, ba^ ber SSerf. an ein grünbUd^e§ 9iad}benfen unb an 3Sorfid}t im j^t^l^S«!-'" unb 58el;au|)ten gen^öl^nt ift. ®iefe (Sigenfd^aften ber ©d^rift, bie fomit unftreitig ju ben befferen ^fl;d)oIogif^en 2lrbeiten fold;er 2lrt aug ber ^erbart'fd^en ©d^ute ge{)i5rt, laffen erJnarten, ba^ ber Serf. feine 3lbfid)t erreid)en ivirb, einerfeitö nämtid) ben Sefer ju einer nodj tiefer gel^enben 33efd}äftigung mit ber ^fl;c^oIogie },n ht- fäl^igen, unb anbererfeit§ namentlid^ Seigrer, aucE) fold^e in ber ^SoHäfd^ute, in allgemein berftänblii^er, grünblid^er unb jum ©elbftbeobad;ten it)ie eigenem ^iac^benfen an^ leitenber 2ßeife mit ben §au^tftüden ber ^ftjd^otogie betannt 5U mad^en.
|)ctttr(6c ^fättcr für ctjle^cnbcn ^nfcrttr^f. 1877. 91r. 5 2ßenn
tinr nod) fagen, 'ta'^ bie SarfteHung be§ SSerf. bei alter ©trenge ber a3ei»ei§fü^rung anfdjauUd) unb erfd)ö^)fenb ift, fo bürfte hjol^t jiur ®m^fe^tung be§ treffti^en 33uct>e§ nic^tg me^r erforbert tüerben. Ser liegen i'^rer angeblid^en SDunfel^eit unb ©c^ivncrigteit immer nod^ ba unb bort ängfttid; bermiebenen ."perbarffc^en ■i^ift^diologie ift burd) ^aüauffS 33ud^ ein bequemer Bufl^^ttÖ geebnet. SJöge e§ in bie §änbe fe^r Dieter tommen unb unferen 33erufägenoffen auf bem ganjen gelbe ber ßr5iel;ung auf§ loärmfte em^fol^len fein.
üom ©tanbpunfte beö Sleaüömuö unb nad) genetifc^er 9Ll?ett)obe
öon Dr. m, 5ßoIftnonn 9iittcr umt l^olfmor,
I. f. 0 ö. 5prof. ber ^t^ilofojj^ie an ber Uniücrfität ju $rag.
1884/85. 2 Sänbe. ^rei§: 22 maxi.
Beurteilungen.
f»^tfofot>$if(ec laonatd^cftc. XXII. 4/5. ®iefe neue aiuftage be§ SSoIf. mann'fd}en ^e(;rbud)e^3 ber ^ft)d)otogie, be§ boKftänbigften unb am meiften seit= gemäßen ber §erbart'fd;en ©d;ute, enthält ben Sin^olt ber borigen, bor mehreren Iga^ren erfdjienenen Sluflage in ber bon bem beretbigten '-J>erfaffer jule^t gegebenen 2)arftcl(ung, abgefef;en bon einigen ?tnberungen formaler %xi, bodftänbig ibieber. 2lu^crbem bietet biefetbe aber nod; mand^ertei ©rgänjungen in ber gorm '00 \x 2lnmertungen, lbeld;e ^rof. ©. ©. 6or neliu§ jum SJerfaff er l^abcn unb burd) ein ©ternc^en bon ben SSoltmann'fd^en Slnmerfungen ju unterfd^eiben finb. Qu bem erften 33anbe be§ burd^ Hare unb ^räjife Sar;
282 Otto ®rf)tt(5c 25crlag in Sötten.
ftcHuug rül;m(id^[t befannten 2ßerfe§ finb bcfonbcr§ bic beiben crften 2lbfd;nitte aU bebeutenb l^erüorjul^ebcn, bon betten bei- erfte ben Segriff bcv ©eele nietaj3^l;ftfd) enttüicfett unb il;« bann alö mit ben ^)[;t;fiologifcf|en Sf^atfadjen in .'gat-monie fteFienb nad^ioeift, ber 5i»eite gleid)fall'3 eine iüerinertung ber gorfd;ungen ber neueren ?ßl^t;fioIogie , unb jJüar für bag ®ebiet ber ©m^finbung unb Seiuegung, mit ein= gel^enber ©enauigfeit vornimmt, ^n bem jnjeiten, erft öor lEurjem crfd^iencnen Saube ift bie 2:it;eorie be§ räumlid)cn 35orfteIIen§ , fotoie bie ber Sofalifation unb ^rojeftion ber (Sm^finbungen al§ ganj BefonberS tücrtüoU l^erüorsul^eben, ebenfo bie Seigre bom Qd;, öon ber inneren 2Ba^rncI;mung unb St^jj^erce^^tion. 2)er le^te Slb^ fd;nitt, iceld^er auf bie beiben üor^erge^enben bom ^^üi^len unb Segel^ren bafiert ift unb ben Sßiüen betrifft, bilbet burd^ bie fd;arffinnige 33el;anbtung ber einfd}lagenben, üum Seil fel^r fd^lüierigen Probleme einen luertboüen lüiffenfc^afttid^en 2eitfaben unb eröffnet burd^ bie eingel^enbc ®rörtcrung ber 3i"^f'i)"ii"9 ^^» ^^id' auf ba§ ©ebiet ber ®tl^i!. Sie umfic^tige, eine immenfe gülle be§ ©toff§ umfaffenbe 35arfteIIung be§ 3Serfaffer§ erlueift fic!^ überall reid^ an nü^lidjcu Fingerzeigen unb frud^tbaren (Erörterungen, nid}t minber ift er beftrebt geiuefen, bie ©efdjic^te ber :>)fl;d}ologifc^en ^^robleme in ben umfangreidjen Slnmcrt'ungen ju verfolgen unb baburd; überall auf bie ]^iftorifd;e ßnttüidelung ^er Sßiffenfd^aft §öc^ft tel^rreic^e Sid^ter ju irterfen. ®in fel;r genaue^ Stamen; unb ©ad;regifter erleid}tert ben ©ebraud^ be§ trefflid^cn SBerfeS, tüol^l be§ tüd^tigften unb uüffenfd^afttidj bebeutenb ften Äom:t)enbium8 b e r j c i t g e n ö f f i f d; e n ^ f ^ dj 0 1 0 g i e. (5. ©.
^epcxtox'mm bex -^ättagoflift. 1888. §eft VIII. ((Sbner = UIm.) a5olI = mann fd^eibct bie ^ft;d^ologie in jtoei 3:;eile: im erften loirb bor allem ber Segriff ber Sorftellung feftgeftellt, bie Sljeorie ber ©m^jftnbung unb Seibegung au§gefül^rt, bie 5Bed^felibir!ung unb 9ie^robu!tion ber Sorftellungen untcrfud^t; im jlbeiten ba; gegen ibirb ba§ Sßorftellen beä ßeitlid^en unb 3läumlid)en, bie SSorfteltung beS ^^, bie innere 2Ba^rne!^mung unb ba§ ©elbftbeiüu^tfein, ba§ S)enfen, ba§ ©efül^l, i)a§ 23egel^ren unb SBoUen ju erflären unternommen. S)ort iuerben bie allgemeinen ©efe^e beö ©eelenleben§ an§ il^ren ©runblagen entJbidfelt unb an§ iljncn ibieber bic einfacheren @rfd}einungen unmittelbar unb in ber Siei^enfolge, in ibeldjer bie ©efe^e felbft jur ©ntlbidelung gelangen, abgeleitet. §ier ibirb ber Serfc^iebenl^eit innerl^olb ber jufammengefe^teren @rfd^einungen nadjgegangen unb biefelbe in ber Drbnung, in Jbeld^er bie Qufatmnenfe^ung junimmt, auf bie geibonnencn ©efe^e jurüdgefül^rt. @§ braucht ibo^l faum nod} eigen§ auSgef^rodjen ju Werben, ba| im erften Xeite ber 2Beg in ber §au^tfad^e bom Slllgemeinen gegen ba§ Sefonbere, im jibeiten aber bom Sefonberen jum allgemeinen l^in genommen tüirb, ibe§l^alb benn aud^ Solls mann jenen al§ fbnt^etifd^en, biefen alz- anal^tifd;en bejeid^net. S"i>ci" «"3= gegangen ibirb eincrfeit§ bon ben Sorftellungen in i^rer erfai^rung^mäfjig gegebenen aJlannigfaltigfeit unb anbererfeitö bom Segriff ber SorfteHung, inbem bann a\i^ biefem Segriff im ^inblidf auf jene ÜKannigfaltigfeit bie allgemeinen ©efe^e ber Sßed^felnnrfung ber SorfteHung cutibicEelt lt*erben, inbem cnblid^ bic anberen inneren ©rfc^einungen aufser ber SorfteHung in Sejiel^ung jum Sorftellungg; leben gefegt, ja eigentlid^ al§ ^Ijänomenc be^fclben aufgefaßt »werben, inbem alfo bon ben einzelnen ©efe^en be§ SorftellungölebenS au§ bie ©rflärung jener (Sr^ fd^einungen, bie neben ber SorfteHung erfal)rung§mäfiig gegeben finb, angeftrebt
Otto Sf^uljc i^erlag tu Götzen. 283
iüirb, empfängt "cia^ ©anje einen gro^avtigen 3u[a""itf»'§angf i>ie gefamtc ^jtjtf^ologic gestattet [icf; jur SCI^eorie bev 33orftettungen.
SBir üerftcl^en jje^t jugleic^, luarum S5ol!mann fein g-orfd^ung'jbevfal^ren üoi- allem aud) a(§ genctifd)eg beseid^net. Untwiülürlii^ erinnern n>ir un§ babei an einen anberen Quq feiner j^orf^ung. «Sie befcelt ein nimmer rul^enber ;J)rang, ü^ren ©egcnftanb lüeiter xmb ireiter äurücf', bi§ fjin jn ben ^Infängen beä ?fad^ben!en§ barüber, ^u öerfolgen. SarauS finb jene tcertbolten ^iftorifd^en S)ar = legungen I;eröorgcgangen, bie in il^rer ©efamtl^eit faft eine ®efd^id)te ber ^fl;(^oIogie bebeuten. Sine gülle grünblid^fter Äenntniffe, ©rtrag eine§ Sebenö, entfaltet fidj barin t)or unferen crftaunenben 2lugen.
Sie 1^0'^'" unfereg 2el^rbud^e§ erfüllt alle 2lnforberungen an eine gute h)iffen= fd^aftlicl;e ©arfteltung. 2)ie Sejeidjnungen treffen immer ben ^^agel auf ben Äo^f, icbeä Sßort fc^eint abgezogen, fo fid;er unb beftimmt ift ber 2lu§brud. 2Ule Un= Harl^cit unb Unbeutlic^teit ift ferne gel;alten. Slber and) an lid;tt)oller ©ntluidetung ber @eban!en unb luo^l jufammenftimmenber 2lnorbnung ber einjelnen ©lieber be§ ganzen ©ebäubeS fe§lt e§ nic^t. S5on ©d^tuerfälligfeit unb 2)un!eU;eit finb bie 2lu§-- fül;rungen üollfommen frei.
2)a§ Unternel^men, 3]onmann§ Sel^rbu^ ju ftubieren, gleid^t ber Sflcife in eine reid^e SBelt. Sßie oft l^at man l^ier öon einer Äunft be§ 9ieifen§ gerebet: man bürfe nxd)t mit §aft bon einem Ort jum anbern eilen, nid^t blofs ba§ alterhJid;ttgfte flüd^tig befel^en, fit^ nidjt öon ber Segierbe nadj bem Slnblid üon ftet§ neuem einnel^men laffen, fonbern muffe mit aller aiJu^e brin ivanbern, ba§ 2luge auf ben Singen ru!^en, 'mo^l aud) einmal ju il^nen jurüdfel^ren laffen, e§ licbeüoll felbft bem fd^einbar Unanfel^nlidjen juiüenben, in reiner, unfd^ulbiger §in: gäbe ba§ ^^^-embe betrad^ten, ja fid) gleidjfam brausen l^eimifd; madien, iuenn man anber§ mit Sanb unb £euten iwirllid; öertraut iuerben iöolle. 9hin, langfameS j^ortge^en, nac^ben!enbe§ SSeriöeilen, unebcri^olteö 2lnfd^auen, a3ead^tcn audj beö fdjeinbar S'iebenfäd^lidien unb Dor allem ein treuer reblid^er ©inn gei^ören gen)i| axid) ju einem toa^rl^aften ©tubium unferc§ Sud^e^. SOöer c§ aber in folc^er 3Beife be-- treibt, ber mag aud; an fid; bie ®rfa!^rung mad)in : 3ßer fort gel^t, ber fommt ^eim.
SBürsburg, im Januar 1888. ^. gillig.
:ft9etn. ^(^uftnann. 1885. §eft 12. §erau§geg. öon ©c^umann. §euferg
SSerlag in Jfeuuneb ©5 ift allerbing^ fein 33ud^ für 2lnfänger, aber e§
fann bem, ber bie Elemente ber ^f^d^ologie, Oiclleid^t bon Söallauff o.a. ftubiert i^at, eine ganje :i)fi;i:öo(ogifc^e SBibtioti^e! erfc^cn unb bietet ii^m für alle Setailfragen bie erforberlidje einge!^enbe Selel^rung ober bodi bie nötigen SBinfe unb ben §iniüei§ auf bie Utterarifc^en §ilf§mittel, in ioclc^en jene j^ragen erörtert finb.
2Ran tuirb bag 2ßer!, toelc^eS bie {^orfd}ungen im njeiteften Umgreife, in ber ^r;l;fiologie , ber ©)3rac^Joiffcnfd}aft, J^ulturgefdiid^te, 2lntf»ro^)plogic , itunft unb SHeligion genau berüdffidjtigt, niemals, ol^ne 2lnregung unb SSelel^irung cmijjfangcn ju ^aben, au^^^ ber jQanb legen, unb baju bietet bie fdjlidjte Älarl;eit ber ©:t'rad;e in ben f^weren Partien bem £efet fein Hemmnis, fonbern fcffelt burdi gein^eit ber 2)ar; ftellung fein ^intei^ffff- 2)ie 2lnmerfungen aber bieten eine gerabeju ftaunenSioerte
284 Otto Sdjulje 3?crlag in 6:ötf)cn.
SRcngc Hon 33e(egen ani alten ©ebieten unb Sitteraturen. 3Bir fönncn barum untcv allen Sffierfcn baä 58ud; Don Sßolfmann fohjof)! für g^odiftubien at§ aud^ jur SBe^ lel^rung für lueitere Ireife aB bie befte Bearbeitung ber ^f^d;ologie em^fe^ten. %t. ©c^.
53f<lttcr fttt fttfctttnf<^c pnfcr^arfuttiicn. 1876. 25a§ borriegenbe 2ßcrf begrüben iuir freubig al§ bie gelungene 3SoIIenbung einer 2lufgabe, »oeldjer ber 58cr= faffer einen großen %di fcineS Äebeng gelüibmet ^at. Sie erfc^ö^fenbe ©rünblid^fcit, mit ber aüc aJiaterien bel^anbelt finb, tote bie nal^cju boUftänbig ju nennenbe SWcid^: l^altigfeit ber Sitteraturangaben mad^en ba§ SBerl ju einem iual^rl^aft Ilaffifd^en §anbbud) ber |)f^d;orogif rf;en SBiffenfd^af t.
Dr. |)t6af äufiert fi(^ barüber: ©taunen^srert ift bie j^-ütte be§ barin ber; arbeiteten Se^rftoffeS. ®ie SDarftellung felbft berul^t auf ben umfaffenbften Duellen: ftubien unb auf ben grünblici^ften unb bieifcitigften eigenen 93eobad;tungen, befi^t eine laum iu übertreffenbe Ätar^eit, ^wöerläffigfeit unb S5oKftänbigfeit. S)a§ 33 ud) ift ein S5en!mal beutfc^er j^orfc^ung unb (S)eUl;rfamfeit, eine jjunbgrube ^ft;c]^oIogifcl^en SCßiffenS unb iJönnenS.
5elt(($t. t>. |8ößm. ^ufeums. 2)er ®inbrud be§ aBer!e§ ift ein bielfeitigcr. S)ag SBcrf ift eine gennffe ®ncl;!b^3äbie aller mafigebenben Slnfid^ten unb (grtennt= niffe, bie über ba§ ©eelenleben big^er aufgetaud^t finb ; mit f(^önen rul^igen äl^orten fügt fid^ bie $8elel;rung in bie 2(ufmer!famt"eit be§ £efer§, unb ioa§ i^nt im ©ebäc^t; niffe jurüdbleibt, ift lein täufd^enber ©ctiein biateftifd^er ®eifte§fülle, fonbern eth)a§ aSeffereg, nämlid^: ein grünblid^er (SinblidE in bie ©cl^eimniffc unb (Srfd^einungen beg eigenen S^nci^tt- — ©ollen h)ir unfere SWeinung in ein Urteil juf ammenf äff en , fo fei e8 bal^inlautenb, ba^ unter allen beutfd^en ©d^riften, bie bon ber 5ßft;d^ologie l^anbeln, $ßolfmann§ SBerf bagjenige ift, ba§ mir fomol^l für ^a^ftubien mie aud^ JU 33elel^rung meiterer Äreifc am meiften em^)fe^len mürben, 9[. Surbtf.
^eüme SSfättcr für crjlc^cnbctt ^ntcrrtt^t. 1876. ^t. 6. ... SBir l^aben big l;ier]^er borjugSmeife ba§ SSerpltniä beg 3Soltmann'fc^en Söerleä ju ber Seigre, meldte eö, auf il;ren 2lu§gangg^un!t jnrüdgreifenb, mit ©lüdt erneuert, in Betracht gejogen; aEcin bamit ift nur eine ©eite beä Unternehmen? gefennjeid^net. SDag jmeite 3lugenmerf be§ 3>erfaffer§ ift eg, feine 2;^eorie im meiteften Um!reife mit gorfdEjungeu anberen Urf^3rung§ in 3Serbinbung ju fe^en unb il;re l^iftorifd^en aSoraugfe^ungen ang Sid^t ju jiel^en. 2)ie jjorfd^ungen ber neueren ^l^^fiologie iüerben, mie fd^on bemerft, mit großer ©orgfalt unb in einem Umfange l^erangcjogen, mie bieg nod) !cin aSorgänger ber; fuc^t l>at; bie ))f^c^o))^tjfifc^en Uuterfud)ungen merben nid^t nur bermenbet, fonbern auc^ nad; ßrgebniffen unb 3Ket^obe d^arafterifiert; bie neuere ))ft;d^ologifc^e ©^rad^= forfc^ung finbet an berfdjiebeuen ©teilen 58erüdfid}tigung, unb bag ©leid^e gilt bon ben ant^ro^ologif<^=!ultur^iftorif(^en 2lrbeiten ber neueren 3cit, beren Ginflu^ u. a. in ber Grtliirung ber i^unft unb ^Religion (II § 133 unb 134) ju ertennen ift. 2)ie ^jft^c^ologifdjen ©c^riften ber ©^elling'fd^en unb ^egel'fc^cn ©c^ule merben ,'in feiner ber mid;tigeren a)iatericn au^er 2ld;t gelaffen, unb in ben ©cbieten, mo il^re ©tärle liegt, wie bei ber Seigre bom SSerl^ältnig ber ©inne, bom 2;raum, bon ber
Otto St^nli^c 35crlng in Sötten. 285
^aUucination , tjom S"fti"ft "• a- '"^t o!^ne Äritü, a&er o'^ne SSoreingenommenl^eit benu^t; ausgiebige Sßeriueubung finben enblicf; bie neueren Unterführungen bcr ßnglänber unb j^-ranjofen, ju bcren (Einbürgerung bei un§ ba§ aSud^ mel^r beitragen bürfte, aU bie iwenig fagenben ©m^fel^Iungen, itne fie 21. Sänge u. a. auögefiJrod^cn l^aben.
®§ reid^t jebod; ber 5ßlan be§ 3Serf. nod^ ungteid^ h^eiter; bie Sitteratur ber ^l^d^ologie irirb nidE)t blo^ öom ©efid^tSpunlte ber 33efd;affung bon .§ilfgmitte(n unb beftätigenben 32"9"iff£"/ fonbern bon bem I^öl^eren ber Segrünbung be§ l^iftorifd^en aSerftänbniffeä ber Probleme bei^anbelt, ein ®eban!e, ber bereite in bem älteren „©runbrifi" jur ©eltung fomint unb fd^on bamatä al§ ein 'i)'6(i)\t frud^tbarer begrübt h^urbe, aber er[t in bem neuen SBerfe eine Surd^fü'^rung im großen ©tile erl^ält. — 2)ie 2lnmerlfungen, tuel^e bie ©efd^id^te ber Probleme ber (gm^tjfinbungen beg inneren ©inneS, be§ ©etbftbetöufetfeinS, ber angeborenen Segriffe, be§ ©efül^tS, be§ 33egel^ren§ unb SBoIIenä bel^anbeln, finb l^iftorifdje 3}Jonogra:|)irien, bie nid^t grofjer Um- arbeitung bebürften, um ein Ileineä 'iSuä) au§jumad>en, eine @e: fdjid^te ber ^ßf^d^ologie nad^ il^ren Problemen, toiläjt Slrbeiten »üie bie bon griebr. 2iug. ßaruS Jüeit l^inter fid^ liefie.
^öanfleftf(^c$ ^(^ttfßfaff bon ©ijr^felb. 1885. 16./17 Sßir f)aUn
im borftel^enben iüieberl^olt auf bagSel^rbud^ ber ^ft^d^ologie bonSSoümann l^ingelüiefen, unb jlbar in ber beftimmten Slbfid^t, biefem ausgezeichneten SBerfe bie 2[ufmer!fam!eit ber Sefer sujutbenben. SBer einmal feigen iüill, iuie bie ^ft;rt)oIogie fid^ aufnimmt, lüenn fie mit ed^t tbif fenfc^afttid^em ©eifte an= unb aufgefafst tbirb, ber mu^ ju biefem ^ud)i greifen, ba§ man oi^ne jcbe Übertreibung at§ ein @^renben!ma[ beutfd;en ©d)arffinn§ unb beutfd^en ©elel;rtenfleite§ bejeid^ncn barf. S)cn erftaunli^en %Ux^ unb bie 3lrbcit§!raft be§ aSerf. lernt man erft red^t fd^ä^en, iuenn man erfäl^rt, ba^ aSotImann, geb. ju ^rag 1822, geft. bafelbft am 13, 3^""^'^ 1877, bon 3"9£"i' «uf i^iit einem un^^eilbaren Sungeniciben behaftet ibar, fo ba| er nur banf feiner forgfättigen Pflege unb ©elbftbe^ütung ein ber: l^ättniSmä^ig Ijol^eS 3l(ter erreid&te. — @S bürfte faum eine (Srfd^einung be§ ©eelenlebenS ^u nennen fein, über tveld^e man bei aSolJmann leinen SUiffd^lufe fänbe; ibenn er audj nid;t jebeS ^l^änomen auSfül^rlid} bel^anbelt (ibaS fi(^ ja bon felbft berftel^t), fo jeigt er bod; ibenigftenS ben Jbiffenfd^afttid^en Drt an, ibo beffen ®ri3rterung I)inge^ören ibürbe. ©ein Sßerl ift alfo nid^t geeignet ober beftimmt, ;t)f^d)o(o3ifd;e 3!JJonogra))l^ien ju erfe^en ober überflüffig ju mod;en; am atter= lüenigften l^at 3? oll mann baran gebadet, eine jjäbagogifd^e ^ftjd^ologie ju liefern, ©r bel^anbelt ben 3;raum mit berfelben Siebe unb ©rünblid^feit, ibie ba§ ©ebäd^tniS unb ben SQSillen. ©ein Sel^rbud; berfolgt eben einen rein Unffenfdjaftlid^en Qtüid, unb niemanb barf ba§ grofiartige 3Ber! unberücEfid;tigt laffen, bem e§ um eine Überfid^t über bie biSl^erigen Seiftungen beä (^erbarffc^en) 3iealiSmu§ auf bem ©ebiete ber ^ft^d^ologie ju tl;un ift. 3lud} tber fid^ nid}t in ber Sage befinbet, ba§ umfangrcid^e, jiDci ftarfe aSänbe umfaffenbe „Sel^rbud^" in ununterbrod^ener jjotge bon Slnfang big 5u @nbe burd;arbeiten ju fönnen, »birb bocl^ fel^r oft aSer^ anlaffung finben, fid; feines SefitjeS ju freuen. D. gol^.
286 Otto Sc^ul^c 23erlflg tu Köt^cn.
iv u r 5 e p r 0 g m a t i f (^ c üon
Dberfonfiftortalrat.
Zweite, »ftßcffcttc unb »ctmef^rtc lluffanc.
5n»»i ©eile. - 1880 bi» 1881. - JJvel»: 14 3)«avh.
©rfter %nl:
%m\ü\ti hix ixumm iiijiiorDi'i)iE. isso. 6,75 pt
3h)eiter %ni: %mWt Ux neueren |itjil0|"o}jlite. 1881. 7,25
Beurteilungen.
^citfr^rifi für ö|icrrci<i)if(§c ^ijOTnafien. 1882. 5. Sie ©c^ule §erbart§ ift nidjt viid) an Itttcrarifd^cn ^uBfifattonen gefd^id^tlic^en Qn^altg. Sie SCeife il^reS 33egrünber§, bie aScavbeitung ber Segriffe unb bie SDarftellung bon 2;§atfad^cn fd^arf auSeinanbcr^^itl^altcn, ftatt, iuie c§ bie fjjcfulatiöc ©diutc get^an, beibe tu einanber aufgeben laffen, l^at ftc^ auf bie jünger unb 3iad^foIger öer^flauät. 2lu§ ber erfteren ift eine 2lrt ber ©efd^id^täfc^reibung ber $l^i(ofo^i^ie cntftanben, bei iueld;er bie Sel^anblung ber :^]^iIofo^l^if(^eu Probleme bie ^au^tfad^e ausmacht, unb bie gefd^ic^tlidien Sll^atfadjen gleid^fam nur alS illuftrierenbe SBeif^iele auö ber &t-- fd^id^te bicnen, beren beiDu|ter Qlvid bal^cr Juenigcr auf ein crfd^ö:|)fenbe§ SBilb ber Seben^; unb 3«ituntftänbe ber ^^itofo^l^en al§ auf eine hjiffcnfc^afttid^e ®inleitung in bie ^l^itofo^l^ie felbft burd^ eine anal^tifd^e ^Bearbeitung ber in ber ©efd^id^te aufgetretenen Söfunggtoerfud^e ber ^]^i[ofo:|)l^ifd;en Slufgaben gerid^tet ift. ^n biefem ©inne fiat ©trüm^)eU feine berbienftbolte (Sefc^id^te ber tl^eoretifd;en, foiüie ber ^rattifd^en ^l^ilofo^jl^ie bei ben ©ricd^en gefd^rieben. S« bemfelben ®eift l^at aud; ber SSerf.bcr borliegenben :^ragmatifd^en ®efd)id^te bie ©efc^id^te ber neueren ^^irofo|)l^ie abgefaßt unb ift bemfefbcn aud) in ber gegenwärtigen, bie ©efamtgefd^ic^te ber ^l^ilo; fo^l)ie umfaffenben Bearbeitung treu geblieben. 9lad^ lüie bor befielt it;m ber eigentlid^e unb te^te ^\vid einer foId;en ©cfd^ic^te n^eber in biogra:j)]^ifd^en 3!)iittetlungen über bie ^^f)i(oio|)^en, nod) in litterarifd^en Slotijen über il&re unb il^rer ©c^üIer 3Berfe, nod^ in fuUurt)iftorifd^en (g^furfen über ben ©influ^, iüeld^en bie ^jl^ilofo^l^ifd^en ©t;fteme auf bie aKgemcine 33ilbung ber berfd^iebcncn 3<^iten ausgeübt unb über bie ViM- n^irfungen, Jueldje fie t)on biefer emjjfangen l^aben, fonbern üielmel^r „in ber ÄenntniS unb bem SSerftänbnig be§ ©ebanfeninljaltS ber berfd^iebenen ^l^irofopfiien unb il^reg 3ufamment)ange§ unter einanber". S)a|( fein SBerf baburd^ h)eber, iüie bag be!annte bon Seibeg, ju einer untcrfjaltenben „^l^i[ofoj5l^ie in 33iogra^)t)ien", nod^, n?ie ba§ Überwegs, ju einem crfc^ö^^fenben Utterarl^iftorifd^en 9tad;fd^Iagebud), nod^, Wie bie SarfteUung Suno g-ifc^erg, ju einer brillanten Äulturgefc^id&te Werben fonnte. War borauSjufel^en. Sagegen ^at e§ fic^ um fo geeigneter erwiefcn, Anfänger in eine ej:afte unb grünblid^e Sel^anblung Jjl^ilof oJ)l^ifd^er Probleme unb bamit in baö ©tubium ber ^l^ilofo^jl^ie felbft eim
Otto Srf)ul5c 25crlrtfl in Sötten. ' 287
jufül^ren, eine ©igenfd^aft, burd^ tüeld^e ia^ ©tubium ber ©efd^id^te bcr ^l^ilofojjl^ie für ia^ ber ^l^ilofo^l^ie felbft allein njirftid^en Sßert erlangt. Stöbert 3iwmermann, Sßien.
i»^troroj»8ir(^c ^lottats^cftc. Sb. XVII. §eft I/II. Üll§ ^jragmatifc^e ©efd^id^te mad^t fie jd^on in ber Ginlettung auf bie eigentlidjen 2lufga6en ber ^l^tlofopl^ie unb beren Einteilung aufmerffam. . ©obann läfit fie alteS bei ©eite, itjag nur litterarifd^e ober fulturgefd^ic^tlid^e Sebeutung l^at, unb !^ält fid^ lebiglid} an biejenigen ^l^ilofo^l^en unb ^l^ilofo^l^ien, toeld^e auf irgenb eine Sßeife für bie Söfung ber ^]^ilofoj):^ifd)en Probleme bon SBid^tigfeit finb, fei e§ burd^ Sluf-- finbung unb 2lufftetlung ber Probleme, fei e§ burd; SSorbereitung ober aud^ a3e= l^inberung il^rer SiJfungen. Sei ben auSfül^rlid^ bargefteEten ©^ftemen fommt e§ Xl^ilo ]^au^tfäd}lic^ auf (Sinbringen in ba§ eigentli^e ®ebanfen= gefüge unb Slofilegung ber befonberen ©ebanfenarbeit nad^ il^ren 2lnläffen, bem 33eix)ei§t)erfal^ren, ben Qklm unb folgen an. ®§ Derfte^t fid^ i)on felbft, ia^ er fic^ überalt lebiglid; an bie unmittelbaren Duellen plt unb fid^ nidjt öon fonft gangbaren l^iftorifdjen 9luffaffungen beeinfluffen läfit. Um bie ^!^ilofo)3l^ifd^e 58e= teutung ber bargeftellten Seigren nod^ mel^r lierborjul^eben, tueift ber SSerf., fei e§ in ber SarfteEung felbft, fei e§, ixne namentlid} im jineiten 5Ceile, in befonberen Se; nterlungen auf ben 2Bert ober Unföert unb ben ©influ^ ber betreffenben 5ß^ilo= fo^'^eme l^in. Sabei ^eigt fic^, iüie fid; getoiffe ©ä^e, bie nod; l^eute in berfd)iebenen ©tjftemen forticirfen, bi§ in bie aUerfrül^efte Qiit be§ ^l;ilofo^l^ieren§ jurüdE= »erfolgen laffen. aSefonber^ intereffant ift in biefer ^infic^t bie 2)arftellung bon ^lotin, inbem l^ier faft bie fämtlidjen Segriffe unb ©ä^e, mit benen ber neuere abfolute 3^eali§mu§ o))eriert, nid;t blo^ im Äeime, fonbern oft in fe§r au^gejjrägter ©eftalt aufgezeigt tüerben.
Sa nac^ bem 3Serf. jebe Bearbeitung ber ®efd)id;te, bor allem ber 5ßl^ilofo^l^ie, ben ^Wiä Ijat, nid^t allein bie ©egeniüart au§ ber SSergangenl^eit gu begreifen, fonbern au^ eben baburd^i jur ^erbeifül^rung einer beffern ^ii^unft mitjul^elfen, fo fd^lie^t er fein 2Ber! mit §erbart unb einigen l^ieran gefnü|)ften 2lnbeutungen ab, toeld^e SBege bie l^eutige ©))efulation ju bermeiben unb ireld^e fie einjufdilagen l^at, um ^u einem in feinen ^rinji^sien feften unb unberrüdEbaren SBiffen pi gelangen, baö in feiner 3lu§fül^rung einer in§ Unerme|lid^c gc!|enben SluSbreitung unb 3ier= feinerung jugänglid} ift, äl)nlid} ivie e§ bie 3!)Jatl;emati! auf i^rem %di^ barbietet
©er gia^tesßcrit^t üßer 6te ^ortfc^rittc bcr Ua^fift^en ^ttevinmwxfMd^an
bon ©. Surfian nennt ba§ 3Ber! in einer im ^a'^rgang 1876 entl^altenen a3e= urteilung be§ erftcn 2:eile§ „eine 2)arftellung, bie, jumal fo fc^lid^t, lid^tboH unb lebenbig gefd;rteben bon einem fo fd}arf finnigen unb unterridEiteten Tlanm, i^re bolle Seredjtigung unb Sebeutung Ijat, bie al§ eine bielfeitig berbienftlid^e, anregenbe unb banfeu'Snjerte Slrbeit betrachtet trerben mu^".
'^äbagogttttn. IV. Qal^rgang. 2. §eft. S)a§ borliegenbe SBer! mu^ al§ eine äu^erft gebiegene, überall auf ben Äern ber Qad]^ eingel^enbe, bon reiner Siebe für jj^ilofoVljifdie (5oi^ft^ii"9 ">^^ reblic^em ©treben nad> l&iftorifdier unb t^eoretifd^er aSal^r^eit jeugenbe Seiftung beutfd^en glei^eä unb ©eiftc§ bejeidmet Jüerben. 3tur mit Sebauern ber^ic^ten lüir im öinblirf auf ben un§ ju ©ebote ftel^enben engen 3laum auf ein näljereä (ringelten in biefe§ bielumfaffenbe 3Ber!, u^eldjem felbft neben Üb er iu egg ©efc^ic^te ber 5p^itofo^l;ie ein e^renboUer ^la^ gebührt, unb tuelc^eä
288 Otto ©djuljc äJcrIao i« ^öt^cu.
Qebem, ber mit mäfitgem 2luft»anb Don Seit unb ßraft ein treiteS 33ilb be§ (SangeS ^)I;i[ofo^l^ifd^er S-orfd;ung getuinnen iüilT, al§ jutierläffigec uub einfidjtSboUer ^^w'^ter em^)fo{)Ien trerben faun.
^van^dii^ci ^irt^cn- uttb ^j^ufßrdt für S^ürttmßcrg. 1881. ?ir. 38. 3)ie 3:;]^ito'f^e ©efc^ic^te ber ^l^iIofo:|)l^ie ift !urj unb :|)räjig, fd^arf unb Kar, in ftrengem 5ßragmati§mu§ unb einbringenber Äritif gefdjrieben, iric bie§ beibeS in feinem §erbart'fd^cn ©tanb:|)un!t liegt, beffen Xenbenj ift, bie ganje ®nt; iuidlung fonfequent biä auf .fcrbart l^injufül^ren unb beffen D^^ofition gegen bie anberen ©t)fteme aud) ein befonber§ fd^arfeS Sluge für il^re ©igentümlid^feiten unb ©d^äben l^at. S)abei ift ganj befonberS inftruftib, bafi bei ben hjid^tigften ©t)ftemen bie Äritif unter einen befonberen SCbfd^nitt „Semerfungen" jufammengefa^t Ivirb. SDiefe Siubril fel^lt aud^ bei iperbart felbft nic^t tro^ be§ ijjrinji^jieEen ®in= berftänbniff e§ , über ba§ l^inauä fid^ ja ber Sefer feine eigene SJJeinung leidet öor= bel^alten !ann. 2)ie§ um fo leidster, ba bie ganje ©arfteHung Sil^ilog in crfter Sinie immer fid§ al§ rein objeftiöe, treffenbe SBiebergabe ber Quellen 'i)'dU unb erft in jtvieiter Sinie ju Iritifd)er Söürbigung übergel^t, aud^ in festerer übrigens fo unbefangen unb un^arteiif d^ , nne fd^mrf unb einbringenb. Sa§ 2Berf l^at inner- l^alb 4 ^ia'^ren fd^on bie 2. 2luftage erlebt unb crfd^eint in biefer nun überatt biet: fad^ bermel^rt unb berid^tigt, bieleg ganj neugearbeitet (2lriftoteIe8, ?ßtotin, Seibnij tc). Qn feinen beiben, mäfeig großen Sänben plt eS jtnifd^en bem bürren ®runbri§ unb ben iüeitfd^id^tigen , langatmigen ^l^i(ofo^3!^ie = ®efd^id^ten treffUd} bie 3Witte, giebt einen grünblid^ orientierenben ©efamtüberblidE unb im ein5elnen biet beS SluSgejeid^neten. 2)er S^erf. l^at bie ©abe, otjne ©d^utf^rad^e ober tönenbe ^l^rafen, bie ber £efer nid^t berftel^t, bie ))l^itofo)3^ifd}en ©^fteme fo aufierorbenttid^ lic^tbolt auSeinanberjuIegen, bie in SRebe fommenben fragen unb Segriffe fo fa^tid^ ju entJuidEeln, fo iuenig borauSjufe^en unb bod^ fo biet ju geben, Jüir!lid^e§ 33er= ftänbniS ber ijJi^itofo^l^ifd^en SSeinegung ju bermitteln, UnrfUd^eS Urteil barüber beim Sefer ju bitben, ioic man bie§ fetten finbet. Sarum geirä^rt bie £e!türe bem; jenigen n^al^ren ®enu^, ber nid^t mel^r ein ®Eamen§fom^enbium braud;t unb fud^t, unb iüirb bei jebem ben ©efc^mad an ^j^ilofo^l^ifdjer ^ortbitbung in f^äteren Salären erl^alten ober erneuern.
Son
1. 5)ic i)roßttf(6ctt ^heen. 9tad^ ^erbart.
2. ^(fiiffcr unb bie praRtiffficn ^ixen.
3. pic -£ttgc Utt^ bie praHttfdicn ^bcctt.
4. iißcr bie gtrei^eit unb ^Infrei^cit be? utcn(d)fid)«i •29oiren$. ®in Seitfoben.
1888. — ^reiö: 1,80 Wml
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