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OF TH E

5chool of i^edicine.

Die

ECTIONS-TECHNIK

im Leichenhause des Charite-Kraükenhauses,

rail besonderer Rücksicht

auf

gericlitsärztliehe Praxis

erörtert Ton

Itiidolf Virchow.

Im Anhange

Das Regulativ für das Verfahren der Gerichtsärzte bei den gerichtlichen Untersuchungen menschlicher Leichen

6. Januar ^ ^_,^

vom ,o T^ ü l87o.

13. Februar

Zweite Auflage.

Mit einer lithographirten Tafel.

Berlin, 1877.

Verlag von August Hirschwald-

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N. W. Unter den Linden BS.

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Inhalts - Verzeichuiss.

Seite

Historische Einleitung 1

Die klinische und die forensische Section 2

Constante Methode und individuelle Abweichungen G

Verhalten des Schädeldaches zur harten Hirnhaut .... 7

Reihenfolge der Untersuchungen und Plan der Section 8

Stand des Zwerchfells 8

Eröffnung der Brust- und Bauchhöhle 9

Farbe der Theile, besonders des Blutes 12

Gefässfüilung 14

Ungehöriger Inhalt der Höhlen 17

Untersuchung der Brusthöhle ". . . . 18

Untersuchung der Bauchhöhle 20

Darm, Leber, Zwölffingerdarm 20

Magen, Pancreas, Harn- und Geschlechtsorgane ... 22

Art des pathologischen Schneidens 24

Instrumente 26

Zahl der Schnitte . 30

Erhaltung des Zusammenhanges der Schnittstücke .... 31

Dissection des Gehirns 32

Dissection des Herzens 35

Musterfälle: 45

I. Unbekannter Mann. Tod durch Erstickung in Fo'lge von Lun- genblutung und Lungenödem 45

II. Bekannter Mann. Schuss in den Kopf (Selbstmord) Tod

durch Lungenödem 52

IIL Bekannter Mann. Schuss durch die Brust (Selbstmord). Tod durch Pleuritis duplex, Peri- und Myocarditis, Mediastinitis

phlegmonodes und Peritonitis *. ... 64

IV. Todtgeborenes Zwillingskind aus der Mitte des 10. Monats. Zeichen der Unreife. Erysipelas scroti, pharyngis et cerebri.

Beginnende weisse Hepatisation der Lungen 77

Seite

Methode der Eröffnung' der Brusthöhle 87

Schnitt durch das Sternoclavicular-Gelenk, den ersten und die folgenden Rippenknorpel. Regulativ für das Verfahren der Gericbtsärzte bei den gerichtlichen Untersuchungen menschlicher Leichen vom 6. Januar 1875, bestä- tigt am 13. Februar 1875 90

I. Allgemeine Bestimmungen §§. 1 8 90

II. Verfahren bei der Obduction §§. 9—26 92

Aeussere Besichtigung §.13 93

Innere Besichtigung §§.14 22 94

Kopf §§. 15—16 . . . 94

Wirbelsäule §.17 95

Hals, Brust- und Bauchhöhle §§. 18—22.

Allgemeines §.18 96

Brusthöhle §.19 97

Hals §.20 98

Bauchhöhle §.21 99

Vergiftung §.22 101

Neugeborne §§. 23—24 102

Sonstige Untersuchungen §.25 104

Schliessung der Leiche §.26 104

III. Abfassung des Obductions-Protokolls und des Obductions-

Berichts §§. 27—31 104

Als ich im Jahre 1844 mit der Assistenz des Prosectors der Charite, Robert Froriep beauftragt wurde, fand ich ein ziemlich ungeordnetes Verfahren in dem damaligen Leichenhause vor. Nur wenige Sectionen, und diese nur auf besondere Requisition, wurden von dem Prosector selbst vorgenommen; die grosse Mehrzahl wurde von den Charite- Chirurgen (den nachmals mit dem Namen der Unterärzte bezeichneten, noch nicht durch das Staatsexamen durchge- gangenen jungen Doctoren) ohne alle technische Vorbildung ausgeführt. Protokollirt wurde überhaupt gar nicht und die betreffenden Notizen wurden erst nach der Section aus der Erinnerung zusammengestellt. Froriep selbst gab nur sehr selten einen Sections-Cursus : ich habe dies nur ein einziges Mal erlebt. Seine Methode war, trotz seiner her- vorragenden wissenschaftlichen und manuellen Befähigung, vielleicht sogar wegen dieser Befähigung, jedenfalls wegen ihrer beschränkten praktischen Anwendung, wenig durchge- bildet, ja in manchen Beziehungen so ungünstig, dass es schwierig war, dabei etwas zu finden.

So, um nur ein Beispiel anzuführen, hatte er die Ge- wohnheit, das Rückenmark von vorne oder von hinten her der Länge nach durch einen grossen Sagittalschnitt zu spalten und es in zwei gleiche seitliche Hälften zu zerlegen. Dies war freilich ein sehr eleganter Schnitt, und ihn gut auszu- führen, erforderte Uebung und Vorsicht; aber, wenn er auch noch so gut ausgeführt war, so gab es doch nur sehr sel- tene Fälle, in denen dabei etwas herauskam. Die natür- liche Folge davon war, dass sich Froriep's Aufmerksamkeit mehr auf die Häute und auf die Nervenwurzeln richtete,

Virchow, Sections-Technik. 2. Aufl. i

dass aber gerade die häufigsten und wichtigsten Ver- änderungen der weissen Substanz unerkannt blieben.

Meine Aufgabe, namentlich seitdem ich im Jahre 1846 das Amt des Prosectors erhalten hatte, war daher eine doppelte. Einerseits handelte es sich darum, die Sectio- nen in eine einzige Hand zu bringen, geordnete Proto- kolle einzuführen und diese zu sammeln, um brauch- bare Summen zu gewinnen. Dies gelang ohne grosse Schwierigkeit, nachdem eine Reihe auffälliger Vorkommnisse gezeigt hatte, dass ohne eine technische Hand geradezu irrthümliche Ergebnisse gewonnen wurden. Sehr bald inter- essirte sich jeder klinische Lehrer und Abtheilungsdirigent dafür, dass ich die Sectionen machte. Als ich im Jahre 1849 dem Rufe nach Würzburg folgte, hinterliess ich eine grosse Sammlung zuverlässiger Protokolle. Leider fand ich davon nur wenige Bruchstücke wieder vor, als ich im Jahre 1856 zurückgerufen wurde.

Andererseits war es nothwendig, eine geordnete Me- thode der pathologisch-anatomischen Untersuchung zu finden und eine bestimmte Technik einzuführen, welche als Regel für die gewöhnlichen Fälle festgehalten werden könne. Eine solche Methode habe ich im Laufe der Jahre ausgebildet; sie ist nun lange genug im Gebrauch, um als erprobt gelten zu können. Natürlich ist sie von einem doppelten Gesichtspunkte aus gestaltet worden. Erstens musste sie die möglich vollständigste Einsicht in die Ausdehnung der Veränderungen aller Organe gestatten. Zweitens musste sie, um die Möglichkeit einer auch für die Unterrichtszwecke brauchbaren übersichtlichen Demonstration zu gewähren, so eingerichtet werden, dass der Zusammenhang der betreffen- den Theile möglichst wenig aufgehoben wurde. Es sind dies zwei, bis zu einem gewissen Maasse einander wider- sprechende Aufgaben. Nichtsdestoweniger haben sie sich iu befriedigender Weise lösen lassen.

Es ist hier nicht meine Absicht, diese Methode in allen ihren Einzelheiten auseinanderzusetzen. Bis zu einem ge- wissen Maasse ist dies geschehen in dem neuen, von der

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Königlichen wissenschaftlichen Deputation für das Medicinal- wesen unter dem 6. Januar d. J. aufgestellten, von dem Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- angelegenheiten unter dem 13. Februar d. J. bestätigten Regulativ für das Verfahren der Gerichtsärzte bei den ge- richtlichen Untersuchungen menschlicher Leichen, iwelches als Anhang abgedruckt ist.

Freilich entspricht dieses Regulativ nicht in allen Ein- zelheiten unserer Technik. Es liegt dies zum Theil in der verschiedenen Natur der Aufgaben, welche z. B. in der ganzen äusseren Besichtigung hervortritt; letztere ist für den Gerichtsarzt weit wichtiger, als für den pathologischen Anatomen. , Auch hat man es in den Berathungen der De- putation für zweckmässig gehalten, gewisse Veränderungen vorzunehmen, welche eine einfachere und schnellere Hand- habung bei den für den gerichtlichen Zweck weniger wich- tigen Organen gestatten. Immerhin ist im Ganzen und Grossen das Regulativ ein Ausdruck der durch lange Er- fahrung gew^onnenen Kenntniss von der zweckmässigsten Einrichtung des Sectionsverfahrens.

Das Bedürfniss, das alte Reglement vom 15. November 1858 zu beseitigen, war nachgerade sehr dringlich geworden. Genau genommen, war dasselbe schon antiquirt, als es er- lassen wurde. Ich habe gleich nach dem Erscheinen des- selben seine Mängel dargelegt und ganz besonders die Noth- wendigkeit betont, dass man, wie überall jetzt, so auch bei der gerichtsärztlichen Section Vollständigkeit der Unter- suchung und Genauigkeit in der Methode sowohl der Forschung als auch der Protokollirung ver- lange, sowie dass man hinterher, aber nicht zum Voraus entscheide, ob etwas zur Sache gehört und als wesentlich angesehen werden muss, oder ob es zufällig und nebensäch- lich ist (Deutsche Klinik 1859 Nr. 2). Ueber diese Punkte liess sich schon damals eigentlich nicht streiten. Wenn trotzdem das Regulativ noch 15 Jahre lang in Kraft ge- blieben ist, so erklärt sich dies nicht blos aus der berech- tigten Neigung der Behörden, nicht zu häufig zu ändern,

sondern noch mehr aus der Erkenntniss, dass es nothwen- dig sein würde, erst eine grössere Zahl gut geschulter Ge- richtsärzte heranzubilden, ehe mau Anforderungen stellte, welche nicht unerheblich über die Grenzen dessen hinaus- gingen, was man ehedem als genügendes Maass technischer ärztlicher Bildung betrachtete. Dies galt nicht bloss in Be- zug auf die für viele Fälle nothwendige mikroskopische Untersuchung, _^ondern selbst in Bezug auf die gewöhnliche anatomische Technik bei den Sectionen.

Schon in meinen Erörterungen von 1859 habe ich darauf hingewiesen, wo die Neuerung liege. Ich sagte damals: „Noch die lebende Generation kannte die pathologische Ana- tomie nur als einen Anhang der Klinik. Der Kliniker stellte in der Regel schon bei Lebzeiten fest, welches Organ Gegenstand der Untersuchung sein sollte, und die Autopsie beschränkte sich ebenfalls in der Regel auf dieses Organ, oder behandelte wenigstens alle anderen nur nebenher. Die klinische Anamnese entschied also über die anatomische Untersuchung. Was dabei herausge- kommen ist, wissen wir Alle. Der wesentlichste Fortschritt des medicinischen Wissens beruht gerade darauf, dass man sich daran gewöhnte, auch die übrigen Organe genauer zu untersuchen. Denn mau sieht ein, dass man bei der ana- tomischen Untersuchung nicht weniger thun kann, als bei der klinischen." Ich hätte vielleicht sagen sollen, dass man bei der anatomischen Untersuchung mehr thun müsse, als bei der klinischen, schon aus dem einen Grunde, weil man bei der klinischen in der Regel mehrmals, nicht selten viel- mals auf denselben Fall zurückkommen und, was man bei der einen Untersuchung unterlassen hat, bei der nächsten oder einer der folgenden nachholen kann, während die ana- tomische Untersuchung Alles auf einmal abmachen muss und eine Wiederholung unmöglich ist. Aber auch abgesehen davon, ist es ein grosser Unterschied, ob ich überhaupt einem inneren Theile direct beikommeu und ihn in allen Einzelheiten prüfen kann, oder ob ich mich damit begnügen muss, gewisse „Symptome" zu verfolgen und zu verwerthen.

Die gerichtsärztliche Technik , alle Achtung vor der Unabhängigkeit der gerichtlichen Medicin vorausgeschickt, wird sich doch stets der pathologisch -anatomischen an- schliessen müssen, denn die letztere ist die allgemeinere, welche mit Fällen aller Art zu thun hat und welche des- halb mehr vor jener Einseitigkeit schützt, durch welche die gerichtsärztliche Praxis so sehr belastet wird. Thatsächlich muss zugestanden werden, dass die gerichts ärztlichen Pro- tokolle in ihrer überwiegenden Mehrzahl eine so auffällige Uebereinstimmung, selbst in der Phraseologie, eine so ganz besondere, nur in ihnen geläufige Sprache, einen solchen Mangel an wirklicher Objectivität gezeigt haben, dass es etwas überaus Ermüdendes hatte, eine grössere Zahl davon hintereinander durchzulesen. Viele sahen sich unter ein- ander so ähnlich, dass man hätte glauben können, sie be- träfen denselben Fall.

Allmählich ist die Zahl der besser vorgebildeten Aerzte gewachsen. Das neue Examen für den Norddeutschen Bund und später für das Deutsche Reich hat die pathologische Anatomie als einen besonderen Prüfungsgegenstand aner- kannt und mit demselben auch eine Prüfung in der patho- logischen Histologie verbunden. Eine mehr eingehende Kenntniss der pathologisch- anatomischen Technik imd der Handhabung des Mikroskops ist damit angebahnt, und es konnte daher, nachdem das Prüfungs - Reglement vom 25. September 1869 nunmehr 6 Jahre in Kraft ist, wohl an der Zeit sein, auch für das gerichtsärztliche Examen (Physikatsprüfung) ähnliche Bestimmungen vorzuschreiben und darnach auch das Regulativ für die gerichtsärztlichen Obductions Verhandlungen einzurichten.

Dies ist jetzt geschehen, und die Neuerung wird hof- fentlich segensreich auf die Thätigkeit der Gerichte zurück- wirken. Denn ein nicht geringer Theil der Strafrechtspflege beruht ja eben auf einer correcten und objectiven Unter- suchung Seitens der Gerichtsärzte.

In der That lehrt die Erfahrung, dass die grosse Mehr- zahl der Fälle, in denen die Gerichte sich genöthigt sehen,

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Obergutachten der MedicinalcoUegien und der wissenschaft- lichen Deputation für das Medicinalwesen einzuholen, solche Obductionsverhandlungen betreffen, in welchen die Obducen- ten durch üngenauigkeit der Untersuchung oder der Pro- tokollirung den Thatbestand verdunkelt haben. Ja, es wäre nicht schwierig, eine grössere Zahl von Beispielen zu sam- meln, in denen durch die Mangelhaftigkeit der Obductions- verhandlung ein an sich klarer und einfacher Fall verdunkelt, ein dunkler gänzlich unverständlich gemacht wurde. Aus dieser Wahrnehmung erklärt sich die zunehmende Menge der Revisionsbemerkungen 5 über welche manche Physiker sich beklagen ; daraus auch die Nothwendigkeit, in das Regulativ für die Leichenuntersuchungen manche Einzelbestimmung aufzunehmen, welche an sich selbstverständlich ist, welche aber doch nicht immer ausgeführt wird. Ist es doch schon vorgekommen, dass erst in Folge der dem Staatsanwalt und dem Gerichte bekannt gewordenen Revisionsbemerkungen die Verfolgung eines Angeklagten wieder aufgenommen werden konnte, die wegen der mangelhaften Obduction und des sehr willkürlichen Gutachtens der Obducenten längere Zeit hin- durch unmöglich gewesen war.

Wenn nach solchen Erfahrungen, die sich aus der bei den Physikats -Prüfungen gewonnenen Kenntniss von der üblichen Art der Untersuchung und Betrachtung noch nach verschiedenen anderen Richtungen leicht weiter ausfuhren Messen, das practische Bedürfniss, stricte Vorschriften zu geben, sich als ein unabweisliches darstellte, so lässt sich für den Unterricht und für die Menge der gewöhnlichen Fälle nicht bezweifeln, dass die Feststellung einer con- stanten Methode die erste Voraussetzung eines geord- neten Verfahrens für die Leichenuntersuchung ist.

Es bedarf keines Nachweises, dass es eine gewisse Zahl von Fällen giebt, in welchen Abweichungen von die- ser Methode nicht nur zulässig, sondern geradezu geboten sind. Die Individualität des Falles muss oft die Methode der Untersuchung bestimmen. Aber man musst nich mit der Individualisirung anfangen und nicht die

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Abweichungen von der Regel zum Gesetz erheben. Der Geübte mag sich eine Abweichung gestatten, wenn er sie begründen kann. Nur muss er sich dann auch der Motive voll bewusst sein und sie angeben können.

Dazu gehört nun aber eine volle und bewusste Kenntniss der Gründe, weshalb die Methode oder die Regel aufgestellt ist. Die Methode soll nicht mechanisch, sondern planmässig geübt werden, wie sie nicht zufällig, sondern auf Grund wohl erwogener Erfahrung aufgestellt ist. Wer diese Gründe kennt, der wird auch beurtheilen können, wann sie nicht zutreffen, und wann eine Abweichung von der Regel angezeigt ist. So wird es als Regel festzuhalten sein, dass bei Eröffnung der Kopf- höhle zuerst die vorliegenden Theile: harte Hirnhaut, Längs- blutleiter, weiche Hirnhaut, Oberfläche der Grosshirnhalb- kugeln der Reihe nach untersucht und beschrieben werden. Aber wenn sich Verwachsungen der harten Hirnhaut mit dem Schädel finden, so ist es zweckmässig, die harte Hirn- haut sofort zu durchschneiden, ehe man noch das Schädel- dach abreisst, und dann Schädeldach und daranhaftende Hirnhaut auf einmal abzuheben. Denn wenn man lange und gewaltsame Versuche macht, den Schädel von der noch geschlossenen, adhärenten harten Haut abzulösen, so zerreisst man gewöhnlich die letztere, quetscht das Hirn selbst und erhält so künstlich veränderte Theile , deren ursprüngliche Beschaffenheit zuweilen gar nicht mehr zu ermitteln ist. Da bei Neugebornen und Kindern dies Verhältniss der Adhärenz das regelmässige ist, so wird man für Neugeborne und Kinder eine regelmässige Ab- weichung von der bei Erwachsenen richtigen Methode ein- treten lassen, wenn mau sich nicht der Gefahr aussetzen will, statt des Gehirns einen Brei zu erhalten. Findet sich aber bei Erwachsenen ausnahmsweise dieselbe Adhärenz als eine individuelle Erscheinung, so wird auch bei ihnen die abweichende Methode in Anwendung zu bringen sein.

Nichts ist bei einer geordneten, wissenschaftlichen Leichenuntersuchung schwieriger und bedeutungsvoller, als

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die Einsicht in die Gründe, weshalb eine bestimmte Reihen- folge der einzelnen Untersuchungsacte eingeschla- gen wird. Betrachten wir daher diesen Punkt etwas ge- nauer. Von der Reihenfolge ist der Gang der Untersuchung überhaupt abhängig. Wenn man für die gewöhnlichen Falle einen bestimmten Gang, eine vorgezeichnete Reihenfolge ver- langt, so geschieht dies nicht blos deshalb, weil eine solche Ordnung am sichersten die Vollständigkeit der Unter- suchung verbürgt und vor dem Vergessen wichtiger Theile schützt, sondern noch mehr de&halb, weil eine ungeordnete Reihenfolge nur zu leicht die spätere Erhebung bedeutender Befunde unmöglich macht. Eine planlose Untersuchung zerstört künstlich undvorzeitig die vorhandenen Körperzustände.

Nehmen wir einige Beispiele. Der Stand des Zwerch- fells ist für viele Untersuchungen von hervorragender Wich- tigkeit. Eröifnet man die Brusthöhle vor der Bauchhöhle oder auch nur gleichzeitig mit der Bauchhöhle, oder stellt man nach primärer Eröffnung der Bauchhöhle den Stand des Zwerchfells nicht fest, bevor mau die Brusthöhle eröffnet, so ist es nachher überhaupt nicht mehr möglich. In der älteren Zeit, als die Kliniker durch ihre Assistenten oder Unterärzte die Sectionen machen Hessen, war der Gebrauch fast allgemein, dass mau schon vor dem Hinzutritt des ärzt- lichen Personals Brust- und Bauchhöhle durch einen Ana- tomiediener öffnen Hess. Man wollte eben Zeit und Mühe ersparen. In der gerichtsärztlichen Praxis zeigte sich bald, dass man bei dieser Behandlung den Zustand des Thorax und seiner Organe nicht correct bestimmen konnte. Na- mentlich bei Neugeboruen, bei denen sich das erste In- teresse in der Frage nach der stattgehabten Athmung, und nicht blos nach der Athmung überhaupt, sondern nach der Grösse derselben concentrirt, musste nothwendig der Stand des Zwerchfells ermittelt werden. Daher kam die Vorschrift, zuerst die Bauchhöhle zu eröffnen; das Regulativ von 1858 war in dieser Beziehung ganz correct. Es bestimmte in § 1 7 sub a. :

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„Es ist schon nach Eröffnung der Bauchhöhle der Stand des Zwerchfells nach der entsprechenden Rippe zu beachten, zu dessen richtiger Ermittelung bei Neugeborenen überall die Bauchhöhle zuerst und dann erst die Brust- und Kopfhöhle zu eröffnen sind." Unglücklicherweise wurde aber diese so richtige Be- stimmung durch die kurz vorhergehenden Worte unklar. Es hiess nämlich:

„Es ist die Athemprobe anzustellen und zu diesem Zweck

a) schon nach Eröffnung der Bauchhöhle u. s. w." Dieser Eingang war ganz unzutreffend. Denn der Stand des Zwerchfells ist nicht zum Zwecke der Athemprobe festzustellen, da ja Athemprobe und Stand des Zwerchfells coordinirte Mittel zur Feststellung der stattgehabten Ath- mung sind.

Aber noch schlimmer war die Zweideutigkeit in der Wahl des Ausdruckes: „Eröffnung". An sich ist freilich Eröffnung nicht gleichbedeutend mit Section; aber die Ge- richtsärzte nahmen Eröffnung in dem Sinne von Section, und statt nach Eröffnung der Bauchhöhle und Feststellung des Standes des Zwerchfells sich sofort an die Eröffnung und Section der Brusthöhle zu machen, vollendeten sie die Section der Bauchhöhle, ehe sie auch nur die Brust- höhle eröffneten. Ja, diese schlechte Praxis wurde so allgemein, dass die Medicinalcollegien in ihren Revisions- bemerkungen es tadelten, wenn hier und da ein besser ge- schulter Physicus die Section der Bauchhöhle vertagte, bis die Brusthöhle untersucht war.

Was ist aber die Folge einer solchen primären Section der Bauchhöhle? Ich will annehmen, dass bei der Heraus- nahme der Milz, des Magens und der Leber das Zwerch- fell nicht angeschnitten worden ist, obwohl es gewiss häufig genug geschehen ist, aber das ist doch ganz unvermeid- lich, dass bei der Durchschneidung der Lebervenen (bei Herausnahme der Leber) und bei der besonders vorge-

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schriebenen Eröffnung der unteren Hohlvene das Blut theil- weise oder, wenn es nicht geronnen ist, ganz aus der rech- ten Vorkammer durch die eröffneten grossen Venenstämme sich entleert. Kommt man dann nachher an die Brust- höhle, so findet man möglicherweise die rechte Vorkammer und mit ihr das rechte Herz zusammengefallen, blutarm oder gar blutleer, wo es bei geordneter Untersuchung viel- leicht gerade gefüllt hätte erscheinen sollen. Wie oft ist hierdurch der Befund alterirt, das Gutachten gefälscht worden ?

Daher schreibt das neue Regulativ vor, was ich seit Jahren gelehrt habe, dass allerdings die Bauchhöhle zuerst eröffnet, aber nicht secirt werde. Nichts ist hier erforder- lich, als den Stand des Zwerchfells, die Lage der Organe, den etwa vorhandenen ungehörigen Inhalt der Bauchhöhle und die Farbe der vorliegenden Theile zu bestimmen. Dann ist sofort an die Brusthöhle zu gehen, es sei denn, dass ein zwingender Grund vorhanden ist, von der Regel ab- zuweichen. Als ein solcher zwingender Grund ist stets der Verdacht auf Vergiftung anerkannt worden, da in diesem Falle der Magen Mittelpunkt der ganzen Untersuchung ist und alle Vorsichtsmaassregeln darauf gerichtet sein müssen, ihn nebst seinem Inhalte unverkürzt und unverändert in die Gewalt des Gerichts zu bringen.

Die Vorschrift, in der Regel die Section der Bauchhöhle erst nach der Section der Brusthöhle, dagegen die Eröff- nung der Bauchhöhle und die Constatirung der allgemeinen Verhältnisse derselben schon vor der Eröffnung der Brust- höhle vorzunehmen, hat in dem neuen Regulativ gewisse veränderte Anordnungen in Bezug auf die äussere Gestalt des Obductionsprotokolls nothwendig gemacht, an welche sich hoffentlich die Gerichtsärzte leicht gewöhnen werden. Darüber ist es nicht nöthig, weiter zu sprechen. Dagegen ist es, wie mir scheint, nicht überflüssig zu erwähnen, warum auch die Constatirung der allgemeinen Verhältnisse der Bauchhöhle der Eröffnung der Brusthöhle vorangehen soll.

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Das neue Regulativ bestimmt in dieser Beziehung im §18 Alinea 2 Folgendes:

„Dabei ist sofort die Lage, die Farbe und das son- „stige Aussehen der vorliegenden Eingeweide, sowie „ein etwa vorhandener ungehöriger Inhalt anzugeben, „auch durch Zufassen mit der Hand der Stand des „Zwerchfells zu bestimmen."

Dass die Lage der Baucheingeweide nicht mehr genau bestimmt werden kann, wenn die Brusthöhle eröffnet und die vorderen Anheftungen des Zwerchfells in grosser Aus- dehnung zerschnitten sind, ist klar. Je weiter die Unter- suchung der Brusthöhle fortschreitet, je mehr Organe aus derselben herausgenommen, je mehr Verblödungen des Zwerchfells mit Theilen der Brusthöhle zerschnitten werden, um so mehr wird das Zwerchfell lose, um so stärker ver- schieben sich Baucheingeweide gegen die Brusthöhle hin. Tritt nun bei der weiteren Untersuchung irgend ein Verhältniss hervor, welches vorher nicht bemerkt wurde und welches eine Vergleichung der Lage der Baucheingeweide im Verhältniss zu verletzten Theilen der Körperwandungen erforderlich macht, handelt es sich darum, die gegenseitige Lage zweier Bauch- eingeweide zu einander zu prüfen, so ist dies mit Sicher- heit nicht mehr ausführbar. Ich erinnere nur an die nicht seltenen Fälle, in denen beginnende Peritonitis gefunden wird und in denen ermittelt werden muss, ob diese Peri- tonitis durch eine traumatische Einwirkung hervorgerufen oder durch einen pathologischen Vorgang in einem der Baucheingeweide selbst erzeugt ist. Liegt die Stelle, wo die Zeichen einer solchen noch begrenzten Peritonitis her- vortreten, nicht sofort bei Eröffnung der Bauchhöhle zu Tage, so wird der ursächliche Zusammenhang kaum noch festzustellen sein, wenn vor dem Aufsuchen der fraglichen Stelle wesentliche Lageänderungen der Eingeweide einge- treten sind.

In Bezug auf die Farbe ist zunächst daran zu er- innern, dass die Meinung noch jetzt sehr verbreitet ist, man könne an der hochrothen oder hellrothen Farbe das arterielle

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Blut, also aiicii die arteriellen Gefässe, an der Leiche, wie am Lebenden, erkennen. Diese Meinung beruht auf einem Grundirrthum. Alles arterielle Blut in einer Leiche sieht dunkelroth aus. Dies gilt ebenso sehr von dem Blute der Lungenvenen und des linken Herzens, wie von dem der Aorta und der peripherischen Arterien. Wer je- mals die grossen Arterien an der Hirnbasis, die ihrer re- lativ freien und oberflächlichen Lage wegen so bequem für die Betrachtung sind, mit Aufmerksamkeit angeschaut, wer ihr blaurothes, durchweg venöses Aussehen sich eingeprägt hat, oder wer jemals das Blut der linken Vorkammer des Herzens, welches zuletzt von der Lunge hergekommen ist und welches zuletzt geathmet hat, bei solchen Personen, die nicht an Erstickung gestorben sind, angesehen und seine schwarzrothe Färbung wahrgenommen hat, der sollte auf immer von dem Irrthum geheilt sein, dass es in einer Leiche hellrothes arterielles Blut gebe. Mit Ausnahme der Lunge selbst, und zwar einer solchen, welche mit Luft gefüllt ist, wo also noch nach dem Tode eine gewisse Sauerstoffauf- nahme stattfinden kann, sieht kein frisch blossgelegter Leichentheil hellroth aus. Und selbst in der Lunge ist dies gewöhnlich nicht in dem Maasse der Fall, wie man wohl annimmt. Denn hier ist es die vielfache Durchsetzung des bluthaltenden Gewebes mit lufthaltenden Alveolen, wodurch, wie bei jeder Schaumbildung, eine weissliche Färbung ent- steht, die, auch mit Dunkelroth gemischt, einen hochrothen Farbenton giebt. Man sieht dies sehr schön an den Lungen Neugeborner.

Es versteht sich daher von selbst und es kann über- dies in den einzelnen Fällen gewöhnlich direct bewiesen werden, dass man an keinem Theile eines Eingeweides einer Leiche eine arterielle Injection an der Farbe des Theils zu erkennen vermag. Selbst bei hohen Graden ar- terieller Injection kann ein Theil ebenso blau- roth oder schwarzroth aussehen, wie bei venöser Hyperämie. Wer sich darüber unterrichten will, der möge sich nur an die Nieren machen, wo die Malpighischen

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Knäuel, also rein arterielle Theile, bei starker Füllung ihrer Gefässe als ganz scliwarzrothe Punkte oder Körnchen mit blossem Auge oder mit einer einfachen Loupe leicht sicht- bar sind.

Aber das Blut verliert mit dem Tode die Fähig- keit nicht, Sauerstoff aufzunehmen und damit ein arterielles Aussehen, d. h. eine hochrothe Färbung zu ge- winnen. Freilich gilt dieser Satz nicht ohne Einschränkung, denn es giebt besondere Fälle, in denen das Blut schon vor dem Tode eine sehr verminderte Fähigkeit zur Sauerstoif- aufnahme besitzt, und andere, wo es nach dem Tode sich so verändert, dass es diese Fähigkeit gänzlich verliert. In bei- den Fällen ist aber auch das arterielle Blut in derselben Lage. Umgekehrt besitzt auch in den gewöhnlichen Fällen das venöse Blut der Leiche die Fähigkeit der Sauerstoff- aufnahme. So kann es geschehen, dass ein mit venöser Hyperämie behafteter Theil, welcher der Luft ausgesetzt wird, in einiger Zeit hochroth wird und das Aussehen einer arteriellen Injection darbietet. Natürlich verändern grössere und stark gefüllte Venen sich weniger leicht und schnell, als kleine: daher ist der häufigste Ort der Verwechselung dasjenige Venennetz, welches sich zunächst aus den Venen- wurzeln zusammensetzt.

Wie viele irrige Urtheile sind durch Mangel an Ver- ständniss dieser so einfachen Verhältnisse schon herbeige- führt worden ! Wie oft hat man eine Reizung oder geradezu eine Entzündung bloss aus einer hochrothen Färbung der Theile oder aus einer hochrothen Injection der kleinen Ge- fässe abgeleitet, während doch diese Färbung sich erst während der Section gebildet hatte! Denn die Zeit, welche man gewöhnlich zur Untersuchung der Organe der Brust- höhle gebraucht, genügt vollkommen, um an den blossge- legten Eingeweiden der Bauchhöhle eine früher dunkelrothe Färbung in eine hellrothe umzuwandeln. Daher die Forde- rung des Regulativs, dass die Farbe der vorliegenden Theile der Bauchhöhle sofort nach der Eröffnung der letzteren, d. h.

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vor der Einwirkting des neu hinzutretenden Luftsauerstoffs, festgestellt werde.

Da ich einmal diese Angelegenheit berührt habe, so mögen hier noch einige Worte mehr über die so viel ge- missbrauchten Gefässfüllungen stehen. In dieser Be- ziehung scheint es mir nach den leider nur zu häufigen Er- lebnissen, die sich meinem Gedächtnisse eingeprägt haben, Yon Wichtigkeit, folgende Punkte hervorzuheben:

1. Capillarinjection ist als solche überhaupt mit blossem Auge nicht zu sehen. Auch die feinsten Gefässnetze, welche man mit blossem Auge noch zu unter- scheiden vermag, sind entweder arterielle oder venöse, und zwar der Mehrzahl nach venöse. Dies gilt namentlich von den Schleimhäuten, bei denen die verhältnissmässig ober- jflächliche Lage der Venenwurzeln am häufigsten das Miss- verständniss hervorruft, man habe es mit Capillaren zu thun. Alle Capillaren sind mikroskopische Gebilde, und wenn sie mit Blut gefüllt sind, so sieht man nicht rothe Capillaren, sondern rothes Gewebe. Dieses Roth schimmert aus dem Innern des Gewebes hervor, und man kann hier in einem gewissen Sinne mit Recht sagen: das Gewebe ist injicirt. Nirgend lässt sich dieser Zustand so gut beobachten, wie an der Hirnsubstanz, namentlich an der so weichen und durchscheinenden grauen Substanz. Alle Nuancen vom schwächsten röthlichen Schimmer bis zu einem dunkeln Hortensiaroth kommen hier vor, und wenngleich man in den rothen Stellen auch einzelne feine, mit Blut gefüllte Gefässe erkennt, so ist es doch leicht, sich zu überzeugen, dass diese Gefässe die Färbung des Gewebes nicht bedingen. In dieselbe Kategorie gehört jene eigenthümliche marmo- rirte Röthe, welche nicht selten in der weissen Marksub- stanz und in den Seh- und Streifenhügeln vorkommt, und welche viele Aehnlichkeit mit den ersten Erscheinungen der „Froströthe" an der Oberfläche des Körpers darbietet. Ich habe in meiner Cellularpathologie (4. Aufl., S. 107, Fig. 35) die Abbildung eines solchen Verhältnisses gegeben; man kann sich daran leicht orientiren: nur die wenigen grösseren Ge-

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fasse, welche in der Zeichnung dargestellt sind, würden zur Noth mit einer Loupenvergrösserung erkannt werden; alle anderen Gefässe werden erst bei eigentlich mikroskopischer Betrachtung sichtbar. Man muss es daher begreifen, dass es für einen kundigen Mann einigermaassen komisch klingt, wenn in manchen Sectionsberichten die „entzündliche Hyper- ämie" als etwas unmittelbar und mit blossem Auge Beobach- tetes hingestellt wird. Nirgends ist dies komischer, als beim Magen, wo man aus der Mehrzahl der betreifenden Pro- tokolle nachweisen kann, dass die Beobachter nur Venen gesehen haben.

2. Der venöse oder arterielle Character eines Gefässes ist niemals aus der Beschaffenheit des in ihm enthaltenen Blutes, sondern immer nur aus seinem Bau, seiner Verbindung und seiner Lage zu erkennen. Mit anderen Worten, es ist nicht erst bei der Section zu entdecken, welches Gefäss eine Arterie oder eine Vene sei, sondern man muss dies wenig- stens für alle grösseren Gefässe schon vorher wissen. Es is mir freilich einmal vorgekommen, dass ein practischer Arzt im Physikats-Examen, als ich ihn (in Folge ver- schiedener irrthümlicher Angaben) über die Natur einiger grösserer Hirngefässe befragte, mir anscheinend sehr er- staunt entgegnete, er habe sich darauf nicht vorbereitet, weil er nicht gewusst habe, dass im Physikats-Examen normale Anatomie gefragt würde. Indess glaube ich doch den Satz vertreten zu können, dass ohne eine genaue Kenntniss der Angiologie, und zwar auch der feineren, eine gerichtsärzt- liche Untersuchung so leicht falsche Ergebnisse zu Tage fördern kann, dass man keinen Gerichtsarzt davon dispen- siren darf, sich in diesen Dingen fest zu machen. Wenn ich sage, Gerichtsarzt, so will ich damit natürlich nicht sagen, dass ein gewöhnlicher Arzt das nicht zu wissen brauche, aber ich wollte damit ausdrücken, dass das Maass der Verpflichtung für den Gerichtsarzt noch ein höheres sei. In Verlegenheitsfällen , und ich räume ein, dass auch der geübte Arzt, ja selbst der Anatom in solche Fälle kom-

le- rnen kann, giebt es ein Mittel, welches eine meist aus- reichende Aushülfe gewährt; das ist die weitere Verfolgung des Gefässverlaufes, bis man an Stellen kommt, wo durch die Grösse des Gefässes auch für den minder geübten kein Zweifel mehr bleiben kann. Ist namentlich ein kleineres Gefäss in einer Haut mit Blut gefüllt, so gelingt es oft, durch Verschieben des Blutes den Weg genau zu erkennen, wohin das Gefäss läuft, und die Verbindungen festzustellen, welche es eingeht.

3. Eine Angabe über den Blutgehalt eines Theils kann nur dann annähernd genau verstan- den werden, wenn die Beschreibung sowohl die Art von Gefässen, in welchen das Blut enthal- ten ist, als auch den Grad ihrer Füllung einiger- maassen andeutet. Ich will damit nicht behaupten, dass es möglich sei, ohne feinere Untersuchung, die ja nicht überall möglich ist, für alle Theile solche Angaben zu machen, und ich gestehe zu, dass es bei vielen Theilen ausreichend ist, eine allgemeine Beschreibung ihres Aussehens und ihrer Farbe zu geben. Dies gilt z. B. von der Milz, bei der Niemand aus dem blossen Ansehen der Schnittfläche ein ausreichendes Urtheil darüber gewinnen wird, welche der kleineren Gefässe und wie sehr sie gefüllt sind. Aber es giebt eine grosse Menge von Thei- len, und dahin gehören ganz besonders die Schleim- und serösen Häute, also die meisten inneren Oberflächen, an denen eine Untersuchung recht wohl ausführbar ist und an denen es in wichtigen Fällen immer versucht werden sollte, die Natur der betheiligten Gefässe sicher zu ermitteln. Leichter ist es freilich, statt einer solchen Beschreibung ein Urtheil auszusprechen, aber die Erfahrung, wie wenig mit solchen Urtheilen zu machen ist, hat die Wissenschaft- liche Deputation veranlasst, in dem neuen Regulativ § 28 al. 3 folgende Bestimmung aufzunehmen:

„In jedem Falle muss eine Angabe über den Blutgehalt jedes einzelnen wichtigen Theils und zwar auch hier eine kurze Beschreibung und nicht

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blos ein Ürtheil (z. B. stark, massig, ziemlich, sehr geröthet, blutreich, blutarm) gegeben werden."

Es mag an dieser Auseinandersetzung genügen, um daran klarzulegen, in welcher Weise Angaben über die Farbe der vorliegenden Eingeweide in der Bauchhöhle zu machen sind, und inwiefern es wichtig ist, sie sofort nach Eröffnung der Bauchhöhle zu machen. Nur das Eine will ich darüber noch bemerken, dass jede Manipulation mit den Därmen und anderen Theilen der Bauchhöhle, wodurch ihre Höhenlage geändert, die gegenseitigen Druckverhältnisse gemildert oder gesteigert, oder gar ein directer Druck mit der Hand ausgeübt wird, auch den Blutgehalt verändert, ja nicht allein den Blutgehalt, sondern auch den Gehalt der einzelnen Darmabschnitte an Gas, flüssigem oder breiigem Inhalt u. s. w.

Noch weit wichtiger, als die Feststellung der Farbe, ist die sofortige Constatirung eines etwaigen ungehörigen Inhalts in der Bauchhöhle. Ist dies Gas, so ist es wohl selbstverständlich, dass seine Anwesenheit nur im Momente der Eröffnung überhaupt constatirt werden kann. Ist es Flüssigkeit, so besteht die Gefahr, dass, wenn man sie nicht alsbald sammelt, ein Theil davon abfliesst. In jedem Falle aber ist es schwer vermeidlich, dass bei der Eröff- nung der Brusthöhle und der Entnahme ihrer Organe Blut und andere Flüssigkeiten von daher in die Bauchhöhle ge- langen und so den späteren Befund in derselben verunrei- nigen oder geradezu fälschen. Das Gleiche gilt von dem Falle, wo nicht die Brusthöhle, sondern einzelne Theile der Bauchhöhle selbst den nächsten Angriffspunkt der Unter- suchung bilden, z. B. der Magen. Es ist überaus schwer, bei der Herausnahme und Eröffnung dieses Organs Ver- unreinigungen der Bauchhöhle zu vermeiden, und wenn da- her nicht schon vorher festgestellt ist, ob anomaler Inhalt in letzterer vorhanden ist oder nicht, so wird es sich nach- her wohl kaum noch ausführen lassen.

Kürzer kann ich mich fassen in Bezug auf den ersten Theil der Untersuchung der Brusthöhle. Indess, so klar hier

Yirchow, Sections-Technik. 2. Aufl, 9

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auch die Verhältnisse liegen, so weiss ich doch aus vielfäl- tiger Erfahrung, wie schwer es ist, gerade hier eine metho- dische Reihenfolge zu erzielen. Zur Erklärung muss ich zunächst eine scheinbar paradoxe Beuaerkung machen. Brusthöhle ist genau genommen ein ganz abstra- cter Begriff. In Wirklichkeit entspricht ihm nichts, als der Zustand eines Skelets (macerirten Körpers) oder der eines exenterirten Cadavers. Ein lebendiger Mensch und eine gewöhnUche Leiche besitzen nicht eine Brusthöhle, sondern mehrere. Da sind vor Allem zwei ganz getrennte Brustfellsäcke und demnach auch Brustfellhöhlen und demnächst ein Herzbeutel und in ihm eine Herzbeutel- höhle.

Daher eröffnet man eigentlich niemals an einer Leiche „die Brusthöhle", vielmehr, wenn man nicht etwa unge- schickter Weise schon beim Abtrennen des Brustbeins auch den Herzbeutel anschneidet und „öffnet", gelangt man bei der gewöhnlichen Ablösung des Brustbeins nebst den Bippen- knorpeln jederseits in eine Brustfellhöhle oder in einen Brust- fellraum. Der sogenannte Mittelfellraum ist keine Höhle in diesem Sinne, sondern eine mit losem Gewebe gefüllte Scheidewand, und man wird für das Verständniss immer besser sorgen, wenn mau das Mediastinum als ein Septum darstellt, als wenn man es einen „Raum" nennt. Gelangt man also sofort bei der „Eröffnung der Brusthöhle" in die Pleurasäcke, so wird es auch hier, wie bei der Bauchhöhle, Pflicht sein, sofort diese beiden Säcke in Bezug auf Lage, Farbe u. s. w. der Eingeweide, ganz besonders aber in Bezug auf einen etwa vorhandenen ungehörigen Inhalt .zu prüfen. Dies ist von noch weit grösserer Dringlichkeit, als bei der Bauchhöhle, weil nur zu oft bei der Durchschneidung der ersten Rippe und des Sternoclaviculargelenks , sowie bei der definitiven Entfernung des Brustbeins grössere Venen (V. mammaria int. , jugularis int. , anonyma etc.) ange- stochen, angeschnitten oder zerrissen werden und aus den- selben flüssiges oder auch geronnenes Blut austritt. Nach kurzer Zeit senkt sich dies in einen der Pleurasäcke oder

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auch wohl in beide, und gleichviel, ob in denselben schon vorher ein Inhalt war oder nicht, man ist nachher nicht mehr im Stande, weder über die Menge, noch über die Beschaffenheit, noch in manchen Fällen über die Präexistenz eines Inhalts ein sicheres Urtheil abzugeben. Ich brauche nicht auseinanderzusetzen, von wie grosser Bedeutung für die Beurtheilung eines Falles der Nachweis eines anomalen Inhaltes in einem oder in beiden Pleurasäcken sein kann, und ich denke daher, dass es wohl an der Zeit ist, die Untersuchung der „Brusthöhle" jedesmal mit einer Consta- tirung des Zustandes der Pleurasäcke zu beginnen, und in- zwischen sowohl die Lunge, als auch den Herzbeutel unver- sehrt zu lassen. Denn wenn man gar erst den Herzbeutel eröffnen und das Herz selbst aufschneiden will, ehe man feststellt^ ob Haematothorax oder Hydrothorax oder Pleuritis vorhanden ist, so sollte man gar nicht erst die Section an- fangen.

Es ist aber ebenso klar, dass man nicht die Lungen aus der Brust herausnehmen sollte, ehe man das Herz unter- sucht hat. Eine solche Herausnahme ist nicht anders mög- lich, als unter Durchschneidung der Lungenarterien und der Lungenvenen. Will man diese nicht vorher unterbinden, was nicht üblich ist und wozu keine Veranlassung vorliegt, so wird mit der Durchschneidung der genannten grossen Ge- fässe ein gewisser Theil des Inhaltes der linken Vorkammer, des Conus arteriae pulmonalis und des rechten Ventrikels ausfiiessen, und man thut in Bezug auf diese Theile das- selbe, was man bei der Herausnahme der Leber und der Eröffnung der unteren Hohlvene vor der Eröffnung der Brust- höhle zu Staude bringt, nämlich man erzeugt eine Vermin- derung in dem Füllungszustande oder auch wohl eine völlige Entleerung wichtiger Herztheile.

Unter derartigen Erwägungen gestaltet sich in sehr natürlicher Weise und aus gewiss zureichenden Gründen eine bestimmte Reihenfolge in der Untersuchung der Theile, die durchaus nicht von persönlichen Velleitäten oder äusser- lichen Umständen der Bequemlichkeit abhängig ist, die viel-

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mehr aus der Natur der Dinge selbst sich als eine Noth- wendigkeit ergiebt.

Ich beabsichtige an dieser Stelle keine erschöpfende Darlegung der Gründe, weshalb ich gerade diejenige Reihen- folge einschlage, welche in dem Regulativ ihren gesetzlichen Ausdruck gefunden hat. Indess möchte ich wenigstens in Bezug auf die Reihenfolge, welche für die Organe der Bauch- höhle festgestellt ist, noch einige Aufklärungen geben.

a. Dass ich den Darm zuletzt untersuche, geschieht aus Gründen der Reinlichkeit. Es ist an sich eine höchst widerliche Sache, sich mit dem Darminhalt zu beschäftigen. Selbst bei der grössten Sorgfalt lässt es sich nicht ver- meiden , dass man sich , die Instrumente und Gefässe, den Sectionstisch und die Leiche verunreinigt. Ich will von dem Geruchssinn nicht sprechen, obwohl ich es nicht recht ver- stehe, wenn Mancher, der eine Section macht, sich anstellt, als sei ihm dieser Sinn gänzlich verloren gegangen. Irgend ein Nachtheil ist damit nicht verbunden, wenn man (in der Regel) den Darm zuletzt vornimmt. Denn man kann alle anderen Theile bequem untersuchen, herausschneiden und weiter behandeln, ohne dass der Darm dadurch betroiFen würde. Wenn indess Jemand auf die Reinlichkeit weniger Werth legt, wenn vielleicht ein sehr eiliger Kliniker da ist, der vor allen Dingen den Darm untersucht zu sehen wünscht, so steht technisch auch nichts entgegen, den Darm vor den übrigen Eingeweiden zu untersuchen, da man ihn gleichfalls herausnehmen kann, ohne die anderen Theile zu verletzen. Eine Ausnahme macht nur der Zwölffingerdamm, insofern an ihm die Ausführungsgänge der Leber und der Bauchspeicheldrüse münden und seine Herausnahme nicht möglich ist, ohne dass diese Gänge und selbst ein Stück der Bauchspeicheldrüse zerschnitten würden.

b. Meine Reihenfolge unterscheidet sich sodann in einem Hauptpunkte von der älteren und früher fast allgemein ge- bräuchlichen, insofern für mich die Herausnahme der Leber der vorletzte Act der Untersuchung der Bauchhöhle zu sein pflegt. Ich weiss wohl, dass ich gerade in diesem Punkte

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am meisten von liebgewordenen Gewohnheiten abweiche. Wenn der Secirende sich, wie es gewöhnlich geschieht, an die rechte Seite der Leiche stellt und den Kopf der letzte- ren nach links legen lässt, so liegt die Leber so unmittel- bar vor seiner Hand, dass es allerdings einer Art von Resignation bedarf, um sich zu entschliessen, sie vorerst und noch lange in Ruhe zu lassen. Allein, abgesehen da- von, was ich schon ausgeführt habe, dass man mit der Herausnahme der Leber die grossen Venen und meist auch das Zwerchfell verletzt, so verletzt man noch mehr und mit noch grösserem Schaden das Ligamentum hepato-duodenale und die darin enthaltenen Canäle, namentlich die Pfortader und den Gallengang. Für den Gerichtsarzt, ich gestehe es, sind diese beiden Theile in der grossen Mehrzahl der Fälle ohne Bedeutung, und wenn auch ihm dieselbe Reihenfolge auferlegt wird, welche für die klinische Leiche nothwendig ist, so könnte dies überflüssig erscheinen. Indess auf der andern Seite wird ihm dadurch kein Schaden zugefügt, er gebraucht nicht mehr Zeit und Mühe, ob er die Leber zu- erst oder ob er sie an vorletzter Stelle vornimmt, und wenn es auch nur seltene Fälle sind, in denen die correctere Methode auch für die gerichtsärztliche Forschung noth- wendig ist, so ist doch das schon ausreichender Grund, sie allgemein zu fordern. Für die klinische Untersuchung ist die Schonung des Ligamentum hepatoduodenale aber von höchster Bedeutung, denn wenn dasselbe einmal zerschnitten ist, so ist es ein grosser Zufall, wenn es gelingt, die zusam- mengehörigen Theile noch wieder so zu präpariren, dass man ihre Zustände mit Sicherheit aufklären kann. Unter diesen Zuständen sind es aber namentlich die Thrombosen und Obliterationen der Pfortader und die Wegsamkeitsverhält- nisse des Ductus choledochus, namentlich seiner Portio in- testinalis, sowie des Ductus cysticus und hepaticus, welche in Betracht kommen. Ich habe beide Verhältnisse früher erörtert und kann hier darauf verweisen. Ueber die Zu- stände des Ductus choledochus und seiner Portio intestinalis, sowie über deren Bedeutung für die Erklärung des Icterus habe

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ich in der Wiener med. Wochenschrift. 1858. Nr. 24. S. 409 und in meinem Archiv 1865. Bd. XXXll. S. 117 gehandelt; die Verstopfung der Pfortader habe ich in den Verhand- lungen der Würzburger physikalisch-medicinischen Gesell- schaft 1857. ßd. VII. S. 21 und in meinen Gesammel- ten Abhandlungen S. 620 besprochen. Die aus der Natur der Verhältnisse folgende Eeihenfolge ist hier die, dass man zuerst das Duodenum und zwar in situ öffnet, dass man seinen Inhalt oberhalb und unterhalb der Papilla biliaria feststellt, dann diese Papille selbst betrachtet, ihren Inhalt durch sanften Druck hervorpresst , darauf durch Compres- sion der Gallenblase die Ausflussmöglichkeit der Galle constatirt und endlich den Ductus choledochus aufschneidet. Dann kommt die Pfortader an die Reihe, und erst, nach- dem dieses Alles geschehen ist, mag man die Leber heraus- schneiden. Eine Sondirung des Gallenganges ist ganz nutz- los, denn die Möglichkeit, eine Sonde in die Mündung des- selben einzuführen, beweist nicht das Mindeste für die Wegsamkeit der Portio intestinalis während des Lebens.

c. Die Untersuchung und Eröffnung des Magens schliesst sich diesen eben erörterten Operationen innig an. Es ist das Einfachste, den Magen gleichzeitig oder uno actu mit dem Duodenum zu öffnen und zwar in der Regel in situ. Fälle der Vergiftung, namentlich gerichtliche, mögen anders behandelt werden. Im Uebrigen ist keine Gefahr, den Magen bis zu dieser Zeit in Ruhe zu lassen. Das einzige Organ, welches näher mit ihm verbunden ist, die Milz, lässt sich bei nur massiger Vorsicht so leicht von ihm abtrennen, dass eine Verletzung nicht zu befürchten steht. Dagegen wird begreiflicherweise das Pancreas erst nach Magen und Zwölffingerdarm an die Reihe kommen. Seine geringe pathologisch-anatomische Bedeutung macht es an sich zu einem sehr gleichgültigen Gegenstande.

d. Sehr natürlich ist es, sämmtliche Harnorgane hinter einander zu untersuchen, also Nieren, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre. Die Aufmerksamkeit auf ihre Zustände wird dadurch jedenfalls weit mehr gesichert, als wenn zwischen je

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zwei dieser Organe jedesmal ein ganz fremdartiger Gegen- stand der Untersuchmig eingeschoben wird. Dabei ist es ohne weitere Ausführung klar, dass sowohl die Nebennie- ren, als auch die Geschlechtsorgane im Zusammenhange mit den Harnorganen zur Untersuchung gelangen müssen. Sie stehen in unmittelbarer Verbindung, ja einzelne Theile der Geschlechtsorgane sind gleichzeitig Theile der Harn- organe, so dass es schon um der Coutinuität der einmal ein- geschlagenen Richtung und um der Bequemlichkeit in der Herausnahme der Theile willen erforderlich ist, die Ge- schlechtsorgane alsbald mit in Angriff zu nehmen.

Sonach gestaltet sich nach meiner Methode die Reihen- folge der zu untersuchenden Organe in der Bauchhöhle fol- gendermaassen :

1. Netz,

t?. Milz,

3. Linke Niere, Nebenniere und Harnleiter,

4. Rechte Niere, Nebenniere und Harnleiter,

5. Harnblase, Prostata, Samenbläschen, Harnröhre,

6. a) Hoden, Samenstrang und Penis,

b) Scheide, Uterus, Tuben, Eierstöcke, Parametrien,

7. Mastdarm,

s. Duodenum, Portio intestinalis ductus choledocbi, 9. Magen,

10. Ligamentum hepato-duodenale, Gallengänge, Pfortader, Gallenblase, Leber,

1 1 . Pancreas, Ganglion coeliacum,

12. Mesenterium nebst Lymphdrüsen, Gefässen u s. w ,

13. Dünn- und Dickdarm,

14. Retroperitonäale Lymphdrüsen, Cysterna chyli, Aorta, Vena cava inferior.

So nützlich und bequem es ist, eine solche regelmässige Reihenfolge einzuhalten, so ist sie doch unmöglich in einer kleineren Zahl von Fällen, wo grössere Veränderungen in der Verbindung und dem Zusammenhange der Theile eingetreten sind. Die chronische adhäsive Peritonitis, mag sie nun für sich, als einfache oder als tuberkulöse, krebsige u. s w. auftreten,

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oder mag sie mit Geschwulstbildung (z. B. Ovarialtumoren), Aneurysma aortae abdominalis u. s. w. combinirt sein, macht es gewöhnlich unthunlich, diejenigen Rücksichten, welche der besondere Fall bringt, bei Seite zu setzen zu Gunsten einer allgemeinen Regel. Auch hier wird es sich empfehlen, zunächst diejenigen Organe, welche sich ebne Schwierig- keit erreichen lassen, in der gewohnten Reihenfolge zu ab- solviren und dadurch die Reihe der Special-Veränderungen allmählich einzuengen. Aber endlich wird man davon abgehen müssen: dann ist es gewöhnlich am bequemsten, den Rest der Organe im Zusammenhang auszulösen und ausserhalb des Körpers weiter zu bearbeiten, wie es sich am leichtesten machen lässt.

Soviel in Bezug auf 'die Reihenfolge der Organe und den Plan der Section.

Einer ganz anderen Seite der Erwägung gehört die Erledigung der Frage an, wie man schneiden müsse? Was ich in dieser Beziehung zu sagen habe, ist in erster Linie hervorgegangen aus der einfachen Erfahrung, wie sie sich mir in häufiger Uebung und unmittelbarer Folge des Strebens nach Vereinfachung des operativen Theils der uns beschäftigenden Aufgabe ergeben hat. Erst nachträglich habe ich mir selbst Rechenschaft zu geben gesucht über die Gründe meiner gewohnheitsmässigen Handlungs- weise. Daraus hat sich dann eine planmässige Ausübung der eigentlichen Technik des Schneidens entwickelt. Die Darstellung, welche ich nunmehr geben werde, beruht auf Grundlagen, welche ursprünglich rein empirisch waren und erst nach und nach durch weitere theoretische Erwägungen verändert worden sind. Zunächst hebe ich hervor, dass die Technik des pathologischen Schneidens ganz wesentlich abweichen muss von der Technik des anatomischen Theaters oder des Präparirsaales. Bei der gebräuchlichen Methode des „Präparirens" lernt der junge Mediciner sein Messer wie eine Schreibfeder fassen. Diese Haltung entspricht der Aufgabe, kurze, feine Sclmitte zu machen, um einen Muskel, ein Gefäss, einen Nerven

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blosszulegen, zu verfolgen und rein darzustellen. Sie ist nebenbei eine sehr bequeme Fortsetzung der Fingerstellung, welche der auf dena Gymnasium fast nur an Schreiben ge- wöhnte junge Manu bis zu einer gewissen Virtuosität ausge- bildet hat. Die Bewegungen erfolgen fast nur in den Fingergelenken, allenfalls im Handgelenk. Der Arm selbst wird fixirt, gewöhnlich so, dass der Ellenbogen dem Rumpf genähert und nicht selten der Brustwand, wenn nicht gar dem Darmbeinkamme angelegt wird. Es wird dadurch eine grosse Sicherheit in der Führung der kleinen und kurzen Schnitte gewonnen, welche sehr viel dazu beiträgt, jene Glätte des Präparats zu erreichen, welche der strenge Blick des anatomischen Lehrers in einem Momente würdigt. Handelt es sich in der pathologischen Anatomie um solche feine Arbeit, und sie kommt ja oft genug vor, so steht nicht nur nichts entgegen, sondern es ist geboten, dieselbe Technik in Anwendung zu bringen.

Aber dies darf nicht als Regel betrachtet werden. Einmal dauert eine, mit lauter kurzen Schnitten ausgeführte Section ungebührlich lange, und der pathologische Anatom, wie der Gerichtsarzt, haben nicht über so viel Müsse zu disponiren, wie der descriptive Anatom. Zum andern wird durch die vielen kurzen Schnitte in den grösseren Organen ein Zustand der Zertheilung herbeigeführt, der eben wegen der grossen Zahl der Partialschnitte die Anschauung keineswegs fördert und der mehr für gewisse Zwecke der Küche, als für Zwecke der Wissenschaft bestimmt zu sein scheint. Man spart an Zeit und man gewinnt an Deutlichkeit und Einsicht bei der pathologischen Section durch grosse und wenn möglich totale Schnitte.

Als mir dieses klar geworden war, so erkannte ich auch bald, dass dazu eine andere Messerführung ge- höre. Ich nehme jetzt für die gewöhnlichen Zwecke bei einer pathologischen Section den Messergriff in die volle Hand, so dass, wenn ich den Arm ausstrecke, die Klinge wie eine gerade Verlängerung des Arms hervortritt. Ich fixire dann, wenn auch nicht absolut, so doch relativ Ein-

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ger und Handgelenke und führe die Schneidebewegungen mit dem ganzen Arm aus, so zwar, dass ich die Haupt- bewegungen im Sohultergelenk, die secundären im Ellen- bogengelenk mache. Dies giebt lange und ausgiebige Schnitte, und da ich die ganze Kraft des Arms, nament- lich die ganze Kraft der Schultermuskulatur in Wirksamkeit bringen kann, auch glatte Schnitte. Und- nur an solchen Schnittflächen kann man wirklich gut sehen.

Nachdem ich soweit gekommen war, sah ich erst, dass ich auf manchem Umwege das erreicht hatte, was unsere Vorgänger im Seciren, die Thierschlächter, schon lange in Ausführung bringen. Ich war nicht wenig überrascht, als ich eines Tages, was mir lange nicht passirt war, in ein Schlacht- haus trat und den Leuten in ihrer Beschäftigung zusah. Dabei lernte ich noch etwas Anderes, was ich seitdem zur Anwendung gebracht habe, nämlich die Verlängerung und Verbreiterung des Messers.

Eine solche Länge und Breite des Messers, wie sie ein Schlächter mit grossem Erfolg benutzt, ist freilich für uns unzulässig, und nur für das Gehirn, und auch da nur für besonders wichtige Fälle, haben wir ein sehr grosses, blatt- artiges Messer, welches noch über die Dimensionen des Schlächtermessers hinausgeht. Aber ein Secirmesser sollte doch immer sehr beträchtlich grösser sein, als ein gewöhn- liches Präparirmesser. Letzteres ist sowohl im Griff, als in der Klinge zu kurz für ganz grosse Schnitte. Dagegen ist die Klinge für die gewöhnlichen Zwecke des Präparirens noch zu gross. Denn bei der Schreibfederhaltung wird eigentlich nur die Spitze des Messers benutzt, ein Abschnitt von kaum Ib Mm. Die übrige Klinge ist so sehr Luxusgegenstand, dass der Anfänger in der pathologischen Technik, der zu mir tritt, um das Seciren zu lernen, das Messer, welches ich ihm in die Hand stecke, sofort zwischen die Finger nimmt und an dem Griff desselben mit einigen kletternden Bewegungen so weit nach vorn rückt, bis er die Fingerspitzen an das Eisen der Klinge selbst ge- bracht hat. Dann ist er natürlich ausser Stande, die ganze

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Schneide zu benutzen. Denn ein grosser Tlieil derselben ist durch seine eigene Hand gedeckt. Indem er sich nun auf die Spitze beschränkt sieht und nur diese benutzt, stumpft sich dieselbe begreiflicherweise sehr bald ab. Während ein guter pathologischer Anatom recht wohl im Stande ist, alle Eingeweide einer Leiche, ja sogar zweier Leichen mit einem Messer zu zerschneiden, so verbraucht der mit der „Schreib- feder" arbeitende pathologische „Laie« 3—4 Messer bei einer Section.

Das von mir in die Praxis eingeführte veränderte Secirmesser unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Präparirmesser sowohl in der Klinge, als in dem Griffe. Beide sind nicht nur länger, sondern auch stärker, d. h. sowohl dicker als breiter. Die Klinge ist nach vorn nicht scharfspitzig, sondern bauchig spitzig; die sehr breite Fläche geht mit einer vollen Curve in die wenig vortretende Spitze über. Es wird dadurch nicht nur der schneidende Rand noch mehr verlängert, sondern auch zugleich die Gefahr, während der Section sich selbst oder Andere zu stechen oder von Anderen gestochen zu werden, vermindert. Die Zahl der gefährlichen Verletzungen (und gerade Stiche sind stets gefährlicher als Schnitte) hat bei uns sehr abgenom- men, seitdem dieses wirkliche Secirmesser bei uns im Ge- brauche ist. Was den hinteren Theil desselben anbetrifft, so ist die Klinge in der Nähe ihrer Insertion schmal und stark, da sie hier für gewöhnlich überhaupt nicht benutzt wird; der Griff' ist am hinteren Theil platter und an beiden Schmalseiten stärker eingebogen, um sich bequemer in die Hand zu legen. Ein solches Messer ist in seinem ur- sprünglichen Zustande, wenn es noch nicht abgeschliffen ist, 23—24 Ctm. lang, wovon l),.ö 10 Ctm. auf die Klinge kommen.

Dieses Messer soll wesentlich dazu dienen, ziehend zu schneiden. Es soll nicht in die Theile eingedrückt oder eingeschoben, sondern es soll relativ schnell durch die- selben hindurchgezogen werden. Wenn es nöthig wird, so kann bei diesem Zuge die ganze Kraft der Schulter-

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muskulatur eingesetzt und eine sehr grosse Gewalt ausgeübt werden. Aber je grösser die Gewalt ist, welche man anwendet, um so schneller muss der Zug sein; sonst quetscht man die Theile. Nirgends kann man dies besser erproben, als am Gehirn. Auch ein sehr scharfes Messer, welches in das Gehirn eingedrückt wird, zerdrückt die Theile bis zu einem gewissen Grade, und die gewonnene Schnittfläche ist wenigsten zum Theil unbrauchbar für die Betrachtung; nicht selten verführt ihr Aussehen geradezu zu falscher Deutung. Ein ziehender Schnitt unterscheidet sich von einem drückenden hauptsächlich darin, dass bei dem ersteren über eine gewisse Stelle des Organs jeder Punkt der Schneide hinweggleitet oder durch sie hindurchgleitet, während bei dem letzteren derselbe Punkt der Schneide immer auf dieselbe Stelle des Organs eindringt. Wer die Methode des drückenden Schneidens wählt, der pflegt, auch wenn es nur unabsichtlich geschieht, seinen Zeigefinger auf den Messerrücken zu legen. Wer ziehend schneidet, der legt den Zeigefinger auf die Fläche des Griffs oder er umfasst den ganzen Griff. Jedenfalls ist es eine gute Üebung, zumal für Anfänger, den Griff nur zwischen Dau- men und Zeigefinger zu legen, so dass es unmöglich ist, einen grösseren Druck auszuüben.

Wo es nöthig ist, wirklich einen grossen Druck aus- zuüben, da bedarf es eines andern Messers, nämlich eines solchen mit breiterem Rücken, auf den man bequem den Zeigefinger oder selbst den Daumen auflegen kann. Ich habe für diese Zwecke das gewöhnliche Knorpelmesser wei- ter ausgebildet, indem ich die Klinge dicker und bauchiger, namentlich aber seinen Griff stärker machte. Ich lasse den Stahl der Bringe in ein durch die ganze Länge des Griffs hindurchgehendes Blatt übergehen, an w^elches jederseits starke Holz- oder Hornplatten angesetzt werden. Der Rücken eines solchen Messers ist 16 Mm. breit und gewährt bequeme Stütz- punkte für jede drückende Einwirkung. Auch das freie Ende des Stiels ist abgeplattet und breit, so dass dasselbe für gewisse Zwecke, z. B. für die Durchtrennung des Storno-

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claviculargelenkes, senkrecht in die Hohlhand gestellt und zu stehenden Schnitten bequem benutzt werden kann.

So gebrauche ich also für jede Section 3 verschiedene Messer: ein gewöhnliches Präparirmesser, ein eigentliches Secirmesser und ein verstärktes Knorpelmesser. Letzteres benutze ich für alle gröberen Arbeiten, nicht blos für die eigentliche Knorpeltrennung, sondern auch für die grossen Haut-, Muskel- und Geleukschnitte. Das Secirmesser dient vornehmlich für die Zerlegung der grossen Eingeweide, das Präparirmesser für die feineren Theile, Gefässe, Nerven u. s. w. Da nun aber die grossen Eingeweide das Hauptobject der pa- thologischen Section sind , so erhellt leicht, dass auch das Secirmesser in der eben entwickelten Form das Hauptinstru- ment in meinem Sinne ist. Um es zu gebrauchen, muss der rechte Arm ganz lose gemacht werden. Der Ellenbogen muss ganz vom Rumpfe abgehoben werden, so dass die Bewegung des gebogenen Vorderarms ohne jedes Hinderniss und in den grössten Excursionen nach vorn und hinten ausführbar ist. So ist es mit Leichtigkeit ausführbar, die Haut des Rumpfes durch einen einzigen Längsschnitt vom Kinn bis zur Schambeinfuge zu spalten. So kann man mit einem Schnitte eine Lunge von der Spitze bis zur Basis in zwei Hälften auseinanderlegen. Vielleicht erscheint dieser „Schwabenstreich" im Sinne Kaisers Friedrich Rothbart lobesam Manchem als ungehörig oder tadelnswerth. Aber ich bekenne mich offen als einen Fanatiker der grossen Schnitte. Je grösser der Schnitt, vorausgesetzt, dass er zu- gleich glatt ist, um so mehr kann man auf einmal sehen, um so mehr Vergleichungspunkte zwischen normalen und veränderten Theilen gewinnt man, um so genauer kann man die Ausdehnung der pathologischen Territorien überschauen.

Ja, ich behaupte, dass ein grosser Schnitt, auch wenn er an sich falsch ist, einem kleinen, wenn- gleich richtigen Schnitte in der Regel, mehreren oder gar vielen kleinen Schnitten aber fast im- mer vorzuziehen ist. Der grosse glatte Schnitt ist der

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eigentlich demonstrative Schnitt. Um ihn auszuführen, sehe ich mir jedes einzelne Organ darauf an, wo ich ihm die grösste Durchschnittsfläche abgewinnen kann. Ich durch- schneide also eine Milz von oben nach unten, mitten über ihre äussere (convexe) Fläche, eine Niere von aussen nach innen (vom lateralen zum medialen Rande) in frontaler Richtung, eine Leber von rechts nach links in horizontaler Richtung, einen Hoden vom freiem zum angewachsenen Rande in perpendiculärer Richtung in zwei, nahezu gleiche Hälften und klappe den Schnitt auseinander. Jeden Lungenflügel spalte ich von dem stumpfen Rande aus durch einen perpen- diculären, gegen den inneren (vorderen, medialen, scharfen) Rand gerichteten Schnitt von oben bis unten. Jede Gross- hirnhemisphäre halbire ich durch einen von innen, dicht über dem Streifenflügel beginnenden und etwas schräg nach aussen gerichteten Schnitt. Jede Kleinhemisphäre theile ich durch einen Schnitt, der am vierten Ventrikel in der Richtung des Kleinhirnschenkels beginnt und schräg nach aussen ge- führt wird.

Für viele Fälle und für manche Organe genügt ein solcher Schnitt, um das Wesentliche zu zeigen. In zahl- reichen Fällen sind die Veränderungen der Leber, der Milz und Nieren so gleichmässig durch das ganze Organ ver- breitet, dass ein einziger Schnitt einen genügenden Ein- blick in die innere Structur gewährt. In anderen Fällen freilich und an anderen Organen, z. B. am Gehirn stets, bedarf es einer grösseren Zahl von Schnitten, um sicher zu sein, dass nichts übersehen wird. Ja, beim Gehirn kann man eigentlich nie mit Bestimmtheit sagen, dasselbe sei ganz normal, wenn man es nicht nach der neueren Methode des Herrn von Gudden in lauter mikroskopische Schnitte zerlegt. Da dies aber nur ausnahmsweise ausführbar ist, so muss man sich nothgedrungen mit approximativen Me- thoden begnügen. Aber man wird keine Methode eine approxi- mative nennen können, welche in wichtigen Theilen nur Schnitte von 5 Mm. Dicke herstellt. Innerhalb eines solchen Schnittes können immer noch Heerde erkrankter Substanz

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vorhanden sein, welche als Grund für Lähmungen oder Krämpfe ausreichend sind. Je weniger man findet, um so mehr müss man hier die Zahl der Schnitte ver- mehren.

Allein gleichviel, ob man wenig oder viel Schnitte macht, in jedem Falle erscheint es zweckmässig, diese Schnitte nicht bis zur völligen Auseinanderlösung der Or- gantheile fortzusetzen. Selbst wenn man nur einen einzigen Schnitt macht, so hat es stets Interesse, noch an einer Stelle so viel von den Organtheilen im Zusammen- hange zu lassen, dass man ohne Schwierigkeit durch blosses Zusammenlegen oder Zusammenklappen die äussere Form des Organs wieder herstellen kann. Mancher Gesichtspunkt selbst der äusseren Betrachtung ergiebt sich erst, wenn die Anschauung der Innern Veränderung die Aufmerksam- keit auf gewisse Verhältnisse hingelenkt hat, und es ist viel leichter, Form und Gesammterscheinung des Organs wieder- herzustellen, wenn noch irgendwo die natürliche Continuität der Theile erhalten ist, als wenn der Zusammenhang gänz- lich aufgehoben ist.

Da, wo sich das Bedürfniss einer grossen Vervielfälti- gung der Schnitte in erhöhtem Maasse geltend macht, also namentlich am Gehirn und Eückenmark, würde es gänz- lich unmöglich sein, irgend eine nachträgliche Controle über die Ausdehnung gewisser Veränderungen, selbst über die exacte Lage derselben, ihr Verhältniss zu den Ge- fässen u. s. w., auszuüben, wenn man die Theile sofort gänz- lich auseinanderschnitte. Oft erst sehr spät treten hier Veränderungen hervor, welche es wünschenswerth machen, noch einmal oder gar mehrmals die Gesammtheit der Schnitte in ihrer nachbarlichen Reihenfolge zu durchmustern, um sich zu überzeugen, dass bei der ersten Betrachtung nichts übersehen worden ist. Die einfachste Vorsicht gebietet es, ein solches secirtes Organ einzurichten, wie ein Buch, das man hier und da aufschlagen, oder ganz und gar „durch- blättern" und dann wieder zumachen kann. Lässt man doch auch ein Buch deshalb binden, um jedem Blatte sei-

Sin- nen bestimmten Platz zu sichern, so dass man in jedem Augenblicke ohne viel Mühe es an seiner Stelle auffinden kann.

Es fragt sich nun, wo soll der „Einband des Buches" liegen? Auch auf diese Frage ergiebt sich die Antwort leicht bei einer genaueren Erwägung der Verhältnisse jedes ein- zelnen Organs. Man muss überall den Zusammen- hang da erhalten, wo die wichtigsten Verbindun- gen des Organs mit den Nachbartheilen liegen.

Bei allen grösseren drüsigen Organen, sowie bei den drüsenartigen (Milz, Lungen), wird man von aussen her eiü- schneiden und die Stelle schonen, wo die Gefässe ein- und austreten, die Ausführungsgänge das Organ verlassen, die Nerven zu ihm gelangen. Dies ist die Stelle, die man je nach dem Organ Hilus, Porta, Radix, Basis nenüt. Ergiebt sich nach dem gemachten Einschnitt, dass irgend eine be- sondere Veränderung in dem Organ vorhanden ist, die muth- maasslich durch ein primäres Gefässleiden bedingt oder durch einen, in den Ausführungsgängen fortkriechenden Krankheitsprozess hervorgerufen ist, so ist es bei erhaltenem Hilus leicht möglich, von den weiteren Gefäss- oder Canal- abschnitten im Hilus (in der Porta oder der Radix) aus eine Sondirung, Präparirung, Einspritzung, Einblasung u. s. w. vorzunehmen. Gelingt die eine dieser Untersuchungsmetho- den nicht, so wird eine andere anwendbar sein.

Anders verhält es sich mit Gehirn und Rückenmark. Hier haben wir keinen anderen „Einband", als die weiche Haut, welche die Gefässe trägt. Man wird also am Rücken- mark Querschnitte machen, die auf der hinteren oder vorde- ren Fläche (entgegengesetzt der Fläche, von wo man ein- geschnitten hat) die Pia mater noch im Zusammenhang lassen. Am Gehirn werden die Schnitte durch die Hemi- sphäre stets von innen nach aussen zu richten sein, so dass trotz der grössten Multiplication derselben im Innern es am Schlüsse der Section doch noch möglich ist, das Ge- hirn wieder „zuzumachen". Im Allgemeinen gebe ich die Regel, dass jeder folgende Schnitt über die Mitte der vor-

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haiulenen Scboittfläclie geführt und jede neue Hälfte immer wieder von Neuem halbirt werde.

Dieses Verfahren ist natürlich nicht anwendbar auf die grossen Ganglien. Seh- und Streifenhügel lassen sich nicht so schneiden, dass ihnen die weiche Haut als „Einband" dient. Das arachnoideale Blatt, welches sie erreicht, das Velum choroides nebst den dazu gehörigen Plexus, berührt nur einen kleinen Streifen, die sogenannte Stria Cornea, und man muss dasselbe abzieben, ehe man überhaupt die Zer- legung der grossen Ganglien beginnt. Letztere spalte ich durch fächerförmig angelegte Radialschnitte, deren gemein- schaftlicher Ausgangspunkt der Hirnstiel (Pedunculus ce- rebri) ist; wird ihre Zahl auch noch so sehr vermehrt, was gerade hier sehr nothwendig ist, so lässt sich doch durch die Verbindung jedes einzelnen Tbeilstückes mit dem Hirn- stiel ein festes Verhältniss der gegenseitigen Lagerung be- wahren.

Bevor ich in meiner Darstellung weitergehe, scheint es mir am Platze zu sein, noch einige Worte in Bezug auf die Untersuchung der Hirn höhlen anzuschliessen, um die Me- thode der Hirnsection an dieser Stelle einigermaassen zum Abschluss zu bringen. Meiner Meinung nach sollte jede Hirnuntersuchung, nachdem die Häute absolvirt sind, mit der Eröffnung der Hirnhöhlen beginnen, weil, abgesehen von allen durch die Manipulation hervorgebrachten Zerrungen und Drückungen, jede Zögerung Zerreissungen schon durch die Schwere des Organs und damit die Gefahr eines uncon- trolirten Abflusses der Flüssigkeiten begünstigt. Ich führe daher den ersten Schnitt, den ich überhaupt in das Gehirn mache, sofort in die eine Seitenhöhle.

Dieser Schnitt ist aber nicht so zu führen, wie mau selbst jetzt noch häufig die Seiten Hirnhöhlen in der descrip- tiven Anatomie aufsucht, dass man zuerst das sogenannte Centrum semiovale Vieussenii blosslegt und nun von da aus, vielleicht gar durch Graben mit dem Skalpellstiel, gleichsam auf dem Wege des Bergbaues, sich Hijnhöhlen herstellt. Vielmehr muss man sich erinnern, dass zwischen den Mittel-

Viichow, Öectious-Tecliuik. ii. Aurt. o

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theilen (Cellae mediae) der Seiteiiventrikel nur das ganz dünne Septum pellncidum als Scheidewand steht, und dass letzteres sich gerade unter der Khaphe corporis callosi be- findet. Schneidet man also 1 Mm. seitwärts von dieser Rhaplie senkrecht in das Corpus callosum ein, so gelangt man in einer Tiefe von 2 3 Mm. direct in eine Cella media. Die- ser Schnitt, der gegen die Ebene des Centrum seraiovale einen Winkel von 90" bildet, sollte der erste Schnitt sein, der überhaupt in das Gehirn geführt wird, es sei denn, dass ganz besondere Verhältnisse eine Abwei- chung indiciren.

Allein mit diesem Schnitte ist natürlich nicht die ganze Eröffnung der Ventrikel abgethan. Um die Vorder- und Hinterliörner zu öffnen, oder wenigstens, da namentlich die Hinterhörner häufiger ganz oder thcilweise obliterirt, als offen sind, ihr Verhalten darzulegen, ist es nothwendig, nach vorn und nach hinten besondere Schnitte zu führen. Diese dür- fen nicht mehr vertikal, sondern sie müssen horizontal, der vordere höher, der hintere tiefer, in die Vorder- und Hinter- lappen des Grosshirns gelegt werden. Dann erst übersieht man die ganze Ausdehnung der Seitenhöhlen, da wenigstens der Eingang zu dem Cornu descendens durch den Schnitt gegen das Cornu posterius gleichfalls offen gelegt ist.

Hat man nun den Inhalt der Seitenhöhlen, die Beschaf- fenheit ihrer Wandungen und der Adergeflechte, den Zustand der Scheidewand festgestellt, so ergreift man mit der linken Hand die letztere dicht hinter dem Foramen Monroi, schiebt vor den Fingern das Messer durch dieses Loch hindurch, schneidet schief nach oben und vorn das Corpus callosum durch und zieht nun vorsichtig alle diese Theile (Corpus callosum, Septum pellncidum, Fornix) von dem Velum cho- roides ab. Nachdem das letztere blossgelegt ist, hat man den Zustand seiner Gefässe und seines Gewebes zu unter- suchen. Alsdann fasst man von vorüber mit dem Skapell- stiel unter das Velum, zieht dasselbe von der Zirbel und den Vierhügeln ab, constatirt den Zustand dieser Theile und hat nun den dritten Ventrikel offen vor sich. Endlich spal-

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tet mau diiicli einen senkrechten langen Schnitt die Vier- hügel und das Kleinhirn bis in den Aquaeductus Sylvii und die vierte Hirnhöhle.

Diese Auseinandersetzung dürfte genügen, um gerade an einer Stelle, wo die pathologisch-anatomische Untersuchung einen durchaus eigenthümlichen und von dem der descripti- ven Anatomie mehrfach abweichenden Gang zu verfolgen hat, die bequemste und am schnellsten zu einem sicheren Ziele führende Methode der Dissection darzulegen. Zugleich ist damit wohl am besten gezeigt, wie auch hier wirkliches Schneiden jeder anderen Art der Trennung vorzuziehen ist, und zwar, was ich noch einmal besonders betone, ziehen- des Schneiden. Gerade an einem Organe, dessen Eiuzeltheile eine so grosse Wichtigkeit haben, wie das Gehirn, wo jeder einzelne Abschnitt sich von dem anderen durch die Be- sonderheit seiner Function unterscheidet, ist es von höch- ster Bedeutung, glatte Schnitte zu haben. Wie wäre es möglich, auf einer unebenen, gequetschten oder gerissenen Fläche kleine Erweichungs- oder Verhärtungsheerde nachzu- weisen? Und doch sind dies zwei der häufigsten Verän- derungen im Gehirn. Daher sage ich meinen Schülern: „lieber falsche, aber glatte, als richtige und un- ebene Schnitte!" Denn selbst an einem in falscher Rich- tung geführten Schnitte kann man sich zur Noth orientiren; ein schlechter Schnitt ist ganz und gar werthlos.

Der W^ichtigkeit des Gegenstandes willen bespreche ich noch die Untersuchung eines zweiten Organs im Detail, um die Besonderheit meiner Methode und die Gründe dafür klar zu legen.

£s ist dies die Dissection des Herzens. Obwohl die allgemeinen Gesichtspunkte, welche ich als maassgebende dargestellt habe, auch für das Herz zutreffen, so sind hier doch so mannichfaltige Einzelheiten zu berücksichtigen, dass zahlreiche Modificationen der allgemeinen Regeln erforder- lich werden.

Nachdem der Herzbeutel eröffnet und seine Zustände festgestellt, auch die äussere Erscheinung und Lage des

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Her/;ens, seine Grösse, Gestalt, Farbe, Consisteiiz, der Blut- ^ehalt der oberflächlichen Gefässe, der Fettgehalt des sub- pericardialen Gewebes u. s. w. ermittelt sind, hat die erste Eröffnung des Herzens selbst und zwar in situ stattzufinden. Diese erste Eröffnung hat zwei Zwecke: die Feststellung des Blutgehalts in den einzelnen Höhlen und die Untersuchung der Weite der Atrioventricularostien. Die Nothwendigkeit einer solchen Feststellung liegt auf der Hand. Denn der Nachweis der Menge und Beschaffenheit des in den einzelnen Herzabschnitten enthaltenen Blutes ist von bestimmender Wichtigkeit für die Ermittelung der Todesart. Zwei der wichtigsten Todesarten, der asphyktische Tod (Er- stickungstod) und der Tod durch Herzlähmung (Herzschlag, Apoplexia cordis), werden, der erstere durch die starke Fül- lung ,der rechten, der zweite durch Füllung der linken Herzkammer, wenn auch nicht absolut erkannt, so doch in hohem Maasse wahrscheinlich. Die Untersuchung der Weite der Atrioventricularostien aber, namentlich die des linken, ist im klinischen Interesse, zum Theil auch im forensischen, unabweislich.

Leider ist eine andere Frage, welche in Bezug auf die Atrioventricularostien aufgeworfen werden kann, mit voller Evidenz nur in gewissen Fällen zu beantworten: ich meine die Frage nach der Sc hliessungs fähig keit (Continentia, weniger genau, obwohl häufiger, Sufficientia genannt). Es lässt sich bei einer gewöhnlichen Section keine Methode in Anwendung bringen, durch welche die Schliessungsfähigkeit der Atrioventricularklappen wirklich erprobt würde. Wir müssen uns darauf beschränken, dies durch eine genaue Be- trachtung der Klappentheile zu ersetzen, und ich will schon liier darauf aufmerksam machen, dass daraus die Forderung hervorgeht, alle zu den Atrioventricularklappen gehörigen Theile, also auch die Chordae tendineae und die Musculi papilläres unverletzt zu erhalten.

Aus der Kenntniss der zwei angeführten Zwecke folgt für die erste Eröffnung des Herzens, dass dabei jeder- seits die Basis geschont werden muss. Denn au

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der Basis iiiserircu sich rc<'hts die Zipfel der Valvnhi tri- cuspidalis, links die der Vaivula bicuspidaiis, und wenn wir die Basis durchschneiden, so verletzen wir mindestens einen der Zipfel dieser Klappen auf jeder Seite. Ueberdies würde es ganz unmöglich sein, den Blutgehalt jeder einzelnen Herz- höhle, also jedes Atriums und jedes Ventrikels für sich zu bestimmen, wenn wir nicht eine getrennte Eröffnung jeder einzelnen Höhle vornähmen. Daraus ergiebt sich also, dass diese erste Eröffnung durch 4 getrennte Schnitte (vgl. Fig. 1) zu bewirken ist.

lieber die Lage und Richtung dieser Schnitte ist kaum zu streiten. Die Einrichtung des Herzens lässt keine grosse Auswahl in Bezug auf die Schnittstellen zu. Variationen sind nur innerhalb kleiner Grenzen möglich. Ich formulire mein Dissectionsschema folgendermaassen :

1. Die natürliche und gegebene Schnittstelle für den rechten Ventrikel ist der rechte Rand des Herzens. Hier hat der Schnitt dicht an der Basis zu beginnen und er muss sofort bis in das Innere des Ventrikels, also tief und kräftig geführt werden; gegen die Herzspitze hin wird das Messer frühzeitig herausgezogen, da man sonst leicht Gefahr läuft, das Septum zu durchschneiden.

2. Dieser Schnitt ist zugleich die Führungslinie für die drei anderen Schnitte, und eine Ebene, welche in der Rich- tung desselben durch das Herz gelegt wird, bezeichnet für jeden einzelnen Herzabschnitt die Schnittstelle.

8. Der Schnitt für den rechten Vorhof beginnt in der Mitte zwischen den Einmündungsstellen der beiden Hohladern und endet dicht vor der Basis.

4. Der Schnitt für den linken Vorhof beginnt auf der linken oberen Lungenvene und endet gleichfalls dicht vor der Basis, welche gew^öhnlich durch die stark vortretende Kranzvene bezeichnet wird. Verletzung der Kranzgefässe ist sorgfältig zu vermeiden.

5. Der Schnitt durch den linken Ventrikel beginnt dicht unter der Basis und endet kurz vor der Herzspitze. Er muss tief und kräftig geführt werden.

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6. Um (las Herz in die richtige Lage für den Schnitt zu bringen, schiebe ich, wenn die Schnitte für das rechte Herz gemacht werden sollen, den steif ausgestreckten Zeige- finger der linken Hand unter das Herz und zwar an der Basis, so dass der ventriculäre Theil über den Zeigefinger als sein Hypomochlion herabhängt; dann drehe ich das Herz soweit nach links um seine Axe, dass der rechte Rand nach vorn zu liegen kommt, und fasse mit dem Daumen der linken Hand dicht hinter diesem Rande an der Basis zu. Nachdem das Herz so fixirt ist, mache ich hintereinander die beiden Schnitte für die rechte Seite.

7. Handelt es sich um die linke Seite, so fasse ich die Spitze des Herzens, ziehe sie nach links und oben, und lege das ganze Herz so in die linke Hand, dass ich dasselbe mit den Fingern umfassen und die hintere Wand durch einen gelinden Druck etwas vorwölben und von dem Septum ent- fernen kann. Dann mache ich, ebenfalls hintereinander, die Schnitte für die linke Seite.

Soviel über die Methode des Schneidens. Ich habe das Nöthige hier im Zusammenhange dargestellt, obwohl in der Ausführung die Untersuchung des Blutgehalts und die der Weite der Atrioventricularostien sich dazwischen schiebt. Nach- dem nämlich die Schnitte in das rechte Herz gemacht sind, nehme ich zuerst das Blut aus dem rechten Vorhof und be- stimme dessen Menge und Beschaffenheit. Alsdann schiebe ich zwei Finger der linken Hand (Zeige- und Mittelfinger) vom Vorhofe aus durch das Ostium tricuspidale bis in den Ventrikel und versuche dieselben zu öffnen. Dann nehme ich das Blut aus dem rechten Ventrikel und bestimme das- selbe. Ebenso verfahre ich auf der linken Seite.

In Bezug auf die Untersuchung der Atrioventricularostien bemerke ich nochmals, dass bei diesem ersten Akt nichts Anderes, als ihre Weite, ermittelt werden soll. Der Unter- sucher muss also der Versuchung widerstehen, schon bei dieser Operation fühlen zu wollen, ob und wie die Klappen verändert seien. Dazu kommt später erst die Zeit, wenn man nicht mehr auf das Fühlen beschränkt ist, sondern das

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Auge Zugang zu diesen Theilen gewonnen liat. Jeder Ver- such, schon jetzt durch Fühlen, Reiben u. s. w. die Be- schaffenheit der Khippenränder zu ermitteln, ist geeignet, Veränderungen zu erzeugen oder vorhandene Veränderungen zu beseitigen, z. B. aufsitzende Gerinnsel zu zerbröckeln oder gar abzulösen. Hat man die zwei Finger eingeschobc]! und die AVeite des Ostiums festgestellt, so zieht man dieselben einfach wieder zurück. Ich bemerke dabei, dass jeder Ein- zelne sich durch Erfahrung für seine Finger ein Maass der normalen Weite verschaffen muss. Für dünne Finger, wie ich sie besitze, kann man annehmen, dass das Ostium tricuspidale nicht blos den Zeige- und Mittelfinger neben ein- ander einzubringen gestattet, sondern dass man auch noch beide Finger so weit von einander entfernen (öffnen) kann, dass man einen dritten Finger, z. B. den Zeigefinger der rechten Hand zwischen sie vom Ventrikel aus einzuführen vermag. Für sehr grosse und dicke Finger ist das natür- lich nicht zutreffend. Auf der linken Seite ist überdies der Contractionszustand des Herzens in Betracht zu ziehen. Ist der linke Ventrikel stark zusammengezogen, so wird da- durch auch die Basis des Herzens, welche mit der Basis des Ostiums gleichbedeutend ist, verengt. Man muss dann durch sanftes Auseinanderdrängen den Contractionszustand und den sehr häufig gleichzeitig vorhandenen Bigor mortis überwinden, was ohne Schwierigkeit gelingt. Erst nach Lö- sung des Contractionszustandes lässt sich über die wirkliche Weite des Ostiums urtheilen.

Mit diesen Ermittelungen ist der erste Akt der Herz- untersuchung beendigt. Der zweite Akt beginnt mit der Herausnahme des Herzens. Man fasst zu diesem Zwecke mit dem Zeigefinger der linken Hand in den linken, mit dem Daumen derselben Hand in den rechten Ventrikel durch die jetzt vorhandenen Schnittöffnungen , zieht die Herzspitze und damit das ganze Herz in die Höhe und durchschneidet mit 3 4 kräftigen, langen Horizontalschnitten die Hohl- und Lungenvenen, die Lungenarterie und Aorta, sämmtlich nicht alizu dicht am Herzen. Ist das Herz heraus-

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genommen, so betrachtet man zuerst die Sclniittöffnnngeii der Aorta und der Lnngenarterie, bestimmt die Weite dieser Gefässe und die Dicke ihrer Wandungen, und entfernt aus ihnen die vorhandenen Blutgerinnsel. Darauf folgt die Unter- suchung der Schlussfähigkeit der arteriellen Ostien durch Eingiessen von Wasser in die Aorta und die Lungeu- arterie. Bevor dies geschieht, muss man sich jedes Mal überzeugen, dass alle Blutgerinnsel nicht nur aus den Ge- fässen selbst, sondern auch aus den Ostien und aus den Ventrikeln entfernt sind. Denn es ist klar, dass an jeder dieser Stellen vorhandene Gerinnsel auch ein incontinentes Ostium so verschliessen können, dass der Eindruck einer vollständigen Continenz entsteht. Bei dem Eingiessen des Wassers muss das Herz ganz frei in der Luft gehal- ten werden, denn wenn man es aufstützt, so kann irgend ein Theil der Wand gegen das zu untersuchende Ostium ge- schoben werden und dasselbe verlegen. Ebensowenig darf man das Herz in die Hand nehmen und mit den Fingern umfassen, weil es dadurch zusammengedrückt und das Durch- lliessen das Wassers durch das Ostium gehindert wird. Viel- mehr muss man das Herz entweder an den zu untersuchen- den Gefässen selbst, oder äusserlich in der Nähe der Basis der Klappe mit den Fingerspitzen beider Hände so fixiren, dass die Ebene des betreffenden Ostiums genau horizontal steht und nach keiner Seite hin gezerrt wird. Denn bei einer schiefen Stellung des Ostiums tritt eine ungleiche Belastung der einzelnen Klappeutheile und die Gefahr des Durchfliessens auch an einer sonst schliessen- den Klappe ein, und mit einer seitlichen Zerrung oder Span- nung, wodurch das runde Lumen eines Gelasses in die Form einer Säbelscheide gebracht wird, hören überhaupt die Be- dingungen eines normalen Schlusses, d. h. der Aneinander- legung congruenter Klappeutheile auf. Man muss daher auch stets beide Hände zu einer richtigen Aufhängung des Her- zens verwenden und durch eine zweite Person das Wasser eingiessen lassen.

Am besten geschieht diese Aufhängung, wenn das

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Ostium aorticiim uiitersiicht werden soll, in der xVrt, dass man sich eine Reihe von Fixirnngspunkten für die Finger- spitzen im Umfange des Ostiums, also am rechten nnd linken Vorhofe und an der Lungenarterie sucht. Die Ränder der Durchschnittsöftniing der Aorta selbst zu benutzen, ist stets etwas bedenklich, da man nicht Raum genug hat, um mehr als zwei Punkte zu fassen; beschränkt man sich darauf, so werden stets ungleiche Spannungen herbeigeführt. In jedem Falle sollte überdies die Aorta noch einmal, etwa in einer Entfernung von 4 5 Ctm. über dem Ostium, durch einen, der Ebene des Ostiums parallelen Schnitt durchtrennt werden. Man gewinnt dadurch die Möglichkeit, während des Eingiessens des Wassers das Verhalten der ein- zelnen Klappentheile zu beobachten und sich genau über die Stelle zu unterrichten, wo das Wasser abfiiesst. Ich mache übrigens darauf aufmerksam, dass zuweilen das Wasser sinkt und schliesslich ganz verschwindet, ohne dass es durch das Ostium abläuft. In diesem Falle fliesst es ge- wöhnlich durch die Kranzarterien ab, welche leicht bei der ersten Eröffnung der linken Herzseite angeschnitten werden. Es muss daher auf diesen Punkt besondere Aufmersamkeit verwendet werden.

An der Lungenarterie fällt die Mehrzahl dieser Schwierig- keiten weg, und man kann daher fast immer ohne wei- tere Vorbereitung die Aufhängung des Herzens behufs der Prüfung des Ostium pulmonale in der Art bewerkstelligen, dass man die Ränder der Schnittöffnung des Gefässes zwischen den Fingern fixirt.

Erst jetzt kommt der dritte Akt in der Herzunter- suchung: die Eröffnung der beiden Herzventrikel.

Zu diesem Zwecke legt man am besten das Herz genau in der Stellung, welche es im Körper einnahm, auf ein Brettchen oder einen Tisch, und macht die nöthigen Schnitte in dieser Stellung. Das hat den Vorzug, bekannte Richtungen für das Auge offen zu halten. Durch die nun folgenden Schnitte soll das Innere des Herzens soweit zu- gänglich für Auge und Hand g^emacht werden, dass der

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Rest der noch zu untersuchenden Stelleu beqaem erreicht werden kann. Unter diesen sind in erster Linie zu nennen die Atrioventricularklappen mit den zu ihnen gehörigen Sehnenfäden und Papillarmuskeln. Nächstdem die Herz- höhlen selbst und das sie auskleidende Endocardium, die arteriellen Klappen, das Septura ventriculorum und Septum atriorum, die Musculatur. Die Atrioventricularklappen sind hier in erster Linie genannt, nicht wegen ihrer hervorragenden Dignität, sondern Aveil der schon früher besprochene Mangel einer eigentlichen Schliessprobe für sie es erforderlich macht, sie einer um so genaueren Betrachtung zu unterwerfen und sie bis dahin ganz unverletzt zu erhalten. Bei den arteriellen Klappen, welche inzwischen genau geprüft und in Beziehung auf ihre Schliessfähigkeit auch schon betrachtet sind, ist eine derartige Schonung nicht mehr uöthig. Dadurch be- stimmt sich die Richtung der Schnitte, welche die volle Eröffnung der Ventrikel herbeiführen sollen.

a. Am rechten Ventrikel liegt dieser Schnitt (vgl. Fig. 2) in der geraden Verlängerung der Lungeuarterie, und zwar in der Nähe der Herzbasis. Man bedient sich dazu am besten einer langen Scheere (Darmscheere). Das eine Blatt der- selben wird von dem früheren, am rechten Rande geführten Schnitte aus in der Richtung gegen die Lungenarterie hin eingelegt. Dabei ist nur Eines zu merken. In dieser Rich- tung liegt der vordere Papillarmuskel der Tricuspi- dalis mit seinen Sehnenfäden, der erhalten werden muss. Schneidet man ihn selbst oder seine Sehnenfäden durch, so ist na<*-hher eine volle Darstellung des Klappen- apparats der Tricuspidalis nicht mehr möglich. Das Scheeren- blatt muss vor diesem Papillarmuskel eingebracht und der Schnitt durch die vordere Wand des Ventrikels und der Lungenarterie, wie gesagt, dicht an der Basis geführt werden.

b. Am linken Ventrikel liegt der Schnitt (vgl. Fig. 3), der auch hier mit einer langen Scheere ausgeführt wird, in der Verlängerung der Aorta ascendens, und zwar dicht am Septum ventriculorum. Er beginnt von der Herzspitze aus

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lind durchschneidet die vordere Wand des Ventrikels und der Aorta. Diejenige Stelle, welche hier am meisten der Schonung und einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, ist die Basis der Mitralis. Es hängt dies folgendermaassen zusammen. Wenn man gerade aufwärts von der Herzspitze nach dem Ostiiim aorticum zu längs der Scheidewand schnei- det, so kreuzt dieser Schnitt das Ostium pulmonale und man würde bei einfacher Fortführung desselben die Klappen der Arteria pulmonalis zerschneiden. Man vermeidet dies, indem man während des Schneidens die Lungeuarterie nach rechts zieht, und links neben und hinter ihr weiter schnei- det. Allein man darf nicht weit nach links abweichen. Der natürliche Engpass, durch welchen man zu passiren hat, besitzt auch seine Charybdis. Ganz nahe an dieser Stelle inserirt sich innen der rechte Rand der Basis der Mitralis, welche sich bekanntlich unmittelbar an den linken Rand des Ostium aorticum anschliesst. Sowie der Schnitt auch nur um einige Millimeter zu weit nach links abweicht, so schneidet man dasjenige Stück der Mitralis weg, welches den letztgenann- ten Anschluss herstellt, Man findet dann beim Aufklappen des durchsc|:inittenen Herzens ein Loch in der Mitralis. Aeusserlich' entspricht dieser Stelle genau der rechte Rand der Basis der Auricula cordis sinistra. Daran hat man sich zu Orientiren. Der Schnitt muss also in der Mitte zwi- schen Ostium pulmonale und Auricula sinistra durchgelegt werden.

Damit ist die Hauptsache erledigt. Mann kann dann noch die Vorhöfe etwas weiter eröffnen, indem man mit der Scheere ihre Wand zwischen den Einmündungen der Hohl- venen rechts und der Lungenveneu links durchschneidet. Man kann ferner weitere Schnitte in die Muskulatur legen, z. ß. die sehr wichtigen Schnitte, welche parallel der Oberfläche von den zuletzt ausgeführten Ventrikelschnitten aus angelegt werden, und welche die Herzwand in eine innere und eine äussere Hälfte zerspalten. Man kann ferner noch die Kranz- arterien aufschneiden, deren Verlauf durch die bisherigen Schnitte in der Hauptsache noch unverletzt ist. Indess sind

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dies Aufgaben, welche nur ausnahmsweise bei besonderen Fällen zu verfolgen sind. In der Regel werden die drei Akte genügen. Aber sie sind auch indispensabel. Keine ordentliche Herzuntersuchung kann angestellt werden, ohne dass nicht jene 3 Akte regelrecht ausgeführt werden.

Wenn man die lange Beschreibung, welche ich davon gegeben habe, durchliest, so könnte man glauben, es müsse eine lange Zeit dazu gehören, dies Alles zu bewerkstelligen. Es kann einem ergehen, wie jßnem unglücklichen Kreisphy- sikus, der bei Lesung des neuen Regulativs zu dem Glauben kam, die Ausführung einer Obduction nach diesem Regu- lativ werde mindestens zwei Tage dauern. Das Eine ist so irrthümlich, wie das Andere. Eine Herzuntersuchung in der angeführten Weise kann von Jedermann in 10 Minuten ausgeführt werden, gleichwie eine Obduction nach dem neuen Regulativ in 3, bei geringer Complicatiou schon in 1,^ 2 Stunden gemacht werden kann.

Ich habe, um mir selbst ein Urtheil über die Anfor- derungen des Regulativs zu bilden, einige Obductionen geeigneter Fälle in der vorschriftsmässigen Weise angestellt und ich gebe die Protokolle darüber hier im Anhange als Beweisstücke und zugleich in einem gewissen Sinne als Muster- stücke. Nicht in dem Sinne, dass sie, wie bisher die Cas- per'schen Obductionen, als Vorbilder für Sprache und Tech- nik dienen und den Obducenten die Sorge um eigene Be- schreibung und Bezeichnung der Dinge abnehmen sollen, sondern nur in dem Sinne, dass sie zeigen sollen, wie sich ein Protokoll in der Vorstellung derer, welche das Regulativ ausarbeiteten, etwa ausnimmt. Diese Protokolle sind mit einer gewissen Freiheit diktirt, und ein sehr kritisches Auge könnte vielleicht einzelne Verstösse gegen das Regulativ entdecken und eine „Revisionsbemerkung" daran knüpfen. Indess werden dies, wie ich hoffe, so untergeordnete Punkte sein, dass wenigstens keine Revisionsbemerkungen im Sinne der Wissenschaftlichen Deputation sich an dieselben an- schliessen lassen dürften.

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Die Fälle, welche ich ausgewählt habe, besitzen auch sonst einiges Interesse, und ich werde mir erlauben, einige epikritische Bemerkungen anzufügen.

I. Fall.

Unbekannter Mann. Todt eingebracht. Gesiebt mit Blut bedeclit. Linke Gesichtsseite, namentlich die Ohrgegend blaiiroth. Tod durch Er- stickung in Folge von Lungenblutung und Lungenodem.

Obductionsdauer: 2 Stunden 5 Minuten. (November 1875.) A. Aeussere Besichtigung.

1. Der Leichnam des dem Anscheine nach 40-50 Jahre alten Mannes ist 1,75 Meter lang, sehr kräftig gebaut, mit schwachem Fett- polster, dagegen kräftiger Muskulatur, die am Oberarm und Ober- schenkel verhältnissmässig schwächer, als am Vorderarm und Unter- schenkel ist.

2. Die Farbe des Körpers ist im Allgemeinen blass, am Unterleib grün- lich, an der hinteren Körperseite, am Hodensack und der Eichel gleichmässig blauroth und nur an den gedrückten Stellen auch am Rücken blass. Die blaurothe Farbe lässt sich durch Fingerdruck nur schwer, aber ziemlich vollständig beseitigen; beim Einschnitt siebt man nur gefüllte Gefässe in der Haut und Unterhaut, aus denen flüssiges Blut austritt.

3. Beim Umdrehen der Leiche, zum Zweck dieser Untersuchung, fliesst aus Nase und Mund eine blutige dünne Flüssigkeit.

4. Das Gesicht, namentlich die linke Seite bis zum Ohr hin, und der Bart sind vielfach mit angetrocknetem Blut beschmutzt, am stärk- sten die Nasenlöcher und Lippen. Eine braunrothe, trockene, pul- verige Substanz, welche nach links hin in grössere, zusammen- hängende Plättchen von getrocknetem Blut übergeht, bedeckt den Hals und die obere Brustgegend.

5. Das Kopfhaar ist reichlich, lockig, lichtbraun, mit zahlreich einge- sprengten grauen Haaren. Der Bart voll und namentlich der Kinn- und Backenbart stark entwickelt, von mehr rothbrauner Farbe. Augenbrauen dicht, und ebenso, wie die Augenwimpern, von dunkel graubrauner Farbe. Die Iris blass graublau. Das Gesicht stark, mit voller Stirn, grosser gerader Nase, starken Backenknochen. Vorderzähne vollständig, Backzähne vielfach cariös und defect. Keine Spuren frischer Verletzung. Lippen blass und zart.

6. Sonstige besondere Merkmaie sind am Körper nicht vorhanden, nur

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die Voihaut ist uugemein l\uiz, bedeckt nur den Rand der Eichel, jedoch ist keinerlei Narbe an ihr zu bemerken.

7. Die Hände gross. Die Nägel lang und bläulich; unter den vor- springenden Rändern mit dickem schwarzem Schmutz, erfüllt, von dem Spuren sich auch an der Hohlhand finden.

8. Die Extremitäten sind in den Hauptgelenken etwas beweglich, zei- gen jedoch an den kleinereu Gelenken überall Spuren von Todten- starre.

9. Die Augenlider sind nicht ganz geschlossen: die Hornhäute durch- sichtig und verhältnissrnässig prall.

10. Die Nasenüffnungen zeigen ausser dem erwähnten Blut keine frem- den Körper.

11. Der Mund ist leicht geöffnet, ebenso die Zahnreihen. Die Zunge liegt hinter den Zähnen und ist ebenso, wie der Gaumen, mit Hüs- sigem Hhit bedeckt.

l'?.. Aeussere Ohren ungemein gross, das linke dunkelbraunroth. Beim Einschneiden tritt überall reichliches Blut aus den zerschnittenen Gefässeu, jedoch zeigt sich kein in das Gewebe ausgetretenes Blut. Ohröffuungen leer.

13. Hals nicht besonders leicht beweglich, ohne erkennbare Verände- rung. •

14. Brust voll, Bauch wenig aufgetrieben.

15. An den Extremitäten, namentlich den unteren, schwache Gänsehaut. Die Unterschenkel über den Knöcheln etwas dick, beim Fingerdruck Gruben bildend, beim Einschneiden die Gewebe mit Flüssigkeit durchtränkt. Dicht über den Knöcheln liegt jederseits lose ein zusammengeknoteter Bindfaden; dem entsprechend findet sich ein querer Eindruck an der inneren und vorderen Seite, der einge- schnitten keine Blutunterlaufung zeigt.

16. Die Umgebung des Afters durch braunen Koth sehr reichlich be- sudelt. After geschlossen.

17. Im Uebrigen keine Spur von äusseren Verletzungen wahrnehmbar.

B. Innere ßesiclitiguug*.

I. Kopfhöhle.

18. Die weichen Kopfbedeckungen werden durch einen Schnitt quer über den Kopf vorschriftsmässig durchschnitten und zurückgeschla- gen. Dabei zeigen sich alle diese Theile, und zwar nach hinten stärker als nach vorn, röthlich gefärbt, ohne dass jedoch an irgend einer Stelle eine stärkere, als Blutaustretung zu erkennende Röthe hervorträte; vielmehr fliesst überall dickflüssiges Blut aus den durchschnittenen Gefässen und die Weichtheile erscheinen gleich- massig durchtränkt mit röthlicher Flüssigkeit.

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VJ. Der sehr breite uml stark gewölbte ScLädcl zeij^t nach hinten hin in ähnlicher Weise eine röthliche Trrinkun<j^ seines Gewebes, am stärksten an den Nähten, welche sehr zackig und an verschiede- nen Stellen mit Schaltknocheu besetzt sind. Im Uebiigen ist die Farbe des Schädels schmutzig gelbgran, an einzelnen Stellen mehr weisslich.

20. Der Schädel sägt sich schwer und lässt sich, nachdem er durchsägt ist, von der harten Hirnhaut nicht abheben. Es wird daher die letztere sofort mit durchschnitten, und da auch das Gehirn beim Anziehen folgt, die Herausnahme desselben gleichfalls durch regel- mässige Trennung der Verbindungen an der Grundfläche sofort bewerkstelligt.

21. Nach der Herausnahme zeigt sich keine Flüssigkeit, noch ein son- ~ stiger Erguss an der Grundfläche. Die grossen Blutleiter daselbst

enthalten nur flüssiges Blut in massiger Menge.

22. Die harte Hirnhaut trennt sich schwer von der Basis und den hin- teren Theilen. Irgend eine Art von Verletzung der Knochen des Schädelgrundes ist nicht wahrzunehmen.

23. Auch an der Grundfläche des Gehirns selbst zeigt sich keine Ver- änderung. Die grossen Arterien sind weit, aber platt und leer. Die weiche Haut überall zart und nur die venösen Gefässe gegen ihre Wurzeln hin gefüllt.

24. Nach der Herausnahme des Gehirns aus dem Schädeldach erscheint die innere Fläche der harten Hirnhaut durchweg blass, ohne irgend einen Beschlag, sie selbst etwas dick und seimig, der lange Blut- leiter etwas weit, aber durchweg mit flüssigem Blute gefüllt.

25. Es wird sodann die harte Haut vom Schädeldach abgezogen. Sie erscheint auch äusserlich blass, die stark vorspringenden Gefässe sind leer.

26. Das Schädeldach zeigt nirgends einen Sprung oder eine Verletzung, und hat nur wenig Schwammsubstanz. Die Knochen sind durch- schnittlich 5~6 Mm. dick. An der InnenÜäche des Stirnbeins in der Mittellinie zarte, rothe, sehr gefässreiche, weiche Anflüge.

27. Die Oberfläche des Grosshirns gut gebildet; die weiche Haut überall zart; die venösen Gefässe mit Blut gefüllt, auf der linken Seite bis zur vollen Rundung, etwas weniger auf der rechten.

28. Beim Einschneiden findet sich in den Seitenhirnhöhlen eine geringe, nicht messbare Menge klarer Flüssigkeit. Höhlen nicht erweitert; Hinterhörner verwachsen. Scheidewand weich und zerreisslich; Adergeflechte und obere Gefässplatte dunkel roth durch starke F'ül- lung ihrer Gefässe. Die letztere trennt sich etwas schwer von den Vierhügeln.

29. Auf dem Durchschnitt der Grosshirnhalbkugeln zeigt sich das Ge- webe durchweg feucht glänzend, die weisse Substanz mit zahlrei-

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ciieu Blutpuiikteu, aus denen sich beim Druck Tropfen von Blut ergiessen, welches durch Wasser abgespült werden kann. Die graue Substanz der Rinde blassrothlich, die des Streifen- und Seh- hügels gleichfalls, zugleich feucht. Sonst keine Veränderung. Gute Consistenz.

30. Vierhügel blass. Zirbel klein und geröthet.

31. Vierte Höhle leer, ihre Oberfläche blass und zart. Adergeflechte geröthet.

32. Am Kleinhirn die Rinde durchweg geröthet, ohne dass die Gefässe erkannt werden können, die Marksubstanz dagegen mit gefüllten venösen Gefässen durchzogen. Consistenz gut, Feuchtigkeit massig. Keine Veränderung.

33. Am Grunde des Gehirns werden die sämmtlichen Lappen des Gross- hirns durch zahlreiche parallele Querschnitte zerlegt, ohne dass sich irgend eine erkennbare Veränderung zeigt. Graue Substanz überall leicht geröthet.

34. Au der Brücke und dem Hirnstiele die graue Substanz geröthet, die weisse mit zahlreichen gefüllten Venen durchzogen. Consistenz gut.

35. Das verlängerte Mark ist blass, nur die graue Substanz in der Nähe der Rautengrube etwas mehr geröthet.

II. Brust- und Bauchhöhle.

36. Durch einen Längsschnitt vom Kinn bis zur Schamfuge wird in vorsthriftsmässiger Weise die Haut gespalten und die Bauchhöhle eröffnet. Fettpolster schwach, Muskulatur etwas blass.

37. In der Bauchhöhle kein fremder Inhalt, Lage der Theile normal, Blinddarm und Querdarm, so wie der absteigende Theil des Dick- darms sind stark ausgedehnt, ebenso ein Theil der Dünndärme, zum Theil durch Gas, zum Theil, wie es scheint, durch Flüssigkeit. Alle diese Theile sind blass und nur am Netz einzelne gefüllte Venen sichtbar.

38. Das Zwerchfell beiderseits zwischen der 4. und 5. Rippe.

a) Brusthöhle.

39. Nachdem das Brustbein entfernt ist, sieht man die Lungen, na- mentlich die linke, ziemlich ausgedehnt bei sonst normaler Lage der Theile. Herzbeutel zum grossen Theil bedeckt von den Lungen.

40. Links zeigen sich einzelne, dem Zuge stark Widerstand leistende Verbindungen zwischen der Lungenoberfläche und der Rippenwand. Im hintersten Winkel des Brustfellraums findet sich ein Esslöffel voll dünner röthlicher Flüssigkeit.

41. Auf der rechten Seite sind etwas mehr ausgedehnte, aber efienso

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derbe und mit Gefässen durchsetzte Verwachsungen am Oberlappen. Flüssigkeit in noch geringerer Menge, als links. Nach innen, am Herzbeutel, ist diese Lunge in grosser Ausdehnung verwachsen.

42. Im Herzbeutel ein Esslöffel Toll einer schwach rüthlichen, aber kla- ren Flüssigkeit.

43. Das Herz nahezu von der Grösse der Faust des Mannes, an der rechten Fläche abgeplattet, mit schwachem Sehnenfleck, über der rechten Kammer massig mit Fett bedeckt, blass und nur in den Kranzvenen massig mit Blut gefüllt. Der rechte Vorhof enthält überwiegend flüssiges Blut, dem eine ganz geringe Menge weichen, leicht zerreiblichen, speckhäutigen Gerinnsels beigemengt ist. Die Menge des Blutes, welches sich aus dem rechten Herzen und den grossen Brustvenen sammelt, beträgt 150 Cctm. In der rechten

' Herzkammer ist nur flüssiges Blut, aber in so geringer Menge, dass es nicht gemessen werden kann. Auch die linke Vorkammer enthält nur flüssiges, und zwar dickflüssiges Blut in geringer Menge. Der linke Ventrikel ist ganz leer. Alles Blut ist gleichmässig dunkel. Die Aorta, 3 Ctm. im Durchmesser, mit dicken Wandun- gen, namentlich verdickter Innenhaut. Die Lungenarterie nahezu ebenso weit, aber mit verdünnten Wandungen. Die Klappen an den Mündungen beider Gefässe schliessen. Aufgeschnitten zeigt das Herz einen erweiterten rechten und einen grossen linken Venirikel. Muskelfleisch bräunlich, -rechts etwas blasser. KJappen nicht verändert, jedoch stark roth getränkt.

44. Am Hals sind die grossen Venen, massig mit flüssigem Blut ge- füllt, Arterien leer. Die grossen Nerven scheinbar unverändert.

45. In vorschriftsmässiger Weise wird die Mundhöhle von unten her geöffnet, die Zunge zurückgezogen und der obere Theil der Speise- röhre eröffnet. In allen diesen Theilen ist ein Belag mit blutig- schleimiger Flüssigkeit, der sich jedoch leicht abwischen lässt und nach dessen Entfernung eine leicht geröthete, sonst unveränderte Schleimhaut zurückbleibt. Zungenbalgdrüsen gross, weisslich, Man- deln ein wenig geschwollen.

46. Im Kehlkopf und im oberen Theil der Luftröhre findet sich blu- tiger, grossblassiger Schaum in beträchtlicher Menge. Nach dem Abwischen desselben erscheint die Schleimhaut nur schwach gerö- thet; am hinteren Umfange sind die Gefässe der Schleimhaut ge- füllt, sonst ist sie unverändert.

47. Es werden nunmehr, in Verbindung mit der Rippenpleura, die übrigen Brusteingeweide und die Lungen auf einmal herausge- nommen.

48. Der untere Theil der Speiseröhre ist bedeckt mit einer röthlichen Flüssigkeit, die sich leicht abstreifen und nach deren Entfernung

Yirchow, Sectious-Technik. 2. Aufl. a *

üO

sich keine Veränderung der darunter Helfenden Schleimhaut erken- nen liisst.

49. Die Aorta zeigt in ihrem Brusttheil eine leichte Erweiterung und Verdickung der Innenhaut, jedoch keine Verletzung. Dasselbe gilt von den grossen, zum Halse verlaufenden Aesten derselben.

50. Der untere Theil der Luftröhre, sowie ihre grossen Verzweigungen sind ganz gefüllt mit schaumigem und blutigem Inhalt.

51. Die Lungen erscheinen gross, an der Zwerchfellsfliiche stark gewölbt, namentlich an der rechten Seite mit flachen Buckeln stark erwei- terten (emphysematösen) Gewebes besetzt. Die Farbe der Lungen im Ganzen ist grau, vorn blass, hinten geröthet. Die Vorderseite zeigt sich durch zahlreiche Einziehungen gefurcht. Letztere Stel- len fühlen sich härter an. Das übrige Gewebe fühlt sich weich, obwohl wenig knisternd an.

52. Beim Einschneiden zeigt sich rechts in der Spitze eine Höhle von verzweigter, unregelraässiger Gestalt, im Ganzen G' Ctra. im Durch- messer, aus 2 Abtheilungen bestehend, welche durch eine schmale Scheidewand getrennt sind, jede von ihnen 4| Ctra. im horizonta- len Durchmesser. Beide sind gefüllt mit blutiger, schwach schau- miger Flüssigkeit, die sich leicht abspülen lässt. Beide haben unregelmässige, rauhe, beim Aufgiessen mit stark flottirenden An- hängen besetzte Wandungen. Man sieht darin zahlreiche, grössere, durchgefressene, und einzelne in Form von Balken frei gelegte Ge- fässe. Von den Zweigen der Luftröhre gelangt man unmittelbar in diese Höhlen hinein. In den übrigen L^^ngentheilen finden sich noch einzelne kleinere, mehr glattwandige Höhlen, sowie einzelne umschriebene, von aussen hart anzufühlende Stellen, deren Durch- schnitte theils ein dichtes, mattes, grauröthliches, feinkörniges, theils ein trockenes, grauweisses, käsiges iVussehen zeigen. Das übrige Lungengewebe ist voll schaumiger, weisslicher Flüssigkeit, die sich leicht ausdrücken lässt.

53. Links findet sich unter der Spitze, mehr gegen die Mitte des Ober- lappens eine Reihe wallnuss- bis hühnereigrosser ähnlicher Höhlen, gleichfalls mit flüssigem, wenig schäumigem Blut gefüllt, mit den Luftwegen zusammenhängend. Ihre Wand ist unregelmässig und fetzig. Die Stümpfe der grossen Gefässe sind als weissliche Vor- sprünge erkennbar. Eine ähnliche Höhle von etwa Wallnussgrösse sitzt in der Spitze des ünterlappens. Im üebrigen finden sich zahlreiche Knoten von verschiedener Grösse, bis über erbsengross ; einzelne mit Höhlen im Innern, andere fest, jedoch käsig, andere fest und von schwarzgrauer Beschaffenheit.

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b. Bauchhöhle.

54. Die Milz durch feste Verwachsungen mit Zwerchfell und Netz ver- bunden, 14 Ctra. lang, 9 C^tra. breit, 3| Ctm. di'Ck; von aussen grau stahlblau. Auf dem Durchschnitt dunkelbraunroth, mit reich- licher, von zahlreichen, dunkelrothen Flecken durchsetzter Pulpe und wenig vergrösserten Follikeln.

55. Linke Niere 13 Ctm. lang, 65 Ctm. breit, S'j Ctm. dick. Kapsel leicht trübe, dünn. Oberfläche der Niere glatt, bräunlich roth, nicht getrübt, Consistenz derb. Auf dem Durchschnitt Mark- und Rin- densubstanz stark geröthet, nicht getrübt, im üebrigen unver- ändert. Knäuel blutleer. Nebenniere mit schwacher Rinden- und Marksubstanz, dagegen starker blutreicher Zwischenschicht.

56. Beim Abtrennen der, die rechte Niere umgebenden Theile zeigt sich eine sehnige Verwachsung zwischen Dickdarm und unterer Fläche des rechten Leberlappens.

57. Rechte Niere von gleicher Grösse, wie die linke, auch sonst von gleicher Beschaffenheit. Ebenso die Nebenniere.

58. Die Harnblase zusammengezogen, enthält nur einige Tropfen weiss- lichen Harns; Schleimhaut unverändert.

59. Linker Hode durch einige sehnige Verwachsungen der Oberfläche etwas missgestaltet, sonst unverändert. Der rechte am Kopf des Nebenhodens mit einer Einziehung versehen.

60. Der Magen ausgedehnt, enthält eine reichliche Menge einer dicken klumpigen, zum Theil mit grösseren Luftblasen durchmengten, blu- tigen Flüssigkeit, etwa 200 CCm. betragend.

61. Eine gleiche Flüssigkeit findet sich noch im Anfangstheil des Duo- denums, jedoch nur bis zur Mündung des Gallenganges. Von hier an ein schwach gelblicher Inhalt, Letztere Mündung unverändert.

62. Die Schleimhaut des Magens überall blutig getränkt, sonst unver- sehrt, nur die grösseren venösen Gefässe gefüllt.

63. Im Darm findet sich im oberen Theil eine sehr reichliche, mehl- suppartige, schwach gallig gefärbte, mehr graue Flüssigkeit. Sie wird im unteren Theil des Leerdarms dünner, aber auch spärlicher. Im Krummdarm eine mehr bräunliche, sehr reichliche Flüssigkeit. In ihrer Gegend ist der Darm so weich, dass er beim Einschneiden mit der Scheere auseinanderreist. Der unterste Theil des Krumm- darms ist mit einer kothigen, leichter flüssigen Masse gefüllt. Im Dickdarm findet sich von der Baubin'schen Klappe an dickbreiiger kothiger Inhalt. Die Schleimhaut überall im Krummdarm zart und blass, die Drüsen kaum geschwollen. Im Leerdarm ist die Schleim- haut dicker, hier und da eine Einzeldrüse geschwollen, doch sonst nichts verändert. Im obersten Theil des Leerdarms hat die Schleim- haut ein weissliches Aussehen.

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64. Die Leber 28 Ctm. breit, 23 Otra. hoch. 8 Ctni. dick, fühlt sich derb an, ist an der Oberfläche blassbräunlicb, schneidet sich etwas derb, bricht schwer und erscheint auf dem Durchschnitt gleich- massig roth getränkt. Die Acini gross und ihre Farbe gleich - massig.

65. In der unteren Hohlader flüssiges Blut.

Der Fall ist ein bemerkenswerthes Beispiel von ulce- röser Lungenphthise bei einem sonst sehr kräftig entwickel- ten Manne, bei dem der Prozess trotz offenbar langer Dauer sich auf die Lungen beschränkt hat. Ob der Prozess ur- sprünglich aus Bronchiectasie oder käsiger Pneumonie ent- standen ist, Hess sich bei dem vorgerückten Stadium der Veränderungen nicht erkennen ; jedenfalls war schliesslich käsige Pneumonie hinzugetreten. Sehr interessant ist es, dass trotz der Grösse der Lungenblutung der Tod weder durch einfache Verblutung (Anämie), noch durch einfachen Verschluss der Luftwege vermittelst des ausgetretenen Blu- tes, sondern erst durch hinzugetretenes Lungenödem erfolgt ist, eine Combiuation, welche sich nur erklärt einerseits aus der kräftigen Beschaffenheit des Körpers, andererseits aus einem langsameren Verlaufe der Blutung. Ein einzel- nes zerrissenes Gefäss wurde nicht aufgefunden.

Das vorläufige Gutachten hätte also zu lauten:

1) dass der Tod durch Erstickung in Folge von Lun- genblutung und Lungenödem eingetreten ist,

2) dass Zeichen äusserer Gewalteiuwirkung durch die Obductiou nicht nachgewiesen sind.

IL Fall.

Bekannte Persönlichkeit. Schuss in den Kopf (Selbstmord). Tod nach (mehr als) 12 Stunden durch Lungenödem. Bei der Autopsie Schusskanal durch die rechte Hemisphäre, einschliesslich des Linsenkerns. Ausge- dehntes Lungenödem und interstitielles Emphysem. Zahlreiche Zeichen älterer Störungen: schiefer Schädel, asymmetrische Hirnbildung, enge Aorta, Endocarditis mitralis, Herpes zoster. Chylificationszustaud am Darm.

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Eiu Handlungsgehülfe, B. W., 21 Jahr alt, hatte sich mit einem Terzerol in den Kopf, links über der Mitte der Augenbrauen, geschossen. Ganz besinnungslos wurde er Morgens 6 Uhr in die Charite gebracht. Er lag stertorös athmend) fast pulslos da, Hess den Harn unter sich, hatte starkes Tracheairasseln. Herztöne kaum zu hören. Der Harn enthielt weder Eiweiss, noch Zucker. Die linke Pupille weiter, als die rechte. Aus der kleinen Wunde ergiesst sich zeitweise eine weissliche, schmierige, mit Blut untermischte Masse. Mittags hatte sich der Puls etwas gehoben, die immer noch stertoröse Respiration war etwas leichter geworden. Nach- mittags verschlechterte sich der Zustand schnell und um 4 Uhr trat der Tod ein.

Obductionsdauer (2| Stunden): 3. Novbr. 1875.

A. Aeussere Besichtigung.

1. Der im Allgemeinen gut genährte, 1,7 M. lange Körper gehört einem Manne von anscheinend 20 Jahren an.

2. Die Farbe ist durchweg an der Vorderfläche eine blasse, nur an der linken Hälfte des Gesichtes, am linken Ohr und den nächst anstossenden Theilen des Nackens, an deu Ober- und Vorderarmen, sowie an den Ober- und Unterschenkeln zeigt sich eine in grossen blaurothen Flecken von uuregelmässiger Gestalt und wechselnder Grösse auftretende Färbung, die im Allgemeinen auf der linken Seite stärker ist und auf dem Rücken an allen denjenigen Stel- len, die nicht dem Druck ausgesetzt waren, in eine gleichmässige, mehr hochrothe Färbung übergeht. Bei starkem Fingerdruck lässt sich diese Röthe fast gänzlich wegdrücken, beim Einschneiden sieht man aus der Haut und Unterhaut einzelne grössere Tropfen von dickflüssigem Blut austreten, jedoch nirgends festsitzende und durch Wasser nicht abzuspülende rothe Flecken. Nur an einer Stelle des linken Oberschenkels, eine gute Handbreit über der Kniescheibe, findet sich beim Einschneiden eine kleine, durch die ganze Dicke des Fettes reichende, mit nicht ausdrückbarem Blut durchsetzte Stelle. Am rechten Schulterblatt zeigen sich einige schief von oben und aussen nach unten und innen verlaufende, trockene braunrothe Stellen, welche beim Einschneiden nichts als dünne, trockene, die eigentliche Lederhaut umfassende Krusten darstellen.

3. Beim Umwenden der Leiche ergiesst sich aus dem Munde eine reichliche Menge gelbbrauner, mit dunkelbraunen Körnern unter- mischter Flüssigkeit.

4. Leichenstarre ist an den Extremitäten, den Hals- und Bauchmus- keln vorhanden.

5 An der Vorderfläche des Körpers, namentlich an der Brust zahl- reiche graubraune Flecke, die sich nicht abwaschen lassen. An

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der linken Seite, in der Gegend der 7. 9. Rippe, treten sie in Form einer breiteren Zone hervor, in deren Fortsetzung sich auch am Oberarm bräunliche, mit dicken Bpidermisauhäufuugen belegte Flecke zeigen. Auch andere Theile der Oberfläche, namentlich die unteren Extremitäten sind mit grauen Stellen versehen, die sich jedoch vollständig abwaschen lassen. An zahlreichen Stellen des Gesichtes, des Halses, der Arme und des Rumpfes zeigen sich schwärzliche Maler, namentlich einige grössere am Bauch, die sich beim Einschneiden als vollständig in der Oberhaut gelegen erweisen.

6. Am Bauche und in den Leistengegenden einige blassgrünlich ge- färbte, verwaschene Stellen. Leichengeruch nicht wahrnehmbar.

7. Die dunkelbraunen Haare sind auf der rechten beite röthlich ge- färbt, vielfach untereinander verklebt und an ihrem Grunde mit trockenem Blute durchsetzt.

8. An der Stirn, einen Finger breit über der Mitte der linken Augen- braue, sieht man ein kleines Loch von S Mm. Durchmesser, um- geben von einer trockenen schwarzbraunen, etwas eingesunkenen, 1 2 Mm. breiten Hautschicht, um welche nach aussen und links eine einfache schmale Röthung mit leichter Abschürfung der Ober- haut sich erstreckt. Die ganze Umgegend ist leicht angeschwollen. Jlin durch diese Stelle bis auf den Knochen geführter langer Quer- schnitt zeigt eine ausgedehnte Tiennung des Zusammenhanges in der Sehnenhaube und dem darunter liegenden Bindegewebe, welche an einer Stelle auch das Periost betrifft und einem Loche in dem Knochen entspricht. An dieser Stelle ein abgesplittertes plattes Knochenstück von dreieckiger Gestalt, 5 Mm. lang, 4 Mm. breit, das vorläufig asservirt wird. Die erwähnte Trennung des Zusam- menhanges bildet keine gleichmässige Höhle, sondern zeigt zahl- reiche Fäden und Balken, welche dieselbe durchziehen und in sie hineinragen. Ringsumher, bis zu 5 Ctm. im Durchmesser, sind alle Weichtheile mit Blut durchsetzt, das nicht ausgedrückt werden kann. Weiterhin im Umfange findet sich eine wässerige Flüssig- keit in dem Gewebe.

9. Die Augenlider stehen offen. Die Hornhäute sind prall und durch- sichtig.

10. Die Nasenlöcher sind mit angetrocknetem Blute in sehr reichlicher Menge erfüllt, das auch die benachbarten Theile der Haut bedeckt.

IL Mund geschlossen bis auf eine kleine Oeffuung in der Mitte. Die Lippen leicht geröthet, die Zähne vollständig geschlossen.

] 2. In den Oeffnungen des Kopfes keine weiteren fremden Körper be- merkbar.

13. Am Halse ein blasser Streif, der dicht über dem Kehlkopf 3 Mm. breit ist, nach der linken Seite bis zu einer Breite von 15 Mm. zunimmt und hier unter dem Ohre endigt, ohne dass eine Ver-

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tiefuug oder eine Verletzung der Oberfläche oder eine Farben- veränderuug zu bemerken wäre. ' Auch kommt etwas Aehnliches auf der rechten Seite gar nicht zur Erscheinung. Ein Einschnitt zeigt Haut und Unterbaut ganz blass.

14. Brustkorb etwas flach.

15. Bauchwand etwas vertieft.

16. Penis klein, stark gerunzelt, fast ohne Vorhaut. Die Eichel und der Rest der Vorhaut dunkel geröthet und etwas vertrocknet. Der Hodensack gleichfalls klein und sehr gerunzelt, äusserlich auf bei- den Seiten etwas blutrünstig aussehend, beim Einschneiden an die- sen Stellen die Haut oberflächlich vertrocknet und stark geröthet.

17. After geschlossen.

B. Innere Besichtigung.

I Kopf höhle.

18. Die Kopfhaut wird durch einen quer von einem Ohr zum andern laufenden Schnitt gespalten und nach vorn und hinten zurück- geschlagen. Dabei zeigt sich nur eine geringe Zahl austretender Blutstropfen im vorderen Abschnitte, eine etwas grössere im hin- teren, vorne zugleich ein dichtes Netz gefüllter Gefässe in der Galea und dem Pericranium. Neben diesen Stellen erscheint nir- gends eine Blutaustretung bis auf die in No. 8. erwähnte in der linken Stirngegend,

19. Das schon in No. 8. erwähnte Loch im Schädel tritt nun deutlicher hervor, ohne dass jedoch von da aus irgend ein weiterer Sprung oder auch nur eine weitere Erfüllung der Beinhaut mit Blut be- merkbar wird.

20. Es wird nunmehr mittelst eines wagerechten, unterhalb des Loches geführten Sägeschnittes das Schädeldach entfernt. Der Knochen sägt sich schwer und erweist sich nach dem Abnehmen an den meisten Stellen als fast ganz aus compacter Substanz bestehend und durchschnittlich 6, auch 7 und 8 Mm. dick. Die angesägte linke Stirnhöhle ist erfüllt mit einem Brei, bestehend aus weiss- lichen, weichen, hirnartigen Massen und dunkelrothen, zum Theil isolirbaren Gerinnseln. Die rechte Stirnhöhle ist leer. Weitere Sprünge in dem Knochen auch hier nicht zu sehen, dagegen die Gefässe des Knochens, soweit sie mit blossem Auge erkannt werden können, mit Blut erfüllt. Das aussen beschriebene Loch, das in der äusseren Tafel einen Querdurchmesser von 8, einen Höhen- durchmesser von 6 Mm. und eine unregelmässige sechseckige Ge- stalt hat, führt direct in die linke Stirnhöhle. Aus dieser setzt sich in derselben Richtung ein weiteres Loch fort, das die innere Tafel dicht über dem Ansatz der Augenhöhlenplatte durchbricht.

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Dasselbe ist fast ganz geschlossen durch Trümmer von Hirnmasse und Blutgerinnsel, nach deren Abspülung sich an der innneren Schädelfläche gleichfalls eine etwas unregelmässige, hier jedoch mehr dreieckige Oeffuung zeigt, deren Schenkel durchschnittlich 6 Mm. lang sind. Von ihr aus nach oben liegen 2 grössere und 2 kleinere abgesplitterte Blättchen der innern Tafel an, die jedoch noch mit dem Knochen lose zusammenhängen.

21. Die Form des Schädels erweist sich auf dem Durcbshnitt etwas schief, inJem die rechte Hälfte nach hinten weiter, die linke nach vorn enger ist. An letzterer Stelle findet sich eine beginnende Verwachsung der Kranznaht, sowie der Keilbein-Scheitelnaht. Eine vollständige Verwachsung findet sich an der rechten Lambdanaht, Auch ergeben sich beim Abziehen der Beinhaut frische rothe Knochenauflagerungen an verschiedenen Stellen der Schädelober- fläche, namentlich sehr starke am hintern obern Umfange der halbzirkelförmigen Schläfenlinien. Die innere Fläche des Schädel- daches zeigt zahlreiche grössere Gruben, hauptsächlich in der frü- heren Fontanell- Gegend.

22. Die harte Hirnhaut ist überall dünn und durchscheinend, mit Aus- nahme der Gegend des Längsblutleiters, wo sie weisslich trübe und mit zahlreichen rothen Gafässen durchsetzt ist. Links vor der Spitze des Gehirnes liegt in der Hirnhaut ein Loch, von sehr unregelmässiger Gestalt, aus welchem weiche, zertrümmerte und mit Blut durchsetzte Gehirnmasse heraussieht, die mit den vorher erwähnten Massen in dem Schädelloche zusammenhängt. Das Loch der Hirnhaut ist durchschnittlich 6 7 Mm. weit, seine Ränder sind etwas zackig und ausgebuchtet. Lgend ein anderer Bluterguss zwischen harter Hirnhaut und Knochen ist nicht vorhanden.

23. Der grosse Längsblutleiter vorn eng und leer, hinten ziemlich weit und mit dunklem dickflüssigem Blute gefüllt.

24. An der rechten Seite ist die harte Hirnhaut prall hervorgescho- ben durch eine bläulich durchschimmernde Masse. In der Haut selbst sind die arteriellen Gefässe bis zu ihren kleineren Veräste- lungen gefüllt und springen deutlich über die Ebene der Haut- fläche hervor,

25. Nach Durchtrennung der Haut rechts findet sich ein ausgedehntes Blutgerinnsel von schwarzer Farbe, das die ganze rechte Halbkugel des Gehirns überzieht, wenig feucht ist, wegen der Schwere seiner Masse von selbst heruntergleitet und der Menge nach 25 CCm. entspricht. Einzelne Tbeile desselben haften ziemlich fest an der Oberfläche, sowohl der harten, wie der weichen Haut. Nach dem Abwaschen ergiebt sich als Quelle der Blutung ein Loch in dem Gehirn, das fast an dem hintern Umfange des Mittellappens, 2 Fin- ger hinter dem Ende der Sylvischen Spalte gelegen ist; aus dem-

selben hängen Blutgerinnsel hervor. Von dieser Stelle aus verbrei- tet sich eine blutige Tränkung der weichen Haut, am stärksten nach der Sylvischen Grube, nächstdem in den Furchen des Miltel- und Hinterhirns; dieselbe erreicht jedoch auch das Vorderhirn

26. An der Spitze des rechten Vorderlappens, dicht neben der grossen Sichel erscheint unabhängig [von den zuletzt erwähnten Zuständen eine dichtere blutige Tränkung der weichen Haut, die stärker nach unten und vorn wird, wo zugleich die Gehirnmasse eine weichere und nachgiebigere Consistenz hat.

27. Eine dritte, scheinbar unabhängige Stelle findet sich dicht neben der grossen Spalte auf der Höhe des Scheitels unter einer etwas verdickten Stelle der weichen Haut, sie ragt etwas hervor und in ihrer Nähe ist ziemlich viel flüssiges Blut, auch frei gegen die harte Hirnhaut verbreitet.

28. Bei dem Anziehen und Erheben des Kopfes fällt aus der unter Nr. 25. beschriebenen Gegend eine kleine, in der einen Richtung 8, in der anderen 6 Mm. messende Bleikugel, die auf einer Seite vollständig abgeplattet und blank ist.

29. Die Hirnoberfläche selbst zeigt rechts sehr vertiefte Furchen und dicht hinter der Höhe des Scheitels eine merkbare Abflachung der Hirnwindungen.

30. Beim Abtrennen der harten Haut auf der linken Seite findet sich ein sehr viel geringerer Bluterguss auf der Oberfläche, jedoch ist derselbe gleichfalls geronnen und hängt noch fester an den Hirn- häuten, namentlich an der harten. Eine Tränkung der weichen Haut mit Blut ist nur in geringem Umfange zu bemerken vorne, in der Gegend, wo das von aussen eindringende Loch das Gehirn erreicht, jedoch erstreckt sie sich nicht weiter als einen guten Finger breit nach der Basis und noch weniger weit nach der Convexität.

Ein Blutgerinnsel von 11 Mm. Länge und 5 Mm. Dicke findet sich in einer kleinen Grube der Oberfläche, dicht neben der grossen Sichel am Rande der grossen Hirnspalte auf der Höhe des Schei- tels, einen Finger weiter rückwärts, als rechts. In der Umgebung dieser Stelle sind die Gefässe stärker gefüllt und nach rück- wärts die weiche Haut mit Blut getränkt.

31. Ferner liegt ausgetretenes Blut zwischen der grossen Sichel und der anstossenden Wand der linken Halbkugel in platten Schichten, deren Gesammtmasse kaum einen Theelöffel voll beträgt.

32. Auch die linke Halbkugel des Gehirns erscheint etwas gedrückt, ja die Oberfläche der Windungen ist sogar platter, als auf der entgegergesetzten Seite.

33. Beim Herausnehmen des Gehirns zeigt sich eine etwas unregel- mässige blutige Tränkung am Grunde des Gehirns, besonders stark

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in der Richtung von der Oeffnung im Vorderlappen gegen die Geruchsnerven hin, an der Spitze des Mittellappens, im Umfange des Trichters, bis an die Brücke und auch stellenweise bis an das verlängerte Mark. Ueberall liegt das Blut in den maschigen Räu- men der weichen Haut, au mehreren Stellen in Form deutlich auslösbarer Gerinnsel.

34. Die weiche Haut ist durchaus zart. Die Gefässe derselben bis zu den kleineren Aesten mit Blut gefüllt.

35. Das Gehirn selbst erscheint auf der linken Seite kürzer, als rechts; auch sind die Windungen am Scheitel links einfacher, als rechts. Die Consistenz ist gut, bis auf die schon erwähnten Stellen.

36. Hinter der (Nr. 22.) schon erwähnten, dem Loch im Kochen ent- sprechenden Oeffnung der harten Hirnhaut, die dicht unter der Spitze des linken Vorderlappens liegt, ist auch die weiche Hirnhaut in grossem Umfange (14— 18 Mm.) durchlöchert. Darunter zeigt sich eine trichterförmige, niedrige Vertiefung, umgeben von weicher zertrümmerter Hirnsubstanz und einzelnen grösseren Blutgerinn- selu. Durch einen schrägen Schnitt, der von dieser Stelle quer herüber zu der sub Nr. 25 erwähnten Oeffnung im äusseren Um- fange der rechten Halbkugel geführt wird, wird ein zusammenhän- gender Canal blossgelegt, der eine Gesammtlänge von 13 Ctm. hat und sich mitten durch die Hirnsubstanz, namentlich durch die Basis des Streifenbügels hindurch erstreckt, an den vorderen Thei- len 12, in den hinteren 18 Mm. im Durchmesser hat. Er ist gefüllt mit Blutgerinnsel, dem zahlreiche Trümmer von Hirnsubstanz bei- gemengt sind. Die Wand des Canals überall weich, direct von Hirnsubstanz gebildet und mit zahlreichen Punkten von ausge- tretenem Blute durchsetzt.

37. Die auf der Scheitelhöhe der rechten Hemisphäre sub Nr. 27. er- wähnte Stelle erweist sich als eine bis zu 5 Mm. Tiefe reichende blutige Tränkung der weichen Haut. Auch an der anderen, sub No. 26. besonders erwähnten Stelle findet sich in der Tiefe weiter nichts Abweichendes.

38. Die Hirnhöhlen sind leer, die Adergefleehte und die grösseren Ge- fässe der Höhlenwand mit Blut gefüllt. Die obere Gefässplatte ist zart und durchsichtig.

39. Seh- und Streifenhügel blass, aber nicht trocken.

40. Die weisse Substanz der Hemisphären ist blass und trocken; nur an wenigen Stellen dringt Blut aus den durchschnittenen Gefässen. Die graue Substanz an den meisten Stellen blass, jedoch an ein- zelnen bis in die Tiefe hinein geröthet.

41. Die vierte Höhle ist leer. Das Kleinhirn im Ganzen blass, jedoch weniger auf der linken Seite, wo die graue Substanz mehr geröthet und die weisse mehr wässerig durchtränkt erscheint.

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42. Die Brücke ist blass und fest, desgleichen das verlängerte Mark.

43. In den hinteren Gruben des Schädelgrundes hat sich inzwischen eine grossere Menge flüssigen Blutes gesammelt, das aus den grös- seren Gefässen des Wirbelkanals ausgeflossen ist.

44. Die Querblutleiter fast leer. Die harte Hirnhaut zeigt am Grunde nur in der linken Mittelgrube eine stärkere Belegung mit Blut.

45. Beim Abziehen der harten Hirnhaut ergiebt sich, dass von der Oeff- nung im Schädel (No. 19 20) aus sich noch mehrere Sprünge der inneren Tafel fortsetzen auf die Orbitalplatte, deren Spalten mit ge- ronnenem Blut erfüllt sind; jedoch erstrecken sich diese Spalten nur 17 18 Mm. weit nach hinten.

II- Brust- und Bauchhöhle.

46. Es wird ein zusammenhängender Schnitt vom Kinn bis zur Scham- beinfuge geführt und durch denselben zunächst die Bauchhöhle er- öifnet.

Die Organe der letzteren befinden sich in regelmässiger Lage. Die Därme liegen sehr weit zurück. Kein fremder Inhalt. Die vor- liegenden Theile im Ganzen blass, nur die Dünndärme etwas ge- röthet.

47. Das Zwerchfell steht auf beiden Seiten am unteren Rande der 5. Rippe. -

a) Brusthöhle.

48. Nachdem das Brustbein vorschriftsmässig entfernt ist, sieht man die Lungen sehr wenig von der Brustwand zurückgewichen, ihre vorliegenden Theile mit Luft gefüllt und durchweg leicht, an ein- zelnen Theilen stark geröthet. Grössere Luftblasen, die reibenweis in den Zwischenräumen der Läppchen auftreten und an einzelnen Stellen in grossen zusammenhängenden Flächen zusammentreten, unterbrechen diese Erscheinung.

49. Die linke Lunge ist vollständig frei; in dem Brustfellsack findet sich nichts, als ungefähr 45 Cubik-Centimeter einer dünnen, wässe- rigen, Schmutzigroth gefärbten Flüssigkeit.

50. Rechts ist die Lunge in den oberen Theilen etwas durch Binde- gewebe verwachsen, nach unten und hinten finden sich ganz geringe, kaum messbare Mengen einer ähnlichen Flüssigkeit, wie links.

51. Das Herz erreicht eben die Grösse der geballten Faust des Mannes, ist sehr stair, an der Vorderseite und am rechten Vorhof etwas abgeplattet. Die Kranzarterien leer, die Kranzvenen nur bis zu ihrer ersten Verzweigung gefüllt und etwas vertieft liegend. Der wenig fettreiche Herzbeutel zeigt an einzelnen Stellen kleine, kaum 1 Millimeter grosse, hochrothe Flecke.

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52. Aus dem rechten Vorhof entleert sich dunkles, zum grossen Theil flüssiges Blut mit geringem, ganz speckhäutigem Gerinnsel, circa 40,0 Cubik-Centimeter. Im rechten Ventrikel desgleichen, mit ganz schwachen Gerinnsel-Spuren untermischtes, dunkelrothes Blut, höch- stens 20 Cubik-Centimeter. Im linken Vorhof ist besser geron nenes, aber ebenso dunkles Blut mit einzelnen, schwach speck- häutigen Stellen, im Betrage von 30 Cubik-Centimeter. Dagegen findet sich im linken Ventrikel nur ein ganz schwaches, mit gallertiger Speckhaut versehenes Gerinnsel.

53. Durchschnitt der Aorta so eng, dass nur eben die Spitze des Ring- fingers eingeführt werden kann. Die Lungenarterie nur um ein Geringes weiter. Eingegossenes Wasser steht in beiden vollständig. Die Klappen beiderseits zart, nicht durch Blutroth gefärbt. An der zweizipfligen Klappe eine Verengerung, so dass man nicht zwei Finger durchbringen kann, bedingt durch Verdickung, Verkürzung und Verwachsung der Zipfel nach hinten hin. Das Muskelfleisch selbst ist blutarm, bräunlich roth.

54. Die linke Lunge zeigt in besonderer Stärke die sub No. 48 er- wähnten Reihen von Luftblasen am unteren Theil des Vorderrandes und an der Zunge des Oberlappeus, jedoch auch an verschiedenen Stellen des ünterrandes an der Basis. Nach hinten hin erscheinen beide Lappen wenig lufthaltig, ziemlich gleichmässig blaiiroth, der hintere durch Verdickung und wässerige Durchtränkung seines üeberzuges stellenweise etwas grauweisslich aussehend. Zahlreiche kleine, zum Theil erhabene Blutergüsse finden sich zerstreut an beiden Lappen.

55. Aus dem linken Bronchus ergiesst sich in reichlicher Menge dich- ter, blutiger Schaum. Auf dem Durchschnitt der Lunge erscheinen sämmtliche Theile roth und mit schaumiger Flüssigkeit reichlich gefüllt, im Uebrigen ohne Veränderung.

56. Auf der rechten Seite zeigen sich dieselben Verhältnisse, nur die reihenförmigen Luftblasen in geringerer Ausdehnung, dagegen die wässerige Anfüllung dm-ch alle Theile der Lunge neben einer star- ken Rüthung des Gewebes.

57. Die Zunge, die hinter den Kiefern liegt, ist mit einer schmutzig- bräunlichen Masse überzogen, sonst unverändert. Im Schlünde etwas blutiger Schleim. Sehr starke, fast geschwulstartige Hervorragung beider Mandeln, die auf dem Durchschnitt eine bröcklige Masse in ihren Taschen enthalten und deren Gewebe markig vergrössert ist.

58. Halsvenen mit dunklem flüssigem Blute gefüllt. Arterien leer. An den Nerven nichts Abweichendes.

59. Speiseröhre leer, mit Ausnahme eines geringen, hellbräunlichen Inhalts.

60. Kehldeckel seitlich ein wenig zusammengedrückt, die Stimmritze

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offen. Kehlkopf und Luftröhre mit dicht -schäumijnrer Flüssigkeit und etwas gelbbrüunlichen Flocken erfüllt. Nach deren Abspülen erscheint die Schleimhaut in dem oberen Theile mit einem weit- maschigen, im uüteren mit einem sehr dichten rothen Gefässnetz durchsetzt.

61. Aorta eng, dünnwandig, enthält nur flüssiges Blut. Ebenso ist die obere Hohlader mit flüssigem Blute gefällt.

b. Bauchhöhle.

62. Die Milz misst 14,5 Centimeter in der Länge, 10 in der grössten Breite und 2,7 in der grössten Dicke. Sie ist sehr schlaff, etwas runzlig. Auf dem Durchschnitt tritt aus wenigen grösseren Ge- fässen Blut hervor. Die Malpighischen Körperchen ungemein gross, bis zu 1 Mm. im Durchmesser; Pulpe spärlich, braunroth.

63. Linke Niere 10,0 Centimeter lang, 4,5 breit, 2,9 dick, schlaff, Capsel leicht trennbar, Oberfläche glatt, dunkelbräunlichroth, venöse Gefässe bequem erkennbar. Auf dem Durchschnitt das Gewebe ganz dunkelroth, mit sehr stark hervortretenden Knäueln, ohne sonstige Abweichung.

64. Linke Nebenniere derb, mit schwacher Rinden- und starker Mark- substanz.

65. Rechte Niere 9,2 Ctm. lang, 4 breit, 2,5 dick, im üebrigen wie auf der linken Seite.

G6. Ebenso die Nebenniere.

67. Harnblase nicht stark ausgedehnt. Der Harn ist klar und beträgt etwa 80,0 CCtm. ; Harnblase übrigens unverändert.

68. In beiden Scheidenhäuten der Hoden etwas klares Wasser. Die Substanz der Hoden blass, sonst nicht abweichend.

69. Der Magen ziemlich ausgedehnt, in seinem Pförtnertheil zusammen- gezogen, äusserlich mit wenig gefüllten, und zwar nur grösseren, venösen Gefässen versehen, im Ganzen blass. In ihm finden sich etwa 150 CCtm einer grünlichen dicken Flüssigkeit. Die Schleim- haut ist im Magengriind grünlich gelb getränkt, im üebrigen blass röthlich, gegen den Pförtner hin etwas körnig.

70. Die Dünndärme fast durchweg zusammengezogen, nur die tiefst- gelegenen Abschnitte etwas weiter und mit Flüssigkeit gefüllt. Aeusserlich sieht man die grösseren Venen durchweg gefüllt, ebenso im oberen Theile einige Chylusgefässe.

71. Die Mesenterialdrüsen klein und leicht geröthet. Gekröse fettreich.

72. Im Zwölffingerdarm oben eine weissliche, weiter abwärts eine stark gelbliche Flüssigkeit. Aus der Mündung des Gallenganges entleert sich beim Druck auf die Gallenblase mit Leichtigkeit grünlich gelbe Galle. Bauchspeicheldrüse blass, unverändert.

73. Bei Eröffnung" des Leerdarmes zeigt sich nichts, als ein hellgi'auer,

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stellenweis gelblicher, dickbreiiger Inhalt. Erst im untersten Theile des Leerdarmes kommt eine dünnere, stark gallig gefärbte Flüssig- keit. Der Krummdarm ist fast leer und enthält nur stellenweise grünliche, ziemlich consistente, kothige Massen.

74. Im Dickdarm breiige, grünlich braune, hellflüssige, mit festen Brocken untermischte Massen, die sich auch weiter hinab bis znm absteigenden Dickdarm finden, in dem schon consistente und ge- formte Kothmassen auftreten.

75. Schleimhaut des Leerdarmes sehr dick, im oberen Theile die Zotten verdickt und milchig getrübt (Chylificationszustand). Weiter ab- wärts starke Röthung der Querfalten bis zu den mit galligem In- halt gefüllten Stellen, wo auch die Schleimhaut stark gallig gefärbt ist. Weiter nach unten ganz schwache Röthung der Zotten, die am Krummdarm aufhört, dagegen zeigt sich hier eine schwache Injection der Peyer'schen Haufen, welche im unteren Theile zugleich eine Vergrösserung der Drüsen erkennen lassen. Dicht an der Klappe sind auch die solitären Drüsen vergrössert.

76. Die Schleimhaut des Dickdarms ganz blass und nur in den unteren Theilen grünlich grau gefärbt.

77. Leber etwa 17 Ctm. hoch, 23 Ctm. breit, 8 Ctm. dick, äusserlich mehr grauroth, glatt und prall, auf dem Durchschnitt ganz gleich- massig geröthet, jedoch fliesst im Ganzen wenig Blut aus und zwar nur aus den grösseren Gefässen. Acini schwer erkennbar; bei ge- nauer Betrachtung ergiebt sich ein schwacher hellgrauer Ring im Umfange derselben.

78. Gallenblase stark gefüllt mit einer etwas fadenziehenden, aber sonst klaren, dunkelgrauen Galle.

79. Untere Hohlader mit zum grossen Theil flüssigem Blute massig gefüllt.

Dieser Fall ist ein gewiss recht bemerkenswerthes Bei- spiel der Toleranz des Grehirns bei ganz grossen Verletzun- gen. Dass Jemand überhaupt noch 12 Stunden leben kann mit einem Schusskanal, der von der linken Stirngegend her in die Spitze des linken Vorderlappens eindringt und am äusseren Umfange des rechten Mittellappens (ungefähr in der Breite des Tuber parietale) endigt, der also die rechte Grosshirnhemisphäre in schiefer Richtung ganz durchdringt und dabei den Linsenkern durchsetzt, das erscheint fast wie ein Wunder. Es erklärt sich das wohl nur aus der Kleinheit des Geschosses und Yielleicht auch aus der grossen Schwäche der Kugel. Das Geschoss war, wie eine noch

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unversehrte, bei dem Manne gefundene Kugel gleichen Kali- bers lehrt, im Ganzen etwa erbsengross (5 Mm. im Durch- messer). Die Weite des Schusskanals im Gehirn (vorn 12, hinten IS Mm.) steht daher in gar keinem Verhältnisse weder zu der Weite der Eingangsöftnung in der äusseren Haut (B Mm.) und im Knochen (6 8 Mm.), noch zu dem Geschosse. Es lässt sich daher wohl nicht bezweifeln, dass auch der Schusskanal im Gehirn ursprünglich weit enger war und dass er erst mit der zunehmenden Blutergiessung und durch dieselbe seine schliessliche Weite erlangte. Die Erscheinungen des Hirndruckes haben sich daher erst all- mählich im Verhältniss der zunehmenden Extravasation ent- wickelt.

Dass die Gewalt des Geschosses eine sehr schwache war, ergiebt sich daraus, dass dasselbe in der Gegend sei- nes Austrittes aus dem Gehirn nicht nur keine Verletzung des Knochens, sondern nicht einmal eine Zerreissung der harten Hirnhaut hervorgebracht hat. Der Umstand, dass das Geschoss durch die linke Stirnhöhle ging, also zweimal vorliegende Knochen durchbrechen musste, erklärt es wohl, dass der an sich schwache Schuss noch mehr abgeschwächt wurde, wie denn andererseits die Möglichkeit des Abflusses von Blut und Hirnmasse durch die Stirnhöhle nach aussen nicht w^enig dazu beitragen mochte, das Anw^achsen des Hirndruckes zu verlangsamen.

So ist es denn geschehen, dass der Tod zunächst nicht vom Gehirn, sondern (im gerichtsärztlichen Sinne) von der Lunge aus erfolgte und, genau genommen, ein Erstickungs- tod war. Wie so oft bei Kopfverletzungen durch stumpf wir- kende Gewalt, entwickelte sich in Folge des auf das verlän- gerte Mark einwirkenden Druckes des extravasirenden Blu- tes ein tödtliches Lungenödem. Wie gross die Störung der Respiration war, dafür zeugt das interstitielle Emphysem, welches hier in grösserer Ausdehmuig vorhanden war, als ich es jemals bei asphyktischer Cholera gesehen habe. Neben- bei bemerkt, eine an sich sehr ungewöhnliche Combination,

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da nach der gangbaren Interpretation Oedem und inter- stitielles Emphysem sich eigentlich ausschliessen sollten.

Die weit ausgedehnten Zeichen einer noch nicht abge- schlossenen Verdauung lassen vermuthen, dass der Selbst- mörder kurz vor der That noch ein letztes Mahl zu sich genommen hat. Im Uebrigen deuten mancherlei Erscheinun- gen, die ich in der Ueberschrift zusammengestellt habe, darauf hin, dass schon in der frühesten Entwicklung allerlei Mängel der Anlage zu Stande gekommen sind, von denen man wohl berechtigt wäre, Rückschlüsse auf die psycholo- gische Entwickelung zu machen. Der chlorotische Zustand der Aorta, der mit der in einem so jungen Manne wenig- stens nicht ganz gewöhnlichen Endocarditis mitralis im Zu- sammenhange stehen dürfte, die Plagiocephalie mit der asymmetrischen und zum Theil defecten Grosshirnbildung sind gewiss bemerkenswerthe Erscheinungen.

Wäre der Fall irgendwie zweifelhaft und in forensischer Behandlung gewesen, so hätte das vorläufige Gutachten lau- ten müssen:

1) dass der Tod durch Lungenödem in Folge von Schuss- verletzung des Gehirns eingetreten ist,

2) dass aus der Obduction sich nichts ergeben hat? was der Annahme widerstreitet, dass Denatus sich selbst den Schuss beigebracht hat.

Ilf. Fall.

Bekannte Persönlichkeit (Selbstmord). Schuss durch die Brust. Tod nach 12 Tagen. Pleuritis duplex. Pericarditis und Myocarditis. Medias- tinitis phlegmonodes. Peritonitis exsudativa.

F. K., Handlungsgehülfe, 20 Jahre alt, schiesst sich am Nachmit- tage des 8. November in die Brust mit einem Revolver, den er in einer Entfernung von \ Fuss von der nur mit dem Hemde bedeckten Brust abfeuert. Er wird sofort zur Charite gebracht. Die Schussöffnung liegt dicht an der linken Brustwarze; sie hat 8 Mm. im Durchmesser, ist mit geronnenem Blute gefüllt; in der Umgebung derselben Emphysem. Der

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Verwundete klagt über Luftmangel und Schmerzen in der ganzen linken Seite; man findet hier eine Dämpfung der hinteren und unteren Brust- gegend, die bis zum Winkel des Schulterblattes reicht, und bronchiale Ex- spiration. Die Kugel wird am Rücken in der Höhe der 8. Rippe, 4 Fin- ger breit von der Wiibelsäule links, entdeckt und am nächsten Tage her- ausgeschnitten. Es ist ein in Form einer Spitzkugel gestaltetes Geschoss von 11 Mm. Länge und 7 Mm. Basal durchmesser, welches auf der einen Seite, namentlich gegen die Spitze hin, ganz abgeplattet ist. Die Mei- nung der behandelnden Aerzte geht dahin, dass die Kugel sich aussen in den Weichtheilen fortbewegt habe und endlich durch die Rippe aufge- halten worden sei.

Am 3. Tage ganz plötzlich Schmerzen in der Regio colica sinistra bei grosser Abgeschlagenheit. In den folgenden Tagen scheinbare Besse- rung, jedoch stets grosse psychische Aufi-egung und Unruhe. Die Ein- gangsöffnung schliesst sich. Dagegen bildet sich um die Schnittöffnimg am Rücken eine entzündliche Schwellung. Auch nehmen die entzünd- lichen Erscheinungen in der linken Brust allmählich zu. Stuhlgang eher angehalten. Am 8. Tage beginnt eine rothe Flüssigkeit aus der Rücken- wunde auszufliessen, bei der Exspiration etwas reichlicher. Zugleich con- statirt man auch rechts pleuritische Symptome, ebenso pericarditische. Zunahme des Fiebers und der Athemnoth. Am 11. Tage Function der linken Brust im 5. Intercostalraum iu der Linea axillaris ant. sin., Ent- leerung von 900 CCtm. einer schmutzig braunrothen Flüssigkeit. Darauf Nachlass der Athemnoth für kurze Zeit. Sehr bald neue Steigerung der bedrohlichen Erscheinungen. Tod am 13. Tage.

Obduction (Dauer 3 Stunden): 22. November 1875.

A. Aeussere Besichtigung,

1. Die Leiche gehört einem Manne von beiläufig 20 Jahren an. Der Körper ist 1,68 M. lang, voi^ zierlichem Knochenbau, geringem Fettpolster, massiger Muskulatur.

2. Die Farbe allgemein blass, schwach gelblich, am Unterbauch grün- lich, an den hinteren Theilen, und zwar sowohl am Kopf und Rumpf, als an den Extremitäten mit ausgedehnten verwaschenen blaurothen Flecken besetzt, welche nur an den Druckstellen von weissen Flächen unterbrochen sind. An den rothen Stellen lässt sich dui'ch Druck nur eine geringe Verminderung der Färbung er- zielen, beim Einschneiden zeigen sich zahlreiche mit Blut erfüllte Venennetze von der Haut bis in die Muskulatur, aus denen flüssi- ges Blut austritt, jedoch nirgends Blut im Gewebe.

3. Schwacher Leichengeruch. Todtenstarre der Extremitäten.

4. Augenlider halbgeschlossen, Augäpfel prall, Hornhäute durchsichtig.

5. Nase ohne fremde Körper, ebenso die Ohröffnungen. Yirchow, Sections-Technik. 2. Aufl. k

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G. Lippen und Zähne offenstehend, letztere im Oberkiefer sehr un- regelmässig gebildet. Die Zunge hinter den Zähnen, blass ; die Zähne mit braunem Anflug. Kein ft-emder Körper in der Mundhöhle.

7. Am Hals nichts Abweichendes wahrnehmbar.

8. An der Brust rechts eme Linie von 4 schmalen, auf einander fol- genden, durch verschieden lange Zwischenräume von einander ge- trennten braunrothen Krusten, von denen die erste über der 5 , die zweite über der 6., die dritte und vierte über der 7. Rippe liegen. Die oberste beginnt einen Finger breit unter der rechten Brust- warze, ungefähr' ebenso weit nach innen von derselben. Die Länge der ganzen Linie beträgt 10 Ctm. Die Richtung derselben ist etwas schräg nach unten und aussen. An diesen Stellen zeigen sich beim Einschnitt keine Auflagerung, keine Geschwulst, keine Röthung, beim Durchschnitt keine Blut flecke, sondern nur eingetrocknete, an der obersten Kruste durch die ganze Dicke der Lederhaut, an den anderen nur durch die oberflächlichen Schichten derselben dringende Stellen. Eine schwache, ganz oberflächliche, halbmondförmige rothe Stelle liegt etwas über Daumenbreite nach aussen von der rechten Brustwarze; auf dem Durchschnitt sind nur die äussersten Lederhautschichten daran betheiligt.

Ausserdem finden sich noch ein Paar braune Maler am äusseren unteren Umfange der rechten Brustseite.

9. Links 2 Mm. über der Brustwarze, noch innerhalb des Warzenhofes, eine kleine etwa 1,5 Mm. im Durchmesser haltende runde Stelle, die etwas vertieft, schmutzig bräunlich erscheint und mit einem trocknen Häutchen überzogen ist. Beim Einschneiden sieht man von dieser Stelle aus einen etwas hart anzufühlenden, von gefüllten kleinen Gefässnetzen und ganz kleinen Blutflecken durchsetzten Strang, welcher schräg nach aussen und hinten durch das Gewebe der Drüse in das ünterhautfett führt. Ein Canal ist nirgends zu entdecken, dagegen zeigen sich in der Richtung nach aussen und unten zerstreut wenig feuchte, schwarzrothe Flecken sowohl im Unterhautfettgewebe, als in den Brustmuskeln bis auf die Rippen selber, in einem Umfange von beiläufig 7 Ctm. Am stärksten sind sie in der Richtung gegen die Achselhöhle, wo einzelne dieser blutigen Infiltrationen bis unmittelbar an die Lymphdrüsen reichen. Letztere sind vergrössert, hart, von aussen blauroth, auch beim Durchschneiden sehr feucht, in der ganzen Rindenschicht dunkel - blauroth gefärbt.

10. Auf dem Rücken an der linken Brustseite, 2 Finger breit von der Mittellinie, am Ansätze der 9. Rippe liegt eine scharfrandige Tren- nung des Zusammenhanges der Haut von 4| Ctm. Länge und 2| Breite, ziemlich genau in der Richtung der Rippe von innen und oben nach aussen und unten gerichtet, mit wenig schmutzig

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graurother Flüssigkeit gefüllt, nach deren Abtupfen Ton durchaus reinem Aussehen, terrassenförmig die verschiedenen Weichtheile bis zu einer Tiefe von 8 Mm. durchbrechend und in den Muskeln endi- gend. Der Grund des Substanzverlustes ist in den äusseren Ab- schnitten blass und glatt, in den Innern von einer weichen, sammet- artigen, sehr rothen Schicht bedeckt, welche sich deutlich von der Nachbarschaft absetzt. Nur in der Richtung nach oben sieht man auf einem Durchschnitt in der Umgebung eine blutige Durchträn- kung der Muskulatur.

11. Bei tieferem Einschneiden der nach aussen gelegenen Muskelschich- ten kommt man in eine flache Höhle, welche mit dem Grunde des eben beschriebenen Substanzverlustes durch eine enge Oeffnung communicirt. Sie misst 4| Ctm. in der Quere, 3 Ctm. im senk- rechten Durchmesser. Ihre Oberfläche ist ziemlich glatt und mit einer ganz ähnlichen weichen, sammetähnlichen, rothen Haut über- zogen, wie der Grund des äusseren Substanzverlustes. Beim Er- öffnen dieser Höhle in seitlicher Lage des Leichnams entleert sich unter hörbarem Geräusch aus der Tiefe Luft und es zeigt sich im oberen Umfange des Grundes eine kleine rundliche Oeffnung von nicht ganz 2 Mm. im Durchmesser. Dieselbe dringt durch den Intercostalraum zwischen 8. und 9. Rippe in die Tiefe, allein bei Ein- führung einer feineren Sonde gelingt es nicht, unmittelbar in die Brusthöhle zu kommen. Auch gestattet die gewundene Richtung des Canals eine leichte Fortbringung der Sonde in die Tiefe nicht.

12. Durch einen grösseren Schnitt quer um die Brust werden die bei- den, sub Nr. 9 und 10 erwähnten Stellen mit einander verbunden. Es zeigt sich dabei nur in der Nähe der ersten Stelle noch eine schwarzrothe Erfüllung der Muskelscheiden, jedoch sonst keine Spur eines Zusammenhanges.

13. Vier Finger nach aussen und unten von der linken Brustwarze sieht man eine, kaum 1 Mm. im Durchmesser haltende, rundliche, scharfrandige Oeffnung mit et^as eingetrockneten Rändern, unter welcher beim Einschneiden nach mehreren Richtungen hin blutige, schwarzrothe Färbungen in der Unterhaut, im Zusammenhange mit den sub Nr. 11 erwähnten, bemerkbar werden. (Nach Angabe des anwesenden behandelnden Arztes Dr. N. Punctionsöffnung. ) Ein deutlicher Canal nach innen lässt sich von dieser Oeffnung nicht verfolgen. Dagegen sieht man bei etwas tieferem Einschneiden in dem Zwischenrippenmuskel etwas Flüssigkeit und Luftblasen aus der Tiefe austreten und bemerkt hier eine etwas weichere röthliche Linie durch das Gewebe ziehen.

14. An den äusseren Geschlechtstheilen nichts Abweichendes zu bemerken.

15. After geschlossen, im Umfange etwas Koth.

16. Im Uebrigen keine Spuren äusserer Verletzungen.

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68 B. Innere Besichtigung.

I. Brust- uud Bauchhöhle.

17. Durch einen Schnitt vom Kinn bis zur Schambeinfuge werden die Hautdecken an Hals und Brust durchspalten und die Bauchhöhle eröffnet. Geringes Fettpolster, dunkelrothe Färbung der Muskeln

18. In der Bauchhöhle zeigt sich das Netz mit der vorderen Bauch- wand und dem rechten Leberrand durch leicht trennbare Verkle- bungen verbunden. Die etwas tief stehende Leber ist ganz bedeckt mit einer zarten falschen Haut, die leicht abstreifbar, auf der lin- ken Seite trocken und durchscheinend, rechts mehr schmierig trübe und gelblich ist. Das Netz stark geröthet bei hauptsäch- licher Füllung der Venen, getrübt, am stärksten nach rechts, in der Gegend der Gallenblase bedeckt mit undurchsichtigen, gelben, nicht abstreifbaren, falschen Häuten, die sich bis in die Nieren- gegend fortsetzen.

19. Die Därme durch Gas ausgedehnt, an zahlreichen Stellen mit fei- nen, sehr oberflächlichen, rothen Gefässnetzen besetzt, jedoch im Grossen blass und nur an den im kleinen Becken liegenden Thei- len von einer dichteren, bläulichen Röthe, aus der grössere venöse Gefässe zahlreich hervortreten.

20. Im kleinen Becken etw^a 1 Esslöffel voll einer schlüpfrigen, gelb- röthlichen, undurchsichtigen Flüssigkeit

a) Brusthöhle.

21. Während der Zeit, welche seit der Untersuchung der Continuitäts- trennung sub Nr. 10. vergangen ist, hat sich von dieser Stelle aus in ein untergesetztes Gefäss dünne, weissröthliche, trübe Flüssig- keit im Betrage von 18 CCtm. ergossen.

22. Beim Abtrennen der Hautdecken an der Brust zeigt sich links im 4. und ö. Intercostalraum, und zwar im ersten 3, im zweiten 2 Finger vom Brustbein entfernt, eine starke blutige Durchtränkung der Gewebe.

23. Beim Einschneiden der Brustwand auf der rechten Seite ergiesst

sich Flüssigkeit und es wird daher dieselbe sofort aus dem Brust- fellsack gesammelt. Man erhält 800 CCtm einer dünnflüssigen, ver- hältnissmässig wenig getrübten, gelbrothen Flüssigkeit, in der zahl- reiche grosse Flocken von sehr loser Beschaffenheit und gelbweisser Färbung enthalten sind. Die Oberfläche des Brustfells auf dieser Seite ist überall bedeckt mit abstreif baren, ziemlich weichen, schmutzig-gelblichen Beschlägen.

24. Beim Abziehen des Brustbeins zeigt sich der ganze Mittelfellraum

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hart, schwer zu schneiden, zahlreiche kleinere Gefässe in demsel- ben mit Blut gefüllt und das ganze Gewebe gallertig aussehend, von trüb-bräunlichgelber Färbung.

25. Auf der linken Seite ist der vordere Theil der Lunge in einer Länge von 8 Ctm. mit der Brustwand verklebt. Nach der Tren- nung gelangt man nach aussen in einen mit Flüssigkeit gefüllten Raum. Die Flüssigkeit wird ausgeschöpft; sie beträgt 900 Cubik- centimeter und ist dicklich, obwohl flüssig, von weisslich rother Farbe, fadem Geruch und wenig flockig. Die erwähnte Höhle erweist sich als Pleuraraum. Die Wandungen derselben sind, mit Ausnahme der verklebten Stellen, überall mit dicken, schmutzig röthlichgelben, festanhaftenden Auflagerungen bedeckt, an einzel- nen Stellen roth inflltrirt. Der obere und untere Lappen sind nach unten hin mit einander verklebt. Auch zeigt sich hier in einer Fläche von Kinderhandgrösse eine leicht trennbare Verwachsung des unteren Theiles des oberen Lappens und des vorderen und unteren Theils des unteren Lappens mit der Brustwand. Vorn, zwischen Herzbeutel und Lunge, ist ein abgeschlossener Raum, in dem grössere Lappen von gallertartigem Gerinnsel enthalten sind. Die Höhle erweist sich als ein abgekapselter Theil der Pleurahöhle.

26. Der Herzbeutel ist äusserlich sehr verdickt. Innerlich zeigt er ausgedehnte Beschläge von rauhen, trocknen, elastischen Häuten, sowohl am äusseren, als am inneren Blatte. In der Höhle befin- den sich etwas über 40 Cubik-Centimeter einer blassröthlichen, mit gelblichen Flocken gemischten Flüssigkeit. Die festen Beschläge sind am reichlichsten am vorderen Umfange des äusseren Blat- tes; ihnen entsprechend ist vorn auch das Herz mit ähnlichen falschen Häuten bekleidet.

27. Das Herz selbst übertrifft an Grosse fast die zusammengeballte Faust des Mannes. Es ist starr, an den Oberflächen wenig gewölbt, verhältnissmässig blass. Der rechte Vorhof enthält geronnenes Blut von dunkelrother Farbe, etwa 90 Cubik - Centimeter. Im rechten Ventrikel findet sich nur wenig flüssiges Blut, dagegen einige grössere, gallertartige Speckmassen. Im linken Vorhofe ist sehr wenig geronnenes dunkles Blut, kaum 2 Esslöffel voll. Der linke Ventrikel fast leer.

28. Das Herz wird dann herausgeschnitten. Die arteriellen Klappen schliessen. Aufgeschnitten zeigt die innere Haut überall eine starke rothe Tränkung. Die Muskulatur ist derb, rechts grauroth, bis 18 Mm. dick. An der hinteren Wand ist sie bis auf eine Tiefe von 8 Mm. von sehr auffallenden gelben Flecken und Streifen dicht durchsetzt. Die sofort angestellte mikroskopische Unter- suchung ersieht an diesen Stellen die Muskelprimitivbündel ohne

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Qaerstreifuiig, ganz erfüllt mit groben Fettkörnchen. Sonstige Ab- weichungen nicht vorhanden.

29. Aus den grossen Gefässen der Brust entleeren sich sehr grosse Mengen dunklen, zum Theil speckhäutigen Gerinnsels.

30. Die linke Lunge ist ziemlich platt, wenig lufthaltig. Ihr üeberzug an den oberen und vorderen Theilen verdickt, trübe, stellenweise gelblich, am unteren hinteren Theile dunkelroth, von weicher, schlüpfriger Beschaffenheit, an einzelnen Stellen von weichen, grauen, rundlichen Granulationen durchsetzt. An drei Stellen ist der üeber- zug der Lunge verhältnissmässig "glatt und kaum durch Auflage- rungen verändert. Diese Stellen sind von ziemlich scharfen, mit aus- und einspringenden Ecken versehenen Rändern umgrenzt. Ihnen entsprechend finden sich ähnliche Stellen an der Rippen- wand. Die erste dieser Stellen liegt dicht am vorderen Rande des oberen Lappens in der Gegend der sub No. 25 erwähnten Ver- klebung. Die zweite Stelle findet sich an der unteren Zunge des oberen Lappens. Hier ist die Oberfläche der Lunge eingefaltet, in 2 unter einem Winkel auf einander stossenden Richtungen, welche gegen die sofort zu beschreibende Stelle hin verlaufen. Die dritte Stelle liegt am unteren und vorderen umfange des unteren Lap- pens, und hier sieht man in einer Linie hinter einander

a) auf der dem Spalte zwischen Ober- und Unterlappen zuge- kehrten Fläche, 1 Ctm. vom Rande entfernt, eine rundliche, bis 3 Mm. im Durchmesser haltende Vertiefung von röthlicher Farbe, an welcher beim Einschneiden das Lungenfell durch- löchert ist;

b) 2 dicht an einander gelegene, 2h 3 Mm. im Durchmesser hal- tende, runde Stellen, von denen die eine auf, die andere dicht vor dem Rande liegt und welche beim Durchschneiden als gelb- weisse Einsprengungen in das Lungenfell und in das nächstan- stossende Lungengewebe sich erweisen. Letzteres ist noch bis auf 8 Mm. in der Tiefe an dieser Stelle etwas härter und stark geröthet.

Auf dem Durchschnitt ist das Gewebe im oberen Lappen sehr wenig lufthaltig, durchgehend roth, doch drückt sich nur aus den grösseren Gefässen etwas Blut aus. Der untere Lappen hat noch weniger Luft, und ist massig roth; aus den Gefässen drückt sich dunkles dickflüssiges Blut aus.

3L Die rechte Lunge in ihrer ganzen Ausdehnung mit fest anhaftenden, aber abstreif baren Schwarten belegt; am Ober- und Mittellappen der üeberzug weisslich verdickt. Auf dem Durchschnitt ist das Gewebe wenig lufthaltig, etwas grau, auch im ünterlappen.

32. An der inneren Seite der linken Brustwand, grade auf der S. Rippe, 4 Finger von der Wirbelsäule nach aussen, sieht man eine Tren-

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nuug des Zusammenhanges in der Länge von 12, in der Breite von 5 Mm., von länglich ovaler Form, deren Längsdurchmesser der Axe der Rippe parallel ist, die Ränder sanft abfallend, von gelb- licher Farbe. Im Grunde sieht man den Knochen blossliegen. Zur genaueren Untersuchung wird diese und die 9. Rippe im Zusam- menhang herausgenommen, und es zeigt sich nunmehr, dass an der dem äusseren Heerde entsprechenden Stelle die innere Oberfläche der 8. Rippe in der Länge von 14, in einer Breite von 10 Mm. ganz entblösst und der Weichtheile beraubt ist. An dieser Stelle zeigen sich 2 kleine lineare EinkeiluQgen von Bleistücken, das grössere 3, das kleinere 1^ Mm. in der Länge, in der Knochen- rinde. Um den entblössten Theil der Rippe herum ist das Gewebe wallartig erhaben, verdickt und stark geröthet. Weiter nach vorn von dem Rande dieser Contiuuitätstrennuüg, und zwar an derselben Rippe, sieht man am Rippenfell eine dreieckige, graugelbliche Stelle, welche genau passt auf eine ähnliche dreieckige Stelle am Unterlappen der Lunge, unmittelbar hinter der, in No. 30 erwähn- ten, glatten Stelle und in der Richtung der in derselben Nummer unter a. und b. beschriebenen Veränderungen. Von den entblöss- ten Knochenstellen aus ist ein zusammenhängender Canal zu dem sub No. 11 erwähnten Hohlräume vorhanden.

33. Im vorderen seitlichen Umfange des linken Brustfellraumes zeigt sich innen in dem Intercostalraum zwischen der 4. und 5. Rippe, 3 Ctm. von der Knorpelinsertion entfernt, ein vertiefter, gegen den Verlauf der 3. Rippe quer gestellter Spalt von 7 Mm. Länge und etwas über 3 Mm. Breite, etwas schief von oben und innen nach unten und aussen verlaufend, über dem Rande der 5. Rippe endend und nach oben hin die Fascie trennend; der Grund ziemlich glatt, etwas schieferig, übrigens angelegt. Der Spalt ist scharfrandig, die Ränder ohne Verdickung und Röthung ; im Grunde bemerkt man mehrere kleine, eckige, in das Gewebe eingeschlossene, schwärzliche Bleistücke. Diese Stelle entspricht einer von Belägen freien, früher adhärent gewesenen Fläche des Lungenfells (No. 25).

34. Weiter nach unten, im Intercostalraum der 5. und '6. Rippe, und zwar ziemlich genau in der Mitte findet sich eine längliche, von ziemlich geraden Rändern begrenzte Spalte, die kaum 2 Mm. lang ist und deren Seitenränder dicht an einander liegen. Sie führt direct nach aussen in einen kleinen Canal durch die Muskeln. Ihre Lage entspricht der sub No. 13 geschilderten äusseren Ver- letzung, jedoch lässt sich keine offene Verbindung nachweisen.

35. Am Halse sind die Venen ziemlich stark mit dickflüssigem Blut gefüllt, Arterien und Nerven nicht verändert.

36. In der Speiseröhre gelbgraue Flüssigkeit mit zahlreichen Speise- resten, Schleimhaut sonst blass. Gaumen stark geröthet mit stark

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hervortretenden Venennetzen und leicht geschwollenen Zungenfol- likeln.

37. Im Kehlkopfe ein Paar ähnliche, gelbgrüne Speisereste. Nach unten etwas schäumige Flüssigkeit in der Luftröhre. Schleimhaut etwas dick, an der . Luftröhre ganz roth durch deutlich erkennbare Ge- fässnetze.

38. Die Aorta in ihren Wandungen nicht verändert, enthält im abstei- genden Theil nur wenig dickflüssiges Blut.

b) Bauchhöhle.

39. Die Milz am oberen Umfange verklebt, 12| Ctro. lang, 1\ Ctm. breit, 3,6 Ctm. dick, auf dem Durchschnitt derb, blass, die Pulpe mehr graiwoth und hügelig, nur an einer äusserlich von schmutzig- gelbweissen Häuten überkleideten Stelle in einer grösseren Ausdeh- nung blutreich und leicht verhärtet. Follikel klein und grau.

40. Linke Niere 12 Ctm. lang, 5 Ctm. breit, 3,2 Ctm. dick. Capsel trennt sich leicht, Oberfläche glatt, bräunlich -grauroth, mit schwacher Füllung der oberflächlichen Venen. Auf dem Durchschnitt ziemlich allgemeine schwachgraue Trübung der Rindensubstanz, welche bläu- lichi:oth erscheint. Die Knäuel auf dem Schnitt vorspringend, schwach geröthet.

41. Linke Nebenniere in den Rindensubstanz röthlich grau, mit sehr reichlicher, blutreicher Zwischenschicht.

42. Rechte Niere 11 Ctm. lang, 6 Ctm. breit, 3,2 Ctm. dick. Die Ober- fläche etwas dunkler geröthet, als auf der anderen Seite. Im Uebri- gen dieselben Verhältnisse, auch an der Nebenniere.

43. Harnblase stark zusammengezogen, enthält einen Esslöfi'el voll dun- kelgeJbbraunen Harns. Im üebrigen ist sie, wie die Prostata und die Samenbläseben, nicht verändert.

44. Hoden etwas bläulichroth, sowohl an der Oberfläche, als im Innern, durch zahlreiche venöse Gefässe; im üebrigen unverändert.

45. Magen ziemlich weit, gefüllt mit reichlichen Mengen grünlicher Flüssigkeit, in der zahlreiche Speisereste vorhanden sind. Schleim- haut blass, weisslich grau, ziemlich dick, mit etwas gerunzelten Stellen gegen den Pförtner hin.

46. Im Zwölffingerdarm viel gallige breiige Flüssigkeit. Beim Druck auf die Mündung des Gallenganges entleert sich ein galliger Tropfen, ebenso bei Druck auf die Gallenblase.

47. Die Leber 25 Ctm. breit, 22 Ctm. hoch, 8 Ctm. dick, äusserlich ganz bekleidet mit gelbweissen falschen Häuten. Auf dem Durchschnitt nur die grösseren Gefässe mit Blut gefüllt. Das Gewebe ziemlich gleichmässig braungrau, brüchig, etwas trübe. Grosse Acini, aussen gelblich, innen grauroth. Gallenblase wenig gefärbt. Galle grau- lichbraun mit gelben Flocken.

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48. Pancreas etwas schlaff, im hinteren Theile blutig getränkt.

49. In dem Gekröse die Lymphdrüsen etwas vergrössert, ihre Rinden- schichten weisslich. Gekröse selbst wenig fettreich.

50. Im Dünndarm eine grosse Menge eines breiigen, galligen, im untern Theil eines fäculenten und übelriechenden Inhaltes. Die Schleim- haut ist etwas dick, im Leerdarm nur an einigen Stellen roth getränkt, an den meisten Stellen nur wenige gefüllte venöse Gefässe.

Veränderungen der Drüsen finden sich bis auf eine ganz schwache Schwellung der solitären Follikel im unteren Krummdarm nicht.

51. Im Dickdarm weiche Kothmassen; Schleimhaut etwas dick, von dem anhaftenden Koth schwer zu reinigen, ohne Veränderung.

II. Kopfhöhle.

52. Die V^eichtheile werden vorschriftsmässig durchschnitten und zurück- geschlagen; sie zeigen nichts Abweichendes.

53. Der Schädel von länglichovaler Form, am hinteren Theil stark ge- röthet, am Stirnbein, dicht vor der Kranznaht, rechts von der Mitte, mit einer grubigen Vertiefung versehen.

Auf dem Durchschnitt wenig, aber rothe Diploe. Dickendurch- schnitt der Schädelknochen 4 Mm. Innere Fläche etwas unregel- mässig durch verschiedenartige Gruben in dem mittleren Theile des Stirnbeins und längs der Pfeilnaht, welche anscheinend durch Erhöhucgen der weichen Hirnhaut bedingt sind.

54. Die harte Hirnhaut durchscheinend, in dem medianen und vorderen Theil verdickt und gefässreicb. Der Längsblutleiter etwas weit, mit speckbäutigem Gerinnsel erfüllt. Innere Fläche der harten Haut beiderseits glatt, stellenweise mit einem gefüllten Gefässnetz durchzogen, ohne irgend einen fremdartigen Beschlag.

55. Die Oberfläche beider Grosshirnhalbkugeln symmetrisch gebildet. Die Windungen ziemlich gross. Venen sehr weit, stark mit dunklem Blut gefüllt : besonders am Hinterhaupt.

56. Weiche Haut überall durchscheinend, längs der grossen Mittel- spalte und unter dem Stirnbein mit grossen warzenförmigen Aus- wüchsen besetzt.

57. In den Seitenhirnhöhlen fast gar keine Flüssigkeit. Hinterhörner verschmolzen. Plexus und Gefässplatte dunkelroth.

58. Im Grosshirn nach Durchschnitt der Halbkugeln viel Feuchtigkeit und starke Füllung der venösen Gefässe, aus denen überall auf dem Durchschnitt grosse Blutstropfen treten. Graue Substanz mit stark röthlichem Schimmer.

59. In den grossen Ganglien die graue Substanz geröthet, das ganze Gewebe sej^r feuci^t. Vierhügel blass.

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60. Vierter Ventrikel leer. Das Kleinhirn mit gleichmässig gerötheter Rinde und Füllung der Venen der^ Marksubstanz.

61. An der Basis des Gehirns die Arterien von regelmässigem Verlauf, mit dunklem Blut gefüllt. An der weichen Haut nichts Abwei- chendes.

62. Brücke und verläugertes Mark mit leicht gerötheter grauer Substanz.

63. Am Schädelgrunde die Blutleiter mit dunklem dickflüssigem Blut gefüllt. Harte Haut zart, Knochen unverletzt.

Dieser Fall bietet viel Bemerkenswerthes dar. Abge- sehen davon, dass die ausgedehnte Peritonitis klinisch gar nicht in die Erscheinung getreten ist, man müsste denn die am dritten Krankheitstage bemerkten, später jedoch ganz zurückgetretenen Schmerzen in der Regio colica als solche betrachten, so ist der schnelle Eintritt des Todes offen- bar durch die Pericarditis und ihr Uebergreifen auf das Myocardium zu erklären. Ich habe vor langer Zeit einige Fälle von maligner Pericarditis besprochen (Mein Archiv 1858 Bd. XIII. S. 266), in welchen eine acute Fettmetamorphose der Muskulatur, und zwar eine von aussen nach innen fort- schreitende, von mir nachgewiesen wurde. Dieselbe sehr ge- fährliche Complikation habe ich seitdem mehrmals gesehen ; der vorliegende Fall bietet dafür ein neues, recht lehrreiches Beispiel.

Sowohl die Peritonitis, als die Pericarditis und die Pleuritis dextra haben unmittelbar mit dem Schusse nichts zu thun. Wahrscheinlich sind sie sämmtlich vermittelt wor- den durch die phlegmonöse Mediastinitis, welche hier ganz in der Form eines Erysipelas malignum erscheint. Indess auch diese Mediastinitis ist nicht wenig auffallend, da eine unmittelbare Verletzung des Mediastinum durch den Schuss nicht stattgehabt hat und da überdies der vordere Schuss- kanal nicht die mindesten schlechten Eigenschaften darbot, viehnehr in seiner ganzen Ausdehnung per primam inteutio- nem geschlossen war. Es bleibt also nichts übrig, als anzu- nehmen, dass alle diese Processe sich von dem hinteren, allerdings jauchenden, durch die Ausschneidung der Kugel perforirend gewordenen Abschnitte des Kanals aus fortgesetzt

haben, was wiederum deshalb sehr auffällig ist, als noch bei der Section die hintere Oeffnung keinen üblen Geruch zeigte.

Dass trotzdem von dieser Gegend aus infectiöse Stoffe sich verbreitet haben, dafür spricht das sehr schlechte und für eine Zeit von 12 Tagen immerhin ganz ungewöhnlich veränderte Aussehen der linken Lungenpleura. Sie war so verdickt, so trübe und gerunzelt, nach hinten hin mit wirk- lichen, hervorspriessenden Granulationen besetzt und in grossen Strecken fast trachomatös, wie man es nur bei sehr malignen Entzündungsformen antrifft. Die primär verklebten Theile der Pleura erschienen nach ihrer Abtrennung sowohl an der Lunge, als an der Costalwand so glatt und zart, dass sie gegenüber den vorher beschriebenen ganz normal aussahen.

Die Autopsie hat die Vermuthung, dass es sich um einen Bogenschuss handelte, der bei eingezogener Stellung des linken Brustkorbabschnittes von der Gegend der Warze her stets in den äusseren Weichtheilen fortgegangen und erst hinten an der 8. Rippe aufgehalten sei, nicht bestätigt. Freilich schien es Anfangs, als ob die bis zur Achselhöhle reichenden blutigen Infiltrationen (No. 9.) der Schussrich- tung entsprächen. Allein die weitere Untersuchung lehrte, dass der Schusskanal eine gerade entgegengesetzte Richtung hatte und dass die Infiltrationen nur eine in der Richtung der Lymphströmung fortschreitende Erfüllung des losen Bindegewebes mit Blut darstellten. Selbst die Axillar- drüsen w^aren von solchepi Blut durchdrungen, zum deut- lichen Beweise, dass es sich hier um ein Resorptionsphä- nomen handelt. Ich mache darauf besonders aufmerksam, da meines Wissens in der gerichtlichen Medicin auf diese sehr wichtige, und wegen der leicht möglichen falschen Deutung oft irreführende Verbreitungsform der Blutinfiltra- tionen während des Lebens nicht gebührend aufmerksam ge- macht ist.

Der Schuss ist dicht oberhalb der linken Brustwarze in einer schief nach aussen, unten und hinten gerichteten

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Linie eingedrungen, hat die Rippenwand zunächst im 4. Inter- costalraum verlassen, ist hier in den ßrustfellraum einge- treten, hat aber die Lunge nur an einer kleinen Stelle, nämlich an der dem Spalte zwischen Ober- und Unterlappen zugewendeten Fläche des linken ünterlappens, gestreift, ist dann über die innere Fläche der 8. Rippe, 4 Finger breit vor der Wirbelsäule, hinweggegangen und hat dicht daneben den 8. Intercostalraum durchbrochen. Hier ist sie in den äusseren Weichtheilen unter der Haut des Rückens liegen geblieben und frühzeitig ausgeschnitten worden.

Sonderbarerweise fanden sich am Ende des eingehenden Schusskanals, da, wo derselbe schräg über den oberen Rand der 5. Rippe hinweggeht, mehrere kleine Bleistücke, die offenbar von der Kugel herstammen, in die Weichtheile ein- geheilt. Auf den ersten Blick könnte man sie mit den an dem hinteren Umfange des Brustkorbes, an der durch die Kugel entblössten Rippenstelle, in die Knochenrinde einge- keilten Bleistücken parallelisiren. Indess bei einer genaueren Erwägung trifft diese Vergleichung nicht zu. Die letzteren sind offenbar erst bei dem Anprallen der Kugel an die Rippe abgesplittert, und sie entsprechen wahrscheinlich den kleinen Schrammen, welche die stark abgeplattete Spitzkugel auf ihrer glatten Compressionsfläche zeigt. Die ersteren dagegen, die, welche in der vorderen Wunde eingeheilt sind, können nicht durch die Rippe abgesplittert sein, da der Rand der letzteren, obwohl sehr nahe liegend, nicht berührt worden ist. Sie müssen also schon vorher, vielleicht in dem Laufe des gezogenen Revolvers abgestreift und durch die Explosion mit in die Wunde hineingetrieben worden sein.

Das forensische Gutachten in diesem Falle würde lauten :

1) dass der Tod erfolgt ist durch eine Reihe heftiger Entzündungen in der Brust- und Bauchhöhle, beson- ders durch eine Herzentzündung;

2) dass diese Entzündungen die Folge waren von einer Schussverletzung der Brust;

3) dass nichts der Annahme entgegensteht, dass Dena- tus selbst sich diese Schussverletzung zugefügt hat.

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IV. Fall.

Todtgebornes Zwillingskind aus der Mitte des 10. Monats. Zeichen der Unreife. Entzündliches Oedem (Erysipelas) des Scrotum, des Rachens und des Gehirns. Beginnende weisse Hepatisation der Lungen.

Der Fall hat ein besonderes Interesse dadurch, dass das andere Zwil- lingskind lebt und gedeiht, und dass die Mutter weder nachweislich an Syphilis, noch an einer Puerperalkrankheit leidet.

Obduction (Dauer 1| Stunden): 13. December 1875.

A. Aeussere Besichtigung.

1. Der Leichnam des neugebomen männlichen Kindes ist 46 Ctm. lang, 2120 Grm. schwer, im Allgemeinen regelmässig gebildet, jedoch mit etwas kurzen Extremitäten. Das Unterhautfett von massiger Dicke; die Muskulatur eher etwas mager. Unterschenkel etwas krumm.

2. An dem fast 1^ Ctm. vorstehenden Nabel sitzt ein 10 5 Ctm. lan- ger, durchschnittlich IV Ctm. dicker, am Ende durch eine glatte Fläche begrenzter und regelmässig unterbundener Rest des Nabel- stranges von gerundeter, praller, gallertiger, nirgends eingetrockneter Beschaffenheit.

3. Die Farbe des Körpers ist im Ganzen blass, auch am Bauch, mehr gelblich am Kopf, von einem verwaschenen blassen Roth am Rücken und von einem ebenfalls verwaschenen, aber dunkleren Roth an der rechten Seite des Kopfes und Gesichts. Jedoch sind die gedrückten Theile auch in den letzteren Gegenden, so namentlich das rechte äussere Ohr, vollkommen blass. Bei stärkerem Druck mit dem Daumen lässt sich der grössere Theil der erwähnten Röthe weg- drücken; beim Einsebneiden sieht man bis in die Tiefe die venösen Gefässnetze voller Blut, und es entleert sich aus den Durchschnittten derselben eine geringe Menge flüssigen Blutes.

4. An einzelnen Stellen des Rumpfes, namentlich aber an den Leisten- gegenden, ist die Haut mit weissem, käsigem Ueberzug bedeckt.

5. An den oberen Extremitäten und am Unterkiefer deutliche Todten- starre; die übrigen Theile etwas beweglich.

6. Der Kopf ist von länglicher Form mit etwas schmalem Hinterkopf, im geraden Durchmesser lU Ctm., im Querdurchmesser 9^ Ctm, im schrägen Durchmesser 11 Ctm. lang, mit kui'zen, bis 2 Ctm. langen, schwarzbraunen Haaren ziemlich reichlich besetzt, die sich ziemlich weit über die Stirn und in das Gesicht erstrecken. Die Kopf- knochen leicht beweglich, etwas übereinander verschoben, nament-

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lieh das rechte Scheitelbein über das linke hervortretend. Sowohl die vordere, als die hintere Fontanelle klein, erstere 2 Ctm. breit, 3^ Ctm. lang, letztere 1 Ctm. breit und ebenso lang.

7. Die Augenlider geschlossen. Augäpfel prall, Hornhäute sehr wenig getrübt, Pupille weit und vollständig offen; keine Spur von Pu- pillarmembran.

8. Die Nasenknorpel fest, Nasenöffnungen frei.

9. Mund geschlossen, Oberlippe stark vortretend, beide Lippen leicht geröthet. Zunge hinter den Kiefern, blassröthlich. Keine fremden Körper im Munde.

10. Ohren gross, Knorpel wenig fest. OefFnungen frei.

11. Hals beweglich, jedoch innerhalb der gewöhnlichen Grenzen; im üebrigen ohne Abweichung der äusseren Erscheinung.

12. Brustkorb ziemlich gewölbt. Unterer Brustumfang 27 Ctm., Schulter- breite 13 Ctm.

13. Bauch flach. Entfernung der vorderen Darmbeinstachel 65 Ctm., grösste Entfernung der Darmbeinkämme 7| Ctm.

14. Aeussere Geschlechtstheile regelmässig gebildet, die Hoden beider- seits herabgestiegen. Der Hodensack blass, geschwollen, durch- scheinend, zeigt beim Einschneiden eine stark gelbe, wässrige Durchtränkung der Unterhaut, aus welcher sich reichlich Flüssigkeit ausdrücken lässt.

15. After geschlossen, ohne fremde Körper.

16. Die Nägel an den Fingern und Zehen etwas weich, an den ersteren die Spitzen erreichend, an den letzteren nicht.

17. Am Knieende des rechten Oberschenkels wird durch allmähliches Abtragen der Knorpelschichten der Nachweis geführt, dass ein Knochenkern nicht vorhanden ist. Derselbe Mang^el zeigt sich links bei einem senkrechten Durchschnitt, bei dem auf der Grenze von Knorpel und Knochen eine schwache, leicht gelbliche Schicht sicht- bar wird.

18. Auch die Knieenden der Unterschenkelknochen, die Köpfe der Oberschenkel- und Oberarmknochen werden eingeschnitten, jedoch zeigen sie an der Verknöcherungsgrenze nichts Abweichendes. Die Epiphysenkerne sind nirgends gebildet.

19. Keine Spur von Verletzung am Körper.

B. Innere Besichtigung.

I. Brust- und Bauchhöhle.

20. Durch einen Schnitt vom Kinn bis zur Schambeinfuge links vom Nabel werden die Hautdecken gespalten und die Bauchhöhle er- öffnet. Stand des Zwerchfelles dem unteren Rande der 4. Rippe entsprechend.

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21. Nabelvene und Nabelarterien fast ganz leer, lassen beim Durch- schnitt nur je einen Tropfen dickflüssigen Bluts hervortreten.

22. Die Leber füllt die ganze Oberbauchgegend, so dass vom Magen Michts zu sehen ist. Vom Dickdarm, der durch Kindspech aus- gedehnt und grün erscheint, sieht man den grösseren Theil des queren Stückes, den Blinddarm und eine Schlinge der S förmigen Biegung vorliegend, jedoch an ihrem regelmässigen Platze. Den Raum zwischen den beiden letzteren füllt die stark ausgedehnte Harnblase. Die Dünndärme nehmen in zahlreichen Schlingen den übrigen Raum ein; sie sind durch gegenseitigen Dmck etwas ab- geplattet, scheinbar leer, von rosig grauweisser Farbe; nur an dem fettarmen Netz und am Gekröse siud einige venöse Gefässe gefüllt. Erst beim Zurücklegen der Leber sieht man den ganz zusammen- gezogenen und blassen Magen.

23. Kein fremder Inhalt in der Bauchhöhle.

a) Brusthöhle.

24. Nach vorschriftsmässiger Unterbindung der Luftröhre und Entfer- nung des noch fast ganz knorpligen Brustbeins mit den Rippen- knorpeln, zeigen sich die Organe der Brusthöhle in regelmässiger Lage, der obere Theil des Mittelfellraumes von der sehr grossen inneren Brustdrüse eingenommen, die linke Lunge hinter den Herzbeutel zurückgewichen, so jedoch, dass sich ein fast Klein- finger-breiter Zwischenraum zwischen Brustwand und Herzbeutel befindet; die rechte Lunge bedecit den seitlichen Theil der Brust- drüse und des Herzbeutels und fast den ganzen rechten Theil des Zwerchfells.

25. Die vorliegenden Theile beider Lungen haben ein blassgraurothes, sehr deutlich lappiges Aussehen, welches durch die dunkle Füllung grösserer oberflächlicher Gefässe noch mehr hervortritt und an man- chen Stellen fast in ein gelbliches Roth übergeht. Die Consistenz dieser Theile ist schlaff, für das Gefühl nirgends knisternd.

26. Beide BrUvStfellsäcke sijid leer, ihre Oberfläche feucht. Am Zwerch- fell, besonders links, sieht man kleine, dunkelrothe, fleckige Blut- einsprengungen.

27. Im Herzbeutel etwa ein halber Theelöffel voll einer stark bräun- lichgelben, aber klaren Flüssigkeit. Die innere Oberfläche des Herz- beutels selbst blass und glatt. Das Herz ein wenig grösser, als die geballte Faust des Kindes, starr, die Oberfläche wenig gewölbt, die Farbe blass, die venösen Gefässe der Oberfläche bis gegen ihre Wurzeln hin mit Blut gefüllt Beide Herzohren und Vorhöfe blau- roth, massig gefüllt.

28. Beim Einschneiden findet sich rechts im Vorhof nur flüssiges Blut, kaum ein Theelöffel voll. Auch in der rechten Herzkammer ist

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nur flüssiges Blut, in noch geringerer Menge. Links ist die Kam- mer fast leer, in der Vorkammer etwa ein halber Theelöifel flüssi- gen Blutes.

29. Das Herz wird nun herausgeschnitten und weiter eröffnet Sämmt- liche Klappen sind regelmässig gebildet, schwach röthlich gefärbt (Imbibition). Das eirunde Loch noch weit offen. Das Muskelfleisch ganz blass, mehr grauroth.

30. Aus den grossen Gefässen der Brust sammelt sich kaum ein Thee- löffel voll dunklen flüssigen Blutes.

3L Die innere Brustdrüse wiid jetzt vorsichtig herausgeschnitten. Sie ist 4-5f Ctm. breit, 4 Ctm. hoch und 9 Mm. dick, von grauweiss- licher, leicht markig aussehender Färbung und ebensolchem Aus- sehen auf dem Durchschnitt.

32. Die Venen am Halse sind bis zur Rundung mit dunklem, flüssigem Blut gefüllt. Auch die Schlagadern enthalten etwas derartiges Blut. Die grossen Nerven sind blass und dem Ansehen nach un- verändert.

33. Es wird vorschriftsmässig die Zunge mit den Halsorganen von unten her ausgetrennt. Es ergiebt sich, dass auch der hintere Theil der Mundhöhle ganz frei von fremdem Inhalt ist. Dagegen zeigt sich eine starke Schwellung des Zäpfchens und des weichen Gaumens, welche blass aufgequollen und gallertartig aussehen, und beim Einschneiden eine gelbliche Flüssigkeit entleeren.

34. Weniger, jedoch auf gleiche Weise geschwollen und durch eine wässerige Flüssigkeit verdickt ist die Schleimhaut am Kehldeckel und am Eingang zum Kehlkopf, in geringerem Grade die Schleim- haut des Rachens, welche in allen ihren Theilen durch oberfläch- liche feine Gefässnetze leicht geröthet ist.

35. Im oberen Theil der Speiseröhre etwas gelbliche Flüssigkeit, ganz blasse Schleimhaut.

36. Kehldeckel von den Seiten her zusammengefaltet, Kehlspalte sehr eng, Kehlkopf und Luftröhre leer, Schleimhaut zart und dünn; an den weicheren Stellen mit deutlich erkennbaren, oberflächlichen Gefässnetzen.

37. Nach Durchschneidung der Luftröhre oberhalb der Ligatur werden die noch übrigen Brusteingeweide im Zusammenhang herausge- schnitten und in ein Gefäss mit Wasser gethan. Dieselben gehen darin unter.

38. Die äussere Oberfläche der Lungen erscheint nach hinten von gleich- massiger, mehr bläulich graurother Farbe, jedoch ohne erheblichen Blutreichthum der oberflächlichen Gefässe. Auch ist die Oberfläche dieser hinteren Theile, namentlich auf der linken Seite, in grösserer Ausdehnung ganz glatt. Bei genauerei Betrachtung sieht man

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nirgends Luftbläschen, dagegen in vielen Läppchen kleine, weiss- lichgraue, traubige Zeichnungen.

39. Auch die einzelnen Lungenflügel sinken im Wasser, ebenso die einzelnen Lungenlappen und die einzelnen abgeschnittenen Lun- gentheilchen, selbst von den am meisten hellgefärbten Abschnitten der vorderen Ränder.

40. Der untere Theil der Luftröhre und ihre Verzweigungen sind leer, aber stark geröthet.

41. Einschnitte in das Lungengewebe zeigen ein graurothes, sehr feuch- tes, glattes Gewebe, in welchem kleinere festere, traubige, ver- waschene, den inneren Theilen der Läppchen entsprechende, w^eiss- lich graue Stellen erscheinen. Nirgends knistert das Gewebe, auch entleeren sich bei seitlichem Druck auf die Schnittflächen nirgends Schaum oder einzelne Luftblasen, sondern in geringer Menge nur klare Flüssigkeit und einzelne Blutstropfen. Auch unter Wasser eingeschnitten, lässt das Gewebe keine Luftblasen austreten. Die Lungen werden Behufs einer mikroskopischen Untersuchung zurück- gelegt.

42. Der untere Theil der Speiseröhre ist leer und blass.

43. Die Aorta enthält etwas flüssiges Blut. Ihre innere Wand ist etwas geröthet. Die Gefässursprünge im Brusttheil unregelmässig.

44. Der Botallische Gang weit ofi'en (12 Mm. Umfang) und an der vor- deren Wand mit einer länglichen, platten, schwärzlich graurothen Hervorragung versehen, die sich auf dem Durchschnitt als eine Ein- lagerung von geronnenem Blut in die Wand ergiebt.

b) Bauchhöhle.

45. Die Milz 4,1 Ctm. lang, 2,2 Ctm. in der grössten Breite, 8 Mm. in der grössten Dicke; am oberen Ende eingefaltet und umgeschla- gen, dunkelbraunroth, schlaff. Auf dem Durchschnitt kleine Fol- likel; brüchige, reichliche, braunrothe Pulpe.

46. Die linke Nebenniere 25 Mm. hoch, 32 Mm. breit, auf dem Durch- schnitt sehr blutreich, säst ganz braunroth, die einzelnen Substanzen schwer zu unterscheiden, in der Rinde fast gar kein Fett.

47. Die linke Niere 50 Mm. lang, 20 Mm. breit, 18 Mm. dick. Capsel leicht zu trennen, Oberfläche mit tiefen Abtheilungen, im Uebrigen glatt, blass, mit einem schwach bräunlich-rothen Schimmer. Auf dem Durchschnitt zeigt die Rindensubstanz die gleiche Farbe; die Marksubstanz ist zum grossen Theil grauroth, ohne Trübung oder Einlagerung, nur in den äusseren Abschnitten stärker geröthet Im Nierenbecken und Harnleiter wenig Harn.

48. Auf der rechten Seite zeigen Nebenniere, Niere und Harnleiter fast dieselbe BeschafPenheit.

Virchow, Sections-Technik. 2. Aufl. g

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49. In der Harnblase eine ganz klare Flüssigkeit; die Schleimhaut blass.

50. Die Hoden beiderseits im Hodensack, von gewöhnlicher Grosse und etwas bläulich-rosigem Aussehen.

51. Es wird nunmehr der Zwölffingerdarm in seiner vorderen Fläche geöffnet. Es zeigt sich, dass derselbe gefüllt ist mit einem weich- breiigen, weisslichen, ganz schwach in^s Gelbliche neigenden Inhalt. Die Schleimhaut selbst ist schwach geröthet. Die Papille des Gallen- gangs tritt deutlich hervor, ist geöffnet, und lässt beim Druck auf die Gallenblase leicht einen Tropfen wässeriger Galle aus- treten.

52. Im Magen ist ein ganz dünner glasiger Belag der Wand; die Schleimhaut in starke Längsfalten gelegt und auf denselben fleckig geröthet. An diesen Flecken erkennt man stellenweise feine Ge- fässnetze; stellenweise erscheint die Farbe ganz gleichmässig dun- kelroth.

53. Bauchspeicheldrüse ziemlich derb, in ihrem vorderen Theile blass, im hinteren leicht geröthet.

54. Leber 10 Ctm. breit, 58 Mm. hoch, 22 Mm. dick, ziemlich gleich- mässig geröthet, an je einer Stelle der vorderen Fläche des rechten und des linken Lappens mit einer flachen, unter der Capsel gele- genen Austretuug von flüssigem Blut besetzt. Das Gewebe schlaff, auf dem Durchschnitt von gleichmässig graurothem Aussehen, nach dem Ausdrücken des Blutes, das ziemlich reichlich fliesst, gleich- mässig grau. Die Läppchen nicht deutlich erkennbar. An der Pforte äusserlich ein kleiner, hanfkorngrosser, weisslicher, fester Körper, der dem Ueberzuge der Leber fest anhaftet.

55. Das Gekröse sehr dicht besetzt mit etwas vergrösserten, weisslich aussehenden Lymphdrüsen.

56. Im Dünndarm findet sich ein flockig breiiger, schwach gelblich- weisser, epithelialer Inhalt. Der Krummdarm ist fast ganz zusam- mengezogen und enthält eine braungelbe, schwach nach Kindspech aussehende Masse, die näher an der Klappe reichlicher wird. Der Dickdarm ist ganz vollgestopft mit Kindspech. Die Schleimhaut ist überall ziemlich dick, schwach geröthet, nur an den mit Kinds- pech erfüllten Theilen grünlich, übrigens unverändert

57. Die grossen Gefässe an der Wirbelsäule fast ganz leer.

II. Kopfhöhle.

58. Nachdem die bedeckenden Weichtheile vorschriftsraässig durch- schnitten und abgezogen sind, zeigt sich überall eine gelbliche Durchtränkung derselben, die bis auf die Beinhaut reicht. Auf der rechten Seite, namentlich nach hinten zu, findet sich ausser-

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dem eine verwaschene, rothe Durclitränkung aller Theile bis auf die Beinhaut. Die Hautvenen sind bis zu ihren kleineren Aesten gefüllt. In der Kopfschwarte liegen hier und da dichtere rotbe Flecke von Flohstich- bis Linseugrösse, die eingeschnitten eine gleich massige Durchsetzung des Gewebes mit Blut ergeben.

59. Es wird nunmehr der Schädel durchsägt, die harte Hirnhaut so- fort durchschnitten und das Gehirn, welches sehr weich ist, heraus- geQommen. Dabei zeigt sich ein Theelötfel voll klarer Flüssigkeit am Schädelgrunde, an dem sonst nichts Abweichendes bemerkt wird.

60. Die Schädelknochen sind verhältnissmässig dünn, beweglich.

61. Die innere Fläche der harten Hirnhaut zeigt in der Gegend der Kranznaht einige ganz kleine rothe Blutflecke in dem Gewebe. Der lange Blutleiter enthält nur flüssiges Blut.

62. Das Gehirn selbst ist regelmässig gebildet. Die weiche Haut ist zart und überall von sehr reichlichen venösen Netzen durchzogen.

63. Nach der Durchschneidung der Halbkugeln zeigt sich beiderseits in den Seitenhöhlen eine geringe Quantität von Flüssigkeit; die innere Auskleidung dieser Höhlen etwas fester, die Venen an ihrer Oberfläche mit Blut gefüllt, ebenso in der oberen Gefässplatte und den Adergeflechten.

64. Der Durchschnitt der Grosshirnhalbkugeln ergiebt ein auffallend blasses Gewebe von eigeüthümlich gelblich-weisser Färbung, an dem man kaum einen Unterschied von Mark- und Rindensubstanz erkennt, höchstens dass die Rinde noch blasser und weisser er- scheint, als die Marksubstanz. Letztere ist durchweg feucht glän- zend, von gallertartigem Aussehen. Diese Theile werden zu einer mikroskopischen Untersuchung zurückgelegt.

65. Auch die Seh- und Streifeuhügel, wie die Vierhügel, sind ganz blass- gelblich und von Feuchtigkeit durchdrungen.

66. Dasselbe gilt vom Kleinhirn, an dem nur der gezähnelte Kern einige mit Blut gefüllte Venen zeigt. Die vierte Höhle ist leer.

67. An der Grundfläche des Gehirns ist eine sehr starke Füllung der Venen der weichen Haut, namentlich an der Sylvischen Spalte.

68. Die Brücke ist von etwas derberer Consistenz, auf dem Durchschnitt blass.

69. Das verlängerte Mark recht derb, jedoch ebenfalls von grosser Blässe.

70. Verletzungen der Knochen am Schädelgrund sind nicht vorhanden.

Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt sich

a) au den Lungen, dass die Enden der Bronchiolen, die Trichter (infundibula) und die w^andständigen Lungenbläschen (Alveolen) ganz gefüllt sind mit dichten Anhäufungen epithelialer Zellen,

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von denen ein Theil mit feinen, glänzenden Körnchen (Myelin) gefüllt ist, b) am Gehirn, dass die weisse Substanz zerstreute, sehr stark licht- brechende Körnchenkugeln. die graue Substanz zahlreiche, blass- graue Kernzellen enthält.

Dieser Fall bietet eine Reihe höchst sonderbarer Er- scheinungen dar. In erster Linie steht diejenige Gruppe, welche sich schon bei der ersten Betrachtung als zusammen- gehörig erwies: das Oedem des Scrotum, das Oedem der Uvula, des weichen Gaumens, des Rachens und der oberen Kehlkopftheile, sowie das Oedem des Gehirns. An allen diesen Stellen fand sich eine reichliche, ausdrückbare, klare, aber gelbliche Flüssigkeit, am Gehirn weniger deutlich ge- färbt, dagegen am Scrotum und der Uvula ungewöhnlich deutlich. Niemand wird an der acuten Natur dieser Zu- stände zweifeln. Aber wie sind sie aufzufassen? Gegen ihre Deutung als Stauungs-Wassersucht spricht auf das Bestimm- teste der Mangel venöser Hyperämie an den befallenen Thei- leu. Von allgemeinem Hydrops kann in einer Weise die Rede sein. Betrachtet man die Zustände am Gaumen, Rachen und Kehlkopf für sich, so würde Niemand Bedenken tragen, dieselben unter dem Namen eines Oedema pharyngeo- laryngeum acutum zusammenzufassen. Dieses Oedem gehört aber zu der Klasse der sogenannten activen; es ist in der Regel nichts anderes, als ein Erysipelas. Schon in meiner speciellen Pathologie und Therapie (Erlangen 1854, I. S. 209, 217) habe ich die Stellung dieser Formen des Oedems genauer erörtert, und ich kann nur sagen, dass meine Erfahrungen seit jener Zeit in noch weit umfangrei- cherer Weise mich von ihrer Verwandtschaft, ja ihrer Iden- tität mit dem Erysipelas überzeugt haben. Gerade bei Neu- gebornen habe ich wiederholt, auch klinisch, nach einem primären Oedem des Scrotums acutes Oedem des Rachens und des Kehlkopfs, selbst in der Form des Oedema phleg- monodes, sich entwickeln sehen. Es sind dies Theilglieder jener Affektion, welche, wenn sie in grösserer Verbreitung auftritt, gelegentlich die Erscheinung des sogenannten Scle-

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rema oder der Induratio telae cellulosae darbietet (vgl. meine Gesammelten Abhandlungen S. 112 und 701).

Dass im vorliegenden Falle in der That viel allge- meinere Störungen verwandter Art vorlagen, dafür spre- chen zwei Erscheinungen. Die eine ist die eigenthüm- liche, schon bei der äusseren Betrachtung andeutungsweise bemerkte Infiltration der Weichtheile des Kopfes mit einer tiefgelblichen Flüssigkeit; die andere finde ich in der eigen- thümlichen, fast bräunlichen Färbung des Liquor pericardii. Dass diese Erscheinungen nicht etwa einen cadaverösen Cha- rakter hatten, das beweist der Mangel ausgesprochen fau- liger Erscheinungen an dem Körper.

Sehr ungewöhnlich und sehr bemerkenswerth ist aber das Oedem des Gehirns, welches sich mit allgemeiner Blässe desselben und mit starker Fettmetamorphose der Neuroglia- Zellen der Marksubstanz verband. Ich trage kein Bedenken, es derselben Gruppe zuzuschreiben, und es als acutes Oedem oder auch als Erysipelas cerebri zu bezeichnen.

Wäre die Mutter von Puerperalfieber heimgesucht ge- wesen, so würde die weitere Deutung weniger Schwierigkeit machen. Aber nicht nur war die Mutter ganz gesund, son- dern auch das andere Zwillingskind zeigte nichts Aehnliches. Dazu kommt, dass wir es mit einer congenitalen Affektion, die sich schon im Mutterleibe entwickelt haben muss, zu thun haben. Sowohl die Fettmetamorphose der weissen Hirn- substanz, als namentlich die beginnende weisse Hepatisation der Lungen finden sich, wie ich früher nachgewiesen habe (mein Archiv 1867, Bd. XXXVIII. S. 135. 1868, Bd. XLIV. S, 472. Geschwulst^ IL S. 469), besonders häufig bei Sy- philitischen. Aber ich habe schon angeführt, dass die Mutter keine Spur von Syphilis zeigte, und wenn auch dies nicht ausschliessen würde, dass der Vater syphilitisch war, so haben wir doch keine weiteren Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Auch habe ich schon früher erwähnt, dass beide Zustände bei Neugebornen vorkommen, bei denen Sy- philis in keiner Weise nachzuweisen ist. Der Fall lässt sich also ätiologisch nicht weiter verfolgen. Er mag vor-

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läufig als ein seltenes Beispiel eines sowohl äusseren, als visceralen Erysipelas congenitum verzeichnet werdei.

Forensisch hat er nicht nur ein grosses Interesse dadurch, dass wir bei einem sonst lebensfähigen Neugebornen den Tod durch so latente Erkrankungen erfolgt sehen, sondern auch dadurch, dass ein Kind im 10. Schwaagerschaftsmonate so auffällige Zeichen der Unreife darbot. Nicht nur, dass die Nägel wenig ausgebildet, die Ohrknorpel sehr schwach und be- weglich waren, sondern es fehlte auch jede Spur eines Knochenkerns in der unteren Epiphyse des Ober- schenkels. Ueber dieses Fehlen haben wir freilich schon andere Beobachtungen; ich verweise namentlich auf die Dis- sertation von Gr. Hartmann (Beiträge zur Osteologie der Neugebornen, Tübingen 1869, S. 18). Indess bleibt ein so vollständiger Ossifikationsdefekt an den Extremitäten (und dem Brustbein) bei wohl fortgeschrittener Ossifikation der Schädelknochen immerhin lehrreich.

Für die Bedeutung der mikroskopischen Untersuchung in forensischen Fragen bietet der Fall gleichfalls gute An- haltspunkte, sowohl in Bezug auf das Gehirn, als in Bezug auf die Lungen. Letztere sahen in Folge der Epithelwuche- rung in den Infundibula und Alveolen so hellroth aus, dass ich selbst zuerst glaubte, das Kind habe geathmet. Erst eine sehr genaue Betrachtung machte mich auf die vorhan- dene Verstopfung der Lufträume aufmerksam, welche dann die mikroskopische Untersuchung bestätigte.

Das forensische Gutachten in diesem Falle hätte lauten müssen:

1) das Kind war ein neugebornes,

2) es lässt sich nach dem Obductionsbefunde nicht mit Sicherheit bestimmen, ob es ausgetragen war,

3) es hat während und nach der Geburt nicht ge- athmet,

4) es war ausserhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig und ist gestorben in Folge einer schon im Mutter-

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leibe vorhandenen Krankheit, durch welche die Lun- gen, der Kehlkopf und das Gehirn betroffen wurden. 5) Zeichen äusserer Gewalteinwirkung sind nicht auf- gefunden worden.

Ich schliesse damit diese casuistischen Mittheilungen, obwohl ich dieselben leicht erweitern könnte. Als metho- dologische Andeutung werden sie genügen.

In Bezug auf einen Punkt der Sektion stechnik möchte ich jedoch noch ein paar Worte hinzufügen, nämlich in Bezug auf die Eröffnung der Brusthöhle. Wie ich sehe, finden nicht wenige junge Aerzte, wie die Mehrzahl der Studirenden, hier zuweilen grosse Schwierigkeiten, weil sie sich die anatomischen Verhältnisse nicht ganz klar machen.

Die Brustwand soll eröffnet werden in der Art, dass die verschiedenen Knorpel an der am weitesten vom Brust- bein entfernten Stelle durchschnitten werden. Natürlich gilt diese Bestimmung nur von solchen Knorpeln, die nicht ver- knöchert sind.

Ist eine auch nur theilweise Verknöcherung eingetreten, so muss man überhaupt nicht mehr mit dem Messer schnei- den, sondern mit der Knochenscheere, und dann ist es zu empfehlen, lieber gleich noch etwas weiter nach aussen bis in die knöchernen Rippen zu gehen, um sich einen recht breiten Zugang zu den Brustein ge weiden zu verschaffen. Ich bemerke dabei, dass das Sternoclaviculargelenk überhaupt nicht ossificirt, es müsste denn ein ganz schwerer Krankheitsprocess vorhergegangen sein. Dieses Gelenk ist also stets zu schneiden, und- zwar, da es eine halbmond- förmige Gestalt hat und seine Gelenkflächen durch einen Zwischenknorpel getrennt sind (vgl. Fig. 4), durch stehende Züge, welche in einer halbmondförmigen Curve um das ster- nale Ende des Schlüsselbeins herumgeführt werden.

Der Knorpel der ersten Rippe dagegen ossificirt sehr häufig, auch in Fällen, wo die anderen Rippenknorpel frei

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bleiben. In der Regel handelt es sich dabei, wie auch bei den andern Rippenknorpeln, nm eine supracartilaginäre, d. h. perichondrische Ossification von grosser Härte, an der man sich die Messer regelmässig verdirbt.

Ist keine Ossification vorhanden, so durchschneidet man zunächst bei horizontaler Haltung des Messers (um nicht mit der Spitze in die Brust tiefer einzu- dringen) die Rippenknorpel jederseits in der Nähe ihrer Insertion an den knöchernen Rippen. Hier kommt es we- sentlich darauf an, so viel Oeffnung als möglich im Brust- korbe herzustellen. Die Schnittlinie beschreibt da- her jederseits eine Curve, deren Convexität ge- gen das Brustbein hin gerichtet ist, und deren unterer Schenkel ganz weit nach aussen an den Insertionsstellen der Knorpel der letzten falschen Rippen ausläuft. Ein Blick auf die Abbildung 4 unserer Tafel wird leicht erkennen lassen, dass von der zweiten Rippe abwärts die Insertionsstelle jeder folgenden Rippe etwas weiter nach aussen liegt. Folgt man diesen Stellen, so ge- winnt man eine weite, nach unten stärker klaifende Oeffnung im Brustkorbe, wenn man nachher Brustbein und Rippen- knorpel ablöst.

Aber die erste Rippe macht eine Ausnahme. Wollte man den eben beschriebenen Schnitt auch gegen die erste Rippe fortsetzen, so würde man gewöhnlich schon gegen das knöcherne Manubrium sterni stossen, welches sich hier weit nach den Seiten verbreitert. Der Knorpel der ersten Rippe reicht dem entsprechend auch viel weiter nach aussen, als der Knorpel der zweiten Rippe, und der Schnitt, durch welchen man ihn trennen will, muss um 1 2 Ctm. weiter nach aussen geführt weMen, als der Schnitt durch den zweiten Rippenknorpel. Am besten führt man ihn so, dass man das Messer, mit der Schneide nach vorn und oben, unter den Knorpel der ersten Rippe von unten her einschiebt und dann vorsichtig nach oben und vorn durchdrückt. So vermeidet man am besten die Verletzung der gerade hier sehr nahe herantretenden Gefässe. Selbst in Fällen, wo

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die perichondriale Ossification schon weit fortgeschritten ist, findet man auf diese Weise nicht selten noch einen freien Weg durch die knöchernen Umhülkingsschichten.

Niemals lässt sich also Sternoclaviculargelenk , erster und zweiter Rippenknorpel durch einen einzigen, geraden Schnitt trennen. Vielmehr muss bei richtiger Messerführung jeder dieser Theile auf eine andere Weise und durch einen besonderen Schnitt getrennt werden. Die Abbildung 4, welche übrigens auf der rechten Seite an der zweiten Rippe eine unvollständige Duplicität des Knorpels zeigt, wird bei genauerer Betrachtung das anatomische Verhältniss leicht erläutern, und jeder, der sich damit vertraut macht, wird sich selbst ohne Schwierigkeit die Linie construiren können, in welcher er zu schneiden hat.

Regulativ

für das

Verfahren der fierichtsarÄte bei den gerichtlichen Untersuchungen menschlicher Leichen.

1. Allgemeine Bestimmungen.

§. 1.

P

Die obdu- l'ie gerichtliche Untersuchung einer menschlichen Leiche (Obduction) darf cireiiden j^g^^,^ ^jgjj bestehenden Gesetzen nur von zwei Aerzten, in der Regel einem deren Pfiich- l^^Y^i^us (Gerichtsarzt) und einem Gerichts- (Kreis-) Wundarzt, im Beisein ten. des Richters vorgenommen werden.

Die Obducenten haben die Pflichten gerichtlicher Sachverständiger. Wenn über die technische Ausführung der Obduction Zweifel ent- stehen, so entscheidet der Physikus oder dessen Vertreter, vorbehaltlich der Befugniss des anderen Arztes, seine abweichende Ansicht zu Protokoll zu geben.

§• 2. Steiivertre- Der Physikus (Gerichtsarzt) und der Gerichts- (Kreis-) Wundarzt sind

tung. j^^j. jjj ^jgjj gesetzlichen Behinderungsfällen berechtigt, sich durch einen anderen Arzt vertreten zu lassen. Als Vertreter ist, wenn möglich, ein pro physicatu geprüfter Arzt zu wählen.

§. 3. Zeit der Obductiouen dürfen in der Regel nicht vor Ablauf von 24 Stunden

Obduction. jj^^Yi dem Tode vorgenommen werden. Die blosse Besichtigung einer Leiche kann früher geschehen.

§. 4. Behandlung Wegen vorhandener Fäulniss dürfen Obductionen in der Regel nicht

von Leichen, hinterlassen und von den gerichtlichen Aerzten nicht abgelehnt werden.

welche in

^.. , . Denn selbst bei einem hohen Grade der Fäulniss können Abnormitäten

Faulniss

übergegan- und Verletzungen der Knochen noch ermittelt, manche, die noch zweifei- gen, haft gebliebene Identität der Leiche betreffende Momente, z. B. Farbe und

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Beschaifenheit der Haare, Mangel von Gliedraassen u. s. w., festgestellt, eingedrungene fremde Körper aufgefunden, Schwangerschaften entdeckt und Vergiftungen noch nachgewiesen werden. Es haben deshalb auch die Aerzte, wenn es sich zur Ermittelung derartiger Momente um die Wieder- ausgrabung einer Leiche handelt, für dieselbe zu stimmen, ohne Rücksicht auf die seit dem Tode verstrichene Zeit.

§• 5. Die Gerichtsärzte haben dafür zu sorgen, dass zur Verrichtung der Instrumente, ihnen obliegenden Obductionen folgende Sections-Instrumente in guter Be- schaffenheit zur Stelle sind:

4 bis 6 Skalpelle, davon 2 feinere mit gerader und 2 stärkere mit bauchiger Schneide,

1 Scheermesser,

2 starke Knorpelmesser, 2 Pincetten,

2 Doppelhaken,

2 Scheeren, eine stärkere, deren einer Arm stumpf, der andere spitzig ist, und eine feinere, deren einer Arm geknöpft, der andere spitzig ist.

1 Darmscheere,

1 Tubulus mit drehbarem Verschluss,

1 grobe und 2 feine Sonden,

1 Säge,

1 Meissel und 1 Schlägel,

1 Knochenscheere,

6 krumme Nadeln von verschiedener Grösse,

1 Tasterzirkel,

1 Meterstab mit Eintheilung in Centimeter und Millimeter,

1 Mensurir-Gefäss mit Eintheilung in 100, 50, 25 Cubik-Centimeter,

1 Waage mit Gewichtstücken bis zu 10 Pfund,

1 gute Lupe,

blaues und rothes Reagenzpapier.

Die schneidenden Instrumente müssen vollständig scharf sein. Auch ist den Obducenten zu empfehlen, dass sie ein Mikroskop mit zwei Objec- tiven und mindestens 400 maliger Vergrösserung, sowie mit den zum Prä- pariren erforderlichen Instrumenten, Gläsern und Reagentien in Bereitschaft halten.

§. 6.

Behufs der Obduction ist für Beschaffung eines hinreichend geräu- Lokal und migen und hellen Lokals, angemessene Lagerung der Leiche und Entfer- B^Je"<=*it"«g- nung störender Umgebungen möglichst zu sorgen. Obductionen bei künst- lichem Licht sind, einzelne, keinen Aufschub gestattende Fälle ausgenom- men, unzulässig. Eine solche Ausnahme ist im Protokoll (§. 27.) unter Anführung der Gründe ausdrücklich zu erwähnen.

Leichen.

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§•7.

Gefrorne jgt die Leiche gefroren, so ist sie in ein geheiztes Lokal zu bringen

und es ist mit der Obduction zu warten, bis die Leiche genügend aufge- thaut ist. Die Anwendung von warmem Wasser oder von anderen warmen Gegenständen zur Beschleunigung des Aufthauens ist unzulässig.

§.8. Transport ßgi allen mit der Leiche vorzunehmenden Bewegungen, namentlich

bei dem Transport derselben von einer Stelle zur andern, ist thunlichst darauf zu achten, dass kein zu starker Druck auf einzelne Theile ausge- übt und dass die Horizontallage der grösseren Höhlen nicht erheblich ver- ändert werde.

11. Verfahren bei der Obduction»

§. 9.

der Leichen.

Obduction.

Richterlicher ßeim Erheben der Leichenbefunde müssen die Obducenten überall

^^*^ ^^ den richterlichen Zweck der Leichenuntersuchimg im Auge behalten und Alles, was diesem Zweck dient, mit Genauigkeit und Vollständigkeit unter- suchen.

Alle erheblichen Befunde müssen, bevor sie in das Protokoll aufge- nommen, dem Richter von den Obducenten vorgezeigt werden.

§. 10. Pflichten der Die Obducenten sind verpflichtet, in den Fällen, in denen ihnen dies

Obducenten erforderlich erscheint, den Richter rechtzeitig zu ersuchen, dass vor der die E T'tt Obduction der Ort, wo die Leiche gefunden worden, in Augenschein ge- lang beson- nommen, die Lage, in welcher sie gefunden, ermittelt und ihnen Gelegen- derer Um- hcit gegeben w^erde, die Kleidungsstücke, welche der Verstorbene bei seinem Auffinden getragen, zu besichtigen.

In der Regel wird es indess genügen, dass sie ein hierauf gerichtetes Ersuchen des Richters abwarten.

Sie sind verpflichtet, auch über andere, für die Obduction und das abzulegende Gutachten erhebliche, etwa schon ermittelte Umstände sich von dem Richter Aufschluss zu erbitten.

§. 11. Mikro- In allen Fällen, in denen es zur schnellen und sicheren Entscheidung

skopi&che eJQgg zweifelhaften Befundes, z. B. zur Unterscheidung von Blut und von suchungen ^^^^ gefärbten (hämatinhaltigen) Flüssigkeiten, erforderlich ist, eine mi kroskopische Untersuchung vorzunehmen, ist diese sofort bei der Obduction zu veranstalten.

stände des Falles.

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Wenn die äusseren Umstände dies unmöglich machen oder schwie- rige mikroskopische Untersuchungen, z. B. von Gewebstheilen der Leiche, nötbig sind, welche sich nicht sofort ausführen lassen, so sind die betref- fenden Theile zurückzulegen, unter gerichtliche Obhut zu nehmen und so schnell als möglich einer nachträglichen Untersuchung zu unterwerfen.

In dem darüber zu erstattenden Berichte ist die Zeit, zu welcher diese nachträgliche Untersuchung vorgenommen wurde, genau anzugeben.

§. 12. Die Obduction zerfällt in zwei Haupttheile: otduction.

A. Aeussere Besichtigung (Inspection),

B. Innere Besichtigung (Section).

§. 13.

Bei der äusseren Besichtigung ist die äussere Beschaffenheit des Aeussere Körpers im Allgemeinen und die seiner einzelnen Abschnitte zu unter- Besichtigung, suchen.

Demgemäss sind, betreffend den Körper im Allgemeinen, soweit die Besichtigung solches ermöglicht, zu ermitteln und anzugeben:

1. Alter, Geschlecht, Grösse, Körperbau, allgemeiner Ernährungs- zustand, etwa vorhandene Krankheitsresiduen, z. B. sogenannte Fussgeschwüre, besondere Abnormitäten (z. B. Maler, Narben, Tättowirungen, Ueberzahl oder Mangel an Gliedmassen),

2. die Zeichen des Todes und die der etwa schon eingetretenen Verwesung.

Zu diesem Behuf müssen, nachdem etwaige Besudelungen der Leiche mit Blut, Koth, Schmutz und dergleichen durch Abwaschen beseitigt wor- den, ermittelt werden: die vorhandene oder nicht vorhandene Leichenstarre, die allgemeine Hautfarbe der Leiche, die Art und die Grade der etwaigen Färbungen und Verfärbungen einzelner Theile derselben durch die Ver- wesung, sowie die Farbe, Lage und Ausdehnung der Todtenflecke, welche einzuschneiden, genau zu untersuchen und zu beschreiben sind, um eine Verwechselung derselben mit Blutaustretungen^zu vermeiden.

. Betreifend die einzelnen Theile ist Folgendes festzustellen:

1- Bei Leichen unbekannter Personen die Farbe und sonstige Be- schaffenheit der Haare (Kopf und Bart), sowie die Farbe der Augen.

2. Das etwaige Vorhandensein von fremden Gegenständen in den natürlichen Oeffnungen des Kopfes, die Beschaffenheit der Zahn- reihen und die Beschaffenheit und Lage der Zunge.

3. Demnächst sind zu untersuchen der Hals, dann die Brust, der Unterleib, die Rückenfläche, der After, die äusseren Geschlechts- theile und endlich die Glieder,

Findet sich an irgend einem Theile eine Verletzung, so ist ihre

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Gestalt, ihre Lage und Richtung mit Beziehung auf feste Punkte des Kör- pers, ferner ihre Länge und Breite in Metermaass anzugeben. Das Son- diren von Trennungen des Zusammenhanges ist bei der äusseren Besichti- gung in der Regel zu vermeiden, da sich die Tiefe derselben bei der inneren Besichtigung des Körpers und der verletzten Stellen ergiebt. Halten die Obducenten die Einführung der Sonde für erforderlich, so ist dieselbe mit Vorsicht zu bewirken und haben sie die Gründe für ihr Ver- fahren im Protokoll (§. 27.) besonders anzugeben.

Bei vorgefundenen Wunden ist ferner die Beschaffenheit ihrer Ränder und Umgebungen festzustellen und nach erfolgter Untersuchung und Be- schreibung der Wunde in ihrem ursprünglichen Zustande dieselbe zu er- weitern, um die innere Beschaffenheit ihrer Ränder und ihres Grundes zu prüfen.

Bei Verletzungen und Beschädigungen der Leiche, die unzweifelhaft einen nicht mit dem Tode in Zusammenhang stehenden Ursprung haben, z. B. bei Merkmalen von Rettungsversuchen, Zernagungen von Thieren und dergleichen, genügt eine summarische Beschreibung dieser Befunde.

Innere Besichtigung,

Allgemeine Bestimmun- gen.

§. 14.

Behufs der inneren Besichtigung sind die drei Haupthöhlen des Körpers: Kopf-, Brust- und Bauchhöhle zu öffnen.

In allen Fällen, in welchen von der Oeffnung der Wirbelsäule oder einzelner Gelenkhöhlen irgend erhebliche Befunde erwartet werden können, ist dieselbe nicht zu unterlassen.

Besteht ein bestimmter Verdacht in Bezug auf die Ursache des Todes, so ist mit derjenigen Höhle zu beginnen, in welcher sich die hauptsäch- lichen Veränderungen vermuthen lassen; andernfalls ist zuerst die Kopf-, dann die Brust- und zuletzt die Bauchhöhle zu öffnen*).

In jeder der genannten Höhlen sind zuerst die Lage der in ihr be- findlichen Organe, sodann die Farbe und Beschaffenheit der Oberflächen, ferner ein etwa vorhandener ungehöriger Inhalt, namentlich fremde Körper, Gas, Flüssigkeiten oder Gerinnsel und zwar in den letzteren beiden Fällen nach Maass, beziehungsweise Gewicht zu bestimmen, und endlich ist jedes einzelne Organ äusserlich und innerlich zu untersuchen.

§. 15.

KopfhGhie. Die Oeffnung der Kopfhöhle geschieht, wenn nicht etwa Verletzun-

gen, die soviel als möglich mit dem Messer umgangen werden müssen, ein anderes Verfahren gebieten, mittelst eines von einem Ohr zum andern mitten über den Scheitel hin geführten Schnittes, worauf zunächst die weichen Kopfbedeckungen nach vorn und hinten abgezogen werden.

Nachdem alsdann die Beschaffenheit der Weichtheile und die Ober-

*) Wegen der Neugeboruen s. §§. 23—24,

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fläche der kiiücherneii Schüdeldecke geprüft worden, wird letztere durch einen Sägen-Kroisschnitt getrennt, abgenommeii und sowohl die Schnitt- fiiicbe und die Innenflüche, als auch die sonstige Beschaffenheit des Schädel- daches festgestellt.

Hierauf wird die äussere Oberfläche der harten Hirnhaut untersucht, der obere lange Blutleiter geöffnet und sein Inhalt bestimmt, sodann die harte Hirnhaut zuerst auf einer Seite getrennt, /Airückgeschlagen und so- w^ohl die innere Oberlläche derselben, als auch die Beschaffenheit der vor- liegenden Abschnitte der weichen Hirnhaut untersucht.

Nachdem dasselbe auch auf der anderen Seite geschehen ist, wird das Gehirn kunstgerecht herausgenommen, wobei sofort auf die Anwesenheit eines ungehörigen Inhalts am Schädelgrunde zu achten und die Beschaffen- heit sowohl der harten als auch der weichen Hirnhaut am Grunde und an den Seitentheilen zu ermitteln, auch das Verhalten der grosseren Arterien festzustellen ist.

Nachdem auch die queren und, falls ein Grund dazu vorliegt, die übrigen Blutleiter geöffnet sind, und ihr Inhalt bestimmt worden ist, wird die Grösse und Gestalt des Gehirns ermittelt und endlich durch eine Reihe geordneter Schnitte die Untersuchung der einzelnen Hirntheile, namentlich der Grosshirnhemisphären, der grossen Ganglien (Seh- und Streifenhügel), der Vierhügel, des Kleinhirns, des Gehirnknotens und des verlängerten Markes vorgenommen, wobei namentlich die Farbe, die Füllung der Ge- fässe, die Consistenz und die Structur festzustellen sind.

Ausserdem ist stets der Zustand des Gewebes und der Gefässe an der oberen Gefässplatte (Velum chorioides) zu ermitteln.

Die Ausdehnung und der Inhalt der einzelnen Hirnhöhlen, sowie die Beschaffenheit und GefässfüUe der verschiedenen Adergeflechte sind bei den einzelnen Abschnitten besonders in's Auge zu fassen, auch das Vor- handensein etwaiger Blutgerinnsel ausserhalb der Gefässe zu ermitteln.

Den Schluss macht die Untersuchung der Knochen des Grundes und der Seitentheile des Schädels, welcher stets eine Entfernung der harten Hirnhaut voraufgehen muss.

§. 16.

Wo es nöthig wird, die Oeffnung der inneren Theile des Gesichts, Gesicht, die Untersuchung der Ohrspeicheldrüse oder des Gehörorgans vorzunehmen, Ohrspeichei da ist in der Regel der über den Kopf geführte Schnitt hinter dem Ohre bis zum Halse zu verlängern und von hier aus die Haut nach vorne hin abzupräpariren, um dieselbe zu schonen.

Bei diesen Untersuchungen ist stets besondere Aufmerksamkeit auf den Zustand der grösseren Arterien und Venen zu richten.

driise und Gehörorgan.

§. 17. Die Oeffnung der Wirbelsäule (§. 14. Abs. 2) erfolgt in der Regel von der Rückenseite her. Es wird zunächst die Haut und das ünterhautfett

Wirbelsäule

und Kürkeninark,

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gerade über den Dornfortsätzen durchschnitten; sodann wird zu den Sei- ten der letzteren und der Bogenstücke die Musculatur abpräparirt. Dabei ist auf Blutaustretungen, Zerreissungen und sonstige Veränderungen, na- mentlich auf Brüche der Knochen, sorgfältig zu achten.

Sodann wird mittelst des Meisseis, oder wo eine solche vorhanden ist, mit einer Wirbelsäge (Rhachitom) der Länge nach aus allen Wirbeln der Dornfortsatz mit dem nächstanstossenden Theile des Bogenstücks abge- trennt und herausgenommen. Nachdem die äussere Fläche der nun vor- liegenden harten Haut geprüft ist, wird letztere durch einen Längsschnitt vorsichtig geöffnet und dabei sofort ein etwaiger ungehöriger Inhalt, na- mentlich Flüssigkeit oder ausgetretenes Blut, festgestellt; auch Farbe, Aussehen und sonstige Beschaffenheit des hinteren Abschnittes der weichen Haut und durch sanftes Herübergleiten des Fingers über das Rückenmark der Grad des Widerstandes desselben ermittelt.

Nächstdem werden jederseits durch einen Längsschnitt die Nerven- wurzeln durchschnitten, das Rückenmark an seinem unteren Ende vorsich- tig mit der Hand herausgehoben, auch die vorderen Verbindungen nach und nach getrennt nnd endlich das obere Ende aus dem grossen Hinter- hauptsloche hervorgezogen.

Bei allen diesen Thätigkeiten ist besonders darauf zu achten, dass das Rückenmark weder gedrückt, noch geknickt wird. Ist es herausge- nommen, so wird zunächst die Beschaffenheit der weichen Haut an der Vorderseite geprüft, nächstdem die Grösse und Farbe des Rückenmarkes nach der äusseren Erscheinung angegeben und endlich durch eine grössere Reihe von Querschnitten, die mit einem ganz scharfen und dünnen Messer zu führen sind, die innere Beschaffenheit des Rückenmarkes, und zwar so- wohl der weissen Stränge, als der grauen Substanz, dargelegt. Schliesslieh wird die harte Haut von den Wirbelkörpern entfernt und nachgesehen, ob hier Blutergüsse oder Verletzungen oder Veränderungen der Knochen oder der Zwischenwirbelscheiden aufzufinden sind.

§. 18.

Hais,Brust- Die Oeffnuug des Halses, der Brust- und Bauchhöhle wird

und Bauch- ^^ ^^^ j^gggj eingeleitet durch einen einzigen, langen , vom Kinn bis zur ,„^"^'^: Schambeinfuge, und zwar links vom Nabel, geführten Schnitt. In den ge- Bestimmun- wöhnlicheu Fällen ist derselbe am ünterleibe sogleich bis in die Bauch- gen, höhle zu führen, so jedoch, dass jede Verletzung der Organe derselben vermieden wird. Dies geschieht am besten in der Art, dass zuerst nur ein ganz kleiner Einschnitt in das Bauchfell gemacht wird. Bei dem Ein- schneiden ist darauf zu achten, ob Gas oder Flüssigkeit austritt. Es wird dann zuerst ein, sodann noch ein Finger eingeführt, vermittelst derselben die Bauchdecke von den Eingeweiden abgezogen und zwischen beiden Fin- gern der weitere Schnitt durch das Bauchfell geführt.

Dabei ist sofort die Lage, die Farbe und das sonstige Aussehen der

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vorliegenden Eingeweide, sowie ein etwa vorhandener ungehöriger Inhalt anzugeben, auch durch Zufühlen mit der Hand der Stand des Zwerchfells zu bestimmen.

Die Untersuchung der Organe der Bauchhöhle wird nur in dem Falle sofort angeschlossen, wo eine besondere Vermuthung besteht, es sei die Todesursache in der Bauchhöhle wirksam gewesen (§. 14.). Für gewöhn- lich hat die Untersuchung der Brusthöhle der weiteren Erforschung der Bauchhöhle vorauf zugehen.

§. 19.

Für die Oeffnung der Brusthöhle ist es erforderlich, dass zunächst Brusthöhle, die Weichtheile der Brust bis über die Ansatzstellen der Rippenknorpel an die Rippen hinaus abpräparirt werden.

Nächstdem werden die Rippenknorpel, und zwar um wenige Millime- ter nach innen von ihren Ansatzstellen an die Rippen, mit einem starken Messer durchschnitten. Dasselbe ist so zu führen, dass das Eindringen der Spitze in die Lunge oder das Herz vermieden wird.

Bei Yerknöcherung der Knorpel ist es vorzuziehen, die Rippen selbst etwas nach aussen von den Ansatzstellen der Knorpel mit einer Säge oder einer Knochenscheere zu trennen.

Sodann wird jederseits das Schlüsselbeingelenk vom Handgriffe des Brustbeins durch halbmondförmig geführte verticale Schnitte getrennt, und die Verbindung der ersten Rippe, sei es im Knorpel, sei es in der Ver- knöcherung, mit Messer oder Knochenscheere gelöst, wobei die grösste Vorsicht zur Vermeidung einer Verletzung der dicht darunter gelegeneu Gefässe anzuwenden ist. Alsdann wird das Zwerchfell, soweit es zwischen den Endpunkten der genannten Schnittlinien angeheftet ist, dicht an den falschen Knorpeln und dem Schwertfortsatz abgetrennt, das Brustbein nach aufwärts geschlagen und das Mittelfell mit sorgsamer Vermeidung jeder Verletzung des Herzbeutels und der grossen Gefässe durchschnitten.

Nachdem das Brustbein entfernt ist, wird zunächst der Zustand der Brustfellsäcke, namentlich ein etwaiger ungehöriger Inhalt derselben nach Maass und Beschaffenheit, sowie der Ausdehnungszustand und das Aus- sehen der vorliegenden Lungentheile fertgestellt. Hat bei der Entfernung des Brustbeins eine Verletzung von Gefässen stattgefunden, so ist sofort eine Unterbindung oder wenigstens ein Abschluss derselben durch einen Schwamm vorzunehmen, damit das ausfliessende Blut nicht in die Brust- fellsäcke trete und später das Urtheil störe. Die Zustände des Mittelfelles, insbesondere das Verhalten der darin vorhandenen Brust- oder Thymus- drüse, sowie die äussere Beschaffenheit der grossen, ausserhalb des Herz- beutels gelegenen Gefässe, welche jedoch noch nicht zu öffnen sind, wer- den schon hier festgestellt.

Nächstdem wird der Herzbeutel geöffnet und untersucht und das Herz selbst geprüft. Bei letzterem ist Grösse, Füllung der Kranzgefässe und der einzelnen Abschnitte (Vorhöfe und Kammern), Farbe imd Consistenz

Virchow, Sections-Technik. 2. Aufl. "^

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(Leichenstarre) zu bestimmen, bevor irgend ein Schnitt in das Herz gremacht oder gar dasselbe aus dem Körper entfernt ist. Sodann ist, während das Herz noch in seinem natürlichen Zusammenhange sich befindet, jede Kam- mer und jeder Vorhof einzeln zu öffnen und der Inhalt jedes einzelnen Abschnittes nach Menge, Gerinnungszustand und Aussehen zu bestimmen, auch die Weite der Atrioventricularklappen durch Einführung zweier Fin- ger vom Yorhof aus zu erproben. Alsdann wird das Herz herausgeschnit- ten, der Zustand der arteriellen Mündungen zuerst durch Eingiessen von Wasser, sodann durch Aufschneiden geprüft und endlich die Beschaffen- heit des Herzfleisches nach Farbe und Aussehen genauer festgestellt. Ent- steht die Vermuthung, dass Veränderungen des Muskelgewebes, z. B. Fett- entartung desselben in grösserer Ausdehnung, vorhanden seien, so ist jedesmal eine mikroskopische Untersuchung zu veranstalten.

An die Untersuchung des Herzens schliesst sich die der grösseren Gefässe, mit einziger Ausnahme der absteigenden Aorta, welche erst nach den Lungen zu prüfen ist.

Die genauere Untersuchung der Lungen setzt die Herausnahme der- selben aus der Brusthöhle voraus. Dabei ist jedoch mit grosser Vorsicht zu verfahren, und jede Zerreissung oder Zerdrückung des Gewebes zu vermeiden. Sind ausgedehntere, namentlich ältere Verwachsungen vorhan- den, so sind dieselben nicht zu trennen, sondern es ist an dieser Stelle das Rippenbrustfell mit zu entfernen. Nachdem die Lungen herausgenom- men sind, wird noch einmal sorgsam ihre Oberfläche betrachtet, um na- mentlich frischere Veränderungen, z. B. die Anfänge entzündlicher Aus- schwitzung, nicht zu übersehen; sodann werden Luftgehalt, Farbe und Ck>nsistenz der einzelnen Lungenabschnitte angegeben; endlich grosse glatte Einschnitte gemacht und die Beschaffenheit der Schnittflächen, der Luft-, Blut- und Flüssigkeitsgehalt, der etwaige feste Inhalt der Lungen- bläschen, der Zustand der Bronchien und Lungenarterien, letzterer nament- lich mit Rücksicht auf eingetretene Verstopfungen u. s. w^ festgestellt. Zu diesem Zwecke sind die Luftwege und die grösseren Lungengefässe mit der Scheere aufzuschneiden und in ihren feineren Verästelungen zu verfolgen.

Wo der Verdacht vorliegt, dass fremde Massen in die Luftwege hin- eingelangt sind, und wo Stoffe in den Luftwegen gefunden werden, deren Natur durch die groben Merkmale derselben nicht sicher angezeigt wird, da ist eine mikroskopische Untersuchung zu veranstalten.

§. 20. Hai?. Die Untersuchung des Halses kann je nach der Eigenthümlichkeit

des Falles vor oder nach der Oeffnung der Brust oder der Herausnahme der Lungen veranstaltet werden. Auch ist es den Obducenten anheim- gegeben, die Untersuchung des Kehlkopfes und der Luftröhre von der- enigen der übrigen Theile zu trennen, wenn derselben eine besondere

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Wichtigkeit beizulegen ist, wie es z. B. bei Ertrunkenen oder Erhängten der Fall ist.

In der Regel empfiehlt es sich, zunächst die grossen Gefässe und die Nervenstämme zu untersuchen , nächstdem den Kehlkopf und die Luftröhre durch einen Schnitt von vornher zu öffnen und den Inhalt derselben zu prüfen. Wo letzterer Betrachtung ein grösserer Werth bei- zulegen ist, da ist dieselbe vor Herausnahme der Lungen anzustellen und dabei zugleich ein vorsichtiger Druck auf die Lungen auszuüben , um zu sehen, ob und vi^elche Flüssigkeiten u. s. w. dabei in die Luftröhre auf- steigen.

Es wird alsdann der Kehlkopf im Zusammenhange mit der Zunge, dem Gaumensegel, dem Schlünde und der Speiseröhre herausgenommen, die einzelnen Theile werden vollständig aufgeschnitten und ihre Zustände, namentlich auch die der zugehörigen Schleimhäute, festgestellt. Es sind dabei die Schilddrüse, die Mandeln, die Speicheldrüsen und die Lymph- drüsen des Halses zu beachten.

Wo Verletzungen des Kehlkopfes oder der Luftröhre stattgefunden haben, oder wichtige Veränderungen derselben vermuthet werden , da ist jedesmal die Oeffnung der Luftwege erst nach der Heraussnahme derselben und zwar von der hinteren Seite her vorzunehmen.

Wo bei Erhängten oder bei Verdacht des Erw^ürgungstodes eine Oeffnung der Carotiden vorgenommen wird, um zu ermitteln, ob die in- neren Häute derselben verletzt sind oder nicht, da ist diese Untersuchung zu veranstalten, während die Gefässe sich noch in ihrer natürlichen Lage befinden.

Schliesslich ist der Zustand der Halswirbelsäule und der tiefen Mus- kulatur zu berücksichtigen.

§. 2L

Die weiter erforderliche Untersuchung der Bauchhöhle und ihrer Bau-hhSbie. Organe (§. 18) geschieht stets in einer solchen Reihenfolge, dass durch die Herausnahme des einen Organs die genauere Erforschung seiner Ver- bindungen mit einem andern nicht beeinträchtigt wird. So hat die Unter- suchung des Zwölffingerdarmes und des Gallengangs der Herausnahme der Leber voranzugehen. In der Regel empfiehlt sich folgende Reihenfolge: 1. Netz, 2. Milz, 3. Nieren und Nebennieren, 4. Harnblase, 5. Geschlechts- theile (beim Mann Vorsteherdrüse und Samenbläschen, Hoden, Ruthe mit der Harnröhre; beim Weibe Eierstöcke, Trompeten, Gebärmutter und Scheide) , 6. Mastdarm , 7. Zwölffingerdarm und Magen , 8. Gallengang, 9. Leber, 10. Bauchspeicheldrüse, 11. Gekröse, 12. Dünndarm, 13. Dick- darm, 14. die grossen Blutgefässe vor der Wirbelsäule, deren Blutgehalt zu prüfen und festzustellen ist.

Die Milz wird jedesmal in Bezug auf Länge, Breite und Dicke und ^^ii^- zwar in liegender Stellung (nicht in der Hand) und ohne dass der Maass- stab angedrückt wird, gemessen, sodann der Länge nach und, falls sich

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Nieren.

Becken- organe.

Magen und Zwölffinger- darm.

Leber.

Dünn- und Dickdarm.

veränderte Stellen zeigen, in mehreren Richtungen durchschnitten. Jedes- mal ist eine Beschreibung ihres Blutgehaltes zu geben.

Jede der beiden Nieren wird in der Art herausgenommen, dass ein vertikaler Längsschnitt durch das Bauchfell nach aussen hinter dem auf- oder absteigenden Dickdarm gemacht, letzterer zurückgeschoben und die Niere ausgelöst wird. Alsdann wird zunächst durch einen über den konvexen Rand geführten Längsschnitt die Capsel eingeschnitten und lang- sam abgezogen, die freigelegte Oberfläche der Niere in Bezug auf Grösse, Gestalt, Farbe, Blutgehalt, etwaige krankhafte Zustände beschrieben. Dann wird ein Längsschnitt durch die ganze Niere bis zum Becken derselben geführt, die Schnittfläche in Wasser abgespült und beschrieben, wobei Mark- und Rindensubstanz, Gefässe und Parenchym zu unterscheiden sind.

Die Beckenorgane (Harnblase, Mastdarm und die damit im Zusam- menhaoge stehenden Geschlechtsapparate) werden, nachdem die Harnblase in ihrer natürlichen Lage geöffnet und ihr Inhalt bestimmt worden ist, am besten im Zusammenhange herausgeschnitten und dann erst der wei- teren Untersuchung unterzogen, bei welcher der Geschlechtsapparat zuletzt zur Betrachtung und Oeffnung gelangt. Dabei hat die Oeffnung der Scheide derjenigen der Gebärmutter vorherzugehen. Bei Wöchnerinnen ist den venösen und lymphatischen Gefässen sowohl an der inneren Ober- fläche der Gebärmutter, als auch in der Wand und in den Anhängen be- sondere Aufmerksamkeit zu schenken, namentlich die Weite und der In- halt derselben festzustellen.

Magen und Zwöffingerdarm werden, nachdem ihr Zustand äusserlich ermittelt worden ist, in ihrer natürlichen Lage, und zwar der Zwölffinger- darm an seiner vorderen Seite, der Magen an der grossen Krümmung mit einer Scheere aufgeschnitten und erst nach genauer Prüfung ihres Inhalts, sowie der Durchgängigkeit und des etwaigen Inhalts der Mündung des Gallenganges, Behufs weiterer Prüfung herausgeschnitten.

Die Leber wird zuerst äusserlich in ihrer natürlichen Lage beschrie- ben und, nachdem gegebenen Falls die Untersuchung ihrer Ausführungs- gänge stattgefunden, herausgeschnitten. Durch lange, quer durch das Organ gelegte glatte Schnitte wird der Blutgehalt und das Verhalten des Parenchyms festgestellt. Bei der Beschreibung ist stets eine kurze Mit- theilung über das allgemeine Verhalten der Leberläppchen, namentlich über das Verhalten der inneren und äusseren Abschnitte derselben zu geben.

Der Dünn- und Dickdarm werden, nachdem ihre einzelnen Ab- schnitte äusserlich in Bezug auf Ausdehnung, Farbe und sonstiges Aus- sehen geprüft worden sind , im Zusammenhange und zwar in der Weise herausgenommen, dass mit einem Messer das Gekröse ganz dicht am Darm abgeschnitten wird. Nach der Herausnahme wird der Darm mit einer Scheere an derjenigen Seite, wo sich das Gekröse ansetzt, aufge- schlitzt. Schon während des Aufschlitzens wird der Inhalt der einzelnen Abschnitte betrachtet und bestimmt. Sodann wird das Ganze gereinigt

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und der Zustand der einzelnen Abschnitte und zwar im Dünndarm mit besonderer Rücksicht auf die Peyer'schen Drüsenhaufen, die Solitärfollikel, die Zotten und Falten bestimmt.

Mindestens in jedem Fall von Bauchfellentzündung ist der Wurm- fortsatz genau zu untersuchen.

§. 22.

Bei Verdacht einer Vergiftung beginnt die innere Besichtigung Vergiftungb- mit der Bauchhöhle. Es ist dabei vor jedem weiteren Eingriff das äussere Aussehen der oberen Baucheingeweide, ihre Lage und Ausdehnung, die Füllung ihrer Gefässe und der etwaige Geruch zu ermitteln.

In Bezug auf die Gefässe ist hier, wie an anderen wichtigen Orgauen, stets festzustellen, ob es sich um Arterien oder Venen handelt, ob auch die kleineren Verzweigungen oder nur Stämme und Stämmchen bis zu einer gewissen Grösse gefüllt sind, und ob die Ausdehnung der Gefäss- lichtung eine beträchtliche ist oder nicht.

Alsdann werden um den untersten Theil der Speiseröhre dicht über dem Magenmunde, sowie um den Zwölffingerdarm unterhalb der Einmün- dung des Gallenganges doppelte Ligaturen gelegt und beide Orgaue zwischen denselben durchschnitten. Hierauf wird der Magen mit dem Zwölffingerdarm im Zusammenhange herausgeschnitten , wobei jede Ver- letzung derselben sorgfältig za vermeiden ist. Die Oeffnung geschiebt in der im §. 21. angegebenen Weise.

Es wird sofort der Inhalt nach Menge, Consistenz, Farbe, Zusam- mensetzung, Reaktion und Geruch bestimmt und in ein reines Gefäss von Porzellan oder Glas gethan.

Sodann wird die Schleimhaut abgespült und ihre Dicke, Farbe, Oberfläche, Zusammenhang untersucht, wobei sowohl dem Zustande der Blutgefässe, als auch dem Gefüge der Schleimhaut besondere Aufmerk- samkeit zuzuwenden und jeder Hauptabschnitt für sich zu behandeln ist. Ganz besonders ist festzustellen, ob das vorhandene Blut innerhalb von Gefässen enthalten oder aus den Gefässen ausgetreten ist, ob es frisch oder durch Fäulniss oder Erweichung (Gährung) verändert und in diesem Zustande in benachbarte Gewebe eingedrungen (imbibirt) ist. Ist es aus- getreten, so ist festzustellen, wo es liegt, ob auf der Oberfläche oder im Gewebe, ob es geronnen ist oder nicht u. s. w.

Endlich ist besondere Sorgfalt zu verwenden auf die Untersuchung des Zusammenhanges der Oberfläche, namentlich darauf, ob Substanzver- luste, Abschürfungen (Erosionen), Geschwüre vorhanden sind. Die Frage, ob gewisse Veränderungen möglicherweise durch den natürlichen Gang der Zersetzung nach dem Tode, namentlich unter Einwirkung gährenden Mageninhalts, zu Stande gekommsn sind, ist stets im Auge zu behalten.

Nach Beendigung dieser Untersuchung werden der Magen und der Zwölffingerdarm in dasselbe Gefäss mit dem Mageninhalt (s. oben) gethan und dem Richter zur weiteren Veranlassung übergeben. In dasselbe Ge-

102

fäss ist auch später die Speiseröhre, nachdem sie nahe am Halse unter- bunden und über der Ligatur durchschnitten worden, nach vorgängiger anatomischer Untersuchung, sowie in dem Falle, dass wenig Mageninhalt vorhanden ist, der Inhalt des Leerdarms zu bringen.

Endlich * sind auch andere Substanzen und Organtheile, wie Blut, Harn, Stücke der Leber, der Nieren u. s. w. aus der Leiche zu entneh- men und dem Richter abgesondert zur weiteren Veranlassung zu über- geben. Der Harn ist für sich in einem Gefässe zu bewahren, Blut nur in dem Falle, dass von einer spektralanalytischen Untersuchung ein be- sonderer Aufschluss erwartet werden kann. Alle übrigen Theile sind zu- sammen in ein Gefäss zu bringen.

Jedes dieser Gefässe wird verschlossen, versiegelt und bezeichnet.

Eigiebt die Betrachtung mit blossem Auge, dass die Magenschleim- haut durch besondere Trübung und Schwellung ausgezeichnet ist, so ist jedesmal und zwar möglichst bald eine mikroskopische Untersuchung der Schleimhaut, namentlich mit Bezug auf das Verhalten der Labdrusen, zu veranstalten.

Auch in den Fällen , wo sich im Mageninhalt verdächtige Körper, z. B. Bestandtheile von Blättern oder sonstige Pflanzentheile, Ueberreste von thierischer Nahrung, finden, sind dieselben einer mikroskopischen Untersuchung zu unterwerfen.

Bei Verdacht einer Trichinenvergiftung hat sich die mikroskopische Untersuchung zunächst mit dem Inhalt des Magens und des oberen Dünn- darms zu beschäftigen, jedoch ist zugleich ein Theil der Muskulatur (Zwerchfell, Hals- und Brustmuskeln) zur weiteren Prüfung zurückzulegen.

§. 23.

Nengeborne. Bei den Obduktionen Neugeborner sind ausser den oben ange-

Ermitieiung führten allgemeinen Vorschriften noch folgende besondere Punkte zu

der Reife iind , , .

, T3, . beachten:

der Ent-

wickeiungs- Es müssen erstens die Zeichen ermittelt werden, aus welchen auf

^®^*- die Reife und die Entwickelungszeit des Kindes geschlossen werden kann. Dahin gehören: Länge und Gewicht des Kindes, Beschafifenheit der allgemeinen Bedeckungen und der Nabelschnur, Länge und Beschaffenheit der Kopfhaare, Grösse der Fontanellen, Längen-, Quer- und Diagonal- Durchmesser des Kopfes, Beichaffenheit der Augen (Pupillarmembran), der Nasen- und Ohrknorpel, Länge und Beschaffenheit der Nägel, Quer- durchmesser der Schultern und Hüften, bei Knaben die Beschaffenheit des Hodensacks und die Lage der Hoden, bei Mädchen die Beschaffenheit der äusseren Geschlechtstheile.

Endlich ist noch zu ermitteln, ob und in welcher Ausdehnung in der unteren Epiphyse des Oberschenkels ein Knochenkern vorbänden ist. Zu diesem Behuf wird das Kniegelenk durch einen unterhalb der Knie- scheibe verlaufenden Querschnitt geöffnet, die Extremität im Gelenke

lOeS

stark gebeugt und die Kniescheibe entfernt. Alsdann werden dünne Knorpel schichten so lange abgetragen, bis man auf den grössten Quer- Durchmesser des etwa vorhandenen Knochenkerns gelangt, welcher nach Millimetern zu messen ist.

Ergiebt sich aus der Beschaffenheit der Frucht, dass dieselbe vor Vollendung der dreissigsten Woche geboren ist, so kann von der Obduc- tion Abstand genommen werden, wenn dieselbe nicht von dem Richter ausdrücklich gefordert wird.

§. 24. Ist anzunehmen, dass das Kind nach der dreissigsten Woche geboren Ermittelung worden, so muss zweitens untersucht werden, ob es in oder nach der Ge- ^ \^^

^ ' Atnmung.

burt geathmet hat. Es ist deshalb die Athemprobe anzustellen und zu diesem Zweck in nachstehender Reihenfolge vorzugehen:

a) Schon nach Oeffnung der Bauchhöhle ist der Stand des Zwerch- felis in Bezug auf die entsprechende Rippe zu ermitteln, wes- halb bei Neugebornen überall die Bauchhöhle zuerst und für sich, und dann erst die Brust- und Kopf höhle zu öffnen sind.*]

b) Vor Oeffnung der Brusthöhle ist die Luftröhre oberhalb des Brustbeins einfach zu unterbinden.

c) Demnächst ist die Brusthöhle zu öffnen und die Ausdehnung und die von derselben abhängige Lage der Lungen, (letztere namentlich in Beziehung zum Herzbeutel), sowie die Farbe und Consistenz der Lungen zu ermitteln.

d) Der Herzbeutel ist zu öffnen und sowohl sein Zustand als die äussere Beschaffenheit des Herzens festzustellen.

e) Die einzelnen Abschnitte des Herzens sind zu öffnen, ihr Inhalt ist zu bestimmen und ihr sonstiger Zustand festzustellen.

f) Der Kehlkopf und der Theil der Luftröhre oberhalb der Ligatur ist durch einen Längsschnitt zu öffnen und sein etwaiger Inhalt, sowie die Beschaffenheit seiner Wandungen festzustellen.

g) Die Luftröhre ist oberhalb der Ligatur zu durchschneiden und in Verbindung mit den gesammten Brustorganen herauszu- nehmen.

h) Nach Beseitigung der Thymusdrüse und des Herzens ist die Lunge in einem geräumigen, mit reinem kaltem Wasser gefüll- ten Gefäss auf ihre Schwimmfähigkeit zu prüfen, i) Der untere Theil der Luftröhre und ihre Verzweigungen sind zu öffnen und namentlich in Bezug auf ihren Inhalt zu unter- suchen.

k) In beide Lungen sind Einschnitte zu machen, wobei auf etwa wahrzunehmendes knisterndes Geräusch, sowie auf Menge und

*) Jedoch soll keineswegs die Section der Organe der Bauchhöhle vor der Oeffnung und Untersuchung der Brusthöhle veranstaltet werden.

-- 104

Beschaffenheit des bei gelindem Druck auf diese Schnittflächen hervorquellenden Blutes zu achten ist. 1) Die Lungen sind auch unterhalb des Wasserspiegels einzuschnei- den, um zu beobachten, ob Luftbläschen aus den Schnittflächen emporsteigen.

m) Beide Lungen sind zunächst in ihre einzelnen Lappen, sodann noch in einzelne Stückchen zu zerschneiden und alle insgesammt auf ihre Schwimmfähigkeit zu prüfen.

n) Der Schlund ist zu öffnen und sein Zustand festzustellen.

Endlich ist

o) falls sich der Verdacht ergiebt, dass die Lunge wegen Anfül- lung ihrer Räume mit krankhaften (Hepatisation) oder fremden (Kindsschleim, Kindspech) Stoffen Luft aufzunehmen nicht im Stande war, eine mikroskopische Untersuchung derselben vorzu- nehmen.

§. 25.

Untcrsuchiin-

Schliesslich wird den Obducenteu zur Pflicht gemacht, auch alle in dem Regulativ nicht namentlich aufgeführten Organe, falls sie an denselben Verletzungen oder sonstige Regelwidrigkeiten finden, zu untersuchen.

Schliessung der geöfifiie- ten Leiche.

§. 26.

Der Gerichts- (Kreis-) Wundarzt, beziehungsweise der zugezogene zweite Arzt, hat die Verpflichtung, nach beendeter Obduction und nach der soweit als möglich erfolgten Beseitigung der Abgänge, die kunst- gerechte Schliessung der geöffneten Körperhöhlen zu bewirken.

111.

Abfassimg des Obductions-Protocolls und des Obduetions Berichts.

Avifnahme

des

Obductions-

Protokolls.

§.27.

Ueber alles, die Obduction Betreffende wird an Ort und Stelle von dem Richter ein Protokoll aufgenommen (Obductions-Protokoll).

Der Physikus (Gerichtsarzt) hat dafür zu sorgen, dass der technische Befund in allen seinen Theilen, wie er von den Obducenteu festgestellt worden, wörtlich in das Protokoll aufgenommen werde.

Der Richter ist zu ersuchen, dies so geschehen zu lassen, dass die Beschreibung und der Befund jedes einzelneu Orgaus aufgezeichnet ist, bevor zur Untersuchung eines folgenden geschritten wird.

105

§. 28.

Der den technischen Befund ergebende Theil des Obductions - Proto- Einrichtung kolls muss von dem Physikus (Gerichtsarzt) deutlich, bestimmt und auch *'" ^' " dem Nichtarzt verständlich angegeben werden. Zu letzterem Zweck sind protokoifü. namentlich bei der Bezeichnung der einzelnen Befunde fremde Kimstaus- drücke, soweit es unbeschadet der Deutlichkeit möglich ist, zu vermeiden.

Die beiden Hauptabtheilungen die äussere und innere Besich- tigung — sind mit grossen Buchstaben (A und B), die Abschnitte über die Oeffnungen der Hohlen in der Reihenfolge, in welcher dieselben statt- gefunden, mit römischen Zahlen (L, IL), die der Brust- und Bauchhöhle aber unter Einer Nummer zu bezeichnen. In dem Abschnitt, welcher die Brust- und Bauchhöhle umfasst, sind zunächst die allgemeinen, in dem letzten Absatz des §. 18. erwähnten Befunde, sodann unter a und b die Befunde an den Organen der Brusthöhle, beziehungsweise an denen der Bauchhöhle darzidegen.

Das Ergebniss der Untersuchung jedes einzelnen Theiles ist unter eine besondere, mit arabischen Zahlen zu bezeichnende Rubrik zu bringen. Die Zahlen laufen von Anfang bis zum Schluss des Protokolls fort.

Die Befunde müssen überall in genauen Angaben des thatsächlich Beobachteten, nicht in der Form von blossen Urtheilen (z. B. „entzündet", „brandig", „gesund", „normal", „Wunde*, „Geschwür"" und dergleichen) zu Protokoll gegeben werden. Jedoch steht es den Obducenten frei, falls es ihnen zur Deutlichkeit nothwendig erscheint, der betreifenden Angabe des thatsächlich Beobachteten derartige Bezeichnungen in Klammern bei- zufügen.

In jedem Fall muss eine Angabe über den Blutgehalt jedes einzel- nen wichtigen Theils und zwar auch hier eine kurze Beschreibung und nicht bloss ein Urtheil (z B. „stark", „massig", „ziemlich", „sehr gerö- thet", „blutreich", „blutarm") gegeben werden. Bei der Beschreibung sind der Reihe nach die Grösse, die Gestalt, die Farbe und die Con- sistenz der betreffenden Theile anzugeben, bevor dieselben zerschnitten werden.

§. 29.

Am Schluss der Obduction haben die Obducenten ihr vorläufiges 'Vorläufiges Gutachten über den Fall summarisch und ohne Angabe der Gründe zum Protokoll zu geben.

Sind ihnen aus den Akten oder sonst besondere, den Fall betref- fende Thatsachen bekannt, welche auf das abgegebene Gutachten Einfluss ausüben, so müssen auch diese kurz erwähnt werden.

Legt ihnen der Richter besondere Fragen vor, so ist in dem Pro- tokoll ersichtlich zu machen, dass die Beantwortung auf Befragen des Richters erfolgte.

106

Auf jeden Fall ist das Gutachten zuerst auf die Todesursache, und zwar nach Massgabe desjenigen, was sich aus dem objektiven Befunde er- giebt, nächstdem aber auf die Frage der verbrecherischen Veranlassung zu richten.

Ist die Todesursache nicht aufgefunden worden, so muss dies aus- drücklich angegeben werden. Niemals genügt es, zu sagen, der Tod sei aus innerer Ursache oder aus Krankheit erfolgt; es ist vielmehr die letz- tere anzugeben.

In Fällen, wo weitere technische Untersuchungen nöthig sind, oder wo zweifelhafte Verhältnisse vorliegen, ist ein besonderes Gutachten mit Mo- tiven ausdrücklich vorzubehalten.

§. 30. Zusätzliche Zeigen sich an der Leiche Verletzungen, welche muthmaasslich die

iiber*^ Ursache des Todes gev/esen, und ist der Verdacht vorbanden, dass ein Werkzeuge, vorgefundenes Werkzeug bei Zufügung der Verletzungen benutzt worden, so haben die Obducenten auf Erfordern des Richters beide zu vergleichen und sich darüber zu äussern, ob und welche Verletzungen mit dem Werk- zeuge bewirkt werden konnten und ob und welche Schlüsse (aus der Lage und Beschaffenheit der Verletzung) auf die Art, wie der Thäter und auf die Kraft, mit der er verfahren, zu ziehen seien.

Werden bestimmte Werkzeuge nicht vorgelegt, so haben sich die Obducenten, soweit dies dem Befunde nach möglich ist, über die Art der Entstehung der Verletzungen, beziehungsweise über die Beschaffenheit der dabei in Anwendung gekommenen Werkzeuge zu äussern.

§. 31, Obdiutions- Wird von den Obducenten ein Obductions-Bericht (motivirtes

Gutachten) erfordert, so ist dasselbe in folgender Form zu erstatten:

Es wird, unter Fernhaltung unnützer Formalien, mit einer gedräng- ten, aber genauen Geschichtserzählung des Falls, wenn und soweit sie auf Grund einer Kenntnissnahme der einzusehenden Verhandlungen möglich ist, unter Angabe der Aktenfolien begonnen. Sodann wird das Obduc- tions'Protokoll, jedoch nur soweit, als sein Inhalt für die Beurtheilung der Sache wesentlich ist, wörtlich und mit den Nummern des Protokolls, aufgenommen ; dabei ist auf etwaige Abweichungen von demselben aus- drücklich aufmerksam zu machen.

Die Fassung des Obductions - Berichts muss bündig und deutlich sein und die Begründung des Gutachtens so entwickelt werden, dass sie auch für den Nichtarzt verständlich und überzeugend ist. Es haben sich die Obducenten daher möglichst deutscher Ausdrücke und allgemein fass- licher Wendungen zu bedienen. Besondere Beziehungen auf literarische Quellen sind in der Regel zu unterlassen.

Wenn den Obducenten für ihre Begutachtung richterlicherseits be-

bericht

107

stimmte Fragen vorgelegt werden, so haben sie dieselben vollständig und möglichst wörtlich zu beantworten oder die Gründe anzuführen, aus welchen dies nicht möglich gewesen.

Der Obductions-Bericht rauss von beiden Obducenteu unterschrieben und wenn ein Physikus die Obduction mit vorgenommen hat, mit dessen Amtssiegel versehen werden.

Jeder erforderte Obductions-Bericht muss von den Obducenten spä- testens innerhalb vier Wochen eingereicht werden.

Berlin, den 6. Januar 1875.

Königliche Wissenschaftliche Deputation für das

Medizinal- Wesen.

Das vorstehende Regulativ wird hierdurch unter Aufhebung des Re- gulativs vom 15. November 1858 genehmigt und die Beachtung desselben den betreifenden Medizinal-Personen zur Pflicht gemacht.

Berlin, den 13. Februar 1875.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiten.

Falk.

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Verlag von August Hirschwald in Berlin.

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Ocrlach, Geb. Med. Rath A. C, Die Fleischkost des Menschen vom sanitären und marktpolizeiiichen Standpunkte. 8. 1875. 4 M.

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Elebs, Prof. Dr. E., Handbuch der pathologischen Anatomie, gr, 8.

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Liman, Prof Dr. C, Zweifelhafte Geisteszustände vor Gericht. Erstattete Gutachten für Aerzte und Richter bearbeitet. 8. 1868. 8 M.

Neumaiiu, Dr. M., Der Prozess KuUmann. Gerichtsärztliche Reflexio- nen. 8. 1875. 1 M.

Reglement für die Prüfung behufs Erlangung der Befähigung zur Anstel- lung als Kreis-Physi'kus vom 10. Mai 1875. 40 Pf.

Sonnenschein, Prof. Dr. F. L., Handbuch der gerichtlicheu Chemie. Nach eigenen Erfahrungen, gr. 8. Mif 6 Tafeln. 1869. 12 M.

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Johannes Müller. Eine Gedächtnissrede, gehalten bei der Todtenfeier am 24. Juli 1858 in der Aula der Universität. 8. 1858. 1 M.

Gedächtnissrede auf Johann Lucas Schönlein, gehalten am 23. Ja- nuar 1865, dem Jahrestage seines Todes, in der Aula der Berliner Universität. Mit zahlreichen erläuternden Anmerkungen. 8. 1865. 2 M. 40 Pf.

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Die siamesischen Zwillinge. Vortrag. (Separatabdruck aus der Ber- liner klinischen Wochenschrift.) 8. 1870. 50 Pf.

Ueber die nationale Eatwickelung und Bedeutung der Natur- wissenschaften. Rede, gehalten in der zweiten allgemeinen Sitzung der Naturforscher -Versammlung zu Hannover am 29. Sept. 1865. 80 Pf.

Göthe als Naturforscher und in besonderer Beziehung auf Schiller. Eine Rede nebst Erläuterungen. Mit 3 Holzschnitten. 8. 1861. 1 M. 20 Pf.

Ueber die Kanalisation von Berlin. Gutachten der konigl. wissen- schaftlichen Deputation für das Medicinalwesen nebst einem Nachtrage. Mit zusätzlichen Bemerkungen. 8. 1868. 1 M. 20 Pf.

Reinigung und Entwässerung Berlins. General-Bericht über die Arbeiten der städtischen Deputation für die Untersuchung der auf die Kanalisation und Abfuhr bezüglichen Fragen, gr. 8. Mit Tafeln und Tabelleu. 1873. 5 M.

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