North (Earnltna ^UU This book is due on the date indicated below and is subject to an overdue fine as posted at the fürculation Desk. -Uj_af. lN3«5 TE ;iMVERS!TV OH S00015595 P mmmm ^ Die schädlichsten Forstinsekten auf der Kiefer und Schutzmassregeln gegen diese Insekten. Auf (rrund vierzigjähriger Tätigkeit in Kiefernrevieren vom rein praktischen Standpunkte aus betrachtet gjrtiger. Herzoglich Aiihaj'ti^hS^^Forstnieister a. D. Zweite, verbesserte Auflage. DESSAU Druck und Verlag- der Hofbuchdruckerei C. Dünuhaupt 1903. Die schädlichsten Forstinsekten auf der Kiefer mid Schutzmassregeln gegen diese Insekten. Auf Grund vierzigjähriger Tätigkeit in Kiefernrevieren vom rein praktischen Standpunkte aus betrachtet 0. Krüger, Herzoglich Anhallischer Forstmeister a. D. Zweite, verbesserte Auf luge. DESSAU Druck und Verlag der Hofbuchdruckerei C. Dünuliaupt 1903. Vorwort zur zweiten Auflage. In den letzten Jahren hat der Kiefernspanner ganz gewaltige Verheerungen namentlich in den Althölzern der Kiefernwaldungen Norddeutschlands angerichtet. Ich hatte schon zu Beginn des Jahres 1902 eine diesbezügliche Abhandlung „Die forstschädlichsten Insekten auf der Kiefer" im Druck erscheinen lassen. Das bedrohliche Fortschreiten dieser großen Insektenkalamität, durch welche Millionen von Werten bereits verloren gegangen sind, und welche unbedingt die Landeskultur bei sicherer Wiederholung in hochgradigem Maße gefährden muß, veranlaßt mich, meine er- wähnte Abhandlung in verbesserter Fassung neu erscheinen zw lassen. Nach meiner Überzeugung würden viele Waldbesitzer bei Befolgung der von mir schon 1902 angegebenen Maßnahmen vor großen Verlusten bewahrt geblieben sein. In der hier vor- liegenden neuen Ausgabe habe ich den Schwerpunkt besonders auf den Spanner gelegt und vor allem die Haltlosigkeit der Bedenken, welche gegen meine Grundsätze von einigen Seiten geäußert wurden, dargelegt. Dessau, 20. März 1903. Krüger, Forstmeister a. D. 'ly'emeswegs beabsichtige icli, mit dieser Abhandlung alle •*-^ erdenklichen Beschreibungen und Maßnahmen, welche beim Vorkommen von Insektenkalamitäten, wie solche in den Werken von Ratzeburg und Dr. Bernhard Altum u. s. w. detailliert niedergelegt sind, hier niederzuschreiben, sondern ich werde mich in der Hauptsache nur auf meine praktischen Erfahrungen und Beobachtungen beschränken. Als schädlichstes Forstinsekt steht der Kiefernspinner Gastropacha pini obenan. Derselbe zieht Kiefern, die auf trockenem Boden wachsen, solchen auf feuchter Lage ent- schieden vor, und zwar sicher aus dem Grunde, weil ihm die Nadeln der Kiefern auf feuchtem Boden zu saftig sein mögen. Ebenso habe ich bemerkt, daß sich bei nassen Wintern die mörderischen Pilze auf den Kiefernraupen leicliter und schneller vermehren und solche töten. Bei der großen Insektenkalamität, welche in den achtziger Jahren ihren Abschluß fand, war dies auch der Fall, und ich sagte in meinem Berichte, daß es nicht mehr nötig sei, zu teeren, was denn auch unterblieb. Die Reste vom Teer verbrannten noch mit dem durch Blitz- schlag entzündeten Schuppen bei Heideburg. In den sechziger Jahren, als ich im Herzoglichen Forst- revier Raben stein vom Jahre 1861 bis 1866 Revier Verwalter war, entwickelte sich im Anhalt - Bernburger Forstrevier Cobbelsdorf ein erheblicher Fi-aß durch den Spinner, wobei über 1000 Morgen ältere Kiefernbestände von 40 bis 100 Jahren im Jahre 1865 vollständig vernichtet wurden und geschlagen werden mußten. Die erste Vermehrung im Raben- steiner Forstrevier begann im Jahre 1862. Anfang August fand ich beim Suchen nach dem Kiefernspinner im fünfzig- jährigen Holze, namentlich an der Lotschker Grenze des Herzog-lichen Rabensteiner Forstreviers an den älteren Bäumen auf den Blößen ganz frisch ausgekommene Spinner in nicht unerheblicher Anzahl; es waren dort frische Vermehrungs- herde zu erkennen. Nachmittags begann ich mit einer größeren Anzahl von Kindern aus dem Dorfe Klepzig mit dem Suchen nach dem Spinner, und hauptsächlich am bezeichneten Orte wurden an vier Tagen rund 10 000 Spinner gefunden. In den übrigen Revierteilen, in welchen ich am darauf folgenden Morgen die Flächen genau abritt und absuchte, fand sich der Spinner nur ganz einzeln vor, so daß ich annahm, es sei daselbst ein weiteres Suchen nicht nötig, mußte aber einsehen, daß im Jahre 1865, als der große Fraß im Cobbelsdorfer Revier stattfand, bezüglich des Rabensteiner Reviers die Sache sich so gestaltet hatte, daß im bemerkten ersten Forstort ganz unbedeutender Fraß stattfand, während in den übrigen Teilen des Forstreviers, wo ursprünglich nur ganz einzelne Spinner vorhanden waren, die Vermehrung eine so erhebliche geworden war, und daselbst ein so bedeutender Fraß statt- fand, daß in der Hauptsache nur der letzte Trieb, also der Maitrieb, im wesentlichen verschont blieb. Es ist hieraus recht deutlich ersichtlich, wie wichtig es ist, bei der ersten Entwickelung des Spinners durch Sammeln der Schmetterlinge event. durch fleißigen Begang der Bestände die Entwickelungs- herde zu entdecken und daselbst kräftig einzugreifen. Gelingt es, sogleich bei Beginn der Insektenkalamitätsperiode die progressiv steigende Vermehrung zu verhindern, so wird da- durch viel gewonnen, weil dann die forstnützlichen Insekten schneller und kräftiger und zur rechten Zeit an der Ver- nichtung des Spinners teilnehmen können. Nach einer Be- rechnung würden jene 10 000 Schmetterlinge, wenn wir sie damals nicht gesammelt hätten, da die Weibchen noch voller Eier waren, im Jahre 1865 zu einer Summe von 10 000 000000 Raupen angewachsen sein, was sodann im ganzen Revier totalen Kahlfraß bewirkt hätte. Selbstredend würden die forstnützlichen Insekten, Vögel etc. wohl vielleicht die Zahl des Spinners auf die Hälfte und noch weniger der großen — 7 — Vermehrung-szahl reduziert haben, allein auch das hätte wahr- scheinlich genügt, das Rabensteiner Forstrevier in seinen Kiefernbeständen zu vernichten. Von hohei- Wichtig-keit ist eben das zeitige Eingreifen durch Sammeln der Schmetterlinge, event. durch den fleißigsten Begang die Entwickelungsherde zu entdecken, was gar nicht schwierig ist. Die Vermehrungs- herde sind im Anfang von geringem Umfang und deshalb leicht zu beseitigen. Die Bestände im Cobbelsdorfer Forst- revier waren reine Kiefernbestände. Nur in der Mitte der hundertjährigen Kiefern waren auf einer Fläche von etwa 50 Morgen die Kiefern mit über zweihundertjährigen Eichen stark gemischt, wo auch auf den Kiefern so gut wie gar kein Fraß war. Von da ab, wo die Kiefern nicht mehr mit Eichen gemischt waren, fand auf den Kiefern wieder Kahlfraß statt. Es ist deshalb von Wichtigkeit, gemischte Bestände zu erziehen, wodurch die der Kiefer schädlichen Insekten nicht zu großer Vermehrung gelangen werden, sondern es wird auch im Boden durch Mischung der Nadeln mit dem Laube mehr Humus erzeugt, auch können sodann noch gute feinjährige, wertvolle Eichen und andere Laubhölzer erzogen werden, wie ich solches vom Jahre 1866 bis 1901 im Herzoglich Anhal- tischen Forstrevier Mosigkauer Heide auf einer Fläche von mindestens 2000 Morgen in Ausführung gebracht habe. Es sind hier meist Kulturen im streifenweisen Gemisch von Lanbholz mit Kiefer und Fichte in Anwendung gebracht. Zu der Kultur der Laubhölzer sind meist Eajolstreifen von 1 Meter Breite und 0,6 Meter Tiefe ausgeführt und darauf zwei Reihen Laub- hölzer gepflanzt. Die Balken sind meistenteils zwischen den Rajolstreifen 3 Meter breit gehalten; darauf sind Fichten und Kiefern auf Plätzen von 1 Quadratmeter Größe gepflanzt, parallel zu den Rajolstreifen, gewöhnlich in der Richtung von Osten nach Westen geführt. Hierdurch wird erreicht, daß die Eichen viel weniger durch Fröste im Frühjalir leiden, weil dadurch die Kälte und der Frost längere Zeit im Boden verbleiben, die Laubhölzer durch den Vorbau der Nadelhölzer im Süden größeren Schutz haben und später ausschlagen. Die Zahl der Kiefernplatzreilien schwankt zwischen zwei und sechs. Als im Sommer 1865 im Cobbelsdorfer Revier die große Fraßperiode eintrat, wurde das Rabensteiner Revier vom Stutz aus, also von Süden her, von Spinnern förmlich überschüttet. Die Spinner verfinsterten gegen Abend bei eintretender Dämme- rung den damals sehr hellen Himmel, was ich vom Foi^sthause Zehrensdorf aus mehrere Abende hindurch beobachtete. Die Spinner legten in den Randforstorten etc. in unglaublichen Massen schnell ihre Eier ab. Die Eier kamen aber nicht aus, es fand sich in jedem Ei meist ein feiner Stich, aus dem Schlupfwespen, wahrscheinlich Teleas emhryophagus, heraus- brachen. Alle Spinnereier wuiden sehr bald durch Schlupf- wespen zerstört. Nachdem der Spinnerfraß vorüber war, begann im Jahre 1866 die Vermehrung der Nonne, von denen ich in der Flug- zeit im Monat August 1866 viele Schmetterlinge (Weibchen) habe sammeln lassen. Am 1. Oktober desselben Jahres wurde ich nach dem Forsthause Hohestraße, belegen im jetzigen Forstrevier Mosigkauer Heide bei Dessau, versetzt; dort wurde im Monat August 1867 die Sammlung der Schmetterlinge der Nonne, die namentlich stark im Straßenteil auftrat, fortgesetzt. Die Nonne verschwand allmählich wieder, was jedenfalls dem rechtzeitig einige Jahre hindurch fortgesetzten Suchen nach Schmetter- lingen zu verdanken war. Grundsatz muß es sein, die Schmetterlinge des Spinners u. s. w. stets mit großer Aufmerksamkeit zu erwarten, aber sich nicht erwarten zu lassen. Von der Mitte der siebziger Jahre ab trat eine Vermeh- rung des Spinners ein, und es wurden im ehemaligen Heide- burger und Hohestraßen-Forstrevier Jagen 137 bis 144 etc. in den Jahren 1871 bis 1879 etc., hier zuerst mit aller Kraft, die Schmetterlinge des Spinners gesucht. In der Sandschelle zwischen Eisenbahn und Leipziger Chaussee und auch westlich davon — es waren alles reine Kiefernbestände — befanden — 9 — sich die Hauptherde der Entwickelung-. Über das Suchmigsresultat müssen die Berichte und Rechnungen der geschehenen Samm- lungen aus den damaligen Forstrevieren Hohestraße und Vor der Heide — jetzt, und zwar seit dem 1. Oktober 1877 vereinigt, die Mosigkauer Heide bildend — näheres angeben können. Ende der achtziger Jahre event. Anfang der neunziger Jahre trat im Forstrevier Oranienbaum die große Fraßperiode durch den Spinner u. s. w. ein, wodurch über 1000 Morgen achtzig- bis hundertzwanzigjährige Kiefernbestände vernichtet wurden und infolgedessen geliauen werden mußten. Im Forstrevier Mosigkauer Heide, obgleich die Bestände nicht unerheblich vor dem letzten Jahre des Teerens der Bestände — es wurden circa 5000 Morgen geteert — be- sessen waren, ging es ohne erheblichen Schaden ab. Kahl gefressen wurden Bestände überhaupt nicht. Im ehemaligen Forstrevier Vor der Heide, nach Süden gelegen, wurden zwar die Bestände stärker befressen als im ehemaligen Forstrevier Heideburg, nördlich gelegen. Es ging hier mit viel trocken werdendem Holze ab, nur ein Übelstand trat im Forstrevier Vor der Heide mehr hervor: Die Kiefernbestände traten in einen sehr krankhaften Zustand ein und befinden sich noch jetzt mehr oder weniger darin. Die Ursache dürfte sein, daß das Suchen der Schmetterlinge (Falter) etwas spät ausgeführt wurde, wodurch die progressive schnellere, steigende Ver- mehrung bewirkt worden sein muß. Überraschend ist der Vorgang, daß es auf der Mosigkauer Heide ohne jeden Kahlfraß abging, obgleich das Grundwasser sehr tief, vielfach bis 43 Fuß tief steht, während dasselbe auf der Oranienbaumer Heide, die sich zwischen der Muld- und Eibaue sehr nahe anschließt, viel flacher steht. Bei flacher stehendem Grundwasser müssen sich die durch Raupen beschädigten Kiefern leichter erholen und neue Knospen und Nadeln bilden und ergänzen, was aber nicht erfolgte. Es dürfte wohl als feststehend zu betrachten sein, daß die Insektenkalamitäten im vergangenen Jahrhundert eine große Zunahme erfahren haben. Nachweislich hat im Jahre — 10 — 1792 in der Provinz Brandenburg eine große Spinnerkalamität stattgefunden, wobei 700000 Morgen Kiefernwald vernichtet wurde. Im neunzehnten Jahrhundert sind auch große Kala- mitäten eingetreten. Es ist aber nicht allein der Kiefern- spinner, der große Verheerungen angerichtet hat. Derselbe ist sozusagen als ziemlich abgetan zu betrachten, da die sichere Handhabe zum Schutze bei richtiger sachgemäßer Anwendung^ der Raupenleim, zur Verfügung steht. Es dürfte sich aber nach meinen Erfahrungen dringend empfehlen, zunächst mehr durch Aufsuchen und Zerstören der ersten Schmetterlings- entstehungsherde intensiv und rechtzeitig vorzugehen. Da nun die Kiefernforsten — wenn man nebenbei erwägt, daß dieselben den geringsten Boden innehaben — dennoch im wesentlichen die finanziell einträglichsten sein dürften, so kann man sich mit Eecht diese alljährlich zu machende durchaus nicht hohe Ausgabe wohl erlauben. Daß dieses Mittel, schneidig und gewissenhaft ausgeführt, die stattfindende progressive Vermehrung des Spinners sehr hindert, und dies Vei'faliren als billig zu bezeichnen ist, ist doch sehr ein- leuchtend. Man muß sich außerdem vergegenwärtigen, 1. daß im Anfang die nützlichen Forstinsekten meist äußerst gering vorhanden sind und darum die Ver- mehrung des Spinners zunächst nicht im entferntesten einschränken können, 2. daß durch die verlangsamte Vermehrung des Spinners vermieden wird, daß das Holz krank wird, und andere forstschädliche Insekten, als: Kiefernmarkkäfer, Kiefern- blattwespe, Forleule und Spanner einen günstigen Boden finden, 3. daß außerdem unter Umständen das kostspielige Leimen der Kiefernbestände dadurch vermieden werden kann. Fidonia pmiaria, der Kiefernspauiier. Denselben hielt man früher für ein wenig beachtetes und weniger schädliches Insekt, das höchstens sich durch Fraß in den Kiefernbeständen in kleineren Kesseln bemerkbar machte; auch schlugen die Kiefern fast in allen Fällen wieder aus. Jetzt hat sich die Situation in dieser Hinsicht voll- ständig geändert. Seit den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat der Spanner bereits durch Kahlfraß auf großen Flächen bedeutenden Schaden angerichtet, und es ist auch leider eingetreten, daß dem Kiefernspanner zu Ende des Sommers 1902 große Flächen zum Opfer gefallen sind, da von der Natur wenig Abhilfe wurde. Im allgemeinen ist die Vermehrung des Spanners infolge des Vorhandenseins zahlreicher nützlicher Insekten im Jahre 1902/03 sehr zurück- gegangen, doch sind auch vielfach wieder an verschiedenen Stellen Kiefernbestände kahl gefressen. Namentlich auf der Letzlinger Heide sind große Flächen, zum Teil vom Kahlfraß 1901/02 herrührend, trocken geworden. Die im Jahre 1902/03 daselbst verkauften Hölzer beziffern sich auf 1000000 Festmeter und dürften der Fläche nach 10000 Morgen betragen. Der Spanner ist nach meinen Untersuchungen bis jetzt in jeder Beziehung noch sehr lebensfähig. Bis jetzt hat sich als einziges Mittel zum Fernhalten des Schadens der Eintrieb von zahmen Schweinen und namentlicli das Halten von Tiergärten, besetzt mit Sauen, bewährt, wie der An- haltische Tiergarten der Mosigkauer Heide als Beweis dafür gelten kann. Seit dem Frühjahr 1901 waren circa 1000 Sauen darin enthalten. Diese Sauen genügten, um jeden Spanner- fraß fernzuhalten. Wenngleich nun die Sauen für Unterhaltung etwa jährlich 25000 Mark kosteten, täglich also pro Stück — 12 — 7 Pfenuig-e, so sind hierdurch nicht allein die großen Schäden, welche der Spanner angerichtet hätte, vollständig fernge- halten, sondern durch ununterbrochenes Umbrechen des Bodens wird ganz bedeutend mehr Zuwachs am Holze erzeugt, der sich jährlich mindestens auf V2 bis 1 Prozent berechnet, was die Ausgaben für die Sauen mehr als paralysieren und sicher auch die erste Aufstellung des Haupt geheges und dessen Verzinsung mit der Zeit amortisieren dürfte. Die Rechnung, daß infolge des Brechens der Sauen und fortwährenden Öffnens des Bodens nur ^2 bis 1 Prozent an Mehrzuwachs erfolgt sein sollte, stimmt nur bedingungsweise; derselbe be- ziffert sich sicherlich erheblich höher. Da aber bisher g'enaue Ermittelungen darüber nicht gemacht woi'den sind, möchte ich höhere Angaben darüber nicht annehmen. Bei der hohen Lage des Reviers der Mosigkauer Heide mit Ausschluß der Muldaue — das Grundwasser steht bis 4-3 Fuß tief — würde, sofern die Sauen 1900/01 nicht vorhanden gewesen wären, ein großer Teil namentlich der älteren Kiefernbestände durch den Spanner vernichtet Avorden sein, wodurch das hohe Be- triebskapital und sonach auch die Jahresrente enorm reduziert worden wären. Außerdem hätte das Holz zu Schleuderpreisen verkauft werden müssen, wie solches in der hiesigen Gegend infolge des Spannerfraßes zur Zeit überall bezüglich des ge- ringen Holzes in hohem Maße stattfindet. Im Jahre 1899 und 1900 war die Bruttorente eine sehr hohe, event. seit einer langen Reihe von Jahren allmählich gestiegen. Die Rente davon würde unter Umständen auf 50 Prozent herabgegangen sein, wenn nicht im Jahre 1900/01 sehr starke Saustände, wie erforderlich, vorhanden gewesen wären. Die Sauen wurden in beiden Jahren vollständig geschont. Wenn man sagt, Tiergärten mit entsprechendem Sau- stande wären zu teuer, so ist zu entgegnen, daß das Futter für die Sauen und für das Wild doch nicht aus dem Walde fällt, sondern in Form von Losung und Nässe dem Boden event. dem Holz wuchs zu gute kommt und dadurch mindestens 1 Prozent Holzzuwachs mehr erzeugt wird. Man — 13 — wird sich damit aiicli vertraut maclien müssen, daß der Wald- boden, namentlich wo leichter Sandboden in der Ebene vor- herrschend ist, der Düngung- sehr bedarf, da bereits dem Walde vielfach die Streue und damit seine mineralische Kraft erheblich weggenommen wird. Im Tiergarten ist diese Düngung durch Zugang von massenhaftem Wildfutter bereits erreicht. Als im Jahre 1871/72 die Steuereinschätzungskommission hier eintrat, sprach man sich über den guten Wuchs der siebzig- bis achtzigjährigen Kiefernbestände im Straßenteil Jagen 143 etc. dahin aus: Der Boden sei sehr gut und es solle danach die Abschätzung stattfinden. Ich erhob dagegen den Einspruch, daß hier infolge des Tiergartens event. in dem- selben durchschnittlich alljährlich mindestens 15000 Zentner Futter und mehr gebraucht würden, demnach eine bedeutende Melioration vorläge; es möchte deshalb im Boden ein- geschlagen und der Boden in seinen ursprünglichen Bestand- teilen besichtigt werden. Dies geschah denn auch, wobei sich feiner Sand mit starker Mischung von Kies und wenig Humus vorfand. Es wurde sodann danach geschätzt. Wenn nun diese Rente nicht bestanden hätte, sofern der Tiergarten mit seinem starken Saustande nicht gewesen wäre, so würde die hohe Rente sicherlich auf eine lange Reihe von Jahren hinaus fast gänzlich zerstört und vernichtet worden sein. Welch enormer Schaden wäre dem Besitztum hierdurch entstanden! Durch das fortwährende Umbrechen des Bodens und Mengen der Erde mit der Nadelstreu durch die Sauen wird auch schnell mehr Humus erzeugt, wodurch wieder gleich- zeitig sich der Zuwachs des Holzes steigern muß. Die Wald- feuer sind unter diesen Umständen so gut wie ausgeschlossen, event. wenigstens 70 Prozent gefahrschwächer. Ich habe während meines fünfunddreißigjährigen Wirtschaftens auf der Mosigkauer Heide kein Waldfeuer gehabt, das 10 Morgen Fläche überschritten hätte, trotzdem die Hiebsverhältnisse bei meinem Dienstantritt im Jahre 1866 nicht sehr geordnet waren. Mehrere Hiebszüge enthielten je 1 bis 2000 Morgen — 14 — T'läche. Es kam in einem fast g-leichalterigen Bestände event. gleichalterig-en Stangenorte von über 1000 Morgen bei sehr trockenem Wetter ein Waldfeuer ans, das durch einen Mann gelöscht wurde, obgleich derselbe es erst bemerkte, als das Feuer bereits einen Morgen Fläche einnahm. Die Sauen hatten aber auf dieser Fläche stark gebrochen, so daß der Boden und die brennbaren Teile der Bodendecke, die Nadel- streu, das Moos und trockenes Holz gründlich mit der Erde durcheinander geworfen waren, wodurch ein sehr langsames Weiterbrennen des Feuers bedingt wurde. Mitte der siebziger Jahre fing der Spanner an, sich in besorgniserregender Weise zu vermehren, so daß es im Jahre 1889 in den Forstrevieren Mosigkauer Heide, Oranienbaumer Heide und im integrierenden Teil des ehemaligen Forstreviers Sollnitz zu einem ganz bedeutenden Fraß kam. Es wurden auf letzterem allein über 1000 Morgen kahl gefressen, die auch gehauen werden mußten. Im Forstrevier Mosigkauer Heide mußten in den Abteilungen 74 und 58 circa 100 Morgen infolge des Kahlfraßes, herbeigeführt durch den Spanner, ab- getrieben werden. In diesen Forstorten — es sind neunzig- bis hundertzwanzigjährige Kiefernbestände — war sehr starker Graswuchs vorhanden, und die Sauen hatten infolgedessen gar nicht gebrochen. Von hier aus fand eine sehr starke Vermehrung des Spanners statt, und ein Abbrennen dieser Grasflächen, was ohne jede Feuersgefahr geschehen konnte, würde sehr zu empfehlen gewesen sein, weil ein Wipfelfeuer daselbst voll- ständig ausgeschlossen war. Im Forstrevier Mosigkauer Heide (Tiergai-ten) waren damals 350 Sauen vorhanden, außerdem wurden 603 zahme Schweine im Februar bis Mitte Mai im Walde eingetrieben, wodurch ein vernichtender Fraß entschieden verhindert wurde. Beim Eintreiben von zahmen Schweinen ist es zweckmäßig, kräftige Läufer aus Gegenden, wo solche möglichst in den Waldungen gehütet worden sind, zu wählen. Diese Schweine sind viel tätiger und leistungsfähiger als Schweine aus den Stallungen. Notwendig ist es, Schuppen zum Übernachten — 15 — der Schweine im Walde zu errichten, und die Schweine nebenbei namentlich mit saftigem Futter (Kartoffeln), auch mit etwas Körnern, am besten Gerste, pro Stück Va bis ^/4 Liter Kartoffeln und V* bis ^/s Liter Gerste, täglich des Morgens vor dem Austreiben zu füttern. Für frisches Wasser ist stets zu sorgen; zu diesem Zwecke sind genügende Tränken anzulegen und für den Fall, daß Wasser überall sehr tief stehen sollte, rechtzeitig entsprechende Brunnen herzustellen. Beim Spannerfraß im Jahre 1889 hatten Waldbesitzer es unterlassen, nebenbei anderes Futter zu geben — die Schweine sollten recht viele Puppen verzehren — , so daß die Folge davon war, daß bei einem Besitzer sämtliche zahmen Schweine ein- gingen. Ich selbst verlor fünf Stück zahme Schweine, wobei sich aber herausstellte, daß dieselben gar kein anderes Futter nahmen; es waren so recht eigentliche Puppenfresser. Bei der Sektion der Schweine ergab sich, daß bei je einem Schwein bis 1000 unverdaute Puppen im Magen vorhanden waren. Zu Anfang des Eintreibens der Sauen kann weniger Nebenfutter gegeben werden, da die Puppen noch weich und verdaulicher sind, während dieselben im Mai sich mehr zu Schmetterlingen ausgebildet haben und fast gänzlich unverdaulich geworden sind. Sodann ist mehr saftiges Futter, 1 Liter Kartoffeln und Vs Liter Gerste pro Stück, Morgens täglich zu geben. Im Herzoglichen Forstrevier Oranienbaum waren 300 Stück zahme Schweine eingetrieben, die aber nicht genügten, um den Spanner- fraß fern zu halten — es waren viel zu wenig Schweine, Es wurden, wie bereits erwähnt, im ehemaligen Forstrevier Sollnitz — schon damals dem Forstrevier Oranienbaumer Heide einverleibt — über 1000 Morgen Kiefern, Stangenorte, kahl gefressen, die sämtlich geschlagen werden mußten. Innerhalb des Tiergartens des Forstreviers Mosigkauer Heide haben die vorhandenen 1000 Sauen 1901 den Spanner- fraß vollständig ferngehalten. Nur in den Kiefernbeständen, welche außerhalb des Hauptgeheges in den „Dicken Fichten" liegen, ist auf der Südkante auf einer Länge von 1500 Meter und einer Breite von 80 Meter ganz erheblicher Fraß — 16 — sichtbar, und es ist zu befürchten, daß, sofern die nicht un- erheblichen Niederschläge in diesem Winter auch keinen Ein- fluß auf Vernichtung- des Spanners ausüben, und im Sommer 1902 wieder sehr trockenes Wetter eintritt, nicht allein auf besagtem Südrande sehr viel Holz absterben wird, sondern auch die übrig-en 200 Morg-en der „Dicken Fichten'' vom Spanner vollständig überschüttet werden dürften. Dies ist nicht ein- getreten, da der Fraß des Spanners infolge des nassen, kühlen Sommers 1902 sehr zurückgegangen war. Es starben zwar viele Kiefern im Bestände ab, doch erholte sich der größte Teil der Kiefern wieder, so daß dieser Bestand sicher erhalten bleibt. Seit dem Jahre 1898 hat sich der Spanner wieder bedeutend vermehrt. Es sind auf der Oranienbaunier Heide ganz er- hebliche mit Kiefern bestandene Flächen durch Fraß der Spannerraupe derartig beschädigt, daß sich die Kiefern be- stimmt nicht wieder erholen können, sondern wohl unbedingt eingehen und geschlagen werden müssen, was in Wirklichkeit auf großen Flächen nun auch zur Ausführung gekommen ist. Wenn nun aber der Spanner in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts einen viel gefährlicheren Charakter als in früherer Zeit angenommen hat, so möchte dies nicht etwa auf Zufall beruhen, wie vielfach angenommen wird — denn man sagt: Der Spanner kommt periodisch und ver- schwindet auch wieder — , sondern es muß diese Erscheinung tiefer liegende Gründe haben, und zwar werden diese zum Teil darin zu suchen sein, 1. daß viele bessere Bodenarten, früher mit Laubholz bestanden, teils in Acker und Wiese, teils in Nadelholz- bestand umgewandelt worden sind, und daß der leichte Boden, auf dessen stockenden Kiefernbeständen sich doch die forstschädlichsten Insekten am leichtesten ver- mehren, zur Zeit viel mehr als früher — und das mit Recht — zur Heranziehung von Nadelholzbeständen (Kiefern) verwendet ist und wird. 2. daß die Nutzung der Streue am meisten auf die Kiefernbestände mit dem leichtesten Boden ausgedehnt — 17 — wird, und daß dadurch dieser ohnehin arme Boden S3''stematisch gänzlich erschöpft und dadurch den forst- schädlichen Insekten immer mehr zugänglich gemacht wird (Privatwaldungen). Von hier aus wird der Spanner vielfach nach den in deren Nähe liegenden größeren Waldungen übertragen. 3. Auf den Wechsel des Laub- und Nadelholzes auf den höher gelegenen Flächen sollte auch mehr Rücksicht genommen werden, da nachweislich nach Nadelholz das Laubholz besser gedeiht, sofern der Boden nicht allzu gering ist, und umgekehrt nach Laubholz das Nadelholz besser wächst, wie dies im Forstrevier Mosigkauer Heide mehrfach nachzuweisen ist. 4. Die Industrie beeinflußt die Natur im hohen Grade. Das Grundwasser ist gegen früher sehr gesunken. 5. Es wird vielfach auch Boden trainiert, wo es gar nicht nötig wäre. Die am Acker liegenden Holzflächen leiden durch Wegnahme des Wassers sehr. 6. In den Kiefernrevieren ist verschiedentlich Boden vor- handen, auf dem Laubholz teils rein, teils im breiten Gemisch sogar mit finanziellem Gewinn erzogen werden könnte. 7. Das Nadelholz überwiegt das Laubholz bezüglich der Flächen in so arger Art und Weise, daß schließlich die Mißstände infolge der schädlichen Insekten immer größere Dimensionen annehmen dürften, und ich möchte fast die Behauptung aufstellen, daß dadurch selbst die Landeskultur sowohl direkt als auch indirekt sehr ge- schädigt werden kann. Die namentlich in Deutschland brütenden Singdrosseln und die in den nördlichen Ländern nistenden Weindrosseln etc. werden an den Gestaden des Mittelmeeres beim Durch- zuge im Herbst nach dem Süden zu und sonst in andern Ländern Europas in großer Zahl, auch im Frühjahre auf dem Zuge nach dem Norden zu, alljährlich gefangen. Dasselbe geschieht bei dem Durchzuge dieser Zugvögel im Herbst in 2 — 18 — Deutschland und den nördlichen Ländern in den Dohnen - stiegen, und zwar in Massen, zu Hunderttausenden, so daß seit 50 bis 60 Jahren eine gewaltige Abnahme der Krammets- vögel etc. zu konstatieren ist. Es wird wohl mit Bestimmt- heit anzunehmen sein, daß seit dem Jahre 1842, event. solange mir der Vorgang bekannt ist, zur Zeit nur noch der fünfzigste Teil der genannten Vögel übrig geblieben ist. Ferner gehen an den Leuchttürmen und an den Telegraphendrähten diese Vögel alljährlich in großer Zahl zu Grunde. Der Kiefernspanner u. s. w. ist in früherer Zeit in der rapiden Vermehrung dadurch im erwünschten Maße beschränkt worden, daß die Vögel im Herbst die Raupen und Puppen, im Frühjahr die Puppen vernichteten und so verminderten, daß weder Spanner noch Blattwespe noch Forleule besorgnis- erregend auftraten. Der notwendige Schutz der Vögel und deren Erhaltung könnte im wesentlichen nur auf inter- nationalem Wege geschaffen werden, was teilweise bereits geschehen ist. Ebenso wäre es nötig, Ermittelungen darüber anzustellen, wie viele Vögel an Leuchttürmen und an Tele- graphenanlagen verloren gehen und event. über genügende Schutzvorrichtungen nachzusinnen, damit die Vögel erhalten bleiben und sich wieder vermehren könnten. Wird keine genügende Abhilfe geschaffen, so dürfte die angedeutete drohende Verschlechterung der Landeskultur ganz sicher nicht mehr fern liegen. Wenn infolge der veränderten Kulturverhältnisse u. s. w., was sehr wahrscheinlich ist, der Kiefernspanner zwar vorüber- gehend verschwindet ^ was zunächst wohl der Fall sein wird — , aber bei trockenen Jahren seine schnelle Ver- mehrung wiederum erreichen sollte, so dürfte es nicht aus- geschlossen sein, daß die norddeutschen Kiefern Waldungen schnell einmal vollständig verloren gehen. Ebenso wie in früheren Zeiten nicht allein zum Teil in den andern vier Erdteilen, sondern auch in Europa infolge der unglücklichen und unerhörten Entwaldungen in großen Teilen Griechen- lands, Spaniens und namentlich im südlichen Rußland sich — 19 — das Klima derartig verschlechtert hat, daß dort keine Möglich- keit vorhanden ist, wieder Wald heranzuziehen, ebenso ist der östliche Teil der Wüste Sahara ein schlagender Beweis dafür. Ehemals waren diese Flächen blühende Gefilde. Seitdem die Wälder auf großen Strecken niedergebrannt worden sind, um fruchtbare Weide zu erhalten, ist die große Verschlechterung des Klimas entstanden; die einst blühenden Landstriche sind in wüstes Land verwandelt, Oder soll man glauben, die alten Ägypter hätten Prachtbauten in eine Wüste gesetzt und Tausende von Wänden über und über mit Skulpturen und Inschriften bedeckt, um solche dann ungesehen dem Verfall zu überlassen? Große, vom Sande tief verwehte Baumstämme legen Zeugnis davon ab, daß hier einst üppige Wälder standen. Ähnliche Gefahren würde es erzeugen, sofern die großen Kiefernbestände der großen norddeutschen Tiefebene in demselben Maßstabe durch den Kiefernspanner vernichtet würden, und es würden unausbleiblich dieselben schrecklichen Zustände in die Erscheinung treten. Es würden sich auf diesen Flächen Sandwehen bilden und sie bald in Flugsand- gegenden umwandeln. Vielfach wird behauptet und angenommen, daß, selbst wenn alle Nadeln von den Kiefern abgefallen wären, die Knospen aber noch grün seien, diese in der nächsten Vegetationsperiode wieder ausschlügen, da sodann noch vollständige Saftzirkulation statt- fände. Es ist dies aber eine ganz falsche Annahme, denn: L Bei dem Fraß des Kiefernspinners findet der Kahlfraß gewöhnlich von Ende Mai bis Mitte Juli statt, so daß, wenn auch der Mai trieb mit vernichtet worden ist, also bei voll- ständigem Kahlfraß zu Anfang bis Mitte August, bereits ent- schiedene Saftstockung eingetreten ist und ein Ausschlagen der noch scheinbar grünen Knospen im nächsten Frühjahr ausgeschlossen ist, weil der Kiefernspinner die Nadel bis zum Anfang der Nadelscheide herunter abfrißt, und somit die Lei- tungsorgane vollständig fehlen. 2. Der kräftigste Spannerfraß beginnt oft erst im August und endet mit Ende Oktober. Von den Nadeln, welche die — 20 — Spannerraupe von der Mitte aus anfrißt, fällt die obere Hälfte meist zu Boden, während die untere Hälfte gewöhnlich stehen bleibt. Die Nadeln fallen besonders bei sehr trockenem, heißem Wetter und bei sehr starkem Fräße Ende Oktober bis liegen Ende November häufig sämtlich ab. Es ist sodann bereits vollständige Saftstockung eingetreten, und an ein Wiederausschlagen der scheinbar noch grünen Knospen ist im nächsten Frühjahr nicht mehr zu denken. Als eine eigene Erscheinung ist es zu betrachten, daß es häufig vorkommt, daß die von Spannerraupen stark befressenen Kiefern nicht allein diese beschädigten Nadeln, sondern im Spätherbst sämtliche auch nicht befressenen Nadeln verlieren, sofort ab- sterben und trocken werden, event. im Frühjahr nicht wieder ausschlagen. Dieser Vorgang findet darin seine Begründung, daß bereits eine vollständige Saftstockung und Zersetzung des Saftes stattgefunden hat. Bleibt aber ein größerer Teil der Nadeln, wenn auch stärker befressen und bei nicht allzu gelber Farbe auf den Kiefern, so werden die Knospen im nächsten Frühjahr wieder ausschlagen. Von diesen Kiefern pflegen aber im zweiten und dritten Jahre noch mehr einzu- gehen, was natürlich vom weiteren Fraß und auch vom Wetter, ob dasselbe heiß oder mehr kühl ist und mehr oder weniger zu Niederschlägen neigt, abhängig ist. 3. Wo seinerzeit in einzelnen Forstrevieren große Flächen von Kiefern im fünfzigsten bis hundertzwanzigsten Jahre kahl gefressen und sodann die noch gebliebenen Nadeln infolge eingetretener Saftstockung abgefallen waren, war an kein Ausschlagen der Knospen zu denken. Die Hölzer mußten geschlagen und konnten in der Hauptsache nur zu Schleuder- preisen verkauft werden. Es kommt vor, daß in einzelnen Forstrevieren die Eente 70 Jahre hindurch fast vollständig ausfallen wird. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß die jüngeren Altersklassen der Kiefern durch den Spanner dezimiert werden. 4. Die Spannerkalamität hat bereits eine große Aus- dehnung angenommen, und Norddeutschland könnte, sobald — 21 — es einen weiteren großen Teil seiner Kiefernbestände verliert, wie an anderen Orten durch andere Umstände veranlaßt, bezüglich der Landeskultur ganz enorm geschädigt werden. Von allen den Laubhölzern, welche sich als Misch- und Schutzholz gegen die Spannerkalamität eignen, steht Prunus serotina, weil kein anderes Insekt, wie ich selbst bis zur Zeit beobachtet habe, auf dieser Holzart sich fortge- pflanzt hat, einzig da. Von dieser Holzart finden sich auf der Mosigkauer Heide zahlreiche kleinere Versuchsflächen vor, welche während meiner Verwaltungszeit daselbst angelegt sind. Es dürfte diese vorerwähnte Eigenschaft eine große Bedeutung haben, sobald es auch in der Zukunft weiter dabei verbleibt. Auch hat diese Holzart einen sehr starken Zu- wachs auf geeignetem Boden, namentlich wo sich im Boden Mergelgehalt vorfindet, und diese überwächst die Kiefer bei rich- tiger Behandlung und Pflege daselbst ganz bedeutend, wie ich solches in meiner kleinen Abhandlung (Dessau 1901) auf Seite 6 und 7 angegeben habe. Auf leichterem und selbst ganz leichtem Sandboden wächst Prunus serotina auch noch ganz gut, und zwar wird das Holz in der Maserung noch viel schöner und dadurch im Preise viel teurer werden. Da die Prunus serotina eine Lichtpflanze ist, so wird es erforderlich sein, die Pflanzenreihen bei der 6 bis 8 Meter breiten Mischung derselben mit Kiefern — also 6 bis 8 Meter Prunus sero^ma-Streifen und 6 bis 8 Meter Streifen mit Kiefern — von Norden nach Süden zu ziehen, damit Licht, Luft und Sonne genügend in die Reihen eindringen können. Am 6. September 1901 fand ich in der Königlich Preußischen Oberförsterei Tornau auf einer Fläche von 20 Morgen in einem hundertjährigen Eotbuchenbestande , gemischt zu 1/3 mit Kiefern, daß die sämtlichen Rotbuchen von OrygiapucUhunda total abgefressen waren, dabei lagen unmittelbar am Stamm unter jeder stärkeren Rotbuche Tausende von Raupen, teils gestorben, teils absterbend. Die Kiefern waren vom Spannerfraß nicht berührt. Etwas entfernt in östlicher Richtung stand — 22 — ein 15 Morgen großer 60 bis 70 Jahre alter reiner Kiefern - bestand, der durch den Spanner nicht unerheblich gelitten hatte. In der Königlich Preußischen Oberförsterei Falkenberg waren im östlichen Teil des Reviers zu beiden Seiten des Weges von Falkenberg nach Schmiedeberg am 6. September 1901 auf großen Flächen, wo weniger Rotbuchen zwischen vielen Kiefern, etwa 7io Mischung, standen, dieselben im Jahre 1901 von Orygia hucUhunda sämtlich abgefressen, was nun auch am 7. Juni 1902 durch den Spanner mit der Kiefer geschehen war. Es waren alle Nadeln der Kiefern vollständig abgefallen, so daß diese Kiefern im Winter 1902/03 haben geschlagen werden müssen. Es kommt auch vor, daß die Käufer der Streue diese nach den anliegenden Feldern auf Haufen fahren und solche längere Zeit liegen lassen, so daß die Spannerpuppen aus- kommen und die Schmetterlinge wieder dem Walde zu- fliegen und ihre Eier daselbst am Holze ablegen. Aus der Mitteilung bezüglich des Verhaltens der schwachen Mischung der Rotbuchen mit der Kiefer in der Oberförsterei Falkenberg dürfte der logische Schluß zu ziehen sein, daß schwache Mischungen der Rotbuche mit der Kiefer nicht genügend gegen Spannerfraß schützen. Die Rotbuchen schlugen im Sommer 1901 nicht wieder aus, sondern bildeten meist nur zunächst Knospen. Es waren selbst im Frühjahr 1902 alle Rotbuchen nicht wieder ausgeschlagen, event. fand sich am 12. Juni 1902 ein noch größerer Teil, namentlich der schwächeren Rotbuchen, nur mit Knospenbildung vor, während die Mehrzahl der stärkeren Rotbuchen meist genügend aus- geschlagen hatte. Als Mischholz mit der Kiefer würde die Eiche mehr zu empfehlen sein, da solche, sobald sie vom Prozessionsspinner, Wickler etc. im Laube abgefressen wird, sehr schnell das fehlende Laub, meist binnen drei Wochen, wieder zu ersetzen vermag. Das dunkle, starke Mischungsverhältnis des Laub- holzes mit der Kiefer ist im allgemeinen ein guter Schutz — 23 — gegen den verheerenden Spannerfraß. Lichte Kiefernbestände sind überhaupt der Spannerkalamität mehr zugänglich, nament- lich werden Überhalter am ersten vom Spanner befallen und entnadelt. Wie wichtig es ist, gemischte Bestände zu erziehen, habe ich 1901 gegen Ende Sommer bei Schmiedeberg, Bezirk Halle u. s. w., gesehen, wo der Spanner in den Königlich Preußischen Oberförstereien Tornau und Falkenberg etc. in starker Vermehrung begriffen ist. In den mit Rotbuchen durchsetzten Beständen war der Spannerfraß so gut wie gar nicht vorhanden, während in den reinen Kiefernbeständen bereits massenhafte Spanner zu finden waren. Im Frühjahr 1901 hatte man in diesen Beständen deshalb die Streue verkauft, um die Puppen des Spanners mit der Streue zu entfernen ! ? Die Streue wurde im Frühjahr 1901 aus diesen Beständen herausgeharkt, da dieselben vom Spanner sehr stark befallen waren. Man versprach sich großen Erfolg davon, in der Annahme, daß auch die Spannerpuppen mit der Streue ent- fernt würden. Das ist aber bei weitem nicht genügend der Fall gewesen, denn ich habe gesehen, daß auch vom Eilenburger Wege rechts, in der Schmiedeberger Stadtforst, ein neunzig- jähriger Kiefernbestand total abgefressen war und seine ganze Be- nadelung verloren hatte. Die Nadelstreu war im Frühjahr 1902 aus diesem Bestände herausgeharkt, und auf der östlich an- liegenden achtjährigen Kiefernschonung flogen am 12. Juni 1902 Morgens zwischen 10 und 11 Uhr die Spannerschmetterlinge bei sehr warmem, aber überaus windigem Wetter sehr stark, wobei ich genau beobachtete, daß der Überflug nur allein von dem abgefressenen Forstorte aus stattfand. Gegen die an vielen Orten ausgeführte Manipulation der Streuentfernung, um gleichzeitig eine Vernichtung der Spannerpuppen herbei- zuführen, gestatte ich mir, große Bedenken auszusprechen. Würde es nicht besser gewesen sein, wenn man im Be- stände die Streue belassen und die Bodendecke unter Zuhilfe- nahme von Petroleum im März oder April 1901 abgebrannt — 24 — hätte? Sodann wäre die größte Masse der Spannerpuppen (so gut wie alle) vernichtet worden, und dem Kiefernbestande würde seine mineralische Kraft erhalten geblieben sein. Durch die am 12. und 17. Juni stattgefundenen starken Eegen würde durch gleichzeitige Einführung im Boden demselben seine mineralische Kraft wiedergegeben worden sein. Bei öfterer Entnahme der Streue wird es namentlich dem Sandboden nicht möglich sein, die mineralische Kraft wieder zu ersetzen — in dieser Beziehung sind die meisten Gebirge, mit Ausnahme von denen, wo nur Sandstein vorhanden ist, dem Sandboden in der Ebene überlegen. Außerdem werden doch auch in den Glebirgen Kiefern wenigstens in reinen Beständen selten oder fast nie angebaut. Sobald aber die Güte des Bodens immer mehr abnimmt, wird sich auch eine progressive starke Abnahme des Höhen Zuwachses der Be- stände einfinden, und möglichst hohe Bestände müssen einen größeren Einfluß und Niedergang auf die atmosphärischen Niederschläge ausüben als ganz niedere Bestände. Von den älteren und hohen Kiefernbeständen ist bei der jetzigen Spannerkalamität ein sehr bedeutendes Prozent über den nachhaltigen Etat hinaus durch Trockenwerden und deshalb geschehenen Einschlag verloren gegangen. Nach meinen Beobachtungen in der Zeit von 1866 bis 1900 habe ich gefunden, daß die Eegen im nördlichen Teile der Mosigkauer Heide durchschnittlich viel beträchtlicher waren als im südlichen und westlichen Teile. An die Mosig- kauer Heide im Süden und Westen lehnen sich die großen Feldflächen ohne jeden Wald nach Leipzig zu an, während im Norden nach Dessau die Elbe und Mulde mit massenhaften Wiesenkomplexen und jenseits der Elbe große Waldungen sich anschließen, woran von da ab in der Provinz Brandenburg sich weiter große Waldkomplexe im direkten Anschluß fort- setzen, wodurch allein, wie vorher bezeichnet, die große Differenz in den beregten Niederschlägen ihre Er- klärung finden kann. Geeignete allgemeiiie Yorbeiigimgsmassregelii gegen Insektenfrass. Auf dem schlechten Boden unterließ man bisher, Laub- holz mit der Kiefer im breiten Gemisch oder sonstwie zu erziehen. Man ging von der Ansicht aus, daß zu diesem Zweck mit Ausnahme von Akazie und Birke — beide äußerst wenig boden verbessernd — nutzbarere und boden verbessernde Holzarten gar nicht zum Anbau vorhanden seien. Dies ist jedoch nicht melir der Fall, da Prunus serotina diese Lücke im vollsten Umfang ausfüllt und nicht allein bodenverbessernd wirkt, sondern im Geldertrage alle in den deutschen Waldungen bisher angebauten Holzarten im höchsten Grade überragt. In einer von mir über Prunus serotina verfaßten kleinen Schrift ist dies speziell nachgewiesen. Eine Gewähr dafür ist, daß Norddeutschland und ein großer Teil Nordamerikas, welches die Heimat der Prunus serotina ist, im wesentlichen gleiche klimatische Verhältnisse haben. Auch ist im Forst- revier Mosigkauer Heide im Jahre 1871 ein achtzigjähriger Baum von dieser Holzart gehauen und meistbietend verkauft. Das Stammstück davon war 0,01 Festmeter mit 40 Pfennigen in Taxe genommen und wurde auch dazu — aber viel zu billig — verkauft. Das Mittelstück und Zopf stück, beides ästig, war mit 22 und 18 Pfennigen pro 0,01 Festmeter ein- gesetzt und blieb in der Auktion unverkauft. Bei einem späteren nochmaligen Holzverkauf wurden beide Stücke mit ermäßigter Taxe ausgeboten, und der Steigerungspreis ergab sodann 0,01 Festmeter = 50 Pfennige. Die Käufer waren schließlich darauf gekommen, daß der Wert dieses Holzes ein sehr hoher sei. Ein Käufer machte die Bemerkung: Ton der Sorte hauen Sie mehr, worauf ich erwiderte: Jawohl, der Same ist schon bestellt. Der Baum gab einschließlich bis — 26 — zur Spitze nur Nutzholz und 1 Raummeter Reis — also be- trug das Nutzholz 100 Prozent. In der von mir Anfang des Jahres 1901 geschriebenen Abhandlung über Prunus serotina sind Seite 6 und 8 die finanziellen hohen Werte, welche diese Holzart bei rationellem und pflegsamem Anbau im sechzigsten bis achtzigsten Jahre liefert, speziell erläutert, auch Seite 17 in der zu Anfang des Jahres 1902 erschienenen Schrift: „Über die schädlichsten Insekten auf der Kiefer" erwähnt. Der im „Hagen" Jagen 28 vom Linden bestände nördlich vorflndliche kleine Bestand von Prunus serotina wurde zu Förster Schleisings Zeiten (damals als Mittelwald behandelt) zum dritten Male auf die Wurzel gesetzt, aber leider keine Laßreiser von der Prunus serotina übergehalten. Im Jahre 1880 habe ich den Schlag wieder hauen lassen; davon ist aber von jedem Strauch ein Laßreis übergehalten. Die Stämme haben dasselbe Alter als der von mir 1871 eingeschlagene Baum, sind also 100 Jahre alt. Die Ausschlagfähigkeit dieser Stöcke ist noch immer eine sehr kräftige. Die Ausschläge, welche sich um die Laßreiser auf dem Boden rund herum befinden, würden zweckmäßig zu entfernen sein. Höhe der Laßreiser ist 7 Meter, Stärke in Brusthöhe 10 Zentimeter. In allen Kiefernrevieren dürfte es dringend geboten er- scheinen, ferner keine reinen Kiefernbestände, sondern gemischte Bestände, Laubholz mit Nadelholz, nicht etwa in direkter Mischung, sondern nur in breiten Zügen von 6—8 Meter Breite zu erziehen. Es würde sich auch sehr empfehlen, die Kultur- züge in den Reihen von Osten nach Westen zu, namentlich bei der Eiche, zu legen, welche Holzart mit der Vegetation sodann später beginnt, als wenn die breiten Mischungsreihen von Norden nach Süden zu gezogen werden und die Sonne sodann nicht direkt in die Reihen hineinscheinen kann, weil dadurch der Boden länger kälter bleibt, und der Ausbruch des Laubes infolgedessen später beginnt, wie ich solches in der von mir geschriebenen Abhandlung über Prunus serotina erwähnt habe. — 27 — Von Wichtigkeit würde es sein, als Vorarbeit Rajolen des Bodens bei der Anlage der Prunus serotina zu wählen, sodann die Pflanzen unter Beigabe von etwas präparierter Erde, sofern der Boden sehr gering ist, zu pflanzen. Die präparierte Erde würde jedoch vor der Verwendung zur Hälfte mit leichtem Boden gründlich zu durchmengen sein. Die Rajolstreifen würden so lange von Graswuchs, etwa 2 bis 3 Jahre hindurch, frei zu halten sein, bis die Pflanzen einen guten Wuchs zeigen. Zum Reinigen selbst ist der sogenannte Krätzer (Zinkenhacke) zu verwenden. Auf besonders leichtem Boden würde an Stelle der Eiche Prunus serotina zu treten haben, da diese Holzart nicht allein schneller als die Kiefer wächst, sondern auch auf sehr leichtem Boden noch ganz gut gedeiht, namentlich sofern Mergel sich im Boden befindet, und da ferner diese Holzart bereits im sechzigsten bis achtzigsten Jahre als hiebsreif vorkommt, sehr wertvolle Abtriebs-, auch schon im vier- zigsten Jahre hohe Durchforstungserträge gibt. Ich rechne auf Kiefernboden IL bis III. Klasse in Kiefern pro Morgen im einhundertundzwanzigsten Jahre mindestens 1500 Mark, während Prunus serotina im achtzigsten Jahre daselbst bei richtiger Anlage und Pflege mindestens das Acht- bis Zehn- fache im Gelde ergeben dürfte. Besitzern von arrondierten großen Kiefernrevieren ohne starke Laubholzmischung dürfte es sehr zu empfehlen sein, Tiergärten herzustellen und Sauen entsprechend darin zu halten, woselbst dann jeder Fraß vom Spanner, von der Blattwespe und der Forleule im wesentlichen ausgeschlossen bleibt, sobald etwa pro 1000 Hektar sich im Tiergarten 200 bis 230 stärkere Sauen befinden. Frischlinge sind weniger leistungsfähig, und zwar würden je 3 bis 4 Stück für ein ausgewachsenes Schwein gerechnet werden müssen. Am meisten leisten stärkere Keiler und Bachen. Zahme Schweine leisten viel weniger, das hat der Spannerfraß 1889 bewiesen, wo 350 bis 400 Sauen im Tiergarten vorhanden waren und 603 zahme Schweine eingetrieben wurden. Das Revier war — 28 — in den Kiefern bedeutend mehr befressen als im Jahre 1901, wo damals an 1000 Stück wilde Schweine vorhanden waren, mid damals wurden große Massen Kiefern in den Beständen nmher infolge des Spannerfraßes trocken, auch die Kiefern in den „Dicken Fichten" waren noch stärker befressen als im Jahre 1901. Nur im südlichen Eande, Abt. 40, 53 und 54, waren die Kiefern 1901 besonders stark befressen, und von da aus wird wahrscheinlich ein Überfluten des Spanners nach dem nördlichen Teil der „Dicken Fichten", Abt. 40, 53 und 54, hinein, auch möglicherweise nach dem Innern Teil der Mosigkauer Heide stattfinden. Das wird natürlich davon ab- hängig sein, ob das Insekt intakt bleibt oder infolge des fortwährend nassen Wetters verloren geht, eventuell erkrankt. Die Kiefern im Bruch, Abt. an der Mulde, auf trockener Lage und leichtem Boden sind ebenfalls sehr stark befressen und im hohen Grade gefährdet, ebenso der südliche Rand im „Haken", Abt. 55 und 56, wo namentlich viele Schmetter- linge von innerhalb des Tiergartens her angeflogen sind und die Eier abgelegt haben. Daß die Bänder am „Haken" sehr stark infiziert sind, hat seinen Grund darin, daß der Boden im nördlich davon liegenden Forstort „ßabenfichten", Abt. 73 und 74, stark mit Gras bewachsen ist. Infolgedessen haben die Sauen das Brechen dort gemieden, weil sie vorziehen, dazu Bestände zu wählen, wo Streudeckung vorherrschend ist. Überhaupt drängt der Spanner, vom Instinkt geleitet, mehr nach den Südseiten. Im „Haken" werden auf der Südseite viele Kiefern, die sehr stark befressen sind, jedenfalls trocken werden. Große Nässe ist im Boden der Kiefernbestände noch immer nicht bemerkbar; nur unmittelbar unter der Moos- und Streudecke ist es etwas feucht, etwas tiefer wird der Boden wieder trockner. An die Entwicklung von Pilzen ist also zunächst kaum zu denken, zumal die Puppen des Spanners mehr geschützt sind als die Raupen. Man sagte mir Mitte des Sommers 1901, die Raupen des Spanners seien sehr klein geblieben, und die Entwickelung des Spanners ginge in seiner — 29 — diesjährigen Periode zu Ende. Das ist aber nicht der Fall, denn die Raupen haben Ende des Sommers und namentlich im Herbst noch sehr stark gefressen und ganz normale Größe erreicht, wie denn auch die Puppen normal geworden sind. Der Grundsatz würde festzuhalten sein, oft und nur sehr leicht zu durchforsten, weil der Spanner dunkel gehaltene Orte durchaus beim Fluge nicht liebt und sich infolgedessen darin nicht erheblich vermehrt. Auch die Gelderträge der schwach durchforsteten Orte sind nachhaltig bedeutender, wie die von mir seit dem Jahre 1871 bis 1900 auf dem Forstrevier Mosigkauer Heide durchforsteten Kiefernbestände beweisen; es ist sozusagen in der Einnahme eine Schraube ohne Ende. Ich habe während meiner wirtschaftlichen Tätigkeit seit dem Jahre 1877 mindestens jährlich 12000 Morgen Trocknis- und Durchforstungshiebe ausführen lassen, wie das Kontrollbuch genau nachweist. Ebenso wurde der Traktus zwischen der Halleschen Straße, der Planken- linie und dem alten Hinsdorf er Wege seit dem Jahre 1877 jedes Jalir durchforstet. Um diese mühsame Arbeit zu be- wältigen, hat es großer Anstrengung bedurft. Außerdem ist von großer Wichtigkeit, den Graswuchs in den Kiefernbeständen möglichst lange Jahre fernzuhalten, weil Sauen in den Tiergärten und der Schweineeintrieb als einziges bisher bekanntes Mittel gegen den Spanner vorhanden sind. Sobald die Bodenflächen in den Kiefernbeständen stark mit Gras bewachsen sind, ist der Eintrieb von Schweinen so gut wie wirkungslos; auch die wilden Schweine meiden die Grasflächen. Beim Eintrieb von zahmen Schweinen würde noch folgendes zu bemerken sein: 1. Zahme Schweine müssen mindestens in der doppelten Anzahl als wilde vorhanden sein, um ein gleiches Resultat der Beseitigung der Spanner zu erreichen. 2. Die große Zahl der zahmen Schweine veriu'sacht ganz erhebliche Ausgaben; außerdem ist es nicht ausge- schlossen, daß Krankheiten unter denselben ausbrechen und dadurch neue Geldverluste entstehen. — 30 — 3. Ich komme deshalb immer wieder für große Kiefern- reviere auf das Einrichten von Tiergärten und Besetzen mit wilden Schweinen zurück. 4. Pro 1000 Hektar Fläche würde immer ein Bestand von mindestens 150 Sauen vorhanden sein müssen. 5. Sobald der Spanner sich irgend erheblich vermehrt, würden die Schweine vollständig zu schonen sein. 6. Tränken sind in größerer Anzahl zu beschaffen und stets in gutem Zustande zu erhalten. 7. Ein genaues Feststellen durch höchst gewissenhaftes Probesuchen im Herbst, wieviel Stück Spanner etc. pro Morgen liegen, mit genauester Angabe der Scheidung nach Forstorten ist unbedingt notwendig. Wenn die Zahl der Spanner etc. pro Quadratmeter drei erreicht, wird es bereits notwendig, sich die Sauen weiter ver- mehren zu lassen. Das stärkere Umbrechen der Holz- flächen gibt gleichzeitig einen Hinweis, daß Spanner etc. in größerer Anzahl vorhanden sind. Es ist anzunehmen, daß man beim Probesammeln, selbst sofern dasselbe gut ausgeführt wird, höchstens die Hälfte der forst- schädlichen Insekten findet. Nicht viel besser ergeht es den Sauen; deshalb kehren dieselben in späterer Zeit in die bereits umgebrochenen Distrikte zurück, um von neuem daselbst zu brechen. 8. Sofern Spinnerraupen vorhanden sind, werden dieselben beim Brechen der Sauen oft derartig mit Erde be- schüttet, daß sie dadurch leiden; auch wird manche Eaupe und Puppe durch die scharfen Schalen der Sauen beschädigt und vernichtet. 9. Die Art und Weise der Ausführung der Kulturen kann Einfluß auf die Vermehrung der forstschädlichen Insekten haben. Die Pflanzung ist bei Kiefernkulturen der Saat entschieden vorzuziehen. Bei der Pflanzung kann jeder Pflanze ihr zugehöriger Standort und Wachs- raum zweckmäßig gegeben werden. Bei der Saat kann man wenig säen, und bei günstiger Witterung kann — 31 — die Kultur übersäet sein. Es kann viel Samen gesäet sein, und bei ungünstiger Witterung kann die Kultur dennoch vollständig mißglücken. Ich habe gesehen, daß auf einer fünfzehnjährigen Kiefernkultur in der Eille auf den laufenden Meter noch 30 Stück Pflanzen standen von der dominierenden 2^/2 Meter hohen bis zur nahezu ausgegangenen 7^ Meter hohen. Sollte unter solchen Umständen das Holz nicht krankhaft werden und die forstschädlichen Insekten zu ihrer Vermehrung einen günstigen Boden finden? Das gibt zu großen Bedenken Veranlassung. Ganz dieselbe Erscheinung ist bei Laubholzsaaten, namentlich bei Eichelsaaten zu bemerken. Bei Ellern- und Birken- saaten sind noch größere Extreme zu finden. In dieser Art Bestände zu erziehen, kann kein günstiges Resultat geben, da der Kampf um das Dasein bereits in der frühesten Jugend beginnt, 10. Die überzähligen Pflanzen durch Ausschneiden zu ent- fernen, ist zu kostspielig, und die Arbeiter sind zu schwierig dabei zu beaufsichtigen, unter großen Ver- hältnissen wird es überhaupt unausführbar sein, deshalb ist es besser, 11. alle Waldkulturen bei Zugrundelegung intensiver Vor- arbeiten durch mäßig licht gehaltene Pflanzung, wo- möglich mit gut geschulten Pflanzen auszuführen und diese Pflanzungen im ersten und bei Laubhölzern auch im zweiten Jahre je einmal nach der Pflanzung mittels Krätzers zu reinigen. Das gibt gesunde und schnell wachsende Bestände. 12. Da der Spanner seine erste Vermehrung nicht etwa verzettelt im ganzen Walde, sondern in kleineren Kesseln beginnt, welche sich im nächsten Jahre der Vermehrung meist sehr vergrößern, ehe dieselben große Flächen zu überschütten beginnen, so ist hierbei ein sicheres Mittel gegeben, den Spanner zu vermindern und dessen starke Vermehrung so lange aufzuhalten, bis — 32 — entweder die forstnützlichen Insekten den Spanner über- wiegen, oder, sofern bei den stattfindenden Häntnngen der Raupen andauerndes nasses Wetter eintritt, diese ziemlich sicher verloren zu gehen pflegen. Ein Mittel, bisher nirgends ausgeführt und gekann t^ würde das geeignete Abbrennen der Moos-, Gras-, und Nadelstreudecke bei sachgemäßer Anwendung von Petroleum sein, und jedenfalls sicher Erfolg gewähren und die vernichtende Wirkung des Spannerfraßes abwenden, da 1. der Spanner die älteren und ganz alten Kiefern- bestände, wo dies Verfahren des Brennens leicht aus- führbar ist, besonders gern annimmt, während die jüngeren Stangenorte und Dickungen zunächst vom Spanner verschont bleiben, was darin seinen Grund hat^ daß der Spanner im älteren Holze bequemer fliegen kann und zunächst in dunkel gehaltenen Orten über- haupt sich schwieriger vermehrt und nicht recht gedeiht. 2. Überzeugt wurde ich von der Wirksamkeit dieses Mittels durch einen praktischen Versuch, bei dem ich festzustellen suchte, wieviel Spanner unter der Streu- und Moosdecke lagen. 3. Bei der Aufstellung von 0,7 im Quadrat haltenden Kästen, welche nach unten offen, oben mit feiner Drahtgaze überspannt waren, ergab dieser Versuch folgende Resultate: a) gar nicht gebrannt: 19 Stück Spanner, b) mittelstark gebrannt: 5 „ desgl. c) schwach gebrannt: 9 „ desgl. Bei b, mittelstark gebrannt, waren die herausgekommenen Schmetterlinge infolge der stärkeren Brandkruste sehr verkrüppelt und beschädigt, so daß eine Vermehrung derselben nicht zu erwarten war. Bei stärkerem Brande wird fast kein Spanner die Kruste durchbrechen können. 4. Die Besprengung mit Petroleum wird durch Gieß- kannen mit sehr fein gelöcherter Brause ausgeführt. — 33 — Das Abbrennen muß sofort direkt nach dem Besprengen geschehen, damit kein Petroleum durch Verflüchtigung verloren gehen kann. Zur Vorbereitung beim Verbrennen der Streudecke wird es nötig sein, von den Bäumen die Streue nach dem Innenbestande so weit zu ziehen, etwa ^/^ Meter genügt, daß die Flamme nicht an die Bäume heran- schlagen kann. Zunächst müssen in Intervallen parallel zueinander nicht zu breite Streifen unter gehöriger Aufsicht abgebrannt werden. In Kiefernbeständen von höherem Alter, wo Flug- und Wipfelfeuer über- haupt nicht mehr möglich ist, und in solchen Beständen, in welchen die erste Entwickelung des Spanners meist immer beginnt, würde das Feuer zweckmäßig zur An- wendung zu bringen sein. Liegen an diesen Beständen junge Bestände in unmittelbarer Nähe, so ist es unbedingt notwendig, zunächst die Bodendecke nach außen herum auf einen Sicherheitsstreifen von circa 30 bis 40 Meter Breite unter gehöriger Aufsicht abzubrennen. Alsdann sind im Innern der ganzen Fläche 3 bis 4 Meter breite Streifen wieder unter gehöriger Aufsicht abzubrennen und zuletzt sind schließlich die gebliebenen breiten Intervalle der Bodendecke mit dem Abbrennen in Angriff zu nehmen. Bei stärkerem Winde ist es dringend zu raten, kein Abbrennen vorzunehmen. Ebenso ist in allen jungem Kiefernbeständen, überhaupt da, wo Wipfel- und Flugfeuer in den Baumkronen und in trockenen Reisern entstehen kann, die Anwendung des Feuers ausgeschlossen. In solchen Beständen können nur die Sauen in Tiergärten, und in freien Wildbahnen zahme Schweine Abhilfe bei eingetretenem Spannerfraß schaffen, und diese letzteren Bestände eignen sich am besten zum Brechen für Sauen als auch für zahme Schweine. Es ist in der Natur schon so eingerichtet, daß es bei Insektenkalamitäten Mittel und Wege gibt, 3 — 34 — solche zu beherrschen. Hier ist es entschieden die An- wendung- des Feuers in Verbindung- mit Petroleum. Ein besseres Mittel wird wohl niemals g-efunden werden. Alle an der Oberfläche direkt unter der Streu- und Moosdecke lieg-enden Spannerpuppen werden bei Anwendung von Petroleum in der größten Hauptsache vollständig- vernichtet. Die wenig-en nicht gänzlich vernichteten werden derartig- beschädigt, daß an eine weitere Vermehrung- durch dieselben nicht zu denken ist. Ein geringes Prozent der Puppen liegt häufig flach im Boden. Die aus diesen Puppen ausgekommenen Schmetterlinge sind auch nicht fortpflanzungsfähig, da bei kräftiger Brandkruste selten ein Schmetterling und für diesen Fall sehr beschädigt und verkrüppelt und nicht fortpflanzungsfähig auf der Oberfläche des Bodens erscheinen wird. Noch wollte ich mir gestatten zu bemerken, daß je nach dem Bodenüberzuge die Ver- niichtung des Spanners zu geschehen haben würde: a) In älterem Holze würde selbst bei stärkerem Gras- und Heideüberzug des Bodens, vorausgesetzt, daß »auf der betreffenden Fläche nur ältere Kiefern den Bestand bilden, somit Flug- und Wipfelfeuer niclit entstehen kann, das Abbrennen der Bodendecke entschieden zu empfehlen sein. b) Bei ausschließlicher Nadelstreudecke würde in den älteren Kiefernbeständen das Abbrennen der Boden- decke sich unbedingt empfehlen. Im Tiergarten würde das Halten von Sauen und, sofern notwendig, nebenbei der Eintrieb einer entsprechenden Zahl von zahmen Schweinen erforderlich sein. Die Frage, ob die Gefährlichkeit des Kiefern- spanners jemals wieder auf den geringen Grad früherer Zeiten herabsinken kann, dürfte unbedingt zu ver- neinen sein, da für das heftige, sehr schädliche Auf- treten seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf einer überaus großen Fläche tiefer liegende Gründe vorhanden — 35 — sein müssen. Der Spanner wird zwar periodisch wieder verschwinden, was momentan der Fall ist, aber nach einiger Zeit wiederkehren nnd abermals größte Ver- heerungen anrichten. Nach meinen Beobachtungen zieht sich die Ver- mehrungsperiode des Spanners meist mehr als bei der des Spinners in die Länge und dauert bei jenem gewöhnlich 8 Jahre, bei diesem meist nur 5 Jahre, bevor es zum großen Fraß kommt. Die volle Vernichtung der forstschädlichen Insekten, sei es durch die AVitterung, durch Pilze etc., tritt schließlich erst dann ein, wenn ein Überwiegen der forstnützlichen Insekten eintritt. Trockene Jahre werden das Hereinbrechen der Gefahr beschleunigen. Man hat oft angenommen, daß die Saugwurzeln beim Abbrennen der Bodendecke leiden könnten, was aber schon deshalb ausgeschlossen ist, w^eil auf der Oberfläche des Bodens direkt unter der Streudecke so gut wie keine Saugwurzeln liegen und schließlich daselbst nur ein ganz geringer Bruchteil zu finden ist, was gar nicht ins Gewicht fällt. Es wird auch durch das Abbrennen der Boden- decke für den Forstbetrieb manches Nützliche erreicht. Die Kiefernbestände erhalten dadurch eine gute Düngung, und die Kiefern werden infolgedessen eine ganze Reihe von Jahren hindurch ein besseres Wachs- tum zeigen. Eine etwaige Säurebildung im Humus, die sehr oft stattfindet, wird durch das Brennen auf- gehoben. Eine Gefahr beim Brennen im Frühjahre ist überhaupt im wesentlichen nicht vorhanden, zumal im März, April und in der ersten Hälfte des Monats Mai gewöhnlich noch so viele Feuchtigkeit im Boden vor- handen ist, daß zur Erzeugung und Erreichung einer notwendigen kräftigen Brandkruste Petroleum beim Abbrennen genommen werden kann. 3* — 36 — 7. Alles Unterliolz unter den Bäumen ist zuvor zu ent- fernen. Das Reis davon kann haufenweise zunächst verbrannt und die Asche zur Düngung der Wiesen etc. benutzt werden. Das Entfernen des Unterwuchses und Anfluges hat möglichst lange vor dem Brennen zu ge- schehen, damit der Boden schneller abtrocknen kann, wodurch an Petroleum gespart wird. Das Abbrennen geschieht im Frühjahr vom März bis gegen Ende Mai, wozu einigermaßen trockenes Wetter sehr wahrgenommen werden und Petroleum rechtzeitig beschafft sein muß, damit das Geschäft des Brennens rechtzeitig beendet werden kann. 8. Die Auswahl der Kessel event. Spannerherde, welche zum Abbrennen der Moos-, Streu- und Grasdecke in Aussicht genommen werden sollen, muß mit großer Vorsicht auf Grund der genauesten Probesuchungen nach Spannerpuppen, wie vorher ausgeführt ist, vor- genommen werden, auch sind die Puppen durchaus nicht mehr in den eigentlichen Kahlfraßorten zu suchen, sondern mehr in der Nähe des Kahlfraßkessels, woselbst sich der Kahlfraß sehr abmindert. Im Kahlfraßkessel liegen gesunde Puppen vom Spanner überhaupt nicht mehr, da die Raupen daselbst meist bereits früher ein- gegangen, und die Schmetterlinge aus den Puppen ausgeflogen sind. Die Spanner haben die meisten Eier in den an davon entfernt liegenden Orten intakten Kiefernbeständen abgelegt, und dort muß das Brennen vorgenommen werden. Man darf diese Herde aber nicht zu groß werden lassen; das würde das Mittel sehr verteuern und den Erfolg abmindern. Bezüglich des Abbrennens der Bodendecke zur Vernichtung der Spannerpuppen ist mir mehrfach der Einwand gemacht worden, daß das Abbrennen der Bodendecke zu feuer- gefährlich sei und große Bedenken dem entgegen- ständen. Ich muß darauf erwidern: Da sogar jedes Waldfeuer, auf das kein Mensch vorbereitet ist, und — 37 — wenn es bereits noch so große Dimensionen angenommen liat, g-elöscht wird, ist es noch viel leichter, sofern man zur Beherrschung- des Spannerfraßes das Feuer bei gehörig-er Vorsicht zur Anwendung bringt, jede gefahr- drohende Verbreitung des Feuers zu verhüten. Unter sicherer Aufsicht kann dabei ein Waldfeuer über- haupt nicht entstehen. 9, Aus verschiedenen Gründen ist es zweckmäßig und not- wendig, gegen den Wind zu brennen, was bei Anwendung von Petroleum leicht auszuführen ist. In der Stadtforst Oranienbaum sind auf einer Fläche von über 100 Morgen im fünfundvierzigjährigen Holze bedeutende Herde vom Spanner zu finden, und eine Fläche von über 40 Morgen wurde gegen den Herbst 1901 vollständig kahl gefressen; hiervon ist auch bereits das Holz zum Teil ge- schlagen und verkauft worden. Aus einzelnen größeren Teilen in diesem großen Fraßkessel sind noch etwa V4 der Kiefern mehr oder weniger grün, und man hat das sichtlich trocken gewordene Holz bereits herausgehauen. Es dürfte aber auch von den daselbst stehen gebliebenen grünen Hölzern noch eine größere Anzahl trocken werden. Ich halte aber den Aushieb daselbst für sehr richtig behandelt. Es dürfte sehr zweckmäßig sein, diese Kiefern mit den Kronen als Fangbäume liegen zu lassen und später, wie auf Seite 39 gesagt ist, von Mitte Mai ab zu schälen, um die Larven der Hylesinus ly'miperda seinerzeit zu vernichten. Da, wo alles heruntergehauen worden ist, war an kein Ausschlagen wieder zu denken, da die Nadeln bereits längst, und zwar im Herbst, abgefallen sind. Eine im Kessel stehende achtzehnjährige Kiefernschonung ist sehr stark befressen, und auch die Nadeln sind fast alle abgefallen, so daß an ein Wiederausschlagen dieses Holzes gar nicht zu denken ist. Nur einzelne Kiefern sind noch etwas grün und möglichst weiter zu erhalten. Da, wo Kahlfraß gewesen ist, sind die Raupen eingegangen, und gesunde Puppen liegen nur sehr vereinzelt da, während viele leere ausgeflogene Puppen zu finden sind. Die Schmetterlinge müssen nach — 38 — andern Orten geflogen sein und daselbst die Eier abgelegt haben. Man hört fortwährend, sobald auf einer Stelle im Walde Kahlfraß eintritt, die Klage laut werden und sagen: Die Insekten sind von da und dorther übergeflogen. Das ist nur untergeordnet der Fall, weil z. B. die jetzige Spanner- kalamität einen sehr großen Flächenraum zu gleicher Zeit einnimmt, da sie von der Provinz Brandenburg über Anhalt hinweg durch die Provinz Sachsen bis nach dem Königreich Sachsen zu geht, und der Kahlfraß zu gleicher Zeit auf dieser großen Fläche überaus verheerend stattgefunden hat. Es müssen also hier für den Fraß des Spanners überall gleiche Ursachen gegeben sein. Die Intervalle des Nichtfraßes füllen sich zuletzt durch Fraß schnell immer mehr aus. Aus den kleinen Fraßkesseln werden sehr bald in einigen Jahren (zwei bis drei Jahren) gewaltige zusammenhängende Fraß- flächen, wie sich dies auf der großen bemerkten Fraßfläche in Wirklichkeit zeigt, event. abgewickelt hat. Das Beispiel ist gegeben im Preußischen Forstrevier Rotehaus und der anliegenden Stadtforst Oranienbaum. Vom ersten Revierteil soll die Kalamität nach dem zweiten Teil (Stadtforst Oranienbaum) übertragen sein. Die Sache liegt aber so: In der Stadtforst ist bereits voller Kahlfraß, auch sind daselbst auf einer erheblichen Fläche die Nadeln von den im Saft erstickten Kiefern bereits meist abgefallen, während auf dem Königlich Preußisclien Revierteil der liundert- zwanzigjährige Kiefernbestand zwar auch stark befressen ist, es ist aber dort noch nicht ausgeschlossen, daß sich diese Kiefern wieder begrünen werden. Also von einer Über- tragung von diesem Ort kann keine Rede sein. Es ist darum sicher der Fall, daß in jedem der beiden Orte die Entwickelung des Spannerfraßes für sich stattgefunden hat. Folgende Vorbeugungsmittel würden noch zu erwähnen sein: Hylesinus inniperda ist ein überaus schädliches Forst- insekt, das bei großer Vermehrung ganz dazu geschaffen ist, — 39 — die älteren Kiefernbestände in einen krankhaften Zustand zu versetzen, wodurch sodann bei großen Insektenkalamitäten eine geringere Widerstandsfähigkeit der Bestände im voraus vorhanden ist. Ein sehr kräftiges Mittel zur Vertilgung des Insekts ist das Werfen eines Netzes von Fangbäumen auf dem Kevier, wobei namentlich Kiefern mit möglichst rauher Borke, von lockerer Benadelung und im Absterben sich be- findend, spätestens Mitte Februar in erster Linie genommen werden, die mit den Baumkronen liegen bleiben. Es genügen pro Morgen = V* Hektar = 6 Stück Kiefern, sofern nicht mehr wirklich noch stehende Fangbäume vorhanden sind, die dann sogleich noch mit geworfen werden müssen. Viele Käfer erscheinen im März, sobald das Thermometer 8— 10° R. zeigt; im April, sobald 15° Wärme eintreten, erscheinen fast alle Käfer. Allem welken, im Absterben befindlichen Holz gibt der Käfer den Vorzug, weshalb in den älteren Beständen recht viele Hölzer, welche erwähnte Eigenschaften haben, als Faug- bäume ausgewählt werden müssen. Die Käfer bohren sich zur vorerwähnten Zeit in die rauhe Borke der Fangbäume ein und sind als fertige Käfer Ende Juni und in der Haupt- sache Anfang Juli im Auskriechen begriffen. Der Käfer bohrt sich sodann an den Maitrieben einige Zentimeter unter der Terminalknospe des letzten Triebes ein und höhlt die Markröhre aus. Die Triebe brechen deshalb bei stärkerem Winde ab und sind dann oft in großen Massen auf dem Boden zu finden. Nach mehrfachen Wanderungen bei Eintritt der kühleren Herbst Witterung bohrt sich der Käfer in die starke Rinde der geschlagenen Stämme (Wurzelstöcke) und auch in die Rinde der stehenden Bäume ein, überwintert da- selbst, um im nächsten Frühjahr bei eintretender Wärme wieder zu erscheinen und seine Vermehrung von neuem zu beginnen. Das Schälen der Fangbäume muß von Mitte bis Ende Mai geschehen sein, da die Larven und die noch un- vollkommen ausgebildeten Käfer, der Luft und Sonne aus- gesetzt, sofort absterben. Die Hylesinus piniperda wird dadurch nicht allein schädlich, daß sie krankhafte Stämme — 40 — sofort zum Absterben bringt und neue zum Absterben vor- bereitet, sondern auch dadurch, daß sie anderen forstschädlichen Insekten die Vermehrung- zugänglicher macht. Das Nieder- halten des Käfers, wie vorher ausgeführt, ist deshalb von hoher Wichtigkeit und genügt, sofern nicht noch mehr krank- hafte Hölzer zweckmäßig zu entfernen sind. Auf 1 Stück Samenkiefer, auf welcher die Käfer sich mit Vorliebe ein- bohren, habe ich öfter 1000 Stück und darüber Käfer einge- bohrt vorgefunden. Alle auf den Schlägen etc. lagernden Kiefern- nutzhölzer sind, wie vorbemerkt, rechtzeitig zu entrinden, da sich in diesen Hölzern häufig massenliafte Larven und halb aus- gebildete Käfer befinden, die, der freien Luft ausgesetzt, sofort zu Grunde gehen. Nahe dem Walde zu liegende Ablagerungs- plätze sind ohne vorherige Schälung der zu lagernden Hölzer keineswegs zu gestatten, da die auskriechenden Käfer dem Walde wieder zufliegen. Am zweckmäßigsten ist es, wenn die Kiefernnutzhölzer vor der Abfuhr geschält werden, wonach die Abfuhrbedingungen aufs strengste gestellt werden müssen. Folgende A^orbeugungsmittel würden noch zu erwähnen sein: Schonen der alten, selbst trockenen Bäume, in denen sich Fledermäuse aufhalten. Im Jahre 1871/72 wurde in der Bornlache, Abt. 180, des Forstrevieres Mosigkauer Heide eine alte Samenkiefer geschlagen, in der sich circa 1000 Fleder- mäuse befanden. Die Fledermäuse wurden in der damals nicht benutzten Räucherkammer auf der Speckinge überwintert und im Frühjahr der Freiheit wieder übergeben. Solche Bäume befanden sich im Reviere noch mehrere, namentlich am Kümmerlingshang, Jagen 179, eine Eiche und im Wach- holderteil, Jagen 106, an der Wullendorf er Wildfuhre eine Samen- kiefer usw. Wie viele Kiefernspanner sind wohl durch diese Fledermäuse vernichtet! Das ist namentlich, solange die Spinner in kleinerer Zahl vorhanden waren, von hoher Wichtigkeit gewesen. Sicher werden die großen Vermehrungen des Spinners beziehungsweise die progressiv steigenden Vermehrungen der forstschädlichen Insekten durch viele kleine Ursachen glück- licherweise auch in ziemlichem Grade beeinflußt. — 41 — Sehr nützlich ist das massenhafte Eintreiben von Hof- hühnern in die Kiefernbestände zur Vernichtung des Spanners; ebenso nützlich wirken Fasanen. Im vergangenen Spätherbst habe ich in den Kiefern -Feldholzbeständen des Eitterguts Mennewitz bei Aken a. E. gesehen, daß die Fasanen die Streue stark umgekratzt und die Spannerpuppen und Raupen sehr rein weggenommen hatten. Um recht gesunde Kiefernkulturen zu bekommen, ist es auch notwendig, keine zu großen Anhiebsflächen zu schaffen, weil sich daselbst der Rüsselkäfer schnell und in Masse, auch die Maikäferlarven in großer Zahl einzufinden pflegen. Das Roden der Stämme ist das beste Schutzmittel gegen die Ver- mehrung des Rüsselkäfers. Leider konnten wegen großen Arbeitennangels seit dem Jahre 1875 fast gar keine Kiefern - Stämme mehr auf den gewöhnlichen Kiefernschlägen des Forstreviers Mosigkauer Heide gerodet werden. Der Rüssel- käfer hatte sich infolgedessen sehr vermehrt. Im Jahre 1897 bis 1900 wurde mit vielen Fangkloben die Beseitigung des Käfers betrieben. Im ersten Fangjahre wurden etwa 90000, im zweiten Jahre 50000, im dritten Jahre 30000 im vierten Jahre 20000 Käfer im Forstrevier Mosigkauer Heide vernichtet. Um die Maikäferlarven zu reduzieren, ist der Maikäfer auf den Laubhölzern, namentlich Eichenkulturen, jedes Früh- jahr, besonders in den Morgenstunden, zu sammeln und zu töten. Im erwähnten Revier ist das Sammeln der Käfer seit vielen Jahren energisch betrieben. Am allerwirksamsten ist das Erhalten von Kolonien der Saatkrähen. In den Büschen bei Nienburg a. S., wo besonders starke Kolonien bestehen, sind nur noch sehr selten und ganz vereinzelt einige Mai- käfer zu finden. Im Schutzbezirk des Forstreviers Mosig- kauer Heide „Vor der Heide" befindet sich am Thurländer Felde vom Forsthause „Vor der Heide" bis zum Torhause „Heidekrug" ein Schutzstreifen neunzigjähriger Eichen. Auf diesen Eichen sammeln sich in großen Massen die auf den in der Richtung nach Süden (Leipzig) zu anliegenden großen — 42 — Feldern, welche ohne jeden Wald sind, im Mai sich ent- wickelnden Maikäfer. Es dauert dann g-ar nicht lange, daß die Saatkrähen der Kolonien von Ziebigk bei Cöthen und aus den Büschen bei Merzien erscheinen und in kürzester Zeit die sämtlichen Maikäfer auf besagtem Streifen ver- nichten. Sobald dies geschehen ist, ziehen diese Saatkrähen in frühester Zeit Morgens nach den Laubholzbeständen des Lingenauer Holzes und beseitigen im Laufe des Monats Mai die dort alljährlich massenhaft befindlichen Maikäfer, dringen auch vielfach tiefer nach den Laubholzbeständen ins Innere der Mosigkauer Heide ein, um massenhaft die Maikäfer zu ver- nichten. Später, sobald der Eichenmckler Tortrix viridana etc. in besagten Beständen sich einfindet, erscheinen die Saatkrähen wiederum und verrichten ihr nützliches Werk von neuem. Dasselbe geschieht auch, sobald die Zeit des Rüsselkäfers heran ist, auf den großen Kulturflächen zum Segen des Waldes. Ein vollständiges Schonen der Saatkrähen an diesen Orten muß, als höchst wichtig, geboten erscheinen; vielleicht wird sich dann in der Mosigkauer Heide eine Saatkrähen-Kolonie dort niederlassen. Noch wollte ich nicht unterlassen zu erwähnen, daß es in trockenen Sommern vorkommt, daß nach großer Dürre, sobald der erste Eegen kommt, die Maikäferlarven in sehr großer Zahl aus dem frisch gelockerten und angefeuchteten Boden heraufkommen und sodann mittels leichter Beharkung, namentlich wo Kulturen mit großen Plätzen ausgefülirt sind, in großer Zahl mit Leichtigkeit gesammelt werden können. In den siebziger Jahren fand sich Gelegenheit, dies während einiger Jahre mit großem Erfolg auszuführen. Es wurden im Küchansesteil, Abt. 126 und 127, auf einem 1 Meter im Quadrat großen Platz durchschnittlich 60 Maikäferlarven ge- funden und vernichtet. Die Kulturen hatten in der Zeit vorher sehr gelitten, wie ich denn auch bei meinem Dienst- antritt am 1. Oktober 1866 im damaligen Forstrevier Hohe- straße über 1000 Morgen Blößen vorfand, die vom Jahre 1867 bis 1869 wieder vollständig in Kultur gebracht wurden. Im — 43 — Diesdorfer Teil lagen allein noch vier Jahresschläg-e ä 20 Morgen unkultiviert mit den Wurzelstöcken, die, da in jener Zeit noch kein Arbeiterniangel war, gerodet und die Flächen mittels Kiefernrinnensaat kultiviert wurden. Auf den übrigen großen Blößen, unter anderem Abt. 127, wurde in der Hauptsache nur Pflanzung auf 1 Quadratmeter großen Plätzen bei l^* bis 1^2 Meter Abstand mit großem Erfolg durch Pflanzung mit einjährigen Kiefern in Anwendung gebracht. Auf den Platz wurden in 3 Reihen, ä Reihe 4 Stück, je 12 Stück einjährige Kiefern gepflanzt. Die zu den großen Kiefern- kulturen im Jahre 1867 Anfang März angesäeten Kiefern- pflanzen waren, obgleich im Mai, wo die Birken bereits grün waren und 3° Kälte bei starkem Schneefall eintrat, so daß nach dem bald darauf erfolgten Wegtauen des Schnees die einjährigen Kiefernpflanzen ganz glatt auf dem Boden lagen, nach drei Tagen wieder aufgerichtet — nachher vorzüglich ausgebildet — und es konnten noch in dem Jahre 1868 für 800 Taler Pflanzen verkauft werden. Hylobius abietis, Grosser brauner Rüsselkäfer. In den ersten warmen Frühlingstag-en , etwa im April, schwärmt der Käfer in Massen nach den Schlägen, wo ihn die harzigen Stöcke der Kiefer anziehen, und an deren Wurzeln er sodann nach geschehener Begattung im April und spätestens im Mai seine Eier ablegt. Er wandert dann zu Fuß nach den anliegenden jungen Kulturen und fiißt hier die Rinde von unten auf nach oben zu ab; in dieser Zeit fliegt er nicht melir. Das beste Mittel zur Vertilgung ist: 1. Das Eoden der Wurzelstöcke und Wurzeln sogleich zur Zeit des Einschlags und Entfernung der Wurzeln, sobald dieselben mit Eiern des Käfers besetzt sind, was bis zu Ende Mai des nächsten Jahres geschehen sein muß. 2. Durch grüne Fangkloben, welche leicht im Boden mit der Einde eingeschnitten werden, und welche jeden Morgen ganz früh nachgesehen werden müssen, läßt sich der Käfer oft in großer Zahl sammeln und ver- nichten. Sobald die l^'angkloben trocken werden, müssen wieder frische bescliafft und gelegt werden. Die Käfer kommen im Juni des zweiten Jahres voll- ständig ausgebildet heraus, fressen aber wenig. Bei Eintritt von kühlerem Wetter beziehen sie ihr Winter- quartier. Das erste Jahr überwintern sie als Larven, im zweiten Jahre als Käfer; im dritten Jahre ist der Schlag als Vermehrungs- und Fraßort verlassen. Bei Ausführung dieser im vorstehenden gemachten Vor- schläge werden sicher die Verheerungen der forstschädlichen Insekten stark vermindert und großer Schaden ferngehalten werden.