f" Pe & bs \ DE ww De ce he - N PO TV. L £ f er e vn, ; IE ie R) h\ > ni Er h ’ " A BEN a a Un . \ . ” DRK „ IE PS a RE EN. Y . Köck jeh x N Die stammesgeschichtliche Entstehung des Bienenstaates Beiträge zur Lebensweise der solitären und sozialen Bienen (Hummeln, Meliponinen etc.) Vortrag gehalten aufdem Zoologen -Gongress in Giessen (1902). Stark erweitert mit Anmerkungen und Zusätzen herausgegeben von Dr. H. von Buttel- Reepen. Mit 20 Illustrationen im Text, 2 Tabellen und alphabetischem Register. Leipzig Verlag von Georg Thieme Rs 1903. Verlag von Georg Thieme in Leipzig. Sind die Bienen Reflexmaschinen ? Experimentelle Beiträge zur Biologie der Honigbiene von H. von Buttel - Reepen, Dr. phil, (zool.). Mit alphabetischem Register. 82 Seiten. Mk. d. 20, geb. Mk. 1.80. n . Neuerdings hat auch ein Bienenforscher, H. v. Buttel-Reepen, seine langjährigen Erfahrungen über das Bienenleben zu einer Kritik der Bethe’schen Anschauungen verwandt. Seine Schrift, welche eine Fülle von Beobachtungen enthält, ist auch für weitere Kreise lesenswerth, und der Referent möchte hiermit die Leser auf diese werthvollen Beobachtungen und Ideen eines denkenden und erfahrenen Zoologen aufmerksam machen .... Ausser dem thierpsychologischen Inhalt bringt das Büchlein eine Menge weiterer Thatsachen aus dem Leben der Honigbiene ... Wie wir sehen, zeigen alle die Thatsachen, welche v. Buttel bei- bringt, ebenso wie es Wasmann für die Ameisen zeigte, dass die Probleme, welche das Bienenleben uns bietet, nicht so einfach zu lösen sind, wie Bethe annahm. Die umfassende „Allgemeine Biologie der Honigbiene‘“, welche v. Buttel für später in Aussicht stellt, darf sicher auf allgemeines Interesse rechnen; die Dar- stellungsweise Buttels erscheint so objectiv und von Kritik durch- drungen, dass die Forscher aller Richtungen in jenem Werk ein Thatsachenmaterial von unschätzbarem Werth erwarten dürfen. Schon das kleine, hier besprochene Büchlein beweist, wie erfahren man sein muss, um gewisse Erscheinungen im Leben der Bienen richtig zu deuten. Nach der anderen Seite kann aber nicht genug hervor- gehoben werden, wie wenig alle Erfahrung nützt, wenn sich mit ihr nicht eine tiefgehende naturwissenschaftliche und philosophische Bildung verbindet; aber hierdurch erscheint die v. Buttel’sche Arbeit so wertvoll... .“ Wer sich aber ernsthaft belehren will, wer die Probleme kennen lernen will, welche die ‚‚Thierstaaten‘“‘ der Wissenschaft bieten, der lese auch die geistvolle v. Buttel’sche Schrift, die in einer Form geschrieben ist, welche dem Laien recht wohl zugänglich ist, dabei klar und interessant“. Dr. F. Doflein, Zoologe an der Universität München, in Beilage der Allg. Zeitung, No.'155, 1901. ».... von Buttel est un apiculteur expöriment& doubl& d’un zoologiste, ce qui renforce infiniment la valeur de son travail, pour cette raison bien sup6rieur a ce que j’ai pu dire des abeilles. Le travail magistral ayant paru en allemand etc... ... J’avoue que les remarques judicieuses et l’exprerience d’un observateur aussi excellent que von Buttel-Reepen m ‚obligent, a douter serieuse- ments sur la question de l’ouie des insectes. ... . Mais qu’il s'agisse ou non d’ouie proprement dite, le fait que les abeilles se communiguent leurs impressions et leurs &motions a &t& vietorieusement d&montre par von Buttel contre Bethe, et confirme ce que j’ai observ& chez les fourmis‘‘. Prof. Dr. Aug. Forel in ‚„Sensations des Insectes“, 5. Partie, 1901. Reinhardt, München. ... v. Buttel-Reepen shows himself to be a master in the work he has set himself to do, a task surrounded with .overwhelming difficulties of one kind and another and farther, a task requiring quick perception, coupled with that sence of correctness of minute detail which is the gift of but comparatively few. To those who are able to read the book, J can thoroughly recommend it as being exceedingly interesting“. Dr. R. H. Hamlyn-Harris in British Bee Journal No. 944, 1900, (Fortsetzung 3. Umschlagseite.) Die stammesgeschichtliche Entstehung des Bienenstaates sowie Beiträge zur Lebensweise der solitären u. sozialen Bienen (Hummeln, Meliponinen ete.). VORTRAG gehalten auf dem Zoologen-Kongress in Giessen (1902). Stark erweitert, mit Anmerkungen und Zusätzen herausgegeben von Dr. H. von Buttel-Reepen. Mit 20 Illustrationen, 2 Tabellen, Inhaltsverzeichnis und alphabetischem Register. Leipzig, Verlag von Georg Thieme. 1903. und Univ.-Buchdruckerei von Fr. | Hof- R.b r SANMLLAÄT REMOTE STORAGE Vorwort. Die nachfolgende entwickelungsgeschichtliche Studie schon jetzt der Oeffentlichkeit zu übergeben, lag anfänglich nicht in meiner Absicht, aber infolge der ehrenden Aufforderung, welche der ge- schäftsleitende Vorstand des Zoologen-Kongresses zu Gießen an mich richtete, entschloss ich mich zu dem vorliegenden Thema, das mich sehon seit geraumer Zeit beschäftigte. Ich weiß sehr wohl, dass diesem ersten umfassenderen Versuch noch mancherlei Unzulängliches anhaftet, aber wir werden nur langsam auf diesem so hindernisreichen Gebiete vorankommen, und es liegt nicht ın der Macht eines einzelnen, hier „klare Bahn“ zu schaffen. Ein großer Teil der nachstehenden Ausführungen erschien unter dem Titel „Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, sowie Mitteilungen zur Biologie der solitären und sozialen Apiden“ in dem Biologischen Centralblatt. Bei der Verteilung des Stoffes auf verschiedene Nummern wurde zur Bequemlichkeit des Lesers die jeweils angezogene Litteratur sofort an Ort und Stelle als Fuß- note gegeben. Bei dieser Buchhandelausgabe ist hierin nur insofern eine Aenderung eingetreten, als in den Erweiterungen resp. Zu- sätzen gleich im Text auf das Litteraturverzeichnis Bezug genommen wurde, indem Zahlen in eckigen Klammern [ ] auf dieselben Zahlen des Litteraturverzeichnisses hinweisen. Diese Buchhandelausgabe wendet sich auch an weitere Kreise und es musste daher einiges berührt werden, worüber unter den Fachgenossen keine Diskussion mehr erforderlich ist. Hierzu rechne ich auch die folgenden Erörterungen über die Abstammungslehre. Es sind besondere gewichtige Umstände, welche mich ver- anlassen — zur Begründung des leitenden Gedankens dieser Ab- handlung — mich hier kurz mit dieser Lehre zu beschäftigen. Die Darlegungen über die stammesgeschichtliche (phylogenetische oder phyletische) Entstehung des Bienenstaates haben natürlich nur Sinn und Zweck, wenn überhaupt eine Entwickelung, ein Aufsteigen * IV Vorwort. von einfachen zu komplizierten Formen im Reiche der Natur als vorhanden angenommen wird, denn die in dieser Arbeit gegebenen Entwickelungsreihen sind nur kleine Bausteine, die sich dem großen Ganzen einfügen, aber aus ihnen alleın lässt sich selbstverständlich keine Beweisführung für die Abstammungslehre gewinnen. Wie aus der „Einleitung“ (S. 1) ersichtlich, haben wir gerade auf dem in dieser Schrift näher berührten Gebiet mit besonders großen Schwierigkeiten zu kämpfen und um so mehr ist die Frage be- rechtigt und hier am Platze: „Ist es denn überhaupt bewiesen, dass die Abstammungslehre (Entwickelungslehre, Descendenztheorie) zu Recht besteht?“ Wollten wir manchen Zeitungsstimmen trauen und einigen Schriften, die anscheinend von berufener Seite kommen, so stände es allerdings schlecht um die Entwickelungslehre bestellt, aber Naturwissenschaft ıst Erfahrungswissenschaft, und wenn der vorurteilslos nach Wahrheit Suchende sich in dieser Sache Rat holen will, so muss er sich an die anerkannt vollgültigen und hervorragenden Vertreter dieser Erfahrungswissenschaft wenden und sich ernstlich vergewissern, auf welchem Wege denn heute die gesamte Naturwissenschaft in ihrem ganzen Umfange (vor allem die Zoologie, Palaeontologie resp. Geologie und Botanik) wandelt. Nun, die gesamte biologische Wissenschaft aller Länder geht unbeirrt auf den Wegen der Entwickelungslehre weiter, und täglich — man kann fast sagen stündlich — werden durch neue Erkenntnisse die Ausblicke in der Richtung dieser Wege erweitert und immer mehr Licht in heute noch unklare Probleme getragen. Tausende und Abertausende schaffen und sorgen an einem gewal- tigen Bau, der auf dem Boden der Entwickelungslehre errichtet ist; was will es bedeuten, dass einige wenige Naturwissenschaftler abseits stehen und damit „auf einem Ozean unbeantworteter Fragen treiben und das Licht verloren haben“!). Nach der Schätzung 1) Wörtliches Bekenntnis eines Abseitsstehenden. Vgl. Fleischmann, Die Descendenztheorie, Leipzig 1901, sowie die Gegenschrift von L. Plate [142a]. In der letzteren heißt es: „Ich glaube nicht, dass dieses Werk auf die Fachleute irgendwelchen Eindruck machen wird. Dies ist ausgeschlossen, weil der Ver- fasser seinen Stoff mit der größten Einseitigkeit behandelt“ u. s. w. Zu demselben Urteil kommt H. E. Ziegler [198]: „...in welcher einseitigen und tendenziösen Weise dieses Buch von Fleischmann geschrieben ist, zeigt sich darin, dass Fleischmann alle die für die Descendenztheorie wichtigen Entdeckungen auf dem Gebiete der Zahnkunde bei den Säugetieren, seinen Lesern verschwiegen hat, ob- gleich er sie wohl kannte... Fleischmann findet ein Vergnügen daran, auf die wissenschaftliche Erkenntnis zu verzichten. — Warum ?“, Vorwort. V von Professor L. Plate „stehen mindestens 95°/, aller mit selb- ständigen Forschungen beschäftigten Biologen auf dem Boden der Descendenzlehre“ [142a, 142]; sollte die ungeheure Mehrzahl dieser Schaffenden, die auf dem Gebiete von Grund aus bewandert sınd, und ich wiederhole: Naturwissenschaft ist Erfahrungswissenschaft, sollte dieses erdrückende Uebergewicht kompetenter Fachleute wirklich auf dem eigensten Gebiete so wenig Vertrauen verdienen, dass man lieber auf die wenigen Gegner hört (ich spreche hier stets nur von Naturwissenschaftlern), weil diese alte, liebe, behag- liche Ideen schonen?! Gesteht der. klare, gesunde Menschen- verstand jedem Handwerker, jedem Techniker, kurz jedem Fach- manne anstandslos zu, dass sie im Durchschnitt in ihren eigensten Schaffensgebieten zweifellos das beste Verständnis, das größte Wissen, die gründlichste Erfahrung und daher auch das richtigste Urteil besitzen, warum will man denn dem Biologen von Beruf nicht auch nach den Regeln des gesunden Menschenverstandes das- selbe gewähren! Nur diese sollen sich in der Mehrzahl irren?! Und zwar weil einige wenige Biologen, ich betone nochmals, dass es nur sehr wenige sind, zu anderen Urteilen als die ge- waltige Mehrheit gekommen, zu anderen Urteilen, die sich so be- quem in die altgewohnten Ueberlieferungen einfügen?! Wer ein wenig Psychologe ist, wird gerade hier doppelt vorsichtig prüfen! Aber so viele Fernerstehende meinen, die Ansicht dieser Wenigen sei die Ansicht der Majorität, weil sie dem vielverbreiteten Gerede Glauben schenken, dass die Wissenschaft die Descendenztheorie als „überwundenen Standpunkt“ betrachte! Das Unrichtige dieser Meinung geht schon aus vorstehenden Darlegungen hervor und wird durch das Folgende bekräftigt. Als es galt, das Facit zu ziehen über die Entwickelung der Biologie im 19. Jahrhundert, da sagte Oskar Hertwig, Direktor des anatomisch-biologischen Instituts der Berliner Universität auf der Versammlung deutscher Naturforscher zu Aachen (1900): „In der Entwickelungslehre besitzen wir eine auf Thatsachen beruhende, bleibende Errungenschaft unseres Jahrhun- derts, die jedenfalls mit zu ihren größten gehört“ [82]. Redet man so auf einer solchen Warte von einem „überwundenen Standpunkte“? „Das Kriterium der Wahrheit in den Naturwissenschaften ist die Bestätigung. In vier Jahrzehnten (vor 40 Jahren fand die Descendenztheorie zuerst Eingang in die Wissenschaft), muss eine VI Vorwort. Theorie entweder sich bestätigen oder sie muss fallen. Die Descendenzlehre ist aber keineswegs gefallen, sie ist durch viele gründliche Forschungen bestätigt worden und folglich in der Wissenschaft zu nahezu allgemeiner Anerkennung gelangt. Wäre die Descendenztheorie nicht mit gewissen Ueberlieferungen im Widerspruch, so würde sie in unserer Zeit als etwas Naheliegendes, fast Selbstverständliches er- scheinen.“ So äußerte sich auf der Naturforscherversammlung zu Hamburg (1901) H. E. Ziegler, Professor der Zoologie an der Universität Jena [198]. Und die große, fruchtbringende Bedeutung der Entwickelungs- lehre möge aus folgenden Worten ersichtlich werden, die der Vor- sitzende der „Deutschen Zoologischen Gesellschaft“, Professor Chun, der bekannte Leiter der deutschen Tiefsee-Valdivia-Expedition, jüngst auf dem letzten Zoologen-Kongress in Gießen (1902) an die Versammlung richtete: „Die gewaltige, durch keine Entdeckung und durch keine Spekulation einzudämmende Einwirkung der Des- cendenzlehre hat nicht zum wenigsten dazu beigetragen, dass alle Schächte, aus denen unsere Wissenschaft ihre Erkenntnis zu Tage fördert, sichtlich mehr und mehr vertieft werden“ (Verhandl. d. Deutsch. Zool. Ges., Leipzig 1902). : Ehe ich weiteres anführe, ist es notwendig, einige Worte über den sogenannten „Dar winısmus“ zu sagen, da ın weiteren Kreisen fast durchweg etwas ganz Unrichtiges darunter verstanden und von interessierter Seite diese Unklarheit ausgenutzt wird. Mit Nachdruck heißt es demgemäß und zwar ohne Fälschung der Wahr- heit, dass eine ganze Reihe hervorragender Vertreter der Wissen- schaft den „Darwinismus“ nicht anerkennen und wahrheitswidrig folgt dann der Schluss, dass die Abstammungslehre, die Ent- wickelungslehre demnach nicht mehr aufrecht zu erhalten sei. Die Descendenztheorie (Entwickelungslehre, Evolutions- theorie, Abstammungslehre) hat, streng genommen, mit der Dar- win’schen Lehre, mit der Selektionstheorie nichts zu schaffen, und das Wort Huxley’s besteht zu Recht, dass, wenn auch die Dar win’sche Lehre fortgefegt werden würde, die Descendenztheorie würde bestehen bleiben. Die Descendenztheorie behauptet, dass sich die Lebewelt all- mählich entwickelt habe und zwar, dass diese Entwickelung von sehr einfachen Lebewesen zu höheren, komplizierteren fortge- schritten sei. Die letzteren haben sich ım Laufe großer Zeiträume aus den ersteren entwickelt. Diesem Entwickelungsgedanken begegnen Vorwort. VII wir lange vor Darwin. Schon bei Anaxımander (620 v. Chr.), - Heraklit (500 v. Chr.) und Empedokles (geb. 540 v. Chr.) tritt die Abstammungslehre klar hervor, aber fast zwei und ein halbes Jahr- tausend mussten vergehen, ehe sich diese Weltanschauung mit den Namen Goethe, Oken, und vor allem durch Lamarck (1801 und 1809) zu mehr allgemeiner Anerkennung durchringen konnte, bis sie dann nach und nach die gesamte biologische Wissenschaft völlig durchdrang und beherrschte. Vgl. u. a. [15, 80, 171e|l. Darwin’s Lebensarbeit bedeutet die Verbreitung und eingehende Begründung dieser Lehre, als deren wesentlichste Stütze er die Selektionstheorie aufstellte, d. h. die Behauptung, dass die fort- schreitende Entwickelung der Tier- und Pflanzenwelt sich unter besonderen Selektionsbedingungen vollziehe. Die Auslese (Selektion) des für die Fortpflanzung, also für die Erhaltung der Art Passendsten durch den Kampf ums Dasein, durch die natürliche und geschlecht- liche Zuchtwahl, das ıst der eigentliche Darwinismus. Die Lehre von den Gesetzen dieser Entwickelung wird uns also in der Darwin’schen Lehre geboten, und über diese Gesetze wird in der Wissenschaft noch diskutiert, aber „immer fester steht die Evolutionslehre selbst. Sie hat den Naturwissenschaften die mäch- tigsten Impulse gegeben. Im Gegensatz zu den Folgen unreifer Irrlehren haben die zahllosen thatsächlichen Ergebnisse zu einer übereinstimmenden Befestigung der Lehre geführt. Ueber das „wie“ gehen freilich die Theorien auseinander; das än- dert aber nichts an der Thatsache.*“ So schrieb erst vor kurzem der bekannte Psychopathologe Prof. Dr. Aug. Forel [54]. Wie aber steht es mit der Palaeontologie, also mit der Lehre von den Versteinerungen, spricht auch die in den Schichten der Erde sich findende versteinerte Tierwelt für eine allmähliche Ent- wickelung? Wenn wir den gerade hier mit starker Betonung ein- setzenden Stimmen der Gegner trauen, so soll hier die Beweis- führung versagen, aber fragen wir die Palaeontologen selbst, welche nicht nur eine persönliche Ansicht, sondern zugleich die in ihrer Wissenschaft herrschende Meinung vertreten, so hören wir, „dass die von Darwin entfachte Bewegung wie ein Sturmwind durch die Palaeontologie gegangen ist. Dass viele der entworfenen Stammbäume wesenlos und viele Folgerungen un- haltbar waren, hat sich bald gezeigt, aber dennoch ist die Ueberzeugung von der inneren Berechtigung der Ab- stammungslehre inder Palaeontologie stärker gefestigt denn je, und wenn die Selektionslehre, wie sie Darwin ge- VIII Vorwort. schaffen hat, unter den Palaeontologen weniger Vertreter hat und die Form der Abstammungslehre, wie sie allmählich sich bei uns entwickelt hat, mehr auf Lamarck zurückweist, so ıst doch der Name Darwin’s innig und unvergesslich mit unserer Wissenschaft verbunden. Wir stellen uns auf den Boden der Descen- denzlehre, die den komplizierten Erscheinungen in der Aufeinanderfolge der Organismen gerecht wird und unser Kausalbedürfnis befriedigt.“ (Aus dem Vortrag des Pro- fessors der Geologie und Palaeontologie Ernst Koken [96a], ge- halten auf dem Naturforscherkongress (1901) in Hamburg.) Und „wenn der anfängliche Widerspruch gegen die Ab- stammungslehre rasch zu wiırkungslosen Protesten zusammen- schrumpfte, und die Diskussion, soweit sie von wissenschaftlicher Seite ausging, sehr bald auf den Gang und die Ursachen der Entwickelung eingeengt wurde, so darf das unbedenklich zum guten Teil auf den Umstand zurückgeführt werden, dass jede Ver- mehrung des palaeontologischen Thatsachenmateriales, wie jeder Fortschritt im Verständnis desselben die An- wendbarkeit der Abstammungslehre aufs neue erhärtete.* Mit diesen Worten des Professors Steinmann [171b], (Pa- laeontologe und Geologe an der Universität Freiburg ı. Br.), die an der Wende des Jahrhunderts gesprochen wurden, schließe ich diese kleine Auslese, die beliebig vermehrt werden könnte. Der unbefangene Wahrheitssucher möge aus dem Vorstehen- den selbst seine Schlüsse ziehen. Es genügt mir, klargelegt zu haben, dass die gesamte biologische Wissenschaft so gut wie ge- schlossen auf dem Boden der Entwickelungslehre vorwärts schreitet. Diese Beweisführung ist zugleich eine Rechtfertigung für den nach- folgenden bescheidenen Versuch, auf einem kleineren Gebiete zur Klärung der stammesgeschichtlichen Fragen einiges beizutragen. Und nun noch eines, was ebenfalls nicht für die Kreise der Naturforscher bestimmt ist, aber notgedrungen erörtert werden muss, da schon jetzt Angriffe gewisser Richtung — auf die er- wähnte im Biologischen Centralblatt erschienene Veröffentlichung hin — erfolgten. Infolgedessen ziehe ich es vor, einen zum min- desten an der engeren Frage über die Entwickelungsgeschichte des Bienenstaates Unbeteiligten, und auf vermittelndem Standpunkt Stehenden, reden zu lassen. „Es ıst sehr zu bedauern, dass die Meinung aufkommen konnte, als bedeute die Darwin’sche Lehre“ (hier ist die Descendenztheorie zus Vorwort. IX gemeint) „etwas der Religion Feindliches. Das ist absolut falsch. (Ebenso falsch wie die Dar win und seinen Anhängern zugeschriebene Behauptung, die jetzt lebenden Affen seien die Vorfahren der Men- schen. Das ist ein Unsinn, der sich leicht widerlegen lässt.) Ein Gegensatz von Forschung und Religion besteht nur für den, welcher einen Zwiespalt in dieser Hinsicht herbeiführen möchte. Wissen- schaft und Religion sind getrennte Gebiete. Die eine soll das Gebiet der anderen mit freundlicher Beachtung behandeln. Alle großen neuen Wahrheiten der Naturerkenntnis haben eine zeitlang das Schicksal erduldet, dass man sie als religionsfeindlich ver- schrien hat. So erging es mit der Lehre von der Umdrehung der Erde um sich selbst und um die Sonne. Diese jetzt selbstver- ständlichen Dinge wird niemand mehr mit Dogma und Glaubens- bekenntnis in Zusammenhang bringen. So wird und muss es auch werden mit der Erkenntnis des großen, gemeinsamen Bandes, das alle Lebewesen und auch den Menschen mit umschließt. Echte Religiosität darf die Wahrheit niemals fürchten und einem wahrhaft religiösen Menschen kann die neue Naturerkenntnis nicht schaden .... Innerhalb seines Gebietes, soweit es sich um die Entwickelung der Lebewesen aus niederen Anfängen handelt, muss der Naturforscher Alleinherrscher bleiben, aber zugleich muss er anerkennen, dass dies Gebiet seine Grenzen hat, über die hinaus er keine Antwort mehr schuldig ist, weil er sie nicht geben kann.“ „Auf der anderen Seite hat die Religion kein Recht, den Naturforscher in seiner ruhigen, gewissenhaften Arbeit zu stören; und die Wissenschaft wird sich durch keine Einreden in ihrem unbedingten Streben nach Wahrheit beirren lassen.“ Prof. Dr. Herm. Klaatseh-Heidelberg (Grundzüge der Lehre Dar win’s. 2. Aufl. 1901). Ich möchte nicht unterlassen, auch an dieser Stelle folgenden Herren für liebenswürdige Unterstützung meiner Zwecke, durch Ueberlassung von Litteratur- oder Illustrationsmaterial u. s. w. meinen verbindlichsten Dank auszusprechen; insbesondere bin ich Herrn Entomologen Friese-Jena (s. S. 4), sowie dem Direktor des Bremer Museums für Naturkunde Herrn Prof. Dr. Schauins- land, wie auch dem Museumsassistenten Herrn Alfken verpflichtet, in gleicher Weise den Herren Prof. Dr. H. E. Ziegler-Jena, Prof. Dr. Aug. Forel-Chigny pres Morges, Direktor Eduard X Vorwort. Drory-Berlin, Prof. Dr. Will-Rostock, Dr. Silvestri-Bevano, Prof. Dr. W. A. Nagel-Berlin, Prof Dr. Thierfelder-Berlin für mehrfache persönliche Bemühungen, ferner den Herren Prof. Dr. Hesse-Tübingen, Dr. Oskar Vogt-Berlin, Direktor des Neuro- Biologischen Instituts, Prof. Dr. v. Dalla Torre-Innsbruck und Dr. Wesenberg-Lund-Lyngby (Kopenhagen). Berlin S.W. 11. 1903. Dr. v. Buttel. Inhaltsverzeichnis. Vorwort. Einleitung RE ar ER Verfahren der alten Tierpsychologie: — Vermenschlichung der Tierwelt; — Instinktsdefinition; — Ameisen und Bienen keine Reflexautomaten; —. Die unbekannte Kraft Bethe’s; — Physio- logie ohne Biologie. Die phylogenetische Entwickelung . Stammbaum a Ist Sphecodes ein Schmarotzer? ae ni, Eine sich zum rn umgestaltende Art Achnlichkeit der Kuckucksbienen mit ihren Wirten. Schmarotzerhummeln. Die solitären Bienen EEE A Vor: Anwendung der Darwin’schen Lehre auf Bienen. Abstammung von den Grabwespen. Lebensweise der solitären Bienen Nestbauten; — Tapezieren der Nester; — ‚Entwickelungsdauer vom Ei zur Imago; — Schlupfwespen als Feinde und Schutz- mittel dagegen; — Zweck des Tapezierens; — Kommt Farbensinn hierbei in Betracht?; — Gedächtnisprozess beim Nestbau; — Nestvorbauten. Soziale Instinkte bei den Solitären. Verteidigungs- instinkt. Nestkolonien ; — Steigerung des Mutes durch \ Vergesellschaftung. Gemeinsame Ueberwinterung Gemeinsamer Flugkanal Das Nest von Halictus guadricinctus Der Kontakt von Mutter und Kind See Vermeintliche Mutterliebe bei den Insekten; — Untersuchung der Ovarien von Halictus sexeinetus. Bebrütung der Zellen Bewachung des Nestes Einwirkung der Insektenmutter auf die Nachkommen; — Ver- s erbbarkeit persönlicher Eigenschaften; — Vererbung bei der Honigbiene. Parthenogenesis bei Halictus . . .. . Fortschritt zur ersten Kolonie. a a a Solitäre Ueberwinterung der Hummelweibchen ;. — Vergehen der Brunst bei eierlegenden jungfräulichen Weibchen ; — Hummeln kehren unter ungünstigen Bedingungen zur solitären Lebens- weise zurück. Biologischer Stammbaum . Biologische Ba reang® Die sozialen Apiden Die Hummeln — ein wichtiges Vebergangsglied. Die Wachserzeugungsverhältnisse bei den Hummeln . Ausschwitzen des Wachses auf dem Rücken. Brutpflege bei den Hummeln : Kontakt zwischen Mutter und Kind ist keine Veranlassung : zur Staatenbildung; — Solitäre Wespen füttern die Brut andauernd. Seite III—X 1—3 4—72 4—5 4—7 7—31 7—17 17—19 9—21 9-09 22—24 4—26 26 26 27 27 20 30 31 31--72 31—32 32—33 XI Inhaltsverzeichnis. Anlage der ersten Zelle bei Hummeln. 34—35 Uebergang der Fütterungsweise nach Art der Solitären bis zu derjenigen der höchststehenden Apiden ; — Biogenetisches Grund- gesetz. Wie entstehen die kleinen Hilfsweibchen bei den Hum- meln? . ’ 35— 86 Art der Eiablage bei Hummeln und Zahl der Eier; — Abtragen der Zellen; — Zahl der Volksinsassen. Unterschiede zwischen Hummel- und Bienenarbei- terinnen . 2 36—37 Zwergarbeiter bei Hummeln. Die sozialen Instinkte bei Hummeln 38 Das sogenannte Bebrüten der Zellen 38—39 Der „Trompeter“ beiden Hummeln 39—42 Biologische Bedeutung. Uebergang von Hummeln zu Meliponinen 42 Anzahl der Meliponinen-Arten und Größe; — Die kleinste Biene der Welt. Das Wachsschwitzen bei den Meliponinae . 42—44 Absondern des Wachses bei Arbeiterinnen und Männchen auf dem Rücken. Das Wachsgebäude der Meliponinen, . Hs Haie Ai Regellose Zellen und wabenförmige Anordnung; — Alle Zellen öffnen sich nach oben; — Schutzmantel; — Aufspeicherung von Propolis. Die Nester der Meliponinen 46—47 Abtragen der einmal gebrauchten Z ellen. Die Br utpflege bei den Meliponinen. . 47—48 Entwickelungsdauer; — Viele jungfräuliche Königinnen im | Volk. Die Ausbildung typischer Arbeiterinnen. E 48 —54 Perennierende soziale Wespen ; — Instinktsv eränderungen haupt- sächlich bei der Königin; — Anhänglichkeit an die Köniein Das Problem des Schwärmens. . 51-55 Differenzierung der Geschlechter; — Arbeitsteilung "bei den Meliponinen; — Wachsschwitzen der Männchen, Soziale Instinkte bei den Meliponinen 56—59 Verhalten der Arbeiter zur Königin. Die Eiablage bei den Meliponinen 57—58 Die Waffen der Meliponinen . 38—59 Apis dorsata. h . 59-65 Kunstfer De des Wabenbaues; = Wandern; — Schwär men; — Ortssinn; Entwickelung; — Domestikation unmöglich. Apis florea i 65— 70 Wabenbau; — Dr ohnenschlacht ; — Klammeror gan der Drohne; — Zellengr öße; — Größe der Individuen; — Schwärmen; — Ei- ablageinstinkte dieselben wie bei Apis melliia, Apis mellifica { . 70—72 Königin den Volksinstinkten entr ückt; —_ Art der aa _ Notwe endigkeit der drei Zellenarten; — Schwärminstinkte; — Spurbienen ; — Sammelinstinkt; — Stets mehrere Waben wie auch bei Apis indica; — Alte Instinkte bei Apis Fasciata ; — Frei- bauende Völker; — Direkte Vorfahren der Di s-Arten fehlen. Inhaltsverzeichnis der Zusätze . u e 5 74 Zusätze 1—12. . . A 75 —123 Litteraturverzeichnis . . 124—132 Alphabetisches Register. . 133—138 Einleitung. Den nachfolgenden Ausführungen hegt in den Grundzügen ein auf dem Zoologen-Kongress in Gießen (1902) gehaltener Vortrag zu Grunde. Der Stoff wurde wesentlich vermehrt und im besonderen auch die so überaus interessanten Lebensgewohnheiten der ein- samen Sammelbienen und der Hummeln, sowie der tropischen stachellosen Bienen (Meliponen und Trigonen) u. s. w. nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse einer mehr ausführlichen Schilderung unterzogen, ohne dabei auf alle Einzelheiten einzugehen. Einige wenige Wiederholungen erschienen zur leichteren Klarstellung der Verhältnisse zweckdienlich. Unsere Kenntnisse über die Entwickelung der Koloniebildung von den solitären Bienen bis hinauf zur Apis mellifica L. sind leider noch recht lückenhafte und sie werden niemals vollständige werden, da viele Zwischenglieder ausgestorben sind. Wir sind daher mehr- fach auf Hypothesen angewiesen. Das wirkliche Thatsachenmaterial ist ein dürftiges, so dass es fast zu gewagt erscheint, auf Grund der spärlichen sicheren Angaben einen Ausbau zu wagen. Viel- leicht vermag aber dieses Wagnis uns dennoch einen näheren Ein- blick, eine vielleicht richtigere Erkenntnis der sozialen Vorgänge und demgemäß der Entwickelung der sozialen Instinkte bei den Apidae zu gewähren. Es erscheint ferner angezeigt, einmal ein festes Gerüst zu erbauen, damit weiterer Forschung Gelegenheit geboten ist, die nötigen Verbesserungen anzubringen. Bezüglich der Behandlung der sozialen Instinkte möchte ich erwähnen, dass meines Erachtens ein gut Teil der Aufgaben der modernen Tierpsychologie schon lediglich darin besteht, die alten, oft sehr fest gewurzelten, anthropomorphistischen Uebertragungen auszumerzen. Der alten Tierpsychologie wäre es z. B. nicht schwer gefallen, die verwickelten Verhältnisse, die verborgenen Triebfedern im Staate der Bienen zu erläutern. Die Erklärung ist ıhr ın der That auch leicht gewesen, sie übertrug einfach die menschlichen Verhältnisse in diese Insektenkolonie und sah in der Königin die Beherrscherin, die Regentin, und in den Arbeiterinnen die getreuen Unterthanen. Wie oft wies sie auf diese „verständigen Tierchen“ hin, auf diesen idealen Staat, wo ein Wille das Ganze regiere, auf 1 2 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. die Vasallentreue, auf die ideale Verkörperung der monarchischen Idee u. s. w. Dieser supponierte Autokratismus ist nun thatsäch- lich im Bienenstaate nicht vorhanden, wir haben, wenn wir nun einmal eine anthropomorphistische Bezeichnung verwenden wollen, vielmehr einen „Kommunismus“ vor unst). Aber schon Espinas hat auf „die Gefährlichkeit der Vermengung der von der niederen Tier- welt gebotenen Erscheinungen mit denen der menschlichen Gesell- schaft“ hingewiesen, „weil die Beweggründe, welche beide be- stimmen, durch eine so tiefe Kluft getrennt sind, dass die Thatsachen nicht einmal dann gleicher Natur sind, wenn sie dem äußeren An- schein nach gleich sind. Um so mehr hat man sich zu hüten, so unähnliche Erscheinungen unter einer Bezeichnung zusammenzu- fassen. Die Verwirrung der Ausdrücke zieht in solchen Fällen eine dauernde Verwirrung der Vorstellungen nach sich“. Trotz dieser Erkenntnis hat Espinas sich nicht aus der festeingewurzelten Ver- menschlichung der Tierwelt zu befreien vermocht und seine ver- gleichend psychologischen Untersuchungen der tierischen Gesell- schaften (Uebersetzt von Schloesser, Braunschweig 1879) werden bei den modernen Tierpsychologen vielem Widerspruch begegnen. Ueber die Berechtigung einer vergleichenden Tierpsychologie brauche ich — trotz Bethe, Loeb etc. — mich hier nicht weiter zu ver- breiten, ich verweise nur auf die Namen Darwin, Haeckel, Was- mann, Forel, Wundt, Romanes u. s. w.?). Allen tierpsychologischen Erörterungen wird stets das subjektiv Menschliche ankleben, da wir der Analogieschlüsse nicht entraten können, aber da Anatomie, Morphologie und physiologische Experi- mente uns den Beweis liefern, dass — um hier bei den Bienen zu bleiben — die Organisation dieser Insekten in jeder Weise sehr tief unter der menschlichen Organisation steht, so dürfen wir zur Erklärung selbst anscheinend hochstehender Handlungen, vor- erst nur einfache oder komplizierte Reflexe (Instinkte)?) heranziehen, sowie etwaige Modifikationen der Instinkte, die vollkommen ohne jede Bewusstseinsqualitäten verlaufen können®). Wir müssen also 1) Ziegler, H. E., Die Naturwissenschaft und die sozialdemokratische Theorie, Stuttgart 1894. 8. a. Bregenzer, Tierisches Sittlichkeits- und Rechtsgefühl. Leipzig 1901. Forel, Die Ameise, Zukunft, Nr. 27, 1898. 2) S. auch A. Forel, Die Berechtigung der vergleichenden Psychologie und ihre Objekte. Journ. f. Psychol. u. Neurol., 1. Bd., 1902. 3) Ziegler, H. E., Ueber den Begriff des Instinktes. Verhandl. d. deutsch. zool. Gesellschaft 1892; ders. Ueber den derzeitigen Stand der Descendenzlehre in der Zoologie, Jena 1902 (klare übersichtliche Schrift); auch Weismann definiert in derselben Weise (Vorträge über Descendenztheorie, 2. Bd., p. 80, Jena 1902). 4) Der Instinkt beruht wie der Reflex auf angeborenen Fähigkeiten; der Ab- lauf der Vorgänge wird durch die ererbten Triebe bestimmt. Bei der Apis mellifica finden wir, wie ich glaube nachgewiesen zu haben, neben den Instinkten eir plastisches Vermögen, welches sich dadurch dokumentiert, dass im individuellen v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 3 versuchen, die biologischen Vorgänge auf einfachste Art einer Deu- tung nahe zu führen. Dieses Bestreben, die allzugroße Vermensch- lichung aus der Tierpsychologie zu verbannen, hat nun nach der anderen Seite hin über das Ziel hinausschießen lassen und speziell für die Insekten, die Annahme gezeitigt, dass wir selbst in den höchst- stehenden Formen — den Ameisen und Bienen — nur Reflex- automaten zu erblicken hätten, denen kein Modifikationsvermögen ihrer Instinkte zukäme. Diese Tiere sollen nicht die Fähigkeit haben, enbiontische Associationen bilden zu können!), sie sollen also keine Erfahrungen sammeln und demnach kein Lernvermögen besitzen. Eine „unbekannte Kraft“ (Bethe)?) soll — um wiederum nur die Bienen heranzuziehen — den Heimflug regulieren u. s. w. Ich gehe hier nicht weiter darauf ein, da ich in der vorhin ange- zogenen Arbeit genügend nachgewiesen zu haben glaube, dass nur eine mangelhafte Kenntnis der Bienenbiologie zu einer solchen über- physiologischen Schlussfolgerung gelangen konnte. Ueberdies sind die für eine „unbekannte Kraft“ vorgebrachten Beweise so über- aus unzulängliche und sich widersprechende, dass wır bei unseren späteren Betrachtungen derartige vage Hypothesen auszuschließen haben. /Vgl. Zusatz 4.] Dass die Physiologie ohne Biologie vielfach nicht zu allgemein befriedigenden Resultaten gelangen kann, vor allem in der Beur- teilung der Lebensvorgänge bei niederen Lebewesen, dürfte ein- leuchtend sein, doch scheint es, als wenn neuerdings auf physio- logischem Gebiet auf abweichenden Pfaden der Lösung der Probleme zugeschritten werden soll. Ich kann mir hiervon keine Vorteile versprechen. /Vgl. Zusatz 1.] Leben Erfahrungen gemacht werden können infolge von Gedächtnis-, Lern- und Associationsprozessen (s. v. Buttel-Reepen, Sind die Bienen Reflexmaschinen ? Biol. Centralbl., 20. Bd., N. 4—9, 1900; auch im Buchhandel in erweiterter und mit alphabetischem Register versehener Ausgabe, Leipzig 1900). Den Erklärungen des Instinktbegriffes verschiedener Tierpsychologen z. B. von Wundt (Vorlesungen über die Menschen- und Tierseele, Leipzig 1563, zweite gänzlich umgearbeitete Auf- lage 1892), ferner Schneider (Der tierische Wille, Leipzig 1580) u. s. w. u. s. w. vermag ich mich nicht anzuschließen, da entweder die Vererbung von Gewohnheiten oder Bewusstseinsprozesse etc. zur Definition herangezogen werden. Auch die Was- mann’sche Instinkterklärung (Instinkt und Intelligenz im Tierreich, 2. Auflage, Freiburg i. Br. 1899), welche die „willkürlichen Thätigkeiten“ in den Instinkt ein- bezieht, vermag ich nicht zu acceptieren. Bei dieser Erweiterung des Instinkt- begriffes verlieren wir den präzisen gegensätzlichen Standpunkt zwischen ererbten und im individuellen Leben erworbenen Fähigkeiten, vergl. a. Edinger, Hirn- anatomie und Psychologie. Berl. klin. Wochenschr. Berl. 1900. 1) Ziegler, H. E., Theoretisches zur Tierpsychologie und vergleichenden Neurophysiologie, Biol. Centralblatt, Bd. 20, Nr. 1, 1900. 2) Bethe, Albrecht, Dürfen wir Ameisen und Bienen psychische Qualitäten zuschreiben? Arch. f. d. ges. Physiologie, Bd. 70 (auch im Buchhandel, Verlag Emil Strauss, Bonn), 1898. ]* 4 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Die phylogenetische Entwickelung. „Jede heute sich darbietende Theorie muss darauf ge- fasst sein, sich bald schon neuen Thatsachen gegenüber- gestellt zu sehen, welche sie zu einem mehr oder weniger eingreifenden Umbau zwingt. Das darf uns nicht abhalten, unsere Ueberzeugung nach bestem Vermögen auszuge- stalten und scharf und bestimmt hinzustellen, denn nur bestimmt begrenzte Vorstellungen sind widerlegbar und können, wenn sie irrig sind, verbessert, wenn falsch, ver- worfen werden; in beiden aber liegt der Fortschritt.“ Aug. Weismann. Vorträge über Descendenztheorie 1902. Wollen wir versuchen, die phylogenetische Entwickelung der Koloniebildung im Stamme der Bienen klarzulegen, so müssen wir von den Vorfahren, den Grabwespen ausgehen!) und einen Weg verfolgen, der uns bis zur Apis mellifica hinaufführt. Der schwierige Pfad durch die vielen Arten der solitären Apiden wurde mir durch die freundlichen Hinweise des bekannten Entomologen H. Friese sehr erleichtert, wofür dem geehrten Freunde (wie auch für mancherlei Litteraturangaben) herzlicher Dank abgestattet sei. Stammbaum. Nach dem Stande der heutigen Kenntnisse der Systematiker speziell nach der Auffassung von Friese gebe ich nachstehend zur besseren Uebersicht einen Stammbaum, der die vermutete Entwickelung darstellen soll. Friese legt, und mit vollem Rechte, den Hauptwert auf die Sammelapparate und fixiert nach der Ausbildung dieser. die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gattungen untereinander?). Der frühere Versuch Langhoffer'’s?), nur die Mundteile zu berücksichtigen, führt in dieser Hinsicht zu unhaltbaren Konsequenzen. Ist Sphecodes ein Schmarotzer? Ob sSphecodes mit Recht als unterstes Glied in der Reihe der Beinsammler betrachtet werden darf (siehe Stammbaum), erscheint mir fraglich. Nach den Beobachtungen von P. Marchal, Ferton, Alfken, Breitenbach, Morice, Perez, Sickmann, Sladen (siehe Litteraturverzeichnis) und nach meinen eigenen haben wir es entweder mit einem richtigen Schmarotzer zu thun oder, was mir wahrscheinlicher ist (s. a. Ferton, L’evolution etc.), mit einer Gat- tung, die im Begriffe steht, sich zu einem parasitären Leben umzu- gestalten. Unter dieser Annahme würden sich auch die wider- sprechenden Beobachtungen über die Lebensweise von Sphecodes er- 1) Müller, Hermann, Anwendung der Darwin’schen Lehre auf Bienen. Verhandl. d. naturh. Ver. preuß. Rheinl. 29. Jahrg., 9. Bd., Bonn 1872. 2) Sowie die exotischen Bienen näher bearbeitet sein werden, wird diese Auf- stellung eine Veränderung zu erfahren haben. [ Vgl. Zusatz 2.1 3) Beiträge zur Kenntnis der Mundteile der Hymenopteren, I. Apidae; Biol. Centralbl., Bd. 18, Nr. 16, 1898; Autoreferat. d v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. uwads9mgeıg ee —— WUWTIPUWWES DISV soyhy9DL, (aaJwwesurog) (&) sEpoaayds-__ snppH | puaıpuy eg DONE DAMM z | snud.ınung ge Se sapıog9 oT oydo.4gshg | | 6 »a.1no[nT snb.umunT sıdos9oM | soyıydory | 6: opodksp(T Don] 6 DAN & | ».1oydoyup 6; (nssopenT)/ snqwog sıdy "ISOLLT yovu wmequug)s SNI90]DSSDT SNA3I0SS04/) snquUopouT (aajwwesyoneg) sıdoso4T \ \ / e / E En so921109 5 \ Du17D.9) SOPDALT vdoooyhX vrus( a 8 snb.unyavT DWOPOINDY) ayyandanr | DSNYIDAL | unpıypıy 6 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. klären lassen. Während alle oben erwähnten Autoren das Eindringen in fremde Nester beobachteten, konstatierten die französischen For- scher erbitterte Kämpfe von Sphecodes mit den Nestinhabern. /Vgl. Zusatz 3.] Andere fanden Sphecodes-Arten beim Ausgraben in den Nestern von solitären Bienen (Breitenbach, Sladen) und Alfken sah Sphecodes sich in bereits fertig gestellte und zugeschüttete Nestbauten wieder eingraben. Nun pflegt ein echter Parasit nie zu kämpfen. Merkwürdig ist auch, dass aus Zellen von solitären Bienen niemals ein Sphecodes herangezüchtet wurde. Friese er- wähnt in seinen „Beiträgen zur Biologie der solitären Blumen- wespen“, dass, wenn auch Zellen und Larven von Sphecodes noch nicht bekannt seien, eine schmarotzende Lebensweise wohl kaum in Frage zu kommen scheine. Dieser Forscher neigt mehr der Ansicht zu, dass entweder ein symbiotisches Verhältnis vor- walten möge oder dass wir es mit der eben erwähnten Möglichkeit zu thun haben, nämlich mit einer Art, die sich in einigen Gegenden dem parasitären Leben zuwendet. Diese letztere Ansicht ist ihm aber unwahrscheinlicher. Hermann Müller (l. ce.) behauptet, dass F. Smith beobachtet habe (Catalogue of British Hymenoptera, Part. I, p. 15, 16, London 1855), Sphecodes „füttere seine Brut selbständig“. Diese Aeußerung ıst, wie ich finde, nicht zutreffend. Smith sagt das Folgende: „Im Jahre 1849 entdeckte ich eine gemischte Kolonie von Halietus abdominalis, Andrena nigroaenea, Halictus morio, Sphecodes sub- quadratus und Sphecodes Geoffroyellus. Da diese Kolonie sich un- weit meines Hauses befand, hatte ich oft Gelegenheit, sie zu be- obachten; meine Besuche waren häufig und ich machte genaue Beobachtungen über das Verfahren der Bienen; nichtsdestoweniger konnte ich niemals entdecken, dass Sphecodes in die Halietus-Nester eindrang. Diejenigen Nestlöcher, in welche die erstere Art hinein- ging, waren von geringerem Durchmesser als die von Halietus, und zwar in der Größe zwischen denen von Halictus abdominalis und Halictus morio — und zu schmal, um die Weibchen von ab- dominalis hineinzulassen. Diese Vorgänge beobachtete ich zu ver- schiedenen Malen .... Als ich die Kolonie an einem trüben Morgen besuchte, sah ich zu meiner Freude die Köpfe der Nestinhaber an den Mündungen der Löcher — die Halictus-Arten in ihren eigenen Nestern und Sphecodes auch in seinen eigenen. Ziehe ich das Facit der Beobachtungen an dieser Kolonie, so glaube ich noch fester als zuvor, dass Sphecodes „is not a parasite“. Seit der Zeit, als diese Beobachtungen gemacht wurden, habe ich zu verschiedenen Malen Sphecodes eifrig beim Graben seiner Gänge beschäftigt ge- funden, eine Thatsache, welche, so denke ich, die Richtigkeit meiner oben ausgesprochenen Meinung bestätigt“. Man kann aus dieser Schilderung wohl annehmen, dass Sphe- v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 1 codes seine Brut selbständig füttert, aber thatsächlich beob- achtet ist es nicht. Bei den so sehr widersprechenden Angaben über die Lebens- weise von Sphecodes sind weitere Forschungen daher notwendig. Erwähnt möge noch werden, dass die große Aehnlichkeit der beiden Arten Halictus und Sphecodes ebenfalls auf ein Schmarotzer- tum hinzuweisen scheint. Ueberblicken wir nämlich die Reihe der Schmarotzerbienen, so finden wir auffallende morphologische Ueber- einstimmungen zwischen den Schmarotzern und ihren Wirten, so z. B. bei Stelis und Anthidium, Psithyrus und Bombus, Coelioxys und Megachile, Melecta und Anthophora und es dürfte unter den Bienenforschern wohl niemand bezweifeln, dass sich diese Kuckucks- bienen erst phylogenetisch aus den betreffenden, jetzt als Wirte fun- gierenden Bienenarten entwickelt haben. Auch diese Parallelerscheı- nung weist anscheinend darauf hin, dass Sphecodes ein Schmarotzer ist oder im Begriffe der Umwandlung steht. Männchen von Halictus und Sphecodes werden regelmäßig verwechselt. Im Zusammenhang mit dieser Frage möchte ich anführen, dass auch bei den Schmarotzer- hummeln (Psithyrus) ein typisches Schmarotzertum noch nicht ein- getreten zu sein scheint. Nach den Beobachtungen Hoffer’s!) ist noch ein selbständiges Füttern der Brut sehr wahrscheinlich, ob- gleich die Sammelapparate schon vollkommen zurückgebildet sind. Hier scheint also halb Symbiose und halb Schmarotzertum vorzu- walten. Möglicherweise haben wir Aehnliches bei Sphecodes. Die solitären Bienen. Hermann Müller hat in seiner „Anwendung der Darwin’schen Lehre auf Bienen“ (l. c.) die Abstammung der Bienen speziell der solitären von den Grabwespen ausführlich begründet. Seine An- schauung gilt auch heute noch ım allgemeinen als vollkommen zutreffend. /Vygl. Zusatz 5.] Wir wenden uns daher sofort der Lebensweise der solitären Bienen zu. Bei diesen einsam Sammelnden hat jedes Weibchen sein eigenes Nest, aber bei manchen Arten stehen die Nester nahe beisammen (Nester-Kolonie). Da sich die Kenntnis der Lebensgewohnheiten dieser Solitären im allgemeinen nur auf einen kleinen Kreis von Entomologen beschränkt, aber viel Interessantes dabei vorhanden ist, gehe ich hier etwas ausführ- licher vor. Als Typus eines sehr einfachen Nestbaues lässt sich der von Osmia papaveris Ltr. bezeichnen. Im Juni oder Juli gräbt das ungefähr 11 mm lange Weibchen eine einfache ampullenförmige Höhle (s. Fig. 1) senkrecht in den Sandboden. Wenn diese Zelle fertig gestellt ıst, geschieht etwas Wunderbares. Die Wiege wird 1) Hoffer, Ed., Die Schmarotzerhummeln Steiermarks. Graz 1889. 16) v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. mit purpurleuchtenden Stoffen ausgekleidet. Aus den roten Blüten- blättern des Papaver rhoeas (Klatschmohn) schneidet die Osmia Streifen heraus und tapeziert die Wände der Zelle damit. Nun wird von Centaurea cyanus Blütenstaub und Nectar eingetragen und oben darauf ein Ei gelegt. Die in dem Hals der Zelle be- findlichen Teile der Mohnblätter dienen zum Verschluss und über diesen Verschluss trägt das Weibchen Erdkörnchen bis die Oeffnung gefüllt ist, so dass auch das schärfste Auge keine Spur des Nest- baues mehr entdecken kann. Nach wenigen Tagen schlüpft ım allgemeinen bei den Ösmien die Larve aus der Eihülle aus und nach ° Nest von Osmia papa- veris Ltr. Unten in der Zelle der Futterbrei aus Blütenstaub und Nectar, darauf ein Ei. Die punk- tierte Linie zeigt die Grenze des Verschlusses. Schematisch. z, BAREN Nest von Megachile centuncularis. Links oben die Rosenblattausschnitte, rechts das Weibchen; unten das mit den Ausschnitten tapezierte Nest. etwa Monatsfrist, während der sie den mit Nectar durchdrungenen Pollenballen verzehrt hat, spinnt sie sich in einen Kokon ein. Nach weiteren 14 Tagen vollzieht sich die Verpuppung und je nach der Witterung geht entweder die Puppe als solche durch den Winter oder sie entwickelt sich zur Imago!). Die geschlechtsreifen Insekten (Imagines) verlassen die Zelle aber nicht vor dem Frühling, je nach Erscheinungszeit, Osmia cornuta Ltr. z. B. bereits Ende März, die Os- mia papaveris erst im Juni u.s. w. Viele Solitäre, z. B. die Mörtel- biene (Chalicodoma muraria F.), bleiben unter Umständen ein ganzes 1) Bei den meisten anderen Bienenarten geschieht die Ueberwinterung nach Verhoeff u. A. im Zustande der nicht zehrenden Larve. S. a. Herm. Müller, Ein Beitrag zur Lebensgeschichte der Dasypoda hirtipes, Verh. d. nat. Ver. d. Rheinl., Jahrg. 41, 5. Folge, 1. Bd., 1884. H. Friese, Beiträge z. Biologie 1. c. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 9 Jahr als Larven liegen und schlüpfen erst im Frühling resp. Sommer des zweiten Jahres aus. Es scheinen hier oftmals nur Witterungs- umstände maßgebend zu sein. So fanden Friese und ich in diesem Jahre bei Jena nur Imagines in den erst im letzten Jahre ange- legten Nestern der Chalicodoma. Der vorjährige warme Herbst hatte augenscheinlich eine schnellere Entwickelung begünstigt. Die Zellen dieser Mörtelbiene sind an Felswänden dicht beieinander angeklebt und mit einem oft !/, cm starken eisenharten Ueberzug ver- sehen, der von der Biene aus feinen durch Speichel verklebten Stein- körnchen hergestellt wird. Das Loslösen eines Chalicodoma-Nestes ist kaum anders möglich als mit Meißel und Hammer. Rätselhaft erscheint es, wie die Larven 20 Monate und länger in ihrem hermetisch geschlossenen Steinverließ ohne Zutritt von Luft zu gedeihen vermögen. Der allerdings sehr herabgestimmte Lebens- prozeß dürfte hier nur durch intramoleculare Atmung zu erhalten sein. Und fast noch rätselhafter will es uns bedünken, dass eine kleine Schlupfwespe (Monodontomerus nitidus) ihren zarten Legestachel durch die dicke steinerne Zellwand hindurchzutreiben vermag, um die Larven oder Puppen zu infizieren. Diese Zellwand widersteht einer feinen stählernen Nadel vollkommen. /TVgl. Zusatz 6.] Bei einer anderen Gattung, den Blattschneiderbienen (Megach:linae) ist die Gewohnheit des Tapezierens der Zellen bei sämtlichen Arten verbreitet. Diese verwenden die Blätter der Ulmen, Rosskastanien, Rosen, Birn- und Apfelbäume, Birken, Syringa etc. (s. Fig. 2). Der biologische Wert dieses Austapezierens ist nicht ganz klar. Solange die Bienen in Sand bauen wird dadurch eine Festigung der Wände erzielt und das Verschütten verhindert, aber viele Arten bauen auch in lehmhaltigem Sande, wo diese Gefahr nicht zu be- fürchten ist, andere wieder in hohlen Stengeln, Pfosten, Balken und tapezieren doch. Und wieder andere Bienengattungen, welche dieselben Medien für ihre Nester benutzen, tapezieren nicht und gedeihen vortrefflich. Auch die Entstehung dieses Instinktes er- scheint bis jetzt völlig unerklärlich, da wir hier Handlungen, die auf Ueberlegung beruhen, auszuschließen haben. Nielsen!) erwähnt folgendes in dem englisch geschriebenen Resum& seiner dänischen Schrift. „Zwei Gruppen dieser Bienen machen besondere Behälter für das Larvenfutter. Bei der einen Gruppe ist die Zelle so kräftig und der Feuchtigkeit widerstehend, dass ein Kokon (dessen Hauptzweck der ist, die Feuchtigkeit ab- zuhalten) für die Puppe unnötig ıst und daher sowohl von den Wirten als auch von den Schmarotzern dieser einen Gruppe nicht mehr verfertigt wird. (Podalirius| Anthophora], Colletes, Prosopis). 1) Nielsen, J. C., Biologiske Studier over danske enlige Bier og deres Snyl- tere. Vidensk. Medd. fra den naturh. Foren i. Kbhvn. 1902. 10 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Die zweite Gruppe baut im Gegenteil die Behälter aus vegetabilischem Stoff, welcher, sobald sein Zweck — den Honig vor dem Ausfließen zu bewahren — erfüllt ıst, verwelkt und dann keinen Schutz gegen Feuchtigkeit gewährt. In diesem Falle ist ein Kokon für die Puppe notwendig und wird daher von den Wirten und Schmarotzern ge- sponnen (Megachele, Anthidium, Osmia).* Die Angaben über das Kokenspinnen sind, nebenbei erwähnt, zum Teil unrichtig!), und auch die Ansicht, dass die Blätteraus- kleidung den Zweck habe, den Honig vor dem Versickern zu be- wahren, vermag ich nicht als eine völlig befriedigende Erklärung anzusehen, da bei vielen der in Frage kommenden Arten nur Pollen, der mit Honig befeuchtet ist, zur Aufstapelung gelangt. Aus diesem konsistenten, knetbaren sogenannten Futterbrei dürfte sich der relativ wenige Honig kaum so schnell wieder aussondern, nament- lich nicht in Holzwohnungen. Ob die folgenden Beklaransen aber befriedigender sind, wage ich nicht zu entscheiden. Sehr wahrscheinlich verhindert die bei den Nestern der Mega- chilinae vecht dicke Tapezierung aus verhältnismäßig kräftigen Blättern das Eindringen von Feuchtigkeit. Bei der Osmia papaveris ist möglicherweise ein besonderer Schutzdienst durch die toxischen Eigenschaften der Mohnblätter vorhanden und es lässt sich phylo- genetisch verstehen, dass wenn eine Bienenart sich einmal ange- wöhnte, eine Nestauskleidung vorzunehmen, diejenigen Individuen, welche sich toxisch wirkender Blätter, in diesem Falle also der Mohn- blätter bedienten, im Kampfe ums Dasein insofern Vorteile erzielten, als vielleicht Eindringlinge dadurch abgehalten wurden und die Wucherung von Schimmelpilzen unterdrückt oder eingeschränkt wurde. Jedenfalls sehen wir, dass diese Osmien-Art sich aus- schließlich auf den Gebrauch der Mohnblütenblätter beschränkt. Ferton?) nimmt an, dass es die Vorliebe für die rote Farbe sei, da andere zur Gruppe der papaveris gehörenden Osmien-Arten auch rote Blumen bevorzugen; so benutzt Osmia cristata Fonscol die rötlich violetten Blumenblätter von Malva sylvestris, dıe Osmia lanosa Perez ebenfalls Mohn und Osmia Saundersi Vachal die Oentauren micrautha. Ferton meint ferner, dass diese Osmien, weil sie diese Art Blumen beflogen haben, auch sich angewöhnten deren Blumen-Blätter zu benutzen und so auch zur Züchtung roter Blumen beigetragen hätten. Nun befliegt zum mindesten Osmia papaveris aber den Mohn nicht, sondern sammelt mit Vorliebe auf der blauen Centaurea eyanus. Eine zu dieser Gruppe nicht 1) Friese, H., Die Schmarotzerbienen und ihre Wirte. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. 3. Bd., 1888, p. 858. 2) Ferton, Ch., Sur les moeurs de quelques Hymenopteres de la Provence. Act. d. l. Soc. Linn. d. Bordeaux 1893. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 11 gehörige Osmia villosa Schenk kleidet nach Morawitz!) im Salz- burgischen ihre Zellen ebenfalls mit roten Mohnblättern aus. Fig. 3°). Osmia M. Osmia M. Osmia M. Osmia M.Y Osmia M. Osmia M. Cryptus W. Kokon (Schmarotzer) Osmia M. Futterballen eingetrocknet Osmia W. Puppe 7 Nest von Osmia rubiecola Friese in einem hohlen Brombeerstengel Schematisch. Fig. 4**), Nest von Osmia aurulenta Pz. im Gehäuse von Helix pomatia ('|, nat. Gr.). Dieselbe Art benutzt aber nach Perez?) in den Pyrenaeen die gelben Blätter der Moconopsis cambrica und Friese?) fand, dass sie im Badischen die Zellen mit den gelben Blütenblättern von Ra- nunculus acer und Hieracium austapeziert; dabei wird keine der erwähnten Pflanzen zugleich als Sammelstelle von Nectar oder Pollen benutzt. Es dürfte sehr schwierig sein, diese interessanten Ver- hältnisse völlig klar zu stellen. Sehr selten finden sich bei den solı- tären Bienen Nestbauten, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen, wie die von Os- mia papaveris*). Einen Fortschritt in *) Aus: Ösmienstudien, von H. Friese in Entom. Nachr. 17. Jahrg., Nr. 17, Berlin 1891. **) Aus: Ueber Osmiennester von H. Friese in Illustr. Zeitschr. f. Entom., Bd. 3, Neudamm 1898. 1) Morawitz, F., Beiträge zur Bienenfauna Deutschlands. Wien 1872. 2) P@rez, J., Catalogue des Melliferes du Sud-Ouest Bordeaux 1890. 3) Friese, H., Osmienstudien II. Entom. Nachr. Nr. 23. Berlin 1893. 4) Nach meinen diesjährigen Beobachtungen, die Friese bestätigen konnte, legt Osmia papaveris ihre Zelle auch in abschüssige Abhänge an, was bis jetzt un- bekannt war. Der zur Zelle führende Gang wird dadurch wesentlich modifiziert. 12 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. dieser Hinsicht sehen wir bei Prosopis, Ceratina, Osmia rubicola ete., welche hohle Rubus (Brombeer)-Stengel ete. zum Nestbau benutzen. Fig. 3 zeigt ein solches schematisch gezeichnetes Nest von Osmia rubicola Friese. Die einzelnen Zellen resp. Kokons liegen hintereinander ın dem Mark ausgehöhlt und voneinander durch Markstückchen getrennt. Der Schmarotzer (Uryptus rubr- cola Brauns) (s. Fig. 3) verlässt seine Zelle, indem er sich seitwärts durchfrißt. Die Osmien gehen dagegen eine nach der anderen in dem hohlen Stengel nach oben hinaus. Eine andere Osmien-Art „Osmia aurulenta*, Pz. wählt als Nistplatz leere Schneckenschalen, z. B. von Helix nemoralhs, Helix hortensis, Helix pomatia. Abbildung 4 zeigt die sich durch rundliche Erhebungen abgrenzenden Zellen im Gehäuse der Weinbergschnecke (Helix pomatia). „Die Scheidewände zwischen den einzelnen Zellen bestehen aus zerkauten Pflanzenstoffen. Die Oeffnung des Gehäuses wird durch einen flachen Deckel, wie der winterliche Schlussdeckel der Schnecke, aus denselben zerkauten Pflanzenstoffen geschlossen. Dieser Deckel liegt aber ın der Regel !/, bis 1 cm nach innen und hat zwischen sich und der ersten bewohnten Zelle einen leeren Hohl- raum, offenbar um den Legestachel der Schmarotzerwespen fernzu- halten.“ Wir können hier nun einen höchst interessanten Instinkt in seiner graduellen Ausbildung verfolgen. Schmiedeknecht!) be- richtet nämlich folgendes: „Wohl regelmäßig baut die Biene (Osmia aurulenta) schließlich über die Mündung des Schneckenhauses als Schutz ein Häufchen von Holzstückchen, Nadeln, zerbissenem Heu u. Ss. w., aber meist wird durch Wind und Wetter dieser kleine Vorbau zerstört und verweht. Nach Smith werden die einzelnen Teile desselben durch emen klebrigen Stoff verkittet.“ Friese?) hat solche Schutzbauten noch nicht bemerkt, entweder ein Beweis, dass dieser Instinkt noch nicht bei allen Artgenossen ausgebildet ist, oder aber ein Beweis für die leichte Vergänglichkeit dieser Konstruktionen. Einen beträchtlichen Fortschritt in dieser Baukunst treffen wir bei Osmia bicolor Schrk., die ebenfalls Helix Gehäuse als Nest benutzt. Ist der Zellenbau beendet, so sucht die fleißige Mutter Nadeln, Grashälmchen etc. und baut über das Gehäuse eine Art Dach. Der Vorbau wird hier also schon zu einem Dach erweitert. Hoffer°) teilt hierüber das Folgende mit: „Es ist sehr anziehend zuzuschauen, wie das kleine, aber robuste Tier die längsten Föhren- 1) Schmiedeknecht, H.L. Otto, Apidae Europaeae (die Bienen Europas), Gumperda und Berlin 1852—18S6. 2) Friese, H., Beiträge zur Biologie ete. 1. c. 3) Hoffer, Ed., Beiträge z. Hymenopt. Steiermarks, Mitt. d. Naturw. Ver. f. Steiermark, Graz 1887. ee ee v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 13 nadeln durch die Luft trägt, Nadeln, die viermal länger sind als das Tier selbst. Aus diesen baut es nun gerade so ein Gerüst auf, wie der Mensch das Zeltgerüst, alle Nadeln kreuzen sich oben und werden durch den klebrigen Speichel des Tieres so fest verbunden, dass man das ganze Häufchen abheben kann, ohne dass es zerfällt. So schleppt sie 2030 Nadeln zusammen und gönnt sich dabei Oben das Nest von Osmia bicolor Schrk. im Helix-Gehäuse, rechts davon das Weibchen, links das Männchen; darunter der von dem Weibchen gefertigte Schutz- bau (?], nat. Gr.). nur sehr wenig Ruhe. Eine arbeitete auf diese Weise mehr als 1!/, Stunden. Ist das Grundgerüste fertig, so bringt sie Hälmchen, Moosstückehen und ähnliches Geniste herbei und versteckt auf diese Weise das Schneckenhaus samt Inhalt vollständig. Nach einiger Zeit macht sie es mit einem zweiten, dritten ete. gerade so. Ihr Ortssinn ist so entwickelt, dass sie gewöhnlich im ununter- *) Aus: Ueber Osmiennester von H. Friesel, c. 14 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. brochenen Fluge die rechte Stelle trifft. Vorsichtig hob ich, als sie gerade abwesend war, das Schneckenhaus samt dem ganzen Gerüst um etwa 1 dm weiter. Alssie mit der Nadel an die frühere Stelle geflogen kam und dort nichts fand, ließ sie die Nadel fallen und flog um die Stelle einigemal herum; endlich entdeckte sie wieder ıhr Nest, augenblicklich flog sie um die fallengelassene Nadel und trug sie an ihren Platz*!). Innerhalb derselben Art steigert sich der Bauinstinkt noch weiterhin beträchtlich. So fand Friese ın der Nähe von Innsbruck Nester der Osmia bicolor, die vollkommen mit einem Schutzbau von Kiefernnadeln umgeben waren. Fig.5 zeigt uns einen solchen Bau, darüber das demselben vorsichtig entnommene Schnecken- gehäuse, rechts davon das Weibchen, links das Männchen. Hier Fig. 6. Nestschemavon Anthophora parietina in steiler Lehm- Er i sand mit herabhä der Pflanzenwolle. Das herbeifliegende Weib- en oa chen bringt zwischen den Vorderbeinen } ein Klümpchen Wolle zum Schluss der Noen Enay:. letzten Zelle. Nach Wesenberg-Lund. Ein Anthidium-Nest mit 3 Zellen aus sind es hunderte von Nadeln die ın mühseliger Arbeit zu einem dichten Walle zusammengebaut werden. Diese Osmien erscheinen sehr früh im Jahr und nach Friese findet man sie noch im Juni an den Schutzbauten beschäftigt. Man steht in Bewunderung vor diesen Kunstfertigkeitsinstinkten, die nur in ererbten, durch Auslese herangezüchteten Trieben wurzeln, und deren Thätigkeit ohne Be- wusstsein des Zweckes vor sich geht. Wenn man erwägt, dass die Osmia bicolor bald nach Fertigstellung des Nestes zu Grunde geht und daher niemals die Entwickelung oder Nichtentwickelung der Jungen, den Wert der Schutzhülle und die Feinde als solche kennen gelernt hat, so ergiebt sich, dass diese „Vorsichtsmaßregel“ nur 1) Bemerkenswert ist auch der Gedächtnisprozess beim sofortigen Wiederholen der fallen gelassenen Nadel nach der veränderten Neststelle! v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 15 das Produkt eines blinden Instinktes sein kann. Der Zweck wird allerdings vollkommen erreicht, denn den langen Legebohrern der Schlupfwespen ist das Eindringen verwehrt. In ganz anderer Weise, wie vorstehend geschildert, schützt die kleine Osmia fossoria Perez ıhr Nest. Auch diese Biene legt nach Fertont!) ihre Zelle (stets nur eine) in einem Schnecken- häuschen an und zwar in dem von Helix Pisana (var. minor). Ist diese Sorge erledigt, so wird dicht bei dem Schneckenhause im Sande mühsam und langsam im Winkel von 30° ein Loch von 6-7 cm Tiefe gegraben, dessen Umfang etwas grösser ist, als derjenige der Schneckenschale. Sich davor spannend, rückwärts gehend, mit dem Kopfe dem Gehäuse zugekehrt, rollt die Osmie dieses nunmehr wie eine Tonne zu sich her dem Loche zu, in der Weise, dass die Axe horizontal bleibt und lässt es dann in das Loch gleiten. Hierauf umgiebt die Osmia das Gehäuse dicht mit Sand und ebnetalles ein. Aber auch hier alles ohne Zweckbewußt- sein, ohne „Ueberlegung“. Als Ferton einer Osmia das Gehäuse fortnahm, wie sie gerade ım Begriff war, es in das Loch zu rollen, schüttete sie ruhig den Gang zu, als wenn es sich darin befunden hätte. An die hintereinander liegenden Zellen, den „Linienbauten“ ?), wie wir sie in den Rubusstengeln und den Schneckenhäusern, so- weit sie mehrere Zellen bargen, angelegt fanden und welche Bauart auch Fig. 6 veranschaulicht, schließen sich die „Zweig- bauten“ an, wie sie z. B. Anthophora parietina F. anfertigt. Diese Biene legt in senkrechten Löß-(Lehm)wänden etc. einen horizontalen Gang an, der aber bald Zweige absendet in der Weise wie es Fig. 7 andeutet. Diese Zellengänge werden später wieder nach dem Hauptgange zu durch einen Lehmpfropfen verschlossen°), oft auch der Hauptgang an der Mündungsstelle. Vor der Mündung wird ein eigentümlicher Vorbau (Röhre) aus kleinen sehr locker aneinander gefügten Lehmteilchen errichtet (Fig. 7), dessen biologischer Wert noch nicht völlig klargestellt ist*). Merk- 1) Ferton, Ch., Recherches sur les moeurs de quelques Especes algeriennes d’hym. Act. d. l. Soc. Linn. de Bordeaux 1891. 2) Verhoeff, Beiträge zur Biologie der Hymenoptera. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst., 6. Bd., 1892. 3) Friese, Beiträge zur Biologie der solitären Blumenwespen |. c. 4) Die Ansichten Verhoeff’s hierüber (Biol. Aphor. Verh.d. nat. V. preuß. Rheinl., 8. Bd., 1891) vermag ich nicht zu teilen, da direkte Beobachtungen ihnen zu widersprechen scheinen. Verhoeff meint, dass die Biene den Lehm zum Ver- schluss des Hauptstollens zur Hand haben will und ihn deshalb vor den Eingang in dieser Form aufspeichert. Nun hat Alfken aber beobachtet, dass Anthophora parietina den Lehm zum Aufbau dieses zweifellos zum Schutz dienenden Vorbaues unmittelbar neben der Oeffnung des Ganges der Lehmwand entnimmt. Warum also eine so ungemein künstliche, zeitraubende Aufspeicherung, wo das Material in 16 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. würdig ist es, dass dieser Vorbau, je mehr er sich seinem freien Ende nähert, immer lockerer, siebartiger wird. Die Biene fügt nicht Stückchen an Stückchen sondern lässt Zwischenräume frei. Einer seltsamen Nestkonstruktion muss hier noch Erwähnung geschehen. Die Osmia emarginata Lep. errichtet nach Friese ihren Nestbau in der Regel an steilen Felswänden, in alten Stein- brüchen etc., er wird aus zerkauten Pflanzenblättern hergestellt. (Fig. 8). Die Kokons finden sich in der Tiefe des Nestes und ge- wöhnlich dem Gestein anliegend. „Irgendwelche gesetzmäßige An- ordnung der Zellen ist nicht erkennbar. Nach Abschluss des Fig. 8. Osmia emarginata Lep. Nest aus zerkauten Blättern ('/, nat. Gr.). eigentlichen, die Brut enthaltenden Nestes baut die 13—15 mm lange Biene noch einen mehr oder weniger umfangreichen Vorbau aus leeren und weniger festen Zellen, der den Nestkern wie einen Schutzwall umgiebt und offenbar wieder nur den Zweck hat, die Schmarotzer fernzuhalten und besonders die Wirkung der langen Legebohrer bei den Schlupfwespen zu kompensieren. Die Abbildung zeigt deutlich an den Rändern (rechts) diese großen, eckigen Hohl- unmittelbarer Nähe ist! Vielleicht dient der Vorbau nur zum verdecken der dunklen, sich weithin scharf markierenden Eingangsöffnung. Bekannt ist ja, dass die meisten Schmarotzer auf solche dunklen Löcher aus relativ weiter Entfernung zufliegen und sie einer Musterung unterziehen. Die Ansicht Graber’s, dass der Vorbau zum Schutz gegen Regen und Sandverschüttung diene, widerlegt V erhoeff treffend. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 17 räume, zum Unterschied gegen die gerundeten, kokontragenden in der Mitte“ (Friese). Das Vorstehende dürfte zur allgemeinen Orientierung genügen. Weiterhin werden noch einige Besonderheiten der Nestbauten sowie kompliziertere Konstruktionen erwähnt. Soziale Instinkte bei den Solitären. Verteidigungs- instinkt. Man hat vielfach behauptet,‘)?2) dass sich bei den solitären Apiden wohl schon die Anfänge einer Koloniebildung, eines gesellschaftlichen Zusammenschlusses zeigen aber von irgend einer Lebensäußerung sozialer Instinkte könne nicht die Rede sein. Es scheint in der That, wenn man eine solche Kolonie sohtärer Bienen beobachtet, als ob das einzig Soziale nur das Zusammen- stehen der Erdnester sei. Man sieht die zahllose Menge der runden Gangöffnungen dicht beieinander z. B. in einer Lößwand oder dem Lehmgemäuer einer Scheune. Diese Gänge führen — je nach den verschiedenen Bienenarten; — in verschieden angeordnete Zellen. Niemals kommunizieren die Zellen eines Nestes mit denen eines anderen Nestes. Und so sieht man auch die Weibchen unbekümmert um einander, jedes dem eigenen Bau zufliegen und sich ausschließ- lich der eigenen Brutstätte widmen, genau so als ob nur das eine Nest für sie existiere. In der That bekümmert sie sich auch nicht im geringsten um die Genossen. Diese Bienen leben „tief einsam“ wie Maeterlinck°) sich ausdrückt. Eine interessante Beobachtung hat mir aber gezeigt, dass wir hier dennoch schon die ganz ausgesprochenen Anfänge einer sozialen Zusammengehörigkeit haben, dass hier schon ein „Korpsgeist“ vorhanden ist, der sich sogar in sehr drastischer Weise zu äußern pflegt. Fängt man eine Bienenart (die sich nur an besonders günstigen Orten in größeren Kolonien zusammenfindet), dort, wo sie einsam nistet oder wo sich nur wenige Nestbauten gesammelt haben, so kann man ruhig mit dem Fangnetz seine Beute holen, es zeigen sich Keine besonderen Erscheinungen. Trifft man aber dieselbe Art an einem mit hunderten oder gar tausenden von Nestern be- säten Wohnplatz und man schlägt dann sein Netz nach einem gewünschten Exemplar, so erfolgt plötzlich ein gemeinsamer, heftiger Angriff, der einen ängstlichen Bienenjäger zum schnellen Zurück- weichen bringen dürfte. Sehr hübsch sind die Friese’schen An- 1) Girod, Marshall, Tierstaaten und Tiergesellschaften. Leipzig 1901. Trotz der Verbesserungsversuche Marshall’s eine unkritische und nicht sehr zu- verlässige Zusammenstellung des französischen Forschers! 2) Aurivillius,Chr., Ueber Zwischenformen zwischen sozialen und solitären Bienen, Upsala 1896. 3) Maeterlinck, Maurice, Das Leben der Bienen, Leipzig 1901. > 18 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Biennestaates. gaben hierüber!). Bei einer Andrena ovina Klug Kolonie von ungefähr 300 Nestern wurde Friese, wenn er die Tiere durch Hin- und Herschlagen mit dem Netze aufregte, plötzlich von einem stärker summendem Schwarme so heftig angefallen, dass die Tiere durch den Anprall an seinen Körper zu Boden fielen. In der Rakos bei Budapest fand derselbe Beobachter?) die Lehmwände eines großen Scheunenvierecks derartig von Nestern der Anthophora parietina F. durchlöchert, dass er die Zahl der so bauenden Bienen auf S—10000 Stück schätzte. „Die Wände sahen aus“, so berichtet der Autor, „als wenn sie von unzähligen Kugeln durchlöchert wären. Schlug ich mit dem Netz nach den zahllosen Bienen, so fiel ein ganzer Schwarm auf mich ein, was sonst bei diesen Tieren nicht der Fall ıst, vielleicht gab ihre Masse ihnen den Mut.“ Herr Alfken hatte die Freundlichkeit, mir zu dieser Frage folgen- des interessante Erlebnis mitzuteilen: „In der Nähe von Bremen, bei dem hannoverschen Dorfe Baden, erhebt sich unweit der Weser eine ungefähr 10 m hohe harte Lehmwand, welche mit kleinen und großen Quarzstücken durch- setzt ist. Die Wand wird von den verschiedensten solitär lebenden Bienenarten zur Nestanlage benutzt. Sehr zahlreich baut darin eine Pelzbiene, die Anthophora parietina F. Am 24. Mai 1895 flogen die Weibchen derselben in solcher Menge, dass man mit einem Schlage an die Hundert ım Fangnetze hatte. Die eigenartigen Vorbauten an der Lehmwand waren so häufig, dass selbst der Laie darauf aufmerksam wurde. Die Tiere flogen nach einem nahen Bache, der alten Aller, wo sie sich ans Ufer auf den Schlamm setzten und Wasser schlürften, welches sie zum Aufweichen des Lehmes benutzten. Der Weg, welchen die Bienen von der Wand nach dem Bach und umgekehrt zurücklegten, war stets derselbe; er bildete gleichsam eine Straße ın der Luft. An den Nestern wurde ich von den Bienen nicht belästigt, und ich konnte unge- hindert von den Vorbauten für die Sammlung ablösen. Als ich aber, ohne es zu wollen, einige Tiere aus der Luftstraße abfing, wurde ich sofort von einer so außerordentlich großen Zahl über- fallen, dass ich fliehen musste. Ich wurde noch 500 Schritte weit verfolgt und konnte mich der kühnen Angreifer nur durch Weg- fangen mit dem Netze erwehren, welches schließlich bis zur Hälfte mit Bienen gefüllt war.“ Wir sehen hier also einen Reflex in die Erscheinung treten, der nur zur Auslösung gelangt, wenn ganz bestimmte andere Reize mitwirken, und zwar Reize, die nur der Vergesellschaftung ent- 1) Friese, H., Beitrag zur Biologie der Andrena pratensis = ovina, Entom. Nachr., 8. Jahrg., Berlin 1882. 2) Friese, H., Beiträge zur Biologie ete., 1891, 1. c. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 19 springen. Wie diese Koexistenzialfähigkeit sich phylogenetisch entwickelt haben mag, ist schwer auszudenken. Im Wesen finden wir aber dieselbe Erscheinung bei den höchststehenden Bienen und durch alle Tiere bis zum Menschen hinauf. Bei der Apis mellifica äußert sich, wie ich bereits in einer früheren Arbeit ausführte'!), dieser veränderte Ablauf der Reflexe bei der gleichen Ursache in sehr ähnlicher Weise. Ein kleines schwaches Volk erwehrt sich seiner oft sehr schwachen und leicht zu überwältigenden Feinde nicht, ein starkes ist „angriffslustig“ und vertreibt jeden Eindring- ling u. s. w. Forel?) hat dieselbe Erscheinung bei den Ameisen beobachtet. „Der Mut jeder Ameise nımmt im geraden Verhältnisse mit der Zahl ihrer Gefährten oder Freunde zu und ebenso im geraden Verhältnisse ab, je ısolierter sie von ihren Gefährten ist. ‚Jeder Bewohner eines sehr volkreichen Ameisenbaues ist viel mu!iger, als ein im übrigen ganz gleicher aus einer sehr kleinen Bevölkerung. Dieselbe Arbeiterin, welche inmitten ihrer Gefährten zehnmal sich tödten lässt, wird sich außerordentlich furchtsam zeigen, die geringste Gefahr vermeiden, selbst vor einer viel schwächeren Ameise fliehen, sobald sie zwanzig Schritte von ihrem Bau sich allein befindet.“ Auch bei den Wespen hat Rouget°) ähnliches festgestellt. Je zahlreicher die von ıhm beobachteten Hornissen waren, desto reiz- barer waren sie auch. Gemeinsame Ueberwinterung. Wir sehen also bei den Einzelbienen bereits emen ausgesprochen sozialen Instinkt unter besonderen Umständen sich bemerkbar machen. Dieser Instinkt basirt, wenigstens in der geschilderten Erscheinung, auf dem rem zufälligen Zusammenfinden zahlreicher Individuen auf einer günstigen Niststelle. Nicht mehr auf ganz so zufälligen Verhältnissen dürfte folgendes beruhen. Bei einigen Arten (Xylocopa, Ceratina, Halictus morio F. etc.) finden wir, dass relativ zahlreiche Männchen und Weibchen derselben Gattung oder Art (oder auch nur die Weib- chen) gemeinsam überwintern. Es ist freilich auch hier anzunehmen, dass nur ein zufälliges Zusammenfinden an geeigneten Ueber- winterungsorten statt hat; dennoch sieht man ein Zusammen- gehörigkeitsgefühl darin ausgeprägt, dass nur Mitglieder derselben Art oder Gattung über Winter zusammenbleiben. Wie Giraud?) zuerst beobachtete, überwintern Ceratina Weibehen 1) Sind die Bienen Reflexmaschinen |. ce. 2) Forel, A., Fourmis de la Suisse, Nouveaux m@moires de la soci&t@ Hel- vetique, Zürich 1874. 3) Rouget, Aug. Col&opteres parasites des Vespides. Memoires de l’Acad. de Dijon 1872—73. 5 4) Giraud, M6moires sur les Insectes qui habitent les tiges seches de la Ronce, Paris 1866. DE} 0 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. und Männchen gesellig in Rubus-Zweigen, welche sie besonders zu die- sem Behufe aushöhlen. Hinsichtlich der Ueberwinterung von Haletus morio teilt Verhoefft) folgendes Interessante mit: „Am 13. April 91 entdeckte ich an einer Hügellehne unweit der Mündung des Ahr- thales unter einem großen flachen Steine ein Weibchen des Halietus morio, was mich veranlasste, die Tiefe genauer zu untersuchen. Das merkwürdige Resultat wird durch die Figur 9 erhellt. St. ist Bip’39. er i + Ueberwinterungsplatz von Halictus. Nach Verhoeff. der Rand des aufliegenden Steines.. Hebt man diesen empor, so erscheinen die Gänge A. Von ihnen führt bei M. ein Gang schräg in die Tiefe, welcher sich nach einiger Zeit in zwei Arme teilt, welche blind endigen. Der Gang Ue. war der eigentliche Ueberwinterungsplatz. Dort saßen 7 W. dicht beieinander ın fried- licher Ruhe. An der Gabelung lag ein totes, vielleicht erfrorenes Tierchen. Die Verteilung der übrigen Individuen sieht man aus der Abbildung. Jedes Individuum ist durch ein — bezeichnet. Die 1) Verhoeff, Beiträge l. c. p. 713. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. | Tierchen waren bereits teilweise durch die Milde des Frühlings emporgelockt, wahrscheinlich auch schon teilweise ausgeflogen, da der Gang bei R. offen war und da ich andere Halichıs-Arten, wie minutus, bereits in Thätigkeit fand. Die Gänge A, sind offenbar hernach angelegt, da die Tiere nach verschiedenen Richtungen ins Freie zu kommen suchten. Jedenfalls haben wir es hier mit einem rein zum Zwecke der Ueberwinterung angelegten Neste zu thun, in dem eine gesellige Ueberwinterung zahlreicher Weibchen stattfindet. 16 Individuen waren noch beieinander. Dass es sich hier auch nicht um ein zufälliges Zusammentreffen handelt, geht einmal aus der versteckten Lage des Aufenthaltsortes hervor, sodann aus dem klumpenweisen Zusammensitzen in einem besonders gegrabenen Gange. Die Tiere halten sich also mit Absicht beieinander, graben vielleicht auch gemeinschaftlich diesen Gang.“ Das Zusammentreffen der Tiere im Herbst an der Ueber- winterungsstelle dürfte aber zweifellos rein zufällig gewesen sein. Wir haben uns zu denken, dass ein Weibchen zuerst die Ueber- winterungsstelle erkor und den Bau der Winterwohnung begann. Nach und nach sammelten sich dort von den gleichen Instinkten geleitet andere Weibchen und ist dann eine gemeinsame Fertig- stellung als sehr wahrscheinlich anzunehmen. Gemeinsamer Flugkanal. Auf ein ausgesprochenes Zu- sammengehörigkeitsgefühl weist die Beobachtung Lepeletiers!) hin, dass eine Art Panurgus ein gemeinschaftliches Nest baute. In einem festgetretenen Gartenpfade war ein senkrechtes Loch. Das- selbe umgaben S—-10 Weibchen mit Pollen beladen. Ein W. flog heraus ohne Pollen; darauf flog ein anderes beladenes hinein, ent- lud sich seiner Bürde, kam dann heraus und flog fort. So folgten sich mehrere. Während dieser Zeit kamen andere Beladene an, welche am Rande des Loches warteten, bis die Reihe an sie kam“ ?). Von einem wirklich „gemeinschaftlichem Nest“ kann hier aber wohl nicht die Rede sein. Es handelt sich lediglich um einen gemeinsamen Flugkanal, ein jedes Weibchen wird wahrscheinlich seine Zellen für sich angelegt haben, wie es der Natur der Solitären entspricht. Auch Halietus longuluıs Sm. dürfte einen Flugkanal dieser Art auf- weisen (s. weiterhin). Hierher gehört auch folgende interessante Beobachtung Friese's°) „Ich fand im Jahre 1888 am 20. Juni das Nest der Osmia vulpecula Gerst. auf dem Rigi an der Unterseite eines flachen Steines, der auf einer kleinen Anhöhe lag. Dieses Nest hatte dadurch noch ein besonderes Interesse, weil ich drei arbeitende Weibchen an 1) Lepeletier de Saint-Fargeau, Hist. nat. des Insectes. Hym£nopteres, T. II, Paris 1841, p. 222. 2) S. a. Verhoeff, Beiträge 1. c., p. 689, ebenf. Schenk. 3) Friese, H., Beiträge zur Biologie etc. l. c. p. 839. 3 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. ihm thätig fand. Es waren 6 geschlossene und 3 offene Zellen, zum Teil mit hellgelben Pollen angefüllt. Abgesehen von der ge- meinschaftlichen Arbeit der drei Weibchen an einem Nest, wie wir es ja bei anderen Gattungen schon erwähnt haben (Panurgus, Halietus), bietet uns dieses Beispiel vielleicht eine Erklärung, wie das große Nest der Osmia parietina im British Museum entstanden ist. Smith führt an, dass der 10!/, Zoll große Stein, an welchem das Nest mit den 230 Zellen sich befand, durch J. Robertson in Glen Almond, Pertshire, in 800 Fuß Meereshöhe gefunden wurde.“ Es ist freilich sehr zweifelhaft, ob wır es bei dem Friese’schen Befunde mit einem gemeinschaftlichem Neste zu thun haben, immerhin ist auch das getrennte Zellenbauen in so enger Gemein- schaft ein sozialer Zug, der zur Vervollständigung unserer Aus- führungen dient. Der Flugkanal, der unter den hohlen Stein führte, war jedenfalls ein gemeinsamer. Das von Smith!) erwähnte, eben- falls unter einem Steine gefundene, Osmien-Nest mit der ungeheuren Anzahl von 230 Zellen ıst nach dieser Richtung hin auch ein sprechender Beweis und zeigt ebenfalls wie gleichartige Instinkte, die in derselben Qualität nur bei Artgenossen zu finden sind, unter besonderen Umständen zur Vergesellschaftung führen. Die gewaltige Anzahl der Zellen dürfte sich dadurch erklären, dass die Osmien bereits mehrere Jahre ihre Nester stets wieder von neuem neben den alten Zellen anlegten, wie es die Gewohnheit mancher solitären Bienen ist; immerhin giebt Smith an, dass er zwei Drittel der Zellen besetzt fand. Nielsen (l. e.) berichtet, dass er in einem Neste von Eucera longicornis L. zwei Weibchen arbeitend gefunden habe. Auch hier dürfte nur der Flugkanal gemeinsam gewesen sein. Das Nest von Halictus quadricinctus?). Einen weiteren Fortschritt zur Vergesellschaftung müssen wır ım folgenden erblicken. Während die allermeisten solitären Apiden niemals eine Kenntnis ihrer Nachkommenschaft erhalten, da sie entweder vor dem Aus- schlüpfen der Jungen längst zu Grunde gegangen sind oder weil sie die zerstreut liegenden einzelnen Zellen nach der Eiablage und nach dem Verschluss der Zelle niemals wıeder aufsuchen, sehen wir bei Halictus-Arten z. B. bei Halictus quadrieinctus F., eine andere Bauart der Nester, welche bedingt, dass das Weibchen dem Ausschlüpfen der ersten Jungen beiwohnen kann, während sie noch beim Bau der letzten Zellen beschäftigt ıst. Dieser Nestbau ist auch dadurch interessant, dass er uns ın gewisser Hinsicht schon 1) Catalogue of British Hymenoptera in the collection of the Brit. Museum by Frederik Smith. Part. I, Apidae, London 1855. 2) = H quadristrigatus Ltr. — Hylaeus quadrieinetus Fabr. der Autoren. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 23 hinüberleitet zu den Bauten der Hummeln. Nach den Evers- mann’schen !), Breitenbach’schen?) und besonders auch nach den Verhoeff'schen ?)*) Beobachtungen zeigt der wabenähnliche Bau dieser Biene eine große Reihe von Zellen bis zu 24 und befindet sich so gut wie freistehend in einerHöhlung, einem kleinen Gewölbe, sodass also die Luft um die Zellen zirkulieren und die Erdfeuchtig- keit nicht mehr so leicht an den Bau gelangen kann. Es ist dieses ein gewaltiger Fortschritt gegenüber den anderen Bauten der Erd- bienen, denn ihr größter Feind sind die Schimmelpilze. Fig. 10 zeigt die Lehmwabe von Halictus quadrieinetus, welche ich im Mai dieses Jahres in der Nähe von Jena in einer senkrechten Lößwand auffand. Sie zeichnet sich durch besonders regelmäßige Anordnung der erst gebauten Zelle (oben) und der unteren zwölften Schlußzelle aus. Fig. 10. Die Entstehung der Zellen ım Neste von Halictus quadrieinctus haben wir uns nach den Verhoeff- schen Untersuchungen, wie folgt, vorzustellen. Das Weibchen gräbt senkrecht in den Lehmboden einen Schacht von 8—10 cm Länge und beginnt dann seitwärts eine Zelle — oft auch mehrere Zellen zugleich — auszuarbeiten. Erst wenn die Zellen fertig und versorgt sind, wird das Gewölbe angelegt. „In dieser Periode befindet sich H. quadrieinetus also noch auf der Kulturstufe der niedriger stehenden Genossen’), d.h. er muss j : 5 Lehmwabe von Halietus quadri- dieselbe regelmäßig wieder durch- einetus F. mit dem Weibchen machen (Beispiel für Haeckel’s bio- ('J; nat. Gr.). genetisches Grundgesetz).“ „Nachdem das Gewölbe aber einmal in Angriff genommen 1) Eversmann, E., Die Brutstellen des Hylaeus quadrieinetus Fabr.; Bullet. der Naturf. Ges. in Moskau, Bd. 19, 1846. 2) Breitenbach, W., Ueber Halictus 4-einetus F. und Sphecodos gibbus L., Stett. entom. Zeitschr. 1878. 3) Verhoeff, C©., Zur Lebensgeschichte der Gattung Halietus, insbesondere einer Uebergangsform zu sozialen Bienen. Zool. Anzeiger, Nr. 542, 1897. 4) Verhoeff, C., Biolog. Aphor. über einige Hym., Dipt. u. Coleopt. Verh. d. nat. Ver., Jahrg. 48, 5. Folge, Bd. 8. 1891. 5) Halictus sexeinetus F. z. B. hat nach Verhoeff dieselbe Nestkonstruk- tion, nür mit dem Unterschied, dass noch das Gewölbe fehlt. Nach den gemein- samen Untersuchungen von Friese, Alfken und mir baut MH. sexeinetus in der Umgebung von Jena jedoch vollkommen anders. Es muss hier aber betont werden, dass der Nestbau der Solitären oft lokal variiert. 94 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Dr ist, wird es sogleich vollendet, und dadurch wird die Zahl der in jeder Wabe enthaltenen Zellen entgiltig bestimmt.“ Schließlich hängt die Wabe so gut wie frei m dem Gewölbe, da nur ganz dünne Lehmsäulchen übrig bleiben. Die Zellen werden also, wie erwähnt, isoliert von dem umgebenden Erdboden. Die mit Speichel durchtränkten Zellwände bedingen genügende Festigkeit. Die Zellen finden sich stets einseitig an dem Schacht in fast hori- zontaler Lage angeordnet, wie es die Abbildung (Fig. 10) zeigt. Der Schacht selbst verlängert sich nach unten senkrecht in einen „Notgang“, in dem sich das Weibchen mutmaßlich bei Gefahr ver- birgt (Verhoeff). Die biologische Bedeutung dieses blindendigenden Ganges scheint mir noch nicht festzustehen. Feinde, die das Weibchen in dem Neste angreifen, giebt es, soviel wir wissen, nicht. Es bleibt daher unerklärt, wie sich der Instinkt ausbilden konnte, einen „Notgang“ anzulegen. Der Kontakt von „Mutter“ und „Kind“. Dieser kleine erstaunlich zweckmäßige Bau giebt uns nun also die Gewähr, dass die „Mutter“ ıhr „Kind“ kennen lernt, wie man es gewöhnlich in vermenschlichender Bezeichnung zu benennen pflegt. Ich will hier gleich betonen, dass diese Ausdrücke Begriffsverwirrungen verursachen, denen sich selbst solche nicht zu entziehen vermögen, die ganz genau wissen, wie es bei den Insekten zugeht. Da wird gemeint, dass mit diesem Kontakt von Mutter und Kind auch zu- gleich „Mutterliebe* und „Kindesliebe“ gegeben sei u.s.w. Nichts verkehrter als das! Wer da weiß, mit welcher „Gemütsruhe“ (würde die alte Tierpsychologie sagen) oder mit welcher „Roheit“ selbst die Mitglieder des höchst entwickelten Bienenstaates, die in ständigem Kontakt mit „Mutter“, „Kindern“, „Schwestern“ und „Brüdern“ leben, ihre „Familienmitglieder“ unter Umständen verzehren oder verschmachten lassen resp. töten, der wird er- kennen, wie verfehlt eine solche Bezeichnungsweise ist und dass durch sie die wahren Verhältnisse nur verschleiert werden. Wir werden weiterhin (s. „Brutpflege bei den Hummeln“) auch sehen, dass dieser Kontakt in dieser Beziehung sicherlich nicht den ge- ringsten Anstoß in der Richtung zur Staatenbildung gegeben hat!). 1) Von einer „Mutterliebe“ kann bei der Staatenbildung der Apis mellifica überhaupt keine Rede sein. Der Brutpflege-Instinkt ist der Mutterbiene vollkommen verloren gegangen, sie legt nur rein mechanisch ihre Eier und kümmert sich um das weitere Schicksal derselben nicht im Allergeringsten. Bei den Ameisen finden wir ebenfalls keine „Mutterliebe“‘, s. die Schriften des Jesuitenpaters Wasmann, Instinkt und Intelligenz im Tierreich, 2. Aufl. Freiburg i. Br. 1899; ders. Vergleich. Studien über d. Seelenleben der Ameisen und der höheren Tiere, 2. Aufl. Freiburg i. Br. 1900. Kann ich auch dem ausgezeichneten Ameisenforscher nicht in allem zustimmen, was er in diesen Schriften niedergelegt hat, so begegnen wir uns doch bei den meisten Fragen in vollster Harmonie, soweit die staatenbildenden Hymenop- teren in Frage kommen. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 25 Aber nicht nur durch die relativ große Anzahl von Zellen ge- langt A. quadrieinctus dazu, das Ausschlüpfen der jungen Bienen zu erleben, nach Verhoeff hat sich außerdem bei dieser Art ein eigentümlicher Instinkt entwickelt, welcher zu demselben Ziele leitet. „Wir stoßen hier bei Halictus quadrieinetus auf ein Stück mütterlichen Ueberlebens, d. h. auf einen neuen Lebensabschnitt über das Ende der Thätigkeit anderer solitärer Bienen hinaus.“ „Ich nahm bisher an, dass die früher von mir beobachtete Berührung von Mutter und Kind bei dieser Biene durch den ge- schilderten Zellenreichtum entstände. Aber in der großen Mehr- zahl der Fälle lernen wir doch em wesentlich anderes Moment kennen. Hier ist seit mehr oder weniger langer Zeit schon die letzte Zelle versorgt worden. Trotzdem sich also im Eierstock des Weibchens keine Keime mehr entwickeln, stirbt es nicht ab, sondern lebt weiter auf der Wabe brütend und etwaige Feinde abwehrend.“ „Die Entwickelung der Propagationszellen ist sonst der Motor für die Thätigkeit sorgender Kerfe. Dieser Motor fällt hier plötzlich fort, wir sehen die Biene eine alte Sorge weiter fortsetzen, aber die frühere Triebfeder fehlt. Wir stehen an einem bedeutsamen Abschnitt der Bienenkulturentwickelung, ohne dass sich irgend ein Grund für diese fortgesetzte Mutterliebe finden ließe. Gerade dieses Stück des Lebens unserer Biene, diese (ich möchte sagen) mehr ruhige Lebensabendperiode, ist etwas recht Menschliches!).* Diese liebenswürdige unser Gemüt ansprechende Schilderung des sorgfältigen Forschers giebt uns eine wertvolle Beobachtung, aber die vermenschlichende Behandlung zeigt, wie gerade durch sie ziemlich nahe liegende Folgerungen in die Ferne rücken. Giebt es wirklich „keinen Grund für diese fortgesetzte Mutterliebe“ ? Für die „Mutterliebe“ allerdings wohl kaum; aber eliminieren wir diese Idee, so ergiebt sich, dass hier lediglich Selectionsprozesse walteten. Im Kampfe ums Dasein hatten die Artgenossen das Uebergewicht, welche durch besondere Veranlagung (Keimesvariation) den Anschluss an das Auskriechen der Jungen erreichten, so dass eine ständige Bewachung des Nestes erzielt, oder aber, wie Verhoeff meint, durch „Bebrütung“* der Zellen eine sichere Entwickelung erreicht wurde. Die anderen wurden allmählich ausgemerzt, bis schließlich die betreffenden Instinkte bei den überlebenden Artge- nossen dominierend wurden. Jedenfalls dürfen wir, so glaube ich, bei Fragen dieser Art, soweit sie so tief stehende Tiere be- treffen, nicht psychologische, sondern nur biologische Motive als Ursache annehmen’). 1) Verhoeff, C©., Zur Lebensgeschichte der Gattung Halictus ete. 1. c. 2) Bei Halictus sexeinctus wird nach den Ermittelungen von Friese und mir der Anschluss an die Jungen ohne diese „Kulturentwickelung“ erreicht. Wir fanden in fünf dicht bei einander liegenden Nestern mit insgesamt ca. 50 Jungen, alle 26 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Eine Bebrütung der Zellen durch das Weibchen, wie ge- mutmaßt wurde, erscheint mir freilich sehr unwahrscheinlich. Die Eigenwärme des einen Weibchens ist eine so geringe, dass eine Beeinflussung durch die relativ dicken Lehmzellen hindurch von keiner Bedeutung erscheint. Weiteres über das sogenannte Be- brüten in einem späteren Kapitel. Eine Beeinflussung der aus- kriechenden Jungen durch die Mutter ıst meines Erachtens nicht anzunehmen. Auch eine Anpassung irgend welcher Art seitens der Jungen an die Mutter erscheint gleichfalls ausgeschlossen!). Der einzige Fortschritt im Sinne der Koloniebildung dürfte darin zu finden sein, dass auch nach Abschluss der Zellen fast ständig Tiere in den Nestern vorhanden sind, so dass Schmarotzer bei Kolonien dieser Art nicht so leichtes Spiel haben dürften, ihre Eier in die Zellen abzulegen’). Da in dieser Bewachung des Nestes ein wesentliches Mittel zu erblicken ist, den Kampf ums Dasein besser zu bestehen, so dürfte es auch fraglos sein, dass hier dıe Selektion besonders stark eingesetzt haben dürfte und dass wir berechtigt sind, bei höheren Formen der Koloniebildung eine ständige Bewachung vorauszu- setzen. Wir werden sehen, dass diese Voraussetzung zutrifft und sich anscheinend schon bei einer anderen Art der Gattung Halictus erfüllt. Stadien der Entwickelung vom eben gelegten Ei bis zur reifen ausschlüpfenden Imago. Zwei der lebend mitgenommenen Mutterbienen unterwarf jch der mikro- skopischen Untersuchung und konstatierte folgendes: Das Ovarium des einen Weibchens enthielt nur noch zwei kaum halb ausgebildete Eier, das des anderen noch ca. 12 in allen Stadien. Bei Beiden erwies sich das auffällig kleine Recep- taculum seminis strotzend mit Spermatozoen gefüllt. Bei Pressung trat das Sperma in den sehr langen Ductus seminalis in Mengen über. Aus diesem Befund geht hervor, dass die Weibchen noch nicht beim Abschluss ihrer Legethätigkeit angelangt waren und zweifellos noch weiter gebaut hätten, obgleich die ersten Jungen bereits im Begriff waren, auszukriechen. Die Untersuchung der Nester fand statt am 7. August 1902 in Rothenstein bei Jena. 1) s. Sind die Bienen Reflexmaschinen? S. 74 (l. c.). 2) Es könnte hier der Einwurf gemacht werden, dass eine Bewachung der beschickten und verspundeten Zellen unnötig sei, da man bis jetzt keine Feinde xenne, welche in die abgeschlossenen Zellen von Halictus quadrieinctus eindringen, Gefahr sei nur so lange vorhanden, als die Zellen noch offen seien. Hierauf ließe sich erwidern, dass unsere phylogenetischen Betrachtungen, nicht nur den momen- tanen Zustand in Betracht zu ziehen haben. Phylogenetisch ist es sehr wahr- scheinlich, (da dieses Ueberleben der Mutterbiene eine biologische Bedeutung haben muss und das „Bebrüten“, wie erwähnt, kaum in Frage kommen kann), dass sich eben ein Schmarotzertum, welches Gefahr für verschlossene Zellen bietet, nicht aus- gebildet haben dürfte, eben weil dieses Ueberleben resp. die Bewachung sich schon frühzeitig entwickelte. Es dürfte überdies sehr schwierig zu entscheiden sein, ob nicht auch heute noch Feinde vorhanden wären, welche bei diesen Halietus-Arten in die geschlossenen Zellen dringen würden, falls sie längere Zeit unbewacht blieben, sehen wir doch auch z. B. bei Chalicodoma, dass der kleine Monodontomerus die Zellwand durchbohrt und seine Eier in die Larve oder Puppe ablegt. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. a7 Wie erwähnt, dürfte auch in den Kolonien höherer Bienen, auch wenn das Zusammenleben ein noch so langes ist, eine Ein- wirkung der Insektenmutter auf die Nachkommen ausgeschlossen sein. Wenigstens vermag ich, selbst wenn die vermutete Ein- wirkung wirklich stattfände, diese in phylogenetischer Hinsicht für unser Thema nicht zu verwerten. Ich kann mir das Aufsteigen zu hoch stehenden Kolonien aus Gründen dieser Art nicht vor- stellen, da eine Vererbbarkeit von ım individuellen Leben er- worbenen Eigenschaften nicht nachgewiesen ist. Wir haben in den Instinkten, wie schon angeführt, nicht vererbte Gewohnheiten zu erblicken, wie so vielfach angenommen wird, sondern durch Keimesvariationen erreichte Selektionsvorgänge!). Das wird be- sonders klar, wenn wir die Verhältnisse bei Apis mellifica ins Auge fassen, wo alle Lebensgewohnheiten des Volkes überhaupt nicht vererbt werden können, da die Arbeiterinnen — die alleinigen Träger dieser Lebensgewohnheiten — steril sind. Die Mutterbiene, die einzige, die etwas vererben kann, verbringt ihr ganzes Leben im dunklen Stockinnern ausschließlich mit Eier- legen beschäftigt. Und doch sehen wir einige Instinkte bei den Arbeitsbienen, die erst erworben sein dürften, nachdem die Sterilität eingetreten war. Diese können nicht anders entstanden sein, als durch Keimesvariation und durch Selektion der ganzen Völker; mit an- deren Worten, die Vererbung kann nur durch die Königin erfolgt sein. Ich verweise auf die bekannten Weismann’schen Schriften, sowie auf einen kürzlich erschienenen interessanten Artikel Spengels?). Parthenogenesis bei Halictus. Soweit bis jetzt ermittelt worden ist, haben wir bei manchen Halietus-Arten drei Generationen im Jahr. Die sogenannte Frühlingsgeneration besteht aus den überwinterten im Herbst befruchteten Weibchen. Seltsamer Weise schlüpfen nach mehrfacher Beobachtung bei einigen Halictus-Arten in der zweiten — der Sommergeneration — nur Weibchen aus und diese erzeugen dann parthenogenetisch die Herbstgeneration, die wiederum aus Männchen und Weibchen besteht). Wenn wir nun die folgenden durchaus wahrscheinlichen resp. möglichen Weiterentwickelungen annehmen, so gelangen wir schon bis zu den wirklichen Staatenbildungen. Fortschritt zur ersten Kolonie. In besonders günstigen Gegenden entwickelte sich vielleicht eine Nestform ähnlich wie die bei Halietus quadrieinetus zu großem Zellenreichtum, so dass viele Junge der rein weiblichen Sommergeneration, da sie 1) Weismann, Aug. Ueber die Vererbung. Jena 1883, p. 37. 2) Spengel, J. W. Was uns die Bienen über Vererbung lehren. „Deutsche Revue“, März, 1902. _ 3) Fabre, H. Etude sur les moeurs et la parth@nogen®se des Halictes. Ann. des sc. natur. 9. Serie, T. 9, 1880, 28 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. keiner Befruchtung bedurften, sofort ihren Fütterinstinkten beim Anblick der noch offenen Zellen gehorchten und Nahrung herbeitrugen und so der Mutter zur Hand gingen, wenn ich mich so ausdrücken darf. Sie halfen nun naturgemäß nicht allein bei der Fütterung, sondern kamen auch ihren Bau und Legeinstinkten nach, so dass jetzt ın der That mehrere Weibchen an einem Nest thätig waren. Die erste Familie (Kolonie) war damit erreicht. Auf dieser Stufe der Entwickelung mag vielleicht die von Auri- villius in Ungarn beobachtete Kolonie von Halictus longulus Sm. stehen!). Er fand 10—20 Individuen (lauter Weibchen) in einem Nest veremigt. Eines der Weibchen bewachte stets den Eingang, indem es mit seinem Körper resp. Kopf den engen Flugkanal vollkommen ausfüllte; mit der Pinzette entfernt, ersetzte sofort ein anderes Weibchen seine Stelle. Kam em zur Kolonie gehöriges Weibchen angeflogen, so zog sich der Wächter schnell in den sich bald erweiternden Gang zurück, um die Passage frei zu geben und schloss alsdann aufs Neue den Eingang mit seinem Kopf. "Belästigt, drehte es sich um und zeigte seinen Stachel. Nachdem Auri- villius einige Weibchen mit de Pinzette entfernt, verbarrikadierte ein Weibchen den Eingang von innen mit Erdpartikeln. Leider nahm Aurivillius keine genaue Untersuchung vor, so dass wir nicht wissen, ob vielleicht nur ein gemeinsamer Flug- kanal in Frage kommt und die Nester der verschiedenen Weibchen noch getrennt angelegt wurden oder ob hier schon ein wirklicher Familienbau vorliegt. Das erstere ist mir das wahrscheinlichere. Denselben Zustand der Entwickelung, wie ihn möglicherweise diese Halictus-Kolonie darbietet, zeigen uns im Grunde auch die Hum- melstaaten, sofern wır das Wesentliche nehmen. Wir haben auch dort ein befruchtetes Weibchen, welches noch solıtär überwintert und mehrere resp. viele unbefruchtete Weibchen, die beim Nestbau, Füttern und Eierlegen helfen. Der Unterschied ist der, dass aus den Eiern der Hilfsweibcehen nur Männchen entstehen können, während die Königin Männchen und Weibchen zu erzeugen vermag. Aber die Entwickelung ıst von Halctus auch nicht zu den Bombinae fortgeschritten. Wir brauchen unter den Vorfahren der Hummeln nur eine Bienenart anzunehmen, bei der sich die Eigentümlichkeit ausgebildet hatte, dass aus unbefruchteten Eiern nur Männchen entstanden, wie wir es heute noch bei den ssolitären Tenthre- diniden (Blattwespen)?) sehen, ferner auch bei den Vespiden und sozialen Apis-Arten und höchst wahrscheinlich auch bei den Melipo- 1) Aurivillius, Chr. Ueber Zwischenformen zwischen Sozialen und Soli- tairen Bienen. Upsala 1896. Festkrift för Lilljeborg. 2) Litteratur s. Taschenberg, O. Histor. Entwickelung der Lehre v. d. Parthenogenesis. Abh. d. Naturf. Ges. zu Halle, 17. Bd. 1892. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 29 ninae (Meliponen und Trigonen). Wenn nun die zuerst ausschlüpfen- den Weibchen, wie geschildert, der Mutter halfen und zur Eiablage schritten, so blieben sie unbefruchtet, da die Brunst nicht ein- trat. Diese Annahme steht auf guten Füßen, denn wir sehen bei Apis mellifica, wenn die Königin z. B. durch widriges Wetter am Hochzeitsflug verhindert, schließlich zum Eierlegen schreitet, die Brunst bei ihr vergehen und nie wiederkehren!'). Eine solche Königin legt zeitlebens Eier aus denen natürlich nur Drohnen entstehen. Hier hätten wir also einen zweiten Modus, der möglicherweise zur Koloniebildung hinübergeführt hat und bei dem wir der Partheno- genesis wie bei Halictus entraten können. Mir ist sehr wohl be- kannt, dass Perez?) die Jungfernzeugung bei Halictus bestreitet, aber die von ihm vorgebrachten Beweise, brauchen nicht für alle Gegenden zuzutreffen. Wir sehen Tiere und Pflanzen (z. B. Artemva salina und Chara erinita), sich stellenweise durch Befruchtung fort- pflanzen, in anderen Bezirken aber rein parthenogenetisch. Ueber- dies unterstützen die Friese’schen Beobachtungen die Annahme einer unbefruchteten Fortpflanzung bei Halictus in der Sommer- generation. Es hat keinen Zweck sich m Hypothesen zu erschöpfen, auf welchem Wege der Uebergang von den Solitären zu den Sozialen stattgefunden haben mag. Es ließe sich da noch Verschiedenes anführen, aber es dürfte genügen, zwei gangbare Wege gezeigt zu haben, welche diese getrennten Gebiete verbinden, mit dem Bestreben den Boden der Thatsachen so wenig wie möglich zu verlassen. /Vygl. Zusatz 7.] Eines scheint mir ziemlich sicher zu sein, dass in der That die geforderten günstigeren Ortsverhältnisse in Bezug auf Klima und Nahrung den Anstoß zur Koloniebildung gegeben haben dürften. Ist diese Voraussetzung richtig, so müssen auch heute noch soziale Apiden unter ungünstigen Verhältnissen wieder zur solitären Lebensweise zurückkehren. Wir haben da eine sehr interessante wenig bekannte Thatsache in dieser Hinsicht zu verzeichnen. Nach den 20jährigen Beobachtungen von Sparre Schneider, Öustosdes Museums in Tromsö, kehren einzelne Hummeln im arktischen Gebiet wieder zur solitären Lebensweise zurück. So hat Schneider z. B. von Bombus kirbyellus Curt. in dem ge- dachten Zeitraum niemals Arbeiterinnen gefunden und von B. hyper- boreus D1ib. ganz außerordentlich selten®). Hier scheinen also die ungünstigen Bedingungen des arktischen Sommers nur die solitäre 1) Diese Erscheinung zeigt sich in gleicher Weise bei allen anderen Insekten, die ohne begattet zu sein, in die Eiablage eintreten, 2) P6rez, J. Sur la pretendue Parth@nogen?se des Halictes, Bordeaux, 1895. 3) Friese, H. Die arktischen Hymenopteren mit Ausschluss der Tenthredi- niden. ‘Fauna arctica, 2. Bd., Jena 1902. Mit farb. Tafel. 30 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Biologischer Stammbaum. Apidae. Apinae (Honigbienen) Meliponinae (Apis mellifica (Stachellose Bienen) „ ‚indica (Meliponae und „ sinensis Trigonae) Bombinae „. florea ca. 170 Arten. (Hummeln) „ dorsata) W.überwintertnoch isoliert ; Ye ee ine im Frühling; zu grunde gehen des Volkes im Herbst. ca. 200 Arten. Weibchen (altes) und parthenogenetisch sich fortpflanzende junge Weibehen arbeiten zusammen im alten Nest Anfang der Staatenbildung. (?) Weibchen sieht Brut ausschlüpfen. Bewachung des ı Nestes. Zellenanlage wabenähnlich. (Halictus quadricinctus) Weibchen sieht Brut ausschlüpfen. Bewachung des Nestes. (Halictus sexeinetus) Weibchen 2 und mehr ein Flugloch gemeinsam benutzend. (Panurgus, Halictus, Osmia, Eucera etc.) Weibchen oder Weibchen und Männchen gesellig überwinternd. Weibchen stirbt bevor die Brut (Halictus, Ceratina, Xylocopa) erscheint. Weibchen — mehrere unabhängig von einander — Einzel- nester in Kolonien anlegend. (Andrena, Anthophora, Chalicodoma, Osmia etc.) Weibchen Einzelnest isoliert bauend. (Prosopis, Ceratina, Xylocopa, Osmia papaveris etc.) v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 31 Lebensweise zu ermöglichen. Ein vorzügliches Beispiel der An- passung ')! Nach der anderen Seite ist zu erwarten, dass ın südlichen Gegenden die Hummelkolonien nicht wie bei uns regelmäßig im Herbst zu Grunde gehen, so dass nur die jungen im Herbst be- fruchteten Königinnen sich einsam durch den Winter retten, sondern dass dort wohl gelegentlich ein Ueberwintern ganzer Völker statthat. In der That finden wir z. B. auf Corsika, auf den Balearen u. s. w. schon ım Frühjahr Männchen z. B. von Bombus xanthopus Kriechb., B. terrestris L. ete., während sie bei uns erst gegen den Herbst zu auftreten. Ob dieses aber ein ge- nügender Beweis für die Ueberwinterung des Volkes ist, mag mit Recht bezweifelt werden. Sehr wahrschemlich geht aber ange- nommen es fände eine Ueberwinterung statt — nicht die alte Königin noch einmal durch den Winter. Es handelt sich bei solchen Völkern wohl zweifellos um eine befruchtete junge Königin, die in- folge des günstigen Klimas sofort zur Gründung einer Kolonie schreitet und solche mit durch den Winter nımmt?). Auch Hoffer ist der Ansicht, dass sogar bei uns hin und wieder junge Königinnen noch im Herbst zur Volksbildung schreiten mögen. Ob ein solches Volk aber bei uns überwintert, erscheint sehr fraglich. Biologische Uebergänge. Bevor wir in unseren Betrach- tungen fortfahren, sei der besseren Uebersicht wegen in neben- stehender Tabelle eine nach biologischen Merkmalen angeordnete aufsteigende Reihe festgelegt, welche einen Teil der bis jetzt be- sprochenen Uebergänge zeigt bis hinauf zu den Bombinae (Hummeln), Meliponinae (Stachellose Bienen-Meliponen und Trigonen) und Apis- Arten (Honigbienen). Die sozialen Apiden. „Die höchste Organisation thut sich in zwei Momenten kund, in der mannigfaltigsten morpho- logischen Gliederung und in der am weitesten durchgeführten Teilung der Arbeit.“ Nägeli (Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art, München 1865). Die Hummeln — ein wichtiges Uebergangsglied. Der Bau des Hummelnestes (Fig. 11 u. 12) erinnert noch sehr an die primi- 1) Ueberaus interessant und ein Beweis der Arbeitsamkeit ist es, dass die Hummeln in diesen hohen Breiten, z. B. in der Finnmark und in Lappland „wäh- rend der hellen Sommernächte, in denen doch die übrigen Tagesinsekten ruhen, mit ihrer Arbeit ununterbrochen fortfahren“. Friese nach Wahlberg in Fauna arctica 1. c. 2) Ueber die korsischen Hymenopteren, deren Biologie vieles phyle- tisch Interessante bietet, finden sich am Schlusse dieser Abhandlung eingehendere Mitteilungen. [ Vgl. Zusatz 8.] 32 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. tiven Bauten. der Solitären. Die wirr und unregelmäßig über- und neben einander gelagerten Kokons entfernen sich nicht viel hinsicht- lich ihrer Anordnung von denen der Osmia emarginata (Fig. 8 S. 16). Auch verwenden die Hummeln wie die Solitären mancherlei orga- nische Bestandteile zum Bauen, wie z. B. Moos, Gras, Blätter, Holzteile u. s. w. Einem neuen Materiale begegnen wir hier aber erstmalig, und zwar dem selbstbereiteten Wachse und fortan bei allen sozialen Apiden. Dennoch hat diese Wachsbereitung mit der Staatenbildung in keiner Weise etwas zu schaffen, wie uns ein Fig. 11. Nest von Bombus distinguendus Mor. Arbeiterinnen und junge Königinnen auf den Kokons. Die stets mehrere Kokons umschließenden Zellen bereits abgetragen (ca. °/, nat. Größe). Streiflicht auf die sozialen Vespiden zeigt, die des selbstbereiteten Wachses nicht bedürfen. Die Hummeln verwenden das Wachs aber niemals rein, sondern mischen es stets mit Pollen und mit Harzen!). Die Wachserzeugungsverhältnissebeiden Hummeln be- dürfen der Klarlegung. Drei ausgezeichnete Beobachter wie Hu ber?), 1) Auch solitäre Bienen, z. B. Trachusa, Euglossa verwenden harzartige Stoffe zum Nestbau. Ueber das Wachsausschwitzen (?) solitärer Bienen findet sich Eingehenderes im Anhang [vgl. Zusatz 9]. 2) Huber, P., Observations sur plusieurs genres de Bourdons (Bombinatrices de Linn£), Transact. of the Linnean Society, 6 Vol., p. 214—298, London 1801. j | v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. - 33 Hoffer!) und Schmiedeknecht?) geben an, dass die Hummeln wie die Honigbienen das Wachs am Bauche zwischen den vier mittleren Segmenten absondern. Marshall?) erwähnt neuerdings, dass die Hummeln keine besonderen wachserzeugenden Organe besäßen, sondern das Wachs auf der ganzen Unterseite des Hinterleibes ausschwitzen und es dann mit ihren bürstenartig be- haarten Füßen zusammenkehren. Ich brauche wohl nur darauf hinzuweisen, dass diese durch keinerlei Beweise gestützte Auffassung, erstens den Befunden der Hummelforscher widerspricht und zweitens eine histologische Unmöglichkeit ist. Hoffer hat den Weibchen mit einer feinen Skalpellspitze die Wachslamellen zwischen den Bauchsegmenten entfernt. In der That schwitzen die Hummeln das Wachs zwischen den Bauchsegmenten heraus. Es ist aber den erwähnten Hummelforschern entgangen, dass wenigstens zu Zeiten der stärksten Sekretion die Hauptmasse des Wachses auf dem Rücken (natürlich nur zwischen den Segmenten) ausgeschwitzt wird®). Mit den Meliponinen ist esähnlich. Auch diese schwitzen das Wachs anders aus als nach mehrfacher Annahme nämlich nur auf dem Rücken. Weiteres hierüber späterhin. Eine histologische Untersuchung der wachserzeugenden Organe der Hummeln ist von mir bereits vorbereitet. Brutpflege bei den Hummeln. Wie bereits früher er- wähnt, hat man als einen gewaltigen Fortschritt und als wesent- liches Bedingnis zur Staatenbildung sehr häufig die ausgedehnte Brutpflege betrachtet, wie wir sie der bisherigen Meinung nach bei allen sozialen Hymenopteren antreffen°). Bei diesen wird das Ei in die leere Zelle gelegt und die ausschlüpfende Larve bis zur Verpuppung von der Mutter resp. von den Arbeiterinnen gefüttert. Es ist also ein fast ständiger Kontakt zwischen Mutter und Kind vor- handen und ich führte schon früher aus, dass man in dieses Moment anthropomorphe Gefühle hineintrug: Mutterliebe u. s. w. Meines Er- 1) Hoffer, Ed., Die Hummeln Steiermarks. 32. Jahresber. d. steierm, Landesoberrealschule in Graz, 1882. 2) Schmiedeknecht, Otto, Monographie der in Thüringen vorkommenden Art. d. Hym.-Gatt. Bombus. Jenaische Zeitschrift für Naturw., 12, Bd., 1877. 3) Marshall, William, Die stachellosen Bienen Südamerikas. Leipzig. Bienen-Zeitung, Heft 9, 1898. 4) Auf dem Zoologen-Kongress in Gießen ließ ich einige Hummeln aus der Friese’schen Sammlung kursieren, bei denen die Wachslamellen auf dem Rücken und am Bauche mit großer Deutlichkeit zu Sehen waren. Bei einem 2. derhamellus K. in meiner Sammlung zeigt sich dasselbe. 5) So hält Espinas (l. c.) die Mutterliebe für die „Grundlage der Soziologie“. Darwin äußert sich in dieser Beziehung vorsichtiger (Abstammung des Menschen, übers. v. Carus, 2. Aufl.): „In Bezug auf den Ursprung der elterlichen und kind- lichen Zuneigung, welche, wie es scheint, den sozialen Neigungen zu Grunde liegt, zu spekulieren, ist hoffnungslos; wir können aber annehmen, dass sie zum großen Teil durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind,“ 3 34 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienentaates- achtens hat diese Art Brutpflege, wie schon erwähnt, mit der Staaten- bildung nichts zu thun gehabt und auch zu einem engeren Zusammenschluss absolut nichts beigetragen. Die Bienen- babies sind eben mit den Menschenbabies nicht zu vergleichen. In der That sehen wir bei den Meliponen und Trigonen eine höchst komplizierte Staatenbildung ohne Brutfütterung. Diese Apiden versorgen die Brutzellen noch genau in derselben Weise wie alle solitären Apiden, indem erst die Zelle mit Honig und Blütenstaub gefüllt und das Ei dann auf diesen Futterbrei ge- legt wird. Die Zelle wird darauf geschlossen und das Junge sich selbst überlassen. Andererseits bemerken wir bei solitären Wespen ein an- dauerndes Füttern der Jungen bis zum Stadium der Ver- puppung z. B. bei Cerceris (Friese) und Bembex rostrata (Bartram, Fabre, Ashmead, Wesenberg, Bouvieretc.), Bembex spinulae (Peckham), ferner bei Lyroda subita (Peck ham), Monedula punctata (Peckham), Sphex (Bartram), Mellinus (Taschenberg), Orabro quadrimaeulatus (V erhoeff), Crabro cephalotes (P. Marchal) ete. (siehe Litteraturverzeichnis). Anlage der ersten Zelle. Auch hinsichtlich der Brutpflege sehen wir nun bei den Hummeln ein überaus interessantes Ueber- gangsstadium. Die Anlage der ersten Zelle im Frühling bei der Gründung der Kolonie ist eine sehr primitive und deutet meines Er- achtens auch auf phyletisch frühere Zeiten hin. Die Königin bestreicht den Erdboden mit etwas Wachs und bringt auf diesen Wachsfleck Pollen mit Honig gemischt und legt darauf ein Eit). Hoffer?) bemerkte am 29. Mai im Zuchtkasten ein Zapidarius-W eibchen eifrigst Moosteilchen mit den Füßen zusammenscharrend und sie um einen von dem Weibchen mit Wachs bestrichenen Fleck reihend. Nach- dem das Weibchen eifrigst Honig und beide Körbchen voll Pollen gesammelt hatte, wurde eine ringförmige Zelle von 7” mm Durch- messer und 6 mm Höhe um den Wachsfleck aufgebaut. „Nun brachte das fleißige Tierchen eine Ladung Pollen nach der anderen und strich ıhn ın die Ringzelle, sodann legte es Eier in dieselbe, that Pollen darauf, legte neue Eier, und als die gehörige Zahl ge- legt war, begann es die Zelle mit Wachs zu schließen.“ Es geht aus dieser Darstellung nicht klar hervor, ob das Weibchen die erste Pollenladung auf den Wachsfleck deponierte und dann den Ringwall begann oder ob der Ringwall angelegt 1) Herr Seminaroberlehrer W egener, Oldenburg i. Gr. — ein durchaus zu- verlässiger Beobachter — berichtet mir, mehrere Hummelnester im Frühling in diesem Zustande gefunden zu haben; auf dem Pollen bereits eine kleine Larve ohne Vorhandensein einer wirklichen Zelle. 2) Hoffer, Eduard, Die Hummeln Steiermarks. 32. Jahresber. der steier- märk. Landesoberrealschule in Graz. 1882. Anhang Il. ae Ze ed DT nn nu in v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 35 und darauf erst der Pollen abgeladen wurde. Jedenfalls ist es sehr interessant, dass auch hier die Nahrung eingesammelt wird, ehe eine Zelle vorhanden ist. Im ganzen kann man sagen, dass hier noch die uralte äußerliche Reihenfolge: Nahrung, Ei, Zelle in die Erscheinung tritt, während bei den höchststehenden Apıden heutzutage stets die umgekehrte Reihenfolge zu beobachten ist: Zelle, Ei, Nahrung. Ist die Zelle geschlossen, so führt das Weibchen daneben weitere Zellen auf. Bis hierher ist also ein Unterschied mit den Solitären überhaupt nicht vorhanden. Nun aber tritt ein Neues ein. Das Weibchen öffnet nach einer Reihe von Tagen die erste Zelle ein wenig, bringt den jungen Larven aufs neue Futter und schließt den Behälter dann wieder. Dieses wird unter Um- ständen mehrfach wiederholt. Hier haben wır also neben der alten von den Vorfahren überkommenen Fütterungsweise den Uebergang zu einer neuen, die schließlich in derselben Kolonie ım Laufe des Sommers zur alleinigen wird. Wächst nämlich das Volk stark heran, so tritt Arbeitsteilung ein, die Königin be- schränkt sich fast nur noch auf die Eierlage und fliegt gar nicht mehr aus!). Die kleinen Weibchen, die sogenannten Arbeiterinnen, dagegen übernehmen das Bauen, das Füttern und das Einsammeln der Nahrungsmittel, die jetzt durch die vermehrte Anzahl der Kräfte so reichlich zufließen, dass ein Deponieren von Vorrat im voraus in die Brutzellen nicht mehr von nöten ist. Ein Mangel kann nicht mehr eintreten. So beobachten wır denn, dass in die Zellen, aus denen in der Höhe des Sommers, in der Vollkraft des Volkes, die Männchen und vollkommen ausgebildeten Weibchen entstehen, kein Vorrat mehr im voraus hineingethan wird. Die Eier werden in die leeren Zellen gelegt und es tritt nun fortdauernde Fütterung ein. Das biogenetische Grundgesetz zeigt sich hier also auch im Leben der Gesamtkolonie im Turnus eines Jahres. Also ein so prächtiger Uebergang, wie man ihn sich nur wünschen kann! Man beachte diesen phylogenetischen Uebergang auch im ganzen biologischen Verhalten der Königin. Zuerst Allesschafferin wie irgend eine Solitäre, schließlich nur noch Eierlegerin wie die Königin der Apis mellifica ! Der Kreislauf eines Jahres enthüllt uns hier noch immer aufs neue den Werdegang ungezählter Jahrtausende! Wie entstehen die kleinen Hilfsweibehen bei den Hummeln? Sahen wir also, dass sich das Leben von Bombus vom Herbst, wo die Königin sich allein dem Winterschlaf über- 1) Wohl habe ich im Juli und August noch „abgeflogene“ Königinnen sammelnd angetroffen. Ich bin aber der Ueberzeugung, dass diese Königinnen aus Ya ä 2 3 R ® sehr schwachen Völkern stammen und wenige Arbeiterinnen zur Hilfe haben. 3* 56 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, giebt, bis zur Anlage der ersten Zellen Ende Februar oder im März — also während eines vollen halben Jahres — in nichts von dem Leben einer solitären Biene unterscheidet, so tritt mit den kleinen Hilfsweibcehen, den sogenannten Arbeiterinnen, eine phyle- tisch wichtige Veränderung ein. Ich versuchte schon, eine Erklärung für das Entstehen solcher Hilfsweibchen bei Halictus zu geben; dort handelte es sich jedoch um gleich große Weibchen, hier sind dieselben kleiner, oft ganz wesentlich kleiner als die Königinnen. Dieser Größenunterschied dürfte aber allen auf mangelhafte Er- nährung zurückzuführen sein. Bedenkt man, dass die Königin im Frühling den Nestbau zu erledigen und Futter für zahlreiche Junge einzusammeln hat, so ist es erklärlich, dass Schmalhans oft Küchen- meister sein muss, zumal bei schlechtem Wetter. Es kommt hinzu, dass wir bei den Hummeln eine besondere Art der Eiablage finden, die, soviel ich weiß, einzig bei den Hymenopteren dasteht. Die Königin legt nämlich stets mehrere Eier, und zwar 3—4, oft bis 7, ausnahmsweise bis zu 24 Stück in eine Zellet), die sich frei- lich nicht alle entwickeln. Immerhin müssen mehrere Larven neben einander sich in den oft kärglichen Futterbrei teilen, und es mögen diese Verhältnisse die Ursache sein, dass wir speziell bei den Hummeln so erstaunliche Größenunterschiede innerhalb der Arbeiterklasse finden ?). Wachsen die Larven heran, so wird die Zelle bald zu klein, die entstehenden Risse werden von der Königin ausgebessert. So vergrößert sich die Zelle allmählich. Haben sich die Larven in ihren Kokon eingesponnen, wird die Zelle von den Hilfsweibchen resp. von der Königin wieder abgetragen. So kommt es, dass man meistens in Hummelnestern gar keine Zellen, sondern nur die Kokons sieht, wie sie auf S. 32 u. 40 dargestellt sind. In den leeren Kokons wird später häufig Honig aufgespeichert. Es ist jedoch beobachtet (Friese, Hoffer), dass die Königin auch besondere große „Honig- töpfe“ baut?). Selten hat ein Hummelnest mehr als 3—400 Indi- viduen. Gewisse Arten bleiben weit darunter. | Unterschiede zwischen Hummel- und Bienen- arbeiterinnen. Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass zwischen den sogenannten Hummel-(und auch Wespen-Jarbeiterinnen und den Arbeiterinnen bei Apis mellifica ein Grundunterschied besteht, der sehr häufig nicht beachtet wird*). Die „Arbeiterinnen“ der erst- 2) Auf dem Zoologen-Kongress in Gießen wurden vom Verfasser große und kleine Arbeiter vorgezeigt. Die kleinen waren kaum so groß wie die Hälfte des Thorax (Vorderleib, Brustkorb) der großen. 3) S. a. Höppner, Hans, Weitere Beiträge zur Biologie nordwestdeutscher Hymenopteren. Allg. Zeitschr. f. Entom., Nr. 16, 7. Bd., Neudamm 1902. 4) 8. z. Be Nussbaum, M., Zur Parthenogenese b. d. Schmetterlingen. Arch. f. mikrosk. Anat. u. Entwickelungsgesch., 53. Bd., 1898, p. 455. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, 37 genannten Staaten sind anatomisch und morphologisch vollkommene Weibchen, die sich im Durchschnitt nur durch ihre geringere Größe von der Königin unterscheiden. Dieser Größenunterschied wird, wie erwähnt, durch mangelhafte Ernährung bewirkt. Alle Organe sind die- selben wie bei der Königin, aber verkümmert. Bei den Apis-Arbeite- rinnen dagegen sind besonders die Geschlechtsorgane nicht verküm- mert, sondernrudimentär; es fehlen ihnen weiternichtnur Organteile, sondern sie besitzen auch Organe in besonders starker Ausbildung, die bei der Königin wiederum nur rudimentär resp. garnicht vor- handen sind, wie z. B. die Organe der Wachserzeugung, den Sammel- apparat, die besonders kräftige Ausbildung der Speicheldrüsen, dann ist der Rüssel bedeutend länger, der Stachel ist anders geformt u.s. w. Es sınd dies Unterschiede, die nıcht einfach auf eine schlechte Ernährung zurückgeführt werden können. Wir müssen hier mit Weismann annehmen, dass im Bienenei dreierlei Anlagen vor- handen sind, die durch besondere Einflüsse ausgelöst werden, während im Hummel-(resp. Wespen-)Jei nur zweierlei Anlagen vor- handen zu sein brauchen. Bei den Hummeln werden viele der sogenannten „Arbeiterinnen“ bei reichlicher Ernährung in Größe dem Mutterweibchen voll- kommen gleich und sind in keiner Weise von diesem zu unter- scheiden; es sind dann eben nur unbefruchtete vollkommene Weib- chen mit allen Instinkten der Königin. Diese treten gegen Ende Sommer auf. Größenübergänge von den kleinsten Arbeitern bis zu den größten (den jungen Königinnen) finden sich in jedem Hummelstaat. Es ist hier also thatsächlich — nach meiner An- schauung — nur eine Frage der Ernährung vorhanden. Es kann z. B. bei Kennern Streit darüber entstehen, ob man eine große Hummelarbeiterin oder eine kleine Königin vor sich hat, falls der Fangzeitpunkt (Frühling oder Herbst) verheimlicht wird. Bei der Apis mellifica wäre so etwas unmöglich. So ähn- lich die Instinkte zwischen den Arbeitern und Königinnen bei den Hummeln (resp. Wespen), so grundverschieden sind diese bei der Honigbiene. Man bedenke nur, dass die Bienenkönigin ihr ganzes Leben nichts weiteres ist und sein kann als Bierlege- maschine. Es erscheint daher ziemlich unverständlich, dass man so häufig diese so vollkommen verschiedenen Hilfsweibehen einfach unter dem Titel „Arbeiterinnen“ als gleichartig vereinigte. Siebold's') und Leuckart’s?) Untersuchungen haben die anatomischen Unter- schiede mit Sicherheit festgelegt. 1) v. Siebold, C. Th. E., Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 1871. 2) Leuckart, R., Zur Kenntnis des Generationswechsels und der Partheno- genesis bei den Insekten. Frankfurt 1858. 38 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Durch die im Hummelstaat nur wenig vorgeschrittene Arbeits- teilung stellt er sich uns als niedrigster Typus der eigentlichen Staatenbildungen bei den Apiden dar. Wir finden hier auch noch keine Schwarmbildung wie bei den höher stehenden Bienen und auch noch nicht die regelmäßige so oft bewunderte Anordnung der Zellen in Waben u. s. w. Die sozialen Instinkte sind bei den Hummeln schon er- weitert. Fälle von gegenseitiger Hilfeleistung bei der Arbeit sind nach Hoffer mehrfach beobachtet!,. Wenn wir hier auch durch- aus kein Zweckbewusstsein annehmen dürfen, so weisen Hand- lungen dieser Art doch schon auf eine weitere Ausgestaltung des instinktiven Vermögens hin. /Vgl. Zusatz 10.] Vor mir auf dem Schreibtische steht in einer Zigarrenkiste ein noch ca. 150 Kokons enthaltendes Nest des prächtigen Bombus distinguendus Mor. Außer drei jungen Königinnen ist kein Insasse mehr vorhanden. Diese finden sich merkwürdigerweise stets dicht bei einander auf einzelnen Kokons „brütend“ und zwar stets auf solchen, deren Insassen unmittelbar vor dem Ausschlüpfen sind, die also einer wirklichen „Bebrütung“ nicht mehr bedürfen. Es geht hier auch, meiner Ansicht nach, keine Bebrütung vor sich, wie oft an- genommen wird. Ein seltsamer sozialer Instinkt bannt diese Tiere gerade auf diese reifen Kokons, und wahrscheinlich, sowie im Innern die ersten Versuche gemacht werden, die Wand zu durchnagen, wird auch von außen Hand angelegt und man sieht dann die Tiere eifrig beschäftigt, die Wachsschicht zu entfernen und das Gespinnst abzubeißen, damit die Kollegin ım Innern leichter an das Tages- licht gelangt?). Mit Staunen sieht der Beobachter dieser nur auf dem Boden der Sozietät entsprungenen Instinktsäußerung zu, einer Geburtshilfe, wie sie wahrscheinlich alle sozialen Apiden auf- weisen, jedenfalls ist sie bei Apis mellifica, wie auch bei sozialen Vespiden, in ausgesprochenem Maße vorhanden. Das sogenannte Bebrüten der Zellen. Hoffer teilt ausführliches hierüber mit und erwähnt, dass sich die Hummeln hin und wieder sogar platt auf den Zellen ausstrecken und den Kopf andrücken, um die Zellen besser erwärmen zu können. Ich glaube, dass hier eine irrtümliche Ansicht obwaltet, denn von einer Bebrütung kann infolge der geringen Eigenwärme der Hummeln wohl kaum die Rede sein. Die Hummeln profitieren umgekehrt von der aus den Brutzellen strömenden Wärme, die infolge des 1) S. a. Shuckard, W.E., British Bees: an Introduction to the study of the natural history and economy of the bees indigenous to the British isles. London 1866. 2) Schmiedeknecht, Otto, Monographie etc. l. c. p. 321 giebt an, dass das Weibehen nur die Wachsdecke vom Kokon abnagt. Nach meinen Beobach- tungen wird auch das Gespinnst im Moment des Ausschlüpfens von der Geburts- helferin energisch zerbissen. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 39 sehr kräftigen Stoffwechsels, der starken chemischen Umsätze in den Körpern der Larven eine relativ beträchtliche sein dürfte. So beträgt z. B. in einem Volk der Honigbiene die Wärme während der Brutperiode ca. 32° C., und selbst, wenn man die Bienen ent- fernt und die Wärme, die von den larvenbesetzten Waben erzeugt wird, misst, ist sie nur um wenige Grade geringer. Immerhin hat die Bedeckung der Zellen durch die Hummeln dennoch einen Wert für die Brut, da die entströmende Wärme mehr zurückgehalten wird. Die Hummeln folgen meiner Ansicht aber nur dem Reiz des Angenehmen. Das Belagern der reifen Kokons, die selbst keine erhöhte Wärme mehr aussenden, beruht, wie zu erklären versucht wurde, auf anderen Gründen. /Vgl. Zusatz 11.] Der „Trompeter“ bei den Hummeln. Zu erwähnen ist aus dem Gesellschaftsleben der Hummeln noch einer eigentümlichen Erscheinung, ich meine den vielfach genannten und mit so großer Liebe als ein wunderbares Erzeugnis der Staatenbildung herange- zogenen Trompeter — eine große Arbeiterin —, die sich früh morgens zwischen !/,4 und 4 Uhr auf das Dach des Nestes begiebt und dort wohl 30—60 Minuten unter lebhaftem Flügelschlagen ein an- dauerndes Konzert anstimmt. Tüchtige und zuverlässige Beobachter, wie z. B. Hoffer, haben diese Angabe außer Zweifel gestellt!). Welche biologische Veranlassung für diesen vermeintlichen Wecker zur Arbeit vorhanden ist, erscheint völlig rätselhaft. Wird der Trompeter entfernt, so tritt ein anderer großer Arbeiter an seine Stelle. Wenn es gestattet ist, Analogieschlüsse von Apis mellifica auf Bombus zu machen, so möchte ich diese anscheinend so rätselhafte Erscheinung, wie folgt, zu deuten versuchen. Diese Deutung, so scheint mir, ist in biologischer Hinsicht die einzige, die in Betracht kommen kann, und wahrscheinlich trifft sie die Wahrheit. Hoffer schildert den Trompeter als ständig fast eine Stunde lang schnell mit den Flügeln schlagend und dabei einen eigentüm- lichen summenden Ton hören lassend. Eine ähnliche Erscheinung finden wir bei der Honigbiene und zwar dann, wenn der Stock ventiliert werden soll, sei es um den Nectar ın den Zellen zu kondensieren (ein starkes Volk fächelt so im einer Nacht nach einem reichen Trachttage über 1'/, Kilo und mehr Feuchtigkeit zum Flugloch hinaus) oder aber um etwaige starke Hitze zu mindern, sowie um schlechte Gerüche zu vertreiben?). In diesen Fällen 1) Nach Hoffer berichtet Goedard (De insectis in methodum ete.... 1685) erstmalig über den Trompeter. Hoffer hat diesen Vorgang unter Hinzuziehung von Zeugen mehrfach beobachtet. Seine Beobachtungen werden bestätigt von dem Hummel- kenner Professor Kristof, ferner von Firtsch (s. Hummeln Steiermarks 1. c.). 2) Schon Francois Huber macht auf das Ventilieren der Bienen aufmerksam in seinen „Nouvelles observations sur les abeilles“ 1814. Deutsch von Kleine, Einbeck 1856. 40 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. stehen dann einzelne oder viele Bienen hinter einander am Flugloch mit den Flügeln rastlos schlagend und eine wirft die Luft der andern zu, dabei lassen sie einen eigentümlich summenden Ton hören, der eben durch das Flügelschlagen erzeugt wird!). Bei der Fig, .12. Unterirdisches Nest der Steinhummel (Bombus lapidarius L.) von einer Wachshülle umgeben, welche zur Freilegung des Inneren teilweise entfernt wurde. Links auf den Kokons die Königin, rechts eine Arbeiterin. Original im Bremer Museum für Naturkunde (!/, nat. Größe). Honigbiene finden wir das Ventilieren meist nur gegen Mittag und von Abends bis spät in die Nacht hinein jenach Wärme und Tracht. Bei den Hummeln liegen nun folgende Verhältnisse vor. 1) Entfernt man eine Biene aus der Reihe der Fächler, so merken die Pienen bald, dass der Zwischenraum zu groß geworden ist und die Luftwelle nicht richtig aufgefangen werden kann. Unverzüglich schließen sie sich dann wieder in der richtigen Distanz an einander. Be v. Buttel-Reepen, Die phylogenetisehe Entstehung des Bienenstaates. 41 Nur sehr starke Völker haben nach Hoffer’s Ansicht einen „Irompeter“. Es ist nun wahrscheinlich, dass über Nacht die ' Luft in dem verhältnismäßig sehr kleinen Erdloch oder „dicht“ !) schließenden Beobachtungskistehen unter den deckenden Wachs- hüllen, die von manchen Arten angefertigt werden (Fig. 12), eine schlechte werden wird, zumal die Hummeln ihre Faeces im Neste abgeben und nicht unwahrscheimlich morgens früh nach der Ruhe?). Es kommt hinzu, dass die Erdfeuchtigkeit sich über Nacht allzusehr steigern mag oder die Verdunstungsfeuchtigkeit des sehr flüssigen Hummelhonigs einen Niederschlag verursacht. Eine Hummel genügt dann früh morgens um mit ihren relativ mächtigen Flügeln einen genügenden Ventilationsstrom zu erzeugen. In Harmonie mit dieser Auffassung steht, dass wie erwähnt, nur starke Völker des Ventilators bedürfen, ferner, dass das vermeint- liche Morgenkonzert stets sehr lange dauert, fast bis zur „Er- schöpfung“ des Trompeters und das Dach des Nestes nach Hoffer eine Reihe „Ventilationslöcher“ besitzt, woraus hervorgeht, dass eine Ventilation den Hummeln eine Notwendigkeit ist, denn sonst würden sie nicht für solche Luftkanäle sorgen; weiterhin weist das Verharren des Trompeters auf dem „Dache“ in der Nähe der Ventilationslöcher auf eine Beziehung zu diesen hin und ferner zeigen, soweit bis jetzt bekannt, nur unterirdisch bauende Hummeln diesen Vorgang, also Völker, die sicherlich auf eine Ventilation angewiesen sind und schließlich muss eine biologische Notwendigkeit für diesen Vorgang vorhanden sein. Das laute Summen kann ernstlich wohl nicht in Frage kommen, es bleibt nur das rastlose Flügelschlagen. Ich glaube, dass uns auch hier die leidige vermenschlichende Auffassung wieder einen Streich ge- spielt hat. Es ist ja freilich etwas Rührendes, wenn sich Hummeln einen Trompeter halten. Dass man den Trompeter bis jetzt nur früh morgens hörte, liegt vielleicht daran, dass tagsüber bei dem starken Aus und Ein der Hummeln eine Ventilation nicht not- wendig ist oder, dass man bei dem stärkeren Summen der eifrig beschäftigten Kolonie den Ventilationston, der auch bei der Honig- biene ein eigenartiger ist, überhörte. Auch liegen tagsüber die Bedingungen im ganzen vollkommen anders. Hoffer meint, oberirdisch bauende Völker bedürften anscheinend eines solchen Weckers nicht, da man bei diesen nie einen anträfe. Die Sache dürfte so liegen, dass solche Völker, da sie fortdauernd vom frischen Luftstrom umspült werden, eben keiner Ventilation bedürfen. Dass thatsächlich ein „Wecken“ nicht in Frage kommen kann, geht auch schon daraus hervor, dass die Hummelkolonie sich nach Hoffer’s Beobachtung einmal schon in Thätigkeit zeigte, 1) S. die Hoffer’schen Angaben in „Hummeln Steiermarks“ 1. e. 2) Bei Apis mellifica finden sich die Faeces nicht im Stocke. 42 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. mw als der musikalische Wecker seine eindringliche Mahnung noch garnicht hatte ertönen lassen. Trotzdem blies der Trompeter seine volle Zeit. Nun ich brauche auf diese jedenfalls unrichtige Vorstellung nicht weiter einzugehen. Der die Gerüche vertreibende Ventilator ist allerdings weniger poetisch als ein Minaretrufer. Zwischen den Hummeln und den Meliponinae giebt es keine engere verwandtschaftliche Beziehung. Sie stehen sich sehr ferne und doch bildet die Staatenbildung der Meliponen und Trigonen eine bio- logisch äußerst wichtige Stufe zwischen den Bombinae und den Apis- Arten. Während wir die eine Art der stachellosen Bienen die Meliponen nur im tropischen Amerika finden, begegnen wir den Trigonen auch in den Wendekreisen der alten Welt bis nach Australien und den ozea- nischen Inseln!). Es sind bis jetzt nach der Angabe von Friese ungefähr 170 sichere Arten bekannt, deren Zahl sich aber noch ständig mehrt. Die Größe dieser Stachellosen ist eine sehr wech- selnde. Es giebt einige Arten, die hierin die Honigbiene über- treffen, die meisten sind aber wesentlich kleiner und die kleinste, die Trigona Duckei Friese hat nur die Länge von 2 mm?). Sie ist bis jetzt fast nur in den Augen der Menschen gefangen worden, wohin sie wahrscheinlich wegen der Feuchtigkeit fliegt; hin und wieder erwischt man sie auch auf der mit Schweiß befeuchteten Hand. Sie ist die kleinste Biene der Welt! Die winzigen Waben dieses Liliputaners müssen ein reizendes Bild gewähren, leider sind sie bis jetzt noch nicht zur Beobachtung gekommen. Das Wachsschwitzen bei den Meliponinae. Wirklich eingehende und zuverlässige Beobachtungen über die Meliponinae liegen bis jetzt nicht viele vor. An erster Stelle ist ein Forscher zu nennen, der durch vier Jahre diese Bienen auf das Genaueste studiert hat. Eduard Drory, ein hervorragender Bienenzüchter, ließ sich in den Jahren 1871--73 31 Völker Meliponen und Trigonen in 11 Arten nach seinem früheren Wohnorte Bordeaux kommen. Seine Ermittelungen legte er in einem Schriftchen?) und in mehreren Artikeln nieder). Er vermochte viele alte Be- 1) Dass dieMeliponinen übrigens früher auch einen Stachel besessen haben, geht aus einer Arbeit von H.v. Jhering hervor. Es gelang ihm, die verkümmerte Stachelanlage nachzuweisen. v.Jhering, H., Der Stachel der Meliponen, Entom. Nachrichten, 12. Jahrg. Juni, 1886. 2) Friese, H., Neue Arten der Bienengattungen Melipona Ill. und Trigona Jur. Termeszetraize Füzetek. 23. 1900. 3) Drory,E., Quelques Observations sur la Melipone Seutellaire. Bordeaux 1872. 4) Drory, E., Ueber Meliponen, Bienenzeitung p. 172—176, 1873. Erst- malige Erwähnung des dorsalen Wachsschwitzens bei Arbeiterinnen; ders. Nou- velles observations sur les M&lipones. Le Rucher du Sud-Ouest. 1. Jahrg., Nr. 5—6, Bordeaux 1873. Erstmaliger Bericht über dorsales Wachsschwitzen bei Drohnen; ders. Note sur quelques especes de Melipones de ’Amerique du Sud. Compt. Rend. d. 1. Soc. Linn. de Bordeaux. T.29,p.31,1873; ders. De la mani®dre dont les M&lipones seerdtent la eire. ebenda p. 62; ders. Welchen wissenschaftl. u. prakt, v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 43 obachtungen, die bereits von Pierre Huber, Poey etc. gemacht waren, zu bestätigen, vieles zu widerlegen und neues zu begründen. Mit Sicherheit konstatierte Drory erstmalig (nicht Fritz Müller, wie bisher angenommen wurde) das Wachsausschwitzen auf dem Rücken der Arbeiterinnen und Männchen; das schon von Poey!) beobachtet aber nicht als solches erkannt, aber dann von Fritz Müller!) richtig beschrieben wurde. Ich bemerke hier gleich, dass Friese, dem wohl sämtliche Arten von Meli- ponen und Trigonen zur Bestimmung durch die Hände gegangen, niemals kurzgesagt Bauchschwitzer, sondern stets nur Rücken- schwitzer darunter gefunden?). Neuerdings beschreibt W. Mar- shall?) die Wachserzeugung bei den Meliponinae, wie folgt: „Diese Haare (an den Bauchsegmenten) bilden zusammen eine Art Bürste, in der sich das Wachs nicht in Gestalt von Schüppchen oder Plättchen, sondern von Körnchen ansammelt. Wo der vordere, glatte Teil des Bauchringes an den behaarten hinteren anstößt, verläuft ein entsprechender Querschlitz, der in eine Tasche führt. In dieser geht die Wachsabsonderung vor sich, und das abge- sonderte Wachs wird über ihren Rand in die Bürste gedrängt, ın dem Maße, wie es sich im Grund der Tasche immer neu bildet.“ Diese Beschreibung ist mit den Thatsachen nicht ın Einklang zu bringen, schon aus dem Grunde nicht, weil wir bei den so- zıalen Apiden, soweit bis jetzt bekannt, stets eine Aussonderung in Schüppchen oder Lamellen bemerken®). In dem trefflichen Werke Wert haben d. Meliponen in Europa? Bienenztg., 30. Jahrg., Nr. 32, Eichstädt 1874 etc. (s. Litteraturverz.). 1) Poey, Felipe, Memorias sobre la historia natural de la Isla d. Cuba I. Habana 1851. Im Auszug u. mit Anmerkungen von Fritz Müller im Zoolog. Garten 16, 1875, p. 291—297. Die erste Notiz Fritz Müller’s über das dorsale Wachsschwitzen findet sich in einem Briefe an Darwin, veröffentlicht unter dem Titel: „Researches on Termites and Honey-Bees“ in Nature, Febr. 19, Bd. 9, 1874. 2) Auf dem Zoologen-Kongress in Gießen zeigte Verfasser eine T’rrigona zwischen deren Rückensegmenten die Wachsschüppchen mit voller Deutlichkeit hervortraten. 3) Marshall, W., Die stachellosen Bienen Südamerikas. Leipz. Bienenztg., Heft 9, 1898; ders. „Gesellige Tiere“ [116a]. 4) Wahrscheinlich stützt Marshall sich auf den veralteten Bericht von Spinola aus dem Jahre 1840 (Observ. sur les Apiaires Meliponides. Ann. d. Sc. Nat... An gleicher Stelle beschreibt Marshall folgendes: „Die Arbeiterinnen unserer Honigbienen bedienen sich zum Abheben der Wachsschüppchen einer Art von Dorn, der sich am vorderen Außenwinkel des ersten Fuß- oder Tarsalgliedes befindet. Die Meliponen haben keinen solehen Dorn aber sie haben dafür andere Einrichtungen, die ihn ersetzen.“ Durch diese Schilderung wird der Eindruck er- weckt, als hätten die Honigbienen nur eine Art Dorn zu besagtem Zwecke. Die betreffenden Einrichtungen sind komplizierter Natur. Der Fersenhenkel des Unter- schenkels oder Metatarsus (der Dorn Marshalls) hat eine breite mit scharfen Höckern oder Spitzen besetzte Greiffläche, dieser gegenüber am unteren Ende des Oberschenkels (der Tibia), befindet sich ein zierlicher Chitinkamm mit zahlreichen Zinken. Beides bewegt sich gegen einander wie eine Zange, die sogenannte Wachs- zange. Hiermit erfassen die Bienen die Wachslamellen. 44 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. von Kolbet) findet sich folgende Stelle über das Wachsschwitzen der Meliponinae: „Bei manchen Arten von Trigona und Melipona kommen aber auch wenig entwickelte ventrale Wachsorgane vor (H. v. Jhering, Entom. Nachr. 1886. S. 184).“ In den Entom. Nachr. spricht Jhering aber nur eine Vermutung aus. Die Kolbe’sche Fassung lautet daher wohl zu bestimmt. Nachdem Jhering die dorsalen Wachsorgane besprochen, heißt es: „Wenig entwickelte ventrale Wachsorgane scheinen aber auch bei manchen Meliponen resp. Trigonen daneben noch vorzukommen.“ Eine irgendwie sichere Beobachtung liegt also nicht vor. Auch die allerneuste wertvolle Bereicherung unserer Kenntnisse über die Meliponinae durch Silvestri?), welcher 24 Arten systematisch und Fig. 14b. Zellen von Honigtöpfe von Trigona : sil- Trigona sil- vestrii vestrü Friese. - Friese. hr Polleneylinder von Trigona sil- vestrii Friese. ur biologisch beschreibt, erwähnt nichts über Bauchschwitzer. Auch hier finden wir nur Rückenschwitzer. „La cera si raccoglie su lamine sottili intere sopra ı tergiti dell’ addome dal secondo al quinto compreso* (p. 167). Es dürfte demnach wohl feststehen, dass wir es bei den Meliponinae ausschließlich mit Rückenschwitzern zu thun haben). 1) Kolbe, H. J., Einführung in die Kenntnis der Insekten. Berlin 1893. 2) Silvestri, Filippo. Contribuzione alla Conoscenza dei Meliponidi del Bacino del Rio de la Plata. Riv. Patol. Veget. Anno X. Portiei 1902, mit 3 Tafeln. 3) Nach einer mir während der Drucklegung zugehenden brieflichen Miittei- lung von Dr. v. Ihering in Säo Paulo, sind seine früheren Vermutungen, dass die Ventralsegmente in Frage kämen, beseitigt, er konstatiert mit Bestimmtheit, dass die Wachsabscheidung nur an den dorsalen Segmenten vor sich geht. So wäre diese Frage endgültig entschieden. Um so interessanter ist es, dass die Hummeln auch hierin eine Uebergangsstufe auffälliger Art einnehmen. VE v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates 45 Das Wachsgebäude der Meliponinen. Der Uebergang von den wirr durch einander und über einander liegenden Zellen des chaotischen Hummelnestes zu den geordneten so oft das höchste Erstaunen hervorrufenden vollkommen regelmäßigen Waben- zellen erscheint ein sehr großer. Von besonderem Werte ist es daher in phylogenetischer Hinsicht, dass wir bei den Meliponinen äußerst interessante Uebergangsstufen finden. Während Trigona timida Silvestri, Tr. Silwestrüi Friese, Tr. eilipes etc. noch runde, traubenförmig zusammenliegende Zellen zeigen (s. Fig. 13), finden wir nach Silvestri (l. ce.) bei Tr. subterranea Friese bereits eine Auflösung der regellosen Masse in spiralig angeordnete Zellen- flächen und bei den meisten übrigen Meliponen und Trigonen eine etagenförmige wagerechte Anordnung, wie wir sie bei den Wespen- nestern antreffen, nur dass sich bei den Melıponinen die Zellen nach oben öffnen. Hayek [S1a] bildet die Zellen unrichtig ab. Auch Fritz Müller hat schon 1374 (Nature Vol. 9) das spiralige Ansteigen der Waben beobachtet. Bemerken wir also bei einigen Arten noch eine gewisse Ueber- einstimmung bezüglich des Zellenbaues mit dem der Hummeln, soweit die wirre regellose Anlage in Betracht kommt, so sehen wir z. B. bei Tr. silvestrüö Friese noch weitere gleichartige Bil- dungen. Diese Art baut nämlich eigentümliche lange Cylinder zur Aufspeicherung des Pollens und kleine rundliche Töpfe für den Honig (s. Fig. 14a,b). Das Gleiche finden wir z. B. bei Bombus pomorum, welche Art nach den Hoffer’schen Beobachtungen auch Cylinder für Pollen und rundliche Töpfe für Honig anfertigt. Diese Behälter samt den Waben sind bei den meisten Arten von einem Schutzmantel aus harzigem Wachs umgeben, der aus zahlreichen gebogenen Blättern aufgebaut ist, so dass sich die Zwischenräume zwischen diesen Blätterlagen zu einem wahren Labyrinth gestalten. Auch bei den Hummeln haben wir ähnliche Schutzhüllen, wie Fig. 12 zeigte. Bei den Meliponinen dürfte die schwammartige Hülle einesteils als Schutz gegen die Feinde, wesentlich aber auch als Wärmekonservator dienen, da diese Tiere außerordentlich empfindlich gegen kühlere Temperatur sind; schon bei + 15° C. wird ihre Lebensthätigkeit sehr herabgestimmt. Die großen Behälter für Pollen und Honig, die meistens von gleicher Form sind, befinden sich je nach den verschiedenen Arten an verschiedenen Stellen neben dem eigentlichen Brutnest ange- ordnet. In den Schutzmantel führt eine oft sehr lange hin und her- ziehende Wachsröhre, an deren Ende sich das Flugloch befindet. Dieser Kanal ist immer von Wächtern besetzt, die jeden Eindring- ling anfallen. Nachts wird das Flugloch hermetisch durch eine Wachswand geschlossen, aber häufig auch nur durch eine poröse 46 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Schicht, durch deren feine Oeffnungen die Wächter ihre Antennen hinausstecken. Da jede Fuge verkittet, auch das Wachs meist mit Harz ver- mischt wird, brauchen die Meliponinen — zumal bei ihrer rapiden Bauart — viel Propolis; es gelangt daher bei ihnen zur Aufspeiche- rung, was wir sonst bei keiner anderen Apidenart bemerken. Entweder zeigen sich in den Nestern kleine Blöcke von Propolis (Drory) oder es wird gar in besonderen Gefäßen niedergelegt, wie sie Silvestri erstmalig beschreibt und abbildet Fig. 15. Auch diese Fig. 16. Propolisgefäß von Trigona subterranea Friese. - Nestbau von Trigona kohli Friese aus einem Termiten- bau entnommen. Abbildung, wie die drei vorhergehenden, ist dem genannten Werke des trefflichen Forschers entnommen. Die Nester der Meliponinen finden sich in hohlen ana unter der Erde, ın Mauern oder sich frei auf Aesten alba und schließlich wie z. B. bei Trigona kohli Friese, Tr. fuscipennis Friese und Tr. latitarsis Friese in Symbiose mit Termiten?). Nach Silvestri ist es „assolutamente certo“, dass diese Trigonen in die Termitenwohnung einbrechen und sich dort heimisch machen und nicht umgekehrt die Termiten über dem Trigona-Nest ihren 1) Silvestri, Filippo, Note preliminari sui Termitidi e Termitofili sud- americani, Bolletino d. Mus. d. Zool. ed Anat. comp. Nr. 419. Vol. 17. 1902. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 47 Bau errichten. Fig. 16 zeigt uns den Nestbau von Trigona kohli Friese, wie Silvestri ıhn aus einem Termitenbau (Kutermes Rippertü) entnommen. Wir bemerken zu oberst im Nest, die dicht über einander liegenden Zellenreihen (Waben) der Trigona, dann kommt eine plötzliche Unterbrechung dieser Reihen durch Ter- mitengänge, darunter liegen wiederum die Waben, hierauf aufs neue in starker Ausdehnung Termitenbau und schließlich unten noch einmal kurze Zellenreihen der Trigona. Diese Symbiose dürfte sehr vorteilhaft für die Bienen sein, da ıhr Bau auch den Schutz der zahlreichen Arbeiter und Soldaten der Termiten genießt, zu- gleich sparen sie viel Material beim Hausbau. Die Wohnung ist durch eine starke, zähe Propolisschicht vom Termitenbau abge- sondert. Worin der Vorteil dieses Zusammenlebens für die Ter- miten besteht, ist schwer zu sagen. Da die Trigonen heftige An- greifer sind — wenigstens manche Arten — (s. weiterhin), so be- steht hierin vielleicht auch ein Schutz für die Termiten. Seltsam ist es, dass auch bei den Meliponinen die Brutzellen, sowie sie einmal gedient haben, abgerissen werden; also genau wie bei den Hummeln. Bei Apis mellifica sehen wir dagegen, dass nur die Weiselzellen diesem phyletisch ursprünglichem Triebe verfallen, während alle anderen Zellen fortdauernder Benutzung unterliegen. Es ist hierin vielleicht ein Hinweis zu erblicken, dass die runden isolierten Königinnenzellen die phyletisch älteste Bauart darstellen, da sich allein an ıhnen noch dieser alte Trieb offenbart und dass sich dieser Trieb nur erhalten hat, weıl es sich bei der fort- schreitenden Vervollkommnung des Bienenstaates zugleich als vor- teilhaft für den Betrieb erwies, (der sich zwischen den engen, genau präzisierten Wabengassen abspielt), wenn die oft sehr zahl- reichen, großen, die Wabengassen allzusehr verengenden Weisel- zellen nach Gebrauch beseitigt wurden. Die Brutpflege bei den Meliponinen. Wie früher schon kurz angegeben, ist von einer andauernden Fütterung der Larven keine Rede. Bei den Meliponen werden 3—4 Zellen fertiggebaut, bis ®/, mit Pollen gefüllt und darauf wird eine 1 mm hohe Schicht Honig darüber gebracht!),. Nun kommt die Königin legt ein Eı hinein und die Arbeiterinnen schließen darauf die Zellen hermetisch mit Wachs. Bei den Trigonen werden eine größere Anzahl Zellen fertiggestellt und gefüllt, ehe die Königin mit der Eiablage be- ginnt. Der Prozess ist aber derselbe (s. S. 57). In einem interessanten Bericht über em lebendes Trigona- Völkehen in Deutschland macht Prof. Tomaschek?) folgende 1) Drory, Quelques observations |. c. 2) Tomaschek, Ein Schwarm der amerikanischen Bienenart Tirigona lineata (?) lebend in Europa. Zool. Anz. II. 1879. p. 582—587; u. III. 1880 p- 60—65. 48 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Angabe: „An der obersten noch vollkommen freiliegenden, unvol- lendeten Wabe sieht man die Königin bedächtig herumwandern, die neugebauten Zellen prüfend. Das Eı lässt sie in die neuge- baute Zelle herabfallen. Gleich nach dem Ablegen des Eies taucht eine Arbeitsbiene ın das Innere der Zelle, bringt Nahrungsstoff hinein und beginnt alsbald die Verschließung der Zelle.“ Ich glaube, dass hier ein Beobachtungsfehler vorliegt. Erstens wäre es einzig dastehend, wenn die Königin das Ei „herabfallen“ ließe, anstatt es vorsichtig zu deponieren, zweitens ist es sehr unwahr- scheinlich, dass der kompakte Futterbrei über das Ei gebracht wird und drittens widerspricht diese Beobachtung allen anderen bis jetzt gemachten. Entweder handelt es sich bei dieser Beobachtung um Eier, welche die Königin im Legedrange hat fallen lassen, wie das auch dem Apis mellifica Weibchen passiert, (sie hat die Eier nicht mehr „halten können“) oder es hat seitens des Beobachters eine Ver- wechslung der Zellen stattgefunden, insofern als es sehr schwierig sein dürfte, bei der seitlichen Beschauung durch das Glasfenster des Beobachtungskastens und bei den sehr kleinen eng beieinander- stehenden Zeilen, zu entscheiden, ob der Nahrungsvorrat in die Zelle gebracht wird, in die vermeintlich eben ein Eı gelegt wurde oder in die danebenstehende, in die erst ein Ei gelegt werden soll. Die Entwickelung der Meliponinen bis zum Ausschlüpfen dauert im Durchschnitt anscheinend 36 Tage also beträchtlich länger als bei der Honigbiene (16 Tage für die W., 21 für die A., 24 für die M.). Die Volkszahl dürfte stets mehrere Tausende betragen und bei einigen Arten und zwar nur bei den Trigonen die Zahl zehntausend überschreiten!). Stets ist aber nur eine Königin im Volk, daneben aber oft viele jungfräuliche Königinnen (Hilfsweibchen?). Ob diese sich an der Eierlage beteiligen, ist un- gewiss (s. weiterhin). Diejenigen, die es thun, scheiden für spätere Befruchtung aus, denn es ist allgemein bei den Insektenweibchen, dass, wenn sie jungfräulich in die Eiablage eintreten, sich der Trieb zur Begattung für immer verliert). Die Ausbildung typischer Arbeiterinnen. Haben wir also noch mancherlei Uebereinstimmungen mit den Hummeln, so sehen wir aber nunmehr, dass auf der Seite der Meliponinen ein Schritt vorwärts gemacht wird, der zu den eigenartigsten gehört, der uns bei der Betrachtung der Staatenbildungen begegnet, nämlich die Aus- bildung von wirklichen den Nestbau und die Nahrungsversorgung allein ausführenden, anatomisch und morphologisch von der Königin verschiedenen, nicht mehr begattungsfähigen Arbeiterinnen und 1) Laut brieflicher Nachricht v. Jherings an Friese fand ersterer 5 Meter tief unter der Erde ein Trigonennest von gewaltigem Umfang, dessen Insassenzahl auf 100 000 geschätzt wurde. 2) s. a. Siebold, Beiträge 1. c. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 49 andererseits von Königinnen, welche sich lediglich auf die Eiablage beschränken und die ihre morphologischen und physiologischen Eigenschaften, welche sie vormals zu Allesschafferinnen stempelten, einbüßten. Diese Differenzierung ging Hand in Hand. Die Haupt- veränderung liegt auf Seiten der Königin, die von ihrer Höhe herabsinkt, fast alle die ihr eigentümlichen Instinkte verliert und nur noch Eierlegemaschine ist, während die Arbeiterinnen alle Instinkte ihres früheren Weibchentums behalten, also die Bau- und Fütter- resp. Sammelinstinkte etc. und nur den Be- gattungstrieb embüßen, dafür aber einige neue Instinkte hinzuge- winnen, z. B. die „sogenannte Anhänglichkeit“ an die Stockmutter und die besondere abweichende Pflege derselben!). /Vgl. Zusatz 12.] Ein solcher Schritt konnte nach meiner Ansicht nur gethan werden, wenn die solitäre Ueberwinterung der Königinnen aufge- geben wurde und das Volk als Ganzes überwinterte. Dadurch war die Königin nicht mehr gezwungen, im Frühling für die Exi- stenz allein zu kämpfen und alle Arbeiten allein auf sich zu nehmen. Auch hier müssen wir günstige äußere Verhältnisse, welche zu dieser Veränderung führten, heranziehen. Finden wir diese günstigen Bedingungen nicht in unseren Breiten, so vielleicht in den Tropen und in der That giebt es z. B. in Brasilien nach Jherings?) Beobachtungen soziale Wespen wie z. B. Polybia, Tatua, Nectarinia u. s. w., welche perennierende Staaten bilden, während bei uns die Wespen, bekanntlich stets im Herbste wie die Hummeln, über deren Staaten sie sich in sozialer Hinsicht wenig erheben, zu Grunde gehen und nur die befruchteten jungen Weibchen allein zur Ueberwinterung gelangen. Dadurch, dass nunmehr die Königin weniger in Anspruch genommen wurde, ver- längerte sich ihre Lebenskraft, die Abnutzung trat nicht so schnell ein und aus den Weibchen mit ursprünglich einjähriger Lebens- dauer wurden schließlich solche von zwei und mehrjähriger Existenz. Die Instinkte, die sich auf das Nestbauen, Füttern u. s. w. bezogen, kamen nunmehr immer seltener in Anwendung, da ständig zu jeder Jahreszeit zahlreiche Hilfsweibchen (Arbeiterinnen) zur Verfügung standen; so verkümmerten diese Triebe allgemach und wurden schließlich durch Selektion ganz ausgemerzt. Hand m Hand mit dieser Auslese ging, wie bemerkt, diejenige der Arbeiterinnen vor 1) Ich stehe hier also im Gegensatz zu Weismann, welcher der Ansicht ist, dass die Arbeiterinnen die meisten Instinktsveränderungen zeigen. Ich z’ıube nicht, dass sich diese Ansicht phylogenetisch verteidigen lässt. Auch die ähnlıchen Angaben von Herbert Spencer, Grassi ete. sind phyletisch kaum haltbar resp. unrichtig. [Vgl. Zusatz 12.] 2) v. Jhering, H., Zur Biologie der sozialen Wespen Brasiliens. Zool. Anz. 19. Bd, Nr. 516, 1896. 4 50 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. sich. Es handelt sich hierbei meiner Ansicht nach, wie ich noch- mals betone, nur um ganz geringfügige Abänderungen der Instinkte. Zweifellos war es im Kampfe ums Dasein vorteilhaft, wenn in der bezeichneten Richtung fortgeschrittene Königinnen allmählich durch Keimesvariationen Hilfsweibchen erzeugten, die mehr und mehr der Arbeitsteilung sich angepasst zeigten, bis schließlich solche Arbeiterinnen entstanden, wie wir sie in der höchsten Ausgestal- tung bei der Honigbiene antreffen. Der neu sich ausbildende In- stinkt — die soviel verherrlichte sogenannte „Liebe“ der Arbei- terinnen zu ihrer Königin —, ergiebt sich als ein einfacher Selektionsprozess. Wie in einer früheren Schrift!) näher ausgeführt wurde, geht diese „Liebe“ sogar so weit, dass in einem verhungern- den Volke die Königin zuletzt stirbt, weil die Arbeiterinnen ihr Letztes der Königin geben. Nun ist es klar, dass die Völker die phyletisch stärkeren sein mussten, bei denen sich der Instinkt ent- wickelte, die Eierlegerin — also die Quelle der Existenz des Volkes — so lange wie möglich zu erhalten. In sehr trachtarmen Jahren mussten alle die Völker zu grunde gehen, welche diesen Trieb noch nicht erworben hatten, so wurde dieser Instinkt bei den Ueberlebenden allgemein herrschend. In gleicher Weise musste es sich im Kampf ums Dasein vorteilhaft erweisen, wenn die Arbeiterinnen den Instinkt gewannen, zu jeder Zeit des Jahres abgesehen vom Winter — durch besondere Pflege (Zellenbau und Fütterung) eine Königin heranziehen zu können, um die an Altersschwäche gestorbene oder sonstwie verloren gegangene Königin zu ersetzen. Stirbt z. B. in einem Hummelneste die Königin während der Frühlingsmonate, so ist die Kolonie dem Untergange geweiht, da die Arbeiterinnen wohl Eier legen, aus denen sich jedoch nur Männchen entwickeln; sie haben aber nicht die Fähigkeit durch besondere Behandlung der etwaig noch von der alten Königin vorhandenen befruchteten Eier eine Königin aufzuziehen, wie Apis mellifica es vermag. Je früher ım Jahre ferner durch Naturzüchtung der Instinkt sich regte Männchen zu erzeugen, um die Ersatzkönigin begatten zu können, je vorteilhafter musste es für den Fortbestand der Kolonie sein und so sehen wir denn auch bei den höchststehenden Apiden die Drohnen schon ım Mai erscheinen, während man sie bei den Hummeln bei uns erst gegen den Herbst antrifit?). 1) Sind die Bienen Reflexmaschinen ? 1. c. 2) Dass sich die Hummelkolonien dennoch bis heutigen Tages gehalten haben und den Kampf ums Dasein bestanden, obgleich ihnen so vieles mangelt, was wir bei den höheren Staatenbildungen finden, liegt an der besonders robusten Natur der Hummel, wenn ich so sagen darf. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen Kälte, ihre Kraft und Größe lässt sie selten unterliegen. Hier hat Naturzüchtung sich auf anderem Wege geholfen. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 51 Die allmählich entstehende Fähigkeit zu jeder Zeit eine Königin aufziehen zu können neben der frühen Aufzucht von nen führte nun bald zu Konflikten, die ihre jedesmalige Lösung in eigentümlichen Vorgängen finden. Das Problem des Schwärmens. Beim Versuche, dieses schwierige Problem phylogenetisch aufzuklären, gewinnen wir einen gewissen Stützpunkt ın der Betrachtung solcher sozialen Insekten, die in einigen Gegenden einjährige Lebensdauer besitzen, in anderen aber zur mehrjährigen übergegangen sind, wie es bei den eben er- wähnten Wespen der Fall ist. Sehr interessant ist es nun, dass diese perennierend gewordenen brasilianischen Wespenstaaten auch das Schwärmen zeigen. v. Ihe- ring beobachtete, dass neue Nester nicht von einer Königin allein (wie bei uns), sondern von einem kleinen Schwarme eonen wurden. Leider fehlt noch jede Beobachtung darüber, oh diese Wespen- schwärme nur ein Teil des alten Volkes Mena, ob die alte oder eine junge Königin mitgezogen oder ob eine ganze Kolonie einfach ihren Platz wechselte. Das Schwärmen hat meines Erachtens nicht nur seinen Grund in den oben angedeuteten Konflikten, die durch die Anwesenheit zweier Frauen in einem Hause hervorgerufen werden, es kommen hier noch andere Umstände in Betracht, denn es ist wohl ein- leuchtend, dass nicht die Anwesenheit eines zweiten Weibchens allein ursprünglich ein plötzliches Ausschwärmen eines Teiles des Volkes bedingt haben kann, wie wir es heutzutage bei der Apis mellifica sehen. Der Wanderinstinkt musste schon vorher vor- handen und im Volke erst phylogenetisch allmählich entstanden sein. Verschiedene Ursachen werden an seiner Entstehung ge- arbeitet haben, sehen wir doch auch, dass verschiedene Reize ihn zur Auslösung bringen. So wandert ein Volk der Apis melli- fica aus wegen Hunger, wegen verdorbenen Baues, übler Gerüche, und wenn es keine Zellen zur Aufspeicherung des Honigs zur Ver- fügung hat u. s. w., oder die Apis dorsata-Kolonie verlässt ihre Wabe, weil in der Umgegend keine Nahrung mehr zu finden ist und siedelt sich dort wieder an, wo Tracht vorhanden ist. Aus diesem Abziehen des ganzen Volkes, aus diesem Schwärmen der ganzen Gemeinschaft dürfte sich das Teilschwärmen, das teilweise Abziehen des Volkes mit einer jungen oder auch mit der alten Königin erst entwickelt haben, weil, wie gesagt, der Instinkt des Wanderns, des Fortziehens unbedingt schon früher vorhanden ge- wesen sein muss. Soweit unsere Beobachtungen reichen, die frei- lich noch recht spärlich sind, sehen wir denn auch bei den weniger hoch entwickelten Kolonien, das typische Schwärmen der Apis mellifica anscheinend noch nicht entwickelt, das Schwärmen dieser Völker erinnert noch mehr oder minder ganz an ein Fortwandern, 4* 59 vw. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates an ein Umlogieren. Ich gehe bei Besprechung der verschiedenen Arten näher darauf ein. Die Bauten der Wespen in Brasilien dürften in ihrer Anlage, ehe sich perennierende Staaten bildeten, mehr denen unserer Wespen geglichen haben, insofern als auch sie nur für die Dauer eines Jahres berechnet waren, wenn ich mich so ausdrücken darf. Bau- material und die ganze Anlage!) eigneten sich schlecht zur Ueber- winterung, es gesellte sich der vielfach angetroffene Instinkt hinzu, jede Zelle nur einmal zu benutzen, so war es geradezu eine Not- wendigkeit, dass das Volk zu gewisser Zeit abzog und sich eine neue Wohnung gründete. Somit war mit dem perennierendwerden auch zugleich der Anfang des Wanderinstinktes gegeben. Aber auch die Lebensdauer der Königin war ursprünglich nur auf die Spanne eines Jahres bemessen. Wir sehen heute noch, wie ich hier wiederholen muss, jede Hummelkönigin bereits im August oder Anfang September alt und abgearbeitet fast flugunfähig dem Tode verfallen. In solchen zur Ueberwinterung sich anbequemenden Völkern ist daher sicherlich eine junge Königin an die Stelle ge- treten. Nun musste der Fortschritt in der Differenzierung der Volksgenossen ein schneller sem, denn die Königin entschlug sich, wie schon geschildert, sehr bald der aufreibenden Anstrengungen, die ihren Vorfahren die Lebenskraft verkürzte, überließ alles den Arbeiterinnen und wurde lediglich Fortpflanzungsapparat. Durch diese Vorgänge musste sich also auch die Kaste der Arbeiterinnen mehr und mehr so ausgestalten, dass sie schließlich nur sterile Allesschafferinnen umfasste. Bei den Meliponinen sehen wir nun erstmalig die besondere Differenzierung der Volksgenossen in Gestalt der typischen Ar- beiterinnen, wodurch sich diese Gemeinschaft schon sehr dem Apxs mellifica-Staate nähert, aber biologisch bleibt noch ein ursprüng- liches Merkmal bestehen. Haben wir nämlich bei den Hummeln keine eigentlichen Arbeiterinnen, sondern ım Grunde genommen nur jungfräuliche Weibchen (Hilfsweibchen) und ein befruchtetes Weibchen, so finden wir auch bei den Meliponinen stets noch eine Anzahl jungfräulicher Weibchen neben den Arbeiterinnen, die fried- lich in der Gemeinschaft hausen und durchaus keine „Eifersucht“ bei der Königin erwecken, wie das der Fall ist bei der Apis mell- fica. Drory beobachtete bis 30 solcher jungfräulicher Weibchen in einer Melipona-Kolonie. Es scheint, dass diese Weibchen auch Eier legen, aus denen dann parthenogenetisch die Männchen ent- stehen würden wie bei den Hummeln und Wespen. Hierauf deutet auch der Umstand hin, dass die Männchen bergenden Zellen sich in nichts von den anderen Zellen unterscheiden und regellos zwischen der 1) z. B. Befestigung des Baues an einem Blatte. Vgl. Möbiusll. c. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 53 Arbeiterinnenbrut verstreut stehen. Möglich und mir wahrscheinlich ist es allerdings auch, dass die Königin Männcheneier legt, aber es entsteht dann die schwierige Frage, welcher Reiz löst bei ihr den Instinkt aus, ein unbefruchtetes Ei abzulegen, da die besondere Zellenform diesen Reiz nicht bewirken kann, wie bei der Mellifica, wo die Drohnenzellen so viel größer sind. Nun sind aber nach Fritz Müller!) bei den Meliponen alle Zellen gleich, einerlei ob aus ihnen Drohnen, Arbeiterinnen oder Königinnen hervorgehen. - Es entsteht also die weitere Frage, wie wird das Erscheinen von Königinnen bewirkt, da die Arbeiterinnen vor der Eiablage die Zellen mit Nahrung füllen! und das Ei vollkommen indifferent ist, d. h. aus ihm ebensogut eine Arbeiterin als auch eine Königin entstehen kann, je nach den äußeren Umständen. Welche äußeren Umstände bewirken nun die Differenzierung? Dass hier selbstverständlich nicht die Idee aufkommen kann, die kürzlich hinsichtlich der Fortpflanzungsvorgänge bei der Apis mellifica soviel Staub aufgewirbelt hat, dass nämlich alle drei Kasten aus befruch- teten Eiern hervorgingen und der Speichel der Arbeitsbienen das Geschlecht bestimme, das unterliegt wohl keinem Zweifel. Wir sehen bei allen sozialen Apiden dieselben Gesetze der Partheno- genesis walten, so weit unsere Kenntnisse bis jetzt reichen, d. h. wir sehen, dass die Eier, die unbefruchtet bleiben, stets Männchen liefern. Dass diese Männcheneier zum mindesten bei der Honig- biene thatsächlich unbefruchtet sind, dafür sind die wissenschaft- lichen Beweise mit aller Klarheit erbracht?). In einem zusammen- fassenden Artikel gab ich das Für und Wider der ganzen Streit- frage und ich gestatte mir, darauf zu verweisen°®). Dass auch für die Wespen wohl zweifellos dieselben Verhältnisse vorwalten, geht aus der Paul Marchal’schen Arbeit „La reproduction et l’evo- lution des Gu£pes soziales“. Arch. d. Zool. exp. et gen. (3), IV, 1896, p. 1—100; 8 fig.) mit genügender Sicherheit hervor. Die ganze sonderbare Bespeichelungstheorie kommt für die Meliponen auch schon deswegen garnicht in Frage, weil die Arbeiterinnen das abgelegte Ei nach den genauen Beobachtungen von Drory (s. S. 57 dieses Artikels) überhaupt nicht berühren und die Zelle nach der Eiablage sofort vollkommen geschlossen wird. Bei der Honig- biene findet man die äußeren Umstände, welche die Differen- 1) Müller, Fritz, Die Königinnen der Meliponen Kosmos, Zeitschr. f. ein- heitl. Weltanschauung, 3. Jahrg., 1879, p. 228. 2) Vergl. Pauleke, Wilhelm, Zur Frage der parthenogenetischen Ent- stehung der Drohnen. Anat. Anz. v. 5. Okt., 16. Bd., Jena 1899; Weismann, Aug., Ueber die Parthenogenese der Bienen; ebenda 18. Bd., 1900; ebenda 19. Bd., 1901; Petrunkewitsch, Al., Die Richtungskörper und ihr Schicksal im befruchteten und unbefruchteten Bienenei, Zool. Jahrb. Abt. f. Anat., 14. Bd., 4. Heft, 1901. 3) v. Buttel-Reepen, Die Parthenogenesis bei der Honigbiene, Natur u. Schule, 1. Bd., 4. Heft, 1902. 54 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. zierung bewirken, darin, dass jede Kaste in einer besonderen Zellenart einen anderen Futterbrei erhält!). Hier löst die für jede Kaste verschiedene Form und Größe der Zelle andere Re- flexe aus und der Instinkt weist die Arbeiterinnen an, in die männliche Zelle den männlichen Futterbrei, wenn ich m so aus- drücken darf, zu gießen, in die weibliche den weiblichen u. s. w. Diese Nahrungsreize geben dann, soweit die befruchteten Eier in Be- tracht kommen, den Anlass zur Auslösung der schlummernden An- lagen. Wie aber ist es bei den Meliponen damit bestellt? Es ließen sich allerhand Theorien aufstellen, aber die ganzen Verhält- nisse sind so wenig bekannt, dass man nur sagen kann, dass hier die Forschung vorerst kräftig einzusetzen hat, bevor eingehendere Erklärungsversuche, die einigermaßen Hand und Fuß haben, be- ginnen können. Besonders interessant ist es, dass bei manchen oder wahr- scheinlich wohl bei allen Trigonen sich schon große Zellen für die Königinnen (Weiselzellen) finden, wie sie Fig. 17 zeigt. Auch das Schwärmen der Meliponinen steht anscheinend noch auf einer biologisch niedrigeren Stufe. Ein Auszug der alten Königin, wie wir ihn bei Apis mellifica sehen, kann wegen des enorm angeschwollenen Leibes und der bei alten Arbeiterinnenzellen Königinnen stark zerschlissenen Flügeln nicht ın und Königinzelle Frage kommen. Es dürften daher hier, Sicheres en. Pa ist noch nicht bekannt, nur die jungen Königinnen (Latr) Pure: eine neue Kolonie begründen. Die Beobachtung NachSylvestri. '/,. von Peckolt?), derdie Trigonaruficres schwärmen gesehen hat, „just like the european honey-bees“, halte ich umsomehr der Bestätigung für würdig, als dieses Schwärmen vor sich gegangen sein soll „during a thunder-storm“! und dann, weil sonst niemand ein Schwärmen dieser Art jemals beobachtet hat, ferner aus dem oben angegebenen Grunde Gronen?) schreibt: „Goudot hat trotz ) Die Honigbiene füttert nicht Honig, wie merkwürdigerweise noch oftmals angenommen wird, sondern einen schneeweißen, gel&eartigen Futterbrei, der nach der einen Ansicht (Schiemenz, Paul, Ueber das Herkommen des Futtersaftes und die Speicheldrüsen der Biene, ... . Zeitschr. f. wiss. Zool., 38. Bd., 18553) ein Sekret der Speicheldrüsen ist, (also wie bei den Termiten), nach der anderen Chylus aus dem Chymusmagen (Schönfeld, P., Die Ernährung der Honigbiene. Frei- burg i. B. 1897). Erst in vorgeschrittenen Stadien erhalten die Arbeiterinnen und die Drohnen etwas Honig resp. Honig und Pollen dem Futterbrei zugemischt. 2) Smith, Obsery. on the economy of Brasilian Insects-from the Notes of Mr. Pecekolt. Transact. entom. soc. London, 1868, p. 133—135. 3) Gronen, Damien, Trigona fulviventris, Stettin. entom. Zeitg. 45, p. 110-113, sowie: Zur Naturgesch. d. Meliponiden, Zoolog. Garten, 22, 1881, p- 330—333. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 55 langem Aufenthalt in einem meliponenreichen Lande nie eines Schwarmes ansichtig werden können und die befragten Eingeborenen konnten (oder wollten) ihm keine Auskunft geben. Nur ließ sich feststellen, dass eine noch unbeschriebene der Tetragona elongata Lep. und T. angustata ähnliche Art die einzige war, die man zu- weilen aus dem Walde in die Dörfer gebracht und in Körbe ge- than hat. Gewöhnlich siedelt sie sich darin ohne Schwierigkeit an, aber nach einiger Zeit — vermutlich wenn alle mitgebrachten Larven ausgewachsen sind —, sucht der ganze Stock wieder das Weite.“ Als einzige sichere Beobachtung bis heutigen Tages ist also nur das Fortwandern des ganzen Volkes konstatiert und wahr- scheinlich erscheint es, dass die Gründung neuer Kolonien — also das eigentliche Schwärmen — durch die jungen Königinnen mit teil- weisem Abzug des Volkes erfolgt. In vielen Gegenden musste es sich jedoch, z. B. wegen An- wesenheit zahlreicher Feinde als ungeeignet erweisen, wenn junge, noch unbefruchtete Königinnen mit dem Volke auszogen, da solche Königinnen auf dem Hochzeitsfluge gar zu leicht den Feinden zum Opfer fielen. Hier musste Naturzüchtung entweder zur Vermehrung der Weibchen schreiten, wie wir es z. B. bei anderen Hymenopteren — den Ameisen — sehen, wo trotz der großen Menge die aller- meisten auf dem Hochzeitsfluge dem Verderben anheimfallen und verhältnismäßig nur sehr wenige zur Gründung eines neuen Nestes schreiten können, oder aber es musste die befruchtete alte Königin die Fähigkeit gewinnen, mit dem Volke resp. Schwarme auszu- ziehen und das alte Nest der jungen Nachfolgerin überlassen. Ging dann im alten Neste das junge Weibchen auf dem Begattungsfluge verloren, so besaßen doch die Bienen in der noch von der alten Königin vorhandenen Brut genügend Material, um diverse neue Königinnen aufzuziehen. So haben dann Selektionsprozesse bei den höchsten Apıden, zum mindesten mit Sicherheit bei den Apis mellifica-Arten, zu der anderen Weise der Vermehrung der Völker (also Auszug der alten Königin) geführt!), und nur die „Nachschwärme* der Honigbiene haben junge Königinnen. (Vgl. Sind d. Bienen Reflexm. p. 11 u. 28.) Dass die Arbeitsteilung bei den Meliponinen noch nicht die höchste Stufe erreicht hat, sehen wir auch daran, dass, wie schon erwähnt, die Männchen, die bei der Honigbiene nur noch der Be- gattung dienen, hier auch noch beim Nestbau mit thätig sind und 1) In eigentümlicher Weise ist der Selektionsprozess bei den Termiten in dieser Richtung thätig gewesen. Es schwärmen nämlich einige Termitenarten nur noch bei Regenwetter oder bei Nacht, da sie nur auf diese Weise ihren zahlreichen Feinden — namentlich den Vögeln — entgehen. Vgl. Silvestri-Speiser, Ergeb- nisse biol. Studien an südam. Termiten. Allg. Ztg. f. Entom. Nr, 9, Neudamm 1902. 56 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. noch tapfer Wachs schwitzen und zwar ebenfalls auf dem Rücken!). Wir dürfen hier also noch nicht von den sprichwörtlich gewordenen „faulen Drohnen* reden. Bei anthropomorphosierender Auffassung der Tierwelt ıst es freilich ein etwas unbequemer Gedanke, an- nehmen zu müssen, dass diese „faulen Drohnen* dennoch IE wickelungsgeschichtlich eine höhere Stufe bedeuten. Instinkte bei den Meliponinen sind bereits in reichem Maße ausgebildet, wie schon aus manchen der im vor- stehenden angeführten biologischen Verhältnissen ersichtlich ist. Merkwürdig und höchst interessant ist der Verkehr der Arbeiterinnen mit der Mutterbiene. Drory?) giebt hierüber eine anschauliche Schilderung, ın die freilich eine Fülle der höchsten menschlichen Gefühle hineinverwebt ıst, die aber gerade dadurch uns näher tritt. Ich gebe nachstehend eine Uebersetzung. „Wenn die Arbeiterinnen den Bau der Zellen beginnen, kommt die Mutter oft, um die Ar- beiten zu inspizieren. Befindet sie sich dicht bei den Arbeitern welche nach Iinks und nach rechts laufen, halten diese plötzlich ım Laufen ein und verneigen sich vor der Mutter, welche jeden Augenblick ihre Flügel heftig bewegt. Sie berührt mit ihren An- tennen während einiger Augenblicke den Kopf der Arbeiter, als wenn sie ihren Segen geben wollte. Es ist wirklich erstaunlich, zu sehen, mit welchem Respekt, mit welcher Liebe und mit welcher Sorge die Arbeiter ihre Mutter umgeben! Die Honigbienen nehmen auch Rücksicht auf ihre Königin, aber die Meliponen scheinen noch mehr Zuneigung und noch mehr Respekt zu besitzen. So- bald drei oder vier Zellen beinahe fertig gestellt sind, klettert die Mutter mit sichtbarer Mühe auf diese Zellen und ruht darauf, in- dem sie sich mit den Beinen an den Zellenwänden festhält und den Hinterleib herabhängen lässt. Während sıe von Zeit zu Zeit ihre Flügel schüttelt, beobachtet sie aufmerksam die Vollendung der Zellen, indem sie mehrfach die Arbeiter mit den Antennen be- rührt, dieses Mal vielleicht um sie zu encourägieren.“ „Sobald die erste Zelle fertig ist, taucht die Mutter Kopf und Brustkasten hinein, um die Arbeit zu prüfen. Sie macht diese Inspektion plötzlich, als wenn eine Melipone ihr das Zeichen der 1) Ich möchte hier nur kurz an folgende Aeußerung von Romanes erinnern (Die geistige Entwickelung im Tierreich. Leipzig 1885, p. 425): „Was die Frage betrifft, warum so viele Drohnen (bei der A. mellifica) vorhanden sind, dass ihre Abschlachtung notwendig wird, so vermute ich, dass die Männchen bei den Vor- fahren der Korbbiene als Arbeiter von Nutzen gewesen sein möchten. Vielleicht sind die Drohnen übrigens auch jetzt noch als Wärter der Larven nützlich, wenigstens versichert mir ein erfahrener Bienenzüchter, dass er dies entschieden für richtig halte“. Diese letztere Annahme ist unrichtig. 2) Drory, @Quelques observations Il. c. Ich erwähne, dass Drory mit der 3ezeichnung „Meliponen“ stets — wenn nicht anderes bemerkt ist — die beiden sehr ähnlichen Arten Meliponen und Trigonen begreift. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 57 Vollendung gegeben hätte. Nun kommen fünf oder sechs Meli- ponen, die nicht beim Bau beschäftigt waren, und stellen sich vor der Mutter auf. Eine dieser bewegt sich vorwärts und die Mutter berührt sie mit den Antennen; darauf, als wenn sie die Erlaubnis erhalten hätte, taucht die Arbeiterin ihren Kopf in die vollendete Zelle und verweilt ca. 15—20 Sekunden; dann zieht sie sich so schnell zurück, dass man kaum verfolgen kann, wohin sıe läuft!). Diese schnelle Entfernung hat den Zweck, den anderen zu gestatten, so schnell als möglich dieselbe Arbeit vorzunehmen. Von Zeit zu Zeit unterbricht die Mutter den fortwährenden Wechsel der Nahrungbringenden und taucht selbst den Kopf ın die Zelle, um den Fortschritt zu konstatieren; darauf geht die Arbeit wieder weiter vor sich: aufs neue folgen sich die Arbeiter und führen das gleiche Manöver aus, aber keine Melipone geht vorwärts, um den Kopf in die Zelle zu stecken, ohne nicht vorher die Erlaubnis der Mutter erhalten zu haben“ („sans en avoir recu la permission de la mere*). „Dieses merkwürdige Schauspiel des Heranbringens der Nahrung für die Larve dauert ungefähr 3—4 Minuten.“ Ueber die Art der Füllung wurde schon in dem Abschnitt — Die Brutpflege bei den Meliponinen — das Nötige angegeben. Ueber die Eiablage heißt es dann weiter bei Drory: „Die Mutter verlässt nun ihre bisherige Position und besichtigt noch einmal .die Zelle auf das Genaueste. Darauf führt sie die Spitze ihres Abdomens in die Mündung der Zelle und verharrt so unge- fähr 30 Sekunden, indem sie mehrfach ihren Hinterleib nach rechts und nach Iinks bewegt; dann erhebt sie sich, dreht sich um, um das abgelegte Ei anzusehen und geht dann nach einer anderen Zelle.“ „Inmitten der verlassenen Zelle findet sich ein Ei, vertikal auf der festen Pollenschicht. Das Ei schwimmt sozusagen in der auf dem Pollen befindlichen dünnen Honigschicht. Das Eı ist sehr groß. Es hat ungefähr 3 mm Länge und 1!/, mm Dicke.“ „Sobald: das Ei gelegt ist und die Mutter die Zelle verlassen hat, stürzt sich eine Melipone, welche auf diesen Moment gewartet hat, auf die Zelle und beginnt die Bedeckelung. Sie führt die Spitze ihres Hinterleibes in die Mündung der Zelle, ohne indessen das Ei zu berühren, und dreht sich fortwährend in der Zelle herum, indem sie in die Ränder der Zelle beißt, die leicht nach innen umgebögen sind. Sie nimmt bei dieser Arbeit schließlich eine so gekrümmte Stellung ein, dass man den weißen Muskel, welcher Kopf und Bruststück verbindet, sehen kann. Dabeı plattet sich der Rand der Zelle mehr und mehr ab.“ 1) „Wahrscheinlich läuft sie schnell zum Magazin, um von neuem Vorräte heranzuholen. Dr.“ 58 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, „Mit dem Abdomen, dessen Ende immer in der Zelle bleibt, scheint sie den Gegendruck gegen das Arbeiten ihrer Mandibeln an dem Deckel auszuüben.“ (Sie presst ıhn also von innen gegen den Deckel. v. B.) „Sie imitiert den Kesselschmied, welcher nietet, während sein Gehilfe den Gegendruck ausübt. Die Mündung der Zelle wird immer enger, die Melipone muss daher nach und nach ihren Hinterleib herausziehen. In dieser Stellung ist sie so gekrümmt, richtiger gefaltet (replice sur elle-m&me), dass man jeden Augenblick fürchtet, ihr Kopf würde sich vom Halse trennen. Schließlich kommt der Moment, wo sie ihre Arbeit ın dieser Stel- lung nicht mehr fortführen kann. Sie zieht daher ihr Abdomen vollständig heraus und vollendet den Schluss des kleinen ver- bleibenden Loches mit den Mandibeln und den Vorderbeinen. Die ganze Arbeit wird in demselben Zeitraum gemacht, welchen die Mutter braucht, um das Ei zu legen.“ Soweit Drory! Der um- gebogene Rand der Zelle dürfte aus einer verhältnismäßig sehr dieken Wachslage bestehen, so dass also nur ein Verdünnen, ein Ausziehen stattfindet. Ich glaubte, diese Schilderung geben zu sollen, da sie die einzige ist, welche wir von diesen Vorgängen be- sitzen, und die Drory’sche Arbeit bisher so gut wie unberück- sichtigt geblieben ist. Die wertvolle und interessante Darstellung zeigt die genaue Beobachtung des von dem anziehenden Treiben entzückten Forschers. Da sich der Stoff nicht gut trennen ließ, ist in den Abschnitt über die sozialen Instinkte die Schilderung der Eiablage ein- geschoben, wir haben aber zum ersten noch einiges zu berichten. Die Waffen der Meliponinen. Bei den Meliponinae sehen wir die gemeinsame Bewachung der Wohnung in besonders auf- fällıger Weise ausgeprägt, ich erinnere an den langen Flugkanal und seinen Verschluss u. s. w. Es liegt nahe, zu glauben, weil diesen Tieren der Stachel fehle, sei besondere Sorgfalt in der Be- hütung des Heims notwendig, aber diese Bienen haben andere höchst unangenehme Waffen. Drory!) sagt hierüber: „Sie fahren dem sich Annähernden fast zu Hunderten sogleich in die Haare und summen und beißen, wobei sie ihren braunen Speichel fließen lassen, welcher einen sonderbaren, nicht gerade übel riechenden, aber penetranten, etwas aromatischen Duft verbreitet. Der so An- gegriffene hat nichts anderes zu thun, als sich schnell in ein Ge- büsch zurückzuziehen und sich die Haare zu kämmen. Der Biss der beiden von mir beobachteten Meliponenarten ist durchaus nicht schmerzhaft, nur ist das Kitzeln äußerst unangenehm. Nicht so ist es mit Trigona flaveola. Obgleich bedeutend kleiner, ist sie doch viel gefährlicher. Ihr Geruch ist um vieles stärker und unange- 1) Drory, Eichstädt. Bienenztg. 1874 1 ce. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 59 nehmer; bei mir rief er jedesmal Schwindel und Unwohlsein, welches oft Erbrechen zur Folge hatte, hervor. Die Bisse sind zwar kaum fühlbar; allein nach einigen Stunden beginnt ein Brennen und Jucken, was durch nichts gelindert werden kann. Rote Flecken entstehen an den Bisswunden, und am anderen Tage hat man an jeder solchen Stelle eine erbsengroße Wasserblase von einem hoch- roten Rande umgeben. Die Blase vergeht schnell, jedoch die Röte der Haut bleibt wochenlang.“ Hinsichtlich der Reinlichkeit stehen die Meliponinen ebenso wie die Hummeln auf einer niedrigeren Stufe als Apes mellifica. Sie legen verschiedene Abfallstellen in ihrer Wohnung an, „Dung- stätten“, deren Geruch sie nicht zu inkommodieren scheint. Ihr Honig ist stark aromatisch und nicht von allen Arten ge- nießbar. Die Eingeborenen treiben Handel damit, doch ist die Ausbeute stets eine sehr geringe. Nachdem wir so ın großen Zügen einen Eindruck von der phylogenetischen Höhe des Meliponinenstaates gewonnen, finden wir ein biologisches Uebergangsglied von den Meliponinae zur Apis mellifica in der Staatenbildung der Apres dorsata. Apis dorsata. Diese große indische Biene, die größte der echten Apisarten, baut eine einzige oft 1 m lange Wachswabe frei an den Aesten der Baumriesen in den Urwäldern Indiens, oder unter Felsvorsprüngen, ın Säulengängen der Villen oder in den indischen Götzentempeln. Die Arbeiterinnen haben die Größe der Königinnen von Apis mellifica. Besonders auffällig ist es, dass die Dorsata nur einerlei Zellen anfertigt. Drohnen und Arbeiterinnen und — soviel wir wissen — auch die Königinnen entstehen in gleich großen Zellen. Hier ıst demnach in dieser Hinsicht biologisch noch dieselbe Stufe wie bei den Meliponen; wir haben hier also das Melipona-Stadium von Apıs. Im übrigen klafft hier eine große Lücke, wenigstens soweit der Wabenbau in Betracht kommt. Apis dorsata baut bereits die typische zweiseitige Wabe aus reinem Wachs, die eine erstaun- liche Oekonomie des Materiales darstellt. Diese Oekonomie musste eintreten, als eine Apidenart sich darauf beschränkte, nur aus selbst Erzeugtem zu bauen, also nicht mehr Harze oder erdige Bestand- teile oder organisches Hilfsmaterial (wie Holzfasern, Gräser, Blätter u. s. w.) mit zu verwenden. Da Wachserzeugung stets eine große Nahrungsmenge voraussetzt (rechnet man bei Apis mellifica doch 10-—-14 Kilo Honig zur Erzeugung von einem Kilo Wachs), so ist diese Abänderung wohl erstmalig in Gegenden vor sich ge- gangen, die Nahrungsüberfluss darboten. Die Wachserzeugung wurde dadurch so unterstützt, dass schließlich das alleinige Bauen mit Wachs zur herrschenden Bauweise gedieh. Sahen wir innerhalb einer Gat- tung (bei den Trigonen) schon eine mehr ökonomische Ausnutzung 60 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. des Materiales durch Aneinanderreihen der Zellen zu einer Wabe, so dass die Zellen also gemeinsame Wände hatten, so bedürfen wir weiter einer bis jetzt wenigstens hypothetischen Bienenart, welche die Bauart der Meliponinen — nämlich nach oben gerichtete Zellen — mit der Bauart der meisten europäischen Wespen — nach unten gerichtete Zellen — vereinte. Damit war die zweiseitige Wabe gegeben, die zugleich eine vertikale Lage (die Zellen also hori- zontal) bei solchen Bienen annehmen musste, die Honig in diese Zellen sammelten, da sonst ein Ausfließen stattfand'). Ueber die vermeintliche Kunstfertigkeit dieser Bauart die auf eine scheinbare, hohe Intelligenz der Bienen hinweist, habe ich mich an anderer Stelle ausführlich verbreitet. Ich brauche daher nur zu erwähnen, dass lediglich mechanische Prinzipien (Druckverhält- nisse) in Frage kommen’). Fig. 18 zeigt uns eine Wabe der Apis dorsata°). Das Original hatte nach Friese eine Breite von 50!/, cm und eine Länge von 31!/, em. „Die einzelnen Zellen haben 5 mm im Durchmesser, bei 15 mm Tiefe; die Honigzellen (links oben) werden bis zu 34mm Tiefe verlängert. Die Wabe weist daher bei den Honigzellen 68mm Dicke, bei den Arbeiterinnen-Zellen 31 mm Dicke auf. Das Waben- stück der Abbildung enthält ca. 12000 Zellen, von denen ca. 600 zu Honigzellen verlängert wurden. Eine große, ausgebildete Wabe von 1 qm Fläche dürfte also 70000 Zellen enthalten.“ Dürfen wir von der Gleichartigkeit der Zellen auf die bio- logischen Vorgänge schließen, so setzen hier dieselben Erwägungen ein, wie bei den Meliponen näher angegeben. Auch hier sehen wir also wahrscheinlich noch den ursprünglichen Zustand, dass die 1) Eine Wespenart — Polistes — baut ganz abweichend von anderen sozialen Vespidae annähernd horizontal liegende Zellen. Vom größeren phyletischen Stand- punkt aus musste diese Bauart auf Honigaufspeicherung hindeuten, was freilich eine Anomalie voraussetzt, da keine der heimischen Vespiden Honig ansammelt. Ich konnte nun aber am Rothenstein im Saalethal in unzweifelhafter Weise konstatieren, dass die Polistes gallica var. diadema Honig aufspeichert. v. Siebold, der gründliche Kenner der Biologie von Polistes gallica soll nach Paul Marchal, der das Gleiche beobachtet hat, nichts hierüber erwähnen: „Siebold, qui n’aurait pas- manque de rapporter le fait, s’il I’avait observe, et qui a poursuivi pendant plu- rieurs anndes l’övolution d’un grand nombre de nids, n’en fait aucune mention.“ (Observations sur les Polistes. Bull. Soc. Zool. de France 1896, p. 19.) Diese Angabe ist unrichtig. Auf S. 31 seiner „Beiträge zur Parthenog. der Arthro- poden, Leipzig 1871, sagt Siebold: „Es tragen nämlich diese Wespen auch Honig ein“ ete, und verbreitet sich ausführlich — auch unter Erwähnung früherer fran- zösischer Beobachter — über diese Thatsache. Nach Siebold dient der Honig aber nur zur Ernährnng der Imagines, die Larven erhalten nur animalische Kost. Ich kann, diese Ansicht nur bestätigen. 2) Sind die Bienen Reflexmaschinen ’? ]. ce. 3) Entnommen dem Artikel von Friese: Ueber den Wabenbau der indischen Apisarten, Allgem. Zeitschr. f. Entomol., Nr. 10/11, Bd. 7, 1902, p. 198—200. ‚v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 61 Arbeiterinnen an der Eiablage beteiligt sind und von ihnen die Drohnen in der Mehrzahl erzeugt werden wie bei den Hummeln. Jungfräuliche Hilfsweibehen kommen hierfür bei der Dorsata nicht mehr in Frage, da solche nach den Beobachtungen Dathe’s!) ständig nicht vorhanden zu sein scheinen. Auch bei der Dorsata kommt nur eine befruchtete Königin in Betracht. Das Schwärmen der Dorsata zeigt in der Hauptsache noch den ursprünglichen Typus, nämlich das Fortziehen des ganzen oder das allmählige Abziehen eines Teiles des Volkes. Apis dorsata ist eine Wanderbiene. Sie baut ihre Wabe dort, wo Riesenwabe der Apis dorsata F. ca. '/, nat. Größe. in der Nähe Nahrung vorhanden ist. Sind die Futterpflanzen oder die nektargewährenden blühenden Sträucher verwelkt, so verlässt sie die Wabe und sucht neue günstige Distrikte auf. Hier zieht aber nach der Beobachtung Dathe’s die alte Königin mit. Also schon eine wesentliche Annäherung an die Verhältnisse bei Apis mellifica. Stellt man Gefäße mit Honig im Freien auf, so werden nach Dathe Schwärme der Dorsata aus weiter Ferne angelockt und lassen sich auf den in der Nähe stehen- den Bäumen nieder. Es scheint also, dass ständig Spurbienen?) 1) Dathe, Rud., Meine Reise nach Indien zwecks Einführung der Apes dorsata in Deutschland. Anhang zur 5. Aufl. des Lehrbuches der Bienenzucht Bensheim 1892. 2) s. Sind die Bienen Reflexmaschinen? ]. e., p- 211 resp. p. 51. 2 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. umherstreifen, die, wenn sie Nahrungsquellen entdecken, zum Volke zurückkehren und wahrscheinlich durch ein besonderes Summen ein Hinleiten des Volkes bewirken, genau wie die Spurbienen der Apis mellifica einen Schwarm zu einer neuen Wohnung führen. Hier ist also ein wunderbarer sozialer Instinkt entwickelt, der einen vortrefflichen Ortssinn voraussetzt. Etwa zurückgebliebene Honigvorräte bringen sie mit erstaunlicher Schnelligkeit nach der neuen Niederlassung. Nach Schwaner’s!) Ermittelungen in Borneo zieht sich die Dorsata, laut Aussage der Eingeborenen, während der trockenen Jahreszeit in Höhlen und Felsspalten der Gebirge zurück. Ob dort auch ein Bau aufgeführt wird, wird nicht gesagt. So ganz unwahr- scheinlich ist diese Angabe nicht, zumal Dathe beobachtete, dass diese Bienenart ganz ungemein lange hungern kann, ohne anscheinend im geringsten darunter zu leiden. So waren die Dorsata-Bienen nach einer Hungerzeit von drei Wochen noch ebenso frisch wie vorher. Ohne dieses Vermögen würden die Zeiten der tropischen Dürre wohl kaum überstanden werden. Das zeitweilige Aufsuchen einer schützenden Behausung bei dieser sonst so völlig frei lebenden Art ist von besonderem phylo- genetischem Interesse. Es sind hier entweder alte Instinkte wach geblieben, von Vorfahren, die vielleicht solcher Behausungen ständig bedurften oder es sind neue Instinkte in dieser Hinsicht im Kampfe ums Dasein durch Selektion ausgebildet worden. Wie sich der direkte Zweig der Apis-Arten entwickelt hat, ist eben noch völlig unermittelt, jedenfalls kommen die bisher betrachteten Apiden da- für nicht in Betracht (s. Stammbaum S. 5). In Indien zeigt die Dorsata nach Pater Castets?), dem wir viele wertvolle Beobachtungen über indische Bienen verdanken, ein eigentümliches Verhalten während der sogenannten Winterzeit. „Während Apis indica das ganze Jahr hindurch Nektar und Pollen einträgt, haben Apis florea und dorsata dagegen eine fast vollstän- dige Pause in jedem Jahre von Anfang November bis Anfang Januar. Während dieser Zeit fliegen sie wohl um Mittag etwas aus, aber man weiß nicht zu welchem Zweck. Sie bauen während dieser Zeit keine Waben, auch vergrößern sie die alte nicht. Diesen Mangel an Thätigkeit kann man aber nicht der Kälte zu- schreiben, denn das Thermometer zeigt ım Mittel 29° C., bei welcher Temperatur sie im Sommer im Gebirge arbeiten.“ Diese Unthätigkeit dürfte nach meiner Ansicht lediglich darauf zurückzuführen sein, dass während der erwähnten Zeit, die Blumen, auf welche die Dorsata angewiesen ist, nicht blühen. 1) s. Mitt. v. Karsch in Sitz.-Ber. des Berl. Entom. Vereins f. 1887, p. 23. 2) Castets, J., Revue des quest. scientifiques, Oktober 1893. Der Original- bericht war mir nicht zugänglich. Die Auszüge verdanke ich Friese. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 63 Abweichend von der A. mellifica ist auch die Uebersiedelung eines Volkes. Castets berichtet: „Von 4A. dorsata kam gegen 10 Uhr morgens ein großer Schwarm ins Kollegiengebäude und _ vereinigte sich an einem Querbalken ım Entree des Hausflures. Sie flogen von 10—12 Uhr an und um 2!/, Uhr war der Schwarm da.“ Hiernach scheint also ein truppweises Uebersiedeln, wenn ich so sagen darf, stattzufinden und die Kundschafter sind hin- und hergeeilt, bis alle Bienen am neuen Platze waren. Wie die Vermehrung der Völker geschieht, ist noch nicht be- stimmt festgestellt, sie dürfte wohl in folgender Weise vor sich gehen. Herrn Professor Seitz, der kürzlich in Ceylon weilte, verdanke ich folgende mündliche Angabe. „An dem Hause des Gouverneurs in Kandy befand sich ein großes Volk der Dorsata. Eines Tages errichtete eine größere Anzahl Bienen desselben Volkes eine Zweigkolonie an derselben Hausfacade unweit der ersten Nieder- lassung. Dass diese zweite Kolonie von der ersten abgegliedert war, ersah man daraus, dass die Bienen zwischen den beiden Plätzen hin- und herliefen.“ Wenn ich die Erfahrungen bei Apxs mellifica zu Grunde legen darf, so dürfte die Königin im Moment, wo sie alle Zellen mit Eiern bestiftet hatte, dem Zuge der zur Nebenkolonie eilenden Bienen gefolgt sein, um auch dort ihrem Legedrange in der vorher gebauten Wabe zu genügen. Neben- sächlich ıst nun, was weiter mit der Königin geschieht, jedenfalls dürften die Kolonien sich später trennen und eine junge Königin entweder in der Haupt- oder in der Nebenkolonie zur Begattung gelangen und nunmehr zwei Familien neben einander existieren. Auf diese Art der Vermehrung führe ich auch die nicht sehr sel- tene außerordentlich starke Besetzung einzelner Riesenbäume in Borneo zurück, die nach Schwaner bis zu 200 Kolonien der Dorsata aufweisen sollen. Die Entwickelungszeit von drei Monaten vom Ei bis zur Imago (laut Schwaner) halte ich für unrichtig. Die Zeit dürfte kürzer sein. Nach Castets sind die Männchen kleiner als die Arbeiterinnen, nämlich Männchen —= 16 mm, Weibchen = 18mm. Im Gegensatz dazu sind die Flügel bei den Drohnen verhältnismäßig größer (13'/, mm), bei den Arbeitern nur 14 mm. Eine Beschreibung der Drohne giebt auch Karsch!). Von der Königin ist nur be- kannt, dass sie dunkler in Farbe und etwas länger als die Ar- beiterinnen ist. (Dathe [briefl. Mitteil., Bingham, Fauna of British India, 1897. Frank Benton in Washington hat sie eben- falls beobachtet.) Ueber sonstiges biologisches Verhalten wissen wir sehr wenig. Im ganzen scheint es kaum von dem der Honig- 1) Karsch, F., Beschreibung der Apis dorsata-Drohne in: Sitz.-Ber. des Berl. Entom. Ver. 1886, p. 28. 64 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. biene abzuweichen. Eine eingehende Untersuchung durch biologisch Geschulte thut hier dringend not. | In den Transactions der Zool. Soc. Vol. 7 1870 (Notes on the Habits of some. Hymenopterous Insects from the North-west Pro- vinces of India. By Charles Horne) finden wir freilich u. a. folgende Sätze über Apis dorsata p. 181: „This is perhaps the best- known of the Indian honey-bees. It is extensively kept in a domestie state in the Himalehs, in hives generally consisting of Fig. 19. Wabe der Apis florea F. freihängend an einem Ast. ca. ?/, nat. Größe. hollow logs of wood built into the houses“ u. s. w. Ich kann hierzu nur bemerken, dass, obgleich Horne lange Jahre in Indien lebte, er die Apis dorsata nur höchst oberflächlich "gekannt haben muss, da die Dorsata noch niemals domestiziert worden ist und sich nach den bisherigen Erfahrungen (vgl. Dathe, Frank Benton, Drory, Hamlyn-Harris!), ferner die Berichte des Go- 1) Hamlyn-Harris, Apis dorsata Fabr. considered in the light of Do- mestication. Entom. Record Vol. 14, Nr. 1, p. 1—2, 1902. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 65 vernment of India!) u. s. w.) auch in Zukunft nicht domestizieren lassen wird. Sie will frei bauen und —- wandern, das verträgt sich nieht mit Domestikation. Horne verwechselt die große Dor- sata mit der kleinen Apis indiea, gleichwohl wird ein Stück der Dorsata- Wabe mangelhaft und eine Dorsata-Arbeiterin richtig abgebildet. Einführung der Dorsata nach Deutschland und Amerika. Man hat mehrfach versucht, die Apis dorsata nach anderen Ländern zu bringen und große Summen vergeblich dafür verwendet. Man nahm ohne weiteres an, dass eine so große Biene auch einen langen Rüssel haben müsse und erhoffte von einer Kreuzung mit der Apis mellifica einen Bastard, der befähigt sein würde, den Rotklee zu befliegen. Der Rotklee ist unserer Honigbiene gewöhnlich nicht zugänglich wegen der langen Kelchröhre. Nur in sehr trockenen Jahren und oftmals auch beim zweiten Schnitt, wird es den Bienen möglich. die Nektarquelle zu erreichen, da in diesen Fällen die Blüte kleiner, kümmerlicher ist. Die mikroskopische Untersuchung der von Dathe (l. c.) 1883 aus Ceylon mitgebrachten und mir im Jahre 1900 zu näherer Untersuchung freundlichst überlassenen Ar- beiterinnen dieser Art ergab aber das überraschende Resultat, dass der Rüssel der Dorsata nur unwesentlich länger ist, als derjenige der Mellifica, ein Nutzen in dieser Hinsicht also gar nicht erwartet werden kann. Ueberdies erscheint eine Kreuzung höchst unwahr- scheinlich, da sich die Dorsata nicht um die Brut der Mellifica kümmert. Setzt man ein Volk der Apes indica oder der Apis fas- ciata oder sonst eine Varietät der Mellifica auf brutbesetzte Waben der Mellifica, so nımmt es sich der Brut an und füttert sie. Die Dorsata dagegenlässt dieBrutverhungern. Sie ist eben eine andere Species und eine Kreuzung erscheint daher, wie gesagt, wohl kaum möglich. Es ist bedauerlich, dass so beträchtliche Summen aufge- wendet wurden, ohne nähere Prüfung der thatsächlichen Verhältnisse. Apis florea. Die Apis florea, die kleinste der Apis-Arten giebt uns eine weitere Uebergangsstufe. Auch diese Art baut wie die Dorsata eine einzige aber sehr viel kleinere Wabe freihängend im Gesträuch der indischen Wälder, an der Fläche von Palmenblättern oder an Thür- und Fensterrahmen. Niemals hat Castets sie im Gegensatz zu Horne (s. weiterhin) in Höhlen gefunden — „sie will für ihre Wabe einen freien Raum“. Hier treffen wir nun wieder Weiselzellen und erstmalig typische Drohnenzellen. Fig. 19 zeigt uns die Wabe der A. florea, die nach der Beschreibung von Friese?) eine Länge von 26!/, em hat und eine Breite von 20 cm. „Oben an der Umgürtung und Befestigung 1) Beekeeping in India. A Colleetion of Papers on —; Published under the Orders of the Government of India, in the Revenue and Agrieultural De- partment, Caleutta 1883. 2) Friese, H., Ueber den Wabenbau ete. 1. c. 66 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. am Zweige werden als erste Arbeit die Honigzellen (ca. 1400) her- gestellt, die 4 mm ım Durchmesser bei 23 mm Tiefe aufweisen. Da die Waben bei Apis doppelseitig, d. h. von beiden Seiten mit Zellen besetzt sind, so erreicht die Wabe oben an der Basıs eine Dicke bis zu 67 mm. Unterhalb dieses Giebels von Honigzellen verdünnt sich die Wabe plötzlich auf 16 mm Dicke und besteht hier aus Arbeiterzellen von nur 2,7 mm Durchmesser und je 8mm Tiefe. Diese Arbeiterzellen bilden die Hauptmasse der Wabe (ca. 7000) und nehmen mehr als die Hälfte derselben ein. Im letzten Viertel, dem Ende zu, sieht man die Drohnenzellen, die größer sind und 4 mm Durchmesser und 12 mm Tiefe, bei 25 mm Wabendicke haben. An Zahl erreichen die Drohnenzellen 300. Ganz unten endlich finden sich als Abschluss des Zellencyklus die Weiselzellen; in der Abbildung drei am Ende und seitlich noch zwei weitere.“ „Diese Wabe scheint mir besonders dadurch interessant zu sein, dass sie uns in ihrer Einfachheit und in der freien Aufhängung den ursprünglichen Verlauf des Entwickelungsganges bei unserer domestizierten Honigbiene (Apis mellifica) klarlegt, während die An- häufung der parallel hängenden Waben bei unserer Honigbiene nicht ohne weiteres einen klaren Einblick in den Ablauf des Eier- legens der Weibchen gestattet.“ „Besonders erwähnenswert scheinen mir auch die eigenartig gebauten und verlängerten Honigzellen zu sein, die Anklänge an die großen Honigtöpfe der tropischen Meliponiden geben. Ferner zeigt uns die Lage der Weiselzellen an der Wabenspitze, also am Ende des ganzen Baues, einen Abschluss im Cyklus des Eierlegens bei der Königin an, wodurch vielleicht die Auslösung eines In- stinktes bewirkt wird, um den Schwarmakt einzuleiten, durch welchen die alte Königin veranlasst wird, mit einem Teil der Arbeiter abzuziehen und eine neue Wabe an einem neuen Ort anzulegen.“ Das Interessante an dieser Wabe ist mit den vorstehenden Ausführungen Friese’s nicht erschöpft. Im Vergleich mit den Verhältnissen bei der Apes mellifica fällt vor allem auf, dass die Drohnenzellen so beträchtlich viel größer sind als die Zellen der Arbeiter. Dieser Unterschied ıst bei weitem nicht so bedeutend bei der Honigbiene; dann, dass der Honig anscheinend nur in ebenso großen Zellen aufgespeichert wird, wie die Drohnenzellen sind. Diese Aufspeicherung in größeren Zellen als die Arbeiter- zellen kommt auch bei der Mellifica vor, aber nur dann, wenn plötzlich eine überreiche Tracht einsetzt und keine leeren Zellen mehr zur Verfügung stehen, wohl aber Raum zum Bauen. Dann werden Magazine Hals über Kopf geschafft, aber — seltsamerweise nur größere Zellen — also Drohnenzellen, „weil solche Zellen mehr fassen, rascher errichtet werden und weniger Material ge- braucht wird.“ Dies ist die Erklärung der Bienenzüchter, die den v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 67 Kern der Sache trifft, aber das Rätsel nicht löst. Denn, da hier von einem Zweckbewusstsein nicht die Rede sein kann, so bleibt es unerklärt, welcher Instinkt die Bienen antreibt, Drohnen- zellen zu bauen und ich kann nicht anderes annehmen, als dass hier phyletisch alte Instinkte wieder aufwachen. Bei Apis florea sehen wir nun diesen Instinkt ständig vorwalten und den Honig anscheinend nur in solchen Zellen deponiert. Im wei- teren ist es sehr auffällig, dass Weiselzellen auf Drohnenwachs errichtet sind. Das kommt bei der Mellifica niemals vor. Ich bin freilich im Besitz einer Wabe aus einem gewöhnlichen Bienenkorbe, die eine Weiselzelle auf Drohnenwachs zeigt, aber das ist em Unikum. Die Errichtung zweier Weiselzellen auf Arbeiterzellen- wachs bei A. florea lässt mich aber zweifeln, ob wir es bei der Florea mit. einer festen Regel zu thun haben und ob sich ständig die Weiselzellen auf dem Drohnenwachs finden werden. Warum es der Honigbiene gegen den phylogenetischen Strich geht, die Königinnenwiegen auf dem Drohnenwachs anzulegen, ist mir voll- kommen unklar, biologisch ist es dagegen verständlich, da sich normalerweise das Drohnenwachs nicht auf den inneren Waben des Brutnestes zeigt, die Weiselwiegen dagegen mit Vorliebe im Centrum des Brutnestes errichtet werden, da sie dort größte Wärme und reichste Pflege finden. Der erwähnte Hornel. c. berichtet über die Apvs floralis Fabr. (unsere Florea) u. a. folgendes. „Diese Biene ist sehr friedlich (?), ich erinnere mich nicht, jemals gestochen zu sein. Ich verschaffte mir zwei Königinnen, indem ich die Waben mit allen Bienen in ein dunkles Zimmer mit kleinem Fenster nahm; die Bienen flogen allmählich zum Fenster und so konnte ich die Königin leicht finden. Drohnen sind selten auf den Waben und unter 20 Kolonien habe ich nur zwei mit Männchen gefunden. Ich glaube, sie werden abgetrieben, wenn sie ihre Funktionen erfüllt haben, denn mein Gärtner sagte mir, dass er sie oft auf der Erde unter den Nestern gefunden habe. Im Unterschiede mit der Dorsata« bauen sie ihre Waben oben stets (?) rund um den Ast herum, anstatt sie nur unten an den Ast festzubauen“ (s. Abbild. 19). „Ich habe die Florea-Wabe gelegentlich im Inneren von Lehmwänden, ın Löchern zwischen Ziegelsteinmauern oder in Höhlen gefunden, die von Ter- miten ausgenagt waren (?). Ihre Wabe wird von verschiedenen Motten (Pampelia, Aphomia und Galleria) zerfressen, die ich aus der Wabe gezüchtet habe (?).“ Castets giebt dagegen an, dass die Wabe (im Gegensatz zu allen anderen Apis-Arten) von keiner Wachsmotte resp. von deren Larven angegriffen wird. Der Augenschein spricht für Castets (Horne ist hier wohl wieder eine Verwechslung passiert, s. 5. 65), denn vergleicht man die abgebildeten Waben, Fig. 18 u. 19, so .) 68 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. sieht man auf der Dorsata-Wabe die typischen Spuren der Wachs- mottenlarven in jenen helleren geradlinigen Zellreihen, wie sie namentlich auf der rechten Seite hervortreten, während die Florea- Wabe nichts dergleichen aufweist. Beide Waben befinden sich aber seit Jahren ohne besonderen Schutz gegen die Motten in einem Jesuitenkloster in Oesterreich. Interessant ist die Angabe Horne’s, dass auch anscheinend eine Drohnenschlacht wıe bei der Mellifica stattfindet. Besonders wertvoll aber wird sein Bericht über die Florea durch die Bei- gabe einiger lithographischer, teilweise kolorierter Abbildungen: eine Wabe an einem Zweige, Königin, Arbeiterin und Drohne dar- stellend. Auf der Wabe sehen wir nur Brut- und Honigzellen. Die Drohne erregt unser besonderes Interesse durch das seltsame Klammerorgan am Metatarsus zum Festhalten des Weibchens, dessen gleich noch Erwähnung geschieht. Im Text wird seiner seltsamerweise nicht gedacht, obgleich wir hier etwas vor uns haben, was uns bei der Gattung Apis nicht wieder begegnet. Eine Beschreibung dieses Klammerorganes finde ich bei Drory?). In einem Garten auf Ceylon beobachtete dieser zuverlässige For- scher eine dieht belagerte freihängende Wabe der recht „stech- lustigen“ Apis florea. „Die Wabe war 18 cm breit, 16 cm lang und am oberen Teile, wo sie am Ast befestigt war, ebenso dick wie dieser, d. i. 37 mm. Also nicht um den Ast herum gebaut. Die kleinen Zellen waren bis zum äußersten unteren Rande der Wabe bestiftet. Ich schnitt die untere Kante derselben ab, ungefähr 25 mm breit, und noch heute sind die eingetrockneten Eier, die eine bräunliche Farbe an- genommen haben, deutlich sichtbar. Es ıst auffallend, dass die Königin mit ihrem dicken Leibe in die Zellen hinein kann, um Eier zu legen. Auf 39 mm gehen genau 13 Zellen, also hat jede Zelle einen Durchmesser von 3 mm (nach Friese’s Messung an alter Wabe 2,7 mm). Der Hinterleib der Königin ist am oberen dicksten Teile 4!/, mm, in der Mitte 3%?/, mm und an der Spitze, am oberen Rande des letzten Ringes 2!/, mm stark. Die Farbe dieser Königin ist wirklich prachtvoll.* Drory giebt nun nähere Beschreibung und weist dann auf den erstaunlichen Größenunterschied zwischen Königin und Arbeiterin bin, wie er ja auch durchaus plausibel wird, wenn man die so stark differierenden Zellengrößen (s. Abbild. 19) betrachtet. „Die Länge des Hinterleibes beträgt 9'/, mm, die der ganzen Königin 14!/, mm, während die Arbeiterin im ganzen nur 9!/, mm lang ist, mithin ist der Weisel um 5!/, mm, das ist 56°/, (!), länger.“ Drory macht dann auf einen seltsamen Farbenunterschied bei den Arbeiterinnen aufmerksam, der Specieswütige zur Vorsicht mahnt. 1) Drory, E. Aus meinem Tagebuch. Apistische Notizen während einer Reise um die Erde. Bienenvater, Bd. 20, Wien 1888. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 69 „Die Arbeiterinnen sind merkwürdigerweise verschiedenartig ge- färbt. Die gelben sind in der Majorität, die weniger gelben und fast schwarzen sind jedoch auch in großer Anzahl vorhanden.“ Auch hier folgt nähere Angabe. „Eine noch merkwürdigere Eigenschaft besitzen die Drohnen und habe ich darüber nirgends noch gelesen. Vielleicht bringt der „Bienenvater“ die erste Kunde davon. Die Drohnen aller Bienen- gattungen haben das erste Tarsenglied der Hinterbeine (dasselbe, welches bei den Arbeiterinnen die 9 bis 11 Reihen Borsten trägt) glatt und verhältnismäßig schmal. Dieses Glied der Apis florea- Drohne hat nun an der Innenseite noch einen Ansatz, eine Art Finger, so dass es durch die Lupe aussieht, wie ein schmaler Fausthandschuh mit einem langen Daumen. Dieses Tarsenglied ist 2 mm lang und ohne Finger, ca. °®/, mm dick. Der fingerartige Ansatz hat über die Hälfte der Länge des ganzen Gliedes und ist halb so dick.“ „Die Drohne ist unverhältnismäßig groß im Vergleich zur Arbeitsbiene. Die Gesamtlänge beträgt 12?/, mm, um 3!/, mm, das ist um 37°/, länger als die Arbeiterinnen.“ Während die Königinnen goldgelb und stellenweise ins Bräun- liche übergehend gefärbt sind, zeigen die Drohnen fast schwarze Farbe, keine einzige hat, nach Drory, auch nur einen Schein Gelb- liches an sich, nur die großen Augen spielen etwas ins Rostbraune. Ueber das Schwärmen der Florea wissen wir leider nichts. Castets (l. ce.) sagt nur, dass die Bienen nach Jahresfrist „Ekel“ (Abscheu) vor ihrer Wabe zu empfinden scheinen und sie dann verlassen. Dieselbe Ausführung der drei Zellenarten bei beiden Species giebt aber die größte Berechtigung, anzunehmen, dass das Schwärmen wie bei der Honigbiene vor sich gehen wird. Nachdem also die Arbeiterzellen (Fig. 19) zur Heranzucht einer relativ großen Menge von Arbeiterinnen gedient haben, wobei sicherlich — wie bei der Apis mellifica — jede Zelle mehrfach zur Eiablage und Aufzucht benutzt sein wird, regt sich der Schwärminstinkt und die Arbeiterinnen gehen an den Bau von Drohnenzellen. Wo- durch der Schwärminstinkt angeregt wird, ist mit Sicherheit schwer zu sagen, aber es dürften wie bei der Mellifica Jahreszeit, Ernährungs- verhältnisse, Raummangel etc. die treibende Ursache sein (s. S. 51). Nach Fertigstellung der Drohnenzellen wird der Bau der Weisel- wiegen vollzogen und mit der Bedeckelung der Königinnenzellen, d. h. also dann, wenn die Königinnenlarven sich zur Verpuppung anschicken (so ist es wenigstens bei der Mellifica), zieht ein Teil der Arbeiter mit der alten Königin als Schwarm ab. Bei dieser Uebereinstimmung in der Zellendifferenzierung mit der A. mellifiea haben wir hier auch wohl zweifellos die höhere Stufe des Staatenlebens erreicht, welche sich dadurch dokumentiert, 70 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. dass die Königin während der normalen Verhältnisse auch die Er- zeugung der Drohnen übernimmt. Wir haben gesehen, dass — soweit Sicheres darüber bekannt ist —, überall dort, wo gleich- artige Zellen vorhanden sind (Hummeln, Wespen, Meliponen, Apis dorsata) dıe Hilfsweibchen, resp. die eigentlichen Arbeiterinnen ın so hervorragendem Maße an der Erzeugung der Männchen beteiligt sind (bei den Meliponen und A. dorsata ist ‚dieses bis jetzt hypo- thetisch), dass die Anteilnahme der Königinnen kaum noch in Be- tracht zu kommen scheint, während sich bei der Apis indica (die sich biologisch in nichts von der Mellifica unterscheidet), ferner bei der Apis florea und bei der A. mellifica mit den differenzierten Zellen auch die Königin wieder zur Herrschaft, zur Allesschafferin auf- schwingt aber nur in der Eiablage. — Im weiteren gründet sich diese Annahme auf folgende Verhältnisse bei der Apis mellifica. Wir sehen hier die Königin, wie früher schon erwähnt, den eigent- lichen Volksinstinkten völlig entrückt. Nicht die Königin ist es mehr, welche das, was dem Volke frommt, instinktmäßig vollführt, sondern die Volkswohlfahrt ruht in den Instinkten der Arbeiterinnen. Diese fangen zur rechten Zeit an z. B. Drohnenzellen zu bauen und hernach kommt erst die Mutterbiene und bestiftet diese. Jetzt wirkt der Reiz der anders geformten resp. größeren Drohnenzellen insofern auf die Königin ein, als sie in diese Zellen unbefruchtete Eier ablegt, während sie die kleineren Zellen nur mit befruchteten Eiern belegt. Da die Volkswohlfahrtsinstinkte bei der Königin nicht mehr rege sind, so muss es eben zweierlei Zellen geben, sonst würde die Königm nur befruchtete Eier ablegen und Männ- chen würden nicht erzeugt werden oder es würden die Männchen zu unrechter Zeit entstehen. So ruhen auch die Schwärminstinkte, wie eben schon ange- deutet, nicht mehr bei der Königin. Es sind nach meinen Beob- achtungen, welche von den ın der bienenwirtschaftlichen Litteratur niedergelegten Angaben bestätigt werden, die Arbeiterinnen, die den Schwarm resp. das Ausschwärmen organisieren, wenn ich mich so ausdrücken darf. So gehen ja auch die Spurbienen — ganz unabhängig von der Königin — auf Kundschaft aus, um eine gute Stelle für den Schwarm zu erspähen. Im Schwarm folgt die Königin gewöhnlich erst, wenn schon die Hälfte oder Dreiviertel der Bienen abgezogen sind und hin und wieder ereignet es sich, dass die Königin überhaupt nicht vom Schwarmdusel erfasst wird; sie bleibt ruhig im Stocke, während die Arbeiterinnen draußen herumtollen. Wir sehen also ein grundverschiedenes Verhalten mit dem der primitiven Staaten. Höchste Arbeitsteilung und andere Anord- nung der Instinkte, die Königin zur Eierlegemaschine avanciert oder herabgesunken, wie man will, und nicht mehr das Wohl des Volkes wahrnehmend und die kompliziertesten — das Wesen des v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. in Volkes verkörpernden Instinkte — ausgeübt von sterilen Geschöpfen, die nicht mehr im stande sind, ihre wunderbaren Fähigkeiten zu vererben. Im ganzen aber eine Leistungsfähigkeit, die unter den sozialen Apiden sonst nirgends erreicht wird. Sammelinstinkt der Apis mellifica. Diese Leistungsfähig- keit dokumentiert sich auch durch das Ansammeln oft großer Honig- mengen. In der bienenwirtschaftlichen Litteratur finden sich zahl- reiche Angaben, dass der Honigertrag einzelner Völker je über einen Zentner betragen habe. In außergewöhnlichen Fällen konnten sogar von einem Volke im Laufe eines Sommers bis drei Zentner und mehr gewonnen werden (vgl. Bienenw. Centralblatt, 1902). Freilich ge- hören solche Fälle zu den größten Ausnahmen. Die phylogenetische Entstehung dieses Sammelns über den momentanen Gebrauch hinaus, bedarf wohl kaum einer Erörterung, da hier nur der bei den soli- tären Bienen schon vorhandene Sammelinstinkt in Frage kommt. Dieses Vorrataufspeichern musste eintreten, sowie die Koloniebildung begann und das Volk zu einem perennierenden Staate wurde. Je mehr Insassen ein Volk besaß, je mehr wurde eben gesammelt; es ist also im Grunde nur eine durch die Masse der Sammlerinnen hervorgerufene Erscheinung. Dass wir es mit keiner besonderen Anpassungserscheinung zu thun haben, dürfte daraus ersichtlich werden, dass dieser Sammelinstinkt an keine Grenzen gebunden ist und infolgedessen den Völkern auch zum Verderben gereichen kann. Bei überreicher Tracht füllen die Bienen nämlich alle Zellen des Stockes, auch die Brutzellen, hin und wieder unter Entfernung der jüngeren Brutstadien. Die Königin findet infolgedessen nicht genügend leere Zellen zur Eiablage, der Nachwuchs ist gering an Zahl, und da die Arbeiterinnen bei starker Tracht nur wenige Wochen leben (vgl. 16, p. 60), geht das Volk als ein sehr schwaches in den Winter. Die verhältnismäßig wenigen Bienen können auf dem all- zugroßen Vorrate „kalten“ Honigs keinen genügend warmen W inter- sitz bereiten und das Völkchen geht, eventuell unter Krankheits- erscheinungen, Ruhr ete., zu Grunde. Auf der anderen Seite sehen wir demgemäß auch keine Eindämmung des Sammelinstinktes dort, wo ein Vorrat unnötig erscheint, nämlich in tropischen und sub- tropischen Gegenden, in denen das ganze Jahr über Nahrung zu finden ist. Die Bienen sammeln dort immer überreichlich, so dass Bienenzucht in jenen Zonen sogar besonders lukratıv ist. Während freibauende Apinae wie Apis dorsata und Apis florea nur eine Wabe bauen, sehen wir bei der kleinen Apis indica und bei Apis mellifica stets mehrere Waben neben einander. Diese Ab- änderung dürfte zweifellos nur dadurch erreicht worden sein, dass sich die Bienenarten, als deren Nachkommen wir die Indica und die Mellifica zu betrachten haben (und ich glaube, wir müssen beide Arten von freibauenden ableiten), angewöhnten nicht mehr frei und 72 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. ungeschützt, sondern in Baumhöhlungen und Felsenklüften ete. zu leben. Da galt es, sich dem Raume anzupassen und die eine große Wabe zerfiel in mehrere kleinere. Lässt man jetzt Apes mellifica ganz frei bauen, wobei sie übrigens während des Sommers vor- trefflich gedeiht, so bequemt sie sich nie dazu, nur eine Wabe zu errichten, es werden immer mehrere angelegt. Der alte Instinkt ist verloren gegangen!). — Phylogenetisch alte Instinkte haben wir nach meiner Ansicht — noch bei einer Varietät der Apis mell- fica, bei der egyptischen Honigbiene, der Apis fasciata, wo neben der Königin im normalen Staat stets eierlegende Arbeiterinnen ge- troffen werden. Ob sich diese auch bei der Apis indica finden, ist noch nicht ermittelt, dürfte aber wahrscheinlich sein. Ich möchte zum Schluss nochmals betonen, dass, wenn ich hier Apis-Arten in gewisse Beziehung zu den Meliponinen gebracht habe, dieses auf keine Verwandtschaft hindeuten soll. Die Apis- Arten sind phylogenetisch von den Meliponinae ebenso weit entfernt wie diese von den Bombinae; es sind ganz differente Zweige am Stammbaum. Die direkten Vorfahren der Apis-Arten fehlen uns bis hinab zu den solitären bis jetzt vollständig. Es galt mir nur, an den vorhandenen Staatenausgestaltungen zu zeigen, dass noch Stufen vorhanden sind, über die auch die ausgestorbenen Zwischen- formen geschritten sein mögen. Was hier möglich war und ist, kann auch dort möglich gewesen sein. Es ist eben der einzig gangbare Weg uns den komplizierten Staatenbau der höchst stehen- den Apidae mit einiger Sicherheit näher zu bringen. Möglicher- weise führte einst von tiefstehenden solitären Formen, die ähnlich wıe Halictus quadricinctus kleine vertikale Waben mit fast horı- zontal angeordneten Zellen besaßen, ein direkter Weg hinauf zu Kolonien mit ebenfalls vertikalen Wachswaben und gleichfalls horizontal angeordneten Zellen, also zur Apis-Wabe. Wir wissen es nicht und werden es wohl nie erfahren, wenngleich namentlich aus tropischen Gegenden noch manche Aufschlüsse zu erwarten sind. 1) Die bienenwirtschaftliche Litteratur bietet zahlreiche Fälle von Bienen- völkern, die zufällig oder mit Willen des Züchters freihängend bauten und in solchem Zustande hin und wieder sogar den Winter gut überstanden (Hewitt in British Bee Journal Nr. 1049, Vol. 30, 1902). Die Helligkeit, das von allen Seiten ein- fallende Licht, stört die Bienen nicht im allergeringsten, sie entwickeln sich oft sogar besser als die in geschlossenen Stöcken (s. Gühler in Bienenzeitung Nr. 23, 1874). Bethe behauptet freilich, dass auch der „Dunkelreiz notwendig sei, dass die Biene ihre Tracht ablädt.“ Einen schlagenden Beweis gegen diese Ansicht bietet auch die Thatsache, dass die Bienen bei sehr reicher Tracht, wenn im Korbe kein Platz mehr ist, einfach die Waben ganz im Freien zwischen den Körben oder unter den Standbrettern aufbauen und füllen (s. a. G. Lehzen, Hauptstücke aus der Be- triebsweise der Lüneburger Bienenzucht, 2. Aufl., Hannover 1899). Zusalze: Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz Zusatz 10 6 (zu S (zu I (zu (zu Zusatz 11 (zu Zusatz 12 (zu 33) 4.) Inhalt, Physiologie ohne Biologie ee Exotische solitäre Bienen. Das Schlafen der Bienen. Ueber Körbchenbildung bei den Soli- tären. Anzahl der solitären Bienenarten Eine zum Parasitismus übergehende Art. Kämpfe von Sphecodes . Ren Ein Schlusswort zur Bethe’schen Bienen- forschung. Die Bedeutung der Stirnaugen für die Bienen. EA Die Vorfahren u Bienen. Fleischfressende Trigonen Be Rätselhafter Sherk aa Muskelkraft der Schlupfwespen RN Be re Entstehung der Staatenbildung,. Können mehrere befruchtete Weibchen eine Kolonie- bildung bewirken? Mehrere Königinnen in Polistes-, Vespa- und Termitenstaaten. Wie- viel Insassen hat der Wespenstaat? - Die seltsamen Farbenveränderungen der Hymenopteren auf Korsika (wie auch in Deutschland). Biologisches über korsische Hummeln. Abwesenheit der alpinen Hyme- nopterenfauna auf Korsika und ihre Ursache. Voreiszeitliche korsische Arten. Instinkts- veränderungen ODE EN Ueber ehe bei den solitären Bienen : Der Instinkt Ei ie Ze Ueber die Temperatur der Insekten : Zur Entstehung der Arbeiterkaste. Be bestimmende Ursachen Seite 75—83 83—86 86—90 90--95 95—99 99—101 101—104 104—111 111--113 113—115 11517 117—123 EEE EEE EEE TEE te Zusatz l. (Zu S. 3.) Physiologie ohne Biologie. Der Fall Bethe (s. Zusatz 4) hat, so glaube ich, sehr klar gezeigt, dass eine Beurteilung der Lebenserscheinungen an Tieren ohne genügende Beachtung der ganzen Lebensweise — der Biologie — etwas Missliches ist. Fehlschlüsse sind selbst dann die fast un- ausbleibliche Folge, wenn auch der zu beurteilende Vorgang so exakt und so umfassend wie irgend möglich geprüft wurde. Dort wo uns nur die eingehenden Erfahrungen aus den Lebensvorgängen, aus der ganzen Lebensweise des betreffenden Tieres, den Schlüssel zur Lösung anscheinend rätselhafter Vorgänge giebt, setzt ohne genügende biologische Erfahrung das Suchen nach unbekannten Kräften ein. Der geheimnisvolle Vorgang ist trotz vermeintlich völlig ausreichender Beurteilungsfähigkeit, mit den menschlichen Sinnen nicht sofort erklärbar, da wird dann einem der Mensch- heit nicht gegebenen (oder auch ungenügend gegebenen) den be- treffenden Tieren aber anscheinend zukommenden Sinn, die Ursache des Geheimnisvollen aufgebürdet, oder die Sache wird unter die vollkommen rätselhaften Probleme gestellt. Freilich finden wir in der Tierwelt Sinnesorgane, die wir ın derselben morphologischen und physiologischen Ausgestaltung nicht besitzen, ich erinnere an die Otolithen (Statolithen), an die selt- samen Seitenorgane der Fische (F. E. Schulze), ferner an die Lorenzinischen Ampullen bei den Selachiern (Brandes, Minckert ete.) und an die photodermatische Fähigkeit gewisser augenloser Tiere (Nagel, Graber etc.) oder an den sogenannten Kontakt- geruch (Forel) u. s. w. und ganz zweifellos, — brauche ich es zu sagen —, spielen sich in der Tierwelt auf Grund dieser verschie- denen Organisation die Perzeptionen der Reize in völlig anderer Weise ab als bei den Menschen oder es werden Reize perzipiert, für die uns jede Empfindungs- oder Reaktionsfähigkeit fehlt'). Es ist klar, dass wir stets mit diesen unsicheren Verhältnissen bei der Beurteilung der Lebensvorgänge, insbesondere bei niederen 1) Vgl. z. B. Ueber die Empfindlichkeit der Ameisen für Ultraviolett und Röntgen’sche Strahlen nach den neuesten Untersuchungen von A. Forel und H. Dufour [56]. 76 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Tieren zu rechnen haben werden, aber es ist auch klar, dass uns, wie eben betont, nur eine gründliche Kenntnis der Biologie der betreffenden Tiere den einzig richtigen Leitfaden zur Beurteilung der zur Untersuchung stehenden Lebensvorgänge gewähren kann. Man vergleiche in dieser Hinsicht die Ergebnisse der fast rein physiologischen Betrachtungsweise Bethe’s hinsichtlich des Ameisen- lebens mit den Forel’schen [50, 51] und Wasmann’schen [179, 183] Untersuchungsresultaten. Nun besitzen wir in vielen Fällen überhaupt noch keine Kennt- nisse von der Biologie solcher Tiere (speziell der Insekten und niedersten Lebewesen), die uns zu irgendwelchen Experimenten dienen. Gehen wir daher unter wesentlich physiologischen Gesichts- punkten an die Erforschung der Lebenserscheinungen derartiger Tiere, so zeigt sich uns oftmals, eine solche Fülle von Problemen, dass wir wie in einem Wunderwalde irren. Einen Beweis hierfür bietet die übrigens ganz vortreffliche Abhandlung von Em. Rädl, Untersuchungen über die Lichtreaktionen bei den Arthropoden [144]. Ich kann hier nur auf die anregende Schrift verweisen. Den physiologischen Darstellungs- und Erklärungsversuchen wird man aber auf Grund des Ausgeführten in manchen Fällen vorsichtig abwartend gegenüber stehen, da ohne Kenntnis der biologischen Verhältnisse stets die kaum zu vermeidende Gefahr vorliegt, mancherlei in die Vorgänge hineinzugeheimnissen oder falsche Schlüsse zu ziehen, falls nicht auch anatomische Be- funde eine gewisse Richtschnur bilden. Ich glaube, dass Nach- stehendes einen Beleg hierfür giebt. In der Rädl’schen Schrift betitelt sich Abschnitt IV: „Die Insekten sind auf irgend eine Art an die Stelle gebunden, welche sie willkürlich verlassen haben“. Aus der Biologie der Insekten wissen wir aber viele Beispiele, welche das Gegenteil beweisen, dieser allgemeine Ausspruch und auch einiges in dem Kapitel selbst Angeführte deckt sich daher nicht mit den wirklichen Verhältnissen und dann scheint mir das ganze vermeintliche Problem schon durch die Annahme der „Willkür“ so gut wie erledigt. Nehmen wir a priori an, dass die Insekten einen Ort „willkürlich“ verlassen, nun so werden sie eben auch „willkürlich“ an diesen Ort zurück- kehren. Von einem „Gebundensein“ kann man dann füglich nicht sprechen. Oder wie wıll man entscheiden, dass ein freilebendes Insekt ım Laufe der normalen Vorgänge nicht „willkürlich“ an den „von ihm gewählten Ort“ zurückkehrt! Zum Beweis seiner Ansicht zieht Rädl auch die Bethe’schen Beobachtungen an Bienen [6] wie folgt an: „... wenn Bethe die Bienen in einer Schachtel nach einer ihnen unbekannten Gegend brachte und sie dort wegfliegen ließ, kehrten dieselben bald zu | v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. To dem Orte im Raume, welchen sie fortfliegend verlassen hatten, zurück; noch interessanter ist, dass dieselben Bienen, aufgefangen und nun an einem nebenstehenden Orte freigelassen, zu dem früheren Orte, nicht zu dem jetzigen Ausgangspunkt zurückkehrten. Bethe drückt die Thatsache dadurch aus, dass er eine unbekannte, nach Art des Magnetismus eines Magneten wirkende Kraft annimmt, welche die Tiere zu dem Punkte, von welchem sie einmal ausge- flogen sind, anzieht. Auch Buttel-Reepen [16] in seiner Kritik der Beobachtungen Bethe’s erwähnte analoge Fälle von „Orts- gedächtnis.“ Wäre Rädl mit der Biologie der Biene vertraut, er würde sicherlich Vorstehendes nicht zur Ilustrierung seines „Problems“ verwertet haben. Die Bethe’schen Bienen haben sich übrigens etwas anders benommen; ich kann daher auch wohl nicht „ana- loge Fälle“ erwähnt haben. Rädl referiert: „die Bienen kehrten zu dem Orte im Raume zurück, welchen sıe fortfliegend verlassen hatten.“ Das ist nicht ganz richtig, es kehrten wie Bethe selbst angiebt und wie es dann auch Forel [50] und ıch ‚[16] darlegten, nicht alle Bienen „zu dem Orte im Raume“ zurück und damit zerfällt schon die ganze Beweiskraft dieser Experimente für die vorliegende Frage. Diese Insekten, welche nicht zu dem Orte im Raume zurückkehrten, zeigten also keine „Tendenz“ zurückzukehren und noch viel weniger ein „Gebundensein an die Stelle, welche sie willkürlich verlassen haben.“ Und das letztere wollte Rädl doch beweisen! Auch lediglich als Beispiel für ein zu suchendes Gesetz, welches diese Erscheinungen umgreift, könnte vorstehende Beobachtung nicht herangezogen werden, da hier sich wider- sprechende Thatsachen gegenüber stehen. Warum einige Ban zur Schachtel zurückkehrten und einige nicht, habe ich in meiner Widerlegungsschrift klar und deutlich auseinander gesetzt und Prof. Forel hat unabhängig von mir die- selben Gründe dafür angegeben [50]. Ich kann hier keine eingehendere Widerlegung vornehmen und nochmals die Haltlosigkeit der Bethe’schen Experimente für Fragen dieser Art darlegen, ich kann nur wiederholt auf meine Schrift verweisen [16]. Erscheinen meine dort gebrachten Eın- wände und Gegenexperimente nicht beweisend, so werde ich es dankbar empfinden, wenn man mich auf der Basis gründlicher Kenntnisse in der Bienenbiologie oder sonstwie logisch widerlegt. Auch das Folgende dürfte Rädl nicht in dem Maße proble- matisch erschienen sein, wäre er in der Hummelbiologie bewandert gewesen. An das vorhin aus der Rädl’schen Schrift citierte schließt sich das Folgende an. „Im Herbst (Anfang Oktober) habe ich mehrere Individuen einer Bombusart (Bombus lapidarius?) auf den 18 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Blüten von Daucus, Achillea u. a. aber auch auf der Erde sıtzend beobachtet. Die Hummeln waren in einem eigentümlich aufgeregten Zustande, mit nach vorne vorgestreckten Antennen und wie auf eine Beute lauernd; ıch habe nun eine solche Hummel aus der Entfernung von etwa 3 m beobachtet. Dieselbe saß auf der Blüte eines Daucus etwa 1!/, dm über der Erde; von Zeit zu Zeit schnellte ‚sie sıch pfeilschnell fort, und ich konnte beobachten, dass sie dabei andere, vorbeifliegende Hummeln verfolgte, und zwar auf ver- schiedene Entfernung, bis auf 20 m (und vielleicht noch weiter); bald kehrte sie aber wieder zurück und zwar nicht auf demselben Wege, wie sie fortgeflogen war, und ließ sich auf derselben Blüte wie früher nieder. Obwohl diese Ausflüge nicht im einer einzigen Richtung geschahen, so scheint es mir doch, dass die nordöstliche die häufigste war; (die Beobachtung geschah in der Frühe um 11 Uhr, bei einem sonnigen Wetter). Das Gebiet, über welches die Hummel Hog, war durch nichts Besonderes gekennzeichnet; es war dies ein ebenes Stoppelfeld. Die Hummel hat die vorbei- fliegenden Insekten thatsächlich gesehen, nicht etwa auf eine andere Art beobachtet, denn sie verfolgte nicht nur die Hummeln, sondern auch größere Fliegen, einen Weißling, einen Bläuling, ja, wenn ich nicht irre, auch eine Schwalbe, welche in einer Entfernung von etwa 8 m vorbeiflog, hat die Hummel zum Auffliegen bewegt. Doch verfolgte sie diese Gegenstände nicht lange und kehrte bald wieder zurück. Ich habe der Hummel kleine Steine von der Größe einer Bohne und etwas größere vorgeworfen, und sie verfolgte den Stein ebensogut wie die vorbeifliegende Hummel, wenn derselbe in einer Entfernung von etwa 1—4 m an ihr vorbeiflog. Zurück- kehrend suchte die Hummel nicht erst den Ort, den sie verlassen, sondern flog ganz direkt auf denselben, nur ım der unmittelbaren Nähe desselben machte sie oft einen Bogen ın der Luft, bevor sie sich niederließ. Während sıe nun wieder auf eine größere Entfernung eine Hummel verfolgte, näherte ich mich rasch und pflückte die Daueus (nicht nur die Blüte, sondern die ganze Pflanze) ab und entfernte mich wieder schnell. Die Hummel kam zurück und zwar direkt an denselben Ort, wo sie früher saß und ver- suchte dort, selbstverständlich vergebens, sich niederzulassen; sie machte in der Luft mehrere Bogen und nach wiederholten vergeb- lichen Versuchen setzte sie sich auf eine andere Blüte, welche von der früheren etwa 3 dm entfernt war. Die Verfolgung der vorbei- fliegenden Hummeln begann nun wieder, es war aber etwas sehr Interessantes zu sehen; wenn sie sich nicht über 1 m von der Blüte entfernt hatte, flog sie ungehindert ihrem neuen Sitz zu; entfernte sie sich aber auf eine größere Distanz, so kehrte sie wieder und wieder zu dem Ort zurück, wo sie anfangs gesessen hatte und machte wieder und wieder vergebliche Versuche, sich v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 719 dort niederzulassen und erst danach suchte sie die andere Blüte auf. Fünfmal hintereinander hat sie sich auf diese Art geirrt; das-sechstemal muss sie dieser Irrtum besonders „aufgeregt“ haben und sie flog weg, um nicht mehr zurückzukehren.* Da haben wir wieder einen Wunderwald, lauter Probleme, rätselhaftes Gebahren, meist nordöstliche Ausflüge, seltsames Fliegen nach allen möglichen verschiedenartigen Tieren und leblosen Gegen- ständen. Was aber sieht der Hummelbiologe aus allem Diesem? Nichts weiteres als dass wir es hier mit aufgeregten Hummel- männchen zu thun haben, welche. auf Freiersfüßen gehen. Der Vorgang ist von Rädl so scharf und gut beobachtet, dass einem Hummelforscher hierüber gar kein Zweifel bleibt. Es handelt sich nach der ganzen charakteristischen Schilderung anscheinend um Männchen des Bombus confusus (welche in Färbung dem Bombus lapidarius Weibchen und Arbeiterinnen und letzteren auch in der Größe sehr ähnlich sehen) und welche sich bei sonnigem Wetter (September, Oktober) gern auf irgend eine Blume oder auf einen besonnten Stein setzen, (wie es auch die Osmia-Männchen mit Vorliebe thun); um von dort aus nach Weibchen ihrer Art auszu- spähen. Es ist eine altbekannte Thatsache, die man auch an jeder männlichen Stubenfliege beobachten kann, dass männliche Insekten in dem Zustande geschlechtlicher Aufregung alles Mögliche irrtüm- lich befliegen. Ich kann mich hier nicht näher darüber auslassen und verweise sich Interessierende auf eine dieses Thema behandelnde Schrift von Prof. Karsch [96]. Dass Rädl meint, „nordöstliche Ausflüge“ seien die häufigsten gewesen und hierin etwas Bemerkens- wertes sieht, zeigt nur, dass er dem ganzen Vorgang in biologischer Hinsicht verständnisios gegenüber gestanden hat. Bemerkenswert ıst die Schärfe seiner Beobachtung, die trotzdem z. B. das Auf- geregtsein des Tieres wahrnahm. Nun also noch das Rückkehren zu dem einmal gewählten Standort. Hören wir das Resume von Rädl. „Die Hummel kehrte also bis aus einer Entfernung von 20 m zu demselben Punkt im Raum und dieser Punkt zog ste noch dann an, als er nicht mehr der Ausgangspunkt ihrer Ausflüge wart). Offenbar hängt also diese Erscheinung einmal von den Verhältnissen der Umgebung, dann aber auch. von irgend welchen Dispositionen der Hummel selbst ab. Man könnte diese Disposition etwa durch das Wort Gewöhnung ausdrücken, aber mir scheint dieses Wort zu unbestimmt zu sein, um es in diesem Falle anwenden zu dürfen. Wir dürfen 1) Hier sehen wir also ein grundverschiedenes Verhalten mit dem der Biene, -bei der so etwas nie vorkommt. Das bedingt eine grundverschiedene Auf- fassung der Sachlage! Die Gründe, wie es möglich war, solche heterogene Dinge zu vereinigen und zu gleichem Ziele zu verwerten, liegen klar zu Tage. 80 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, nämlich nicht vergessen, dass das, was wir auch bei den Menschen Gewohnheit und Gewöhnung nennen, ein höchst unklarer Begriff ist; desto weniger angemessen ist es, ihn auf Erscheinungen, die vielleicht etwas mit der Gewohnheit gemeinsam haben, zu über- tragen.“ Man wird diesen Ausführungen mehr oder weniger zustimmen können. Jedenfalls wird der Biologe sich nicht ım geringsten scheuen, irgend einen bei fast allen Tieren zu beobachtenden Ge- wöhnungsprozess, sofern er eben nach menschlichem Ermessen nur als ein analoger Vorgang aufgefasst werden kann, auch als solchen zu bezeichnen, ganz gleichgültig, ob uns der „Begriff“ der Gewöhnung oder Gewohnheit ein „unklarer“* ist oder nicht. So schließt auch Rädli aus dem besonderen Betragen einer Fliege, lediglich weil es ihm am Besten einleuchtet, wie folgt: „man konnte deutlich sehen, dass es ein „Irrtum“ von der Fliege war, denn sie verließ den Ort im einigen Momenten wieder, um sich einen anderen in der Umgebung des früheren (Abflugortes) aufzusuchen.“ Dass wir bei solchen Uebertragungen sehr vorsichtig vorgehen müssen, habe ich an anderer Stelle auseinander gesetzt, umsomehr je weiter sich die Organisation des betreffenden Tieres von der unsrigen entfernt, aber wir kommen um diese Analogien nicht herum, ‚oder wir irren führerlos in rätselhaften Problemen. Bevor wir nun eine Deutung der erwähnten Vorgänge zu geben versuchen, mögen auch noch die Rädl’schen Schlussworte zu dem besprochenen Kapitel erfolgen. „Die Erscheinung, dass die Insekten unter besonderen Bedingungen zu dem Orte zurückkehren, den sie verlassen haben, ist für die Insekten allgemein charakteristisch.“ Was heisst das „unter besonderen Bedingungen“ ?; unter „besonderen Bedingungen“ dürfte allerdings jedes Insekt, wie überhaupt jedes Lebewesen auf der Erde, auf den Ort zurückkehren, den es ver- lassen hat. Das ist in dieser Fassung eine ganz selbstverständ- liche Sache. Wird hierunter aber der Lauf der Bedingungen ver- standen, die normaler Weise ein Insektenleben beeinflussen, so ist diese Angabe unrichtig, denn die Beobachtung des Insektenlebens widerspricht dieser Angabe im „allgemeinen“. Es heisst dann weiter: „Wenn es ganz besondere Orte wären, zu welchen die Insekten zurückkehren, so würde man schließen können, dass es nur eine Beschaffenheit dieser ist, welche eine Anziehungskraft auf die Insekten ausübt. Dies aber ist keineswegs der Fall, denn wie die Beobachtungen Bethe’s zeigen“ (die erwähnten Experimente mit Bienen) „kann man den Ort, zu welchem die Insekten zurück- kehren, willkürlich wählen. Es ist also anzunehmen, dass neben der Beschaffenheit des Raumgebietes noch irgend etwas in dem Insekt von Einfluss auf solche Erscheinungen sein muss.“ Dieser Schluss erscheint mir unlogisch.h Wenn keine „be- er = v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. sl sonderen Orte“ in Frage kommen, die Orte sogar ganz „willkür- lich“ zu wählen sind, so ist also die „Beschaffenheit des Raum- gebietes“ gleichgültig und das „irgend etwas in dem Insekt“ ist daher das Einzige, was „Einfluss auf solche Erscheinungen“ hat. Kann man diesem Schlusse zustimmen? Ich glaube nicht. Der Irrtum liegt nach meiner Ansicht darin, dass wir in den meisten Fällen nicht zu beurteilen vermögen, was einem Insekt als „be- sonders“ erscheint und dann, dass die Bethe’schen Beobachtungen, durchaus nicht beweisen, was Rädl angiebt, aber selbst wenn sie zeigten, dass man für die Apis mellifica die Abflugorte will- kürlich wählen kann, so wäre eine Verallgemeinerung auf „die Insekten“ vollkommen unstatthaft. Wer von der biologisch und physiologisch eine solche hohe Ausnahmestellung einnehmenden Biene (Apis mellifica), die als Einzelwesen überhaupt physio- logisch nicht beurteilt werden darf, sondern wie es ganz selbstverständlich ist nur im Zusammenhange mit dem ganzen Volksleben, dem sie als ein auch biologisch Untrennbares angehört, wer von einem solchen sozialen Lebewesen im allgemeinen auf „die Insekten“ exemplifiziert, schafft sich allerdings eine Fülle von unlösbaren Problemen. Bei der Beurteilung der physiologischen Vorgänge im Insekten- leben muss vor allen Dingen in Betracht gezogen werden, ob wir es kurz gesagt mit sesshaften (ein Heim besitzenden) oder mit heimat- losen Insekten zu thun haben. Es ist hierauf bei allgemeinen Er- wägungen in physiologischer Hinsicht gar keine Rücksicht ge- nommen, überhaupt dieser Punkt in dieser Hinsicht nicht beachtet worden. Alle sozialen Insekten gehören in Bezug hierauf zu den sesshaften, ferner alle solche die während der längsten Zeit ihres Lebens ein festes Heim (ein Nest) besitzen, wie die meisten solı- tären Hymenopteren, sowie viele andere Kerfe; ferner gehören hierzu solche Insekten, die nur vorübergehend ein Nest besitzen, resp. nur eine gewisse Zeitlang für ihre Nachkommenschaft sorgen und zwar gehören sie hierzu, nur während der Zeit, da diese Sorge ihre Hauptbeschäftigung darstellt; zu den heimatlosen rechnen die letzteren während der übrigen Zeit ihres Lebens, sowie alle solche, wie z. B. Fliegen und Mücken etc., die keinen Nestbau und kein sessiles Stadium aufweisen; doch ıst auch hier das ge- schlechtliche Leben wohl zu berücksichtigen, weil Reaktionen auf irgend welche Reize während der Hauptperioden (Sorge für Ablage der Eier) zweifellos anders verlaufen werden. Ich kann hier nur in rohen Umrissen eine gewisse Einteilung geben, da jeder Fall einer besonderen Berücksichtigung bedarf. So sind z. B. die Männchen vieler sesshaften Insekten zu den heimatlosen zu rechnen, wie z. B. auch die Hummielmännchen, weil sie sich meistens nach einigen Ausflügen nicht mehr um das Nest kümmern 6 82 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. resp. es nicht wiederfinden und ein vagabundierendes Blütenleben führen‘). Ein Blütenkelch dient ihnen nachts als Heim. Ueber die Nachtruhe der Heimatlosen vgl. auch Zusatz 2. Es ist nun einleuchtend, dass ein heimatloses Insekt m ganz anderer Weise auf Reize reagiert, die an dasselbe aus der Um- gebung herantreten, als ein sesshaftes, da seine Instinkte andere sind und demgemäß seine Reizempfänglichkeit in ganz anderer . Weise ausgebildet ist. Man beachte nur den stetigen sich durch nichts ablenken lassenden Geschäftseifer z. B. der Arbeitsbiene, wie sie graden Fluges schwerbeladen dahineilt, nur von dem Triebe beherrscht, z. B. ihr Heim zu erreichen und vergleiche damit das Bummelleben einer Fliege, wie sie jedem Reize willig folgt, von jedem Sonnenstrahle gelockt, von jedem Schatten verjagt wird. Die Heimatlosen scheinen zu ihrer jeweiligen Umgebung, falls sie ihnen behagt, in ein Heimatsverhältnis zu treten, es bilden sich schnell Gewohnheiten aus, die aber auch schnell wieder gelöst werden können, sowie ein störender Reiz einwirkt. Fliegen lassen sich ohne weiteres recht gut z. B. in einem Raupenzwinger halten, sie pflanzen sich darin fort und ge- deihen vortrefflich, man sperre aber eine Wespen-, Hummel- oder Bienenarbeiterin in einen solchen Käfig; schon nach wenigen Stunden sind sie in dem vergeblichen Bemühen hinauszugelangen verendet; losgelöst von dem Volke, dem sie als untrennbarer Teil an- gehören, sind sie alsbald dem Tode verfallen [vgl. 16 p. 15]. Bei den Ameisen dagegen verlaufen die Reaktionen wiederum anders. So ge- lang es Fielde |48c], eine Ameise mehr als 6 Monate allein zu halten. Schon hieraus ist ersichtlich, wie verfehlt es ist, physiologische Experimente mit sozialen Insekten anzustellen, ohne eingehendste Berücksichtigung des ganzen Volkslebens, ohne umfassende Kennt= nis der Biologie. Wir haben also die Hummelmännchen unter die Heimatlosen zu rechnen, da aber ein Rückkehren zum Neste beobachtet wurde, ergiebt sich ein gewisses Ortsgedächtnis, welches auch durch die Rädl’sche Beobachtung bewiesen wird. Dass die Hummelmännchen genügend scharf sehen, wird gleichfalls durch diese Beobachtung klargelegt. Ich weiß nun wirklich nicht, warum man in dem Rück- kehren zu einem gewählten Standort und in dem von Rädl ge- schilderten Behaben etwas Geheimnisvolles, so hoch interessant Problematisches erblicken will. Stoßen wir freilich das Nächst- liegende bei Seite und gestehen den Insekten kein Ortsgedächtnis 1) So sagt auch Forel [52] von den Männchen der Ameisen. „Unglaublich dumm sind die Männchen, die Freund und Feind nicht unterscheiden und ihren Weg zum Nest nicht finden können.“ „Ein Haftenbleiben von Gedächtnisbildern ist bei ihnen kaum nachweisbar“ [51]. Fielde [48e] berichtet: „the kings are not clever, never follow a trail, never take part in the care of the young, and are at all times dependant“. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates 53 zu (wie es z. B. Bethe bei den Bienen gethan hat), also kein Aufspeichern von Gredächtnisbildern, kein Orientierungsvermögen - durch die Augen, so tappen wir freilich im Dunkeln. Ein solches Vorgehen ist aber biologisch unhaltbar. Warum nun die Rädl’sche Hummel an ihren „neuen Sitz“ zurückkehrte, wenn sie sich nur 1m entfernte und sowie sie weiter - fortflog, wieder den vorherigen Standort aufsuchte, erklärt sich _ meines Erachtens ganz ungezwungen dadurch, dass sie bei 1 m Entfernung wohl kaum einer Irrung zu unterliegen vermochte, da der „neue Sitz“ im Sehkreis blieb, sowie sie aber wieder auf Gebiet kam, welches sie wiederholte Male von dem ersten Standpunkt aus überflogen hatte, reihten sich naturgemäß die Gedächtnisbilder wieder in der gewohnten Weise und leiteten die Hummel an den alten Platz zurück. Zusatz 2. (Zu 8.4) Exotische solitäre Bienen. Das Schlafen der Bienen. Ueber Körbcehenbildung bei den Solitären. Anzahl der solitären Bienenarten. Ueber die exotischen solitären Bienen hegt bis heute nur wenig monographisches Material vor. Es kommen im wesentlichen nur die Friese’schen Monographien in Betracht (s. Litteraturverzeich- nis), die aber für die uns hier interessierenden Fragen nur sehr wenig Ausbeute gewähren, da es hinsichtlich der Biologie der Exoten noch so gut wie alles zu erforschen gilt. Die tropischen Formen überraschen in vielen Arten durch eine unvergleichliche Farbenpracht, und hin und wieder wie bei den Xylokopen und Euglossen etc. durch relativ bedeutende Größe. Die bis jetzt monographisch bearbeiteten Arten fügen sich nach Friese hin- sichtlich ihrer systematischen, resp. verwandtschaftlichen Stellung, soweit sich bis jetzt übersehen lässt, in folgender Weise (s. S. 54) dem Stammbaum (s. Seite 5) ein. Zur Frage nach der phylogenetischen Entwickelung des Bienen- stammes tragen in der Hauptsache — soweit es die, wie erwähnt, sehr ungenügende Uebersicht über die biologischen Verhältnisse zu beurteilen gestattet —, nur zwei Arten Beachtenswertes bei: Te- trapedia und Euglossa. Dieses Wenige ist aber äußerst interessant! Soziale Instinkte bei Tetrapedia. Eine seltsame Art der Nachtruhe findet sich bei den Männchen von Tetrapedia diver- sipes Klg. und Tetrapedia peckoltii Friese. Diese übernachten ge- meinschaftlich. „Bei Sonnenuntergang setzen sie sich auf eigen- tümliche Weise auf den Zweig eines Urwaldstrauches, stets dasselbe Bäumehen wählend, dieht angereiht eine hinter der anderen, sich mit den Mandibeln festheftend, der Hinterleib erhöht, auf diese 6° 54 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Weise mehrere 30—50 em Länge dicht bedeckend, im ersten An- blick mit den gelbrötlichen Haaren des Hinterteiles einem Zweige mit Blüten ähnlich. Dieselben sitzen sehr fest und lassen den Zweig ins Glas bringen, ohne aufzufliegen . . .“ Besonders bemerkenswert ist das Nächtigen in so enger Ge- meinschaft, das eigentümliche Anbeißen ist ziemlich verbreitet. Friese bemerkt in den „Schmarotzerbienen und ihre Wirte“ [58] auf Seite 854: „Es war nach einer ziemlich kühlen Mainacht, als ich morgens in aller Frühe zunächst nach Blattwespen und Ichneumoniden die Büsche abklopfte. Ich erhielt zu wiederholten Malen auch Nomada“ (eine Schmarotzerbiene) „auf den darunter gehaltenen Schirm, und als ich die abzuklopfenden Büsche etwas schärfer besah, entdeckte ich denn die Nomaden in einer eigen- Melipona Bombus | | ? Melitoma Trigona Euglossa | Epicharis Centris Ptilothrix nn i 2% _ Tetrapedia Exomalopsis a Meliturga Bucera a Diphaglossa Ozxaea Megacilissa Caupolicana Bicornelia | Colletes tümlichen Stellung, nämlich an den Blattstielen hängend. Sie hatten sich mit den Kiefern festgebissen und ließen den Leib, die Flügel und die Beine regungslos nach unten hängen; war dies etwa eine schlafende Stellung? Etwas ähnliches, wie hier im vorstehenden für eine größere Varietät der Nomada ruficornis L. angegeben wurde, beobachtete mein Freund Birö in Ungarn an einer Epeolus- Art.“ Auch in seinen „Beiträgen zur Biologie“ [60] erwähnt Friese dieser interessanten und auffälligen Art und Weise des „Schlafens“, p. 775. „Die Bienen ruhen in der heißen Tageszeit, sicher nach 2 Uhr, in diehten Büschen oder Sträuchern aus; abends oder bei drohendem Unwetter gehen sie dagegen gern in die glockenartigen Blüten der Campanulaceen, der Malven und Cichorien, ja auch ET v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. SD unterhalb der Distelköpfchen, in dichten Artemisiabüschen, an Solidago u. a. hat man sie übernachtend gefunden. Diese Art der Uebernachtung ist aber durchweg nur den Schmarotzerbienen und den männlichen Bienen eigen; die sammelnden Bienenweibchen - werden immer in ihren Nestern wiedergefunden, nur ein plötz- liches Unwetter lässt sie wohl vorübergehend Schutz in einer Cam- panula oder unter dichtem Blattwerk suchen. Wie schon a. a. O. bemerkt, schlafen die Tierchen gern in der angebissenen Stellung. Mein Freund Johannes Brauns fand bei Rostock folgende Nomada- Arten besonders an Artemisia campestris und Sarothamnus an sonnigen Südabhängen in der beschriebenen schlafenden Stellung: Nomada mutabilis, ochrostoma, fuscicornis, similis, ferru- ginata, ruficornis, sexfasciata und N. cornigera ın Menge an Medicago sativa. Ferner beobachtete er noch Coelioxys und Trachusa ebenso. Herr Pastor Konow (Fürstenberg ı. M.) bestätigte diese Beobachtungen für Cbeliorys, 8 dentata, brewis, echinata. Für Chalicodoma muraria Männ- chen und Osmia cornuta Männchen beobachtete ich ebenfalls diese Stellung.“ Auch E. L. Taschenberg [173] erwähnt dieser seltsamen Nachtruhe. Körbcehenbildung bei Euglossa. Es ist eine auffällige Erscheinung, dass alle staaten- bildenden Bienen (wie die Hummeln, Melı- poninen und Apis-Arten) sich morphologıisch durch ein gemeinsames Merkmal auszeichnen, welches sie scharf von den Solitären trennt, nämlich durch die sogenannte Körbchenbildung. Der verbreiterte Schenkel (Tibia) der Hinter- beine wird, abgesehen von den Rändern, fast ganz haarlos und baucht sich mehr oder minder stark aus. In diesem „Körbchen“ wird der Blüten- staub gesammelt, oder Wachs und Propolis einge- tragen. Keine einzige Solitäre zeigt diese Bildung, abgesehen von Euglossa, die ihrer Körbehen zum Einheimsen von Baumharzen (Pro- polis) bedarf, um ihr Nest und die Zellen daraus aufzubauen, oder um anderes Nestmaterial (Lehm, Holz, Blätter) damit zu verkitten ete. Euglossa variabilis Friese baut ein Nest, das in auffälliger Weise an die Nestbauten der sozialen Wespen erinnert (Fig. 20). Es hängt frei an einem Aestchen und besteht aus schmutziggelbem Baumwachs und wurde in Obidos am Amazonenstrom gefunden, Es wurden fünf Weibchen daraus gezogen [66]. Nest von Euglossa variabilis Friese. '/, nat. Größe. 86 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Ob wir in Huglossa eine Uebergangsform von den Solitären zu den Sozialen erblicken müssen, oder ob wir es hier mit einer besonderen Konvergenz-Erscheinung zu thun haben, lässt sich zur Zeit nicht entscheiden. Anzahl der solitären Bienenarten. Die exotischen Formen sind noch bei weitem nicht alle bekannt und jährlich werden viele neue Species beschrieben. Nach Friese [69] giebt es ca. 450 Bienenarten ın Deutschland, in Ungarn deren ca. 510,. im paläarktischen Faunengebiet ca. 3500 und auf der Erde über- haupt ca. 7000 beschriebene Bienenarten. [Vgl. a. 70, 153.] Dass eine so ungeheure Anzahl verschiedener Bienenspecies existiert, ist nicht gerade Vielen bekannt und die Erwähnung daher vielleicht angebracht. Zusatz 3. (Zu 8.6.) Eine zum Parasitismus übergehende Art? Kämpfe von Sphecodes. Die Frage bezüglich des Schmarotzertums von Sphecodes wächst, wie so manches in vorliegender Arbeit berührte Problem über den engeren entomologischen Rahmen weit hinaus, denn wenn sich die jetzt anscheinend vor sich gehende Umwandlung von Sphecodes zur parasitären Lebensweise einigermaßen begründen lässt, so ist damit schon ein Aufstieg gewonnen, der uns weite Perspektiven eröffnet. Das stammesgeschichtliche (phylogenetische) Werden und Wirken tritt uns greifbar näher. Da es sehr wünschenswert erscheint, dass die Beobachtungen über Sphecodes erneut aufgenommen werden, gebe ich nachstehend noch einige bemerkenswerte Beobachtungen ausländischer Forscher ın Uebersetzung. Besonders auffällig erscheinen bei der Beurteilung der ganzen Frage, die bereits erwähnten Kämpfe von Sphecodes mit Halictus, die in so entscheidender Weise zum mindesten für ein Eindringen von Sphecodes ın fremde Nester Zeugnis ablegen. Schon ee [184] beobachtete im Jahre 1817 dieses Ba aber er macht keine weiteren Angaben. Perez [134] weist dann 1883 in ein- gehender Weise auf die nahe Verwandtschaft der beiden Arten hin und kommt nach allem — wie auch schon Lepeletier vor ihm — (dieser nach meiner Ansicht aus völlig ungenügendem Grunde) zu der Ueberzeugung, dass Sphecodes Parasit bei Halictus sein müsse. Den ersten mehr positiven Beweis liefert Paul Marchal [110]. Ende Juli des Jahres 1886 bemerkte Marchal in einem Garten eine Menge frischer Erdlöcher, die sich alle von Halicti bewohnt zeigten. An der Mündung der Nester befand sich jedesmal ein v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 87 Wächter, der sich zurückzog, wenn mit Pollen beladene Genossen in das Nest hineinwollten (vgl. S. 28), der aber den Eingang ver- teidigte gegen Feinde, wie Cerceris, Chrysis und Sphecodes. Von den zahlreich bei dieser Nesterkolonie umherstreifenden Sphecodes bemerkt Marchal: „Alle Sphecodes, die ich beobachtete, zeigten ohne Ausnahme dasselbe Benehmen; kein Sphecodes trug Pollen; alle hielten sich dicht bei den Löchern der Halieti auf, indem sie die Mündung beobachteten und da sie diese beinahe immer von einem Wächter besetzt fanden, tauschten sie gewöhnlich einige Bisse (bourrades) mit diesem aus, um dann weiterfliegend an anderer Stelle dasselbe Manöver auszuführen ..... Ein Sphecodes setzt sich endlich bei einer Mündung nieder, er nähert seinen Kopf langsam, um den Feind durch Ueberraschung zu besiegen, aber der Wächter ist auf seiner Hut. Kopf an Kopf mit ihm, sucht der Sphecodes ihn zurückzudrängen aber der Halictus hält aus; schließlich braucht der Sphecodes eine List und versucht den Eingang zu vergrössern. Er reißt ein Sandkorn nach dem andern mit seinen Mandibeln heraus, dann harkt er mit seinen Beinen und scharrt das Heraus- geholte hinter sich, sodass der Halictus alsbald gezwungen ist, sich weiter zurückzuziehen. Der Belagerer dringt an seine Stelle und Kopf und Beine an die Wandung des Erdloches pressend, biegt er seinen Hinterleib zurück bis unter den Leib des Halietus und bringt diesem endlich einen Stich bei. Aber noch widersteht das Opfer und verschließt mit seinem Körper die Erdröhre, der Sphe- codes erneuert sein Manöver mit einem zweiten Stich. Endlich ist der Haliectus kampfunfähig und mit dem Kopf voran, sich zwischen Wandung und den Körper des Besiegten schiebend, hebt er ihn allmählich, indem er in die usurpierte Wohnung eindringt und schließlich schiebt er ihn an die Schwelle des Erdloches, wie er es mit einem Arm voll Sand zu machen pflegt (comme il ferait d’une brassde de sable)*. „Unser Sphecodes dringt in die Wohnung des Besiegten ein und schlägt sofort sein Domizil dort auf, indem er sie nach seiner Bequemlichkeit vergrössert. Einige kleine Sandwellen erscheinen in der Eingangsöffnung und häufen sich an der Mündung, diese fast verdeckend.* „Ein zweiter Halietus-Leichnam wird dann durch die Mündung geschoben und hinter ihm erscheint der Sphecodes, seine Minier- arbeit fortsetzend.“ Marchal schildert dann weiter, wie zwei mit Pollen beladene zu demselben Neste gehörige Halicti vom Felde heimkehren, ihre toten Kameraden mit den Fühlern betasten und an den Flügeln ziehen, „wie um sich von deren Tode zu über- zeugen“, dann vergeblich einzudringen versuchen und schließlich — zurückgejagd von dem Sphecodes — fortfliegen. Ein dritter Halietus fliegt heran und kühner als die beiden, dringt er in das 88 v.. Buttel-Reepen, Die phylogenetische 'Entstehung des Bienenstaates Nest ein, aber „bald liegt er sterbend an der Schwelle des Nestes der Sphecodes hat seine dritte Mordthat vollbracht“. Marchal hat dann noch zwei ähnliche Sphecodes-Siege ın der- selben Nesterkolonie beobachtet. „Abgesehen vom Parasitismus des Sphecodes“, heisst es dann weiterhin, „zeigt vorstehende Beobachtung den Beginn der Verge- sellschaftung bei Halkctus und selbst eine gewisse Arbeitsteilung aber noch mehr, denn das Befühlern der toten Kameraden, sei es aus Ueberraschung oder Mitleid (? v. B.), verrät Gefühle bei den Halieti, welche man bei den Insekten nicht zu finden erwartet; und schließlich, ich zögere nicht, es zu sagen, zeigt die List des Sphecodes und seine veränderte Taktik, um das Nest in Besitz zu bringen, eine wirkliche Intelligenz“ (? v. B.). Das klingt alles nun sehr überzeugend, aber ich glaube, dass trotzdem diese Schilderung von den Gegnern der Marchal’schen Ansicht nicht als völlig beweisend acceptiert werden wird. Die Beobachtung geschah im Jahre 1886, die ausführliche Veröffent- lichung aber erst vier Jahre später, mit dem Wunsche, die para- sitäre Eigenschaft des Sphecodes zu beweisen. Sehr schade ist es ferner, dass wir nicht erfahren, mit welcher Halictus-Art wir es zu thun haben. Dass es sich nicht um ein gemeinsames Nest, also um eine wirkliche Vergesellschaftung wie bei den sozialen Insekten handelt, glaube ich, nach den Gewohnheiten der Solitären, an- nehmen zu müssen (vgl. S. 28). Die Beobachtung wäre schwer- wiegender geworden, wenn eine spätere Untersuchung der von Sphecodes usurpierten Wohnungen stattgefunden hätte, aber leider konnte Marchal diese aus Zeitmangel nicht vornehmen. Marchal findet jedoch eine gewichtige Stütze in Ferton [43]. „Im Juli 1887“, so berichtet dieser Autor, „war ich in Chätellerault Zeuge derselben Thatsachen, welche Marchal angegeben hat, aber ich hatte das Glück, dass sich der Kampf zwischen Sphecodes und seinem Opfer ausserhalb des Nestes abspielte. Es handelt sich um Halietus malachurus Kirby, dessen Neströhrchen sich in fester Erde ausgehöhlt finden. Die Mündung, die enger ıst als der übrige Kanal, wird von dem Wächter mit dem Kopf verschlossen; kommen Nestgenossen, zieht er sich in die Erweiterung zurück und lässt sie passieren“. „An einer solchen engeren Mündung sah ich den Sphecodes hispanicus Westmaöäl, der zweimal so groß als seine Opfer ist, ar- beiten, um die Passage zu vergrößern. Ich sah ihn die Schild- wache packen und deren zerbissene Körperteile mit dem Sande hinausbefördern. Dicht dabeı half ein Halctuıs einer sterbenden (renossin, deren mit Pollen behaftete Beine sich noch bewegten. („Fout pres, une halicte assistait une sur mourante* etc.) Auch diese war zweifellos von dem Sphecodes getötet. Eine andere ee v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Ss) Sammlerin kam darüber hinzu und griff den Schmarotzer ent- schlossen an, indem sie ihn in die Beine und Flügel biss. Der - Bandit, der dadurch häufig seine Arbeit unterbrechen mußte, ver- suchte seinen Feind mit den spitzen Mandibeln zu packen. Endlich stürzte sich der Halictus auf ıhn und die beiden Kämpfer waren Leib an Leib; ein Augenblick und der Halictws war nicht mehr.“ „Während vier Stunden arbeitete der Sphecodes um die Pas- sage zu öffnen, ohne mehr als 2 mm vorgedrungen zu sein; er hätte aber sein Ziel erreicht, wenn ich es nicht für richtiger ge- halten hätte, ıhn fortzufangen.“ Ferton sieht nun in dem Verhalten der Halict! noch folgen- des. Er sagt: „Zur selben Zeit, wo wir die Anfänge der Vergesell- schaftung erblicken, sehen wir auch den Mut sich ausbilden, welcher seinen Träger veranlasst, sich für das gemeinsame Wohl zu opfern.“ Er findet hier „origine du courage individuel dans les societes.“ Ich glaube, dass auch hier wieder zu viel rein menschliche Regungen in die Vorgänge hineingetragen werden (Hilfe bei der sterbenden Genossin etc.). Der persönliche Mut oder sagen wir richtiger der Verteidigungsinstinkt findet sich bei allen Tieren,. ob sie in Gesellschaft leben oder nicht. „Le courage individuel* hat mit der Staatenbildung daher nichts zu schaffen. Wohl aber tritt eine andere Ausgestaltung, eine Steigerung des Mutes mit der Ver- gesellschaftung ein, sodass sogar Feinde angegriffen werden, denen das einzelne Insekt ausweicht (vgl. S. 17). Ferton giebt dann noch im Jahre 1898 in einer kleinen ın- teressanten Arbeit [45] weitere Beispiele des Parasitismus von Sphecodes und zwar von S. subquadratus K., die sich in ähnlicher Weise abspielen. Morice [119] ein erfahrener Entomologe, der übrigens die Aufmerksamkeit darauf lenkt, dass die Sphecodes gibbus, subqua- dratus und similis auch in die Nester der Erdbiene Andrena ful- vierus eindringen, bemerkt zu den Ferton’schen Beobachtungen: „Ich muss gestehen, dass ich niemals derartige Angriffe und Kämpfe gesehen habe und ich sollte denken, dass in einem solchen Streit zwischen Hahetus und Sphecodes stets ersterer die Ueber- hand haben müsste.“ „Ich muss ferner bekennen, dass ich ein gewisses Zögern empfinde, die geschilderten Vorgänge als normale anzusehen, denn ‚as a rule, parasitic bees do not seem to employ open violence towards their vietims‘“. „Aber ich muss sagen, dass wenn ich alles bedenke, was über die Gewohnheiten von Sphecodes bis jetzt geschrieben ist, und was ich selbst darüber beobachtet habe, so scheint mir die Hypothese des Parasitismus die alles am besten erklärende zu sein.“ Also auch Morice hält die Angelegenheit trotz allem noch für eine fragliche. Perkins [138] konstatiert, dass er stets 90 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. große Halietus-Arten und große Sphecodes zusammengefunden habe und bei den kleinen Halcti stets kleine Sphecode. Auch dieses scheint auf Schmarotzertum hinzuweisen (s. d. widerspr. Ferton’sche Beobacht.). Zwischen Halietus leucoxonius und Sphecodes gibbus sah Perkins gleichfalls den Anfang eines Kampfes. Also auch in England dieselbe Beobachtung wie in Frankreich! Dann aber beobachtete Perkins [139] ein Sphecodes gebbus L. Weibchen sich selbst ein Nestloch in die Thonerde eingraben : („forming a burrow in a bare spot in the clay“). Perkins memt nun, dass der Sphecodes kein unbeachtetes Nest von Halictus ge- funden habe und bei der schlechten Witterung „it would construct one as a shelter for itself“, Das ıst freilich eine sehr willkürliche Annahme, auf alle Fälle zeigt es, dass der „Parasit“ noch voll- kommen die Fähigkeit hat, selbständig zu sorgen und zu arbeiten. Perkins kommt zu der Ansicht, zum mindesten für gewisse Gegenden sei es als sicher anzunehmen, dass Sphecodes eine para- sitäre Art sei. Hoffentlich bringen weitere Forschungen bald völliges Licht in diese Vorgänge. Zusatz 4. (Zu 8.3) Ein Schlusswort zur Bethe’schen Bienenforschung. Die Bedeutung der Stirnaugen für die Bienen. Neuerdings hat Bethe seine „unbekannte Kraft“ verteidigt'). Auf meine rein sachlich gehaltene Arbeit?) antwortet Bethe in einer so persönlichen, hin und wieder sogar ausfallenden Weise, dass diese in der Wissenschaft unge- bräuchliche Schreibart mich schon einer Antwort entheben dürfte. Nach psycho- logischem Gesetz ist bei einer so persönlichen Auffassung der Dinge eine objektive, nüchterne, unbefangene Beurteilung der einschlägigen Verhältnisse kaum mehr mög- lich. Wenn ich hier auf einige wenige Punkte eingehe, so geschieht es lediglich der Sache zu Liebe, damit die positiven mit Sicherheit dargebotenen Urteile Bethe’s, nicht neue Irrtümer hervorrufen. Bethe muss selbstzugeben, weder ein „alter Bienenbeobachter“ noch auch „ein guter Kenner der Litte- ratur“ zu sein. Er ist auch kein alter Ameisenbeobachter. Seine Gegner sind aber seit vielen Jahren Spezialisten auf den in Frage stehenden Gebieten ®). Aber 1) Bethe, Albrecht, Die Heimkehrfähigkeit der Ameisen und Bienen zum Teil nach neuen Versuchen, Eine Erwiderung auf die Angriffe von v. Buttel- Reepen und von Forel. Biol. Centralbl., Bd. 22, Nr. 7 u. 8. 2) Sind die Bienen Reflexmaschinen? 1. ce. 3) Zu diesen Spezialisten und Gegnern Bethe’s gehört auch unser hervor- ragendster Kenner der solitären Apiden H. Friese, wie auch aus seinen sehr inter- essanten „Beiträgen zur Biologie der solitären Blumenwespen (Apidae), Zool. Jahrb., 5. Bd., 1891, hervorgeht. Ferner ist hier zu nennen Professor Bouvier. In seiner ausgezeichneten Monographie „Les Habitudes des Bembex‘“, Paris 1901, Extrait de l’Annde Psychologique 1900, p. 55, beschreibt Bouvier Experimente nach dieser Richtung. Er kommt zu dem Schlusse: „Au lieu de l’hypothese du senti- v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. gı Bethe bringt dafür, wie er behauptet, oder nach seinen eigenen Worten, wie er sich „schmeichelt“, andere Qualitäten mit, „die den meisten früheren Au- toren fehlten“, auch fehlt nach Bethe „den meisten die Unbefangenheit, das vorurteilslose methodische Vorgehen. Fast alle stecken bis über die Ohren in Vorurteilen und nehmen leichtfertige Erklärungen als Beweise hin“ (sic). Sehen wir uns einmal die neuen Bethe’schen Quali- täten näher an. In einem Experiment, das nach ausdrücklicher Versicherung auf „genauer Beobachtung‘ beruhen soll, kommt Bethe zu wunderbaren Ermittelungen. Der Höhepunkt ist die widersinnige Angabe, die beobachteten Bienen seien 5—6 Stunden auf dem Ausfluge fortgeblieven. Obgleich mir auch aus diesem Experiment die vollkommene Unkenntnis Bethe’s über die Natur der Biene klar zu Tage trat, habe ich damals in meiner Kritik nichts dergleichen geäußert'); jetzt, wo es klar wird, dass hier gar keine dauernde, also keine genaue Beobachtung vorliegt?), wird man es wohl für angebracht halten, wenn ich eine schärfere Kritik anlege. Bethe wirft seinen Gegnern schlankweg Leichtfertigkeit und noch vieles andere vor. Wie hat man eine solche ‚genaue Beobachtung“ zu bezeichnen? Es scheint mir, dass die Bienenkenner und Ameisenforscher doch sorgfältiger beob- achten als gewisse „exakte“ Physiologen. Den etwaigen Einwand, es käme bei diesem Experiment nicht auf andauernde Beobachtung an, muss ich zum voraus als unrichtig abweisen. Ohne andauernde Beobachtung durften aus diesem Experi- ment ernsthafter Weise überhaupt keine für die vorliegenden Fragen in Betracht kommenden Schlüsse gezogen werden. Bethe hat früher behauptet, die unbekannte Kraft müsse als ungefähr 3 km weit wirkend angenommen werden. In seiner Erwiderung liefert er selbst den Be- weis, dass Bienen, die von der See los gelassen wurden, schon bei 1700—2000 m Entfernung nicht mehr zum Heim zurückfinden. Nun argumentiert Bethe so: Das ist beileibe kein Gegenbeweis. Ja, wenn ich unter der unbekannten Kraft das ver- stünde, was meine Gegner mir „unterschieben“, aber das verstehe ich gar nicht darunter, was ich aber darunter verstehe, das sage ich nicht, „ich werde mich hüten, die Gedanken, die ich mir über sie (die unbekannte Kraft) gemacht habe, zu publizieren, weil sie zu viel Aergernis erregen würden“ (sie)!! Ist solches Versteckenspielen überhaupt noch- wissenschaftlich ernst zu nehmen?! Bethe verwirft die positiven, durch zahlreiche Experimente und durch ment topographique (Richtungssinn), il me parait plus simple et plus raisonnable d’admettre que l’insecte est merveilleusement seryi, dans ses voyages, par la vue et par le souvenir, qu’il a une m&moire topographique (Ortsgedächtnis) excellente .. .“ Desgleichen wäre hier anzuführen George W. Peckham, Wisconsin. Dieser bedeutende Wespenforscher Amerikas veröffentlichte im Jahre 1898 ein umfang- reiches Werk: „On the Instinets and Habits of the Solitary Wasps, Wisconsin Geological and Natural History Survey, Bull. 2. Sehr richtig, sagt Schönichen (Ueber Tier- und Menschenseele, Stuttgart 1900; auch Zeitschr. f. Naturw., Bd. 73), wie auch v. Hanstein (Naturw. Rundsch. Nr. 32, 1900), dass dieses Werk auf jeder Seite Beweise gegen die „unbekannte Kraft“ bietet. Ein Gleiches gilt von einer früheren Arbeit der Peeckham’s: ‚Some observations on the special Senses of Wasps“, Proceed. of the Nat. Hist. Soc. of Wise. 1887. Man vergleiche ferner das Kapitel: „On the sup- posed Sense of Direetion“ in dem bekannten Werke Lubbocks: „On the Senses, Instinets, and Intelligence of Animals, 3. Auflage, London 1891 und auf dem Gebiet der Ameisenkunde die Arbeiten von Forel, Wasmann und Fielde (s. Litteraturverzeichnis). 1) S. d. Bien. Refl. 1. e.; Biol. Centralbl., p. 218, Buchhandelausgabe, p. 57. 2) Während aus der früheren Schilderung unbedingt geschlossen werden musste, dass Bethe den Stock fortgesetzt ohne Unterbrechung beobachtet hatte, berichtet er jetzt, dass er nur „fast dauernd vor dem Stock stand“ (p. 213). 99 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. langjährige Erfahrung gestützten Ansichten seiner Gegner, wagt aber selbst nicht einmal seine eigene Ansicht auszusprechen !!'). Sehr bezeichnend für die verschiedenen Verwandlungen, die Bethe binnen verhältnismäßig kurzer Zeit durchgemacht hat, ist auch die neue Angabe, dass jetzt die unbekannte Kraft „schwerlich vom Ort des Auffluges oder wenigstens nicht von ihm allein ausgeht“. Früher wirkte sie anders’). Jetzt heißt es: „Es spricht vielerlei dafür, dass sie (die unbekannte Kraft resp. ihre Wirkung) von den Bienen auf ihrem Wege zurückgelassen wird, ähnlich wie die chemische Spur der Ameisen auf dem Boden. Im Augenblick wenigstens scheint mir dies das Wahrscheinlichste‘“ (p- 210). Soll diese Erklärung auch ernst genommen werden? Man bedenke, die Biene soll bei ihrem Fluge durch die Luft eine Spur (deren Wesen völlig unbekannt ist) zurücklassen, und diese Spur soll in der bewegten Luft örtlich erhalten bleiben und noch nach Wochen wirksam sein!! Und auf Grund dieser „Augenblicks“-Verlegenheitsidee werden dann meine Experimente widerlegt. ‚Die v. B.’schen Experimente beweisen demnach nichts“ (p. 211). Man wird mir zugestehen, dass es vieler Liebe zur Sache bedarf, um solche Sophismen überhaupt einer Betrachtung zu würdigen. Und wo ist das Ende der Wirkung dieser Kraft? Wenn sie auch von den Bienen selbst ausgeht, müsste sie wirken, soweit die Biene fliegen kann, was nicht der Fallist. Dann hat Bethe selbst früher den Beweis geliefert, dass bei be- stimmten Experimenten einige Bienen nicht zur Aufflugsstelle (Schachtel) zurück- kehren, somit auch die nach allerneuester Idee ‚in der Luft zurückgelassene Spur“ ignorieren, während andere Bienen die Schachtel wieder aufsuchen. Ferner hat Bethe mehrfach beobachtet, dass die Bienen beim ersten Ausflug in anderer Rich- tung und in anderer Weise abfliegen als wiederkommen. So sollen sie in Spiralen abfliegen und aus anderer Himmelsrichtung „in gerader Linie“ zurückkehren. Welchen Zweck hat da die „in der Luft zurückgelassene Spur“!! Hier scheint mir irgendwo Konfusion zu herrschen, denn die — kurz gesagt — Aufflugortskraft und die Unterwegskraft, beide versagen zur Erklärung der Erscheinungen logischer Weise vollkommen. Um zu beweisen, dass die Bienen sich nicht durch ihre Augen orientieren, hat Bethe bei Portici am Fuße des Vesuvs, Bienen 500 m weit aufs Meer hinaus- genommen. Diese Bienen entstammten einem Bienenstande, „der 1200 —1500 m vom Meere entfernt am Fuße des Vesuvs liegt“ und der „in seiner Lage auf 5—6 km deutlich erkennbar ist durch eine Anzahl mächtiger und isoliert stehender Pinien“. Keine der mit Zinnober gezeichneten Bienen fand zurück. Herr Dr. Bethe ruft nun aus: „Natürlich, die See ist ihnen unbekannt! werden meine Gegner sagen. Und das mächtige Lokalzeichen des Vesuvs und die weithin sicht- baren Pinien, warum steuerten nicht die Bienen auf sie zu?‘ (sie). Merkwürdiger- weise haben aber Zoologen und Physiologen herausgefunden, dass die Hymenop- teren noch schlechter sehen als z. B. dieLibelluliden oder dieRhopaloceren, und dass speziell für die Honigbiene vielleicht ca. 30—40 Fuß (höchstens) für 1) Im Begriffe, diese Arbeit abzusenden (15. September) kommt mir die neueste Nummer des Biolog. Centralblattes (Nr. 18 v. 15. Sept. 1902) mit der Ent- geenung Wasmann’s: „Noch ein Wort zu Bethe’s Reflextheorie‘ zu Händen, in der auch diese eben berührte Auslassung Bethe’s herangezogen ist. Ich kann jetzt keine Durcharbeitung meiner vorliegenden Erwiderung mehr vornehmen, aber ich glaube, es dürfte auch nicht schaden, wenn einige Bethe’sche Auslassungen doppelt widerlegt werden. Im Ganzen führt Wasmann auch Aeußerungen Bethe’s ad absurdum, die ich gar nicht berührt habe. 2) „Die Bienen folgen einer Kraft, welche ganz unbekannt ist und welche sie zwingt, an die Stelle im Raum zurückzukehren, von der sie fortgeflogen sind. Diese Stelle im Raum ist gewöhnlich der Bienenstock, sie muss es aber nicht notwendiger- weise sein“. Bethel.c., p. &. ETETELEEVETTEREETTEETRZERTER, v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 95 einigermaßen relativ scharfes Sehen sich bewegender größerer Körper in Frage zu ziehen ist. Für ruhende Körper dürfte nur eine Entfernung von wenigen Metern in Betracht kommen. Selbst wenn wir nun annehmen, daß bei den relativ langen Rhab- domen eine Einstellung auf „unendlich“ stattfinden könnte, halte ich es für voll- kommen ausgeschlossen, bei dem nachweislich sehr undeutlichen Sehen mittels der Facettenaugen, dass 2 km entfernte Bäume noch zur Ortsorientierung in Betracht gezogen werden dürfen und gleichfalls nicht der dahinter liegende Vesuv. Wenn ein Physiologe diese Forderung im Ernst stellt, so werden mir andere Physiologen zugeben, dass hiermit einfach ein Salto mortale in das Centrum des Anthropomor- phismus gemacht wird. Die Bedeutung der Stirnaugen (Stemmata oder Ocelli) für die Bienen. Aus der Fülle des leicht zu Widerlegenden nur noch eine charakteristische Kleinigkeit. Bethe schreibt (p. 213): „Es wird wohl auch kein Physiologe v. Buttel glauben, wenn er von den kümmerlichen Stemmata meint, sie dienten „anscheinend zum Sehen in der Nähe“. Weshalb, will ich nicht weiter auseinander- setzen, denn ich sehe mich nicht genötigt, die Elemente der Physiologie hier abzu- handeln, auf die ich so wie so schon zu sehr eingegangen bin.“ — Glückliches Selbstbewußtsein! — Leider ist aber kein Geringerer als Johannes Müller in seiner „vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes“ zu der Ansicht gekommen, dass die Stemmata zum Sehen der ganz in der Nähe befindlichen Objekte dienen dürften. Schade, dass Johannes Müller von Herrn Bethe nicht mehr in den Elementen der Physiologie unterrichtet werden kann. Für die erwähnte Funktion der Stemmata sprechen biologische Beobachtungen und Experimente. Exstirpiert oder lackiert man die Stemmata, wie es bereits Dug®&s') und Marcel de Serres?) gethan und wie es Forel?) mit gleichen Resultaten wiederholte, so sieht man z. B. bei Hummeln und Wespen ete. nicht die geringste Beeinträchtigung des Fluges. Bei der Ameisengattung Eeiton giebt es sehende und blinde Arten. Die ersteren haben aber die Stirnaugen und die Facettenaugen verloren und besitzen an Stelle der letzteren nur noch zwei „Stemmata“ (Forel. Da es nach den Lebensgewohnheiten sehr unwahrscheinlich ist, dass diese Gattung Eeiton, bei der anscheinend die Tendenz zur vollkommenen Ver- kümmerung der Augen vorwaltet, ihre Stemmata — also ihr einziges Sehorgan — zum Sehen in die Ferne benutzt, im Gegenteil alles dafür spricht, dass für diese Tiere nur stets die jeweilige allernächste Umgebung biologischen Wert hat, so glaube ich auch hieraus mit gewissem Recht annehmen zu dürfen, dass die Stemmata „an- scheinend zum Sehen in der Nähe“ dienen. Dieser sehr vorsichtigen Fassung wird auch der besonnene Physiologe zustimmen können, der auf Grund des Augenbaues eine andere Funktion erwartet, denn über die eigentliche Funktion der Stemmata oder auch einfacettiger Augen hat uns die Physiologie bisher keine bestimmte Auskunft geben können und wir sind daher auf die biologischen Beobachtungen angewiesen. Nur Herr Bethe weiß es anders, und zwar schon aus den „Elementen der Physiologie‘. Auch der Physiologe Professor Nagel ist der Ansicht: „dass die Stemmata am ehesten noch dem Sehen in der Nähe dienen (vielleicht weniger dem distinkten Sehen der Formen und Einzelheiten an den Objekten, als vielmehr dem Sehen der Bewegung an nahen Objekten, die zu diesem Zwecke nur ganz im Groben abgebildet zu sein brauchen).“ Diese ausführlichere Angabe entspricht vollkommen meiner An- sicht, die sich mir aus der Summe der bis jetzt vorliegenden Beobachtungen ergab. 1) Dug£®s, A.nt., Trait6 de physiologie comparde de l’homme et des animaux, Montpellier et Paris 1838, p. 322, 1. Bd. 2) Marcel de Serres, M@moire sur les yeux compos6s et les yeux lisses des insectes, Montpellier 1813 ; übersetzt von Dr Dieffenbach, Berlin 1826. 3) Forel, A., Experiences et remarques critiques sur les sensations des In- sectes, Rivista di Scienze Biologiche, Como 1900—1901, 04 v. Buttel-Reepen, Die phylögenetische Entstehung des Bienenstaates. — Die Facettenaugen versagen in der Dämmerung und bei Nebel auffällig schnell; wie ich in der früheren Arbeit über die Bienen näher ausführte, sie werden daher auch schwerlich irgendwelche Dienste im dunklen Innern der Nester, Erdhöhlen, Bienenstöcke etc. leisten können und dürften, wie auch Forel betont, die Stirn- augen hier wahrscheinlich von Nutzen sein; auch ist zu vermuten, dass genäherte Bewegungen („mouvements rapproches“) durch die Ocellen pereipiert werden. Be- zeichnenderweise besitzen die Tagschmetterlinge keine Ocellen, wir finden sie da- gegen bei den Nachtschmetterlingen. Nun könnte Bethe noch einwenden, eine Sehfunktion mittels der Stemmata sei vollkommen ausgeschlossen oder käme so gut wie gar nicht in Betracht. Beweise giebt uns die Physiologie hierfür auch nicht, es würde sich auch hier nur um eine unbe- wiesene Meinung handeln. Aber wir kommen auch hiermit nicht durch. Abgesehen von sehr gewichtigen allgemeinen Erwägungen (vgl. Hesse, Z. wiss. Zool. 1901), liefert uns wiederum die Ameisengattung Eeiton mit größter Wahrscheinlichkeit den Beweis, dass mit den Ocellen auch ein Sehvermögen verknüpft ist, denn die mit Ocellen versehene Art geht ihrer Jagd im Hellen nach, während die blinde nur im Dunkeln jagd resp. in bedeckten Gängen, die sie mit fabelhafter Schnelligkeit baut. Ich verweise auch auf Smalian, Altes und Neues aus dem Leben der Ameisen, Zeitschr. f. Naturw., Bd. 67, 1894. Es heißt dort: „Die Summe der einschlägigen Thatsachen scheint die Meinung am annehmbarsten zu machen, dass die Neben- augen dem Sehen im Dunkeln und aus der Nähe dienen.“ Ferner Lubbock, Die Sinne und das geistige Leben der Tiere, Leipzig, Intern. wiss. Bibliothek, 67 Bd., 1889; A. Forel, Die psychischen Fähigkeiten der Ameisen und einiger anderer Insekten, München 1901; H. J. Kolbe, Einführung in die Kenntnis der Insekten. Berlin 1893. Auch Fleischmann, einer der Zoologen, die sich seit langen Jahren eingehend mit der Biologie und Anatomie der Honigbiene beschäftigt haben, ist der Ansicht, dass die Ocellen „zum Sehen in der allernächsten Nähe dienen“ (s. in Lotter, Katechismus der Bienenzucht, 6. Aufl., 1903). Die Hesse’schen histologischen und morphologischen Befunde (l. ce.) an den sehr ähnlichen Ocellen von Vespa, wie auch die Redikorzew’schen (Unters. üb. d. Bau d. Ocellen d. Insekten. Z. wiss. Zool., 48. Bd., 4. Heft) lassen sogar den Bethe’schen Ausdruck „kümmerliche Stemmata“, wenigstens soweit Apis melli- fica und Vespa in Betracht kommen, nicht einmal als berechtigt erscheinen. Mit diesen morphologischen Ergebnissen ist somit auch der etwaige Einwand _ beseitigt, dass man vernünftigerweise von so „kümmerlichen“ Organen keine Funktion von biologischem Werte erwarten könne. Hesse kommt sogar auf Grund des recht diffe- renzierten Baues, der reichen Innervierung und der komplizierten Anordnung der Retina zu der Ansicht, dass die Funktion der Ocellen vielleicht eine bedeutendere sein dürfe, als man gewöhnlich annimmt. Beim medianen Ocellus von Vespa finden sich z. B. zwei dicht hinter dem Glaskörper liegende Nebenretinae und eine weiter abgerückte Hauptretina; die beiden ersten dienen — nach Hesse — mög- licherweise zum Percipieren entfernterer Lichtquellen, die letztere zum Sehen in der Nähe. Ein deutliches, scharf begrenztes Bild-Sehen kommt natürlich nicht in Frage. Der gleiche Bau findet sich nach der Redikorzew’schen Zeichnung auch bei Apis mellifica, so dass auch hier dieselben physiologischen Schlüsse statthaft sind. Folgender Versuch Schönfeld’s scheint ebenfalls eine auffällig starke Betei- ligung der Ocellen beim Pereipieren von Licht zu verraten. Ich citiere nach Kolbe (l. e.): „Bekanntlich fliegt eine in das Zimmer genommene Biene gleich auf das Fenster zu und folgt diesem Lichtdrange auch, wenn ihre Seitenaugen mit Lack überzogen und für die Lichtstrahlen unzugänglich gemacht werden. Sie bleibt aber ruhig sitzen, wenn auch die Stirnaugen in derselben Weise behandelt werden. Wird sie mit allein überklebten Stirnaugen aufgescheucht, so fliegt sie gegen die Decke auf, stößt aber überall an (Bienen-Zeitung, 1865, 21, S. 88).“ Ich muss gestehen, dass auch dieser Schön feld’sche Versuch mich längere Zeit zweifeln ließ, ob den Ocellen nicht doch eine wesentlich größere Rolle bei der Licht- Ver TEERNTTR EIRERTEESFFET en - v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 95 perception zuzusprechen sei, als ich ihnen auf Grund meiner Erfahrungen und unter Berücksichtigung der sonst bekannten biologischen Thatsachen zuschreiben konnte. Es drängte sich mir schließlich die Ueberzeugung auf, dass hier ein Irrtum des Be- obachters vorwalten müsse, und ich beschloss, den Versuch nachzumachen. Er ver- lief genau, wie ich es erwartet hatte. Unter gütiger Assistenz des Herrn Dr. Leon- hardt (Vorsitzender des Imkervereins Jena) und der beiden bekannten Entomologen Friese, Jena, und Morice, Woking (England), stellte ich fest, dass Bienen, deren Ocellen mit schwarzem Lack überstrichen waren, nach wie vor auf Licht reagierten und dem breiten sonnenbeschienenen Fenster (Mittags 12—1 Uhr) aus einer Entfernung von ca. 1'/, m trotz entgegengestellter Hindernisse zustrebten. Wurden die Seitenaugen lackiert und die Stirnaugen freigelassen, so fand auf dem - Versuchstische (1'/, m vom Fenster) keinerlei Reaktion auf Licht statt. Auf die weiteren Resultate gehe ich hier nicht ein. Während aus dem Schönfeld’schen Experiment geschlossen werden musste, dass die Ocellen die Bienen der Lichtquelle entgegenführen und nicht die Fa- cettenaugen, und die Tiere ohne Ocellen so gut wie blind seien und „überall an- stoßen“, was aller sonstigen Erfahrung widerspricht, sehen wir umgekehrt bei dem vorstehend geschilderten Experiment, dass den Ocellen diese große Bedeutung nicht zukommt. Es zeigt sich somit, dass meiner vorsichtigen und zurückhaltenden Aeußerung: „die Ocellen dienen wahrscheinlich zum Sehen in der Nähe,“ eine Berechtigung zuerkannt werden muss, da Physiologie und Biologie diese Ansicht wesentlich unterstützen und keine einzige Thatsache bekannt ist, die mit Sicherheit dagegen spricht. Da haben wir in Vorstehendem einen kleinen Ueberblick über die in der That bei „früheren Autoren“ wohl kaum schon vorhanden gewesenen „Qualitäten“ Bethe's, aber ich glaube, die wissenschaftliche Welt wird trotz Bethe die Er- fahrungen von Forschern wie Forel, Wasmann, Friese; Peckham, Lubbock, Romanesu. v. A, zu schätzen wissen, und man wird sich nicht darüber täuschen, dass deren Experimente, sowie die der Zoologen, die sich mit Bienenforschungen beschäf- tigen, obgleich auch diese nach Bethe ‚in alten Vorurteilen drinstecken‘“, ge- rade hinsichtlich der Exaktheit den Vergleich mit den Versuchen Bethe’s keineswegs zu scheuen haben. Die Sache ist hiermit für mich erledigt. Ich gehe auf weiteres nicht ein und verweise nur noch auf die in Nr. 1 des Biol. Centralbl. 1903 befindliche Wider- legung Bethe’s durch Professor A. Forel. Die Autoren bitte ich, sich bei näheren: Interesse bezüglich der von mir angeführten Experimente an meine er- wähnte Arbeit halten zu wollen. Zusatz 5. (Zu 8. 7.) Die Vorfahren der Bienen. Fleischfressende Trigonen. Es sei hier in kurzen Zügen auf die wesentlichen Momente hingewiesen, welche Veranlassung geben, die Bienen von den Grab- wespen abzuleiten. Ueberschauen wir den Stammbaum auf Seite 5, so finden wir als Vorfahren der solitären Sammelbienen verschiedene Grabwespenarten aufgeführt, die sich den tiefst stehenden Bein- und Bauchsammlern im Aeußern — also in der ganzen Bauart —, wie auch in der Organisation, so eng angliedern, dass der Forscher nur unter Berücksichtigung der Lebensweise Verschiedenheiten, 96 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates, die wirklich trennende Bedeutung haben, herauszufinden vermag. Nicht, dass die angeführten Grabwespenarten so bienenähnlich seien, es haben umgekehrt die tiefst stehenden Bienen etwas sehr Wespenähnliches, also die schlanke, schmale Körperform, dieselben Mundgliedmaßen (z. B. Prosopis), und infolge der noch sehr ge- ringen Behaarung das glatte, glänzende Aeußere. Es wird kein Laie die Prosopis und die kleinen Halictus-Arten für Bienen halten und noch viel weniger die rückgebildeten also dem Wespenstamm wieder genäherten Kukuksbienen wie z. B. die bunt gefleckten Nomada-Arten. Nach Herm. Müller [123] unterscheiden sich die Bienen von den Grabwespen nur durch solche Eigentümlichkeiten der Organı- sation, welche sie zur Gewinnung von Blütenstaub und Honig ge- eignet machen. Die Grabwespen sind Mord- und Raubwespen, aber sie fangen Käfer, Fliegen, Raupen, ferner Spinnen u. s. w. nur für ihre Jungen; die erwachsenen Tiere selbst leben von Früchten und Nectar. Hier ist also anımalısche und vegetabilische Kost in selt- samer Weise getrennt (s. a Peckham [132)). „Von den meisten Grabwespenarten“, so berichtet Herm. Müller, „deren Lebensweise näher beobachtet ist, steht es fest, dass sie die erbeuteten Tiere, mit denen sie ihre Nachkommen- schaft versorgen wollen, nicht töten, sondern nur durch ihren Stich lähmen, dann in ihre, in der Regel im Sande, im Marke dürrer Brombeerstengel oder in trockenem Holze ausgehöhlte Brutkammer schleppen, darauf, sobald eine für den Bedarf der Larve aus- reichende Menge von lebender Fleischnahrung zusammengeschleppt ist, ein Ei an dieselbe legen und nun die Kammer schließen“. (Vgl.a. d. neueren Beobacht. v. Peckham [132].) Wie aus der „Lebens- weise der solitären Bienen“ hervorgeht, sind auch die Nestanlagen bei diesen Bienen im wesentlichen — wenigstens bei vielen Arten — noch ganz dieselben wie die eben erwähnten der Grabwespen. Die Imagines (geschlechtsreife Tiere) nähren sich dagegen, wie gesagt, sämtlich von vegetabilischer Kost. „Da sie meist mit einem kurzen Saugapparate versehen sind, so ist ihnen nur wenig tief liegender Honig, wie ihn die Blüten der Umbelliferen, vieler Kompo- siten, Rosaceen, Kruziferen, die von Ranunculus, Reseda, Jasione, Lpilobium, Parnassia, Tilia, Asclepias darbieten, zugänglich, und solche Blüten werden daher vorzugsweise von den Grabwespen besucht und ihr Honig gesaugt. Jedoch beschränken sie sich bei ihren Blütenbesuchen nicht immer auf bloßen Honiggenuss, sondern verzehren bisweilen auch Blütenstaub. Ich vermute dieses von mehreren Grabwespen, welche ich auch auf völlig honiglosen Blüten sich andauernd habe herumtreiben sehen (z. B. Gorytes mystaceus und Orybelus uniglumis auf den Blüten von Clematis recta); ich — — —o- v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 97 weiss es mit Bestimmtheit von mehreren anderen, welche ich mit den Oberkiefern ın die Staubbeutel habe einhauen sehen, z. B. Cerceris variabilis auf den Blüten von Reseda odorata, Cerceris arenaria, labiata und variabilis auf den Blüten von Reseda hutea. Da nun die Bienen, wie aus der Betrachtung der Abstufungen ihrer Eigentümlichkeiten folgt, von Grabwespen abstammen und auf ihrer untersten Stufe sich von den Grabwespen in der Organi- sation gar nicht, in der Lebensweise nur dadurch unterscheiden, dass sie ihre Larven, anstatt mit frischem Fleische, mit Blüten- staub und Honig auffüttern, so bleibt keine andere Annahme möglich, als dass die Stammeltern der Bienen, die echte Grabwespen waren, dadurch zu Erzeugern einer selbständig sich abzweigenden Familie wurden, dass sie von der erblichen Gewohnheit, ihre Larven mit frischem Fleische aufzufüttern, zu der neuen und durchgreifend verschiedenen Gewohnheit der Auffütterung mit Blütenstaub und Honig übergingen. Für ein Ueberspringen von einer erblichen Gewohnheit, für deren Fortsetzung die Bedingungen eben nicht ausreichend vorhanden sind, zu einer neuen, durchgreifend ver- schiedenen, sind bereits so zahlreiche Beispiele aus dem Leben der jetzt lebenden Insekten und namentlich aus dem der Bienen bekannt geworden, dass jene Annahme in Bezug auf die Stamm- eltern der Bienen gewiss nichts unwahrscheinliches hat. Grab- wespen, die sich selbst mit Honig und Blütenstaub ernähren und diese Stoffe, im Uebermaße genossen, leicht wieder ausspeien können (wie man sieht, wenn man frisch von den Blüten weg- gefangene Exemplare zwischen den Fingern hält), ersetzen eben im Falle der Not einen teilweisen oder gänzlichen Ausfall der lebenden Beute durch den Ueberschuss der eigenen Nahrung“. „Man möchte geneigt sein, zu glauben, dass es, um eine durch lange Vererbung befestigte Gewohnheit zu verlernen und mit emer neuen auf immer zu vertauschen, einer entsprechend langen Zeit- dauer bedürfe, und dieses ist auch gewiss in denjenigen Fällen richtig, in denen die neue Gewohnheit, um zu einer durchgreifen- den und ausschließlichen werden zu können, eine erhebliche Um- wandlung des Organismus erheischt (wie z. B. der Uebergang der Wirbeltiere vom Wasserleben zum Landleben oder von der Be- wegung auf dem Lande zur Bewegung in der Luft); aber der Ueber- gang gewisser Grabwespen von der Versorgung ihrer Brut mit frischem Fleisch zur Versorgung derselben mit Honig und Blüten- staub konnte sich, wie uns Prosopis beweist, vollziehen, ohne dass in der Organisation die mindeste Aenderung eintrat, und ich glaube den Nachweis liefern zu können, dass er für Alte und Junge ım hohen Grade vorteilhaft sein musste, indem von Blütenstaub und Honig ein weit geringeres Gewicht zur Auffütterung einer Larve erforderlich ist, als von Insekten oder Spinnen“. 98 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Herm. Müller bringt hierfür ziffernmäßige Belege. Es heisst dann weiter: „Während also eine Grabwespe das Sechsfache ihres eigenen Gewichts als Futter für eine einzelne Larve herbeischleppen musste und von kleineren, mit Flügeln und Beinen und ausserdem noch mit dicker Chitinhaut versehenen Insekten jedenfalls noch weit mehr, hatte sie, sobald sie, die ererbte Gewohnheit verlassend, zur Auffütterung ihrer Brut mit Blütenstaub und Honig überging, nur noch das Doppelte bis Dreifache ihres eigenen Gewichts als Futter für die einzelne Larve herbeizuschleppen und war ausserdem einer gefährlichen Konkurrenz überhoben, indem sie einen noch unausgefüllten Platz ım Naturhaushalte einnahm. Es lässt sich daher mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Gewohn- heit der Larvenauffütterung mit Blütenstaub und Honig, einmal angenommen, verhältnismäßig rasch zur ausschließlichen und erb- lichen wurde.“ „Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme wird dadurch noch bedeutend gesteigert, dass wir ın der Familie der Faltenwespen innerhalb derselben Gattung den Uebergang von der einen zur anderen Brutauffütterungsweise vollzogen sehen; es füttert die Eumenes Saundersii W estw. ihre Brut mit grünen Raupen, während Eumenes eoarctata. L. ihre Brutzellen mit Honig füllt.“ „Die Ausbildung der „typischen“ Bienen ist dann in allmäh- licher, stufenweiser Entwickelung dadurch zu stande gekommen, dass die sich darbietenden Abänderungen der allgemeinen Körper- behaarung, der Behaarung und Breite der Fersen, der Behaarung der Hinterbeine, der Hinterbrust und der Bauchseite des Hinter- leibes, insofern sie eine raschere und reichere Ausbeute an Blüten- staub ermöglichten, ebenso die sich darbietenden Abänderungen der unteren Mundteile, insofern sie die Honiggewinnung begün- stigten, durch natürliche Auslese erhalten, durch Vererbung befestigt und durch Hinzutreten neuer vorteilhafter Abänderungen zu einem sehr hohen Betrage gesteigert wurden.“ Auf der anderen Seite musste die allmählich stärker werdende und besonders ausgeprägte Behaarung auch bewirken, dass sich die Blumen den besuchenden Bienen in der Weise anpassten, dass sie diesen oder jenen Körperteil derselben mit Narben und Staub- gefäßen berührten und dadurch den Vorteil der Fremdbestäubung erfuhren (Müller [124]). Wenn wir daher eine Blüte mit bestimmten Eigentümlichkeiten ausgestattet sehen, welche ausschließlich für die Uebertragung des Pollens durch ein bestimmtes Transportmittel nützlich sein können, und wenn wir zugleich direkt beobachten, dass dieses Transport- mittel (also z. B. eine Biene) thatsächlich in ausgedehntem Maße den Blütenstaub auf Narben anderer Blüten überträgt, so dürfen wir umgekehrt schließen, dass diese Eigentümlichkeiten ursprüng- TE EEETREETTETTTDTE EEE ET NTET Bw TEE v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 99 lich als individuelle Abänderungen entstanden sind und dadurch, ass sie ihren Inhabern eine kräftigere Nachkommenschaft ver- schafften, sich erhalten und ausgeprägt haben, mit anderen Worten, dass diese Eigentümlichkeiten sich unter stetiger Wirkung der natürlichen Auslese als Anpassungen an das bestimmte natürliche Transportmittel entwickelt haben.“ So hat sich im Laufe großer Zeiträume durch gegenseitiges Varneren und Anpassen die erstaunliche Fülle der auf Insekten- befruchtung angewiesenen Blumen- und der Insektenarten (hier also der Bienen) entwickelt. Fleischfressende Trigonen. Im Anschluss an das Vor- stehende ist ein Befund von Ducke [33a] von Interesse, welcher uns anscheinend zeigt, wie ausgesprochene Nektarsammler zur Fleisehnahrung übergehen. Bei Belem do Parä und Calsoene im Staate Parä (Brasilien) fing Ducke sehr häufig eine Trigona argen- tata, die sich von den anderen stachellosen Bienen durch ihre ab- weichende Lebensweise unterscheidet. „Vorliegende Art“, so be- richtet Ducke, „findet man selten an Blumen, meistens an faulenden Gegenständen, Exkrementen und dergleichen. Im Museu Goeldi fing ich die Art oft massenhaft am Fleische der zum Ausstopfen bestimmten Tiere. In unmittelbarer Nähe des Präparierraumes befindet sich eine Anzahl stets mehr oder weniger Blüten tragen- den Bananen, nie habe ich aber hieran nur ein einziges Exemplar der argentata gesehen, während die sehr ähnliche fılwiventris daran in Menge fliegt. Letztere habe ich dagegen nie an Fleisch beob- achtet.“ Vielleicht handelt es sich aber nur um das Aufsaugen der stickstoffhaltigen Fleischsäfte, sehen wir doch auch Aprs mellt- fiea mit Vorliebe Dungwasser schlürfen. Immerhin treffen wir niemals Honigbienen auf faulendem Fleisch oder auf Exkrementen, hier hat also bei den erwähnten Trigonen eine besondere Weiter- bildung des Instinktes stattgefunden. Zusatz 6. (Zu 8. 9.) Rätselhafter Spürsinn und Muskelkraft der Schlupfwespen. E. L. Taschenberg [173] erzog aus einem Chalicodoma-Neste 16 Weibehen und 2 Männchen der kleinen Zehrwespe Monodon- tomerus Chalicodomae (nitidus). Dieser Forscher ist der Ansicht, dass die Steinhülle nieht von dem Bohrer (Legestachel) des Weib- chens durchdrungen werden kann, „sondern die Eier mussten vor dem Schlusse der Zelle gelegt worden und erst viel später als das Ei der Biene ausgeschlüpft sein, damit die jungen Lärvchen in der mehr oder weniger erwachsenen Larve ihre Nahrung vorfanden*. 7* 100 v. Buttel-Reepen, Die phylögenetische Entstehung des Bienenstaates. Dieser Ansicht steht eine Beobachtung Friese’s entgegen, welcher die kleine Wespe beim Durchbohren der Zellenschutzhülle antraf; auch harmoniert mit der Taschenberg’schen Ansicht wohl kaum ein Befund, welcher sich an einem beı Jena abgelösten Nest der Mörtelbiene zeigte. In diesem Neste wimmelte eine Zelle von ganz jungen Larven des Mondontomerus. Diese Zelle enthielt aber keine Larvenreste, sondern die Reste einer völlig ausgewachsenen Mörtel- biene. Es ist kaum wahrscheinlich, dass sich diese Maurerbiene bei so frühzeitiger Infektion, wie man sie nach der Taschenberg- schen Ansicht voraussetzen müsste, bis zur Imago entwickelt hätte, selbst wenn man annımmt, dass sich die parasitären Larven nur vom Fettkörper der Wirtslarve und -puppe und von dem des er- wachsenen Tieres ernährt hätten. Die Ausbildung des Triebes bei der Chalicodoma, ıhr Nest mit einem so harten Panzer zu um- geben, weist, so glaube ich, darauf hin, dass die Infektion stets nach dem Schluss der Zellen stattgefunden haben muss resp. noch stattfindet, denn sonst würde dieser Instinkt nicht Selektionswert erlangt haben. Nur die Nachkommen der Tiere, welche allmählich den Instinkt gewannen, einen Schutzmantel um die Zellen zu bauen, überstanden in der Mehrzahl im Kampfe ums Dasein. Nur dort, wo der Schutzmantel nicht die genügende Dicke erreicht, konnte und kann auch heute noch Infektion stattfinden. Erfolgte die In- fektion normalerweise bei der noch offenen Zelle, wäre dieser Schutzbauinstinkt ein wertloser gewesen und hätte sicherlich keine Ausbreitung erlangt. Wie außerordentlich groß die Fähigkeit der Schlupfwespen ist, Hindernisse der schwierigsten Art zu besiegen, um ihren Zweck zu erreichen, sieht man am Besten an der Gattung Rhyssa. Eine Art, Rhyssa persuasoria, schmarotzt ın den Larven der Holzwespen (Sirex), welche tief ım Innern der Nadelbäume bohrend leben. Bis zur Wurzel des Legestachels (Bohrer), der bei dieser Art ca. 6 cm lang ist, verstehen die legenden Weibchen diese Borste von un- gefähr Pferdehaardicke in gesundes Holz hineinzutireiben und die dort sitzende Larve zu treffen. Taschenberg [173] berichtet: „Als ich vor einigen Jahren auf dem Wege nach der Teilskapelle an einer Anzahl von dem Berge herabgestürzter, entrindeter Fichten- stämme vorübergehen wollte, fesselte mich das Schwärmen zahl- reicher Wespen der genannten Art. Die eine hatte sich festgebohrt und zwar bis zu der Tiefe, welche sie überhaupt erreichen konnte; ich faßte sie und versuchte mit großer Vorsicht und nicht geringer Kraftanstrengung, den Bohrer ohne Verletzung des übrigen Körpers herauszuziehen. Es gelang mir nicht; denn die letzten Leibesringe rissen früher ab, als der Bohrer in seiner vollen Länge zum Vor- schein kam, und die Muskelbewegungen in den abgerissenen Gliedern dauerten noch einige Zeit fort. TEE NEST TTTELENEETE v. -Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 101 Man steht hier staunend vor einer rätselhaften Erscheinung. Jene federnde, pferdehaarartige Borste wird 6 em tief und tiefer in den Stamm hineingeschoben, durch dieselbe wird ein Ei be- fördert, und das alles wiederholt sich zu verschiedenen Malen seitens einer und derselben Wespe. Welcher Aufwand von Muskel- kraft steht diesem schmächtigen Tierchen zu Gebote! Entschieden schmiegt und biegt sich der Bohrer rechts und Iinks und benutzt die Zwischenräume zwischen den Fasern und Gefäßen des Holzes, da er nur ruckweise und sehr langsam vordringt. Wie erspürt die Mutterwespe die Gegenwart einer für ıhr Ei passenden Larve; wie ermittelt sie deren Lage um grade hier und nicht 1 cm mehr oben oder unten den Eizubringer einzuschieben ?“ In der That, wunderbare Geschehnisse, die uns wiederum zeigen, wie in der Tierwelt einzelne Sinne sich im Kampfe ums Dasein zu einer ganz ausserordentlichen Schärfe ausgebildet haben. Zusatz 7”. (Zu S. 29.) Entstehung der Staatenbildung. Können mehrere befruchtete Weibchen eine Koloniebildung bewirken? Mehrere Königin- nen in Polistes-, Vespa- und Termitenstaaten. Wieviel In- sassen hat der Wespenstaat? Ich möchte hier in aller Kürze auf die Ansichten einiger anderer Bearbeiter der Frage über die Entstehung der Staatenbildung ein- gehen. Viel verbreitet ist folgende Ansicht, wie sie auch Richard Hertwig in seinem „Lehrbuch der Zoologie“ kundgiebt: „Der Um- stand, dass die Nachkommenschaft besser geschützt ist, wenn zahl- reiche Individuen sich zu gemeinsamem Kampf vereinigen, hat wahr- scheinlich die bei Hummeln, Wespen und Bienen zu verschieden- gradiger Vollkommenheit gediehene Staatenbildung veranlasst.“ Das klingt einleuchtend und entspricht einer vermenschlichen- den Betrachtungsweise aber der Gedankengang erscheint mir un- richtig. Treten wir an einen Bienenstock heran, so erfolgt freilich ein gemeinsamer Angriff und wir flüchten. Die Kolonie hat ıhr Heim verteidigt und gerettet. Da kommt dann sehr leicht der eben erwähnte Gedankengang als Schlußfolgerung. Ist denn nun aber wirklich der „gemeinsame Kampf“ „Veranlassung zur Staaten- bildung“ gewesen, resp. hat die durch die gemeinsame stärkere Abwehr besser geschützte Nachkommenschaft“ einen phylogeneti- schen Faktor bei dem Zusammenschluss zum Staate gebildet? Keines- wegs! Erstens einmal sehen wir, wie ein gemeinsamer Kampf auch bei solitär lebenden Bienen entbrennt (S. 17), aber dieser Faktor 1402 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienentaates. hat bis heutigen Tages noch keine Staatenbildung „veranlasst“. Diese Bienen leben nach wie vor einsam. Dieser Instinkt, der bei den solitären Bienen dort in die Erscheinung tritt, wo zahl- reiche Individuen rein zufällig an einer günstigen Niststelle sich versammeln, ist interessant dadurch, dass er uns die Anfänge einer sozialen Zusammengehörigkeit zeigt, aber sein biologischer Wert ist ein sehr geringer und ich kann ihn daher auch nicht als Ver- anlassung der noch weitab liegenden Staatenbildung betrachten. Bedurften die Vorfahren der staatenbildenden Insekten und be- dürfen diese letzteren heutzutage überhaupt der gemeinsamen Ab- wehr zur Existenz oder als eines Faktors der ihnen im Kampfe ums Dasein ein Uebergewicht gab resp. giebt? Durchaus nicht! Wer sind denn die Feinde der Wespen, Bienen und Hummeln, die in phylogenetischer resp. in biologischer Hinsicht als Faktoren von selektiver Bedeutung in Frage kommen ? In der allergrößten Mehrzahl solche, gegen die ein gemeinsamer Angriff gar nicht aus- zuführen ist, weil nicht das Nest resp. das Volk angegriffen wird, sondern das einzelne Tier auf seinem Sammelausflug weitab vom Heim. So fallen Ungezählte den Vögeln, Hornissen, Spinnen u. S. w. zum Opfer, ferner erliegen wohl die allermeisten den elementaren Ereignissen. Der biologische Wert der Staatenbildung liegt also nicht in dem „gemeinsamen Kampfe“* sondern darin, dass, wenn auch zahlreiche Ernährerinnen der Brut zu Grunde gehen, dennoch eine genügende Anzahl übrig bleibt, um für die Brut zu sorgen, Feinde (Schmarotzer) abzuwehren und so die Erhaltung der Art zu sichern. Eine andere ebenfalls nicht so selten vertretene Ansicht über die Entstehung der Staatenbildung geht von dem naheliegenden (sedanken aus, dass mehrere befruchtete Weibchen ursprüng- lich ın einem Nest zusammenarbeiteten, so dass ein Weibchen auch die Brut des anderen versorgte und dass sich aus dieser Ge- selligkeit nach und nach das so reich differenzierte Staatenleben entwickelte. Ich muss gestehen, dass ich mich mit dieser Ansicht nie befreunden konnte, da es entwickelungsgeschichtlich unver- ständlich bleibt, warum schließlich das eine Weibchen die Ober- hand erhält, resp. nur das eine Weibchen sich befruchten läßt und die anderen hierauf verzichten. Verständlich ist es, dass Kolonien mit nur einem eierlegenden Weibchen den Sieg im Kampfe ums Dasein davon tragen mußten, denn die Kinder mehrerer Mütter konnten verschiedene Qualitäten besitzen und den Fortbestand der Kolonie dadurch in Frage stellen, während ein Weibchen entweder gleich gute oder gleich schlechte Nachkommen produzierte und hierdurch eine glatte Auslese bewirkt wurde, die schlechten gingen zu Grunde, die gleichmäßig guten aber trugen den Sieg davon, gegenüber gemischt guten wie sie in Kolonien mit mehreren befruchteten ERLITTEN FE a v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates 103 Weibchen entstehen mußten. Unverständlich aber ist mir, wie gesagt, wie aus dieser Vielweiberei, wenn ich so sagen darf, durch natürliche, einleuchtende Auslesebedingungen eine einzige Königin im Staate hervorgehen konnte. Ich glaube, dass wir ie Veran- lassung zur Staatenbildung wahrscheinlich in jenem eigentümlichen anscheinend das ganze Insektenreich beherrschendem Gesetz zu erblicken haben, welches bewirkt, dass wenn unbefruchtete Weib- chen in die Eiablage eintreten, ihre Neigung zur Kopulation für immer schwindet. Traten nun besondere Umstände zusammen, wie ich sie näher zu schildern versuchte (s. S. 27), so war auf einfachste Art die Koloniebildung bewirkt. Es giebt nun gewisse Befunde, die thatsächlich beweisen, dass Kolonieen von mehreren befruchteten Weibchen gegründet werden können. So berichtet Siebold [162] von Polistes yallica var. dia- dema: „Ein von zwei Königinnen vorgenommener gemeinschaft- licher Nestbau ist eine höchst seltene Erscheinung, die mir inner- halb vier Jahren unter vielen 100 von mir beobachteten Polistes- Kolonien nur zweimal vorgekommen ist“. Nach Paul Marchal [115] muss dieser Vorgang sich viel häufiger ereignen (p. 21) und es scheinen sogar 3 oder selbst 4 Königinnen an einem Nestbau teilzunehmen. Dieses harmoniert — nach Marchal — mit der von ihm gefundenen gemeinsamen Ueberwinterung von 19 Polistes- weibcehen in einem Winterversteck, eine Beobachtung, die auch von Janet bestätigt wird. Marchal glaubt, es sei sehr wahr- scheinlich, dass die Polistes welche einen Nestbau gemeinsam gründen, auch den Winter gemeinsam in demselben Versteck ver- bracht haben werden“. Dieses ist sehr wohl möglich, da ein ge- meinsamer „Nestgeruch“ [vgl. 16] entstanden sein könnte, aber Marchal nimmt dann weiter an, dass „dans certains cas, l’hiber- nation en commun, dans une m&öme demeure* bewirkt haben dürfte: „peut etre l’origine de la fondation immediate d’une societe chez les Polistes“. Ich kann, wie gesagt, diese Annahme nicht accep- tieren. Die Sache wäre plausibler, wenn es sich erweisen würde, dass unter solchen Umständen nur eine Königin bei der Eiablage bliebe und die anderen sich als Arbeiterinnen gerierten. Das ist aber nicht der Fall, man wüsste auch nicht warum, da ja alle be- fruchtet sind. Der Beweis, dass mehrere Königinnen in einem Volke auch ihre Königinnenfunktionen in der That gleichmäßig erfüllen, findet sich meines Erachtens in folgender, höchst merkwürdigen, den näheren Umständen nach wenig bekannten Beobachtung von Kristof [99]. Kristof fand Ende August 1876 „am Rosenberge* (wahrschemlich bei Graz) ein Nest der Vespa germanica von außer- gewöhnlicher Größe. Samt dem mehrschichtigen grauen Mantel hatte es eine Länge von 50 cm und eine Breite von 28 cm, Es 104 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. zählte 13 Stockwerke oder Waben, die zusammen eine Höhe von 26 cm hatten. Die Zahl der Zellen in der untersten und größten Wabe betrug etwa35000, die lebende Gesamtbevölkerung 80—100 000 Tiere. Ungefähr 500 große Weibchen waren vorhanden. „Unter diesen großen Weibchen fand ich etwa fünf befruchtete Tiere, die sich durch ein stark glänzendes und die Flügel beträchtlich über- ragendes Abdomen von den übrigen deutlich abhoben“. Diese ganz abnorm zahlreiche Bewohnerschaft ıst nur durch die gemeinsame Eiablage so vieler Weibchen erklärlich. Marchal entnimmt aus diesem Befunde die Angabe, obgleich er selbst bei Vespa germanica die Anzahl der Zellen nur auf un- gefähr 8000 angiebt, dass bei dieser Wespenart die Bevölkerung bis auf 80100000 steigen könne, er erwähnt aber nicht, dass wir es hier mit der Thätigkeit vieler Königinnen, also mit einem ganz anormalen Fall zu thun haben. Wahrscheinlich auf Grund der Marchal’schen Angabe trifft man jetzt hin und wieder die Notiz, dass Wespenvölker bis zu 100000 Individuen aufweisen können, was ohne Kommentar natürlich eine durchaus unrichtige Vorstellung erweckt. Die normale Anzahl der Stockinsassen bei Vespa germanica dürfte nach Peckham [132] annähernd 3—5000 be- tragen, nach Marchal [111] 10000 überschreiten, während Reaumur bis 30000 schätzt. Die Peckham’sche, auf genauer Zählung beruhende Angabe dürfte auch wohl für Deutschland die zu- treffende sein. Auch bei den Termiten finden sich in einem sonst normalen Volke hin und wieder zwei Königspaare [vgl. 75a, 165]. Alle diese Vorkommnisse sind sekundäre Erscheinungen, die erst auf dem festen Boden des gesicherten Staatenlebens entstanden sind, aber die, so glaube ich, nichts für die phylogenetische Ent- stehung beweisen. Zusatz 8. (Zu S. 31.) Die seltsamen Farbenveränderungen der Hymenopteren auf Korsika (wie auch in Deutschland). Biologisches über korsische Hummeln. Abwesenheit der alpinen Hymen- opterenfauna auf Korsika und ihre Ursache. Voreiszeitliche korsische Arten. Instinktsveränderungen. Die Hymenopterenfauna Korsikas ist eine eigentümliche und hat schon seit längerem das Interesse der Entomologen und Zoo- logen erregt. Vgl. H. E. Ziegler [198]. Nun besitzen wir einige vortreffliche Angaben hierüber von einem Korsen, dem ausgezeich- neten, stets nach großen Gesichtspunkten arbeitenden Hymen- opterenforscher Ch. Ferton, die aber der Aufmerksamkeit bei uns v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 105 mehr oder weniger entgangen sind. Ich beschränke mich hier auf einige Auszüge, nur das auf die Hummeln bezügliche gebe ich in vollständiger Uebersetzung. Abwesenheit der alpinen Hymenopterenfauna. „Die Osmia corsica Ferton [48] und eine Varietät der Osmia lineola Perez'sind bis jetzt die einzigen Osmien, die sich nur auf Korsika finden. Alle die anderen Formen dieser Gattung, welche auf der Insel gefangen wurden, kommen auch auf einen der benachbarten Kontinente (Frankreich oder Italien) vor. Es ist bemerkenswert, dass unter diesen letzteren keine der alpinen Spezies vorhanden sind, wie wir sie in den Alpen und in den Pyrenäen antreffen. Der größte Teil Korsikas ist indessen mit hohen Granit-Bergen bedeckt, deren Klima ihnen ebensogut behagen sollte. Ich habe vergebens die Umgegend von Evisa, Vivario und von Vizzavona nach diesen alpinen Osmien durchforscht, die also wahrscheinlich auf Korsika fehlen. Dasselbe gilt von den Hummeln und anderen Bienen, die speziell den Alpen und Pyrenäen zukommen. Unter den südwest- lichen alpinen Bienen, welche J. Perez [136] als „alpıns absolu- ment“ aufzählt, habe ich nur eine Art, die Dufourea halictula Nyl. im Walde bei Aitone gefangen. Aber diese Biene ist nicht aus- schließlich bergbewohnend, sie ist häufig bei Bonifacio, und sogar am Ufer des Golfes von S® Manza, wo sie die Scabiosa suave- olens befliegt.“ „In demselben ‚Catalogue des melliferes du Sud-Ouest‘ be- zeichnet P&erez gewisse Bienen als „alpins relativement“ (nicht ausgesprochen bergbewohnend). Von diesen Arten kommen zwei auf Korsika vor: Osmia vidua Gerst. und lot Moraw. aber sie wurden in der 100 m nicht überschreitenden Umgebung von Boni- facio gefangen.“ „Die Abwesenheit der alpinen Fauna auf Korsika lässt ver- muten, dass das korso-sardinische Massiv sich vor der Eiszeit ent- gültig vom Kontinent losgetrennt hat, während welcher Zeit die alpinen Insekten die tiefer liegenden Länder überschreiten konnten, welche sich zwischen den Alpen und den Pyrenäen erstrecken.“ Ferton will hiermit augenscheinlich sagen, dass die zuneh- mende Vergletscherung die bergbewohnenden Insekten allmählich in die tiefer liegenden Gefilde zwischen Alpen und Pyrenäen hinab- gedrängt hat. Wäre nun zur Eiszeit noch eine Verbindung zwischen Korsika und dem Festlande gewesen, so würden, als sich gegen das Ende der Eiszeit die alpinen Insekten wieder allmählich auf den Höhen ansiedelten, auch die korsischen Berge in gleicher Weise wie die Alpen und Pyrenäen besiedelt worden sein. Wie ausgeführt, finden wir aber diese alpinen Spezies nicht auf Korsika, demgemäß muss diese Insel damals keinen Zusammenhang mehr mit dem Kontinent gehabt haben. 406 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Zu gleichen Schlüssen kommt Kobelt [98] nach Engler auf Grund der korsischen Flora. Engler schließt aus dem allgemeinen Charakter der Flora, dass die Insel früher mit dem Festlande ver- bunden gewesen, sich aber schon vor der Tertiärzeit getrennt habe. Weitere Beweise für diese Annahme ergeben sich nach Ferton und Depeöret aus paläontologischen Funden, die eine definitive Trennung nach dem Pliocän und vor der Eiszeit beweisen. Voreiszeitliche Hymenopterenformen auf Korsika und Sardinien. „In Korsika leben Hymenopteren, welche man eben- falls in Nordafrika findet und welche man bis jetzt weder in der Provence noch im Toskanischen entdeckt hat, z. B. Osmia ferruginea Lepel, Andrena antilope Perez, Priocnemis Vachali Ferton und Miscophus bonifaciensis Ferton.“ Ferton weist nun überzeugend nach, dass dieses Vorkommen nicht auf eine frühere Verbindung mit Nord-Afrika hindeutet, sondern als ein Rest der früheren meridionalen Fauna betrachtet werden muss, welche sich vor der Eiszeit auf der nördlichen Seite des mittelländischen Meeres aus- gebreitet hat. „Die Kälte der Eiszeit muss heftiger in der Pro- venze und in Nord-Italien (Toskana) gewesen sein als auf den mehr südlich gelegenen Inseln und sie zerstörte dort die Arten, welche auf den beiden Inseln (Korsika und Sardinien) erhalten blieben.“ Ueber die seltsamen Farbenabänderungen verschie- dener Hymenopteren auf Korsika teilt Ferton [47] folgendes mit. „Die seit langer Zeit erfolgte Isolierung korsischer Insekten hat bei mehreren Arten ein Variieren der Körper- und Haarfarbe bewirkt. Fünf Hummelarten (Bombus) und eine Schmarötzer- hummel (Psithyrus), welche auf der Insel gefangen waren, wurden von Perez als Varietäten von Festlandsarten erkannt, obgleich ihr Haarkleid eine verschiedene Färbung aufwies. Anthidium lituratum Latr. und Stixus tridens Fabr. haben die gelbe Farbe ihrer Körper in Weiss verwandelt, Ammophila hirsuta Scop. ıst vollkommen schwarz geworden, während Planiceps fulwiventris Costa = helvetieus Tourn. und Miscophus gallieus Kohl = rubriventris Ferton der ent- gegengesetzten Umwandlung unterlagen, ihre Abdomen wurden voll- kommen rot. Einige sonst schwarze Bienen Colletes suceinetus L., Andrena nigroaenea K., Andrena afzeliella K. erwarben eine fast rötliche Kleidung.“ „Trotzdem finde ich nach sechsjähriger Beobachtung mit Sicher- heit keinerlei verschiedene Instinkte zwischen den korsikanischen Hymenopteren und denen des Festlandes, selbst nicht bei den Osmien, deren Nestbau so kompliziert ist.“ Einer hochinteressanten Farbenkonvergenz möchte ich gleich hier Erwähnung thun, da Ferton sie nicht berührt. Die auf Kor- sika vorkommende Schmarotzerhummel (Psithyrus Perexi Schulth.) mit rötlich em Hinterleib ist nichts weiteres als eine Farbenvarietät v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 107 der bekannten festländischen Art Psöthyrus vestalis Foure. mit weisslicher Hinterleibsbehaarung, welche bei der gewöhnlichen festländischen Erdhummel (Bombus terrestris L.) schmarotzt, die gleichfalls weisse Behaarung auf der Endhälfte des Abdomens auf- weist. Ueberraschend war daher die Entdeckung, dass der Wirt des rotleibigen Psithyrus Perexi, nämlich der korsische Bombus zanthopus Kriechb. ebenfalls rotleibig ist und die Ueberraschung wurde nicht geringer als sich herausstellte, dass Bombus zanthopus nichts anderes sei als ein abweichend gefärbter Bombus terrestris. Wir haben also auf dem Festlande, kurz gesagt, den weisslichen terrestris mit seinem weisslichen vestalis Schmarotzer und auf Kor- sika den rötlichen Zerrestris mit seinem rötlichen vestalis Schmarotzer. Der Parasit hat die gleiche Farbenveränderung auf Korsika durch- gemacht, wie sein Wirt. Jedenfalls eine höchst beachtenswerte Erscheinung. Dass er auch seine Lebensweise der sehr veränderten des korsikanischen Wirtes anpasste, werden wir gleich sehen. Können Hummelkolonien in südlichen Gegenden perennierend werden? Auf S.31 wurde die Vermutung ausge- sprochen, dass die Hummeln in südlichen Gegenden vielleicht ın anderer Weise überwintern als bei uns. In einer der Ferton- schen Schriften [47] finde ich folgenden kürzlich erschienenen in- teressanten Bericht über diese Frage. „Die im Herbst befruchteten Königinnen der Hummeln und Schmarotzerhummeln verbringen in dem kontinentalen Frankreich den Winter erstarrt in einem Versteck und erwachen im folgenden Frühling zu neuem Leben. Bei Bonifacıo hat der Dombus zanthopus Kriechb. eine andere Lebensweise; er fliegt beinahe das ganze Jahr (presque toute l’annde), aber je nach der Jahreszeit in ver- schieden starker Zahl. Im Sommer herrscht in dieser Gegend eine extreme Trockenheit; von Juni bis Ende September regnet es nur ausnahmsweise, und dann sind es nur kurze Schauer, ungenügend für die Bedürfnisse der Vegetation. Die große Hitze der Monate Juli, August und September lässt wenig Blumen aufkommen und demgemäß sind die Hymenopteren und Bombus xanthopus selten ; man sieht im August nur noch wenige Männchen und ausnahms- weise eine Königin. Im September ist diese Hummel ganz ver- schwunden, die Männchen sind tot und die Königinnen schlafen, auf die kommende Blütezeit wartend.* „Die ersten Regen fallen Ende September und Anfang Oktober und alsobald erscheinen die jungen Weibchen (Königinnen) von Bombus xzanthopus und durchschwirren die Luft in schnellem Fluge; im Oktober sind sie zahlreich und untersuchen die Gebüsche und Steinhaufen nach geeigneten Nistplätzen. In der ersten Hälfte des Novembers beginnen sie im allgemeinen auf Rosmarin und dem Erdbeerbaum (Arbousier), welche seit Ende Oktober in Blüte stehen, 108 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Nektar und Pollen zu sammeln. Schließlich erscheinen die Arbeiter im Dezember und die Männchen im Januar.“ „Das Klıma von Bonifacio zeichnet sich durch seinen schönen Herbst aus, während ım Frühling beinahe ständig ein kalter und heftiger Wind weht. Viel Insektenbrut geht kläglich dadurch zu Grunde, dass die Mütter durch diesen eisigen Nordost erstarren und auch der Bombus zanthopus wird dann selten. Im Jahre 1397 waren die Arbeiter und die Männchen in den letzten Tagen des Januar häufig, im Februar und im März sah ich nur noch eine kleine Anzahl. Es war dasselbe auch im Jahre 1900 und gleicherweise 1901 dessen Frühling sich als sehr streng erwies.“ „Im April sind dann nur noch wenige Nester überlebend und können bis Ende Juni gedeihen.“ „Der Psöthyrus Perezi Schulth., welcher bei Bombus xanthopus schmarotzt, hat seine Gewohnheiten denen seines Wirtes anzupassen gewusst. Er verlässt in der That seinen Sommerversteck (cachette d’ete) ungefähr um dieselbe Zeit wie dieser; ich fing ihn bei Boni- facio vom 13. bis 27. Dezember (bei Sartöne am 17. Oktober). Am 2. Februar 1896 flogen seine Männchen ım Thal von Canallı ge- meinsam mit denen von B. zanthopus.“ „Die Hummelarten Bombus corsicus Schulth. und muscorum var. nigripes P6rez bewohnen gleicherweise die Gegend bei Boni- facıo, aber sie zeigen sich nur im Frühjahr thätig. Im Sommer verschwinden sie beinahe völlig, wie der zanthopus, es scheint aber, wenigstens beim nigripes, dass sich die Kolonien in allen Fällen nicht auflösen, denn, am 1. November, fing ich einen Arbeiter dieser letzteren Art mit gefüllten Körbehen“ (also mit Blütenstaub im Sammelapparat an den Hinterbeinen. Das Eintragen solcher „Höschen“ weist mit großer Sicherheit darauf hin, dass junge Brut ım Nest ist). „Diese beiden Hummeln, vor allem der nigripes, sind in der kalkreichen Gegend von Bonifacio viel seltener als der zanthopus; auf den korsischen Bergen dagegen, bei Vivario, ın einer Höhe von ca. 800 m, scheinen mir die drei Arten gleichmäßig stark ver- treten zu sein.“ „Nach einer Mitteilung von Perez ist B. xanthopus nichts als eine Varietät von Zerrestris. In der That sieht man nicht selten Exemplare mit der gelben Hinterleibsbinde der typischen terrestris- Form und ich habe bei Bonifacio ein Männchen und eine Königin gesehen, welche hinsichtlich der Farbe des Hinterleibes sich in nichts von dem Bombus terrestris unterschieden.“ Die Frage: können Hummelkolonien in günstigen Gegen- den perennierend werden, ist auch durch vorstehende Aus- führungen nicht gelöst, aber die Wahrscheinlichkeit ist nach dem i | | u ie ee 0 REN in a Zn u ae ER ES ‘v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 109 Ferton’schen Bericht in verstärktem Maaße vorhanden, dass unter Umständen eine Auflösung der Völker nicht eintritt. Ob nun die alte Königin oder eine junge in demselben Neste die Eiablage fortsetzt, kann erst durch spätere Beobachtungen klargelegt werden. Wir sehen in Korsika mit Sicherheit schon die in Deutschland halbjährige Dauer des völlig solitären Lebens der Königin auf eine sehr viel kürzere Zeit beschränkt. Es ist nicht nur die auf ein Jahr be- messene Lebensweise der Hummeln oder die Winterkälte, welche in Korsika das Eingehen der Völker regelmäßig bewirkt, sondern nur der Nahrungsmangel im Hochsommer. So ist es dort der heiße Monat September, der dieselben Erscheinungen hervorruft (sogen. Winterschlaf, Auflösen der Völker), wie bei uns die kalten Winter- monate. Angenommen, es träte eine Veränderung des Klimas auf Korsika ein und genügende Regen würden in den Sommermonaten eine reiche Vegetation erzeugen, so wird es kaum zu bezweifeln sein, dass die Hummelvölker vortrefflich weiter — also durch das ganze Jahr hindurch — gedeihen würden. Es sind also äußerliche Ursachen, welche anscheinend den Uebergang von einjährigen zu perennierenden Staaten bewirken können. Diese Betrachtung ist phylogenetisch wichtig, da sie uns den Weg der Fortschreitens enthüllt, ohne dass wır nötig haben, unbekannte Kräfte heranzuziehen. Völlig rätselhaft ist aber das Verändern der Farben, das sich bekanntlich in allen Ländern zeigt. Hin und wieder glaubt man gewisse Gesetzmäßigkeiten in diesem Variieren zu entdecken, doch ist es bis jetzt nicht geglückt, irgend welche sicheren Gründe als Ursache festzulegen. Nehmen wir an, dass klimatische Ursachen z. B. in Korsika ein rotwerden der weißlichen Behaarung bewirkt wie bei den vorhin erwähnten Beispielen, zu denen sich Bombus eorsieus gesellt, da auch diese Hummel nur ein Bombus hortorum mit rotgewordenen Analsegmenten ist, so ist es wieder unerklär- lich, dass das rötliche Gelb von Anthidium lituratum ebendort weiß wird oder das Rötliche der Ammophila hirsuta sich ins Schwarze kehrt und die schwärzlichen Colletes und Andrenen wiederum röt- lich werden u. s. w. Sieht man das Haarkleid dieser Hymenopteren zugleich als nützliche Anpassung an, hervorgegangen durch Selek- tionsprozesse im Kampfe ums Dasein oder als Korrelation infolge veränderter Ernährung, so ist es seltsam und unerklärlich, wie sich durch die vielen Jahrtausende, die Korsika vom Festlande getrennt ist, z. B. der ursprüngliche Typus des Bombus terrestris neben der rötlichen Variation vollkommen rein erhalten konnte. Wir finden thatsächlich auch heute noch alle Uebergänge von der terrestris- Form zum Bombus xanthopus auf Korsika vor. Farbenveränderung der Hummeln in Deutschland. Auch bei uns stoßen wir auf Schritt und Tritt auf ähnliche 110 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Vorgänge. Unsere Gartenhummel Bombus hortorum besitzt drei breite gelbe Bänder auf dem schwärzlich behaarten Körper und ungefähr die Hälfte des Hinterleibes ist weiß. Im Norden Deutsch- lands, besonders in Schleswig-Holstein, verliert diese Hummel aber vielfach die drei gelben @uerstreifen und wird fast gleichmäßig schwarz bis auf das Weiß des Abdomens, das aber auch schon eine mehr graue Färbung annımmt. Es ıst dies die Varietät „nigri- cans.“ Noch mehr ım Norden — in England — sehen wir dann BD. hortorum alles Weiß verlieren und völlig schwarz werden. Welchen Ursachen haben wir diese Veränderung zuzuschreiben ? Wir wissen es nicht! Möglicherweise wirken klimatische Einflüsse ein, aber wie kommt es dann, dass in Schleswig-Holstein nur eine beschränkte Anzahl von hortorum varııert ? Folgender eigentümliche Befund von Oskar Vogt, der mir zur Veröffentlichung gütigst überlassen wurde, zeigt weitere Kom- plikationen bei dieser Frage. Vogt fand in Gravenstein (Holstein) ein Hummelnest von hortorum, das folgende Bewohner aufwies: 1 alte Königin = normal gefärbt, 8 junge Königinnen — var. nigricans, 46 Arbeiterinnen — var. nigricans, 1 Arbeiterin zeigte Uebergangsfärbung, 5 Männchen = normal gefärbt. Diese Insassen sind in der Vogt’schen Sammlung aufbewahrt. Angenommen, der Ehemann sei ein nigricans gewesen, so hätten die Kinder sämtlich Bastarde mit Uebergangsfärbung (also halb Vater halb Mutter) sein müssen, genau wie wir es regelmäßig bei der Honigbiene beobachten, wenn eine gelbe italienische Königin von einer schwarzen deutschen Drohne begattet wird. Das Kreu- zungsprodukt ergiebt stets Bastarde, nur die Drohnen, die ja parthenogenetisch entstehen, weisen den reinen Typus der Mutter auf. So sehen wir auch in diesem Hummelnest die Männchen ge- nau wie die alte Königin gefärbt, da sie gleichfalls aus unbefruch- teten (parthenogenetischen) Eiern entstehen‘). Welche Einflüsse aber haben die typische nigricans-Färbung bei den weiblichen Nach- kommen (Königinnen und Arbeiterinnen) hervorgerufen? Oder wenn wir annehmen, dass der Vater ein typischer nigricans war, was aber völlig unbewiesen ist, wie kommt es, dass die Kinder entgegen allen sonstigen Beobachtungen so ausschließlich — bis auf ein Kind — nach dem Vater schlagen? Lauter Fragen, auf denen uns die Antwort fehlt. Jedenfalls sehen wir in einem 1) Uebrigens der erste bekannte Fall, wo die Parthenogenesis bei den Hum- meln — wenn wir überhaupt Schlüsse aus diesem Fall ziehen dürfen — auch durch die Färbung dargelegt wird. Zi Sn a a ln Dun BE nn nn an rn v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 111 Neste die nigricans-Färbung, entstehen, wo sie normalerweise nicht entstehen müsste. Instinktsveränderung. Nicht recht verständlich erschemt es, dass Ferton, wie vorhin erwähnt, gar keine Instinktsverände- rungen bei den korsischen Hymenopteren bemerkt haben will. Ein Kapitel trägt sogar die Ueberschrift: „Sur le peu de variabilit6 de Yinstinet chez les Hymenopteres.“ Dabei giebt Ferton aber selbst zahlreiche höchst auffällige Instinktsänderungen an; ich kann z. B. die frappanten Umwälzungen in den Lebensgewohnheiten der Hum- meln und des Psithyrus Perexi nur als eine durch äußere Verhält- nisse bewirkte Instinktsveränderung bezeichnen. Wenn eine Hummel statt in einen Winterschlaf in einen Sommerschlaf verfällt und trotz des eisigen Nordostes in den eigentlichen festländischen Winterschlafmonaten in voller Brutthätigkeit anzutreffen ist, so kann ein solches abweichendes Verhalten, nicht nur in der mo- mentanen Nötigung misslicher oder günstiger äußerer Umstände seine Ursache und Erklärung finden. Das wird sofort klar, wenn wir uns vorstellen, wir brächten ein Hummelvolk von Deutschland im Juli oder Anfang August nach Korsika. Wie würden sich diese Hummeln dort benehmen? Nun, ich glaube, dass jeder Hummel- forscher mir beipflichten wird, wenn ich meine, dass ein solches Volk bei der im September herrschenden großen Hitze, die bei uns ein jedes Hummelvolk zu höchster Lebensthätigkeit treibt, sicherlich trotz mangelnder Vegetation nicht in einen Schlaf ver- fällt wie die korsischen Bombi, sondern in fruchtlosen Sammelaus- flügen sich erschöpfen und zu Grunde arbeiten wird. Die veränderte Lebensweise der korsischen Hummeln ist daher nur als eine Folge langer Selektionsprozesse und demgemäß um- gestalteter Instinkte aufzufassen. Zusatz). (Zu S. 32.) Ueber Wachserzeugung bei den solitären Bienen. In stammesgeschichtlicher Hinsicht wäre es von besonderem Interesse, wenn wir die bei den sozialen Bienen zu konstatierende Fähigkeit der Wachserzeugung zurückverfolgen könnten zu ihren Anfängen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass schon vor der Staatenbildung, die an ad für sich nichts mit der Wachserzeugung zu schaffen hat (s. S. 32), die Anfänge, die Vorstufen bei den soli- tären Apiden gegeben gewesen sind. Finden wir aber diese Ueber- gänge noch bei den heutigen Vertretern? Ich glaube wohl, dass sich einiges dafür Sprechende anführen ließe. Es ıst dieses Feld aber noch wenig beackert worden und die Angaben sind daher 192 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. nur spärlich. Hoffentlich wird diese Frage in Zukunft größerem Interesse begegnen, so dass die Beobachtungen hierüber sich mehren werden. In der Litteratur finde ich nur eine kurze Notiz von Fritz Müller [120]. „Ich erwähnte schon“, so schreibt Müller an Darwin, „dass unsere stachellosen Honigbienen (Meliponen und Trigonen) das Wachs auf dem Rücken des Hinterleibes ausschwitzen; nun dieses ist auch der Fall bei einigen unserer solitären Bienen, z. B. bei Anthophora fulvifrons Gm. und bei einigen Arten, welche dieser Gattung nahe verwandt sind. Diese solitären Bienen brauchen das Wachs wahrscheinlich nur um das Baumaterial, mit welchem sie ihre Nester bauen, zu verkitten“. Prof. v. Dalla Torre hatte die Freundlichkeit, mir mit- zuteilen, dass Schenk bereits in den 50 Jahren konstatiert habe, „dass Antophora in den Sammlungen — also beim Zutrocknen — Wachs ausschwitzt“. Es sollen sich (besonders an der Hinterleibs- spitze) ganz weiß gepuderte Exemplare vorfinden. Eine Durch- sicht meiner Sammlung ergab aber ein negatives Resultat und auch die sehr große Friese’sche Sammlung bot nichts dergleichen. Bei wenigen Exemplaren zeigte sich ein weißlicher Ueberzug, der aber als Pilzbildung anzusprechen war. Ich stand daher diesem Befunde etwas skeptisch gegenüber, obgleich auch v. Dalla Torre schrieb, mehrere solcher weiß gepuderter Exemplare zu besitzen. Es erschien mir auch zu gewagt, eine etwaige Fett- (oder wachs- artige) Ausscheidung am toten Tier, die am ehesten auf eine eigen- artige Zersetzung des Fettkörpers hindeutete, in dieser Weise zu verwerten; sehen wır doch auch niemals bei notorischen Wachs- schwitzern (wie bei den Anthophorae so nahe verwandten Hummeln oder wie bei den Apis-Arten) nach dem Tode noch eine Wachs- ausscheidung. Es kam hinzu, dass ich noch niemals bei einer lebenden Anthophora eine derartige Ausscheidung gesehen. Nun aber erhielt ich von Dr. Oscar Vogt einige im Jahre 1898 auf Malta gefangene Tetralonia ruficollis. Die Männchen zeigten nichts besonderes, wohl aber die Weibchen. Auf den mittleren vier Dorsalsegmenten sieht man Polster einer anscheinend Fett- (Stearin) oder wachsartigen Masse sich je unter den vorhergehen- den Segmenten hervorschieben. Diese Erscheinung hängt offenbar nicht mit dem „Zutrocknen“ zusammen, sondern zeigt den fixierten Lebens- zustand. Die Exemplare sind im April — also in der Hauptbauzeit — gefangen. Die chemische Untersuchung der „Polster“ steht noch aus. Das eventuelle Resultat wird — wenn möglich — angefügt werden. Diesen Befund können wir mit großer Sicherheit als eine thatsächliche Ausscheidung fettartiger Substanz von biologischem Werte ansehen. Leider ist über die Nestanlage dieser Langhorn- biene (Gattung Zucera) noch nichts bekannt. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 113 ‚Auch folgende Angabe dürfte zeigen, dass wohl zweifellos bei den Solitären auch heute noch ein wachsähnlicher Stoff aus- geschieden wird, denn ob wir es mit wirklichem Wachs zu thun haben, erscheint mir sehr zweifelhaft. Dr. v. Ihering teilt mir von „neuen Nestern solitärer Bienen“ mit, die in Säo Paulo (Brasilien) beobachtet wurden, „darunter ist eines, welches aus isolierten Thönzellen besteht, die innen mit Wachs gefüttert sind“. Möglicherweise haben wir auch in den relativ recht mächtigen Drüsen der Sandbienen (Andrena-Arten), welche auf der Unterseite des Abdomens in der Nähe des Stachels münden, Ausläufer der- selben Grundanlage zu erblicken, aus der sich bei anderen Gat- tungen die anders gestalteten Ausscheidungsorgane entwickelten. Die Andrenen benutzen das Sekret dieser Drüsen wahrscheinlich zum Verkitten resp. Verschmieren der Zellwände. Man findet diese Drüsen am leichtesten während der Brutzeit als paarige das Abdomen der Länge nach durchziehende Schläuche. Chemische Untersuchung der dorsalen Sekretionen bei Tetralonia ruficollis. Herrn Professor Thierfelder ver- danke ich das folgende Untersuchungsresultat: „Die abgekratzte weiße Masse löst sich zum größten Teil in kaltem Aether. Der beim Verdunsten des Aethers verbleibende Rückstand, welcher eine schmierige Masse darstellt, enthält Fett, denn er giebt beim Erhitzen mit Kaliumbisulfat Geruch nach Akrolein. Ob daneben noch Wachs vorhanden ist, ließ sich der kleinen Menge des Aus- gangsmaterials wegen nicht entscheiden.“ Zusatz 10. (Zu S. 38.) Der Instinkt und die Bewusstseinsfrage. Ich möchte nachträglich noch einiges über das instinktive Vermögen ım allgemeinen bemerken, da die auf Seite 2 gebrauchte Fassung betreffs der Instinktsmodifikationen „die vollkommen ohne jede Bewusstseinsqualitäten verlaufen können“, zu irrtümlicher Auf- fassung Veranlassung geben könnte. Da verschiedene Philosophen und Psychologen in die Frage vom Instinkt auch die Bewusstseinsfrage hineingetragen haben, sollte mit obiger Fassung ledigliäh ausgedrückt werden, dass die Auffassung der Instinktsmodifikationen oder wie ich es an anderer Stelle bezeichne, des plastischen Vermögens nicht an die Frage nach den Bewußtseinsqualitäten gebunden werden darf. Aus diesem Grunde lehne ich auch auf der folgenden Seite 3 Instinktsdefini- tionen bei denen Bewusstseinsprozesse zur Erklärung herangezogen werden als für mich nieht annehmbar ab. Ich erlaubte mir, auf 5 414 vw. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. die Arbeit H. E. Zieglers [196] zu verweisen, der mit Recht die Bewusstseinsfrage bei Definitionen dieser Art ganz ausgeschaltet wissen will. Ich beziehe mich auch auf die Forel’sche Arbeit über die psychischen Fähigkeiten der Ameisen [51], dessen gleich- lautenden Ansichten über diesen Punkt ich mich nur anschließen kann. Wir sind freilich berechtigt, aus induktiven Analogieschlüssen heraus eine vermutete Introspektion, also einen Bewusstseinsvorgang bei Tieren anzunehmen und können und müssen sogar im Einklang mit den uns bekannten Erfahrungen in uns eine Analogiebewertung der Nervenprozesse bei Anderen und bei Tieren vornehmen, aber behaupten, dass, — um uns hier auf die Bienen zu beschränken — diese ein Bewußtsein haben oder keines oder dass die instink- tiven Vorgänge bei ihnen ursprünglich aus bewussten Prozessen hervorgegangen sind oder z. B. die Lernprozesse introspizierte Thätigkeit seien, das zu behaupten oder zu beweisen sind wir außer stande, hier kommen wir auf transzendentales Gebiet, in den Bereich ontologischer Probleme, in die Region der Metaphysik dem schrankenlosen Tummelplatz so vieler Gedankenkünstler. Können wir über die Bewusstseinsqualitäten der Nebenmenschen nicht einmal bestimmtes aussagen, da abgesehen von einer nie vorhandenen psychischen Gleichstimmung, dieselben Hirnfunktionen bewusst und scheinbar unbewußt verlaufen können, wieviel weniger sind wir im stande, über die Bewusstseinsqualitäten, über die Art des subjek- tiven Empfindens niederer Tiere ein positives Urteil abzugeben. Es ist daher, wie erwähnt, am richtigsten die Bewusstseinsfrage bei der Beurteilung der plastischen Nervenprozesse im niederen Tier (wie überhaupt bei Tieren) ganz auszuscheiden. Die Thätig- keiten dieser Nervenprozesse, die physiologischen Ursachen der vermuteten Bewusstseinsinhalte resp. die Resultate, die Äußerungen lassen sich dagegen objektiv feststellen [vgl. 16 p- 75] und durch Analogieschluss auch psychologisch vermutungsweise rubrizieren. ie absoluten Gegensatz zwischen est: und bewußt dürfte es ebensowenig geben wie einen absoluten Unterschied zwischen Kälte und Wärme. Wärme ist nur geringere Kälte und umgekehrt. Es giebt nur graduelle Unterschiede und ebenso zwischen Bewusstem und Unbewusstem; es ist daher auch zwecklos, darüber zu spekulieren, wo etwa in der Tierreihe das Bewusstsein angefangen habe. Für die psychologische Skala haben wir noch keinen fiktiven Nullpunkt gefunden resp. festgelegt und werden es nie, da, wie Forel[54a| nachgewiesen hat, im Wachzustand (Ober- bewusstsein) ‚scheinbar unbewusste automatische Hirnthätigkeiten sich vielfach in anderen Hirnzuständen, z. B. in der Hypnose, mit dem Inhalt des Wachbewusstseins (der plastischen Hirnthätigkeiten) assoziieren und subjektiv den Charakter eines erinnerten Dämmer- v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 415 bewusstseins (Unterbewusstsein) tragen. So kann auch scheinbar Unbe- wusstes resp. Unterbewusstes nachträglich in das Bewusstsein (Ober- bewusstsein) eintreten. Eine Thatsache, die jeder an sich selbst ‚erfahren hat. Und wieviel bewußte Thätigkeiten werden bei uns nachher unterbewußt, automatisch, „instinktiv“, dureh Gewöhnung. Woher sollen wir daher das Recht nehmen, irgend einer Thätig- keit das Prädikat „unbewußt“ zu geben. Immerhin können wir vermutungsweise diese psychologische Skala an Nerventhätigkeitsäußerungen niederer Tiere, sagen wir einer Ameise oder Biene anlegen auf Grund eingehender Kennt- nisse der Biologie dieser Tiere und induktiver Analogieschlüsse, d. h. wir können aus der Höhe der beobachteten plastischen Vor- gänge die vermutete introspektive Skala mehr oder minder ab- lesen. Hierbei ergiebt sich mir für die Apis mellifica, dass die Erscheinungsformen ihrer Hirnthätigkeiten im allgemeinen auf einen recht niedrigen Stand plastischer Fähigkeit hinweisen; wenn- gleich wir ein ganz vortreffliches Ortsgedächtnis, — also ein Auf- speichern von Erinnerungsbildern —, konstatieren können, ferner zahlreiche andere auf plastischen Prozessen beruhende Vorgänge aller Art [vgl. 16], die z. B. auch der Ansicht Soury’s (Vie psy- chique des fourmis et des abeilles. L’intermediaire des Biologistes I (Nr. 14 u. 15) 1898) widersprechen, welcher der Ansicht ist, dass die Reflexe infolge des hohen phylogenetischen Alters der Insekten so gleichsam in ihrer Form erstarrt sind, dass sie im Leben des Individuums nicht mehr modifizierbar sind. Zusatz 11, (Zu S. 39). Ueber die Temperatur der Insekten. Bachmetjew [3a] hat über die Eigenwärme der Insekten interessante Angaben gemacht. Ich beschränke mich auf einige Auszüge in Bezug auf die uns hier beschäftigenden Bienen und Hummeln. Schon Reaumur untersuchte die Temperatur in einem Bienenstock, er fand in demselben im Monat Mai — 31° R. Im Januar konstatierte er + 10° bei einer äußeren Kälte von —2°. Dieser sehr hohe Befund von +31’ R. (39° C.), ist soviel ich weiß, der höchste überhaupt gemessene. Wahrscheinlich hat hier die Sonnen- ‚wärme eine Rolle dabei gespielt. Die innere Körpertemperatur der Insekten wurde zuerst von J. Davay (Observations sur la temperature de l’homme et des animaux des divers genres. Ann. de phys. et chim. 2° serie. T. 33 p. 180—197, 1826) untersucht. Leider hat er Bienen nicht als Versuchsobjekte gehabt. Von der Wespe notiert er Luft 23,9, g# 116 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Insekt 24,4 und nochmals Luft 24,3, Insekt 25,0. Die Temperatur des Insektes ist also stets um ein Geringes wärmer als die um- gebende Luft. Die Davay’schen Untersuchungen wie auch die späteren Newport'schen erscheinen aber nicht ganz einwandfrei, da Quecksilber-Thermometer benutzt wurden. Erst mit dem thermo- elektrischen Verfahren werden zuverlässigere Resultate erzielt. So fand Dutrochet bei Hummeln (Bombus terrestris und hortorum), ferner bei der großen solitären Holzbiene (Xylocopa violacea), dass die Eigenwärme des Insektes die umgebende Lufttemperatur nur um 1/,°C. übertraf. „Außerdem wurden Versuche mit Bombus hortorum angestellt, wobei die thermoelektrische Nadel nicht in den Körper hineingesteckt, sondern nur an den Leib angedrückt wurde. Das Insekt wurde in durchsichtigen Gazestoff eingewickelt und befand sich dabei ın großer Aufregung. Die Temperatur des Insektes gegenüber derjenigen der umgebenden Luft war unter diesen Umständen um t/,°C. höher. Als dasselbe sich beruhigte, war seine Temperatur 0,03° unter der Lufttemperatur.“ Bach- metjew schließt aus diesen und den anderen Dutrochet’schen Versuchen, dass „die Temperatur der Insekten ım Ruhezustande fast immer derjenigen der umgebenden Luft gleich sei“. Girard fand, „dass bei Erdbienen und Xylocopen die Wärme- entwicklung des eigenen Körpers nach außen in direktem Verhält- nisse zu dem Summen steht. Wenn kein Summen vorhanden ist, sinkt die Körpertemperatur“. Brütende d.h. regungslos den Kokons sıch andrückende Hummeln summen nicht, so weit meine Beobachtungen gehen. Vielleicht darf man auch daraus schließen, dass es sich hier thatsächlich nicht um ein „Bebrüten“ handelt. Im Einklang mit der Girard’schen Beobachtung steht aber eine alte Erfahrung aus der Biologie der Honigbiene: Völker in dünnwandigen Wohnungen „brausen“ sehr stark bei scharfem Frost unter schwirrender Flügelbewegung. Nach Bachmetjew hat Prof. Ziesielski (Bienenzucht gegründet auf Wis- senschaft und langjähriges Praktikum, Kasan 1895. Russisch) gefunden, „dass die Temperatur im Winter in einem Bienenhaufen in ruhigem Zustande zwischen + 8 und + 9,6° R. schwankt. In kalten dünn- wandigen Bienenstöcken erhöht die äußere Kälte die Temperatur der Bienen zuweilen bis zu 24° R.“ Diese Temperaturerhöhung ist aber stets an das erwähnte „Brausen“ gebunden. Ziesielski scheint hierüber nichts zu sagen, da Bachmetjew dieses interessante Faktum nicht erwähnt. Mit Sicherheit wurde aber von Bach- metjew an einem Schmetterling nachgewiesen, dass Flügelbe- wegungen die Temperatur steigern. Zusammenfassend kommt Bachmetjew am Schlusse seiner Arbeit zu folgendem Resultat. „Die Temperatur der Insekten wechselt ın sehr weiten Grenzen, ohne scheinbar böse Folgen für Dean v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 1 17, ihr Leben nach sich zu ziehen, und ist bei in Ruhe sich befindenden Insekten der Temperatur der umgebenden Luft gleich. Bei der Bewegung der Insekten steigt die Temperatur ihres Körpers.“ Die weiteren sehr interessanten Schlußfolgerungen berühren nicht die vorliegende Frage und muss ich sie daher übergehen. Ich glaube, dass auch vorstehende Beobachtungen dafür sprechen, dass wir das Belagern der Brutzellen bei den Bienen resp. Hummeln vorläufig nur so deuten können, wie ich es im Text auszuführen versuchte. Zusataz 12. (Zu S. 49.) Zur Entstehung der Arbeiterkaste, Geschlechtsbestimmende Ursachen. Wir begegnen in der Litteratur den verschiedenartigsten Ver- suchen das rätselhafte Vorkommen steriler Arbeiterkasten einer stammesgeschichtlichen Lösung entgegenzuführen. Die meisten dieser Versuche basieren auf der, wie ich meine, unrichtigen Voraus- setzung, dass sich die Entstehung der sterilen Kasten bei Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten in gleicher Weise erklären lassen. Die Vererbungserscheinungen bei diesen Insekten sind aber, so glaube ich, getrennt zu behandeln, da wir z. B. bei Bienen und Ameisen oder Termiten ganz andere phylogenetische also völlig andere Entwickelungsverhältnisse vor uns haben dürften. Versuchen wir eine gemeinsame Theorie der eingehenderen Entwickelungsver- hältnisse für alle sozialen Insekten aufzustellen, so wird die Un- möglichkeit alle Erscheinungen auf gleiche Weise zu erklären, den Thatsachen Zwang anthun müssen und die Theorie notwendiger- weise zu einer unbefriedigenden gestalten. Eine sehr interessante und beachtenswerte Behandlung dieser Fragen ist kürzlich durch Silvestri [165] erfolgt. Silvestri ıst vor allem Kenner der Termitenverhältnisse und von dieser Basıs aus, schließt er unter Anlehnung an die Hypothesen von Grassi, Spencer, Weismann, Darwin auch auf die Verhältnisse bei den anderen sozialen Insekten. Ich glaube aber, dass wir hierdurch, wie gesagt, kaum etwas gewinnen werden. Vor allen Dingen ist die Silvestri’- sche Basis noch eine unsichere. Wir wissen z. B. noch nichts über die Befruchtung der Termiten-Eier. Silvestri nimmt für die Termitinen an, dass sogar nicht einmal eine Kopula nach der Körperbeschaffenheit einer echten Königin möglich sei. „Er glaubt vielmehr, dass der König seine Geschlechtsöffnung nur nahe an die der Königin heranbringt und nun sein Sperma nach und nach über die Eier ergießt, welche die Königin ablegt.“ Nun haben wir bei den Termiten Arbeiter und Soldaten, aber solche beiderlei 118 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Geschlechts. Entstehen diese alle aus befruchteten Eiern? Sil- vestri nimmt es an: „Wir haben gesehen, dass die Eier der Ter- miten untereinander alle gleich sind“ (das müsste doch noch erst bewiesen werden) „und dass aus ihnen je nach dem Willen der Arbeiter infolge besonderer Nahrung sich geschlechtsreife Individuen oder Arbeiter oder Soldaten entwickeln können, dass also das Idioplasma eines jeden Eies im stande ist, auf die durch verschiedene Nahrung gegebenen Reize verschieden zu reagieren und gewisse körperliche Eigenschaften. hervor- zubringen, andere zu unterdrücken. Diese Thatsache steht nunmehr für alle sozialen Insekten fest und über diesen Punkt kann wohl Zweifel nicht mehr obwalten“. Diese Thatsache ist aber meines Erachtens in Wirklichkeit in dieser Ausdehnung gar nicht vorhanden; so wird das Idioplasma eines unbefruchteten Bieneneies durch keinerlei Nahrungsreize beeinflusst, wie daraus hervorgeht, dass solche unbefruchtete Eier, die durch physiologische Umstände oder durch Instinktsirrung in Königinnen- oder in Arbeiter- zellen abgelegt wurden, trotz der qualitativ und quantitativ anderen Nahrung stets nur Drohnen hervorbringen [17, 191]. Sollte auf Landois [99a] rekurriert werden, so verweise ich auf die schlagende Widerlegung durch Bessels [5a]. Auch bei den Wespen finden sich nach Marchal [114] ın den Königinnenzellen fast regelmäßig auch unbefruchtete Eier, aus denen aber gleichfalls trotz der vermutlich anderen Nahrung nur Männchen entstehen. Silvestri geht dann über auf die bekannten Erklärungsver- suche von Darwin [23], Weismann [185, 187, 191 u. s. w.], Spencer [169a] und Grassi [75a]. „Grassi geht von der That- sache aus, dass bei den Bienen Arbeiterinnen, deren Larven mit einer besonderen Nahrung (Königinnenfutter) ernährt wurden, im stande sind, parthenogetische Eier abzulegen, aus denen nur Drohnen hervorgehen.“ (Dass diese Grassi’sche Annahme unrichtig ist, soweit das „Königinnenfutter“ in Betracht kommt, glaube ich dar- gelegt zu haben vergl. [16 p. 18]). „Grassi meint, dass man auf diesem Wege auch die Vererbung der Instinkte der Arbeiter ver- stehen könne; denn die Charaktere der Arbeitermnen würden so auf die Drohnen übertragen und diese würden sie ihrerseits auf die Arbeiterinnen ihrer Nachkommenschaft mit der Königin über- tragen.“ Grassı meint also, „dass es notwendig sei, dass von Zeit zu Zeit auch einmal Arbeiter und Soldaten (diese bei Ameisen und Termiten) geschlechtsreif werden und so ihren Eigenschaften (auf dem Wege durch die Königin) Gelegenheit geben, ihre Spuren im Keimplasma künftiger Generationen zu hinterlassen.“ Diese Grassi’sche Hypothese findet aber in der Biologie der Bienen keine Stütze. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 119 Im normalen Volke der Apis mellifica kommen überhaupt keine eierlegenden Arbeiter mehr vor. Es entstehen solche nur unter krankhaften, annormalen Verhältnissen. Dürfen wir uns auf solche annormale Vorgänge stützen, um normale Geschehnisse zu erklären? Ich glaube nicht. Die Erklärung liegt näher und ein- facher, wie ich darzulegen versuchte. Die Instinkte der Arbeiter bei den Bienen sind die phylogenetisch primären, sie sind im Idio- plasma (Keimplasma) der Königin, weil sie Selektionswert behielten, von altersher bewahrt geblieben, denn in früheren Zeiten besass die Königin auch diese Arbeiterinstinkte, wie klar aus den Ver- hältnissen bei den Hummeln (resp. auch Wespen) hervorgeht, wo die Königin noch heute alle Arbeitereigenschaften bewahrt (vgl. S. 34). Silvestri macht sich diese Grassi’sche Ansicht von dem zeitweiligen Fruchtbarwerden der Arbeiter (resp. auch der Soldaten) gleichfalls zu eigen: „Die Soldaten verlieren allmählich die Reiz- barkeit ihres Keimplasmas und werden für die ganze Lebensdauer steril, wenn nicht ein besonderes Futter ıhre schlummernden Genitalorgane zur Thätigkeit erweckt. Dieses Erwachen ist immer notwendig gewesen und muss von Zeit zu Zeit auch jetzt vorkommen, damit auch im Keimplasma der Nachkommenschaft allmählich etwas von den eigentümlichen Veränderungen bleiben könnte, welchen diese Individuen unterworfen waren.“ Zur Er- klärung sei erwähnt, dass die Termiten die Fähigkeit kaben, sich aus jungen männlichen und weiblichen Soldaten und Arbeitern Ersatz-Könige und Ersatz-Königinnen im Bedarfsfalle durch beson- dere Fütterung heranzuziehen. Diese kopulieren miteinander und können dann die Arbeiter resp. Soldatenqualitäten auf die Nach- kommen vererben. Merkwürdig ist nur, dass Silvestri diese Ansicht über diese Vorgänge, die „immer und auch jetzt notwendig“ gewesen sem sollen, am Schlusse wieder preisgiebt, indem er sagt: Soldaten und Arbeiter bleiben heutzutage bestehen, auch wenn sie immer steril sind, weil heutzutage die Keime ihrer Charaktere im Idioplasma durch so viele Generationen hindurch, namentlich während des zweiten Entwicklungsstadiums des Termitenstaates genügend fixiert sind.“ Nun, ich glaube, dass wir die Grassi-Silvestri’sche Theorie für die Bienen, wie erwähnt, ruhig preisgeben können und auch auf die Ameisen ist sie nicht anwendbar, da wir eine Ameisenart kennen, deren Arbeiter keine Eiröhren mehr besitzen und doch be- stehen die Kasten unverändert weiter. Weismann [189] hat hierauf auch schon vor Jahren hingewiesen. Es wäre daher rich- tiger, wenn man diese Gegengründe endlich gelten liesse. Meines Erachtens ist auch schwer einzusehen, wie sich durch das anormale 420 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Eierlegen bei Arbeitsbienen das normale Nichteierlegen ver- erben soll? Aber auch für die Termiten erscheint manches noch wenig gestützt, da wir, wie gesagt, noch nichts über die Befruchtung der Eier wissen und die Fortpflanzungsverhältnisse trotz der aus- gezeichneten Arbeiten der erwähnten Forscher auch im Ganzen noch zu wenig geklärt erscheinen. Unsere Anschauungen würden sich ändern müssen, wenn es sich z. B. herausstellte, dass Termiten- Arbeiter wieder Arbeiter erzeugen könnten, oder da es bei den Kalotermitinen keine Arbeiter giebt, wenn Soldaten wieder Sol- daten erzeugten. Mit Recht wird man mir einwenden, dass dieses ein kaum zu disputierender Gedanke wäre und begreiflich wird man es finden, dass ich es zuerst als einen Scherz auffasste, als mir Prof. Reichenbach auf der Zoologenversammlung in Gießen mitteilte, dass typische Arbeiter der Ameise Lasius niger wiederum Arbeiter! und Männchen zu erzeugen vermöchten!! Meinem Drängen nach Veröffentlichung dieser erstaunlichen Thatsache ist Reichenbach inzwischen nachgekommen [146]. Bei der mehr- jährigen Beobachtung dieses absolut zuverlässigen Forschers ist an der Thatsache nicht zu zweifeln. Ich kann es mir nicht versagen, ein paar Angaben aus seinem hochinteressanten Bericht hierherzusetzen. „Im Frühjahre 1899 brachte ich in ein leeres Beobachtungsnest nach Janet elf Arbeiter von Lasius niger L., mehr um sie als die bei uns gemeinste Ameise meinen Schülern zu zeigen, als irgend welche bestimmte Beobachtungen zu machen. Ich fütterte mit Invertzucker und zerschnittenen Mehlwürmern und bereits nach wenigen Tagen bemerkte ich mehrere Eierhäufchen, die von diesen Arbeitern gelegt worden waren. Dies war mir nichts Neues und ich dachte, es werde gehen, wie in meinen übrigen Kolonien, wo die aus solchen Eiern ausgekommenen Larven dem Kanıbalismus der Ameisen verfielen; höchstens hielt ich für möglich, Männchen zu erhalten, da ja längst bekannt ist, dass aus von Arbeitern ge- legten, also unbefruchteten Eiern Männchen entstehen, wie bei der Honigbiene und den gesellig lebenden Wespen.“ „Aber zu meinem Erstaunen verpuppten sich die Larven und lieferten typische Arbeiter, die auch in der Größe mit ihren Erzeugern übereinstimmten, nach einigen Tagen ausgefärbt waren und eifrig sich an den Arbeiterbeschäftigungen beteiligten.“ „Bei Lasius niger können also aus unbefruchteten, von Arbeitern erzeugten Eiern Arbeiter entstehen.“ „Bald darauf mehrten sich die Eierhäufchen und bis gegen Ende Juni war die Zahl der Arbeiter auf über hundert ge- stiegen“ u. S. w. Reichenbach hielt diese Kolonie drei Jahre lang, deren | v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 121 normale Verfassung sich auch dadurch dokumentierte, dass regel- mäßig, wenn im Freien sich Männchen zeigten — also zur Zeit der Hochzeitsschwärme — auch ın dem künstlichen Nest Männchen erschienen. „Auffallend ist, dass trotz der opulenten Fütterung und des raschen Aufblühens der Kolonie keine Weibchen ent- standen sind.“ Aber Reichenbach hat auch in seinen übrigen Kolonien nie Weibchen erhalten. Leider wurden die Arbeiter dieser Kolonie keiner mikro- skopischen Untersuchung unterzogen. Ich bin aber überzeugt, dass von einer Befruchtung der Arbeiter keine Rede sein kann und dass wir mit der glatten Thatsache zu rechnen haben werden, dass Arbeiter wiederum typische Arbeiter erzeugen können. Hierdurch ergiebt sich aber die Notwendigkeit, die Verhältnisse im Ameisen- staat von denen des Bienenstaates in Bezug auf die Neutra in Zukunft schärfer zu trennen. Ich muss es den Ameisenforschern überlassen, die phylogenetischen Schlüsse zu ziehen. Die früheren Ausführungen von Emery [36] würden sich dann vielleicht weiter auszugestalten haben. Ueber die Entwickelung der Wespenstaaten hat u.a. Paul Mar- chal [111, 114] Ausführlicheres dargelegt. Ich kann hier nur auf diese (wie auf die älteren W estwood’schen u. s. w.) Arbeiten verweisen. Geschlechtsbestimmende Ursachen. Die Befunde von Grassi, Sandias und Silvestri an Termiten resp. die aus ihren bisherigen Untersuchungen gezogenen Schlüsse zeigen uns die vermeintliche völlige Gleichheit aller Eier, die von einem Ter- mitenkönigspaar abstammen. Die Forscher nehmen im Einklang mit anderen Termitenbearbeitern an, dass durch äußere Reize (be- sondere Art der Ernährung) alle verschiedenen Formen des Staates — sowohl männliche als auch weibliche differenziert werden. Ein positiver Beweis hierfür, wenigstens soweit die Differenzierung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht in Frage kommt, steht freilich, wie vorhin erwähnt, noch aus, die Wahrscheinlichkeit spricht aber dafür. Nun ist v. Lenhossek [103] kürzlich auf Grund allgemeiner Erwägungen zu der Ueberzeugung gekommen: „dass mit großer Wahrscheinlichkeit im Tierreiche die Bestimmung des Geschlechtes ein Vorrecht des mütterlichen Organismus sei und dass diese Bestimmung schon vor der Befruchtung im Eı vollzogen erscheint.“ Ich kann an dieser Stelle nicht ausführlich auf die hochinteressante Frage eingehen und möchte hier nur folgendes erwähnen. v. Lenhossck sieht in einem Befunde von Korschelt [98a] einen Beweis von „grundlegender Bedenu- tung“ für seine Ansicht. Korschelt fand nämlich im Körper des Weibehens von Dinophilus apatris große und kleine Eier. v. Len- hossek sagt nun: „Die Samenfäden der Männchen befruchten die Eier noch innerhalb der Körperhöhle, worauf das Tier die be- 122 v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. me fruchteten Eizellen durch eine Oeffnung des Körpers in das See- wasser treten lässt ... ..*“ „Korschelt trennte nun die befruch- teten Eier beider Kategorien voneinander und konnte auf diesem Wege feststellen, dass aus den großen Eiern weibliche, aus den kleineren männliche Tiere entstehen.“ v. Lenhossek sagt dann weiter: „Einen ähnlich klaren, von jeglichen Nebenumständen freien Fall weist das Tierreich sonst nicht auf.“ Leider sind aber doch Nebenumstände vorhanden, die diesem Fall zum mindesten die „grundlegende Bedeutung“ zu nehmen scheinen. Die Befruchtungsverhältnisse hegen nämlich durchaus nicht so klar, denn wie die Befruchtung bei Dinophilus vor sich geht, konnte Korschelt nicht ermitteln. Es scheint aber, dass die Spermatozoen der sehr kleinen Männchen in die Leibeshöhle ge- langen. Ob dort nur die großen oder auch die kleinen Eier be- fruchtet werden, bleibt unentschieden. Die kleinen Eier stoßen allerdings ebenfalls zwei Richtungskörper aus, aber das beweist nichts für die Befruchtung, vgl. Petrunkewitsch [140, 140a]. Es bleibt demnach auch noch bei diesem Falle vorläufig un- entschieden, ob nicht die Befruchtung resp. Nichtbefruchtung auch ein Wörtchen mitspricht. Die v. Lenhossek’sche Hypothese wird hier- durch nieht vollkommen erschüttert, aber die Ansicht (p. 55): „So muss sich denn das männliche Geschlecht mit dem Gedanken abfinden, dass ihm jeder direkte Einfluss auf die Bestimmung des Ge- schlechtes vorenthalten und dass diese Bestimmung ausschließ- lich dem Organismus des weiblichen Individuums überlassen ist“, diese Ansicht findet vorläufig noch keinen Halt an diesem als her- vorragend beweiskräftig herangezogenem Beispiel. Dieses Beispiel ist für v. Lenhossek die „Basis“ seiner Theorie: „Dieser Beob- achtung ist deshalb eine so fundamentale Bedeutung beizumessen, weil wir in ihr eine sichere und jede andere Auffassung aus- schließende Thatsache erkennen, die als Ausgangspunkt in der schwierigen Frage der Geschlechtsbestimmung dienen kann“ u. s. w. Mich dünkt aber, dass diese Basis noch einer Festigung bedarf. Verschiedene Irrtümer unterlaufen v. Lenhossek hinsichtlich der Behandlung der parthenogenetischen Verhältnisse bei Apis mellifica und in gar zu willkürlicher Weise werden die seiner Hypo- these zuwiderlaufenden Befunde und die auf diese Befunde auf- gebauten Schlüsse in eine günstige Richtung gezwängt. Ich kann hier nur erwähnen, dass die Verhältnisse bei der Apis mellifica bis jetzt gegen die v. Lenhossek’sche Hypothese sprechen und werde demnächst an anderer Stelle ausführlich hierauf eingehen [vgl. a. 17]. Mit Beschränkungen neige ich der v. Lenhossek’- schen Ansicht zu, aber es dürfte wohl nicht richtig sein, entgegen- stehende Thatsachen in eine so freundliche Beleuchtung zu rücken. Der Wert der Theorie wird dadurch sehr eingeengt. So Lt De a re nn A v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. 193 ist v. Lenhossek infolge seiner Hypothese gezwungen, bei Apis mellifica schon im Eierstock der Königin männlich und weiblich differenzierte Eier anzunehmen, weil, wie auch Rich. Hertwig [82a] noch allerjüngst anführt, „die Erfahrung, dass männliche Bienen aus parthenogenetischen Eiern entstehen, am meisten gesichert ist“ und die Entstehung von Weibchen aus befruchteten Eiern, somit klar legen würde, dass hier dennoch der väterliche Einfluss der ausschlaggebende Faktor ist. Diese Differenzierung im Eierstock lässt sich aber mit den mikroskopischen Befunden und biologischen Vorgängen keineswegs irgendwie überzeugend vereinigen. Ich glaube, wie es leicht bei solchen Theorien zu gehen pflegt, dass zu viel bewiesen werden soll und dadurch wenigstens in dieser Allgemeinheit keine befriedigende Beweisführung erzielt wird. Es ist z. B. leicht möglich, dass sich die v. Lenhosseck’sche Theorie für einen Teil der Tierwelt (homo sapiens eingeschlossen) als richtig ergiebt, während wir bei vielen Tieren andere Faktoren der Geschlechtsdifferenzierung anzunehmen gezwungen sein werden. Wir stehen erst im Anfang der Forschung nach dieser Richtung und eine Fülle neuer Gesichtspunkte wird von Zeit zu Zeit durch die mikroskopischen Befunde eröffnet. Ich erinnere an die jüngsten Beobachtungen Boveri’s [10], da sie auch Bezug auf Apis mell- fica nehmen, sowie an die Rich. Hertwig’s [82a]. Hertwig ist der Ansicht, dass die Ursachen der Geschlechtsbestimmung im ganzen Tier- und Pflanzenreich höchst wahrscheinlich dieselben sind. 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Alfken 4, 6, 15, 18, 23. Alpine Hymenopteren 105. Ameisen. Mut der, 19; Mutterliebe 24; Hochzeitsflug 55; Arbeiterin 6 Mo- nate isoliert lebend 82; Zur Ent- stehung der Arbeiterkaste 117—121; Arbeiterinnen ohne Ovarium 119; Ar- beiter erzeugen Arbeiter 120. Ammophila hirsuta 106, 109. Andrena ovina (pratensis) 18; fulvi- crus 89; antilope, nigroaenea, afze- liella 106., Abdominale Drüsen 113. Anthidium 7,10,14; Anth. lituratum 106, 109. Anthophora 7, 9; parietina Nestbau 14,15; gemeinsamer Angriff 17; fulwi- frons 112. Anzahl der solit. Bienen 86. Apis dorsata, Wandern der 51; als Uebergangsglied 59; Wabenbau 59, 71; Größe der Individuen 59, 63; Wachs- erzeugung 59; Größe der Wabe 60; Größe der Zellen 60; Drohnen 61, 63; Schwärmen 61, 63; Abbildung der Wabe 61; Anlocken der Schwärme 61; Spurbienen 61, 62; Hungervermögen 62; Trachtpause 62; Entwickelungs- zeit 63; Domestikation 64, 65; Ein- führung nach Deutschland etc. 65; Länge des Rüssels 65; Wachsmotte 68: Zellengleichheit 59, 60, 70. Apis fasciata 72. Apis florea, Trachtpause 62; Abbildung der Wabe 64; Biologisches 65—72; Wabenbau 65, 66, 67, 71; Drohnen- schlacht 68; Klammerorgan des Männ- chens 68, 69; Größe und Färbung 68, 69; Schwärmen 69; Zellenungleich- heit 69. Apis indica 62, 70, 72; Wabenbau 71. Apis mellifica, Instinkte und plastisches Vermögen 2; Heimflug durch unbe- kannte Kraft 3; als Reflexmaschine 3; Stellung im Stammbaum 5; Abstam- mung von Grabwespen 7, 72, 95—99; Verteidigungsinstinkt 19; Mutterliebe 24; Brutpflegeinstinkt 24; Vererbung nur durch Königin 27; Brunst 29; Königin als Eierlegerin 35; Unterschied der Arbeiter mit Hummelhilfsweibchen 36;. Sicheres Erkennen der Königin 37; Geburtshilfe 35; Brutwärme 39; Ventilieren 39, 40; Faeces 41; Wachs- zange 43; Weiselzellen phyletisch alte Bauart 47; Fallenlassen der Eier 48; Nachzucht von Königinnen 50; „Liebe“ zur Königin 50; Schwärmen 5l, 54, 55, 70, 71; Eifersucht 52; Differente Zellengrößen 53, 69, 70; Partheno- genesis 53, 122; Futterbrei geleeartig 54; Auszug d. alten Königin 54, 55; Nachschwarm 55; Drohnen 56; Meli- ponastadium von Apis 59; Honig- menge zur Wachserzeugung 59; Zellen- form entst. d. Druckverhältnisse 60; Spurbienen 62, 70; Rüssellänge 65; Honig in Drohnenzellen 66; Mehr- maliges Benutzen d. Zellen 69; Köni- gin den Volksinstinkten entrückt 70; Schwärminstinkt bei Arbeiterinnen 70, 71: Sammelinstinkt 71; Waben- bau 71, im Freien 72; Ortsgedächt- nis 62, 77, 92, 115; Einzelwesen un- trennhar vom Ganzen 81; Abflugort willkürlich wählen S1; im Zwinger 82; Körbchenbildung 85; Sehvermögen 92, 93; Bedeutung der Stirnaugen 93 bis 95; Vorfahren 95--99; Vorliebe f. Dungwasser 99; Höhe d. Hirnthätig- keiten 115; Entwickl. d. unbefrucht. Eier 118; eierlegende Arbeiter 119; Arbeiterinstinkte 118, 119; Eier be- reits im Eierstock differenziert 123. S. auch Arbeiterinnen. Arbeiterinnen, Ausbildung typischer 48; Entstehung der Arbeiterkaste 117 bis 123. S. a. Apis, Hummeln u. Meli- poninen. Artemia salina 29. Ashmead 34. Aurivillius 17. 28. Bachmetjew 115, 116. Bartram 34. { Bebrüten der Zellen 25, 26, 38, 115—117. Bembex 90; spinulae 34; rostrata 34. Benton, Frank 63, 64. Bessels 118. Bethe 2, 3, 72, 75, 76, 77, 80, 83, 90— 95. 134 Bewachung des Nestes 26, 28, 45, 46. Bewußtseinsfrage und Instinkt 113—115. Bingham 63. Biogenetisches Grundgesetz 23; bei Hum- meln 35. Biologischer Stammbaum 30. Blattschneiderbienen s. Megachilinae. bombus 7; DB. hyperboreus 29; kir- byellus 29: zanthopus 31; terrestris 31, auf Korsika 107, 108, 109; Kör- perwärme 116; distinguendus Nest- abbildung 32, 38; lapidarius 34, 77, Nestabbildung 40; derhamellus 33; pomorum 45; confusus 79; zantho- pus 107, 108, 109; corsicus 108, 109; muscorum var. nigripes 108; horto- vum 109, 110, Körperwärme 116; hortorum var. nigricans 110, 111. S. a. Hummeln. Bouvier 34, 90. Boveri 123. Brandes 75. * Brauns, Johannes 85. Bregenzer 2. Breitenbach 4, 6, 23. Brüten bei Hummeln 38. S. a. Bebrüten. Brunst bei den Insekten 29, 48. Buttel-Reepen, v. 2, 53, 77. Castets, J. 62,°63, 65, 67, 69. ‘ Ceratina 12. Oerceris 34, 87, variabılis, labiata 97. Chalicodoma muraria 8, 9, 99; Nest- bau 9; Schlafstellung der Männchen 85; Schutzmantel 100. Chara crinita 29. CUhrysis 37. Ooelioxys 7, 85; & dentata 55; 85; echinata 55. Colletes 9; swecinctus 106. Colonie s. u. K. Corsische Hymenopteren s. unter K. Orabro cephalotes 34; quadrimacula- tus 34. Dalla Torre, v. 112. Darwin 2, :33, 43, 1123177 118. Dasypoda hirtipes 8. Dathe 61, 62, 63, 64, 65. Davay, J. 115. Deperet 106. Differenzierung der Geschlechter 53. Dinophilus apatris 121, 122. Domestikation von Apis dorsata 64, 65. Drory, Eduard 42, 43, 46, 47, 52, 53, 56, 57, 58, 68, 69. Ducke 99. Dufour, H. 75. Dufourea halictula 105. Duges 93. Dutrochet 116. Beiton 93, 94. Edinger 3. arenaria, brevis v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Egyptische Honigbiene 72. Eiablage bei Solitären 8; bei Apis mellificia 24, 37, 53, 54, 69, 70, 118; bei Hummeln 34, 35, 36; bei den Meliponinen 47, 48, 52, 53, 57, 58; bei Wespen 53, 103, 104, 118; bei Apis dorsata 61, 63; bei Apis florea 65, 66, 68; bei Apis indica 69; bei Schlupfwespen 9, 99—101; in Bezug auf Staatenbildung 101—103; bei Ter- miten 118, 119, 120; bei Ameisen 119, 120, T2T: Eigenwärme der Insekten 26, 115—117. Einsame Bienen s. Solitäre B. Emery 12]. Engler 106. Epeolus 84. Espinas 2, 33. Eucera 112. Euglossa Nestbau 32; variabilis Nest- bau Abbild. 85; Körbehenbildung 85. FEumenes saundersii, coaretata 98. Eutermes Rippertii &7. Eversmann 23. Exotische Bienen 4, 83, 84. Fabre, H. 27, 34. Fächeln bei Bienen u. Hummeln 39, 40. Farbensinn bei Osmia 10. Farbenveränderungen der Hymenopteren auf Korsika 106, 107; in Deutschland 109—111. Ferton, Ch. 4, 10, 15, 88, 89, 90, 104, 105, 106,107, 109, 12% Fielde, Adele 82, 91. Fleischmann 94. Fliegen. Physiologisches Verhalten der 81, 82; im Zwinger 8. Flugkanal, Gemeinsamer 21. Flugloch bei Meliponinen 45. Forel, Aug. 2, 19, 75,70) 77, 31793 94, 95, 114, Friese, IEIE 4, >» 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15,16, 17; 18, 21, 22,723725529, 31, 33, 34, 36, 42, 43, 48, 60, 65, 66, 83, 84, 86, 90, 95, 112. Füttern der Brut. Andauerdes —, bei solitären Wespen 34. @&eschlechtsdifferenzierung 53; ge- schlechtsbestimmende Ursachen 121 bis 123. Girard 116. Giraud 19. Girod-Marshall 17. Goedard 39. Gorytes mystaceus 96. Goudot 54. Graber 16, 75. Grabwespen, Abstammung der Bienen von 4, 7, 35—99. Grassi 49, 117, 118, 119, 12T. Gronen, Damien 54. Gühler 72. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Haeckel, Ernst 2, 23. Halietus 6, 7, 36; Drei Generationen im Jahr 27; Parthenogenesis 27, 29; H. morio 19, 20, Abbildung des Ueberwinterungsplatzes 20; H. longu- lus, Gemeinsamer Flugkanal 21, Nest- bewachung 28, Nestverteidigung 28; H. quadristrigatus 22; H. quadri- einctus 72, Nestbau 22—25, 27; Feinde von — 26; H. sexcinctus, Nestbau 23, 25; Ovariumuntersuchung 26; im Kampf mit Sphecodes S6—90; mala- churus 88; leucozonius 90, Wespen- ähnlichkeit 96. Hamlyn-Harris 64. Hanstein, v. 91. Heimatlose Insekten 81, 82; Nachtruhe 82, 83, 84, 85. Hertwig, Richard 101, 123. Hesse 94. Hewitt 72. Hilfsweibchen bei Hummeln 35. Höppner, Hans 36. Hofter 7, 12, 31, 33, 34, 36, 38, 39, 41, 45. Honigbiene s. u. Apis mellifica. Honigtöpfe bei Trigona silwestrü, Ab- bildung 44; bei Hummeln 36, 45; bei Meliponinen 45. Horne, Charles 64, 65, 67, 68. Hornissen 19. Huber, Francois 39. Huber, P. 32, 43. Hummeln. Staatenbildung 28; solitäre Ueberwinterung 28; Rückkehr zur solitären Lebensweise 29; Ueberwin- terung des ganzen Volkes 31, 107, 108; als Uebergangsglied 31; Nest- bau 31, 32; Abbildung des Nestes v, B. distinguendus 32; Sammeln in der Nacht 31; Brutpflege 33; Weachsab- sonderung auf d. Rücken 33; Erste Zellenanlage 34; Entstehung der Hilfs- weibchen 35; Abgeflogene Königinnen 35; Art der Eiablage 36; Anzahl der Eier 36; Honigtöpfe 36, 45; Anzahl der Nestindividuen 36; Kokons statt Zellen 36; Anlage im Ei 37; Zwerg- arbeiter 36; Große und kleine Arbeiter 37; Arbeitsteilung 38; Soziale In- stinkte 38; Bebrüten der Zellen 38, 115—117; Geburtshilfe 38; Trompeter 39; Ventilieren 39; Faecesabgabe im Nest 41; Zu Grundegehen der Köni- in im Herbst 49, 52; Männchen urch Parthenogenese 52; Erscheinen der Männchen im Herbst 50; Stirbt Königin Kolonie verloren 50; Aufge- regte Männchen 79; Rückkehren zum gewählten Standort 79; Männchen heimatlos 81,82; Arbeiterin im Zwinger 82; Ortsgedächtnis 82, 83; Sehschärfe 135 82, 83; auf Korsika 106, 107, 108, 109, 111; Können Kolonien perennie- rend werden 107, 108; Sommerschlaf auf Korsika 109; Parthenogenesis 110; Arbeitereigenschaften der” Königinnen 119. Hylaeus quadrieinctus 22. Janet 103, 120. Ihering, H. v. 42, 44, 48, 49, 51, 113. Instinkts-Definition 2, 3; des Nesttape- zierens 9; Graduelle Ausbildung des Nestschutzinstinktes 12—16; Vertei- digungsinstinkt bei Bienen 17, 18, bei Ameisen 19, bei Wespen 19; Sozialer I. bei Solitären 17—21, bei Hummeln 38, bei Meliponinen 56, bei Apes dor- sata 62; bei Tetrapedia 83, 84; Ueberwinterungsplatz-I. 19; Notgang 24; Brutpflegeinstinkte 24, 33, 47; Mutterliebe 24, 25, 33; Arbeiterinnen- instinkte erworben nach Koloniebil- dung 27; I.-Verschiedenheit zwischen Hummel- und Bienenarbeiterinnen 37; I.-Veränderungen bei Arbeit. u. Köni- gin 49; Kindesliebe 50; für Männ- chen- und Königinerzeugung 50; der Königin 49, 50, 70; Weander- und Schwärminst. 51, 70; Weabenbau 71, 72; Sammelinstinkt 71; Schutzbau- instinkt bei Chalicodoma 100; In- stinktsveränderungen bei korsischen Hymenopteren 106, 111; Instinkt und Bewusstseinsfrage 113—115. Kalotermitinen 120. Karsch 62, 63, 79. Klammerorgan des Männchens von Apıs florea 68, 69. Klima-Eirfluss auf Koloniebildung 29, 49, 107; auf Wiederauflösung der so- zialen Triebe 29; auf Aenderung der Instinkte 111. Kobelt 106. Kolbe, H. J. 44, 94. Kolonie. Gründung der ersten 27, 28. Konow 85. Kontakt von Mutter u. Kind 24, 33, 34. Kopulation, Neigung zur — schwindet bei Eiablage 103; bei Termitinen 117. Körbchenbildung bei den Solitären 85. Körpertemperatur der Insekten 115—117. Korschelt 121, 122. Korsische Hymenopteren 31, 104—111. Kristof 103. Landois 118. Langhoffer 4. Lasius niger, beiter 120. Lehzen 72. Lenhossck, v. 121, 122, 123. Leonhardt 95. Lepeletier de Saint-Fargeau 21, 86. Leuckart 37. Arbeiter erzeugen Ar- 136 v. Buttel-Reepen, Linienbauten 15. Loeb 2. Lotter 94. Lubbock 91, 94, 9. Lyroda subita 34. Maeterlinck 17. Marcel de Serres 93. Marchal, Paul 4, 34, 53, 60, 86, 87, 88, 103, 104,118, 121. Marshall, William 17, 33, 43. Mauerbiene s. Chalicodoma. Megachilinae 7, 8, 9, 10; centuncularis Nestbauabbild. 8. Melecta 7. Meliponen s. u. Meliponinen. Meliponinen. Parthenogenesis 28, 48, 52, 53; Wachsabsonderung auf Rücken 33; ohne andauernde Brutfütterung 34; Verwandtschaft mit Hummeln 42; Geographische Verbreitung 42; Stachel- losigkeit 42, 58; Größe 42; Wachs- schwitzen 42-44; Wabenbau 45; Wachsmantel 45; Flugloch 45; Honig- töpfe 45; Pollencylinder 45; Be- wachung des Nestes 45; Propolis- gefäß 46; Symbiose mit Termiten 46, 47; Brutpflege 47; Füllung der Zellen 47, 56, 57; Eiablage 47, 48; Ent- wickelungsdauer 48; Volkszahl 48; Jungfräul. König.“48, 52; Typische Arbeiter 52; Männchenzellen 52; Zellengleichheit bei Meliponen 53; Ei- ablage der befrucht. Königin 53, 57; Auszug der .jungen König. 54, 55; Schwärmen 54, 55; Arbeitsteilung 55; Männchen wachsschwitzend 55, 56; Soziale Instinkte 56; Respekt vor König. 56; Zellenbau 56, 57; Schließen der Zellen 57,58; Waffen 58; Beissen 58, 59; Reinlichkeit 58; Honig 59; Körbchenbildung 85. S. a. Trigonen. Mellinus 34. Minckert 75. Miscophus bonifaciensis, gallicus-rubri- ventris 106. Möbius 52. Mörtelbiene s. Chalicodoma. Monedula punctata 34. Monodontomerus nititus 9, 26, 99, 100. Morawitz, F. 11. Morice, F. D. 4, 89, 95. Mottenfraß an Waben 67. Müller, Fritz 43, 45, 53, 112. Müller, Herm. 4, 6, 7, 8, 96, 98. Müller, Johannes 93. Mutterbiene. Einwirkung — der auf die Nachkommen 24—27. Mutterliebe bei Insekten 24, 25, 33. Nachtruhe der Heimatlosen 82, 83, 84, 85. Nägeli 31. Nagel 75, 93. Nectarinia 49. Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Nestbau-Abbildungen, Osmia papaveris 3; Megachile centuncularis 8; Osmia rubicola 11; Osmia aurulenta 11; Osmia bicolor 13; Anthidium 14; Anthophora parietina 14; Osmia emarginata 16; Halictus Ueberwinte- rungsplatz 20; Halictus quadrieinetus 23; bombus distinguendus 32; Bom- bus lapidarius 40; Trigona kohli 46 ; Apis dorsata 61; Apis florea 64; Euglossa variabilis 85. Nester-Kolonie 7, 17, 18. Nestgeruch 103. Newport 116. Nielsen, J. C. 9, 22. Nomada, Nachtruhe, Schlafstellung 84; ruficornis 84, 85; mutabilis 85; ochrostoma 85; fuscicornis 85; simi- lis 85; ferruginata S5; sexfasciata 85: cornigera 85. Notgang 24. Nussbaum, M. 36. Occelli s. Stirnaugen. Ortsgedächtnis, Ortssinn 3, 13, 14, 62, 1.0, 82,83, 90, 1792213 Osmia cornuta 8; cristata 10, saun- dersi 10; lanosa 10; papaveris 7, 8, 10, 11, Nestabbild. 8; vellosa 11; au- rulenta 12, Nestabbild. 11; rubicole 12, Nestabbild. 11; bicolor 12, 13, 14, Nestabbild. 13; fossorea 15; emargt- nata Nestabbild. 16; vulpecula 21, 22; parieting 22; Verhalten der Os- mia-Männchen 79, 85; auf- Korsika 105, 106; corsıca, lineola, vidua, loti 105, ferruginea 106. Ovariumuntersuchung bei Halictus sex- einctus 26. Oxybelus uniglumis 96. Panurgis, Gemeinsamer Flugkanal 21. Parthenogenesis bei Blattwespen, Vespidae und Apidae 28, 29; Halictus 27, 29; Artemia salina 29; Chara cerinita 29; Meliponinen 28, 48,52, 53; Hummeln 50, 110; Apis mellifica 50, 53, 118, 123; Wespen 53; Apis dorsata 61; Ameisen 120, 121. Paulcke, Wilhelm 53. Peckham 34, 91, 95, 96, 104. Peckolt 54. P£rez, J. 4, 11, 29, 86, 105. Perkins 89, 90. Petrunkewitsch, Al. 53, 122. Physiologisches 75 — 59. Planiceps fuwlviventris, helvetieus 106. Podalirius 9. Poey 43. Polistes gallica, Zellenlage 60; Honig- sammeln 60; var, diadema, Kolonie- bildung durch mehrere Königinnen 103; deren gemeinsame Ueberwinte- rung 103. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Polleneylinder von Trigona silvestrei, Ab- bildung 44. Polybia 49. Priocnemis Vachali 106. Propolisbehälter bei Meliponinen 46. Prosopis 9, 12, 96, 97. Psithyrus 7; perezi 106, 107, 108, 111; vestalis 107; auf Korsika 106, 107, 108, 111. Psychische Qualitäten von Bienen und Ameisen 113—115. Rädl, Em. 76, 77, 79, 80, 81, 82, 83. Reaumur 104, 115. Redikorzew 94. Reichenbach 120, 121. Khyssa persuasoria 100. Romanes 2, 56, 9. Rouget 19. Rubus-Stengel zum Nestbau 11, 12. Sammelinstinkt 71. Sandias 121. Schenk 112. Schiemenz, Paul 54. Schlaten der Bienen 82, 83, 84, 85. Schlupfwespen 9, 12, 14, 16, 26, 99, 100; Schutzbauten gegen — 9, 12,13, 14, 15, 16, 100; Spürsinn und Muskel- kraft 99—101. Schmarotzerbienen s. a. Nomada, Sphe- codes, Aehnlichkeit mit Wirten 7, Kämpfen 6, 86—90, Symbiose 6, 7; Schmarotzerhummeln s. Psithyrus. Schm.-Wespen s. Schlupfwespen. Schmiedeknecht, H.L. Otto 12, 33, 38. Schneckenhäuser als Bienenwohnung 11, 12,13, 14,15. Schneider, Sparre 3, 29. Schönfeld, P. 54, 94, 95. Schönichen 91. Schulze, F. E. 75. Schutzbauten gegen Schlupfwespen s. letztere. Schwärmen. Das Problem des Schwär- mens 5l; Wespenschwärmen 51; Hungerschwarm etc. der Honigbiene 51, 69, 70; bei Apis dorsata Sl, 61, 62, 63; bei Meliponinen 54, 55; bei Termiten 55; bei Ameisen 55; Apis florea 69. Schwarm s. Schwärmen. Schwaner 62, 63. Seitz 63. Sesshafte Insekten 81. Shuckard, W. E. 38. Siekmann 4. Siebold, v. 37, 48, 60, 103. Silvestri, Filippo 44, 46, 47,55, 117, 118, 119,121. Sladen, F. W. L. 4, 6. Smalian 94. Smith, Frederik 6, 12, 22, 54. Solitäre Bienen 7; Anzahl der 86. 137 Sozialer Instinkt, s. Instinkt. Soziale Bienen 31. Speiser 55. Spencer, Herbert 49, 117, 118. Spengel 27. Sphecodes. Ist — ein Schmarotzer? 4d— 7, S6—90; hispanicus 88; sub- quadratus 89; gibbus 89, 90; simi- lis 89. Sphex 34. Soury 115. Spinola 43. Staatenbildung. Erste 27, 28; Entstehung der 101—104; Biologischer Wert 102; durch mehrere befruchtete Weibchen 102, 103. Stammbaum. Phylogenetischer 4, 5; Biologischer 30. Stelis 7. Stemmata s. Stirnaugen. Sterile Kasten 27, 35, 36, 37, 48, 49, 50, 112—121. Stirmaugen, Bedeutung der 93—95. Stizus tridens 106. Symbiose bei Sphecodes 6, 7; bei Psi- thyrus 7; bei Termiten und Trigonen 46, 47. Tapezier-Bienen s. Megachilinae. Taschenberg, E. L. 34, 85, 100. Taschenberg, O. 28. Tatua 49. Temperatur der Insekten 115—117. Termiten. Symbiose mit Trigonen 46, 47; Schwärmen 55; Zwei Königspaare im Nest 104; Kastenbildung 117—120; Ersatzkönigspaare 119; Termitinen 117; Kopulation 117; Befrucht. d. Eier 118, 120; Kalotermitinen 120. Tetragona elongata 55; angustata 55. Tetralonia ruficollis 112, 113. Tetrapedia diversipes, peckoltii 83, 84; Soziale Instinkte 83; Nachtruhe der Männchen 83, 84. Thierfelder 113. Tierpsychologie. Verfahren deralten 1—3. Tomaschek 47. Trachusa, Nestbau 32; 85. Trigonen. Lebend in Frankreich 42; in Deutschland 47; Trig. duckei 42: Tr. silvestrii 45, Abbild. der Zellen und Vorratsgefäße 44; timida 45; eilipes 45; subterranea 45, Abbild. d. Pro- polisgefäßes 46; kohli 47, Nestbau- abbild. 46; lineata 47; Volkszahl 48; Eiablage 48; rufierus 54; Weiselzellen 54; flaveola 58, 59; argentata, fulvi- ventris 99; Fleischfressende 99. S. a. Meliponinen. Trompeter bei Hummeln 39. Ueberwinterung. Gemeinsame — bei Solitären 19, 20, 21, Ueberwinterungs- platzabbild. 20; Solitäre — bei Hum- 138 meln 28, bei Polistes 103; Soziale — bei Hummeln 107 —109. Wentilieren bei Hummeln und Bienen 39. Vererbung. Erworbener Eigenschaften 3, 27; bei den sterilen Kasten 27, 117—120. Verhoeff, C. 8, 15, 16,:20, 21, 23, 24, 25, 34. Verteidigungsinstinkt, s. Instinkt. Vespa, Bau der Stirnaugen 94; ger- manica, Anzahl der Nestinsassen 103, 104. S. a. Wespen. Vogt, Oskar 112. Vorbauam Nest 14,15, 16. S. a. u. Schlupf- wespen. Woabenbau. Lehmwabe von Halictus 23, 70; Hummelwabe 32, 38, 40, 41; bei Meliponinen 45, 47, 56; bei Wespen 45, 52; bei Apis dorsata 59, 60, Ab- bild. d. Wabe 61, 62, 63; bei Apis florea 65—6S, Abbild. 64; Phylogenet. Entsteh. d. zweiseitigen Wabe 60; Ver- meintl. Kunstfertigkeit 59, 60; Ayrs indica und mellifica 71, 72; Frei- hängender — v. mellifica 72. Wachs. Erzeugung bei den Sozialen 32; bei den Solitären 32, 111—113; bei Hummeln 33, 40; bei Meliponinen 43, 45, 112; Chemische Untersuchung des von solitären Bienen erzeugten 113, S. a. u. Wabenbau. Wachsmotte 67, 68. v. Buttel-Reepen, Die phylogenetische Entstehung des Bienenstaates. Wärme des Bienenkörpers 26. S. a. unter Bebrüten und Temperatur. Wahlberg 31. Walckenaer 86. Wanderinstinkt, stehung 51. Wasmann, .P. E. 2, 3; 24, 76, 91,.92, 9. Wegener 34. Weiselzellen in phyletischer Hinsicht 47. Weismann 2, 3, 27, 37, 49, 53, 117,118, ko); Wesenberg-Lund 14, 34. Wespen. Solitäire — andauernde Brut- fütterung 34; Instinkte 37; erbliche Eianlagen 37; Wabenbau 45, 52; Perennierende Staaten 49, 51, 52; Parthenogenesis 53; Anzahl d. Nest- genossen 104 ; Männchen in Königinnen- zellen 118; Entwickelung d. Staates 121. S. a. Vespa, Folistes, Schlupf- wespen, Grabwespen. > Westwood 121. Wundt 2. Xylocopa violacea, Körperwärme 116. Zellenanlage, Erste, bei Hummeln 34; Abtragen der einmal gebrauchten 47. S. a. Nestbau, Wabenbau, Wachs- erzeugung etc. Ziegler, H. E. 2, 3, 104, 114. Ziesielski 116. Zweigbauten 15. Zwergarbeiter bei Hummeln 36. Phylogenetische Ent- — ; r i ' Verlag von Georg Thieme in Leipzig. PRESHEGE Ausser den Schriften des Freiherrn von Berlepsch und des erblindeten Francois Huber über die Bienen hat uns keine so innige Freude bereitet, wie vor- liegende. Wenn der Mann der Wissenschaft auch ein Praktiker ist, wird er bei ' den vorzunehmenden Versuchen sicherer und erfolgreicher vorgehen als ein anderer, dem die Praxis völlig fremd ist. Nur die zehnjährige Beobachtung des Verfassers auf dem Bienenstande hat die Waffen gegen die Arbeit Dr. Bethes geliefert. Die vorliegende Arbeit ist ein Meisterstück ersten Ranges. Sie bringt eine Menge Versuche und Beobachtungen in knapper Form und dann die logischen Folgerungen. Wir bewundern die Beiesenheit, die feine Beobachtungsgabe aller Vorgänge, die scharfe Logik und die strengste Objektivität des Verfassers 2% Alain Redakteur @. Lehzen in „Bienenwirtsch. Centralblatt No. 18, 1960. 0 „Eine eben erschienene, sehr interessante Abhandlung über die Biologie der - Honigbiene von v. Buttel-Reepen kommt z. B. zum Schlusse, dass diese Tiere nicht — im engeren Sinne — reine, durch das ganze Leben gleichmässig auf den Reiz antwortende Reflexmaschinen sind, dass sie vielmehr neben zahlreichen ererbten Reflexhandlungen Anzeichen eines Gedächtnisses haben, lernen können und Associationen von Eiudrücken zu bilden vermögen.“ En Prof. Dr. L. Edinger in Berl. klinische Wochenschrift, 1900, 0 „Gegen die Bethesche Ansicht erhoben bald zwei unserer besten Kenner auf diesem Gebiete energischen Einspruch, Wasmann für die Ameisen, von Buttel- ' Reepen für die Bienen, und ihren ausführlichen Darstellungen ist es wohl gelungen, die Reflextheorie Bethe’s durchaus unhaltbar zu machen.“ Dr. J. Meisenheimer, Zoologe an der Universität Marburg, in Naturw. Wochenschr. No. 4, 1901. „v. Buttel-Reepen erweist sich als ein hervorragender Kenner der Biologie der Honigbiene. Wenngleich das Büchlein sich in erster Linie an den Kreis der Fachgenossen wendet, so ist es doch so klar und gemeinverständlich geschrieben, dass kein gebildeter Laie es versäumen sollte, dasselbe zu lesen,“ „Die Natur“, No. 43, 1900, „Eine ausserordentliche Fülle wertvollster biologischer Beobachtungen über die Honigbiene, deren eingehendes Studium sehr zu empfehlen ist.“ ; Redakteur Dr. Chr. Schröder, rı. Zeitschrift f. Entomol., No. 22, 1900, n Unter den vielen Neuheiten, welche die Litteratur über die Honigbiene - jährlich aufzuweisen hat, befindet sich so viel Fragwürdiges, dass es für den Re- zensenten eine wahre Erleichterung ist, wenn er ein Werk vor Augen bekommt, - das schon auf den ersten Seiten den Stempel geistiger Bedeutung und wirklicher - Originalität erkennen lässt, Was die hochinteressante Schrift für alle Bienen- ‘freunde besonders wertvoll macht, und was ihr auch sicherlich die volle Beachtung der wissenschaftlichen Kreise einträgt, das ist der Umstand, dass dem geistvollen Verfasser ein reicher Schatz praktischer Erfahrungen am Bienenstand über die Beobachtungsirrungen und Trugschlüsse h hinweghalf, die schon manche fleissige Gelehrtenarbeit über die Honigbiene zum - Entgleisen brachten, Es läge nalıe, hierfür einen Beleg aus den jüngsten Jahren - zu erbringen, aber wir wollen doch darauf verzichten und nur der Hofinung Raum geben, dass sich in wissenschaftlichen Kreisen immer mehr die Überzeugung Bahn breche, dass theoretisches Wissen und das Talent zu geistvollen Kombinationen allein nicht genügen, um eine glückliche Lösung biologischer Rätsel herbeizuführen, wie sie im Bienenstaat noch in Masse unter sieben Siegeln liegen. Redakteur Roth in „Die Biene und ihre Zucht“, Heft 9, 1900. a Verlag von Georg Thieme in Leipzig. Biologische "Centralblatt unter Mitwirkung von Dr. K. Koebel und Dr. R. Hertwig Professoren in München, Pe herausgegeben von DE J. Rosenthal Prof. der Physiologie in Erlangen hat den Zweck, die Fortschritte der biologischen Wissenschaften zusammen- zufassen und den Vertretern der Einzelgebiete die Kenntnisnahme der Leistungen auf den Nachbargebieten zu ermöglichen. Ohne nach Vollständiskeit zu streben, welche ja doch nicht zu erreichen sein würde, sollen doch alle wichtigen und hervorragenden Forschungen, besonders aber diejenigen, welche ein allgemeineres Interesse haben, ausführlicher berücksichtigt werden. Zur Erreichung dieses Ziels enthält das Blatt: 1. Original-Mitteilungen, besonders Berichte über Forschungsresultate, welche ein allgemeineres Interesse über den Kreis der engeren Fach- genossenschaft hinaus beanspruchen können. 2. Referate, welche den Inhalt anderweitig veröffentlichter gelehrter Arbeiten in knapper, aber verständlicher Weise wiedergeben. Besonders auch Selbstanzeigen, in denen die Herren Gelehrter von ihren an anderen Stellen erschienenen Arbeiten, soweit sie in das Gebiet unseres Blattes gehören, sachlich gehaltene Auszüge liefern. 3. Zusammenfassende Übersichten. Während die Referate einzelne Arbeiten behandeln, wird über wichtigere Fortschritte der Wissenschaft in be- sonderen zusammenfassenden Übersichten Bericht erstattet, wo nötig unter Rück- sichtnahme auf frühere Erscheinungen der Litteratur, um so die dauernden Be- reicherungen unsres Wissens, gesondert von der Spreu der nur vorübergehend geltenden Einzelbeobachtung, festzustellen und den Boden kennen zu lehren, auf welchen neue Bestrebungen mit Aussicht auf Erfolg sich stützen können. 4. Endlich füllen Besprechungen von Büchern, bibliographische Nachweise und kürzere Notizen die in den vorerwähnten Abschnitten gebliebenen Lücken so viel als möglich aus und ergänzen dieselben. Ausser den Hauptfächern der biologischen Naturwissenschaften (Botanik; Zoologie, Anatomie und Physiologie) mit ihren Nebenfächern (Entwickelungs- geschichte, Paläontologie u. s. w.) finden auch die Ergebnisse andrer Wissen- schaften Berücksichtigung, soweit sie ein biologisches Interesse haben, somit alles, was im stande ist, die wissenschaftliche Erkenntnis der Lebens- erscheinungen zu fördern und zu vertiefen. Das Centralblatt erscheint in Nummern von je 2 Bogen, von denen 24 einen Band bilden. In der Regel werden in jedem Monat 2 Nummern ausgegeben. Preis des Bandes 20 Mark, complette Serie (Bd. I—XXIl) statt Mk. 368.— nur Mk. 255.—. Bestellungen nimmt sowohl die Verlagshandlung wie jede Buch- handlung oder Postanstalt entgegen. 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