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TS

}•

DIE

VEEARBEITUNG DEE METALLE

AUF

MECHANISCHEM WEGE.

Holzatiche ans dem xylogxaphiflohon Atelier von Friedrich Vieweg und Sohn in Brannschweig.

Papier

aus der mechanischea Papier -Fabrik

der Gehrüder Vieweg zu Wendhausen

bei Brannsohweig.

DIE

VERAEBEITUNG DEß METALLE

AUF

v;>>^

MECHANISCHEM WEGE.

LEHRBUCH

DBB

MECHANISCH-METALLURGISCHEN

TECHNOLOGIE

VON

At'^LEDEBUp,

Professor an der Königlichen Bergakademie xn Freiberg in Sachsen.

MIT ZAHLBBICHBK IN DBK TEXT BINOBDBUGKTBN

HOLZSTIGHEN.

BRAÜNSCHWEIG,

DRÜCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN.

187 7-

Die Herausgabe einer Uebersetzung in franzosischer and englischer Sprache, sowie in anderen modernen Sprachen wird vorbehalten.

I

«

4. \

VORWORT.

Idäufig schreibt der Autor sein „Vorwort*', wenn er sein Manuscript vollendet vor sich sieht, und nun noch einmal einen Blick zuriick- wirft auf das Ergebniss seiner Mühe und Arbeit.

Wenn ich, abweichend hiervon, schon der ersten Lieferung des von mir bearbeiteten Buches ein Vorwort beizufügen mir gestatte, so geschieht es, weil ich auch in anderer Hinsicht von einem bisher befolgten Gebrauche abgewichen bin und das Gefühl hege, dass ein solches Vorgehen vielleicht einiger Rechtfertigung bedürfen könnte.

Zum ersten Male meines Wissens erscheint in den nachfolgen- den Blättern ein Theil der gesammten mechanischen Technologie, die mechanische Verarbeitung der Metalle, als selbstständiges Ganze behandelt. Wenn auch die erste Anregung zu dem Entschlüsse, eine derartige Bearbeitimg zu unternehmen, durch den Umstand hervorgerufen wurde, dass von mir an hiesiger königlicher Berg- akademie — wie es dem Zwecke einer solchen Anstalt entspricht nur der metallurgische Theil der mechanischen Technologie vor- getragen wird, so kamen doch auch manche andere Erwägungen hinzu, bis der erste Gedanke zur Ausführung reifen konnte.

Bei den verschiedenen Lebenszielen, welche den auf polytechni- schen Hochschtden und Lehranstalten Studirenden vorgesteckt sind, dürften in den meisten Fällen die Vorträge, über mechanische Tech- nologie an diesen Lehranstalten vorzugsweise darauf berechnet sein, in encyclopädischer Weise dem Hörer einen allgemeinen Ueberblick

VI Vorwort.

über das gesammte Gebiet der mechanischen Technologie zu geben ; selten wird es möglich sein, zu Gunsten dieser oder jener Fach- wissenschaft einen oder den andern Zweig der mechanischen Tech- nologie besonders zu bevorzugen.

unter jenen Studirenden ist aber eine grosse Zahl, für welche die Verarbeitung der Metalle später den eigentlichen Lebenslauf bilden soll; die Maschinenbauingenieure, die Hüttenleute und alle Diejenigen, welche wieder durch ihre Lebensverhältnisse auf die dereinstige Leitung ganz bestimmter Zweige des metallurgischen Gewerbes angewiesen sind. Allen diesen jungen Männern dürfte es erwünscht sein, während ihrer Studien oder beim Eintritte in das praktische Leben Gelegenheit zu einem tiefer eingehenden Studium derjenigen Apparate, Processe und Verfahrungsweisen zu finden, mit denen sie sich in ihrer einstigen Berufsthätigkeit vorzugsweise zu beschäftigen haben werden; und vielleicht dürfte der Verfasser durch eine fünfzehnjährige praktische Thätigkeit auf grösseren Wer- ken Deutschlands befähigt worden sein, ab und an eine Erfahrung mittheilen zu können , die sich eben nur im praktischen Leben er- werben lässt.

Aber nicht allein jenen angehenden Praktikern, auch älteren Fachgenossen wird hoflFentlich der vorliegende Versuch nicht unvoll- kommen sein, die Vorgänge und Hülfsmittel bei der mechanischen Verarbeitung der Metalle in einem wissenschaftlichen Gewände der Beschreibung zu imterziehen. Weiss ich doch aus eigenster Erfah- rung, welche Anregung man sowohl im praktischen Leben vrie im Lehrfache in dem Verkehre mit Fachgenossen findet, selbst d^n, oder vielleicht gerade dann, wenn hier und da Meinungsverschieden- heiten auftreten sollten, sobald sie nur einer vnssenschaftlichen oder doch auf Erfahrung beruhenden Unterlage nicht entbehren.

Dass solche Meinungsverschiedenheiten zwischen manchen von mir ausgesprochenen Ansichten und denen anderer Berufsgenossen nicht ausbleiben werden, ja dass selbst hier und da ein kleiner Irrthum sich einschleichen dürfte, ist bei dem weiten Umfange des behandelten Gebiets wohl unausbleiblich. Einer objectiven Dar- legung von Meinungsverschiedenheiten werde ich daher überall gern begegnen, und dankbar werde ich jede Berichtigung eines wirk- lichen Irrthums entgegen nehmen.

Vorwort vii

Es sei nocli eine Bemerkung über die gewählte Anordnung des Stoffes gestattet, welche mir lange Bedenken verursachte.

Niemand, der Interesse für die technologische Wissenschaft be- sitzt, hat wohl in jüngster Zeit Exner's geistreiche Vorschläge für ein System der vergleichenden mechanischen Technologie in Ding- ler's polytechnischem Journal und in Hartig's Civilingenieur un- beachtet gelassen. Dennoch sind, wiö jeder Lehrer der Technologie bestätigen wird, der Schwierigkeiten nicht wenige, wenn es sich darum handelt, in jener von Exner angestrebten ideellen Weise die Verallgemeinerung des Stoffes durchzuführen, selbst wenn, wie in dem vorliegenden Falle, nur die Besprechung der Verarbeitung einer einzigen Gruppe von Bohstoffen vorliegt.

Anders erstrebt Hoyer in seinem noch im Erscheinen begriffe- nen Lehrbuche der mechanischen Technologie die Verallgemeine- rung der Darstellung, indem er die Eigenschaften der Stoffe allein als Grundlage des Systems benutzt.

Ich glaubte, besonders in Bücksicht auf die Anschauungen des Praktikers, weder dem einen noch dem andern dieser Systeme un- bedingt beitreten zu sollen, sondern befugt zu sein, unbeschadet der Deutlichkeit der Darstellung, dem üblichen Verlaufe der Arbeiten in den metallurgischen Werkstätten wenigstens so weit Bechnung zu tragen, dass ich nach Karmarsch's Vorgange die erste rohe Formgebung von der weitern Verarbeitung schied, auch, wie es früher allgemein üblich war, die Beschreibung des Arbeitsverfahrens thunlichst mit der Beschreibung des betreffenden Apparats verband die Beschreibung des Cupolofenschmelzens mit der Beschreibung des Ofens u. s. f. ; strebte im Uebrigen aber danach, durch Gegen- überstellung und Vergleichung der verschiedenen für gleichen Zweck dienenden Mittel dem von Exner und Hoyer angestrebten Ziele mich nach Möglichkeit zu nähern.

Wenn ich auch diejenigen Hülfsmittel mit in den Bereich der Besprechung zog, welche in den metallurgischen Werkstätten zum Heben und Transportiren, wie zur Erzeugung von Gebläsewind be- nutzt werden, so hoffe ich, dadurch besonders Manchem meiner jün- geren Leser einen Dienst erzeigt zu haben.

So sende ich denn die nachfolgenden Blätter mit dem Wunsche in die Oeffentlichkeit: möchten sie sowohl bei den Freunden des

vni Vorwort.

Verfassers, die schon zum Theile ihn in gütigster Weise mit Ratb und That unterstützten, als auch bei Femstehenden eine freundliche und nachsichtige Beurtheilung finden; möchten sie aber auch geeignet sein, sich und dem Verfasser recht viele neue Freunde zu erwerben.

Freiberg, im Juli 1877.

A. Ledebur.

INHALTSVERZEIOHNISS.

Balte

Vorwort V

Binleitang 1

Erster Theil.

Allgemeine oder vergleiohende Teohnologia

Erster Abschnitt. Allgemeines.

X. Die Metalle; ihre Iieginingen und metaUiedhen Verbindtuigen 5

Erklärimg des Beg^riffs „Metall" nnd „Lef^^inmg' 5

Beispiele YonLeg^rangen: Tombak, Bothgoss, Messing 0; Bronze 11; Kensilber 12; Alnminiombronze , Hartblei, Weissmetall , Bri- tanniametall 12.

Yereinigimg der Metalle mit Nichtmetallen 13

Eisen mit Kohlenstoff, Silicimn, Mangan 18; Kupfer mit Sauer- stoff 15; Phosphorbronze 15. Erkennongsmerkmale för bestimmte fremde Körper 16. Zinnprobe 16; Spiel des Ghisseisens 17.

Gewerbseigenschaften der Metalle nnd Legirongen . 19

Festigkeit 19. Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Einflüsse 21. Specifischee Gewicht 24. Farbe 27. Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflfisse 28. Preis 31. Literatur über Eigenschaften der Metalle 32. 2. Die Qerftthe lur Beatimwinng und Itrkennimff der Vorm und

Abmeflsongen; sowie som Ameiohnen derselben 8S

Geräthe zum Messen 82

Maassstab 32. Zirkel 33. Lehren 35. Schubwinkel 36.

X InhaltsYenseichniss.

Bitte

Gerftthe smn Anzeichneii 86

Kömer, Beimnadel, Streichmaass 86. GentrirmMohine 86.

8. Die Gtoräthe nun Testhalten 89

Schranbenzwinge 39. Zangenschraabttook 40. ParaUebchraubttook 42. Feilkloben 42. Zangen 48.

4. Gtoftthe som Heben und üTranaportiren der Kohmetalle^

ArbeitMtücke eto. 44

^Transportwagen 44

Krahne und Brückenwinden 46

Qebftndekrahne 47. Freistebende Krabne 51. Bewegliche Krahne 58. Brftckenwinden 55. Vergleichnng der Hebeyorrichtongen 60. An- wendung von Elementarkraft oder menfchlicher Kraft 62. Krahn- balanciere 64. Au&üge 66

5. Die GeblAse der Werkrtfttten für Metailverarbeitun« .... 73

Cylihdergeblft8e73. Oentriftigalgeblftse 74. Booti*Bche KapeelgebUUe 77. DampfstrahlgeblftM 82.

Zweiter Abiehnitt» Die rohe Formgebung»

ErlSntermigen 87

L Die Formgebnng durch Bohmelflen und Giemen ^ Qieeserei 89

1. Die Arbeitseigensohaften derMetalle nndLegirnn- gen hinsichtlich ihrer Verwendung zur Giesserei . 89

a. Schmelzbarkeit ' 89

b. BünnflüBsigkeit 92

o. Schwindong 93

Vermeidang von Spannungen 97, von Hohlräumen 99.

d. Entwickelung von Gasen aus den Hetallen 102

Ursachen 102, Yerbindenmg der Gtasentwickelung 107.

e. Die Eigenschaften der Metalle unter den Einflüssen des Er- starrens und Abkühlens 106

2. Die Gussformen und ihre Herstellung 111

Begriff der Gussformen 111, der Kerne 111. Gussformen und Kerne ans bildsamem Hateriale ... 112

A. Die Formmaterialien 112

Formsand 112. Masse 115. Lehm 117. Kohle 118.

Apparate zur Aufbereitung der Formmaterialien 120

Trommelapparate 121. Kollergftnge 124. Thonschneider 126. Stroh zur Formerei 127

B. Die formgebenden Geräthe 129

Modelle 130. Theilen derselben 181. Kemkasten und Kern- stücke 138. Schablonen 134.

0. Die Rüstungen der Gussformen und Kerne 136

Formkasten 136. Büstungen für Lehmgussformfin 142, für Kerne 142. Kemspindeln 143. Kemeisen 145.

D. Die Werkzeuge der Formerei 146

B. Das Arbeitsverfahren der Formerei 147

Herdformerei 147

Inhaltsyerzeichnisa. xi

Seite

Kastenformerei 151

EingüsBa bei derselben 155. Stehender Gubs 156.

Freie Formerei (Lehmformerei) 157

Beispiele 159. Vergleich zwischen freier und Kastenforme- rei 165. Lehmkeme 166.

Literatur über das Arbeitsverfahren der Formerei 169

1*. Bas Trocknen der Gussformen und Kerne 169

durch Körbe 169

durch Gase 170

in Trockenkanmiern 170

Thüren derselben 172. Feuerung 173. IMrecte Erwär- mung 174. Grösse des Bostes 176. Beispiele ausgeführ- ter Trockenkammern 177. Lidirecte Erwärmung 183. Beispiele 183. Wirkungsgrad der Trockenkammern 188. Trockenkammerwagen 190.

G. Die Anwendung der Maschinen zur Formerei 192

Formmaschinen zum Ausheben des Modells 192

. Einstampfen des Bandes 193

y, « Ersatz von Modellen 198

Scott' 8 Bäderformmaschine 193.

Literatur 198

Oussformen und Kerne aus starrem Materiale 198

Beispiele 201. Anwendung von Gussschalen zur Beeinflus- sung der Eigenschaften der Metalle 202. Hartguss. Beispiele dafür 203. Hartwalzenguss 205. Uchatius' Stahibronze 206.

Literatur 207

Die Fertigstellung der Gussformen für die Aufnahme

des geschmolzenen Metalls 207

Beschwerung 207. Bammgruben 208.

8. Bas Schmelzen der Metalle 211

Bie Schmelzapparate 212

Erste Gruppe : Kessel 213

Einrichtung derselben 214. Werkzeuge 216. Arbeitsver- fithren 216. Wirkungsgrad 217.

Zweite Gruppe: Tiegelöfen 218

Allgemeine Einrichtung 218.

Tiegelschachtöfen für festes Brennmaterial 220

Tiegelschachtöfen for gasförmiges Brennmaterial 222

Tiegelherdöfen 228

mit directer Feuerung 224, mit Gasfeuerung 225. Werkzeuge und Arbeitsyer&hren beim Tiegelschmeizon . 228

Wirkungsgrad der Tiegelschmelzöfen 830

Dritte Gruppe: Herdflammöfen ohne Tiegel •••••••.. 233

Allgemeines 233. Construction 235.

Oefen mit directer Feuerung 235

Bost 236. Flammenloch 237. Herd 288. Oefen mit gestrecktem Herde 238, mit vertieftem Herde 239; Ver- gleich beider Systeme 240. Grösse des Herdes 242. Höhe der Feuerbrücke 242. Fuchsquerschnitt 842. Esse 243. Beispiele ausgeführter Flammöfian 243. Sin- bau 247. Anwendung von ünterwind 254.

Xli InhaltSYerzeiclmiss.

8«ito

Oefen mit Gasfeaerang 254

OHm von Deyille fQr Flatinschmelzeii 255. Gewöhn- liche Oasflammöfen 255. SiemenB'sohe Oefen 256.

Werkzeuge beiin FlAmmofenBchmelzen 260

ArbeitsTer&hren nnd WirknngsgTad 261

Vierte Gruppe: Schachtöfen oder Cnpolöfen 264

AUgemeiaeg 265. Gichtgaae 266. ConstmctionfiTegehi 268.

Aeltere Cnpolöfen 270. Befström' scher oder Schmahel'-

Bcher Ofen 272. Ireland's Ofen 264. Krigar's Ofen

276. Mac Kensie'fl Ofen 280.

Einban der Cnpolöfen 281

Sohomstein 286. Srhitste Gebl&selnft 287.

Werkzeuge 288

Arbeitsverfehien 288

Euenmischungen 290.

Wirkungsgrad 291

SohluBsbetrachtungen ...•• 292

Literatur 294

4. Das Giessen 295

Apparate 295

Giesspfannen oder Kellen 295. Handpfennen 295. Gtebel- pfennen 296. Erahnpfannen 297. Kipppfannen 302. Sümpfe und GtMnen 303. Giesspumpe 304.

Arbeitsverfehren 304

Einflüsse der Temperatur des Metalls 305. Entweichende Gase 306. Angiessen yon Henkeln, Walzenzapfen etc. 307. Schwenk- oder Stürzguss 308. Zinnbrillanten oderFahluner Diamanten 309. Centrifugalguss 309.

Literatur 309

5. Ueber die Anlage und Einrichtung der Giessereien . 311

Formbänke 312. Fussboden 812. Anordnung der Trocken- kammern oder Oefen 313. Tiegelgiessereien 313. Anord- nung der maschinellen Apparate 316; der Krahne 317. Dach- coustruction für Giessereien mit Laufbühnen 318. Damm* gruben 320. Literatur 320. IL Die Formgebung im imgeschmolBenen Zustande durch

Äussere Krftfte 321

1. Arbeitseigenschaften der Metalle und Legirungen . . 321

A. Dehnbarkeit imd Zähigkeit 321

Begriff; Abhängigkeit von der Elasticitätsgrenze und Festig- keit 322. Einfluss der Temperatur 327. Einflüsse chemischer Beimengungen 328; beim Eisen 329; beim Kupfer 330; bei

der Bronze 331; bei Messing und Tombak 331. Einfluss der mechanischen Verarbeitung 332.

B. Härte 333

Begriff 333. Einfluss chemischer Beimengungen 334. Einfluss

der mechanischen Verarbeitung 335, beim Stahle 335. An- wendung der Härtezunahme durch mechanische Verarbei- tung bei Anfertigung von Bronzegeschützen 336. Einfluss rascher Abkühlung 336. Härten und Anlassen des Stahls 338, der Bronze 341.

Inhaltsyerzeichniss.

Bette

0. Schweißbarkeit und Adhänionsencheinangen 342

Bedingungen für das Schweissen 842. Erklänmgen des Schweiflsens 345. Plattdren 346.

2. Die Erhitzung der Metalle .•.••••••• 848

Die Erhitzungsapparate.

Erste Gruppe: SchmiedefBuer 848

Allgemeine Einrichtung 349. Gekühlte Formen 850. Ein- führung des Windes von unten 350. Eiserne Schmiede- feuer 353. Gebläse und Windleitung 355. Winderwärmung 856. Feldschmieden 358.

ArbeitsTerfahren und Brennmaterial 859

Betriebsresultate und Wirkungsgrad 861

Zweite Gruppe: Herdflammöfen 868

Allgemeines; Unterschied zwischen Beb weiss- und Glühöfen 863. Herdflammöfen mit directer Feuerung 363. Oonstjruo- tlonsregeln 364. Beispiele ausgeführter Oefen 367. Anwen- dung von ünterwind 376. Benutzung der Abhitze 379.

Herdflammöfen mit Gasfeuerung 880

Bicheroux's Ofen 381. Ponsard's Ofen 383. Sie- men's Ofen 385.

Betrieb und Arbeitsver&hren ••••. 385

Betriebsresultate und Wirkimgsgrad 886

Dritte Gruppe: Gefässöfen 887

Beispiele 388. ArbeitsverÜEthren und Wirkungsgrad 391«

Schlussbetrachtungen 898

Literatur 394

8. Die formgebenden Apparate und ihre Anwendung 895

A. Hammer und Ambos ••».... 895

Allgemeines 396.

a. Stielhämmer 897

Handhämmer 398. Verschiedene Arten 898. Ambose 399. Tritthämmer 400.

Stimhämmer 401. Aufwerfhämmer 402. Schwanzhäm- mer 405.

b. Bahmen- oder Parallelhämmer 407

Allgemeines 407.

Transmissionshämmer 408

Biemenhämmer 409. Daumenhämmer 412. Frictions- hämmer 413. Federhämmer 414. Pneumatische Häm- mer 418.

Dampfhämmer 418

Allgemeines 418. Steuerungen 419. (Gewicht, Hubhöhe und Hubzahl für bestimmte Zwecke 420. Ohabotte und Fundamentirung 421. Gerüst 421. Historisches 422. Kasmyth'sche Dampfhämmer 428. Oondie'soher Dampfhammer 484. Morrison's Dampfhammer 487. Daelen's Dampfhanmier 489. Naylor's Dampf- hammer 442. Brinkmann's Dampfhammer 444. Farcot's Dampfhammer 446. Türck's Dampfham- mer 446. Schnellhämmer 447. Keller und Banning's Schnelihämmer 447. Seiler 's Dampfhammer 450. ^

XTV InhaltsverzeichnisB.

8eit§

Idteratar über sftimntliche Gattungen von H&nunern .... 454

Formgebende Ergftnzungistäcke zu den H&mmem 455

Seizhämmer 455. Gesenke 456. Schrotmeissel nnd Ab- sohrot 457. Durchschlag und Lochring 458.

Schmiedemaschinen 458'

Bas ArbeitSTerfahren bei der Formveränderung dnrch H&mmem 461 Ausstrecken oder Zainen 462. Treiben oder Anftiefen 463. Stauchen 463. Anziehen 464. Ansetzen 464. Biegen 465. Ix>chen und Aufhauen 465. Schweissen 466. Literatur über formgebende Werkzeuge und Arbeitsverfahren

beim Hämmern 467

B. Piessen 468

Allgemeines 468. Haswell*s Schmiedepresse 468. Formgebende Ergänrnngsstücke und Arbeitsverüfthren .... 476

literatur über Pressen 470

a WahEwerke 480

Allgemeines 481.

Die Wabsen 482

Durchmesser, Länge und Geschwindigkeit 483. Kaliber 484. Gonstruction von Spitzbogenkahbem 488, Quadrat- kalibem 489, BundkaUbem 489, Eisenbahnschienenkali- bem 491, Wxnkeleisenkalibem 492, T- und Doppelt T-Eisen- kalibem 492. Periodische Kaliber 493. Unterbrochene Kaliber 494. Staffel- oder Stufenwalzen 495.

Abstreifvorrichtungen und Walzentisch 496

Ständer . . 498

Kupplungen 503. Getriebe oder Kammwalzen 504. Schwung- rad 505.

Dreiwalzensysteme (Triowalzwerke) 506

Kalibrirung denelben 506. Fritz 'sches und Holley'- scfaes Walzwerk 508. Laut'sches Walzwerk 510.

Kehrwalzwerke 513

Universalwalzwerke 515

Walzwerke zur Herstellung ringförmiger Körper oder Kopf- walzwerke (Reifen-, Tyres- oder Bandagenwalzwerke) . . . 520

Arbeitsverbrauch beim Walzen . 525

Arbeitsverfahren 526

Packetiren 526. Plattirte Bleche 527.

Literatur 528

D. Ziehbänke 529

Theorie des Ziehens 530. Schleppzangenziehbänke 531. Leier- ziehbänke 534. Das Zieheisen 536. Arbeitsverfahren und Arbeitsaufwand 536.

BückbUeke 540

4. Einiges über die Anlage der Werkstätten zum

Schmieden, Walzen, Pressen; Ziehen 541

Literatur 545.

Inhaltsyerzeichniss. XV

Seite Dritter Abschnitt.

Die Vollendung der Form.

Allgemeines 547

I. TrennungBarbeiten 549

1. Die allgemeinen Vorgänge bei der Trennung nnd die Arbeitseigensohaften der Metalle, hinsichtlich ihrer Theilbarkeit 549

Abscheeren und Schneiden 549. Vorgänge dabei 550. Span- bildung 550. Form des Werkzeugs 551. Schaben 557. Ar- beitseigenschaften 558. Literatur 559

2. Die Bewegung der Werkzeuge und die Werkzeug- maschinen im Allgemeinen 560

Stellung der Werkzeuge 561. Schroppen und Schlichten 561. Haupt- und Schaltbewegung 562. Bewegungsübertragungen bei Werkzeugmaschinen 562. Verschiedene Bewegungsge- schwindigkeiten 563. Beschleunigter Bückgang 565. EUip- senräder 565. Goulissenhebel 566. Ezcentrische Kurbel- schleife 567. Literatur über Werkzeugmaschinen und Werkzeuge 569

3. Die formgebenden Geräthe und das Arbeitsverfahren 570

A. Geräthe zum Abscheeren 570

a. Scheeren 570

Bogen und Hebelscheeren 570

Parallelscheeren 574

Kreis- oder Circularscheeren 579

Schneid- oder Eiaenspaltwerke 582.

b. Geräthe zum Lochen (Durchstossen) 584

Durchschlag 584.

Lochmaschine oder Durchstoss 585

Anwendung der Schraube 586; des Hebels 587; der hy- draulischen Presse 588; der Kurbel oder des Excen- ters 590. Arbeitsverbrauch 592. Literatur über Scheeren und Lochmaschinen 593

B. Geräthe zum Schneiden 594

a. Meissel und Grabstichel 594

Kreuzmeissel 595. Flachmeissel 59§. Grabstichel 595. Kneif- oder Beisszangen 596.

b. Der Hobel und die Hobelmaschinen 596

Planhobelmaschinen 597

Feil- oder Shapingmaschinen 610

Nuthenstossmaschinen 620

Literatur 625

c Die Säge . 625

Hand- oder Bogensägen 627. Kreissägen 628.

Literatur 630

d. Die FeUe 630

XVI InhaltsTerzeichniss.

Seit«

e* Geräthe zum Drehen 636

Drehstahl * 636

Drehbank 637

Prumadrehbänke 640. Spindelstock 641. Beitstock 642. Support oder Werkzeughalter 643. Spitzendrehbank 643. Flanscheibe 646. Universalplanscheibe 646. Plandreh- bänke 647. Bäderdrehbänke 651. Ourvensupport 652. Ovalwerk 653.

Universaldrehbank von Koch nnd MüUer 655

Mitnehmer, Herz, Futter 659. Lünetten 660. Dreh- stahl 660. Arbeitsyerfahren 661.

Guiliochiren 662

Literatur 664

f. Fräse und Fräsmaschine 665

Form der Fräsen 666. Fräsmaschinen 667. Construc- tionsregeln für Fräsen 672. Literatur 673

g;. Qeräthe zum Ausbohren 673

Bohrwellen und Bohrkopf 674. Ausbohren mit dem Wendeeisen 674.

Horizontalbohrmaschinen 675

Cylinderbohrmaschinen . . . . , 677

Literatur 681

h. Qeräthe zum Loohbohren . 682

Bohrwandbohrer 683

Bohrspitzen . 684

Spiralbohrer 686.

Bohrgeräthe -für zweischneidige Bohrer 686

Bollenbohrer 687. Drillbohrer 687.

Bohrgeräthe für einschneidige Bohrer . 688

Brustieier 688. Bohrkurbel 688. Druckbaum 688. Bohr- gestell 689. Bohrknarre 689.

Bohrmaschinen 690

Handbohrmaschinen 691

Freistehende Bohrmaschinen 693

Badial- oder Krahnbohrmaschinen 695

Wandbohrmaschinen 697

Duplexbohrmaschinen 698. Multiplexbohrmaschinen 698.

Literatur 699

i. Langlochbohrapparate 700

G. Geräthe zum Schaben 705

a. Schaber 705

b. Beibahle, Ausreiber 705

c. Geräthe zum Schleifen 707

Schleifstein 707. Poliren 709. Schleif- und Polirmate-

rialien 710. Literatur 713

n. Biefirongs- und DehntuigsarbeiteJi 714

a. Das Biegen 714

Allgemeine Vorgänge beim Biegen 715. Anwendung des

InhaltsTerzeichnisB. XVII

Seite Hammers imd des Amboses dazu 716; der Pressen 717; der Walzwerke 721; der Ziehbänke 727.

Literatur 727

b. Das Treiben und Aufziehen, Stanzen, Drücken, Ciseliren,

Prägen 728

Allgemeines 728. Umkrämpen von Kesselblechen 728. Punzen 729. Anwendu];^ von Maschinen 730.

Drücken auf der Drehbank 732

CiseUren 733

Prägen 734

Literatur 734

m. Die ZusaixunenfCLgungsarbeiten 735

1. Adhäsionsverbindungen 735

a. Schweisaen 736

b. Löthen . . 736

Eigenschaften der Lethe 737. SchnelUoth 738. Schlage-

loth 739. Arbeitsverfahren 739.

c. Kitten 742

Bostkitt 743. Mennigekitt 743. Siegellack 744. Käse- kitt 744.

2. Verbindungen durch Beibung (Zwängverbindungen) . 744

3. Falzen 746

4. Verbindungen durch Niete und Schrauben 747

Das Nieten 747

Nieten mit der Hand 748; mit Nietmaschinen 749.

Literatur 753

Vierter Abschnitt. Die Arbeiten zur Verschönerung und Erhaltung.

1. Beizen und Färben 755

Beizen des Eisens 757

Beizen und Färben der Kupferlegirungen 758

9 n n » Silberlegirungen 760

9 n n n G^oldleglrungen 760

Aetzen 761

2. Poliren 762

3. Das Ueberziehen der Metalle 762

A. ueberziehen mit anderen Metallen 763

a. Das Ueberziehen auf directem Wege 764

Das Verzinnen des Eisens 765

Anfertigung des Weissbleohs 766.

Das Verzinnen des Kupfers und Messings 770

b. Das Ueberziehen auf nassem Wege 770

Durch Substitution 770; auf galvanischem Wege 771.

Beispiele. Verkupfern, Vermessingeu, Bronziren ... 773

Verzinnen 774

Vemickehi . . . . .^ 775

Versilbem .....' 775

Vergolden 776

ÄViu Inhaltsyerzeichniss.

Saite

c Dm Uebeniehen durch Anuügunfttion (Feaervergoldoiig

und Feaeryenflbenmg) 776

B. Das üeberziehen mit zosanunengesetzteii Körpern 777

a. Durch Oxydation 777

Beispiele: Eisen 778; Kupfer und Bronze 779; Patina 780;

Irisiren 780.

b. Durch Anstreichen, Firnissen, Lackiren, Bekleben, As- phaltiren 781

c. Durch Emailliren 783

Zveiter Theil«

Beispiele aus der speoiellen Teohnologie.

Die Schrotgieeserei 795

Die Schriftgiesserei 797

Anfertigung der Bohren 804

Qusseiseme Bohren 805

Schmiedeeiserne Bohren 810

Fa^nstücke zu denselben 814.

Kupferröhren ^ 816

Blei- und Zinnröhren 818

Anflertigung der Schrauben und Schraubenmuttern 821

Blattgold und Blattsilber 839

Schneidwaaren 841

Nägel und Drahtstifte 845

Die Münzen 856

Anfertigung der StahlschreibfedeiTi 873

Anfertigung der Stecknadeln 875

Anfertigung der Nähnadeln 878

Die Schlösser und die Schlüssel 883

EINLEITUIfG.

Als die Eltern des MenscbengeschlechtB der biblischen Ueberliefe- rung zufolge aus dem Paradiese vertrieben wurden, entstand in Folge der Drohung: „im Schweisse des Angesichts sollst du dein Brot essen ^ der erste Anfang unseres Culturlebens. Die Nothwendigkeit , durch Ar- beit das Leben zu fristen , durch Kampf dieses Leben gegen fremde An- griffe zu yertheidigen ; endlich der jedem Menschen eingepflanzte Trieb, durch Aeusserlichkeiten auch das Leben zu verschönern, Hessen den Menschen nach Hilfsmitteln sich umschauen, jenen Erfordernissen zu genügen; und er fand als eines der werthvollsten Hilfsmittel dafür das MetalL

Dank dem Umstände, dass einzelne Metalle sich gediegen in der Natur vorfinden, ist die Verarbeitung der Metalle zu Geräthen aller Art alter als die Abscheidung derselben aus den Erzen.

So finden wir nicht nur in der Bibel, sondern in den Ueberliefe* ru^gen der meisten Völker Spuren von ihrer Bekanntschaft mit den Me- tallen bis in die älteste Sagenzeit hinaufreichend. Hesiod nennt das älteste Zeitalter der Menschheit das goldene, zwar bildlich, immerhin aber andeutend, dass er die Bekanntschaft der ersten Menschen mit dem Golde voraussetze. Ebenso Ovid und Andere.

Viel später noch fand man Spuren, dass vor dem Zeitalter der Me- talle noch ein älteres Zeitalter der Menschheit dagewesen sei und nannte es die Steinperiode. Die Seltenheit gediegen vorkommender Metalle zwangen zur Verarbeitung roherer Naturproducte für Gegenstände häus- licher und kriegerischer Verwendung. Ueberlieferungen aus dieser Zeit aber haben wir nicht.

Wir «finden, dass die Gultur der Völker und die Anwendung der Metalle Hand in Hand ging. Beides blühte rasch empor, als man ge- lernt hatte, aus Erzen Metalle abzuscheiden. Mehr und mehr wurden

Lcd«bnr, inec1iaiiltch-m«talliiTgUcho Technologie. \

2 Einleitung.

die Metalle unentbehrlich. Ihre Benutzung Hess hundert andere Zweige der Gewerbthatigkeit emporblühen. Diese Benutzung bildet einen der Haupttragpfeiler unserer jetzigen Gultur und die Verarbeitung der Me- talle eine der wichtigsten Triebfedern im Gange des alltäglichen Lebens.

Die Lehre von der Verarbeitung der Rohmetalle auf mechani- schem Wege zu fertigen Gegenständen des Gebrauchs bildet den Gegen- stand des Yorliegenden Buches. Wir nennen diese Lehre mechanisch- metallurgische Technologie. Sie umfasst einen wichtigen Theil der gesammten mechanischen Technologie, welche neben der Verarbeitung der Metalle auch die Darstellung von Gegenständen aus Holz und Stein, Anfertigung von Geweben, von Papier u. s. w., überhaupt die mecha- nische Verarbeitung sogenannter Rohstoffe zu Gegenständen des menschlichen Gebrauchs beschreibt. Neben der mechanischen steht die chemische Technologie, die gewerbsmässigen Darstellungsmethoden von Gebrauchsgegenständen auf chemischem Wege umfassend.

Nur ein verschwindend kleiner Theil aller verarbeiteten Metalle wird gediegen in der Natur gefunden. Der überwiegend grösste Theil derselben geht als Rohproduct aus der Hand des Hüttenmannes hervor, welcher sie durch eine Reihe mehr oder minder einfacher chemischer Processe aus den Erzen abscheidet. Die Lehre von dieser Darstellung der Rohmetalle aus den Erzen nennt man die Metallurgie, und wenn sie neben den theoretischen Erörterungen auch den praktischen Vorkomm- nissen gebührende Berücksichtigung schenkt, Hüttenkunde.

In gewissem Sinne bildet also die Hüttenkunde einen Theil der che- mischen wie auch der mechanischen Technologie, wird jedoch ihrer Wich- tigkeit und ihres Umfangs halber meistens als selbstständiges Ganze be- handelt.

Die mechanisch -metallurgische Technologie im engem Sinne be- ginnt da, wo die Hüttenkunde aufhört Aus der Hand des Hüttenmannes geht das Metall als formloser Barren oder Block hervor ; es bildet so das Material, den Rohstoff, für die Verarbeitung zu fertigen Gebrauchs- gegenständen in einer Reihe von Verfahrungsweisen, deren Beschreibung die mechanisch-metallurgische Technologie umfasst.

Nicht immer ist jedoch diese Grenze zwischen dem Gebiete der Hüttenkunde und mechanisch -metallurgischen Technologie ganz scharf gekennzeichnet. Das Metall, auch wenn es als solches fertig hergestellt ist, durchläuft in vielen Fällen eine Anzahl von Zwischenstufen, die chemisch und mechanisch seine Beschaffenheit und Form verändern, trotzdem aber wiederum nur ein Material für fernere Verarbeitung lie- fern. Wenn aus dem Roheisen durch einen hüttenmännischen Process sdimiedbares Eisen in rohen Luppen oder Blöcken dargestellt worden ist, pflegt sich an diese Herstellung in unmittelbarer Aufeinanderfolge eine Verarbeitung des rohen Eisens zu Stäben oder Blechen von* bestimm- ter Querschnittsform oder Stärke zu reihen, die meistentheils einer spätem, mannigfachen, weitern Verarbeitung unterliegen, also das Material

Einleitung. 3

für diese Verarbeitung bilden. Es gehört dieser Process, der mit grogs- artigen mechanischen Hilfsmitteln ausgeführt za werden pflegt, streng genommen der mechanischen Technologie an und wird demgemäss in Folgendem seine Erwähnung finden. Da aber aus naheliegenden Grün- den der Eisenhüttenmann selbst die Verarbeitung seines dargesteUten Eisens bis zu diesem Stadium in die Hand zu nehmen pflegt, und da ausserdem auch eine Reinigung des Eisens von fremden Körpern dabei stattfindet, also eine Raffinirung desselben, so ist man gewohnt, die Be- schreibung dieser Vorgänge auch in die Eisenhüttenkunde mit aufzu- nehmen.

Die Gruppirung bei der Beschreibung der sämmtlichen in das Ge- biet der Metallverarbeitung und der mechanischen Technologie überhaupt gehörenden Verfahrungs weisen und Apparate kann in zweierlei Weise geschehen.

Man kann erstens die Gruppirung vornehmen nach der Art der Urstoffe oder der fertigen Producte , ohne Rücksicht zu nehmen auf die gegenseitigen Beziehungen, die etwa zwischen der Benutzung dieses oder jenes Rohmaterials, zwischen dieser oder jener Anfertigungs weise eines und desselben Endproductes bestehen. So z.B. kann man in gesonderten Abschnitten die Verarbeitung des Eisens, des Kupfers, des Bleies, Zinns etc. behandeln ; oder auch man kann, um von den Endprodücten auszugehen, die Anfertigung von Schmiede- und Schlosserwaaren , von Gusswaaren der verschiedensten Art, Münzen, Nadeln etc. etc. eine an die andere reihen ohne bestimmtes Gesetz oder Aufeinanderfolge. Diese Methode, welche die ältere ist, und auf welcher unser ganzes technologisches Wissen ursprünglich sich aufbaute, nennt man specielle Techno- logie.

Man kann aber auch zweitens im Wege des Vergleichs alle die- jenigen Mittel einander gegenüber stellen, welche zur Erreichung eines und desselben allgemeinen Zieles angewendet werden können, z. B. zur Veränderung der Form der sämmtlichen Rohmetalle durch Schmelzen undGiessen; oder, wie Exner sich ausdrückt, im Wege der Vergleichung die Gesetze der mechanischen Umbildung derRohsto£fe in systematischer Aufeinanderfolge ermitteln und darstellen^}. Man nennt dieses System allgemeine oder vergleichende Technologie.

Für eine wissenschaftliche Behandlung des Lehrstoffes, für Ver- leihung eines freien Ueberblicks über das gesammte besprochene Gebiet, für Gewinnung eines sichern Urtheils über die Zweckmässigkeit der An- wendung dieses oder jenes Mittels zur Erreichung desselben Zieles bietet die vergleichende Technologie ausserordentliche Vorzüge gegenüber der speciellen. Während die letztere nur die Bekanntschaft mit ganz be- stimmten Zweigen der mechanisch - technischen Gewerbthätigkeit yer-

^) Ezner, Ein System der vergleichenden mechaDischen Technologie. Dingler*B polyt Journal, Bd. 214, 8. 410 ff.

4 Einleitung.

mittelt, giebt uns die vergleichende Technologie die Befähigung, auch in anbekannten Grebieten uns rasch zu Orientiren. Daher bildet aie den Hanpttheil des vorliegenden Lehrbuches; und die am Schlosse desselben aus der speciellen Technologie gegebenen Beispiele sollen eben nur für einzelne, besonders wichtige oder durch ihre Anfertigung besonders lehrreiche Gebrauchsgegenstände die nöthigen Ergänzungen liefern.

Erster Theil.

Allgemeine oder vergleicliexide Technologie.

Erster Abschnitt.

Allgemeines.

1. Die Metalle, ihre Legirungen und metalliBchen

Verbindungen.

Der Begriff des Ausdrucks „Metall** lässt sich in zweierlei Weise erläutern. Vom Standpunkte des Chemikers bedeutet der Ausdruck Metall einen einfachen Körper (Element), welcher in chemischer Vereini- gung mit Sauerstoff vorzugsweise basische Yerbindungen bildet, zum Unterschiede von Nichtmetallen oder Metalloiden, welche mit Sauerstoff vorwiegend saure Verbindungen eingehen.

Für den Gewerbtreibenden treten gewöhnlich die physikalischen Eigen- schaften der Metalle zur Erläuterung ihres Begriffes mehr in den Vorder- grund. Es sind dieses der eigenthümliche Metallglanz, Undurchsichtig- keit, starke Leitungsfahigkeit für Wärme und Elektricität. Während man vom chemrischen Standpunkte unter „Eisen" den reinen Stoff be- greift, steht der Ge werbtreibende nicht an, diese Benennung beizu- behalten, auch wenn die Analyse 10 Proc. und mehr fremde Bestand- tbeile nachweisen sollte , so lange jene physikalischen Eigenschaften des Metalls ** gewahrt bleiben^).

>) Spiegeleuen z. B. enthält oft über 25 Proc. fremde, darunter 6 bis 7 Proc. entscliieden nichtmetalllsclie Bestandtheile , gehört aber trotzdem im Handel und Gewerbe unter die Classe der Metalle und unter die Benennung nEisen".

6 Metalle.

Alle Körper, welche die Chemie unter die Metalle zählt, liisst auch die Technologie als solche gelten; Antimon und Arsen, welche ihrem che- mischen Verhalten nach von manchen Chemikern zu den Metalloiden ge- zählt werden, fügt man in der Technologie ihrem physikalischen Ver- halten and ihrer Verarbeitungsfahigkeit entsprechend gleichfalla den Metallen bei.

Der Metallarbeiter würde nicht wenig erstaunt sein zu hören, dass Antimon kein Metall sei.

Unter den 49 Metallen, welche uns demnach unter Hinzurechnung der beiden letztgenannten Körper die Chemie kennen lehrt, findet sich jedoch nur eine beschränkte Anzahl solcher Metalle, welche sich für eine gewerbsmässige mechanische Verarbeitung zu Gebrauchsgegenständen eignen.

Auch diese 'Metalle lassen sich wieder in zwei Gruppen sondern:

1. solche Metalle, welche für sich allein, ohne Vereinigung mit einem andern Metalle yerarbeitet werden können, nämlich:

Eisen,

Kupfer,

Zink,

Zinn,

Blei,

Silber,

Gold,

Aluminium,

Platin;

2. solche Metalle, die niemals oder doch nur höchst selten für sich allein, wohl aber mit anderen Metallen der ersten Gruppe t er- einigt verarbeitet werden.

Hierher gehören als häufig benutzte Metalle:

Antimon,

Wismuth,

Nickel; als weniger häufig benutzte:

Kadmium,

Mangan,

Wolfram,

Chrom,

Arsen,

Iridium. Eine solche Vereinigung zweier oder mehrerer Metalle, durch Zu- sammenschmelzen dargestellt, nennt man eine Legirung.

Die Metalllegirungen bilden gewissermaassen eine Zwischenstufe zwischen chemischer Verbindung und mechanischer Mischung und bie- ten dadurch dem Chemiker besonderes Interesse. Während es einestheils möglich ist, die meisten Metalle in allen möglichen Gewichtsverhältnissen

Legirungen. 7

zuaammeDznscliinelzen , za legiren, finden sich andererseits wieder Ver- einigungen der Metalle nach ganz bestimmten Gewichtsverhältnissen, krystallisationsfähig , und unter günstigen Umständen mit allen Kenn- zeichen einer chemischen Verbindung aus einem grossem Metallgemische sich aussondernd.

Wenn man z. B. silberhaltiges Blei schmilzt und langsam erkalten lässt, so scheiden sich allmählig aus der geschmolzenen Masse octaedrische Krystalle einer silberärmeren Legirung aus, die sich durch Ausschöpfen entfernen lassen, und es hinterbleibt eine silberreichere Legirung «im flüssigen Zustande (Pattinson'soher Entsilberungsprocess).

Wenn man gleiche Theile Blei und Zinn zusammenschmilzt und langsam abkühlen lässi, so erstarrt eine bleireiohere Verbindung zuerst und es hinterbleibt eine zinnreichere im flüssigen Zustande.

Wenn man Legirungen von Kupfer und Zinn derselben Behandlung aussetzt, so erstarrt eine kupferreichere zuerst und eine zinnreiohere bleibt flüssig.

Immerhin finden sich aber auch einige Legirungen nach ganz be- stimmten Gewichtsverhältnissen, welche dieses Verhalten nicht zeigen; z. B. unter den Kupferzinnlegirungen eine solche nach der Formel SujCuij zusammengesetzt (Künzel); öder nach Riebe die Legirungen SnCtt) und SnCoi. Man nennt derartige Legirungen constante«

Solche Vorkommnisse sind ungemein zahlreich und werden bisweilen zur Ausscheidung bestimmter Legirungen benutzt. Man nennt ein sol- ches Verfahren, eine schwerer schmelzbare Legirung von einer leichter schmelzbaren zu trennen durch langsame Erkaltung oder auch durch vorsichtiges Erwärmen der starren Legirung bis zu einem Punkte,* wo nur die leichter schmelzbare sich verflüssigt, Saigern (Sickern, Sichern).

Je allmähliger hierbei die Erkaltung beziehentlich die Erwärmung vor sich geht, desto abweichender pflegt die quantitative Zusammen- setzung der neu entstandenen beiden Legirungen zu sein.

Künzel ist der Ansicht, dass zwei Metalle, welche entweder beide leicht oder beide schwer krystaUisiren , constante, nicht saigemde Legi- rungen geben, Metalle, von denen eines leicht, das andere schwer kry- stallisii-t (Kupfer mit Zinn, Kupfer mit Blei) leicht saigemde Legirungen geben ^), eine Theorie, webhe nicht immer Bestätigung finden dürfte.

Auf die Entstehung wirklicher chemischer Verbindungen beim Legi- ren der Metalle deutet auch die mehrfach beobachtete Temperaturerhöhung im Augenblicke der Vereinigung, die bis zum Erglühen sich steigern kann.

Eine Legirung im weitern Sinne lässt sich also bezeichnen als ein Gemisch chemischer Vereinigungen von Metallen, meistens gelöst im Ueberschusse eines der oonstituirenden Metalle. Dabei können eine oder . mehrere Verbindungen gleichzeitig neben einander vorhanden sein; ebenso kann die Anzahl der legirten Metalle unbegrenzt sein, indem entweder

^) Künzel, Ueber Bronzelegirangen, Dresden 1875, S. 18.

8 Leginmgen.

ein Metall ein anderes in seiner Verbindung sabstitnirt oder ancfa, indem ea aelbstatändig eine zweite oder dritte Verbindung eingeht, die sich neben der schon Torhandenen löst.

Etwas anders erkl&rt A. Matthiessen den Begriff einer Legimng ^). Er nennt Legimng ^eine starr gewordene Lösung eines Metalls in einem andern Metall/ Er theilt die Metalle in zwei Classen; die eine, mit A bezeichnet, enth&lt Blei, Zinn, Zink, Kadmium, die zweite, B, enth&It alle ftbrigen Metalle« Legirungen aus den Metallen A zeigen physikalische Charaktere, welche das Mittel der beiden Bestandtheile sind; die Eigen- schaften der Metalle B dagegen werden durch Zusatz selbst geringer Mengen anderer Metalle so gänzlich verändert, dass die daraus resulti- renden Legirungen nur als „starrgewordene Losungen allotropischer Modificationen der Metalle in einander" betrachtet werden können.

Wir werden später sehen, dass Matt hiessen^s« Behauptung hin- sichtlich der Metalle A auch nur hinsichtlich einiger physikalischen Eigenschaften zutreffend sein kann; andere f&r die Verarbeitung der Le- girungen sehr wichtige Eigenschaften, wie z. B. der Schmelzpunkt, ver- halten sich Tollständig anders. Es liegt also durchaus kein Grund yor, an Stelle der einfacheren Erklärung des Begriffs Legirung die ferner^ Hegende durch allotropische Modificationen zu setzen.

Für die Verarbeitung der Metalle besitzen die Metalllegirungen eine ungemeine Wichtigkeit. Es zeigt sich nämlich bei der Legirung ver- schiedener Metalle häufig das überraschende Ergebniss, dass die physi- kalischen Eigenschaften der entstandenen Legirung wie bereits an- gedeutet wurde erheblich yon den Eigenschaften der constituirenden Bestandtheile abweichen. Aus zwei weicheren Metallen kann unter Um- ständen eine viel härtere Legirung hervorgehen; aus zwei Metallen von hohem Schmelzpunkte eine Legirung von niedrigerem Schmelzpunkte u. s. f. In anderen Fällen wieder, besonders wenn Metalle von sehr abweichen- den Eigenschaften vereinigt werden, findet eine Ausgleichung, Ab- schwächnng der Extreme statt. Man ist im Stande , ein sprödes Metall durch Zusatz eines andern in bestimmten Verhältnissen weicher, dehn- barer, ein weiches Metall härter, widerstandsfähiger zu machen.

Es geht aus dieser Eigenthümlichkeit der Legirungen ohne Weite- res hervor, welche wichtige Handhabe die Darstellung derselben für die mechanische Verarbeitung der Metalle bietet. Man ist bei Herstellung eines einzelnen Gegenstandes nicht mehr beschränkt auf die Anwendung eines einzelnen Metalls mit ganz bestimmten Eigenschaften, die oft dem vorliegenden Zwecke keineswegs ganz entsprechen, sondern man hat ein Mittel in der Hand, durch Zusätze anderer Metalle Eigenschaften in der entstandenen Legirung hervorzurufen, wie sie sich theils als f5rderlich für

1) Chemical News 1867, XV, p. 78; daraus in DingleHs polyt. Joum. Bd. 184, 8. 241; Polytechnisches Centralhlatt Jahrgang 1867, S. 914; Wagner's Jahresbericht Bd. 13 u. A.

Legirungen. 9

die Verarbeitung, thoils als sweckmässig für die Benntzang des fertigen Gegenstandes heraosgestellt haben.

Daher kommt es, dass aach anter jenen in erster Gmppe aufgeführ- ten Metallen mehrere seltener allein als mit anderen Metallen derselben oder der später erw&hnten Gruppe legirt zur Verarbeitung gelangen, z. B. das Zinn, Gold, Silber.

In Folge der grossen Wichtigkeit, welche die Legirungen demnach für die Praxis besitzen, hat man bestimmten vielfach benutzten Legirun- gen selbstständige Benennungen gegeben, welche die Bestandtheile der- selben gar nicht mehr andeuten.

Tombak heisst eine vorzugsweise zu Schmucksachen benutzte Le- girung von Kupfer und Zink mit einem Gehalte von höchstens 18 Proc. Zink, öfter bedeutend weniger, daneben als mehr zufällige Beimengungen bisweilen Blei oder Zinn enthaltend, z. B.

Kupfer Zink Zinn

Französischer Tombak zu Gewehrbeschlägen 80 17 3

Tombak von Oker 85 16

Wiener Tombak . , 92 8

Desgl. rother 97,8 2,2

Rothguss nennt man dieselbe Legirung, wenn sie besonders im Maschinenbau zum Gusse benutzt wird, zu Zapfenlagern und ähn- lichen Gegenständen, z. B. 87 Thle. Kupfer, 13 Thle. Zink. Der Unter- schied zwischen Tombak und Rothguss beruht also vorwiegend in der Art der Verwendung und man sucht durch bestimmte Gewichtsverhält- nisse zwischen Kupfer und Zink eben solche Eigenschaften hervorzurufen, welche der Art und Weise der Verarbeitung zu jener Verwendung ent- sprechen ^).

Messing wird eine Legirung aus Kupfer und Zink genannt, wenn deren Zinkgehalt grösser ist, als der des Tombaks. Die meisten Messing- sorten enthalten 24 bis höchstens 37 Proc. Zink, häufig geringere Men- gen von Zinn und Blei, z. B.

Kupfer Zink Blei Zinn

Gegossene Uhrräder .... 60,66 36,88 1,35

Gusswaaren aus Iserlohn . . . 63,70 33,50 0,30 2,50

Französisches Messingblech . . 64,60 33,70 1,40 0,20

Messingblech von Iserlohn . . 70,1 29,9

Messingdraht aus Augsburg . 71,89 27,63 0,85

^) Der Ausdruck „Rothguss" pflegt überhaupt jede dunkel gefärbte, also knpferreiche Ijegirung zu bezeichnen, sofern die daraus hergestellten Gegen- stände — meistens Maschinentheile durch Giessen hergestellt sind; häufig enthält der Bothguss g;rössere Mengen von Zinn, gehört also der Classe der liCgirungen an, welche wir Bronzen nennen (siehe unten).

10 Legirungen.'

Es yerdieut Erwftfanang, dass das MessiDg weit früher uIb das Zink in metallischer Form bekannt war. Während letsteres erst im 15. Jahr- hundert selbstständig aus seinen Erzen abgeschieden, im vorigen Jahr* hundert aber zuerst gewerbsmässig dargestellt wurde, war das Messing das Aurichalcnm der Römer schon zu Plinins* Zeiten bekannt und wurde durch einen reducirenden Schmelzprooess Ton Kupfer mit Zink- erzen gewonnen. Viele Münzen aus der Zeit der römischen Kaiser be- stehen aus Messing; z. B.

Kupfer Zink Zinn Blei Münze von Tiberius (noch Goebel) 72,2 27,7 Münze von Nero (nach Klapproth) 80,1 19,9 1,1 Münze von Augustus (nach Klapp- roth) 79,3 20,7

Im Handel begegnet man nicht selten Benennungen von Metall- waaren, die im Grunde nichts anderes sind, als schon unter anderen Namen bekannte Legirungen , von den Fabrikanten aber mit neuen Be- zeichnungen benannt werden, theils um ein gewisses Gewichts verhältniss der Bestandtheile und dadurch die aus diesem Gewichtsverhältnisse ent- springenden Eigenschaften der Legirung zu kennzeichnen, häufig aber auch, um eine neue Waare mit dem Schleier des Absonderlichen, noch nicht Dagewesenen zu umgeben und ihr dadurch bessern Absatz zu verschaffen. Solche in die Gattung ,yMe88ing*' oder „Tombak^ gehören- den Legirungen sind unter Anderen: Pinchbeak, aus 90 Thln. Kupfer, 10 Thln. Zink; Ghrysochalk, a^s 90,5 Thln. Kupfer, 7,9 Thln. Zink, 1,6 Thl. Blei; Chrysorin, aus 66Va Thln. Kupfer. 33Vs Thln. Zink; Prinzmetall, aus 75,7 Thln. Kupfer, 24,3 Thln. Zink; Semilor oder Mannheimer Gold, aus 83,7 Thln. Kupfer, 9,3 Thln. Zink, 7 Thln. Zinn; Muntzmetall, in England für Schiffsbeschläge verwendet und von dem Erfinder Muntz aus 60 Thln. Kupfer, 40 Thln. Zink zusammen- gesetzt; Aiohmetall oder Sterrometall, von Aich erfunden und den Analysen zufolge bestehend aus 60 bis 65 Thln. Kupfer, 40 bis 35 Thln. Zink u. a. m.

Auch der bisweilen benutzte Name Composition pflegt irgend eine Messinglegirung zu bezeichnen.

Karmarsch nennt alle Legirungen aus Kupfer und Zink „Gelb- kupfer^ ; häufiger als diese sonst nicht übliche Benennung für das Metall ist für den Yerfertiger gegossener Gegenstände aus Kupferzinklegirungen die Bezeichnung „Gelbgiesser*' geworden.

Bronze bezeichnet Legirungen aus Kupfer und Zinn (reine Bronze) oder auch aus Kupfer, Zinn und Zink (messingartige Bronze). Daneben finden sich als nicht constituirende Bestandtheile theils absichtlich zugesetzt, theils unabsichtlich hinzugekommen geringere oder grössere Mengen von Blei, auch wohl Eisen oder Antimon. Der Zinngehalt steigt selten über 27 Proc. und sinkt für gewisse Zwecke auf 1,5 Proc. Dieser

Legirungen. 11

absichtlich zageseizte Zinngehalt bedingt die Benennung „Bronze ". Aach im Messing findet sich, wie oben mitgetheilt, nicht selten ein Zinngehalt nnd es sind daher die üeberg&nge zwischen Messing nnd messingartiger Bronze zahlreich. Besonders enthalten die zum Statnengosse verwende- ten Legirungen nicht selten mehr Zink als Zinn, wie sich aus folgender Zusammenstellang der Zusammensetzung älterer und neuerer Statuen

ergiebt :

Kupfer Zink Zinn Blei Eisen Nickel Antim.

Löwe auf dem Burgplatze in Braunsohweig (12. Jahrhundert) ... 81,0 10.0 6,5 2,5

Diana im Hofgarten zu Manchen, 1600 ge- gossen 77,03 19,12 0,91 2,29 0,12 0,43

Mars und Venus in Mün- chen aus dem Jahre 1586 94,12 0,30 4,77 0,67 0,48

Grosser Kurfürst in Ber- lin, 1703 .... 89,09 1,64 5,82 2,62 0,13 0,11 0,60

Bachus im sicilianischen Garten in Sanssouci bei Potsdam 1835 . 89,34 1,63 7,60 1,21 0,18

Als „Normalbronze*' für Statuenguss, ausgezeichnet durch eine Reihe vorzüglicher Eigenschaften zum Gusse, bezeichnet Elster eine Legirung aus

86V3 Thln. Kupfer, 6Vs Zinn.

31/3 n Blei, 31/3 Zink.

Reiner ausgeprägt zeigt sich die Zusammensetzung der eigentlichen Bronze im sogenannten Glocken metall, welches ann&hemd aus 75 Thln. Kupfer, 25 Thln. Zinn, bis zu 80 Thln. Kupfer, 20 Thln. Zinn zu be- stehen pflegt, bisweilen allerdings auch Zink und Blei enthaltend (das Gonggong oder Tamtam der Chinesen besteht aus 80 Thln. Kupfer mit 20 Thln. Zinn)^); ferner im Geschützmetall oder Stückgut, durch- schnittlich 10 Thle. Zinn auf 90 Thle. Kupfer enthaltend. Zahlreiche Analysen solcher Bronzen sind in Mnspratt-Kerl's Chemie, Braun- schweig 1868, in. Bd., S. 1123 u. 1134, mitgetheilt.

^) Ein Silbergehalt der Glocken, welchem Laien noch jetzt bisweilen Ein- wirkung auf den Klang zuschreiben, ist. gänzlich ohne Einflnsi und die sehr geringen Mengen von Silber, die überhaupt in älteren Glocken gefunden wer* den, beweisen, dass auch die alten Giesser diesen Umstand wohl gekannt haben und dass die vielfitch dargebrachten frommen Silberspenden wohl in die Tasche derselben, nicht aber in den Sehmelzofen geflossen sind.

]2 Legirungen.

Unter die Grattnng „Bronze" gehört aach das sogenannte Spiegel- metall, neben ca. 68 Thln. Knpfer hauptsächlich Zinn und häufig einige Procente Arsen enthaltend (Analysen a. a. 0. S. 1135).

Der im Altertbnme häufig benutzte Ausdruck £rz, Eigenschafts- wort ehern, bezeichnet nichts anderes als die heutige Bronze aus Kupfer und Zinn. Antike Waffen enthalten 80 bis 88 Thle. Kupfer, daneben Zinn und bisweilen Blei ; antike Statuen 76 bis 95 Thle. Kupfer mit Zinn und Blei ; ebenso zusammengesetzt sind antike Bronzemünzen.

Neusilber nennt man Legirungen aus Kupfer, Nickel und Zink. Bisweilen finden sich geringere Mengen von Eisen oder Kadmium. Andere Benennungen des Neusilbers sind Argentan, Alfenide, Alpaka, Chri- stoflemetall.

Das Mengenverhältniss der Metalle unter einander in diesen Legi- rungen pflegt derartig zu sein, dass sich die Menge des Kupfers zum Zink annähernd wie 8 : 3 verhält; die Menge des Kupfers plus Zink zum Nickel wie 3 : 1 bis 8 : 1. Doch finden sich auch hiervon begreif- licherweise zahlreiche Abweichungen, je nachdem der Fabrikant die eine oder die andere Eigenschaft der Legirung mehr hervortreten lassen oder mehr abschwächen will, z. B. ^):

Kupfer

Zink

Nickel

Eisen Kadmium

Englisches Neusilber zu

Tischgeräthen . . .

. 63,34

17,01

19,13

0,52

Wiener desgl

. 55,6

22,2

22,2

^a^m^ * ^^»^

Französisches desgl. . .

. 50,00

31,25

18,75

Desgl.

. 59,1

30,2

9.7

1,0

Desgl. zu Löffeln . .

. 69,9

5,6

19,8

4,7 -•

Aluminiumbronze nennt man eine zu Schmucksachen und tech- nischen Zwecken verwendete Legirung von Alnminium und Kupfer, gewöhnlich 90 bis 97 Thle. Kupfer, 10 bis 3 Thle. Aluminium ent- haltend.

Hartblei sind Legirungen von Blei mit Antimon in verschiedenen Verhältnissen mit einem Antimongehalte bis zu 20 Proc, bisweilen unter Zusatz von Zinn, Wismuth, Zink oder Kupfer.

Weissmetall, zu Zapfenlagern benutzt, ist dem Hartblei ähnlich und enthält Zinn und Antimon, oder Zinn, Blei, Antimon, oder Zinn, Antimon, Kupfer. In allen Fällen wiegt das Zinn vor oder ist durch Blei vertreten; der Antimongehalt beträgt höchstens 25 Proc., selten mehr als 12 Proc.

Britanniametall, zu Haus- und Küchengeräthen benutzt, besteht im Wesentlichen aus 85 bis 90 Thln. Zinn mit 15 bis 10 Thln. Antimon, auch wohl geringere Mengen von Kupfer, Zink, Nickel oder Wismuth enthaltend.

^) K arm a räch, Mechanische Technologie, 5. Ausgabe, Bd. I, S. bS.

Vereinigung der Metalle mit Nichtmetallen. 13

Obgleich die Einflüsse, welche die Legirang eines Metalls mit einem andern anf die Eigenschaften beider hervorruft, bereits zahlrmchen Ver- suchen unterworfen worden sind, so von Karsten, Hallet, Riebe und Anderen, so sind diese Versuche bei weitem noch nicht ausreichend ge- wesen, um ein wissenschafbliches System über diese gegenseitigen Einflüsse darauf begründen zn können. Man hat sich bis jetzt im Allgemeinen begnügen müssen , festzustellen , dass Legirungen in den und den Ge- wichtsyerhältnissen die und die Eigenschaften besitzen; man hat auch wohl in einzelnen Fällen ermittelt, wie das Hinzutreten eines dritten Metalls zu einer bekannten Legirung deren Eigenschaften ändert. Erwägt man aber, welche grosse Reihe von Combinationen in dieser Beziehung möglich ist; erwägt man femer, dass die im Handel vorkommenden Me- talle niemals ganz rein sind, so dass man mit scheinbar ganz gleich zn- sammengesetzten Legirungen ganz abweichende Erfolge erzielen kann; und endlich, dass auf die Eigenschaften der Legirung auch, wie wir später sehen werden, das bei ihrer Herstellung und Prüfung beobachtete Arbeitsverfahren von grossem Einflüsse ist, so lässt sich ermessen, wie ungemein schwierig es ist, umfassende systematische Lehrsätze für das gegenseitige Verhalten der Metalle in den Legirungen aufzustellen.

Man wird unter Beobachtung bestimmter Erfahrungsresultate, auf die wir bei Besprechung der Eigenschaften der Metalle und Legirungen vielfach zurückkommen werden, es den Versuchen des Praktikers über^ lassen müssen, Legirungen zu bilden, welche seinem jedesmaligen Zwedke, seinem Arbeitsverfahren und der chemischen Beschaflenheit der ihm zu Oebote stehenden Handelsmetalle entsprechen.

Vereinigung der Metalle mit Nichtmetallen.

In ähnlicher Weise, wie mehrere Metalle sich zu Legirungen -ver- einigen, können auch in einzelnen Fällen Nichtmetalle von den Metallen aufgenommen werden oder sich mit ihnen vereinigen, ohne dass deren Eigenschaft als gewerbliches Metall ihnen dadurch genommen wird. Bis- weilen kommen solche fremde Körper zufällig und in geringen Mengen vor, bisweilen aber bilden sie absichtlich zugefügte Bestandtheile des Metalls zu dem Zwecke, die Eigenschaften desselben zu beeinflussen.

In dieser Beziehung bietet das Eisen höchst interessante Erschei- nungen. Während Legirungen desselben mit anderen Metallen nur sehr ausnahmsweise Verwendung finden , bildet der Kohlenstoff einen steten und für die Verarbeitungsfähigkeit höchst wichtigen Begleiter des Eisens. Mit der Höhe des Kohlenstoffgehaltes im Eisen ändern sich aber die physikalischen Eigenschaften desselben in auffallender Weise. Bei Be- sprechung der Eigenschaften der Metalle bezüglich' ihrer Verarbeitung werden wir vielfach Gelegenheit haben, auf diesen Umstand zurückzu- kommen. In Folge dieser« durch verschiedenen- Kohlenstoffgehalt verf

14 Vereinigung der Metalle mit Nichtmetallen.

Bchiedenen Eigensohaften des Eiseus clasuficirt man dasselbe nnter drei Benennongen:

Schmiedeeisen mit einem Kohlen stoffgehalte Ton 0,1 bis 0,5 Proc. (durchschnittlich) ;

Stahl mit einem Kohlenstoffgehalte Yon 0,5 bis 1,5 Proc. (durch- schnittlich);

Roheisen mit einem Kohlenstoffgehalte von 1,5 bis 6 Proc.

Eisensorten mit erheblich höherem Kohlenstoffgehalte als 6 Proc. lassen sich technisch nicht darstellen.

Enthalt das Roheisen nur Eisen und Kohlenstoff, so besitzt es Eigen- Schäften, die es flür die Verwendung zu Gebrauchsgegenständen im All- gemeinen unfiähig machen. Es ist hart, spröde und wird mit seltenen Ausnahmen nur zur weiteren hüttenmännischen Verarbeitung benutzt Man nennt es seiner weissen Farbe wegen weisses Roheisen. Nimmt nun aber das Roheisen neben Kohlenstoff noch gewisse Mengen von Sili- cium auf, so tritt abermals eine höchst wichtige Aenderung in den Eigen- schaften desselben ein. Es verliert einestheils die Fähigkeit, jenen Ma- ximalgehalt an Kohlenstoff aufzunehmen und enthält selten mehr davon als 4 Proc; der aufgenommene Kohlenstoff aber scheidet sich bei all- mähliger Erkaltung des erstarrenden Eisens selbstständig aus, lagert sich als Graphit zwischen die Krystallflächen desselben und giebt ihm eine mehr oder weniger dunkele Färbung, in Folge deren man das Eisen graues Roheisen, oder, wenn es zur Verarbeitung durch Giessen be- stimmt ist, Gusseisen nennt. Dasselbe hat die Sprödigkeit und Härte des weissen Eisens verloren und bildet ein vorzügliches Material für die mechanische Verarbeitung durch Giessen. Diese Wirkung des Siliciums auf die Eigenschaften des Roheisens kann, wenn das Eisen übrigens rein ist und die Erkaltung langsam vor sich geht, schon durch einen Silicium- gehalt von 0,2 Proc. hervorgerufen werden; sie steigert sich mit zuneh* inendem Gehalte an Siücium , welches in viel weiteren Grenzen als Koh- lenstoff vom Eisen aufgenommen werden kann, obschon die wenigsten Roheisensorten Über 2,5 Proc. zu enthalten pflegen. Legirt man nun aber das Roheisen mit Mangan, so wird jener Einfluss des Siliciumgehal- tes^ wieder abgeschwächt und bei reichlichem Mangangehalte kann das Roheisen selbst mit 1 Proc. Silicium noch den Charakter als weisses Roheisen behalten.

Käufliches Kupfer enthält stets gewisse Mengen von Sauerstoff, welche bei dem raffinirten sogenannten hammergaren Kupfer 0,04 bis 0,16 Proc. zu betragen pflegen. Dieser Sauerstoffgehalt tritt jedoch nicht selbstständig als solcher auf, sondern theik mit Kupfer zu Kupferoxydu] ▼ereinigt, theils nach Hampe an fremde Metalle gebunden, welche, als saure und basische Oxyde unter sich wieder zu Salzen vereinigt, als solche in Kupfer gelöst sind. Solche Salze sind arsensaures und antimonsaures

Vereinigung der Metalle mit Nichtmetallen. 15

Wismntboxyd , Bleioxyd u. a. ^). Diese Met-allsalze beeinträchtigen die Eigenschaften des Kapfera in geringerem Maasse, als wenn sie reduoirt werden nnd als Metalle sich mit dem Knpfer legiren. Schon ein sehr ge- ringer Gehalt derselben macht das Kupfer brüchig, untauglich fär die mechanische Verarbeitung. Daher ist ein Sauersto£fgehalt des Handels- kupfers wichtig, sobald es jene Bestandtheile enthält; unyermeidlich da- bei ist die gleichzeitige Gegenwart von £upferoxydnl neben den oxydir- ten fremden Metallen.

Eine weitreichende praktische Verwerthung fand die im letzten Jahrzehnt gemachte Entdeckung von den Einflüssen eines geringen Phosphorgehaltes auf die Eigenschafken der Bronze. Obschon die Priorität der Ei*findung nicht ganz festgestellt ist, so gebührt doch un- streitig den Herren Monte fiore-Leyi und Dr. Künzel in Val-Benoit bei Lüttich') das Verdienst, durch eine grosse Anzahl von Versuchen die eigenthümlichen Eigenschaften phosphorhaltiger Bronzen zuerst in wissenschaftlicher Weise ermittelt und an die Oeffentlichkeit gebracht zu haben.

Es sei beiläufig erwähnt, dass sich Phosphorkupfer mit 14 Proc. Phosphor (welcher Gehalt aber beim Umschmelzen niohi constant bleibt) durch Erhitzen im Tiegel von 4 Thln. saurem, phosphorsaurem Kalk, 2 Thln. granulirtem Kupfer, 1 Tbl. Kohle darstellen lässt; dass Phosphor- zinn von oonstanter Zusammensetzung mit 5,6 Proc. Zinn (Sn9P) durch Schmelzen von Zinn und Phosphor gewonnen werden kann. Der Phos- phorgehalt der verarbeiteten Phosphorbronze ^ ist in allen Fällen ein sehr unbedeutender; der Zinngehalt gewöhnlich 8 bis 9 Proc.; z. B.

Kupfer ....

Zinn

Phosphor. . . .

Dass ein so geringer Phosphorgehalt nicht im Stande sein kann, direct so tiefgehende Einflüsse auf die Festigkeit und andere Eigen- schaften der Bronze hervorzurufen, wie sie in der That nachgewiesen worden sind, ist wohl selbstverständlich. Künzel schreibt wohl mit Recht die Wirkung des Phosphorgehaltes dem Umstände zu, dass der Phosphor reducirend auf vorhandene Oxyde wirke. Wie das Kupfer Kupferoxydul enthält, so enthält die bei Luftzutritt geschmolzene Bronze Kupferoxydnl und Zinnoxyd. Beide Oxyde lösen sich in dem Metallbade, lagern sich beim Erstarren zwischen die Metallmolecüle und verringern ganz bedeutend die Festigkeit nnd Zähigkeit der ans der Legirung her- gestellten Gussstücke '). Durch Bühren des Metallbadee mit birkenen

90,34

90,86

94.70

8,90

8,56

4,38

0,76

0,196

0,55

1) Hampe, Beiträge zur Metftlloi'gie des Kupfers. Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preossischen Staate, Bd. 21, 8. 253. ') Letzterer verstarb kürzlich in Blasewitz bei Dresden. S) Kanzel, Ueber Bronzelegirangen. Dresden 1875, 8. 20 u. 22.

16 Ziiinprobe.

Stangen (Polen) l&sst sich in Folge der reducirenden Wirkung der dabei ans dem Holse sich entwickelnden Gase das Kupferoxydal zerstören, nicht aber das Zinnozyd^). I^etzteres wird aber nebst allen übrigen vorhande- nen Metalloxyden sofort rednoirt, sobald eine entsprechende Menge Phos- phor in das Metallbad geführt wird. Es entsteht Phosphorsänre, welche jedenfalls an die Oberflache des Metallbades emporsteigt und so entfernt wird. Auch Antimon, Arsen, Wismuth, um derentwillen ein Sauerstoff- gehalt im Kupfer nothwendig ist, werden unstreitig reducirt, wenn sie überhaupt noch vorhanden sind. Ihr Einfluss auf die Eigenschaften der Bronze ist aber ein weit unerheblicherer, weniger bemerkbarer als beim reinen Kupfer.

Bei den tief eingreifenden Einflüssen, welche die Aufnahme fremder metallischer oder nicht metallischer Körper auf die Eigenschaften der Metalle ausübt, ist es nicht ohne Wichtigkeit, Merkmale zu besitzen, nach welchen sich die Gegenwart solcher fremden Körper ohne Weiteres erkennen und quantitativ benrtheilen lässt. Nicht immer ist dieses ohne eine zeitraubende Untersuchung möglich. Viele Metalle zeigen jedoch, besonders im geschmolzenen Zustande, gewisse Erscheinungen an der Oberfl&che, die es dem geübten Auge möglich machen, schon ohne Weite- res ein ziemlich sicheres Urtheil über ihre Beschaffenheit zu gewinnen.

Nicht bei allen Metallen sind diese Erscheinungen, die häufig aus dem sich verschiedenartig äussernden Krystallisationsbestreben hervor- gehen, mit dem ihnen gebührenden Interesse studirt worden. Es mögen daher einige Beispiele genügen, darauf hinzuweisen, mit welcher Deut- lichkeit sich ofb verhältnissmässig unbedeutende Abweichungen in der Zusammensetzung der Handelsmetalle und Legirungen schon im flüssigen Metalle erkennen lassen.

Schmilzt man reines Zinn und giesst es auf eine Flache aus , kurz bevor es erstarrt, so gewahrt man eine weisse glänzende Oberfläche ohne andere auffällige Erscheinungen als die häufig in der Mitte der liläcbe sich zeigende Neigung, eine schwache Einsenkung mit Krystallauswüch- sen zu bilden.

Legirt man das Zinn mit einem Viertel seines Gewichts Blei (so dass die Legirung 80 Thle. Zinn, 20 Thle. Blei enthält) und verfährt wie vorhin, so zeigen sich beim Erstarren auf der ganzen Oberfläche sehr feine nadelförmige KrystaUbildungen , wodurch der Glanz des reinen Zinns verschwindet, während die Oberfläche noch eben und glatt bleibt.

Erhöht sich der Bleigehalt der Legirung auf 33^3 Proc., so treten weissliche, rundliche, von vertieften Linien eingefasste kleine Flecken auf, knopfartig oder warzenartig die ganze Oberfläche bedeckend, Fig. 1.

^) Künzel a. a. O., 8. 22 n. 57.

Spiel des Gusseisens. 17

Bei 50 Thln. Blei, 50 Thlji. Zinn werden diese Flecken grösser, die einfassenden Linien tiefer, Fig. 2.

Bei 80 Thln. Blei, 20 Thln. Zinn sind die Flecke vollständig ver- schwanden, die anfänglich glänzende Oberfläche überzieht sich plötzlich wie p. . F' 2 ™^^ einem Hauche and wird glanzlos

gleich dem matten Silber.

Reines Blei endlich erstarrt mit glänzender Fläche, auf welcher deut- lich die krystallinische Textur des Innern zu erkennen ist.

Bei dem Gusseisen, dem für die Giesserei am häufigsten benutzten Metalle, werden die Erscheinungen an der Oberfläche im flüssigen Zu- stande schon durch sehr geringe Aendemngen in der chemischen Be- schaffenheit verändert^). Im Voraus muss bemerkt werden, dass diese Erscheinungen erst eintreten, wenn die Temperatur des geschmolzenen Eisens sich dem Erstarrungspunkte nähert und die Oberfläche des Eisens unbedeckt ist. Am besten sind sie erkennbar, wenn man eine Probe des Eisens in Form eines flachen Kugelabschnittes in Sand giesst und nun die Oberfläche betrachtet. Man nimmt dann Folgendes wahr.

Enthält das Eisen gleichzeitig viel Kohlenstoff und Silicium, wel- ches letztere also die graphische Absondenmg des KohlehstofilB beim Erstarren veranlasst (hochgares Roheisen oder Roheisen Nr. I), so bildet sich durch Oxydation von viel Silicium und geringeren Mengen metalli- scher Bestandtheile (Eisen, Mangan) an der Oberfläche des flüssigen Me- talls eine matte, glanzlose, dicke Haut, und das Eisen erstarrt ruhig unter derselben, mehr oder minder viel Graphit auch an den Aussen- flächen absondernd.

Nimmt der Silioiumgehalt ab, so gewahrt man unter der sich bil- denden Haut Bewegungen im flüssigen Eisen, in Folge deren die Haut momentan zerrissen wird, so dass das Eij3en mit glänzender Farbe zwi- schen dem Spalte sichtbar wird. Ist das Eisen noch ziemlich silicium- und graphitreich, so sind die erwähnten Bewegungen träge, der matte Ueberzug schHesst sich bald un^ das Eisen erstarrt mit schwach con- vexer Oberfläche, bisweilen noch eine schwache Erhöhung an der Stelle zeigend, wo der letzte Spalt sichtbar war (Fig. 3, 4, 5 a. f. S.) gares Roheisen oder Roheisen Nr. II.

Mit abnehmendem Siliciumgehalte aber wird das entstehende Haut* chen immer dünner, die Bewegungen des Eisens immer lebhafter (hal- birtes Roheisen oder Roheisen Nr. UI). Durch das stete Zerreissen und Wiederentstehen des Häutchens bilden sich Figuren, durch die Spaltungs-

1) Beb Ott, Die' Kunstgieaserei in Eisen, Braunschweig 1873, B. 10. Ledebnr, Das Boheisen in Bezug auf seine Verwendung zur EiBengiesserei. Leipcig 1872, B. 29.

Le d 0 b a r , mechaniicta-inetallarffiBCho Technologie. 2

18 Spiel des Gusseisens.

lioieD begrenzt, welche Tsnchwindeti nnd neu entstehen. Ea ist diese« das gSpiel" des GasaeiseDB. Diese Figareo emi bei TerachiedeneD Gase-

Hg. 8.

Hg- 4.

Pig. s.

Flüssig.

Erk&ttet (Quenchnin).

eisensorten verschieden, kehren aber bei gleichen Sorten mit grosser Regelm&Beigkeit in derselben Weise wieder. Bei reinem Holikohleneisen zeigen sie sich gemeiniglich als gerade, sich rechtwinklich krenxende Linien (Fig. 6), bei Kokeeeiaen, vennathlich ab Kennaeichen eioee geringen Schwefel geholtes , als geeohlossene Dreiecke oder Sechsecke (Fig. 7). Die Oberfläche ist nach dem Erstarren mit «iner Uenge klei-

ner Kügelchen bedeckt, inwendig hohl, aus oiydirton BeBtsndtheilen des Gusaeisens bestehend (Fig. 8 nnd 9).

Nimmt auch der Kohlen atoffgehalt betrüchtlich ab (grelles Roheisen oder Nr. IV), so wird das Spiel undeutlicher, das Eisen wirft ab und an schwirrende Funken aus, erstarrt bald und bedeckt sich mit grossen Narben, unter welchen tiefe Löcher be&BdIich sind, Fig. 10 nnd 11. Im böehaten Stadium dieses kohleustofFarmen grellen Znstandea (hoohgrelles Roheisen oder Nr. V) nehmen diese Erkennungszeichen des grellen Eisens noch an Intensität zu nnd statt der tiefen Locher unter den Narben er- scheinen flache muldenförmige Vertiefungen, wahrend die ganze Ober- Fig. 10..

üewerbseigenschaften. Festigkeit. 1 9

fläche concave Form zeigt, Fig. 12. Im rothglahenden Zostande überzieht sich das grelle Eisen plötzlich vom Rande her mit einer dunkeln Haut, die nach dem Erkalten in grossen Stücken sich loslöst und unter welcher jene flachen oder tiefen Löcher dann sichtbar werden.

Die Gewerbselgensohaften der Metalle und Le^rirungen.

Die sämmtlichen Eigenschaften der Metalle, sofern sie überhaupt für die Verwendung derselben zu mechanischer Verarbeitung Beziehung haben, lassen sich in zwei Gruppen sondern: erstens solche Eigenschaften, welche auf die Verarbeitung selbst beeinflussend wirken und demgemäss erst dann besprochen werden sollen, wenn von dieser Verarbeitung die * Kede sein wird, z. B. Schmelzbarkeit, Dehnbarkeit u. s. w. Wir nennen diese Eigenschaften Arbeitseigenschaften.' Zweitens solche Eigen- schaften, welche zwar nicht zu der Verarbeitung der Rohmetalle, wohl aber zu der Verwendung der fertigen Gebrauchsgegenstande in Beziehung stehen und demnach deren Zweckmässigkeit und Werth beeinflussen; wir nennen sie Gewerbseigenschaften.

Hierher gehört als erste Gewerbseigenschaft die Festigkeit der Metalle, welche bekanntlich bei jedem Gegenstande, der überhaupt auf Festigkeit in Anspruch genommen wird z. B. Säulen, Träger, Draht- seile, Ketten u. s. w. , zur Ermittelung der Querschnitts Verhältnisse in Rechnung gestellt werden muss. Diese Festigkeit eines und desselben Metalls kann nun aber von mehreren Zufälligkeiten abhängig sein, und aus diesem Gi*unde können eine grössere Anzahl Festigkeitsversuche oft sehr verschiedene Ergebnisse liefern. Zu diesen Zufälligkeiten gehören die unabsichtlich vorhandenen fremden Bestaudtheile der Metalle, die Art und Weise der Behandlung des Metalls bei der vorausgegangenen Verarbeitung, die Temperatur, bei welcher die Festigkeitsprobe vorge- nommen wird u. s. w.

Man kann desshalb für die praktische Benutzung zu (Instructions - zwecken nur Durchschnittsresultate aus einer grösseren Anzahl Versuchen ermitteln, um auf einigermaassen richtige Angaben zu gelangen.

Solche Festigkeitstabellen finden sich in jedem Lehrbuche der Me* chanik.

Für die absolute oder Zerreissungsfestigkeit der Metalle und Legirungen, welche am häufigsten ermittelt worden ist, finden sich zum Zwecke eines Vergleichs im Folgenden einige Angaben nach den Mittheilungen von Karmarsch, Wertheim, Künzel u. A. zusammen- gestellt. Es wird daraus zugleich hervorgehen, welche grossen Einflüsse die Art der Verarbeitung auf die Festigkeit ausübt

2*

20

Festigkeit

Abflolate Festigkeit in Kilogrammen per Qnadratcentimeter

Querschnitt.

Name der Metalle

Gossstahl

GusseiBen

Bronze mit 10 Proc. Zinn

Phosphorbronze

mit 5 Prcc. Zinn

10 . .

n Knpfer

Nickelbronze

ans 90 Kupfer 5 Nickel 5 Zinn aufl 80 Knpfer , 10 Nickel 10 Zinn ans 85 Kapfer , M Nickel , 5 Zinn

Neusilber ....

Zink

Zinn

Blei

HeMing mit 30 Proc

Aluminium .

SUber . . .

Gold ....

Platin . . .

Schmiedeeisen

Zink

Gegossen

3000 1) 1250 1500 2000

3000 2500 2000. 1300

Geschmiedet, gewalzt oder gezogen

im gewöhnlichen Zustande

in harten Drähten

2000

2000

2500

unbestimmt

200

400

100 1250 1100

750

750

4000

10 000

4000

2200

5000

8000

3500

7200

5000 1400 400 175 3300 1500 1900 1800 3000 4000

8000

4O0

230

5000

3500 2500 2800 9000

^) Nach einer Mittheilung des Bochumer Verein» für Bergbau nnd Qnss- Stahlfabrikation in Bochum an den Verfasser beträgt die Zerreissungsfestigkeit des rühmlichst bekannten Gussstahlfa^ougusses aus genannter Fabrik 3500 bis 4000 Kilogramm per Quadratcentimeter.

Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Abnutzung. 21

Verwandt mit der Festigkeit ist die WiderBtandsf&higkeit gegdn Abnutzung durch mechanische Einflüsse.

In Fallen, wo diese Einflüsse auf Zerbrechen des Gegenstandes hin- wirken, ist die Widerstandsfähigkeit mit Festigkeit gleichbedeutend; es treten jedoch bei der Benutzung noch andere, mannigfache, eine Ab- nutzung bewirkende mechanische Einflüsse auf, und es ist desshalb jener Begriff der Widerstandsfähigkeit immerhin relativ.

Der häufigste und wichtigste unter jenen Einflüssen ist die. Rei- bung. Die Einwirkung derselben aber ist wieder verschieden, 'je nach- dem gleitende Reibung, Zapfenreibung , rollende Reibung u. s. w. statt- findet.

Am einfachsten ist der Fall, wenn es nur darauf ankommt, den einen von zwei reibenden Gegenstanden zu schützen, und auf den andern keine Rücksicht genommen zu werden braucht. So z. B. bei allen durch menschliche Hände vielfach berührten Gegenständen, bei denen durch die oft wiederholte schwache Reibung mit der Hand bald eine merkliche Abnutzung sich zeigt; oder in umgekehrter Weise bei Geräthen, welche unausgesetzt der reibenden Einwirkung sich stets erneuernder Massen ausgesetzt sind : die Pflugschaar, welche den Erdboden aufwühlt, die arhei- tendenTheile der Zerkleinerungsmaschinen (Walzwerke, Pochwerke, Stein- brechmaschinen), Mischmaschinen, Hechelmaschinen und vieler anderen; die Eisenbahnschiene, welche die rollende Reibung der stets sich erneuern- den Eisenbahnzüge nusziihalten hat u. s. w. In dieser Hinsicht ist die Widerstandsfähigkeit ein Product aus Festigkeit und Hafte.

Die einfachen für mechanische Verarbeitung benutzten Metalle las- sen sich hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit gegen solche Einflüsse folgendermaassen eintheilen :

Grosse Widerstandsfähigkeit besitzen: Stahl, vorzugsweise Gussstahl,

Siliciumarmes Gusseisen bei rascher Abkühlung nach dem Gusse. Mittlere Widerstandsfähigkeit:

Schmiedeeisen (die Widerstandsfflhigkeit mit dem Kohlenstoff-

gehälte steigend), Gusseisen bei normaler Abkühlung (im umgekehrten Verhält- nisse mit dem Kohlenstoffgehalte steigend und abnehmend), Platin, Silber, Gold, Aluminium. Geringe Widerstandsfähigkeit: Zink, Blei, Zinn. Durch Legirungen lässt sich die Widerstandsfähigkeit bedeutend steigern. Man legirt zu diesem Zwecke Stahl mit geringen Mengen

22 Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Abnutzung.

*

Wolfram, Chrom, Mangan; Kupfer mit Zinn; Gold und Silber mit Kupfer; Blei mit Antimon.

Inwiefern allein durch mechanische Bearbeitung die Widerstands- fähigkeit (Härte und Festigkeit) gesteigert werden kann, bleibt einer sp&tern Erörterung yorbehalten.

Weit verwickelter wird aber der Fall, wenn beide reibenden Theile der Abnutzung unterworfen sind und widerstandsfähig gegen dieselbe gemacht werden sollen. Die Harte und Festigkeit des Metalls allein ist dann nicht mehr maassgebend ; denn in Folge der gegenseitigen Einwir- kung würde, die grössere Harte des einen Theiles eine schneUere Ab- nutzung des andern zur Folge haben. Es liegt hier also zunfichst die Aufgabe vor, solche Metalle zu wählen, deren gegenseitige Reibongscoef- ficienten möglichst geringe sind, und dann erst durch passenden Härte- grad die unTermeidliche Abnutzung auf ein kleinstes Maass zu rednciren. Aus naheliegenden Gründen lässt man in den meisten FäUen zwei ver- schiedene Metalle auf einander wirken, z. B. bei Zapfen und deren La- gern, Gleitbacken u. s. w. Die Lösung der Aufgabe, passende MetaUe für solche Zwecke zu wählen, wird dadurch noch verwickelter, dass erstens gewöhnlich einer der beiden auf einander wirkenden Theile kost- spieliger, schwerer ersetzbar ist als der andere, es also auch darauf an- kommt, nicht allein die Abnutzung durch Reibung thunlichst zu verrin- gern, sondern auch auf den leichter ersetzbaren Theil zu concentriren, z. B. bei einem Zapfenlager auf die Pfanne des Lagers, welche leichter auszuwechseln i^, als der Zapfen der Maschine; bei einem Dampfcylin- der, in welchem der Kolben hin und her gleitet, auf die Dichtungsringe des letztem, welche weit leichter sich ersetzen lassen als der Dam pfcy lin- der, u. 8. f.; dass aber auch zweitens die Reibung durch sogenannte Schmiermittel (Fett, Graphit) verringert zu werden pflegt, deren Be- schaffenheit nicht ohne Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit der reiben- den Metalle bleibt.

Gewöhnlich ist das Material des einen Theiles durch constructive Rücksichten geboten, und man hat der Beschaffenheit dieses Materials entsprechend das Material des zweiten Theiles zu wählen.

Hierfür bieten wieder MetalUegirungen den weitesten Spielraum und die beste Gelegenheit, für bestimmte Fälle das geeignetste Material zu erlangen.

Man hat durch zahlreiche Versuche eine Anzahl geeigneter Legirnngen für die verschiedenen in der Praxis vorkommenden Fälle .ermittelt, ohne dass dieselben gerade immer eine wissenschaftliche Begründung besässen.

Beispiele. Für Zapfen- und Axenlager. a. Bei niedriger Temperatur schmelzbare Legirungen.

Dieselben können direct um die Zapfen herum gegossen werden and erfordern keine weitere Bearbeitung, besitzen aber nur einen mittlem Grad von Widerstandsfähigkeit.

Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Abnutzung. 23

Sogenanntes Antifrictionsmetall : 80 Thle. Zink, 14Vi Thle. Zinn, 5Vj Thle. Kupfer.

Weissguss : 42 Thle. Zinn, 42. Thle. Blei, 16 Thle.. Antimon, Thle. Kupfer, oder

®^T» n n »11» » 11 »

^0 » n 50 10 -

und andere ähnlich zusammengesetzte Legirungen.

b. Bei hoher Temperatur schmelzbare Legirungen.

Die Lager aus diesen müssen für sich gegossen, gebohrt und ein- gepasst werden, sind daher in der Herstellung weit kostspieliger, besitzen aber ungleich grössere Widerstandsföhigkeit

Bronze oder Rothguss: 90 Thle. Kupfer, 4 Thle. Zinn, 6 Thle. Zink, Thle. Blei, oder

86

»

n

14

»

»

»

»

82

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8

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n

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n

n

9

»

»

9

»

7

ff

66

n

n

15

n

»

19

»

ff

Phosphorbronze, als vorzügliches Lagermetall gerühmt, mit 4 bis 5 Thin. Zinn.

Für Dichtungsringe der Dampfkolben:

Kupfer Zinn Zink Blei Antimon

88,Ö Thle. 2,5 Thle. 9 Thle. Thle. Thle., oder

80 16 2 2

84 ff 3 8,5 4,5 ff ff und ahnliche.

Zu Ventilkasten, Pumpenstiefeln etc.: 74 Thle. Kupfer 22 Thle. Zink 4 Thle. Zinn, oder

88« ff 2„„ 10 „•

und yiele andere.

Eine dritte Art der mechanischen Abnutzung ist die durch wieder- kehrenden Druck oder Stoss, z. B. die Abnutzung des Prägstempels beim Prägen der Münzen und in anderen Fällen.

Die Widerstandsfähigkeit ist hier gleichfalls durch Härte und Festig- keit bedingt, und die oben gegebene Classification der Metalle kann auch für diesen Fall im Allgemeinen als maassgebend betrachtet werden.

Das Bpeciflsohe Gewicht der Metalle unterliegt aus denselben Gründen wie die Festigkeit erheblichen Schwankungen. Als Durch- schnittswerthe der specifischen Gewichte der einfachen Metalle kann man folgende annehmen:

24 Specifisches (Je wicht.

Antimon 6,72

Blei 11,40

Gold 19,26

GoBseisen ..... 7,25

Schmiedeeisen . . . 7,78

Stahl 7,50, gehämmert . 7,80

Knpfer 8,58 . 8,94

Platin 22,70

Süber 10,47 . 10,51

Wiwnuth 9,83

Zink 6,80, gewalat . . 7,00

Zinn 7,29

Nickel 8,80

Alominium .... 2,56

Kadmium .... 8,70

Wolfram 17,50

Chrom 6,8

Arsen 5,63

Das specifische Gewicht der Legirungen ist gewöhnlich annähernd, selten genau gleich dem arithmetischen Mittel zwischen den specifischen Gewichten der Beetandtheile. Häufig findet eine Verdichtung beim Le- giren, selten eine Ausdehnung statt.

Biche stellte eine Beihe von Versuchen über die specifischen Ge- wichte von Kupferzinn- und Kupferzinklegirungen an und verglich die- selben mit den aus den Bestand theilen berechneten specifischen Gewich- ten. Um die Einwirkung der beim Giessen zufallig entstehenden Un- dichtigkeiten zu vermeiden, werden die Metalle im gepulverten Zustande gewogen. Es ergab sich Folgendes ^) :

a. Kupferzinnlegirungen.

Dichtigkeit Zusammensetzung ^ DifPerenz

gefunden berechnet

Cn : : 1.73) 7'28 7.43 - 0.15

a^ : : l%l] 7.31 7.46 - 0.15

Si' : : IUI] '''ö» ''^^ + 0'«^

^) Annales de Chimie et Physiqae, 4 s^rie, tome XXX, p. 351; daraus in Dingler*8 polytechniscliem Journal Bd. 213, S. 156 ff.

ZiuammenBetKang

Specifisches Gewicht. Dichtigkeit

25

Sn Cu

CU3

Sn.

Sq.

CU3

Sn.

Sn

Sn Cus

Sn Cttj

Sn .

Sn. Cuio

Sn . Cnie

65 34

55 44

48 51

,011 ,99)

,331 ,67/

,161 .84|

J8,211

n,79|

,721 ,28J

,091 ,91/

,691 ,81/

38 61

gefunden 7,90

8,06

8,15

8,91

berechnet 7,79

tHffi

erenz

31 68

27 72

33 76

20,98 79,02

18 81

,851 ,15/

,071 ,33/

11,001 89.00/

15

84

8,76

8,62

8,72

8,72

8,84

8,87

8,84

7,93

8,04

8,21

8,32

8,40

8;46

8,50

8,54

8,60

8,69

In Wirklichkeit werden die specifischen Gewichte rangen wegen der unvermeidlichen Undichtigkeiten des etwas niedriger ausfallen. Karmarsch fand für

Bronze mit 50 Proc. Kupfer

75 80 88 91

n

9)

n

n n

n

+ 0,11

+ 0,13

+ 0,11

+ 0,70

+ 0.43

+ 0,22

+ 0,26

+ 0,22

+ 0,30

+ 0,27

+ 0,15

gegossener Legi- Geföges meistens

8,58 8,83 8,95 8,83 8,76

b. Kupferzinklegirungen (Biche).

. Dichtigkeit

Znsammensetzung

Zng Oa.

Zn« Cu.

Zn, Cu

. 89,181

. 10,82/

. 80,481

. 19,52/

. 60,731

39,27/

gefunden berechnet 7,315 7,315

Differenz

7,863

8,171

7,478

8,039

-f 0,385 + 0,132

'gjl 8,367 8,489 0,122

34} ®'^®^ ®'^^^ *~ ^'^^^

26 Specifisches Gewicht.

IHchtigkeit ZMUBaensetzoDg ^ SUferais

gefunden berechnet

ä; ; ; SSI ®'^^* ®'^^^ + ^«^^^

ä; : : mS) «»^^g 8.412 - om

Zn. . . 20 Cu4 . . 79

Zn. . . 14 Co^ . 85

ä;, : : Ä) «•««* »«^^^ + ».^^^

Dorch Hämmern, Walzen, Ziehen wächst meiatens das specifiache Gewicht. Karmarsch fand für Tombakblech mit 15,75 Proc. Zink das ^ecifische Gewicht zu 8,788; für Tombakdraht mit 12Vs Proo. sn 9,00. Für PhoBphorbronze ist das specifische Gewicht nach Kunze] : mit- 10 Proc. 2^n 0,25 Phosphor (gegossen) 8,797 «5 1,50 , 8.675 0

Fflr sonstige Legimngen findet man folgende Angaben der specific sehen Gewichte:

Nensilber 8,4 bis 8,7

Britanniametall 7,35

Hartblei 9,33 , 10,44

Weiismetall 7,10 7,28

Alnmininmbronze

mit 90 Proc. Knpfer 7,69

n 95 , 8,37

V 97 , 8.69

Wenn vorhin gesagt warde, dass dos specifische Gewicht eines und desselben Metalls ebenso wie die Festigkeit desselben erheblichen Schwan- kungen onterliege, abhängig yon der yoransgegangenen Behandlang sowie Ton Terschiedenen Zufälligkeiten, so liegt der Schlnss nahe, dass Festigkeit und Widerstandsfähigkeit mit dem specifischen Gewichte desselben Metalls in gegenseitiger Beziehung stehen mflsBen. Denn beide Eigen- schaften erfahren eine Abnahme durch dieselben Ursachen: durch poröse oder blasige Beschaffenheit, durch eingelagerte fremde Körper (Kohlen- oder Schlackenpartikelchen u. dergl.); sie nehmen zn, wenn eine dichte Lagerung der Molecüle des Körpers stattgefunden hat. In gewisser

') Aoifahrlichere Mltthenuiigen über die npeciflichen Gewichte der Phoe- pborbronzen: Künzel a. a. 0. 8. 52.

Farbe. 27

Hinsicht kann also das speGifische Gewicht eines Metalls ein Kiiterinm für die Festigkeit desselben abgeben, selbstverständlich immer nur in Beziehong auf andere specifische Gewichte desselben unter anderen Ver- hältnissen verarbeiteten Metalls.

Die Farbe der Metalle spielt für ihre Verwendung zu Gebrauchs- gegenständen eine nicht unwichtige Rolle. Besitzt doch ein jeder Mensch, auch der ungebildetste, einen gewissen Grad des Wohlgefallens am Schö- nen; wird doch ein Jeder unter zwei für denselben Zweck bestimmten und mit gleicher Zweckmässigkeit hergestellten Gegenständen stets den- jenigen wählen, dessen Aeusseres ihm am schönsten dünkt. Und wel- chen Einfluss besitzt die Farbe eines Gegenstandes auf sein Aeusseres !

Die einfachen, für mechanische Verarbeitung geeigneten, Metalle lassen sich ihrer Farbe ni^ch wie folgt classificiren : Weiss: a. rein weiss: Silber, Zinn;

b. weissgrau: Gusseisen, Stahl, Schmiedeeisen, sämmtlich

im bearbeiteten Zustande; Platin;

c. bläulich weiss: Aluminium^^ink, Blei;

d. gelblich weiss: Nickel. Grau: Unbearbeitetes Gusseisen. Gelb: Gold.

Roth: Kupfer.

Die Farbe von Legirungen pflegt aus den Farben ihrer Bestandtheile hervorgegangen zu sein; doch zeigt sich auch hier, dass die Abstufungen der Färbung nicht immer den quantitativen Mischungsverhältnissen der Bestandtheile proportional sind.

Nicht selten ist das Hervorrufen einer bestimmten Färbung ein Hauptzweck bei Bildung einer Metalllegirung ; Berücksichtigung findet die entstehende Farbe fast immer.

Meistens liegt das Bestreben vor, den Legirungen eine der Farbe des Goldes ähnliche hochgelbe oder der Farbe des Silbers ähnliche weisse Färbung zu erth eilen.

£rsterer Zweck wird durch Legirung von Kupfer mit weissen Me- tallen — Zink, Zinn, Aluminium erreicht; letzterer durch Zusatz von Nickel zu Kupferzinklegirungen (Neusilber).

Unter den Kupferzinklegirungen ist eine solche mit 67 Thln. Kupfer, 33 Thln. Zink dem Golde ähnlich gefärbt; diese goldgelbe Färbung bleibt bis zu einem Kupfergehalte von 52, Zinkgehalte von 48 Proc. Bei stei- gendem Zinkgehalte geht die Farbe ins Röthlioh weisse, schliesslich ins Gelblich weisse und Weissgraue über; bei steigendem Kupfergehalte tritt bräunlich gelbe und schliesslich röthliche Färbung ein.

Am reinsten gelb sind die Legirungen mit 20 bis 30 Proc. Zink; man nennt diese charakteristische gelbe Farbe bekanntlich messinggelb.

Bei den Bronzelegirungen wird die rothe Farbe des Kupfers schon durch bedeutend geringere Mengen von Zinn als beim Messing durch Zink abgeschwächt. Bei 5 Proc. Zinn tritt schon eine goldähnliche Fär-

28 Farbe.

bnng hervor; noch mehr, wenn daneben etwas Zink vorhanden ist, z. B. 90 Thle. Kupfer , 7 Thle. Zinn , 3 Thle. Zink. Im Allgemeinen ist der Farbenton der aus drei Metallen (Kupfer, Zinn, Zink) bestehenden Legi- rungen voller, wärmer, als der aus Kupfer mit Zinn oder Zink allein be- stehenden. Ebenso zeichnet sich Phosphorbronze durch einen feuerigem Farbenton vor der phosphorfreien Bronze aus.

Mit zunehmendem Zinngehalte geht die röthlich- oder goldgelbe Farbe der Bronzen in Rdthlicfagrau, dann in Gelblichgrau und allmählig in Weiss über. Schon bei 20 Proc. Zinn hat die goldähnliche Farbe voll- ständig einer grauen Farbe Platz gemacht.

Ein geringer Eisengehalt der Bronze giebt derselben einen blassern Ton; wie Plinius berichtet, setzten schon die Alten Eisen zur Bronze der Statuen, wenn sie Todtenblässe andeuten wollten.

Es verdient Erwähnung, dass diese Farben der Kupferlegirungen nur auf der Bruchfläche oder auf bearbeiteten Stellen deutlich hervor- treten; unbearbeitete Messing- oder Bronzelegirungen pflegen braune oder schwärzliche Färbung zu zeigen.

Die weisse Farbe der Neusilberlegirungen tritt im Allgemeinen um so schärfer, silberähnlicher hervor, je mehr der Nickelgehalt derselben steigt, während ein grösserer Kupfergehalt eine röthliche, ein gemein- schaftlicher grösserer Gehalt an Kupfer und Zink eine gelbliche Färbung hervorruft. Die färbende Wirkung des Nickels ist ebenso wi^ die des Zinns sehr intensiv; eine Legirung von 76 Proc. Kupfer und 25 Proc. Nickel (unsere deutschen Scheidemünzen) ist schon fast weiss. Die silber- ähnlichste Farbe besitzen die Legirungen mit 50 bis 55 Proc. Kupfer, 25 bis 30 Proc. Zink, 18 bis 22 Proc. Nickel, z. B.

52 Thle. Kupfer, 30 Thle. Zink, 18 Thle. Nickel, oder 55 24 22 u. 8. f.

Auch ein geringer Eisenzusatz erhöht die Weisse der Legirung, hat aber andere unbequeme Eigenschaften im Gefolge.

Widerstandsf&higkeit gegen chemische Einflüsse. Solche che- mischen. Einwirkungen werden hervorgerufen durch die Atmosphärilien: Sauerstoff, Kohlensäure und Wasserdampf der Luft, Regen und Schnee; durch einen zufälligen Gehalt der Ijuft an fremden Gasen (Schwefel- wasserstoff u. a.) ; durch Speisen und Getränke, welche in metallenen Ge- fassen bereitet oder aufbewahrt werden- durch das Wasser bei Gegen- ständen, welche ihrer Bestimmung nach mit demselben in Berührung kommen: Schiffsbeschläge, Pumpwerke, Leitungsröhren u. v. a.; endlich durch wirkliche Chemikalien in Laboratorien und Fabriken.

Die Einwirkung der Atmosphärilien ist natürlich eine bedeutend kräf- tigere, wenn die Gegenstände im Freien, als wenn sie in geschützten Räumen zur Anwendung gelangen und aufbewahrt werden. Am em- pfindlichsten dagegen ist das Eisen; es überzieht sich rasch mit Rost.

Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse^ 29

Je weniger Kohlenstoff das Eisen enthält, desto leichter wird es angegrif- fen, daher Schmiedeeisen leichter als Stahl, dieser leichter als Gasseisen. Graphitisch ausgeschiedener Kohlenstoff erhöht in geringerm, Maasse die Widerstandsfähigkeit als gehnndener, daher macht rasche Ahkühlung und geringer Siliciumgehalt das Gusseisen widerstandsfähiger.

Ehenso verhält sich Eisen gegen verdünnte Säuren; oonoentrirte Säuren zeigen dagegen geringere Einwirkung, so dass man sogar guss- eiseme Kessel und Pfannen dazu benutzt, andere Körper der Einwir- kung dieser Säuren auszusetzen.

Reines Wasser greift Eisen nicht au» wohl aber, sobald dasselbe, wie die meisten natürlich vorkommenden Wasser, Kohlensaure enthält. Ebenso bewirkt Seewasser baldiges Rosten, wobei Eisen aufgelöst wird.

Kupfer und kupferreiche Legirungen werden unter Einwirkung der Atmosphärilien bräunlich und überziehen sich nach längerer Zeit mit einer grünen, aus kohlensaurem Kupfer bestehenden Kruste, Patina genannt. Diese Patina hindert ein weiteres Eindringen der chemischen Einflüsse und wird ihrer schönen Farbe und desUmstandes halber an Monumenten und Statuen geschätzt, dass bei der Länge der Zeit, die arur Bildung der- selben erforderlich ist-, sie im vorwiegenden Maasse. und besonderer Schönheit an antiken Statuen gefunden wird. Man sucht sie desshalb vielfach auf künstlichem Wege auf modernen Gegenständen zu erzeugen oder nachzuahmen. Ein hoher Zinngehalt befördert nach Elster die Patinabildung.

Säuren und auch viele Salze erzengen in Vereinigung mit atmosphä- rischer Luft mehr oder minder lösliche Verbindungen, den sogenannten Grünspan, dessen giftige Wirkungen bekannt sind» Daher die Regel, kupferne Gefasse zur Aufbewahrung von Speisen und Getränken über- haupt nicht zu benutzen, bei der Verwendung zu Kochgeschirren aber das bereitete Nahrungsmittel sofort nach dem Aufhören des Siedens aus dem Kupfergefasse zu entfernen, um den Zutritt atmosphärischer Luft abzuhalten.

Dieselbe Eigenschaft zeigen kupferhaltige Legirungen, natürlich um so schwächer, je geringer der Kupf ergeh alt ist.

Reines Wasser greift Kupfer nicht an; Seewasser bildet einen grün- lichen Ueberzug (nach Percy Kupferoxychlorid), der allmählig vom Was- ser abgewaschen ' oder gelöst wird und für Entstehung neuer Bildungen Platz macht, so dass nach und nach das ganze Kupfer zerfressen wird. Bronzen sollen dieser Einwirkung länger als reines Kupfer wider- stehen.

Zink wird zwar von vollkommen trockner Lufb nicht angegriffen; der Wasser- und Kohlensäuregehalt der atmosphärischen Luft genügt jedoch zur raschen Bildung eines kohlensaure- und wasserhaltigen Oxyd- überzuges, welcher, abweichend von dem Roste des Eisens (der bekannt- lich immer tiefer und tiefer eindringt), einen ziemlich guten Schutz für das darunter liegende Zink bildet, so lange er nicht durch Regen oder

30 Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse.

sonstige Zufälligkeiten abgewaschen oder zerstört wird. Sftnren and alkalische Flüssigkeiten lösen rasch das Zink anf.

Zifin wird von der Luft und vom Wasser bei gewöhnlicher Tempe- ratur fast gar nicht oder nur sehr unbedeutend angegrififen ; erst beim Schmelzen tritt unter Einwirkung des Sauerstoffs der Luft Oxydation ein. Auch die Einwirkung saurer oder alkalischer Flüssigkeiten auf das reine Zinn findet nur bei längerm Erhitzen statt, und man benutzt desshalb vielfach das Zinn zu Ess- und Trinkgeschirren, Aufbewahrungs- gefässen für Speisen u. dergl.

Blei wird von feuchter Luft rasch an der Oberfl&che oxydirt, und es schützt die Oxydschicht wie beim Zink das darunter liegende Metall. Sauerstoffhaltiges Wasser löst nachweisbare Mengen Blei auf; ein gerin- ger Gehalt des Wassers an 6yps verhindert die Auflösung; Chloride und besonders salpetersaure Salze im Wasser befördern dieselbe. Diese Um- stände sind von Wichtigkeit für die Verwendung des Bleies zu Wasser- leitungsröhren, da durch Zersetzung organischer, in die Erdschichten eingedrungener Substanzen Salpeters&ure ein häufiger Begleiter des Was- sers ist.

Essigsäure greift das Blei ziemlich rasch an und löst essigsaures Salz auf. Bei der höchst giftigen Wirkung der Bleiverbindungen auf den menschlichen Organismus wird durch diesen Umstand jegliche Ver- wendung des Bleies zur Bereitung oder Aufbewahrung von Speisen und Getränken ausgeschlossen.

Bleilegirungen verhalten sich ähnlich. Aus Bleizinnlegirungen lost Essig beide Metalle. Desshalb ist im Allgemeinen jeder Bleizusatz zum Zinn für Anfertigung derartiger Gerftthe gefährlich und in vielen Ländern polizeilich verboten *).

Verdünnte Schwefelsäure in Berührung mit Blei erzeugt einen fest haftenden, in Schwefelsäure unlöslichen Ueberzng von Bleisulfat, welcher das Metall vor weiteren Angriffen schützt. Aus diesem Grunde findet das Blei eine vielfache Anwendung zu Apparaten und Gelassen für die Darstellung und Verarbeitung der Schwefelsäure.

Reines Silber wird weder durch feuchte Luft noch durch Wasser angegriffen und widersteht selbst in der Schmelzhitze der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft. Höchst empfindlich ist dagegen das Silber gegen die Einwirkung von Schwefelwasserstoff. Silberne oder versil- berte Gegenstände überziehen sich in unseren Wohngebäuden allmählig mit einem dünnen Iläutchen von Schwefelsilber (sie laufen an), welches, wenn sie rein erhalten werden sollen, von Zeit zu Zeit durch Putzen ent- fernt werden muss. Energischer ist noch die Einwirkung, wenn man sil-

^) Versuche über die Widerstandsfähigkeit der Bleizinnlegirungen gegen Wasser, Essig und Kochsalzlösung in der Wärme und Kälte: Dingler's poly- technisches Journal Bd. 220, S. 446; daraus Deutsche Industriezeitnng 1876, S. 266.

Preis. 31

beme Geräthe mit schwefelhaltigen Substanzen in directe Berflhmng bringt, z. B. bei dem Gebraache silberner Löffel zum Genosse yon Eiern u. dergl.

Oxydirtes Silber nennt man dasselbe, wenn es anter dem Einflüsse der Luft im Lanfe vieler Jahre sich allmahlig mit einem bräunlichen zum Theil aus Schwefel silber bestehenden Ueberznge bedeckt hat, den man ähnlich wie die Patina bei Bronzen auch bei modernen Silber- waaren vielfach nachzuahmen sucht.

Gold wird weder durch Luft, Wasser, noch durch gewöhnliche Säu- ren oder Alkalien angegriffen und nimmt daher unter den sogenannten edlen Metallen den ersten Rang ein, wohl aber durch Chlor und Königs- wasser. In legirtem Golde verhalten sich die legirten Metalle (Silber, Kupfer) entsprechend ihren specifischen Eigenschaften, welche jedoch durch den Goldgehalt um so mehr verdeckt werden, je mehr derselbe vorwiegt. Während aus goldhaltigem Silber das letztere durch Behand- lung mit Schwefelsäure oder Salpetersäure vollständig gelöst wird, gelingt die Trennung um so schwieriger oder gar nicht aus silberhaltigem Golde.

Platin zeigt ein ganz ähnliches Verhalten als das Gold. Daher die Anwendung desselben zu chemischen Geräthschaften und zur Bereitung coucentrirter Schwefelsäure.

Aluminium bleibt an der Luft unverändert, wird aber von Säuren und Alkalien angegriffen und zersetzt in dünnen Blättchen das Wasser schon bei 100^, während stärkere Aluminiumstucke erst bei Glühhitze eine Wasserzersetzung bewirken.

Das Verhalten der übrigen nur in Legirungen vorkommenden Me- talle gegenüber chemischen Einwirkungen wird mehr oder minder durch die mit ihnen legirten Metalle verdeckt. Es verdient nur noch der Er- wähnung, dass das Nickel in trockner und feuchter Luft unverändert bleibt und aus diesem Grunde mehrfach zu Ueberzügen leichter rostender Metalle verwendet wird, während Säuren dasselbe rasch angreifen.

Der Preis der Metalle ist der letzte, aber nicht der unwichtigste Factor for die Verwendbarkeit derselben. In sehr vielen Fällen muss der Preis den Ausschlag geben, wenn es darauf ankomnit, zu entscheiden, welches Metall das geeignetere für diesen oder jenen Zweck sei. Viele Metalle würden hinsichtlich ihrer übrigen Eigenschaften für manche Zwecke weit nutzbarer als andere sein so z. B. würden Gold, Platin, Silber f&r viele Zwecke der Technik, der Haus- und Landwirthschaft ausserordentlich geeignete Rohstoffe darbieten , ihre Verwendung ist aber ausgeschlossen, weil ihr Preis ein zu hoher ist.

Bekanntlich sind die Metallpreise steten Schwankungen unterworfen, die von dem Verhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage abhängen. Ausserdem bewirken die Entfernung des Verbrauchsortes von dem Ge- winnungsorte, sowie die grössere oder geringere Reinheit der käuflichen Bohmelalle nicht unerhebliche Unterschiede. Ein annähernd richtiges Bild von dem Verhältnisse der Metallpreise unter einander dürfte trotz- dem folgende Zusammenstellung geben, in welchem der Preis besten

M Preis.

englisohent svr Oienerei bestimmten RoheiBeoB (welches in Deutschland billiger za sein pflegt, als deatsches Giessereieisen) gleich 1 gesetzt ist:

(Hessereiroheisen 1

Rohstahl nnd rohes Schmiedeeisen . . 2

Zink 4V«

Blei 5Vj

Antimon . . . 14

Kupfer 22

Zinn 22

Wismuth 130

Nickel 260

Süber 2 000

Platin 12000

Gold 34000

Literatur über die Eigenschaften der Metalle und Legirungen:

Karmarsch, Mechanische Technologie; S. Auflage, herausgegeben von

Hartig. Hannover 1876. I. Bd., 8. 3 bis 73. Hojer, Mechanische Technologie. Wiesbaden 1874. S. 1 bis 32. Bise hoff, Das Kupfer und seine Legirungen. Berlin 1865. Musprat-Kerl, Chemie. Braunschweig 1868. Die betreffenden Artikel,

besonders Kupfer (111. Band). Wagner, Die Metalle und ihre Verarbeitung. Leipzig 1866. Künzel, Ueber Bronzelegirungen. Dresden 1876.

2. Die Geräthe zur Bestinimung und Erkennung der Form und Abmessungen sowie zum Anzeichnen derselben.

Die wichtigste Aufgabe bei jeder mechanischen Verarbeitung eines Metalls ist eine Form?eränderung desselben. Aus dem formlosen Metall- blocke soll ein Gegenstand von bestimmt vorgesohriebener Form und be» stimmten Abmessungen hervorgehen. Als Vorschrift fQr Form und Ab- messungen dienen Zeichnungen, Modelle oder allgemein fassliche An* gaben.

Es bedarf also einer Zahl von Geräthen,^theil8 um die Abmessungen der Vorlage aufzunehmen , zu ermitteln , theils sie auf das zu verarbei- tende Metallstück, welches man Arbeitst&ck nennt, zu übertragen und auf demselben sichtbar zu machen.

Geräthe zum Messen. Um die Entfeiiiung zweier Punkte, sn messen, die sich durch eine gerade Linie verbinden lassen, bedient man sich des Maassstabes. Die Einrichtung desselben ist eine so allgemein bekannte, dass sie keiner femern Erläuterung bedarf.

Zirkel.

33

Will man eine angegebene Abmessung direct anf das Arbeitsstück übertragen, oder gestattet die Form des zu messenden Gegenstandes es nicht, den stabformigen Maassstab anzulegen, so benutzt man den in sei- ner allgemeinen Einrichtung gleichfalls bekannten Zirkel zum Messen, Die Zirkel der Metallarbeiter sind aus Eisen oder Stahl gefertigt und mit starker Stahlspitze versehen, um gegen Abnutzung möglichst geschützt zu sein.

Die Figuren 13 bis 21 veranschaulichen die üblichsten. Sorten der von Metallarbeitern benutzten Zirkel. Fig. 13 und 14 sind Scharnier- zirkel. Bei Fig. 14 ist an dem einen Schenkel a der Bogen c befestigt,

Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16.

um auf demselben den Schenkel h vermittelst der kleinen Druckschraube d feststellen zu können und dadurch jede Verschiebung nach genomme- ner Abmessung zu verhüten. Man nennt ihn deshalb Bogenzirkel.

Der Zirkel Fig. 1 5 trägt statt des Scharniers zum Oeffnen eine Feder mit dem Bestreben, die Schenkel stets geöfiPnet zu erhalten; statt des Bogens eine Schraube mit Flügelmutter, welche die Schenkel in bestimm- ter Lage erhält. Hierdurch ist die grösste Sicherheit gegen eine selbst- thätige Verschiebung der eingestellten Schenkel gegeben. Dieser Zirkel heisst Federzirkel.

Es kann aber der Fall eintreten, dass ein Zirkel mit geraden Schen- keln nlbht ausreicht, eine genaue Abmessung festzustellen, z. B. bei Er- mittelung der Durchmesser oder Querschnitte von Körpern, deren Stirn- flächen nicht zugänglich sind (Kugeln, Cylinder etc.). Hierzu dient der Taster, Dickzirkel oder Greifzirkel, Fig. 16, der sich als Scharnier- zirkel und als Federzirkel herstellen lässt, auch leicht mit Bogen und Stell- schraube (wie der Zirkel in Fig. 14) zu versehen ist.

Handelt es sich darum, die Abmessungen dünnerer Querschnitte zu ermitteln, die von stärkeren begrenzt sind, z. B. die Stärke a des Stegs einer Eisenbahnschiene, Fig. 17 (a. f. S.), welcher oben vom Kopfe, unten vom Fusse begrenzt ist, so reicht ein einfacher Taster nicht aus, weil er sich nicht, ohne geöffnet zu werden, vom gemessenen Querschnitte ab-

licdebur, meoliftiilich-mtttalliirglsche Technologie. 3

34

Zirkel

nehmen l&sst, and man wendet den doppelten Taster, Fig. 18 nnd 19, an, dessen Einrichtung darauf hegründet ist, -dass heide Schenkelpaare stets genan gleiche Oefinang zeigen.

Die umgekehrte Form des einfachen und doppelten Tasters kommt unter dem Namen Hohlzirkel in Anwendung, wenn die lichten Durch- messer Yon Hohlkörpern gemessen werden sollen. Gewöhnlich benutzt man die Taster als Hohlzirkel, indem man ihre Schenkel in verkehrter Richtung über einander schiebt, Fig. 20 « wobei allerdings die Schenkel sich nicht wie bei Schamierzirkeln in einer Ebene bewegen dürfen, son- dern neben einander vorbeigehen müssen. Benutzt man bei dem Doppel-

Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19.

Fig. 20.

taster, Fig. 19, die Schenkel a zum Messen innerhalb der Höhlung, die Schenkel b zum Ablesen, so kann auch dieser ohne Weiteres als Hohlzir- kel dienen.

Wenn wegen der Grösse der Abmessung die Scham ierzirkel oder Federzirkel nicht mehr zureichen, oder wenn es darauf ankommt, grösserer Genauigkeit der Abmessung halber die Zirkelspitzen genau parallel zu behalten, so benutzt man den Stangen zirkel , Fig. 21 a, b und c, dessen Einrichtung ohne Weiteres aus der Zeichnung ersichtlich sein wird.

Fig. 21.

Lehren. 85

Wean auch die bisher beschriebenen Ger&the fär die meiBten Fälle der Praxis anareichende Genaaigkeit des Messens ermfiglichen , so genü- gen sie doch nicht f^r solche Fälle, wenn es, wie in den Werkstätten der Mechaniker, Ubrmacher a. e. w., darauf ankommt, sehr kleine AhmesBnngen festzastellen. Man gebraucht dann sogenaunt« Mikro- meterzirkel, welche, bei sonst veracbiedener Einrichtang , darin über- einstimmen, dasB das genommene Maass bedeutend vergrössert dargestellt nnd dadnrch znm beqnemen Ablesen gebracht wird. Die einfachste Form eine? solchen Inetrumentee ist die, wenn man bei einem Doppelzirkel das eine Schenkelpaar am ein bestimmtes Vielfaches l&nger macht als das andere. Es wird dann jede Oeffnung der kleineren Schenkel nm eben so viel in den längeren Schenkeln vergrössert anftreten ; ist beispiels- weise das Verhältniss wie 1 ; 50, so erscheint '/so ^"imet^r Oeffnung der kleinen Schenkel in den grösseren als 1 Millimeter. Ein Gradbogen verbindet die längeren Schenkel und erleichtert dtts genaue Ablesen.

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Querschnitte der Arheits- stQcke allmälig bis auf bestimmt vorgasoh riebe nes , häufig henutites Maass verkleinert werden sollen und daher während der Arbeit von Zeit zu Zeit geprQfl werden mOssen. So z. B. bei Anfertigung von Di-ähten und Blechen. Statt des Zirkels benutzt man in solchen Fällen zweck- mässiger Lehren, d. h. Blechtafeln , einige Gentimeter lang und breit, mit Einschnitten am Rande, deren Breite der herzustellenden Abmessung entspricht. Fig. 22 stellt eine derartige Lehre für Bleche, Fig. 23 fflr Pig. 22. Fig. 23.

llllllf

Drähte dar. und es wird die Anwendung derselben ohne Weiteres ver- ständlich sein.

Statt dieser unveränderlichen Lehrten hat man auch verschiebbare sogenannte Schnblehren, nach Art der Stangenzirkel constrnirt, um beliebige Maosse einstellen nnd messen zn können.

Neben dem Messen von Entremongen, wozu die bis jetzt beschriebe- nen Geräthe benutzt worden, kommt in den WerkatKtten der Metall- arbeiter nicht selten die Aufgabe vor, die Grösse von Winkeln zu messen oder zn pröfen. Der häufigste Fall ist der , dass ein Winkel geprüft werden soll, oh er gleich einem rechten sei; auch Winkel von 45 Grad sind nicht s?lten. Man gebraucht dazu den Winkel oder das Winkel- maass, ans zwei unter dem zn messenden Winkel (also gewöhnlich nnter 90 Grad) zusammenstOBSenden Linealen bestehend , aus Holz oder Einen dargestellt.

36 Qeräthe zum Anzeichnen.

Gonsimirt man den Winkel wie eine ReiBsschiene, bei welcher der kürzere, dickere Theil (der Anschlag) sich auf dem langem, schw&chem Theile verschieben nnd durch eine Klemmschraube an beliebiger SteUe einstellen lässt, so heisst das Werkzeug Schub winkel, Lochwinkel, nnd dient bei Vertiefungen sowohl zur Prüfung des Winkels zwischen Oberkante und Seite der Vertiefung, als zum Messen der Tiefe der letztern.

Verbindet man die Schenkel eines Winkels dnrch ein Scharnier, so dass sieb derselbe wie ein Zirkel öffnen lässt, um Winkel in jeder Grosse damit messen zu können, so heisst derselbe Schrägmaass oder Schmiege.

Um eine Ebene auf ihre horizontale Lage zu prüfen , findet die be* kannte Setzwage mit Senkblei oder auch die Wasserwage vielfache Anwendung.

Gerät he zum Anzeichnen. Zum Anzeichnen eines Punktes auf einem Arbeitsstücke, nachdem die Lage dieses Punktes mit Hülfe eines der beschriebenen Instrumente ermittelt worden ist, dient der Körner, ein Stahlstabchen mit konischer Spitze, mit welcher eine schwache Ver- tiefung in das Metall eingeschlagen wird.

Um ganze Linien zu ziehen, wird statt des Kömers die Reissnadel benutzt, ein spitziger Stahlstift, in ein hölzernes Heft gefasst. Soll die Linie deutlicher hervortreten, so wird sie durch Punkte, die mit dem Kömer eingeschlagen worden, bezeichnet

Soll eine Linie parallel einer vorhandenen Kante gezogen werden, so dient dazu das Streichmaass, Streichnadel, Reissmaass, dessen Einrichtung ans Fig. 24 hervorgeht. Die Flache a des Kopfes oder An- schlags A gleitet an der gegebenen Kante hin, dabei zieht die Spitze 5, welche im Riegel B festsitzt, auf dem Arbeitsstücke die parallele Linie

Fig. 24.

in dem vorher richtig eingestellten Abstände. D^r Kopf A mit der Klemmschraube pflegt aus Metall, der Riegel B aus Holz oder Metall zu bestehen.

Lässt man zwei parallele Riegel durch einen gemeinschaftlichen Kopf gehen, um zwei Linien zugleich anzeichnen zu können, so erhält man das doppelte Streichmaass.

Wenn eine Kante, an welcher das Streichmaass geführt werden kann, nicht vorhanden ist, die gerade Linie vielmehr parallel einer ausserhalb des Arbeitsstückes vorhandenen ebenen horizontalen Fläche vorgezeicb- net werden soll, so bedient man sich einer gusseisernen vollständig eben gehobelten Richtplatte und des stehenden Streichmaasses, Fig. 25 a und b welches mit dem metallenen Fusse a auf der Richtplatte steht und ver-

Stehendes Streichmaass.

37

_f— «f^ i^

schoben werden kann. Die Hülse b ist mit einer Klemmaohraube an der senkrechten Stange C befestigt und trägt die horiEontala Reissnadel, die in der Hälse verscbieb- '^' barunddurcheinezweite

Klemmschraube gleich- falls festzcstellen ist. Das stehende Streich - m&oss kann ebeuBOWobl anm Anreissen gerader Linien, als zum Anzeich- nen von Punkten in be- stimmtem Abstände Ton der horizontalen Bicht- platte gebrancht werden. Wenn der Mittelpunkt einer gegebenen Kreis- fläche gesncht und an- gezeichnet werden boU ein Fall, der sehr häufig bei den Endflä- chen cylindrischer Kör- per vorkommt, welche bearbeitet werden sol- len — , SD kann man sich ^ "■" "'^ ~! dazu eines rechten 'Win-

kels bedienen , auf wel- chem ein Lineal ao auf- geschraubt ist, dass die eine Kante den Winkel halbirt, Fig. 26. Legt man den Winkel so an das Arbeitastück, data das Lineal auf der Endfläche aufliegt, die Schenkel des rechten Winkuls aber den Umfang an je einem Punkte (also tangential) '^' ' berübren, und zieht mit

der Reissnadel am Lineal entlang eine Linie, so bildet diese einen Dnrch- meeaer; wiederholt man dasselbe Verfahren in einer andern Lage, bo erhält man einen zwei- ten Durchmesser und im

Durch Bchni ttspunkt e

beider Durchmesser den

MittelpUDkt des Kreises.

In Werkstätten, wo

diese Aufgabe häufiger

38 Centrirmascliine,

Torkommt, bedieot man sich zur BeBtimmnDg des Mittulponkta Ton Wel- len, Acbsen und ähnlichen Körpern sogenannter Centrirmaechinen.

Eine von der Chemnitzer We rkzeugm aschine nfabrik , Tormals Joh. Zimmermann in Chemnitz, gebaute Centrirmaschine zeigen uns die Abbildungen Fig. 27 a and b. Auf dem einen Ende des gosseieeroeu Bettes A ist das Dopellager (Spinde letcck) B befestigt, und in letzterm ist die scbmiedeeieenie Spindel a derartig gelagert, dass sie sich hori- zontal um ein gewisses Maass nach rechts verscbieben l&Bst. An dem in Fig. 27 b rechte liegenden Ende trägt die Spindel eine kleine Bohr- spitze b, links endigt sie in einem QnerstQcke c, in welchem sie sich frei Fig. 27 a. Fig. 87 b.

drehen kann. Anf der Spindel und mit dieser verschiebbar befindet sich eine Riemen rolle r, um sie von einer Transmissionswelle aus in Umdrehnng versetzen zu können.

Rechts (Fig. 27 b) von dem Lager B ist ein Rahmen C befestigt, in welchem sich zwei Gleitstücke h h befinden. Jedes dieser Gleitstücke trägt ein Muttergewinde, in welchem eine horizontale Schranbe sich dreht; die Schrauben sind mit ihrem glatten Ende im Rahmen C f est gelagert, so dass durch Drehung der Schrauben eine Verschiebung der Gleitstücke bewirkt wird, und zwar, da die Schrauben entgegengesetztes Gewinde, aber vollständig gleiche Ganghöhe besitzen, nähern oder ent- fernen sich die Gleitstücke vollständig symmetrisch, sobald die Schrauben gleichmiaaig nach derselben Richtung gedreht werden. Diese Drehung der Schranben wird von dem Doppelhebel t aus mit Hülfe der Räder-

Geräthe zum Festhalten. 39

paare de^fg bewirkt, von denen d nnd /auf einer gemeinschafllichen Welle befindlich sind. Die Gleitstücke endigen an ihrer innern Seite in

zwei einander zugekehrte gleich grosse stumpfe Winkel \ y , welche

gefmeinschaftlich zum Festhalten des dazwischen geschobenen Arbeits- stücks dienen. Die Scheitelpunkte dieser Winkel liegen in derselben Horizontalebene mit der Bohrspitze h und besitzen iki jeder Stellung der Gleitstücke gleichen Abstand von det durch die Bohrspitze in der Rich- tung der Spindel gelegten Verticalebene. Es ist einleuchtend, dass, wenn ein cylindrischer Körper zwischen die Gleitstücke gelegt und durch Näherung derselben erfasst und in feste Lage gebracht wird, die Achse desselben mit der yerlängerten Achse der Spindel a und mithin der Bohr- spitze zusammenfallen muss. Um das hintere Ende des eingelegten Kör- pers zu stützen dient das Terstellbare kleine Lager D,

Drückt man non, nachdem die Spindel a in Umdrehung versetzt worden ist, nach dem Einlegen des zu centrirenden Körpers die Bohr- spitze h gegen die Endfläche desselben, indem man den Hebel k und somit durch Yermittelung des Kettchens l und des Querstücks c die Spin- de) a nach rechts verschiebt, so wird die Bohrspitze genau in der Mitte der Endfläche eine kleine kegelförmige Vertiefung bohren und dadurch die Mitte bezeichnen. Lässt man den Hebel h los, so schiebt die Spiral- feder den Apparat sofort in die frühere Stellung zurück.

Literatur über Geräthe zum Messen, Anzeichnen etc.:

Karmarsch, Mechanische Technologie, 5. Aufl., L Band, S. 231 if.

Hoyer, Mechanische Technologie, S. 58 ff.

Prechtl, Technologische Encydopädie. Stuttgart und Wien 1830 bis

1869, die betreffenden ArtikeL

Ueber Theilmaschinen, welche hier nicht beschrieben wurden,

siehe auch Rühlmann, Maschinenlehre, I. Bd., 2. Aufl., Braunschweig 1875, S.248.

8. Qerftthe Bum Festhalten.

Bei jeder Gattung von Metallarbeiten tritt mehr oder minder häufig die Nothwendigkeit ein, Gegenstände für kurze Zeit in unverrückbarer Lage festzuhalten, sei es das Arbeitsstück selbst (z. B. beim Befeilen), oder seien es andere zur Arbeit in Beziehung stehende Apparate.

Das einfachste Geräth hierzu ist die Schraubenzwinge, Fig. 28 (a. f. S.)* Dieselbe wird durch einen U-förmigen Bügel aus Holz oder für Metallarbeiter häufiger aus Eisen gebildet. In dem Schenkel a ist ein Loch mit Gewinde eingeschnitten, um eine Schraube h aufzunehmen, welche bei ihrer Drehung das Arbeitsstück zwischen sich und dem andern Schenkel erfasst.

40

Geräthe zum Festhalten.

Um an einer bestimmten Stelle, z. B. an dem Arbeiteiiscbe des Me- tallarbeiters, Arbeitsstücke in bestimmter Lage einzuspannen, ist der

Fig. 28.

Schraubstock das am häufigsten be- nutzte Geräth. Jeder Schraubstock be- steht im Wesentlichen aus zwei Backen, die sich mit Hülfe einer Schraube ö&en und schliessen lassen und zwischen sich das Arbeitsstück fassen. Geschieht das OefT- nen durch Drehung, wie in Fig. 29 a und b, so heisst der Schraubstock Zangen - Schraubstock. Es ist hier Ä eine bewegliche Backe, drehbar um den Bol- zen a, B ist eine feste Backe. Beide Backen zusammen bilden das Maul des Schraubstockes. Die Backen sind aus Schmiedeeisen gefertigt; die einander zugekehrten Flächen des Mauls sind Yerstahlt und feilenartig aufgehauen, um die dazwischen geklemmten Gegen- stände fester zu halten« Wenn der Schraubstock ganz geschlossen ist, so divergiren diese Flächen etwas nach unten; man bezweckt hierdurch eine mehr parallele Stellung der Flächen, sobald der Schraubstock geöffnet wird, um einen Gegenstand zu erfassen. Durch eine Oeffnung der Yordem Backe Ä geht die Schraube b hindurch, deren Drehung mit Hülfe des Hebels oder Schlüssels c erfolgt. Das andere Ende der Schraube dreht sich in der langen Hülse d, welche ent- weder selbst mit Muttergewinde versehen ist oder in deren Oeffnung man eine aus Rothguss gefertigte Schraubenmutter eingelöthet hat. An der festen Backe ist schlieslich die Feder befestigt und drückt gegen die vordere Backe. Wird nun die Schraube nach aussen gedreht, so folgt in Folge des Druckes dieser Feder die Backe nach und das Maul öffnet sich ; wird die Schraube einwärts gedreht, so wird die Feder zusammen- gedrückt und das Maul schliesst sich. Als Verbindungstheile zwi- schen beiden Backen dienen die starken Blechplatten C, welche an der hintern Backe befestigt sind und in welchen der Bolzen a seine feste Auflage hat.

Damit die Schraube beim Oeffnen der Backe A stets eine normale Richtung gegen dieselbe behalte, ist einestheils die Durcbgangsöffnuug für die Schraube in der Backe Ä länglich geformt, wie ans Fig. 29b er- sichtlich ist, andemtheils sitzt die Hülse d nicht fest, sondern hat soviel Spielraum in der Backe B, um ihre Richtung etwas ändern zu können, und ist nur durch eine einspringende Nase oder Leiste vor dem Dreben gesichert.

Zur Befestigung des Schraubstocks am Arbeitstische dient einestheils die an der festen Backe befindliche Scheere /, ein flaches Eisenstück,

welcbea mit Sobrauben am Holae befestigt ist, tmdemtheita der in den Fussboden tretende Fuss g. Bei kleineren Schraubstöcken fehlt letzterer

nnd wird dnroh eine Nmc an der Rüclueite der festen Backe ersetzt, die in das Holz eingelasBen ivird; oder man versieht den Schranbatock mit einer Ai-t Si:hraubenzwinge, die ihn am Tische festhält wie in Fig. 30.

Pj^ ^Q Die Grösse der Zangenschraubstdcke ist,

dem Zwecke, dem sie dienen sollen, entspre- chend , eine sehr renichiedeDe. Die kleinsten Schraub Btöcke der Goldarbeiter, Uhrmacher, Mechaniker haben kanm 1 Kilo Gewicht; die grÖBsten Schraabstdcke für sehr grobe Arbeiten haben ein Gewicht bis zn 100 Kilo.

Die ZangenscbranbstiJoke haben denUebel- stand, dasB die Fl&chen des Mauls nnr in einer einzigen Stellung vollständig parallel stehen nnd heim weitem Oefinen immer mehr diver- giren, das Arbeitsstück also bei grosser Oeff- nnng nnr noch mit den Kanten fassen. Dieser

42 Gerätfae zum Festhalten.

beBODders beim KinspsDnen groewr Arbeiintficke Ifcrtige ümatftnd wird beim Parallelscbranbatocke vermieden, dessen beweglicbe Bftcke at*tt der bogenfSrmigen Bewegung eine geradlinige besitzt. In Fig. 31 ftimd b, welche die Conatruction eines aolclien ParBlIebchraabBtocIu dantellt , ist Pig. 31.

A die feate, B die bewegliche Backe, c eine mit B in feet« Terbindting gebrachte Schrauben Bpindel, d eine Schraubenmutter, auf der untem Platte festgeschraubt. Es ist leicht einzusehen, wie durch Drehung der Spindel c die Backe B von A entfernt oder gegen A geuKhert werden kum.

A und B sind aoa Guaseiaen mit eingesetzten Stahlbacken ee; Schraubenapiudel und Schlflaael aua Schmiedeeisen. Abweichende Con- atructionen Ton Farallelachraabstöcken sind zahlreich. Häufig ist die Backe A beweglich tind B stabil. Man erreicht diesen Zweck ein^Mb dadurch, daaa man statt der featatehenden Mutter d eine solche in der Terachiebbaren Backe A anbringt, B aber sammt der Spindel vor Yer- Bchiebung bewahrt Letztere Oonatmction dütfie ihrer etwas gröaseren Ein- fachheit halber fast noeb häufiger vorkomroen, als die oben gezeichnete.

Für kleine ArbeiteatQcke , welche man einspannen will, um sie in der Hand halten und beliebig wenden zu können, gebraucht man statt dea Scbraubstocka den Peilkloben, Fig. 32. Derselbe hat Aebnlichkeit mit einem Zangeneobranbatocke ; seine Länge beträgt 70 bis 150 Hilli- meter. Man unterscheidet schmalm aulige und breitmäulige Feilkloben, je nachdem die Backen achmal oder breit sind.

Sehr kleine Feilkloben Tersiebt man mit einem Stiele zum Anfassen und nennt sie Stielkloben; sehr grosse befestigt man nach Art eines kleinen Schraubstocks am Tiscbe und nennt sie Tischkloben.

Eine letzte Qattung tou Gerätben znmFesthalten bilden dieZangen.

Alle Zangen stimmen darin flberein , dass der festzuhaltende Gegen- stand durch zwei Schenkel ergriffen wird, welche sich durch Drehung um eine gemeinschaftliche Achse dffiaen und schliessen lassen. In Form und Grösse aber zeigen sie erhebliche Abweichungen.

Zangen.

43

Die kleinste Art der Zangen, zum Ergreifen ganz zarter Gegenstande bestimmt, wird durch die bekannten Pinzetten gebildet, nach dem Principe des einarmigen Hebels constroirt. Der Druck des Fingers wirkt in einem kürzern Abstände vom Drehungspunkte als der Gegendruck des mit den Spitzen der Pinzette zu erfassenden Körpers, wird also nur in dem Verhältnisse der Länge dieser Abstände übertragen.

Alle übrigen Zangen entsprechen dem zweiarmigen HebeL Der Druck der Hand wirkt an den längeren Hebelsarmen, mit den zwei kürzeren wird das Arbeitsstück erfasst. Man nennt die längeren Hebelsarme Griffe oder Schenkel, die kürzeren Backen, und beide Backen zu- sammen bilden das Maul.

Nach Form des Mauls unterscheidet man Beiss- oder Kneip Zan- gen, Fig. 33 A, deren Backen halbkreisförmig gekrümmt sind und schnei- denformig zusammengreifen; Flachzangen, Fig. 33 B, mit flachen

Fig. 32. Pig. 33. Fig.' 34. Fig. 35.

A

Backen; nach Form der Schenkel unterscheidet man geradschenklige, wie die soeben erwähnten, und krummschenklige, wie in Fig. 34. Die grösseren Zangen pflegen alle geradschenklig zu sein. Um bei diesen, wenn sie das Arbeitsstück längere Zeit gefasst halten sollen, das er- müdende Zusammendrücken der Schenkel mit der Hand zu ersparen, schiebt man einen Ring oder eine Klammer aus Schmiedeeisen, Fig. 35, über die Schenkel und drückt sie dadurch zusammen.

Auch bei Bearbeitung zarter Arbeitsstücke kommen kleine Zangen mit übergeschobenem Ringe in Anwendung , deren Schenkel nach dem Hinaufschieben des Ringes durch eine Feder geöffnet werden. Diese Zangen, welche Schiebzangen genannt werden, dienen als Ersatz des Feilklobens in Fällen, wo durch das Anziehen der Schraubenmutter des letztern eine Beschädigung des schwachen Arbeitsstückes zu befürchten sein würde. %

44 Geräthe zum Heben und Transportiren.

Noch Art d«r Tarweadung unterscheidet m«n TM-scbiedene Gattun- gen von Zangen: SchmiedeaaiigeD, Walssaagen, Rohnangen, DrehtBaogen and TeracHedene andere, deren wir Eom Theil bei Beaprechnng der betref- fenden Arbeitoreriahren eingehender ra erv&hnen Gelegenheit finden werden.

läterstnr Aber Geräthe nun Festhalten: Earmarsch, MechaniKbe Technologie. £ Aofi. I. Bd., S. 225 n. ff. Hojer, Mechanische Technologie, S. 48 o. ff. Prechtl, Tecbnologiache Encj'clopädie, die betreffenden ArtikeL

4. Q«Tfttlie xom Heben und TransportiTen der Bobmetalle,

Arbeitsstücke etc.

Da die Herstellong eines Gebraachsgegenstandee selten durch ein einziges Arbeitsverfahren bewirkt wird, sondern meistens eine grössere Anaahl verschiedener, in bestimmter Reihenfolge einander abwechselnder Arbeiten dam erforderlich ist; da femer diese verschiedenen Arbeiten oft in getrennten Localen vorgenommen werden mfiasen; und da endlich anch bei der Arbeit selbst dch öfter sowohl ein Anheben, Umdrehen des Arbeitsstücks, als ein Herbeischaffen von Materialien und schwerer Arbeits- geräthe, sowie ein An&t«llen der letzteren erforderlich macht, so sind zur Erleichtening dieser Arbeiten verschiedenartige Apparate in Gebraach.

Transportwagen. Zum unfachen Transportiren gebraucht man Wagen oder Karren. In Fabriken, wo schwere Stücke gefertigt wer- den, pflegt man mehrere starke Wagen, für bestimmte Belastung berech- net, in Bereitschaft an haben. DieseU>en bestehen ans einen Rahmen ans Eisen oder Holz auf starken schmiedeeisernen Achsen ruhend und F^. M.

Tratisportwagen. 45

VOD niedrigeii Rädern getragen, nm daa An- nnd Abheben der zu trane- portirenden Gegenstände nicht nnn&thiger Weise sn en>chweren. Damit die Wagen «elbat nicht nnnöthiger Weise Banm beengen, giebt man ihnen eine nicht gm grosie Oberfläche nnd legt znr Vergrösserung, wo es nöthig ist, lieber Schienen oder hQlaeme Balken auf. Fig. 36 ver- anschanlicbt einen solchen von der Actiengesellschaft Hamboldt in Kalk bei Dente gebauten Wagen, der snm Transport grösserer Gnssstflcke und dergleichen sehr geeignet ist. Der Rahmen ist ans festem Bolze nnd mit Flacheisen besclilagen ; dieser Rahmen mht auf zwei starken Doppelt- T-TrSgem nnd bewegt sich auf vier gosseisernen Rädern.

F^g. 37 stellt einen kleinen Wagen aus derselben Fabrik dar, wel- cher zum Transport von Roheisen u. dergl. bestimmt ist. Tig. 37.

Zum Transporte gewisser Matprialien, z. B. von Kokes, Kalk- stein u, dergl, können sogenannte Kippwagen, wie sie durch Fig. 38 ver- anschaulicht werden, recht zweckmässig sein. Flg. 38.

46 Geräthe zum Hehen und Transportiren.

Wo man einen tind denaelbeii grossem Weg vielfach mit beUdenen Wagen zorückznlegen hat, empfiehlt sich sehr die Anlage eines Schienen- gleises, nnd es müssen dnnn dementsprechend die Räder der Wagen profilirt sein. Man kann Aneachussschienen von den Walzwerken be- nntzen; in Eisen giessereien gieest man auch wohl gasseiserne Schienen in UerdgDBS, die wie in Fig. 39 profilirt sind nnd befeBtigt werden. Soge- Fig. 39.

Pig, 40.

nannte Grubenschienen sind weniger empfehlenswerth , wo grössere Be* lastnngen transportirt werden.

Um bei diesen einfachen Eisenbahnen an Wendestellen die immerhin kostspieligen Drehscheiben zn sparen, kann man einfache gegosaene Wendeplatten, wie in Fig. 40, einlegen, anf denen der Wagen ohne grosse Anstrengang sieb drehen lässt.

Auf sehr grossen Werken kann es vortbeilhalt nein, statt der Men- schen- oder Pferdekrftfte znm Transportiren der Lasten eine eigene I.ocomotive einzustellen. Scihxtverst&odlich müssen in diesem Falle alle Schie- ncngleise den Regeln des Locomotivenbetriebea ent- sprechend constrtiirt nnd mit DrehscheilMn an den entsprechenden Stellen ver-

KrahneundBrQcken- winden. Wenn eine Last gehoben and nar inner- halb eines abgegrenzten Raumes transportirt wer- den soll, so bedient man sich der Krahne nnd Brücken winden.

Wir verstehen unter Kraha jede maschinelle Vorrichtung, geeignet, mit geringenn Kraftaufwande eine grössere Lant zn beben nnd auf gewisse Entfernungen zn transportiren , wobei die Last dnrcb einen schräg oder horizontal gerichteten Ann, den Krahnnrm oder Aasleger, getragen

Krahne.

47

wird. Ist dieser Arm um seinen einen Endpunkt drehbar, so dase ds- dnrch eine Fortbewegung der Last im Kreise ermöglicht wird wie es fast immer der Fall ist , so heisst der Krahn Drehkrahn.

Brflckenwinde auch wohl Laafkrahn, Brückenkrahn,

Rollkrahn nennen wir eine auf fahrbarem Hochgerüste, der Lanf-

bübne, angebrachte Windevorrichtung, welche gewöhnlich auf dieser

Lanfbäbne in einer Bewegnngsricbtnng und mit der LaufbObne in

einer zweiten Bewegungarichtung

m und

la Fl»- dieser n allen nur in ich um

cb liebe * Hmpf-

48 Geräthe zum Heben und Transportiren.

krahne) oder hydraulischer Druck (hydraulische Erahne). Handkrahne sind die am häufigsten benutzten, hydraulische die seltensten.

Die eigentlichen Erahne mit Ausleger zerfallen in feststehende und bewegliche Erahne.

Unter den feststehenden unterscheidet man Gebäudekrahne und freistehende.

Der Typus eines Gebäudekrahns ist durch die Figuren 41 und 42 (a. V. S.) gegeben^).

Die Säule a (Erahnsäule, Mönch) ist mit Zapfen an beiden Enden in Theilen des Gebäudes eingelassen und um diese Zapfen drehbar. An derselben ist der wagerechte Ausleger h befestigt und durch die Streben c und (2. gestützt. Um die am Ausleger hängende Last geradlinig in der Richtung des Auslegers verschieben zu können, ist der zum Anheben dienende Flaschenzug an einem kleinen yierr&drigen Wagen (Eatze) auf- gehängt und mit diesem yerschiebbar.

Die Verschiebung kann in mehrfacher Weise bewirkt werden:

1) durch Verbindung des Wagens mit einer verschiebbaren Zahn- stange, welche durch Drehung eines festliegenden Getriebes verschoben wird. Die Drehung des Getriebes erfolgt von einer mit Eurbel versehe- nen Welle tp aus (Fig. 42);

2) durch Verbindung der beiden Enden des Wagens mit einem Seile oder einer Eette, welche durch irgend eine einfache Vorrichtung hin- und herbewegt wird und den Wagen nach sich zieht, Fig. 43, 44 und 45;

-3) durch ein auf die Verlängerung einer Achse des Wagens ge- stecktes Eettenrad oder Seilrad mit herabhängender Eette oder Seil ohne Ende, durch dessen Bewegung der Wagen fortgerollt wird, Fig. 46 a und b (a. S. 50). Es ist hier a das Eettenrad; auf der Achse desselben sitzen die Getrieberäder hb, welche sich auf den festliegenden Zahnstangen cc dre- hen und dadurch die Fortbewegung der Eatze bewirken, dd sind die mit ihren Achsen in der Eatze gelagerten Rollen für das Seil oder die Eette des Flaschen zugs.

Unter diesen drei Vorrichtungen, welche nur die üblicheren Systeme darstellen, dürfte die in den Figuren 43 bis 45 gegebene die empfehlens- wertheste sein.

Um das Aufhängen der Last in der Mittellinie des Auflegers zu bewirken, ist dieser sowie die Streben getheilt und zwischen den beiden Theilen hängt der Flaschenzug mit der Last, wie aus den Figuren 41 bis 45 ersichtlich. Seltener greift ein Bügel, an dem die Last hängt, um den aus einem Stücke bestehenden Ausleger herum.

Zum Anheben dient eine Winde mit Eetten- oder Seiltrommel.

Als Material für diese Art Erahne dient Holz oder Eisen. Gusseisen ist wegen der unvermeidlichen Erschütterungen weniger empfehlenswerth,

^) Nach den Zeichnungen der „Hütte*', Jahrgang 1874, Tafel 2 c.

Gebäudekrahne. 49

Mihnii«deeiaerne Krahne dagegen aehr brauchbar, jedoch theurer als hdlzerse.

BeiAnwendnng von Datnpfkraft pflegt man den oder (bei Zwillings- maBchineo) die Dampfcjliuder an der Krabosänle zu befestigen und durch

ein eatgprechend gebogenes DarapfleituugBrohr und Stopfbüchse mit dei station&ren Dampfleitnog zu verbinden, wie ana Fig. 43 ersichtlich.

Ladabii, niHhurfHli-iutaUairlHlH Ttuhnolagt«. 4

50 Geräthe zum Heben und Transportiiren.

Statt die KrahnsÜale nm Zapfen drehbnr zu mnchen , kann man auch eine feststehende Säule anwenden, nm welche der Krahnarra nehtt Strebe allein sich drehen, wie bei dem Krahne in Fig. 46. Die Säule

pflegt aus Gnsseisen zn bestehen, ist an den Angrifl'sstellen für Ausleger nnd Strebe abgedreht nnd wird von zwei gnsaeisemen , inwendig ana- gedrebten Hülsen mit angegossenen Schuhen umschlossen, in welchen

FreiBtehende Krahne. 51

jene befestigt sind. Ausleger und Strebe eind aus Holz oder häufiger KOS SchmiedeeiBen. Eine derartige Conatruction ist aehr leicht nnd in allen Fällen empfehlenawerth , wo gnsaeiBeme Säulen als Bestan dt heile des Gebäuden vorhanden aind, Aach die Belastung des Krahns nicht eefar hoch iet, weil nnter Umstfinden durch einen Brach der Sänle das ganze Gebende geiahrdet werden kann.

Solche Krahne für Belastungen bis 5000 Kitngramm haben sich in grösseren Giemereien und Montir Werkstätten (Chemnitzer Werkzeug- maschinen fabrik , Sächsische Maschinenfabrik in Chemnitz, Kölnische Maschinenbaugesell Schaft in Bayenthal, Berliner Mascb inen bau actien- gesellachaft und andere) als höchst zweckmässig erwiesen.

Unter allen Krahngattungen sind die Gebäudelcrahne für Metall- verarbeitung die häufigsten und zweckdienlichsten. Sie bedürfen wenig Fundamentirnng, beengen den Platz nicht erheblich und gewähren die Möglichkeit, innerhalb der Kreisfläche, deren Halbmesser durch die Länge des Auslegers gegeben ist, jeden Punkt zu erreichen. Nur allein der kleine Kreis, soweit KrAhnsäule und Winde reichen T mues von der Benutzung ausgesohlossen bleiben. Gruppirt man m ehrer« derartige Krahne zu einem Systeme, indem man ihre Kreise sich berühren lAsst, so kann mau Lasten auch auf verbältnissmÄssig weite Entfernungen mit alleiniger Hülfe dieser Krahne transportiren , und bei Anordnung mehrerer Krahne sollte dieser Umstand nie ausser Acht gelassen werden.

Als Beispiel hierfür mag die Skizze Fig. 47 dienen, bei welcher drei Krabne von gleicher Ausladung zusammenwirken und dadurch den Trans- Fig- 47.

port eines GegeDstandee von einem PJude des Gebäudes bti a bis zum anders bei b ermßglicben; und Fig. 48 (a. f. S.), bei welcher swei kleine mit einera grössern Krahne in Zusammen Wirkung gebracht sind.

Die allgemeine Anordnung eines freistehenden Krnhns ist dnrcb Fig. 49 (a. f. S.) gegeben.

Gegenüber den Gebaudekrabnen haben sie den Nachtheil, dass der Abstand ihres AnfhängepnnkteB vom Drehpunkte gewöhnlich unveränder- lich ist, mithinihreWirksamkeitsich auf eine einzige Kreislinie beschränkt. Ein anderer Nacbth eil ist das kostspit^l ige Fundament, wodurch die ganze

52 Geräthe zam Heben und TransportireD.

Anlage erheblich vertheaert wird. Sie finden deshalb nur da Aowendnng, wo die ÄnfatelloDg eines Gebäude kräh ns anmöglich ist, im Freien zam Aaf- und Abladen n. dergl.

Fig, 48. Pig. 49.

Die beweglicheD Krahne sind in ihrer gewöhn lichBten nnsaem Form den freistehendea Krahnen ähnlich, wie Fig. 60. Sie halien vor

diesea den Vortheil voraus, daas sie, auf einem viorrädertgen Wagen rnhend, anf Schienen geradlinig fortbewegt werden and dadarcb eine weit gröasere Fläche bedienen. Innerhalb der Gebäude wird man sie nar in solchen Fällen anwenden, wenn ein feststehender GebAudckrahn

Bewegliche Krabue. 53

sich ftOB anderen GrÜDdea nicht aufstellen läset; wohl aber sind sie im Freien geeignet, nm anf grösseren Lagerplätzen für schwere Geräthe E. B. für grusBe Formkasten bei Giessereien diese, wenn sie !n Benutzung genommen w^den sollen , anf Wagen zu laden , umgekehrt wieder abzuladen, und für ähnliehe Zwecke.

Bei Anwendung von Dampfkraft zum Betriebe dieser freistehenden Krahne stellt man , wenn der Krahu zur Arbeit im Freien bestimiut ist, den Kessel anf den Wagen neben den Krahn und befestigt den Dampf- cylinder an tetzterm, Fig. 51.

Fig. .^I.

Wird der Krahn dagegen innerhalb eines Gebäudes benutzt, wo eine stationäreDarapfmaschinemitTransmissionTOrhanden ist, Fig. 52, so betreibt

Fig. &2.

öi Geräthe zum Heben und Transportiren.

man den Krahn lieber durch ein von der Tranamission am bewegtes Seil ohn« Ende (wie in Fig. 53, wo a, b, c die betreffenden Seilioheib«D dea Fig. 5S.

Er»hns bedeuten), oder auch durch eine Welle. Wir kommen später auf diese Art der Bewegnngaübertragnng bei Besprechung der Brückenwin- den eingehender zurück.

Es sei Doch erwähnt, dase die heideu Skizzen, Figuren 51 und 52, einem Prospecte der IVIaBchinenfabrik von Ludw. Stuckenbols in Wetter a. d. Ruhr entnommen sind. Beide Krsbne verdienen durch die eigen- thümliche Form des Auslegers Beachtung, welche auch eine Horizontal- bewegung der Katze gestattet.

Unter den BebevorrichtuDgen , welche auf erhöhter Laufbahn be- weglich sind, ist wohl die einfachste die in Fig. 53 skizzirte. Auf einer flg 53_ hochkantig stehenden EisenBcbiene läuft

die Rolle nnd trägt vermittelst eines Bü- gels den aus einem Kieenetabe bestehenden Hebel, an der einen Seite mit Zugstange, '■ an der andern mit Kette versehen, welche ' zum Aufhängen der Last dient. Eine Q Kraftersparang beim Heben findet natür- I lieh, so lange der Hebel, wie in Fig. 53, J^ i gleicharmig ist, nicht statt; trotzdem kann

diese einfache Vorrichtung sich in vielen Fällen recht natzlicb erweisen, wenn glü- hende Gegenstände rasch traneportirt werden sollen. Man erfaaet die- selben mit einer Zange und hängt diese in die Kette ein, z. B. beim Transporte der Tiegel in Gnasstahlgiessereien , grosser Eisenstaoke in Walzverken u- dergl.

ÜL

--3,139«'=-

Brückeowinden.

Die einfachste Form einei: eigentlichen Brückenwinde ist dii 9 Winde bot in einer Richtung beweglich ist. Fig. 54 stellt e Kg. 54.

artige kleine fahrbare Wiude fQr 1250 Kilo Belaetnng aas der Chem- nitser 'Werkzeagmaschinenfabrik dar, deren Einrichtung ohne Weiteres Teratändlich sein wird. Zwei schmiedeeiserne parallele Schienen tragen die auf vier Rollen bewegliche Laufkatie.

Derartige kleine Bräckenwinden finden mannigfache and zweck- mässige Verwendang in allen Werkstitten , wo h&afig kleine Lasten zu hebt-D nnd auf geringe Entfernungen zu transportiren sind, in Schmie- den, Schtosserwerkstätten, Drehereien nnd anderen.

Eine grössere Sorte derartiger, nnr in einer Richtung beweglicher BrQcken winden mit Dampfbetrieb findet in vielen nenen Röhren- giessereien Anwendung , am Modelle aoezobeben , Abgäase hoch zu heben n. dergl.

Weit bSnfiger ist jedoch die Anwendung deijenigen Brückeowinden oder Laofkrabne, bei denen die Laufkatze mit der Winde nach einer Richtung und die ganze Lanfbüfane sammt der Winde nach einer zwei« teo normal gegen die Richtong der Katze gerichteten Linie bewegt wer- den kann. Während die soeben beschriebenen Winden nur eine einzige gerade Linie zu bestreichen yermögen, ist in dem letztern Falle die Möglichkeit gegeben, die ganze Räche eines Rechtecks zn bedienen, dessen Breite gleich der Breite der Bühne und dessen Länge gleich der Länge der Fahrbahn derselben ist. Letztere aber lässt sich be- greiflicherweise soweit ausdehnen, als es die Baulichkeiten überhaupt gestatten.

So einftkch dieses Princip im Allgemeinen ist, so verschiedenartig sind die Ausführungen desselben in den Einzelnheiten.

Figuren 55 und 56 {a. f. 8.) stellen eine mit Dampf betriebene Brflcken- winde in der Mootirwerkstatt der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrilc

56 Geräthe zum Heben und Transportiren.

dar'). DieMlbe ist im Stande, Lasten in heben, za senken, io d«r Lftn- genricbtung und in der Breitenrichtnng des Gebändei fortEobewegen. Die ganze Masohiiie bewegt eicli auf den Eisenbaliaschienen //. Die auf dem FabrgerüBte m befindliche Winde n mit Terscbiedenen Vorgelegen und Vorrichtongen zum £iD- und Auarfloken iet in der Breitenriobtung des Gebäudes beweglicb. Von einer stationären Dampfmaschine wird die Pig. 55.

fang zanScbst aof eine Riemenscheibe s,, von hier ans durch einen Riemen aufwärts nach der Scheibe Sj übertragen, deren Welle auf den Böcken q gelagert ist. Anf derselben Welle mit der Riemenacheibe s^ sitzt die 1 Meter im DurchmeBser haltende Schnurscheibe p, über welche

') BUblmann, Maaoliinenlehre, Braoiucbweig 1875, IV, Bd., B. 480 ff. irnemann'B CivUingeniaur, Bd. XVII (Jeep).

Brückenwinden. 67

du zum Betriebe deiKrtihns dienende Seil ohne Ende yy. gelegt ist, nad mit welcher eine zweite eben so grosse Scheibe am andern Ende des Gebfindes correspoodirt ; h ist eine Spannrorrichtang Eam Straff halten des Seiles. Anf der Fahrbühne werden die Scheiben v nod w sur Füh- mag des Treibseilea beoatzt, während die Scheibe u die Bewegung des Krahiw vermittelt.

Fig. Sfi.

I)ie Bühnen der Laufkrahce sind ans Holz oder Schmiedeeisen, sel- tener ans Gntseiaen gebaut. Schmiedeeisen dtkrfte in den meisten Fäl- len daa geeignetste, wenn auch theuerste Material sein; Gusseisen macht die Constroction schwerföllig, besondera wenn die Spannweiten bedeutend sind; Hols ist der Abnutzung anagesetzt, verringert aber das Gewicht, WAS bei kleinen, durch Manschenkraft bewegten Bühnen immerhin in Betracht zu oiehen ist.

58 Geräthe zum Heben und Transportiren.

Der Mechanismns der Bewegungstheile ist ein verhältniaBmäwig ein- facher für Handbetrieb, ein oft recht complicirter fär Dampfbetrieb.

Bei Betrieb durch Dampf kraft lässt sich die von einer stationären Dampfmaschine ausgehende Arbeit ebensowohl durch ein Seil ohne Ende (wie in dem gegebenen Beispiele Figuren 55 und 56), als durch eine lange, in der Bewe^ungsrichtung der Bühne gelagerte, durch eine entsprechende Anzahl schwingender Lager gestützte Welle auf den Lanf krahn übertragen. Ein auf der Welle befindliches Getnebe, welches Yon einem an der Bühne befindlichen Mitnehmer gezwungen wird, die Längsbewegung derselben mitzumachen , mit einem Schlüssel (Nase , Feder) aber in eine auf die ganze Länge der Welle eingearbeitete Längsnute derartig eingreift, dass es auch während der Verschiebung die Drehungen der Welle mitmacht, treibt die Hauptwelle des Krahns und von dieser aus die verschiedenen Bewegungsmechanismen.

Drei Stück derartige Laufkrahne mit Wellenbetrieb, einer für 500 Ctr., zwei für je 300 Ctr. Belastung, von L. Stuckenholz in Wet- ter a. d. Ruhr gebaut, befinden sich in der neuen Eisen giesserei der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik zu Chemnitz.

Nach den Beobachtungen des Verfassers dürften Krahne mit Wellen- betrieb denen mit Seilbetrieb im Allgemeinen vorzuziehen sein. Ab- gesehen von dem grössern Arbeitsverbrauche, den der Leergang bei Sei- len unzweifelhaft verursacht ^) , ist ein öfters Schadhaft werden der Seile in Folge der raschen Bewegung derselben (2 bis 4 Meter per Secunde) und dadurch eintretende Betriebsstörungen unausbleiblich. Auch wenn man die Kosten für den Ersatz oder die Reparatur der Seile unbe- rücksichtigt lässt, können solche Betriebsstörungen recht empfindliche Folgen haben.

Weit seltener als die Uebertragung der Arbeitsleistung einer sta- tionären Maschine durch Welle oder Seil auf den Lauf krahn und auch jedenfalls weniger zweckmässig ist die Aufstellung einer eigenen Ma- schine mit Kessel auf der Bühne selbst.

Um bei gleichem Arbeitsaufwande durch eine und dieselbe Hebe- vorrichtung sowohl schwerere Lasten mit geringer Geschwindigkeit als leichtere Lasten mit grösserer Geschwindigkeit heben und fortbewegen zu können, ohne die normale Geschwindigkeit des Motors (Menschenkraft oder Dampfmaschine) verändern zu müssen, versieht man jede dieser Maschinen mit mindestens zwei verschiedenen, ausrückbaren Getriebe- systemen. Bei Krahnen und Winden für Handbetrieb erreicht man die- sen Zweck gewöhnlich auf die in Fig. 57 skizzirte Weise; steckt man die Kurbel auf die Welle des Rades c , so findet einmalige Uebersetzung

^) Ueber den Arbeits verbrauch im Leergang bei Beilbetrieb siehe: H artig, Versuche über Leistung und Arbeitsverbrauch von Werkzeugmaschinen, Leip* zig 1873, S. 43 u. 226. Bei zwei Krahnen mit Seilbetrieb betrag der Arbeits- verbrauch im Leergange 4,18 und 3,04 Pferdestärken.

Krahne und Brückenwinden. 69

statt, (gewdlmlich annihernd nach dem Verhftltniasa 1 : 6); at«ckt_mMi sie sof die Welle toh a, ao findet sweim&liga Uebersetzung statt Im Pig. 57,

erstem Falle wird a eiDhch durch seitliche Verschiebaog der ganten Weite auegerückt.

Die Geschwindigkeit der horizontalen Bewegung wird bei Hand- betrieb leicht durch die Hand selbst geregelt ; bei BrQcken winden mit Dampfbetrieb und groBser Spannweite richtet man anch für die Hori- zontal bewegnng der Katze bisweilen zwei Geschwindigkeiten ein , wäh- rend die Bewegang der ganzen Bühne ohnehin nur eine ziemlich lang- same sein darf.

AU zweckmässige Geschwindigkeiten der verschiedenen Bewegungen wird man rechnen könneo :

Für den Hnb Hozi mal gesch windigkeit 3,6 m per Hinute

Hinimolgescb windigkeit 0,6 n

Horiaontal-Querbewegung, maximAl 20 ,

minimal Sun n

Horizontal-Längebewegang S n « n

Häufig tritt aber der Fall ein , dass besonders bei der Vertical- bewegnng eise momentane Veriangaamung der geringsten Normal- gescbwiudigkeit nöthig wird- Wenn z. B. zwei Theile eines schweren Arbeitsstücks in genau Torgeschrie bener Lage auf einander gesetist wer- den sollen, wenn ein Modell aas derGussform gehoben werden soll, wenn Kerne in dieselbe gelegt werden sollen, und in &bnlichen F&lleu wird in dem Augenblicke, bevor die Berübnuig stattfindet, eine sehr lang- same Bewegung nöthig, nm BeschSdigungen des Arbeitsstücks tu ver- hüten.

Bei Handbetrieb ist eine solche Verlangsamung ohne Schwierigkeit durch langsameres Kurbeln zn erreichen ; bei Dampfbetrieb mit stationä- rer HMcbine mass eine geeignete Bremsvorriobtung vorhanden und die Kupplnngsvorrichtungen derartig besobaffen sein, doss nur die Bewegung

60 Geräthe zum Heben und Transportiren.

der HebeTorrichtang gehemmt werden kann, ohne die Geschwindigkeit des Motors zu beeinflussen.

Eine BremsYorrichtang darf übrigens auch bei Handkrahnen und Winden niemals fehlen, um beim Niederlassen schwerer Lasten der Be- schleunigung der Schwere entgegen zu wirken.

Für völligen Stillstand mit schwebender Last ein Fall , . welcher Öfter vorkommt wird die Bremse zweckmässig durch eine Sperrvor- richtung ergänzt, falls nicht die Construction der Winde an und für sich ein selbstthätiges Abrollen der Last unmöglich macht (Betrieb durch Schraube und Schneckenrad).

Hinsichtlich der Einzelheiten in der Construction der yerschiedenen Bewegungsmaschinen der Brücken winden, welche eingehender zu erläu- tern hier nicht der Ort sein kann, muss auf die unten angegebene Lite- ratur verwiesen werden.

Wenn die Frage zu beantworten ist, ob Drehkrahn oder Brücken- winde für einen vorliegenden Zweck, d. h. zur Unterstützung der Arbei- ten innerhalb eines geschlossenen Raumes vortheilhafler sei (von den freistehenden und beweglichen Krahneu , welche nur für besondere Fälle geeignet sind, sehen wir von vornherein ab), so kommen dabei folgende Umstände in Betracht.

Die Yortheile einer Brückenwinde gegenüber einem Drehkrahne sind: die Möglichkeit, eine grössere Fläche zu bestreichen, wenn die Laufbahn entsprechend weit ausgedehnt wird;

der Wegfall jeder Platzbeengung im Arbeitsraume , während bei einem Drehkrahne eine Fläche von ungefähr IV3 Meter Durchmesser, die von der Säule und Winde eingenommen wird, für die Arbeit unbenutzt bleiben muss. Diesen Lichtseiten der Brückenwinden stehen aber auch Schatten- seiten gegenüber.

Je länger der Raum ist, welcher von der Brücken winde be- dient werden soll, desto grösser ist der Arbeitsaufwand und Zeitverlust, um sie von einem Ende dieses Raumes zum andern zu transportiren. Je häufiger dieselbe daher benutzt werden soll, auf einen desto kleinern Raum darf ihre Thätigkeit sich erstrecken.

Die Heretellong der Laufbahn in ausreichender Höhe beein- flusst gewöhnlich die Gebäudeconstruction in erheblicher Weise und vertheuert die ganze Anlage nicht unerheblich.

Die Bedienung einer Brückenwinde pflegt umständlicher als die eines Drelikrahns zu sein, selbst in solchen Fällen, wo die Bewegung vom Boden des Arbeitslocals aus mit Hülfe von Ket- tenrädern mit endlosen Ketten also durch Menschenkraft erfolgen kann, was jedoch nur bei den kleinsten Brückenwinden ausfiihrbar sein dürfte. Geschieht die Bedienung von oben, so ist der totale Arbeitsaufwand und Zeitverlust schon in Folge des

Krahne und Brückenwinden. 61

nothwendigeA Hinauf- und Hinabsteigens der Arbeiter ein gpr^se- rer. Je öfter dieses Auf- und Absteigen erfolgt» d. b. je öfter der Krabn ausser Tbätigkeit kommt nnd die Eur Bedienung des- selben erforderlicben Arbeiter sieb anderweitig bescbäftigen (was bei Drebkrabnen sebr leicbt zu erreicben ist), desto grösser ist der Zeitverlust.

Der Vortbeil des gi'össern Wirkungsfeldes einer Brückenwinde für das Fortscbafien von Lasten lässt sieb annäbernd, wie früber gezeigt, aucb durcb ein System mebrerer Drebkrabne erreicben, deren Anlagekosten in Summa oft diejenigen einer einzigen Brückenwinde nicbt übersteigen dürften.

Wenn es sieb also darum bandelt, entweder eine oder die andere Yorricbtung zu wäbleH, wird man sieb nur dann für eine Brücken winde entscbeiden, wenn es die Hauptaufgabe ist, im Arbeitslocale einen durcb-« aus unbeengten grossem Raum zu scbaffen, dessen gesammte Grund- fläcbe von der Hebevorricbtnng bestrieben werden kann. Dieser Fall kommt z. B. in Montirongsräumen vor, wo Drebkrabne im Wege steben nnd das öfter vorkommende Fortscbaffen der Lasten auf längere Entfer- nungen nur in umstftndlicberer Weise ausfübren würden.

Wo dagegen eine leicbte, durcb den Metallarbeiter selbst auszufüb- rende Bedienung die Hauptsacbe ist, und wo der Kostenpunkt der An- lage mitspricbt, z. B. in kleinen Giessereien, wird man meistens den Drebkrabn vorzieben.

Recbt zweckmässig aber kann für grosse Fabriken, insbesondere Giessereien, bei deren Anlage auf Vertbeuerung der baulieben Anlagen weniger Rücksiebt genommen zu werden braucbt, die jetzt vielfacb an- gewendete Einricbtung sein, bei welcber man die Arbeit kleinerer Dreb- krabne durcb eine oder mebrere grosse Brückenwinden unterstützt und ergänzt, derartig, dass erstere für die kleineren fortlaufenden Arbeiten an bestimmten Plätzen} letztere zum Transportiren grosser Lasten auf weitere Entfernungen benutzt werden.-. Die zum Tragen der Laufbabn für die Brüokenwinde dienenden Säulen bilden in diesem Falle zugleicb die Stützen der Drebkrabne.

Aus Fig. 58 (a. f. S.), welcbe den Querscbnitt der sebon erwäbnten Giesserei der Cbemnitzer Werkzeugmascbinenfabrik in Vs60 der wirk- lieben Grösse darstellt, ist eine solcbe Anordnung ersicbtlicb. Es ist bier Ä der Lauf krabn mit Wellenbetrieb, BB die Drebkrabne.

Auch die Frage, ob Menscbenkraft oder Dampfkraft für die Anlage eines oder mebrerer Krahne oder Brückenwinden in Betracht zu ziehen sei, kann mannigfachen Erwägungen unterliegen.

Wenn es anerkannt ist, dass ein Betrieb mit Dampfkraft im Allge- meinen gegenüber der Anwendung menschlicher Arbeit um so vortbeil- bafter erscheint, je vollständiger die Ausnutzung der Dampfmaschinen- anlage und je grösser die zu leistende Arbeit ist, so erscheint diese That-

63 ßeräthc zum Heben und Traneportiren.

■sehe in doppelt hellem Lichte, wenn Dampf Icraft fftr Knthn- nnd Winden- betrieb angewendet werden solL ^

ninnius dpr Maschine wird coinplicjrter, die Bedienung < Reparatnren häufiger, die Unterhaltungskosten hfiher. le tritt am so greller hervor, je einfacher

Krahne und Brückenwinden. 63

die Gonstruction und Bedienung bei dem Handbetriebe sein würde. Ans diesem Grande finden wir die an und für sich einfachen stabilen Dreh* krahne für Handbetrieb, deren Bedienung durch den arbeitenden Hand- werker selbst geschehen kann, nur selten durch Drehkrahne mit Dampf- betrieb ersetzt. Nur in Fällen, wo die Anzahl der bei der Verarbeitung des Metalls beschifkdgten Arbeiter zur Bedienung des Krahns nicht aus- reicht, oder wo sich die erforderliche Leistung des Krahns auf solche Zeitabschnitte concentrirt, in denen jene Arbeiter ihre Kräfte gerade der eigentlichen Verarbeitung des Metalls zuwenden müssen, mithin die An- stellung besonderer Krahnarbeiter erforderlich sein würde, kann die An- wendung von Dampfkraft für feststehende Krahne erspriesslich sein. So in grossen Schmiedewerkstätten, beispielsweise für Grussstahlblöcke, wo der Krahn das schwere Arbeitsstück zu heben und zu wenden hat, wäh- rend es bearbeitet wird, wo es dann rasch vom Hammer in den Ofen und aus dem Ofen unter den Hammer geschafft werden muss, und in ähnlichen Fällen.

Häufiger begegnen wir der Anwendung von Dampfkraft bei dem Betriebe der Brückenwinden, deren Bedienung, wie erwähnt, auch bei Handbetrieb schwieriger zu sein pflegt, als die der feststehenden Krahne. Je unausgesetzter die Brückenwinde in Thätigkeit ist, je schwerer die damit zu hebenden und transportirenden Lasten sind, als desto vortheil- hafter wird sich ein Betrieb mit Dampfkrafb herausstellen. Denn auch hierbei darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Anlagekosten durch Einrichtung für den Betrieb mit Dampf erheblich wachsen; dass zur Führung der Dampfwinde mindestens ein erfahrener Mann erforder- lich ist, welcher seine ganze Zeit dieser Obliegenheit widmen muss, ab- gesehen von den zur Bedienung des Kessels und der Betriebsdampf- maschine erforderlichen Leuten; dass endlich die Gesammtkosten für Schmiermaterial, Ersatzstücke an den Theilen der Maschine und Trans- mission höher ausfallen, als bei dem einfachem Betriebe durch Men- schenkraft.

Man kann daher als Endresultat dieser Erwägungen und der aus der Wirklichkeit entnommenen Erfahrungen den Schluss ziehen:

dass für kleine Anlagen der Betrieb der Krahne und Winden durch Meuschenkraft fast ohne Ausnahme den Vorzug verdient; dass für Anlagen mittlerer Grösse auch in den meisten Fällen sich Menschenkraft als die billigere herausstellen wird;

dass für grosse Anlagen Dampfkraft zur Förderung der Ar- beit beitragen, dadurch indirect ersparend wirken und aus diesem Grunde zweckmässig sein kann, eine directe Erspa- rung aber kaum dadurch erreicht werden wird.

64

Balanciere

Wenn man lange Gegenstände in horisontaler Lage emporenEiehen, niederzulassen nnd fortzubewegen hat ein Fall, welcher besonders in Giessereien häufig yorkommt , so würde das Aufhängen dieser langen Arbeitsstücke unmittelbar an dem Haken des Krahns oder der Winde Unbequemlichkeiten yerursaohen und die horizontale Lage schwierig zu erhalten sein. Man hängt in solchen Fällen zwischen Krahnhaken und Arbeitsstück ein Zwischenstück ein, welches Balancier genannt wird und besonders in Giessereien ein unentbehrliches Ergänznngsstück zu den Krahnen und Winden bildet.

Die Figuren 59 und 60 yeranschaulichen die üblichste Form solcher Balanciers; sie werden gewöhnlich aus Eisen gegossen, die Vorrichtung zum Aufhängen natürlich geschmiedet; nur für sehr grosse Lasten fertigt man die Balanciers aus Schmiedeeisen.

Fig. 59.

Bei dem stabilen Gleichgewichtszustände des Balanciers, insbeson- dere des in Fig. 59 gezeichneten, erträgt derselbe ziemlich ungleich- massige Belastungen, ohne aus der horizontalen Lage gebracht zu werden. Die lüinschnitte an der Oberkante dienen zur Verhütung des Gleitens der aufgehängten Last.

Für die Querschnittsberechnung gusseiserner Balanciers kann man folgende Formel anwenden. Wenn

P die gesammte am Balancier hängende Last in Kilogrammen,

L der Abstand eines Angriffspunktes der Last von dem zunächst gelegenen Aufhängepunkte des Balanciers in Metern, Fig. 61,

h die Breite und

/* die Höhe des rechtwinkligen Balancierquerschnittes in Centimetern bedeutet, so nehme man für den gefährlichen Querschnitt

P= 1,6

L

oder 6Ä« =

P .L

1,6

Beispiel. Ein Balancier habe als grösste Last, der Tragfähigkeit des Krahns entsprechend, 2000 Kilo zu tragen; er sei in der Mitte auf- gehängt (Fig. 62) und seine ganze Länge (durch die Länge der zu heben- den Arbeitsstücke gegeben) sei 3 m, also L = 1 ,5 m, so ist

Balanciers. 2000 . 1,5

Nimmt man nun 6 = 4 cm, bo erhält mnn . 1875

A = 21 om. Um UnglöokaftUe dnrch zu Bchwere Belastung von Balanciers zn verhüten, deren jede Oiesserei eine gröeaere Anzahl verechiedener GrÖBW in Bereitschaft bu halten pflegt, sollte man nie versäumen, die znUesige Belaatnng eines jeden derselben mit grosBen Schriftzeichen anf denselben aofEngiessen (siehe die Fignren 69 und 60). Fig. 60.

Fig. 62.

Zum Anfhängen der Last am Balancier dienen sogenannte Krahn- gehinge, knrze Seile ohne Ende ans Hanf oder Draht, oder anch ent- sprechend gebogene Gehänge aas Schmiedeeisen, Fignren 63 nnd 64.

Ds die Balaneiers (tib anch manche andere Geräthe der Hetall- verarbeitnng) nur einen einzigen Anfbangepnnkt zur Befestigung am Flasohenznge des Krahns oder der Winde besitxen, so ist die Anwen^ang von Doppelhaken, Fig. 64, die fQr andere Zwecke, x. B. für I^ekrahne, recht zweckmässig sein können , für Gieseereikrahne und Winden durch- aus nnzweckmissig, ein Umstand, der ron den Constmctenren dieser Maschinen nicht selten unbeachtet gelassen wird.

Literatur über Erahne und Brflckenwiaden: Weisbach, Lehrbuch der Ingenieur* uad Maschinen mechanik, Braun-

schweig 1860, Bd. lU. Rahlmann, Uaschinenlehre, Brannsohweig 1875, Bd. IV.

l»d*bmT, DMbMinh-ncliUntilMlH Twbiiolo(l*. 5

66 Aufzüge.

Abbildungen ausgefübrter Anlagen: Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1864, Tafel 16 (GieBsereikrahn von 200 Ctr. Tragkraft). Jahrgang 1867, Taf. 3. Jahrgang 1874, Taf. 2 g.

Jahrgang 1868, Taf. 1 d (Laufbühne der Kölnischen Maschinenbau- gesellschaft). Jahrgang 1860, Taf* 2 a b (Lanfkrahn für Handbetrieb von Wedding

in Berlin, höchst zweckmässig construirt). Jahrgang 1868, Taf. 23 ab, Laufkrahn der Montirungswerkstait von Hoppe in Berlin. Wiebe, Skizzenbuch, Hefb 1, 2, 6, 9, 16.

Le Blanc, Recueil des machines, 4 Partie, Pag. 39 (beweglicher Erahn). Engineer, Oct. 1867 und Juli 1870 (beweglicher Dampf krahn mit eige- nem Kessel, auch in Rühlmann*s Maschinenlehre Bd. IV, S. 472. GiyiMngenieur Bd. 17 (Zimmermann'scher Lanfkrahn).

Aufzüge. Wenn Lasten auf einer und derselben Stelle auf grössere und dabei stets gleiche Höhe gehoben werden sollen, bedient man sich der Aufzüge.

In den Fabriken der Metallverarbeitung werden die Aufzüge ange- wendet, theils um Geräthe und Materialien in hoch gelegene Aufbewah- rungsr&ume zu schaffen (z. B. die Modelle der Giessereien) , theils um schachtförmigen hohen Schmelzöfen (den Cupolöfen der Giessereien) den Bedarf an Schmelzmaterialien zuzuführen. Da die hoch gelegene £in8chüttöffnung dieser Oefen Gicht ^ genannt wird, so heissen die f£kr diesen besonderen Fall bestimmten Aufzüge Gichtaufzüge.

Diese Gichtaufzüge, als die am meisten gebräuchlichste Gattung der Aufzüge überhaupt, sollen in Folgendem vorzugsweise ins Auge gefasst werden.

Die einfachste Form ist der Handhaspel mit zwei Kurbeln. Die stündliche Leistung eines Arbeiters an einem zweckmassig angelegten Handhaspel ist auf 22 950 Meterkilogramme berechnet.

Dürre weist nicht mit Unrecht darauf hin^), dass der Haspel gegen- über dem einfachen Hochziehen am Seile nicht viel Nutzen bringe , weil eine eigentliche Ersparung an Arbeit nicht stattfindet. Der einzige Vortheil des Haspels liegt darin, dass man schwerere Lasten mit einem Male, jedoch immerhin in dem bestimmten Verhältnisse langsamer, empor- zuziehen im Stande ist. Dadurch verringert sich die Zahl der leeren Niedergänge, also des unvermeidlichen Zeitverlustes.

Aus diesem Grunde findet man weit häufiger die Anwendung der durch Elementarkraft meistens Dampfkrafb betriebenen Aufzüge.

^) Dürre, Handbuch des EisengiessereibetriebeB, Leipzig 1870, I.Bd., 8.648.

Gichtau&üge. 67

Mit . den grossen Aufsügen der Hochöfen haben die Gichtanßsüge der Cupolöfen das gemein, dass eine Plattform Förderschale ge* nannt zur Aninahme der Last dient und in geeigneter Weise empor- gehoben wird; sie unterscheiden sich von jenen gemeiniglich dadurch, dass sie in Anbetracht geringerer Habhöhe nur eine einzige Förderschale za besitzen pflegen, während die Hochofenaufzüge meistens doppelt wir- kend, d. h. mit zwei Förderschalen versehen sind, Yon denen die eine aufsteigt, während die andere sinkt

Eine übliche Gonstruction der Gichtaufzüge entsteht, wenn die Förder- schale an einem Seile oder einer Eetie emporgezogen wird, welches über eine oben befindliche Trommel oder Scheibe geschlungen ist und durch deren Drehung nach rechts oder links aufwärts oder abwärts bewegt wird. Um das Gewicht der Förderschale auszugleichen, empfiehlt sich die Anwen- dung einer Scheibe (statt der Trommel) und die Belastung des zweiten Endes der Kette oder des Seiles mit einem Gegengewichte. Ist in dem Arbeitslocale eine yon einer stationären Dampfmaschine (Wasserrad, Turbine) betriebene Transmissionswelle vorhanden, so wird sich meistens ohne Schwierigkeit ein Anschluss von dieser an die Welle der Seil- oder Eettenscheibe erreichen lassen, so dass der Betrieb des Aufzuges von der Transmission aus bewirkt wird. In den meisten Fällen wird sich eine solche Einrichtung als recht zweckmässig erweisen. Einen derartigen Aufzug stellen die Abbildungen Figuren 66 bis 68 (S. 68 bis 70) in Yeo der wirklichen Grösse dar^). Die Förderschale Ä wird durch die zwei Ket- ten XX getragen und zwischen den vier Führungen BB.. senkrecht auf und nieder bewegt. Die Ketten gehen Über die Kettenräder CC und tragen an ihrem andern Ende das Gegengewicht D. Yon der vorhande- nen Transmission aus geht ein offener und ein gekreuzter Kiemen nach den Riemenscheiben A;, Z, m, von denen h und I lose, m fest auf der hori- zontalen Welle p angebracht sind. Zur Verschiebung der Riemen dienen die Riemengabeln n und o. Je nachdem also der eine oder der andere Riemen auf m geschoben wird, erfolgt Drehung nach einer oder der andern Seite; Stillstand tritt ein, wenn, wie in Fig. 66, beide Riemen auf den Losscheiben laufen. Auf der Yerlängemng der Welle p befindet sich die Schnecke g und überträgt die Bewegung auf das Schneckenrad Hj welches auf der Welle der Kettenscheibe befestigt ist, somit auch diese in Umdrehung versetzt und dadurch die Förderschale hebt oder senkt.

Die Ein- und Ausräckung erfolgt in folgender Weise, lieber das verzahnte Rädchen s ist eine kurze Kette gelagert, an deren Enden zwei Stangen vvi herabhängen. Diese Stangen sind so lang wie das Aufzug- haus hoch und sind auch unten durch eine Kette verbunden, welche um ein gleiches Zahnrad als 8 herumgeführt ist. Wenn eine dieser Stangen gehoben oder gesenkt wird, muss die andere sich natürlich in entgegen- gesetzter Richtung bewegen, und es erfolgt eine entsprechende Drehung

1) Von der Chemnitzer Werkzeugmaschinen&brik in Chemnitz gebaut.

6S Gichtaufzüge.

des Rädchens S, Diese Drebung wird durch die zwei kleinen Rieinenacheiben rr mit dem Riemen r, auf da« Teriahat« Rädchen a übertragen (Fig. 68) a greift aber in entsprechende Zähne der Schien« h, bewirkt also eine

Fig. se. '

Verschiebnng derselben and somit der Riemengaheln n nnd o. Dia Ein- räckuDg der Riemen fOr Aaf- and Niedergang der Förderschale wird also in ein^bster Weiae durch die Hand des Arbeiters mit Hülfe der Stan- gen V und Vi besorgt. Eine selbstthätige Ausrüokang dea Riemens mit Beendigung des Hubes erfolgt mit Hälfe der Naae e an der Stange tj, welche von der Förderschale ergriffen wird , kurz bevor dieselbe ihren

Gichtaufzüge. 69

hdohst«D Stftnd erreicht hat, wodurch eine Verechiebong der Stange be- wirkt wird. Eine gleiche Vorrichtung am nntem Ende der Stange be- wirkt AoBrQckang bei Beendigung des Niedergange.

Endlich sitzt noch auf der Riemenscheiben well e p eineBremsscheibe / mit d&raber liegendem Bremabande d. Das eine Ende dieses Brems- jfj-_ fj^ bandes ist an dem Lagerstuhle der Welle,

das andere an der Schiene e befestigt (Fig. 68, a. f. S.). Diese Schiene dreht sich mit einem Ende in einem Scharnier, das andere ruht anf der exaeDtrischen Scheibe c, welche mit dem Rfidchen a anf der- selben Welle sitzt. Die Stellung Ton c ist eine solche, dass in dem Augeublicke, wo die Riemen auf die I.oBscheibe ge- schoben werden, die Maschine also lam Stehen kommt, das Bremsband durch Niederfallen der Schiene angezogen wird, es sich aber hebt und die Bremsscheibe freiläest, sobald Einrückung der Riemen erfolgt.

Statt der bölzemen Förderschale und FOhrnngsstangen wendet man zweck- mässig eiserne Theile an, wenn der Auf- zug znr Forderung von Roheisen, Koks und dergleichen, also zur Bedienung von Gnpolöfen bestimmt ist. _

Wenn eine Transmission nicht vor- handen oder mit dem Aufzuge nicht ohne Schwierigkeit in Verbindung eu bringen ist, wohl aber ein im Betriebe erhaltener Dampfkessel in der Nähe des Aufzuges sich befindet und im Stande ist, den erforderlichen Dampf für den Betrieh des Aufzuges ahaugefaen, so kann man, wie es bei Hochöfen üblich und durch Fig. 69 (a. f. 3.) Teranschaulioht ist, eine kleine zum Umsteuern einge- richtete Dampfmagcliine ausschltesBlich für den Betrieb der am Seile oder an der Kette hängenden Förderschale auf- stellen und durch Kurbel und Schub- stange die Seilscheibe bewegen. Bei der geringen Hubhöhe jedoch, welche die Aufzüge für Cnpol- dfen und mechanische Werkstätten zu beaitien pflegen, dürfte eine der- artige Errichtung weniger zweckmissig sein, als eine solche, bei welcher

Gichtaafzäge.

Fig. 08. mit Umgehung der'Seil-

oder Kettetucheibe, der SchnbaUnge and Ear- bel, die Bewegung direct ▼on der Kolbenstange dea D»ropfcylindera ttaf da« Seil oder die Kette flbertrAgen wird. Die Ein rieh ta Dg eines sol- chen AufaugM für den Betrieb der Cnpolöfen in Usenbarg ') ist durch di« Figuren 70 und 7 1 gegeben.

ng- <B- A ist ein einfach wir-

kender Dam pfcy linder, welchem der Dampf dnrch den Schieber- kästen B zugeführt wird. Die nach unten gerich- tete Kolbenstange trägt an ihrem Ende die Flaschenzogrolle C, mit zwei Klauen 'in senk- rechte FOhrongen grei- fend, um sie vor Schwan- kuDgen 2U schütsen. Um die Rolle C ist das hei a befestigte Seil (Kette) geschlungen, welches von hier aus über die feste Rolle E, dann nach obea über eine zweite feste Rolle F läaft, nm mit dem andern Ende d an der Förderschale befestigt xa werden. Es ist leicht ersichtlich, dasa, sobald Dampf unter den Dampf- kolben tritt iind diesen

>) Ton der OrXfiioh Stolberg'ichen Haschüien- fabrik zu Ibenbnrg getraut.

Gicbtaulzüge. 71

hebt, aach die Förderscbale g«lioben werden mnss, aber in Folge der

Wirkung der RuUe C mit doppelter Geschwindigkeit nnd daher auch

den doppolten Weg lorücklegend ala der Dampfkolben. Ein Gegen-

Pig. 70.

gewicht H gleicht du Gewicht der FSrderscbale annähernd ans , so dasa dieselbe, wenn man den Dampf anter dem Kolben entweichen lässt, lang- sam sinkt. Dnrch Regalimng dea Dampfaugflnssee Uast sich abrigens der Niedergang der Schale beliebig TerzQgern. Die Dampfeinströmong

72 Gichtaufzüge.

ist bei X, die Aautrftmang boi jr. Der Hebel q dient cnr Stenerong, welche mit Hülfe eines gewShnliobeo MiucbelBckiebera bewirkt wird.

Sogenannt« WuaertonnenaufsQge ') kommen bei CapolAfen oder för andere Zwecke der Uetallverarbeitnng sehr aelten vor, würden auch ans jii__ 7i_ verechiedenen Gründen kei-

nesfalle empfehlenawerth da- I für sein.

< Hftnfiger finden eich wirk-

liche hydranliache Au&ftge, bei denen die Förderschale an dem obem Ende «ines hydranliflcken Kolben« be- festigt ist, der durch Wasaer- druck in einem Cylinder ge- hoben wird. Der hydrau- lische Cylinder steht also »ertiefl und der Kolben hat dieselbe Hnbhöhe wie die Schale, wenn man nicht vor- zieht, die Schale an ein Seil zu hängen, und in ähnlicher Weise wie bei dem beschrie- benen Ilsenbnrger An&uge, dnroh Einschaltung einer oder mehrerer Flaschen Zugrollen den Weg des Kolbens abzu- kürzen. Denkt man sich an Stelle des Dampfcylinders in Fig- 70 einen bjdranlischen Cylinder, so ergiebt sich von selbst die Construction eiaee solchen hydraulischen Auf- zugs mit Seil.

Die hydraulischen AufzAge ermöglichen einen sanften Gang und besitzen den Vor- theii, dass man mit Hülfe eines Accumulatorg *) im Stande ist, eine onnnter- brochene sehr geringe Ar- beitsleistung einer Pumpe für die periodische grössere Lei-

') Fercy-Wedding, Eiaenhüttenkuude , Braunscliweig 1S68, iwaite Ab- theUang, 8. 623. ') Ebendaselbst, B. 628.

Gebläse. 73

Btmig des Aufzugs zu benutzen, geben aber in unseren nordischen Kli- mmten sehr leicht zu Betriebsstoekungen durch Einfrieren bei grosser Kftlte Veranlassung, wenn sie nicht in einem Tor der ELälte gehörig ge- schützten Baume aufgestellt werden können.

Es dihüe daher in den allermeisten Fällen den früher beschriebenen und durch die Figuren 66 bis 71 erläuterten Aufzügen der Vorzug ein- zuräumen sein.

Literatur über Aufzüge:

Weisbach, Ingenieur- und Maschinenmechanik, Bd. III, S. 452. Haner, Hüttenwesensmaschinen, zweite Auflage, Leipzig 1876, S. 260. Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, zweite Abtheilung, S. 612. Rühlmann, Maschinenlehre, IV. Bd., S. 370, 417.

5. Die Gebläee der Werkstätten für Metallverarbeitung.

Gebläse werden bei der Verarbeitung der Metalle gebraucht: zum Betriebe schachtförmiger Schmelzöfen (Cupolöfen), zum Betriebe Yon Flammöfen und Gasgeneratoren für Erzeu- gung Yon Ünterwind (also zum theil weisen Ersätze der Essen- wirkung), zum Betriebe you Schmiede- und Sohweissfeuem, zur Ventilation (als Ezhaustoren). In keinem dieser Fälle liegt die Aufgabe yor, eine starke Verdich- tung der Gebläseluft henrorzubringen ; selbst beim Schmelzen der Metalle in Schachtöfen übersteigt die Windpressung selten den Druck von 400 Millimeter Wassersäule = 30 Millimeter Quecksilbersäule = 40 Gramm per Quadratcentimeter und bleibt in den meisten Fällen erheblich hinter dieser Zahl zurück^).

Dieser Umstand schliesst von yornherein die Anwendung yon Cylin- dergebläsen aus oder kennzeichnet dieselbe wenigstens als unzweck- mäsfiig; denn die Zwekmässigkeit eines Apparats ist nicht allein yon dem Wirkungsgrade desselben abhängig, sondern auch yon dem Verhältnisse zwischen dem Betrage der Anlage- und Unterhaltungskosten zu dem Um- fange seiner Totalleistung.

Ein Cylindergebläse aber besitzt allerdings bei den für Hochöfen üblichen Windpressungen unter allen Gebläsen den günstigsten Wir- kungsgrad bezüglich des Verhältnisses zwischen aufgewendeter und theo-

1) Zum Vergleiche möge die Notiz dienen, dass man bei grossen Hochöfen mit durchschnittlich 200 Gramm, bei Bessemer- Apparaten mit 1500 Gramm Windpressong per Quadratcentimeter arbeitet, bisweilen aber diese Pressung noch erheblich steigert.

74 Gebläse.

retisch erforderlicher Betriebsarbeit; dieser Wirkungsgrad aber wird in Folge der bedeutenden zu überwindenden Beibongswiderstande um so un- günstiger ausfallen, je geringer die Verdichtung des angesaugten Windes, je unbedeutender also die theoretisch erforderliche Arbeit des Gebläses überhaupt ist. In den Anschaffungskosten wie in der Wartung ist aber das Cylindergebl&se den einfacheren Gebläsen gegenüber ungemein kost- spielig und beansprucht einen ungleich grossem Raum als diese.

Für kleine Werkstätten waren bis Yor Kurzem zum Betriebe von Schmiedefeuern, selbst von kleinen Schmelzöfen die Balggebläse Blase- bälge — die üblichsten Gebläsemaschinen, welche meistens durch Men- schenkraft bewegt werden. Erst seitdem die kleinen Werkstätten mehr und mehr in den grossen Fabriken aufgegangen sind, seitdem man es in Folge dieser Concentration der Arbeit vortheilhaft fand, die Menschen- krafb zum Betriebe der Gebläse durch Elementarkraft zu ersetzen und die Gesammtmenge des für zahlreiche Apparate (z. B. Schmiedefeuer) er- forderlichen Windes durch eine einzige Gebläsemaschine zu ersetzen, tra- ten die Balggebläse mehr und mehr vom Schauplatze ab und werden heut zu Tage selbst in der Werkstatt des Kleinschmieds nicht selten durch andere Apparate ersetzt^).

Unter den häufiger benutzten Geblasen der Neuzeit verdient das Centrifugalgebläse häufiger noch mit dem allgemeinen Ausdrucke Ventilator bezeichnet in erster Reihe Erwähnung.

Jedes Centrifugalgebläse besteht aus zwei Haupttheilen : dem Ge- häuse aus Gusseisen oder Eisenblech und dem Flügelrade, welches sich innerhalb des Gehäuses dreht und aus Eisenblech, Gusseisen oder Bronze besteht.

Durch die rasche Drehung der Flügel wird die zwischen denselben befindliche Lufb in Folge der Centrifnlgalkraft nach dem Umfange hin verdichtet und gemäss dieser Verdichtung durch einen am Umfange be- findlichen Auslass entfernt, während durch Oeffnungen um die Drehungs- achse herum zur Ausgleichung der naturgemäss dort entstehenden Lufb- verdünnung frische Luft nachströmt.

Die Constructionen von Centrifugalgebläseo sind zahlreich, die Hauptunterschiede finden sich in der Form und Anordnung der Flügel. Die geradfiächigen , mehr oder minder radial stehenden Flügel der älte- ren Ventilatoren sind bei neueren Constructionen meistens durch gebogene Flügel ersetzt, wodurch an Kraftaufwand erspart und das unangenehme Heulen der älteren Ventilatoren zum grossen Theile vermieden worden ist. Als Beispiel einer derartigen Construction möge die in Fig. 72 I. und IL gegebene, aus Weisbach's Ingenieur- und Maschinenmechanik entnom- mene Abbildung eines Lloyd' sehen Ventilators dienen. Der äussere Mantel HR besteht aus Gusseisen und ist aus vier Theilen derartig

^) Beschreibung und Abbildung eines solchen Schmiedeblasbalges findet sich unter Anderm in Bühlmann^s MaBchinenlehre, IV. Bd., S. 729.

Ventilatoren. 75

verschrMibt, dass di« beiden oberen Theile leicbt Ton den unteren abge- nommen werden können.

Eine solche Thülnng des Gehänsee in eine obere lösbare und eine untere festatehende Hftlfte (die Theilong in vier Segmente ist wohl nur BOT Erleichterung des Gnases gewählt) ist in allen Fällen rathsam , um bei vorkommenden Beschädigungen des Flügelrades ohne Schwierigkeit zu demselben gelangen zu köunen. Die Flügelrad welle lagert in ange- gossenen Bügeln L und Xi and tr&gt ausserhalb derselben die zum Be- Y\a. 78. triebe dienende Riemen-

scheibe S. Auf der Welle sitzen die sechs Stück ge- krümmten gegossenen Schienen E, gestützt durch die Arme Q, und auf diesen Schienen sind die Flügel Ä festgenietet. Das ganze in solcher Weise herge- stellte Flügelrad ist in einem linsenförmigen Ge- hänse aus Eisenblech D Di eingeschlossen , welches sich mit demselben dreht, um die Achse hemm die zwei kreisförmigen Ein- strömnngsSf&iangen , am Rande aber die schlitzför^ mige, rings hemm lanfeude AuBströmongsöffnung be- sitzt. Ein- und Ansströ- mungsöfihuugen dieses innem Gehäuses sind gleich gross, die Form des Qebäa- ses überhaupt so gewählt, dassdie nach dem Umfange hin getriebene Luft an jeder Stelle im Innern desselben gleiche Quer- schnitte zu passiren hat. Die inneren Ränder EEi des Blechgebänses sind mit metallenen Ringen bekleidet, die entgegenstehenden Ränder FFy des Gusseisen- gehäuses mit abgedrehten Gusseisenringeu und die Abstände zwischen den Ringen beider Gehäuse möglichst klein, um einen dichten Ahschlnss henostellen.

Es ist leicht eimsoBehen, dass diese Umsobliessung der Flügel mit einem GehJUue (Sofailde) in wohlthfttiger Weise anf Termindenmg des

76 Ventilatoren.

Krafkbedarfa und veranachten Ger&iuchB wirken muss. Denn w&hrend ohne dasselbe eine stete gegenseitige Einwirkung der zwischen den Flü- geln in Bewegung befindlichen Luft und der im Räume zwischen äusserm Gehäuse und Flügeln vorhandenen Luft stattfinden muss, Reibung und Wirbel verursacht, sind jetzt beide Luftschichten getrennt, und die Flü- gel bewegen sich ohne jede Störung ^).

Die Leistung eines Ventilators ist im Allgemeinen um so günstiger, je grösser die Windmenge ist, welche verlangt wird, oder mit anderen Worten, je bedeutender die Umlaufsgeschwindigkeit der Flügel ist. Diese Umlaufsgeschwindigkeit pflegt nicht unter 50 und nicht über 80 Meter per Secunde zu betragen. Der durchschnittliche Wirkungsgrad des Gen- trifugalgebl&ses ist immerhin gering und höchstens zu 0,30 anzunehmen, d. h. die wirklich aufgewendete Arbeit des Motors verhält sich . zu der theoretisch erforderlichen Arbeit, die gegebene Luftmenge zu verdichten, wie 1 : 0,30.

Diese Leistung ist allerdings bedeutend ungünstiger als bei CyUnder- geblasen, bei welchen ein Wirkungsgrad von mindestens 0,50 angenommen zu werden pflegt. Man darf hierbei jedoch nicht ausser Acht lassen, dass, wie schon erwähnt, jener Wirkungsgrad des Cylindergebläses bei höheren Wind- pressungen sich herausstellt, als von einem Centrifugalgebläse überhaupt erreichbar sind, und dass aus den schon angeführten Gründen jene Lei- stung sich verringern muss, wenn die Windpressung abnimmt. Gerade der umgekehrte Fall tritt bei Gentrifugalgebläsen ein, deren Wirkungs- grad im Allgemeinen mit steigender Pressung abnimmt, und welche überhaupt nicht Ülhig sind, hohe Windpressungen zu liefern; denn mit abnehmendem Ausflussquerschnitte verringert sich mehr und mehr die Windmenge, und die Windpressung ist fast allein von der Umlaufs- geschwindigkeit der Flügel, nicht aber von dem Ausflussquerschnitte ab- hängig.

Seit den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts bis gegen das Ende der sechsiger Jahre gewannen die Gentrifugalgeblase eine immer weitere Ausbreitung, wurden in ihrer Gonstruction mehr und mehr verbessert und verdrängten in Giessereien, Schmieden und anderen Werkstätten zum grössten Theile die bis dahin üblichen älteren Gebläse.

Im Jahre 1866 erfanden F. M. Roots und P. H. Roots in Conners-

1) Biese Wirktmg der UmBchliesaung der Flügel wird durch Hartig*« Versuche bestätigt (Hart ig, Versuche über Leistung imd Arbeitsverbrauch von Werkzeugmaschinen, Leipzig 1873, 8. 230 bis 240). Bei unbedecktem Blashalse des Ventilators betrug der Arbeitsverlust durch Luftrexbnng, Schall- erzeugung und unregelmässige Bewegung der Luftschichten : a) bei drei Lloyd '• sehen Ventilatoren, von der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik erbaut, das 0,98fache, l,15fache und l,38fache, durchschnittlich das l^lTfache von der aufgewendeten Nutzarbeit zur Verdichtung des Windes; bei einem von Chr. Schiele in Frankftirt a. M. gebauten Ventilator ohne Flügelbekleidung aber das 12,7fache dieser Nutzarbeit.

Roets'sches Gebläse. 77

Title im Staate Indiana ein Gebl£ae, dessen allgemeine Einrichtnng aiu

den Figunm 73 nnd 74 herrorgett, nnd welchea unter dem Namen

Fig. 73.-

RootB'acher Venti1at«r, Roote'sches Kapaelg«bläse oder Roots' blower aach bald in Europa Eingang fand. Es ergiebt eich ans der Zeichnnng, daaa das Geblfise im Weaent- lichen ans zwei Windflügeln B nnd Bi besteht, «eiche sich innerhalb eines gnsseisemen Gehäases Ä nm horitontale Achsen in entgegengesetzter Ric;htnng drehen. Dabei greifen die beiden nach Kreisbögen ab- gerundeten Flügel ähnlich wie Zahnräder in einander; es be- rühren sich immer die convexen Theile des einen Flügels mit den coDcaren des andern. Die Folge davon ist, dass zwischen beiden Flügeln, stets ein annä- hernd dichter LnftabschlDss anf- recht erhalten wird, während die swisohen je einem Flügel and der Gehäosewand eingeschlossene Lnft (swischen AB in Fig. 74) nnnnterbrochen nach einer Richtung hinaus- befördert und Ton der andern Seite frische Luft angesaugt wird. Zur Entielung «nes dichtem AbschlusBes sowohl zwischen den Flügeln nnter sich, als zwischen Oeh&asewand und Flügeln sind die letzteren mit einem Ueberxnge aus Talg und Graphit versehen.

Bei den alteren Gebläsen dieser Art bestehen die Flügel aus einem

78 RootB'sches Gebläse.

gosseisemen Gerippe mit Holzbekleidoiig (wie in der Abbildnng); neaer- diogB liefert die Chemnitzer WerkzeugmaschineDfabrilc Roota'sche Ge- bläse mit ganz aas Eisen bestehenden Flügeln. Eine andere Terbesse- mng ist hinsichtlich der Lagerung der Achsen getroffen, welche an bei- den Enden feetgelagert (so dass der Antrieb zwischen Lager undGehänae liegt) nnd dadurch vor dem Vibriren gescbfltzt sind; auBserdem hat man die Windein Strömung in den Scheitel, die Aasströmung an den Boden yerlegt nnd endlich das Gehänse so eingerichtet, dass bei vorkommenden Reparaturen das Obertheil eich mit Leichtigkeit abnehmen lässt.

Ein Vergleich der in den Figuren 75 und 70 in '/jo der wirklichen Grösse gegebenen Abbildung eines solchen verbesserten Gebläses mit Fig. 75.

dem älteren Gebläse, Fig. 74, wird sofort diese Verbeese- mngen erkennen lassen. Die Getriebe sind in Holzkäaten eingeschlossen, um Unglücks- falle za verhüten und Staub abzuhalten.

Da die WirkungderRoo ts' - sehen Gebläse nicht, wie bei den CentrifagalgeblSsen, auf der Centrifagalkraft beruht, sondern vielmehr auf einem Fortdrücken eingeschlossener Luft (also ähnlich wie bei Cflindergebläsen), so ist man im Stande, bei viel geringe- rer Drehnngszafal erheblich

BootB'sches Gebläse. 79

hShere WindpreBanngeu als mit dem CeDtrifugalgebläse herrorzu'

Kleineren Roots'scfaen Oebläaen pflegt man 300 bis 320, grÖsBeren 260 bis 300 Umdrehungen per Minute zu geben.

Von Hartig sind über die Leistung der Roots'schen Gebläse Er- mittelnngen angestellt and in dem schon citirten Werke S. 241 veröffent- licht worden.

Kr fand bei normaler Geecbwindigkeit nnd gänzlich geöffnetem Blashalee, wobei sich eine PreBBung von nur 38 Uillimeter Waaseraänle ergab, einen Wirkungsgrad von 0,405, welcher sich auf 0,143 verringerte, als die Pressnug durch Verengung des Ausflussqnerschnitts anf 820 Milli- meter gesteigert wurde. Eine ähnliche Abnahme des Wirkungsgrades erfolgt anch bei Centrifngalgebl&sen mit steigender Pressung, aber, wie Hartig bemerkt, bei letüteren ausschliesslich wegen Abnahme der ge- forderten Windmenge, bei den Roots'schen Gebläsen zugleich wegen unverhältnissmässiger Zunahme der Betriebsarbeit, borvorgernfen durch das mit Zunahme der Pressung immer stärker auftretende Biemenmtschen.

Dieses abweiehende Verhalten beider Sorten Gebläse wird auch in interessanter Weise gekennzeichnet, wenn man die Ausflussöffunngea mehr und mehr scbliesst. Bei den Centrifugalgebläsen nimmt die er- forderliche Arbeitsleistung des Motors mit dem Querschnitte dar Aus- Pig 77.

80 Roots'sches Gebläse.

flassdffiliuigen ab, weil in gleicher Weise die gef5rderte Windmenge sich yerringert, und beschränkt sich bei gänzlich geschlossenem Ausflüsse fast anf Ueberwindong der Zapfenreibnng; bei den Roots'schen Gebläsen steigt die erforderliche Arbeitsleistung mit Verengung des Ansflussquer- schnitts, weil die Windpressung mehr und mehr wächst.

Auch Ton dem Maschineninspector Heim anf dem königlich würtem- bergischen Eisenhüttenwerke Wasseralfingen wurden Versuche über die Leistung eines von der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik in Chem- nitz gelieferten Roots' sehen Gebläses angestellt, deren Mittheilnng Ver- fasser der Güte der Direction genannter Werkzeugmaschinenfabrik ver- dankt. Die Querschnitisverhältnisse des von Heim benutzten Gebläses sind durch die Skizze, Fig. 77 (a. v. S.)* veranschaulicht; die Länge der Windflügel betrug 1,250 M. Bei jeder Umdrehung beider Flügel wird also theoretisch das Luftvolumen Ä einmal fortgeschafft. Während H artig das factisch ausgeblasene Windquantum aus Pressung und Ausstromnngs- querschnitt ermittelte, berechnet Heim dasselbe, indem er annimmt, dass einestheils von dem Volumen A nur 0,96 A wirklich angesaugt werde; dass andemtheils wegen undichten Anschlusses der Flügel an den Stellen C, D und E Windverluste entstehen , welche er aus der Windpressung und dem Querschnitte dieses Spielraumes berechnet und von dem angesaugten Windquantum in Abzug bringt. Jenen Spielraum nimmt er bei 2 Millimeter Abstand zwischen den Flächen zu 0,0075 Quadratmeter an. Es ergiebt sich demnach aus den Heimischen Ver- suchen das Verhältniss der factischen Windmenge Wi zur theoretischen W, d. h. zu dem vierfachen Volumen A:

beim Betriebe Umdrehungen Windpressung W^

von per Minute Wassersäule W

28 Schmiedefeuern ... 210 61 Mm 0,82

desgl. ... 374 172 0,82

5 Schmiedefeuem ... 148 70 ,, 0,74

desgl. . . .360 360 0,78

Alle Feuer geschlossen, Sicherheitsventil geöfliiet, dessen Querschnitt nicht

angegeben ist .... 174 ll>S 0,73

desgl. ... 322 357 0,74

Dagegen fand Hartig aus Windpressung und Ausströmungsquerschnitt

-=^ bei geöffnetem Blashalse und 36 Mm Pressung = 0,79 ^ bei 820 , = 0,12

schreibt jedoch die Schuld des so viel ungünstigem Ausfalls des letz- tem Resultats wenigstens theilweise dem schon erwähnten Riemen- rutsohen zu.

Roots'sches Gebläse. 81

J^ür mittlere Pressungen dörfte man als durchschnittliches Ergebniss der Heim 'sehen und Hartig'schen Versuche immerhin ein Verhältniss

—-y = 0,75 annehmen können.

Die zum Betriebe aufgewendete Arbeitsleistung ermittelte Heim ans der durch Rechnung gefundenen Leistung der Dampfmaschine, nach- dem vermittelst des Indicators zuvor der für den Betrieb des Vorgeleges erforderliche Kolbendruck (nach Ausruckung des Gebläses) gemessen und von dem totalen Kolben drucke beim Betriebe des Gebläses in Abzug ge- bracht wordeil war.

Heim fand den Wirkungsgrad , d. h. das Verhältniss der tbeo- retisch erforderlichen zn der aufgewendeten Leistung:

beim Betriebe Umdrehungen

Pressung

L

von per Minute

Wassersäule

In

28 Schmiedefeuem . . . 210

61 Mm

0,616

desgl. . . . 374

172

0,580

5 Schmiedefeuern . . 148

70 «

0,490

desgl. . . : 360

360

0,528

Alle Feuer geschlossen,

Sicherheitsventil offen . 174

118

•0,528

desgl. ... 322

357

0,513

während Hartig, wie oben bemerkt, mit Hülfe des Dynamometers einen Wirkungsgrad von nur 0,405 beziehentlich 0,143 fand.

Als Durchschnitts werth zwischen den Ermittelungen von Hartig und Heim wird man den Wirkungsgrad des Koots 'sehen Gebläses = 0,45 setzen können.

Jedenfalls geht soviel aus den angestellten Versuchen hervor, dass das Roots'sche Gebläse unter erheblich günstigeren Verhältnissen arbei- tet, als das Centrifugalgebläse, dessen Wirkungsgrad die Zahl 0,30 höchst selten übersteigt; dass femer das Roots'sche Gebläse im Stande ist, noch ohne erheblichen Arbeitsverlust Windpressnngen zu liefern , für welche das Centrifugalgebläse nicht mehr ausreicht; dass aber endlich für hohe Pressungen (über 600 Mm. Wassersäule) sich bei dem Roots'- schen Gebläse ein Arbeitsverlust herausstellt, welcher die Anwendung desselben für mittlere und grosse Hochöfen kaum räthlich erscheinen lassen wird , während für kleine Holzkohlen hochöfen , die oft mit einem Winddrucke nicht über 400 Mm. Wassersäule (40 Grm. per Quadratcen- timeter) arbeiten, die Anwendung des Roots' sehen Gebläses in Anbe- tracht seiner viel biUigeren Anschaffnngskosten wohl eines Versuchs werth sein dürfte, sobald in Rücksicht auf erforderlich werdende Repa- raturen ein Reservegebläse in Bereitschaft steht. Zwei Roots'sche Ge- bläse dürften zusammen kaum ein Drittel so viel kosten als ein Cylinder- gebläse von entsprechender Grösse.

Ledebar, meohMiisch-inetelliirgisoha Teehaologl«. Q

82

Dampfstrahlgebläse.

Diese Eigenschaften des Roots^ sehen Gebläses lassen es aber voll- ständig begründet erscheinen, dass, nachdem die ihm anfanglich anhaf- tenden Mängel (häufige Reparaturen, nervenerschütterndes Geräusch) durch die früher erwähnten Verbesserungen der Construction glücklich beseitigt Bind, dasselbe gerade fär die MetaU Verarbeitung Giessereien, Schmiedewerkstätten u. s. w. einen immer ausgedehntem Eingang findet.

Als dritte Gattung von Gebläsen für Werkstätten der Metallver- arbeitung, auf einem vollständig andern Principe als die beiden bisher besprochenen beruhend, verdienen die Dampfstrahlgebläse Erwähnung.

Es ist ein bekanntes Gesetz, dass durch seitliche Oeffnungen eines Rohres Gase, Flüssigkeiten, selbst feste Körper angesogen und ins Innere geführt werden können , wenn in dem Innern sich ein Strahl eines mit grosser Geschwindigkeit fortbewegten Körpers befindet. Auf dieser That- Sache beruht die Construction der längst bekannten Wassertrommelgebläse, der Blasrohre an Locomotiven zur Erzeugung von Luftzug, der Giffard- Injectoren zur Speisung der Dampfkessel, und ebenfalls der erwähnten Dampfstrahlgebläse.

Im Jahre 1870 nahm der durch so manche segensreiche Erfindun- gen auf dem Gebiete der Pyrotechnik bekannte C. W. Siemens in Lon- don ein Patent auf die Fortführung von Luft vermittelst Ansaugen s durch einen Dampfstrahl (Engineering, Nov. 1871, S. 344). Das Sie- mens^sche Gebläse scheint jedoch in seiner ersten Form wenig Erfolg gehabt zu haben. Den Gebrüdern Koerting in Hannover gebührt das Verdienst, dasselbe mit Verbesserungen versehen zu haben, die ihm eine dauernde Stellung in der Technik verschaflBten. Nebenbei sei erwähnt, dass die Gebrüder Koerting das dem Gebläse zu Grunde liegende Prin- cip bald und mit Erfolg auch zum Heben und Fortführen von Wasser, Kohlensäure, verbrauchtem Dampf aus Condensationsdampfmaschinen

Fig. 78.

Dampfstrahlgebläse.

8S

darcli Ansangen nnd Verdichten yermittelst eines Wasserstrahls, und zu noch verschiedenen anderen Zwecken anwendeten.

Die Skizze, Fig. 78, stellt ein Eoerting'sches Dampfstrahlgebläse in seiner einfachsten Form dar, wie es z. B. für Erzeugung von Unter- wind bei Gasgeneratoren, Flammöfen, Dampf kesselfeuerun gen benutzt werden kann. Ä ist ein Dampfleitungsrohr, durch den Hahn h verschliess- bar, welches in einem engen konischen Mundstücke a endigt und beim Oeffnen des Hahns Dampf durch dieses Mundstück ausbläst. Zum An- saugen der Luft dienen die Saugdüsen h und c, zwei his drei an ZaMy aus Bothguss gefertigt und innerhalb eines gusseisemen durch- brochenen Gehäuses in der gezeichneten Stellung befestigt. Jede folgende Saugdüse ist etwas weiter als die vorhergehende. Dampf und Luft mischen sich, ein Theil des Dampfes wird condensirt und kann durch eine Ablassvorrichtung an geeigneter Stelle entfernt werden; die Luft wird

Fig. 79.

I i

durch die freiwerdende Wärme erwärmt, der übrig bleibende Dampf strömt mit fort.

Die aus dem Ende der Leitung austretende Luft ist also ^tark mit Wasserdampf gesättigt.

Will man die Dampfausströmung in genauer Weise reguliren, was durch alleinige Anwendung des Hahns nicht gut möglich sein würde, so kann dieser Zweck durch Anbringung eines Ventils mit Schraubenspindel und Handrädchen in vollkommen- ster Weise erreicht werden ; auch dürfte es in den meisten Fällen bequemer sein, dem Gebläserohre eine verticale statt einer horizontalen Stellung zu geben. Fig. 79 veranschaulicht diese Anordnung und giebt zugleich eine äussere Ansicht des Gebläses, a ist hier das Dampfzuleitungsrohr, h ein Ablassrohr für condensirtes Wasser, e die Regulirspindel, c Wasser- sack, //.. die Saugdüsen.

Zur Verdeutlichung der ganzen Anordnung diene Fig. 80 (a. f. S.), einen Flammofen mit dem daneben stehenden Dampfstrahlgebläse zur Erzeu- gung von Unterwind darstellend.

Um in solchen Fällen, wo der roitgefährte Was- serdampf nachtheilig wirken würde, z. B. bei Schmiede- feuem, einen trocknern Lufistrom hervorzubringen, verbinden die Gebrüder Koerting mit dem Gebläse den in Fig. 81 (a. f. S.) skizzirten Apparat. Es ist 'hier a das Dampfzuleitui\gsrohr, h das Gehäuse für die Saugdüsen, c das Leitungsrohr für- die Luft und den nicht condensirten Dampf. Beide treten ver- einigt in den obern Theil des gusseisemen senk- rechten Rohres d ein, welches einen länglich recht-

6*

DampfstrahlRebläse

Pig, 80.

Dampfstrahlgebläse. 85

eckigen Querschnitt besitzt und nach oben durch einen Deckel e luftdicht verschlossen ist. Unmittelbar unter der Einmündung des Rohrs c in d befindet sich eine siebartig durchlöcherte Platte zur möglichsten Verthei- lung des hindurch eilenden feuchten Lufbstroms und unterhalb dieses Siebes ist das ganze Bohr d durch eine grössere Anzahl senkrechter Scheidewände in lauter einzelne schmale Rohre getheilt, um die in gleich- massigster Weise vertheilte dampfhaltige Luft hindurch zu führen. Da der gesammte Querschnitt dieses Rohrsystems ein verhältnissmässig grosser, die Bewegung innerhalb desselben also eine langsame ist, so kann beträchtliche Abkühlung stattfinden. Unterhalb des Rohrsystems befin- det sich ein zweites Sieb g^ um das Mitreisen condensirter Wassertheil- chen zu hindern; i ist eine Ablassschraube für das condensirte Wasser. Die Luft steigt nun aufwärts im Rohre h und passirt bei h eine noch- malige Saugdüse, durch welche noch mehr Luft angesogen werden soll, und zwar wird hierzu diejenige Luft benutzt, welche an den Seitenwän- den des Rohrs d dieses gekühlt und sich selbst dabei erwärmt hatte. Zu diesem Zwecke ist das Rohr d mit einem Kasten umkleidet, welcher ebenso wie das Rohr selbst dnrch Scheidewände in einzelne Abtheilungen getheilt ist. Die fnsche Luft strömt bei l ein, steigt empor, gelangt in das ringsum geschlossene Gehäuse m und aus diesem in das Blaserohr. Es wird also eben so wohl der Luftwechsel an den Aussenwänden des Condensators d befördert, als das eingeblasene Luftquantum vermehrt.

Ueber die Leistung der Dampfstrahlgebläse sind theoretische Be- rechnungen durch V. Reichenbach angestellt worden^). Es ergiebt sich hieraus, dass die Leistung eine um so günstigere ist, je grösser die Dampfspannung und je geringer die Windpressung, ein Resultat, welches auch die Praxis bestätigt. Den Effect der Gebläse, d. h. das Verhältniss zwischen aufgewendeter und verbrauchter Arbeit berechnet v. Reichen- bach zu 0,67 bis 0,97; praktische Ermittelungen zur Bestätigung dieser Rechnung scheinen bislang nicht angestellt worden zu sein.

Die Dampfstrahlgebläse besitzen vor allen übrigen Gebläsen den grossen Vortheil der Billigkeit, des äusserst geringen Raumes zur Auf- stellung, der einfachen Bedienung, der directen Wirkung, wobei alleVor- und Zwischengelege wegfallen, somit auch die zur Ueberwindung der Reibungswiderstände derselben erforderliche Arbeit erspart wird, und Schmiermittel überhaupt nicht gebraucht werden.

Ihre schwache Seite liegt in dem Umstände, dass sie nur fär sehr geringe Pressungen guten Effect geben, und dass der erfolgende Wind stets mit Wasserdampf gesättigt ist, von den mechanisch mitgerissenen Nebel th eilchen ganz abgesehen. Auch der vorhin beschriebene sinnreiche Apparat zur Entziehung des Wasserdampfs vermag naturgemäss immer nur einen zwar abgekühlten Wind zu liefern , welcher aber seiner Tem-

1) Zur Theorie des Dampfslrahlgebläses von B. v. Beichenbach. Jahr- buch der Bergakademien zu Leoben , Pf ibram und Schemnitz, Bd. 23, 8. 322 ff.

86 Gebläse.

perator entsprechend so lange mit Dampf geafittigt bleibt, bis durch die Yermischung mit frischer Luft in dem Nachgebläse dieser vollständige Sättigungsgrad etwas verringert wird. Feucht wird die Luft immer bleiben.

Aus diesen Gründen sind die Dampfstrahlgebläse vorzügliche Appa- rate in solchen Fällen, wo eine geringe Pressung verlangt wird und der Dampfgehalt des Windes nicht schadet, insbesondere also für Erzeugung von Unterwind bei Flammöfen, Gasgeneratoren, Kesselfeuerungen xl dgl.

Weniger vortheilhaft wirken sie, wo die Feuchtigkeit Nachtheile bringt, z. B. bei Schmiedefeuem ; unvortheilhaft , wenn nicht unbrauch- bar, würden sie nach des Yft-fassers Urtheil in allen Fällen sein, wo höhere Pressung und Trockenheit der Luft gleichzeitig Bedingung sind, also für Schmelzprocesse in Cupolöfen und für ähnliche Zwecke.

Literatur, lieber Centrifugalgebläse :

Dürre, Handbuch des Eisengiessereibetriebes, I. Bd., Leipzig 1870, S. 577 ff., enthält eine übersichtliche Zusammenstellung der wichtigeren Theorien und Erfahrungsresultate über Centrifugalgebläse von Redten- bacher, Wiebe, Rittinger, Tunner und Anderen.

von Hauer, Die Hüttenwesensmaschinen, 2. Auflage, S. 231 ff.

lieber Roots'sche Gebläse und Dampfstrahlgebläse ist bei der Neu- heit des Gegenstandes die Literatur noch sehr spärlich. Ausser den schon gegebenen Citaten und einigen unwichtigeren Notizen in perio- dischen Zeitschriften finden sich die ausführlichsten Mittheilungen in

von Hauer op. cit. S. 208 und 226.

Zweiter Abschnitt.

Die rohe Formgebung.

Wenn aus einem rohen Metallblocke ein Gebrauchsgegenstand her- gestellt werden soll, so bat derselbe gewöhnlich mehrere Stadien der Formveränderung zu durchlaufen. In dem ersten Stadium ist die Haupt- aufgabe die, einen Gegenstand von solchen Querschnitten .herzustellen, welche den Querschnitten des fertigen Gegenstandes genau oder doch möglichst annähernd entsprechen. Das £rg^bnis8 dieser ersten Form- gebung, welche wir als „rohe Formgebung^ bezeichnen, ist also entweder schon ein Körper, dessen sämmtliche äussere Formen annähernd genau mit den Formen des vollendeten Gegenstandes übereinstimmen, oder es ist ein Zwischenproduct für weitere Verarbeitung, bei welcher aber er- hebliche Aenderungen in den Hauptabmessungen der Querschnitte nicht mehr eintreten (Blech, Draht, stabförmige Körper etc.). Als solche Hauptabmessungen gelten beim Bleche die Stärke (nicht die Breite), beim Drahte der Durchmesser, bei stabförmigen Körpern sämmtliche Quer- schnittsdimensionen (Quadrat-, Flach- und Bundstäbe, Winkeleisen, ein- fach und doppelt T-Eisen, Eisenbahnschienen u. s. w.).

Jene rohe Formgebung kann in zweierlei Weise bewirkt werden.

Entweder das Rohmetall wird durch Erhitzung in den flüssigen Zu- stand übergeführt (geschmolzen) und dann unter Einflüssen erstarren ge* lassen, welche seine Neugestaltung bewirken und ihm dadurch eine blei- bende Form geben. Man nennt diese Arbeit Giessen.

Oder man lässt mechanische Kräfte (Stoss, Druck, Zug) auf das nicht geschmolzene, häufig aber durch Erhitzung in einen weichern, dehnbarem Zustand versetzte Metall wirken, bis die Elasticitätsgrenze überschritten ist, und ruft in solcher Weise eine Querschnittsveränderung hervor (Hämmern, Walzen, Pressen, Ziehen).

Je nachdem die Metalle und Legirungen ihren Eigenschaften nach sich mehr für die eine oder die andere dieser beiden Yerarbeitungs* methoden eignen, sondern sie sich in mehrere Gruppen«

88 Rohe Formgebung.

Nur giessbar sind:

Gnsseisen,

Bronzen mit einem Zinngehalte von ungefähr 25 bitf^75Proc.,

Antimonblei mit reichlichem Antimongehalte. Vorwiegend giessbar, aber auch zur Formveränderung durch mecha- nische Kraft geeignet sind:

Zink,

Zinn,

Blei,

Messing,

Bronzen mit einem Zinngehalte unter 25 oder über 75 Proc.

Legirungen des Zinns mit Antimon und Blei. Vorwiegend zur Form Veränderung durch mechanische Kraft geeig. net, daneben aber noch giessbar sind:

Stahl (um so giessbarer, je reicher der Kohlenstoffgehalt),

Aluminium,

Kupfer,

Platin, ^

^,.„ ' I und deren Legirungen mit Kupfer,

Neusilber.

Nicht giessbar ist:

Schmiedeeisen.

Der Umstand, dass bei jeder Formveränderung durch mechanische Kraft Arbeit aufgewendet wird, und dass jede mechanische Arbeit einer bestimmten Wärmemenge äquivalent ist (1 Wärmeeinheit = 423,5 Kilo- grammeter); der fernere Umstand, dass zum Schmelzen und Giessen gleichfalls ganz bestimmte Wärmemengen erforderlich sind, lässt bei allen Metallen, die durch beide Arbeitsmethoden verarbeitbar sind, einen Ver- gleich zu, bei welcher der beiden Verfahmngsweisen der Aufwand an Arbeit beziehentlich Wärme der grössere sei. Selbstverständlich muss die- jenige Wärme, welche zum Erhitzen des Metalls bei der Verarbeitung durch Einwirkung mechanischer Kräfte dazu verbraucht wird, das Metall durch Erhitzung dehnbarer zu machen, gleichfalls in Rechnung gestellt werden.

Solche Ermittelungen, die soweit des Verfassers Kenntniss reicht bislang noch nicht angestellt worden sind, durften recht interessante Ergebnisse liefern , jedoch fast immer darauf hinauslaufen , dass der ge- ringere Aufwand beim Giessen zu Tage tritt. Denn durch das Schmel- zen und Giessen ist man im Stande, vielfach gegliederte Formen durch eine einmalige Wärmeentwickelung hervorzubringen, während die Verarbeitung im un geschmolzenen Zustande gewöhnlich eine grössere Anzahl einzelner auf einander folgender Arbeitsleistungen erheischt.

Aus diesem Grunde zieht man in allen Fällen, wo durch Giessen der Zweck zu erreichen ist und die Eigenschaften des gegossenen Metalls den Anforderungen der Verwendung entsprechen, das Arbeitsverfahren durch Giessen dem Arbeitsverfahren im ungeschmolzenen Zustande vor.

L Die Formgebung duroli Sohmel^en und OieBsen

Glesserel.

1. Die Arbeitseigensohaften der Metalle und Legirungeo hinsichtlich ihrer Verwendung Bur Giesserei.

a. Die Schmelzbarkeit.

Wir nennen einen Körper um so leichter schmelzbar, je weniger Wärme er verbraucht, um aus dem festen Aggregatzustande und zwar aus einer Temperatur von Nullgrad in den flüssigen Zustand überzugehen.

Daher ist die Schmelzbarkeit der Körper von drei Factoren abhängig:

erstens von der specifischen Wärme, welche angiebt, wie viel Wärme der Körper bedarf, um auf eine bestimmte Anzahl Grade erwäi'mt zu werden;

zweitens von dem Schmelzpunkte des Körpers, welcher angiebt, um wie viele Temperatur grade die Erwärmung stattfinden muss, bis Ueberg^ng in den flässigen Zustand stattfindet;

drittens von der Schmelzungswärme (latenten Wärme), welche bei dem Uebergange in den flüssigen Zustand verbraucht wird.

Sind diese drei Werthe bekannt, so würde es nicht schwierig sein, daraus die Schmelzbarkeit zu ermitteln. Ist z. B. die specifische Wärme = s, der Schmelzpunkt = tj die Schmelzungswärme =2 , so ist die er- forderliche Wärmemenge, um 1 Kilogramm des Metalls zu schmelzen,

W=8t + h

und da die Schmelzbarkeit sich umgekehrt wie die zum Schmelzen ver- brauchte Wärmemenge verhält, so würde sich die Schmelzbarkeit durch die Formel

S-i--— i—

W 8t + l

ausdrücken lassen.

In der That ist für mehrere Metalle die im flüssigen Zustande auf- genommene Wärme in der soeben beschriebenen Weise berechnet worden.

Da jedoch die specifische Wärme der Körper sich mit der Tempera- turzunahme ändert und ein Durchschnittswerth zwischen den Tempera-

90 Giesserei. Arbeitseigenschaiten.

tnren von Nullgrad bis zam Schmelzpunkte nicht immer bekannt ist, ond da ebenfalls die Schmelzungswärme nur bei einzelnen Metallen er- mittelt worden ist, so hat man in anderen Fällen durch ein einfaches Verfahren ohne Weiteres die Gesammtmenge der vom schmelzbaren Me- talle aufgenommenen Wärme ermittelt, indem man eine bestimmte Menge des flüssigen Metalls in Wasser von ermittelter Menge und Temperatur abkühlt und aus der Temperaturznnahme des Wassers die abgegebene Wärmemenge des Metalls berechnet, welcher sich mit Hülfe der für nie- drige Temperaturen bekannten specifischen Wärme der Metalle leicht noch diejenige Wärmemenge hinzuaddiren lässt, die zur völligen Abküh- lung des Metalls auf Nullgrad entzogen werden müsste. Formel ;

worin s die specifische Wärme des Metalls in niedriger Temperatur, ^i die Temperatur des Wassers nach dem Eingiessen, t^ die Temperatur vor dem Eingiessen, V das Gewicht des Wassers in Kilogrammen, G das Ge- wicht des Metalls in Kilogrammen bedeutet^).

Man hat theils durch diesen directen Versuch, theils durch Berech- nung nach der frühern Formel folgende Werthe gefunden, denen wir die Schmelzpunkte der Metalle gegenüber stellen wollen :

Wärmemenge. Schmelzpunkt.

Gussstahl 300 W. E. 13750 C«)

Graues Roheisen . . 245 12750 «)

Weisses Roheisen . . 230 1075« «)

Kupfer 165 1200° »)

Silber . 77 1000^

Gold nicht ermittelt 1200»

Zink 71W. E. 415«

Zinn 27 233«^

Wismuth 22 267«

Blei 16 „. 326«

Ueber die zum Schmelzen der übrigen Metalle erforderliche Wärme- menge fehlen noch ausreichende Ermittelungen.

1) Grüner benutzt zu solchen Ermittelungen bei schwer schmelzbaren Körpern einen kupfernen Wasserbehälter von 20 Liter Inhalt, 300 Mm. im Quadrat , 240 Mm hoch , umgeben von einer mit Flanell umgebenen Holzkiste, um jeden Wärmeverlust zu vermeiden. In der Mitte dieses Behälters ruht ein kleineres Gefäss aus Kupferblech auf Füssen und dient zur Aufnahme des heissen MetaUs. Basselbe ist 200 Mm. im Quadrat, 60 Mm. hoch, die Füsse 50 Mm. hoch. Ein kupferner Spatel mit Glasgri£f dient zum Umrühren des Wassers, ein in V^q Grade getheiltes Thermometer zum Messen. Grüner, Analytische Studien über den Hochofen, üebersetzt von Steffen, Wiesbaden 1875, 8. 106.

') Nach Grüner.

Schmelzbarkeit. 91

Häufig yerwecbMlt man den Begriff „Scbmelzbarkeit^ mit niedriger Schmelztemperatur. Obschon die Schmelzbarkeit im Allgemeinen mit der steigenden Schmelztemperatur eines Körpers abnimmt, lehrt uns doch ein Blick auf obige Tabelle, dass diese Abnahme nicht etwa in einem stetigen Verhältnisse stattfindet, sondern dass sogar einzelne Metalle mit höherm Schmelzpunkte leichter schmelzbar sein können, als andere mit niedrigerm Schmelzpunkte, weil ihre specifische und Schmelzungswärme eben geringer sind. So ist z. B. das Blei leichter schmelzbar als Wis- muth und Zinn, obgleich es eine höhere Temperatur zum Schmelzen als diese Metalle erfordert ; Zink ist nur wenig leichter schmelzbar als Sil-, ber, schmilzt aber bei einer um fast 600 Grad niedrigem Temperatur als dieses, denn die specifische Wärme des Zinks ist 0,0927, diejenige des Silbers nur 0,0557.

Die Gegenüberstellung der yom schmelzenden Metalle aufgenomme- nen Wärme und des Schmelzpunkts desselben Metalls ist nicht ohne Nutzen, und es ist zu bedauern, dass in dieser Beziehung nicht noch umfassendere Versuche angestellt worden sind. Denn ein leicht schmelz- bares Metall, dessen Schmelzpunkt aber hoch liegt, erfordert zum Schmel- zen immerhin ein Brennmaterial, welches im Stande ist, bei der Ver- brennung eine entsprechend höhere Temperatur, als der Schmelzpunkt des Metalls ist, zu entwickeln, also eine relativ geringe Menge eines Brennstoffs mit hohem Wärmeeffecte; im umgekehrten Falle aber kann ein Brennmaterial von geringerm Wärmeeffecte, sobald es nur in ge- nügender Menge verbrannt wird, die zum Schmelzen eines schwerer schmelzbaren Metalls erforderliche Wärmemenge liefern, wenn der Schmelzpunkt, also die zu entwickelnde Temperatur, nicht hoch liegt.

Ueber die von Legirungen aufgenommenen Wärmemengen liegen keine, über die Schmelzpunkte derselben verhältnissmässig wenige Er- mittelungen vor. Das Saigem der meisten Legirungen macht oft ge- naue Ermittelungen unmöglich ; denn in allen Fällen, wo aus der flüssigen Masse sich schon feste Legirungen ausscheiden, wird Wärme frei und es ändert sich die Zusammensetzung der zurückbleibenden flüssigen Legi- rung, so dass die aus den Versuchen hervorgehenden Ergebnisse ihre Richtigkeit einbüssen.

Gewöhnlich, doch nicht immer, liegt der Schmelzpunkt der Legi- rungen tiefer als der Schmelzpunkt der legiiien Metalle.

Beispiele. 1 Tbl. Blei, 1 Tbl. Zinn schmilzt bei 189^0. l»i»3„„ 180®

1 « « 6 , , 1900

3n»2„„ 211®

6 « n 1 « n » n 270«

8 » 3 n 8 Thle. Wismuth schmelzen bei 94V3®C. 16 , . 12 , 8 « . « « UO«C.

92 Giesserei. Arbeiiseigenschaften.

Für Bronzen yermittelte Künzel folgende Schmelzpunkte: 95 Thle. Kupfer, 5 Thle. Zinn schmelzen bei 1369<>C.

92

»

n

8

n

n

n

1290«

90

n

n

10

n

»

TJ

» 1250«

89

n

»

11

n

n

n

1220«

86

n

n

14

»

n

n

"50« ,

84

7i

T)

16

n

ff

»»

n noo" ,

80

»

»

20

n

n

n

10200

Für Phosphorbronzen:

mit 9,97 Thln. Zinn, 1,17 Thln. Phosphor schmelzen bei 12420C. 10,15 , 1,08 « 1233«

Messing mit gleichviel Zink nnd Kupfer soll nach Daniell bei 912® C. schmelzen, mit zunehmendem Kupfergehalte steigt, mit zuneh- mendem Zinkgehalte fällt der Schmelzpunkt.

Bei diesen Ermittelungen über die Schmelzpunkte der Legirungen sind jedoch Zweifel an der absoluten Richtigkeit um so mehr gerecht- fertigt, je höher der Schmelzpunkt liegt; theils, wiesoeben erwähnt, wegen des Saigerns der Jjegirungen, theils wegen der Unzuverlässigkeit der vor- handenen Pyrometer, und, wenn man den Schmelzpunkt durch Eingiessen in Wasser ermittelt, wegen der schon erwähnten Veränderlichkeit der specifischen Wärme der Metalle in höheren Temperaturen.

b. Die Dünnflüssigkeit.

Je mehr die Cohärenz der Molecüle eines Metalls oder einer Legi- rung bei dem Uebergange in den flüssigen Zustand aufgehoben wird, desto dünnflüssiger ist dasselbe. Als höchstes Stadium der Dünnflüssig- keit kann man den gasförmigen Zustand des Metalls betrachten.

Je dünnflüssiger ein Metall ist, in desto schwächere Querschnitte lässt sich dasselbe giessen. Daher befördert die Dünnflüssigkeit erheb- lich die Verwendbarkeit des Metalls oder der Legirung zur Giesserei. Im Allgemeinen steigt die Dünnflüssigkeit mit der Temperatur, auf welche das Metall oberhalb seines Schmelzpunkts erhitzt wird. Deshalb wird sich ein Maass zur sichern Vergleichung der Dünnflüssigkeit kaum flnden lassen. Je geringer der Querschnitt ist, welchen das flüssige Me- tall beim Giessen ausfüllen soll, desto stärker erhitzt muss es in dieGuss- form gegossen werden.

In gewisser Hinsicht ist mithin die Dünnflüssigkeit, wenn wir die

Kleinheit des Gussquerschnitts als Maass für dieselbe annehmen, von

ihrer specifischen Wärme abhängig ; denn je grösser die letztere ist, desto

angsamer wird das eingegossene Metall abgekühlt und zum Erstarren

ebracht werden, desto leichter wird es den Querschnitt ausfüllen.

Dünnflüssigkeit. Schwindung. 93

Aach die Art nnd Weise des Flüssig^erdens spricht jedoch hierbei mit. Manche Metalle durchlaufen einen breiartigen Zustand, andere gehen gans plötzlich aus dem festen in den flüssigen Zustand über. Letztere pflegen dünnflüssiger zn sein als entere. Oft beeinflussen ge- ringe Beimengungen fremder Körper die Dünnflüssigkeit in erheblichem Grade. Graues Roheisen, obschon schwerer schmelzbar als weisses, ist dünnflüssiger als dieses. Ein Schwefelgehalt des Eisens verringert dio Dilnnflüssigkeit betrachtlich, Phosphor erhöht sie. Legirungen des Kupfers mit Zinn und Zink sind dünnflflssiger als reines Kupfer, insbesondere wächst die PünnflüBsigkeit mit dem Zinkgehalte. Ebenso erhöht ein Bleizusatz zur Bronze deren Dünnflüssigkeit (jedoch gleichfalls die Saige- mngsfähigkeit). Auch bei den Nensilberlegirungen wächst die Dünn- flüssigkeit mit dem Zinkgehalte. Zinn ist im reinen Zustande weniger dünnflüssig, als mit Blei und Antimon legirt. Die Beeinflussung der Dünnflüssigkeit durch solche Zusätze und Legirungen ist jedenfalls in vielen Fällen eine Folge der Erniedrigung des Schmelzpunkts. Wird das Metall auf gleiche Temperatur als vorher erhitzt, so fUllt es dünn- flüssiger aus.

Der Begpriff der Dünnflüssigkeit bleibt deshalb immerhin ein nicht ganz genau bestimmter, nicht messbarer, und' ein von der persönlichen Beurtheilung abhängiger.

c. Die Seh Windung.

In Folge des bekannten Gesetzes von der Ausdehnung der Körper durch die Wärme nehmen die Abmessungen derselben bei der Erwär- mung bis zum Schmelzpunkte stetig zu. Die Ziffer, welche angiebt, um wie viel seiner ursprünglichen Abmessungen ein Körper bei der Er- hitzung um eine gewisse Anzahl Wärmegrade sich aasdehnt, nennt man den Ausdehnungscoefficienten. Derselbe beträgt z. B. für eine Wärme- zunahme von 0 bis 100 Grad Celsius fUr die linearen Abmessungen der Metalle:

für Blei Vssi,

Gold 1/689,

GuBseisen 1/900»

Schmiedeeisen Vshi

Stahl, ungehärtet VsiTt

gehärtet Vso?»

Kupfer V5821

Messing Vssö»

Platin Vuoo,

Silber V524,

Zink Vs4o»

y, Zinn Vsie-

<g

94

GiessereL Arbeitseigenschaften.

Diese AuBdehnangscoefficienten ändern sieb aber in höherer Tempe- ratur. Meistens wachsen sie, je näher dem Schmelzpunkte das Metall erhitzt wird. Bei einzelnen Körpern tritt auch bei fortschreitender Er- wärmung eine Unterbrechung der Ausdehnung durch plötzliche Verdich- tung ein. So zeigt z. B. das sogenannte Rose^sche Metall aus 8 Thln. Wismuth, 8 Thln. Blei, 3 Thln. Zinn das Maximum seiner Dichtigkeit bei 69^ C, und es lässt sich die Zu- und Abnahme seiner Dichtigkeit durch die Curve Fig. 82 veranschaulichen , welche uns zeigt , dass von

Fig. 82.

0 bis 44 Grad das Vo- lumen stetig zunimmt, dann plötzlich sich stark verringert, von 69 Grad an wieder zunimmt und bei der Schmelzung (94Vs Grad) dasselbe Maass erreicht, als hätte die Ausdehnung von 0^ an ununterbroche- nen gleichmässigen Fort- gang erfahren. Wenn es schon ans diesem Grunde unmöglich ist, die totale Zunahme der Abmessungen bis zum Schmelzpunkte mit Hülfe des Ausdehnungs- coefficienten zu ermitteln, so kommt noch ein zweiter Umstand hinzu, welcher die Benutzung jener Ausdehnungscoefficienten für Ermittelung der Abmessungen des flüssigen Metalls verbietet. Es ist dieses die Thatsache, dass einzelne Körper bei einer gewissen Temperatur des flüs- sigen Zustandes dichter sind als unmittelbar bei und nach dem Erstar- ren , sich also ausdehnen , wenn sie starr werden. Vom Wasser ist mit Sicherheit festgestellt, dass es bei -f~ 4^C. seine gprösste Dichtigkeit be- sitzt; es dehnt sich beim (jefri^ren aus, zersprengt seine G^fasse und das Eis schwimmt auf dem Wasser. Aehnlich verhält sich nach Schott 's Versuchen Gusseisen, höchstwahrscheinlich auch mehrere andere Metalle. Es folgt aber hieraus, dass bei allen jenen Metallen, welche sich beim Erstarren ausdehnen, die Abnahme des Volumens vom flüssigen Zustande bis zum erkalteten um so geringer ausfallen muss, je grösser die Ausdeh- nung beim Erstarren war. Wenn diese momentane Ausdehnung sehr gross ist, kann möglicherweise die totale Abnahme der Abmessungen vom flüssigen bis zum erkalteten Zustande Null werden, ein Fall, welcher wenigstens annähernd bei einigen graphitreichen Gusseisensorten zutrifft.

Es muss also ein neuer Coefflcient ermittelt werden, welcher an- giebt, um wie viel der Körper im Ganzen seine Abmessungen beim Ueber- gange aus dem flüssigen bis zum vollständig erkalteten Zustande ver- kleinert, und diesen Coefßcienten nennen wir den Schwind ungscoef- ficienten, den ganzen Inbegriff der Volumenverkleinerung oder die

Schwindung. 95

Differenz zwischen den Abmessnngen im flüssigen nocl erkalteten Zu- Stande die Schwindnng.

Die Kenntniss des Schwindnngscoefticienten eines zu giessenden Me- talls ist von Wichtigkeit, denn jener Coefficient giebt an, um wie viel die Abmessungen des zur Aufnahme des geschmolzenen Metalls bestimm- ten bohlen Raumes, der die Gestalt und Grösse des Abgusses bestimmt UAd Gussform genannt wird, grösser sein muss, als die Abmessungen des erkalteten Körpers.

Man unterscheidet einen linearen Schwindungscoefficienten, wel- cher angiebt, um wie yiel die einzelnen Abmessungen eines Körpers beim Schwinden kleiner werden und einen cubischen Schwindungscoef- ficienten, welcher die Abnahme des Volumens angiebt. Der cubische Schwindungscoeffioient ist fast genau gleich dem dreifachen linearen Schwindungscoefficienten^). In der Praxis kommt fast nur der lineare Schwindungscoefficient zur Anwendung.

Auch bei einem und demselben Metalle ist der Schwindungscoeffi- cient nicht immer derselbe. Er ist abhängig yon den Erstarrungsver- h&ltnissen, Ton zufälligen Beimengungen des Metalls. Um jedoch dem Arbeiter, welcher die Gussform herstellt, ein wenigstens annähernd zn- treffidndes Yerhältniss zu geben, um welches er die Abmessungen grösser zu nehmen hat, wenn der Abguss richtig ausfallen soll, hat man mittlere Durchschnittswerthe fär die Schwindungscoefficienten der einzelnen Me- talle ermittelt, bei deren Benutzung man sicher sein kann, in den ge- wöhnlichen Fällen wenigstens nicht . erheblich von der Wahrheit abzu-

1) Es sei V der Ranminhalt des Körpers vor dem Schwinden, «'i » i> » na<Jh y, r,

a eine Seite des Körpers vor dem Schwinden, «1 *i » n nach

*, r cnbTs^e 1 Schwindungscoefficient,

so ist

1) a, = a (1 «).

2) die gesammte cubische Schwindung 8iV = V «1, also

i> f^i ^ «,

Da sich die Cubikinhalte ähnlicher Körper wie die Guben gleichhegender Seiten verhalten, so ist

3)S=fi;=iiii^ii)ü=(i_,)8

8 4" 3«^ *';

also nach Gleichung 2)

«1 = 1 £l = 3s 3ä« 4- «».

Bei der Kleinheit von 8 kann man den Werth 33^4"^^ = ^^ setzen; es ist dann

Sj = S8,

96 Giesserei. Arbeitseigenschaften.

weichen. Solche Darchschnittawerthe der linearen Schwindungs- coefficienten sind folgende:

Ottsseisen V969

Gussstahl ^/7s,

Zink Vso,

Messing mit 30 Proc. Zink y^q,

Geschützbronze mit 10 Proc. Zinn Viso«

Glockenbronze mit 20 Proc. Zinn ^$5,

Statuenbronze mit 86 Proc. Kupfer, übrigens Zinn und Zink 1.^77,

Zinn Vi47i

Blei V9f. Auf die Schwindung ist l>ei der Formgebung der Metalle durch Giessen in vielfacher Beziehung Rücksicht zu nehmen, und manche auf den ersten Blick yielleicht rftthselhafte Erscheinungen beim Giessen fin- den eine natürliche Erklärung, wenn man sie auf die Folgen der Schwin- dung zurückführt.

Giesst man einen Abgnss, welcher mehrere ungleich starke Quer- schnitte in solcher Anordnung vereinigt, dass die einen nicht schwinden können, ohne die anderen zu beeinflussen z. B. ein Rad mit starkem Kranze und schwachen Armen , so erstarren und erkalten die schwäche- ren Querschnitte rascher als die stärkeren. In dem hocherhitzten Zn- stande des Metalls ordnen sich die Molecüle desselben diesen Verhält- nissen entsprechend; aus den stärkeren Querschnitten, die zum Theil noch flüssiges Metall enthalten, wird auch wohl Metall zur Ausgleichung der Verkürzung der Theile mit schwächeren Querschnitten abgegeben. Diese erkalten also unbehindert, und es würde vollständiges Gleichgewicht im Abgüsse herrschen, wenn nunmehr die Schwindung unterbrochen werden könnte. Nun aber beginnen erst die Theile mit stärkeren Quer- schnitten zu schwinden, sich zu verkürzen, dadurch einen Zug oder Druck auf die schon erkalteten Theile auszuüben. Das Gleichgewicht in dem Zusammenhange der Molecüle wird gestört, es tritt Spannung ein ^). Ein geringes äusserliches Ereigniss, ein Stoss, eine ungleichmässige Erwär- mung genügt, eine Zerreissung herbeizuführen. Die Zerreissung erfolgt

^) AuR der Tinvenneidlichen Folgte dieses Yorg^ang^B, dass nämlich in einem und demselben Abgüsse die Theile mit stärkeren Querschnitten nach dem Er- kalten kürzere Abmessungen zeigen, als die früher erkalteten Theile mit schwäche- ren Abmessnngen, sobald ihr Zusammenhang ein solcher ist, dass durch Schwin- dung der einen ein Zug oder Dinick auf die anderen entsteht, hat man vielfach, insbesondere für Gusseisen, den Schluss gezogen: rasch erkaltendes Metall schwindet weniger als langsam erkaltendes, schwache Querschnitte we- *niger als starke, eine Folgerung, die in dieser abstracten Form unrichtig int. Man braucht nur zwei Stäbe von genau gleicher Lä^ge, aber sehr verschiede- nen Querschnitten ohne Znsammenhang mit einander zu giessen, um den Beweis zu erhalten. Ueber hierauf bezügliche, später mehrfach wieder- holte Versuche des Verfassers siehe Berg- und Hüttenmännische Zeitung, Jahr- gang 1869, 8. 50.

Schwindung. 97

um 8o rascher, je spröder das Metall an und für sich ist, je weniger es den auf eine Verschiebung seiner Theile hinwirkenden Kräften nachzu- geben vermag. Gusseisen, welches unter den znr Giesserei benutzten Metallen das am wenigsten dehnbare ist, zeigt daher am meisten Neigung, Spannnngpen zu erzeugen; nnd unter den Gusseisensorten zeichnen sich die ans Rasenerzen, Minette und ähnlichen Erzvorkommnissen erblaseneu phosphorreichen Sorten vorzugsweise durch die beim Schwinden ent- stehende Spannung unvortheilhaft aus.

In gleicher Weise wie die durch verschiedene Querschnittsstärken hervorgerufene ungleichmässige Abkühlung kann auch, wenn die Quer- schnitte gleich sind, eine durch äussere Einflüsse bewirkte ungleichzeitige Erkaltung des Gussstücks wirken. Ein Entblössen des Gussstücks an einer Stelle von der schützenden Sanddecke, während die andere bedeckt bleibt, Regentropfen, welche den heissen Abguss treffen, und andere Zu- fälligkeiten können Spannung und späteres plötzliches Zerspringen des GusBstücks herbeiführen, dessen Ursache dann häufig nicht mehr zu er- forschen ist.

Man hat verschiedene Mittel, die Entstehung von Spannungen zu vermeiden. Das einfachste Mittel ist die Anwendung gleich starker Quer- schnitte in einem und demselben Abgüsse und gleichmässiges, durch Um- geben des heissen Abgusses mit schlechten Wärmeleitern bewirktes Er- kaltenlassen desselben. Die Anwendung gleichmässig starker Querschnitte ist eine Regel, auf welche die Constructeure von Maschinentheilen, archi- tektonischer Gegenstände u. s. w. nicht genug aufmerksam gemacht wer- den können.

Die Bestimmung des Gussstücks gestattet jedoch nicht in allen Fäl- len die Anwendung solcher ganz gleichmässiger Querschnitte. Das als- dann zunächst liegende Mittel ist, durch längeres Bedeckthalten der schwächeren Theile nach dem Abgiessen mit schlechten Wärmeleitern, woza man gewöhnlich Saud benutzt, und durch beschleunigte Abkühlung der stärkeren, indem man sie der Luft aussetzt oder bei sehr grossen Querschnittsdifferenzen auch wohl mit Wasser besprengt, ein möglichst gleichzeitiges Erkalten aller Theile des Abgusses zu bewirken. Eine solche Beeinflussung der Abkühlung muss mit grosser Umsicht geschehen, und k«nn dann einen gewünschten Erfolg liefern, ist jedoch um so schwieriger durchzuführen, je grösser der Unterschied in den Querschnitts - Verhältnissen ist.

Man sucht deshalb wohl von vornherein dem Abgüsse eine derartige Form zu geben, welche ein leichtes Verziehen einzelner Theile ohne Gefahr für das Zerspringen ermöglicht, und vermindert dann ausserdem ein zu starkes Verziehen durch die soeben erwähnte Regelung der Abkühlung.

Ans diesem Bestreben ist die Form der Riemenscheiben und Räder mit gebogenen Armen hervorgegangen. Es ist sehr leicht einleuchtend, dass die gebogenen Arme der Riemenscheibe, Fig. 83 (a. f. S.), weit leichter ein Zusammenziehen des Kranzes gestatten, als wenn sie radial

Ledebar, mcohanlich-meteUiiTgltcbe Technologie. 7

98 Schwindung.

gegen denselben gerichtet wären , und es bedarf keiner Erklärung dafür, dass ibre Spannung um so geringer ausfallt, je kleiner ihr Krummungs- balbmesser, je grosser ibre Krümmung ist.

Fig. 83.

Bei sebr grossen Querscbnittsdifferenzen in solcben gescblosseneu Formen ist jedocb das wirksamste Mittel einer Dnrcbtbeilung des stärkern

Fig. 84.

Gliedes in zwei Theile, welcbe später durch me- chanische Bearbeitung vereinigt werden. Wenn man z. B. bei dem Sohwungrade, Fig. 84, den starken Kranz, wie bei ah angedeutet ist, durch ein in die Guss- form eingesetztes , mit Graphit bestrichenes Blechstückcben tbeilt, also dort einen durch- gehenden Spalt eingiesst (der sich später leicht durch ein eingesetztes Metallstückchen schlies- sen lässt), so wird der Kranz nicht mehr in ra- dialer Richtung, sondern nach der Richtung der Pfeile sich zusammen- ziehen; die Arme werden ein wenig, jedoch weit weniger dadurch ver- bogen werden, als wenn die Schwindung nach dem Mittelpunkte zu statt-

Schwindimg. 99

fönde. Derselbe Fall zeigt sich bei dem Fenster, Fig. 85. Sind die Unterschiede in den Querschnittsabmessangen massig, so genügt eine

Fig. 85.

einmalige Theilung des Fensterrabmens, bei grosseren Unterschieden heilt man wie in der Figur zweimal, bei sebr grossen unterschieden wohl an allen vier Ecken.

Bei grossen Abgüssen, welche eine Menge Metall an einer Stelle vereinigen, entstehen in Folge der Schwindung im Innern hohle, mit kry- stallinischen Bildungen erfüllte Räume von oft beträchtlicher Grösse. Die Erstarrung der Metallmasse schreitet nämlich von aussen nach innen fort. Der äussere Mantel ist schon zum Theil geschwunden, während der Kern noch flüssig ist. Erstarrt und schwindet dieser, so muss schliess- lich ein Yacuum zurückbleiben und zwar an derjenigen Stelle, wo das letzte flüssige Metall sich befand« Solche Höhlungen können die Brauch- barkeit eines Abgusses yollständig in Frage stellen. Sie entstehen um so leichter, je stärker der Querschnitt und je grösser der Schwindungs-' coefflcient des Metalls ist. Bei Messingguss treten sie wegen des grossen Scbwindungscoefßcienten (Vea) niit Vorliebe auf und finden sich häufig auch in weniger starken Querschnitten. Es ist daher zur Erzielung dichten Gusses von Wichtigkeit, solche Legirungen zu wählen, deren Schwindung möglichst wenig bedeutend ist, und zwar muss diese Rück- sicht um so thehr befolgt werden, je grösser der Rauminhalt, je langsamer also die Erstarrung des Gussstücks in seinen innersten Theilen ist. Der Schwindungscoefficient dürfte sich verringern lassen durch möglichst ge- ringen Zinkzusatz; soll eine zu kupferreiche Legirung vermieden werdeui durch theilweisen Ersatz des Zinks durch geringere Mengen Zinn n|id

100 Scbwindung.

Blei, wodnrch die ZusAmmeDaetzung sich derjenigen der zinkhaUi^en Stntnen bronzen (S. 11) nähert. Gründliche Ermittelungen hierüber wür- den nicht ohne Nutzen för die Praxis aein. Bei sehr starken GnsBetOcken vermeidet man diese Höhlungen oder „Änssangungen" durch Anbringen einea sogenannten „verlorenen Kopfes". Der verlorene Kopf ist ein Auf- aatzatück anf dem beim Giessen za oherst befindlichen Theile des Gnea- etücks von eolcher Form nnd Grösse, daaa es später erstarrt als das eigent- liche GnasatQck nnd dadurch gewiasermaassen ala ein Behälter fQr das 6flaaige Metall dient, aoa welchem die beim Schwinden des Abgnsaea entstandenen Hohlränme aich wieder anfallen. Der Kopf enthält also nach dem Erstarren den ' Hohlranm , welcher eben durch Anwendong dea Kopfes im eigentlichen GnssstOcke vermieden iat. Fig. 86 veranschan- licht einen hjdraalischen Presscylinder mit solchem verlorenen, vollen Kopfe, Fig. 87 einen Dampfcylinder mit ringförmigem Kopfe. In beiden Fig. 8S.

Figuren ist die Stelle angedeutet, wo sich die Hohlnng nach dem Erstar- ren befindet.

Eb ist also die Aufgabe des Giessers, erstens dem Kopfe eine der obigen Bestimmung entsprechende Form eu geben; zweitens auch durch qtö^lichst langes Warmhalten eine frühzeitige Ergtaming des im Kopfe

Schwindaiig. 101

b«finiUicben flfLaaigen Metalls sa Termeiden. Man sacht diesen Zweck dnrch Bedecktlutlten des Kopfes mit schlechten W&rmeleitern (Kohlen- lösche, Asche) und fleissiges Nachgiessen frischen heissen Metalls zu er- reichen- Sehr bald erkennt man au einer Senkung der Oberfläche, wie das Metall aus dem Kopfe in den Abgnss nachgesogen " wird, die ent- standenen Hohlräume des Abgusses aasfollend.

Die richtige Constraction eines verlorenen Kopfes ist nicht immer leicht und erfordert manniohfache Erwägaag. Als Hauptsiel moss man dabei stets im Auge bebalten, dass der Kopf später als das eigentliche GoBsstflck erBtarren soll. Desbalb würde z. fi. ein verlorener Kopf aul' einem Cf linder, wie in Fig. 88, gerade den entgegenge setzten Erfolg fj-^ gg^ haben. Das Metall würde in dem schwa-

chen Querschnitte ab früher erstarren, als in dem darunter liegenden starkem ; in der Mitte des letztem, also gerade da, wo der Kopf entfernt wird und der Ouss dicht sein soll, würde eine Hühlnng entstehen.

Da die Hohlräume um so leichter ge- bildet werden und um so grösser ausfal- len, je länger das Metall im Innurn flDs- Big bleibt, so ist es Rege!, das Mebtll um so weniger über seinen Schmelzpunkt erhitzt in die Gnssfurm zu giessen, je compacter das Gussstück ist.

Nach dem Erkalten des Abgusses sammt Kopf wird letzterer von dem erstem dnrch mechanische Bearbeitung losgelöst und als Rohmaterial weiter ver- wendet.

Eine andere Folge der Scbwindnng bt das leichte Krummzieben quadratischer oder kreisrunder Platten. Bei einem jeden plattenfbrmigen Körper be- ginnt die Scbwindnng vom Rande und schreitet nach der Mitte hin fort, Fig. 89. Je weiter der Mittelpunkt der Platte vom Rande entfernt liegt, Fig. HB. Pig. 90.

102 Gasentwickelung aus den Metallen.

je weniger ungleich also die Achsen der Platte sind, desto langsamer wird die Abkühlung bis zur Mitte vordringen, desto ungleichmässiger wird die Sohwindnng sein. Die schwindenden Theile veranlassen ein Ausweichen, Krummziehen der anderen. Die Platte wird ,| windschief^. Man vermeidet deshalb nach Möglichkeit solche regul&ren Formen für flache Körper und wählt lieber oblonge oder, wo es angeht, rahmen- förmige (Fig. 90, a. v. S.).

Aehnliche Folgen der Schwindung sind zahllos und täglich in den Giessereien zu beobachten. Auch dem erfahrensten Giesser kann es bis- weilen geschehen , dass er diese Folgen nicht richtig voraus berechnet hat und erst durch das Misslingen des Gussstücks seinen Irrthum erkennt.

d. Die Entwickelung von Gasen aus den Metallen.

Das vielfach zu beobachtende Aufsteigen von Gasblasen in den flüs- sigen Metallen ist eine Erscheinung, welche trotz ihrer Wichtigkeit ftLr die Technik erst in den letzten Jahren sich eine etwas eingehendere Beachtung seitens der Metallurgen und Chemiker erringen konnte. Die Schwierigkeit, Gase dem flüssigen Metalle zu entziehen und zu sammeln, die Umständlichkeit der Gasuntersuchung nach den älteren Methoden, endlich vielleicht auch der Umstand, dass man die Wichtigkeit solcher Untersuchungen nicht gebührend schätzte, vereinigten sich, von er- Bchöpifenden Versuchen in dieser Beziehung abzuhalten. Daher kommt es, dass unser Wissen auf diesem Gebiete noch sehr klein im Verhältnisse zu dem ist, was wir nicht wissen, und dass wohl in keinem andern Ga- pitel der metallurgischen Chemie so viele ungelöste Fragen der Beant- wortung harren, als gerade hier.

Man kann jenes Aufsteigen von Gasbläschen in irgend einem ge* schmolzenen Metalle auf zwei Hauptnrsachen zurückführen :

1) auf einen chemischen Process, welcher innerhalb des flüssigen Metalls vor sich geht und die Entstehung eines gasförmigen Körpers veranlasst;

2) auf ein einfaches Entweichen von Gasen, die in dem flüssi- gen Metalle eben so gelöst waren, wie sich Kohlensäure und Sauerstoff im Wasser lösen und eben so aus den Metallen wie diese Gase aus dem Wasser entweichen, wenn ein verringerter Druck, heftige Bewegung, Er- starrungsverhältnisse oder sonstige ZufäUigkeiten dieses Entweichen ver- ursachen. Besonders häufig wirkt der Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand auf das Entweichen gelöster Gase hin, obschon ein Theil derselben fast immer auch im festen Zustande gelöst bleibt.

Findet die Gasentwickelung statt, während das Metall noch voll- ständig flüssig war, und finden die Gasbläschen Zeit, an die Oberfläche zu steigen und dort zu entweichen, so bleibt der ganze Vorgang ohne besondere Folgen für die Eigenschaften des Arbeitsstücks; anders ist es

Gasentwickelung aus den Metallen. 103

aber, wenn das Metall, dem Erstarren nahe, bereits in einem so dick-* flüssigen Znstande sich befand, dass die Gasblase in demselben suspendirt blieb, oder wenn die ringsum geschlossene Gnssform das völlige Entwei- chen hindert. Sie zeigt sich alsdann selbstverständlich auf der Bruch- fl&che des erkalteten Metalls als ein Hohlraum, der sich durch seine glat- ten Wände deutlich von den durch Schwindung entstandenen mit Kry- stallanhäufungen angefOllten Höhlungen unterscheidet. Ben Eigenschaf- ten des Metalls und den Entstehungsursachen entsprechend finden sich solche hohlen Stellen theils in mikroskopischer Kleinheit zahUos auf der ganzen Bruchfläche vertheilt (in den meisten Bronzen, im Kupfer u. a.), theils in einzelnen grösseren Blasen bis zu Haselnussgrösse an dieser oder jener Stelle des Arbeitsstücks. In beiden Fällen beeinträchtigen sie das speciflsche Gewicht (die Dichtigkeit) und die Festigkeit des Arbeits- stücks und wirken in dieser Beziehung um so gefahrlicher, da ihre An- wesenheit oft gar nicht anders als nach erfolgtem Bruche bemerkt weiv den kann; treten sie aber an der Oberfläche eines Arbeitsstücks auf, wel- ches bearbeitet wird und vollständig glatt, eben sein muss z. B. an der Innenfläche eines Dampf- oder Gebläsecylinders, an der Aussenfläche von Walzen für Metalle, Papier und andere Zwecke ^ so können sie ebenso wie die in Folge der Schwindung entstandenen Höhlungen die Brauchbarkeit des ganzen Gussstücks unmöglich machen.

Da, wie erwähnt, die Eigenschaften der Metalle in dieser Beziehung erst in sehr geringem Maasse der Forschung unterzogen worden sind, lässt sich die Entstehungsursache solcher Gasblasen oft nur auf Muth- maassungen zurückfuhren.

Wenn man schwefelhaltiges Kupfer (Schwarzkupfer) im geschmolze- nen Zustande der Einwirkung von Sauerstoff der atmosphärischen Luft aussetzt, so steigen nach einiger Zeit Blasen auf, die an der Oberfläche zerplatzen, die ganze Oberfläche kommt in Wallung, es werden selbst Kupfertheilchen umhergeworfen (Spratzen oder Sprühen des Kupfers). Es entweicht schweflige Säure. Giesst man eine Probe des Kupfers aus, so bläht sich dieselbe beim Erstarren auf, zeigt kraterartige Auswüchse und eine blasige bis schwammformige Beschaffenheit. Das Entweichen des Gases wird durch Rühren mit birkenen Stangen (Polen) befördert und lässt nach Verlauf einiger Zeit nach. Das Kupfer, welches jetzt viel Kupferoxydul enthält, fliesst ruhig, zeigt aber auf der erkalteten Bruch- fläche immerhin eine grosse Anzahl, wenn auch oft sehr kleiner Bläschen, die seine Dichtigkeit beeinflussen und höchst wahrscheiiilich noch von schwefligsaurem Gas herrühren. Denn das Kupfer enthält immer noch Spuren von Schwefelkupfer, und so lange gleichzeitig Kupferoxydul vor- handen ist , findet eine stete Reaction beider Körper auf einander unter Bildung von schwefliger Säure statt. In der hohen Schmelztemperatur des Kupfers vergrössert sich aber das Yolnmen der entwickelten schwef- ligen Säure auf mehr als das Fünffache, und es sind deshalb nur ver- schwindend kleine Gewichtsmengen von Schwefelkupfer bei Gegenwart

104 Gasentwickelung aus den Metallen.

von Eüpferozydul nötbig, um schon ansehnliche Volumina schwefliger Säure zu erzeugen.

Setzt maD nun zur Entziehung des für die Brauchbarkeit des Kupfers allzu reichlich vorhandenen Kupferoxyduls das Schmelzen unter redaci- renden Einflüssen, insbesondere unter stetem Polen fort (Zähpolen), so ent- steht das hammergare Kupfer, welches zwar den erreichbar höchsten Grad von Dichtigkeit zeigt, auf dessen Bruchfläche man jedoch mit dem Mikroskop immerhin noch zahlreiche, von Gasbläschen herrührende sehr kleine Hohl- räume entdeckt, welche nach Ansicht des Verfassers theils von noch ent- wickelter schwefliger Säure, theils von gelösten und wieder entlassenen Polgasen herrühren dürften. Auch durch Umschmelzen des Kupfers unter den gewöhnlichen Einflüssen ist es nicht möglich, diese poröse Be- schaffenheit des hammergaren Kupfers völlig zu beseitigen.

Setzt man nun das Polen noch weiter fort, so nimmt die blasige Beschaffenheit des Kupfers wieder in auffallendem Maasse zu (überpoltes Kupfer). Der Grund hierfür mag in dem Umstände liegen, dass mit dem Verschwinden des Kupferoxyduls die Fähigkeit des Kupfers wächst, Pol- gase, insbesondere Wasserstoffgas zu lösen, welche bei Gegenwart von Kupferoxydul zu Kohlensäure und Wasser beide unlöslich in Kupfer oxydirt sein würden, und dass diese gelösteirGase beim Erstarren wieder gasförmige Gestalt annehmen^).

Zur Beurtheilung der Verwendbarkeit des Kupfers für die Giesserei wird man deshalb die Thatsachen im Auge behalten müssen,

dass schwefelhaltiges Kupfer bei Gegenwart von Kupferoxydul schwefligsaures Gas entwickelt;

dass vom reinen (kupferoxydulireien) Kupfer Wasserstoff in grosser Menge, Kohlenoxyd in geringerer Menge gelöst ^) , ölbildendes Gas unter Ausscheidung von Kohle und Lösung von Wasserstoff zersetzt werde ;

dass schweflige Säure sowohl von reinem als oxydulh altigem Kupfer gelöst, und

dass endlich die gelösten Gase beim Erstarren des Kupfers wieder zum grossen Theile entlassen werden.

Diese Umstände machen es äusserst schwierig, wenn nicht unmög- lich, vollständig dichte Güsse aus Kupfer zu erzielen.

Aeltere Metallurgen, neuerdings auch Künzel in Bezug auf die Bronze, nehmen an, dass neben Knpferoxydul freier Sauerstoff vom Kupfer gelöst werde, ohne in chemische Verbindung zu treten, und beim

1) Ueber die Gase im Kupfer siehe: Hampe, Beiträge zur Metallurgie des Kupfers. Zeitschrift für Berg-, Hütten- uud Salinenwesen 'im preussischen Staate, Bd. 21 und 22.

^) Die Löslichkeit von Wasserstoff und Kohlenoxyd im Kupfer wurde ausser von Hampe auch von Caron nachgewiesen, Dingler's polyt. Journal, Bd. 183, S. 384.

Ga8ent?äckelimg aus den Metallen. 105

Erstarren gasförmig entweiche, dadaroh die poröse Beschaffenheit des Kupfers yeranlassend. So leicht man mit Hülfe dieser Theorie im Stande sein würde , das Blasigwerden des Kupfers zu erklären , so ist doch bis jetzt durch Versuche ein Gehalt an freiem Sauerstoff im flüssigen Kupfer oder dessen Legirungen nicht nachgewiesen worden, und es hat aus meh- reren anderen Gründen jene Annahme durchaus keine Wahrscheinlichkeit für sich.

Die Legirung des Kupfers mit geringen Mengen Zinn, Zink, Blei verändert sein Verhalten gegen Gase in bemerkenswerther' Weise. Die Gasentwickelung (beziehentlich Gasaufnahme) nimmt ab, die Legirung wird dichter und zum Giessen geeigneter. Zum Theile Hegt die Ursache dieser günstigen Einwirkung eines fremden Zusatzes wohl in dem Um- stände, dass das Metall dadurch dünnflüssiger wird, in diesem dünnflüssi- gem Zustande aber die Suspension yon aufsteigenden Gasbl&schen weniger gestattet, als in dem dickflüssigem des reinen Kupfers. Aus dem- selben Grunde verhalten sich frisch bereitete Legirungen in dieser Hin- sicht im Allgemeinen günstiger als ältere, schon mehrfach umgeschmol- zene, auf deren Bruchfläche oft massenhafte kleine Hohlräume auftreten, welche das specifische Gewicht und die Festigkeit der liCgirung beein- trächtigen. Durch die Lösung grösserer Mengen Metalloxyde, die beim Schmelzen sich bilden, werden nämlich die Legirungen wieder dickflüssi- ger, breiartiger, und befördern dadurch die Suspension der Gasbläschen, also die Entstehung blasigen Gusses.

Silber nimmt im geschmolzenen Zustande Sauerstoff in Lösung und entlässt denselben beim Erstarren mit grosser Lebhaftigkeit (Spratzen des Silbers). Legiren des Silbers mit Kupfer verringert diese Eigen- schaft, wohl in Folge der Bildung von Kupferoxydul, welches sich in der Legirung löst.

Gnsseisen und Gussstahl besitzen ebensowohl die Eigenschaft, in Berührung mit gewissen Körpern Gase zu bilden , als auch gewisse Gase zu lösen und beim Erstarren theilweise zu entlassen. Auf die Gas- erzeugung wirkt vorzugsweise der Kohlenstoffgehalt beider Eisensorten, welcher zu Kohlenoxyd oxydirt wird, sobald er mit sauerstoffabgebenden Körpern zusammenkommt Zu den letzteren zählt hauptsächlich das Eisenoxyduloxyd, welches sich sofort bildet, sobald das glühende Eisen der Einwirkung der Luft ausgesetzt ist Es entsteht nun eine wechsel- seitige Einwirkung zwischen diesem und dem Kohlenstoff des Eisens; Eisenoxydnloxyd wird reducirt, Kohlenoxyd entweicht Die Reactiou ist um so starker, je silioiumärmer das Eisen ist, denn bei grossem Silicium- gehalte entsteht statt des Eisenoxyduloxyds kieselsaures Eisenoxydul, dessen Einwirkung auf den Kohlenstoff bedeutend geringer ist Jedoch kann selbst freie Kieselsäure durch den Kohlenstoff des Eisens unter Kohlen- oxydbildung reducirt werden, wie sich beim Schmelzen von Gussstahl in quarzhaltigen Tiegeln gezeigt hat

106 GasentwickeloDg aus den Metallen.

So lange dieser abweohBelnde Oxydation»- nnd Redactionaproceu nur an der Oberfläche des der Lnfl aiugeHetzteu flOsBigen Eiseas vor aich geht, Beigen dch die Folgen desselben nar in jenen früher erwähnten Bläschen ,and Blattern mit darunter liegenden Vertiefungen (8. 18); wenn aber der oxjdirende Körper sieh in tieferen Schichten des Metalls befindet, ao mnse das gebildete Gas in die H&he steigen und kann, wenn es nicht mehr Zeit zum völligen Entweichen findet, znr Entstehung eines Hohlraomes YeranlasBong geben. Dieser Fall tritt b. B. ein, wenn das mit ozydirten Beetandtheilen bedeckte flüssige Metall beim Eingiessen in die Gnssform Theilchen jener Bestandtheile mit hinabreiest. Ein« sorgfältige Reinigung der Oberfläche des Metalls von allen jenen Terbin- dangen im Augenblicke des Giesaens ist daher eine wichtige Bedingung f&r die Erzielnng dichten Gnases.

Es kann aber auch in der Gnssform selbst in gewissen Fällen noch Oxydation eintreten. Wenn e. B. im ersten Augenblicke des Giessetu das Metall beim Niederfallen aus beträchtlicher Höhe spritzt, so bilden sich KOgelchen, die sich rasch mit «nero H&utohen osydirter Bestand- theile übersieheD. Sie werden nun vom nachströmenden Eisen empor- gehoben, das Oxydhäntchen wird reducLrt nnd es entsteht ein Kohlen- oxydbläschen. Gewöhnlich ist aber inzwischen die Temperatur so weit gesunken , dsss dieses nicht mehr entweichen kann und , wie in Fig. 9 1 in natärliober Grösse dargestellt ist, oberhalb des KQgelchens suspendirt bleibt.

Gase, welche vom flflssigen Eisen gelöst nnd kurz vor dem Erstar- ren zum Theil wieder entlassen werden, sind nach den Ermittelnngen Fig. Sl. ^"^^ Cailtetet, Troost nnd Hautefeuille Wasser-

stoff, Eohlenoxyd in reichlichen Mengen, weniger reich- lich Stickstoff. Wasserstoff findet sich vorwiegend in koblenstoE&eicben , Kohlenoxyd in kuhlenstofi'armen Eisensorten. Das LSsnngsvermÖgen des Eisens für Gase

vermindert sich mehr aber noch mit stei vermag deshalb Mengen Gase als Roht

«igendem Kohlenstoffgehalte, weit eigendem Silicinmgehalte. Stahl «igen Zustande erheblich grössere eisen zu lösen, nnd unter den Robeisensorten löst das silioinm- nnd kohlenstofireiche graue Roheisen die geringste Menge, ist also in dieser Hinsicht am leichtesten znr Darstellung dichten Gusses zu verwenden.

Unter den Obrigen Metallen ist noch das Nit^el als ein solches zu nennen, welches gern Gase in höherer Temperatur löst nnd beim Erstarren entlässt Man findet das gegossene Nickel mit zahl- reichen Blasenräumen durchsetzt. Anch die Nickelknpferlegirungen ver- halten sich ebenso. Erhitzt man eine Legirung von 80 Thln. Nickel und 20 Thln. Kupfer znr Weissglnth und läset die geschmolzene Masse rasch abkühlen, so entsteht eine so heftige Gaaentwickelung , daas ein

Gasentwickelung aus den Metallen. 107

mit der Leginmg nur halb gefällter Tiegel übersteigt. Künzel nimmt an, dass das gelöste Gas freier Sauerstofif sei, eine Ansicht , welche wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat^).

Die bei niedrigerer Temperatur schmelzbaren Metalle Zink, Blei, Zinn scheinen die Eigenschaft, Gase zu lösen oder zu entwickeln, wenig oder gar nicht zu besitzen und liefern blasenfreien Guss. Jeden- falls spricht jedoch hierbei auch die schon oben erwähnte bedeutende YolameuYergrössemng mit, welche alle Gase mit zunehmender Tempera- tur erleiden, und die in der Schmelztemperatur des Gusseisens, Stahls, Kupfers, der Bronze und anderen das Fünf- bis Sechsfache des Volumens bei gewöhnlicher Temperatur beträgt. Jedes unbedeutende, in den bei niedriger Temperatur schmelzenden Metallen vielleicht unbeachtet blei- bende Gasbläschen zeigt sich also in den höheren Schmelztemperaturen jener Metalle in beträchtlicher Yergrösserung , die Dichtigkeit merklich beeinflussend.

Bei dem überaus nachtheiligen Einflüsse, welchen die Gasentbindung aus dem flüssigen Metalle auf das Gelingen des Gusses ausübt, liegt dem Giesser die wichtige Aufgabe ob, diese Gasentbindung nach Möglichkeit zu verhindern oder einzuschränken.

War dieselbe Folge einer Gaserzeugung, also einer chemischen Action innerhalb des Metallbades, so muss eben darauf hingewirkt werden, die- jenigen Körper fem zu halten, welche diese Gaserzeugung bewirken. Verarbeitet man Kupfer sei es für sich oder in Legirungen , so ist offenbar dasjenige am geeignetsten zur Erzielung dichten Gusses, wel- ches seines Schwefelgehalts am vollständigsten beraubt ist, ohne überpolt zu sein. Giesst man Gusseisen oder Stahl, so hat man darauf zu halten, dass im Augenblicke des Eingiessens alle gebildeten Oxyde von der Ober- flache mit Sorgfalt entfernt werden.

Ist die Gasentwickelnng als Folge einer vorausgegangenen Lösung zu betrachten, so muss die erste Sorge die sein, diese Lösung zu verhin- dern, indem man die Berührung des schmelzenden oder geschmolzenen Metalls mit dem löslichen Gase unmöglich macht; also indem entweder das schmelzende Metall in eine schützende Hülle eingeschlossen wird (z. B. beim Schmelzen in Tiegeln), oder indem man die Erzeugung lös- licher Gase überhaupt ausschliesst (z. B. durch Wahl geeigneten Brenn- materials: schweflige Säure, aus mineralischen Brennstoffen entwickelt, lost sich im Kupfer und dessen Legirungen, daher die Anwendung von Holz beim Schmelzen u. s. f.). Vollkommen wird jedoch auf solche Weise der Zweck selten erreicht; es steht diesem Mittel dann das andere gegenüber, das Löslichkeitsvermögen des Metalls durch geeignete Legirung zu ver- ringern, gleichzeitig die Dünnflüssigkeit erhöhend und dadurch die Sus-

1) Der häufige Oebalt des Nickels an Kohlenstoff lässt eher auf Kohlen- ozyd scfaliessen*, unter Einwirkung vorhandenen Kupferozydols oder Nickel- Oxyduls entstanden.

108 Gasentwickelung aus den Metallen.

penaion von Gasbl&sohen erschwerend (Silber mit Kupfer, Kupfer mit Zink oder Zinn, Nickel mit Kupfer und Zink u. 8. f.). Lässt sich auch auf diese Weise eine Aufnahme gasförmiger Körper durch das flüssige Metall nicht ganz verhindern , so ist ein höchst wichtiges und von allen einsichtsvollen Giessern benutztes Mittel zur Erzielung dichten Gusses das Befördern des Entweichens der Gase, bevor das Metall in die Guss- form gelangt Zu diesem Zwecke dient ein fleissiges Durchrühren des geschmolzenen Metalls mit hölzernen oder eisernen Stangen; ferner ein langsames Erkaltenlassen desselben vor dem Eingiessen auf eine Tempe- ratur, die nur eben noch für den erforderlichen Flüssigkeitsgrad ausreicht, damit die Gase Zeit finden, zu entweichen. Giesst man stark überhitz- tes Metall in die Gussform, so findet rasche Abkühlung, rasche und reich- liche Gasentwicklung, aber auch rasche Erstarrung statt, in Folge deren die gebildeten Gasblasen suspendirt bleiben.

Wenn eine dickflüssige Beschaffenheit des geschmolzenen Metalls das Aufsteigen der bereits gebildeten Gasbläschen erschwert, so sind Mittel anzuwenden, welche das Metall dünnflüssiger machen, also die schon er- wähnte Legirung mit anderen Metallen, oder, wenn die Dickflüssigkeit von gelösten Metalloxyden hervorgerufen ist, die Reduction derselben vermittelst Polens oder Phosphorzusatz bei Bronzen.

Da alle innerhalb der Gussform noch ausgeschiedenen Gase selbst- verständlich nach oben steigen, so kann in vielen Fällen die Anbringung eines verlorenen Kopfes (S. 100) an geeigneter Stelle, welcher die Gas- blasen (und auch ausgeschiedene oder mechanisch mit in die Gussform gelangte feste Körper) aufnimmt, die Gefahr des Misslingens des Gusses durch solche Körper beseitigen. Kommt es nur darauf an, dass vor- zugsweise eine Seite des Gussstücks dicht werde, so wird man aus dem- selben Grunde diese zu unterst giessen.

Ein letztes, aber am schwierigsten durchführbares Mittel, einen von Gasblasen freien Guss zu erhalten, ist das Giessen und Erstarrenlassen unter, starkem Drucke. Wie jede andere Flüssigkeit behalten auch die ge- schmolzenen Metalle um so reichlichere Mengen Gas in Lösung, je stärker der auf ihnen lastende Druck ist. Wenn aber die im Metalle gelösten (also flüssig gewordenen) Gase verhindert sind, wieder Gasform anzunehmen, bevor das Metall völlig starr geworden ist, so ist ihnen eben dadurch jede Möglichkeit benommen, als Bläschen im Gussstücke suspendirt zu bleiben.

Am einfachsten sucht man diesen Zweck durch Anbringung eines hohen verlorenen Kopfes zu erreichen, dessen Gewicht auf dem darunter befindlichen flüssigen Metalle lastet. Man macht sich jedoch vielfach übertriebene Vorstellungen von dieser Wirkung des Kopfes durch mecha- nischen Druck. Um nur einen Ueberdruok gleich einer Atmosphäre aaf das Metall hervorzubringen, würde bei Gusseisen und Gussstahl ein Kopf von ca. 1,4 M. Höhe, bei Bronze und Messing von ca. 1,2 M. Höhe er- forderlich sein. Dadurch würde eine Menge flüssiges Metall für den Kopf er- forderlich werden, welches nach dem Erstarren schwierig zu zex^einem

Einflüsse der Erstarrung und Abkühlung. 109

und deshalb nur mit erheblichen Kosten wieder verwendbar zu machen sein würde. Deshalb findet man selten so hohe verlorene Köpfe angewendet. Mechanische Vorrichtungen, um einen Druck auf das in der Guss- form befindliche Metall (insbesondere Gussstahl) hervorzubringen, sind mehrfach angewendet worden und bestehen in den meisten Fällen in einer hydraulischen Presse, deren Kolben auf das flüssige Metall drückt. Es ist jedoch leicht einzusehen, dass jede Anwendung solcher Vorrich- tungen mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird, und es be- schränkt sich daher dieselbe fast gänzlich auf die Herstellung roher, für weitere Verarbeitung bestimmter Blöcke. Näheres hierüber siehe Wed- ding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, Braunschweig 1876, S. 683.

e. Die Eigenschaften der Metalle unter den Einflüssen des

Erstarrens und Abkühlens.

Wenn ein Metall aus dem flüssigen Zustande in den festen übergeht und ihm dabei mehr und mehr Wärme entzogen wird, so lagern sich die kleinsten Theilchen des Metalls entsprechend den auf sie wirkenden Ein- flüssen, und es entsteht auf diese Weise das Gefüge, die Textur des Metalls. Da ein jedes Metall das vBestreben zu krystallisiren besitzt, dieses Bestreben aber durch entgegen wirkende Einflüsse bei der Erstar- rung und Abkühlung nur in mehr oder minder beschränktem Maasse zur Ausführung gelangen kann, so kann das Gefüge des erstarrten Metalls gewissermaassen als ein sichtbarer Ausdruck des Krystallisationsbestre- bens sowohl, als der diesem Bestreben entgegen wirkenden Einflüsse be- trachtet werden.

Je rascher die Wärmeentziehung vor sich geht, desto kleiner sind im Allgemeinen die krystallinischen Flächen, desto „dichter" das Gefüge. Von dem GefUge des Metalls ist aber zum grossen Theile das Maass sei- ner Festigkeit, Härte, Widerstandsfähigkeit u. s. w. abhängig.

Am wenigsten erkennbar ist diese Beeinflussung des Gefüges durch langsamere oder raschere Erkaltung bei den leichtschmelzigeren Metal- len, am wichtigsten beim Gusseisen und der Bronze.

Lässt man geschmolzenes silicium- und kohlenstoffreiches Gusseisen langsam abkühlen, so zeigt die Bruchfläche ein grossblättriges Gefüge mit reichlicher Graphitbildung. Das Eisen ist weich , leicht bearbeitbar, aber weniger fest.

Wird dasselbe Eisen rasch abgekühlt, so wird das Grefüge feinkör- niger, Festigkeit und Härte sind beträchtlicher.

Ist das Eisen weniger reich an Silicium , so findet bei rascher Ab- kühlung keine Graphitausscheidung mehr statt, die Bruchfläche ist weiss, die Härte bedeutend. Das Eisen ist äusserst schwierig bearbeitbar, spröde, aber ungemein widerstandsfähig gegen Einflüsse der Reibung. Ein Mangangehalt des Eisens erhöht diese Einwirkung rascher Abkühlung.

Wird endlich demselben Eisen nur von einer Seite her rasch Wärme

110 Einflüsse der Erstarrang und Abkühlung.

entzogen, so zeigt es auf dieser Seite die zuletzt beschriebenen Eigen- schaften, auf der langsamer erkaltenden Seite die Eigenschafben des nor- malen grauen Ousseisens. Dem von Sir Robert Hallet zuerst auf- gestellten Gesetze über die Molecularaggpregationen krystallisirbarer Kör- per zufolge grnppiren sich an der rasch erkaltenden Seite die Atome zu krystallinischen Bildungen, deren Hauptachsen rechtwinklig gegen die Abkühlungsfl&che gerichtet sind, strahlenförmig von dieser ausgehend und ganz allmiüig in das kömige OefOge des grauen Eisens übergehend.

Durch diese Eigenschafk des grauen siliciumärmem Gusseisens ist die für die Praxis wichtige Möglichkeit gegeben, in einem und demselben Arbeitsstücke an einzelnen Stellen die Härte und Widerstandsfähigkeit des weissen Roheisens, an anderen die Bearbeitungsfahigkeit und gerin- gere Sprodigkeit des grauen Gusseisens heryorzurufen.

Aehnlich dem Gusseisen verhält sich die gegossene Bronze. Auch bei dieser ist das Gefüge im Allgemeinen feiner, dichter, die Festigkeit und Widerstandsfähigkeit grösser bei rascher als bei langsamer Abkühlung. Wird die flüssige Bronze aber einer plötzlichen sehr intensiven Wärme- entziehung ausgesetzt, so grnppiren sich, wie beim Gusseisen, die Mole- cüle zu grösseren Krystallrudimenten zusammen, deren Hauptachsen pa- rallel der Richtung der Wärmebewegung, also rechtwinklig gegen die abkühlende Fläche gerichtet sind, and es verringert sich durch diesen Vorgang die absolute Festigkeit.

Fast wichtiger noch als diese directe Beeinflussung des Gefüges ist für die Beschafienheit der Gussstücke aus Bronzen und Legirungen über- haupt der Einfluss rascher oder langsamer Abkühlung auf die Saigerungs- fahigkeit. Es wurde schon früher (S. 7) erwähnt, dass die Saigemng durch langsame Abkühlung der geschmolzenen Legirung befördert werde; wird dagegen die Legirung rasch bis unter denjenigen Temperaturgrad abgekühlt, bei welchem die leichtschmelzigste der aussaigemden Verbin- dungen erstarrt (bei Bronzen auf ÖOO^' G.), so kann keine Saigemng mehr stattfinden und die Bruchfläche zeigt völlig gleichartiges Gefüge. Wie sehr aber von dieser Gleichartigkeit des Gefüges die Festigkeit des Me- talls abhängt, wird kaum eines Hinweises bedürfen.

Beiläufig sei erwähnt, dass man denselben Zweck grösserer Gleich- mässigkeit und Dichtigkeit des Gefüges der Legimngen häufig auch durch mehrmaliges Umschmelzen zu erreichen sucht. Man nimmt gewöhnlich an , dass ein solches öfteres Umschmelzen die innigere „Mischung*' der legirten Metalle befördere. Den Charakter einer Mischung können nnn allerdings die Legirungen insofern besitzen, als in denselben mehrere chemische Verbindungen der Metalle neben einander vorzukommen pfle- gen; vielfach mag aber die Wirkung des öftem Umschmolzens auch in dem Umstände zu suchen sein, dass durch die sich mehr und mehr bil denden und im Metallbade lösenden Oxyde dieses eine breiartige Gonsi stenz annimmt, durch welche die Saigemng erschwert wird.

2. Die Oussformen und ihre Herstellung.

Gassform im Allgemeinen nennen wir jeden Apparat, dasa bestimmt, das fldssige Metall zum Zwecke seiner Formgebung aofzonehmen nnd erstarren zu lassen. In allen Fällen besteht also die Gnssform ans einem hohlen Räume von genau derselben Form als das herzustellende Arbeits- stück, in allen Abmessungen aber um das Schwindmaass grösser als die- ses; umgeben von einer Masse, welche geeignet sein muss, sowohl dem mechanischen Drucke des Metalls als den Einflüssen der hohem Tempe- ratur Widerstand zu leisten. Die Gussformen sind entweder an der nach oben gekehrten Seite offen (offene Gussformen) oder ringsum geschlossen und nur mit den erforderlichen Canälen zum Einströmen des Metalls (Eingüsse), Entweichen der Luft (Windpfeifen) etc. yersehen (geschlossene Giissformen). Im erstem Falle besteht die Gussform gewöhnlich aus einem einzigen Ganzen, geschlossene müssen mindestens aus zwei H&lften, häufig aus drei oder vier Theilen bestehen, damit man bei der Herstel- lung zu dem Innern gelangen kann.

Wenn der Abguss an irgend einer Stelle eine Höhlung erhalten soll, einen Raum also, der vom flüssigen Metall nicht ausgefüllt wird, so muss selbstverständlich das Material der Gussform diesen Raum ausfüllen. Sofern nun diese Ausfüllung des hohlen Raumes nicht mit der Gussform aas einem Stücke besteht (was oft unausführbar sein würde), sondern als besonderer Theil eingelegt wird, nennen wir dieselbe Kern.

Daher wird die Höhlung eines Rohrs, die Nabenöffnung eines Rades, die Dampfcanä]^. der Dampfcylinder u. s. w. durch eingelegte Kerne gebildet.

Die Gussformen (und Kerne) lassen sich hinsichtlich der zu ihrer Anfertigung verwendeten Materialien in zwei grosse Gmppen sondern.

Die eine dieser Gruppen umfasst alle diejenigen Gussformen, welche ans bOdsamem Materiale geformt sind. Obschon sie bis nach Beendi- gung des Erstarrens des Metalls ihre Form beibehalten, sind sie doch nioht dauerhaft genug, um für mehr als einen Guss zu dienen und müs- sen deshalb jedesmal neu angefertigt werden. Man nennt sie wohl ver- lorene Gnssformen, Gnssformen für einmalige Benutzung, nnd das gesammte Arbeitsverfahren ihrer Herstellung die Formerei

112 Gussformen.

Die Gnssformen der zweiten Gruppe sind aas starrem Materiale hergestellt (gegossen, grayirt, gepresst n. dergl.). Sie sind deshalb theu- rer in ihrer Herstellang, können aber für eine grosse Anzahl von Güssen dienen. Man nennt sie beständige Gassformen, Schalen, oder, nnnöthigerweise mit einem Fremdworte, Coqaillen.

Oussformen und Kerne aus bildsamem Materiale.

A. Die Formmaterialien.

t

Jedes Formmaterial für einmalige Gassformen muss im Wesentlichen vier Eigenschaften besitzen, am als solches gelten za können:

es mnss bildsam sein , d. h. es mass sich mit Leichtigkeit in be- stimmte Formen drücken lassen;

es mnss trotzdem genag Zosammenhang Cohärenz besitzen, am den mechanischen Einflüssen beim Giessen and Erstarren Widerstand zu leisten, ohne dass Beschädigung der Gassform eintreten kann;

es muss in der Temperatur des eingegossenen Metalls unschmelzbar sein und darf auch keine solchen chemischen oder physikalischen Aende- rungen in jener Temperatur erleiden, welche den Zusammenhang der Gussform stören würden; gegen das Metall selbst muss es sich chemisch indifferent verhalten;

es muss porös genug sein, um den beim Giessen sich entwickelnden Dämpfen und Gasen Abzug zu gestatten.

Ein Formmaterial, welches zum Ghisse eines schwerschmelzbaren Metalls geeignet ist, eignet sich auch für alle leichter schmelzbaren; nicht immer ist aber das für leichter schmelzbare Metalle geeignete Form* material auch für schwerer schmelzbare geeignet.

Häufig werden die Eigenschaften der natürlich vorkommenden Form* materialien durch entsprechende Znsätze jenen Erfordernissen entspre- chend verändert.

In allen Fällen werden die Formmaterialien in einem mit Wasser angefeuchteten Zustande zur Formerei verwendet. Das Wasser dient dabei vermöge der Adhäsion als Bindemittel zwischen den einzelnen Theilchen des Materials, macht dasselbe also bildsam und zusammenhän- gend. Um die Wirkung der Feuchtigkeit zu verstehen, braucht man nur trocknen, losen Sand mit Wasser zu befeuchten, um ihn bildsam zu machen.

Formsand. Wenn man aUgemein unter dem Ausdrucke „Sand*' den Inbegriff einer grossen Menge durch Zerfallen oder künstliche Zerkleinenmg von Gesteinen entstandener kleiner quarzreicher Theilchen versteht, so sind nur wenige Sande geeignet, als Formsande zu dienen. Denn wenn auch vielen Sauden durch einen richtigen Feuchtigkeitsgrad die erfor*

Formsand. 113

derliche BildBamkeit gegeben werden kann, so fehlt ihnen doch häufig die Porosität, um den sich beim Giessen bildenden Dämpfen ungehinder- ten Abzug zu lassen; und diese Porosität ist um so nothwendiger , da man das Aussige Metall in die noch feuchte Gussform zu giessen pflegt (Guss in grünem Sande), sich also reichliche Wasserdämpfe aus derselben entwickeln. Um mit den bezeichnenden Worten eines englischen Schrift- stellers zu reden, müssen die Wände einer Gussform einem uuschmelz- baren Siebe gleichen, welches die Fähigkeit besitzt-, Luft und Wasser- dampf entweichen zu lassen, seien die Wände auch noch so dick, wel- ches dagegen dem flüssigen Metalle den Zugang durch seine engen Maschen verwehrt, unter welchem Drucke das Metall auch gegossen werde.

*

Diese Porosität wird hauptsächlich durch Form und Grösse der einzelnen SandkSrnchen bedingt Je sch&rfer gezackt dieselben sind, desto mehr Zwischenräume bleiben zwischen zwei an einander gedrück- ten Sandkömchen, und desto poröser ist also der Sand. Je feiner aber die einzelnen Körnchen sind , desto dichter werden sie auf einander lie- gen, desto weniger „durchlässig" wird der Sand sein. Da nun aber be- greiflicherweise die Flächen der Gussform um so sauberer, glatter aus- fallen werden , je feinkörniger der zu ihrer Herstellung benutzte Form- sand war, so wird man um so mehr Bedacht nehmen müssen, einen scharfkantigen , zackigen Formsand zu erhalten , je mehr Werth auf säu- bern Guss und deshalb feines Korn des Sandes gelegt wird. Die meisten Formsande besitzen eine Komgrösse yon 0,04 bis 0,1 Millimeter im Durchmesser.

Ist die Komgrösse sehr ungleich, so lagern sich die feineren Körner zwischen die Zacken und Kanten der gröberen und benachtheiligen da- durch die Durchlässigkeit.

Die Bildsamkeit und Festigkeit des Sandes pflegt man zusammen mit dem Namen „Bindekraft'' zu bezeichnen. Dieselbe ist sowohl von der chemischen Znsammensetzung als der Form der Sandkörnchen ab- hängig. Die Untersuchung der Formsande ergiebt als Grundbestandtheil einen Kieselsäuregehalt von 86 bis 95 Proc. und einen Thonerdegehalt von 4 bis 10 Proc. Thonerdereiche Sande nennt man fette Sande, kiesel- säurereiche magere.

Die Bmdekraft wächst im Allgemeinen mit dem Thonerdegehalte, die Durchlässigkeit aber nimmt mit steigendem Thonerdegehalte ab.

Unwichtigere Bestandtheile des Formsandes sind Eisenoxyd, Galcium- nnd Magnesiumcarbonat, Hydratwasser. Eisenoxyd in geringeren Men- gen ist unsohädlich, in grösseren Mengen befördert es die Schmelzbarkeit des Sandes und wirkt dadurch nachtheilig. Hydratwasser und Kohlen- säure bewirken durch ihr Entweichen in höherer Temperatur ein Zerfal- len des Sandes und verändern dadurch seine Beschaffenheit. Bisweilen kann durch ein solches Zerfallen die Bindekraft geschwächt werden,

Ledebur, meohmniscli-nietallargttcho Teebnologle. 3

114 Formsand.

bei fetten Sanden pflegt aber die Durchlässigkeit fflr Gase und Dämpfe da- darch erhöht zu werden, nnd man unterwirft deshalb in einzelnen Fällen den Formsand vor seiner Benutzung einer Erhitzung zu diesem Zwecke.

Zackige Sandkömchen werden, obschon sie mehr ZwiBchenräume zwischen sich lassen, doch bei dem Aneinanderdrücken fester zusammen- halten und dadurch dem Sande grössere Bindekraft yerleihen als rund- liche Sandkömchen, welche wenig Berührungsfläche besitzen und gar nicht zu gebrauchen sind. Splittrige, längliche Körnchen ohne Zacken werden zwar Bindekrafb, aber keine Porosität besitzen.

Für die öftere Benutzung eines nnd desselben Formsandes ist es von Wichtigkeit, dass die Sandkömchen frei sind von Spalten und Rissen, welche ein Zerspringen derselben bei der Erhitzung herbeifilhren. Durch solches Zerspringen wird die Korngrösse verändert, es entsteht „Schlaff" oder ,,1^18^, der Sand wird undurchlässig. Aus diesem Grunde sind Formsande von der Oberfläche der Erdschicht, welche der Verwitte- rung lange Zeit ausgesetzt waren, häufig weniger brauchbar, als die tiefer liegenden.

Dieses Zerspringen einzelner Sandkömchen in Vereinigung mit der erwähnten Zersetzung chemischer Verbindungen (Hydrate und Carbonate) durch die Erhitzung beim Giessen hat die Folge, dass ein anfanglich brauchbarer Formsand durch öftere Benutzung stets an Brauchbarkeit verliert, an Bindekraft und häufig an Durchlässigkeit einbüsst und daher von Zeit zu Zeit durch Zusatz frischen Sandes aufgefrischt werden muBs.

Da nach dem Vorausgegangenen die Brauchbarkeit eines Sandes als Formsand weit weniger von seiner chemischen Beschaffenheit als von seinen physikalischen Eigenschafben abhängt, so ist es ein völlig nutz- loses Beginnen, durch Analysen auf die Güte des Formsandes Schlüsse ziehen zu wollen. Das einzig sichere Mittel zur Beurtheilung der Eigen- schaften des Formsandes ist die Anstellung eines Versuchs durch einen einsichtsvollen Former, ihn zum Formen und Giessen zu benutzen. Der Sand muss gut „stehen'', der Guss muss ruhig, ohne Kochen des Metalls von Statten gehen, der Abguss' sauber und scharf ausfallen. Es giebt jedoch eine Reihe Vorprüfungen, durch welche man vorläufig festzustel- len pflegt, ob der Sand überhaupt auf den Namen Formsand Anspruch zu machen berechtigt ist.

Wenn man den Sand zwischen den Fingern reibt, erhält man durch das Gefühl ein Urtheil über die Grösse und Gleiohmässigkeit der Sand- kömchen.

Wenn man den angefeuchteten Sand in der Hand zusammenbaUt und den entstandenen Ballen aus einander bricht, so erhält man durch den grossem oder geringern Zusammenhang desselben ein Maass für die Bindekrafl des Sandes. Regel ist, dass der Ballen sich in zwei Hälften theilen lassen muss, ohne zu zerfallen. Ein zu reichlicher Thonerdegehalt des Sandes lässt sich hierbei mit einiger Uebung durch das fettige Gefühl

Formsand. 115

zwischen den Fingein und auch an der allza bedeutenden Festigkeit des Sandballens erkennen.

Die Durchlässigkeit des Sandes prüft Schott, indem er von eiuem Sande bekannter Beschaffenheit und yon dem zu prüfenden Sande Wür- fel Yon gleicher Grösse formt und dieselben so lange mit Wasser befeuch- tet, bis sie i^ichts mehr davon aufnehmen, ohne zu zerfliessen. Das Was- ser lässt man aus einer graduirten Bürette zutropfen, um die Menge des- selben ermitteln zu können ; oder man wägt vor und nach dem Annässen. Die Menge des von jedem der beiden Würfel aufgenommenen Wassers giebt ein Yerhältniss für die Durchlässigkeit der Sande ; denn in gleichem Maasse, wie das Wasser sich in den Zwischenräumen zwischen den Sand- kömchen vertheilt, werden auch die Gase und Dämpfe dort Auswege finden.

Bisweilen kann man durch Vermischen zweier oder mehrerer Sande, deren jeder für sich allein als Formsand unbrauchbar sein würde , einen vortrefflichen Formsand herstellen. In diesem Vermischen von Sand- arten verschiedener Beschaffenheit liegt eine höchst wichtige Handhabe für den Former zur Herstellung brauchbarer Gussformen. So vermischt man in vielen Berliner Giessereien die fetteren Sande mit scharfkantigem sogenanntem Maurersande, um sie* durchlässiger zu machen; mageren aber durchlässigen Sauden setzt man fettere zu, um ihre Bindekraft zu erhöhen u. g. f. Uebrigens ist einer und derselbe Formsand auch nicht für alle Verhältnisse geeignet, sondern es muss sich die Beschaffenheit desselben nach der jedesmaligen Beschaffenheit Grösse und Form des herzustellenden Gussstücks richten. Wenn z. B. eine grosse Menge Sand in der Gussform von dem flüssigen MetaUe eingeschlossen wird und nur ein verhältnissmässig geringer Querschnitt für das Entweichen der Gase und Dämpfe übrig bleibt, so muss der Sand weit durchlässiger sein, als wenn dieselben nach allen Richtungen entweichen können; wenn in der Gussform schmale Rippen aus Sand vorstehen, z. B. Zähne fär die Zahnlücken von Zahnrädern, welche durch die Bewegung des fliessenden Metalls leicht fortgespült werden können , so bedarf man eines Sandes von grösserer Festigkeit n. s. f.

Nur sehr wenige vorzügliche Formsande vereinigen die erforder- lichen Eigenschaften des Formsandes in solchem Maasse, dass sie für fast aUe Fälle der Formerei ausreichen.

Brauchbare Formsande finden sich in allen Erdschichten. Vorzüg- liche Formsande, besonders für säubern Guss geeignet und sehr durch- lässig, finden sich im Buntsandstein, z. B. der rothe auch in deutschen Giessereien benutzte englische Formsand, der Formsand von Bsenburg am Harze und andere mehr.

Masse. Wenn ein grösserer Thonerdegehalt des Formsandes- dessen Bindekraft zwar erhöht, die Durchlässigkeit aber in solchem Maasse verrin- gert, daes der Wassergehalt des Formmaterials beim Giessen nicht mehr

8*

116 Masse.

rasch genug entweichen würde and deshalb vor dem Gasse durch eine künstliche Trocknung ganz oder theilweise entfernt werden muss, so nennt man den Formsand Masse.

Die Masse ist demnach dem gewöhnlichen oder grünen Formsande gegenüber gekennzeichnet durch grossere Bindekraft and geringere Dnrch- lässigkeit.

Im allgemeinsten Sinne versteht man bekanntlich nnter dem Ans- druck „Masse ** einen feuerfesten Thon, dem man durch Zusatz eines so- genannten „Magerungsmittels" oder „Cements^ die Eigenschaft genom- men hat, beim Trocknen und Brennen Risse zu bekommen. Als solche Magerungsmittel dienen gröbere Körner von Quarz oder Ghamotte, also Substanzen, welche sowohl für sich als mit dem Thone in gewöhnlichen Feuernngsanlagen unschmelzbar sind ; ihre Wirkung ist eine rein mecha- nische und beruht auf dem Umstände, dass eine jede solche Unterbrechnng der dichten Thonsubstanz durch einen eingelagerten fremden Körper auch die weitere Ausbreitung eines in Folge des Zusammenschwindens entstehenden Risses verhindert. Sofern die Masse für die Griesserei be- nutzt wird, bezwecken die Magerungsmittel zugleich eine Auflockerang des gesammten Formmaterials zum bessern Entweichen von Gasen, also die Erreichung grösserer Durchlässigkeit. Beide Aufgaben der Mage- rungsmittel werden um so besser erreicht werden, je scharfkantiger, zackiger die Körner sind. Je grösser der Gehalt der Masse an solchen Quarzkömem (beziehentlich Chamottekömem) ist, d^sto durchlässiger wird sie sein, desto weniger starke Trocknung der Gussform ist erforder- lich, aber desto geringere Festigkeit wird sie auch besitzen und desto leichter wird sie, besonders unter dem Einflüsse starker Erhitzung, sich als unbeständig erweisen oder anch zusammensintern. Denn alle feuer- festen Thone werden bekanntlich schmelzbar, sobald in dem Gemische das Verhältniss der vorhandenen Kieselsäure zur Thonerde ein gewisses Maass übersteigt.

Hieraus folgt aber, dass die Beschaffenheit der zur Formerei benatzten „Masse** sich um so mehr derjenigen des eigentlichen Formsandes nähern kann, und gleichzeitig die Trocknung derselben vor dem Gusse um so unbedeutender sein darf, je weniger Wärme beim Gusse abgegeben wird, je schwächer also die Abmessungen des Gussstücks und je leichtschmelssi- ger das Metall ist; dass aber andemtheils die Beschaffenheit der Masse sich um so mehr der für feuerfeste Waaren benutzten thonreichen Masse nähern muss und um so stärkeres Trocknen beziehentlich Brennen ver- langt, je stärker die Abmessungen des GnssstÜcks und je höher die Schmelztemperatur des Metalls ist (z. B. beim Griessen von Gassstahl).

Reichlicher Zusatz von schon gebrauchter Masse zur frischen (aach alter Ghamottesteine im zerkleinten Zustande, Tiegelsoherben o. s. w.) erhöht wesentlich die Durchlässigkeit der Masse und verhindert die Ent- stehung von Rissen, vermindert aber die Bindekraft. Für die meisten Fälle dürfte letztere jedoch immerhin noch gross genug bleiben, wenn

Lehm. 117

man grössere Mengen gebrauchter Masse mit geringeren Mengen frischer vermischt.

Die chemische wie physikalische Beschaffenheit der für die Formerei benatzten Masse liegt also innerhalb noch weiterer Grenzen als die des „grünen*', d. h. im angetrockneten Zustande benutzbaren Sandes. Denn wenn die für hohe Wärmegrade und grosse Güsse taugliche Masse im Allgemeinen zwar auch für leichter schmelzbare Metalle und kleinere Güsse tauglich bleibt, so lange sie hinreichender Trock- nung unterworfen wird, so wird man doch zur Umgehung eben dieser starkem Trocknung nach Möglichkeit dahin streben, eine quarzreichere, durchlässigere Masse anzuwenden, wo irgend die Umstände es ge- statten.

Bisweilen findet sich eine für*die Formerei geeignete Masse in der Natur, häufiger wird sie durch Vermischung geeigneter Substanzen be* reitet. Man setzt zu diesem Zwecke zu einem grobkörnigen, für grünen Guss geeigneten Formsande einen thonigern, fettem Sand, oder man untermischt ein fettes^ thoniges Material mit groben Quarzkömem, Gha- mottekömern, Kokes- oder Holzkohlenstückchen oder ähnlichen unschmelz- baren Substanzen. Ein Zusatz von Eokesklein ist der porösen Beschaf- fenheit dieses Materials halber besonders bei sehr dichter, undurchlässiger Masse in vielen Fällen wohl zu empfehlen.

Iiehm. Man nennt im Allgemeinen jeden sandigen Thon Lehm, sobald die Sandkörner desselben nicht die Grösse und sonstigen Eigen- schaften besitzen, um die Aufgabe jener der Masse beigefügten Mage- rongsmittel erfüllen zu können. Ohne Weiteres zu Bauzwecken oder zur Formerei verwendet würde der Lehm also böim Trocknen Risse bekom- men und unbrauchbar werden. Wollte man diese Eigensöhaft durch fernem Zusatz von Quarz, Chamotte oder dergleichen aufheben, so würde der Lehm bei seinem ohnehin grossen Sandgehalte an Bindekraft verlie- ren. Man muss also Zusätze wählen, welche diese Bindekraft nicht be- einträchtigen, sondern eher noch erhöhen, und als solche Zusätze dienen in der Formerei vorzugsweise Pferdedünger; auch Kuhdünger (selten), Kälberhaare, Torfgms, Spreu, Gerberlohe und ähnliche, in feinen läng- lichen Stückchen vorkommende organische Substanzen. Alle diese Körper schwinden beim Trocknen zusammen oder werden bei stärkerer Erhitzimg unter Zersetzung verflüchtigt, hinterlassen also kleine Hohlräume, welche wieder die Ausbreitung entstehender Risse im Lehme unterbrechen, ein Zusammenziehen desselben gestatten und ihn durchlässiger für Gase und Dämpfe machen. Pferdödünger hat vor den übrigen Zusätzen den Yor- theil voraus, dass er neben der Erfüllung seiner eigentlichen soeben ge- schilderten Aufgabe auch die Bindekraft des Lehms erhöht und dadurch die Anwendung eines quarzreichem, durchlässigem Materials ermöglicht. Er wird deshalb in den meisten grösseren Giessereien in beträchtlicher Menge verbraucht und dem Lehm in Quantitäten von 60 bis 100 Volum-

1 18 Lehm. Kohle.

procenten zagesetzi. Nur für sehr feioe Güsse ersetzt man ihn durch den kostspieligem Kuhdunger. Kälberhaare werden gleichfalb als Zusatz für feinere Arbeiten gewählt, die Übrigen Substanzen nur für sehr grobe ArtikeL

Der Lehm ist weniger feuerbeständig als die eigentliche feuerfeste Masse, dagegen fester, widerstandsföhiger beim Gusse, als die quarz- reicheren, in ihrer Beschaffenheit dem Formsaüde sich nähernden Massen.

Während Formsand und Masse beim Gebrauche nur mit so viel Wasser befeuchtet werden, dass sie Bindekrafb erlangen, aber nicht an anderen Gegenständen (den Werkzeugen, Händen u. dgl.) kleben dürfen, wird der Lehm aus Gründen , die in dem Arbeitsverfahren beruhen und erst bei Beschreibung desselben verständlich werden können, mit so viel Wasser angerührt, dass er die Form eines dicken Breies erhält and an den Händen wie an den Werkzeugen klebt. Dieser reichliche Wasser- gehalt, welcher dem Lehme grosse Bildsamkeit verleiht , und der Zusatz organischer Substanzen als Magerungsmittel sind die kennzeichnenden Eigenthümlichkeiten desselben gegenüber der Masse.

Gewöhnlich verarbeitet man den Lehm ohne Weiteres in jener breii- gen Form , für gewisse Zwecke fertigt man jedoch durch Einschlagen in hölzerne Kasten Lehmsteine in Form und Grösse von Ziegelsteinen dar- aus, welche erst an der Luft, später in der Wärme getrocknet werden und als Material für Herstellung von Gussformen dienen.

Es bedarf der Erwähnung, dass die Begriffe Formsand, Masse und Lehm nicht immer so streng wie in Vorstehendem unterschieden werden. In einzelnen Gegenden nennt man jede Masse „Formsand für getrocknete Formen'' nnd ist durch den Umstand dazu berechtigt, dass in der That die Beschaffenheit der benfutzten Masse wenig von der Beschaffenheit des Formsandes fCb* grünen Guss abweicht ; in anderen Gegenden oder Giesse- reien, wo die vorhandene Masse gleichzeitig als Grundbestandtheil für die Lehmbereitung dient, nennt man diese rohe Masse wohl gleichfalls, wenn auch unrichtiger Weise, Lehm.

Kohle. Man verwendet Steinkohle, Graphit, Koks, Holzkohle, zwar niemals als selbstständige Formmaterialien, vielfach aber als Zusätze und Ueberzüge. Sofern nicht in der früher beschriebenen Weise eine einfache Auflockerung, Erhöhung der Durchlässigkeit durch den Kohlenzusatz be- zweckt wird (wozu Koke und Holzkohle allein brauchbar sein würden), erfüllt die Kohle als Zusatz wie als Ueberzug der Gussformwände den Zweck, ein Zusammenfritten des Formmaterials unter sich, wie mit dem Metalle in der hohen Giesstemperatur zu verhüten.

Mischt man Kohle in feinster Vertheilung dem Formmateriale bei, so entwickeln sich in der hohen Giesstemperatur theils direct durch Zer- setzung (bei der Steinkohle), theils indirect durch Einfluss von Sauerstoff und Wasserdampf auf den Kohlenstoff Gase, umhüllen die einzelnen

Kohle in der Formerei. 119

Körnchen und schützen sie in dieser Weise gerade in dem Augenblicke, wo die Gefahr des Znsammenfrittens am grössten ist, vor inniger Berührung unter sich wie mit dem Metalle. Es folgt hieraus, dass für diesen Zweck diejenige Kohle am geeignetsten sein wird, welche rasch und reichlich Gase entwickelt, also Steinkohle, und unter den Steinkohlen am geeignet- sten die gasreichste.

Zu gleichem Zwecke und gleichzeitig zur Erhöhung der Bindekraft benutzt man bisweilen als Zusatz zur Masse Sjrup, Bier und ähnliche organische Substanzen. Sehr dichte Masse und Lehm vertragen weniger als durchlässiger Formsand gasreiche Zusätze, welche bei rascher Gas- entwickelung ein Zerreissen der dichten Gussformwände zur Folge haben könnten. Wenn daher bei diesen Materialien überhaupt ein solcher Zu- satz erforderlich ist, beschränkt man sich auf weniger energisch wirkende: Koks, Holzkohle. Für Lehm ist Graphit aus Gasretorten ein sehr brauch- barer und wirksamer Zusatz.

Die Menge der dem Formsande zugesetzten Kohle muss sich nach der Beschaffenheit des Sandes richten; einige Formsande und Massen können ohne jeden Zusatz verarbeitet werden, bei anderen ist ein Zusatz bis zu 30 Yolumprocenten zweckmässig.

Magere Sande vertragen, da sie leichter die Gase abziehen lassen, grössere Zusatzmengen als fettere, daher ist vielfach die irrige Meinung entstanden, dass der Steinkohlenzusatz eine Erhöbung der Bindekraft magerer Formsande bezwecke. Ist der Zusatz zu reichlich, so entstehen auch beim Gusse in grünem Sande Spalten und Risse in dem Materiale, welche rechtwinklig gegen die Wandfläche gerichtet sind; das flüssige Metall dringt hinein, erstarrt und lässt den zu reichlichen Kohlenzusatz durch die dadurch auf der Oberfläche des Abgusses entstandenen Grate erkennen.

Anders ist die Wirkung der Kohle, wenn sie nur als Ueberzug, nicht als Beimengung benutzt wird. Sie dient hierbei als isolirende, unschmelzbare Schicht zwischen Metall und Formmaterial, verhindert also ein Zusammenschmelzen beider, welches immerhin, wenn nicht direct, ao doch zwischen der Kieselsäure des Formmaterials und der an der Aussenfiäche des glühenden Metalls sich bildenden Oxjdschicht leicht stattfinden kann. Es wird leicht begreiflich sein, dass nur möglichst reine Kohle (Holzkohle, Koks, Graphit) für diesen Zweck geeignet sein kann, Steinkohle nur nachtheilig wirken würde.

Der Ueberzug wird entweder in feinem Pulver trocken aus Staub- beuteln aufgepudert beim grünen Gusse , oder er wird bei zu trocknenden Gussformen Masse- und Lehmguss mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, mit Pinseln aufgetragen, und heisst dann „Schwärze".

Das geeignetste Material zum Aufstäuben ist Holzkohle, und zwar wirkt die Laubholzkohle am kräftigsten; weit weniger geeignet ist Kokes«

120 Foimmaterialien. Aufbereitung.

staub , durch Zusatz von Thonmehl haftend gemacht ^) ; Graphit haftet einestheils schlecht, legt sich anderntheils in die Poren des Formmaterials und macht dieses undurchlässiger.

Zur Bereitung der Schwärze dient Holzkohle, Graphit oder beide Substanzen vermischt. Der Graphit muss geschlämmt sein, und es zeigt sich gewöhnlich beim Ankaufe desselben die oft gemachte Erfahrung, dass das am theuersten bezahlte Material schliesslich die geringsten Aus- gaben verursacht, indem man mit geringeren Mengen desselben den Zweck vollkommener erreicht, als mit grösseren Mengen eines gering- werthigem Materials.

Je höher und andauernder die Temperatur beim Giessen ist, also je grösser die Querschnitte des Gussstücks und je schwerschmelzbarer das Metall, desto reichlicher muss in der Mischung der schwer verbrennliche, aber dichte und theurere Graphit gegenüber der leicht verbrennlichen, aber porösen und billigen Holzkohle vertreten sein. Manche andere Zn- sätze kommen bei der Bereitung der Schwärze in Anwendung. Um sie consistenter, an der Gussform haftender zu machen, pflegt man das Was- ser mit feinem Thonmehl anzurühren, wodurch das Ganze syrupartige Consistenz erhält. Besser noch als Thon wirkt ein Zusatz von Boggen- mehl, in das Wasser eingerührt und mit demselben nach Zusatz der Kohle gekocht. Becht zweckmässig ist auch als Zusatz ein wässeriger Auszug von Pferdedünger. Derselbe ist reich mit Ammoniaksalzen ge- sättigt, welche beim starken Trocknen entweichen und die Schwärze in einem porösen Zustande zurücklassen. Statt dessen benutzt man auch wohl eine Lösung von Salmiak.

Die fertig gemischte Schwärze lässt man durch ein Sieb laufen, um entstandene Klumpen und dergleichen zurückzuhalten, und bewahrt sie zum Gebrauche auf.

Apparate zur Aufbereitung der Formmaterialien.

Da di^ Formmaterialien nur in einzelnen Fällen in einem solchen Zustande in der Natur vorkommen, um ohne Weiteres verwendbar zu sein, so erfordern sie in allen übrigen Fällen eine Aufbereitung, die in einer Zerkleinerung, oder eiaer Mischung, oder in beiden Arbeiten zugleich besteht. In kleinen Giessereien wird diese Aufbereitung durch Hand- arbeit bewirkt; Zerkleinern durch Stossen im Mörser, Mischen durch Umschaufeln, die Lehmbereitung durch Schlagen des auf einer Eisenplatte ausgebreiteten groben Gemischs mit hölzernen breiten Stäben, Umschau- feln, abermaliges Schlagen u. s. f.

In mittleren und grösseren Giessereien wird die Handarbeit zur Aufbereitung zweckmässig durch Maschinenarbeit ersetzt.

^) Holzkohle nimmt rasch aas den Wänden der Oussform etwas Feuchtig- keit auf und wird dadurch haftend ohne weitem Zusatz.

EohlenmühleD. 121

Znm erstell Zerkleinern groBSstückiger H«terialieii, z. B. der Sond- steioe, alter ChamotteBteine n. B. £, ist ein Pochwerk, Walzwerk oder Steinbrecher von bekannter Congtruction recht zweckmässig. Solche grosBstflckigen Materialien kommen jedoch nur ausnahmsweise zur Ver- wendong, meistens finden sie sich schon in einem feiner sertheilten Zu- stande in der Natur.

Zdt weitem Zerkleinemug des Sandes, der Steinkohlen n. s. w. die- nen die sogenannten Trommelapparate und die Eollermahlon.

Ein Trommelapparat besteht ans einem um seine Achse rotirenden hohlen Körper ans Gasseiaen die Trommel , in welcher der xa zer- kleinernde Stoff durch einen ü-ei laufenden Stein oder Gusseisenkörper zermahlen wird. Die Trommel hat meistens Cylinderform und dreht eich um eine horiEontale Achse ; die Stirnflächen sind durch aofgeschraubte Deckel verschloasen; znm Mahlen dient ein kleinerer massiver gnsseiser- ner Cylinder {oder zwei dergleichen), welcher bei dem Drehen der Trom- mel Innerhalb derselben rollt. Znm Ein- und Ausbringen der Materia- lien dient eine Oeffoung, welche durch einen mit Keilen angezogeneu Deckel TerflchloBsen ist. Der Durchmesser der Trommel pflegt 600 bis 1000 Hm. zu betragen, die Länge '/i bis l'/t des Durchmesaers. Die Anzahl der Umdrehungen per Minute 40 bis 60. Die Figuren 92 und 93 stellen einen solchen Trommelapparat (Kobleumflhle) der Chemnitzer Werkiengmaschinenfabrik in '/jo der wirklichen Grösse dar. Es ist hier A der VerschluBsdeckel , a der Kegel znm Festhalten desselben , welcher seinerseitfl wieder in den Oefaren ii festgehalten wird. Fig. 92.

^

Eine derartige Trommel genügt sura Mahleii der Steinkohle nnd dee feinern Sftndes für eine tätliche Prodaction von ca. 3000 bis 40UO Kilo

GueewaarL-n und erfordert zum Betriebe einen Arbeitsaufwand von ca. Vi Pfei-dekraft

Ein weniger einfacher Trommelapparat ist neuerdings von Uanctin in St. Denis in die Praxis eingeführt worden und durch die Figuren 94 und 95 veranschaulicht '). ,

In der guBseiaernen , an beiden Enden durch Deckel verschlossenen Trommel bewegt sich um eine Achse ein gusseiserner Cylinder. Der letztere ist auf seinem Umfange mit einer Anzahl von Löchern besetzt, in welchen massive Kugeln liegen. Die Wandung einer jeden OefTnong entspricht, wie in Fig. 95 in grösserm Maassstabe dargestellt ist, einer Kngelzone mit einem Radius, welcher den der Kugeln selbet etwas über- trifft. Die Kugellager sind nach einer um den Umfang des innem Cf- linders laufenden Schneckenlinie angeordnet. An den beiden Verschluss- deckeiu der Trommel sind Kreuzkörper angegossen, durch deren Mittel- stück die Achse des Innern Cylinders in mit Scbmiervorrichtuug versehe- nen Lagern läuft, w&hrend die in den Deckeln für den Durchgang der Achse vorhandene Bohrung mit Gummiringen staubdicht abgeschlossen ist. Bei kleineren Apparaten fallen die Krenzkörper weg, und es ist die Achse dircct in den Deckeln mit Stopfbüchse gelagert. Der auf der

') Deutsche Inäostriemitun^ 1876, 8. i

Hanctin's Kohlenmühle. 123

linken Seit« der Fig. 94 eraicbtliche Trichter dient znm Aufgeben des Materials, die TIiQr im Boden an der rechten Seite zum Entleeren, und es besitzt die Trommel eine schwache Neigung nach dieser Seite.

Der Abstand des innern von dem &usBem Cylinder ist so bemessen, dasB die Kugeln den innern Cylinder nie ganz Terlasaen können, daher die rotirende Bewegimg mitmachen müssen. Hierbei rollen sie in dem untern Theile ihres Weges anf der Innenfläche der äussern Trommel, werden vom innern Cylinder allmälig gehoben, fallen endlich in das zn ihrer Aufnahme vorhandene Loch und verlassen dasselbe auf der andern Seife wieder, am sich neoerdings rollend anf der Innenseite der Trom- ■nel weiter zn bewegen. Zwischen Cylinder und Trommel befindet sich der za zerkleinernde Körper nnd wird durch die rollenden Kugeln im nntem Theile des Apparats alluiälig zermahlen ; und da die Kugeln nach

Tig. 94. Fig. 95.

einer Schraubenlinie im Apparate angeordnet sind, so findet gleichzeitig, nnterstlttzt durch die geneigte Lage der Trommel, eine allrnftlige Vor- wärtsbewegung des Mehls gegen die rechts liegende Stirnseite hin statt.

Bei grösseren Apparaten dieser Art ist die Länge des innern Cylin- ders 2 M. bei einem Durchmesser von 700 Mm. , die Anzahl der Kugeln 300 bei je 80 Mm. Durchmesser und 2 Kilo tiewicht, die Entfernung der Seh necken gänge unter einander Bowie der Kugeln von Mitte zu Mitte gemessen 100 Mm., die Anzahl der Umdrehungen 60 bis 65 per Minute. Die erforderliche Betriebskraft f&r eiuen Apparat in dieser Grösse ist 4 bis 6 Pferdestärken, die Production pro Stunde 150 Kilo Holzkohlen- staab. . FOr kleine Giessereien genügt ein Apparat von 650 Mm. L6nge, 400 Mm. Durchmesser mit 70 Kugeln von 40 Mm. Durchmesser, welcher stfindliob 45 Kilo Kohlenstaub liefert.

Znm Mahlen von Formsand statt der KShle ist der Apparat aufrecht

124 Eollermühlen.

gestellt, die Zuffihroog erfolgt »m ganzen Umfange des Cyliadera and die Btündliche Prodnction ist bei 4 Pferdekrftflen 2,5 Gnbikmeter FornuAnd. Eine KollermAhle oder ein Kollergang für Gieasereien ist in den Fignren 96, 97 und 98 in Vis ^^^ virktlchen Grüeee dargestellt. Es sind hier Ewei gosseiserne Walzen (Läafer), welche aof der horison- tolen Achse B in angleichen Ahständen von der Mittellinie des Appa- rats befestigt sind. Die Achse B steckt in der HOlse G derartig, dass sie sich innerhalb des Schlitzes C heben kann, sobald die Walzen über harte Körper hinweggehen, während sie vor seitlicher Verschiebung durch Pig.ee.

den hindorcb gesteckten Bolzen tl gesichert ist. Die Hülse C bildet einen Theil der verticalen Spindel J), welche durch die Getrieb« EF sowie die Kiemensoheibe Q ihren Antrieb erhält.

Als Unterlage dient die starke gosseiserne Platte S mit aufrecht stehendem Borde. An derselben sind die zwei guBseiBeruen Btänder KK angeacbranbt, welche den Balken L tragen, der zur Unterstützung der Lager für die Spindel nud Getriebewelle dient Au der senkrechten Spindel sind die Arme J und Ji befestigt, als Führung für die Schaufeln S SiSi und T dienend, welche tbeila den Zweck haben, das vou den Wal- zen znr Seite gedrückte Mai<erial wieder denselben zuzulilhreu, theils

such, eine innige HiBohang zn bewirken. Durch Hebel Z und Z\, welche an det Conliaae F feetgestellt werden kSnnen, laseen aioh die Schaufeln

senken und heben, je nachdem eie in Tbfitigkeit kommen oder ansgerückt werden sollen. Endlich befindet sich in der Grondplatte der Schieber Q,

12ß Kollergänge. Thonschneider,

durch dessen Aufziehen die Eotleernng des Apparats bewirkt' wird. Es wird dann S am-, T eingeschaltet, wodurch das gesammte Material nach dem Rande der Platte hingeschoben nnd BchliesBÜch dnrch die Schieber- offnang entrernt wird.

Die Anzahl der Umdrehangen der Kollergänge beträgt 10 bis 20 per Minute, das Gewicht ihrer Läufer 500 bis 1000 Kilo per StQck. Da Pjg_ 99_ ein Kollergang in deroben-

gezeichneten Form ebenso- wohl geeignet ist, Sand und KoUe zn mahlen nls Lehm zn mahlen nnd mit seinen Znsfitzen zn ver- tniachen, so bildet derselbe einen sehr geeigneten Ap- parat fdr grössere Giesae- reien. Es kommt hinzu, daes die Leistung dessel- ben eine recht beträcht- liche and ein einziger Kol- lergang im Stande ist, Kohlenstaub and Sand für eine tägliche Production von durchschnittlich 1 5000 Kilo GusBwaaren zn liefern, wenn nicht eben der rela- tive Bedarf an jenen Ma- terialien ein ansnahms- weiae hoher ist Ein Nach- theil desKolIerganges liegt in dem hohen Arbeitsver- brauche, der in Folge des Gewichts der Läufer schon im Leergange ein beträcht- licher ist und während der Arbeit nicht unter 4 bis 5 PferdekräRe betragen darfte, wenn harte, grob- körnige Materialien ver- arbeitet werden, beim Mi- schen von Lehm aber jedenfalls sich noch etwas höher beziffern wird.

Wenn es sich nur darum handelt, Lehm zu mischen , nicht zu mah- len, finden sogenannte Thonschneider vielfache Anwendung.

Fig. 99 stellt die innere Einrichtung eines solchen Tbonschneiders dar. Der Betrieb erfolgt durch ein am obem oder untern Ende der verticalen Spindel aufgestecktes Getriebe von einer Transmission ans.

Stroh zur Formerei. 127

Auf der Spindel sind die Bchranbenartig gekrümmten Messer befestigt, welche den yon oben eingeschütteten Lehm durcharbeiten und nach unten drücken, so dass er in ununterbrochener Folge aus den am nntem Ende des gusseisemen Gehäuses befindlichen Auslassöfinungen herausgequetscht wird. Ist nach einmaligem Durchgange die Mischung noch nicht innig genug, wird der Lehm zum zweiten Male eingeschaufelt.

Eine derartige Maschine^), oben 520 Mm., unten 260 Mm. weit, 1640 Mm. hoch, liefert in zehnstündiger Arbeitszeit ca. 10 Gubikmeter Lehm bei einem Arbeitsaufwande von 3 bis 4 Pferdekräften und 60 Umgängen per Minute.

Stroh. Das Stroh bildet zwar kein eigentliches Formmaterial, wohl aber findet es in Form von Strohseilen vielfache Anwendung bei Anferti- gung von Kernen in der später zu erörternden Art und Weise. Aus dieser Art der Verwendung folgt, dass nnr langhalmiges , biegsames Stroh zu gebrauchen ist.

In den meisten Oiessereien geschieht das Spinnen des Strohs zu Seilen noch durch die Hand mit Hülfe des sogenannten Schlüssels, an welchem das eine Ende des Seils befestigt ist und welchen ein Arbeiter dreht, während ein anderer das Stroh am entgegengesetzten Ende einflicht.

Wo man jedoch viele solche Strohseile gebraucht, empfiehlt sich sehr die Anwendung einer Spinnmaschine, wie sie von der Königin- Marien-Hütte bei Zwickau gebaut wird. Die Einrichtung derselben ist in den Figuren 100 und 101 (a. f. S.) in Vso <ler wirklichen Grösse dargestellt.

Von einer Transmission aus wird zunächst die Riemenscheibe a in Umdrehung versetzt und überträgt durch die Welle d ihre Bewegung auf die Riemenscheiben b und c, welche wieder vermittelst der Riemen g und A die Riemenscheiben e und /bewegen. Nebenjeder dieser Riemen- scheiben ist eine Losscheibe befindlich, um durch Vesschiebung der Rie- men in jedem Augenblicke den Gang der Maschine unterbrechen zu kön- nen; zur Ausrückung dient die Stange f, mit entsprechenden Riemen- gabeln versehen. Die Riemenscheibe / sitzt fest auf der Spindel hy deren entgegengesetztes Ende bedeutend verstärkt und cylindrisch ausgebohrt, zugleich mit einem der Achse parallelen Schlitze versehen ist. Auf dem hohlen Theile der Spindel Je ist die rinnenformig ausgeböhlte Gabel L venuittelst der Hülse m derartig befestigt, dass sie die Drehungen der Spindel mitmachen muss, sich aber in der Achsenrichtung der Spindel verscl^eben lässt; die Höhlung der Gabel findet ihre Fortsetzung in dem erwähnten Schlitze der Spindel, so dass das Strohseil, wie in der Fig. 100 gezeichnet, sich durch Spindel und Gabel hindurchführen lässt und bei jeder Drehung der Spindel eine einmalige Zusammendrehung erföhrt.

Die Riemenscheibe e sitzt auf einer zweiten hohlen Welle v, welche auf h aufgeschoben ist und sich lose auf derselben dreht. Auf dieser

1) In ähnlicher Aasfährang vielfach von G. Schlickeisen in Berlin gefertigt.

128 StrohspinnmaschiDe.

Welle V ist die Spnle N befestigt. Da nan die Riemensobeibeii e und /gleich groBB, e &ber etwu gröaaer im Darobniesser ist als b, ao dreht

sieb in dem gleicbpn VerhöltDisBe die Spule rascber ali die Spindel mit der Gabel. Die Folge davon ist, daBs, sobald das Kade des Seils aof der

Formgebende Geräthe. 129

Spule befestigt und nun die Maschine in Umdrehung versetzt wird, das Strohseil gleichzeitig zusammengedreht und auf die Spule mit einer Ge- schwindigkeit aufgewickelt wird, welche der Differenz der Geschwindig- keiten von Spule und Spindel gleich ist. Damit nun aber dieses Auf- wickeln gleichmässig auf der ganzen Länge der Spule Tor sich gehe, be- findet sich auf der Verlängerung der Arbeitswelle d die Schnecke o, welche das Schneckenrad p dreht und von diesem aus vermittelst Schub- stange q dem an der horizontalen Führungsstange x aufgehängten Arme r eine langsame hin- und hergehende Bewegung ertheilt. r aber steht durch den Bügel 8 mit der Gabel L in Verbindung und überträgt also ohne Weiteres dieselbe Bewegung auf L.

Eine solche Maschine liefert bei 130 Umdrehungen der Antriebswelle d per Minute 9 bis 10 Meter Strohseil von 15 Mm. Stärke.

B. Die formgebenden Geräthe.

.Um eine Crussform aus bildsamem Materiale herzustellen, bedarf es eines Apparates, durch dessen Hülfe die inneren Begrenzungen der- selben, also des formgebenden hohlen Baumes, genau festgelegt werden. Dieser Apparat hat gewöhnlich schon im Grossen und Ganzen die Umrisse and Grösse des herzustellenden Abgusses, so dass die Gussform gewisser- maassen als ein Abdruck desselben im Formmateriale erscheint, und heisst dann Modell. In Fällen, wo die Umrisse des Abgusses einen Rotations- körper vorstellen, z. B. bei Cy lindem, Glocken n. dgl.,' oder in solchen Fällen, wo sich der Körper durch Fortbewegung eines und desselben Querschnitts nach einer geraden oder gekrümmten Leitlinie entstanden denken lässt, kann das Modell durch eine Schablone aus Holz oder Eisen ersetzt werden, welche das genaue Profil des herzustellenden Ab- goBses enthält und durch deren Drehung um die Rotationsachse beziehent- lich Fortbewegung nach der Leitlinie die Umrisse der Gussform gewisser- maassen aus dem weichen Formmateriale heri^sgeschnitten werden.

Zur Herstellung der Gussformen in Sand und Masse kommen fast nnr Modelle, zur Herstellung von Lehmgussformen grossentheils Scha- blonen in Anwendung.

Es ist leicht einzusehen, dass, wenn man einen Kern fertigen will, das formgebende Geräth ähnlich wie eine Gussform eingerichtet sein niiisa, also hohl, im Innern entsprechend der Form des Kerns profilirt und gewöhnlich aus mehreren Theilen bestehend, um das Herausnehmen des Kerns zu ermöglichen. Ein derartiger Apparat heisst Kernkasten oder Kerndrücker; ausserdem bedient man sich besonders fär L^hm- kerne wie bei Anfertigung von Gussformen der Schablonen ^ um durch Drehen oder Ziehen die Kerne herzustellen.

Da bei Anfertigung der Modelle, Schablonen und Kernkasten selbst- verständlich die Schwindung zu den Abmessungen des herzustellenden

Lf Adebar, mechamitcb-neUlhirgiiche Technologie. 9

130 Modelle.

AbgQBBes. zugegeben werden mnsB, bedient man sich bei dieser Anferti- gang solcher M&aBsstftbe, deren Länge nnd Theilung acbon nm das MaosB dieser Scbwindnng grösser ist, ab bei NormalmaassBUben. Wenn z. B. die Scbwindnng des Metalls gleicb Vm >Bt. wie für Gnseeisen, so ist 1 Meter de« SchwindmaaaastabeB gleich "/m = 1,0104 M. Nonnal- maassstab.

Um daa genane Einlegen der Kerne in dieGnssform za ermöglichen, nnd zugleich nm ihre Stellung dem Drucke des Metalla gegenüber zu richem, macht man die Kerne an einem oder zwei Enden etwas länger nnd läsat sie mit dieser Verlingemng wie mit Zapfen in entsprechende Vertiefangen der Gnasform eintreten. So s. B. mbt der Nabenkem A der in Fig. 102 skdzzirten GnEsform einer Riemenscheibe bei a nnd b in Fig. 102. Fig. 103.

Vertiefungen der Gaseform. Das Modell oder die Schablone aber moss, nm diese Vertiefungen hervorzubringen, mit entsprechenden Ansätzen versehen sein, welche Kernmarken beissen nnd in Fig. 103, das Model] zur Gnesfonn in Fig. 102 darstellend, gleichfalls mit a und b bezeicb- net sind.

Die Modelle. Das zur Anfertigung der Modelle am bftnfigsten benatzte Material ist das Holz, vorzugsweise Kiefern- and Tannenholz, daneben Erlenholz, wenn die Modelle sehr sanber nnd glatt werden sol- len ; Aepfel-, Birnbaum-, Eschenholz für omamentale Gegenstände n. s. w.

Die Anfertigong der Holümodelle geschieht tu der Modelltiecfalerei, welche demnach einen nnentbehrlichen Begtandtheil jeder gröasern Giesse- rei bildet.

Durch sorg^tiges Äastrocknen dea za benutzenden Hokes vor der Verarbeitung, durch zweckmässige Anordnung der Famrrichtungen in den Holzarbeiten, durch Znsammen leimen der Stücke aus kleinen Thei- len, endlich durch Anbringung sogenannter Hirn- oder GraÜeisten bei groaaen Flächen, deren Fasern rechtwinklig gegen die Faserrichtung der Fläche laufen, sucht der Modelltischler das Modell vor dem Kmmmxiehen (Werfen) zu schützen. Schliesslich wird das flolzmodell durch einen Lacküberzag (gewöhnlich Schellack) vor dem Eindringen von Feuchtig- keit nach Möglichkeit geschätzt').

') Ueber Anfbrtignng hölzerner Modelle Riebe Snrre, Ramlbnch dea Eiaen- giemereibolriebe», Bd. II, B. 409.

Modelle. 131

Werden die Modelle vielfacher Benutzang nnterworfen, so ersetzt man die Holzmodelle durch metallene, ans Gasseisen, Zink, Zinn, Bronze, Messing gegossen, oder ans Eisenblech, Knpferblech, Zinkblech gefertigt. Gasseiseme Modelle sind die dauerhaftesten and billigsten unter den Metallmodellen,' gestatten aber bei omamentalen Gegenständen nar an- bedeatende Nachhülfe, wenn der Gass nicht scharf genug ausgefallen sein sollte; für solche Fälle zieht man deshalb die ciselirfahigere Bronze oder Messing yor; Zink- und Zinnmodelle sind leichter als letztere herzustel- len, aber weniger dauerhaft.

Seltener, und nur für omamentale Modelle, welche nicht mehr als ein- oder zweimal benutzt werden soUen, wählt man Modellirwachs, Thon oder Gyps als Material.

Um das Herausnehmen des Modells aus der Gussform zu ermöglichen, genügt nicht immer das schon erwähnte Zerlegen der Gussform in meh- re!^ Theile, sondern es muss in den meisten Fällen auch das Modell in mehrere genau zusammen passende Theile zerlegt sein. Das richtige „Theilen" des Modells erfordert viel Umsicht und genaue Eenntniss des Formereiverfahrens.

Als Regel gilt, dass das Modell aus der Gussform, nicht aber die GuBsform von dem liegen bleibenden Modelle abgehoben wird, weil in letzterm Falle viel leichter eine Beschädigung der Gassform eintritt.

Damit die einzelnen Theile des Modells stets in genau richtiger La^e auf und neben einander zu liegen kommeD, versieht man die Thei- lungsfläche des einen Modelltheils mit kleinen Dübeln, die des andern mit entsprechenden DübeUöchem, in welche jene Dübel hinpinpassen.

Beispiele. Das Modell Fig. 104 zu einem Scheibenrohre ist ver- mittelst eines durch seine Achse gehenden Schnittes AB in zwei gleiche

Fig. 104.

Hälfien getheilt. Dieselbe Schnittebene theilt auch die Gussform, so dass beim Auseinandernehmen der letztem in jeder Hälfte der Gussform eine Hälfte des Modells liegen bleibt und mit Leichtigkeit herausgenommen werden kann, aa sind Kemmarken.

Das Modell Fig. 105 (a. f. S.) zu einem Scheibenrohre mit zwei rechtwinldig gegen einander gerichteten Stutzen ist durch zwei Schnitte A B und CD in drei Theile getheUt. Eine gleiche Theilung erleidet die GoÄsform. Zuerst wird der Theil E der Gussform mit dem Theile e des Modells abgenommen und letzteres herausgezogen, dann nimmt man F nnd ö i»it / und g auseinander und kann nun die Modelltheile ohne Weiteres aus der Form ausheben.

Bei dem U-förmigen Träger Fig. 106 (a. f. S.) ist das Modell nach

9*

denliinieo ab und cd in eiDcn H&npttheil y nnd zwei Leisten XX getheilt. Zuerst wird der llaapttheil y dee Modells bentuBgesommen , daan die

beiden Leisten in die entatandeoe Oefinnng hinein nnd nocb oben hiaans- geiogen.

£b verdient Erwähnang, data jedes Modelltbeil, welches ans dem Formmaterial e heransgezogen werden mnss, in Rücksicht auf die starke Reibung zwischen Modell und Formmateriale eine schwache Conrergcnz besitzen rnnss, am das Heransziehen za erleichtern nnd die Gnssform nicht zu bescbÄdigen. Statt eines Cylinders, der nach der Richtung sei- ner Achse heransgezogen werden mnss, erh&lt man streng genommen einen abgestumpften Kegel, statt des PrismaB eine abgestumpfte Pyra- mide. Die Convergenz ist so nnbedentend, daas sie dem Aage kaum sichtbar wird; kommt es auf dnrcbans genaue cylindrische etc. For- men an, so müssen diese eben darch spätere Bearbeitung hergestellt werden.

Wenn die Form eines Modells genan gleich derjenigen des Abgusses (also nicht durch Kemmarken verändert) and das Modell nicht etwa im Innern hohl ist, so lässt sich im Voraus aus dem Gewichte des Modelb und dem Yerhältnisse der specifischen Gewichte des Modell- und Gnss- materialB das annähernde Gewicht des AbgaBses und somit des tu schmelzenden Metalls berechnen. Man hat in diesen Fällen erfah- mngsmässig das Gewicht des Modells mit folgenden Ziffern zu mntti- ' pliciren : I

Wenn das Modell besteht Wenn der Abgass besteht ans:

Zink Blei I

ans:

Gnsseisen

Bronze

oder

oder

Zinn

Messing

Kiefern- oder Tannenholz

. 13

16

Pichtenhola (Rothtanne) .

. 16

18,5

Kemkasten und Kernstücke.

nkasten and Kernetücke.

Für die Anfertigang der Kemkasten gelten dieselben Regeln wie fOr Modelle. Gewöhnlich genügt eine Theilnng des Kemkaatens in swei Hälften, un den Kern heransnehmen za können. Die Hälften sind wie beim Modelle 4nrch IKlbel rerbanden.

Für figürliche Gegenstände, welche bohl gegossen werden sollen, Tersdlafit man sich häufig einen Kemkasten in der Weise, dass man die Wände der Gnsefonu mit gewalzten Platten feuchten Thons von solcher Stärke anekleidet, als die Üetallstärke des Abgusses werden soll, trock- net, den Kern in dieser verkleinerten Gossfonn fertigt und dann die Tbon- platten herausnimmt, um die Gussform zum Gusse zu benatzen.

In manoken Fällen kann übrigens durch geschickte Tbeilung des Modells und der Gussform die Anwendung eines Kernkostens vermieden werden. Wenn z. B. eine Seilscheibe, Fig. 107, geformt werden soll, so Fig. 107.

gestattet begreiflicherweise der Querschnitt des Kranzes wegen der ein- springenden Winkel nicht das Herausnehmen des Modells aus dem Form- materiale, wenn man dasselbe genau wie den Abguss einrichten wollte. £a kann nnn allerdings diese Aufgabe gelöst werden, indem man das Modell mit einer ringsherum laufenden Kernmarke a a (durch die pnnk- tirten Linien angedeutet) versieht, nach der Linie AB schneidet, nach derselben Linie die Gussform theilt, dieselbe auseinander nnd das Modell faeraosnimmt (was nunmehr ohne Schwierigkeit möglich ist), und die in einem Kemkasten geformten segmentförmigen Keme, welche das äussere Profil begrenzen, einlegt.

Ohne Anwendung eigenttioher Keme gelangt man aber folgender- maassen zum Zwecke- Das Modell, welches die genaue Form des Ab- guBsee erhält, wird nach ab, Fig. 108, geschnitten, die Gnssform aber Fig. 108.

nach den Linien cAahef aad ghabik getbeilt, so dass sie aosdenThei- len A, B und dem ringförmigen Tbeile C C besteht Zuerst wird A ab-

134 Kernstücke.

genommen, die Uodellhllfle dabe berauagenommen nnd A ohne diese Hil&e wieder aufgelegt. Dann dreht man die ganae Goaaform lun, bo daas der sn oberst liegende Theil nnten m liegen kommt, nimmt B ab, holt die Bweite Hodellhätfte kaib heran* nnd setzt B wieder aof.

Aehnlioh verfahrt man bei der Anfertigung der Gassform flir ao- genannte Bingelwalzen , Fig. 109. Die Theilong der Gosafonn und des Pj„ ]Qg_ Modells ist ans der Zeichnung ersicht-

liob. Der Theil Ä wird abgehoben, die ModellhtUfte abcd heransgenonimen, Ä wieder aufgesetzt, die Form gewen- det und mit B and der Hälfte aefd dasselbe Verfahren wiederholt.

Uan nennt solche Theile der GasB* form (also in diesem Falle den Theil CC in Fig. 108, den Theil B in Fig. 109), welche die Stelle eines Kerns rertreten, Kernstücke. In sehr ansgebildeter Weise kommt die An- wendong solcher Kernstücke beim Gnsse nnregelmSsaig gebildeter Kör- per, z. B. beim OromnentgOBS and noch mehr heim Statnen- and Knnst- gnss, vor. Denkt man sich z. B. eine menschliche Fignr, vielleicht mit faltenreichem Gewände bekleidet, und das Modell hierEn vom Formmate- riale eingeacblossen , so ist es begreiflich, dass eine Theilong der Guss- form in swei, drei Theile nicht ausreichen würde, das Modell heraos zu bekommen. Man umgiebt deshalb das ganze Modell mit einer ent- sprechenden Ansahl einzeln geformter Stütze, die sich einzeln loslösen lassen, nimmt das Modell heraus, wenn diese sämmtlichea Kernstücke entfernt sind, und setzt dann die letzteren in der gehörigen Reihenfolge wieder zusammen.

Je mehr Kernstücke aber eine Form besitzt, desto mühseliger wird ihre Anfertigung, desto leichter misslingt der Qusa, desto höher werden die Kosten desselben. Daher sucht man für die Gegenstände gewöhn- licher Verwendung im Maachinenbaofache , der Architektur, Haus- und Landwirthschaft etc. Formen sn wählen, die sich gussgerecht " durch ein einfaches Verfahren formen lassen; uad es sollte jeder Constmcteur solcher Gegenstände wenigstens soweit mit der Technik der Formerei vertraut sein, dass er neb die Frage zu beantworten vermag, in welcher Weise dieses oder jenes von ihm entworfene Gnssstück zn formen ist.

Schablonen. W&hrend dss Modell und die Kemkaeten Form und Grösse der Gussform oder des Kerns nach jeder Richtung hin besitzen, zeigt die Schablone nnr den Umriss, das Profil der herzustellenden Gass- form oder des Kerns. Bei Schablonen zu Gnssformen, welche einen Ro- tationskörper darstellen, also für Cylinder, Kessel u. dergl., genügt ea, der Schablone das halbe Profil xa geben, da sie um die Achse der Guss- form gedreht wird nnd auf diese Weise das volle Profil erzengt. So vergegenwärtigt uns Fig. 110 die Schablone zum Aosdreben der Guss-

Schablonen. 1 35

form eines Cylinders mit Flantechen und Terlomem Kopfe. Häufiger noch aU die SctiAblona aom Ausdrehen der GoBaform kommen die Scha- blonen sum Drehen ron Kernen in Anwendon'g. Dabei steht entweder der Kern fest nnd die Scbahlooe wird gedreht, oder der Kern liegt hori- zontal (seltener vertical) mit Zapfen in Lagern nnd wird dabei gedreht) während die Schablone roht. Letzter Fall ist der häufigere. Als Bei- spiel kann die in Fig. 111 gezeichnete Sobablone fOr den Kern einer Fig. 110. Fig. na.

Säule dienen. Der Kern wird am die Achse AB gedreht und erhält da- durch sein Profil entsprechend der Kante bcdep der Schablone.

Die Schablonen sind gewShnlich aus einem trocknen Brette geschnit- tea oder auch für öftem Gebrauch ans GoBseisen hergestellt. Die profi- lirte Kante ist etwas zngeschärft, am mit gröeserer Leichtigkeit scharfe Umrisse hervorzubringen.

Wird die Schablone gedreht, und die Gnssform oder der Kern steht fest, so mnes sie au einer verticolen Spindel befestigt werden. Dieselbe

136 Schablonen.

besteht aas ScbmiedeeiBen oder GaBS^sen und geht entweder oben und nnten mit Zapfen in Lagern , so dasa sie eelbet aioh mit der Scbftblone dreht (Fig. 112, a. t. S>); oder sie ist mnd, steht fest nnd dient ala Achse fOr die mit Ringen an ihr befestigte und nm sie drehbare Schablone wie in Fig. 110. Im letztem Falle werden die Spindel und die InnenflSchen der lÜnge gedreht, wenn es anf genaues Innehalten Torgeachriebener Maasaen ankommt; man wendet daher dieses Verfahren gewöhnlich nur bei freistehenden Spindeln an, bei welchen eine Befestigong an dem obem Ende nicht mSglich bt.

Die Schablonen zum Ziehen statt znm Drehen werden auf einer eisernän Platte gefUhrt, welche Ziehplatte genannt wird und als Unter- lage für den herzustellenden Gegenstand dient, deshalb dem Grundrisse desselben entsprechend gef&rmt ist. Dadurch wird es nothwendig, die zu ziehenden Gegenstände aus zwei Hälften zusammenzusetzen, wenn sie nicht eine ebene BegrenznngsflScbe besitzen, welche der Ebene der Leit- Fig. 113. Fig. 114.

linie parallel ist, z. B. den Kern zu einem Krümmer ans zwei Theilen Ton halbkreisförmigem Querschnitte, welche mit Hülfe der Schablone A, Fig. 113, und der Ziehplatte B, Fig. 113 und 114, gezogen werden.

C. Die Rüstungen der Gussformen nnd Kerne.

Nnr in den wenigsten Fällen besitzt das Material der Gussformen oder Kerne eine solche Festigkeit, nm ohne Weiteres ein Heben, Wenden, FortschatTen der Gnasformen oder Kerne ohne Gefabr der Beschädigung zu gestatten und .den mechanischen Einflüssen Widerstand zu leisten, welche beim Eingiessen des Metalls auf Gussform und Kern wirken.

Zur Verleihung dieser grösHem Festigkeit nnd WiderstandsiUbigkeit bedarf es der Rüstungen.

Formkuten. Für Gussformen besteht die gebräuchlichste ROstong in den Formkasten nnd es kennzeichnet die Anwendung derselben eine ganz bestimmte Gattung der Formerei, Eastenformerei ^nannt.

Unter Formkasten versteht man eine kastenlSrmige, ans Gasseisen,

Formkasten. 137

Schmiedeeisen oder Holz hergeBt«lIte Ensammenhängendu Umhüllung der Gussform , welche dieselbe ringsherum , die oberen and unteren Flächen ansgenommen, einachliesst , es gestattet, sie zn truisportiren und einen Schutz bildet gegen äussere Einflüsse sowohl sla gegen die beim Gasse von innen Üt&üg werdenden, aaf Ansein&ndertreiben gerichteten Er&fte. Wie dieGiusform, um das Modell entfenien zu kftnnen, hftnfig in mehrere Tbeile zerlegt werden muss, so pflegt anoh der Formkasten aas gleich vielen Theilen wie die Gussfonn susammengesetzt zu sein. Ist der Form- kasten zweitheilig, so nennt man die obere Hälfte Oberkasten, die untere Unterkasten. Bei grossen Onssstücken, welche einen entsprechend grossen nnd deshalb kostspieligen Formkasten erfordern, ersetzt man den Uater- kasten, ftdla derselbe nicht tranaportirt oder nmgewendet zu werden braucht, biBweilen durch die Wände des Erdreichs, indem man in der H&ttensohle eine entsprechend grosse Oefi'nong ausschachtet und das Form- material hineinbringt. Man gebraucht dann onr einen Oberkasten.

Die Gestalt der Formkasten ist gewöhnlich Tierseitig, seltener und nur filr bestimmte Zwecke mnd oder polygonal. Sie stellen Rahmen von grösserer oder geringerer Höhe vor, Figuren 115, 116 nnd 117, Die Flächen, mit denen sich zwei Formkastenhälften berühren, müssen gat auf einander schliessen nnd sind deshalb fllr genaue Arbeit gehobelt.

Fig. 115. w«. iie.

Um die Formkasteatheile zur Herausnahme des Uodells anaeinander nehmen und dann in genaa derselben Weise wieder zusammensetzen zu können, ist der eine Form kästen theil mit Dübeln ee, der andere mit Dübellöchem versehen, in welche diese Dübel hineintreten. Bei grösse- ren Formkasten werden die Dübel genau gedreht nnd die Löcher gebohrt, auch pflegt man bei diesen grösseren Formkasten die Dübel mit Schlitzen

138 Formkasten.

zu Teraehen, dnrcli welche Splinte gesteckt werden können, am Ober- kaeten nnd Unterkasten fest za Terbinden. Ist der Formkasten drei- tbeilig, so werden alle drei Theile dnrcb Dübel verbunden, Fig. 118.

Um das Heraosfallen des Formmateriab beim Abheben des Ober- kaateoB zn rerbäten, ist derselbe an dem Rande ringsberom mit einer achmalen, nach innen vorspringenden Leiste, der Sandleiste, verseben. Zum Tronsportiren des Formkasteiu dienen Handbaben gg, Fig. 115, an zwei gegen ttberliegenden Seiten, die bei schweren Kasten darcb starke Zapfen som Umscblageu von Seilen oder schmiedeeisernen Gebangen er- setzt werden.

Gewöbnlicb bildet jeder Formkastentheil ein nntheilbares Ganze nnd wird nur in senkrechter Riobtnng von seiner andern Hälfte entlernt. Es kann aber ancb der Fall yorkommen, dass man einzelne Formkasten- theile in seitlicher Richtnng auseinander nehmen mass, wenn sieb das Modell in anderer Weise nicht entfernen lässt. Man wendet dann ge- wöbalicb einen dreitbeiligen Formkasten an, dessen mittlerer Tbeil sieb seitlich zerlegen lässt und durch Klammem zosammengebalten wird. Als Beispiel hierfär kann der in Fig. 119 gezeichnete Formkasten zum Eio- formen von Eisenbahn bnfferholsen dienen. Ein nnd derselbe Farmkasten kann natQrlicb zar Anfertigung der verschiedenartigsten Gegenstände

Tis. 118. "'■ '"■

gebraucht werden. Werden jedoch nach einem Modelle sehr viele Ab- güsse gefertigt, so pflegt man sich einen genau passenden Formkasten eigens dazu herzustellen, um an Formmaterial zu sparen and die Arbeit abzukürzen. So z. B. wird man, wenn viele cjlindrische Säulen nach einem Modelle zu gieseen sind, dem Formkasten nicht einen vierseitigen, sondern einen sechsseitigen Querschnitt geben, wie in Fig.- 120; Form- kasten zu Grabkreazen wird man im Grandrisse gleichfalls kreozförmig herstellen u. s. f. In der richtigen Constntction der Formkwten liegt ein wichtiges Mittel, bei massenhafter Production die Selbstkosten eines Fabrikats zu erniedrigen.

Fonukaaten. 13d

Das Haterial zu. den Formkaatea ist fast Bt«tH Gnaseiaen. Holz ist dem Terbrenaen zu sehr aasgesetzt, rerzieht sich nnd besitzt za wenig Steifigkeit. Nor in Aosnahmei^llen , wenn zu einem einzelnen AbgusBe kein eiaemer Formkasten vorhanden ist, kann man der grÖBaem Billig- keit halber Holz verwenden. Die Anwendung von Schmiedeeisen ist mehrfach versnobt worden, um bei den Formkasten an Gewicht za spa- ren. Uan nietete die Kasten anz Flacheisen oder Winkeleiaen znsam- men. Zwei Eigenschaften des Schmiedeeisens machen es jedoch als Ma- terial für Formkasten weniger als Guaseisen geeignet, n&mlich die gerin- gere Steifigkeit, in Folge deren die Fonnkastenwände beim Drucke von innen oder aussen nachgeben nnd die Gnssform Gefahr Iftnft, beeoh&digt zu werden, und die geringere WideretandsfUiigkeit gegen Rostbildung. Beim Giessen werden eine Menge Dämpfe entwickelt, welche sich auf den kal- ten Formkastenwänden niederschlagen und Rost erzeugen ; wenn die Formkasten aber ausser Gebranch sind, werden sie meistens im Freien, den Witterungseinfittssen ausgesetzt, aufbewahrt Theils in Folge der schon früher erw&hnten starkem Neigung des Schmiedeeisens, Rost an- zusetzen, theib in Folge der geringeren Wandstärken, welche eben den Hanptvorzug der schmiedeeisernen Kasten ausmachen sollen, tritt also eine Zerstörung erheblich Bchneller ein, als bei den gusseisemen.

Die FormkaBtendabel, die Handhaben, Haken und Klammem werden stets aus Schmiedeeisen hergestellt und heiasen zusammen der Beschlag des Formkastens.

Wenn der Formkasten eine grosse Fläche bietet, so wOrde das Form- material nicht genug Festigkeit besitzen, am nicht beim Abheben des Oberkastena durch sein eigenes Gewicht heraasznfatlen oder beim Ab- giessen durch den Druck des flOssigen Metalls gehoben za werden. Zur Vermeidung dieser Uebebtände bringt man in dem Oberkasten durch- laufende Scheidewände in Abständen von 100 bis 200 Hm. an, welche den ganzen Kasten gitterfSrmig eiutheilen. Diese Zwischenwände sind fast immer ans Guaseisen nnd bei Kasten mittlerer GrOsse gewöhnlich . mit eingegossen, bei gräaseren entweder durch angegossene Flantsohen angeschraubt, wie in Fig. 121, oder in verticale Nuten eingesetit, welche an der Innenseite des Kastens angegossen sind, wie in Fig. 122 (a. f. S.). Kg. lao. PiR. 121.

I 140 Formkasten.

Diese Zwiaohea wände dtkrfen nicht bis anmittelbar auf dos Modell her-

onterreiuben , sondern es mosa cwisohen ihnen nnd dem Modell ein

Pig. 122.

Zwischenranm von 20 bis 30 Mm. zur Ansfüllnng mit Formmuse blei- ben. Wenn nun also ein Theil des Modells in den OberkaBt«n hinauf- . ragt, BO müssen die ZwischenwAnde dementsprechend ansgeschnitten sein.

Uierdurch kann für gewisse Formen der Abgüsse die Notb wendigkeit entstehen , jeder Zwischenwand ein anderes Profil geben xa müssen und man wendet in solchen Fällen wohl hölzerne Zwischenwände an, die jedoch selten mehr als einen bis swei Güsse aushalten.

Besitzt der Formkasten eine bedeutende Breite, so müssen die Zwi- schen- oder Scheidewände auch unter sich noch eine Versteifung erhalten. Man schiebt zn diesem Zwecke zwischen je awei Scheidewände QuerstQcke ein , welche senkrecht auf der Richtung der Scheidewände stehen und gewöhnlich nur durch Holskeile nnd den Druck, den sie, in gerader Linie fortlaufend, eins auf das andere ausüben, festgehalten werden (Fig. 122). Diese Querstücke werden gewöhnlich aus Holz, seltener aus Gusseisen hergestellt , da sie nur aus kurzen Stücken bestehen, die eich aus Holz ohne grosse Kosten beschaffen lassen.

Kleinere Formkastenhälften gieest man in einem Stücke, bei grösse- ren vierseitigen Formkasten giesst man die Giebelstücke und die Seiten- wände getrennt und schraubt sie zosammen wie in dem Formkasten Fig. 122.

Der Guss der Kasten nnd etwaige Reparaturen werden durch diese Einrichtung erheblich erleichtert; fertigt man aber mehrere Kasten in dieser Weise von gleichen Höhenabmessungen , so erhält man daneben noch den Vortbeil, mit wenigen Formenkastentheilen durch Combination derselben eine grössere Anzahl Kosten verschiedener Dimensionen her- stellen SU können. Hat man z. B.

Formkasten. Unterlagen. 141

1 Paar Längstheile 3 M. lang, 1 Paar Giebelstücke 1 M. breit, 1 n ff 4 n « 1 n « IVjM. breit,

80 kann man ans diesen zwei Paar completten Formkasten theüea vier verscbiedene Formkasten herstellen ; n&mlicb

1 Formkasten 3 M. X 1 M.,

1 3 M. X IV« M.,

1 4 M. X 1 M.,

1 4 M. X IV« M.

Allgemein ans den completten Theilen zn a Formkasten, also a Paar Giebeltheilen und a Paar Seitentheilen lassen sich a' verschiedene Form- kastengrössen herstellen.

Endlich giebt man langen Formkasten, um ihre Seitenwände vor dem Auseinanderbiegen zn bewahren, noch qnerhindnrchgehende Ver- ankerungen ans Rnndeisen a, Fig. 122. Bei Formkasten, welche ein- geschraubte oder eingegossene Zwischenwände besitzen, dienen diese, wenn sie stark genug sind, meistens schon zur grossem Steifigkeit der Seitenwände und machen die Anwendung besonderer Verankerungen ent- behrlich.

Ein letztes Mittel, das Formmaterial vor dem Herausfallen aus dem Oberkasten zu bewahren, sind die sogenannten Gehänge. Dieselben bestehen aus gusseisernen oder schmiedeeisernen S-f5rmig gebogenen Stäben, welche mit einem Ende auf den Zwischenwänden ruhen, mit dem andern Ende bis kurz über das Modell herunterhängen. Sie werden vorzugsweise dann angewendet, wenn ein Theil des Formmaterials, wel* ches mit dem Oberkasten emporgehoben wird, weit unter der Kante des- selben hervorragt, wenn also das Gussstück eine im Unterkasten befind- liche Vertiefung erhält. Diese Gehänge erschweren allerdings das Her- ausfallen des Formmaterials, machen dagegen ein Umwenden des Form- kastens unmöglich , weil sie nur lose auf den Zwischenwänden aufliegen und beim Wenden also herausfallen würden. Bei gutem Formmateriale und zweckmässig construirten Zwischenwänden sind sie gewöhnlich ent- behrlich und werden nur ausnahmsweise verwendet.

Ergänzungsstücke zu den Formkasten bilden die Formbretter, Lehrbretter oder Unterlagen, einfache mit Querleisten an der untern Seite versehene Bretter oder Tafeln aus trocknem Holze, welche sowohl als Unterlage bei Herstellung der Gussform als beim Abgiessen derselben

Fig. 128.

142 Rüstongen der Lehmgussformen.

zu dienen pflegen. Dieselben eind besonders dann erforderlich, wenn der untere Formkasten gewendet werden muss; man spannt denselben in diesem Falle beim Wenden zwischen zwei Formkastenbretter a und b, Fig. 123 (a. T. S.)* am das Herausfallen des Formmaterials zu verhüten, und nennt das Brett &, auf welchem das Modell beim Einformen liegt, Modellbrett, das andere a, auf welchem gegossen wird, Unterlage. Letz- teres muss bei grösseren Formkasten mit zahlreichen kleinen Löchern versehen sein, um das Entweichen der beim Giessen sich entwickelnden Gase und Dämpfe zu ermöglichen. Beim Wenden des Oberkastens macht die Anbringung der erwähnten Zwischenwände an und ftlr sich das Her- ausfallen des Sandes unmöglich*

BüBtungen der Iiehmgussformen. Nur in seltenen Fällen be- dient man sich fOr Herstellung der Lehmgussformen eines Formkastens. Da, wie später eingeBender besprochen werden soll, die Lehmgussformen ohne Formkasten vor dem Gusse in den Erdboden eingegraben werden, um ein Auseinandertreiben durch den Druck des flüssigen Metalls zu verhüten , so bedarf es nur solcher Rüstungen , welche ein Auseinander- nehmen, Transportiren u. s. w. der Gussform, nachdem sie getrocknet worden ist und dadurch Steifigkeit erlangt hat, ermöglichen. Vielfach dienen hierzu eingelegte, entsprechend gebogene Flacheisenstäbe , welche mit darüber gelegten Querstäben durch Draht zusammengebunden und in dieser Weise zu einer Art Gerippe der ganzen Gussform vereinigt werden. Um die dem Profile der Gnssform genau entsprechende Biegung der Stäbe ohne grossen Zeitverlust bewirken zu können, benutzt man Bleistäbe als Modell, welche sich mit Leichtigkeit zuvor biegen und an- passen lassen.

In anderen Fällen mauert man die Umfassungen der Lehmgussfor- men aus Lehmsteinen, Ziegelsteinen oder Ghamottesteinen in kunstgerech- tem Verband auf, so dass diese gemauerte Umfassung als Rüstung dient, und bekleidet sie nur an den Innenwänden mit Lehm. Wenn es aber erforderlich wird, die Gussform in sehr viele einzelne Theile zu zerlegen, z. B. beim Statueng^ss, so umkleidet man sie mit einem Gypsmantel von 200 bis 500 Mm. Stärke, der in eben so viele Theile als die Gussform zerlegt ist und dessen einzelne Stücke sorgsam in einander gefugt und mit je einem zugehörigen Theile der eigentlichen Gussform fest verbun- den sind. Das Ganze wird schliesslich nach dem Zusammensetzen der Gussform durch umgelegte schmiedeeiserne Anker fest verbunden.

Büstungen der Kerne. Bei allen Kernen, welche durch Drehen mit der Schablone ihre Form erhalten, bildet die Eernspindel die starre Achse, den innersten Theil des Kernes. Sie ragt an beiden Enden über den eigentlichen Kern hinaus und endigt in Zapfen, mit denen sie beim Dre- hen in Lagern ruht. Gewöhnlich endigt der eine Zapfen in einem Vierkant, über welches eine Kurbel zum Drehen des Kerns geschoben werden kann.

Eerndpindeln.

143

Die Kemspindel hat Tomehmlich zwei Bedingungen zu erfüllen: sie muBs dem Kerne Steifigkeit genug geben, um ihn vor beträcht- licher Durchbiegung zu bewahren;

sie muss derartig con^truirt sein, dass sie das Entweichen der beim GKessen aus dem Kerne entwickelten Gase und Dämpfe gestattet, ohne dass dieselben in die Gussform treten.

Die erste Bedingung wird auch bei sorgfältigster Construction und zweckmässigstem Materiale nicht immer in ausreichender Weise erfüllt, und man ist dann genöthigt, bei der Verwendung des Kerns denselben durch äussere Mittel zu stützen; die Erfüllung der zweiten Bedingung ist aber unerlässlich, wenn nicht das Gelingen des Gusses gefährdet wer- den soll.

Als Material zu den Kemspindeln dient Schmiedeeisen oder Guss- eisen, Holz nur ausnahmsweise für ungewöhnliche Formen der Kerne.

Die Construction des Spindelsquerschnitts ist verschieden nach dem Durchmesser desselben. Dünnere Kemspindeln bis zu 25 Mm. Durch- messer stellt man häufig aus Rundeisen mit eingehobelten Längsnuten her, welche als Abzugscanäle für die Gase dienen, Fig. 124; oder man benutzt

Fig. 124.

schmiedeeiserne gezogene Röhren, welche mit zahlreichen durchbohrten Lochern versehen werden, um den Gasen den Zutritt in das Innere zu gestatten, von wo sie ungehindert entweichen können, Fig. 125.

Fig. 125.

Bei etwas grösserem Durchmesser pflegt man Gusseisen als Material zu benutzen und den Spindeln einen sternförmigen Querschnitt zu geben, Fig. 126, wobei der Zwischenraum zwischen den Strahlen denselben - Zweck erfüllt» wie die eingehobelten Nuten der schwächeren Kerne.

Fig. 126.

Noch stärkere Kemspindeln giesst man hohl aus Gusseisen und ver- sieht sie wie die schwachen Schmiedeeisenröhren mit zahlreichen Oeff- nungen zum Entweichen der Luft, Fig. 127.

Fig. 127.

141 Kenispindeln.

Für einzelne GnssBtQcke, wenn eine passende Spindel nicht vorräthig

ist, hilft man sich dnrch ein etarkei Qa^drateiseo, auf dessen vier Seiten

schwächere aufgelegt nnd durch Draht verbiinden werden, Fig. 128. Die

Enden des QnadrateiseiiB sind mnd geschmiedet, nni als Zapfen zn dienen.

Fig. I2S. Fig. 130.

Orosae Spindeln (über 500 Mm. im Dnrch messer) fertigt man wohl des geringern Gewichts halber ane Eisenblech oder Flachstäben, welche anf gnsseisenie Scheiben aafgescbrsnbt oder aufgenietet sind, Fig. 139.

Endlich wendet man bisweilen fSr sehr grosse Cylinder (über 1 H- im Durchmesser) sogenannte Differenzialspindeln mit Teretellbarem

Kernspindeln. 145

Darcbmesser an, um der Schwindung nach dem Erstarren Rechnung zu tragen. Eine solche Differenz] alspindel ist in den Figuren 130 und 131 abgebildet. Die eigentliche Spindel besteht aus vier gusseisernen Seg- mentstücken aa^ deren Berührungsflächen auf einander gleiten, sobald die Segmente in radialer Kichtung verschoben werden, so dass in solcher Weise eine Vergrösserung und Verkleinerung des Durchmessers bewirkt werden kann. Die Segmentstücke sind durch Schraubenbolzen 2)2) mit zwei gusseisemen Ringen cc derartig verbunden und vor dem Ausein- anderfallen gesichert, dass eine radiale Bewegung der Segmente in sol- cbem Maasse erfolgen kann, als es einerseits der äussere Durchmesser der Ringe cc, andererseits die Länge der Schraubenbolzen b gestattet.

Die durch die ganze Länge der Kernspindel hindurchgehende schmiede- eiserne Achse d trägt die beiden Gusseisenkegel ee, welche mit Nuten längs der an den Segmentstücken angegossenen Längsrippen // geführt und dabei gegen die keilförmigen Nasen gg., der Segmentstücke gedrückt werden. Es ist klar, dass bei Fortschiebung der Kegel e nach rechts die Segmentstücke auseinander geschoben, der Durchmesser der Kern- spindel also vergrossert wird, dass aber bei Fortschiebung nach links eine Verkleinerung des Spindeldurchmessers eintreten muss, sobald ein Druck auf die Segmentstücke von aussen stattfindet. Um diese Ver- schiebung zu ermögliohem , sind die Kegel e auf der Achse d durch die Splinte h und Bunde i festgehalten, während sich d frei drehen kann; d aber ist mit Schraubengewinde h versehen und in der Schraubenmutter l drehbar^ welche ihrerseits in der aus der Zeichnung ersichtlichen Art und Weise mit den Segmentstücken verbunden ist. Durch Drehung der Achse nach rechts oder links wird demnach diese selbst und mit ihr die Stücke ee nach vorwärts bewegt, dadurch eine Vergrösserung oder Verkleinerung des Spindeldurchmessers bewirkt.

Neben den Kemspindeln mögen sogleich als einfache aber unent- behrliche Hülfsapparate bei Anfertigung gedrehter Kerne die Kerndreh- bänke Erwähnung finden, welche den Zweck haben, eine Auflage für die Kernspindel wie für die formgebende Schablone beim Drehen des Kerns zu bilden. Meistens stellt man sie aus zwei hölzernen Böcken her, auf welchen je zwei im Winkel eingeschlagene eiserne Stifte die Kernspindel vor dem Verschieben sichern, während die übrige Fläche als Auflage für die Schablone dient, Fig. 132 (a. f. S.). Seltener ist die Anwendung guss- eisemer Kerndrehbänke, und nur in sehr vereinzelten Fällen hat man die Kemdrehbänke ähnlich den Drehbänken zum Metalldrehen mit Spin- delstock und Riemenscheiben versehen, um den Antrieb von einer Trans- mission aus zu bewirken und die Arbeit des Kurbeins zu sparen.

Für alle nicht durch Rotation entstandenen Kerne dienen die Kern- eisen als Ersatz der Kerpspindel. Diese Kerneisen sind Stäbe aus Guss- oder Schmiedeeisen, in der ganzen Länge des Kerns eingelegt, jeder Krümmung desselben folgend , häufig in grösserer Anisahl parallel neben einander liegend und durch Querstäbe zu einem Systeme verbunden,

XAtdebiir, »«chanlMh-metaUorgisctae Technologie. JQ

146

Werkzeuge der Formerei.

Fig. 133, also den Eisen der Lehmgussformen entsprechend nnd ebenso wie diese gemeinschaftlich ein Gerippe des Kerns bildend, welches dem-

Fig. 132.

■.\x Nv^ -^S5^v;.\>\VV^\^ \ \N^ nvXnsV^

Fig. 133.

selben Festigkeit giebt. Für die S-formigen Kerne zu den Dampfcanälen der Dampfcylinder z. B. wird man eine Anzahl ebenfalls S-förmig ge- bogener Kern eisen einlegen und dieselben durch einzelne Querstäbe ver- binden, welche mit Draht an den ersteren befestigt werden.

D. Die Werkzeuge der FormereL

Hierher gehören:

Siebe zum Durchsieben der Formmaterialien, feinere mit Messing- drahtböden, gröbere mit Eisendrahtböden, Maschen weite Vj bis 5 Mm.

Stampfer zum Feststampfen von Sand ui^d Masse. Die kleineren sind aus Gusseisen mörserkeulenartig gefertigt, Fig. 134, die zugeschärfte Kante am obem Ende dazu dienend, auch in schmalen Fugen das Form- material feststampfen zu können. Die grösseren Stampfer haben einen gusseisernen Fuss und hölzernen Stiel, dessen Länge der Tiefe der Guss- form entspricht, Fig. 135.

Schaufeln zum Einschaufeln des Formmaterials.

Besen zum Zusammenkehren desselben.

Richtscheite von Holz und Eisen.

Schrauben verschiedener Grösse zum Herausheben der Modelle (welche mit entsprechendem Muttergewinde versehen sein müssen); für Holzmodelle Holzschrauben; zu einem Auge an dem einen Ende umge- bogen, um einen Querstab hindurch stecken und dadurch das Heraus- heben leichter bewirken zu können, Fig. 136.

Werkzeuge zum Glätten und Ausbessern der Gussform, ge- wöhnlich bestehend in Streichblechen, Fig. 137, mit glatt polirter Fläche, Putzhäkchen oder Spatel, winkelförmige, Fig. 138, und ge- bogene, Fig. 139.

Ein Blechlöffel.

Pinsel verschiedener Grösse.

Arbeitsverfahren der Formerei.

147

Ein Blasebalg zum Entfernen kleiner hineingefallener Körper aus der GuBsform.

Ein Wassergefäss.

Hammer ans Holz und Eisen.

Staubben tel in Sackform aas Leinwand oder Shirting zum Auf- stäuben von Kohlenstaub, ca. 400 Mm. lang, 200 Mm. breit.

Flg. 134. Fig. 137.

Fig. 135.

Fig. 136.

L

Fig. 138.

Fig. 139,

Lange Nadeln (Luftspiesse) zum Luftstechen, d.h. zur Anbringung von Canälen für die entweichenden Gase und Dämpfe innerhalb der Formmasse.

Gabeln, zweizinkig, von starkem Bleche zum Aufspiessen und Be- wegen kleiner Kernstücke.

Schraubzwingen aus Holz und Eisen bis zu 600 Mm. Spannweite für verschiedene Zwecke.

Zirkel.

E. Das Arbeitsverfahren der Formerei.

Die Herdformerei.

Herd nennt man, in der Giesserei eine natürliche oder künstlich hergestellte Lage porösen Formsandes, deren Oberfläche im Niveau der Hüttensohle zu liegen pflegt, und welche eine solche Stärke besitzt, dass man im Stande ist, einfache, oben ganz oder theilweise offene Gussformen durch Eindrücken eines Modells in derselben herzustellen. Das Metall erstarrt in der oben offenen Gussform mit horizontaler Oberfläche, und diese, nur in Folge der bei der Erstarrung eintretenden physikalischen und chemischen Vorgänge etwas von einer genauen Ebene abweichende Oberfläche kennzeichnet den offenen Herdguss.

Da beim Giessen im Herde die entwickelten Gase und Dämpfe in senkrechter Richtung keinen Ausweg finden, so ist ein sehr durchlässiges

10*

148 Herdformerei

Material erforderlich, um dieses Entweichen der unterhalb des Metalls entwickelten Dämpfe nacli allen Seiten hin zn gestatten. Bei dichtem, thonigem Boden gräbt man denselben 1 bis IVi Meter tief ans, bringt zu uaterst eine Lage Rohlenlösche, daranf einen sehr durchlässigen Sand.

Bei weniger dichtem Boden nnd gntem porSsem Sande Iftsst man die RohlenlöBche weg nnd lässt den Herd nur aus Sand bestehen.

Besteht das Knlreich schon an nnd fär sich aus einem grobkörnigen, scharfen Sande, so hat man nur nöthig, da wo die Gnssform hergestellt werden soll, den eigentlichen Formaand darauf zu bringen.

Um eine Gnssform herzustellen, gräbt man den vorher benntzten Herd anf, siebt den Sand durch nnd ebnet die Oberfläche genau nach der Horizontalen, indem man zwei lange Holzleisten wagerecht und pa- rallel einklopft, so dsss ihre Oberkante etwas tiefer als die Oberkante des Herdes liegt, sie mit der Setzwage genau richtet nnd nun ein hoch- kantig gehaltenes Richtscheit Dber beide hinwegfflhrt, allen über die Lei- sten emporstehenden Sand abstreichend.

In dieses So geebnete Sandbett wird das Modell nnter steter Be- nntznng der Setzwage mit einem Holzhammer eingeklopft, dann die Rän- der desselben mit gntem Formsande nmstampft nnd abgestrichen nnd endlich das Modell herausgezogen.

Zur Ableitung der Gase sticht man mit dem Lnftspiesse rings am das Moilell nnd in schräger Richtnng möglichst weit anter dasselbe Lnfl- canSle. Bei sehr grossen Gegenttänden legt man zur Bildung dieser LuflcanSle dttnne Seile in den Herd ein, welche von den Seiten her bis unter die Mitte des Modells reichen, mit dem andern Ende znTage mQn- den, und zieht sie, nachdem das Modell eingeklopft ist, vorsichtig her- aus; oder man benutzt locker geflochtene Strohseile zu demselben Zwecke, welche poräs genug sind, am den Gasen in ihrem Innern Abzug zu ge- währen, nnd deshalb liegen bleiben können.

Das Modell wird entweder nur so tief eingeklopft, als die Stärke des Abgusses werden soll, oder man macht die Gnssform etwas tiefer, als es die Stärke des Abgasses erfordert, nnd schneidet an den Rändern so-

Fig. 140.

genannte Niveaus aa, Fig. 140, ein, dnrch welche das überflOssig zuge- gossene Mrtatl ablaufen kann.

Herdfonnerei. 149

Um einfache Sachen ein^oformeu bedarf es iiivht inmer eines voll- stAndigeu Modells, soadera man hilft sich in billigerer Weise.

Um z. B. eine vierseitige Platte in giessen, bezeichnet man auf einem glatt geh(ibell«n Brette die Grösse dieser Platte dorch aufgeheftete Hchoiale Leistchen, legt nnn das Brett aof den vorher geeboeten Herd mit den Leisten nach nnten, so dass sie sich im Sande abdrücken, und stampft, nachdem das Brett entfernt Ist, rings um die in ihrer Grösse auf solche Weise beieiohnete Fläube einen Rand auf, indem man dorch Gegenhalten einer einfachen Leiste dem Rande beim Aufstampfen Gegeu- drndt hält.

Oeffnnngen in einer Platte stellt man her, indem man da, wo die Oefihung angebracht werden soll, einen kleinen Rahmen in die vurher hergerichtet« Guseform einlegt und den Raum innerhalb des Rahmens mit Sand volletampft, so dass nach dem Wegnehmen des Rahmens dieser SondlcÖrper eine Erhöhung bildet, welche das Zutreten des Metalls verhindert. Ist die OefTnung vierseitig, so kann man die Lage derselben in gkicher Weise bezeichnen, wie die äussere Umgrenznug der Platte nnd dann mit einer einzigen Leiste die vier Seiten nach einander abgrensen.

Um einen grnssen Ring herzustellen, bedient man sich eines Seg- meats, welches sich an einem hölzernen Arme um einen im Mittelpunkte des Kingea auf einem Brett« eingeschlagenen Nagel dreht, Fig. 141. P)g j^j. Nachdem beide Ränder des Segments

nmstampft sind, wird dasselbe wei- ter bewegt, bis der Ring fertig ist. Gitter* and Fenstermodelle rich- tet man vollstftndig her, macht sie aber der bessern Haltbarkeit wogen gewöhnlich stärker, als der Abguss werden soll, and klopft sie nur bis zu der vorgeschriebenen Stärke in den Sand ein, oder bezeichnet die Stärke des Abgusses durch Nivunns. Kleine Oeffnungen in den Ab- gössen werden durch Masse- oder Lehmkerne hergestellt, %ielche in die Gnssform eingesetzt and durch darüber gelegte Leisten vor dem Auftriebe dnreh das flüssige Metall geschützt werden, Fig. 142 (a. f. S.). Die Stellung dieser Kerne wird durch auf dem Modelle befindliche Kem- marken bezeichnet.

Sehr stark einspringende Kauten der Gnssform werden durch ein- gedrückte Drahtstifte vor dem Foi-treiesen durch das Metall gesichert.

Durah gewisse Kunstgrifie ist mau im Stande, auch der Oberfläche geringe Abweicbungen von einer horizontalen Fläche zu geben. Um z. B. Platten mit Falz, Fig. 143 (a.f.S.), zu giessen, legt man an der Stelle,

150 Herdformerei.

wo die Tertiefuug angebracht werden hoU, eine eiserne mit Lehm be- strichene Leiste a in die Gossforni, unter welcher dann das Metall -hiD- laufen musa.

Das Einlaufen des flüssigen Metalls in die Gassform geschieht durch den „EiDguss", eine schmale mnldenformige Rinne, welche an einer Seite Pi n2 in die Gussform, an d«r

andern in eine etwas höher gelegene Bnmpf- artige Unlde mündet, in welche das flOssige Metall zuu&chet ausge- gossen wird. Der Einguss mass erheblich schwä- cher in der Stärke als der Abgase sein, um nach dem Erkalten mit * Leichtigkeit abgeschla-

gen werden zu können, ohne eine Beschädigung des GuBsatäckB fürchten zu müssen. Je grösser die Oberfläche des Abgusses im Verhältnisse zu seiner Stärke ist, desto mehr EingUsse bringt man an, um ein rasches Anfüllen pj^ J43 der Gnssform mit flüssigem Metalle

zu erreichen, bevor dasselbe erstarrt. Als Beispiel hierfür möge Fig. 144 dienen.

Bei flachen Gegenständen lässt man den Eingnsa stets an dem obem Rande der Gussform münden und das Metall von oben bineinfliessen, wie in Fig. 144; bei hohen Körpern lässt man das Metall bisweilen von unten aufsteigen, indem man das- selbe durch eine in dem Herdsande angebrachte Rinne nach unten führt, Fig. 145. Man bezweckt dadurch dieErzielung eines dichtem, von den Ansscheidungen des Metalls freiern Gusses. Denn da der EinguHS stets voll flüssigen Metalls erhalten wird, bleiben die spocifisch leichteren ausgeschiedenen Körper (Oxyde, Graphit) an der Oberfläche desselben zurück, ohne in die Gussform zu gelangen.

Die Ilerdformerei ist für einfach gestaltete Gegenstände die ein- fachste und deshalb billigste Herstellnngsmethode. Sie erfordert die ge- ringsten Modellkosten, das geringste Inventar an Geräthen nnd, so lange die Form des Abgusses der Eigenthümlicbkeit des Verfahrens entspricht, die geringsten Löhne. Die Löhne wachsen aber, je mehr die Form des

Modells von j«aen Regeln t&r gewöbnlicben Herdgass sich eutfeint , Dnd können bei schwierigen Aufgaben eine Grenze erreioben, wo es nicht

Fig. U4.

mehr räthlicb erscbemt, Ilerdgnss anzuwenden Oft giebt der Mangel eines pasEenden Formkastens den Ausschlag für die V^ahl des Hei-dgusses Y ^^^ EmNachtbeil desselben hegt in der

stets undichten Besi.baffenbeit des Abgasses in den der Oberfläche zonacbst liegenden Theilen, ein Um- stand, hervorgerofen theile durch das ohne jeden äussern Druck statt- findende Erstarren, in Folge dessen Oasblasen unterhalb der raaoh starr werdenden oheisten Schicht zurQck- gehalten werden , tbeils auch durch die an jeder freien Oberfläche flusstgoQ Metalls entstehenden Aiuscbei- duDgen und Ozydationsproducte Soll daher em Herdgussstück auch an der Oberflache dicht werden, ao moss man bei Gnsseisen mindestens 5 Mm. der St&rke des Abgasses zugeben und dieses liebermaass, welches den grössten Theil jener Gasblasen und Ausecheidnogen enthält, durch spätere mechanische Dearbeitung entfei-nen.

Die Eastenformerei.

Kastenformerei nennt mau diejenige Art und Weise der Herstellung voD Gussformen, bei welcher man sich der Formkasten bedient, um die Guesformen heben , wenden nnd fortschaflen zu können. Das üblichste Material für die Kastcnformerei bildet, wie schon früher erwähnt, der Sand und die Masse, weit seiteuer Lehm.

152 KastenformereL

Der einfachste Fall bei der Kastenfonnerei ist der, wenn ein einfach gegliedertes Modell ohne Kernstücke in einem zweitheiligen Kasten ein- geformt wird. Das ModeU, oder, wenn es getheilt ist, die in den Unterkasten kommende Hälfte des Modells, wird in umgekehrter Lage auf ein Lehr- brett gelegt, der Unterkasten, gleichfalls in umgekehrter Lage, darüber gestülpt, Sand aofgesiebt, gestampft, bis der Sand über den Rand des Kastens heraosragt, mit dem Richtscheite glatt abgestrichen; dann wird ein zweites Lehrbrett (Unterlagsbrett) darauf gelegt, um das Herausfallen des Sandes beim Wenden des Kastens zu verhüten, der Kasten mit bei- den Brettern gewendet , so dass die vorher untere Seite jetzt oben liegt, das oben liegende Lehrbrett entfernt und der Oberkasten aufgesetzt. Vorher bestreut man die Oberfläche des Sandes dünn mit Ziegelmehl oder scharfkantigem, grobem, trocknem Saude, um das Zusammenkleben der Sandfiächen des Ober- und Unterkastens zu verhindern. Besteht das Modell aus zwei Hälften, so setzt man nun die obere auf die untere. Bevor man den Oberkasten voll Sand stampft, setzt man das Modell zum „Eingüsse*', d. h. zu dem Giessloche, durch welches das Metall in die Form strömt, an seine Stelle, ein schwach konisches, gewöhnlich im Quer- schnitte kreisrundes Holzmodell, mit dem stärkern Ende aussen mün- dend. Der Einguss wird entweder unmittelbar auf das Modell gesetzt, so dass das Metall unmittelbar durch den Einguss in die Gussform ein- strömt, oder in einiger Entfernung davon , und wird dann mit der Form durch einen nach dem Einstampfen des Oberkastens mit dem Löffel an- geschnittenen „Einlauf*' verbunden.

Bei grossen Gussformen, welche eine Menge atmosphärischer Luft eingeschlossen enthalten, bringt man dem Eingüsse gegenüber zum Ent- weichen dieser Luft „Windpfeifen** an, welche aus leicht erklärlichen Ur* Sachen auf dem höchsten Punkte der Gussform münden müssen. Wird die Gussform mit verlorenem Kopfe versehen, so dient dieser gleichzeitig als Windpfeife.

Der Oberkasten wird nun in gleicher Weise wie der Unterkasten eingeformt, abgehoben, gewendet und neben dem Unterkasten aufgestellt.

Es folgt nun das Herausheben des Modells und Ausbessem der GuBsform au den Stellen, wo sie etwa beschädigt worden ist. Bis hierher unterscheidet sich das Verfahren bei Herstellung von Sand- und Masse- gussformen nur durch die Art des Einstampfens. Sandformen werden weniger fest gestampft, damit sie für die entweichenden Dämpfe durch- lässig bleiben ; Masseformen werden fester gestampft, weil diese Rücksicht wegfallt und die Gussform durch festeres Stampfen widerstandsfähiger wird. Das Einstampfen des Formsandes erfordert um so mehr Umsicht und Uebung, je höher die Temperatur des eingegossenen Metalls ist ein zu festes Einstampfen würde die Durchlässigkeit der Gussform beeinträchtigen und ein Kochen des Metalls zur Folge haben; ein zu loses Einstampfen würde ein „Treiben" des Gusses, d. h. eine Vergrösse-

Kastenformerei.

153

ning der AbniessuDgeD der Gassform durch den hydroBtatischen Druck des Metalls ermöglichen.

Die Form im grünen Sande wird nun, wenn nöthig, mit Kohle aas- gestäubt und ist dann zur Zusammensetzung fertig. Die Form in Masse wird mit der früher beschriebenen Schwärze geschwärzt und kommt nun erst zum Trocknen.

Bei grossen Gussformen erleidet dieses soeben beschriebene Verfah- ren häufig insofern eine Abweichung, dass man den Unterkasten nicht über das Modell einformt und dann wendet, sondern das Modell von oben her in den vorher mit Sand oberflächlich gefüllten Unterkasten wie bei der Herdformerei einklopft. Dadurch spart man allerdings ein Um- wenden des schweren Kastens, es wird aber auf diese Weise weit schwie- riger, den Sand um das Modell herum überall gleichmäsdg fest zu stam- pfen, und die Folge jeder Ungleichmässigkeit ist ein Treiben an dieser Stelle.

Man lässt auch häufig bei Anwendung dieses letztem Verfahrens den Unterkasten ganz fort, formt die untere Hälfte des Modells in den Herd ein, setzt den Oberkasten darauf und nennt diese Art der Forme- rei wohl verdeckten Herdguss. Dieselbe bietet durch Ersparung des Unterkastons grosse Vortheile für den Guss grosser Gegenstände und ist deshalb besonders in Maschinenfabriken, welche grosse Stücke giesseui viel im Gebrauch.

Aus jenem einfachen Verfahren beim £infonaen eines 'zweitheiligen Kastens lassen sich alle zusammengesetzteren Methoden bei mehrtheiligen Kasten ableiten.

Um z. B. den vierseitigen ornamentirten Kasten eines gusseisernen

Fig. 146.

Etagenofens zu formen, verfahrt man in folgen- der Weise.

Das Modell ist in vier Theile, den vier Seiten des Kastens entsprechend, durch senk- rechte Fugen getheilt und durch Dübel lose zusammen gehalten. Der Formkasten besteht aus dem Unterkasten, dem Mitteltheile, welches die Höhe des zu formenden Ofenkastens besitzt und gleichfalls in vier Theile zerlegt werden kann, und einem flachen Oberkasten.

Das Modell wird aufrecht auf einen Lehr- klotz gestellt, welcher die Höhe des Unterkastens besitzt und diesen voll ausfüllt, Fig. 146, dann Unter- und Mittelkasten aufgesteUt und zunächst der Raum a zwischen Modell und Kasten wän- den, dann der Raum h innerhalb des Modells voll Sand gestampft. Von den Ecken des Ka- stens nach den Ecken des Modell legt man vor dem Einstampfen ganz schwache Bleche cc ein,

154 Eastenformerei.

am eine Trennung des Sandes nach den vier Theilen des Kastens herbei- zuführen. Nun wird der Kasten sammt dem Untertheile umgedreht, der Lehrklotz l herausgenommen, trockner Sand oder Ziegelmehl auf die Flächen xx der Seitentheile gestreut, um diese später abnehmen zu kön- nen, und das Untertheil voll Sand gestampft. Dann abermaliges Wenden beider Kasten theile, Anbringen des Eingusses, Aufstampfen des Obei*theils. Hierauf wird das Obertheil abgehoben, die Einlaufe angeschnitten, dann die vier Seitentheile, aus denen der Mittelkasten besteht, mit je dem zu- gehörigen Theile des Modells behutsam abgelöst, während das Untertheil mit dem Kerne stehen bleibt. Nun folgt Abheben der Modelltheile, Stäu- ben und Zusammensetzen der Gussform.

Werden bei irgend einer Gussform Kerne gebraucht, so legt man dieselben ein, nachdem alle Arbeiten vor dem letzten Zusammensetzen der Form beendet sind. Die Kernmarken geben die genaue Lage des Kerns an. Dennoch erfordert das Einlegen grosse Aufmerksamkeit, und die richtige Lage muss mit Zirkel oder Schablone geprüft werden. Lange dünne Kerne biegen sich durch den Auftrieb des Metalls wie auch durch ihr eigenes Gewicht und müssen deshalb eine unverrückbare Unterstützung erhalten. Diese Unterstützung wird durch sogenannte «Kernsteifen^ oder „Kemstützen'' bewirkt; man fertigt dieselben aus Blech, und zwar Fig. 147. n^^oppelte", Fig. 147, welche zwischen zwei Kerne oder auch zwischen Kern und Formwand sich einlagern und deren Höhe also gleich der Wandstärke des Gussstücks ist; oder „einfache*' mit langem Stifte, Fig. 148, dessen Ende in das Formkastenbrett eingeschlagen wird oder sich auf einen Tis. 148. ^^d^^Q festen Gegenstand stützt und, da es aus dem Ab- güsse hervorragt, später abgefeilt wird. Auch starke Nägel dienen zur Unterstützung kleinerer Kerne. Bei Eisenguss, wo diese Kernsteifen am häufigsten gebraucht werden, ver- zinnt man sie, um eine Gasentwickelnng zu vermeiden, welche die Folge der Berührung des kohlenstoffhaltigen Gusseisens mit dem Oxydhäutchen des Blechs ist; aber auch dieses Mittel schützt nicht immer vor Entstehung von Blasenräumen in der Nähe der Kernsteife.

Von Wichtigkeit für das Gelingen des Gussstücks ist meistens die Wahl der Stelle, welche man dem Eingüsse giebt. Einestheils muss der Einguss nach dem Gusse entfernt werden und pflegt an der Stelle, wo er gesessen hat, eine Narbe zu hinterlassen; folgenreicher für das Gelin- gen des Gusses ist noch der Umstand, dass da, wo der Einguss befind- lich ist, das letzte flüssige Metall in die Form strömte und also dort auch die Erstarrung ihr Ende fand. Hierdurch wird die Schwindung des Metalls beeinflusst. In der Nähe des Eingusses pflegen sich Hohlräume zu bilden, welche den Guss undicht machen. Man bringt ihn daher an solchen Stellen an, wo solche Undichtigkeiten am wenigsten schaden. Auch die Richtung des Strahls des einfliessenden Metalls gegen die

EastenformereL

155

Wände der Form ist ins Auge zu fassen. Meistens lässt man das Metall Yon oben in die Gnssform hineinfallen, in einzelnen Fällen von unten aufsteigen, wie es schon bei der Herdformerei erwähnt wurde. Bei Walzen, welche eine reine, dichte Oberfläche erhalten sollen und in stehender Lage gegossen werden , führt man häufig das Metall unten in tangentialer Richtung in die Form Fig. 149. Man bezweckt dabei, durch

Fig. 149.

die Centrifngalkrafb des in wirbelnder Bewe- gung aufsteigenden Metalls das specifisch schwe- rere, reine Metall yon seinen leichteren Verun- reinigungen (wozu auch Gasblasen gehören) zu sondern, ersteres nach dem Umfange, letzteres nach der Achse der Gussform hinzudrängen.

Auch die Stärke des Eingusses ist von Wichtigkeit. Dieselbe muss derartig bemessen sein, dass der Einguss im Stande ist, der Guss- form in genügender Geschwindigkeit das Metall zuzuführen, während er anderntheils nicht rascher das fliessende Metall durchlassen darf, als das Nachgiessen erfolgt, weil es besonders bei schwer- schmelzigen Metallen eine Bedingung für das Gelingen des Gusses ist, dass der Einguss bis nach beendetem Gusse stets gefüllt bleibe. Man hat Eingüsse von 5 bis 200 Millimeter im Durchmesser. Der Flüssigkeitsg^d des Metalls spricht bei Bemessung des Eingussdurchmessers erheblich mit. Niemals aber darf man den Um- stand aus den Augen verlieren, dass der Ein- guss nach dem Erkalten von dem Abgüsse ohne Schwierigkeit getrennt werden muss, ohne dass letzterer beschädigt wird, und dass er also immer schwächer sein muss als die Metallstärke des Abgusses an der Berührungsstelle. Die Höhe des Eingusses richtet sich meistens nach der Höhe des Oberkastens, ist aber ebenfalls nicht ohne Einfiuss auf das Gelingen des Gusses« Denn der Druck, wel- cher auf dem in der Gussform befindlichen flüssigen Metalle lastet, und welcher von diesem wiederum an die Wände der Gussform übertragen wird, rührt von der Höhe des Eingusses her und wächst mit dieser. Bei einer geschlossenen Form wirkt der Einguss wie das Pressrohr eines hy- draulischen Presscylindera und pflanzt den Druck, welchen die flüssige Metallsäule oberhalb der Form ausübt, auf die Wände der letztem fort. Je höher also der Einguss ist, mit desto grösserm Drucke wird das flüs- sige Metall in alle Theile der Gussform getrieben, desto schärfer fallt im Allgemeinen der Abguss aus, desto mehr ist aber auch die Form dem Treiben ausgesetzt« Mau pflegt deshalb den Einguss um so höher zu

156 KasteuformereL

machen, je mehr Werth auf Erzielung eines scharfen und dichten Gusses gelegt wird; und wenn die Höhe des Oberkastens nicht aasreicht oder der Abgass hoch in dem Oberkasten hinaufreicht, so erhöht man den Eingoss auch wohl durch einen aufgesetzten kleinen Kasten (wie in Fig. 149).

Häufig muss man f&r einen Abguss mehrere Eingüsse an verschiede- nen Stellen anbringen, wenn die Oberfläche des Gassstücks so bedeatend ist, dass ein einziger Einguss nicht ausreichend ist, die Gussform rasch genug zu füllen.

Giesst man cylindrische oder prismatische Körper in horizontaler Lage, so sammeln sich aUe beim Gusse entstehenden festen oder gafiför- migen Ausscheidungen in der Nähe der Soheitellinie auf der ganzen Länge des Abgusses und machen denselben dadurch völlig ungleichartig in seiner Dichtigkeit. Hierher gehören Säulen, Walzen, Röhren. Soll dieser Uebelstand vermieden werden, so muss der Körper, wie die Walze in Fig. 149, mit stehender Achse gegossen werden, wodurch die An- sammlung der fremden Körper auf einen kleinen Querschnitt concentrirt wird und sich nöthigenfalls in den verlorenen Kopf verlegen lässt; oder wenn dieser stehende Guss, wozu getrocknete Gussformen wegen des hohen Drucks in dem untern Theile unerlässlich sind, wegen grosser Lange der Abgüsse nicht gut ausführbar ist, so bringt man gern die Gussfor- men wenigstens in schräge Lage, um das Aufsteigen jener Körper nach einem einzigen Punkte zu erleichtern, und nennt diese Art des Gusses „halbstehenden Guss^.

Nur selten wendet man bei der Kastenformerei statt des Modells eine Schablone zur Herstellung der Gussform an. Dieser Fall kommt z. B. vor bei Rotationskörpern, insbesondere grossen Walzen für Walz- werke, für welche man die Kosten des Modells ersparen will, bisweilen auch bei Röhren von grossem Durchmesser. Als Formmaterial dient alsdann gewöhnlich Lehm. Die Schablone ist an einer Spindel befestigt, welche in einfachen, an den Stirnseiten des Formkastens befestigten Lagern ruht, so dass die Achse der Spindel genau mit der Achse des Formkastens zusammenfallt. Jede der beiden Hälften der Gussform wird für sich dargestellt, indem man das horizontal gelegte Formkastentheil zunächst mit Lehmziegeln ausfütterti bis die rohen Umiisse der Gussform hergestellt sind, alsdann den Formlehm darauf bringt und nun mit der Schablone die genauen Umrisse ausdreht. Dann wird getrocknet, ent- standene Risse ausgebessert, geschwärzt und abermals gelinde getrocknet. Wenn Alles fertig ist, werden beide Formkastenhälften zusammengesetzt und nach Erforderniss in senkrechte Stellung gebracht. Die in Fig. 149 auf Seite 155 gezeichnete Gussform einer Walze kann mau sich in dieser Weise entstanden denken.

Mit der Kastenformerei ist die Anfertigung solcher Kerne verwandt, zu deren Herstellung ein Kernkasten benutzt wird. Das Arbeitsverfah- ren hierbei beruht im Wesentlichen auf einem Einstampfen des Form-

Freie Formerei. 157

materials in den Kernkasten, welcher während desselben durch Schrauben - swingen Busamm engehalten wird; Heransnebmen , Verputzen, Schwärzen und Trocknen.

Bei den Kernen pflegt grösste Durchlässigkeit des Materials unum- gänglich zu sein ; man bereitet sich daher häufig eigens hierzu besondere Mischungen, die sich ebensowohl durch Bindekrafb als Durchlässigkeit aus- zeichnen, setzt auch in einzelnen Fällen zur Erhöhung dieser Eigenschaften Pferdedünger zu. Ausserdem sucht man durch fleissigen Gebrauch des Luft- spiesses beim Einstampfen für eine ausreichende Ableitung der Gase und Dämpfe nach aussen zu sorgen. Nicht immer ist jedoch die Aufgabe, das Eintreten der Gase in die Gussform zu verhindern, eine ganz leichte nnd kann öfter nur durch besondere Kunstgriflfe erreicht werden. Wenn z. B. die gebogene Form eines Kerns die Anwendung des Luftspiesses unmöglich macht, stellt man Luftcanäle her, indem man dilnne Wachs- lichte beim Einformen einlegt, deren Enden aus den Enden des Kerns herausragen; beim Trocknen schmelzen dieselben und hinterlassen die durchgehenden Canäle (z. B. bei den S-Kemen für die Dampfcanäle der Dampfcylinder). In anderen Fällen genügt ein Einlegen von Strohseilen u. s. f.

Freie Formerei.

Wir begreifen unter diesem Ausdrucke alle diejenigen Formmetho- den, welche die Anfertigung von Gussformen ohne Formkasten, wohl aber mit Rüstungen aus Eisenstäben, Mauerwerk oder Gyps bezwecken. Sofern das üblichste Material hierfür der Lehm ist, pflegt man diese Art der Formerei in der Praxis mit dem Ausdrucke Lehm formerei zu bezeichnen, obgleich einestheils Lehm auch zur Kastenformerei bisweilen verwendet wird, wie wir gesehen haben, andemtheils statt des eigent- lichen Lehms filr diese freie Formerei mitunter auch Masse benutzt wird.

Man formt entweder nach einem Modelle oder in viel zahlreicheren Fällen nach Schablonen ohne Modell. Bei der Schablonenformerei ist liohm das ausschliesslich benutzte Material.

Zu dieser Gattung der Formerei lässt sich auch die Anfertigung aller deijenigen Kerne zählen, welche durch Drehen oder Ziehen mit Schablonen ohne Hülfe eines Kemkastens hergestellt werden müssen. Auch für diese ist der Lehm das einzige benutzt« Formmaterial.

Meistentheils sind diese freien Gussformen zerlegbar und bestehen, sofern die Anfertigung eines Hohlkörpers (Cylinder, Glocke, Statuen und verschiedene andere) der Zweck ist, aus einem innem Stücke» welches Kern genannt wird, and einem äussern Stücke, welches Mantel heisst. Nur bei dem Gusse grosser voller Körper, z. B. massiver Hammerchabot- ten, besteht die Gussform lediglich ans dem Mantel.

Die Anfertigung der Gussformen mit Kern kann im Wesentlichen in dreierlei Weise bewirkt werden.

Bei der ersten dieser drei Methoden fertigt mi^n zuerst den Kern,

158 Freie Formerei.

überzieht ihn mit einer trennenden Schicht aas dünner Schwärze, Asche oder dergleichen, am das Ankleben der folgenden Lehmschicht zn verhindern, and trägt zunächst auf demselben in Lehm eine Schicht von deijenigen Stärke anf, welche der Abguss bekommen soll. Dieser Ueber- zag, welcher also genau die Form und Stärke des herzustellenden Guss- stücks besitzt, heisst Hemde, Modell, oder Metalldicke. Das Hemde wird gleichfalls getrocknet und geschwärzt, über demselben der Mantel in Lehm gefertigt und wiederum getrocknet. Hierauf wird letzterer ab- gehoben, das Hemde zerschlagen. Kern und Mantel verputzt, zusammen- gesetzt und zum Giessen fertig gemacht.

In ähnlicher Weise wurde in früheren Zeiten der Statuenguss aus- geführt. Der Bildhauer modellirte, nachdem der Kern fertig gestellt war, das Hemde aus Wachs über den Kern, so dass letzterer mit dem Wachs- überzuge das eigentliche und einzige Modell bildete, formte nun Über diesem Modelle den Mantel und entfernte dann, ohne die Form aus ein- ander zu nehmen, das Wachshemde durch Erhitzen der ganzen Form, wobei es wegschmolz und den Hohlraum zur Aufnahme des Metalls zurückliess. Diese Anfertigungsmethode macht es erklärlich, dass in da- maliger Zeit Bildhauer und Erzgiesser in einer Person vereinigt zu sein pflegten. Sie hatte jedoch den Uebelstand, dass es schwer war, dem Ab- güsse gleichmässige Wandstärken zu geben, unmöglich, Ausbesserungen der unzerlegbaren Gussform vorzunehmen und vor allen Dingen, dass bei einem Misslingen des Gusses auch die Arbeit des Bildhauers verloren war. Deshalb ist heut zu Tage dieses Verfahren, soweit es für Statuen- formerei angewendet wurde» überall durch die unten beschriebene neuere Methode der Statuenformerei verdrängt worden.

Nach der zweiten der drei Methoden für freie Formerei stellt man Kern und Mantel einen jeden selbstständig für sich dar, indem man sich zu beiden besonderer Schablonen bedient, und setzt sie nach beendigter Herstellung zusammen. Die Arbeit, welche die Anfertigung des Hemdes verursacht, fallt hierbei weg; und die Anfertigung geht rascher von Statten, da die beiden Theile der Gussform Kern und Mantel gleich- zeitig fertiggestellt werden können. Diese Methode ist sehr zweckmässig, wenn eine einfache Form des Abgusses die von einander unabhängige Anfertigung von Kern und Mantel gestattet; sie würde unzweckmässig für figürliche und ähnliche Gegenstände sein, zu deren Anfertigung die Schablone nicht ausreicht, sondern Modelle benutzt werden müssen.

Die dritte Methode der freien Formerei erfordert die Anwendung eines Modells und ist in jetziger Zeit die üblichste für den Guss grosser Statuen. Üeber das vom Bildhauer gelieferte, gewöhnlich in Gyps gefer- tigrte Modell, fertigt man zunächst den Mantel der Gussform. Derselbe wird getrocknet, in geeigneten Stücken aus einander genommen, und das Modell entfernt. Nun kleidet man die Mantelstücke aus mit schmieg* Samen Thon platten von der Stärke, welche das Metall im Abgösse erhal- ten soll, setzt den Mantel sammt diesen Thonplatten aus seinen einzelnen

Freie Formerei. Beispiele. 159

Stücken zoniDmen uod gieaet diese Gnsarorm mit KeromasBe aus, so Arne m&n «nf solche Weiae etnea Tollständig genauen Kern erhält. Der Man- tel wird wieder aiueinander genoramen, die Thonplatten entfernt, das Ganze verputzt, ziuamnien gesetzt and zum Gusse fertig gemacht.

Einige Beispiele werden dieEinzetbeiten der drei VerfahmngsweiBen näher erlfiutem.

Flg, 150, Ein einfaches Beispiel der

ersten Methode bietet die For- merei eines gassei seroen ScbarnsteinBDfsatses, Fig. 1 60 and 161.

Aaf einem goMeieemen Ringe, der zur Erleichterung dea Transports der GuBsform mit angegossenen Ansfitien hh Terseben ist, wird mit Hülfe der Schablone, deren Gestalt ane Fig. 112, S. 135, ersichtlich ist, der Kern a aus Lehmziegeln aafgefflhrt, mit Lehm ttmtleidet, ge- schlichtet und getrocknet. Die Schabtone ist hierbei am obem Ende in der „Scheere" s befestigt und wird am untern Ende auf dem vorher glatt gedrehten Sockel b des Kerns geführt. Der Kern «rhält

.... oben nnd nnten einen Anaatz,

welcher den richtigen An- schlnss des Mantels beim Zu* ^' ' Bammensetzen bewirken soll,

also gewisaermaftssen die Kern marke vertritt und „Schloss" genannt wird. Der getrocknete Kern wird, nach- dem entstandene Risse mit Lehm verstrichen worden sind, mit dünner Schw&rze, Asche oder dergl. überzogen, die Schablone soviel ansge- schnitten, als die Wandstärke des Gossstflcks beträgt, nnd das Hemde in Lehm anfge- _ tragen. Es folgt ein aber-

160 Freie Formerei

maliges Trocknen , Ueberziehen des getrockneten Hemdes mit Asche etc., dann Auftragen einer dünnen Schicht magern, feinen Lehms mit star- kem Zusatz Yon Pferdedünger. Die Schablone wird vorher abgenommen und das Auftragen erfolgt aus freier Hand. Auf diese untere Schicht Lehm kommt, nachdem sie oberflächlich getrocknet ist, eine obere Lage aus fetterm Lehm. Zwischen beide Lagen werden die Anker oder Eisen cc eingelegt, aus Yerticalstäben bestehend, welche der Form des Schornsteins entsprechend gebogen sind, 100 bis 150 Mm. von einander entfernt und durch horizontal liegende Ringe verbunden. Jeder dieser horizontalen Ringe besteht aus zwei Hälften, deren Enden nach aussen umgebogen sind (wie im Grundrisse ersichtlich) zu dem Zwecke, den Mantel in zwei Hälften aus einander nehmen und später wieder durch Draht zusammenheften zu können, welcher ufti die umgebogenen Enden geschlungen wird. Um den Mantel heben und transportiren zu können, werden auch einige der senkrechten Stäbe mit vorstehenden Oesen versehen.

Die horizontalen Stäbe müssen so gelegt werden, dass die umgeboge- nen Enden senkrecht über einander liegen und zwischen denselben eine verticale Schnittfuge an jeder Seite angebracht werden kann. Man kratzt nun, um das Zerlegen des Mantels in zwei Hälften zu erleichtern, vor dem Trocknen den fetten Lehm zwischen den umgebogenen Enden her- aus und verstreicht die dadurch entstehende senkrechte Fuge mit ganz magerm, sandreichem Lehm.

Nun wird getrocknet und der Mantel getheilt, indem man vorsieh* tig Holzkeile oder eine breite Messerklinge in die eben erwähnte Fuge eintreibt. Der Mantel wird auseinander genommen, bei Seite gestellt und zunächst das Hemde durch ein starkes Messer oder einen Meissel und Klopfen mit dem Hammer entfernt. Grewöhnlich fallt dasselbe in grossen Stücken ab, wenn erst einige Fugen entstanden sind. Es folgt das Verputzen des Kerns wie des Mantels durch Abscheuem mit Sand- stein oder Bimsstein und Nachreiben mit feinem Lehm, dann das Schwär- zen beider Theile mit der früher beschriebenen Schwärze und ein aber- maliges Trocknen. Alsdann wird die Form zusammengesetzt und durch Draht zusammengebunden. Die Eingusstrichter e werden für sich ge- fertigt und an geeigneten Stellen angebracht, nachdem der Mantel an diesen Stellen mit einer entsprechend grossen Oeffnung versehen ist.

In ähnlicher Weise verfahrt man bei Anfertigung einer Glockenguss- form. Der Mantel wird hierbei nicht getheilt, sondern kann ohne Wei- teres vom Hemde abgehoben werden.

Dieselbe Methode lässt sich auch für solche Gussstücke anwenden, deren Kern nicht gedreht werden kann, sondern gezogen werden muss. Hierher gehören z. B. die La ming 'sehen Reinigungsgefässe der Gas- anstalten, grosse viereckte Kasten mit angegossenem Boden und Wasser* verschluss, deren Gussform in Fig. 152 abgebildet ist. Man mauert auf der rechtwinkligen gusseisernen Grundplatte a einen niedrigen Sockel l#.

Freie Fonnerei. IGl

aaf demselben den inwendig hohlen Kern aas Lehm- oder Ziegelsteinen auf, deckt ihn in entsprechender Höbe mit Eisenschienen d ah, welche die Decke des Eerne tra- ^' gen , Überzieht ihn mit

Lehm and ecblicbtet mit der ringshemm gefAhrten Schablone. Bei Kasten von groBser Lunge giebt man dem Kerne einige dnrcb- Uafende Querwände, um dem Drucke beim Giessen Widerstand xa leisten. Nach dem Trocknen setzt man die für sieb gefertig- ten Kerne ee für den Was< serrerscbinsB ein, stellt, wie vorbin beschrieben, die Hetalldicke her, ebenso den Mantel/. Alle übrigea Arbeiten gehen in der bereits bescbriehenen Art und Weise vor sich. Der Kern wird vor dem Gasse mit Sand vollgestampft, zu welchem Zwecke man in der Decke desselben einige OefTnnngen lässt, welche nach dem Anfüllen mit Sand dnrcb Lehm geschlossen werden. Ohne diese Vorsichtsmaassregel kann in dem hohlen Räume durch die Mischung der reichlichen Menge vorhandener Lnft mit den zuströmenden brennbaren Gasen Knallgas ent- stehen, durch dessen plötzliche Entzündung Beschädigungen der GnsB- form hervorgerufen werden.

Verzierungen auf den Gnssstücken , Inschriften, Ansfitze u. s. w., welche mit Hülfe der Schablone sieb nicht herstellen lassen, werden bei dieser Art der Formerei für sich in Wachs, Zinn, Holz modellirt und auf das Hemde an den betreffenden Stellen aufgesetzt, bevor der Mantel aaf- gntragen wird, so dass dieser auch die Abdrücke der anfgi^setzten Modelte enthftlt. Wachs schmilzt schon beim Trocknen des Mantels weg, andere Modelle werden nach dem Losnehmen des Mantels entfernt.

Als Beispiel für die zweite Methode der freien Formerei kann die dorch die Fig. 153 (a. f. S.) veranschaulichte Anfertigung eines Gebläse- oylindeTB dienen. Für den Kern wird eine Schablone benotzt, welche auf der der Spindel zagekehrten Seite nach der Linie abcd profilirt ist; die Schablone znm Mantel bat die Profilirung am äassem Rande wie in Fig. 1 10 auf Seite 135. Der Kern wie der Mantel mhen jeder auf einer besonders ringfarmigen Grundplatte, werden beide ans Mauerwerk anf- gefahrt, mit Lehm geschlichtet, getrocknet, geschwärzt nnd in einander gestellt. Zar Fährang dient das Schloss bc. Ansätze nnd Verzie- roagen« die aich mit der Schablone nicht ausprägen lassen, werden auch hier besonders modellirt und in den weichen Lehm eingedrückt, nachdem die betreffende Stelle mit Hülfe von Maassstab oder Zirkel

Iicdebar. mKhMiliFh'iiiatallarBUche Teclmalogle. JJ

162 Freie Formerei.

ermittelt worden ist. Allea Uebrige dürfte ans der Figur selbst ersichtr lieh sein.

Bei Gnasformen von ein&cher Oeatalt, die sich dnrch rotirende Scliablonen herstellen lassen, und deren Kern, wie in obigem Beispiele, Flg. 153.

sich in den Mantel einsetzen lässt, ohne das« dieser getheilt zu werden braucht (was bei dem Schornsteinanfsatze , Fig. 150, nicht der Fall sein würde), gewährt diese Formmethode den Tortheil vor der Euerst be- schriebenen, dasB der Mantel stete genau kreisrund ausftUlt, während der nur ans Lehm bestehende Mantel des erstbeschriebenen Verfahrens sich häufig etwas verzieht, besonders wenn er aus zwei Theilen besteht; bei cylindrischen Gegenständen, deren Mantel bei dem ersten Verfahren stets getheilt werden muss, um ihn vom Hemde abzuziehen, entsteht in Folge dieser Theilnng eine unschöne Gussnaht auf dem Abgüsse, welche bei der zwejten Methode wegfallt. Ebenso kommt dieses Verfahren mit Recht mehr und mehr in Aufnahme bei Herstellung von Kesseln , Pfannen und ähnlich gestalteten Gossgegenständen. Da bei derartigen Apparaten der Boden der Zerstörung am meisten ausgesetzt zu sein pflegt, so stellt man die Gussformen gern in einer Weise her, dass derselbe zu unterst gegos- sen wird, um ihm durch diesen Ennstgiiff die grösstmöglichste Dichtig- keit und Widerstandsfähigkeit zu verleihen. Der Kern der Gnssform moBS demnach von oben in den conoaven Mantel eingehängt werden. Letzterer wird, wie aus Fig. 164 ersichtlich ist, ans Lehm, Ziegel- oder Chamottesteinen gemauert, innen mit Lehm bekleidet und mit der Scha- blone ausgedreht. Der Kern hängt an einem gnsseisemen Ringe, welcher mit einer aus Eisenstäben bestehenden korbartigen Rüstung versehen ist, die dem Kerne den nöthigen Halt giebt. Man ist dadnreh in Stand

Freie Formerei. 16S

geMtsi, den Kern in Btehender Lage aniziidreheii , was jedenfalls die An- ferdgnng erleichtert, nnd braucht ihn errt nach dem Trocknen za wenden,

um ihn einzuhängen. Der Mantel bedarf nach dorn Oosse gewöhnlich nar eines emenerten Lehmaberzagee, nm fQr einen zweiten Gnas branch- bar zn sein; dadurch ist dieses Verfahren fOr eine gröesera Anzahl glei- cher Abgüsse erheblich billiger ausführbar als das ältere, bei welchem Kern, Hemde und Hantel flher einander hergestellt nnd der Boden dieser Anfertigung entsprechend zn oberst gegossen wnrde.

Weniger zweckmässig wQrde diese Formmethode in allen denjenigen Fällen sein, wo der Mantel ohnehin ans zwei TheUen ensamm enge setzt werden mflsste, nm ihn über den Kern zn bringen, also bei allen Gegen- ständen, welche an den Enden schwachem Durchmesser besitzen als in der Mitte.

Für die dritte Formmethode giebt die Herstellung der Gnssform für eine grosse Statne ein Beispiel.

Von dem Gypsmodelle der Statne trennt man zunächst einzelne stark Torstehende Theile ab, z. B. den Schweif eines Pferdes, Beine, so- fern sie nicht znm Tragen dienen, den Kopf n. a. m., formt dieselben für sich nnd setzt sie später mit dem Rumpfe zusammen. Alsdann stellt man den übrig gebliebenen Theil des Modells auf eine Kemunterlage , die gewShnlich ans einem gemauerten Sockel besteht. Auf dem Modelle zeichnet der Oiessermeister mit Kohle die Abmessongeu der einzelnen Kernstücke vor, ans denen der Mantel bestehen mnss, nm ihn vom Mo- deUe löseb to können, nnd die Arbeiter beginnen dann, von nnten anfan- gend, die Arbeit des Ummantelns des Modells ans freier Hand. Die Kernstücke werden ans feinstem magern Lehm oder Masse gebildet. Die Seiten- nnd Rückflächen derselben werden mit feingesiebter Asche oder mit Hexenmehl (Semen lycopodü) bestrent, damit sie unter einander nnd an der später darüber gebrachten Schicht nicht haften. Das Formen dieser Kernstücke kann von einer oder von mehreren Stellen aus gleichzeitig geschehen, indem fortschreitend Stück an Stück angeformt wird. Die Grösse der Stücke hängt von der Gestalt des Modells ab nnd ist durch-

164 Statuenformerei.

scbnitilicb 100 bis 200 Mm. lang und breit, 30 bis 40 Mm. stark. Sobald ein Stück fertig ist» wird es, wenn man Lebm anwendete, durcb Anhalten von Eoblenpfannen leicht getrocknet. Um das Abfallen der einzelnen Stücke zn verhüten, befestigt man sie mit feinen Drahtstiften am Modelle. Anf diese Kernstücke kommt nun eine zweite Lage ans fetterem Lehm oder Masse, jedoch in so grossen Stücken, dass eine grössere Anzahl der inneren Kernstücke zusammen durch ein einziges äusseres Stück gedeckt wird, während die seitlichen Umrisse des äussern Stücks genau mit den Begrenzungen des Complexes der gedeckten inneren Stücke zusammen- fallen. Ein solches äusseres Stück pflegt durchschnittlich 700 Mm. bis 1000 Mm. lang und breit zu sein. Die Seitenflächen dieser grösseren Stücke werden wieder gepudert, die nach aussen gerichteten Flächen dagegen nicht und man bringt auf diese letzteren nun unmittelbar einen Gypsmantel, 40Ö bis 700 Mm. stark, in Stücken von genau derselben Grösse wie die Stücke der darunter liegenden zweiten X«ehm- oderMasse- Bchicht. Der Gyps wird zu diesem Zwecke mit Wasser angerührt, in Form eines dünnen Breies schichtenweise aufgetragen, und die seitlichen Flächen während des Erstarrens glatt gestrichen. Erst wenn ein Stück fest geworden ist, wird das daneben liegende geformt. Je zwei an ein- ander liegende Stücke greifen mit Nuthen zusammen und werden mit Nummern sorgfaltig gezeichnet. In den Gypsmantel werden nach aussen stehende Eisen eingegossen, welche theils zum Abnehmen und Transpor- tiren des Mantels, hauptsächlich aber für die spätere Verankerung dienen. Die Theile des Gypsmautels bilden nun mit den darunter liegenden Thei- len der zweiten Schicht zusammenhängende Stücke und werden, wenn Alles soweit fertig und fest geworden ist, behutsam nach und nach mit diesen zusammen von den auf dem Modelle liegen bleibenden Kernstücken abgenommen und bei Seite gelegt. Erst dann schreitet man dazu, auch diese eins nach dem andern mit Hülfe der Kerngabel abzunehmen. Jedes Kernstück wird nach dem Losnehmen wieder auf die betreffende Stelle des Mantelstücks gelegt; wenn alle zusammengehörigen Kernstücke eines Mantelstücks beisammen sind, werden sie mit Drahstiften an dieses an- geheftet und nun verputzt. Vorher schneidet man aber auf der Innen- fläche der Mantelstücke (also zwischen den beiden Lehmschichten) die aufsteigenden Canäle für das Entweichen der Luft und das Zuströmen des Metalls an und versieht die Kernstücke mit den entsprechenden nach innen laufenden Mündungen für die ausströmende Luft und das ein- fliessende Metall. Die ganze Gussform wird auf diese Weise mit einem vollständigen Systeme von Eingüssen und Luftcanälen umgeben.

Man troknet nun die Mantelstücke bei gelinder Wärme, entfernt in- zwischen das Modell und stellt an Stelle desselben ein Kerngerippe aus starken Eisenstäben auf. Nun legt man Platten aus feuchtem, bildsamem Thone von der Stärke, die der Abguss erhalten soll, in die Kernstücke ein und drückt sie mit der Hand oder mit starken Borstenpinseln in alle vertieften Stellen der Form fest ein. Wenn dieses geschehen ist, setzt

Statuenformerei. 1 65

man den Mantel um das fertig aufgestellte Eisengerippe zusammen, sorg- faltig prüfend, ob letzteres die richtigen Abmessungen erhalten hat.

Es folgt nun das Eingiessen der Kernmasse durch eine zu oberst befindliche Oeffnung des Mantels, bei einer Reiterstatue z. B. durch den Rompf des Reiters, von welchem der Kopf getrennt war. Die Kernmasse besteht aus einem Gemenge von Gyps mit Ziegelmehl oder Formsand, mit Pferdemist oder Kuhhaaren vermischt und mit Wasser zu einem laug- sam fliessenden Breie angerührt. Diese Masse, welche rasch erstarrt, wird bei grossen Statuen in einzelnen Portionen angefertigt und einge- gossen.

Nach einigen Stunden kann man den Mantel abnehmen, die Thon- platten loslösen und die schadhaften Stellen des Mantels ausbessern, wor- auf derselbe nochmals getrocknet wird. Der Kern wird scharf getrocknet und ausgebessert, dann der Mantel wieder um den Kern zusammen- gestellt, verankert und die ganze Form zum Gusse fei*tig gemacht.

Das über die Grosse und Stellung der Eingüsse, über die Anwen- dung eines verlornen Kopfes und der Windpfeifen bei Besprechung der Kastenformerei Gesagte gilt in gleichem Maasse auch von der freien Formerei. Windpfeifen sind bei jedem grössern Abgüsse um so noth- wendiger, da der fast immer benutzte Lehm ein ziemlich undurchlässiges Material bildet, ein Entweichen der eingeschlossenen Luft durch das Formmaterial also nur in sehr geringem Maasse stattfindet.

Die freie Formerei ist der Kastenformerei gegenüber im Allgemeinen kostspieliger, erfordert geübte, umsichtige Arbeiter und die dafür gezahl- ten Löhne pflegen das Doppelte bis Dreifache der für Herstellung gleicher Abgüfise durch Kastenformerei gezahlten Löhne zu betragen. Dennoch giebt es zwei Gründe, welche die Anwendung dieser Formerei für viele Fälle vortheilhaft, wenn nicht unerlässlich erscheinen lassen können und derselben Eingang in allen grösseren Giessereien verschafft haben. Die- ses sind

1) die in vielen Fällen gegebene Möglichkeit, ohne eigentliches Modell, nur mit Hülfe der einfachsten formgebenden Apparate, die Guss- form herzustellen. Je weniger Abgüsse von gleicher Form verlangt wer- den, desto schwerer fallen die Kosten des Modells für den einzelnen Ab- guss ins Gewicht, um so mehr Veranlassung ist also gegeben, ohne Modell die Gussform herzustellen;

2) der oft vorliegende Mangel eines passenden Formkastens und die höhereu Anfertigungskosten eines solchen gegenüber den Mehrkosten der freien Formerei; bei grossen Gussstücken, z. B. Statuen, Gebläse- und Dampfcylindem u. s. w. aber auch die mit dem Umfange der Gussform wachsende Schwierigkeit, sie zu bewegen, aus einander zu nehmen und wieder zusammen zu setzen, welche Arbeiten sich bei dem leichtern Ge- wichte der frei gefertigten Gussformen und der grössern Zerlegbarkeit derselben weit weniger umständlich ausführen lassen, als es bei Anwen- dung ungeheurer Formkasten möglich sein würde.

166 Lehmkeme.

Einen yielfach geübten Zweig dieser Formerei bildet scbliesslich die Anfertigung gedrehter oder gezogener Lehmkeme.

Diese Lehmkeme sind hohl, und man gebraucht sie überall da, wo entweder ein im Kemkasten gefertigter massiver Kern zu schwer ausfal- len würde, oder wo die Anfertigung des Eemkastens erspart werden soll, oder endlich, wo der Kern eine solche Form besitzt, dass die Herstellung in genau yorgeschriebenen Abmessungen durch Drehen leichter zu be- werkstelligen ist, als durch Einstampfen in einen Kemkasten. Zu letz- terer Gattung gehören alle grösseren Kerne mit kreisrunden Querschnit- ten und gerader Achse.

Zum Drehen eines Kerns ist eine starre Kemspindel von der früher beschriebenen Gonstruction erforderlich. Dieselbe ruht mit ihren Enden in den Lagern der Kerndrehbank, yor der Spindel liegt in horizontaler Lage die Schablone. Auf der Bank sind Marken angebracht ein- geschlagene Stifte oder dergleichen , welche die Lage der Schablone für einen bestimmten Durchmesser des Kerns angeben.

Zunächst wird die Kernspindel mit Strohseilen umwickelt. Je grosser der Kern im Durchmesser ist, desto sorgfältiger muss diese Umwickelung geschehen. Meistens genügt eine einmalige Umwickelung, und nur, wenn der Durchmesser der Spindel etwas klein im Verhältnisse zu dem des Kerns ist, giebt man eine doppelte oder dreifache Umwickelung. Dieses Um- wickeln der Spindeln mit Stroh hat einen zweifachen Zweck. Erstens würde der Lehm, unmittelbar auf die Spindel aufgetragen, schlecht haf- ten und vor allen Dingen sämmtliche Abzugsöffiiungen und Canäle für die Gase verschmieren; diese würden statt durch die Spindel durch den Kern und die Gussform entweichen müssen, den Kern beschädigen und das Gelingen des Gusses vereiteln. Ein anderer Zweck ist der, durch das elastische und in der Wärme rasch schwindende und verkohlende Material der Znsammenziehung des Abgusses beim Erkalten Rechnung zu tragen. Ein Abguss Über einer durchaus unnachgiebigen Spindel würde Gefahr laufen, beim Schwinden zu zerreissen; und wenn auch im günstigsten Falle nicht gerade ein Zerreissen eintrete, so würde der Ab- guss doch so fest sich um die Spindel zusammenziehen, dass eine Entfer- nung derselben aus dem Abgüsse, ohne ihn zu zertrümmern, unmöglich sein würde.

Das Umwickeln der Spindel geschieht,- indem ein Arbeiter mit der über das eine Ende der Spindel gesteckten Kurbel dieselbe dreht, wäh- rend ein anderer das Stroh seü, nachdem es mit einem Ende an der Spin- del befestigt ist, sich auf dieselbe aufwickeln lässt. Bei kleinen Kernen benutzt man statt der gesponnenen Strohseile lange Strohhalme oder auch Heu, bei sehr kleinen Werg.

Die mit Stroh bekleidete Spindel pflegt man nun mit Thon- oder Lehmwasser zu bestreichen und dann die erste Schicht Lehm mit der Hand aufzutragen, während die Spindel langsam gedreht wird. Zu die- ser untern Schicht benutzt man gewöhnlich der bessern Haltbarkeit

Lehmkeme.

167

wegen einen fettem Lehm, während die obere Schicht des Kerns aas undreichenn , darohlassigerm Lehme gebildet werden mnas. Ist der Dnrohmesaer der Kemepindel gross genug tind der Lehm hinreichend feet, so genügt eine totale Lehmetärke von 15 bis 20 Mm. auch fDr grössere Kerne, für kleine reicht oft schon 5 Um. St&rke ans, und man tr&gt diese ganze Lehmschicht in einmaliger Arbeit unter stetem Drehen der Spindel und Abschlichten mit der Schablone nach einander aof; ist die Lehmetärke bedeutender, so trftgt man znn&chst eine untere Schicht auf, trocknet und bringt dann erst eine zweite Schicht auf die erste, wobei der Kern nun den erforderlichen Durchmesser erhält. Der ge- trocknete Kern wird mit der Schablone nochmals geschlichtet, der Durch- messer geprüft und ndthigenfalls berichtigt, entstandene Risse ausgebes- sert, mit Sandstein und Wasser abgescheuert, dann gescbw&rzt und ooch- mab getrocknet. Derselbe- ist nunmehr zum Einsetzen in di« Gosb- fbnu fertig.

Soll der gedrehte Kern Längsfnrchen erhalten, um dem Abgüsse Rippen zu geben , so lassen sich dieselben durch Einlegen entsprechend geformter Holitmodelle in die Lehmbekleidungdes Kerns herstellen. Ebenso lassen sich Knaggen, Wülste und andere Ansätze bilden.

Gezogene Kerne stellt man stets ans zwei Hälften dar, deren Schnitt- flache dnroh die Achse des Kerns geht, und heftet diese Hälften mit Draht oder dflnnem Bandeisen zosammen. Als Führung filr die Scha- blone dient das „Ziehbrett", in Eisen auf dem Herde gegossen, und es ist demnaoh ftkr jede Hälfte des Kerns ein besonderes Ziehbrett erforder- lich. Die Schablone steht senkrecht gegen die Achsenrichtang (die Leit- linie) des Ziehhrette und wird längs dieser fortbewegt.

Da der Kern bohl werden soll, bildet man auf dem ho- rizontal liegenden Ziehbrotte ans Sand mit freier Hand zunächst rinen sogenannten yerlomen Kern a, Fig. 155, mnen Kern im Kerne. Auf diesen tr&gt man eine Schicht fetten Lehm auf, darüber eine Schicht magern, feinen Lehm und zieht mit der Schablone den Kern glatt Zur Erhaltung der nötbigen Steifigkeit des Kerns legt man eiae Anzahl entsprechend geformter Kem- eisen in der Längenrichtnog wie in der Qaerrichtnng ein. Bei grossen Kernen trocknet

168 Lehmkeme.

man, nachdem die erste Lehm schiebt gegeben ist, und trägt dann erst die zweite auf; kleine Kerne werden in einem Male getrocknet. Nach dem Trocknen wird der Kern ausgebessert, wozu man sich einer Raspel und des Messers bedient, vom Ziehbrette und dem Standkerne abgenom- men, und die Abmessungen mit denjenigen des Modells verglichen, was am zweckmässigsten durch Auflegen der Kernhälfte mit der inn^m Seite auf die innere Seite der Modellhälfte geschieht. Hat man sich von dem Passen des Kerns überzeugt, so legt man beide Hälften zusammen, prüft mit dem Zirkel die Abmessungen des nun vollständigen Querschnitts, heftet die Hälften mit Bindedraht an einander, verstreicht die Fugen mit Lehm, schwärzt und trocknet nochmals gelinde.

Kommen in einem und demselben Kerne verschiedenartige Quer- schnitte vor, wie z. B. in Fig. 155 der Querschnitt h für die Muffe des Krümmers, so benutzt man für jeden dieser. Querschnitte eine besondere Schablone und stellt die Uebergänge aus einem in den andern Querschnitt aus freier Hand her.

Seitliche Ansätze an die Kerne, z. B. Stutzen bei Leitungsrohren, werden füi' sich geformt und angesetzt. Ist der Stutzen kreisrund und geradachsig, so kann man ihn auf einer Spindel drehen, dann von dieser abziehen und die Durchdringungslinie mit dem Hauptkern durch Feilen und Raspeln unter stetem Anpassen ausarbeiten. Die beiden sorgfältig zusammengepassten Kerne werden erst in der Gussform zusammengesetzt und mit kleinen Drahtstiften an einander verbunden.

Da sich im Innern hohler Kerne leicht explosive Gasgemische bilden, so darf man die schon früher erwähnte Vorsichtsmaassregel niemals ausser Acht lassen, die Kerne vor dem Gusse mit irgend einem porösen Mate- riale anzuHillen, durch welches der grösste Theil der atmosphärischen Luft aus dem Kerne verdrängt und eine Mischung der noch verbleiben- den Luft mit dem eintretenden brennbaren Gase erschwert wird. Bei stehenden Kernen, welche am untern Ende au£ruhen, ist das geeignetste Material hierfür ein magerer, scharfkantiger Formsand; bei liegenden Kernen von grossem Durchmesser, deren Gewicht nicht allzu sehr ver- grössort werden daif, um nicht eine Durchbiegung herbeizuführen, kann map Holzkohlen- ödes Kokeslösche, Asche oder dergleichen zum Füllen des Kerns benutzen.

Kerne, welche auf einer gusseisernen Spindel befindlich sind, bedür- fen dieser Vorsichtsmaassregel nicht oder nur, wenn ihr Durchmesser ein sehr grosser ist, da die Gewalt der Explosion selten so gross ist, dass die Spindel beschädigt werden könnte. Auch ist die Gefahr geringer bei stehenden, unten offenen Kernen, z. B. bei Röhrenguss, in welchen in Folge des Aufsteigens der erwärmten Luft bald ein lebhafter Luftwech- sel stattfindet, als bei liegenden Kernen, in denen dieser Luftwechsel er- schwert ist.

Trocknen der Gussformen. 169

Vorstehend gegebene Beispiele für die verschiedenen Arbeitsverfah- ren der Formerei dürften in Vereinigung mit den über Einrichtung der Modelle gegebenen Erläuterungen ausreichend sein, ein einigermaassen anschauliches Bild von dem zur Herstellung von Gussformen aus bild- samem Materiale im Allgemeinen benatzten Verfahren zu ^eben. Ab- weichungen in den Einzelheiten, theils als unwesentlich dorch die Ge- wohnheit gerechtfertigt, theils durch besondere Eigenthümlichkeiten der Abgüsse nothwendig gemacht, sind zahlreich. Verfasser glaubte jedoch, sich in der Beschreibung auf die einfacheren Fälle des Betriebes be- schränken zu sollen; denn für den Laien dürfte eine noch so sorgfältige Beschreibung eines verwickeiteren Falles nicht genügen, ihm ohne eigene Anschauung ein vöUig klares Bild von den Vorgängen der Formerei zu geben; für den Fachmann aber, dessen eigenem Nachdenken das Verfah- ren in besonderen Fällen entspringen soll, oder der wenigstens Gelegen- heit hat, durch eigene Beobachtung zu lernen, haben solche Beschreibun- gen erst recht wenigen Werth. Formereimethoden aber, welche zu mas- senhafter Darstellung einzelner Specialartikel, z. B. Muffenröhren, beson- dere Ausbildung erfahren haben, werden im zweiten Theile dieses Buches, der speciellen Technologie, einer Besprechung unterliegen. Es möge da- her genügen, für jetzt noch auf die empfehlenswertheste Literatur über diesen Gegenstand hinzuweisen.

Karsten, Eisenhüttenkunde, 3. Auflage, Berlin 1843, Bd. III, S. 398

bis 503. Dürre, Handbuch des Eisengiessereibetriebes, Leipzig 1875, Bd. U,

S. 538 bis 611. Abbas, Metallgiesserei, Weimar 1875, S. 26 u. ff. Kar marsch, Mechanische Technologie, Hannover 1875, Bd. I, S. 74u. ff.

F. Das Trocknen der Gussformen und Kerne.

In dem Vorhergehenden wurde bereits mehrfach erwähnt, dass alle Gussformen und Kerne, sofern sie nicht aus durchlässigem Formsande hergestellt sind, vor dem Gusse einer Trocknung bedürfen, damit das ihnen zur Verleihung der Bildsamkeit beigemengte Wasser ganz oder theilweise verflüchtigt werde. Die Trocknung muss um so vollständiger sein, je andurchlässiger das Material und je höher die Temperatur des eingegossenen Metalls ist.

In solchen Fällen, wo ein Transport der Gussform oder des Kerns nicht zulässig ist, dient meistens ein Feuer aus Holz, Holzkohlen oder Koks zum Trocknen, welches in unmittelbarer Nähe der Gussform (des

170 Trocknen der Gussformen.

Kerns) unterhalten wird. Ist der Körper hohl mit grösserm Durchmes- ser und von ohen her zugänglich , so bilden Körbe aus Flacheisenstaben zusammengenietet, die mit glühenden Koks oder Holzkohlen gefüllt und von oben eingehangen werden, einen geeigneten Apparat, um von innen die Trocknung auszuführen. In manchen Fällen werden diese Körbe besser durch transportable kleine Oefen ersetzt, welche oben offen, unten mit Rost versehen sind und mit Koks oder unter Umständen auch mit flammendem Brennmaterial geheizt werden.

In Königin - Marienhütte zu Gainsdorf bei Zwickau benutzt man Gase zum Trocknen der Röhrengussformen, welche in Generatoren mit Unterwind (Körting'sches Dampfstrahlgebläse) erzeugt, in Leitungen bis in die Gussform geführt und dort verbrannt werden. Diese Methode hat den Vortheil, dass auch geringwerthiges Brennmaterial (Abfalle von Koks, Braunkohlen u. dergl.) Verwendung finden kann, sie hat den Nach- theil, dass die Benutzung des Gases an eine bestimmte OerÜichkeit ge* bunden und die Anlage kostspieliger ist, als die Anschaffung kleiner Oefen.

In der grossen Röhrengiesserei zu Marquise bei Boulogne benutzt man zu demselben Zwecke erhitzte Gebläseluft. Heisse trockne Luft hat ein grösseres Sättigungsbestreben für Wasserdampf als die mit Was- serdampf bereits mehr oder weniger gesättigten Verbrennungsproducte der directen oder Gasfeuerung und wird deshalb den Trocknungsprocess gewiss in kürzester Zeit ausführen ; die Erzeugung erhitzter Grebläseluft ist aber sehr kostspielig und mit mancherlei Uebelständen verknüpft, wenn man nicht, wie es in Marquise der Fall sein soll, dieselbe mit der für die Hochöfen bestimmten heissen Gebläseluft darstellen und von die- ser abzweigen kann. Denn ganz abgesehen von den directen Ausgaben für den Betrieb des Gebläses, Erhitzung der Apparate u. s. f. giebt es keinen Winderhitzungsapparat, welcher die periodenweise Erhitzung and Abkühlung, wie sie für den Betrieb einer Giesserei unvermeidlich ist, ertrüge, ohne fortwährender Reparaturen und Ergänzungen zu be- dürfen.

Bei allen Gussformen und Kernen, welche sich ohne Schwierigkeit transportiren lassen, bildet die Trockenkammer den zweckmässigsten Apparat zur Durchführung der Trocknung.

Dieselbe besteht aus einem geschlossenen Räume aus Mauerwerk aufgeführt, mit einer Thür zum Ein- und Ausbringen der zu trocknenden Gegenstände und mit einer Feuerungsanlage zur Entwickelang der für den Trocknungsprocess nöthigen Wärme.

Der Grundriss der Trockenkammern pflegt rechteckig oder quadraidach zu sein, die Grösse dieser Grundfläche sowie die Höhe der Kammer abhän^g von der Anzahl und der Grösse der zu trocknenden Gegenstände. Man hat Trockenkammern von I bis 50 Quadratmeter Grundfläche. In sehr klei- nen Trockenkammern sind die Wärmeverlaste durch Ausstrahlung u. s, w, relativ höher; für sehr grosse liegt die Gefahr nahe, dass ihr räum-

Trockenkammern. 171

lieber Inhalt nicht imm^r voll aosgenntzt werden könne, während doch die zu ihrer Erwärmung erforderliche grössere BrennstofPmenge auch bei geringerer Ausnutzung des vorhandenen Raums annähernd dieselbe blei- ben mus8. Deshalb pflegt man den meisten Trockenkammern der Giesse- reien eine Grundfläche mittlerer Grösse (15 bis 30 Quadratmeter) zu geben und nur für besondere Zwecke eine einzige grosse (für Lehmgussformen) und häufig auch eine ganz kleine Trockenkammer (für kleine Kerne) anzulegen. Die Höhe der Trockenkammern lässt man nicht gern unter Mannshöhe betragen, um nicht das Ein- und Ausbringen zu er- schweren.

Die Lage der Trockenkammer sei eine geschützte. Je grösser der Unterschied in den Wärmegraden innerhalb und ausserhalb der Kammer ist, desto grösser ist die Wärmetransmission, desto reichlicher sind die Wärmeverluste. Deshalb ist es entschieden fehlerhaft, einzelne Wände der Trockenkammer ins Freie zu legen und den Wärme entziehenden Einflüssen der winterlichen Kälte, des Windes, Regen und Schnees preis- zugeben.

Die Wände der Trockenkammer werden aus Ziegel- oder Bruchstein- mauerwerk aufgeführt. Um allzu grosse Verluste durch Wärmetransmis- sion zu vermeiden, dürfen dieselben nicht zu schwach, mindestens 250 Mm. stark sein; liegen mehrere Trockenkammern in einer Reihe neben ein- ander, 80 können die Scheidewände zwischen je zwei Kammern schwächer gehalten werden. Nicht selten hat man mit gutem Erfolge auch doppelte Wände mit einer Luftschicht dazwischen in Anwendung gebracht. Die dicken Umfassungswände der Trockenkammern nehmen allerdings bei ihrer verhältnissmässig grossen speciflschen Wärme beim Anheizen der Kammer ein ziemliches Theil Wärme auf, dienen dann aber gleichsam als Wärmespeicl^er und geben allmälig ihre aufgenommene Wärme wieder an die Kammer ab, wenn die Feuerung unterbrochen wird, so dass längere Zeit hindurch eine gleichmässige Temperatur in der geschlosse- nen Kammer herrscht. Hieraus folgt aber die Regel, dass man, je dicker die Wände der Kammer sind, zur Ersparung an Brennstoff erstens um so früher, nachdem die erforderliche Temperatur erreicht ist, die Feue- rung einstellen, und zweitens um so mehr Bedacht auf eine ununterbro- chene Benutzung der Kammer nehmen soll; denn je länger sie leer und ungeheizt steht, desto mehr der aufgenommenen Wärme, geht verloren und desto mehr Brennstoff muss später verbraucht werden, um diese von den dicken Wänden inzwischen abgegebene Wärme zu ersetzen.

Die Decke der Trockenkammer besteht meistens aus einem gemauer- ten flachen Gewölbe, dessen Achse in der Längenrichtung der Kammer liegt und dessen Widerlager demnach von den'Seitenwänden der Kammer gebildet werden. Kammern von grosser Breite dagegen überspannt man wohl, nm nicht zu schwerfällige und hohe Gewölbe zu bekommen, statt dieses einzigen Gewölbes mit einer grossem Anzahl kleinerer quer- laufender Bögen und benutzt eiserne Balken gewöhnlich alte Eisen-

172 Trockenkammern.

bahnschienen , deren Enden auf den Seitenwänden der Kammer ruhen, zum Tragen dieser Gewölbe. Eine solide Verankerung der Kammern durch schmiedeeiserne Anker ist in allen Fällen unerlässlich , um dem Gewölbeschub und den Einflüssen der Ausdehnung beim Erwärmen Rechnung zu tragen.

Weniger häufig benutzt man eiserne Platten zum Abdecken der Kammern. Eine solche Einrichtung kann alsdann Begründung haben, wenn die Platten zum Wegnehmen eingerichtet sind und man die Absicht hat, mit Hülfe eines höher befindlichen Krahns meistens Brücken- krahns — von oben her Arbeiten in der Kammer selbst vornehmen zu lassen, wie es bei Anfertigung grosser Lehmgussformen zweckmässig sein kann. Während des Heizens sollten jedoch in solchen Fällen die eiser- nen Platten stets mit einem schlechten Wärmeleiter bedeckt gehalten werden, um die reichliche Wärmetransmission abzuschwächen.

Die Thür der Kammer besteht aus Gusseisen oder Eisenblech und befindet sich meistens an der einen Stirnseite der Kammer, fast die ganze Breite und Höhe derselben einnehmend, um das HineinschafTen grösserer Gegenstände zu ermöglichen. Nur bei Kammern, welche ausschliesslich zum Trocknen kleiner Kerne oder Gussformen bestimmt sind, macht man die Thür schmaler und legt sie nach Maassgabe der Oertlichkeit in eine der langen oder der breiten Seiten. Gewöhnlich sind die Thüren doppel- flügelig, drehen sich in eisernen Angeln, welche an einem starken, guss- eisernen, an der Trockenkammer durch Ankerschrauben befestigten Thür- rahmen befindlich 8\nd, öffnen sich nach aussen und werden durch Riegel und Klinke verschlossen. Will man das Beengen des Platzes vor der Trockenkammer vermeiden, so wendet man Schiebethüren an, die sich meistens senkrecht auf jund nieder bewegen lassen. Sie hängen an einer starken, über eine feste Rolle geführten Kette, deren anderes Ende mit einem Gegengewichte versehen ist, um das Gewicht der Thür auszuglei- chen. Es ist beim Aufziehen alsdann nur die Reibung zu überwinden und die Thür bleibt in jeder Stellung schwebend. Die Thüröffnung der Kammern muss auch bei derartigen ThÜren durch einen eisernen Rah- men mit Führungsleisten vor Beschädigungen des Mauerwerks geschützt sein. Durch Vorreiber, die am Rahmen angebracht sind, kann man ein dichtes Anlegen der Thür bewirken.

Bei der grossen Wärmeleitungsfahigkeit des Eisens und der gerin- gen Wandstärke der verhältnissmässig grossen Thüren geht ein beträcht- licher Theil Wärme durch Transmission verloren. Wie bei einem Stubenofen findet in unmittelbarer Nähe der Thür ein ununterbrochener Luftwechsel statt, indem die kälteren Luftschichten sich erwärmen, aufsteigen and frischen Schichten Platz machen. Es ist leicht zu ermessen, welche er- hebliche Menge Brennmaterial erforderlich sein wird, um diesen Wäi'me- verlust zu decken. Recht zweckmässig ist daher die in einigen Giesse- reien angewendete Construction der Thüren aus doppeltem, dünnem Eisenbleche, an den Rändern durch zwischengelegtes, rings hemm lau-

Trockenkammern. 173

rendes Ü-Eieen oder doppelt T-Eisen Terbnnden nnd mit einer Lnftschiclit Ewischen eich, wie ea Fig. 156 veranachaulicbt. Solche Thüren sind nicht schwerer an Gewicht als die aus Gnsseisen oder stärkerm Eieenblech gerertigten, ebenso haltbar ata diese, nnd die höheren Anfertigunf^e- kosten werden jedenfalls bald dnroh ErBparniaa an Brennstoff gedeckt werden.

Die Fenernng der TrookeBkammem besteht meistens aus einem Roste mit nstQrlichem Luftzüge, welcher durch eine Eaae hervorgebracht wird, Selt«ner iat man in der Lage, statt der Roatfeuemng die abzie- hende Warme anderer Proceeae znni Erhitzen der Kammer benntzen zo können. So kann man z. B. in Measinggiessereien nnd kleinen Eisen- giesaereien die abziehenden Gaae des Tiegelachmelzofena in zweckmässi- ger Weise dazu benutzen, die zwiachen Ofen und Schomatein angelegte Trockenkammer za heizen und aof diese Weise bei jedem Schmelzen die Fig. 156.

Oassforraen und Kerne für den folgenden Tag ohne beaondern DrennstofT- aufwand za trocknen.

Beeflglich der Art nnd Webe, in welcher die entwickelte oder vorhan- ilene Wärme an die Trockenkammer abgegeben wird, unterscheidet man Trockenkammern mit directer Erwärmung, bei welchen die Fene- mngBgase dnrch die Kammer selbst hindurchziehen und in Gemeinachaftmit dem verdampften Waaser aus der Kammer darch einen Canal nach der Ease entweichen; und Trockenkammern mit indirecter Erwärmung, bei welchen die Gase durch ein System eiserner, in der Trockenkammer befindlicher Röhren oderCnnäle hindurcbgeföhrt werden und ihre Wärme in Folge der Transmiiiaion der Röhrenwände an die Kammer abgeben.

174 Trockenkammern mit directer Erwärmnng.

Die entwickelten WasBerd&mpfe mOssen also in die»em Fiüle dnrch eine besondere Vorrichtung abgeleitet werden, wenn nicht der Trocknnngs- procesa nnTerhältniB am aasig verlangsamt werden soll.

Die directe Erwärmnog ermöglicht die Erreichong hoher Wärme- grade in der Trockenkammer, bewirkt eine rasche Ableitung des gebilde* ten Wasserdampfs nnd igt daher die geeignetste Methode in denjenigen Fällen, wo eine scharfe Trocknnng erforderlich ist, alao bei dichtem Fonnmat«riale nnd grossen Gnsaformen, welche schwieriger ihren Feuch- tigkeitsgehalt entlassen als kleinere. NatQrlich erweise kann aar ein sol- ches Brennmaterial bei dieser Art der Fenerungseinrichtnngen eine gute Leistung geben, welches nicht selbst beträchtliche Hengen-von Wasser- dampf bei der Verbrennung entwickelt, also Torzugsweise yerkohlt«a oder doch sehr trocknes Brennmaterial. Aas diesem Grunde sind Koks das am-häufigsten benutzte und zweckmKssigste Brennmaterial in solchen Trockenkammern; Qaskoks, wo solche zu Gebote stehen, empfehlen sich durch Billigkeit und sind hinsichtlich ihrer Brennkraft völlig aua- reiobend.

Die Abbildung, Fig. 167, giebt die Einrichtung einer derartigen kleinen, durch die abziehenden heissen Gase eines Tiegelschacbtofens ge- beizten Kammer, t ist hier die Trockenkammer, mit gitterartig eingeleg- Fis. 157. horizontalen Stäben zur Anihahme

der Formkasten versehen-; o der Schmelz- ofen mit dem Verschlnssdechel d, 8 der Schomatein.

Heizt man die Trockenkammer durch eigene Roetfenerung, so ist bei Anlage des Rostes zu beachten, dass in Folge des Bestrebens der erwKrmten Luft- schichten, nach oben zu steigen, die Sohle der Trockenkammer und die der- selben zonäohst liegenden Luftschichten Gefahr laufen, kalt zu bleiben, wenn der Rost hoch liegt; dass Csmer jede Einwirkung strahlender Wärme auf die Gnssformen und Kerne ge- fUbrtich ist, weil durch die in Folge derselben bewirkte übermässige Er- hitzung leicht Zersetzungen des Formmaterials hervorgerufen werden können, wodurch dasselbe mürbe, zum Zerfallen geneigt wird; und dass mithin der Rost eine solche Lage erhalten muss, welche diese Einwirkung strahlender Wärme ansschliesst. Ans diesen Grflnden bringt man den Rost am zweckmäsaigsten möglichst vertieft und zwar in einer Ecke oder doch an einer der schmalen Seiten der Trockenkammer an. H&nfig nm- giebt man ihn zum Schutne der Gnssformen gegen die strahlende Wärme mit einer Umfassungsmauer aus feuerfesten Steinen, welche gitterartig durchbrochen ist, um die Gase hindurchziehen zu lassen ; oder man über- wölbt ihn, wie in Fig. 168, und lässt die Gase unter dem Gewölbe hin- dnrch in die Kammer treten.

Trockenkammem mit directer Erwärmang. 175

Dft rieb kleinatückigeB 6reiinmat«rial weoiger als grobetSckigea zar Benntanng filr diracte Erwirmnng eignet, ist ein Planrost der geeigDetet«. Unterhalb desselben befindet rieb der nacb anssen mündende Ascbenfall, oberbalb des Roetes gewöbnticb eine Tbür znr Bedienung desselben. Nur in wenigen Fällen wendet man Rosten obne Feuertbür an, die alsdann ▼or dem Schliessen der Trockenkammer gefOIlt werden and so gross sein mBssen, dass die einmalige Füllang fär den Trocknungsprocess ansreicht.

Je grösser die Rostfläcbe ist, desto rascher wird man im Stande sein, eine höbe Temperatur in der Kammer zn entwickeln, aber desto mehr Brennmaterial wird auch verbrancht werden, wenn nicht rinerseits sehr

Fig. 158.

starke W&nde vorbanden sind, den vorhandenen Ueberschnaa an Wärme anfzanebmen , and andererseits die Feaening rechtzeitig unterbrochen wird, um diesevon den Wänden aufgenommene Wärme auszunatsen. So günstig auch im AUgemeinen eine solche rasche WBrmeentwickelung wirken kann, wenn eben jene Bedingungen erflült werden, dürfte man doch Bedacht nehmen müssen, ein Uebermaass zn vermeiden. Viele vor- handene Trockenkammern würden mit kleineren Rosten sicherlich weni- ger Brennmaterial verbranchen, als es in Wirklichkeit der Fall ist.

FOr je 100 Cubikmeter räumlichen Inhalt der Trockenkammer

176 Trockenkammern.

kann man Erfahrnngsresultaten znfolge bei Koksfeuerung und mittel- starken Wänden an totaler Rostfläclie rechnen :

bei grossen Kammern von mehr als lOOGnbikmeter Inhalt 0,6 Qna- dratmeter,

bei mittelgrossen Kammern von 25 bis 100 Cabikmeter Inhalt 0,6 bis 1 Quadratmeter,

bei kleinen Kammern mit weniger als 25 Cubikmeter Inhalt 1 bis 2 Quadratmeter.

Die Abzngsöfihong für die Gase und Dämpfe ans der Kammer pflegt an der Sohle der letztern dem Roste diagonal gegenüber, also in den meisten Fällen unmittelbar hinter der Thür in der einen Ecke der Kam- mer zu liegen. Nicht selten wendet man zwei Abzngsöfihungen an, um eine bessere Yertheilung des Gasstroms zu erzielen, welche alsdann an beiden Seiten der Thür befindlich sind. Für das Yerhältniss des Quer- schnitts dieser Abzug8ö£fnung zu der totalen Bostfiäche findet man bei ausgeführten Anlagen Werthe von Vio his Vi* Sofern die Esse im Stande ist, auch bei kleiner Abzugsöfifnung den erforderlichen Luftwechsel her- vorzurufen und die Verbrennung auf dem Roste in ausreichender Weise zu unterhalten, dürfte ein kleinerer Querschnitt einem grossem vorzu- ziehen sein, weil man bei ersterem wenigstens nicht so leicht Gefahr läuft, durch übermässig rasche Entziehung der Yerbrennungsgase nn- nöthige Wärmeverluste hervorzurufen. Von dieser Abzugsöifnung aus führt gewöhnlich ein horizontaler Ganal nach dem Schornsteine. Zweck- mässig ist jedenfalls die in vielen Trockenkammern angewendete Ein- richtung, den Canal dicht unter der Sohle der Kammer hin nach rück- wärts zu führen und nur mit eisernen Platten abzudecken, so dass noch Wärmetransmission von den abziehenden heisseren Gasen nach der Kam- mer hin stattfinden kann. Zwischen Trockenkammer und Schornstein muss der Canal mit einem Schieber versehen sein, um den Luftzug regn- liren und nach Erforderniss ganz abstellen zu können. Durch richtige Benutzung dieser einfachen Vorrichtung lässt sich viel Brennmaterial ersparen. Denn sobald das Brennmaterial auf dem Roste verzehrt ist, tritt kalte Luft durch den Rost in die Kammer, erwärmt sich durch einen Theil der in den Wänden aufgespeicherten Wärme und entführt diese aufgenommene Wärme nach dem Schornsteine, die Kammer mehr und mehr abkühlend. . Sobald dieser Luftwechsel stärker ist, als zur Unter- haltung des Verdunstungsprocesses nöthig ist, findet unnöthiger Wärme- verlust statt; je weniger Wasser also überhaupt noch in der Kammer zu verdunsten ist, desto mehr muss der Schieber geschlossen werden. Mei- stens wird man den Schieber schon bald nach Beendigung des Verbren- nungsprocesses auf dem Roste völlig schliessen können, da die in der Kammer alsdann befindliche Luft in Folge ihres hohen Wärmegrades ausreichend beföhigt zu sein pfiegt, den noch zu verflüchtigenden Wasser- gehalt aufzunehmen.

Die Esse vereinigt meistens die Gase sämmtlicher vorhandenen

Trockenkammeni. 177

Trookenkttminem und mtiBa dieser Aufgabe entaprechead hoch and weit Min. Ein Querschnitt gleich Va bis Ve der totalen Rostfläche sämmt- liefaer Ksmmem bei einer Höhe von mindeBtens 15 Meter dürfte für alle Fälle ansreiohen.

Beispiele ansgeftibrter Trockenkammern mit Rost feuemng nnd direc- ter Erwärmung.

Die Figuren 159 bis 161 stellen eine kleine Trockenkammer in der Gieasei-ei des Herrn R. Ph. Waagner in Meidling hei Wien dar, welche hauptsächlich zum Trocknen kleiner Gassformen für die Metall gieaserei bestimmt ist. Zur Aarstellnng der zu trocknenden

Gassformen dienen die schmiedeeisernen Queretangen a a . . , welche in den gnsaeiBemen Lagern bb ruhen und sich, der Grösse der einzusetzen- den GuBsformen entsprechend, leicht auBwechseln lassen. Um die Gnss- formem vor der strahlenden Hitze zu schützen , ist der Rost mit der Maaer C amgeben; die Gase ziehen über dieselbe hinweg, werden dann dtu-cfa die Abzngsöfinungen dd . . . . , deren Querschnitt aus leicht ersichÜicben Gründen mit ihrer Entfemnng vom Roste wächBt, nach nnten gezogen nnd durch einen gemeinBohaftlichen Canal / nach der Esse geführt.

In den Figuren 162 bis 165 sind swei grössere Trockenkammern deraelben Giecserei abgebildet. Die äusseren Wände derselben sind doppelt

LidabBT, m*ehuilKh-iiwtalinrBiH>H TeehoologlB. jq

178 Trockenkammern.

md sehr stark '); die Decke besteht aas eiaielDen Qn^rbugeii, auf doppelt

'I Die Mittlieiliiug Jieiwr wia Jer in den l'igm'üii ljMbi»l«l t;egel>eneu Zaieh- nungeu yerdankt VerfnsserderGütede» Herrn DirectorOüntherEaMeidlüig.

1 80 Trockenkammern.

T-Trügern mliend nud oben mit eino- Schicht Lehm überdeckt, nm die Wärm everlaste möglichst einznBcbrinken. Die Gue entwfflchen dnrch zwei

Trockenkammern. 181

AbingsOSimsgen in jeder Kammer and vereinigen aicb dann in einem ge* meiagamen SohoruBteine ; die sus Eisenblech gefertigten, zum Änfziehen eingerichteten Thüren werden vermittelst der Winden u a geöffnet and niedergelassen.

Die in den Figaren 166 bis 168 abgebildete Trockenkammer der Chemnitser Werkzeagmaschinenfabrik bietet Tornehmlich durch die Art ihrer Ueberdeckung Interesse. Dieselbe besteht aas eisernen Platten, ■of einer Balkenlage mhend aad mit einer dünnen Steinlage abgedockt, la der Hitt« der Decke befindet sich die schlitzaitige Oeffnnog a, nur dorch Platten, die sieb leicht entferaen lassen, geschlossen. Dnrch diese Oeffnang Fig. isa.

hiDgt der Kloben des Brackeekrahns (Fig. 53 auf S. 62) in die Kammer hinab, wenn schwere Gassformen hineia- oder hinaosgescbnfil werden sollen. Die Decke der ganzen Kammer wird nan zum Trocknen des Formmaterials benatzt. Dasselbe wird dorch einen mechanischen Aufzug auf den obern Boden h geschafft, auf welchem sich die Zerkleinerungs- maschinen befinde!); von hier aas durch die Latten ccc anf die Trocken- kammerdecke gestürzt and aasgebreitet nnd nach dem Trocknen auf dem Boden d vom Gebrauche aufbewahrt. Die senkrechten Lutten e dienen ■am Hiuabatürsen solchen Materials , welches einer Trocknung nicht be- darf (Kohlenstaab), der Kasten / zur Aufnahme desselben.

162 Trockenkammeni.

Die TrockenkAmmer ist mit zwei diagonal gegenüberliegenden Rosten gg versehen, welche, da sie eine Fenerthilr nicht beaitEen, in

Trockenkammern. 163

einem Male gefUllt werden nifiBsen. i ist ein eiserner Kasten oberhalb dea Rostes mit Höndung nach aussen, um darin kleine Kerne und der- gleichen trocknen zn können. Die Tbfir ist in horizontaler Uichtung verschiebbar und zu dieaem Zwecke mit Rollen h (Fig- 167) versehen.

Die indirecte Heizung der Trockenkammern ist weniger geeig- net, als die directe, sehr hohe Wärmegrade hervorzurnfen, gewährt aber den Vortheil, dass man, da die Yerbrennuugsgaee nicht in die Kammer selbst eintreten, jedes nnverkohlte Brennmaterial, selbst mit hohem Wasser- gehalte (Braonkohlen etc.), zum Feuern verwunden kann, und dass die schAdliche Einwirkung strahlender Hitze volbtftndig vermieden ist. In Giessereien, wo solche gerin gwerthigeren Brennmaterialien zu einem re- lativ hilligem Preise als Koks und ähnliche wei-thvollere BrennstofTe zu haben sind, empfehlen sich deshalb derartige Feaeningsanlagen vorzugs- weise S&r solche Trockenkammern, die zum Trocknen von Lehmkeruen bestimmt sind, weniger für grössere fiuBsformen in Masse, welche zam völligen ÄUBtrockoen eines höheren W&rmegrades zu bedürfen pflogen. Die Einrichtung einer solchen indirecten Trockenkammerhetzung kann durch die Figuren 169 bis 171 erläutert werden, welche die Trocken-

kanunem der neuerbanten Röhren giesaerei zu GrÖditz darsteUen. Daa Brennmaterial meistens böhmiBche Braunkohle oder auch Lig- nit« ana der Niederlauaits wird auf dem Treppenroste a verbrannt. Die VerbrennongsgaBe dorchitreichen die Canäle t>, c, d und e in der Riebtang der Pfeile und entweishen schliesslich aus e nach dem Schors-

Trockenkammern,

Trodcenkammem, Pig. 171.

186 Trodtenkammem.

Bteioe. Der Theü b dieses Canalaystema ist gemauert nnd in RflckBicht aof die hohe in der Nähe der Feuerung herrechende Temperatnr, welch« GoBseisen bald zerstören würde, mit Platten aus feaerfeBtem Thone ab- gedeckt, welche in eisernen R&hmen liegen und Blch leicht aoBwechaeln lasBen ; die Theile c, d und e bestehen ans gusseisemen Röhren von 350 Hm. Weite; nur die gekrümmten Verbindungsstücke zwischen den einselnen geraden Bohrsträngen sind der leichtem Uerstellimg halber gemauert and mit gusseisemen Platten abgedeckt (siehe /in Fig. 170). Die gnss- eisernen Röhren liegen mit ihren Enden in eingemauerten schmalen Rin- gen gg, F'ig. 17t, in denen sie eich bei der Erwärmung. ohne UiuderaiBS ausdehnen können, übrigens aber Tollstäudig frei, um die Wärme an ihrem ganzen Umfange an die Kanuner abgeben zu können. Zwischen Trockenkammer und Schornstein (bei A in Fig. 171) ist die Rohrleituog mit einem Schieber versehen, um den Zng regalireu und nach VerEehrong de« Brennstofis ganz abstellen SU können. Die in der Trockenkammer entwickelten Wasserdämpfe werden durch kleine Oeffnangen in der Lei- Kg. 172.

HorizoDtstochDitt aacb AB.

TrockeDkammern. 187

ttuif^ in Folge dt» EBBenzogea Iwgierig »ngeeaagt ; zum Ersätze d«r ab- ziehenden feuchten Lnft kann durch dos kleine Rohr i (Fig. t69) frische trockne Luft zugeführt Verden , die sich beim Aufsteigen zwischen den Pig. it:i.

Verticalachiiitt nach £F. Heizrohren c und d erw&nnt. Wenn der Schieber geschlossen ist und mitbin kein Luftzug mehr stattfindet, können die noch gebildeten Dämpfe durch das Rohr h (Fig. 170) ins Freie entweichen.

Kg. 174

VerticHlsclinitt uacU CD.

188 TrockenkammerD.

Die Einrichtong tob Trockenkammern mit indirecter Erwär- nmng, geheist durch die abgehenden Gase sweier Tiegelflamm* Öfen, iflt endlich durch die Figuren 172 bii 175 veranschan- j<j~ |75_ licht'). Die Gaee kommen bei aa von den

Flammöfen, streichen in den Can&len bb.. unter dem ana gasaeiBeraen Platten bestehen- den Boden der Kammern bin und ziehen dann nach dem gemeinechoftlicben Schorn- steine. Die kleinen Schornsteine dienen zur Entfemting des verdampften Wassers- Die Heisfläcbe jeder Kammer beträgt 4,25 Quadratmeter, die BodenSäcbe 5 Quadrat- meter, der ränmliche Inhalt 10,5 Cubik- meter. Durch eingelegte Qneratäbe ist jede Anrieht. Kammer in drei Stookwerke h 700 Mm. Höhe

getheilt. Die Wärmeabgabe ist eine HO bedetttende, dass die Temperatur in den Kammern gegen Ende des Trocknens, welches acht Stunden währt, auf 200'* C. steigt, nnd es läset sich hieraus ecblieesen, dass jene Heizfläche auch für einen noch gröaeern Trockenraum ausgereicht haben würde.

Sie relative Leistung oder der Wirkungsgrad einer Trockenkam- mer läset sieb ermitteln, wenn man die Menge des durch eine verbrauchte Menge Brennmaterial yerdampften Wassers ermittelt und diese Wasser- menge durch diejenige dividirt, welche das gleiche Quantum Brennmate- rial bei vollständiger Ausnutzung seiner Brennkraft theoretiach hätte

W verdampfen können. Es ist £ ^ ^, worin Ifdae wirklich verdampfte

Wasser, Wi diejenige Wassermenge bezeichnet, welche sich tbeoretisoh hätte verdampfen lassen.

Dieser Wirkungsgrad ist abbäugig von der Construction und Lage der Kammer, daneben aber auch von der Dichtigkeit des Formmaterials, der Wandstärke der zu trocknenden Gegenstände, der mehr oder minder umsichtigen Art und Weise der Gruppirung derselben in der Kammer (je grftsser die frei liegende Oberfläche, desto günstiger die Verdampfung) und von anderen Neben umständen. Um daher aus dem Wirkungsgrade verschiedener Trockenkammern Schlüsse auf die Zweckmässigkeit der Einrichtung ziehen zu können, muss man solche wählen, die unter äho- lichen Verhältnissen arbeiten.

Leider liegen sehr wenige Resultate hierüber vor, und, wie Verfasser mehrfach erfahren musste, findet sich nur in sehr wenigen Giessereien

') Pär eine Wiener Msisinggiesierei durch Herrn Iigeuieur C. A. Hei 1 Freiberg {Sachsen) erbaut.

Wirkungsgrad. 189

Ndgang, Yersnohe über diesen immerhin för sie selbst nicht unwichtigen Gegenstand anzustellen^).

Erstes Beispiel. In der in den Figuren 162 bis 165 (S. 179 und 180) abgebildeten Trockenkammer zu Meidling wurden mit einem Brenn* materialaufwande yon 136 Kilogramm Koks Lehmkeme getrocknet und dabei innerhalb 3^] Stunden, während welcher Zeit sie yollstandig trocken geworden waren, 95 Kilogramm Wasser verdampft.

Wenn die bei yollst&ndiger Verbrennung eines Brennstoffs für den Yerdampfungsprocess the<»«tisch gewinnbare Wärmemenge = tv ist, und wenn man annimmt, dass durchschnittlich 600 Wärmeeinheiten erforder- lich sind, um 1 Kilogramm des in den Gussformen und Kernen enthalte- nen Wassers zu erwärmen und zu yerdampfen ^ , so kann 1 Kilogramm

des Brennstoffs theoretisch -r— Kilogramm Wasser yerfl&chtigen. 1 Kilo-

gramm Koks mit 15 Proc. Asche und 5 Proc. hygroskopischem Wasser yerdampfi hiemach, wenn man die geringe Wärmemenge unberücksich- tigt lAsst, die zur Verdampfung des hygroskopischen Wassergehaltes und zur Erwärmung der Asche des Brennstoffs yerbraucht wird:

0,8 X 8080 , ^ « rr., T^ r = 10,7 Kilogramm Wasser.

Jene y erbrauchten 136 Kilogramm Koks hätten demnach bei yölli- ger Ausnutzung 1455 Kilogramm Wasser yerflüchtigen müssen, während nur 95 Kilogramm in Wirklichkeit yerdampft worden sind. Es ist dem- nach der Wirkungsgrad der Kammer;

E = -^ = 0,065. 1455

Zweites Beispiel. In Eisenwerk Gröditz trocknet man in den anf Seite 183 bis 185 in den Figuren 169 bis 171 abgebildeten Trocken- kammern Lehmkeme für die Röhrengiesserei und benutzt als Brennmate- rial böhmische Braunkohlen, bestehend aus:

Kohlenstoff 50 Proc.

Wasserstoff 4

Sauerstoff 14

Asche 3V3 »

Wasser 281/,

^) An aUe Oiessereient welche sich für eine wisflenschaftliche Behandlung dieser Frage interessiren, richtet YerfSuser hierdurch das Ersuchen, etwaige Ermittelungen über die Leistungen ihrer Trockenkammern nebst Angaben über die Constructionsverhältnisse etc. derselben ihm zu einer vergleichenden Zu- sammenstellnng zugehen zu lassen. Nur in solcher Weise wird man zu greif- baren Resultaten für die Oonstmction dieser wichtigen Apparate jeder Oiesse- rei gelangen können.

^ Da die Wasserverdampfüng bei einer niedrigen Temperatur beginnt, häufig aber erst bei einer Temperatur der Trockenkammer über lOO*' ihr Ende erreicht, so Iftsst sich eben nur ein annfthernder Durchschnittswerth für die nitgenommene Wärme der Berechnung zu Grunde legen.

190 Trockenkammern.

Die Kerne bleiben von Abends bis Morgens in der Kammer; zar einmaligen Heizung einer Kammer werden darchscbnittlich 400 Kilo- gramm Brannkohlen verbrancht und nach dem Verbrennen derselben der Schieber geschlossen. Es wurde ermittelt, dass durchschnittlich 100 Kilogramm Braunkohlen erforderlich sind, um 91 Kilogramm Wasser aus den Kernen zu verdampfen.

Die theoretische Yerdampfangsfahigkeit der böhmischen Braunkohle ist obiger Zusammensetzung zufolge

0,50 X 8080 + (o,04 ^\ 34 462

r ~ = 7,99 Kilogramm Wasser.

Es würden demnach 100 Kilogramm Braunkohlen theoretisch 799 Kilogramm Wasser verdampfen können, und es ist

E = ^ = 0,114. 799

Vorstehende beiden Ermittelungen sind natürlich noch nicht aus- reichend, ein endgültiges Urtheil über die Zweckmässigkeit des einen oder andern Trockenkammersystems zu fällen. Das günstigere Resultat der Gröditzer Trockenkammer rührt unstreitig zum Theile davon her, dass dieselbe für eine einzige Specialität der Formerei, Röhrenkeme, von vornherein eingerichtet und deshalb mit Einrichtungen versehen ist, welche die günstigste Ausnutzung des vorhandenen Raumes gestatten. Immerhin ist der auf diese Weise erlangte Vergleich zwischen den Lei- stungen beider Trockenkammern in mancher Beziehung lehrreich und beweist wenigstens, dass die bis jetzt seltener übliche indirecte Trocken- kammerheizung recht günstige Ergebnisse zu liefern im Stande ist» Viel- leicht sind die durch die Berechnung gewonnenen Resultate geeignet, auch andere Giessereien zu Ermittelungen in dieser Richtung anzuregen.

Die in den Kammern zu trocknenden Gegenstände werden, wenn ihr Umfang und Gewicht nicht zu bedeutend ist, auf Stäben, Consolea und dergleichen, wie aus den Figuren 160, 161 und 174 ersichtlich ist, in geeigneter Weise aufgestellt. Ist ihr Gewicht dagegen ein solches, dass das HineinschafiPen und Aufstellen innerhalb der Kammer unbequem sein würde, so benutzt man meistens einen eisernen Wagen, welcher vor der Kammer mit sämmtlichen zu trocknenden Gegenständen beladen und dann hineingerollt wird. Diese Trockenwagen bestehen ans einem gusseisemen oder schmiedeeisernen Rahmen auf zwei Achsen mit niedrigen Rädern, Fig. 176. Die Räder laufen meistens auf gusseisemen oder schmiedeeisernen Schienen; die Länge der Wagen entspricht an*

Wagen. 191

nähernd der Läoge der Trookenkammer im Lichten, die Breite mnsa mindeBtens einige Ceatimeter geringer aein als diqenige der Thüröffnnng der Kammer.

In Folge der in den Trockenkammern herrBchenden Hitze nnd Fenclttigkeit pfiegt die Zapfenreibnng bei diesen Trockenkainmerwagen Pig. 176.

eine recht beträchtliche und die Fortbewegnng dadurch sehr erschwert in »ein. Da nun aber der vom Wagen zurückzulegende Weg immer die- *elbe Länge gleich der Länge der TrockcDkamnier za besitzen pflegt, so kann man die Fortheiregung sehr erleichtern , wenn man durch die in Fig. 177 dargestellte Construotion die Zapfenreibnng des Wagens in eine Fig. 177.

rollende Reibung verwandelt. Die Laufbahn des Wagens ist hier durch die angegossenen Knaggen a a begrenzt, welche sich einem weitem Fortrollen entgegen stellen and dadurch ein Kippen des Wagens numdg- lich machen, welches eintreten würde, sobald bei fortgesetzter Bewegung der Schwerpunkt des Wagens ausserhalb der Achsen zn liegen käme.

Wenn

A die Lauge des vom Wagen zurückzulegenden Weges ist,

a der Abstand zwischen einem Paar Knaggen,

D der Durchmesser der Rftder,

d der Durchmesser der Zapfen, to iat

a: A=:d: ß. Ad

d. h. je grüsaer der Raddurchmeaaer im Verhältnisse zum Zapfendurch- messer ist, desto kleiner kann fikr eine gegebene Laufbahn der Abstand zwischen zwei Knaggen sein, desto weniger Gefahr für das Kippen des Wagens ist vorhanden.

! Trockenkammern.

Mitnnt«r bring:! man auf dem Wagen noch besondere GerOste an, die HU trocknenden Geganatände anfsunehmen nnd eine mSgUohBt Fig. 178.

grosse Ansafal derselben unterzabringen. Als Beispiel möge die in den Figuren 178 nnd 179 abgebildete Vorricbtung zur Anfiagemng von Röhrenkemen dienen.

G. Die Anwendung von Hasobinen anr Formerei.

Das der gesammten modernen Fabrikation eigenthOmliche Bertreben, dnrcb Massenanfertignng von Specialartikeln deren Selbstkosten nnd Verkanfaprös berabmdracken, gab anoli YeranlaBsnug snr ConstmctioD einer AnsabI verscbieden eingerichteter Haschinen in der Formerei, grösstentheils dam bestimmt, bei der Anfertigung solcher Specialartikel die Handarbeit des Formers theilweiee an ersetsen nnd dadurch die Arbeit tu beochlennigen; bisweilen anch mit der Aufgabe, ein kostspieli- ges, fllr die Handarbeit unentbehrliches Modell durch einen einCsche- ren Apparat sn ersetien.

Es lassen sich demnach sämmtliche für die Formerei benntst« Ma- schinen in folgende Gruppen theilen ;

1) Formmaschinen, welche das Modell aus der Gnssfbrm heben.

Wenn diese Arbeit durch eine Maschine rasch and sicher attsgef%hrt wird, kann dadurch erhebliche Zeit gewonnen werden. Denn ea wird

Fonomaschmen.

193

nicht allein direct der grössere Zeitanfvrand beim Aasheben mit der menschlichen Hand gespart, sondern bei der grossem Sicherheit und Gleichmässigkeit der Maschinenarbeit fallen die, meistens noch beträcht- licheren, ZeitYcrloste fast gans fort, welche durch das Ausbessern der beim Heransnehmen mit der Hand entstandenen Beschädigungen der Gosdbrm veranlasst werden. Die Zeiterspamiss wird um so grösser, wenn in einem und demselben Formkasten mehrere Modelle eingeformt sind, welche durch die Maschine mit einem Male herausgeholt werden, während bei Handarbeit nur eins nach dem andern gelöst werden kann. Der Vorgang bei den zahlreichen hierher gehörigen Gonstructionen von Formmaschinen ist im Wesentlichen derselbe. Das Formkastentheil c, Fig. 180, befindet sich in der zum Einstampfen richtigen Lage auf einem gusseisernen gehobelten Tische d, der mit Oeffnungen versehen ist, um die Modelle a hindurch zu führen. Diese Oe£Fnungen müssen

Fig. 180.

sehr genau gearbeitet sein, so dass weder ein Klemmen der Modelle ein- treten kann, noch ein Zwischenraum bleibt, in welchen Sand hineinfallen konnte. Die Modelle sind auf einer Platte h befestigt, welche mit Hülfe der Schraubenspindel e, der Getriebe / und g (deren ersteres mit Mutter- gewinde &kr die Spindel e versehen und durch ein über seine Verlange- rang übergeschobenes Halslager s vor Verschiebung gesichert ist), und der Handradspindel k in genau senkrechter Richtung auf- und abbewegt werden kann. Die Fühningsstangen II dienen ausserdem zur Vermei- dung von Schwankungen beim Auf- und Niedergehen. Durch Drehung des Handradchens m nach dem Einformen des Kastens werden also sämmtliche auf der Platte h befindliche Modelle rasch und sicher aus der Gusaform herausbewegt. Ist das Modell getheilt, so dass ein Theil im Oberkasten liegt, so bedarf man, wenn nicht beide Hälfben ganz gleich sind, zweier Formmaschinen für Ober- und Unterkasten; ist dagegen, wie in dem vorstehend gegebenen Falle (Schienenstuhlmodell), das Modell

liedebar, meoliAuisch-meteUiurgiMhe Teohnologi«. X3

194 Formmaschinen.

nur im Unterkasten befindlich und der Oberkasten ganz glatt, bo bedarf es nar einer gehobelten Platte zum Einformen dee letztem.

Statt der Bewegung durch Schraubenspindel und drehbare Schrau- benmutter kann man auch durch Zahnstange mit Getriebe, Kniehebel oder andere Maschinenelemente die Bewegung des Modells bewirken. In einzelnen Fällen kann auch eine solche Abänderung der Constmction zweckmässig sein, bei welcher das Modell stehen bleibt, der Tisch mit dem Formkasten aber gehoben wird.

Je zeitraubender die Arbeit des Heraushebens mit der Hand ist, und je weniger bei dieser Manipulation Beschädigungen zu vermeiden sind, desto hoher werden die Ersparnisse durch Anwendung solcher Form- maschinen sein. Beim Einformen von Schienenstühlen, deren vier zu- sammen in einen Formkasten eihgeformt wurden, hatte Verfasser vor einigen Jahren Gelegenheit, eine totale Mehrprodnction von 30 Procent gegenüber der alleinigen Handarbeit zu constatiren.

Ausserdem findet man solche Maschinen angewendet bei Herstellung von kleinen Maschinentheilen fclr landwirthschafbliche und andere Ma- schinen, Geschossen, Röhren.

2. Formmaschinen, welche das Einstampfen beziehentlich Fest- drücken des Formmaterials besorgen, besonders für den Röhrenguss in Anwendung.

In der Mitte des cylindrischen , senkrecht stehenden Formkastens dreht sich bei der Röhrenform maschine , von einer Transmission atis be- trieben, eine verticale Spindel, auf welcher das Modell und die Vorrich- tung zum Einformen befindlich ist. Letztere besteht entweder aus einem kurzen Cylinder von dem Durchmesser des Formkastens im Lichten mit Rollen am untern Rande oder mit flachen Schraubengängen zum Fest- drücken des von oben eingeschaufelten Sandes (Sheriff'sche und Steward^ sehe Formmaschine), oder aus Stampfern, welche während des Rotirens durch Excenter gehoben werden und durch ihr Gewicht nieder- fallen , oder aus ähnlichen drückend oder stampfend wirkenden Werkzeu- gen. In allen Fällen wird diese Vorrichtung von dem eingeschaufelten, sich mehr und mehr häufenden Sande selbst allmälig gehoben und zieht dabei auch das Modell nach sich.

3. Maschinen, welche ein grösseres, aus einer Anzahl gleicher Theile bestehendes Modell durch ein einziges dieser Theile ersetzen. In gewisser Hinsicht gehören auch die sub 2 erwähnten Röhrenform- maschinen hierher, indem bei denselben nur ein kurzes Rohrende, welches allmälig aufwärts bewegt wird, statt des Modells erforderlich ist Deut- licher ist jedoch dieses System der Formmaschinen in der vielfach be- nutzten Räderformmaschine für Zahnräder vertreten, deren erste Gob- struction sich G. M. Scott im Jahre 1865 patentiren liess^.

1) In Deutschland werden Bäderformmaschinen verbesserter Constmction durch die Chemnitzer Werkzeugmaschinen&brik in Chemnitz erbaut, welcher

Räderformmaschine. 1 9S

Auf dem ^aseiBernen, in den Erdboden eingegrabenen and unfeiner Boüden Fnndamentplatt« angesoliraabten Fuaae a^ Fig. 181, welcher mit einem (pnnktirt gezeichneten) heraasnehmbaren sapfen artigen Fortsätze TereeheniBt, steckt der hohle gnsHeiseme Schaft b, durch die Schrauben cc vor Drehung gesichert. Der obere, pnnktirt gezeichnete Theil dieses Fig. lei.

Schaflis ist schwächer im Dnrcbmesser , ringsam gedreht, nnd trägt die geschmiedete Oese d za demZwecke, den Schaft I> mit HUlfe einesKrahns leicht Ton dem Fnsae abnehmen und wieder anfstecken zu können. Un-

Ver&Mer die gegebene Äbbildaug dieser Maschine verdankt. £b Bei eine Bcschreibang dieser Maschine obschon streng genomniei] in das Qebiet der ■p«ciellen Technologie gehörend schon hier gestattet, um ein BeiBpiel für dtrartige Formmaschineu zu geben.

1 96 Räderformmaschine.

mittelbar unter d befindet sich das Schneckenrad e fest mit dem Schafte h verbunden, also wie dieser nicht drehbar, lieber diesen obern schwa- chem Theil des Schaftes h ist nun die Hülse / gesteckt, innen ausgedreht und um h drehbar. An diese Hülse ist zunächst das consolformige La- ger g angegossen, welches zum Tragen einer in das Rad e eingreifenden Schneckenspindel i dient (in der Abbildung nur in der Stirnfläche sichtbar), auf deren einem Ende das Getriebe h befestigt ist Wenn h und dadurch die Spindel i gedreht wird, so muss, da das Rad e fest liegt, die Spindel sich um e herumbewegen und dadurch auch die Hülse /in Drehung versetzen. Etwas weiter unten befindet sich an/ angegossen das Führungsstück & für den horizontalen rahmenformigen Arm Z, welcher zwischen diesem Füh- rungsstücke nach beiden Seiten in horizontaler Richtung verschoben wer- den kann. Zur Bewirkung dieser Verschiebung träg^ das Stück k die Schraubenmutter i», durch welche die in dem Arme fest gelagerte und an dem einen Ende mit dem Handrädchen n versehene Schraubenspin- del 0 hindurchgeht. An der andern Seite des Arms, parallel mit o, liegt die glatte Spindel p, auf der einen Seite die Kurbel g, auf der andern das Getrieberad r tragend, r ist durch die Zwischenräder s und /, welche beide in dem Bügel u befestigt sind, mit dem Stirnrade h in Verbindung gesetzt, so dass durch Drehung der Kurbel q auch die Spindel i bewegt und somit die ganze Hülse / sammt dem Arme l in Umdrehung um den Schaft der Maschine versetzt wird. Es ist klar, dass man im Stande sein wird, durch die Wahl bestimmter Grössenverhältnisse zwischen den Zahn- rädern s und t jedes beliebige Maass für die Drehung des Arms 2 bei einer ganzen, halben oder viertel Drehung der Kurbel g hervorzubrin- gen; mit anderen Worten, wenn ein Rad mit N Zähnen geformt werden soll, man solche Räder 8 und t einschalten kann, dass jede ganze, halbe

oder viertel Drehung von q den Arm l um des ganzen Kreises dreht,

entsprechend der verlangten Zahntheilung

Zu diesem Zwecke wird der Maschine eine grössere Anzahl solcher Getriebe von verschiedenen Durchmessern und gleicher Zahntheilung, zum Auswechseln eingerichtet, beigegeben, und eine gleichfalls beigegebene Tabelle erleichtert die Wahl der Räder für eine gegebene Anzahl Zähne des zu formenden Rades. Damit aber das Einstellen der Kurbel q mit Genauigkeit erfolgen kann, dreht sich dieselbe auf einer Scheibe r mit Einschnitten am Rande für ganze, halbe und viertel Drehungen, und eine kleine Feder x bewirkt ein sofortiges Einschnappen der Kurbel in einen solchen Einschnitt, sobald der betrefiPende Stand erreicht ist, und die Kurbel nicht mehr mit der Hand angezogen wird.

An dem einen Ende des Arms { befindet sich nun eine gnsseiBerne Führung w, in welcher das gusseiserne Prisma y auf- und abwärts be- wegt werden kann. Zur Hervorbringung dieser senkrechten Bewegnxiff dient die Kette a, welche in das Prisma eingreift und um daa Ketten-

Räderformmaschine. 1 97

rftdchen « geschlungen ist; letzteres wird durch Vermittelang des auf seiner Welle befindlichen Schneckenrädchens ß und der Schnecke y von dem Handrade d ans bewegt. Zur Begrenzung des Hinabgehens dient der verstellbare Anschlag 6, zum Feststellen des Prismas die Drock- schranbe (.

Dieses Prisma trftgt nun an. seinem untern Theile den eigentlichen formgebenden Apparat, das Modell 17 zu einem Zahne nebst zwei Zahn- lücken, welches sich also mit Hülfe der beschriebenen Einrichtungen in den vorgeschriebenen Abstand vom Drehungspunkte bringen; im Kreise herumführen und derXheilung des anzufertigenden Rades

entsprechend für jeden zu formenden Zahn einstellen ; über die Gussform erheben und in dieselbe einsenken lässt. Die Arbeit beim Einformen beginnt damit, dass, nachdem der Schaft h nebst der Hülse / von dem Fusse abgehoben worden sind, eine Hülse mit Scheere wie für die Lehmformerei über den stehen bleibenden Zapfen des Fusses geschoben und mit einer Schablone in dem Formsande das Modell für die obere Begrenzungsflfiche des Rades gedreht wird ; bei cylin- drischer Form des Rades wie in vorliegender Figur also eine horizontale Ebene. Dann wird nach dem Bestreuen mit Ziegelmehl der Oberkasten aufgesetzt, voll Sand gestampft, die Eingüsse an ihre Stelle gesetzt und der Oberkasten, welcher nun fertig ist, abgehoben und vorläufig bei Seite gestellt. Die genaue Stellung desselben auf der Gussform wird vorher durch eingeschlagene Holzpflöcke markirt, auch die Fläche des Oberkastens selbst wohl nach dem Abheben mit einer besondem Schablone und mit Hilfe einer im Mittelpunkte eingeformten Hülse nochmals nachgedreht, besonders wenn die Fläche nicht eben, sondern wie bei konischen Rädern, winkelförmig profilirt ist.

Nun wird der Sand rings um den Zapfen aufgegraben und mit einer zweiten Schablone das Profil des Untertheils der Gussform in der ganzen Höhe eines Zahns ausgedreht, so dass der Durchmesser der Gussform nunmehr gleich dem grössten Durchmesser des Zahnrades bis an die Aussenkante der Zähne gemessen ist (wie bei ^i9 in Fig. 181), und die Trennnungsfläche zwischen Ober- und Unterkasten mit dem obern Rande der Zähne zusammenfUlt. Dann wird die Maschine auf den Fuss ge- steckt, Durchmesser und Theilung richtig gestellt und nun Zahn an Zahn angeformt 9 wie ans der Abbildung ersichtlich ist. Arme und Nabe des Rades müssen durch später eingelegte Kerne, die im Kernkasten geformt werden, gebildet werden. Endlich wird die Maschine wieder abgehoben, auch der Zapfen aus dem Fusse gezogen, das dadurch entstehende Loch der Gussform (bei ^) mit Sande zugeformt, die erwähnten Kerne einge- legt und der Oberkasten aufgesetzt.

Eine eigentliche Ejrsparung an Arbeit in der Formerei wird durch die Räderfbrmmaschinen nicht erreicht, wie aus vorstehender Beschreibung des Arbeitsverfahrens sich ergeben dürfte, und wie es die Erfahrung be- stätigt. Im Gegentheile pflegen die mit der Maschine geformten Räder

198 Starre Gussformen.

im Gusse abgesehen von den Modellkosten theurer auszufallen als die nach einem vollständigen Modelle gefertig^n.

Diese Mehrkosten können aber gedeckt werden durch die grossere Genauigkeit der mit der Maschine geformten Räder, welche ein Nach- arbeiten der Zähne entbehrlich macht, und durch die Ersparung an Modellkosten. Letztere stellen sich um so höher, je grösser das Etad ist und je weniger Abgüsse davon verlangt werden. Mit der Grösse des Rades wächst auch die Gefahr des Verziehens des Modells, wodurch selbstverständlich der Abguss ungenau ausfallt. Diese Gründe lassen die Anwendung von Räderformmaschinen für grosse Räder zweckmässiger als für kleine erscheinen : Räder unter 500 Mm. Durchmesser, auf gewöhnliche Weise geformt, werden sich auch unter Berücksichtigung der Modell- kosten fast immer so erheblich billiger stellen, dass für diese die Anwen- dung der Formmaschinen kaum noch als zweckmässig bezeichnet wer- den kann.

Literatur über Formmaschinen:

Dürre, Handbuch des Eisengiessereibetriebes , IL Bd., Leipzig 1875, S. 471 bis 514, 520 bis 538.

H. Stentz, Ueber die Anwendung von Maschinen in der Formerei. Zeit- schrift für JBerg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen Staate. Bd. XII (Jahrgang 1864), S. 324 u. ff.

aussformen und Kerne ans starrem Materiale.

Die Anwendung derselben ist eine weit beschränktere als diejenige der Gussformen aus bildsamem Materiale. Denn einestheils pflegt die Anfertigung solcher starren Gussformen (Schalen) erheblich kostspieliger zu sein, als die Herstellung der Gussformen aus Sand, Masse oder Lehm und kann fast immer nur für solche Fälle lohnend erscheinen, wo eine grosse Anzahl gleicher Abgüsse in derselben Form gefertigt werden soll; andemtheils werden die Eigenschaften mancher Metalle, z. B. des Gusseisens, durch die raschere Abkühlung in den metallenen Gussformen, welche für diese schwerschmelzigen Metalle allein benutzbar sein wür- den, so erheblich verändert (Seite 109), dass die Abgüsse in vielen Fäl- len ihre Benutzbarkeit einbüssen würden, obschon allerdings in einzel- nen Fällen, welche unten Erwähnung finden werden, gerade diese Verän- derung der Eigenschaften durch Anwendung metallener Gussformen be- zweckt wird; endlich ist die Form des herzustellenden Abgusses nicht immer eine solche, dass die unvermeidliche Schwindung nach dem Giessen innerhalb der starren Gussform stattfinden kann, und in diesem Falle

Starre Gussformen« 199

tritt ein Z^rreisseu des Abgusses ein, wenn nicht das verwendete Metall sehr dehnbar ist and einen geringen Schwindangscoef&cienten besitzt (Zinn, Blei). So z. B. würde ein Rad mit Nabe und Armen, aus Giuseisen, Messing, Bronze in einer durchaus metallenen Gussform gegossen, im Kranze und den Armen reissen oder sich doch im gün- stigsten Falle so fest um das zwischen den Armen befindliche Mate- rial der Gussform zusammenpressen, dass es nicht möglich wäre, den Abguss, ohne ihn zu zerbrechen, herauszunehmen; aus demselben Grunde lassen sich Kerne aus starrem Materiale fast nur bei weichen , dehnbaren Metallen anwenden. Das bildsame Material der einmaligen Gussformen gestattet eben eine der Schwindung des Metalls entsprechende Zusam- mendrückung, und in den wenigen Fällen, wo ein grösserer Widerstand des Formsandes etc. ein Zerreissen des stark schwindenden Abgusses befürch- ten lässt, kann man durch schleuniges Freimachen des letztern in der zerstörbaren Gussform diese Gefahr beseitigen.

Das üblichste Material für die starren Gussformen ist das Gusseisen ; anentbehrlich für die bei höherer Temperatur schmelzenden Metalle: Gassstahl, Gusseisen, Bronze, Messing, sofern dieselben in Schalen ge- gossen werden sollen; seiner Billigkeit und Dauerhaftigkeit halber auch häufig für die in niedrigerer Temperatur schmelzbaren Metalle, Zinn, Zink Blei u. a. benutzt. Wenn die Gussformen sorgfaltiger Bearbeitung durch €iseliren zu ihrer Herstellung bedürfen, so wählt man wohl der leichtern Anfertigung halber Bronze, Rothguss oder Messing als Material für die- selben« Die leichtschmelzigeren Metalle giesst man bisweilen, obwohl seltener, in Gussfomen aus demselben Metalle, als man zum Giessen be- nutzt, natürlich niemals in einem bei niedrigerer Temperatur schmelzen- den. Für Zinn- und Bleigüsse ist ein nicht selten benutztes Material der Schiefer (z. B. för die bekannten Zinnsoldaten), welcher das Eingraviren der Gussform leicht gestattet; für grosse plattenf5rmige Körper wird bis- weilen Sandstein oder Granit benutzt; für die Stereotypplatten der Let- temgiessereien dient gepresstes Papier als Material der Gassform.

Die Gussformen müssen natürlich so eingerichtet sein, dass ein Her- aasnehmen des Abgusses ohne Schwierigkeit möglich ist. Hierdurch wird bei weniger einfachen Formen der Abgüsse eine Zerlegung der Gussformen in oft viele Theile erforderlich. Sämmtliche Theile müssen dabei mit Vorrichtungen versehen sein, welche ein genaues Zusammen- schliessen derselben bewirken.

Wenn die Gussform nicht etwa oben offen ist, ein Fall, der nur beim Gusse der einfachsten Formen vorkommt, so muss sie mit einem Eingüsse versehen sein, durch welchen das flüssige Metall in die Guss- form gelangen kann und welcher später entfenit wird. Da das Material der Gussform völlig undurchlässig für Gase ist, so muss bei allen ge- schlossenen Gussformen dieser Art Sorge getragen werden, dass die inner- halb derselben eingeschlossene Luft entweichen kann, ehe das Metall er- starrt Man bringt zu diesen Zwecke feine Luftcanäle an, gewöhnlich

200 Starre Gassformen.

auf den Trennmigflächea der einzelnen GaBsfonntbeile, weldie das Innere derselben mit der 'änssern freien Loft in Verbindung eetzen.

Der einfacIiBte Fall der Änwendong starrer Gnseformen iet der, wenn stnbformige oder platt enförmige Körper gegossen werden sollen, welche die erste Stufe für die weitere Verarbeitong bilden; so ans Gusb- atahl, Knpfer, Messing, Brouse, Gold, Silber, Blei u. b, w. Diese Gnss- formeu sind stete oben offen, und zwar entweder mit einer der breiten Seiten oben (liegende oder offene Gnsaformen), oder hänfiger mit einer der schmalen Seiten oben (stehende Gaesformen), je nachdem die sp&tere Verweudang des Gossstflcks das eine oder andere Verfahren sweckmassi- ger erscheinen lässt. Denn auch hier pflegt, zumal bei den schwerer schmelzbaren UetaUea, die beim Gusse zu oberet liegende Seite undich- ter zu sein als die untere. Hau nennt diese einfachen Gussformen, dazu bestimmt, einem rohen Metalle eine erste Form zu gehen, bisweilen schlechtweg Eingüsse (Ingots.) Ein vierkantiger Eieenstab, mit einem Handgriffe und auf einer Fläche mit einer langen sobm&len Höhlung versehen, wird zum Eingiessen von Gold und Silber gebraucht, welche Metalle dann zu Dräihteu, Blechen etc. weiter verarbeitet werden, und stellt wohl die einfachste Form solcher ofi'enen EingOsae dar. An diese Bchliessen sich die sogenannten Rohreingasse, fOr den stehenden Guss Yig. 182. bestimmt, schwach konische Kohre mit mn-

der oder viereckiger Oeffiinug, deren unteres Ende während des Gieseens durch einen Stöpsel verschlossen wird. Grössere der- artige GaSBformen bestehen fast immer aus zwei Tkeilen. Fig. 182 stellt eine solche zweitheilige Gussform fOr StablgOBse dar, welche während des Giessana durch aber- gelegte SchmiedeeiseDrioge eosammengehal- ten wird.

Für den Guss plattenformiger Körper benutzt man bisweilen zwei aufrecht ge- stellt« Gusseisenplatten, zwischen denen man Leisten von der St&rke der herzustellenden Platte derartig einlegt, daas sie drei Seiten der Gassform begrenzen , während die vierte obere Seite offen bleibt.

Weniger einfach ist die Einrichtung der Gussformen, wenu die her- zustellenden Abgüsse gegliederte Form besitzen, und besonders, wenn de hohl sind. Wie bei Hohlkörpern, welche im bildsamen Materiale gegos- een werden sollen, ist alsdann ein Kern und eine äossere Umhüllung erforderlich, welche bei dieser Art von Gussformen, voreugsweise für die Zinngieaserei verwendet, Hobel genannt wird.

Fig. 183 stellt eine Gnseform zum Goese cylindrischer Hohlgefiste dar, wie sie zum Messen von Flüssigkeiten benutzt werden, a ist der gUBseiserne cjUndrische Kern, b der gleichfalls gusseiseme Hobel, ans

Starre Gossfonneo. 201

zwei Theilen beatehend, um Um vom AbgoBse lösen m kOnnen , and mit dem EingoMe c veraehen. Oben greift 4er an dem Kerne angegosaene Deckel, ttntan der Untersatz d über den Rand der beiden Tbeile des Hobela and hftlt ihn zusammen, während auf diese Weise lagleioh die conoentrisohe Lage des Kerns gesicbert ist Mit einer Angel tritt der Tbnl d in den Holzfnse e. Bei der Debnbarkeit des Zinns and dem ge- ringen Durcbmesser des Geiaases ist ein Zerreissen desselben durch das Schwinden nm den starren Kern a nicht zu fürchten, wohl aber preast Fig. 1S3. Fig. 1B4.

sich in Folge der Schwindang der Abgofis so fe«t am den Kern, das» letsterer sich dnroh einfaches Ziehen mit der Hand nicht mehr heraoe- bringen lisst. Ans diesem Grunde ist der Kern mit dem Haken / ver- ■ehen, nm mit Bfllfe einer Winde, deren Kette oder Seil in / eingreift, während der Abgnss in eine hölzerne festliegende Büchse eingespannt ist, den Kern herauszuziehen.

Die OoBsform f&r eine gesobweifte Kanne mit angegossenem Fusse

202 Schalenguss.

(in Zinn oder Britanniametall) ist in Fig. 184 (a. t. S.) abgebildet^). Der Hobel a besteht auch hier wieder ans zwei Theilen und lässt sich auf diese Weise ohne Weiteres yom Abgüsse losen; oben wird derselbe durch den über das „Schloss" greifenden Deckel c, unten durch den Fuss d zusammengehalten. Weniger einfach ist der Kern construirt, welcher, wenn er nur aus einem oder zwei Stücken bestände« nicht aus dem Ab- güsse herauszubringen sein würde. Er ist deshalb durch Yerticalschnitte, von denen die das Stück » begrenzenden etwas nach innen divergiren, in fünf Theile zerlegt, welche oben in den Deckel, unten in das Stück y mit Schloss eingreifen, y ist Yon beiden Seiten mit Muttergewinde yersehen, so dass nun mit Hülfe der Schrauben 8 und i die ganze Form fest zu- sammengeschlossen werden kann. Nach dem Abgüsse werden zunächst die Schrauben gelöst, Boden, Deckel und Hobel entfernt, dann das Stück X des Kerns nach innen herausgenommen, worauf die übrigen Theile yon selbst losgehen. Ausguss und Henkel werden bei allen derartigen Ge- issen in besonderer Form gegossen und entweder angelöthet oder auch wohl angegossen, indem man die Gussform für diese Theile, welche an den Berührungsstellen mit dem Gefösse oflfen sein muss, gegen die Wand des Gefösses in richtiger Lage drückt und nun das flüssige Metall eingiesst, welches dann mit dem Metalle des Gefasses zusammenschmilzt.

Anwendung von Gussschalen zur Beeinflussung der

Eigenschaften der Metalle.

Inwiefern die Eigenschaften der Metalle, insbesondere des Guss- eisens und der Bronze, durch rasche Wärmeentziehung beeinflusst werden, wurde auf Seite 109 erörtert. Da nun jene durch rasche Abkühlung her- vorgerufenen Eigenschafben grosse Härte des Gusseisens, Dichtigkeit und Zähigkeit der Bronze für viele Verwendungen sehr zweckmässig sein können, so bewirkt man die für solche Fälle erforderliche rasche Wärmeentziehung durch Anwendung von metallenen, gewöhnlich guss- eisemen Gussschalen statt der Gussformen aus schlecht wärmeleitendem, bildsamem Formmateriale. Gussstücke aus Gusseisen, welche durch Ein- giessen in Schalen eine harte Oberfläche erhalten haben, nennt man Schalenguss oder Hartguss.

Die Einwirkung der Gussschale auf die Eigenschafben des eingegos- senen Metalls ist im Allgemeinen um so kräftiger, je grösser das Ver- hältniss zwischen dem Gewichte der Schale und demjenigen des ein- gegossenen Metalls, und je grösser der Temperaturunterschied beider in dem Augenblicke ist, wo das eingegossene Metall anfangt, starr zu werden ^).

1) Nach Abbaß, Handbuch der Metallgiesaerei. Weimar 1875, Taf. XIX, Fig. 259 und 260.

^) Deshalb ist die Einwirkung starker, wenn das Metall wenig über seinen

Schalenguss. ' 203

Wenn man ein GuautQck tod einsr Seite her während des Erstar- rens abkühlt, bo pflanzt sich diese AbkAblang Dicht rasch, eondera all- milig durch das gMise Uetall fort. Die Folge davon ist, dase dasHaaeB der Beeinflanimg der Eigenschaften durch jene WärmeeDtziebang um so mehr abnimmt, je weiter die Theile des Abgusses von der Abkühlosga» fliehe entfernt liegeo. Fflr die Anwendung von Gnaaeiaen als Gussmate- rial für SohalengnsB ist dieser Umstand von hober Wichtigkeit; denn das durch plötzliche Abkflhlang weiss gewordene Gnsseiaen besitzt aller- dings eine aosserordentlicbe Härte und dadurch eine grössere Wider- standeßUiigkeit gegen Einflösse der Reibung etc., ist aber in gleichem Haasse spröder und weniger bearbeitungst^hig geworden, und letztere Eigenscbaften würden ein Gassstück tüx die meisten Verwendungen nn- bnuchbar maoheu, wenn es durch nnd durch jene Veränderung seiner Beschaffenheit durch die rasche Wärmeentaiehnng erfahren h&tte. Man beschrftnkt also beim sogenannten Hartgnsse die Anwendung der Gusa- schalen auf dl^enigen Theile der Oberfl&che , bei welchen grössere Härte kervorgerofen werden soll, und alle Übrigen, entfernter liegenden Theile des Abgusses behalten ihre normale Beachaffeuheit.

Diesem Umstände zufolge bestehen die Ousafcrmeu für Hart- oder Schalenguss fast immer ans mehreren Theileu, von denen eins oder einige den einmaligen Gussformen zugehftreo und durch Formerei mit Hülfe eines Hodelli hergestellt werden, während die für öftere Benutsung die- nende GnssBohale als besonderer Tbeil mit jenen verbunden wird.

Beispiele. Bei einem guBaeisemen Laufrade für Eisenbahnwagen (besonders für kleine Transportkarren, Hunde etc. benutzt) soll der Um- fang des Radkranzes hart sein, während für alle Übrigen Theile dio nor- male Beschaffenheit des Guaseisens nothwendig ist, um bearbeitnngsfahig und den) Zerspringen weniger ausgesetzt zu sein. Die Gnssform eines Yig, 185. solchen Rades hat also die in

Fig. 185 gezeichnete Einrich- tung. Es tat hier a das Ober- tbeil der Gossfonn mit dem Eingüsse e, b das Untertbeil, c die gusseiserne Schale , mit den Formkastentheilen durch Diibel verbunden, d ist der Kern für die Nabenöffnung. Wenn die Wandstärke der Schale gleich der zwei- bis sweiondeinhalh&chen Wandstärke des Radkranzes ist, so wird bei richtig gewählter Beschaffenheit des Gusseisess ') der Abgoss an dem

Schmelcpnukt erhitit, ata wenn ei hoch erhitit in die Oiuafomt eingegossen wird ; denn in lettterm Falle erwärmt auf Kosten eine« Tbeiles seiner eige- nen Wäraie die Schale, bevor eine fieeindiiseung Miner Eigenscbaftan durch die W&rmeentxiehung ttattfluden kann.

■) Ueberdi^enigenBeBtandUieiledBsOaweiseii«, welche diene Neigung, durch raache Abkühlung weiss zuweiden, erhüben oder abiohwüchen, siehe B. 14 u. 109,

204 HartguBB.

Umfange weiss, strahlig, hart, ao der Innen eeite gran, kömig, weich

ADBfaUen.

Bei einem sogenannten HerzatQcke für KiBenbahukrenznngen

(Fig. 186) Bollen die Schienen an der Oberfläche Härtung erhalten, alles jijl^ lgg Uebrige weich bleiben. £b

ist noch darauf Rückeicht zu nehmen, daes bei der langgestreckten Form des AbguBses ein Em mm zie- hen in Folge der raschem Abkühlong der einen Seite zu befdrobteu ist, und die- BCB eich nur Yermeiden läBst, wenn der Abgnse Fig. IST. bis zum vöUigen Erkalten

durch festes Anspannen in gerader Lage erhalten wird. Die Figuren 187 und 188 stellen die Gusb- form für ein solches Herz- stück dar. a ist die Gubb- schale, nngeiahr 100 Um. stark, mit vielen kleinen durcbgehendeaOe£hungen versehen, um Gase and

Dämpfe, die sich aus dem Formsande entwickeln, nach unten entweichen

zu lassen. Ausserdem ist die obere Seite der Schale mit zahlreichen, Fig. 188.

etwa 20 Mm. heransragenden Drahtstiften besetzt, welche einen Halt für das auf derselben liegende Formmaterial bilden. An der unteren Seite ruht die Gussscbate auf Torspringenden gehobelten Leisten des Form- kastens, wie ans Fig. 167 ersichtlich ist. Um diese Lage zu aichem, sind zwei Paar scbmiedeelBerne Bügel tow in die Schale eingegossen, um starke gusseiseme Balken VC hindurchzustecken und durch Keile mit Formkasten b nnd Gnasschale a in feste Verbindung zu bringen. Alles

Hartwalzenguss. 205

Uebrige dOi-fle einer Erläaterung nicbt bedürfen. Das erwähnte Gerade- spannen des AbgosseB gescbieht, indem man sofort nach dem Gnase den Obarkaaten abhebt, qner über das GasBstück swei gnsBeiaenie Balken von gleicher Grösse ah v and parallel mit denselben legt und nun durch ftbergeschobene starke schmiedeeiserne Bflgel und dazwischen geschlagene Keile je einen oberen mit einem nuteren Salken fest verbindet, bis der Abgnss erkaltet ist.

Bei Walzen znm Poliren von gewalzten Eisenstaben and zq aade- ren Zwecken soll die Oberö&che des Mittelstacks (des Walzenkörpers) hart werden, die Zapfen aber weich bleiben. Deshalb wird die Onsaform zu einer solchen Hartwalze, wie aus Fig. 189 ersichtlich ist, hergestellt. Pj- j gg Der tangential im unteren Zapfen

mündende EinguBs muss in die- sem Falle für sich angefertigt und mit der Oaesform in Ver- bindung gebracht werden; häu- fig nimmt man gusseiseme Rohr- stücke dazu, welche inwendig mit Masse bekleidet, getrocknet and an den Formkasten ange- schraubt werden.

Bei dem Terhältnissmässig grossen Gewichte des Walzen- körpers im Yerh&ltmsse zu sei- ner Oberfläche mttss die Guss- schale eine beträchtliche Stftrke besitzen, wenn die Härtnag tief genug eindringen soll, nnd es beträgt das Gewicht der Schale aus diesem Grande nicht selten das Drei- bis Vierfache des Ab- gusses. Diese starke Guasschale dehnt sich nun selbstreratänd- lich ans, sobald sie Wärme von dem Abgüsse au&immt, nnd es bildet sich zwischen diesem und der Schale ein Zwischenraom, welcher eines- theils die fernere Abkühlung beeinträchtigt, zugleich aber zarEntstehnog sogenannter Hartborsten (Hartrissen) Gelegenheit giebt, d. h. von Rissen in dem Umfange , welche durch die nngleichartige and ungleich-

zeitige EiBtarraog der Rinde und des

nnem Kerns hervorgerufen «

den. Zur Vermeidong dieser Uebelstände wendet man neuerdings nach

einem dem Giessmeister Anton Tark i

ren Gnssschalen mit Wasserkühlung :

sind nur etwa 20 Mm. stark, dagegen .

100 Hm. mit einem Blechmantel umgeben, und zwischen diesem und

der Schale oircolirt nun das Kühlwasser, welches ununterbrochen eroeoert

in Doaavitz patentirten Verfah- Walzen gusse an. Dieselben einem Abstände von 80 bis

206 Geschützguss.

wird. Es findet begreiflicher Weise hierdurch eine kräftigere Abküh- lung des eingegossenen Metalls statt, als durch noch so starke eiserne Schalen ; die Gusssch^le dehnt sich nicht aus, und man vermeidet dadurch nach Angabe des Erfinders die in Folge dieser Ausdehnung entstehenden erwähnten Uebelstande, insbesondere die Entstehung der Hartborsten ^).

Jener bei Verarbeitung des Gnsseisens wohlthätige Umstand, dass der Einfluss der raschen Wärmeentziehung durch die Gussschale mit der Entfernung von der Abkühlungsfläche allm&lig sich verliert, wirkt bei BronzegüBsen nachtheilig; denn bei den Bronzen stellen sich nicht wie beim Gusseisen durch rasche Abkühlung neben den erstrebten Eigen- schaften auch solche ein, welche die Verarbeitung und Verwendung be- einträchtigen (Sprödigkeit des gehärteten Gusseisens u. s. w.), sondern der Hauptvortheil der raschen Abkühlung liegt bei den Bronzen in der Verhinderung des Saigems und in der durch diese Einwirkung erreich- baren hohem Festigkeit und Widerstandsfähigkeit.

Giesst man z. B. ein Geschützrohr ohne Kern (also voll und für späteres Ausbohren berechnet), so findet man, dass die Beschaflenheit der Bronze um die Achse herum eine ganz andere ist, als am äussern Rande. Es ist dieses offenbar ein Nachtheil, welcher sich bei der Verwendung des Geschützes in empfindlicher Weise geltend macht. Nach mehrfachen Versuchen hat Generalmajor von Üchatius, Director der k. k. Geschütz- giesserei in Wien, eine gleichmässige Beschaffenheit der Gussbronze in den Geschützrohren dadurch erreicht, dass in der Mitte der zum Gusse dienenden Gussschale eine massive Eupferstange von 50 Mm. Durchmes- ser als Kern eingesetzt und um diese herum das Metall gegossen wird« Das Kupfer wirkt wärmeentziehend auf die Bronze und wird später durch Ausbohren entfernt. Die in solcher Weise gegossenen Geschütz- rohre bilden die erste Anfertigungsstufe für die in neuerer Zeit mehrfach in politischen und wissenschaftlichen Blättern besprochenen Stahlbronze- geschütze, von deren weiterer Anfertigung später (unter dem Abschnitte „Form Veränderung durch mechanische Kraft") die Rede sein wird ^).

Die Gussschalen, sie mögen nun für sich allein die vollständige Gussform (bei Zink, Zinn und Bleiguss) oder nur Theile der Gussform bilden, erhalten gewöhnlich vor dem Gusse einen dünnen, isolirenden Ueberzug, um ein Anschmelzen des eingegossenen Metalls zu verhüten. Gusseiseme Schalen reibt man mit Oel, Talg, Wachs oder Graphit ein, Messingformen für Zinkguss erhalten durch Bestreichen mit einer Lösung von Silbernitrat in verdünnter Salpetersäure einen schwachen Silberüber- zug, Zink-, Zinn- und Bleiformen werden mit Bolus oder Kienruss bestrichen oder über einer qualmenden Oel- oder Kienflamme angeblakt u. s. f.

^) OeBterreichisclie Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, Jahrgang 1875, 8. 174.

^) Dingler's polytechnisches Jonmal, Bd. 217, S. 122.

Beschwerung der Gussformen. 207

Literatur über Gussformen aus starrem Materiale: Abbas, Handbuch der Metallgiesserei , Weimar 1875, enthält auf Seite 100 u. ff., sowie Taf. XVIII und XIX Beschreibung und Abbil- dung von Grussformen für Gold, Silber, Zink, Zinn und Blei. Dürre, Handbuch des Eisengiessereibetriebes , 2. Bd. (Leipzig 1875), S. 613 bis 627 (Mittheilungen und theoretische Betrachtungen über Anwendung von Gussschalen bei Verarbeitung des Gusseisens).

Die FerÜKstellting der Oussformen für die Aufiiahme

des ^esclmiolzenen Metalls.

In dem Vorstehenden wurden die Gussformen und ihre Herstellung bis zu dem Punkte einer Besprechung unterzogen, wo sie hinsichtlich ihrer äussern Form eben geeignet sind, als formgebende Apparate zu dienen. Bevor jedoch das flüssige Metall in die fertig zusammengestellte Gussform eingegossen werden kann , sind noch gewisse Vorsichtsmaass- regeln erforderlich, welche den Zweck haben, ein durch den hydrostatischen Druck des flüssigen Metalls bewirktes Auseinandertreiben der Gussform besonders wenn sie aus mehreren Theilen zusammengesetzt ist und ein dadurch unfehlbar eintretendes Ausströmen des flüssigen Metalls durch die entstandenen Fugen zu verhindern. Dieser Druck des flüssi- gen Metalls kann bei hohen Eingüssen und grossem Querschnitte der Guss- form ein recht beträchtlicher werden. Wenn h die Höhe der über einem beliebigen Punkte der Gussform stehenden Metallsäule bezeichnet, g das Gewicht des Metalls pro Volumeneinheit (z. B. Cubikmeter), so ist der vom Metalle an jenem Punkte ausgeübte, auf Auseinandertreiben der Gussform gerichtete Druck pro Flächeneinheit (Quadratmeter) I> = hg.

Bei Herdgussformen ist die Gussform durch ihre Lage in dem Herde gegen diesen Druck hinreichend geschützt; bei Kastengussformen wird der I>mck, sofern der Formkasten solide genug gearbeitet ist, in- soweit von den Formkastenwänden aufgenommen, als seine Richtung nor- mal gegen dieselben trifft; alle Druckkräfte aber, welche nicht normal gegen diese Wände gerichtet sind, streben entweder, das Formmaterial aus den offenen Stellen des Kastens herauszudrücken oder die ganzen Theile der Gussform aus einander zu treiben. £s sei z. B. eine gusseiseme Platte 3 Meter lang, 2 Meter breit zu giessen und in einem zweitheiligen Form- kasten in horizontaler Lage eingeformt. Die an verschiedenen Stellen angebrachten Eingüsse seien 0,25 M. hoch von der Oberkante der Platte aus gemessen. Ein Cubikmeter Grusseisen wiegt 7250 Kilogramm, dem- nach ist der Druck gegen die Wände der Gussform pro Quadratmeter ^^=0,25 X 7250 = 1812,5 Kilogramm, und der totale Druck, welcher gegen den Oberkasten der Gussform wirkt und diesen emporzuheben strebt:

3 X 2 X 1812,5 = 10 875 Kilogramm.

208 DammgmbeiL

Es leacbtet ein , dass bei solchem Dmcke weder das eigene Gewicht der Gnssfonn sammt ihrer Röstimg, noch die bisher beschriebenen Yer- bindnngsweisen der einssebien Gnssformtheile ansreichend sein werden, ein Auseinandertreiben derselben zn yerhaten. Kleine Formkasten spannt man in solchen Fällen zwischen Lehrbretter (Seite 141), die durch Schraabenzwingen zusammengehalten werden; grössere belastet man mit angelegten BeschwenmgBeisen, welche mit den Enden auf den Rändern des Kastens anfliegen müssen. Gewöhnlich benutzt man dazu prisma- tische Gusseisenstacke, auch Roheisenbarren eignen sich för diesen Zweck. Grosse Formkastentheile werden ausserdem mit Hülfe von Splinten, welche durch die Dübel gesteckt werden , mit einander fest verbunden. Die Bemessung der richtigen Belastung eines Formkastens gegen das Auseinandertreiben ist eine wichtige Bedingung für das Gängen des Gusses.

Damm gruben. Bei aUen freien Gussformen ist natürlich ein ein- seitiges Beschweren wie bei Eiastengussfonnen nicht ausreichend, dem Drucke des Metalls hinreichenden Widerstand zn leisten , da die in seit- licher Richtung th&tigen Kräfte hier nicht wie bei letzteren in dem Form- kasten einen soliden Widerstand finden. Man richtet deshalb für solche Gussformen eine vor Feuchtigkeit geschützte Vertiefung in dem Erd- boden des Giesslocals her, in welcher dieselben völlig in porösen Sand ein- gegraben und auf solche Weise gegen den Druck des Metalls geschützt werden können. Diese Vertiefung heisst Damm grübe.

Dieselbe hat cylindrische, bisweilen auch prismatische Form und ist durch einen wasserdichten Mantel aus Eisenblech, Gusseisen oder Maue- rung gegen das Eindringen von Feuchtigkeit von aussen her geschützt. Die cylindrische Form leistet dem Erddrucke den grössten Widerstand und ist deshalb , wo nicht ganz besondere Gründe dagegen sprechen , die geeignetste; je tiefer die Dammgrube, je grösser also der Elrddruck ist, desto weniger geeignet ist eine prismatische Form.

Der Durchmesser und die Tiefe der Dammgruben sind, den verschie- denen Bedfirfiiissen entsprechend, sehr verschieden; f^die meisten reicht eine Tiefe von 4M. bei einem Durchmesser von 3 bis 4M. aus, und wo nur kleine Abgüsse gefertigt werden, sind jene Abmessungen nicht selten erheblich geringer.

Die Wahl des Materials zu den Dammgrabenmänteln ist von ver- schiedenen Umständen abhängig. Schmiedeeiserne Mäntel sind am bil- ligsten herzustellen, widerstehen aber am wenigsten den chemischen Ein- flüssen der Feuchtigkeit. Enthält das Grundwasser freie Säuren oder saure Salze, so ist nicht zur Anwendung von Schmiedeeisen zu rathen. Gasseisen hat eine längere Dauer als Schmiedeeisen, eignet sich aber weniger für cylindrische Form der Grube wegen der Schwierigkeit des Gusses, erfordert eine umständlichere Verdichtung und ist aus diesen Grün- den nur für flache Gbuben mit quadratischem oder rectangulärem Grundrisse in Anwendung. Bei viel benutzten Grruben veranlasst die geringere Wider-

Dammgruben. 209

standsfihigkeit des GnaaeiBena gegen Zerspringen gerechte Bedenken gegen dessen Verwendang, da bei w&sserhaltigem Boden ein einziger Sprung die ganse Dammgnibe nnbraachbar machen kann.

Qemanerte Dammgraben gehen bei gnter AnsfOhrnng die bei Wei- tem gr58ste Sicherheit gegen Beschädigimgen aller Art und warden nn- bedingt allen übrigen vorzuziehen aeia, wenn nicht ihre höheren Her- etellimgakoBten in der Regel erheblich hierbei in die Wagechale fielen. Dennoch sollte bei viel benutzten Dammgmbea in wasaerreichem Erd- reiche dieses Bedenken der Gefahr gegenüber anaaer Acht fallen, bei Anvendnng Ton Schmiedeeisen oder GasaeiBen kostspielige Reparaturen oder gar eine Emeuenuig der Dammgraben Tomehmen zn müsaen.

Die Anlage groaaer Dammgruben ist besonders bei wasserreichem Boden eine nicht leichte Aufgabe und erfordert Ueberlegimg nnd Sorg- falt H&nfig iat man genöthigt, nach dem Ansachacbten des BodeuB eine Holzwand zn ziehen, nm das Nacbatürzen des Erdreichs zu verhüten, bevor der Hantel eingebracht ist. Ist der Wasserandrang stark, so müs- aen Pumpen aufgestellt and Tag and Nacht in Tbätigkeit erhalten wer- den, um das Ersaafen der Grube zn verhüten.

Den Dammgmbenmantel lässt man entweder im Ganzen hinunter oder maQ arbeitet ihn in der Grabe zusammen, nachdem die Stücke vor- her zasamtnengepasst waren. Blechcjlinder von mittlerer GröBse läast man gewöhnlich im Ganzen hinunter; bei sehr tiefen Graben kann man vorher einzelne Ringe des Mantels zaaainmeiiarbeiten nnd sie in der Grabe mit Schrauben oder Nieten an einander befestigen. Mäntel aus gosseiaernen Platten schraubt man, um aie vor dem Zerbrechen zu be- p^_ igQ wahren, am besten in der

Grabe seihst zusammen. Man versieht aie za die- sem Zwecke mit ansprin- genden Flantachen, welche durch Hanfeinlage mit eingegossenem Blei oder auch durch eingetriebene HolzstOckchen gedichtet werden.

Gemaaerte Dammgrn- benm&ntel werden gleich- falls am sichersten an Ort nnd Stelle selbst anfge- fahrt Alle Fugeu mOs- ' Ben auÜs Sorgfältigste mit

Cement gemauert werden, um das Eindringen von Feuchtigkeit za bindern. Der Boden der Grabe besteht, wenn der Man- tel gemauert ist, gewöhnlich aus einer Betonschicht ; dieaelbe kann mit

LidtbBT, mrchknUch-inaUlliirRliebs TechnoJoglr. Jf

210 Dammgruben.

einer starken gosseisemen Platte abgedeckt werden, Über welche der Rand der Mauemng übergreift, und darüber kommt eine starke Lage von Cement (Fig. 190, a. v. S.).

Bei der Aofführong der Dammgmben darf man niemals vergessen, dass, wenn das Gewicht des hohlen verdichteten Dammgrubenmantels kleiner ist, als das Gewicht des verdrängten Grundwassers, der Mantel von dem Wasser gehoben wird und schwimmt. Während des Aufbaues muss derselbe deshalb entsprechend beschwert werden, wenn es nicht möglich ist, das Wasser durch Pumpen zu entfernen; und wenn auch nach der Vollendung sein eigenes Gewicht und die Reibung des Erdreichs noch nicht ausreicht, ihn vor dem Auftriebe zu schützen, so muss er an eingerammten Pfählen verankert oder in irgend einer Weise beschwert werden.

8. Das Schmelzen der Metalle.

Wenn die Fertigstellang der Gnssformen yoUendet ist oder sich ihrem Ende naht, beginnt das Schmelzen des för den Abgnss bestimmten Metalls. Entweder wird nur ein einziges, in seinen Eigenschaften den ge- stellten Erfordernissen schon entsprechendes Metall , eine bereits fertige Legirung geschmolzen ; oder man benutzt den Schmelzprocess dazu, neue Metallgemische oder Legirungen zu bilden, wie sie eben iiLr den vor- liegenden Zweck geeignet sind. Bisweilen kann auch die Bildung sol- cher Legirungen, welche fiir spätere Verwendung in Yorrath gehalten werden sollen, der alleinige Zweck des Schmelzens sein.

Selten oder nie geht jedoch das Metall völlig unverändert aus dem Schmelzprocesse hervor. Schon die Berührung des flüssigen Metalls mit den Wänden des Schmelzapparats vermag in manchen Fällen chemische Veränderungen, wenn auch unerhebliche, hervorzurufen. Kommt der Brennstoff oder dessen Verbrennungsproducte mit dem Metalle zusammen, so finden nicht selten recht wahrnehmbare chemische Einwirkungen statt. Fast niemals ist auch ein Oxydationsprocess des Metalls oder dessen fremder Bestandtheile völlig vermeidlich. Unter Umständen kann diese Wirkung einem Raffinationsprocesse gleich sein, und das Metall geht veredelter aus dem Schmelzprocesse hervor; in anderen Fällen zeigt sich diese ozydirende Wirkung einfach als Verlust, indem die entstandenen Oxyde verschlackt und entfernt werden; man nennt diese durch Oxyda- tion beim Schmelzen entstandene Einbusse am Gewichte des ursprünglich vorhandenen Metalls „Abgang*' oder „Abbrand^. Bei manchen Metallen losen sich die entstandenen Oxyde im flüssigen Metalle und beeinflussen dessen Eigenschaften (Eupferoxydul, Zinnoxyd). Endlich kann aber der Oxydationsprocess auch solche Körper betreffen, deren Anwesenheit im Metalle für die Verwendbarkeit desselben noth wendig war, und dadurch die letztere beeinträchtigen. Wenn Gusseisen im flüssigen Zustande der Einwirkung von freiem Sauerstoff ausgesetzt wird, so oxydirt sich zu- nächst das Silicium desselben. Ein Uebermaass des Siliciumgehaltes macht das Gusseisen allerdings grobblättrig, brüchig ; ein gewisses Maass desselben ist aber erforderlich, ihm den Charakter als graues, bearbeitbares Eisen za wahren. Entzieht man ihm diesen, so entsteht hartes, sprödes, weisses Eisen. Je weniger siliciumreich das Gusseisen vor dem Schmelzen war, desto nachtheiliger wirkt demnach jede Oxydation.

Kommt geschmolzenes Messing mit atmosphärischer Luft in Be- rührung, so oxydirt sich zuerst das Zink und es hinterbleibt eine zink-

14*

212 Schmelzen der Metalle.

ärmere Legimng. Selbst die Eohlensäare der Yerbrennangsgase vermag eine Oxydation des Zinks anter Bildnng von Kohlen ozyd hervorznmfen. Aehnliche Fälle der veränderten Beschaffenheit von Legirangen and Me- tallen dorch Oxydation sind zahlreich.

Aach darch einfache Yerflüchtigang einzelner Bestandtheile, insbe- sondere von Zink, in hoher Schmelztemperatar der Legirangen kann deren Zasammensetzang geändert werden.

Meistens nimmt die Dichtigkeit der Metalle darch das Umschmelzen zu. Dieses Erfahnrngsresoltat gründet sich in einigen Fällen aaf den soeben erwähnten Kaffinationsprocess, anderntheils aach aof die Yerflüchtigang gelöster Gase darch öfteres Schmelzen and Erstarrenlassen, sofern nicht der Schmelzprocess Gelegenheit za emeater Aa&iahme von Crasen giebt. Man nimmt gewöhnlich an, dass Legirangen darch öfteres Umschmelzen gleichmässiger werden. Wie schon früher erwähnt, ist es jedoch keines- wegs erwiesen, ob diese grössere Gleichmässigkeit eine directe Folge des Umschmelzens oder durch die Aainahme von Metalloxyden hervorgerafen sei, deren Anwesenheit die Saigerang erschwert.

Die Schmelzapparate.

Zur Darchführang des Schmelzprocesses ist ein Apparat erforderlich, in welchem Brennstoff verbrannt and die dabei entwickelte Wärme an das Metall abgegeben wird. Die Leistung oder der Wirkungsgrad eines Schmelzapparats lässt sich demnach ermitteln, indem man die vom ge- schmolzenen und auf die zum Giessen erforderliche Temperatur erhitzten Metalle wirklich aufgenommene Wärme dividirt durch diejenige Wärme- menge, welche der verbrauchte Brennstoff bei vollständiger Yerbrennung zu entwickeln föhig ist.

Eine Ermittelung, ob oder in welchem Grade jene Yollständigkeit der Yerbrennung in dem Schmelzapparate erreicht wurde, ist hierbei nicht erforderlich; denn der Wirkungsgrad des Apparats pflegt eben wenigstens zum Theile auf der vollständigeren oder weniger vollständi- gen Yerbrennung zu beruhen, welcher derselbe den ihm zugewiesenen Brennstoff zu unterziehen fähig ist. Je unvollständiger die Yerbrennung ausföllt, desto niedriger wird sich natürlich der Wirkungsgrad des Appa- rats beziffern ; für den abstracten Yergleich verschiedener Apparate kann es aber nicht berücksichtigt werden, ob die ungünstigere Leistung durch unvoll- ständige Yerbrennung oder andere Ursachen hervorgerufen worden ist^).

^) Dem Verfasser scheint es, als sei in ähnlichen Ermittelungen der Unter- schied nicht immer scharf genug henrorgehoben worden, ob es sich um Brenn 8t Offausnutzung oder Wärmeausnutzung in einem pyrotechnischen Apparate handelt. Den auf ersterer beruhenden Wirkungsgrad könnte man vielleicht den absoluten, den auf letzterer beruhenden , dessen Berechnung erst die Ermittelung vorausgehen muss, welche Wärmemenge der Brennstoff thatsächlich entwickelt hat, den relativen Wirkungsgrad nennen. FürOegen- überstellung von Vergleichsresultaten dürfte der erstere wichtiger als letzterer

Kessel 213

Nach der Art nnd Weise, in welcher jene für den Schmelzprocess er- forderliche Wärme entwickelt und an das zu schmelzende Metall abgegeben wird, lassen sich die Schmelzapparate in vier Hanptgrnppen eintheilen.

Erste Oruppe. Kessel.

Das zu schmelzende Metall befindet sich in einem oben o£fenen Geflü^se, dessen Boden und Seiten erhitzt werden nnd durch Leitung (Transmission) die Wärme an das Metall übertragen. Die obere, offene Seite des Ge- fasses kann weder mit dem Brennmateriale noch mit den lYerbrennungs- producten in Berührung kommen, so dass das Metall jeder Einwirkung dieser Körper entzogen ist; wohl aber ist die Oberfläche desselben der atmosphärischen Luft ausgesetzt, sofern sie nicht durch einen Deckel oder eine Decke indifferenter Körper (Kohlenlösche) geschützt ist.

Daa Schmelzgefäss (der Kessel) ist fast immer mit der darunter be- findlichen Feuerungsanlage durch Einmauerung fest verbunden und wird nur behuf der Auswechselung beim Schadhaftwerden daraus entfernt. Die Entleerung yon dem geschmolzenen Metalle erfolgt daher entweder durch Ausschöpfen mit Kellen oder durch Oe&en einer während des Schmelzens verschlossen gehaltenen Abfiussöfinung ajn Boden des Kessels.

Die Wärmeabgabe an das Metall geht um so günstiger vor sich , je grösser die Wärmeleitungsfähigkeit des Kesselmaterials ist. Deshalb be- nutzt man am üblichsten Ousseisen. Die Wärmeausstrahlung von der ver- hältnissmässig grossen Oberfläche des Metallbades aus, gleichbedeutend mit Wärmeverlnst, ist um so beträchtlicher, je höher das Metall erhitzt ist.

Aus diesen Eigenthümlichkeiten der Kessel folgt, dass sich nur solche Metalle zum Schmelzen in Kesseln eignen, welche einestheils keine hohe Schmelztemperatur besitzen und andemtheils mit dem Materiale des Kessels nicht leicht Verbindungen eingehen. Man schmilzt in eiser- nen Kesseln Zinn, Blei, auch vielfach Zink, obgleich dieses gern eine EisenzinUegirung bildet, welche sich am Boden des Kessels als schwer- flüssige, krystallinische Masse sammelt und von Zeit zu Zeit entfernt werden moss; femer die Legirungen jener drei Metalle unter sich und mit Antimon und Wismuth.

Die Form der Kessel ist meistens annähernd halbkugelförmig , weil das GeÜJaa bei dieser Form weniger als bei grösserer Tiefe, welche aller- dings eine günstigere Wärmeausnutzung gestatten würde, dem Zersprin- gen ausgesetzt ist, während eine flachere Form ebensowohl die Wärme- anfaahme beeinträchtigen, als den Wärmeverlust durch Ausstrahlung begünstigen würde.

Da jede Einwirkung des Brennstoffs und der Verbrennungsproducte auf das Metall ausgeschlossen ist, lässt sich zur Erhitzung der Kessel

sein. YergL n. Dürre, Stadien über die Ausnutztmg der Wärme in den Oeüen der Hüttenwerke, Dingler's polyt. Joamal, Bd. 220, S. 247.

iU Kessel.

jedes beliebige Breniimaterial beoatzen, Bobold es die nöÜiige Wärme- menge und deu ndthigen Wärmegrad zu entwickeln im Stande iat. Mei- stens benutzt man flammende Brennmaterialien; Steinkohle, Braunkohle, Torf, Holz; verkohlte nnr da, wo sie als Nebenproducte billig zn be- schaffen sind (Gaskoks), gasfSrmige Brennmaterialien Leuchtgas oder Generatorgase nur selten.

Die Figoren 191, 192 und 193 steUen sogenannte Pattineon- Kessel zom Schmelzen silberhaltigen Bleies dar ^). Fig. 191.

Fig. 191 ist der senkrechte Durcbachnitt durch einen Kessel und die vordere Ansicht des Ofens für den daneben liegenden Kessel, Fig. 193 pjg ,g2. der senkrechte Schnitt nach der

b b Linie CD; Fig. 193 der Grnndriss

' einer Fenernng und eines Kessels.

Die Kessel sind mit angegossenem Borde C versehen, wodurch die Feue- rung in zwei Abtheilungen getheilt wird; die Flamme erhitzt zuerst den Boden, steigt dann bei O empor in den Canal /, umstreicht den Kes- sel in beiden Richtungen und ent- weicht schliesslich durch g.

DieFignren 194,195,196 undl97

stellen einen Kessel mit EntleeningB-

vorrichtong undGussform zum Ein-

giessen des flüssigen Bleies dar^).

a ist der gosseiseme Kessel, im Boden 40 Mm., am Rande 20 Mm.

stark. Darunter befindet sich die Feuerung, und die Gase werden durch

') AuB Percy, Metallurgie Bd. m, bearbeitetvonKammeUberg, Braun- scbweig IB73, S. 77. <) Ebenduielbst B. 340.

EeBBeL 215

den angegOBaenea Bord in ähnlicher Weise wie bei der vorhin beschriebe- nen Anlage am den Keasel henirogeitkhrt. Der Ofen ist mit EisenpUtten

Fig. 163.

^~i^

and amgelegten KbrniedeeiBemeii Ankern armirt. 6 ist das AnsflasBrohr von 75 Mm. DurcbraesBer, dnrch den achmiedeeisernen , in die Oeffiinng

genau passenden Stopfen c rerBchlosBea, dessen Stellung durch den Bflgel d regulirt wird (g. Fig. 197). h ist eine Rinne aas 12 Mm. starkem Eisenblech, vor der Uündnng des Ansflussrohrs beginnend tind dazn be> stimmt, das fläasige Blei bis in die Mitte der Gussform zu führen; g ist eine zweite lUnne, ebeofalla aus Eisenblech, zu dem Zwecke, das aas h Hberfliesaende Blei aufennehmen. I (Fig. 195) ist eine Haube aus dün- nem Eisenblech zum Schutze der Oberfläche gegen die Einwirkung der atmosphärischen, ozydirend wirkenden Luft and gegen reichliche Wärme- ausstrahlung, mit einem Abzugsrohre für entweichende Gase versehen, wel- ches sich teleskopenartig in einem feststehenden Rohre verschiebt, and mit Gegengewichten zor Ausgleicbong des eigenen Gewichts, m Ist eine Scbutzwand ans Eisenblech zur Yermeidang von Bleiverlusten beim Ein- werfen der Bleistücke. Die Qnsaform (das Gossbett) besteht ans der Bodenplatte k, ein wenig concav geformt, 2,16 M. lang, 2,13 M. breit, 75 Mm. stark, und den vier Seitenplatten t, 180 Um. hoch, welche be- weglich und an den Ecken durch Schraubenbolzen verbanden sind.

Die Werkzeuge und Ger&the beim Eeaaelschmelzen beachränken sich auf die zur Wartung des Feuers und Aosschßpfen des Metalls ba- D atzten.

Das ArbeitsverfUiren ist ein sehr einfaches and besteht in der Unterhaltung des Feuers, Einsetzen des Metalls, Entleeren des Kessels. In Giessereien, wo der Betrieb unanterbrochen fortgeht, pflegt man den Inhalt dea Eesaels etwas reichlich zu nehmen und frisches Metall nach- zusetzen, bevor daa geschmolzene völlig verbraucht ist, so dass ersteres schon dnrch die überschüssige Wärme dea letztern zum Schmelzen kommt. Schmilzt man mehrere Metalle zn Legimngen zusammen, ao setzt man gewöhnlich diqenigen zuerst ein, welche die höhere Schmelztemperatur

Wirkungsgrad. 217

beaitsen, und erst, wenn diese in FIuss gekommen sind, setzt man die bei niedrigerer Temperatur schmelzbaren Metalle hinzu.

Zur Berechnung des Wirkirngsgrades der Eesselöfen dienten dem Verfasser folgende Ermittelungen.

1. Bei den königlich sächsischen Muldener Hütten bei Freiberg wurden 14 650 Kilogramm Weichblei in Gestalt von Blöcken in den kal- ten Kessel eingesetzt und geschmolzen und dazu 270 Kilogramm Braun- kohlen, bestehend aus:

Kohlenstoff 49 Proc.

Wasserstoff 4

Sauerstoff 12

Wasser 30

Asche 5

und 81 Kilogramm Steinkohlen, bestehend aus:

Kohlenstoff 65 Proc.

Wasserstoff 3

Sauerstoff SVj

Wasser öVj n

Asche 18

verbraucht.

Die theoretische Wärmeleistung der Brennmaterialien berechnet sich dieser Zusammensetzung zufolge: Yon 1 Kilogrami]| Braunkohlen

0,49 X 8080 4- ^0,04 ^~\ 34 462 = 4820 Wärmeeinheiten,

Yt>n 1 Kilogramm Steinkohlen:

0,65 X 8080 + (ofid 9:^\ 34 462 = 5940 Wärmeeinheiten.

1 Kilogramm Weichblei enthält im geschmolzenen Zustande bei der in den Kesseln erreichten Temperatur nach den Versuchen des Verfassers (dorch Eingiessen in Wasser) durchschnittlich 20 Wärmeeinheiten, dem- nach ist der Wirkungsgrad des Schmelzapparates

14 650 X 20

JE = = 0.164.

270 X 4820 -I- 81 X 5940 '

2. Bei demselben Hüttenwerke wurden 14 000 Kilogramm Antimon- blei, 16Vs Proc. Antimon enthaltend, geschmolzen und dazu 150 Kilo- gramm Braunkohlen von der oben gegebenen Zusammensetzung, und 180 Kilogramm Steinkohlen, bestehend aus:

Kohlenstoff 69 Proc.

Wasserstoff 3

Sauerstoff 9»/« w

Wasser 2

Asche 16Vs

yerbraucht.

218 Wirkungsgrad der Kessel.

Die theuretische Leistang der Braunkohlen beträgt nach Obigem per 1 Kilogramm 4820 Wärmeeinheiten, die theoretische Leistung der Stein- kohlen berechnet sich per 1 Kilogramm:

(0 095\ 0,03 ^j 34 462 = 6195 Wärmeeinheiten.

1 Kilogramm Antimonblei enthält im geschmolzenen Zustande bei der dafür üblichen Temperatur nach den Ermittelungen des Verfassers 30 Wärmeeinheiten, demnach Wirkungsgrad des Apparats:

14 000 4- 30

150 X 4820 + 180 X 6195 ~ ^'^^®*

Der Wirkungsgrad der Kesselöfen wird ein geringerer, wenn das Metall lange Zeit flüssig erhalten werden muss. Um auch einen in die- ser Beziehung sehr ungünstigen Fall der Berechnung zu unterziehen, wurde das Schmelzen der beim Pattinsoniren fallenden Bleikrystalle be- nutzt, welche in den nächst niedrigen, vorher erhitzten Kessel über- geschöpfb werden.

Man schmolz 95 475 Kilogramm Weichblei und gebrauchte dazu 2550 Kilogramm Braunkohlen und 990 Kilogramm Steinkohlen, beide von derselben Zusammensetzung, wie bei dem unter 1 gegebenem Bei- spiele. Es berechnet sich hiernach der Wirkungsgrad des Kesselofens:

E = 95 475 X 20 ^

2550 X 4820 + 990 X 5940 ' '

Als durchschnittliches Resultat aus allen drei Versuchen ergiebt sich ein Wirkungsgrad E = 0,165.

Zweite Gruppe: Tiegelöfen.

Das Metall befindet sich in einem Gelasse, dem Tiegel, welches rings von dem Brennmateriale oder den bereits entwickelten brennenden Producten desselben (der Flamme) umgeben ist. Die Wärmeabgabe fin- det auch hier grösstentheils durch die Wände des Tiegels hindurch statt, die Wärmeverluste durch Ausstrahlung von der freien Oberfläche, wie bei den in Kesseln geschmolzenen Metallen, fallen dagegen weg. Das Metall ist während des Schmelzens der Einwirkung atmosphärischer Luft gänzlich entzogen, das Brennmaterial aber kann auf die Oberfläche des Metalls Einwirkungen ausüben, sofern der Tiegel nicht, wie es zur Vermeidung dieses Einflusses häufig geschieht, durch einen Deckel ge- schlossen ist. Der Tiegel und der zur Wärmeentwickelung dienende Ofen bilden jeder für sich ein selbstständiges Ganze ohne feste Verbin- dung, und der erstere wird zur Entleerung nach dem Schmelzen aus dem Ofen herausgenommen. Diese Eigenthümlichkeit beschränkt die Grösse und den Fassungsraum eines einzelnen Tiegels, weil die Beschwerlichkeit

Tiegelöfen.

219

des HersüshebenB und die Gefahr, den hoch erhitzten und mit Metall belasteten Tiegel zn beschädigen, mit der Grösse desselben wächst. Der Inhalt eines Tiegels ist daher selten grösser als 30 Kilogramm, doch kommen Fälle vor, z. B. in Münz Werkstätten, wo ein einziger Tiegel 1100 bis 1200 Kilogramm fasst, weil bei einer Vertheilang des zn schmel- zenden Metalls in mehrere Tiegel es schwieriger sein würde, die uner- lässliche durchaus gleichartige Zusammensetzung und Beschaffenheit des geschmolzenen Metalls zu erlangen.

Die Form der Tiegel ähnelt der eines Cylinders mit geschlossenem Boden, gewöhnlich in der Mitte der Höhe mit mehr oder minder starker Ausbauchung. Ganz kleine Tiegel besitzen bisweilen gleichseitig-drei- eckige Grundform mit Erweiterung nach oben. Das Yerhältniss zwischen innerem Durchmesser und Höhe pflegt Vs bis V2 zu betragen, ohne dass hierfür eine bestimmte Regel gegeben wäre.

Sehr grosse Tiegel fertigt man bisweilen aus Guss- oder Schmiede- eisen; bei der verhältnissmässig geringen Widerstandsfähigkeit des Eisens gegen die Einflüsse des Brennmaterials und der Yerbrennungsproducte in hoher Temperatur und bei der Neigung der geschmolzenen Metalle, Eisenlegirungen zu bilden, ist ein weit häufiger verwendetes Material der feuerfeste Thon. Man verarbeitet ihn entweder für sich (Thontiegel) oAer unter Zusatz reichlicher, ^is 50 Proc. des Gemischs betragender Mengen von Graphit (Graphittiegel).

6ewöhnlicl\. wird der Tiegel beim Schmelzen auf einen niedrigen Untersatz, gleichfalls aus feuerfester Masse bestehend, gestellt, den man

Fig. 198.

Käse nennt (s. Fig. 198, einen Tiegel nebst Käse zum Gussstahlschmelzen darstellend).

Die Tiegel eignen sich zum Schmelzen aller nur bei hoher Temperatur schmelzbaren und deshalb fär Kesselschmelzen nicht mehr geeig- neten Metalle, welche vor den Einwirkungen des Brennmaterials, der Yerbrennungsproducte und der atmosphärischen Luft geschützt werden müssen: Gussstahl, Kupfer, Tombak, Messing, Silber, Nickel, Neusilber und andere; oder bei denen wegen ihrer Kostbarkeit jeder mecha- nische Verlust möglichst vermieden werden soll, z. B. Gold; oder endlich solcher Metalle, die zwar auch in Apparaten der dritten und vier- ten Gruppe geschmolzen werden könnten, deren Menge aber so unbedeutend ist, dass die An- wendung eines grossem Schmelzapparats nicht zweckdienlich erscheinen kann.; hierher gehören kleine Mengen von Bronze, Gusseisen und andere. Man verwendet zum Erhitzen der Tiegel festes verkohltes Brenn- material (Koks oder Holzkohlen), flammendes Brennmaterial (Holz, Torf,

220 TiegelBchachtofen.

Braonkohlea, Steinkohlen), gasiSnoigea BreoDinaterial (Generstorgue oder Leuchtgas). Hiernaoh lassen sich die Tiegelöfen falgendermaasBeo eintheilen :

alsohachtdfen für festes BrennmateriaL

ihsm Loftzuge.

Der Tiegel steht innerhalb eines schachtfSrm igen Raumes auf einem Plauiroste, welcher zur Zuf&hrong der Verbrennnngaloft dient, wfihrend die Verbren nnngsgase im obere Theile des Schachts durch einen Fuchs nach der Esse entweichen , welche znr Hervorbringotig des Lnftzngea dient. Die Figuren 199 und 200 stellen einen solchen Tiegelschacht-

Fig. 199.

ofen dar. C ist der Rost, G die £in- schüttSffnong fUr die Kohlen', durch einen Deckel geschloasen, der ans einem goBseisemen Rahmen mit Chamotte- futter besteht, zum Aufklappen ein- gerichtet und mit Gegengewichten an einer Kette versehen ist. f ist eineOeffnung zum£insetzen und Her- ausnehmen kleiner Tiegel, während grössere durch die obere Oeffnong hinein- and hinausgebracht werden. / ist der Aschenfall, E die Esse. Dnrch umgelegte Anker ist der Ofen vor dem Aaseinandertreiben geschOtst.

Ein derartiger Ofen im Eisenhüt- tenlaboratorinm der königlichen Berg- akademie znFreiberg hat einen Schacht mit quadratischem Querschnitte von 350 Mm.Seitenlänge, Höhe des Schachts von Oberkante des Rosts bis Unter- kante des Fuchses 350 Mm., bis nir Mitte der Einschttttöffnung 665 Mm., Höhe des Fuchses 125 Mm., Breite desselben 250 Mm., Weite der Esse 350 Mm. im Qradrate, Essenhöhe Gnmdrias AB CD. ,a -u i? / t<- i

19 U. Es wird ein Tiegel emge-

aotst, welcher ca. G Kilogramm Metall (Gosseisen , Gassstahl, Kupfer and dergleichen) faset (Siebe auch Fig. 157 auf S. 174.)

Sollen zwei Tiegel in einen gemeinschaftliohea Ofen eingesetst «er- den, so giebt man dem Schachte gern eine oblonge Form. Durch Einsetzen mehrerer Tiegel in einen gemeinschaftlichen grossem Ofen l&Ut der rela-

Fig. 200.

Tiegelschachtöfen. 221

tive Brenn stoffreTbrandt im Allgemeinen geringer ane, als wenn fitr je einen Tiegel ein besonderer Ofen angewendet wird; denn die Wärmever- Inste Terringem eich, wenn du Verhältoiss zwischen der zu erhitzenden Oberfl&che des Ofens nnd derjenigen der Tiegel kleiner wird. Man wendet deshalb anch wohl Oefen ^ vier bis acht, selten aber für mehr Tiegel an , denn je grösser der Durchmesser des Ofens ist, desto schwie- riger wird die Bediennng, desto ongleiohmSsaiger die Erhitzung und desto grösser die Abnntznng der Tiegel in Folge jener nngleicbm&ssigen GrhitEung.

Bei allen Oefen moes die Unterkante des Fachses höher liegen als die Oberkante des grössten einzusetzenden Tiegels nnd zwischen Tiegel- wand nnd Innenseite des Schachts mindestens 50 Mm. Abstand bleiben, damit dos Niedersinken des Brennmaterials nicht behindert werde.

Unter Umständen kann es Eweckmissig sein, den Tiegelofen so ver- tieft einzubauen, dass die Fflllöfinung mit dem Boden der Oiesserei in gleicher Horizontalebene oder nur wenig höher liegt, die FOllöffnnng mnss in diesem Falle auch zum Einsetzen und Herausnehmen der Tiegel benutzt werden, und es ist Sorge zu tragen, dass die Luft ungehinderten Zutritt zum tiefiiegenden Roste erhält, nnd der Aschenfoll zugäng- lich bleibt.

b. Mit Gebläseluft

Zur Ersparung der Esse wendet man bisweilen Oefen mitUnterwind an, welche sich in ihrer Construction von den oben beschriebenen nur dadurcb unterscheiden, dass der Ascheniall durch eine Thür möglichst luftdicht geschlossen ist nnd unter den Rost Gebläsewind (von einem Ventilator oder Dampfstrahlgebläse) gef^rt wird.

Bei den eigentlichen Gebläsetiegelöfen f&llt jedoch der Rost weg nnd der Wind wird durch eine Anzahl Düsen in den Ofen geführt. Der üblichst« dieser Oefen ist der Sef- ström'sche GeblAseofen, welcher in Fig. 201 abgebildet ist. Ein mif feuerfestem Thone ausgekleideter Eisenblechcylinder b, welcher den eigentlichen Schacht bildet, ist con- centrisch von einem zweiten Eisen- bleohcylinder a umgeben, so dsss zwischen beiden der von allen Sei- ten Inftdicht abgeschlossene Wind- behiÜter C bleibt. Der Wind strömt durch / nach c, Tertheilt sich ringe um den Gelinder b nnd gelangt

dann dnrch die 6 bis 8 Düsen nach

, ^ , . 1 »Ctm. f in ^en Sohmelsraum.

222 Tiegelschachtöfen.

Der HfttiptDacbtbeil der GebläeetiegelÖfeD liegt in der Mehrausgabe, welche darch die BeBchafhog des Gebläsewindes allemal veranlaast wird; dagegen ist die Esse entbehrlich oder nnr so weit erforderlich, als eie einfach zar Ableitnng der Verbrenn nngaprodncte dient. Sie sind im Allgemeinen weit weniger in Anwendung, als die Oefen mit natfirlichem Loftznge.

TiegeUchachtÖfen für gfiaförmiges Brennmaterial

Man benutzt ausachliesalich Lenchtgas. Die Verbren nnngalnft wird

durch eine Esse angesaugt, seltener durch ein GeblSae zugeführt Der

üblichste Apparat dieser Art ist von Perrot in Genf erfänden und in

Fig. 202 abgebildet. Der Tiegel a steht auf einem Untersatze, der

Fig. 202.

auf einer senkrechten Stange befindlich und in seiner Höhe verstellbar ist, um Tiegel verschiedener Höbe anwenden zu können. Das Gae kommt durch das mit einem Hahn c and Manometer d zur Regnlirnng versebene Znflussrohr l, tritt in den ringfärmigen Behälter und von diesem durch die Bohre g und die Oeffnung b in den Ofen, nachdem an der AusSuss-

^ Tiegelherdöfen. 223

mündimg der Rohre die Entzündung stattgefdnden hat. Die Verbren-. nongsloft tritt bei / zn nnd mischt sich innerhalb der Rohre g mit dem 6aae. Der eigenÜiche Ofen wird gebildet durch den innem Cylinder, welcher oben durch eine kleine bewegliche Kuppel b abgedeckt wird, und den äuBsem Mantel m. Oben ist der Ofen durch den Deckel n yer- schloflsen, in dessen Mitte sich das durch einen Stopfen verschlossen ge- haltene Schauloch e befindet, um das Schmelzen beobachten und nach Bedürfniss Metall nachsetzen zu können. Die Gase, nachdem sie den Tiegel umspfilt haben, ziehen in dem ringförmigen Räume zwischen dem innem Ofen und dem Mantel m abwärts und entweichen schliess- lich durch das Rohr p nach der Esse ^).

Die Tiegelschachtöfen für gasförmiges Brennmaterial haben den Vorzug, dass ihre Bedienung einfach ist, die lästige Anhäufung von Aschen und Schlacken gänzlich fortfallt, das Schmelzen sich leicht über- wachen und mit dem Auge verfolgen lässt. Der ganze Betrieb zeichnet sich durch Eleganz gegenüber dem Betriebe mit festem Brennmateriale aus. Leuchtgas ist aber überall ein kostspieliges Brennmaterial und nicht einmal in jeder Werkstatt zu haben. Für einen Betrieb aber von solchem Umfange, dass die Anlage eines Gasgenerators zweckmässig er- scheinen könnte, wird man kaum noch Tiegelschachtöfen benutzen, son- dern die sogleich zu beschreibenden Herdöfen anwenden. Diese Umstände lassen die Schachtgasöfen für Tiegelschmelzen nur in solchen Fällen zweckmässig erscheinen, wo es darauf ankommt, rasch kleinere Mengen Metall zu schmelzen, in Laboratorien, in den Werkstätten der Gold- und Silberarbeiter, Juweliere u. s. w.

Tiegelherdöfen (Tiegelflammöfen).

Man vereinigt gewöhnlich vier bis acht Tiegel in einem gemein- schaftlichen Ofen. Aus diesem Grunde eignen sich diese Oefen vorzugs- weise f^ einen Betrieb in grösserm Umfange. Die Tiegel stehen auf dem horizontalen, von einem Crewölbe überspannten Herde (Tische) und werden von den brennenden Gasen umspült, welche auf der einen Seite ded Herdes zuströmen, auf der andern Seite durch einen Fuchs abziehen. Bestehen die Gase aus der Flamme des dicht neben dem Herde auf einem Roste verbrennenden Brennmaterials, so nennt man die Feuerung direct; werden sie in einem Generator entwickelt und in Leitungen dem Ver- brennnngsherde zugeführt : G a s f e u e r u ng.

Der Hauptvortheil der Tiegelflammöfen liegt in der Benutzung unver- kohHen, also billigem Brennmaterials als bei den Tiegelschachtöfen;

^)Ueber einen von Wieasnegg in Paris gebauten Gebläse-Gasofen zurEr- zangmig sehr hoher Temperaturen siehe Dingler ^s Pol^^technisches Journal Bd. 189, S. 376.

224 Tiegelherdöfen. ,

denn wenn anch der absolute W&rmeeffeot von 1 Eilogramm verkoUtem Materiale grösser ist als von 1 Kilogramm nnverkoliltem , eo gebt dock bei jedem Verkohlangeprooesse eine niclit unerhebliche Menge der brenn- baren Beatandtheile des Brennstofie verloren; und natürlicbemeise kann die ans einem gegebenen Quantum rohen BrennmaterialB dargestellte Kohle (also z. B. 0,60 Kilogramm Koks, velche ans 1 Kilogramm Steinkohle gewonnen waren) nicht mehr die gleiche W&rmemenge ent- wickeln als jener rohe Brennstoff.

Die Skizze Fig. 203 wird aosreichend sein, die einfachste Constmc- tion eines Tiegeläammofens mit directer Feoenmg zu Teranschaolichen. Fig. 303.

Die Tiegel stehen in zwei oder drei Reihen neben einander; nicht selten sind die Reihen dnrch Zwischenwände getrennt, am eine gleich massigere Berührung der Tiegel durch die Flamme zn bewirken; auch leitet man, besonders in Kessingschmelzereien, die Flamme wohl in Windnngen um die Tiegel hemm, nm ihre Wärme desto besser aaszanutsen.

Die Vortheile der Anwendung von Gasfenernng statt der directen sind hauptaächlich: die geringere Abkahlnng des Ofens beim Schüren oder Nachschütten von Brennstoff; die grössere Leichtigkeit, durch Ver- mindernng oder Vermehrung des Luftzutritts nach Erforderoiss redu- cirende oder oxydirende Flamme hervorenbringen , ein umstand, welcher beim Einschmelzen von sperrigen Abfällen (beim Messing, Neusilber), die oft vor dem FlOssigwerden ungeschützt aus dem Tiegel beraosragen, nicht ohne Wichtigkeit ist; die Thatsache, dasa man im Stande ist, Unterbrechun- gen des Betriebes durch einfaches Absperren der Gasleitung ohne jene Abkühlung des Ofens eintreten zu lassen, welche bei directer Feuerung eine unabwendbare Folge des Eintretens kalter Luft durch den Rost nach dem Einstellen des Feuers sein würde; endlich die Möglichkeit auch solche Brennmaterialien, die in Folge ihres beträchtlichen Wassergehaltes eine ungenügende Verbrenn ungstemperatur besitzen würden, zu einem branchbaren Gase zn verarbeiten, wenn man durch eine Condensations-

Tiegelherdöfen« 225

▼onicbtang srwischen Generator und Yerbrennnngsraiun den gebildeten Wasserdampf zmn grossen Tbefle entfernt; im Ganzen also eine Ersparung ▼on Brennstoff, obscbon nicbt zn verkennen ist, dass bei jeder Yergasnng Wärme verbraucht wird, und jede absicbtlicbe oder unabsichtliche Ab- kühlung der Gase auf ihrem Wege auch einen Wärmeverlust bedeutet.

Der hauptsächlichste Nachtheil der Gasfeuerung liegt in den höheren Anlagekosten, welche die Anwendung derselben nur bei einem Betriebe in grosserm Maassstabe zweckmässig erscheinen lassen können.

Die Gonstruction der Gasgeneratoren ist mannigfaltig, und es kann hier nicht der Ort sein, dieselbe einer eingehenden Besprechung zu unter- ziehen, sondern es muss vielmehr auf die betreffende Literatmr über die- sen Gegenstand verwiesen werden^).

Da die Verbrennung des Gases um so schwieriger, unvollständiger vor sich geht, je weniger erwärmt Gas und Luft sich mischen, so sucht man wenigstens die Verbrennungsluft in allen Fällen auf eine höhere Temperatur zu erwärmen, bevor sie in den Yerbrennungsraum gefuhrt wird« Diese Erwärmung geschieht entweder, indem die atmosphärische Luft durch Canäle innerhalb deijenigen Theile des Ofens hindurch- geführt wird, welche vorzugsweise durch die Hitze zu leiden haben, und dadurch gleichzeitig als Eühlungsmittel für diese Theile dient (Biche- ronx's Ofen); oder, indem man die abziehende Wärme des Ofens zur Yorwärmung der Luft (beziehentlich auch der Gase) benutzt, und dadurch einen Theil derselben wieder in den Ofen zurückführt. Diese letztere Aufgabe kann in zweierlei Weise gelöst werden« Entweder man erhitzt durch die abziehenden heissen Gase in einem besondem Räume zwischen Herd und Esse ein System von Bohren, durch welche die Yerbrennungsluft hindarchgeführt wird (Oefen mit eisernen Winderhitzungsapparaten und Geblfisewind, Ponsard's Ofen mit Ganälen in feuerfesten Steinen und natürlichem Luftzuge); oder die abziehenden heissen Gase werden durch zwei Kammern hindurchgeführt, welchen durch gitterartig aufgestellte Steine eine sehr grosse Oberfläche und dadurch die Fähigkeit ertheilt ist, reichliche Wärmemengen aufzunehmen, und wenn diese als Wärme- speicher dienenden Kammern (Regeneratoren) hoch erhitzt sind, wird der Gas- und Luftstrom umgeschaltet, die zu erhitzenden Körper (Gase und Lnft) werden durch jene Wärmespeicher hindurchgefuhrt, dabei er- hitzt und mischen sich nach dem Heraustreten unmittelbar vor demYer- brennungsherde, dabei in Folge ihrer Erhitzung die grösstmöglichste Wärmeentwickelung veranlassend und die dem Ofen verloren gegangene Wärme diesem zum 'grossen Theile wieder zurückbringend. Die abzie- henden Yerbrennungsproducte aber erhitzen inzwischen zwei andere

1) Siehe u. A. Stein mann, Compendinm der Gasfeuerung, 2. Auflage, Freiberg 1876; Wedding, DarBtellung des sohmiedbaren Eisens, S. 159 ff., 8. 6S0 und 715; Berg- und Hüttenmännische Zeitung von Kerl und Wimmer, Jahrgang 1874, 8. 180.

JLedebar, aMduuüadi-mtttaUiirgiaoliB TMliaologie. 26

226 Tiegelherdöfen.

Regeneratoren, welche nach abermaligem Umschalten wieder zur Er- hitzung von Gas nnd Loft dienen. Es ist dieses das Princip der Sie- mens^schen Regenerativfeuerang, welche nnter allen bis jetzt be- kannten Fenerungsanlagen am vollkommensten die Aufgabe lost, die vom Ofen abziehende Wärme fftr denselben wieder nutzbar zu machen und gleichzeitig dadurch eine yollkommenere Verbrennung zu erzielen , also die Leistung des Brennmaterials in höchster Vollständigkeit auszunutzen.

Wie aber auf Erden nichts vollkommen ist, so hat auch die Sie- mens'sche Regenerativfeuerung ihre schwachen Seiten, nnd dieselben be- stehen einestheils in der erheblich grosseren Kostspieligkeit der Anlage, obgleich dieselbe bei grossem Betriebe bald durch Ersparungen im Brennstoffverbrauche ausgeglichen werden kann; andemtheils in dem Umstände, dass die Regeneratoren sich sehr bald verstopfen oder doch an Wirksamkeit verlieren, sobald mit dem hindurchziehenden ^trome der Verbrennungsgase fortgerissene feste oder verflüchtigte und conden- sirbare Theilchen mitgefährt werden und sich in den Regeneratoren ab- setzen. Hierher gehören beim Metallschmelzen verflüchtigte Metalle und Oxyde. Eine Reinigung der Regeneratoren ist aber ohne grossen Zeitverlust und Kosten nicht möglich. Endlich ist die Thatsache nicht zu unterschätzen, dass nach dem Beginne des Betriebes eines Ofens mit Sie men Bischer Feuerung bei der grossen Wärmecapacität des Materials zu den Regeneratoren naturgemäss erst längere Zeit gewöhnlich 12 bis 24 Stunden verstreichen muss, bevor dieselben hoch genug erhitzt sind, uro ihre volle Wirkung zur Geltung bringen zu können.

Für alle Metalle, welche flüchtige Verbindungen entlassen (Messing, Neusilber und andere) dürften daher Oefen mit gewöhnlicher Gasfeuerung oder auch mit directer Feuerung vor dem Siemens'schen den Vorzug ver- dienen; ebenso für jeden Betrieb in kleinerem Maassstabe, welcher nicht ununterbrochen fortgeht; sehr gebräuchlich sind dagegen die Siemens- Flammöfen für TiegelguBsstahlgiessereien von grösserem Umfange ge* worden , wobei ausserdem die durch dieselben erreichbare hohe Tem- peratur besonders günstig in die Wagschale f&llt.

Auch Gusseisen wird bisweilen in Tiegelflammöfen mit Siemen Bi- scher Feuerung geschmolzen, wenn es darauf ankommt, die Eigenschaften desselben in möglichst geringem Maasse beeinflussen zu lassen (z. 6. bei der Darstellung sogenannten schmiedbaren Gusses).

Ein derartiger Ofen, ursprünglich für Gusseisenschmelzen bestimmt, ebensowohl aber auch zum Schmelzen anderer Metalle brauchbar, ist in den Figuren 204 und 205 in V^o der wirklichen Grösse abgebildet ^). Der Ofen besteht aus drei Abtheilungen mit je 6 Tiegeln, fasst also im Ganzen 18 Tiegel. Die Einsatzöffnungen für die Tiegel befinden sich in der Decke des Gewölbes und sind durch passende, mit Eisenrahmen ausg^e*

1) Ans Pract. Mechan. Jonmal 1868, S. 132; daraus in Wedding, Dar> Btellung des schmiedbaren Eisens, S. 471.

Tiegelherdöfen. 227

röstete Chamotteplatteo abgedeckt. Der Herd, ans Qnarzeand beeteheod, wird von einer eisernen Platte getragen, nnter ve Icher die atmoephärisohe

Fig. 20«.

228 Tiegelschmelzen.

Luft freien Zutritt hat, um sie zn kühlen. Wie ans der Zeichnung er- sichtlich ist, sind die Regeneratoren für die Verhrennnngsluft etwas grösser hemessen als für das Gas, entsprechend dem grossem Volnmen der erforderlichen atmosphärischen Lnfb. Gas und Luft kommen durch die beiden links gelegenen Regeneratoren, gelangen dann in die horizon- talen Ganäle. oberhalb der Regeneratoren, deren Anordnung aus Fig. 204 ersichtlich ist, vereinigen sich unmittelbar vor dem Herde, und die Ver- brennungsproducte entweichen nach dem Verlassen des Herdes durch die rechts gelegenen Regeneratoren, diese erhitzend. Nach dem Umschalten tritt entgegengesetzte Bewegnngsrichtung ein.

Der Mechanismus für das Umschalten ist ausführlich erläutert in Steinmann, Compendium der Gasfeuerung, 2. Aufl., Freiberg 1876; fer- ner in Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 179 u. £F.; Kerl, Grundriss der allgemeinen Hüttenkunde, Leipzig 1875, S. 130; Er ans, Etudes sur les fours ä gaz, Bruxelles 1869, u. y. a. . Sehr schöne Abbildungen von Siemens'schen Regenerati vöfen für Gussstahlschmel- zen finden sich in Wedding's genanntem Werke S. 654, auch Jordan, Cours de metallurgie, Paris 1874, Taf. 38.

Die Werkzeuge der Tiegelschmelzerei best-ehen ausser den zur Unter- haltung des Feuers erforderlichen Geräthen hauptsächlich in Zangen zum Herausheben der Tiegel und Abheben der Deckel.

Das Arbeitsverfialiren umfasst die Wartung des Feuers, das Be- schicken der Tiegel, das Einsetzen und Herausheben derselben.

Von der richtigen Beschickung hängt zum grössten Theile die Be- schaffenheit des erhaltenen Products ab. Zuerst ist eine richtige Zer- kleinerung des Rohmetalls erforderlich, um die Tiegel in angemessener Weise füllen zu können ; besonders dann, wenn der Tiegel von vornherein bedeckt gehalten werden muss und ein Nachfüllen unthunlich ist, wie beim Gussstahlschmelzen. Schmilzt man mehrere Metalle zu Legirungen zusammen oder von einem im Allgemeinen gleichartigen Metalle mehrere Sorten (z.B. weichen und harten Stahl, siliciumreiches Koksroheisen und siliciumärmeres Holzkohlenroheisen u. dergl.), so ist die Gattirung dieser verschiedenen Metalle nach entsprechenden Gewichtsverhältnissen eine in hohem Grade wichtige Aufgabe. Denn nicht allein verändern die Metalle ihre specifischen Eigenschafken durch die Legirung, wie früher erörtert, sondern es ist auch Rücksicht darauf zu nehmen, dass von meh- reren in einen und denselben Tiegel eingesetzten Metallen das eine häufig durch den Schmelzprocess ganz anders beeinflusst wird als das andere. So z. B. verflüchtigt sich, wenn man Kupfer und Zink zu Messing zu- sammenschmilzt, von dem Zink ein Theil, es erfolgt eine zinkärmere Le- girung als nach der durchschnittlichen Zusammensetzung des Einsatzes, und es muss von vornherein eine so viel reichlichere Menge Zink (etwa 3 Proa) zugesetzt werden, dass dieser Gewichtsverlust ausgeglichen wird. Ebenso verhält sich das Zink im Neusilber und anderen Legirun- gen. Durch bestimmte Kunstgriffe ist man im Stande, einer allzu reich-

Tiegelschmelzen. 229

liehen Yerflüchtignng heziehentlioh Oxydation vorzubengen. So z. B. hiin^^ man beim Einsetzen die verschiedenen Metalle in abwechselnden Schichten über einander in den Tiegel, zu oberst eine Schicht des schwe- rer oxydirbaren oder schwerer flüchtigen Metalls, so dass rasch Legimng eintreten mnss; schliesslich bringt man wohl eine Decke von Holzkohlen- stanb als Rednctionsmittel darauf und auf diese den Deckel; oder man schmilzt erst das weniger leicht zu beeinflussende Metall, zumal wenn dieses auch schwerer schmelzbar ist (Kupfer) und setzt erst dem geschmol- zenen das andere (2^k, Zinn) hinzu. Bei letzterem Verfahren darf man nicht ausser Acht lassen, dass durch das Einwerfen kalter Stücke ge- wisser Metalle in ein flüssiges, hocherhitztes Metallbad gefahrliche Ex- plosionen entstehen können (wahrscheinlich durch Entweichen von Oasen), so beim Zink und Eisen. Deshalb ist ein vorheriges Erhitzen solcher zuzusetzenden Metallstücke unerlässliche Regel.

Bisweilen verflJirt man noch umständlicher und gebraucht mehrere Schmelzen, um die fertige Legirung zu bilden, besonders wenn mehr als zwei Metalle legirt werden sollen. Man schmilzt dann nicht selten in eiuem Tiegel die Hälfte eines Metalls mit dem zweiten Metalle, in einem andern die zweite Hälfke des ersten Metalls mit dem dritten Metalle zu- sammen und vereinigt nun erst beide Legirungen. So z. B. wird in ein- zelnen Fabriken bei der Neusilberdarstellung in einem Tiegel die Hälfte des Kupfers mit dem Zink, in einem zweiten die andere Hälfte des Kupfers mit dem Nickel, dann die Kupferzinklegirung zur Kupfemickellegi- rung gesetzt. Aehnliche Vorschriften für Darstellung von Neusilber und anderen Legirungen sind nicht selten, werden auch bisweilen als Fabrik- geheimniss betrachtet und mögen wohl ihre Berechtigung durch die Be- einflussung des Schmelzpunkts beim Legiren in dieser oder jener Weise finden. Es wird jedenfalls geringerer Metallverlust stattfinden, wenn man im Stande ist, die leicht flüchtigen Metalle durch geeignetes allmä- liges Vermischen mit anderen indifferenteren Metallen in niedrigerer Tem- peratur zu legiren und dann erst als Legirung der höhern Schmelztemperatur des Endproducts auszusetzen, als weun von vorn herein dieser hohe Wärme- grad auf jene verdampfungs- und oxydationsfähigen Metalle einwirkt.

Das Einbringen der Metalle in den Tiegel geschieht meistens, wäh- rend dieser kalt ist, und man pflegt dann erst den gefüllten Tiegel in den Ofen zu stellen, bevor dieser geheizt ist; in Oussstahlgiessereien, wo man die Tiegel selbst fertigt, bringt man auch wohl die aus dem Olühofen kommenden heissen Tiegel unmittelbar in den vorher angewärmten Schmelzofen und schüttet dann erst das Metall mit Hülfe eines Blech- trichters hinein.

Wenn eine ganz bestimmte Beschaffenheit und Zusammensetzung der geschmolzenen Legirung oder des Metalls von Wichtigkeit ist, so nimmt man, bevor der Tiegel mit seinem Inhalte aus dem Ofen genom- men wird, eine Probe durch Schöpfen mit einem löffelartigen, langstieli- gen Werkzeage oder auch nur durch Eintauchen einer eisernen Stange, an

230 Tiegelschmelzöfen.

welcher dann Eügelchen des Metalls haften bleiben, und prüft dieselbe anf ihre Beschaffenheit; so bei den Legirungen für die MünzdarBteSang, beim Gussstahl n. a. Die Prüfang kann geschehen durch einfache Be- nrtheilung nach äusseren Kennzeichen (Bruchfläche, Erscheinungen an der Oberfläche beim Erstarren); durch gewisse mechanische Untersuchun- gen (Breitschlagen der Metallkügelchen auf einem Ambos zur Beur- theilnng der Härte beim Stahle u. dergL); oder durch ein chemisches, rasch ausführbares Probirverfahren (bei den Münzlegirungen). Durch geeignete Zusätze dieses oder jenes Metalls lassen sich in den meisten Fällen erkannte Mängel beseitigen.

Wirkungsgrad der Tiegelschmelzöfen.

Zur Berechnung desselben können folgende Ermittelungen dienen :

a. Tiegelschachtöfen.

1. Auf dem königlich sächsischen Hüttenwerke zu Halsbrücke bei Freiberg wurden 742,467 Kilogramm Silber bei 7 Grad Wärme in einen bereits zu mehreren Schmelzungen benutzten Tiegel eingesetzt und zum Schmelzen 201 Kilogramm Koks mit 6,6 Proc hygroskopischer Feuch- tigkeit und 13,5 Proc. Asche, also 79,9 Proc. Kohlenstoff yerbraucht. Die theoretische Leistung der Koks beträgt bei vollständiger Verbren* nung per 1 Kilogramm Koks

0,799 X 8080 = 6455 Wärmeeinheiten, und jene wirklich verbrauchten 201 Kilogramm Koks würden demnach bei völliger Verbrennung

201 X 6455 = 1 297 455 Wärmeeinheiten zu entwickeln im Stande gewesen sein.

Zur Bestimmung der vom flüssigen Silber aufgenommenen Wärme wurden 338,900 Kilogramm desselben in 914,9 Kilogramm Wasser von 8,9® C. eingegossen, wobei die Temperatur des Wassers auf 37,0® C, also um 28,1® C. stieg.

Es wurden also vom Silber für diese Erwärmung abgegeben

914,9 X 28,1 = 25 708 Wärmeeinheiten

Bei der Temperatur von 37,0® C. besass

das Silber noch Überschüssige Wärme über

seine ursprüngliche Temperatur von 7®, wenn

man die specifische Wärme desselben = 0,057

setzt :

338,90 X 30 X 0,057 = 680

Es enthielten 338,90 Kilogramm Silber 26 288 Wärmeeinheiten, mithin die geschmolzenen 742,467 Kilogramm Silber 57 592 Wärmeein- heiten ^), und es ist der Wirkungsgrad des Schmelzofens

i) 1 Kilogramm Silber demnach 78 Wärmeeinheiten.

Wirkungsgrad. 231

^ 67 692

Ä» = 0 044.

^ - 1 297 455 "•*'**•

2. Der Wirkungsgrad der Tiegelschmelsdien fiUlt günstiger aus, wenn statt des schon gebrauchten Tiegels ein neuer mm Schmelzen be- nutzt wird. Bei demselben Hüttenwerke, wie in dem vorigen Beispiele, schmolz man im neuen Tiegel unter sonst ganz gleichen Yerhältnissen als bei dem ersten Versuche 1190,740 Eologramm Silber und gebrauchte dazu 285 Kilogramm Koks. Demnach ist der Wirkungsgrad des Schmelzofens

_ 1190,740 X 78 ^ ^^^

E = = 0.060.

286 X 6465 *

3. Beim Gusseisenschmelzen in Tiegelsohachtöfen rechnet man gewöhnlich auf 100 Kilogramm Gusseisen einen Kokayerbrauch

in eintiegeligen Oefen bis zu 200 Kilogramm, in mehrtiegeligen Oefen mindestens 80 Kilogramm, also durchschnittlich 140 Kilogramm Koks.

Nimmt man die Zusammensetzung derselben gleich der bei den yor- hin beschriebenen Versuchen benutzten Koks an, so entwickeln sie Wärme

. 140 X 6455 = 903 700 Wärmeeinheiten. Gnsseisen, auf eine zum (Hessen geeignete Temperatur erhitzt, be- sitzt nach Gruner's Ermittelungen durchschnittlich 250 Wärmeeinhei- ten ^), 100 Kilo also 25 000 Wärmeeinheiten, und es ergiebt sich die Leistung der Oefen

X. 25 000 E = ^^o »^^ = 0,027. 903 700

Nimmt man dagegen den günstigsten Koksrerbrauch von 80 Kilo- gramm Koks per 100 Kilogramm Gusseisen an, so berechnet sich der

Wirkungsgrad

25 000

^ = 8Ö^r6465 = *>•«*«•

4. Um 100 Kilogramm Gussstahl in Tiegelschachtöfen zu schmel- zen und auf die zum Vergiessen geeignete Temperatur zu erhitzen , ge- braucht man 200 bis 400 Kilogramm, durchschnittlich 300 Kilogramm Koks^). Dieselben entwickeln bei gleicher Zusammensetzung wie bei den bisher besprochenen Versuchen: 300 X 6455 = 1 936 500 Wärme- einheiten; 1 Kilogramm des flüssigen Metalls besitzt nach Grüner 350 WärmeeinheiteUi es ist also der Wirkungsgrad des Ofens

_, 350X100 ^^,^ 1 936 500 ' '

1) Annales des mines, Serie VII, Tome YIII, p. 168 et 169.

^ YergL Q runer, De ratilisation de la chaleur dans les foomeaaz des usinet m^taUargiqaes. Annales des mines Serie VII, Tome YSl, p. 175; auch Wedding, DarsteUnng des schmiedbaren Eisens, S. 646.

232 Tiegelschmelzöfen«

im günstigsten Falle bei dem BrennstoffVerbranohe von 200 Kilogramm

200 X 6455

Ziehen wir aas den gegebenen Berechnungen ein Durchschnittsresul- tat fitr den Wirkungsgrad der Tiegelschachtöfen mit Eoksfenerong , so ergiebt sich als mittlerer Werth die Ziffer

E = 0,086.

Die Leistung wird im Allgemeinen günstiger bei mehrtiegeligen als bei eintiegeUgen, bei grossen Eins&tzen als bei kleinen, bei neuen Tiegeln als bei alten Tiegeln sein.

Bei Anwendung yon Holzkohlen ergiebt sich ein ungleich ungünsti- geres Resultat in Folge der durch die grössere Porosität des Brennmate- rials beförderten Bildung von Eohlenoxyd, also der unvollständigen Ver- brennung. Man gebraucht das doppelte bis vierfache Gewicht Holzkoh- len als Koks und der durchschnittliche Wirkungsgrad des Ofens ist höch- stens auf 0,01 zu berechnen. Daher ist die Anwendung von Holzkohlen zum Tiegelschmelzen sehr selten und nur gebräuchUch , wo man eine Einwirkung der von den Koks entwickelten schwefligen Säure auf das Metall fürchtet.

b. Tiegelherdöfen.

5. Zur Berechnung des Wirkungsgrads von Tiegelherdöfen mit directer Feuerung fEÜirt Grüner an, dass in den Stahlwerken von Assailly bei Rivede Gier beim Flammofenschmelzen zu 100 Kilogramm Gussstahl 270 Kilogramm gewöhnliche Steinkohle mit einem Aschengehalte von 15 Proc. gebraucht werde ^). Der Wärmeeffect dieser Kohlen wird sich demnach auf ca. 6300 Wärmeeinheiten beziffern'). Es beträgt demnach der Wir- kungsgrad des Ofens

350 X 100 ^^„^

^ = i:;^ :r^:7:;: = 0,020.

270 X 6300

6. Beim Schmelzen von Tiegelgussstahl in Regeneravtiflammöfen beträgt nach Grüner der Brennstoffverbrauch 180 Kilogramm gewöhn- liche Steinkohle, nach Wedding 155 Kilogramm gute aschenarme Gas- kohle per 100 Kilogramm GussstahL Setzt man die Wärmeleistung der erstem wieder = 6300 Wärmeeinheiten per Kilogramm, diejenige der Gaskohle = 7000, so ergiebt sich im erstem Falle ein totaler Wärme- aufvfand = 1 134 000, im letztem = 1085000, durchschnittlich circa = 1 100 000 Wärmeeinheiten. Der Wirkungsgrad der Oefsn beträgt demnach

350 X 100 ^

1100 000

1) Log. cit. 8. 176.

>) Siehe die Berechnungen des Wärmeeffects von Steinkohlen auf S. 217.

Herdilammöfen. 233

Dritte Oriippe. Herdflammöfen ohne Tiegel.

Das Metall befindet flach unmittelbar auf dem mit einem Gewölbe überspannten Herde des Ofens, wird bier von der vorüber ziehenden Flamme an seiner Oberflache bestrichen und verflüssigt. Es sammelt sich an dem tiefsten Punkte des Herdes und wird von dort durch eine wfthrend des Schmelzens mit einem Thonpfropfen verschlossen gehaltene Oeffnung, das Stichloch, abgelassen. Das Metall ist daher den etwai- gen chemischen Einwirkungen der Verbrennungsgase ohne Schutz preis- gegeben. Diese Gase bestehen vorwiegend aus Eohlens&ure, Wasser, Stickstoff und Sauerstoff bei vollständiger Verbrennung; aus Kohlen - Store, Eohlenoxyd, Kohlenwasserstoffen, Wasser und Stickstoff bei un- vollständiger Verbrennung. Je weniger vollständig die Verbrennung, je reducirender also die Flamme ist, desto weniger hoch ist die erreichbare Temperatur; eine annähernd vollständige Verbrennung lässt sich kaum ohne einen üeberschuss an freiem Sauerstoff erreichen, dessen Menge von der Construetion der Feuerungsanlage und der Beschaffenheit des Brennstoffs abhängig bleibt. Ausserdem wird aber freier Sauerstoff durch die unvermeidlichen Fugen an den Arbeitsthüren etc. angesogen. Hierans folgt, dass bei denjenigen Metallen, welche eine hohe Temperatur zu ihrer Schmelzung verlangen, die Erzeugung einer mehr oder minder oxydirenden Flamme kaum vermeidlich ist. Enthält das Brennmaterial Schwefelkies (Stein- und Braunkohlen), so findet sich in dem Gasgemische auch schweflige Säure.

Als Brennstoffe können sämmtliche flammenden Brennstoffe dienen, sobald die bei ihrer Verbrennung entwickelte Temperatur zum Schmel- zen des Metalls hoch genug ist.

In Folge jener directen Einwirkung der Flamme und Verbrennungs- gase auf das Metall sind alle diejenigen von dem Schmelzen in Flamm- ofen ausgeschlossen, welche eine wesentliche Beeinflussung ihrer Eigen- schaften durch diese Einwirkung erfahren; auch solche Legirungeu, welche zwar nur in geringerm Maasse beeinflusst werden, bei denen aber eine durchaus unveränderte Zusammensetzung Bedingung ist (z. B. die Legirungen der MünzwerkstättenX schmilzt man nicht ohne TiegeL um- gekehrt sucht man beim Schmelzen von Metallen, welche von bestimmten Gasen leicht beeinflusst werden (Kupfer von schwefliger Säure , Zink von freiem Sauerstoff u. s. f.), den Verbrennungsprocess derartig zu leiten oder ein derartiges Brennmaterial zu wählen, dass eben jene Gase in dem Gasgemische in möglichst geringer Menge auftreten.

Die vorzugsweise in Herdflammöfen geschmolzenen Metalle, sofern wir von den für rein hüttenmännische Zwecke vorgenommenen Schmel- zungen absehen, sind Gusseisen und Bronze. Gusseisen erfordert eine hohe Schmelztemperatur, und es ist deshalb eine gewisse Oxydation

234 Herdflammöfen.

anvermeidlich, durch welche hauptsächlich SQiciom entfernt wird. Ist das Gnsseisen reich an diesem Körper, so beeinträchtigt der Ozydations- process die Güte desselben nicht, soBdem erhöht sie sogar in vielen Fäl- len, wenn ein dichtes, festes, von allzu reichlicher Grraphitausscheidung freies Product erzielt werden soll. Gegen die übrigen Gase des Yer* brennungsprocesses, insbesondere gegen schweflige Säure, verhält sich das Gusseisen ziemlich indiflereut, und daher ist die Steinkohle das üblichste Material zum Gusseisenschmelzen in Flammöfen.

Bronze unterliegt leicht dem Ozydationsprocesse, es entsteht Kupfer- oxydul und Zinnoxyd, welche sich im Metalle lösen und dessen Eigen- schaften beeinflussen. Durch Polen kann eine theilweise Reduction des Kupferoxyduls, durch Zusatz von Phosphor (Phosphorzinn, Phosphorkupfer) eine Reduction beider Metalloxyde bewirkt werden (S. 15). Die Ein- wirkung freien Sauerstoflis ist um so bedeutender, die Schmelztemperatur der Legirung um so weniger hoch, je zinnreicher die Bronze ist. Des- halb wird die Flamme um so reducirender gehalten, je stärker der Zinn- gehalt vertreten ist (Glockenbronze). Als Brennmaterial zum Bronze- schmelzen benutzt man fast ausschliesslich Holz in der Annahme, dass die schweflige Säure der verbrennenden mineralischen Kohlen nachtheilig auf den Kupfergehalt der Legirung wirke.

Stärker als Bronze wird Messing durch das Flammofenschmelzen auf freiem Herde beeinflusst. Bei der grossen Oberfläche des Metall- bades wird ein Theil des leicht flüchtigen Zinks in der Schmelztemperatur des Messings entweder direct als Dampf fortgeführt und als solcher gröss- tentheils oxydirt; oder es findet auch Oxydation im Bade selbst statt. Schon die Kohlensäure des Gasgemisches kann oxydirend auf das Zink wirken. Deshalb erfordert das Messingschmelzen auf freiem Herde grösste Vorsicht und ist wenig üblich.

Beim Neusilber würden die nachtheiligen Einflüsse des Flammofen - schmelzens auf freiem Herde sich in noch höherm Grade geltend machen können als beim Messing, und es ist deshalb für dieses nur allein das Tiegelschmelzen in Gebrauch.

Die in niedriger Temperatur schmelzbaren Matalle Zink, Zinn, Blei werden bisweilen in solchen Fällen im Flammofen geschmolzen, wenn bedeutende Mengen derselben im Flusse erhalten werden sollen; z. B. für den Guss der als erste Verarbeitungsstufe der Darstellung von Blechen dienenden Platten in grossen Walzwerken ^). Da eine hohe Temperatur nicht eiforderlich ist, kann man auf reducirende Flamme halten, um den reichlichen Abgang durch Oxydation zu verhüten.

^) Ueber das Schmelzen des für Bleche bestimmten Zinks in Flammöfen siehe Berg- xmd Hüttenmännische Zeitmig, redigirt von Kerl and Wimmer, Jahrgang 1873, S. 290.

Herdflammöfen. 235

Gonstraction der Herdflammöfen.

Man unterscheidet auoli hier Oefen mit directer and mit Gasfeue- nmg. Es kann im Voraus bemerkt werden, dass erstere Feuerung weit häufiger in Anwendung ist als letztere. Ein Hauptgrund hierfür liegt in dem schon beim Tiegelschmelzen im Gasflammofen erwähnten Um- stände, dass die Yortheile der Gasfeuerung sich hauptsächlich bei einem grossem Betriebe geltend machen, welcher eine ununterbrochene oder doch tägliche Benutzung des Schmelzapparats erheischt. Insbesondere ist dieses bei den Oefen mit Sie mens 'sehen Regeneratoren der Fall, welche letztere in den ersten Stunden des Betriebes allerdings eine Menge Wärme aufnehmen, so lange aber verhältnissmässig wenig derselben abgeben, bis sie selbst auf eine, hohe Temperatur gelangt sind. Nur wenige Giessereien sind aber in der Lage, ihre Herdflammöfen unausgesetzt zu benutzen; gewöhnlich liegen mindestens einige Tage zwischen zwei auf einander folgenden Schmelzen, während welcher der Ofen sich völlig abkühlt. Die höheren Kosten der Anlage für Gasfeuerung, zumal für Siemens'sche Feuerung, würden also nicht im Verhältnisse zu den zu erwartenden Vortheüen stehen. Bei Legirungen, aus denen in der Temperatur des Schmelzherdes sich einzelne Körper verflüchtigen, welche in niedrigerer Temperatur wieder fest werden, z. B. Messing, Bronze, würden die Siemens 'sehen Feuerungsanlagen auch aus dem Grunde nicht gut anwendbar sein, weü man eine baldige Verstopfung der Rege- neratoren durch jene mitgerissenen oder verflüchtigten Körper zu befürch- ten hätte. Deshalb beschränkt sich die Anwendung der Gasfeuerung zum Herdschmelzen fast allein auf solche Fälle, wo Metalle mit sehr hoher Schmelztemperatur geschmolzen werden sollen, zu deren Erzeu- gung gewöhnliche Feuerung nicht ausreicht.

Da die Oefen mit Gasfeuerung in ihrer innem Einrichtung bisweilen erhebliche Abweichungen von den für directe Feuerung eingerichteten Oefen aeigen, so wird es sich empfehlen, in Folgendem die Besprechung beider zu trennen.

Herdflammöfen mit directer Feuerung.

Dieselben enthalten als HauptbestandtheUe: den Feuerungsraum mit Rost; den Herd, von der Feuerung durch die Feuerbrücke ge- trennt; den Fuchs (Abzugscanal für die verbrauchten Gase); und die

Esse.

Die Feuerung unterscheidet sich, sofern Steinkohlen als Brenn- material dienen, nicht erheblich von den Feuerungen der für andere metallnrgisehe Zwecke benutzten Flammöfeu , wie aus den weiter unten gegebenen Abbildungen solcher Oefen hervorgehen wird. Ein Rost, mei- stens Planrost, dient zur Unterhaltung des Verbrennungsprocesses» Je

236 Herdflammöfen mit directer Feuerung.

freier derselbe liegt, h. je weniger der Zufluss der ftossem Luft unter den Rost gehindert ist, desto günstiger ist seine Wirkung. Wo es mög- lich ist, lässt man deshalb den Aschenfall ausserhalb des Grebäudes mün- den, nur vor Wind und Regen geschütast. Oberhalb des Rostes befindet sich an der einen langen Seite des Ofens die Schüröffhung (Feuerthür), durch einen gusseisemen trichterartigen Rahmen vor Beschädigungen geschützt (siehe unten Fig. 209). Dieselbe wird während des Schmel- zens mit Steinkohlen verschlossen gehalten und dadurch das Eindringen frischer Luft verhindert.

Da bei Holzfeuerung, wozu man längere Scheite benutzt, ein solcher Verschluss nicht erreichbar und auch die Bedienung des Rostes durch eine seitliche Oefifhung nicht gut ausführbar sein würde, versieht man derartige, meistens für Bronzeschmelzen bestimmte, Oefen statt jener Thüröffhung häufig mit senkrechtem, durch die Decke gehendem Füll- schachte, wie z. B. in Fig. 206 (Seite 2^38), welcher durch einen Schie- ber oder eine sonstige geeignete Vorrichtung verschlossen gehalten wer^ den kann.

Je mehr man auf eine reducirende Flamme zu halten gezwungen ist, desto tiefer muss der Rost unter der Oberkante der Feuerung liegen, damit eine hohe Brennmaterialschicht das Durchdringen freien Sauer- stoffs verhüte. Wii* finden diese Abmessung bei Oefen f&r Holzfeuerung = 0,6 bis 1,0 m, bei Oefen far Steinkohlen = 0,3 bis 0,6 m.

Die Grösse der Rostfläche ist insofern eine der wichtigsten Abmes- sungen des Ofens, als von derselben zum grossen Theile der Brennstoff- verbrauch und die Zeitdauer des Schmelzens abhängig ist.

Am besten macht man die Rostfiäche von den in bestimmten 2ieit- räumen zu schmelzenden Metallmengen abhängig. Wiebe giebt, auf praktische Erfahrungen sich stützend, die Regel, dass pro 100 Kilogramm stündlich zu schmelzendes Metall bei Steinkohlenfeuerung eine freie Rost- fläche von 0,127, eine totale von 0,21 Quadratmeter erforderlich sei^), und man findet seitdem diese Angabe in zahlreichen Hand-, Lehr- und Taschenbüchern wiederholt. Bei vielen ausgeführten Oefen mit guten Betriebsresultaten, von denen unten einige Beispiele gegeben werden sol- len, finden wir die totale Rostfiäche allerdings diesem Verhältnisse an- nähernd entsprechend, das Verhältniss der freien zur totalen aber minde- stens wie 1 : 2, nicht selten wie 1 : 3, also die freie Rostfiäche erheblich kleiner als nach Wiebe's Vorschrift In der Wirklichkeit lässt sich übri- gens, wenn nur die totale Rostfläche dem Bedürfiusse entspricht, durch Einlegen anderer Roststäbe oder durch Vergrösserung oder Verkleine- rung der Anzahl derselben sehr leicht das Verhältniss der totalen zur

^) Wiebe, Die Maschinenbamnaterialien , B. 510. Unter fireier Rostfiäche versteht man bekanntlich den Zwischenraum zwischen den Boststäben, soweit die Luft bindurchtreten kann.

Herdflammöfen mit directer Feuerung. 237

freien RoBtfläche &ndem, wenn sich eine Bolche Aenderong als zweck- mässig herausstellen sollte.

Nimmt man als Zeitdauer des Schmelzens eines einmaligen Einsatzes 5 bis 6 Stunden an und bezieht die Grösse der Rostfl&che nicht auf das stündlich zu schmelzende Metall, sondern auf die Grösse des ganzen Ein- satzes, so findet man bei den besseren Oefen fürje 100 Kilogramm des überhaupt zu schmelzenden Metalls die Grösse der Rostflache zwischen folgenden Werthen:

Freie

Rostfläche

in Quadratmeter per 100 Kilogramm Metall

A. Einschmelzen mit Steinkohlen.

Oefen mit mehr als 5000 Kilogramm Einsatz , mit 2000 5000 ,

B. Bronzeschmelzen mit Holz.

Oefen mit mehr als 5000 Kilogramm Einsatz Oefen mit 2000 5000

0,015 0,03 0,03 —0,04

0,010 0,015 0,015 0,020

0,0075 0,015 0,015 0,02>)

0,002 —0,003 0,003 —0,004

Der Gmndriss des Rostes pflegt der bequemem Bedienung halber annähernd quadratisch zu sein, oder es verhält sich die Länge (von Rückwand bis Feuerbrücke) zur Breite (von einer Langseite des Ofens zur andern gemessen) wie 4 : 5.

DieOefifoung oberhalb der Feuerbrücke, durch welche die Flamme in den Herd gelangt, heisst das Flammenloch. Die Breite desselben (gleich der Länge der Feuerbrücke) ist gleich der Breite des Rostes; das Yer- hältniss des totalen Querschnitts dieser Oeffiiung zur totalen Rostfläche findet man bei ausgeführten Oefen zwischen den Werthen von 0,3 bis 1,0, meistens 0,5 bis 0,7. Hieraus ergiebt sich alsdann die Höhe des Gewölbes über der Feuerbrücke, welche bei kleinen Oefen ca. 400 mm, bei mittleren und grossen 600 bis 700 mm, selten darüber zu betragen pflegt. Im Allgemeinen wird bei Oefen mit niedrigem Gewölbe die Wärme bessere Ausnutzung finden als bei hohen; nicht selten sprechen aber Nebennmstände bei Bemessung der Gewölbhöhe mit, insbesondere die Gröese der zu schmelzenden Einsatzstücke und die dadurch bedingte Höhe der Einsatzthür an der Seite des Herdes.

1) Dürre ermittelt anf theoretischem Wege far einen Ofen mit 3750 bis 6000 Kilogramm Einsatz die zweckmässige Areie Bostfläche = 1,01 , die totale ^: 2,02 Quadratmeter (Dürre, Handbach des Eisengiessereibetriebes , n. Bd., 8. 358).

238 Deutsche Flammöfen.

Der Herd pflegt to ringericbtet m Min, dan du tmgeBchiDolxeiie Het«U anf einer hocfagelegeaen Stelle von den Guen snm Schmetsen erhitzt wird, das geachmolsene aber «ich an einer tiefer gel^^nen, vorher freien nnd Ton den TOr&ber nehenden Gasen erhitzten Stelle sammelt, stets aber an seiner Oberfläche der Einwirkung der Wftnne Misgeaetat Ueibt Diese Einrichtung ist nothweodig, um eine frOhseitige Abkühhing des geschmolzenen Metalls während der Schmelsdaoer m TeriiSten, welche mindestens einige Stunden zn beanspruchen pflegt. Je nachdem jene höchste St«lle des Herdes, anf der das nngeschmolsene Metall sieh befin- det, der Fenernng näher oder derselben entfernter als der Sammelranm des flässigen Metalls liegt, onterscheidet man zwei verschiedene Ofensysteme :

1. Dentsche Flammöfen, Flammöfen mit gestrecktem Herde, Figuren 206 nnd 207 (Flammöfen zum Schmelzen von ca. 11 200 Kilogranun Bronze in der königlichen Oeschützgieaserei zu Spsndftn ')).

'} Terf^Mer verdankt die Hittheilung dieaer Zeiclumngeii der Gate der königlictien Direction genannter Anetalt Aeltere AbbUduDgen derselben Oefen

Sampröfen. 239

Dos ongescbmolsene ItCetall befindet sich onmittelbar hinter der FenerbrBoke, flieset beim Schmelzen in der Richtung des Gasstromea den

Fig. 207.

etwu geneigten Herd hinab nnd gammelt aicb an dem der FenerbrQcke «ntgegengesetsten Ende des Ofens (diso in der N&he des Fnchses), tod wo es dnmb ein, gewöhnlich an der Stirnseite des Ofens befindliches, Stichloch e abgelassen wird. Das Gewölbe überspannt den Herd von einer Längs- sate des Ofens zar andern mit annäbernd gerader Achse , beaitzt aber «twM stärkere NeigQDg als dieser, so dsas beide nm so mehr convergiren, je mebr sie sich dem Endpunkte des Herdes (dem Fnchse) näbern.

3. Staffordsbire-Oefen, FranzöBiscbe Oefen, Oefen mit Tertieftem Herde, Snmpföfen. Die Figuren 208 nnd 209 (a. f. S.) stellen einen Flammofen der KönigsbOtte in Schlesien ans dem Jahre 1868, zum Sohmelsen von 5000 Kilo Robeisen bestimmt, in i/|g der wirklichen GrOne dar').

findea sieb in Wiebe'x Skiztenbnch, Heft X, nnd in Dürre'* Handbach der Eimigien«rei, Bd. I. Bei rollern Einsätze oben augenUirtaii Quantum« werden die Feaerbrncke und iftmmtliohe ThärCffkmn^n um eine Bache Btainschicht erhöbt.

') PrennUche ZeilJ«brift für Berg-, Hütten- und 8alinenwe«en , Bd. XVI, Tat X, Fig. 8 nnd 9.

240 Herdflammofen.

Unmiitolbar hinter der Fenerbrflcke Üegt der vertiefte Sammeb-anm (SnmpO fOr das geachmolzene Metall mit. dem Stichloche an einer der Fie- 208.

beiden Langseiten ; von da ab steigt die Herdeoble stetig bis zun Fnchse empor and das nngescbmolzene Hetall wird in der Nähe des letztem eingesetzt. Das Gewölbe bat gebrochene Gestalt, zieht sich zneret tief über den Snmpf hinab, stAtzt sich dort senkrecht oberhalb des Sticblochs anf einen qnerlanfenden Gnrtbogen und schwingt sich von da ab, der Steigung der Herdeoble entsprechend, in einem zweiten Bogen bis sam Fachse empor.

Wie man sieht, ist bei beiden Ofensystemen das Bestreben vorlian» den, dorcb geeignete Form des Gewölbes einestheile die Flamnie auf das Metall niederzassiehen , anderntbeils aber auch die vom Gewölbe aoT- genommene Warme anf das darunter befindliche Metall zurückstrahlen za lassen. Ton letzterem Gesichtspankte ans nennen die Franzosen die Flammöfen foars h r^verbSre, die Engländer reverberatory-fnmaces Rückstrahlun gsöfen.

Der Unterschied in der Wirkung jener beiden Ofensysteme ist fol- gender. Bei den dentechen Flammöfen befindet sich das eingesetzte Metall hinter der Feuerbrücke, dnrch diese um so mehr geschätzt, je höher dieselbe ist, aber in gleichem Maasse auob der Einwirkung der Wärme entzogen. Die Folge davon ist, dass das Hetall verfaältnissmissig langsam einschmilzt, sobald es aber einmal geschmolzen ist, sich leicht in ausreichend hoher Temperatur erhalten lässt, während zugleich die grosse Oberfläche des Metallbades etwaigen chemischen Einwirkungen

Herdflammöfen. , 241

des Gassiromes die beste Oelegenheit bietet. Es kommt hinzu, dass das geschmolsene Metall erst Yon der Spitze der Flamme., also von dem heissesten, aber auch am kr&ftigsten oxydirend wirkenden Theile dersel- ben erreicht wird, nachdem die durch Thürspalten etc. angesogene atmo* spänsche Lull sich bereits mit derselben vermischt hat. Ist das Metall also zur Oxydation geneigt, so kann nur durch eine stark reducirende Flamme eine reichliche Sauersto£faufnahme beziehentlich Yerschlackung vermieden werden, während anderntheils für ein raffinirendes Schmelzen, z. B. Gewinnung eines silicium&rmem Gusseisens aus siliciumreicherm Materiale,- gerade diese Ofenconstruction vortheilhaft erscheinen muss.

Bei den Staffordshire-Oefen ist das ungeschmolzene Metall der Ein- Wirkung der Flamme in der heissesten Zone des Ofens ungeschützt preis- gegeben und das geschmolzene sammelt sich in einem Baume, welcher in gewissem Maasse durch die davor liegende Feuerbrücke einen gewis- sen Schutz gegen die directe Einwirkung der Flamme erh&lt, eine ver- hältnissmissig geringe Oberfläche besitzt und sich in einer Gegend des Ofens befindet, wo die oxydirende Wirkung der Flamme überhaupt ^e geringere ist, als in der Spitze derselben. In Folge dieser Umstände ist der Staffordshire-Ofen durch rasches Einschmelzeü und verh&ltniss- mässig geringe Oxydation gekennzeichnet. Die tief niedergezogene Form des Gewölbes ermöglicht eine ausreichende Yorwärmung der Herdober- flache in dem Sumpfe vor dem Schmelzen und befördert die spätere Einwirkung der Wärme auf das geschmolzene Metall in genügendem Maasse, um eine vorzeitige Erkaltung des Metallbades zu verhüten.

Werfen wir die Yortheile und Nachtheile beider Ofensysteme ein- ander gegenüber in die Wagschale, so düiite das Zünglein wohl in den meisten Fällen zu Gunsten der Staffordshireöfen, dem neueren Systeme, hin- überschlagen. In der That verdrängt dieses System in den meisten Giesse- reien mehr und mehr das andere und selbst da, wo man, an alten Yomriheilen klebend, die C!on8truction für diese oder jene Legirung nicht geeignet hält (z. B. in Glockengiessereien) düiile das Yorurtheil schwin- den, wenn man erst einmal den Yersuch gewagt hat.

Werfen wir einen Blick auch auf denGrundriss des Herdes, so finden wir in den beiden oben gegebenen Beispielen (Fig. 207 und 209), dass derselbe «n der Feuerbrücke so breit ist als diese lang (also die gleiche Breite des Rostes besitzt) und sich nach dem Fuchse hin zusammenzieht in Folge des Umstandes, dass der Querschnitt des Fuchses ein erheblich kleinerer sein muss als. der Querschnitt des Flammenlochs. Die Zusam- menziehong findet entweder vollständig gleichmässig in der ganzen Lauge des Herdes statt wie in dem Ofen Fig. 207 oder erst in dem letzem Theile desselben , während der vordere Theil durch annähernd parallele Wände begrenzt ist. Eine stärkere Ausbauchung des Herdes nach der Mitte zu, wie man es hier und da findet, und wie es für andere metallurgische Processe zweckmässig sein kann, ist völlig zwecklos und beeinträchtigt nur die Wirkung der Flamme.

L«d«bar, mechanisch'meUJlargisclie Technologie. 16

242 Herdflammöfen.

An der einen Seite des Herdes befinden sich die Tbüröffniingen (Fenster), gewöhnlich zwei, eine zum Einsetzen des Metalls, die andere über dem Sammelraome fftr das fifissige Metall, un zu diesem gelangen zu können, wenn es nöthig werden sollte, erstarrte Ansätze loszubrechen, zu polen (S. 16), Leginingen durchzurühren und dergleichen. Die Thär- ö&ungen sind mit starken gusseisemen Thürzargen ausgerüstet und werden durch gusseiseme Thüren (die gewöhnlich zum Aufziehen ver- mittelst Kette und Hebel eingerichtet sind) verschlossen gehalten. Die Einsatzöfihungen werden bei Bronzeschmelzöfen, wenn der Einsatz beendet ist, vermauert Bei dem in den Fig. 206 und 207 auf S. 238 abgebil- deten Ofen befindet sich ausser der kleinem Einsatzöfi&iung a noch eine grosse dergleichen b jenseits des Rostes, welche zum Einbringen grosser bronzener Geschützrohre dient; femer findet sich ausser der Arbeitethür c eine zweite d auf der Stirnseite, welche gleichfalls zum Rühren, Polen, Aufbrechen etc. benutzt wird.

Die grösste Breite des Herdes befindet sich nach Obigem unmittel- bar hinter der Feuerbrücke; die totale Fläche des Herdes muss in einem gewissen Verhältnisse zu der Rostfläche stehen. Ist die Herdfläche zu gross, so wird zur Erwärmung derselben in überschüssiger Weise Wärme verbraucht; ist sie zu klein, so ist das Metall in hoher Schicht auf einem engen Räume zusammengedrängt und wird schwieriger erwärmt. Nach Wiebe's Erüahrungsresultaten soll bei Steinkohlenfeuerung das Yerhält- niss der Grösse der Herdsohle zur freien Rostfläche = 6,66 : 1, zur totalen = 4:1 sein. Prüfen wir jedoch dieses Yerhältniss bei den aus- geführten besseren Oefen, so finden wir nur bei den kleinsten derselben das Verhältnis der totalen Rostfläche zur Herdfläche wie 1:4, bei den mittleren Oefen fast immer wie 1 : 3, bei sehr grossen wohl nur wie 1 : 2. Die weiter unten gegebenen Beispiele ausgeführter Oefen werden ein deutlicheres Bild hiervon geben. Da eine wissenschaftlich begrün- dete Regel fehlt, muss man sich eben auf Erfahrungsresultate stützen. Man darf nicht ausser Acht lassen, dass bei gegebener Breite und be- rechnetem Querschnitte des Herdes die Länge desselben zum Theile aus diesen Factoren hervorgeht; dass aber diese Länge zweckmässigerweise auch von der Beschaffenheit des Brennmaterials abhängig bleibt. Kurz- flammiges Brennmaterial erfordert einen kurzem Herd, langflammi^es einen langem. Diese Länge beträgt meistens 3 bis 4 Meter, nur bei ganz kleinen Oefen mit Holzfeuerung finden sich kürzere Herde, während längere als 4 Meter äusserst selten und gewiss nicht zu empfehlen sind. Durch trapezförmige Gestalt des Grundrisses lässt sich die Länge Ter- grössem, wenn dieselbe für die berechnete Fläche nicht ausreichend er- scheinen sollte.

Die Höhe der Feuerbrücke über dem höchsten Punkte des Herdes, also deijenigen Stffle, auf welcher das ungeschmolzene Metall sich befin- det, wird um so reichlicher bemessen, je mehr das Metall vor den chemi- schen Einwirkungen der Flamme geschützt werden soll. Besonders ist

Beispiele. 243

dieses bei Oefen mit gestrecktem Herde der Fall, wo jene Stelle unmittel- bar hinter der Feuerbrücke liegt, während bei Snmpfofen die Gonstrution des Gewölbes und höhere oder tiefere Lage des Fuchses mehr als die Höhe der Feuerbrücke die Wirkung der Flamme beeinflusst. Je mehr aber das Metall den chemischen Einflüssen der Flamme durch eine hohe Feuerbrücke entzogen wird, desto mehr wird auch die Wärmeabgabe an dasselbe erschwert, desto mehr Brennsto£f muss also aufgewendet werden, um die gleiche Menge Metall zu schmelzen. Aus diesem Grunde legt man die Oberkante der Feuerbrücke bei Bronzeöfen gewöhnlich nicht höher als 200 bis 250 Mm. bei Eisenschmelzöfen 100 bis 200 Mm. über die höchste Stelle des Herdes.

Der Neigungswinkel des Herdes, beziehentlich die Tiefe des Sumpfs muss bei gegebener Herdfläche von der anzusammelnden Menge flüssigen Metalls abhängig sein.

Der Fuchs (g in Fig. 206) muss, wie aus praktischen Erfahrungen hervorgeht und sich theoretisch nachweisen lässt, bei jedem Flammofen einen bedeutend verengten Querschnitt besitzen, wenn die Wärme der durch den Ofen hindurchziehenden brennenden Gase in gehöriger Webe ausgenutzt werden soll. Wie jede unter Einwirkung eines gleichmässigen Luftzages brennende Flamme in eine Spitze endigt, so müssen auch die Abmessungen des Ofens in ganz gleicher Weise nach dem Fuchse zu mehr und mehr verengt werden und die Verbrennungsgase müssen schliesslich durch den Fuchs mit grosser Geschwindigkeit entweichen. Nach einer empirischen Regel giebt man dem Fuchsquerschnitte Vio der totalen Bostfläche und findet bei den meisten Oefen wenigstens an- nähernd dieses Yerhältniss innegehalten.

Die erforderliche Geschwindigkeit der Gase bei ihrem Hindurch- gehen durch den Fuchs wird durch die Esse hervorgerufen. Daher mosii dieselbe hoch genug sein, und ihr Querschnitt muss in einem be- stimmten Verhältnisse zur Rostfläche stehen, wenn die Verbrennung auf dem Roste richtig von Statten gehen und die erforderliche Wärmemenge entwickelt werden soll. Nach Wiebe soll der Querschnitt der oberen Essenmündnng gleich 0,45 der freien Rostfläche sein. Auf die totale Rostfläche bezogen würde man demnach den Essenquerschnitt annähernd gleich 0,20 derselben zu construiren haben, eine' Regel, welche bei aus- geführten Anlagen Bestätigung findet. Die Höhe der Esse sei nicht zu gering bemessen; nach Wiebe findet man eine zweckmässige Höhe der- selben durch die Formel

25

jff = 19 -I =—- Meter,

^ 15 d 0,30 '

worin d die lichte Essenweite in Metern bedeutet ^).

«

1) Die von Wiebe für rheinländinche Fiuse aufgestellte, vom Ver&sser fnr Metermaass umgerechnete Formel lautet:

80

if = 60 4- T-^ 7 rhnl. Fusse.

' o (k 1

16*

244

Herdflammöfen.

Als Belege für die vorstehend gegebenen Erörternngen über die innere Constraction der Herdflammöfen mögen ausser den bereits ge- gebenen Abbildnngon einige weitere Beispiele ausgeführter Anlagen, durch Skizzen yeranschaulicht, dienen.

Sämmtliche eingeschriebenen Maassen bedeuten Millimeter.

Fig. 210. Flammofen zum Roheisenschmelzen in der Kanonen- giesberei der Vereinigten Staaten zu Westpoint ^). Der Ofen schmilzt

Fig. 210.

-609 ->**-609 -**♦ 009->t*-fl09— -_, « S 8

08»--

^-^*'"

in ÖYs Stunden 5000 Kilogrampi Gusseisen, welche nach dem Schmelzen noch weitere 2^2 Stunden der Einwirkung der Hitze aus- gesetzt werden. Charakteristisch ist die schwache Gonvergenz des Gewölbes gegen den Herd, herrorgernfen durch geringe Höhe des Flammenlochs, und das Fehlen der Feuerbrücke. Es wird dadurch ein Einsetzen sehr starker Roheisenstücke (Ausschussstücke) unmöglich gemacht, und es werden nur Roheisenbarren und schwache Stücke Ter- schmolzen.

Fig. 211, Flammofen zu Mariazell in Steyermark zum Gusseisen- schmelzen mit Holz '). Die Bedienung des Rostes geschieht durch zwei Füllschächte von oben; hinter dem Roste befindet sich in der Rückseite des Ofens, wie bei den Spandauer Flammöfen, eine Oeffnung zum Ein- bringen grosser Eisenstüoke, welche ihrer Grösse halber durch die ge- wöhnliche Einsatzthür nicht einzubringen sein würden. Der Grundriss

1) Nach Barre, Handbuch Taf. Xm, Fig. 8 und 9; uraprangUch aas: Beports of experiments on the properties of Metals for Gannon etc. by T. J. Bodman. Boston 1861, Taf. I.

«) Dürre, op. cit. Taf. XIV, Fig. 1.

Beispiele. 245

des Herdes ist trapezförmig, an der Feuerbrücke 1160 Mm^, am Fuchse 945 Mm. breit. Auffallend ist die beträchtliche Höhe des Flammenlochs,

Fig. 211.

*"- 9iO

DCaOQDC

welche schwerlich durch die Anwendung von Holz genügende Begrün- dung finden dürfte und nicht zu billigen ist.

Fig. 212. Flammofen in Königin -Marienhütte bei Cainsdorf in Sach- sen zum Gusseisenschmelzen mit Steinkohlen. Der Ofen schmilzt in fünf

Fig. 212.

Stunden 5000 Kilogramm Gusseisen, welche in Blöcken von circa 350 Kilogramm Gewicht eingesetzt werden. Das Einbringen dieser grossen Stücke erheischt die Anwendung einer grossen Einsetzthür (830 Mm. hochf 660 Mm. breit), und hierdurch stellt sich wieder die Nothwendig- keit heraus, das Gewölbe an dieser Stelle entsprechend hoch zu legen, wie aus der Skizze ersichtlich ist, ein Umstand, der zwar unvermeid- lich ist , obschon er nicht gerade günstig auf Ausnutzung der Wärme wirken dürfte.

246

Herdflammöfen.

Fig. 213. Kleiner Bronzescbmelzofen mit Holzfenemng för einen Einsatz ron 2500 Kilogramm Metall in der Statnengiesserei von C. Alb. Bierling in Dresden. Es ist dieses ein Staffordshireofen der kleinsten Art nnd beweist dnrcb die mit demselben erlangten günstigen Resultate,

Fig. 213.

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dass dieses Ofensystem auch für kleinere Oefen und für andere Metalle als Gnsseisen sehr geeignet sei.

Da auch solche Constructionen unter Umstanden Interesse verdienen und lehrreich wirken können, welche als verfehlt bezeichnet werden müssen, so möge als solches Beispiel die in Fig. 214 gegebene Skizze des Flammofens einer norddeutschen, dem Verfasser befreundeten Eisen- giesserei dienen, deren Firma hier unerwähnt bleiben kann. Eine Be- leuchtung der Gonstructionsverhältnisse dieses Ofens besitzt um so mehr Berechtigung, als derselbe offenbar genau nach einer im Jahrgange' 1868 der Zeichnungen des Vereins „Hütte'' auf Blatt 1 b befindlichen Abbildung gebaut ist, welche die Flammöfen der Kölnischen Maschinenbau- Actien* gesellschafb zu Bayenthal bei Köln darstellt, und Mancher, in der Vor- aussetzung, dass in solcher Sammlung nur bewährte Constructionen auf- genommen würden, in Versuchung gerathen könnte, den Ofen abermals nachzubilden.

Der Ofen ist für einen Einsatz von ca. 5000 Kilogramm Boheisen bestimmt. Die Grösse der totalen Rostfläche ist 1,33 Quadratmeter, ent- spricht also ungefähr den oben aufgestellten Regeln. Der Querschnitt des Flammenlochs = 0,562 Quadratmeter, obschon im Allgemeinen etwas

Beispiele. 247

klein, würde trotzdem noch als znlässig gelten können, wenn nunmehr die daraus sich ergebende Höhe des Gewölbes über der Herdsohle sich annähernd gleich bliebe. Während aber letztere sofort einen tiefen Sumpf bildet, läuft das Gewölbe in fast horizontaler Richtung weiter, so

Kg. 214.

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dasB sich die Höhe desselben über der tiefsten Stelle des Ofens auf 863 Mm. und der Querschnitt des letztem auf 1,35 Quadratmeter erwei- tert, und es wird in Folge eines spätem Ansteigens des Gewölbes dieser QnerBcbnitt bis gegen das Ende des Herdes beibehalten , wo dann eine albnälige Verengung stattfindet. Eine derartige Gewölbeconstruction mnas eine ungenügende Yorwärmung des Sumpfbodens, eine schwache Wärmeabgabe an das sich sammelnde flüssige Metall zur Folge haben und als fehlerhaft bezeichnet werden. Die totale Herdfläche ist 7,2 Qua- dratmeter gross, die Länge des Herdes 4,5 M., also beides nicht im Ein- klänge mit den gleichen bei anderen Oefen als zweckmässig befundenen Abmessnngsyerhältnissen , sondern zu gross. Grossem Tadel aber ver- dient die Gonstruction des Fuchses und der Esse. Ersterer besitzt einen Quersclmitt von 0,37 Quadratmeter, also circa der totalen Rostfläche und somit Tiel zu gross; der Essenquerschnitt aber ist 0,27 Quadratmeter, also kleiner als der Querschnitt des Fuchses, während er in Bezug auf die Grösse der Bostfläche ausreichend gross gewesen sein würde.

Die Folgen dieser fehlerhaften Abmessungen des Ofens zeigen sich bei dem Betriebe. Das Schmelzen geht matt und langsam yon Statten und beansprucht 7 bis 8 Stunden; das erfolgende Eisen ist wenig hitzig und der BrennstofiPverbrauch um circa 50 Proc höher als bei zweckmässi- ger constroirten Oefen.

Einbau der HerdflsmmÖfeD.

Für die Beschreibnng desselben mögen wieder die SpandanerFt&miD- 5fen benntzt werden, deren frflher gegebene Abbildnngen in den Figuren 215 und 216 wiederholt sind, und weiter unten in den Figuren 217, 218 und 219 durch Ansichten der äusseren Tbeile weitere Terrollst&ndi- gang finden werden.

Wie bei Jedem andern Bauwerke bildet das unter der Hüttensoble aus Bruch- oder Ziegelsteinen aufgeführte, den EigenthSmlicbkeiten des Erdreichs entsprechend mehr oder minder starke Fundament die Grund- lage des Ofens. Auf demeelben baut sich rahmenartig der Fnss des Ofens auf, an der Rückseite mit der Aussparung für den Aschenfall versehen

Fig. 215.

Einbau. 249

und mebtena ans Ziegelstemmaaerwerk errichtet. In Fig. 216 ist der- selbe mit k bezeicluiBt. Er beginnt am so viel unterhalb der Sohle der Giesaerei, als der Aschenrall vertieft liegt, und ragt bis zur Hohe des Herdes anB dem Boden heraus. Dieser Fobs trägt sowohl daa ans ge- wöfanlichem Mauerwerk bestehende äussere Rauhgemäner des Ofeus ii, Fig. 216, ab das ans feuerfestem Materiale hergestellte Futter kb, und es niiiss deshalb die Stärke des Fusaes mindest«nB gleich der Stärke dieser beiden Ofentheile zusammen genommen sein. Das Folter macht man 126 bis 250 Mm. stark; den äusseren Begrenzungen des Rauh-

Fig. 216.

gemauert giebt man einen rechteckiges Grundriss, so dosa, wenn nicht du Ofeninnere gleichfalU rechteckige Verticalprojection zeigt, sich «n Terscfaiedenen Stellen verschiedene Wandstärken des Raubgemäuers er- geben; an den schwächeren Stelleo pflegt dasselbe 120 bis 125 Mm. (eine Steinbreite) stark zu sein, doch kommt es bei stark heraustretenden Theileo des Ofens auch wohl vor, dass das feuerfeste Futter dort die alleinige Umgrenzung bildet und das Rauhgemäner an diesen Stellen ganz verschwindet (z.B. an derStim- und Rückseite des Ofens, Fig. 215). Das Futter wird erst eingesetzt, wenn das Ranhmauerwerk fertig ist.

250 HerdöammÖfeD.

Zwischen beiden wird ein ZwiBcheDraam von 5 bis 10 Millimeter gelas- sen, damit das sE&rker erhitzte Fntter sich frei aasdehDen kann. Da das Futter von den sämmtlichen in dem Ofen th&tigen Einflüssen zuerst nnd am stärksten in Anspruch genommen wird, erfordert die Heratellnng desselben besondere Sorgfalt. Das äblicbste Material dafür sind Cha- mottesteine, seltener natürlich Torkommende feuerfeste Steine. Die Steine werden genau zusammen gepasst (am besten zusammen geschlif- fen) nnd mit möglichst wenig Bindemittel vermauert, welches zweck- mSssig aus gemahlenen Abföllen der Steine mit etwas feuerfestem Thone vermischt besteht. Je schwächer die Fugen ausfallen , desto besser hält das Mauerwerk, denn da das benutzte Bindemittel im Allgemeinen weni- Fig. SI7.

ger wideratandsföhig gegen die Hitze ist, als die Steine selbst, so pflegt an den Fugen das Wegschmelzen bu beginnen; nnd wenn dieselben so dick mit dem Bindemittel verstrichen sind, dass eine wirkliche LOcke entsteht, so wird nicht allein der Znsammenhang des Manerwerks ge- lockert, sondern auch die Fläche fOr den Angriff des Schmelzens erheb- lich vergrSssert. Es würde deshalb durchaus onzulfissig sein, wenn der Maurer den Stein, wie es bei gewöhnlichem Manerwerke üblich ist, in eine dicke Schicht des Bindemittels einbetten wollte; man taucht densel- ben vielmehr nur in die dünne breiartige Masse ein, reibt ihn auf seiner Unterlage fest nnd passt in gleicher Weise einen Stein neben den andern.

Da jede ^forderlich werdende nene Ausföttemng des Ofena erbeh- Uche ArbeitalöhDe and UaterialanfirMid erheischt , so pflegt das beste

feuerfeste Material anch das relativ hilligste ztt sein. "Eb sei jedoch hier- bei die Bemerknng gestattet, dass aach die Güte der feaerfcBten Steine insofern dn relativer Begriff ist, als dieselbe zam grossen Theile von der Art der Verwendung abhängt. Ein Material, welches in Schachtöfen

252 HenJflammöfen.

sieb als ausgezeichnet bew&hrt, kann nnter Umstinden im Flammofen in Folge der ToUstäadig verachiedenen EinflOsae eich nor als mittelrnftamg erweisen und umgekehrt. Deshalb ist eine Prüfung der Steine mit besonderer Rücksicht auf die jedesmalige Verwendung erforderlich, beror ein Urtheil über ihre Beechaffenheit möglich ist.

Weder eine sehr geringe, noch eine übermässige Stärke des Futtars ist von Vortheil. Fratere macht ein Öfteres Auswechseln erforderlich, womit jedesmal ein Verlust an Material verbunden ist, da natürlicher- weise die Steine niemals völlig weggesohmolzen werden dürfen; letztere hat bei längerer Benutzung eine mehr und mehr fortschreitende Aende- mng der Ofenabmessungen durch Wegschmelzen zur Folge, die eine Fig. 219.

Grenze erreichen kann, wo eine neue Ansfuttemng erforderlich wird, ohne dass die Steine bereits an und für sich unbrauchbar geworden wären. Der etwa erhoffte Vortheil aber, durch dickeres Futter nnd dickere Ausseuwäude die Wärmeausstrahlung zu mindern, wird immerhin durch den Umstand zum Theil ausgeglichen werden, dass die dickeren Steine bei ihrer verhältnissmätaig grossen Wärmecapacität auch eine beträcht- lich grössere Wärmemenge verschlncken, bevor der Ofen die zum Schmel- zen erforderliche Temperatur erlangt, und dass diese Wärme völlig ver- loren ist, sobald der Ofen kalt gelegt wird, wie es besonders bei den Oiessereiflammöfen meistens nach einmaligem Schmelzen zu geschehen pflegt. Deshalb dürften die oben gegebenen Ziffern für die Stärke des Futters als Grenzwerthe zu betrachten sein.

Einbau, 253

In dem Futter und Rauhgemäuer werden die durchgebenden Oeff- nungen zum Einbringen, Schüren, Abstechen etc. ausgespart.

Ton den Seitenwänden des Futters wird die gewölbte Decke des Ofens, gleichfalls aus feuerfesten Steinen hergestellt, getragen. Die Her- stellung derselben ist bei den Oefen mit gestrecktem Herde einfacher als bei den Sumpfafen, wo sie aus zwei im Winkel zusammenstossenden Bogen besteht und an der Durchschnittslinie derselben, der tiefsten Stelle des Gewölbes oberhalb des Sumpfs, in hohem Maasse der Einwirkung der niedergedrückten Flamme ausgesetzt ist. Es dürfte deshalb die in Fig. 208 auf S. 240 gezeichnete Einrichtung nicht unzweckmässig sein, bei welcher die beiden Bogen sich an dieser Stelle auf einen querlaufen- den Gurtbogen stützen, der aus Steinen mit hindurchgehendem Luffc- canale gebildet ist, um durch hindurchstreichende Luft (die vermittelst einer Esse angesaugt werden kann) eine Kühlung dieser am meisten dem Wegschmelzen ausgesetzten Stelle zu bewirken.

Die Wände des Rauhgemäuers pflegt man bis mindestens zur Höhe des Gewölbescheitels, häuflg noch etwas darüber hinaus, aufzuführen und den dadurch gebildeten Raum oberhalb des Gewölbes mit Sand, Asche oder sonstigen schlechten Wärmeleitern auszufüllen.

Futter und Gewölbe setzen sich bis zum Ende des eigentlichen Ofens fort und gehen dann gewöhnlich in einen aufsteigenden Canal über; welcher frei in die Jßsse hineinragt (s. Fig. 215) und als feuerfestes Fut- ter des untern Theils der Esse betrachtet werden kann. Von dem eigent- lichen Essengemäuer muss dieser Canal in Rücksicht auf seine Ausdeh- nung durch die Wärme ebenso unabhängig bleiben, wie das Futter des Ofens vom Rauhgemäuer desselben.

Die Esse wird deshalb gewöhnlich von einem gusseisernen Rahmen getragen, welcher auf gemauerten oder gusseisernen Pfeilern ruht, und bleibt somit ohne jede feste Verbindung mit dem eigentlichen Ofen , wie aus Fig. 215 ersichtlich ist.

Der Herd des Ofens lässt sich auf mehrfache Weise herstellen. Man kann den Raum zwischen den ümfassungswänden , welche den Fuss des Ofens bilden, mit einem porösen Materiale (Sand, Brocken von Ziegel- steinen oder Chamottesteinen oder dergleichen) ausfeilen, nachdem zuvor gegen den Aschenfall hin eine abgrenzende Querwand gezögen worden ist, und auf diese Unterlage den eigentlichen Herd aus einer mindestens 150 Mm. starken Lage von Masse (feuerfestem Thone mit Quarz- oder Ghamottekömen vermengt) aufstampfen; auch statt der Masseschicbt wohl nur eine Schicht Quarzsand benutzen. Um ein Durchfressen des flüssigen Metalls durch den Herd zu verhüten, bringt man auch wohl unter die obere Schicht eine Lage Chamottesteine auf die vorher ein- gebrachte Unterlage von Sand oder Brocken.

Bei den Bpandauer Oefen, Fig. 215 und 216, dient ein Gewölbe zwischen den Fussmauern zum Tragen des Herdes. Der letztere .besteht

254 Herdflammöfen mit Unterwind.

auB Chamottesteinen. Statt des Gewölbes dienen bisweilen starke gnss- eiseme Platten als Unterlage för den Herd, welche von querlaofenden, auf den Fasswänden nutenden Trägem gestützt werden« Auf den Plat- ten wird der Herd ans Masse, Sand oder feuerfesten Steinen hergestellt, so dass die Constmction der in den Figuren 204 und 205 (S. 227) far einen Tiegelflammofen gegebenen Herdconstmction dadurch ähnlich wird. Um das Mauerwerk gegen das Reissen in Folge der Erhitzung zu schützen und dem Gewölbeschub Widerstand zu leisten, fasst man den Ofen gewöhnlich durch starke guaseiseme Platten ein, welche durch quer- laufende Anker Ih Fig. 215, oben und gewöhnlich auch unten zusammen- gehalten werden, wenn man es nicht vorzieht, sie unten einzumauern. Die Figuren 217, 218 und 219 geben die äussere Ansicht der Spandauer Oefen mit der gusseisemen Umfassung. Um nicht zu grosse Platten zu erhalten, welche sich schwieriger giessen lassen und leichter zerspringen als kleine, lässt man gewöhnlich, wie es auch bei Flammöfen far andere metallurgisc}ie Zwecke üblich ist, die Einfassung an den langen Seiten aus drei bis fünf Paar einzelner Platten bestehen, welche mit ihren senk- rechten Kanten stampf gegen einander stossen oder auch einigen Zwischen- raum zwischen sich lassen können. Eine Verbindung der Platten unter sich durch angegossene, nach aussen gerichtete Ränder mit hindurch- gesteckten Schraubenbolzen , wie man es hier und da findet, ist nicht allein überflüssig, sondern giebt bisweilen bei der Ausdehnung des Ofens sogar zu Brüchen Veranlassung. Zweckmässiger ist es, die Fuge zwischen je zwei Platten durch eine darüber gelegte Eisenschiene zu decken, welche als Ankei-platte dient, so dass die Gusseisenplatten nur durch diese letztere zusammengehalten sind, sich frei ausdehnen und zusammen- ziehen können.

Eine Abart von den bisher besprochenen Flammöfen mit directer Feuerung entsteht, wenn man, statt den Luftzug durch Ansaugen Ter- mittelst der Esse herrorzubringen. Unterwind anwendet, d. h. einen ge- pressten Luftstrom unter den Rost führt, während der Aschenfall luft- dicht abgeschlossen ist.

Es ist zu verwundern , dass über (jiessereiflammöfen mit Unterwind bislang wenige oder gar keine Resultate in die OeffenÜichkeit gelangt sind , und es ist anzunehmen , dass man beti*effende Versuche noch sehr wenig angestellt hat. Nach des Verfassers Ansicht dürfte die Anwen- dung von Unterwind, welche bei Flammöfen für andere Processe (Schweiss- öfen, Glühöfen und anderen) bereits günstige Ergebnisse geliefert hat, bei Giessereiflammöfen schon deshalb vortheilhaft wirken, weil das An- saugen unverbrannter Luft durch die Fugen der ArbeitsthÜren, also auch die Oxydation des Metalls, yerhütet oder verringert werden muss, sobald

Gasfeuerung. 255

die Easrawirkiuig dnroh Anwendung des Cntfirwinds abgeaebwAoht werden kann; eine Eraparwig an Brauustoff ist auMerdem den bei anderen Flamm- öfen mit Unterwind erlangten Reanltaten infolge nicbt nn wahrscheinlich. Biaher scheute man sich jedenfalla vor den Kosten mnes Gebläses mit Windleitung; die Anwendung eines Körting'schen Damp&trahlgeblisesi allen Erfahrungen Bufolge fOr Erseugung von Unterwind Torzüglich ge- eignet, wttrde die Anlage- und Betriebshosten auf ein sehr geringes Ilaass r«duciren, sobald in der Giesserei in der Nähe der Flammofen ein im Betriebe befindlicher Damptkeasel vorhanden ist.

Ein Versuch, Qieesereiflammöfen mit Unterwind sn betreiben, dürfte deshalb im Interesse aller deigenigen (jiessereien liegen, deren Flamm- öfen öfter bcnutat werden und deren innere Einrichtung die Aufstellung eines Damp&trahlgabläBes ermCglicht.

Herdflammöfen mit Gasfenernng.

Die kleinste Art dieser Oefen wird angewendet, um Platin und dessen Legimngen zu schmelien. Ab Brennmaterial dient Wasserstoff- gas oder Leuchtgas; nur Verbrennung Sauerstaffgas, wenn es sich um Erreichung der höchsten Temperatur handelt.

Fig. 220 stellt einen derartigen kleinen, von Deville und Debray constmirten Ofen fOr kleine Mengen (unter 4 Kilogramm) Platin dar. Als pig. 220. Material dient Kalkstein, welcher auf der

Drehbank ausgedreht wird. Der Ofen besteht ans dem Untertheile B, dem eigent- lichen Herde, und dem Deckel Ä. An der Seite befindet sich der Ausguag D zum Entleeren des Ofens und zum Ent- weichen des verbrannten Gases. In dem Deckel ist dsj9 in einem Platinansatze E' E' endigende Kupferrobr ££ be- festigt, durch welches nach dem Oefihen des Hahns JI das Gas anströmt; in dem Bohre EE liegt ein sweites Kupferrohr C, TOni in einem Platinknopfe von 2 j. bis 3 Mm. Durchmesser im Lichten endi-

gend tud mit dem Hahne 0 versehen, welches zur Zuführung des Sauerstoffs dient. Die Schraube P dient zur Befesti- gung Ton C in £ und zur Verstellung der Höhe. Zorn Schmelzen grösserer Mengen' Platin als 4 Kilogramm gebraucht mau den in Fig. 221 (a. f. S.) abgebildeten Ofen. Die Einrichtung des- selban im WeaenUlohen ist die nämliche, wie die des kleinen Ofens; nur

256 HerdÜammöfen.

ist der gröBBere Ofen mit einem Blechmantel und einer Torrichtong zDm Kippen yersehen , nm dits AaagiesHen des Hetallfl ohne Gefahr und ohne Schwierigkeit ausführen zn können.

Es sei nebenbei bemerkt, dass man im Stande ist, in letzterem Ofen in 42 Minuten 11,5 Kilogramm Platin mit einem Verbrauche Ton 1200 Liter Sauerstoffgas zu schmolzen.

Grössere Herdflammöfen mit Gasfeuerung znm Schmelzen von Stahl, Gusseisen, Bronze und dergleichen werden stets mit Generatorgasen geheizt. Bei gewöhnlichen Oefen dieser Art w&rde die innere Ein- richtung sich nur hinsichtlich der Feuerung von der Einrichtung der Oefen mit Rost zu onterscheiden brauchen, indem statt des letzteren Fig. 221,

eine Kammer vorhanden sein mnss, in welcher das Gas mit der Ver- hrennungsluft gemischt wird. Verfasser bekennt, dass ihm Notizen über ausgeführte Anlagen dieser Art nur in sehr geringem Umfange bekannt geworden sind. Hierher gehört ein zu KönigsbtUte in Schle- sien zum raffinirenden Schmelzen von Gusseisen im Jahre 1843 im Be- triebe gewesener Ofen (Eck'acher Feinofen), welcher in Karsten's Archiv fiir Mineralogie etc., Bd. XVH, S. 795, sowie in Wedding's Darstellnng schmiedbaren Eisens, S. 36, abgebildet und ausfOhrlich er- läutert worden ist. Da die ConBtruction jenes Ofens für jetzige Verhält- nisse kaum irgend einen andern als historischen Wertb besitzen kann, sehen wir von einer Wiedergabe jener Abbildungen und Erläntentngen

Siemens'sche Herdflammöfen. 257

ab. Aasserdem ist ein mit Holzgasen betriebener Sampfofen zu Perm za nennen, für den Guss eiserner Kanonen bestimmt nnd von Tann er in seinem Werke: Rasslands Montanindastrie, Leipzig 1871, S. 125, beschrieben.

Wendet man statt der gewöhnlichen Gasfeaerang Siemens^ sehe Regenerativfenerang an, so mOBs sich die Form des Ofens dem Umstände entsprechend ändern, dass der Gasstrom den Herd in abwechselnd am- gekebrter Richtang bestreicht. Der Grundriss und das Yerticalproül er- halten dadarch eine mehr symmetrische Gestalt: in der Mitte liegt der Sumpf für das geschmolzene Metall, zu beiden Seiten die Canäle, welche sowohl zur Einströmung von Gas und Luft, als zur Ausströmung der Yerbrennungsproducte dienen. In einer Berliner Sisengiesserei soll ein derartiger Ofen zum Grusseisenschmelzen eingerichtet worden sein. Nähe- res ist darüber nicht bekannt geworden, yermuthlich weniger aus Furcht vor Concurrenz, als wegen der damit erlangten negativen Resultate. Die Gründe für diese Ansicht wurden theilweise schon früher dargeleg^t. Auch für den beständigen Betrieb einer Eisengiesserei ist ein Flamm- ofen mit Siemens 'scher Feuerungsanlage ein weniger geeigneter Appa- rat und in seinen Leistungen weniger vollkommen als der die unten zu besprechende vierte Gruppe' der Schmelzapparate repräsentirende Cupol- ofen; in solchen Fällen aber, wo der Ofen nach dem Ealtliegen zu einem einzigen Gusse in Betrieb gesetzt wird, leistet ein gewöhnlicher, in sei- ner Anlage billigerer und in seiner Bedienung einfacherer Flammofen mit direeter Feuerung annähernd dasselbe als ein Siemens' scher Ofen, dessen Brennstofferspamiss aus nahe liegenden, schon früher berührten Gründen erst dann zu Tage tritt, wenn in anderen Oefen das Schmelzen bereits sein Ende erreicht hat.

Vereinzelte Anwendung Siemens' scher Flammöfen zum Roheisen- schmelzen findet sich wohl in Verbindung mit Bessern er -Werken, wo also das geschmolzene Eisen nicht zum Giessen, sondern für die Stahl- darstellung verwendet wird. So, nach Grüner, in Terre-Noire. Die Anwendung der Siemens' sehen Feuerung hat hier wenigstens insofern ihre Berechtigung, als das Schmelzen ununterbrochen fortgeht; immerhin zieht man in den überwiegend meisten Fällen auch für den genannten Zweck das Schmelzen im Cupolofen dem Flammofenschmelzen wegen des günstigem Wirkungsgrades des erstem vor.

Weit wichtiger ist aber die Anwendung von Flammschmelzöfen nach Siemens' System in neuerer Zeit für solche Werke geworden, auf denen man in nnonterbrochenem oder doch mehrtägigem Betriebe Abfalle der Stahlverarbeitnng einschmilzt, um daraus Gegenstände zu fertigen, bei denen die durchaus gleichartige Zusammensetzung, wie sie nur der in Tiegeln geschmolzene Gussstahl besitzen kann, weniger schwer in- die Wagschale Wlt Die in einem Flammofen mit direeter Feuerung erreich- bare Temperatur genügt nur unvollkommen zur Durchführung eines sol- chen Gusastahlschmelzens , während die Siemens'sche Gasfeuerung in

I«f4tbar, iD«cbmuiBob-metaIIai|{iBche Technologie. \y

258 SiemenB-Martin-Oefen.

Folge des UmstandeB, daBs dem Ofen ein groBser Thail W&rme durch die Erhitzung von Gm and Luft ohne Vermehrung dee GasqnantmnB zageführt wird, die Möglichkeit gieht, weit höhere Wärmegrade als in jenem herrorzarafen ').

Man nentit diese OefenSiemens-Hartin-Oefen nach den Erfindern der FeaernngBsnlage and des Verfahrens. Da die nämlichen Oefen nicht Fig. 222.

allein znm Einschmelzen von Stahl, eondem vorzugsweise auch cnm Zo- samraenschmelzen von Stahl- nnd Schmiedeeisenbrocken mit Roheisen zn

Fig. 223.

dem Zwecke der Stahldar stell ttng benutzt werden, so gehören sie von diesem Gesichtspunkte aus eher der Eisenhütteakonde als der Technolo-

1) Bekanntlich ist der tbeorstiscbe Wünnegrad bei irgend einer Terbr«n- nnng gleich dem Qaotienten aas der erzeugten WäiTnejnenge dividirt darob dii> Uenge der Verbrenn ungsprodncte mal ihrer specifischen Wärme. Je weniger Verbrenn ungsproducte bei gleicher erzeugter Wärmemenge also erfolgen, desto höher mnas der Wärmegrad sein.

SiemenB-Martin-Oefen, 259

gie an, nnd wir begnügen nns in den Figuren 222 bis 226 Abbildoogen eines derartigen Ofens mit wenigen Erläuterungen zn geben ').

Ea befindet sich in der Mitte des Ofens der Herd, aas Sand herge- stellt nnd von gnsseisemen Platten getragen, an deren unteren Seite die Lnft snr KOblung freien Zutritt hat. Durch senkrechte Canale treten Luft nnd Gas, ans einem Regeneratorpaar aufsteigend, in die Mischungs- Fig. 224.

kammer, streichen brennend Qber den Herd hinweg nnd ziehen schliess- lich am entgegengesetzten Ende des Herdes durch gleiche Canäle nach dem zweiten Regeneratnrpaare ab. An den Langseiten des Ofens befinden sieb ThOren zum Einsetzen des rohen Metalls sowie das Stiohloch, entweder Fig. 225.

sänuntlicb anfeiner einzigen Seite oder, wie in den gegebenen Abbildungen, das Stichloch der Einsatzthür gegenüber. Der Herd ist nach der Seite des StiohlochB hin geneigt, um das Ansäiessen des Metalls za erleich-

I) Wedding, Darstellung des gchmiedbaren EIhus Fig. Ibl bis 155; Beyne nniTCmlle t. 2B, p. ISi, PI. IX.

260 FlammofenschmelzeD, Arbeitsverfabren.

torn. Vor dem Stichloclie ist eine eiserne mit Sfasse ansgeacliliigene Ausflasarinne b angebraclit, durch welche daa Uetoll in die bereit gehal- tenen GaBsformen nbl&nft (Fig. 232 and 223).

Die Aoordnang der Citn&le für Gas nsd Luft sowie der Wechsel- veutile dQrfte ans den Figuren 224, 225 and 226 TerstSodlich sein.

Der mittlere der unter jedem Ventile befindlichen drei;CanSle dient in allen Fällen zur Fortf^hmog der verbrauchten Gase nach dem Schom- steine, welche bei der in Fig. 225 gezeichneten Stellung der Ventile dnrcb die beiden äusserstAn rechts und links gelegenen Can&le Ton den Begeneratoren herzuströroen ; wird nmgeschaltet, d. h. die Ventilklappen um 90 Grad gedreht, so dienen jene Canäle zur Zuleitung von Gas nnd Luft nach den Regeneratoren, während die verbrauchten Gase durch die beiden innersten Canäle davon gefithrt werden.

Werkzeuge beim Flammschmelzofen.

Dieselben bestehen vornehmlich ans breiten Schanfeln zum Einsetzen der Metallatücke; aus schmiedeeisernen Stangen (Spiessen oder Spetten) von verschiedener Länge, an dem vorderen Ende verstahlt, theils meissel- artig zugeBchärft (BrechBtangen , Ueisselspiesse) znm Losbrechen und Wenden der am Boden festschmelzenden Metallstücke, tbeils mit Spitze znm Oeffnen des Stichs; aas starken hölzernen Stangen bei Legirnngen znm Umrühren nnd Polen.

Das Arbeitsverfahren heim FlammofenBchmelzen

beruht auf dem Einsetzen, dem Schmelzen und dem Abstechen. Das Ein- setzen geschieht entweder, bevor der Ofen angefeaert worden ist, nnd

Wirkungsgrad der Herdflammöfen. 261

zwar befolgt man diese Methode als die bequemere stets dann, wenn eine Oxydation weniger zu befürchten ist; oder man setzt erst ein, wenn der Ofen zar Schmelztemperatur erhitzt worden ist. Schmilzt man mehrere Metalle zu Legirungen zusammen, so pflegt man auch hier wie beim Tiegelschmelzen das bei höherer Temperatur schmelzende Metall zuerst einzuschmelzen und dann dem Metallbade das vorher angewärmte leichter schmelzbare (und leichter flüchtige) Metall (Zinn, Zink, Blei) zuzusetzen. Während des Schmelzens wird die Sohle des Herdes mit der Brechstange untersucht, ob nicht Stücke Metalls festgeschmolzen sind, und es werden dieselben in diesem Falle sofort losgebrochen und umgewendet.

Ist das sämmtliche Metall in Fluss gekommen, und hat man sich durch eine genommene Probe von der richtigen Beschaffenheit überzeugt, so schliesst man, bevor zum Abstiche geschritten wird, sämmtliche Thüren und giebt kurze Zeit recht intensive Hitze, um das Metall in die zum Giessen erforderliche Temperatur zu versetzen. Das Oeffnen des Stichs geht meistens ohne Schwierigkeit durch Fintreiben der spitzen Eisen- stange in das mit einem Thonpfropfen verschlossene Stichloch vor sich; nur wenn bei kaltem Gange des Ofens sich metallische Ansätze gebildet haben, wird ein Losmeissein derselben durch Ansetzen der geschliffenen Meiaaelspiesse und kräftige Hammerschläge auf den Kopf derselben er- forderlich.

Wirkungsgrad der Herdflammöfen.

1. In Eönigin-Marienhütte gebraucht man in dem in Fig. 212 auf S. 245 akizzirten Ofen zum Einschmelzen von 5000 Kilogramm Roheisen, welches in grossen Blöcken (Ausschuss- und Bruchstücken) eingesetzt wird, 800 Kilogramm böhmische Braunkohle von der auf S. 217 gegebe- nen Zusammensetzung nebst 1700 Kilogramm Zwickauer Steinkohle mit 4 Proc. Asche, 4 Y^ Proc. Wasser und einer Wärmeleistung von 7300 Wärme- einheiten.

800 Klgr. Braunkohlen geben Wärme 800 X 4820 = 3 856 000 W.-E. 1700 Klgr. Steinkohlen geben Wärme 1700 X 7300 = 12 410 000 W.-E.

Summa 16 266 000 W.-E.

5000 Kilogramm Boheisen enthalten im geschmolzenen Zustande 5000 X 250 = 1 250 000 Wärmeeinheiten, also Wirkungsgrad

._ J^50000 _ 16 266 000

Obiger in Königin-Marienhütte stattfindende Brennstoffverbrauch würde noch etwas günstiger ausfallen, wenn das Roheisen in kleineren Stücken zum Schmelzen gebracht werden könnte. Er entspricht trotz- dem dem durchschnittlichen Brennstoffverbrauche der meisten gut con- stmirten Flammöfen mit directer Feuerung zum Roheisenschmelzen. Erheblich günstigere Resultate dürften kaum irgendwo nachgewiesen

262 Herdflammöfen.

worden sein. Unter ungünstigen Yerbältnissen , woza besonders eine nnzweckmässige Ofenconstruction und kleines Gewicht des Einsatzes im Yerbältniss zur Grösse des Ofens zu rechnen ist, steigt dagegen der BrennstofiVerbraucb auf 75, mitunter sogar bis auf 100 Kilogramm Stein- kohlen per 100 Kilogramm zu schmelzenden Eisens, und es yerringert sich demnach der Wirkungsgrad des betreffenden Ofens; doch das sind Fälle, die nicht als Regel, sondern als Ausnahme gelten sollten.

Zur Berechnung des Wirkungsgrades der Spandauer Bronze- Schmelzöfen wurden auf Ersuchen des Verfassers durch die königliche Direction der Geschützgiesserei folgende Ermittelungen veranlasst.

Erster Versuch. Es wurden 10 600 Kilogramm Bronze mit 10 Proc. Zinngehalt zu einem Geschützgusse eingesetzt und geschmolzen. Von der geschmolzenen Bronze, welche zwei angestellten Messungen zu- folge eine durchschnittliche Temperatur von 1530^ C. besass, wurde eine Schöpfprobe im Gewichte von 2,48 Kilogramm in 40 Kilogramm Wasser ge- gossen und erhöhte die Temperatur desselben von 7,5<^R. auf 14,55^ R., also um 7,05<* R. = 8,80 c.; demnach aufgenommene Wärme des Wassers 40 X 8,8 = 352 Wärmeeinheiten. Hierzu die Wärmemenge, um 2,48 Kilogramm Bronze von Nullgrad auf 18^ C. (14,55<^ R.)^ zu erwärmen, welche bei der specifischen Wärme der Bronze = 0,0913 vier Wärme- einheiten beträgt, giebt als Totalmenge der von 2,48 Kilogramm flüssiger Bronze aufgenommener Wärme 356 Wärmeeinheiten; also von 10 600 Kilo- gramm 1 621 612 Wärmeeinheiten ^).

Verbraucht wurden lufttrockenes Kiefernholz 12 Kubikmeter ä 304 Kilogramm = 3648 Kilogramm, 1 Kilogramm Holz besitzt bei 1 Proc. Asche und 18 Proc. Wasser eine Wärmeleistung von circa 3500 Wärme- einheiten, demnach Wirkungsgrad des Ofens

1621612 ^- ,^

^==3648 X 3500 = ^>^^^

Zweiter Versuch. 9600 Kilogramm Bronze inSpähnen wurden ge- schmolzen, davon 1,633 Kilogramm in 40 Kilogramm Wasser gegossen, dessen Temperatur dabei von 6,50R. auf 11,7»R., also um 5,2» R gleich 6,5» C. stieg, während zwei Temperaturmessungen des Metallbades eine durch- schnittliche Temperatur desselben von 1623^0. ergaben. Hieraus ergiebt sich die Totalmenge der von 9600 Kilogramm Bronze aufgenommenen Wärme

r6,5 X 40 , ^^ ^ 1

I ^ g33 + 0,0913 X 14,6 9600 = 1540 800 Wärmeeinheiten»).

1) 1 Kilogramm Bronze enthielt also 143,5 Wärmeeinheiten. Bei der Be- rechnung ist angenommen, dass die Bronze mit einer Temperatur von NuUgrad eingesetzt worden sei; da das Schmelzen im Winter geschah, dürfte diese An- nahme nicht erhehlich von der Wahrheit abweichen.

2) 1 Kilogramm flüssige Bronze enthielt 160,5 Wänneeinheiten,Durch8clmitts- resultat beider Versuche für die bei der Giesstemperatur der 10 Proc. Zinn haltenden Bronze von derselben aufgenommenen Wärme 157 Wärmeeinheiten.

Wirkungsgrad. 263

Verbraucht wurden 15 Gnbikmeter = 4560 Kilogramm Holz, also Wir- kungsgrad des Ofens

1 540 800 ^ = 4560 X 3500 = ^'^^^-

Aehnliche Resultate liefert der in Fig. 213 skizzirte Bronzeschmelzofen des Herrn F. A. Bierling. Man gebraucht, um 2500 Kilogramm Bronze zu schmelzen, 3 Cubikmeter Holz, also pro 100 Kilogramm Bronze 0,12 Cubikmeter, was dem Spandauer Holzyerbrauche zum Geschützgusse gleich kommt.

Die in Spandau angestellten Temperaturmessungen geben uns einen Fingerzeig für die Ursachen der ungünstigeren Resultate des dortigen zweiten Schmelzens. Je höher ein Metall erhitzt wird, je mehr sich seine Temperatur also derjenigen der wärmeabgebenden Factoren nähert^ desto langsamer findet Wärmeaustausch statt, desto mehr Wärme entweicht ungenutzt und desto ungünstiger wird sich der Wirkungsgrad des Ofens beziffern. Bei dem ersten Schmelzen war das Metall auf 1530^ bei dem zweiten auf 1623^, also fast 100^ höher, erhitzt. Hierbei waren aber, was ausdrücklich henrorgehoben zu werden yerdient, dem ersten Metallbade bereits 2080 Kilogramm, dem zweiten Metallbade 3600 Kilogramm kalter Metallspähne zur Abkühlung der überhitzten Bronze zugesetzt worden (welche in dem angegebenen Einsätze inbegriffen sind); bei dem relativ grossem Zusätze, welchen das zweite Metallbad erhielt, ehe es auf 1623^ abgekühlt worden war, lässt sich mit Sicherheit schliessen, dass die Tem- peratnrdifferenz vor dem Zusätze eine noch beträchtlichere als 100^ ge- wesen sein muss.

Unter demselben Umstände leidet jedenfalls auch der Wirkungsgrad der Eisenschmelzöfen (vergL Ermittelung 1), welche gewungen sind, ihr Metall auf noch höhere Temperaturen als jene Bronzeschmelzöfen zu erhitzen.

Als Durchschnittsresultat der Ermittelungen sub. 1 und 2 ergiebt sich ein Wirkungsgrad der Herdflammöfen mit directer Feuerung:

E = 0,097.

3. Grüner giebt an, dass bei dem schon erwähnten Siemens'schen Flammofen zu Terre-Noire während eines ununterbrochenen Betriebes zum Schmelzen von 100 Kilogramm Roheisen 20 Kilogramm Steinkohlen, bei einem Gasofen mit Ponsard' scher Feuerung^) die gleiche Menge Steinkohlen mit einem Aschen- und Wassergehalte yon in Summa 10 Proc. Terbraucht werde. Die nutzbare Leistung jener Kohlen wird

^) Ueber Poniard'Bohe Feuerungsanlagen siehe: Dingler's polytechni- flcbes Journal Bd. 219, S.125; Wedding, DarsteUnng des schmiedbaren Eisens 8. 716; Kerl, Grandriss der Eigenhüttenkunde , Leipzig 1875, S. 805. Wir werden bei Besprechmig des Schweissens tmd Glühens der dehnbaren Metalle eingehender anf diese Feaenmgen zurückkommen.

264 Cupolöfen.

sich auf annähernd 7000 Wänneeinheiten bezi£fern; demnach Wirkungs- grad der Oefen

100 . 260 ^

20 X 7000

Dieser erheblich günstigere Wirkungsgrad jener Gusöfen mit Sie- mens'scher oder Ponsard* scher Feuerung im Vergleiche zu dem Wir- kungsgrade der Oefen mit directer Feuerung rührt aus zwei Ursachen her; erstens aus der den beiden ersteren Feuerungssystemen eigenthüm- lichen Ausnutzung beziehentlich Zurückführung der abziehenden Wärme, die aber erst nach Ifingerm Betriebe zur Geltung kommt, zweitens aus dem Fortfallen derjenigen Brennstoffmenge während des ununterbroche- nen Betriebes, welche bei einmaligem Schmelzen zum Anheizen des Ofens bis zur Schmelztemperatur des Metalls verbraucht wird und nach ange- stellten Ermittelungen 26 bis 33 Procent der für ein einmaliges Schmel- zen erforderlichen totalen Brennstoffmenge zu betragen pflegt.

Vierte Gruppe. Schaclitöfen im engem Sinne

oder Cupolöfen.

Wie der Name andeutet, besteht der Schmelzraum des Ofens ans einem Schachte mit senkrechter Achse. Oben ist der Schacht offen, und diese Oeffnung heisst die Glicht. Das zu schmelzende Metall wird in abwechselnden Schichten mit dem Brennmateriale in die Gicht eingeftült; Verbrennung und Schmelzung finden im untern Theile des Schachtes statt, die Yerbrennungsgase steigen aufwärts, um aus der Gicht zu entwei- chen, die Schmelz- und Brennmaterialien sinken in Folge der unten thätigcn Vorgänge allmälig abwärts und werden so lange durch frisch aufgeschüttete ersetzt, als das Schmelzen dauern soll. Diese entgegen- gesetzte Bewegungsrichtung der Schmelzmaterialien also der wärme- aufnehmenden Körper und der Verbrennungsgase -^ also der wärme- abgebenden Körper ist von grosser Wichtigkeit für den Wirkungs- grad des Ofens. Sie ermöglicht es, einen grossen Theil der aus dem eigentlichen Schmelzraume im untern Theile des Ofens abziehenden Wärme durch die niedersinkenden Schmelzmaterialien wieder zurück- führen zu lassen, und hat also eine ganz ähnliche Wirkung wie die Sie- mens^ sehen Regeneratoren; aber erreicht dieses Ziel in viel einfacherer Weise.

Das geschmolzene Metall sammelt sich entweder in dem untern Theile des Schachtes, den man in diesem Falle den Herd nennt, und welcher natürlich unterhalb der Einströmungsöffnungen für die Ver- brennungsluft liegen muss; oder in einem besondem, durch einen Ganal mit dem Schachte verbundenen Sammelraume, welcher alsdann Vorherd genannt wird. Durch das am tiefsten Punkte des Herdes beziehentlich

Allgemeines. 265

Vorherdes aagebrachte Stichloch wird schliesslich das Metall abge- lassen.

Als Brennmaterialien dienen wie bei allen Schachtöfen vorwiegend verkohlte Brennstoffe: Holzkohlen oder häufiger Koks. Rohe Brenn- materialien würden die Gefahr nahelegen ^ dnrch starke Gasentwickelung eine übermässige Spannung, auch wohl Explosionen im Schachte hervor- zurufen und dadurch den Betrieb zu stören, magere Steinkohlen würden leicht zerdrückt werden, fette zusammenbacken und zu Versetzungen im Schachte Veranlassung geben. Der grössere Schwefelgehalt aber der rohen Steinkohlen im Vergleiche mit dem Schwefelgehalte der aus ihnen dargestellten Koks würde leicht nachtheilig auf die Beschaffenheit des Metalls wirken. Deshalb ist die Verwendung roher Brennstoffe beim Gupolofenbetriebe äusserst selten und beschränkt sich höchstens auf einen Zusatz derselben zu den verkohlten.

Aus dem oben allgemein geschilderten Vorgange beim Schmelzen in Schachtöfen folgt, dass das Metall ununterbrochen bis nach beendigter Schmelzung in innigster Berührung mit dem Brennstoffe bleibt. Diese Berührung und deren Einfluss auf das Metall ist um so wirkungsreicher, weil das letztere gezwungen ist, bei dem Schmelzen Tropfenform anzu- nehmen und so, also mit ausgedehntester Oberfläche, über die weiss« glühenden Kohlenstücke hinabzusickem. Da ferner die Schmelzung na- tnrgemäss in einiger Entfernung oberhalb der Lufteinströmungsöffnun- gen stattfindet, so bleibt das niederträufelnde Metall auch in gewissem Maasse der Einwirkung der noch unverzehrten Verbrennungsluft, in allen Fällen der Verbrennungsgase Kohlensäure, Eohlenoxyd, Stickstoff ausgesetzt, sofern es nicht durch den Brennstoff vor dieser Einwirkung geschützt wird. Diese Thatsachen beschränken in grossem Umfange die Zahl der im Cupolofen schmelzbaren Metalle. Alle leicht ozydirbaren und leicht flüchtigen Metalle, alle diejenigen, welche leicht Gase lösen (wozu sich bei der Vertheilung des Metalls in Tropfenform die reich- lichste Gelegenheit bietet), oder solche, welche durch die Berührung mit glühendem Kohlenstoff beeinfiusst werden können, dürfen nicht im Cupol- ofen geschmolzen werden. Demnach ist das Kupfer und dessen Legirun- gen, das Zink, Zinn, Blei, Nickel, Silber, der Stahl vom Schmelzen im Cupolofen ausgeschlossen; sehr werthvoUe Metalle, wie z. B. Gold, schmilzt man aber schon deswegen nicht im Cupolofen, weil die Eigenthümlich- keiten dieses Schmelzapparats immer schon die Verarbeitung grösserer Mengen, als sie von jenen Metallen überhaupt verwendet werden, erfor- dern, und weil geringe mechanische Verluste an Metall beim Cupolofen- schmelzen kaum vermieden werden können. Als einziges im Cupolofen mit gutem Erfolge schmelzbares Metall bleibt demnach das Gusseisen übrig, dessen physikalische Eigenschaften weniger durch die Berührung mit dem Brennstoffe, den Verbrennungsproducten und der atmosphärischen Luft beeinfiusst werden, auch wenn geringe chemische Aenderungen nachweisbar sind, und bei dem man von vornherein durch Auswahl ge-

266 Cupolöfen.

eigneter Sorten auf die Wirkung jener Einflüsse Rücksicht nehmen kann. Weiss man z. B. aus Erfahrung, dass ein Theil des Siliciumgehalts des Gusseisens heim Cupolofenschmelzen verschlackt wird, so ist nichts leichter, als durch Wahl eines entsprechend siliciumreicheren Roheisens zum Schmelzen das richtige Product zu erzielen.

Da aher unter den giessharen Metallen das Gusseisen in weit grösse- rem Umfange benutzt und geschmolzen wird, als sämmtliche übrigen Me- talle und Legirungen zusammengenommen, so bildet der Cupolöfen, ob- schon nur für dieses einzelne Metall verwendbar, doch unter sämmtlichen Schmelzapparaten den am häufigsten benutzten.

Die Yerbrennungsluft wird dem Ofen durch Gebläse zugeführt. Ein vor mehreren Jahren in England durch die Gebrüder Woodward in Manchester bei mehreren ausgeführten Anlagen angewendetes System, durch Einblasen eines Dampfstrahles in den verengten Schornstein des Ofens Luft durch den letztem hindurchzusaugen , so dass derselbe ge- wissermaassen ein Dampfstrahlgebläse in grossem Maassstabe dar^ellt, verdankte den im Anfange theilweise gefundenen Anklang wohl mehr der Originalität des Gedankens als wirklicher Zweckmässigkeit.

Als Gebläse dienen Centrifugalgebläse (Ventilatoren) oder noch besser gut construirte Eapselgebläse (Roots'sche Ventilatoren). Wenn man hier und da Cylindergebläse angewendet oder als zweckmässigste Gebläse für Cupolöfen empfohlen findet, so ist das wohl aus früher er- örterten Gründen eine Verkennung der Wirkung eines solchen Gebläses bei niedrigen Windpressungen und der Ansprüche, welche ein Cupolöfen an die Leistung des Gebläses stellt.

Da der einzige Zweck des Cupolofens eine Erhitzung des Metalls auf die Giesstemperatur ist, so kommt es beim Cupolofenschmelzen dar- auf an , das vorhandene Brennmaterial in solcher Weise zu verbrennen, dass die grösstmöglichste Wärmeentwickelung innerhalb des Schmelz- raums erreicht wird; oder mit anderen Worten, dass eine völlige Ver- brennung durch atmosphärischen SauerstofiP innerhalb des Ofens bewirkt wird. Hierdurch unterscheidet sich der Cupolöfen zum Roheisenschmel- zen wesentlich von dem Hochofen zur Roheisen dar Stellung; in letzte- rem dienen die Brennmaterialen als Reductionsmittel und eine vollstän- dige Verbrennung derselben durch atmosphärischen Sauerstoff würde den Hochofenprocess unmöglich machen.

Da bei vollständiger Verbrennung von Kohlenstoff Kohlensäure, bei unvollständiger Kohlenoxyd gebildet wird, und beide Gase mit dem Stickstoff der Luft aus der Gicht entweichen, so giebt das Verbältniss zwischen der in den Crichtgasen vorhandenen Kohlensäure zum Kohlen- oxyd einen Maassstab zur Beurtheilung der Ausnutzung des Brennstoffs. Wenn bei voUem Betriebe des Ofens (also mindestens 20 Minuten nach dem Anblasen) Kohlenoxyd in so reichlicher Menge vorhanden ist, dass das Gasgemenge lebhaft brennt, so kann man mit Sicherheit den SohluBs ziehen, dass entweder eine falsche Ofenconstruction , eine unrichtige

Brennmaterialien. 267

Betriebsfühning oder die Benutznng nn geeigneter Brennmaterialien Torliegt.

Ans diesem Grunde sind alle Notizen über Verwendung der Cupol- ofengichtgase zu FeuerungBzwecken , wie man sie selbst noch in ganz modernen Lehrbüchern findet, yöllig gegenstandslos. Vorschläge zur Benutzung der Brennkrafb der Cupolofengichtgase sind ein eben solches Unding als es etwa ein Vorschlag sein würde, .wie man den aus undichten Stellen eines Dampfcylinders entweichenden Dampf nutzbar machen könnte.

Die Erfahrung lehrt nun , dass jene Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlensäure, welche das Hauptziel bei jedem Gupolofenbetriebe sein muss, um so vollständiger erreicht wird, je grosser das Verhältniss der Oberfläche der eingeblasenen Verbrennungsluft zu der Oberfläche des Brennstoffs ist; also

je dichter, weniger porös der letztere ist;

je weniger gepresst und je mehr yertheilt die Lufb mit den Kohlen in Berührung gelangt. Hieraus folgt zunächst, dass dichte, feste Koks das geeignetste Brenn- material für Cupolöfen sind. Mit Holzkohlen ist es wegen ihrer porösen Beschaffenheit äusserst schwierig, wenn nicht unmöglich, eine ToUstän- dige Verbrennung zu erreichen, da die anfänglich gebildete Kohlensäure rasch wieder reducirt wird. Cupolöfen, mit Holzkohlen gespeist, geben deshalb, wie wir es auch schon bei den Tiegelschachtöfen gesehen haben, eine weit ungünstigere Leistung als mit Koksbetrieb. Die früher vielfach gehegte Ansicht, dass die Anwendung von Koks zum Schmelzen nachtheilig auf die Beschaffenheit des Eisens wirke, kann zwar insofern Begründung haben, als einestheils das kohlensäurereichere Gasgemisch der Koksschmelzöfen leichter oxydirend wirkt als die kohlenoxydreicheren Gase der Holzkohlencupolöfen; sodass also, wenn man ein reines, silicium- armes, bei Holzkohlen erblasenes Boheisen einschmilzt, durch Oxydation des geringem Siliciumgehalts ein nachtheiliger Einfluss auf die Eigen- schaften, insbesondere den Graphitgehalt und die davon abhängige Be- arbeitnngsföhigkeit des erfolgenden Gusseisens geübt wird; und als andern- theils eine Aufnahme von Schwefel aus dem Brennmateriale wenigstens möglich ist. Diese TJebelstände lassen sich aber ohne Schwierigkeit ver- meiden, indem man bei der Wahl der einzuschmelzenden Eisensorten von vornherein auf jene stärker oxydirenden Einflüsse der Kokscupol- öfen Bedacbt nimmt, die Anwendung schwefelreicher Koks ausschliesst und den Uebergang von Schwefel an das Gusseisen durch geeignete Zu- schläge (insbesondere Kalk) verhindert, welche eine basische Schlacke mit der Asclie der Koks bilden können.

Ans diesen Gründen würde die Anwendung von Holzkohlen zum Gu- polofenbetriebe nur in solchen gewiss äusserst seltenen Fällen zu recht- fertigen sein , wo ihr Preis sich im Vergleiche mit dem der Koks so viel niedriger stellt, dass die Kosten des unvermeidlichen Mehrverbrauchs dadurch gedeckt würden.

268 Gupolöfen.

Construction der Capolöfen.

Da die Form der Capolöfen eine weit einfachere als die der Herd- flammdfen ist, lassen sich die Regeln für die Constructionsverhältniase derselben auch leichter als bei jenen begründen.

Der Schacht bildet den hauptsächlichsten Theil des Ofens. Der Horizoutalschnitt durch den Schacht zeigt fast immer kreisförmigen Querschnitt aus mehreren Gründen. Die Kreisform besitzt anter allen geometrischen Figuren den geringsten Umfang bei gleichen Flächeninhal- ten; deshalb geben Oefen mit kreisförmigen Querschnitten die geringste Veranlassung zu Wärmeyerlusten durch Erhitzung der Umfassungswände und Transmission durch dieselben. £in kreisförmiger Querschnitt ge- währt aber auch den Yortheil, dass das Aufsteigen der wärmeführenden Gase, welche aus nahe liegenden Gründen stets an dem Umfange zu entweichen streben, an keiner Stelle desselben mehr als an der andern begünstigt wird. Finden sich £cken in dem Querschnitte, so werden die- selben Yon den Schmelzmaterialien unyoUkommen ausgefüllt, die Gase finden dort einen geringem Widerstand, entweichen demnach reichlicher an diesen Stellen and geben weniger Wärme ab.

Ein oblonger Querschnitt kann trotzdem in solchen Fällen zweck- mässig sein, wenn bei sehr grossen Oefen zu beförchten ist, dass es der Yerbrennungsluft bei kreisfömigem Querschnitte anmöglich sein würde, bis in den Mittelpunkt vorzudringen. Man legt dann die Windein- strömungen an die langen Seiten des Ofens und verkürzt dadarch dem Winde den Weg.

Der Yerticalschnitt durch den Ofen zeigt vielfache Abweichungen in der Form des Schachtprofils. Wir werden einzelne derselben sogleich bei Besprechung der verschiedenen „Gupolofensjsteme^ zu erwähnen Ge- legenheit haben. Besonders hat man mehrfach durch Verengung des Schachts im Schmelzraame geglaubt, eine günstigere Wärmeausnatzung herbeizuführen. Diese Wirkung kann wohl nur insofern erzielt werden, als durch jene Verengung ein Vordringen der Verbrennungsluft bis zum Mittelpunkte des Ofens erleichtert wird. Nach den Erfahrungen des Verfassers ist auch bei den Schachtprofilen der Gupolöfen die einfachste Form die zweckmässigste; also eine cylindrische ohne jede Verengung oder eine schwach conische mit dem engsten Durchmesser an der Gicht, wodurch das Aufhängen der Schmelzmaterialien an den Seitenwänden erschwert wird.

Der Durchmesser des Ofenschachts mass in einem gewissen Verhält* nisse zu der Menge des in bestimmten Zeiträumen durchzusetzenden Eisens stehen. Ist der Durchmesser zu gross, so wächst mit demselben der Umfang des Ofens and mit diesem die Wärmeverluste durch Erwär- mung der Wände und Transmission; ist derselbe zu klein, so steigt die Spannung der Gase im Innern des Ofens, das Gebläse muss zur Ueber-

Construction. 269

windmig derselben übermässig in Anspruch genommen werden, die Gase verlassen den Ofen in bocherhitztem Zustande nnd Entführen eine ent- sprechend grössere Menge ungenutzter Wärme.

Man kann rechnen, dass bei Koksbetrieb und richtiger Windf&hrung för jedes Kilogramm stündlich zu schmelzenden Metalls ein Schachtquer- schnitt an der engsten SteUe yon 1 bis IV4 Quadratcentimeter erforder- lich ist. Poröse Koks erfordern grössere Schachtquerschnitte als dichte; überhaupt , je weniger geeignet das Brennmaterial zum Cupolofenschmel- zen ist und je weniger zweckmässig die Ofenconstruction im Uebrigen, desto grösser muss der Schachtquerschnitt sein.

Kleinere Durchmesser als 0,50 m erschweren jedoch die nach jedem Schmelzen vorkommenden Reparaturen des Schachts und das Nieder- gehen der Schmelzsäule in solchem Maasse, dass man jenen Durchmesser als kleinstes zulässiges Maass zu betrachten pflegt.

Je höher der Schacht des Gupolofens ist, desto mehr Gelegenheit finden die aufsteigenden Gase, ihre Wärme an die ihnen entgegen kom- menden Bestandtheile der Schmelzsäule abzugeben. Auch hierbei tritt jedoch eine Grenze ein, über welche hinaus eine Erhöhung des Ofen- schaohts nicht mehr geeignet erscheint; denn einestheils geht der Wärme- ausgleich immer langsamer vor sich, je näher die Wärmegrade der wärmeabgebenden und wärmeaufnehmenden Körper bei einander liegen, je abgekühlter die Gase also bereits sind; andemtheils wächst mit der Höhe des Ofens die Gasspannung im Innern desselben und somit die er- forderliche Leistung des Gebläses; und endlich steigert sich in gleichem Maasse die Schwierigkeit, den Ofen zu bedienen. Eine Höhe des Ofen- schaohtes von mindestens 2,5 m, höchstens 3,5 m oberhalb der Windein- strömungen dürfte als Ghrenze bezeichnet werden können. Bei übrigens richtigen Abmessungs- und Betriebsverhältnissen besitzen die entweichen- den Gase in dieser Höhe des Ofens keine höhere Temperatur als 50 bis 60 Grad Celsius.

unstreitig eine der wichtigsten Aufgaben bei der Construction eines Gupolofens ist die Anordnung der Windeinströmungen. Erwägt man, dass bei der Verbrennung von Kohle zu Kohlensäure 8080 Wärmeein- heiten, bei der Verbrennung zu Kohlenoxyd aber nur 2473 Wärmeeinhei- ten, also nicht einmal der dritte Theil jener Wärmemenge, entwickelt werden, erwägt man ferner, dass bei gleichen Brennstoflen das Ergeh- niss der Verbrennung fast nur von der Art der Windzuführung abhän- gig ist, wie oben bereits erläutert wurde, so wird ohne Weiteres die Wichtigkett einer richtigen Construction derselben erklärlich.

Hieraus ergiebt sich auch, weshalb man im Stande war, mit der Hälfte bis einem Drittel der früher benutzten Brennstoffmenge Eisen zu Bchmelsen , nachdem man auf Grund des oben aufgestellten Lehrsatzes, dass eine grosse Oberfläche des eingeblasenen Windvolumens die voll- ständige Verbrennung befordert, angefangen hatte, den Wind in mög- lichster Vertheilung und mit schwacher Pressung, jedoch in ausreichen-

270 Cupolöfen.

der Menge zur Unterhaltung einer Terhältnissmässig raschen Verbren- nung in den Ofen zu führen. Diese letztere Bedingung erfüllt man durch einen grossen Querschnitt der EinstrÖmungsöfifnungen. Letzterer muBS so beträchtlich sein, dass die durch das Manometer erkennbare Spannung in der Windleitung nicht durch den Ausstromungsquerschnitt, sondern lediglich durch den Widerstand hervorgerufen wird, welchen die Schmelzsäule den im Ofen aufsteigenden Gasen entgegensetzt.

Man findet bei zweckmässig ausgefiUirten Oefen jenen totalen Quer- schnitt der WindeinstrÖmungsö£fnungen mindestens gleich Vs d^s engsten Schachtquerschnitts, gewöhnlich noch reichlicher, nicht selten bis Vs ^^^ Schachtquerschnitts und darüber steigend. Wird diese Bedingung eines grossen Einströmungsquerschnitts erfüllt, und trägt man Sorge, dass der Wind Gelegenheit findet, sich möglichst gleichmässig im Ofen zu ▼ertheilen, so kommt im Grunde wenig darauf an, wie die Einströmungs- öffnungen angeordnet sind. Wir werden unten Gelegenheit finden, eine Anzahl Ofenconstructionen zu beschreiben, bei denen diese Yertheilung in abweichendster Weise bewirkt ist, und welche dennoch gleich befrie- digende Resultate liefern.

Unmittelbar unter den Windöffnungen beginnt ^er Herd des Ofens, unten durch die HerdBohle abgeschlossen. Je höher daher jene Oeffnun- gen über der Sohle liegen , desto mehr Metall kann im Herde gesammelt werden, desto schwieriger ist es aber auch, bei der grossem Entfernung der heissesten Ofenzone yon der Sohle das angesammelte Metall in der erforderlichen hohem Temperatur zu erhalten, und desto grösser sind die Unregelmässigkeiten, welche durch die Abweichungen in dem Höhen- stande des flüssigen Metalls hervorgerufen werden. Zur Vermeidung besonders des letztem Uebelstandes legt man vielfach die Sohle unmittel- bar, d. h. 100 bis 150 Mm., unter die Windeinströmungen und lässt die geschmolzenen Massen sofort in den schon erwähnten Vor her d ablaufen, einen ringsum geschlossenen, tiefer liegenden Behälter, dessen übliche Construction sogleich besprochen werden wird.

Aus dem Bestreben, die günstigste Ausnutzung des Brennmaterials im Cupolöfen hervorzurufen, sind nun eine Anzahl verschiedenartiger Ofenconstructionen oder „Ofensysteme" hervorgegangen, deren bessere sämmtlich in verschiedenartiger Ausführung das Ziel verfolgen, die Zu- führung reichlicher Windmengen in grosser Vertheilung zu ermöglichen. Die haupsächlichsten dieser Ofensysteme sollen in Folgendem ihren Ei- genthümlichkeiten entsprechend charakterisirt werden.

1. Aeltere Cupolöfen, Fig. 227i).

Der Schacht hat cylindrisches, conisches oder auch den Eisenhochöfen ähnliches Profil mit Rast und engem untern Theile. Der Wind wird

*) Unter dem Ausdruck „Aeltere Cupolöfen" sind solche ConstmctioneQ verstanden, welche, bis vor etwa 10 Jahren noch vielfach üblich, jetzt in Folge

Aeltere GonstractioBen. 271

durch eine oder häufiger zvei mehr oder minder enge OeCTnongen ein-

geblsaen. Zn diesem Zwecke ist die Windleitong mit ooniachen, seltener

Pig. 227.

cylindriechen Ansatzstücken a a Düsen versehen, die sich leicht loenebmen lassen, und in die entsprechenden, mit gusseisemen, schmiede- eiaemen oder kapfernen Hülsen den Formen, Windforroen Tersehenen Oeffanngen in der Ofenwand hineinragen. Die Düse ist mei- etena an einem Düsenständer b befestigt, welcher ein teleskopenartiges

ihree hohem BremHtoffverbranchB selten geworden sind. Ton einer Beicbrei- bnng noch ftlterar Formen sehen wir zur Vermeidung nnnäthiger Weitschwei- figkeit ab, welche nur wenigen unserer Leser willkonunen sein dSrfte. Biehe hierüber Dürre, Handbuch dea Eisengiessereibetriebes , Bd. I, S. 310; auch Kerl, Grondriu der Eisenhüttenkunde 8. 323.

272 Cupolöfen.

Zarückziehen derselben gestattet, wenn Reinigungen der Form etc. vor- genommen werden sollen; ansserdem befindet sich an der Bückseite des Ddsenständers in der yerl&ngerten Achse der Düse gewöhnlich ein mit Glas- oder Glimmerplatte versehenes Yisir c c ^) , durch welches das Schmelzen beobachtet, auch nach dem Oeffnen desselben eine Reinigung der Form vorgenommen werden kann, ohne dass man die Düse zurück- zuziehen braucht. Bisweilen und jedenfalls mit gutem Erfolge sind die Oefen mit zwei oder drei Formen übereinander ausgerüstet (wie in der gegebenen Abbildung), um den Veränderungen beim Ansammeln grösserer Eisenmengen Rechnung zu tragen und nicht von vornherein durch zu hoch gelegene und dadurch eine ausreichende Erwärmung des Herdes unmöglich machende Formen blasen zu müssen. Für diese Fälle muss der Düsenständer auch eine Verschiebung in senkrechter Richtung ermöglichen. Man bläst zuerst durch die untersten Formen, während die oberen durch einen Thonp&opfen verschlossen gehalten werden; wenn das Eisen steigt, schliesst man die unteren Formen und legt die Düsen in die zunächst folgenden.

Diese Oefen erfordern im Allgemeinen einen um so hohem Eohlen- verbrauch, je enger die Formen sind. Benutzt man, wie üblich, ein Cen- trifugalgebläse, so nimmt die Menge des gelieferten Windquantums auch bei gleicher Tourenzahl des Gebläses proportional der Grösse des Aus- flussquerschnitts ab, das Schmelzen geht langsam von Statten und, ab- gesehen von der geringem Wärmeentwickelung in Folge reichlicher Eohlenoxydgasbildung sind die Wärmeverluste, durch Transmission auf die gleiche Menge durchgesetzten Eisens bezogen, grösser als bei rascherem Schmelen.

2. Sefström^scher oder S chm ah eT scher Cupolöfen, Fig. 228 (auf den ehemals königlich preussischen Eisengiessereien zu Berlin, Sayn , Glei- witz zuerst in Anwendung). Der Schacht hat gewöhnlich conische Form. Statt der zwei Düsen der älteren Oefen sind 8 bis 16 Windeinströmungen von ä 60 bis 80 Mm. Durchmesser vorhanden. Da die Anbringung von eigentlichen Düsen in dieser grossen Anzahl zu Unbequemlichkeiten führen würde, ist um den Ofen herum ein gusseiserner oder ans Eisen- blech gefertigter, ringförmiger Canal a gelegt, in welchem die durch das Windrohr h kommende Gebläseluft circulirt, um durch die einzelnen OefF- nungen c c in den Ofen zu gelangen; damit nicht diese Oeffnungen zu nahe bei einander zu liegen kommen, hat man sie in zwei Reihen in einem Verticalabstande von etwa 80 Mm. vertheilt, die entweder, wie in der Abbildung, horizontale Richtung haben oder auch beide zusammen in Form einer Schraubenlinie mit zweimaligem Umgange angeordnet sind. Hinter jeder Windöflnung befindet sich in der Aussenwand des

') Glimmerplatten für solche Visire bei älteren und neueren Cupolöfen, jedenfalls ungleich geeigneter als Glasplatten, werden in jeder Grösse und zu billigen Preisen von Max Baphael in Breslau geliefert.

SchmaheTB Ofen. 273

Windcankk ein sm 9&iendes Yisir zur BeobachtuDg nnd ReiniguDg der- Belben.

Man sieht, dass durch diesen schon Tor mehreren Jahrzehuten angewen- deten Ofen Enerst die Aufgabe gelöst Turde, welche allen modernen Con- atmctionen zn Grande liegt, reichliche Windmengen in grosser Verthei- long dem Ofen zuzuführen. Der Erfolg dieser Construction würde ein viel durchschlagenderer gewesen sein, wenn man die errnngenen Yor-

Fig. 22g.

tbeilfl anszunstzea verstanden h&tte. Bei gleichem OnrohmesBer des Schacht« als bei den älteren Oefen erhielt man aber in Folge der günsti- gem und raBcbem Yerbrennung die doppelte bis dreifache Uenge £isen in gleichen Zeiträomen, mit der man nichts anzuiangen wnaste, weil die in den meisten modernen Eisengiessereien getroEFenen Einrich- tungen, rasch grosse Mengen Eisen za vergiessen, nicht vorbanden

Iicdibar, mtchuiiHh-raeUUDrgiKtu Tsclmologie. lg

274 Cupolöfen.

waren '). Snchte man durch verringerte TonrenEafal der GeblAsemuchiae oder dnrcb Verklemenmg der Wind&flhongen , deren DnrchmeaBer bis auf 25 Mm. rerriagert wsrde in beiden Fällen also durch Scbm&lemiig der Windmenge den Scbmelzgang zu rerzOgem, so entsprach eben die Windmenge nicht mehr dem Darchmesaer des Ofens und die erlang- ten Yortheile gingen wieder verloren. Auf den allein richtigen Ge- danken, durch Verkleinerung dea SohachtdurchmcBsen das Schmelzqnan- tum zu Terringem, scheint man nicht gekommen zn sein. So fanden diese Oefen wenig Eingang und sind in der nreprüngliohen Form erst in neserer Zeit hier und da wieder aufgenommen.

Die Fühmng des Winden durch einen ringförmigen Canal um den Ofen an 'der heisseaten Zone deaaelben hat bei diesen wie bei allen' fol- Fig. 220. genden Ofensyatemen neben der Ver-

theilnng des Windes noch den Er- folg, daas der Ofen an dieser Stelle gekühlt , vor rascher Abnntziuig durch Wegschmelzen geschOtet und die dorchgelaagene Wärme von dem Winde anfgenommen und in den Ofen wieder zurückgeführt wird. Die Winderwftrmnng betrSgt nach Beobachtungen des Terfaaseri 60 bia 80" C, nachdem der Ofen längere Zeit (1 bia 2 Stunden) im Betriebe gewesen iat. Die Wirkung iat keine bedeutende, immerhin aber erwäh- nen awerth.

3. Ireland-CDpoIofen,Fig.229, im Anfang der aechziger Jahre die- se« Jahrhunderts dem EngUnder Ireland patentirt and bis jetzt noch in zahlreichen Eiaengiesaereien in Anwendung.

Der Wind tritt durch Bwei ho- rizontale Reihen von Oeffnungen (Formen) in den Ofen, welche 450 bie 750 Um. senkrechten Abatand von einander besitzen, also beträcht- lich mehr ala die Formenreihen des Schmahel'achen Ofena. Der totale Querschnitt derWindformenist gleich

■) Zur Erläuterung hierfür möge die Notiz dienen, daeB man in den m jetiigen Oieaseraien erst dann in Bchmelzen und zu gieesen pflegt, veiin si liehe an einem Tage abzugiessende QuMformen fertig hergestellt aind.

Ireland's Ofen. 275

V4 bis Vs des engsten Schachtquerschnitts, der Querschnitt der sämmtlichen unteren Windformen ist annäbemd doppelt so gross als der der sämmt- lichen oberen; die Anzahl der unteren (3 bis 4) aber halb so gross als die der oberen (6 bis 8). Hieraus folgt, dass der Durchmesser der obern Formen beträchtlich kleiner als der der unteren ausfallen muss. 0£fenbar liegt dieser Anordnung der Windzulässe die Absicht zu Crrunde, Eohlen- ozyd, welches sich Tor den unteren Formen bilden könnte, durch Zufüh- rung einer fernem, stark vertheilten Luftmenge in der höher gelegenen Ofenzone Yollständig zu Kohlensäure zu verbrennen.

Der Schacht ist zwischen den beiden Formenreihen cylindrisch, er- weitert sich unterhalb derselben zu einem geräumigen Sammelherde für die flüssigen Massen, oberhalb derselben durch ein conisches Uebergangs- glied (Rast) zu einem cylindrischen oder nach oben sich wieder verengen- den obern Theile von grösserm Durchmessen Andere Schriftsteller drücken sich bei der Beschreibung des Schachtsprofils umgekehrt aus, indem sie anführen, der Schacht sei zwischen den Formen zusammen- geschnürt Diese Ausdrucksweise ist kaum ganz logisch; denn die Menge des vom Ofen in bestimmten Zeiträumen geschmolzenen Eisens hängt nicht von dem obern oder untern Durchmesser, sondern von dem Durchmesser zwischen den Formen ab, so dass dieser als der normale Schachtdnrchmesser bezeichnet werden muss. Man hat vielfach diese sogenannte Einschnürung des Ofenschachts als ein Mittel bezeichnet, die Temperatur zu steigern tind die Leistung des Ofens zu erhöhen, und hat gerade diese Eigenthümlichkeit des Ireland-Ofens als besonders maass- gebend für die 'unleugbar günstigen Resultate desselben bezeichnet. Diese Behauptung ist nur in sehr beschränktem Sinne richtig. Sofern der Querschnitt der Windeinströmungen und die Menge des zugefuhrten Windes dem normalen Durchmesser des Ofens entspricht, als welchen wir den Durchmesser innerhalb jener Verengung bezeichnet haben, entsteht eine hohe, dem Schmelzgange günstige Temperatur; dieselbe würde aller- dings sinken, wenn man den Ofen erweitem wollte, ohne auch die Wind- menge zu vermehren; der grössere Durchmesser des obern und untern Theüa des Schachts, welcher erst jenen mittlem Theil als „Einschnü- rung" hervortreten lässt, hat aber begreiflicherweise keine Mitwirkung bei der Erzeugung der Temperatur innerhalb der letztem. Man würde durch einen völlig cylindrischen Schacht mit dem kleinern Durchmesser dieaelben Resultate erlangen können, wenn man nur Sorge trägt, durch

diefiem Falle also nur vortheilhafb ist, rasch das erforderliche Eisen zu be- s<-haffeD ; in älteren und auch noch in einigen unter besonderen Verhältnissen arbeitenden modernen Eisengiessereien goss man dagegen jede Gussförm ab, unmittelbar nachdem sie hergestellt war, konnte also nur jedesmal so viel Guss* eisen verwerthen als der betreffende Guss erforderte. Man sparte dadurch an Formkasten und an Platz, schmolz aber unter entschieden ungünstigeren Verhältnissen. '

18

276 Cupolöfen.

entsprechend grössere Höhe einer Verringerung des Schachtvolamens Torznbengen.

Die eigenthümliche Schachtform giebt nun Gelegenheit zur Anbrin- gung des ringförmigen Windcanals in der aus der Abbildung ersichtlichen Art und Weise. Dadurch wird der Schacht gekühlt und der Wind vor- gewärmt. Der Ganal ist durch eine horizontale Scheidewand in eine obere und untere Hälfte getheilt, der Gebläsewind gelangt durch das Rohr c zuerst in die untere Hälfte und aus dieser durch Oefinungen in der Scheidewand, die durch Schieber g g yerschliessbar sind, in die obere. Man ist dadurch in Stand gesetzt, nur durch die unteren Oeffianngen allein zu blasen, was im Anfange des Betriebes zur bessern Anwärmung des Sammelherdes zweckmässig sein kann, oder durch beide Reihen zu- gleich, aa sind Visire mit Vorrichtung zum Oefinen, wie früher be- schrieben.

Der Irel and -Cupolöfen liefert, wie erwähnt, in Folge der zweck- mässigen Anordnung der Windzuf&hrung recht günstige Erfolge hinsicht- lich des relativen Brennstoffverbrauchs, unter allen bis zu seiner Erfin- dung bekannten Ofenconstructionen unleugbar die günstigsten. Die Er- weiterung des Schachts unterhalb der Formen giebt die Möglichkeit, dass man grössere Mengen geschmolzenen Gusseisens ansammeln kann, die obere Erweiterung hat als einzigen Vortheil eine verringerte Gasspannung bei gleichem Ofenvolumen und gleicher Windmenge und deshalb gerin- gere Leistung der Gebläsemaschine.

Die dadurch entstehende Schachtform erschwert aber einestheils durch Aufsetzen auf der Rast das Niedersinken der Schmelzsäule und giebt zu Stockungen Veranlassung; anderntheils sind Beschädigungen des verengten Theils durch Wegschmelzen und mechanische Einflüsse häufi- ger und schwerer zu repariren. Deshalb hat man mehrfach die Ire- 1 and' sehe Windzuführung mit der einfachem cylindrischen oder schwach conischen Schachtform (wie bei dem oben abgebildeten Schmäh ersehen Ofen) combinirt und recht gute Resultate damit erzielt.

4. Krigar-Cupolofen, Fig. 230 und 231, durch H. Krigar (Firma Erigar und Ihssen) in Hannover in den sechziger Jahren eHunden und seitdem durch unausgesetzte Verbesserungen vervollkommnet. Der Wind circuUrt in dem Canale d rings um den Ofenschacht und gelangt durch zwei einander gegenüberliegende senkrechte Ganäle ff in die grossen überwölbten Oeffnungen ii und durch diese in den Ofen. Die Breite jedes dieser beiden Gewölbe nimmt ungefähr Vs bis Ve <^^b ganzen üm- fanges des Ofenschachts im Lichten ein, die Höhe der Gewölbe schwankt zwischen 400 bis 700 Millimeter, je nachdem man das flüssige Eisen im Ofen selbst sammelt oder in einen Vorherd ablaufen lässt. Der Quer- schnitt der beiden Ganäle // zusammengenommen beträgt Vs ^is Va des horizontalen Schachtquerschnitts. Durch diese eigenthümliche Construc- tion wird eine sofortige Vertheilung des einströmenden Windes auf eine grosse Fläche bewirkt, und es entsteht eine sehr intensive Verbrennung,

Krigar's Ofen. 277

ftlso reichliche Wärmeentwickelang. Wenn von anderer Seite die gün- stigen Reraltate dea Erigar-Ofens, insbesondere die Thatsache, dass das niederschmelzende Eisen sehr wenig dnrch Oxydation zn leiden hat, dem Umstände zugeschrieben wird, dasB die weiasgl übenden Koks in die grOBsen Windznlässe hinein vorzarollen pflegen and dort bereits den freien Saneratoff rerbranchen, so bemht eine solche Anschauung doch wohl anf einer Verkennnng des Terbrennnngs- .und Schmelzprooessea, Fig. 230. Fig. 231.

Wie aich an länger beuntzteo Krigar'sohen Cupolöfen an den am mei- sten weggeschmolseneD Stellen zeigt, liegt die Zone der grössten Wärme- entwickelnng also der Verbrennung nicht innerhalb, sondern einige Centimeter oberhalb der Gewölbe.

Der Schacht desKrigar'achen Gapolofens ist mCglichBt einfach pro- Blirt. Die Verengung in dem nntem Schachte des^abgebildeten Ofens rührt nicht etwa ans der Absicht her, dadurch eine besondere Einvir-

278 Copolöfen.

knng auf den SdimelzproceBs berrorziirnfen, Bondem luit allein den Zweck, demjenigen Tbeile des Ofens, welcher dem Wegaclimelsen am meisten aoegesetzt ist, dorch eine grössere Wandstärke längere Dauer zn geben. Haa findet ancb bei anderen Ofensystemen dasselbe Schacbt- profil angewendet, ohne irgend einen andern Gmnd als den genannten.

Eine gleichfalls durch Erigar getroffene VerbeBsemng iet die Ein- richtung des Yorherdea (g in Fig. 230). Eisen und Schlacke fliesaen in denselben dnrcb den in der Äbbitdang ersichtlichen Canal ab, und die Scbmelzsfiule im Ofen bleibt durch den höhern oder tiefem Stand des Fig. 232.

SIetallbades nnbeeinflusst. t nnd S sind Äblassöffnangen fär die auf dem Eisen sich sammelnde Schlacke, p die Aosflnesrinne für das Eisen, r r Visir- nnd ReinigangsöS'nnngen. Krigar giebt seinen Vorherden recht- eckigen Grnndrisa nnd nmgiebt dieselben mit starken gnsseisernen Platten als Rüstung. Zweckmässiger igt Jedenfalls die Kreiaform , welche eines- theils die geringste Anssenfläche besitzt nnd deshalb die geringsten Wärmeverlnste durch Transmission verursacht , andemtheils aber dorch ein umgelegtes schwaches Eesselblech sich in billigerer nnd sicherer Weise zusammenhalten lässt als der viereckte Vorherd durch die sohwe-

Krigar'e Ofen. 279

Platten. Einen Bolchen Capolofen nach Krigar'a Sjriam, aber mit nmdem Vorherde, fOr ein stttndliclieB Schmelzen von 3000 bis 4000 Kilogramm GnsBeiaen geeignet, zeigen die Figuren 232 bis 23& in '/so der wirklichen Grösse >).

Als leiste and in vielen Fftllen recht zweckmässige Eigentbümlich- keit der Krigar'schen Capolofen moas noch die in dem freigelegten Boden dea Ofens angehrachte Klappe it (Fig. 230 und 232) Erw&hnaag finden,

Fig. 234.

welche während deaBetriabes durch einen Voireiber geachloBsen gehalten wird, nach beendigtem Schmelzen aber eine leichte Entleerung des Ofens Ton zorOckgebliebenen Koks und Schlacken ermöglicht.

Der Krigar'ache Capolofen gehört unatreitig. Dank dem unermüd- lichen Bestrebeo seines Erfindere, neue Verbeaserungen anznbringen, zu

*) In Bbenwerk Oroeditz im Betrieb«.

280 Mac Kensie's Capolofen.

den TollkommeiiBtflD Schmelupparaten der Jetztzeit. Er vereinigt mit dem Vortheile einei geringen Telstiren Brennstoffrerbranoha eine rer- hältnissmätsig grosse Daaerhafligkeit, erfordert wenig Bedienung nnd giebt, wie erw&hnt, nur wenig Gelegenheit zn einer OxTdation dee Bchmelzen- den GoBseiBenB, dnrch welcbe dessen Eigenschaften geändert Verden konnten.

5. Uac-Kensie-Ofen, durch die Skizse in Fig. 236 erlfintert. Der ganze untere Theil des Schachts schwebt, von einem nngfönuigen Winkeleisen b getragen, frei über dem Herde nnd giebt dadurch Ranm fOr den ringshemmlanf enden Windeinatrömnngecsnal b. Der Boden liegt, wie bei dem Krigar-Ofen, frei und igt durch eine Klappe geschlossen,

Pig. 236.

deren Scharniere in dd angedentet sind. Dem der Krigar'schen Con- stmction zn Grunde liegenden Bestreben, dem Windstrome eine mög- lichste Vertheilnng zu geben, wird hei diesem Ofen, wie man siebt, in noch ausgiebigerer Weise genügt. Ein Uebelstand ist die jeden&Us geringe Danerfaaftigkeit des schwebenden Theils des Schachts als Folge der auf den untern Eisenring wirkenden EinflSsse. Ahgeschwäcbt werden diese Einflüsse, wenn der untere Theil des Ofenschachts nicht als Sammelraum für doa geschmolzene Metall benutzt wird, sondern mit einem Krigar'schen Vorherde verbunden ist.

Der Mac-Kensie-Ofen ist besonders aufElaen werken der Vereinigten Staaten Nordamerikas (in dem Vaterlande des Erfinders) vielfach in An- wendong, in Dentschland scheint er bislang keine Verbreitung gefunden EU haben ')■

AoBser diesen genannten Capolofensystemen giebt es eine Anzahl Constructionen , die sich nur in unwesentlichen Dingen von diesem oder

I) Den neuesten Hittheilungsn znfolge igt der Mac-Keusie-Ofen in jeaer ursprünglichen Form aach in Nordamerika nicht mehr üblich, was die oben

Einbau der Gupolöfen. 281

jenem äJet beschriebenen Oefen nnterscbeiden , gleichwohl aber unter be- sonderen Benennungen in di« Oeffentlichkeit eingeführt worden sind, sei es AUS ünkenntniss der früheren Constructionen, oder um Capital daraus SU schlagen. ' Hierher gehört z. B. der vor einiger Zeit in mehreren Zeitschriften besprochene Yoi sin 'sehe Cupolofen ^), welcher nichts Ande- res ist als die schon erwähnte Combination d^r Ireland'schen Windzu- f&hmng mit einem einfacher profilirten Schachte, also eine Construction, welche iii Deutschland schon seit langer Zeit ohne besonderes Aufhebens ui Gebranch gewesen ist, und verschiedene andere.

In mannigfaltiger Weise aber lassen sich bei neuen Constructionen die Vorzüge! des einen Ofensystems mit denen eines andern vereinigen, wie es soeben bereits angedeutet wurde. So z. B. kann man selbst- verständlich den Kr igar 'scheu Vorherd nebst Bodenklappe anch bei jedem andern Ofensysteme anwenden, und fälschlicherweise nennt man aach wohl solche andere Oefen mit Krigar'schem Yorherde Erigar- Oefen.

So zeigen uns die Abbildungen Fig. 237, 238 und 239 (a. f. S.) in Vso der wirklichen Grösse einen in Eisenwerk Groeditz erbauten, zum stünd- lichen Schmelzen von ca. 4000 Kilogramm Gusseisen geeigneten Cupolofen. Die Windzuftkhrung entspricht dem Ireland-Ofen mit der Abänderung, dass der Windcanal wie beim Schmäh einsehen Ofen ausserhalb befind- lich ist, einfach profilirter Schacht und Krigar'scher Vorherd nebst Bodenklappe. Das in Fig. 238 und 239 sichtbare, an dem Windcanale angebrachte Rohrstück mit Drosselklappe dient zur Verbindung des untern Canals mit dem obem statt der in der frühem Abbildung eines Ireland-Ofens (Fig. 230 und 231) angegebenen Schieber, welche schwer dicht zu erhalten sind.

Einbau der Cupolofen.

Bei den folgenden Erörterungen mögen die bereits gegebenen Ab- bildungen von Cupolofen als Anhalt dienen.

Das Fundament der Cupolofen wird ohne besondere Abweichungen von den allgemein gültigen Regeln für die Fundamentirung von Bau- werken — gewöhnlich ca. 1 M. tief in den Erdboden eingebaut. Bei

auflgesprochene Ansicht des Verfassers über die geringe Dauerhaftigkeit dessel- ben zu bestätigen scheint. Man hat den ringförmigen Schlitz durch sechs elliptische Einströmungsöfßiungen ersetzt, wodurch der Ofen aber sein Haupt- merkmal verliert und sich langst benutzten Constructionen nähert. Vergleiche Wedding, Das Eisenhüttenwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate Bd. 24 (Jahrgang 1877), 8. 58 (nebst Abbildung des neuern Ofens).

^) Armengaud, Publication industrielle, Vol. 22, pag. 185; daraus in ver* schiedenen deutschen Zeitschriften.

282 Capolöfen.

GapolSfen oboe Vorberd wird auf diesem Fandamente der Sockel s (Fig. 227, 228 and 229) in einer Hebe von 750 bis 900 Um. ron der Ober kante des Erdbodens an gerecbnet ans guten daaerbaften Brocbsteinen Pj^ J3J aafgefübrt. ImGmndrisse

bat der Sockel qoadra- tiaohe, Mcbs- oder acbt- eckige, seltener kretsrnnde Form. Zweckm&ssig ist es, denselben nicbt als mas- airen Maaerkörper, son- dern ringförmig anfzolikb- ren, wie in Fig. 227 nnd 228 angedentet ist, and den im Innern bleibenden boblen Raum mit Sand oder Koblenlöicbe ansza- iiUlen. Man vermeidet dadorcb weit leicbter die Entstehung von Rissen. Zum Scbntze gegen Äussere Beschädigungen nmgiebt man den Sockel gewöbn- licb mit gnsseisemen Plat< ten, die am geeignetsten ebne sonstige Terbindang nnter einander nur dnrcb zwei nmgelegt« schmiede- eiserne Bänder sosammen gebalten werden , damit sie bei der Erwärmung sieb frei aasdebnen kännen nnd bei Bescbädignngen leicbt answecbseln lassen. Anf den Sockel legt man gewöhnliob eine starke gusseiseme Platte als Unterlage fQr den Schacht

Giebt man den Oefen

einen Vorberd, so baut

man zuniobst diesen auf

einem Sockel auf, wie ans

den Abbildungen ersichtlich ist, nmgiebt ihn mit einer UmbüUang ans

gaBseisemen Platten oder bei runder Grundform aas zusammengenietete m

Kesselbtecb nnd legt die erwähnte gnsseiserne Platt« anm Tragen des

Einbaa. 283

Ofenschachts mit der einen Seite anf die Küokeowand des Vorherds, mit der andern anf ein Paar gnsseiseme Sänlen m, Fig. 230 etc.

Der Schacht wird durch die ans fenerfoBtem Matariale meistens Fig. 338. Fig. 239.

Chamottesteinen, seltener natürlich vorkommeoden fenerfeaten Steinen hergestellte Schachtmanerang gebildet, welche in fost allen Fällen durch einen Hantel ans Eisenblech von cylindrischer Form, weniger hinfig nnd

284 Cupolöfen.

weniger zweckmässig ans gusseisemen Platten in prismatischer Form eingeschlossen ist Zur hessem Befestigung des Mantels pflegt man die gosseiseme Bodenplatte mit einem angegossenen aufwärts gerichteten Borde zu versehen, an welchem der Mantel durch ein paar Schrauben be- festigt wird. Bei Eisenblechmänteln genügt eine Blechstärke ron 8 bis 10 Mm., nicht selten benutzt man alte Dampfkessel, um aus ihnen einen Cupolofenmantel herzustellen.

Die Wandstärke der Schachtmauerung beträgt nicht unter 150 Mm. und nicht über 300 Mm., wenigstens würde ein Ueberschreiten dieser Grenzen nicht empfehlenswerth sein. Eine zu geringe Wandstärke macht ein öfteres mit Kosten verknüpftes Auswechseln erforderlich, eine zu be- trächtliche Wandstärke gestattet aus dem Grunde keine volle Ausnutzung, weil mit dem fortschreitenden Wegschmelzen der Steine der Durchmesser und somit auch die Betriebsverhältnisse des Ofens mehr und mehr sich von den normalen, beabsichtigten Beziehungen entfernen. Nicht unge- eignet ist dagegen die bei den in Fig. 230, 232 und 238 abgebildeten Oefen getroffene und bereits erwähnte Einrichtung, die Abmessungen der Steine in dem untern Theile des Ofens, wo sie dem Wegschmelzen am meisten ausgesetzt sind, etwas reichlicher, in dem obem kaltem Theile des Ofens schwächer zu nehmen. Dadurch entsteht das im untern Theile verengte Schacbtproiil jener Oefen , welches aber bei längerem Betriebe mehr und mehr in die cjlindrische Form übergeht.

Die in früherer Zeit vielfach gehegte, auf theoretischen Erwägungen fussende Annahme, dass dicke Schachtwände durch verhinderte Wärme- transmission im Stande seien, erheblich brennstoffersparend zu wirken, ist nicht im Stande gewesen, vor den Erfahrungen der Praxis Stand zu halten. Man ist thatsächlich nicht im Stande, hinsichtlich des Brenn- stoffverbrauchs irgend einen zu Gunsten dickerer Schachtwände sprechen- den Unterschied zu bemerken. Deshalb ist es auch überflüssig, wie es ab und an wohl noch geschieht, mehrere concentrische Schächte zur bessern Zusammenhaltung der Wärme anzuwenden, eine Einrichtung, welche, ursprünglich der Construction der Eisenhochöfen entnommen, auch bei diesen mehr und mehr ausser Gebrauch kommt.

Zwischen Mantel und Schachtgemäuer muss ein Zwischenraum von einigen Millimetern Stärke bleiben, damit letzteres sich frei innerhalb des erstem in der Höhenrichtung ausdehnen kann. Dieser Zwischenraum kann mit Sand ausgefüllt werden.

Da der obere Theil des Schachts auch bei geringerer Wandstärke der Steine eiiler seltenem Auswechselung bedarf als der untere, so ist die bei den Oefen Fig. 232 und 238 getroffene Einrichtung recht zweck- mässig, welche eine Auswechselung des untern Theils gestattet, ohne dass der obere mit herausgeschlagen zu werden braucht. Letzterer wird hier von einem aus Winkeleisen gefertigten Ringe getragen, welcher am besten nur lose in den Mantel eingelegt und beim Herausnehmen des untern

Einbau. 285

Schaohta darch ontergeatelltfl Streben gestütst wird, bis der neae Schacht eingeaetst ist.

Bei Auünaaening des Schachts sind dieselbeii Torsich temaassregeln zu beachten, welche bei dem Einbau des feuerfesten Futters für Flamm- öfen Erwähnang fanden.

Um den Schacht gegen BeschfidiguDgen darch das Einwerfen der

Schmelzniat«rialien ed schätzen, declct man denselben schliesslich oben

dnrch eine starke ringförmige Platte ab,

^' welche mit einem Borde über den Mantel

Übergreift.

Um in den Ofen zur Auafühmng von Reparaturen gelangen zu können, und zur Entleerung desselben von zurückblei- benden Eoks and sonstigen erstarrten Massen muss der Schacht wie auch der Vorherd, falls ein solcher vorhauden ist, mit einer Thüröffnung versehen sein, welche wfthrend des Schmelzens durch eingesetzte Chamottesteine nnd eine davor befestigte Thür aas Eisenblech verschlDs- Ben gehalten wird. Die Befestigong der Thür kann in einfacher Weise durah Riegel, Vorreiber oder dergleichen wie in den Figuren 235 und 239 bewirkt werden. Damit ein erwacheener Mann im Stande ist, durch die Thüröffnung einzOBteigen , mnss dieselbe mindestens 360 Mm. breit, 500 bis 600 Mm. hoch sein. In der Tbflr pflegt sich das 60 bis 80 Mm. weite Stichloch und vor demsel- ben die gewöhnlich aus Blech gefertigte und mit feuerfester Masse ausgekleidete Gussrinne zu befinden, in welcher das flüssige Eisen beziehentlich die Schlacke abfliesst. Meistens nietet oder sohraabt man die Rinne an der eisernen Thür fett, BD dasB sie mit dieser vom Ofen entfernt wird.

Bevor der Ofen in Betrieb kommen kann, mnss noch die aus feuerfestem Ma- terials bestehende Sohle desselben, der Herd, hergestellt werden. Ge- wöhnlich besteht derselbe aas einer festgestampften , mindeBtens 70 Mm. ' starken Lage aus feuerfester Masse oder Sand mit thonigem Bindemittel, aoch wohl ans Chamottesteinen , mit einer Neigung gegen das Stichloch so, am das Ansfliessen der flüssigen Schlacke zu erleichtem.

OupolofeneBse,

Bei Oefen mit Torherd erhUt die- ser wie jener eine in solcher Weise her- gestellte Uerdsohle, welche nach jedem Schmelzen reparirt oder erneuert werden

Zn jedem Cnpolofen gehört schliess- lich noch eis Schornstein, nicht sowohl znr Erzeagang von Lnftzng, sondern allein ZOT Abführung der Verbrennongsgase ans dem Gebände. Deshalb ist die Höhe desselben ganz allein von der Höhe des letztem nnd etwaigen polizeilichen Vor- schriften abhängig.

Die Constmction des Schornsteins l&sst sich in Eweierlei Weise ansfOhren. Man kann ihn erstens wie in der Skizze Fig. 240(a.T.S.) unmittelbar auf den Ofen stellen, ihn von diesem tragen lassen, so dass das ganze Gewicht des Schornsteins auf dem Ofen raht. Ist der Ofen mit Blech- mantel Tersehen, so büUt man am besten anch den Schornstein in einen Blechman- tel, welcher eine unmittelbare Fortset- zung des Ofenmantels bildet, und giebt ihm eine kegelförmige Gestalt In dem Fnsse des Schornsteins befindet sich ober- halb des Ofenschachts eine Oeffnnng a zum Einfüllen der Schmelzmaterialien. Diese Constmction, so einfach sie an nnd iur sich ist, hat den Nachtheil, dass der Schornstein jede Bewegung des Ofens bei der Ansdehnnng und Zusamm zieh ung mitmacht, dass femer die bei Beendigung des Schmelzens sich stets entwickelnde starke nnd heisse Flamme, indem sie in dem engen Schornsteine emporbläst, die- sen stark erhitzt und die Anwendung feuerfester Steine für denselben erforder- lich macht.

Bei der zweiten Constmction, durch die Skizze Fig. 241 veranschaulicht, stellt man den Schometein völlig unabhängig vom Cnpolofen auf einen geeigneten Cnterbao. Meist«ns ISsst sich die £in- richtnng recht bequem in der Art and

Winderhitzung. 287

Weise bewerkstelligen, wie sie die Abbildung darstellt. Es ist hier a eine Geb&adewand, hinter welcher die Cnpolöfen aufgestellt sind, h ist ein gusseisemer Rahmen, mit zwei Enden in der Wand a ruhend, wäh- rend die beiden entgegengesetzten Enden durch Säulen getragen werden, an deren Stelle in manchen Fällen eine zweite Gebäudewand dienen kann. Auf dem Rahmep ist der Schornstein aufgeführt. Da zwischen Ofen und Schornstein die frische Luft stets Zutritt hat und sogar an- gesaugt wird, bleibt der Schornstein kalt und kann ganz leicht aus dünnem Ziegelmauerwerk (ca. 120 Mm. stark) aufgeführt und durch einige umgelegte schmiedeeiserne Anker gesichert werden. Die Säulen, welche den Schornstein tragen, können, wie in der Abbildung; gleichzeitig zur Unterstützung der Gichtbühnen benutzt werden. Die (Jnterkante des Schornsteins legt man so hoch über die Oberkante des Ofens, dass das Aufschütten der Schmelzmaterialien bequem von Statten geht, also etwa 1 bis iVa Meter.

Um die umliegenden Theile des Gebäudes vor der strahlenden Hitze zu schützen, welche von der beim Niedergehen der letzten Gichten wachsenden Flamme ausgeht, versieht man den Ofen wohl mit einem Auf- sätze e aus dünnem Bleche mit Futter aus feuerfesten Steinen bis in den Schornstein hineinragend und mit einer Thüröfifnung zur Bedienung des Ofens.

Es sei schliesslich an dieser Stelle noch eine Bemerkung über die. Anwendung erhitzter Gebläseluft für die Gupolöfen gestattet. Als man bei Eisenhochöfen durch Erhitzung des Windes überraschend günstige Resultate hinsichtlich des Brennstoffverbrauchs erhalten hatte, lag der Gedanke nahe, dieses wirksame Mittel auch fär Cupolöfen in Anwendung zu bringen. Da man in damaliger Zeit gegen die Mitte dieses Jahrhunderts nur einen solchen Gupolofenbetrieb zu führen yer- stand, bei welchem eine Menge brennbaren Eohlenoxyds der Gicht entströmte, so war nichts einfacher, als einen eisernen Röhrenapparat für den Wind über die Gicht zu legen und durch die Gichtflamme erwärmen zu lassen. Es ist nicht zweifelhaft, dass sich gewisse Men- gen von Brennstoff dadurch sparen Hessen, wenn auch nicht in dem Maasae wie beim Hochofenbetriebe, wo der erhitzte Wind in ganz anderer Weise wirksam ist. Es stellte sich aber der Uebelstand heraus, dass die Apparate in Folge des häufigen Temperaturwechsels sehr bald undicht wurden, und ausserdem will man eine Verschlechterung der Gusaeisenqualität durch Anwendung erhitzten Windes constatirt haben. Verfasser ist nun zwar der Ueberzeugung , dass letzter Umstand, falls er nicht etwa auf Vorurtheilen beruhte, sich durch einfache Mittel hätte beseitigen lassen; da jedoch richtig gebaute und geführte Gupolöfen über- haupt keine brennbaren Gase mehr entlassen , und da man mit Sicher- heit berechnen kann, dass die Heizung eines Winderhitzungsapparats mit fremdem Brennmateriale beim Gupolöfen nicht lohnend sein würde, 80 sieht man bei jetzigen Anlagen mit Recht von jeder andern Wind-

288 CupolöfeiL

erwärmung ab, als sie in bereits erwähnter Weise durch einzelne Oefen selbst bewirkt wird (Schmahel-Ofen, Ireland-Ofen, Erigar-Ofen).

Di'e Werkzeuge

beim Cupolofenschmelzen sind fast die nämlichen süß beim Flammofenbetriebe. Spiesse mit yerstahlten Spitzen, Brechstangen, eiserne Krücken mit lan- gem Stiele zum Entleeren des geblasenen Ofens; auf der Gicht darf eine Wage ' am besten Decimalwage nicht fehlen, um die Eisengichten abzuwägen, während die Brennmaterialgichten meistens gemessen werden.

Das Arbeitsverfahren.

Wenn der Cupolofen in Betrieb gesetzt werden soll, beginnt man einige Stunden bevor das eigentliche Schmelzen seinen Anfang nehmen soll, mit dem Anwärmen, indem man auf dem Herde ein Feuer aus Holz, Torf q^er dergleichen entzündet. Die Thüren sind währenddem geöffnet oder nur durch eingesetzte grössere Eoksstücke verschlossen, welche der Luft Durchzug gestatten. Nach und nach schüttet man Koks nach und füllt damit den Ofen bis zu etwa einem Drittel, bei niedrigen Oefen bis zur Hälfte seiner Höhe. Vorher schliesst man die Thüren und lässt nur noch durch das Stichloch Luft zutreten. Wenn die Gluth soweit durch- gedrungen ist, dass vor den Windeinströmungsöfi&iungen glühende Koks sichtbar sind, und das Schmelzen beginnen soll, schüttet man nun- mehr abwechselnd Koks und Eisengichten nach, bis der Ofen bis zum Rande gefüllt ist, und kann nun das Gebläse anlassen. Das Stichloch bleibt geöffnet, bis das erste Eisen im Herde erscheint. Man veranlasst dadurch einen Theil der Yerbrennungsgase , durch das Stichlooh zu ent- weichen, wodurch der Herd beträchtlich vorgewärmt und eine schädliche Abkühlung des geschmolzenen Eisens verhütet wird.

Man pflegt mit einer Windpressung von 200 bis 350 Mm. Wasser- säule zu blasen, je nachdem die Leistung des Gebläses eine höhere Pres- sung gestattet und der Schmelzgang mehr oder weniger beschleunigt werden soll. Im Allgemeinen ist aus naheliegenden Gründen der Ofen- gang um so heisser, also die Brennstoffausnutzung um so günstiger, je rascher die Yerbrennung vor sich geht, je mehr Wind der Ofen also er- hält. Zur Ueberwachung der Windznführung dient das Manometer Fig. 242, welches bei keinem Oapolofen fehlen sollte und welches man auf der Windleitung unmittelbar vor dem Ofen anbringt. Auch die Aufstel* lung eines zweiten Manometers in der Gebläsestube ist recht zweckmässig.

Während des Schmelzens schüttet man nun stets frische Mengen von Koks und Eisen nach, sobald die Oberfläche der Schmelzsäule ent- sprechend gesunken ist, zu unterst die Koks, zu oberst das Eisen. Die Grösse dieser jedesmaligen „Gichten^ ist nicht ohne Wichtigkeit Je grösser dieselben bemessen werden, desto tiefer muss die Schmelzsäule

Arbeitsverfahren.

289

Fig. 242.

Binken, bevor Mach aufgegeben werden kann, desto grösser ist auch die Abküblong beim Anfgeben und desto weniger vorgewärmt gelangen

die Materialien in den untern Raum. Man erhält ein zweckmässiges Yerhältniss, wenn man pro 1 Quadratmeter Fläche der Gichtdffnung circa 80 Kilogramm Koks auf eine Gicht rechnet und die Eisenmenge der Leistung des Ofens und der Koks entsprechend bemisst. Bei gut construirten Oefen und dichten Koks mit höchstens 12 Proc Asche kann man durchschnittlich auf 1 Gewichts- theü Koks 15 bis l'6 Gewichtstheile Roheisen setzen.

Beispiel Für einen Ofen mit einer Gicht^ öffiiung von 600 Mm. Durchmesser, also 0,28 Quadratmeter Gichtfläche, würde man die Grösse der Gichten bemessen können:

Koksgichten 0,28 x 80 = 22,4, abgerundet 25 Kilogramm, Eisengichten 16 X 25 400 i).

Jeder Gicht setzt man eine gewisse Menge Kalkstein zu ungefähr 15 bis 20 Proc. vom Gewichte der Koks , um mit der Asche derselben und dem den Roheisenstücken anhaftenden Sande eine leichtflüssige Schlacke zu bilden.

SoU das Schmelzen beendet werden, so hört man mit Aufgeben auf, stellt das Gebläse ab, sobald sich kein Eisen mehr vor den Windformen zeigt, sticht das letzte geschmolzene Eisen ab, öfiFnet die Thür des Ofens oder Yorherds und entleert denselben von den zurückgebliebenen Koks und Schlacken. Dann wird der Ofen bei geöfineten Thüren der Abküh* lung überlassen.

Wie nun das Schmelzen der Metalle in den früher beschriebenen Apparaten Gelegenheit giebt, durch Legirung verschiedener Metalle die Eigenschaften derselben zu Terändem, so ist auch das Schmelzen im Gupolofen ein bequemes Mittel, durch Vermischung verschiedener Roh- eisensorten eine neue Eisensorte darzustellen, deren Eigenschaften den jedesmaligen Erfordernissen entspricht, wie sie aus den Eigenthümliah- keiten jedes Gussstücks entspringen.

Die in der Eisengiesserei zum Schmelzen vorzugsweise benutzten Eisensorten haben folgende allgemeine Benennungen:

^) Es würde yollständig falsch and einer nutsslosen BrennstoITvergeadung gleichbedeutend sein, wenn man, wie es in älterer Zeit geschah, mit einem kleinen Boheisensatze auf die gleiche Menge Brennstoff heginnen und denselben erst nach und nach steigern wollte. Gerade im An&nge des Sohmelzens ver- trägt der Cupolofen den höchsten Eisensatz.

Ledebnr, meebanitch-meUllargiioh« Technologie. |9

290 Gupolöfen.

Koksrobeiseii Nr. I. Grrobkörnig mit reicher Graphitanssclieidazig.

EoksroheiBeii Nr. III ^). Feinkörniger, graphitärmer. Umgeschmol- zen nnd in dünnere Stücke ansgegossen wird dasselbe hart, in grösseren Stücken bei sehr allmäliger Abkühlung behält es seine graae Bmch- fläche und bleibt bearbeitbar.

Koksroheisen Nr. IV (selten yerwendet). Dasselbe zeigt auf dem Brache eine weisse Grundfläche mit dünneren Graphitausscheidungen. Ist für sich verarbeitet hart, spröde.

Vorstehend genannte Boheisensorten werden zum grossen Theile Ton englischen und schottischen Eisenwerken auch nach dem Continente geliefert und nach dem betrefPenden Eisenwerke benannt; z. B. schot- tisches: Coltness, Langloane; englisches: Newport, Claylane, Clarence und andere. Die besseren schottischen Boheisensorten („Marken^) zeichnen sich durch grössere Festigkeit, aber auch hohem Preis vor den genannten englischen Sorten aus.

Holzkohlenroheiden , feinkörnig grau. Besitzt, sofern es nicht aus phosphorreichen Erzen dargestellt war, bedeutende Festigkeit, aber auch grössere Härte als das weniger reine Eoksroheisen (steyrisches , schwe- disches, Harzer Holzkohlenroheisen).

Brucheisen. Man begreift unter dieser Benennung Gusseisenstücke, welche bereits einmal umgeschmolzen worden waren; also zerbrochene Maschinentheile und Geräthe aUer Art, Ausschussstücke, Eingüsse etc. Da das Brucheisen meistens in kleinen Stücken vorkommt , so schmilzt es leicht ein , nimmt reichlich Wärme auf und erhöht dadurch die Tem- peratur des Eisengemisches; auch schreibt man ihm vielfach die Eigen- schaft zu, in Folge des schon durchlaufenen einmaligen Schmelzprocea- ses blasenfreiern , dichtem Guss zu liefern. Beim Ankaufe solchen Brucheisens muss man sich hüten, sogenanntes Brandeisen mit in den Kauf zu bekommen, Gussstücke, welche längere Zeit der Einwirkung der Luft in Glühhitze ausgesetzt worden waren und dadurch chemisch ver- andei*t sind: Boststäbe, Glühcylinder u. v. a. Durch ihre rothe Farbe und ihre eigenthümliche Bruchfläche zeichnen sich derartige Theile sofort von dem normalen Brucheisen aus. Solches Brandeisen kann einen förmlichen Entkohlungsprocess des übrigen Eisens bewirken und darf deshalb, wo sein Zusatz unvermeidlich ist, nur in den kleinsten Mengen zugesetzt werden.

Aus vorstehend charakterisirten Boheisensorten lassen sich für die meisten Fälle geeignete Eisengemische zusammenstellen. Die gewöhn- lichste Aufgabe ist die, ein leicht bearbeitbares, dichtes Gusseisen dar- zustellen. Es genügt dazu eine Mischung von Eoksroheisen Nr. I mit Nr. III oder Brucheisen , in welchem die eine oder andere Art um so mehr vorwaltet, je nachdem das Gussstück stärker oder schwächer in seinen Abmessungen ist, also langsamer oder rascher erkaltet. Für sehr

^) Koksroheiaen Nr. II kommt als solches nicht oder nur äusserst selten in den Handel.

Arbeitsyerfahren. Wirkungsgrad. 291

grosse Stftcke reicht auch wohl Nr. HI allein oder mit Nr. lY vermischt aus. Kommt es auf grossere Festigkeit an , so setzt man Holzkohlenroh- eisen zn; o. s. f.

Um Hartgüsse darzostellen ist gewöhnlich der Zusatz eines weissen Roheisens zn den genannten Sorten erforderlich. Am besten geeignet ist sogenanntes weissstrahliges Boheisen mit reichlichem Man- gan- und Kohlenstoffgehalte, aber frei von Phosphor. Der Zusatz kann bis zu 50 Proc. des ganzen Gemisches betragen, je nachdem das graue Roheisen reicher oder ärmer an Silicium ist und die Härtung tiefer oder weniger tief ausfiallen soll.

Wirkungsgrad der Cupolöfen.

Bei Anwendung mittelguter Koks, z. B. schlesischer Schmelzkoks, mit einem Aschengehalte yon llVs Proc, Wassergehalte von 1 Proc, ist man im Stande, bei richtiger Ofenconstruction und Betriebsführung auf 100 Kilogramm Kokitf mindestens 1500 Kilogramm Roheisen zu setzen und dieses Verhältniss während des Schmelzens beizubehalten. Hiensa kommen noch die zum Anheizen und Füllen des Ofens benutzten Koks. Bei mittelgrossen Oefen pflegt man dazu fär ein einmaliges Schmelzen höchstens 450 Kilogramm Koks zu yerwenden: rechnet man, daas durchnittlioh in einem solchen Ofen 10 000 Kilogramm Roheisen in eineni Schmelzen durchgesetzt werden und hieraus bei 5 Proc. Ab- brand 9500 Kilogramm Gusseisen erfolgen, so erhält man als totalen Koksrerbrauch, um 100 Kilogramm Gusseisen zu schmelzen:

/lOO , 450\ 100

Vir + TOOJ ■9r= ^^ Kilogramm,

ein Resultat, welches dem wirklichen durchschnittlichen Verbrauche der beaaeren Oefen mit raschem Schmelzen thatsächlich entspricht. Nicht selten sind die Resultate noch etwas günstiger.

1 Kilogramm Koks mit llVs Proc. Asche und 1 Proc. Wasser be- ntast eine theoretische Wärmeleistung ^ 0,875 X 8080 Wärmeeinheiten. 1 Kilogramm geschmolzenes Roheisen besitzt nach Früherem 250 Wärme- einheiten, mithin der Wirkungsgrad des Cupolofens

^ 100 X 250 ^no. ,v

^=12 X 0,875 X 8080 = ^''^''>'

1) Will man den Wirkungsgrad noch genauer ermitteln, so kann man eines- theÜi dem Ofen auch diejenige Wärmemenge gut schreiben, welche von den Schlacken aufgenommen worden ist, und ihm andererseits die Wärme zurechnen, welche bei der Verbrennung yon Eisen und Süicinm entwickelt wird. Auf je 100 Kilogninun Boheisen kommt eine Schlackenmenge yon ca. 6 Kilogramm, entstehend aus der Asche der Koks, dem zugeschlagenen Kalksteine, dem an den Boheieenstücken haftenden Sande, den weggeschmolzenen Theüen des Ofens und den oxydirten und yerschlackten Bestandtheilen des Boheisens. Die Wärme,

19*

292 Schmelzöfen.

SoMiissbetrachtimgen.

Stellen wir die in Früherm ermittelten Wirkungsgrade der einzel- nen Schmelzapparate zur hessem Uehersicht einander gegenüber, so ergiebt sich Folgendes:

Wirkungsgrad der Kessel 0,165

Tiegelschachtöfen mit Koksfeuerong 0,035

^ Tiegelherdöfen mit directer Feuerung 0,020

Tiegelherdöfen mit Regenerativfeue-

rung 0,032

Herdflammöfen mit directer Feue- rung 0,104

Herdflammöfen mit Regenerativieue-

rung 0,170

Schacht- oder Cupolöfen .... 0,294

Die durchschnittlichen Wirkungsgrade der einzelnen Schmelzofen* gmppen liegen demnach im Allgemeinen so weit aus einander, dass schon sehr erhebliche Abweichungen Ton den zu Grunde gelegten Betriebs- resultaten der Schmelzöfen erforderlich sind, um den Wirkungsgrad einer Gruppe demjenigen einer andern nahe zu bringen. Am nächsten stehen sich die Wirkungsgrade der Kessel und Herdflammöfen ohne Tiegel; doch sind erstere immer noch erheblich günstiger als letztere, wenn nicht bei diesen Regenerativfeuerung angewendet werden kann. Sehr ungünstig ist die Wärmeausnutzung beim Tiegelschmelzen, die bei Weitem am günstigste Ausnutzung findet im Cupolöfen statt.

Die Ursachen dieser Erscheinungen dürften nicht schwer zu er- kennen sein. Bei dem Tiegelschmelzen ist das gesammte zu schmelzende Metall auf einen yerhältnissmässig kleinen Raum des ganzen Apparats zusammengedrängt. Die Oberfläche des Metalls ist gering im Yergleiche zu der gleichfalls zu erhitzenden Oberfläche des Schmelzofens. Die Wärme- abgabe an das Metall findet nicht direct statt, sondern durch Yermittelung der Tiegel wände und wird dadurch erheblich erschwert. Die Gase des Yer- brennungsprocesses werden, sobald sie durch Abgabe eines Theils ihrer

menge, welche die flüssige Schlacke enthält, beträgt pro Kilogramm nach Minary und B^sal 336 Wärmeeinheiten. Bei Verbrennung von Siliciom zu Kieselsäure findet eine Wärmeentwickelung von 7830 Wärmeeinheiten, bei der Verbrennung von Eisen zu Eisenozydul eine Wärmeentwiokelung von 1200 Wärmeeinheiten pro 1 Kilogramm des verbrennenden Körpers statt. Grüner nimmt an, dass 4 Proc. Eisen und ^/^ Proc. Silicium ozydirt werde, eine Ziffer, die in den meisten Fällen zu hoch gegiiffen ist, wenn man erwägt, dass der durchschnittlich sich ergebende Abgang von 5 Proc zum grossen Theile durch mechanische Verluste, durch den mitgenommenen Sand und dergleichen herbei- geführt ist. Das totale Resultat der Berechnung des Wirkungsgrades wird immerhin durch Berücksichtigung dieser Werthe nicht erheblich verändert

Schlttssbetrachtungen. 293

Wärme an die Tiegel auf eine Temperatur abgekühlt sind, welche immer Doch höher als die Schmelztemperatur des Metalls sein mnss, unbrauchbar für den Schmelzprocess nnd müssen rasch mit noch dem grössten Theile ihrer ursprünglichen Wftrme ungenutzt abgeführt werden. Es ist klar, dass unter solchen Verhältnissen die Wärmeansnutzung nur eine sehr geringe sein kann.

Auch bei den Flammofen mit gewöhnlicher directer Feuerung leidet der Wirkungsgrad unter dem Umstände, dass die Verbrennungsgase iDuerhalb des Schmelzraums nur so viel Wärme abgeben dürfen, um nicht unterhalb des Schmelzpunkts abgekühlt zu werden. Dadurch geht der grösste *Theil der entwickelten Wärme ungenutzt verloren und lässt sich bei den Oefen mit Siemens'scher Regen eratiyfeuerung nur theilweise dem Ofen wieder zuführen. Die durch diesen Umstand hervorgerufenen Wärmeverluste sind begreiflicherweise bei den Tiegelschmelzöfen wie bei den Flammöfen um so höher, eine je höhere Temperatur das Metall zum Schmelzen verlangt; wir finden deshalb, in beiden Apparaten im All- gemeinen eine um so günstigere Wärmeausnutzung, je weniger hoch die Schmelztemperatur des MetaUs ist. Die wärmeabsorbirende Oberfläche des Schmelzapparats ist dagegen bei den Herdflammöfen relativ kleiner als bei sämmtlichen Tiegelöfen, und das Hinderniss, welches die Tiegel- wände der Wärmeabgabe entgegen setzen, fällt bei ersteren vollständig weg; daher ist ihr Wirkungsgrad drei- bis fünffach so günstig als bei letzteren.

Der Yortheil, welchen eine niedrige Schmelztemperatur des Metalls für die Ausnutzung der Wärme bietet, zeigt sich in recht deutlicher Weise bei den Kesseln. Da die in denselben schmelzbaren Metalle bei einer bedeutend niedrigem Temperatur flüssig werden als die Yerbren- nungstemperatur auch eines gering werthigem Brennstoffs beträgt, so ist es möglich, die Wärme der Verbrennungsgase durch grössere Abkühlung reichlicher auszunutzen, und vorzugsweise hierdurch erklärt sich die Thatsache, dass die Kesselöfen, obschon in der Art der Wärmeüber- tragung den Tiegelöfen ähnlich, eine günstigere Leistung als selbst die Herdfiammöfen mit directer Feuerung gewähren.

Der Schachtofen ist endlich der einzige Apparat, in welchem auch die abziehende Wärme in Folge der entgegengesetzten Bewegungsrich- tung Ton Gasen und Schmelzmaterialien in regelmässiger Weise für den Schmelzprocess nutzbar gemacht werden kann, indem sie in stetem Kreisläufe von der Schmelzsäule selbst in den Schmelzraum zurück- geführt wird. Diesem Umstände und der verhältnissmässig geringen Aussen fläche des Ofens verdanken wir den so viel günstigem Wirkungs- grad dieser Apparate.

Mit dem Wirkungsgrade eines Schmelzapparats stehen die Kosten des Schmelzens in annähernd gleichem Verhältnisse. Die Ursachen, wes- halb trotzdem auch die am ungünstigsten arbeitenden Schmelzapparate vielfache Verwendung finden und weshalb der die günstigsten Erfolge

294 Schmelzöfen. Literatar.

liefernde Schachtofen nur allein für OuBseisen benatzt zu werden pflegt, sind grösstentheils in den Eigenschaften der einzehien Metalle begründet und bereits früher besprochen worden. Auch die Menge and die Grösse der za schmelzenden Metallstücke spricht jedoch hierbei mit. Trotz der günstigeren Ergebnisse des Oapolofenschmelzens kann ein Flammofen- schmelzen für Gasseisen dann yortheilhafb erscheinen, wenn grosse Stücke eingeschmolzen werden sollen, deren Zerkleinenmg mühselig sein würde, and die im anzerkleinerten Zustande im Gnpolofen zu langsam schmelzen würden, um nicht durch vorzeitiges Niederrücken eine Ab- kühlang des Schmelzraams unter die Schmelztemperatur und dadurch einen Tölligen Stillstand des Betriebes befürchten zu lassen; selbst ein Tiegelschmelzen kann für Gusseisen als das geeignetste erscheinen, wenn es sich darum handelt, nur wenige Kilogramm des Metalls zu yerflüssigen«

Literatur über Schmelzen und Schmelzapparate.

Karsten, Metallurgie, Berlin 1831, Bd. III, S. 287 ff.

Karsten, Eisenhüttenkunde, Berlin 1841, Bd. III, S. 295 ff.

Wiebe, Die Maschinenbaumaterialien, Stuttgart 1858, S. 485 ff.

Kerl, Metallurgische Hüttenkunde , Freiberg 1861, Bd. I, S. 349 ff.;

Bd. III, S. 345 ff. Guettier, Traite de la fonderie, Paris 1858, S. 113 ff. Dürre, Handbuch des Eiseugiessereibetriebes, Leipzig 1875, Bd. I,

S. 299 ff., Bd n, S. 5 bis 152, S. 277 bis 370. Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, Braunschweig 1876,

S. 606 ff. (Gussstahlerzeugung). Wagner, lieber den Bau von Gussflammofen und deren Betrieb,

Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, Jahrgang

1857, S. 115.

R. Mallet, One some points of Practice in iron founding, Pratical

Mechanics Journal, 3. Serie, Yol. I, p. 354 ff.; Vol. II, p. 229 ff.

4. Das Glessen.

Apparate.

Nachdem das Metall im Schmelzapparate in den flüssigen Zustand übergeführt worden ist, kann das Eingiessen desselben in die vorgerich- tete Gnssform vor sich gehen, wodurch nunmehr in Folge des Erstarrens des eingegossenen Metalls der Process der eigentlichen Formgebung sein Ende erreicht. Nun sind aber die Schmelzöfen, in welchen das Metall verflüssigt wird, stabile Apparate, häufig weit entfernt von dem Platze, wo das flüssige Metall seine Verwendung finden soll, und nur in sehr wenigen Ausnahmefällen ist es möglich, bei dem Entleeren des Ofens das Metall direct in die zu seiner Aufnahme bestimmte Gussform ein- treten zu lassen.

Es bedarf also eines Apparats zur Au&ahme des Metalls , nachdem dasselbe den Schmelzofen verlassen hat, um es entweder sammt diesem Apparate durch fremde Arbeit an seinen Bestimmungsort zu transpor- tiren und dort auszugiessen Pfannen oder Kellen , oder innerhalb des Apparats durch sein eigenes Gewicht in geregelter Weise und be- grenzter Laufbahn dorthin abfliessen zu lassen Sümpfe und Gossen.

Bei den Tiegelöfen ist, wie wir gesehen haben, der Tiegel selbst beweglich und macht dadurch die Anwendung eines besondern Apparats zum Fortschaffen und Ausgieesen des Metalls entbehrlich.

Die Giesspfannen oder Kellen.

Die Giesspfannen sind hohle, aus Schmiede- oder Gusseisen her- gestellte Gefllsse von verschiedener Grösse und einer Form , dass sie sich bequem transportiren und durch Kippen entleeren lassen. Nach der Grösse der Pfannen unterscheidet man:

1. Handpfannen, welche sammt ihrem Inhalte durch eine Person getragen und entleert werden können. Die kleinsten Geräthe dieser Art nennt man richtiger Kellen. Sie sind einer gewöhnlichen Suppen- kelle ähnlich geformt (Fig. 243 a. f. S.), fassen Vs ^^^ ^ Kilogramm Metall und dienen zum Ausschöpfen der in Kesseln geschmolzenen Me- talle, nicht selten auch zum Schmelzen kleiner Metallmengen über einer Gas- oder Spiritusfiamme.

Grössere H&ndpfaniiea werden vorwiegend znm Transportiren toh Gnsseieen in Qewichtsmengen tob 10 bis 15 Eilogramm benutzt, wel-

cbes mftn aus dem Stichtocbe des Ofens in die antergehaltene Pfanne einlftnfen lässt. Dieselben beHtahen ans dem schmiedeeiBemen Stiele nnd der gewAhnlicb halbkagelßnnigen, meistens gescbmiedeten, Kelle, Fig. 244. Sie werden mit beiden Händen erfust und getragen, indem die linke, dnrcb einen Handachah oder ein umgewickeltes Tuch gescb&tzte Hand am Bosgestreckten Arme das nntere Ende, die rechte Hand am eingebo- genen Arme das obere Ende des Stiels erfasst.

2. Gabetpfannen. Sie baben ihren Namen von dem znm Tragen and Kippen dienenden Instnunente, welches Gabel genannt wird. Klei- nere Gahelpiannen pflegt man ans Gasseisen, grössere aus Eisenblech zu fertigen, um an Gewicht zu sparen. 'Der Inhalt derselben ist für 20 bis höchstens 100 Eilogramm berechnet.

Die Form der Gabelpfanne ist gewöhnlich der eines Eimers ähnlich, Fig. 245, seltener halbkugel förmig , an dem obem Rande sind sie mit einer oder auch zwei gegenüberliegenden Tüllen versehen, am das Aus- giessen za erleichtem. Diese Tflllen müssen, wenn sie ihren Zweck er-

Fig. 245, Fig. 248.

fOllen sollen, tief genug eingebogen and nicht zu schmal sein, auch darf die Spitze der Tülle nicht niedriger liegen als der Rand der Pfanne, weil sonst die Pfanne selbst dadurch an nutzbarem Inhalte verliert.

Die zum Tragen dienende Gabel, auch wohl Bügel genannt, ist aas Schmiedeeisen, wie in Fig. 246 oder 247 abgebildet, hergestellt. Der

GiesBpfannen. 297

innere Ring, welcher nch nm den Banoh der Pfanne legt, i>t ans Bterkem Flacheisen gebogen und hat einen solclien DnrchmeBser, dass die hinein- gehängte Pfanne bis etwas Über die Mitte einsinkt, so dass sie beqnem darin getragen and durch Hippen entleert werden kann, ohne dass ein Heraasfallen za befürchten w&re. Die Gabelpfannen werden dnrcb min- destens zwei, hei gr&aseren Gewi chtsmen gen des Metalle dnrch vier bis ■ecba Arbeiter getragen;

3. Erahnpfannen. Dieeelben dienen snm Tnutsportirea nnd Ansgieeaen grftsserer Mengen Metall als 100 Kilogramm mit Hülfe des Krahns. Ihre Fenn ist meistens cylindrisch, häufig mit ansgebanchtem Boden nnd stets mit Tüllen znm Ansgiessen. An den Seiten sind sie mit EWei gegenüberstehenden Zapfen versehen , mit denen sie in einen Tom Krahne getragenen Bügel geh&ngt werden (Fig. 248). Die Zapfen ng. 248.

1

haben an den Enden nerkantig gMchmiedete Ana&ize, über deren jeden eine Hülse sich schieben ISsst, welche wiederum mit einer gabelförmigen Handhabe znm Kippen der Pfanne versehen ist (Fig. 249).

Denkt man sich dnreh die Mitte der beiden Zapfen der Pfanne eine gerade Linie gelegt, so bildet diese die Drehnngsaxe beim Kippen der Pbnne. Das Kippen lässt sich am leichtesten bewirken, wenn die Drehnngsaxe dnrcb den Sohwerpnnkt der Pfanne sammt ihrem Inhalte geht Di« Lage dieses Schwerpunkts verändert eich aber mit der Menge des flüBsigeD Metalls in der Pfanne; nnd da eine und dieselbe Pfanne nicht immer mit der gleichen Menge Metall geftllU ist, sondern die letzt«re sieh nach der GrOsse des Gnssstücks richten mnss, auch beim Äusgiessen •etbst der Schwerpunkt sich verändert, so legt man die Drehungszapfen gern etwaa tiefer, als die Lage des Schwerpunkts bei rdllig gefüllter Pfanne sein würde. Liegt nSmlich die Drehnngsaxe über der Schwer-

298 Das Giessen.

pnnktsaxe, bo moss beim Kippen begreiflicherweise das Gewicht cier Pfanne gehoben werden, liegt sie unter der Schwerpnnktsaze, so befindet sich die Pfanne im labilen Oleichgewichte, so lange beide Linien in einer und derselben Verticalebene liegen, die Pfanne also senkrecht steht; so- bald das Kippen beginnt, hört das Gleichgewicht auf und die Pfanne würde von selbst umschlagen, wenn sie nicht mit Hülfe der angesteckten Gabeln davor bewahrt würde. In beiden Fällen wirkt beim Kippen das Gewicht der Pfanne an einem Hebelarme, Welcher gleich dem Abstände h Fig. 250. (F^fiT* ^^0) Yom Drehungspunkte bis zu der

, durch den Schwerpunkt gelegten Yertical-

y(\i^ ebene ist, und es ist das statische Moment,

N. welches man in dem einen Falle überwinden

^v^^ muss, um die Pfanne zu kippen, und wel- U^ chem man in dem andern Falle entgegen / wirken muss, um ein Umschlagen der

/ Pfanne zu verhüten:

/ M =:^ a sin a . &y

worin a den Abstand des Schwerpunkts

von der Drehungsaxe, a den Drehungswin-

kel,& das Gewicht der Pfanne nebst ihrem

Inhalte bezeichnet.

Werden also a, a und Cr sehr gross, so kann es in dem zweiten

Falle geschehen, dass die vorhandene Krafb nicht mehr ausreicht, die

Pfanne vor dem Umschlagen zu sichern, das Metall also in Folge davon mit

einem Male ausgeschüttet wird, wodurch nicht allein das Gelingen des

Gusses unmöglich gemacht, sondern durch das heftige Umherspritzen

auch Gestindheit und Leben der Arbeiter gefährdet werden können, wenn

die Metallmenge bedeutend war.

Um nun aus zwei Pfannen von gleichem Inhalte, aber verschiedenem Durchmesser, die gleiche Menge flüssigen Metalls auszugiessen, braucht diejenige die geringste Neigung zu erhalten, welche den grossem Durchmesser und die geringere Höhe besitzt, denn die Menge des bei bestimmter Neigung der Pfanne ausfliessenden Metalls ist ann&hemd proportional ihrem Durchmesser. Der Winkel a wächst also mit der Höhe der Pfanne, wenn gleiche Metallmengen ausgegossen werden sollen. Ausserdem aber wird der Werth a, der Abstand des Schwerpunkts von der Drehungsaxe, immerhin um so geringer ausfallen, je geringer die Höhe der ganzen Pfanne ist, bei flachen Pfannen also kleiner als bei hohen. Hieraus folgt nun, dass man zweckmässigerweise, um das Kippen der Pfanne zu erleichtem und die Gefahr für selbstthätiges Umschlagen zu vermindern, die Pfanne um so flacher construiren wird, je grossem Inhalt dieselbe besitzt, obschon die Abkühlung durch die grössere der Luft ausgesetzte Oberfläche mit dem Durchmesser der Pfanne wächst. Für Pfannen von 5000 Kilogramm Inhalt und darüber ist ein m Verhältniss zwischen Durohmesser und Höhe = 4:3

Gieaspfiuineii. 299

oder 6 : 4} Ar veniger gnwse Pfannen nimmt man DurchmeBser and Hdbe gleich; nnd bei den kleinsten Eralinp&nnen kann man obne Ge- fahr die Höhe gtiaaer ab den OarchmeBBer annehmen, wodurch die Con- atmctäoB erleichtert nnd die AoBstrahlnng verringert wird.

Die Krabnpfannen werden fast obne Atunahme nnd jedenfalls am Bweokm&ssigBten aus KesBelblech zusammengenietet. Für kleinere Pfan- nen genügt Blech von 4 bis 5 Mm. Stärke; für grössere nimmt man 7 bis 8 Hm. starke Bleche. Die Zapfen der Pfanne sind geschmiedet nnd entweder mit Laschen an die Pfanne angenietet, oder b% grösseren Pfannen wie in Fig. 248 an einem hob zwei Theilen bestehenden Ringe angeacbmiedet, welcher am die Pfanne gelegt und zusammeDgeBchraobt wird. Dadurch erb&lt gleichzeitig die Pfanne eine grössera Steifigkeit gegen das Ansbanchen. Der Ring wird mit einigen Nieten an die Pfanne befestigt, grosse Pfannen sichert man ausserdem durch zwei krenzfSrmig über den Boden der Pfanne gelegte nnd mit überstehenden Nasen ver- sehen« Bänder vor dem Hinuntermtschen (siehe unten Fig. 252).

Ein gewölbter Bodeu erhöht die Festigkeit, hat aber die Unannehm- lichkeit, dass die Pfanne weniger sicher auf ebenem Boden steht nnd in Sand eingegraben werden mnss.

Dm die beim Transporte firei an dem Erahnbügel hängende Pfanne vor dem Umschlagen zu sicbem, ist die einfachste Torrichtung, die An- bringung zweier kleiner, in Sohamieren beweglicher, gabeliormiger Ueberwürfe, Fig. 251, welche sich Über denBQgel legen und dadurch die Pfanne in senkrechter Lage erhalten.

Der Krahnbügel besteht bei kleineren und mittleren Pfannen am Fig. 351. Fig. 252.

i

300 DoB GiesseD.

einfachBten aaa einem U-fdnnig gebogenen Stücke Btorlran Rundeisens (Fig. 248), an den Enden der Schenkel aafv&rts gebogen, nm die Zapfen der Pbnne xa erfassen.

FOr schwere Pfannen Bchmiedet man den Bügel ans Btarkem Flach- eiaen unter Berfldisichtigang seiner Belastung nnd giebt ihm wohl statt der anfgebogenen Enden ein Schloas mit EeilverBchlaM Fig. 252, am die Pfanne ror dem Heranafallen au sichern, obachon das eigene Gewicht der Pianne anch bei den einfacher gestalteten Bügeln dieses Herausfallen nn mdglicb^acht.

ZorVerhütnog des Unglücks, welches durch ooTOrhergesebeneB Um- schlagen einer sehr grossen, mit flüsBigem Metalle gefüllten, Pfanne entstehen kann, sowie sur sicherem Uandiiabnng des allmftligen Eippena and Ansgiesaens giebt es verschiedene VorsichtBrnaassregeln. Pig. SS3.

Das einfachste Mittel dieser Art ist ein langer Hebelarm, dessen eines Ende mit der Pfanne in Verbindong gesetzt wird, während das andere mit Hülfe einer Zugstange dnrch eine Anzahl Arbeiter gehand- habt wird, Fig. 253. Die Befestigung geschieht durch einen an der Pfanne befindlichen Zapfen, welcher an dem Ringe, der die Drehunga- zapfen tr&gt, angeschweiast sein kann, and einer an dem Hebel be- findlichen ttber den Zapfen geschobenen nnd featgekeilteu Hülse, wie bei den Gabeln an den Drehungszapfen.

Bequemer, wenn anch etwas kostspieliger, iat die Bewegung durch Schnecke und Schneckenrad, wie in Fig. 254 und 255. An dem einen verlängerten Zapfen der Pfanne sitzt das Schneckenrad a , an dem mit Schloas über die Zapfen greifenden BOgel ist das Lager c befestigt, in welchem die Schnecke d gelagert ist. An dem verlftngerten Zapfen der Schnecke greift mit einer Obergeachobenen nnd dnrch KeilTorschlass

Giesepfannen. 301

befestigten Hülse das Erenz e an, durch dessen Drähong du Kippen erfolgt.

Die zum Änigiessen Ton Bessemer-Hetall benntxten Giessphnnen

DDterscheiden eich von den bisher beschriebenen Erahnpraonen dadurch, dass eie am Boden eine Oeffnnng haben, welche durch einen eogeoannten

302 Das Gieseen.

Stopfen mit langem Stiele ventilartig TerschloBsen gehalten wird, sie also nicht gekippt zu werden brauchen, tun entleert zd werden. Eioe Bolche Einrichtung ist jedoch nur da anwendbar, wo das Hetall, wie es beim BesBemer-Proceaee der Fall ist, hoch über Beinen Schmelspnnkt erhitzt ansgegoBsen wird. In gewöhnliehen GieBsereien, wo das Hetall niemala in «inem eo hoch erhitzten Znatande ansgegoBaen werden darf, würde der Sl«pfea eich leicht in der AnaflaBSöffniing feetaetzen oder letz- tere vom erstarrenden Metalle verstopft werden, eine Regnlimng dea ana- flieasenden UetallstromB daher nnmöglich sein.

4. Kipppfannen. Dieselben bilden den Uebergang von den bis- her boBprochenen transportabeln Pfannen zu den feBtatehenden Sfimpfen nnd sind in Fig. 256 abgebildet. Sie werden in Giessereien becntEt, Fig. 356.

welche mit maschinellen Torrichtangen zum Heben nnd Tranaportiren grosser Lasten nur in nnznreicbender Weiae Tersehen sind, wenn ein grösseres Gnssstück an einer Ton den Scbmelsöfen entfernten Stelle inm Abgnase gebracht werden soU. Kipppfannen dienen dann zur Anlnahtne und znm Ansammeln des fiüsaigen Metalls, welches ihnen in Gabelpf&n- nen allnjftlig zugetragen wird; und de mOssen eine solche Form haben, dass sie sich ohne Krahn und ohne Gefahr für plötzliches Umschlagen allmälig entleeren laaaen.

Zu diesem Zwecke sind sie halbkugel- oder oalottenfltrmig gestaltet, an der dem Ausguase gegenüberliegenden Seite mit einem langen Stiele versehen, durch desaen Hebung das Anagiessen erfolgt, w&farend die Pfanne mit dem Boden auf einer Sandnnterlage ruht.

Man fertigt die Eipppfannen gewöhnlich ana Gneaeiaen und armirt sie zur Beseitigung jeder Gefahr beim etwaigen Zerspringen des Guas- eisena mit umgelegten Bchmiedeeiaemen Bändern. Man hat Kipppfannen von ISOO bis 5000 Kilogramm Inhalt.

S&mmtliche beschriebenen Giesapfannen mOssen, bevor sie benutzt werden, einen gegen die Einwirkung des heisBen Metalls schfltzen- den Uebersug erhalten. Je mehr Metall de aufnehmen und je höher erhitzt dasselbe ist, desto sorgfaltiger mnss der Ueberzng hergestellt werden.

Kleine HandpÜanuen brauchen nur durch Lehmwasser gesogen and getrocknet zu werden; grossere Pfannen tZe Gnsseisen werden an ihrer Innenseite 20 bis 30 Mm. stark mit Lehm ausgekleidet, flSr sehr grosse

Sümpfe und Gossen. 303

Pfannen nnd insbesondere fOr solche zu Stahlgüssen benatzt man statt des Lehms fenerfeste Masse. Stets mnss der Ueberzug sorgf&ltig ge* trocknet werden, ehe die Pfannen benutzbar sind. Bleibt etwas Fench* tigkeit zurück, so geräth das Metall in der Pfanne in wallende Bewegung, wird auch wohl herausgeworfen und rasch abgekühlt. Man gebraucht deshalb bei grossen Pfannen die Vorsicht, einige Locher durch den Mantel zu bohren, durch welche der etwa noch sich entwickelnde Wasserdampf Abzug finden kann. Das Trocknen wird über einem Rostfeuer oder durch ein in der Pfaüne selbst unterhaltenes Feuer aus leicht brenn- barem Materiale bewirkt.

Die Sümpfe und Gossen.

Sumpf oder Teich nennt man einen auf der Hüttensohle aufgemauerten oder durch Aufschichtung von Roheisenbarren hergestellten und mit Sand ausgeschlagenen schalenförmigen Behälter für das flüssige Metall zu dem Zwecke, dasselbe anzusammeln und dann durch eine in ähnlicher Weise hergestellte Gosse oder Rinne in einem genau regulirbaren Strome der Ckissform zuzufiOiren. Besonders wichtig sind also diese Sümpfe, wenn es darauf ankommt, das in mehreren Schmelzöfen gleichzeitig geschmol- zene Metall zunächst zu yereinigen.

Zu diesem Zwecke muss also der tiefste Punkt des Sumpfs höher liegen als der höchste Punkt der Gussform , aber auch das Niveau des flüssigen Metalls im Sumpfe niedriger als das Stichloch der Schmelzöfen, damit das Metall von selbst in den Sampf und aus diesem in die Guss- form laufen kann. Man legt also bei Benutzung eines Sumpfs die Guss- form so tief, dass ihre Oberfläche im Niveau der Hüttensohle zu liegen kommt. Es muss femer eine Vorrichtung vorhanden sein, um den Aus- fluss des Metalls ganz abzusperren, oder in beliebiger Menge stattfinden zu lassen.

Der Sumpf, Fig. 257, ist oben offen und hat runden oder länglichen Grundriss. Die Seitenwände müssen stark genug sein, um dem Yer-

Pig. 257.

schieben durch den Druck des Metalls genügend zu widerstehen. An der der Gussform zugekehrten Seite befindet sich eine schmale Anslass- öflnung, welche duroh eine Schutzvorrichtung geschlossen ist nnd geöffnet werden kann« Der Schütz ist aus Gusseisen, mit Lehm sorgfältig be-

304 Das Giessen.

kleidet und an einer horizontülen Stange befestigt, dorch deren Heben oder Senken also der Aasflnas des Metalls aus dem Sompfe regnlirt wird. Durch diese Oeffnnng gelangt das Metall in die schwach geneigte Gosse, welche es der Gtissform znf&hrt.

In ToUständig abweichender Weise als durch die beschriebenen Apparate geschieht der Transport des. flüssigen Metalls durch die beim Lettern gusse benutzte Giesspumpe. Eine kleine Druckpumpe steht innerhalb des mit dem Metalle gefüllten Kessels und drückt bei jedem Niedergange des durch die Hand mit Hülfe eines Hebels bewegten Kol- bens eine entsprechende Menge Metall durch ein kurzes Rohr mit Mund- stück in die vorgehaltene Gussform. Hienron eingehender im speciellen Theile.

ArbeitBverfi&lireiL Das Giessen erfolgt in der schon angedeuteten Weise durch Kippen der Giesspfanne (des Tiegels) oder durch Oeffnen des Schützes. Diese Arbeit muss in solcher Weise ausgeführt werden, dass das Metall in ununterbrochenem Strahle in die Gussform ein- tritt, und dass bei geschlossenen Gussf^rmen der Einguss mit flüssigem Metalle angefüllt bleibt. Die Erfüllung dieser Bedingungen ist um so wichtiger, je höher die Schmelztemperatur des Metalls und je leichter oxydationsföhig dasselbe ist. Vernachlässigt man dieselben, so tritt bei einer Unterbrechung des Metallstrahls eine Oxydation oder Erstarrung an der Oberfläche ein, und es entstehen unganze Stellen, sogenannnter Kaltguss, an welchen das nachfliessende Metall nur über das vorher aus- gegossene hinweg geflossen ist, ohne sich mit demselben zu vereinigen« Daher ist die Ausführung dee Giessens um so leichter, je weniger Ge- lasse in eine gemeinschaftliche Gussform entleert werden sollen; sie ist schwierig, wenn, wie in Gussstahlgiessereien , das Metall aus einer An- zahl kleinerer Gefasse (Tiegel) in einer grössern Gussform vereinigt werden soll. Die Tiegel müssen in solchen Fällen in genau vorgezeich- neter Ordnung und Beihenfolge einer nach dem andern in eine nach der Gussform führende Rinne ausgegossen und das Ausgiessen des folgenden Tiegels stets in dem Augenblicke begonnen werden, wo der vorausgehende fast entleert ist. Zur Ausführung grosser Güsse in solcher Weise, wel- cher die Krupp 'sehe Gussstahlfabrik in Essen zum Theil ihre ausser- ordentlichen Erfolge verdankt, ist ein streng geschultes Arbeiterpersonal unentbehrlich, unter welchem jeder Einzelne mit grösster Pünktlichkeit den richtigen Zeitpunkt zu treffen und jeden Wink des leitenden Mei- sters zu befolgen weiss. /

Eine andere Bedingung für das Gelingen des Gusses ist die Rein- heit der Oberfläche des einzugiessenden Metalls. Fast immer schwimmen

Arbeitsyerfahren. 305

auf derselben, bo lange das Metall sich im Sammeigefasse befindet, ein- zelne fremde Körper, seien es Schlacken vom Scbmelzprocesse , Reste Ton Brennstoffen, Aasscheidungen und Oxydationsprodncte des Metalls selbst. Gerathen diese Körper in die Gussform, so stören sie natürlich die Gleichmässigkeit und Dichtigkeit des Gefüges, wenn sie nicht, was nur ausnahmsweise der Fall ist, Gelegenheit finden, in einem vorhandenen verlorenen Kopfe emporzusteigen. Deshalb wird die Oberfläche des in der Pfanne, dem Tiegel etc. befindlichen Metalls, bevor das Ausgiessen beginnt, sorgfältig von allen jenen fremden Körpern gereinigt, und die sich inzwischen etwa wieder bildenden Ozydationsproducte und Aus- scheidungen werden beim Ausgiessen durch einen Arbeiter zurückgehal- ten. Man bedient sich dazu des „Krampstockes^ , in einzelnen Fällen aus einer hölzernen Latte bestehend i in anderen aus einem Eisenstabe gebildet, welcher an seinem Ende schaufelartig ausgesohmiedet und mit Lehi|} überzogen ist, um jene fremden Körper vor dem Giessen damit über den Band des Gefässes durch Abwerfen zu entfernen und beim Giessen von dem Eintritt in die Gussform zurückzuhalten.

Die schon mehrfach hervorgehobenen Einflüsse der Temperatur des flüssigen Metalls auf das Gelingen des Gussstücks sind wohl zu beachten. Diese Temperatur muss zwar so hoch sein, dass das Metall auch unter den abkühlenden Einflüssen der Gussform lange genug flüssig bleibt, um alle Theile der letztem voll und scharf auszufüllen. Je schwächer also die Abmessungen des Gussstücks sind, desto höher erhitzt muss das Me- tall eingegossen werden; jedes Uebersteigen dieses Maasses der Temjpera- tur befördert aber die Entstehung von Hohlräumen durch Schwindung (S. 93), von Blasenräumen durch Gasentwickelung (S. 102), eines un- gleichartigen Gefüges durch Saigerung bei Legirungen (S. 7 und 110). Ist daher das Metall hoch über seinen Schmelzpunkt erhitzt und eine solche Ueberhitznng wirkt im Allgemeinen günstig für die Eigenschaften des Metalls , so ist vor dem Gusse grosser Stücke eine entsprechende Abkühlung durch längeres Stehenlassen im Sammelbehälter nöthig, be^ ▼or der Gnss beginnen kann. Man unterstützt zweckmässigerweise die Abkühlung durch öfteres Bühren mit Holz- oder Eisenstangen, wodurch zugleich das Entweichen gelöster Gase befordert und der Neigung ge- wisser Legirungen entgegen gearbeitet vdrd, bei ruhigem Stehen zu Unterst specifisch schwerere, zu oberst specifisch leichtere, abweichend xiuammengesetzte Legirungen abzusetzen. Die Farbe des flüssigen Me- talls mnss dem erfahrenen Giesser einen Maassstab geben, wann der für den jedesmaligen Guss geeignete Wärmegrad eingetreten ist.

Je geringere specifische Wärme ein Metall besitzt, je rascher also durch Wärmeentziehung seine Temperatur sinkt, in einem desto höher über seinen Schmelzpunkt erhitzten Zustande kann es begreiflicherweise in die Gassform gegossen werden ohne Gefahr für das Gelingen des Gusses. Zinn besitzt eine ziemlich geringe specifische Wärme (0,05), und lässt sich durch Wärmeentziehung rasch zum Erstarren bringen; hierauf

Z««d6bnr, meohuiisdi-metalliirgische Technologie. 20

306 Das Giessen.

benilien bei Anwendung metallener Gnssformen zwei abweichende Giess- methoden in der Zinngiesserei , welche man Heissguss nnd Kaltgnss nennt. Bei dem enteren ist die Onssform durch Eintauchen in das flüssige Metall Torgewärmt und dasMetaU bedeutend über seinen Schmelz- punkt erhitzt. Sobald aber das Eingiessen beendet ist oder noch während desselben wird die Gussform durch umgelegte nasse Lappen gekühlt. Dadurch bringt man das Metall rings an den Wänden zum Erstarren, während der Einguss noch flüssig bleibt, dem dort befindlichen Metalle also Gelegenheit gegeben ist, die beim Erstarren und Schwinden des Abgusses entstehenden Hohlräume durch Nachfiiessen auszufüllen. Dieses Verfahren wird Yorzugsweise für die Herstellung scharfer und dichter Abgüsse benutzt (Schrauben mit scharfkantigem Gewinde und dergleichen) ; es erhöht durch die rasche Wärmeentziehung zugleich die Härte und Steifheit des Metalls.

Beim Kaltgiessen wird das Metall nur so stark erhitzt, dass es auf der Oberfläche noch keine Anlauflarben zeigt, und in diesem Zustande in die yorher angewärmte Gussform gegossen.

Bei GuBsformen aus bildsamem Materiale und Metallen, die in hoher Temperatur schmelzen (Gusseisen, Gussstahl, Bronze), entweichen aus den Luftcanälen und Windpfeifen beim Gusse brennbare Gase (Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe, Wasserstoff), welche beim Heraustreten durch einen vorgehaltenen brennenden Spahn entzündet werden , um Explosionen zu verhüten, welche durch Ansammeln und plötzliche Entzündung derselben entstehen könnten.

Ist der Abguss mit verlorenem Kopfe versehen (S. 100), so ist fleissi- ges Nachgiessen frischen, heiss^n Metalls in den Kopf durchaus erforder- lich, so lange es noch möglich ist, die zuerst starr werdende obere Kruste mit einem Spiesse zu durchstossen und dadurch Oefinung für das Ein- giessen herzustellen.

Hinsichtlich der Wichtigkeit, welche bei spröden Metallen (z. B. Gusseisen) die Regelung der Abkühlung eines Gussstücks nach dem Gusse zur Vermeidung von Spannungen besitzt, kann auf das früher hierüber Gesagte (S. 97) verwiesen werden.

Je kleiner das Gussstück ist, desto einfacher gestaltet sich im Gan- zen die Ausführung des Giessens und der damit zusammenhängenden Arbeiten; während ein einziger Arbeiter im Stande ist, ohne fremde Hülfe eine grosse Anzahl kleinerer Gnssformen nach einander abzugiessen, müssen zu dem Gusse eines grossen Gussstücks nicht selten zwanzig und mehr Arbeiter angestellt werden, um das Kippen der Giesspfannen, das Abstreichen der Metalloberfläcfae, das Entzünden der entweichenden Gase u. s. w. auszuführen.

Kimstgrifife. 307

Durch gewisse Kunstgriffe beim Giessen lassen sich in einzelnen Fällen £rfolge erreichen, welche auf anderm Wege eine erheblich grössere Menge Arbeit erfordert haben würden.

Giesst man anf eine Stelle eines Metallstücks mit metallisch reiner Oberfläche so lange einen Strahl flüssigen Metalls gleicher Beschaffenheit, bis jene Stelle znm beginnenden Schmelzen erhitzt ist, und lässt dann das znletzt aufgegossene Metall erstarren, so vereinigt sich dasselbe mit dem Torhandenen Metallstücke zu einem Ganzen in derselben Weise als seien beide Theile schon ursprünglich in einem einzigen Stücke gegossen. Es ist dieses der nämliche Vorgang, welcher sich täglich auch bei anderen Körpern beobachten lässt; wenn man Wasser auf Eis giesst , und es mit demselben zusammenfriert; wenn an unseren Kerzen geschmolzenes Stea- rin etc. herabläuft und an dem untern Theile grosse Ansätze bildet u. s. f. In der Metallgiesserei findet dieser Vorgang mehrfache Anwendung. In den Werkstätten der Zinngiesser werden sehr häufig auf diese Weise an Gefasse Henkel angegossen, wenn die Form des Gefässes die Herstellung desselben sammt Henkel in einem einzigen Gusse nicht gestattet, lieber die Einrichtung der hierfür benutzten metallenen Gussformen wurde schon firüher (S. 202) Näheres mitgetheilt. Bei dem Zinn wird ein sol- ches Angiessen einzelner Theile an Torhandene Abgüsse erheblich durch die Leichtschmelzbarkeit und geringe Oxydationsfahigkeit desselben er- leichtert. Weit schwieriger wird das Gelingen, wenn das Metall schwer- schmelzbar und zur Oxydation geneigt ist. Beide Eigenschaften besitzt das Gusseisen, trotzdem gelingt es unter Anwendung besonderer Vor- sichtsmaassregeln, auch an Gusseisenstüoke Theile anzugiessen, wenn sie entweder beim Gusse mangelhaft ausgefallen oder bei der Verwendung beschädigt worden waren und die Anfertigung eines neuen Abgusses er- hebliche Mehrkosten yemrsachen würde. Man nennt in der Eisengiesse- rei dieses Angiessen neuer Theile an bereits vorhandene mit einem nicht gerade gut gewählten Ausdrucke ,Anschweissen".

Den in dieser Beziehung vollkommensten Erfolg zeigt das nicht selten vorkommende Anschweissen eines neuen Zapfens an Stelle eines abgebrochenen an eine grosse Walze für Metallwalzwerke; und es möge deshalb die Beschreibung des Verfahrens hierbei als Beispiel fOr das Ar- beitsverfahren im AUgemeinen dienen.

Ist der Bruch der Walze erfolgt, so ist es zunächst erforderlich, die- selbe bis zur Vornahme der Arbeit an einem trocknen Orte, also nicht etwa im Freien, aufzubewahren, um die Bruchfläche vor Kost zu schützen. Hat sich trotzdem ein Rostüberzug gebildet, so wird er mit Meissel und Feile sorgfältig entfernt. Die Walze wird nun in senkrechter Lage, die Bruchfläche nach oben, in die Dammgrube eingegraben, so dass die Bruchfläche annähernd horizontale Lage Erhält. Vorher ist bereits eine Gussform aus Lehm oder Masse für den anzugiessenden Zapfen nebst ver- lornem Kopfe gefertigt und sorgfaltig getrocknet worden. Für das Gelingen des Ang^essens ist es nothwendig, dass der Durchmesser dieser Gussform

20*

308 Das Giessen.

mindestens 30 Mm. grösser sei als der Darcbmesser des fertig bearbeite- ten Zapfens, dass also die Gassform ringsherum über die Brachfiäcbe vorsteht, weil die Erfahrung lehrt, dass erst in einigem Abstände vom Rande des angegossenen Theils völlige ,ySchweissung'^ stattfindet. Am untern Rande der Gnssform befindet sich eine Oefinung zum Einfliessen und einige Oe&ungen zum Abfliessen des zuerst eingegossenen Metalls, derartig vertheilt und von solcher Grösse, dass beim Griessen das flüssige Metall von der Seite des Eingusses her sich über die Bruchfläche hin vertheilt, diese völlig bespült, aber zugleich rasch auf der andern Seite abfliessen kann, ohne dass an irgend einer Stelle Ansammlungen erkal- tenden Metalls stattfinden können. Die in solcher Weise hergerichtete Gussform wird also an ihre Stelle gebracht, mit Sand umstampfb, und in diesem die Can&le fOr Ein- und Ausfliessen des Metalls angebracht. Selbstverständlich muss in dem Dammgrubensande an geeigneter SteUe ein tiefer gelegener Sumpf zur Aufnahme des abfliessenden Metalls an- gelegt werden.

Man beginnt nun mit dem Erhitzen der Bruchfläche durch ein über der* selben angebrachtes und mehrere Stunden unterhaltenes Holzkohlenfeuer bis zur Rothgluth, dann entfernt man Holzkohlen, Asche u. s. w. und giesst nun in ununterbrochenem Strahle möglichst stark erhitztes Metall in der vorhin beschriebenen Weise über die Bruchfläche hinweg, so lange bis diese an der Oberfläche zu erweichen beginnt. Gewöhnlich ist die drei- bis vierfache Menge Metall von dem Gewichte des anzugiessenden Zapfens erforderlich. Ist dieser Zeitpunkt eingetreten, so verstopft man, ohne das Giessen zu unterbrechen, die Abflussöffnungen, wodurch nun- mehr das Metall gezwungen wird, in der Gussform aufzusteigen und diese anzufüllen. Man bedeckt dann den Kopf mit Kohlenlösche, giesst von Zeit ssu Zeit frisches Metall durch den Kopf nach und lässt langsam erkalten. Der Zapfen wird später auf seinen normalen Durchmesser ab- gedreht. Ist das Angiessen gelungen, so pflegt die Festigkeit an der Verbindungsstelle grösser sls vorher zu sein, so dass ein neuer Bruch an derselben Stelle kaum zu befürchten ist.

Ein Giessverfahren , zur Ersparung von Kernen fär Hohlkörper an- gewendet, ist der sogenannte Schwenk- oderStürzguss. Man giesst die Gussform zunächst, ohne einen Kern einzulegen, mit Metall voll aus, wendet sie nach einigen Augenblicken, wenn man annehmen kann, dass sich rings an den Wänden eine hinlänglich starke Kruste erstarrten Metalls angesetzt hat, der Kern aber noch flüssig ist, derartig um, dass die Mün- dung des zu bildenden Hohlraums nach unten steht, und lässt nun das noch flüssige Metall auslaufen, indem man, wenn es nöthig ist, die vor- handene Kruste an dieser Stelle mit einem spitzigen Werkzeuge durch- stösst.

Dieser Sturzguss findet in der Zinngiesserei bei Anfertigung von Statuetten, ornamentalen und überhaupt solchen Gegenständen öftere An- wendung, für welche ein genau passender Kemkasten schwierig herzu-

Stürzguss. Zinnbrülanten. 309

stellen sein würde, also aaoh bei dem Gosse hohler Knöpfe, £inderservice, Hedkel and dergleichen mehr, wenn es nicht darauf ankommt, dass die Innen- fläche YoUständig glatt und eben sei. Seltener, aber doch in einzelnen Fällen, macht man auch in der Zink-, Bronze- und Eisengiesserei von dieser Griessmethode Gebrauch. So giesst man z. B. in der durch ihre Leistungen auf dem Gebiete des Kunstgusses berühmten Eisengiesserei zu Ilsenbnrg am Harze auf diese Weise Hirschgeweihe , welche statt der natürlichen Geweihe zur Decoration von Jagdhäusern u. s. w. gebraucht werden und, voll gegossen, zu schwer ausfallen würden; das flüssige Me- tall lässt man an der Wurzel des Geweihes auslaufen.

Mit dem Stürzgusse verwandt ist die Anfertigung der sogenannten Zinnbrillanten oder Fahluner Diamanten, ein Arbeitsverfahren, welches schon hier Erwähnung finden möge, obschon, streng genommen, die Beschreibung desselben in das Gebiet der speciellen Technologie ge- hört. Diese zu Theater- und Maskenschmuck benutzten Zinnbrillanten bestehen aus dünnen Metallblättchen in grösseren oder kleineren Flächen, unter verschiedenen Winkeln zusammenstossend und mit ausserordentlich starkem Glänze. Die Legirung zu ihrer Anfertigung besteht aus 3 Thln. Zinn und 2 Thln. Blei. Man benutzt, gewissermaassen als Modell, Glas- körper, facettirt, geschliffen und polirt, welche in die geschmolzene Legi- rung eingetaucht werden. Die Erwärmung der letztern darf nur wenig den Schmelzpunkt übersteigen, so dass beim Eintauchen des kalten Glas- körpers sich an demselben sofort eine erstarrte dünne Kruste bildet, welche mit demselben herausgezogen wird, nach dem Erkalten von selbst abfallt, äusserlich rauh, glanzlos ist, an der Innenfläche aber jenen spie- gelnden Glanz besitzt, welcher ihr die Wirkung eines im Relief geschliffe- nen Körpers verleiht. Ein Giessen im engem Sinne findet also hierbei gar nicht statt.

Die durch Anwendung des Stürzgusses erzielte Ersparung eines Kerns bei dem Gusse von Hohlkörpern hat man in anderer Weise bei Gussstücken mit kreisförmigen Querschnitten Röhren, Gefössen etc. durch den Gentrifugalguss zu erreichen gesucht, jedoch, wie im Vor- aus bemerkt wird, mit weniger genügendem Erfolge. Die Gussform wird mit einem Apparate in Verbindung gebracht, durch welchen sie in rasche drehende Bewegung um ihre Achse versetzt werden kann. Man giesst so viel Metall ein, als zur Erzielung der vorgeschriebenen Wand- stärke erforderlich ist, und setzt den Apparat in Bewegung. Das Metall vertheilt sich vermöge der Centrifugalkraft an den Wänden der Gussform und kommt dort zum Erstarren.

Literatur.

Ueber Geräthe zum Giessen: Dürre, Handbuch des Eisengiessereibetriebes, Bd. I, S. 746 ff. Guettier, Traite de la fonderie, p. 253.

310 Das Giessen. Literatur.

lieber geeignete GieBBtemperatur der Metalle. Künzel, Ueber BroBzeleginmgen, S. 93.

lieber Stürzgnss und Centrifugalguss:

Dürre, Handbuch des EiesengiesBereibetriebes , Bd. II, S. 489 und 500. Karmarscb-Hartig, Mechanische Tecbnologie, 5.Afl.,BdI, S. 97u. 132. Dingler, Polytechnisches Journal, Bd. 114, S. 326; Bd. 141, S. 100.

lieber Zinnbrillanten: Kar marsch -Hartig, Mechanische Technologie, Bd. I, S. 41.

6. üeber die Anlage und Elnriohtnng der Oiegserelen.

Für die Anlage einer jeden Giesserei sie möge sich anf das Giessen Ton Metallen beschränken, die nur einen Kessel fOr den Schmelz- process erfordern, oder aach in höherer Temperatur schmelzbare Metalle in ihr Bereich ziehen liegt die Aufgabe yor, einen yor den Unbilden der Witterung geschützten Raum herzustellen, in welchem die Arbeiten der Giesserei, beziehentlich auch der Formerei, in geordneter Reihenfolge yorgenommen werden können.

Der Raum muss also ringsum geschlossen und überdacht sein, um Regen, Schnee und Winden den Eingang zu yerwehren, er muss yon unten her trocken sein; er muss hell sein, um die oft feinen Arbeiten genau erkennen zu können, er muss dagegen wenn es möglich ist yor den directen Sonnenstrahlen geschützt sein, welche durch Blendung der Augen die Arbeit erschweren und im Sommer oft durch übermässige Wfirme die Arbeiter belästigen.

Die Losung der Aufgabe ist um so leichter, je kleiner der Umfang der Giesserei werden soll, je weniger Arbeit die Herstellung der Guss- formen yerursacht, und je einfacher der Schmelzprocess des zu yergiessen- den Metalls yor sich geht*

Kleine Giessereien für Metalle mit niedrigem Schmelzpunkte be* schränk^i sich auf die Benutzung eines Raums im Wohnhause, in wel- chem ein oder mehrere Kessel zum Schmelzen des Metalls eingemauert sind, während der Arbeiter die yorhandenen constanten Gussformen nur zusammenzusetzen und neben dem Schmelzkessel aufzustellen braucht, um den Guss yomehmen zu können. An den Wänden des Raums pflegen sich Holzgerüste Repoeitorien zu befinden, welche zur Aufbewah- rung der nicht in Gebrauch befindlichen Gnssformen dienen. In sol- cher Weise sind die kleinen Giessereien für Zinn- und Bleiwaaren ein- gerichtet.

Die Anlage wird umfangreicher, sobald die Anfertigung yon Gnss- formen auB bildsamem Materiale erforderlich wird, mit der Giesserei also die Formerei yerbunden ist. Kommt die Nothwendigkeit hinzu, die Guasformen yor dem Gusse zu trocknen, so tritt durch die Anlage der Trockenkammern eine fernere Erweiterung des Giessereiraums hinzu.

Kleinere Gegenstände pflegt man auf gusseisemen Formbänken ein- zuformen, welche dicht unter den Fenstern des zur Formerei benutzten

312 Giessereien.

Raums befindlich sind, am den heÜBten Platz zn der Arbeit des Einfor- mens zu benutzen. Die Formbänke bestehen aus gusseisemen Herdguss- platten, welche in der Höhe von 65 Centimeter auf gusseisemen Böcken aufruhen und festgeschraubt sind. Die Bank ist etwa 2 Meter lang und

1 Meter breit. An den Seiten ist sie durch 'emporstehende GiebelsttLcke aus Gusseisen begrenzt. In den beiden Ecken nach der Wand zu hat der Former seinen Formsand liegen, und zwar in der einen Ecke gesieb- ten, in der andern ungesiebten.

Sind mehrere Formbänke vorhanden, so bilden sie an der Wand des Gebäudes fortlaufend eine zusammenhängende Reihe.

Grössere Gegenstände formt man auf dem Erdboden des Formerei- raums ein. Derselbe muss daher vor allen Dingen eben und trocken sein. Will man für sehr grosse Gegenstände den Unterkasten sparen und direct in den Erdboden einformen, so hebt man wohl auf 1 bis

2 Meter Tiefe den ganzen Erdboden heraus und füllt die Vertiefung mit porösem Formsande aus.

Eisengiessereien , welche sich ihr Roheisen in eigenen Hochöfen er- zeugen, sind bisweilen mit gusseisemen Platten als Fussboden ausgelegt. Man erhält dadurch eine ebene Fläche und den Yortheil, dass von dem beim Giessen vorbeigegossenen flüssigen Metalle nichts verloren gehen kann. Solche Platten pflegt man direct aus dem Hochofen zu giessen und als Roheisen zu betrachten; in Giessereien, welche ihr Roheisen kaufen müssen, ist die Anwendung solcher Platten weniger üblich.

Die Arbeiten des Formens, Trocknens und Giessens kann man ent- weder in einem einzigen Räume vereinigen oder in mehreren Räumen ' getrennt vornehmen. Gussformen in grünem Sande pflegt man in einem und demsellen Räume einzuformen und abzugiessen, um unnöthigen Transport derselben zu ersparen, bei Gussformen in Masse und Lehm aber, welche ohnehin in die Trockenkammern geschaflt werden müssen, ist die Arbeit gleich grross, ob man sie zum Abgüsse in das Formerei- local zurück oder in einen andern nur zum Giessen bestimmten Raum schaflt; und es ist dann diese letztere Einrichtung in manchen Fällen vorzuziehen, weil dadurch die Arbeiten des Einformens und Giessens weniger einander gegenseitig behindern. Man findet sie daher in vielen grösseren Messing- und Bronzegiessereien , welche nur in getrockneten Formen giessen; und in Eisengiessereien legt man bisweilen die Masse- und Lehmformerei in ein Local, die Sandformerei und Giesserei in ein zweites, obschon allerdings für eine solche Trennung weniger Veran- lassung vorliegt.

Die Trockenkammern liegen in solchen Fällen zwischen demFoime- reilocale und dem Giessraume, gewöhnlich wie in Fig. 258 angeordnet

In Giessereien, welche grösstentheils in grünem Sande formen, dabei aber viele getrocknete Kerne gebrauchen, trennt man häufig die Kern- macherei von der Formerei, legt die Kernmacherei neben die Trocken- kammern, die Formerei neben die Schmelzapparate und lässt die Trocken-

Anlage imd Einrichtung. 313

kammerD mit beiden Localen -in Verbindung. Wenn man sich in Fig. 258 im Ranme a die Formerei und Giesserei yereinigt, den Baum e

Fig. 258.

c

1

aber für Anfertigung von Eemen benutzt denkt, so erhält man ein Bild dieser Einrichtung.

Bie Schmelzapparate legt man so, dass sie yon keinem Punkte des Giessraumes unverhältnissmässig weit entfernt bleiben. Am einfachsten würde nun zwar diese Aufgabe gelöst werden, wenn man die Schmelz* apparate in die Mitte der Giesserei verlegte, zugleich wurde aber viel Platz dadurch in Anspruch genommen und das Begichten der Oefen un- gemein erschwert werden. Man legt delshalb die Oefen lieber an die ümfassungswände und zwar gewöhnlich in die Mitte einer der längeren Seiten des Gebäudes.

In grösseren Tiegelgiessereien empfiehlt es sich, die Tiegelschmelz- öfen vertieft anzulegen, oder, wo dieses nicht angeht, den Fussboden des Giesslocals so viel über die Sohle des Erdbodens zu erhöhen, dass der- selbe mit der Oberkante der Schmelzöfen in einer Horizontalebene liegt. Dadurch wird das Herausnehmen der Tiegel wesentlich erleichtert. Um nun aber die Wartung der tiefer liegenden Boste, das Herausschaffen der Aschen und Schlacken u. s. w. durch diese Einrichtung nicht zu er- schweren, verbindet man die Aschenfälle sämmtlicher Oefen mit über- wölbten Bäumen von solcher Höhe, dass ein Arbeiter sich bequem darin bewegen und von hier jeden einzelnen Best überwachen kann. Die Ab- bildungen Fig. 259, 260 und 261 (a. f. S.), eine engliche Gussstahlgiesse- rei mit Schachttiegelöfen darstellend ^), können zur Erläuterung hierfür dienen, aa sind die Schmelzöfen, in zwei Beihen angeordnet. Jeder derselben hat seine eigene Esse, und die sämmtlichen Essen einer Ofen- reihe sind, wie aus Fig. 261 ersichtlich ist, durch ein gemeinschaftliches Bauhgemäuer umgeben. Zwei Hauptgewölbe laufen unterhalb der. Hfittensohle in der Bichtung der Ofenreihen und von diesen aus führt je ein kleines Seitengewölbe nach jedem Aschenfalle.

Einfacher kann bei Tiegelflammöfen die Einrichtung sein, weil für die gleiche Anzahl Tiegel hier weniger Besten zu bedienen sind; und

^) TergL Peroy, MetaUurgy: Iron and Steel, London 1864,

/ Tiegelloch

/

Anlage und Einrichtung. 315

wenn man Gasfenerang für dieselben verwendet, so leg^t man gern die Gasgeneratoren noch etwas tiefer bIb die Oefen, um das Zuströmen der Gase nacli den Oefen zu erleiohtem.

Bei Auistellung von HerdflammSfen (zum Schmelzen ohne Tiegel) tnuBB das Schürloch und die Einsetzthür, bei Cupolöfen die Gichtbühne von aussen her leicht zugänglich und zu bedienen sein, um nicht daa Herbeischaffen der Materialien durch das Arbeitslooal hindurch bewir- ken zu müssen.

Es ist deshalb zweckmissig, wenn man diese letztgenannten Oefen ausserhalb des eigentlichen Giesslocals aufstellt und nur diejenige Seite derselben, au welcher der Abstich befindlich ist, durch eine Überwölbte Oefinung der Umfassungsmauer des Gebftudes mit dem Innern desselben in directs Yerbindnng setzt, wie es in Fig. 262 (a. f. S.) für eine Flanun- ofenankge (Stsffordshireofen) und in Fig. 263 und 261 für eine Cnpol- ofenanlage slcizzirt ist.

Um die beim Aufgeben der Schmelzmaterialien beschäßigteu Arbei- ter — besonders bei CupolÖfen, wo sie viele Stunden die Gichtbühne

>} TJeber eine derartige Anlage mit BegeneraÜTfbuemng siehe Wedding, Santellimg des schmiedbaren Eisens 8. 649 ff.

316

Giessereien.

Fig. 263.

nicht Tsrlassen dOrfen vor Regen nnd Wind zn BchQtaen, nmgiebt

man gewöhnlich den oder die Cnpolöfen mit einem beBonderen GebSnde,

welches sich an das Hauptgebäude ansohliesit und in welchem dann die

Gichtbahne nebat Gichtanfzug

^'^- ^"*- befindlich Bind (Fig. 264).

In den meisten grösseren Giessereien macht sich die Auf- atelluDg verschiedener Maschi- nen erforderlich. Hierher zählen die Zerkleinerungamaachinen flir die Formmat«nalien , Ge- bläBomascbitten für die Cnpol- Öfen, nnd als Motor ffkr diesel- ben gewöhnlich eine Dampiina- Bchine nebst Kessel, welche zu- *~ gleich zum Betriebe des Gicht- aufzuges, vorhandener Dampf- krabneu u. s, w. benutzt zu werden pflegt. Für die Aof- stellung dieser Maschinen em- pfiehlt sich die Anlage beson- derer Räumlichkeiten, von den Arbeitslocalen der Giesserei und Formerei getrennt.

Vor Allem darf die Betriebs- dampfmaschine niemals in der Giesserei (beziehentlich Forme- rei) selbst anfgestellt werden, wo sie durch den in diesem Räume stets herrschenden Staub sehr bald empfindlich leiden würde. In Rücksicht auf die nachtheiligs Wirkung dieses Stanbes auf die Betriebs maschi ne unterlässt man es auch besser, eine Verbindong zwischen Giesserei und Maschi- nenraum durch eine Thür faer- zastellen, sondern verlegt den Eingang zn letzterm lediglich nach anssen. Die OeblSaema- Bcbine dagegen kann in dem Dampfmaschinenraum e ihren Platz erhalten, und es ist diese Einrichtung der leichtem Ueber- waobong halber sogar sweckm&asig; alle übrigen maschinellen Yorrich- tongen aber, insbesondere die zum Zerkleineren der Materialien be-

Vig. 284.

Anlage und Einrichtung. 817

stimmten, müssen ausserhalb der Maschinenstnbe aufgestellt und durch eine Transmission von der Dampfmaschine aus betrieben werden.

Ist die Giesserei zum Ousse von so grossen Gegenständen bestimmt, dass die Aufstellung eines oder mehrerer Erahne erforderlich wird, so übt dieser Umstand einen erheblichen Einfluss auf die Construction des Gebäudes aus.

Die Seitenmauem desselben, die Balkenlagen, müssen stark genug sein, den Druck aufzunehmen, den der Krahn auf die einen oder anderen ausübt.

Ueber die Vortheile und Nachtheile der stabilen Drehkrahne im Vergleiche mit denen der Laufkrahne (Brückenwinden) wurde schon früher (S. 60) das Erforderliche mitgetheilt.

Bei Anwendung einer Brückenwinde kann entweder die Aufgabe yor* liegen, den ganzen Raum der Giesserei oder nur einen Theil derselben von der Winde bedienen zu lassen. Im erstem Falle verstärkt man die Seitenwände des Gebäudes bis zu der Höhe der Laufebene und lässt das Fahrgerüst des Erahns auf den durch diese Verstärkung gebildeten und mit eisernen Laufschienen belegten Vorsprüngen laufen. Um hierbei einen möglichst grossen Flächenraum durch den Erahn bedienen zu lassen, ohne die Spannweite des Fahrgerüstes allzu sehr erhöhen zu müssen wodurch seine Anlagekosten sich beträchtlich vertheuem würden , giebt man dem Grundrisse des Gebäudes gewöhnlich eine langgestreckte Gestalt.

Soll nur ein Theil der Giesserei durch den Lauf krahn bedient wer- den, so pflegt man das Gebäude zu verbreitem, das Fahrgerüst mit einer oder auch mit beiden Seiten auf schmiedeeiserne Träger zu stellen, welche von Säulen gestützt werden, und auf solche Weise das Gebäude durch jene Säulenreihen in zwei oder drei Längsschiffe zu zerlegen, von denen eins (bei drei Schiffen das mittlere) von der Brückenwinde bedient wird (siehe Fig. 265 a. f. S.).

Bei einer solchen Theilung des Arbeitsraumes in mehrere Schiffe er- hält derselbe gewöhnlich eine beträchtliche Breite, und es entsteht die Aufgabe, dem mittlem, von den Fenstern in den Umfassungswänden ziemlich weit entfernten Theile das nöthige Licht zu verschaffen. Man erreicht diesen Zweck entweder durch die Anbringung von Dachfenstern oder durch eine mit Seitenfenstem versehene Erhöhung des mittleren Theils des Dachs, eine sogenannte Laterne.

Dachfenster besitzen eine Reihe von Uebelständen, welche ihre An- wendung nicht gerade räthlich erscheinen lassen. Hierher gehört die Schwierigkeit, eine vollständig dichte Verbindung zwischen dem Dache und den Fenstern sowie zwischen den einzelnen Scheiben der letzteren herzustellen; die häufige Zertrümmerung der Scheiben bei Sturm durch umhergeschleuderte losgerissene Theile der Dachbekleidung, die Noth- wendigkeit, bei Schneefall die Dachfenster von dem darauf liegenden Schnee zu befreien, wenn sie ihre Bestimmung erfüllen sollen. Man zieht daher die Anbringung einer Laterne mit senkrechten Fenstern im

318 GieBsereien.

AUgemeiaen vor. Die Dacboonatmction kann in diesem Falle eine sehr mannigfaldge sein. Ale Beiepiel hierfür kAon die achon früher mit- getheilte und in Fig. 265 wiederholte DarchscbnitiBzeichuang der Eisen-

giesserei der Chemnitzer Werkzeagmaechinenfabrik dienen. Das Dach des Mittelechifia wird hier von zwei Sftulenreihen getragen, au welche die Poltdäcber der beiden SeitenBchiffe gelehnt sind. Die Zwiacbenräome

Anlage nnd Einrichtong. 319

swiBchen den eimselnen S&nlen oberhalb jener SeiteDdächer sind dnrcb Fenster geechloBMn, darch welche das Licht in das MittelscbifF ßÜlt. Macht man diese Fenster am senkrechte Aehseu drehbar und Ton einer Bühne aiu engängUch, so ist dadurch eine vortreffliche Gelegenheit enr Ventilation des gansen Ranms gegeben, welche in Rflcksicht auf die beim Gieseeu sich entwickelnden Gase und DSmpfe oft dringend nöthig ist.

Zur weitem Grlänt«rung der gegebenen Abbildung m6gen folgende Notizen dienen. Die L&nge der Formerei nnd Oiesshalle ist im Lichten 150 Meter, die Breite des Mittelschias ist 16,50 Meter, jedes Seitenschifb 5,75 Meter, also totale Breite des Gebäudes im Lichten 28 Meter. Jede SAnlenreihe enthilt Ifi Skulen. C sind die Cnpolftfen, von denen vier neben «inander in der Mitte der L&nge des Gebäudes aufgestellt sind. DJ) sind Trockenkamniem, deren Special zeichanng schon früher (Fig. 166 bis 168 auf S. 181 und 182) gegeben wurde. E ist die BetriebsdampfmKSchine nebst Roots'schem Geblftse, F der Dampfkessel. Die Zerkleinerungsmaschinen fikr Sand und Kohlen befinden eich auf der Buhne oWbalb des rechten Sei- tenschiffs, welche von den unteren S&ulen und der Umfassungswaad ge- tragen wird, und von der eiuTheil zugleich als OichtbDhne fürdieCupol- 6fen dient; die Hinauf befSrdernng geschieht dnrch einen mechanischen Aufang, die zerkleinerten Materialien werden, wie schon früher beschrie- ben wurde, durch Lutten cum Trocknen auf die Decke der Trockenkam- mern oder direct in den Giessereiraum befSrdert.

Da bei Giessereien, welche mitErahnen (oder Brücken winden) arbei- ten, sich die AnUgekosteu dee Gebäudes durch die grössere HShe und weniger einfache Dacbconstructioti erheblich steigern, so ist es im All- gemeinen Regel, in diesem Falle alle sonstigen ftir die Giesserei erforder- lichen Apparate, Maschinen nnd dergleichen iu besondere Baulichkeiten zu verlegen, welche einfacher oonstruirt und deshalb billiger anfgeflÜirt werden kSnnen als die eigentliche Formerei nnd Giesshalle.

So s. B. lassen sicü Trockenkammern in der Weise anlegen, dasfl

Pig. 266.

320 Einrichtung der Giessereien.

ihre ThÜr nach der Formerei zn mündet, die Kammer selbst aber ausser- halb derselben liegt und durch einen besondern leichten Ueberbau vor der Abkühlung yon aussen geschützt ist (Fig. 266).

Gebraucht man Dammgruben, so legt man dieselben gern in der Nähe der Schmelzöfen an, um das flüssige Metall unmittelbar aus die- sen nach der in der Dammgrube eingegrabenen Gnssform hinleiten zu können.

Giessereien, welche besonderen Specialitäten gewidmet sind, können dementsprechend mit besonderen eigentbümlichen Einrichtungen ver- sehen sein. So z. B. die modernen Giessereien für RöhrengusSy von wel- chen unten in dem speciellen Theile die Rede sein wird.

Literatur (beziehentlich Abbildungen ausgeführter Anlagen).

Wiebe, Maschinenbaumaterialien, S. 525.

Dürre, Handbuch, Bd. II, S. 861.

Fank, die Georgs-Marienhütfce bei Osnabrück. Zeitschrift des Architek- ten- und Ingenieurrereins in HannoTer, Bd.yil, S. 321, Abbildungen der Giesserei, Taf. 506 und 508.

Ledebur, Skizzen fEbr die Anlage und Einrichtung von Eisengiessereien. Berg- und Hüttenmännische Zeitung, Jahrgang 1871, S. 197 ff.

Wiebe, Skizzenbnch etc., Berlin 159. Heft IX (königl. Geschützgiesserei in Spandau).

Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1868, Taf. 1 a und b; Jahrgang 1874, Taf. 2 a und b.

n. Die Formgebung im ungesohmolzenen Zustande

duroli äussere Kräfte.

Arbeitseigensohaften der Metalle und Itegirungen hinsicht- lich ihrer Formveränderung durch äussere Kräfte.

A. Dehnbarkeit und Zähigkeit.

unter der Einwirkung einer äuBseru Kraft anf einen festen Körper wird stets eine momentane, wenn auch oft unmerkliche', Formyerän- derung desselben heryorgerufen. Dieser Vorgang lässt sich nach den Theorien der Physik folgendermaassen erklären.

Jeder Körper besteht aus einer Anzahl kleinster Theilchen Atome welche sich bei festen Körpern in bestimmter gegenseitiger Lage zu ein- ander befinden. Diese Atome sind in ihren Eigenschaften nnd ihrer Form unyeränderlich. Dieselben ber&hren sich aber nicht gegenseitig, sondern ein jedes derselben ist von einer Hülle eines unwägbaren Stoffs umgeben, welchen man Aether nennt. Zwischen den einzelnen Atomen ist eine gegenseitige Anziehungskraft wirksam, welche Cohäsionskraft genannt wird und den Zusammenhang des Körpers bedingt; sie hört auf, wenn zwei Atome über eine bestimmte Grenze hinaus von einander entfernt werden; es tntt dann Bruch oder Zerreissung ein. Zwischen den ein-' zelnen AetherhüUen findet dagegen das Bestreben gegenseitiger Ab- stossung statt, durch welches erst ein Gleichgewichtszustand in dem Kör- per hergestellt nnd es verhindert wird, dass durch die ununterbrochen tbätige Cohäsionskraft eine fortschreitende Verdichtung des Körpers ein- trete. Diese gegenseitig wirkenden anziehenden und abstossenden Kräfte nennt man Molecularkräfte, und das Atom sammt seiner AetherhüUe MolecüL Wenn nun auf den durch diese gegenseitige Ausgleichung der Molecularkräfte im Gleichgewichtszustande befindlichen Körper eine dritte äussere Kraft wirkt, so wird jenes Gleichgewicht gestört; es tritt

Ledebar, meohiuiladi-neteUaTgische Technologie. 21

322 Formgebung durch äussere Kraft.

eine Nähernng oder EntferauDg einzelner Atome nnd dadurch eine Ver- änderung der Form des Körpers ein. Der Widerstand gegen diese Form- veränderung wächst mit dem Fortschreiten derselben, so dass auch unter der Einwirkung jener Kraft sich bald ein Gleichgewichtszustand her- stellt, so lange dieselbe ein gewisses Maass nicht überschreitet. Diesen Gleichgewichtszustand sehen wir z. B. bei allen Belastungen entstehen, welche der Tragkraft des belasteten Körpers entsprechen; es tritt eine Zusammendrückung, Durchbiegung oder Verlängerung des letztem ein, welche so lange fortschreitet, bis der wachsende Widerstand gleich dem ausgeübten Drucke oder Zuge ist Wenn also die thätige Kraft jenes erwähnte Maass nicht überschreitet, so nimmt der Körper seine ursprüng- liche Form wieder an, sobald die Kraft aufhört, thätig feu sein. Diese Eigenschaft der Körper nennen wir bekanntlich Elasticität. Ist aber die Kraft grösser als jenes Maass, so tritt eine bleibende Aenderung in der Lage der Molecüle gegen einander, also gewissermaassen eine Ver- schiebung derselben ein, welche beim Aufhören der Krafb nicht wieder verschwindet; es entsteht eine bleibende Form Veränderung. Das Maass der Kraft, über welches hinaus dieser Vorgang sich zeigt, ist die Elasticitätsgrenze.

Steigert die Kraft sich noch mehr, so wird schliesslich die Cohä- sionskraft überwunden, der Zusammenhang des Körpers hört auf, es tritt Bruch oder Zerreissung ein. Der Festigkeitsmodul des Körpers giebt uns das Maass der Kraft für diesen letztern Vorgang. Derselbe wird auch ohne Steigerung der Kraftintensität fast immer eintreten, wenn eine und dieselbe Kraft, welche ausreichend ist eine bleibende Formveränderung hervorzurufen, anhaltend auf den Körper wirkt. Deun da der Widerstand des Körpers gegen diese bleibende Form- veränderung nicht in einem dem Fortschreiten derselben entsprechenden Maasse zunimmt, und da mit jeder solchen Formveränderung unter Ein- wirkung einer äussern Kraft nothwendigerweise auch eine Verdünnung wenigstens eines Querschnitts des Körpers verbunden ist, so muss mit zunehmender Querschnittsverkleinerung und gleichbleibender Kraft die Trennung erfolgen. Daher die wichtige Regel, bei Constructionstheilen niemals einen Körper auf seine Widerstandsfähigkeit über die Elasticitäts- grrenze hinaus in Anspruch zu nehmen.

Jene Eigenschaft der Körper, unter Einwirkung einer Krafb von bestimmter Intensität eine bleibende Form Veränderung anzunehmen, ist die Dehnbarkeit. Da, wie soeben schon hervorgehoben wurde, bei jeder solcher Formveränderung eine Querschnitts Verdünnung stattfindet, so giebt die Abmessung des geringsten Querschnitts, auf welchen sich ein Körper verdünnen lässt, ohne seinen Zusammenhang zu verlieren, gewissermaassen einen Maassstab für die Dehnbarkeit desselben.

Verwandt mit der Dehnbarkeit ist die Zähigkeit. Wir verstehen unter diesem Ausdrucke das Maass des Widerstandes, welchen ein Kör- per, nachdem die Elasticitätsgrenze überschritten ist, der

Dehnbarkeit und Zähigkeit 323

Trennung entgegensetzt. Der Gegensatz der Zähigkeit ist die Sprö- digkeit. Man misst die Zähigkeit gewöhnlich durch Hin- und Her- biegen eines an einem Ende eingespannten Stabes von bestimmtem Quer- schnitte; je mehr Biegungen derselbe erträgt, ohne zu zerbrechen, desto grösser ist seine Zähigkeit.

Die Einwirkung der erwähnten formverändernden Kräfte auf einen Körper kann in mehrfacher Weise erfolgen. Denkt man sich von zwei neben einander befindlichen Molecülen des Körpers das eine festliegend, während auf das andere eine Kraft in der Richtung der durch die Schwer- punkte beider Molecüle gelegten geraden Linie in solcher Weise wirkt, dass eine Entfernung beziehentlich Trennung der Molecüle in der an- gegebenen Richtung ei*folgen muss, so entsteht Zug, und der Körper setzt der Trennung der Molecüle seine Zugfestigkeit, Zerrreissungs- festigkeit oder absolute Festigkeit entgegen^).

Wirkt die Kraft in derselben Linie, aber umgekehrter Richtung, also dem ersten Molecüle zustrebend, so wird eine Näherung der Mole- cüle bewirkt, es entsteht Druck und der Körper setzt einer Trennung (welche übrigens in diesem Falle niemals direct, sondern nur in Folge einer seitlichen Verschiebung der gedrückten Molecüle erfolgen kann) seine Druck- oder rückwirkende Festigkeit entgegen').

Wirkt eine Kraft auf das eine Molecül in tangentialer Richtung gegen die durch die Schwerpunkte gelegte, als Halbmesser gedachte, Linie, während das andere Molecül als festliegend gedacht wird, so erfolgt Yer* Schiebung ohne Entfernung der Molecüle: Biegung. Bei der Ein*- Wirkung einer solchen Kraft auf ein Aggregat von Molecülen, als wel- ches wir uns jeden festen Körper denken müssen, werden jedoch nur die in der sogenannten neutralen Faser befindlichen Molecüle in dieser Weise in Anspruch genommen, während zu beiden Seiten dieser neu- tralen Faser die Kraft sich zerlegt, auf der einen Seite zerreissend, auf der andern drückend wirkt. Die Festigkeit, mit welcher ein Körper der Trennung durch Biegung widersteht, heisst Biegungs- oder relative

Festigkeit

Wirkt diflse Kraft nicht tangential, sondern normal gegen die Schwer- punktslinie, ändert sie also nicht ihre Richtung bei eintretender Verschie- bung der Molecüle, so erfolgt eine Entfernung der letzteren, beziehentlich Trennung, durch Abscheerung (Abscheerungsfestigkeit).

Wirkt endlich die Kraft in solcher Weise, dass sie das eine Molecül um eine Linie zu drehen sich bestrebt, welche den Schwerpunkt des fest- liegenden Molecüls schneidet, das bewegliche tangirt, so tritt Ver- drehung oder Torsion ein (Torsionsfestigkeit).

*) Statt eines festliegenden Molecüls und einer auf ein zweites Molecül wir- kenden Kraft kann man auch zwei in gleicher Linie aber entgegengeseta^er Biehtung thätige Kräfte annehmen, von denen ajif jedes Molecül eine wirkt.

a) Wie ad 1.

21*

324 Formgebung durch äussere Kraft

Bei der roben Formgebung kommen vorwiegend die beiden ersAeren Fälle, bei der Vollendung der Form die drei letzteren in Betraobt.

Aufl der eben gegebenen Frklämng des Begriffs ,,Debnbarkeit** und Zabigkeit'' folgt, dass beide Eigenschaften in dem Augenblicke beginnen, wo unter Einwirkung einer Kraft die Elasticjtätsgrenze überschritten wird; dass ihre Wirkung erschöpft ist, wenn Trennung erfolgt, dass also, wenn man bei einem Körper für beide Vorgänge Zahlenwertbe kennt, die Differenz derselben ein Maass für die Zähigkeit und auch wenigstens einen wichtigen Factor für die Dehnbarkeit abgiebt. Denn je grösser jene Diffe- renz ist, desto weniger Gefahr ist vorhanden, dass bei der Formverände- rnng eine Trennung eintrete, und mit desto grösserer Beschleunigung kann dieselbe vorgenommen werden. Die Dehnbarkeit ist hier gewisser- roaassen die Folge der Zähigkeit. Für die erstere muss aber noch die Fähigkeit des Körpers hinzutreten, eine möglichst grosse bleibende Ver- dünnung der Querschnitte unter entsprechender Ausdehnung der Länge Strecken genannt zu ertragen. Diese Fähigkeit wird durch meh- rere Umstände beeinflusst. Hierher gehört zunächst die Beschaffenheit des Gefüges. Ein Metall mit grob krystallinischem Gefüge wird im All- gemeinen weniger geeignet sein, starke Verdünnungen zu ertragen, als ein fein krystallinisches; ein sehniges Metall, z.B. sehniges Schmiedeeisen, weniger als kömiges (Feinkomeisen , Stahl). Aber auch die Reinheit des Gefüges von mechanisch eingelagerten fremden Körpern ist von hoher Wichtigkeit für die Dehnbarkeit. Denn da der Querschnitt jener fremden Körper bei der fortschreitenden Verkleinerung des Metallstück- Querschnitts unverändert bleibt, so wächst mit dieser Verkleinerung die Benachtheiligung der Festigkeit; und als extremsten Fall kaun man sieh die Verkleinerung soweit fortgeschritten denken, dass der unver- ändert gebliebene Querschnitt des fremden Körpers gleich dem verdünnten Querschnitte des Metallstücks ist, er also den Zusammenhang völlig un- möglich macht Jedenfalls wird schon weit früher in Folge der ver- ringerten Festigkeit Trennung erfolgen. Solche fremde Körper sind Schlackenpartikelchen, Oxydationsproducte, Kohlenstückehen und derglei- chen. Aber auch Hohlräume entstanden durch Gasblaseik oder in Folge der Schwindung können ähnlich wirken. Denn wenn auch der Quer- schnitt dieser Hohlräume sich mit der fortschreitenden Querschnitts- verdünnung des Metallatücks gleichfalls verkleinert, so beeinträchtigen sie die Festigkeit in dem Verhältnisse ihres eigenen Querschnitts zu dem totalen ; und ein völliges Verschwinden tritt nicht immer ein.

Hieraus folgt, dass die Art der Metalldarstellung und die etwa schon vorausgegangene Verarbeitung durch Giessen von nicht geringem Ein- flüsse auf die Dehnbarkeit ist. Je mehr das Arlieitsverfahren bei diesen vorausgegangenen Arbeiten die Abscheidung fremder Stoffe gestattet, und je freier von Hohlräumen das Metall aus dem meistens stattgehabten Giessprocesse hervorging, desto grösser ist im Allgemeinen seine Dehn- barkeit. Daher finden wir, dass durch jeden Process, welcher eine solche

Dehnbarkeit und Zähigkeit 325

Abscheidang fremder Körper mit sich bringt, die Dehnbarkeit gesteigert wird; und dass nnr solche Met^Ue den höchsten Grad der Dehnbarkeit besitzen, deren Preis ihre Darstellung in grösster Reinheit gestattet (Gold, Silber) ; dass aber anch bei dem Yorausgehenden Gtiessen die Dehn- barkeit dnrch solche Kunstgriffe erhöht werden kann, welche die Bildung von Hohlräumen verhüten (Anwendung eines verlorenen Kopfes; Giessen unter Druck, beim Neusilber Giessen in grossen Blöcken, die man in kleinere zertheilt, weil grössere erstarrende Metallmassen aus nahe- liegenden Gründen relativ weniger Gasblasen suspendirt behalten als kleinere, u. s. f.).

Da für die Elasticität und Festigkeit der Körper ganz verschiedene Werthe entfallen, je nachdem dieselben durch Zug oder Druck in An- spruch genommen werden, so ist auch die Zähigkeit und Dehnbarkeit f&r beide Fälle eine verschiedene. Im Allgemeinen ist die Dehnbarkeit der Metalle grösser bei Druck als bei Zug, und es liegt diese Thatsache zum Theil darin begründet, weil anch die Dimckfestigkeit eine grössere als die Zerreissungsfestigkeit ist.

So einfach es nun auch auf den ersten Blick erscheinen mag, durch Gegenüberstellung der Zahlenwerthe für Elasticitätsgrenze und Festigkeits- modul der Metalle Resultate für die Zähigkeit derselben aufzustellen, so erhebliche Schwiengkeiten stellen sich doch einer solchen genauen Be- rechnung entgegen. Denn, wie schon im ersten Abschnitte erwähnt wurde, liegt die Festigkeit eines und desselben Metalls oft zwischen sehr weiten Grenzen und ist nicht allein von chemischen und mechanischen Beimengungen, sondern auch von der vorausgegangenen Bearbeitung ab- hängig. Noch grösser zeigt sich der Einfluss dieser letzteren auf die Elasticitätsgrenze der Metalle ; wie unten ausführlieher erwähnt werden soll, steigt die Elasticitätsgrenze fast immer mit fortschreitender Form- Veränderung durch äussere Kraft und föllt wieder, wenn der bearbeitete Körper einer Erhitzung ausgesetzt wird.

Wertheim hat über die Elasticitätsgrenze und Zerreissungsfestig- keit einzelner Metalle Versuche mit Drähten von 1 Millimeter Duroh- messer angestellt, deren Ergebnisse in der folgenden Tabelle angegeben sind und denen wir die Differenzwerthe gegenübergesteUt haben. Die Versuche wurden sowohl mit frisch gezogenen als mit solchen Drähten angesteUt, welche nach der Verarbeitung zuvor erhitzt (angelassen) worden waren.

326 Formgebung durch äussere Kraft.

Ela8ticität.8- Gewicht

grenze beim Zerreissen

Kilogramm Kilogramm

TO.; /gezogen 0^5 2,07

^^^^ \ angelassen 0,20 1,80

„, j gezogen 0,45 2,45

^*°^ [ angelassen 0,20 . 1.70

Gold (gezogen 13,50 27,00

^^^^ \ angelassen 3,00 10,08

ffilW I gezogen 11,25 29,00

"^'^^^"^ \ angelassen 2,75 16,02

Zink ««^T^ ^/^i ^2'^^

[ angelassen 1,00

KuDfer (gezogen 12,00 40,30

^ \ angelassen 3,00 30,54

Platin ««^«f " ?KS im

\ angelassen 14,60 23,60

Sofamiedeeisen «^'T" l^'^n ?Ao

l angelassen 5,00 46,88

Gnssstahl ... ««^T'' ^H f ^'^n

\ angelassen 5,0 65,75

Stahldraht . . «^"T'' ^^'^^ ^^'^^

\ angelassen 15,00 40,00

Differenz Kilogramm

1,82 1,60

2,00 1,50

13,50 7,08

17,75 13,27

12,05

28,30 27,54

8,10 9,00

28,60

41,88

24,40 60,75

27,50 25,00

Hiemach besitzen angelassene Drähte aus Gussstahl und Schmiede- eisen die bedeutendste Zähigkeit bei der Wirkung durch Zug, ein Ergeb- niss, welches den Erfahrungen der Praxis entspricht, während manche andere der gefundenen Verhältnisszahlen kaum durchaus stichhaltig sein dürften. Man darf jedoch nicht vergessen, dass diese Werthe nur für Inanspruchnahme durch Zugkraft Geltung haben können, und dass bei der oben erwähnten Prüfung der Zähigkeit durch Biegen vollständig andere Werthe in Rechnung treten müssen.

Für die Zerreissungsfestigkeit von 1 Millimeter starken Drähten giebt auch Earmarsch Werthe i), welche jedoch von den oben mit- getheilten erheblich abweichen, ein Beweis, wie schwierig es ist, zu nur annähernd übereinstimmenden Resultaten zu gelangen.

Künzel misst die Zähigkeit der Metalle (insbesondere der Bronze) durch die Grösse der bleibenden Ausdehnung, welche das Metall erträgt, ohne zu zerreissen '). Auch auf diesem Wege lassen sich aber nur solche Metalle vergleichen, deren vorausgegangene Bearbeitung eine ganz

1) Karmarsch, Mechanische Technologie, 5. Auflage, 8. 196. *) Künzel, üeber Bronzelegirungen, B. 28.

Dehnbarkeit und Zähigkeit. 327

gleiche war, und der Auffindung zuverlässiger Durchschnittswerihe für alle Metalle stellen sich hier die nämlichen Schwierigkeiten entgegen als der Berechnung aus Elasticitätsgrenze und Festigkeit.

Noch weniger lässt sich durch Rechnung oder einzelne Versuche die Dehnbarkeit ermitteln, bei welcher noch die oben erwähnten Neben- umstände mitwirken. Nur eine grosse Anzahl von Beobachtungen wird im Stande sein, die Aufstellung einer annähernd richtigen Stufenleiter der Dehnbarkeit der Metalle zu ermöglichen.

Unter Benutzung einer solchen vonPercy gegebenen Stufenleiter i) sind in folgender Tabelle die wichtigeren Metalle und Legirungen ihrer abnehmenden Dehnbarkeit entsprechend geordnet:

Dehnbar durchStossundDruck -«x t i i ^ r,

/TT» Ti xxr ^ \ Dehnbar durch Zug:

(Hämmern, Pressen, Walzen): ^

Gold, Gold,

Silber, Silber,

Kupfer, Platin,

Aluminium, Aluminium,

Phosphorbronze (?), Phosphorbronze,

Messing und Tomback, mit einem Feinkorn eisen und Stahl,

Zinkgehalte bis etwa 30 Proc. Messing und Tomback, mit einem

Neusilber, Zinkgehalte bis 30 Proc.

Zinn, Neusilber,

Platin, Kupfer,

Blei, Nickel (?),

Feinkorneisen und Stahl, Sehniges Schmiedeeisen,

Zink, Gewöhnliche Bronze, mit höchstens

Gewöhnliche Bronze, mit einem 6 Proc. Zinn,

Zinngehalte bis 6 Proc. Zink,

Sehniges Schmiedeeisen, Zinn,

Nickel. Blei.

Einfluss der Temperatur auf die Dehnbarkeit.

Wenn ein Metall erwärmt wird, so verändert sich dadurch seine Elasticität und seine Festigkeit, und zwar findet fast immer eine Ver- ringerung des Maasses beider Eigenschaften statt. Gewöhnlich wird aber die eine derselben in stärkerm Maasse als die andere durch die Erhitzung beeinflusst, und demzufolge ändert sich alsdann auch die Dehnbarkeit. Wenn die Elasticität in stärkerm Maasse geschwächt wird als die Festigkeit, so wird die Dehnbarkeit gesteigert; im umgekehrten Falle nimmt die Dehnbarkeit ab. Wenn schliesslich die Erhitzung bis zu einem solchen Grade gesteigert wird, dass Schmelzung eintritt, so verschwinden beide Eigenschaften ganz.

1) Percy-Knapp, MetaUurgie, Band I, Seite 8.

328 Formgebung durch äussere Kraft.

Viele Metalle nehmen bei der Erhitzung an Dehnbarkeit zu. Hier- her gehören im Allgemeinen Schmiedeeisen und Stahl, Kupfer, Messing mit 35 bis 40 Proc. Zink, Bronzen u. a. Beim Zink nimmt die Dehn- barkeit beim Erwärmen bis auf 150^0. zu, dann aber ra^ch ab und ist bei 200® soweit verschwunden, dass es sich durch Stossen in Polver yer- wandeln lässt. Man nennt solche Metalle, welche in der K&lte spröde, in der Wärme dehnbar sind, kaltbrüchig und die betreffende Eigen- schaft Kaltbruch; solche Metalle dagegen, deren Dehnbarkeit bei der Erwärmung, insbesondere bei Rothgluht, verschwindet, rothbrüchig und die betreffende Eigenschaft Rothbruch.

Bisweilen übt eine rasche Abkühlung des auf eine bestimmte Tem- peratur erhitzten Metalls (z. B. durch Eintauchen in kaltes Wasser) be- merkenswerthe Einflüsse auf die Dehnbarkeit aus. Sfcahl verliert da- durch an Dehnbarkeit, Bronze nimmt an Dehnbarkeit zu. Bei dem erstem liegt der Grund für die Abnahme der Dehnbarkeit höchstwahr- scheinlich in dem Umstände, dass Kohlenstoff bei plötzlicher Abkühlung chemisch gebunden bleibt, wie wir es früher auch bei plötzlicher Abküh- lung flüssigen GusBeisens gesehen haben, das Kohlenstoffeisen aber spröde, undehnbar ist; bei der Bronze beruht die Zunahme der Dehnbarkeit durch plötzliche Abkühlong auf der verhinderten Saigerung, durch welche zinnreichere spröde Legirungen sich selbstständig auscheiden und dadurch die Gleichmässigkeit der Zusammensetzung und somit auch die Dehnbarkeit des Ganzen beeinträchtigen.

Aehnlich wie die Bronze, doch in schwächerm Maasse soll sich auch Kupfer verhalten, wohl in Folge des Umstandes, dass das Gefüge bei rascher Abkühlong ein feinkörnigeres wird.

Einflüsse chemischer Beimengungen auf die Dehnbarkeit.

Diese Einflüsse sind ungemein zahlreich und nur bei wenigen Me- tallen in annähernd vollständiger Weise erforscht worden. Oft genügen sehr geringe Beimengungen eines fremden Körpers, erhebliche Aende- rungen hervorzurufen; und nicht selten ist der Fall, dass diese Einflüsse wieder vollständig geändert, auch wohl ganz aufgehoben werden, wenn ein zweiter fremder Körper zu dem ersten hinzutritt.

Welche Einflüsse beim Eisen durch den Kohlenstoffgehalt hervor- gerufen werden, ergiebt sich schon aus der früher gegebenen Nomencla- tur als Gusseisen, Stahl und Schmiedeeisen, unterschieden durch das Maass des Kohlenstoffgehalts, und ans den über die Dehnbar- keit dieser Körper gegebenen Mittheilungen. Während das kohlenstoff- reiche Boheisen gar nicht dehnbar ist, wächst im Aligemeinen die Yer- arbeitungsfähigkeit durch Zug- und Druckkräfte mit abnehmendem Kohlenstoffgehalte; d. h. während eine Veränderung der Form und eine Verdünnung der Querschnitte, so lange die letztere nicht ein gewisses Maass übersteigt, am leichtesten bei den kohlenstofißlrmsten Eisensorten

Dehnbarkeit und Zähigkeit. 329

in höherer Temperatur ausführbar ist, gelingt die Verdünnung auf die kleinsten Querschnitte nur bei den Eisensorten mit mittlerm Kohlen- stoffgehalte (Stahl und Feinkorneisen) in weniger hoher Temperatur, weshalb wir diese in der obigen Stufenleiter der Dehnbarkeit auch dem kohlen stoffarmern Eisen (sehniges Schmiedeeisen) vorangestellt haben.

Ein Phosphorgehalt macht das Eisen kaltbrüchig, d. h. verringert die Festigkeit in der Kälte. Nach Styffe steigert sich durch den Phos- phorgehalt die Elasticitätsgrenze; die Folge beider Einwirkungen ist die Abnahme der Zähigkeit und Dehnbarkeit, welche durch praktische Er-

e

fahrungen vielfach bestätigt wird. Nach Akerman liegen bei phos- phorreichem Eisen Elasticitätsgrenze und Festigkeit oft so nahe bei ein- ander, dass das Eisen schon in dem Augenblicke bricht, wo die Elasti- citätsgrenze überschritten ist. '

In massiger Glühhitze verliert sich dagegen diese Einwirkung des Phosphorgehalts und die Dehnbarkeit nimmt durch einen massigen Phos- phorgehalt eher zu als ab.

Der erwähnte £^nfluss des Phosphors wächst mit steigendem Eohlen- stoffgehalte, so dass ein weniger hoch gekohltes Eisen mit demselben Phosphorgehalte noch völlig brauchbar sein kann, welcher es bei höherm Kohlenstoffgehalte völlig unbenutzbar macht ^). Ein geringer Mangan- gehalt scheint den Einfluss des Phosphors abzuschwächen.

Ein Schwefelgehalt macht das Eisen rothbrüchig, verringert aber die Festigkeit in der Kälte weniger. Der Einfluss ist am stärksten in dunkler Bothgluth, weniger stark in höherer wie in niedrigerer Tempe- ratur. Schon ein Gehalt von 0,01 Proc. Schwefel übt einen merkbaren Einfluss in dieser Hinsicht und ein Eisen mit 0,05 Proc. ist in den mei- sten Fällen kaum noch verarbeitbar, wenn die Verarbeitung bis zur dunkeln Rothgluht fortgesetzt wird, wohl aber in heller Bothgluht, wo

nach Akerman ein Schwefelgehalt von selbst 0,1 Proc. noch unschäd- lich wirken kann.

Silicium verringert die Festigkeit, dadurch auch die Dehnbarkeit in der Kälte und in höherm Maasse in der Wärme. Nach Mräzek wirkt ein Mangangehalt des Eisens diesen nachtheiligen Einflüssen des Silioiums entgegen, so dass ein Eisen selbst mit mehr als 1 Proc. Silicium noch bearbeitbar sein kann, wenn es daneben noch entsprechende Mengen von Mangan enthält.

Nach Gautier hat ein Mangangehalt von 1 bis 1,4 Proc. ausser den soeben erwähnten, die nachtheiligen Einflüsse von Phosphor und Silicium, vielleicht auch des Schwefels, abschwächenden Einwirkungen bei kohlenstoffarmen Eisensorten eine Erhöhung der Elasticität und Festig- keit zur Folge, ohne die Dehnbarkeit zu benachtheiligen, giebt also dem

^) Ein kohlenstofifarmeres Eisen erträgt bisweilen einen Phosphorgebalt bis zn 0,75 Proc, während ein kohlenstoinreicheres schon durch einen Phospbor- gehalt von 0,06 Proc. unbenutzbar werden kann.

V

,*

330 Formgebung durch äussere Kraft.

kofalensioficirmeni Eisen ähnliche Eigenschaften als in gewöhnlichen Fällen ein gesteigerter Eohlenstoffgehalt ^).

üeber die Einflüsse, welche fremde Körper auf die Dehnbarkeit des Kupfers ansahen, sind yon Hampe eingehende und lehrreiche Unter» suchnngen angestellt worden ^).

Hiemach verringert ein Gehalt von Kupferoxydul von 0,45 Proc. (entsprechend 0,05 Proc. Saaersto£f) die Zähigkeit des reinen Kapfers merklich, nicht aber die Dehnbarkeit (?). Bei 0,90 Proc. Kupferoxydul (0,10 Proc. Sauerstoff) wird die Dehnbarkeit in der Kälte verringert, weniger in der Rothgluth. Bei 2,25 Proc. Kupferoxydul (0,25 Proc Sauerstofif) im reinen Kapfer ist die Dehnbarkeit in der Kälte merklich verringert; und erst bei 6,70 Proc. Kupferoxydul zeigte sich entschiede- ner Rothbruch.

Während man früher annahm (Karsten, Percy u. A.), dass metal- lisches Arsen schon bei einem Gehalte von 0,15 Proc. die Dehnbarkeit des Kupfers in der Kälte und noch mehr in der Wärme benachtheilige, erhöht nach Hampe ein Arsengehalt von 0,55 Proc. sogar die Zähig- keit und Dehnbarkeit in der Kälte, sobald es im metallischen Zu- stande vorhanden ist, und erst bei einem Gehalte von 1 Proc. zeigt sich Rothbruch und Abnahme der Dehnbarkeit in der Kälte. Im oxydir- ten Zustande dagegen macht das Arsen als arsensaures Kupferoxydul schon bei 0,55 Proc. Arsen (entsprechend 2 Proc. arsensaurem Kupfer- oxydul) das Kupfer znr Verarbeitung in der Kälte unbrauchbar, in der Rothgluth schwer bearbeitbar.

Ein Gehalt von Antimon übt ähnliche Einflüsse als Arsen; d. h. metallisches Antimon erhöht in geringen Mengen die Dehnbarkeit, wäh- rend antimonsaures Kapferoxydul sie benachtheiligt, jedoch in geringerm Maasse als die arsensaure Verbindung.

Blei übt auf die Dehnbarkeit des Kupfers höchst nachtheilige Ein- flüsse und beeinträchtigt dieselbe in höherer Temperatur mehr noch als in niedriger« Ein Gehalt von 0,4 Proc. Blei macht schon das Kupfer bei allen Temperataren schwer verarbeitbar, während nach Hampe die- selbe Menge Blei im oxydirten Zustande weit weniger nachtheilig wirkt.

Ein Gehalt an Wismuth im metallischen Zustande beeinträchtigt in den kleinsten Mengen die Dehnbarkeit des Kupfers in nachtheüigster Weise, mehr in der Wärme als in der Kälte. Schon bei 0,05 Proc. Wis- muth zeigt sich deutlicher Rothbruch, bei 0,1 Proc. ist das Kupfer in der Hitze unbearbeitbar , in der Kälte nur noch wenig dehnbar. Weni- ger schädlich wirkt das oxydirte Wismuth, und eine gleichzeitige An- wesenheit von Antimon schwächt gleichfalls, so lange beide Metalle im

^) Oesterreicbische Zeitschrift für Berg- and Hüttenwesen, Jahrgang 1876, Seite 380.

^ Zeitschrift für Berg-, Hütten- and Salinenwesen im preossischen Staate, Band 22, Seite 94 ff.

Dehnbarkeit und Zähigkeit 331

metaUischen Zustande yorfaanden sind, die nachtheiligen Einflüsse des Wismuths merklich ab, viel betrachtlicber aber, wenn eine Verbindung als antimonsaures Wismuthoxyd entstanden ist, wobei selbst Mengen Ton 0,2 Proc. dieses Salaes (enthaltend 0,06 Proc. Wismuth) kaum ver- ändernd auf die Eigenschaften des Kupfers einwirken.

Zinn unter 1 Proc beeinflusst die Dehnbarkeit des Kupfers nicht merklich, wohl aber bei steigendem Grehalte, weshalb die Bronzen weni* ger dehnbar als Kupfer sind. Ein Zinngehalt, welcher 6 Proc. über- steigt, benimmt der Bronze in Folge der Steigerung der Elasticität die Dehnbarkeit in der Kälte fast vollständig, in der Rothgluth bleibt sie verarbeitbar bis zu einem Zinngehalte von 15 Proc. Erst wenn der Zinngehalt bis über 50 Proc. steigt, zeigt sich wieder etwas Dehnbarkeit, jedoch, da bei diesem hohem Zinngehalte nunmehr mit der Elasticität auch die Festigkeit abnimmt, in geringerm Grade als bei den zinnärmeren Bronzen.

Kupferoxydul und Zinnoxjd beeinträchtigen die Zähigkeit der Bronze , Phosphor . erhöht sie in beträchtlichem Maasse in Folge dei* Re- duction der genannten Oxyde. Zufolge der durch Künzel mitgetheilten, in der Yersuchsanstalt von D. Kirkaldy in London angestellten Zer- reissungsversuche wurde bei Anwendung alter oxydreicher Bronze, welche einem Schmelzprocesse unterworfen wurde, die Zähigheit dersel- ben durch Polen um 40 Proc., durch Phosphorzusatz um 240 Proc. erhöht ^).

Blei verringert die Zähigkeit und Dehnbarkeit der Kupferzinnlegi- rungen in ähnlicher Weise wie die des reinen Kupfers; Arsen und Anti- mon sollen nach Künzel schon in Mengen unter 0,19 Proc. den glei- chen Erfolg haben, wahrscheinlich ist es nachHampe's oben mitgetheil- ten Ermittelungen über die Einwirkungen dieser Metalle auf das reine Kupfer, dass auch hier ihre Oxyde nachtheiliger wirken als die metal- lischen Körper. Dadurch wäre gleichzeitig ein neuer Grund für die wohlthätige Wirkung des reducirenden Phosphorzusatzes gefunden.

Zink bis zu 20 Proc dem Kupfer zugesetzt (Tomback) benachtheiligt die Dehnbarkeit desselben in der Kälte weniger als das Zinn, wohl aber in der Wärme. Bei mehr als 20 Proc. Zink nimmt die Dehnbarkeit in der Kälte ab, bei 35 bis 40 Proc. Zink verringert sich dagegen nach Kar marsch der Rothbruch, und das Metall ist in der Kälte wie in der Wärme verarbeitbar (schmiedbares Messing); bei mehr als 25 Proc. Zink verliert sich die Dehnbarkeit in allen Temperaturen, und erst bei einem Zinkgehalte von mehr als 90 Proc. nähert sich das Verhalten der Legi- rung mehr und mehr dengenigeu des reinen Zinks.

Kupferoxydul, Blei, Zinn, Arsen, Wismuth, Antimon wirken den allgemeinen darüber gemachten Erfahrungen zufolge ähnlich auf die Kupferzinklegirungen als auf reines Kupfer , eingehende Untersuchungen

^) Künzel, op. cit. p. 30.

332 Formgebung durch äussere Kraft«

darüber wurden bislang nicht angestellt. Ein Zusatz von Zink zur Bronze erhöht nach Künzel Festigkeit und Elasticität derselben, so lange derselbe weniger als 2 Proc. beträgt; in grösseren Mengen aber verringert derselbe die Zähigkeit in beträchtlichem Maasse.

Nickel, zum Kupfer oder zu den Kupferzinklegirungen gesetzt, scheint in ähnlicher Weise wie das Zink allein die Dehnbarkeit des Kupfers zu beeinflussen, bei gleichen Gewichtsmengen aber in geringerm Maasse. Ausreichende Ermittelungen liegen auch hierüber nicht vor.

Die Zähigkeit und Dehnbarkeit des Goldes und Silbers wird durch Legirung mit anderen Metallen, inbesondere mit Kupfer, im Allgemeinen verringert, und dieser Zusatz wird nur angewendet, um die (Hessbarkeit und die Wideratandsfähigkeit zu erhöhen, häufig auch zur Yerriogerung des Preises.

Ein Zusatz von Eisen benachtheiligt die Dehnbarkeit der meisten Metalle und Legirungeh.

EinflusB der mechanischen Verarbeitung auf die Zähigkeit

und Dehnbarkeit.

Bei vielen Metallen steigert sich, wenn durch Zug- oder Druckkräfte eine Veränderung ihrer Form, insbesondere eine Verdünnung der Quer- schnitte hervorgerufen wird, die Elasticität und die Festigkeit, die erstere aber in höherm Grade und rascher als die letztere. Die Folge davon ist, dass die Zähigkeit und Dehnbarkeit mit fortschreitender Formverände- rung abnimmt, und dass schliesslich ein Punkt eintritt, wo Elasticitäts- grenze und Festigkeitsmodul annähernd gleich sind, die Dehnbarkeit also verschwunden ist. Je niedriger die Temperatur des Metalls bei der Verarbeitung ist, desto rascher geht diese Abnahme der Dehnbarkeit vor sich.

Das Metall würde demnach in diesem Zustande ohne Weiteres un- verarbeitbar sein, wenn uns nicht glücklicherweise die Erfahrung ein Mittel an die Hand gegeben hätte, ihm die frühere Dehnbarkeit häufig sogar eine grössere zurückzugeben. Erhitzt man nämlich das durch die Verarbeitung spröde gewordene Metall, so wird dadurch die Elastici- tät auf ihr ursprüngliches Maass zurückgeführt; die Festigkeit wird gleichfalls verringert, bleibt aber meistens höher als sie vor der Form- veränderung war, mithin ist durch diese Erhitzung die ursprüngliche Zähigkeit entweder wieder hergestellt oder noch gesteigert worden.

Interessant ist die Beobachtung, dass oft schon ein längeres ruhiges Liegen des bearbeiteten Metalls ohne Erhitzung ausreicht, ihm einen Theil seiner Sprödigkeit zu nehmen. Wenn Eisendraht gezogen ist, so besitzt er unmittelbar darauf bisweilen eine solche Sprödigkeit , dass er schon bricht, wenn man ihn mit freien Händen unter einem stumpfen Winkel biegt. Derselbe Draht nach mehrwöchentlichem ruhigen Liegen lässt sich oft ganz zusammenbiegen ohne zu brechen. Die beim Ziehen des Drahts durch eine enge Oeffnung zusammengepressten Elisentheilchen

Härte. 333

neliinen offenbar bei längerm Liegen mehr und mehr ibre normale Lag^ wieder an, and damit verliert sich mehr und mehr die sogenannte Spanu- sprödigkeit ').

Jene Eigenschaft, durch fortgesetzte Verarbeitnng an Dehnbarkeit zu verlieren, kommt fast allen Metallen zu. Vorwiegend ist dieselbe er- kennbar beim Stahl und Schmiedeeisen, beim Kupfer, bei der Bronze, beim Tomback und Messing, beim Neusilber, beim Golde und Silber, und, zwar nm so mehr, je reichlicher die letzteren mit Kupfer legirt sind. Bei dem Zink steigt die Festigkeit bei der Verarbeitung annähernd gleichmässig mit der Elasticität nnd macht dadurch ein Erhitzen (Aus- glühen) während der Verarbeitung unnöthig, dagegen findet dasselbe nach der Verarbeitung statt, wodurch die Elasticität mehr als die Festig- keit verringert, die Zähigkeit also gesteigert wird.

Beim Zinn und Blei findet eine Abnahme der Dehnbarkeit durch die Verarbeitung nicht in solchem Grade statt, dass eine Erhitzung nöthig würde.

B. Härte.

unter diesem Ausdrucke verstehen wir im Allgemeinen das Maass des Widerstandes, welchen ein Körper einer bleibenden Aenderung in der Lagerung seiner Molecüle entgegensetzt. Daher nennt man Härte eben- sowohl den Widerstand, welchen ein Körper dem Eindringen eines andern entgegensetzt so beim Schneiden, Sägen, Bohren, Feilen , als auch den Widerstand gegen eine bleibende Formveränderung durch Drnck- oder Zugkräfte.

Wirken zwei Körper von verschiedenem Härtegrade auf einander, so wird am meisten der weniger harte Körper in seiner Form geändert. Die Aenderung ist um so beträchtlicher, je grösser der Unterschied in dem Härtegrade beider Körper und je grösser die einwirkende Kraft ist.

Die Härte ist häufig der Elasticitätsgrenze der Körper proportional, so dass Körper, deren Elasticitätsgrenze hoch liegt, auch bedeutende Härte zeigen. Liegen in diesem Falle auch die Elasticitätsgrenze und Festigkeit nahe bei einander, so ist der Körper hart und spröde, z. B. weisses Roheisen, liegt dagegen, wie z. B. beim geglühten Stahle, zwischen Elasticitätsgrenze nnd Festigkeit noch ein grosser Zwischen- raum, so ist der Körper hart und z&h.

Aus dieser Erklärung des Begriffs Härte ** folgt, dass die Kraft- wirkung, welche zur Hervorbringung einer bleibenden Formveränderung aufgewendet werden mnss, in gleichem Verhältnisse zu der Härte des Körpers steht. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet ist die Härte eines Körpers fGkr die Verarbeitung desselben durch Druck oder Stoss

^) Jahrbach der Bergakademien seu Leoben, Pvibram und Schemnitz, Band XXII, Seite 179 (Tanner).

334 Formgebung durch äussere Kraft.

von nicht geringer Wichtigkeit. Eine Platte Blei auf die Hälfte ihrer Stärke zusammenzudrücken und dadurch in ihrer Flächenausdehnung entsprechend zu vergrössem, erfordert einen geringern Kraftaufwand als derselbe Vorgang mit einer Platte Kupfer; denn das Blei ist weniger hart als Kupfer, es setzt der Formveränderung einen geringem Wider- stand entgegen.

Die Härte des Metalls ändert sich mit der Temperatur. Alle Me- talle, deren Uebergang in den flüssigen Zustand nicht plötzlich, sondern allmälig stattfindet, z. B. Schmiedeeisen und Stahl, verlieren in steigen- der Temperatur mehr und mehr ihre Härte, werden völlig weich und beginnen endlich zu fliessen. Es geht hier die Härteabnahme mit der Verringerung der Elasticität Hand in Hand. Im flüssigen Zustande ist die Härte gleich Null. Auch bei manchen Metallen, welche plötzlich schmelzen, nimmt die Härte mit der steigenden Temperatur ab, jedoch pflegt in diesen Fällen die Härteabnahme weit weniger allmälig und bis gegen den Schmelzpunkt gering zu sein, wo dann eine plötzliche A ender ung in dem Härtegrade eintritt.

Je allmäliger demnach der Uebergang aus dem festen in den flüssi- gen Zustand der Metalle stattfindet, in einen desto weichern, bildsamem Zustand lässt sich das Metall versetzen« Beim Eisen sinkt der Schmelz- punkt und der Uebergang tritt um so plötzlicher ein, je mehr der Kohlenstoffgehalt zunimmt, daher lässt sich kohlenstoflarmes Schmiede- eisen in einen weichern Zustand versetzen und erfordert in diesem Zu- stande einen geringern Kraftaufwand zur Verarbeitung als der kohlen- stoflreichere Stahl.

Einfluss chemischer Beimengungen auf die Härte.

Wie die Dehnbarkeit, so wird auch die Härte durch einen Gehalt an fremden Körpern erheblich beeinflusst. Während aber die Dehnbar- keit unter dem Einflüsse dieser fremden Körper häufiger geschwächt als vergrössert wird, nimmt umgekehrt die Härte durch fremde Bestand- theile häufiger zu, als ab; und nicht selten ist der Fall, dass man ab- sichtlich zur Erhöhung der Härte und dadurch der Widerstandsfähig- keit Metalle mit anderen legirt, wenn auch auf Kosten ihrer Dehnbarkeit.

Bei dem schmiedbaren Eisen steigt, wie erwähnt, die Härte mit dem Kohlenstoflgehalte , deshalb ist Stahl härter als Schmiedeeisen. Auch ein Siliciumgehalt macht das Eisen härter. Zur Hervorbringung von ausnahmsweise grossen Härtegraden legirt man den Gnssstahl in neuerer Zeit mit geringeren Mengen Chrom oder Wolfram (Chrom bis 2 Proc, Wolfram bis 8 Proc), z. B. wenn es sich darum handelt, Werk- zeugstahl zur Bearbeitung sehr harter Körper hervorzubringen.

Auf dem Umstände, dass beim schmiedbaren Eisen die Härte mit dem Kohlenstoflgehalte steigt, beruht das Verfahren der Oberflächen- härtung oder Einsat zhärtung. Gegenstände, z. B. Werkzeuge,

Härte. 335

welche nnr an der Oberfläche Hartwerden sollen, werden mit Holzkohle oder noch besser mit Körpern, welche neben Kohle auch Stickstoff enthalten thierische Kohle, Homspähne, auch Blntlangensalz als Zusatz , in Blechkästen eingesetzt, Theile der Oberfläche, welche nicht gehärtet werden sollen, zuvor mit Thon überstrichen, und das Ganze nunmehr in einem Holzkohlen- oder Koksfeuer zur hellen Rothgluth erhitzt. Es tritt ein Cementationsprocess ein, in Folge dessen das geglühte Eisenstück an der Oberfläche kohlenstoffreicher und dadurch härter wird. Es wird dann glühend herausgenommen und in Wasser abgelöscht.

Solche Einsatzhärtung kann aus mancherlei Ursachen zweckmässig sein. Kohlenstoffarmes Eisen ist nicht allein billiger, sondern auch leich- ter verarbeitbar als kohlenstoffreicher Stahl, daher kann unter Umständen die Anfertigung in der beschriebenen Weise bequemer von Statten gehen als wenn der betreffende Gegenstand von vornherein aus härterm Stahle gefertigt würde. Vielfach liegt aber auch der Zweck vor, bei einem Gegenstande die geringere Sprödigkeit des kohlen stoffärmem Eisens mit der grössern Härte des kohlenstoffreichem zu vereinigen, welche letztere für viele Verwendungen nur an der Oberfläche vorhanden zu sein braucht, z. B. bei manchen Werkzeugen u. dergl.

Beim Kupfer steigert besonders ein Zusatz von Zinn die Härte in bedeutendem Grade.

Dem Golde und Silber giebt man durch Legirung mit Kupfer eine grössere Härte, dem Blei durch Zusatz von Antimon, dem Zinn durch Zusatz von Blei, Antimon oder Kupfer.

Geringe Mengen von Eisen erhöhen die Härte fast aller Metalle und Legirungen.

Einfluss der mechanischen Verarbeitung auf die Härte.

In den meisten Fällen, wo durch die Verarbeitung die Elasticität eines Metalls gesteigert wird, wächst auch seine Härte, bei dem einen Metalle in stärkerm, bei dem andern in weniger merkbarem Grade. Durch Erhitzung geht auch diese Steigerung des Härtegrades wieder verloren; es folgt aber hieraus, dass bei der Bearbeitung durch Druck, Stoss oder Zug die Härte sich um so racher steigern wird, in je kälterm Zustande des Metalls die Bearbeitung stattfand.

Vorzugsweise wichtig und für die praktische Verwendung von Be- lang ist diese Härtesteigerung beim Stahle. Je kohlenstoffreicher der- selbe ist, desto rascher nimmt die Härte mit der Elasticität bei der Ver- arbeitung zu. Selbst wenn die stattfindende Formveränderung eine kaum noch merkliche ist, lässt sich durch fortgesetzte Bearbeitung ins- besondere durch Hämmern des Stahls im kalten Zustande eine be- deutende Steigerung jener genannten Eigenschaften hervorrufen. Bei Anfertigung von Stahlwaaren, welche neben grosser Härte auch grosse Elasticität besitzen sollen, findet daher dieses Mittel, den in seiner rohen

336 Formgebong durch äussere Kraft.

Form fertigen Gegenstand einer fortgeaetxten Bearbeitung durch Häm- mern im kalten Zustande zu unterwerfen, yielfache Anwendung, so bei der Darstellung yon Federn, Sensen, Säbelklingen u. dergL

Bei der Bronxe wirkt der höhere Zinngehalt in ähnlicher Weise auf die Steigerung der Härte durch Verarbeitung im kalten Znstande wie beim Stahle der Kohlenstoff. Je höher der Zinngehalt ist, desto rasdier nimmt die Härte der Bronze mit der Verarbeitung zu, und Bronzen mit mehr als 6 Proc. Zinn erlangen durch Hämmern sehr bald die Härte des Stahls. Bei diesen zinnreicheren Bronzen steigert sich aber durch die Verarbeitung die Festigkeit in weit schwächerm Maaase als die ElastiGi- tat und die Härte, und die Legirung wird um so schneller ^röde, je grösser ihr Zinngehalt ist

Eine praktische Verwendung findet die Härtezunahme der «Bronze durch mechanische Formveranderung bei der Anfertigung der neueren Brona^^eschütze. In der Geschütsgiesserei zu Luttich werden die ans Phosphorhronze mit 5 Proc. Zinn gegossenen G^sch&tae durch Schmieden im kalten Zustande gehärtet, dann durch umgelegte glühende Eiaenringe an der Aussenflache auf 300 bis 360® erwärmt. Dadurch wird dem Metalle an dem umfange seine Härte genommen und die gegen dma Zer- reissen schützende Zähigkeit wieder ertheilt, während in der weniger erwärmten Creschntzseele die künstlich erzeugte grössere Härte als Sdiutz gegen Abnutzung zurückbleibt^). Bei d«* Anfertigung der sogmannten Stahlbronzegeschütze des General t. Uchatius in \¥ien wird das aus gewöhnlicher Bronze mit B Proc Zinn in der auf S. 206 beechnebe- nen Weise g^oesene und auf einen geringem als den eigentlichen Durch- messer ausgebohrte Geschütz durch auf einander folgendes Eintreiben von sechs Stahlkolben, deren Durchmesser jedesmal etwas grösser als bei dem Toransgegangenen Kolben genommen wird, allmälig bis auf den normalen Durchmesser erweitert. Das Durchpressen dieser Kolben ge» schiebt mit einer starken hydraulisch^i Presse. Durch dieses Pressen wird die Härte der Bronze innerhalb der Goschützseele beträchtlich ge- steigert, während das Metall an dem Um&nge in weit unerheblicherm Grade beeinflusst wird und s^e ursprüngliche Zahigkot behält ').

Einfluss racher Abkühlung auf die Härte.

Schon bei der Besprechung der Formgebung durch Giessen wurde mehrfach des Einflusses gedacht, welchen eine rasche Wärmeentziehung auf die Härte der gegossenen Metalle übt. Bei ^nigen steigert sich die Härte durch rasdie Abkühlung in erheblichem Maasse Gusseisea , bei andern Terringert sie sich.

1) Kaherea hierübo*: Kanzel, op. cit., Seite 114 ff.

') Vergleich« Dingler's polytechnisches Jontnal, Band 217, Sttte 122; auch KöDzel, op. <ät^ Seite 117.

Härte. Härten des Stahls. . 337

Aehnliche Einflüsse seigen sich hei den schmiedharen Metallen, und anter diesen igt wieder der Stahl durch eine ausserordentlich grosse Empfindlichkeit gegen die Einflüsse der Ahkühlung charakterisirt. Durch rasche Ahkühlung des auf eine Temperatur yon ca. 500^ C. erwärmten Stahls wird die Härte desselhen gesteigert und zwar in um so höherm Grade, je reicher er an Eohlensto£F ist; durch Erwärmung des in solcher Weise gehärteten Stahls und langsame Ahkühlung wird diese Härte wieder auf ihr früheres Maass zurückgeführt. Man nennt den in solcher Weise gehärteten Stahl glashart.

Diese Eigenschaft der Härtharkeit hildet das hauptsächlichste Untere Scheidungsmerkmal des Stahls von dem Schmiedeeisen, welches letzteres dieselhe nicht besitzt.

Während durch fortgesetzte Bearbeitung des Stahls im kalten Zu- stande neben der Härte auch Elasticität und Festigkeit in beträchtlichem Grade gesteigert werden, wächst durch rasche Abkühlung des heissen Stahls nur die Härte; die Festigkeit verringert sich, und nähert sich der Elasticitätsgrenze, der Elasticitätscoefflcient die erforderliche Kraft zur Hervorrufung einer vorüber gehenden Formverändernng wächst, der Stahl wird äusserst spröde.

Diese durch das Härten erzeugte Sprödigkeit des Stahls ist jeden- falls zum Theile die Folge einer Spannung, d. h. unnatürlichen Lagerung der Molecüle, hervorgerufen durch die rasche Abkühlung und Zusammen- ziehung einzelner Theile, während andere, z. B. die inneren Theile eines Stahlkörpers, auf welche die Abkühlung erst allmälig wirken kann, langsamer erkalten.

Eine andere bisweilen eintretende Folge dieser ungleichmässigen Zusammenziehung beim Härten ist die Entstehung sogenannter Hart- risse oder Hartborsten an der Oberfläche, welche sogar mit der völli- gen Abtrennung einzelner Stückchen verbunden sein kann. Sehr häufig tritt auch ein Krummziehen, Werfen, als Folge ungleichmässiger Ab- kühlung ein, Vorgänge, die wir auch früher schon bei der Abkühlung der Metalle nach dem Giessen kennen gelernt haben.

Durch vorsichtiges Erwärmen Anlassen des gehärteten, glas- harten Stahls lässt sich ihm jene übermässige Sprödigkeit, die ihn inr die Verwendung unbrauchbar machen würde, nehmen, zugleich ver- schwindet aber auch ein Theil seiner Härte, und bei der Erwärmung bis zum Glühen und langsamer Abkühlung würden Härte und Sprödigkeit wieder verschwunden sein. Beschränkt man das Anlassen jedoch auf ein geringeres Maass, so hat man dadurch ein vortreffliches Mittel in der Hand, einen Stahl zu erlangen, der bei nicht zu grosser Sprödigkeit einen bestimmten Härtegrad abhängig von der Temperatur beim An- lassen — besitzt. Für die Benrtheilung dieser Temperatur geben uns nun die an der Oberfläche des Stahls sich beim Anlassen bildenden An- lauffarben — durch eine geringe fortschreitende Oxydation der Ober- fläche entstanden ein bequemes ^Mittel an die Hand, obschon die

üedebnr, mechaiÜBch-inetalliiTgiBohe Technologie. 22

338 FormgebuDg durch äussere Kraft.

Temperatur, bei welcher jene Anlauffarben erscheinen, nicht bei allen Stahlsorten ganz genau übereinstimmt und man deshalb den Stahl erst in dieser Beziehung erproben muss. Zuerst erscheint die blassgelbe Farbe, wird dann dunkler, geht in Rothgelb und dann in Purpurroth über, dann folgt Violett, Hellblau, Dankelblau, zuletzt Schwarzblau. Sodann wild der Stahl wieder hellgrau, kurz darauftreten die ersten Anlauffar- ben noch einmal in der nämlichen Reihenfolge , jedoch nur sehr yorüber- gehend auf, endlich beginnt das Glühen und der Stahl wird ganz weich. Nur die erste Reihenfolge der Anlauffarben wird jedoch zum Anlassen benutzt.

Folgende Tabelle giebt eine ungefähre Üebersicht über die für ver- schiedene Verwendungen des Stahls benutzten Temperaturen beim An- lassen und dabei sich zeigenden Anlauffarben:

220^ Celsius blassgelb chirurgische Instrumente,

230^ strohgelb Rasirmesser, Federmesser, Grab-

stichel, 2550 braungelb

(morgenroth) . . . Scheeren und harte Meissel, 265** braun mit Purpur- flecken Aexte, Hobeleisen, Messer,

277^ purpurfarbig . . . Tischmesser,

2880 hellblau Säbelklingen, Uhrfedern,

293<^ kornblumenblau . feine Sägen, Rapiere, Bohrer, Dolche,

316^ schwarzblau .... Hand- und Stichsagen.

Das Härten wie das Anlassen ei-fordem zur Erzielung eines guten Erfolgs Umsicht und mancherlei Kunstgriffe. Denn da Härtung über- haupt nur eintritt, wenn der Stahl über eine gewisse Temperatur erhitzt war (450 bis 500^0.) und rasch unter diese Temperatur abgekühlt wird; da aber die Härte zum grossen Theile Ton der Schnelligkeit der Ab- kühlung und diese wieder von verschiedenen Nebenumstauden Grösse des Stahlstücks, Wärmeleitungsfahigkeit und Temperatur der Abkühlungs- flüssigkeit etc. etc. abhängig ist, so folgt, dass ein zu hoch erhitzter Stahl sich schwierig, ein zu gering erhitzter Stahl sich gar nicht härten lassen wird, und dass das Maass der erfolgenden Härte ein sehr ver- schiedenes sein kann. Die geeignetste Temperatur, auf welche der zu härtende Stahl erhitzt worden muss, ist Kirschrothgluth , braunrothe Glühhitze erzeugt oft gar keine Härtung mehr, und eine Erhitzung auf eine noch geringere Temperatur hat oft den entgegengesetzten Erfolg als beabsichtigt war; der Stahl wird durch Anlassen weich.

Das gewöhnlichste Mittel zur Wärmeentziehung ist das Wasser, für geringere Härtegrade benutzt man Fette, Seife, Wachs oder dergleichen; für stärkere Härtungen Lösungen von Kochsalz, Salmiak und anderen Sal- zen in Wasser, durch welche man offenbar die Wärmeleitungsfahigkeit der Härtungsflüssigkeit erhohen will.

Härten des Stahls. 339

Nach Jarolimek^) sind es ausser Temperatur und Wärmelei tnngs- föhigkeit auch die Wärmecapacität, Hohe des Siedepunkts und die latente Wärme der Abkühlungsflüssigkeit, welche den Grad der Härtung des Stahls beeinflussen. Benutzt man nun Wasser als Härtungsmittel und taucht den selbst nur auf ÖOO^' erhitzten Stahl hinein, so wird in unmittelbarer Nähe desselben in Folge der Wärmeeausstrahlung sofort eine ununter^ brocbene Dampfbildung eintreten, welche eine directe Berührung zwischen Stahl und flüssigem Wasser unmöglich macht, so dass eine Wärmeabgabe durch Leitung nicht, sondern nur durch Strahlung stattfinden kann. Hieraus folgt, dass die Härtung befördert wird, wenn die gebildeten Wasserdämpfe rasch abziehen können, um Gelegenheit zu neuer Dampf- bildung zu geben, also durch rasches Fortbewegen des Stahls im Wasser und langsames Eintauchen, so dass nur die Oberfläche des Wassers in Berührung mit dem noch heissen Stahle gelangt.

Ein anderes Mittel ist die Anwendung eines Wasserstrahls, welcher durch ein Rohr mit Mundstück auf den darunter befindlichen Stahl ge- richtet wird (Strahlhärtung), und wobei die sich bildenden Dämpfe durch den vordringenden Wasserstrahl mitgerissen werden.

Wendet man statt eines einzelnen stärkern Wasserstrahls eine An- zahl feiner aus einer Brause kommenden Strahlen an, so heisst die Me- thode Spritzhärtung. Hierbei bleibt der ganze Raum zwischen den Wasserföden zum Entweichen des Dampfs offen. Da dieser Abflussraum um 80 grösser wird, je geringem Raum das zuströmende Wasser be- ansprucht, so folgt, dass zur Erzielung der grössten Härte die geringst zulässige Menge und awar heisses Wasser anzuwenden ist, da kaltes langsamer verdampft, dadurch in der Nähe der heissen Fläche sich staut und die Wirkung abschwächt, dass aber auch zweitens ein hoher Druck des ausfliessenden Wassers Bedingung ist, damit die entstehenden etwas gepressten Dämpfe überwunden werden.

Ausser diesen von Jarolimek angeführten Gründen für die Wir- kung der Strablhärtung und Spritzhärtung dürfte nach Ueberzeu- gung des Verfassers auch der von Karmarsch angeführte, von Jaro- limek bestrittene Umstand für jenen Erfolg von Bedeutung sein, dass bei beiden Härtungsmethoden eine augenblickliche directe Berührung der unter Druck zuströmenden frischen Wassermassen mit dem Stahle stattfindet.

Bei der Schwierigkeit, bei der Spritzhärtung dünne Strahlen mit hohem Drucke zu erzengen, empfiehlt schliesslich Jarolimek Härten mit Wasserstaub durch einen der gebräuchlichen Zerstäubnngsapparate, wodurch rasche Verdampfung und rasches Hinwegreissen der entstehen- den Dämpfe bewirkt wird, so dass dadurch die Möglichkeit einer ausser- ordentlichen und was jedenfalls noch wichtiger ist einer sehr gleichmässigen Härte gegeben ist.

1) Oesterreichische Zeitscfarift far Berg- mid Hütten wesen, Jahrgang 1876, S. 69 ff. (Ueber das Härten des Stahls.)

22*

340 Formgebung durch äussere Kraft.

Wenn es beim Anlassen darauf ankommt, eine recht gleichmässige Erwärmung des Stahls hervorzurufen, so taucht man ihn wohl, statt ihn, wie gewöhnlich, im Kohlen feuer zu erhitzen, in ein Bad schmelzenden Metalls von bestimmtem Schmelzpunkte. Für die Temperatur von 220^ (blassgelbe Anlaufifarbe) benutzt man eine Legirung aus 7 Thln. Blei, 4 Thln. Zinn; für 230<> (strohgelb) aus 8 Thln. Blei, 4 Thln. Zinn; für 2550 (braungelb) aus 14 Thln. Blei, 4 Thln. Zinn; für 265» (braun mit Purpurflecken) aus 19 Thln. Blei, 4 Thln. Zinn; für 277° (purpurfarbig) aus 84 Thln. Blei, 4 Thln. Zinn; für 288» (hellblau) aus 48 TUn. Blei, 4 Thln. Zinn; für 293» (kornblumenblau) aus 50 Thhi. Blei, 2 Thln. Zinn; für 316^ (schwirzblau) aus Blei ohne Zusatz.

Um yiele kleine Gegenstände, z. B. Stahlschreibfedem , mit einem Male anzulassen, erhitzt man sie auf einem Eisenbleche oder in einer um ihre Achse gedrehten Eisentrommel, bis sie die gewünschte Anlauffarbe erhalten haben.

Hat der Stahl eine bestimmte Wärme angenommen, so ist es un- erlässlich, ihn sofort abzukühlen, damit nicht der Process des Anlassens weiter als beabsichtigt war fortschreitet; denn auch wenn der Stahl sofort von der Wärmequelle entfernt wird, verursacht doch die ihm noch inne- wohnende Wärme das Erscheinen der nächstfolgenden Anlauffarben, und der Stahl verliert mehr an Härte als beabsichtigt war. Er wird also abermals in Wasser abgekühlt. Eine nochmalige Härtung kann dadurch nicht eintreten, weil der Stahl in keinem Falle so hoch erhitzt war als erforderlich ist, um durch Wärmeentziehung Härtung hervorzurufen.

Jarolimek schlägt vor, zur Umgehung des Anlassens dem Stahle von vornherein eine geringere Härte zu geben,

erstens, indem er überhaupt langsam abgekühlt wird, oder

zweitens , indem er anfanglich bis auf 400^ rasch , dann langsam gekühlt wird.

Diese letztere Wirkung soll man erhalten, wenn man den glühenden Stahl in ein Metallbad mit einem Schmelzpunkte unter 400^ (z. B. Blei) eintaucht. Bei der grossen Wärmeleitungsfahigkeit des Metalls wird dem Stahle rasch so viel Wärme entzogen, dass er unter jene Grenztemperatur abgekühlt wird, mithin Härtung erfolgt, andererseits verhindert aber die hohe Temperatur des Härtungsmittels die Erhärtung bis zur Glashärte und bewirkt also gewissermaassen ein gleichzeitiges Anlassen.

In der Praxis haben jedoch diese Mittel, das Anlassen entbehrlich zu machen, sich bis jetzt kaum als durchaus zuverlässig bewährt, und wenn es auch in einem Experimente gelingt, in solcher Weise einen Stahl von gewünschten Eigenschaften zu erhalten, so dürfte doch in den meisten Fällen der Praxis der nur wenig umständlichere und immerhin zuverlässigere Weg des Anlassens vorzuziehen sein.

Es verdient noch Erwähnung, dass durch das Härten des Stahls das specifische Gewicht desselben verringert, das Volumen also vergrössert wird. Bei Gegenständen, die nach dem Härten genau vorgeschriebene

( o

Härten und Anlassen. 341

Abmessungen besitzen sollen, ist dieser Umstand beachtnngswortb , denn man muss sie von vornberein um so viel kleiner machen, als die Zn- nabme des Volumens beim Härten beträgt. Diese Zunahme ist, wie auch die Härtung, nicht bei allen Stahlsorten die nämliche. Caron ver- minderte durch dreissig auf einander folgende Härtungen das specifische Grewicht von 7,817 auf 7,743, was einer Zunahme des Volumens von 0,95 Froc. entspricht; nach Riebe' s Versuchen verminderte sich das spe- cifische Gewicht durchschnittlich von 7,841 auf 7,740 , wobei also das Volumen um 1,30 Proc. sich vergrösserte ^). Nach Earmarsch beträgt die Volumenvergrösserung 0,3 bis 4,16 Proc, nach den meisten Beobach- tungen durchschnittlich 1,5 Proc, was den Ermittelungen von Riebe annähernd entspricht. Die einzelnen Abmessungen des Arbeitsstücks würde man demnach bei der Anfertigung um durchschnittlich 0,5 Proc. oder Y200 kleiner zu nehmen haben als sie nach dem Härten werden sollen ^).

Durch das Anlassen des gehärteten Stahls wird das specifische Ge- wicht wieder auf annähernd das ursprüngliche Maass zurückgeführt. Das specifische Gewicht der von Riebe benutzten Stahlstäbe betrug nach dem Anlassen durchschnittlich 7,831.

Wie eine rasche Wärmeentziehung im glühenden Zustande bei der Bronze hinsichtlich der Dehnbarkeit den umgekehrten Erfolg hervorruft als beim Stahle , so auch hinsichtlich . der Härte. Glühende Bronze im Wasser abgelöscht wird weicher. Man nennt daher in Rücksicht auf diese übereinstimmende Wirkung entgegengesetzter Verfahrungsweisen das Ablöschen der Bronze Anlassen. Das specifische Gewicht der Bronze vergrössert sich demgemäss bei rascher Abkühlung, und zwar bei den zinnreichen Bronzen stärker als bei den zinnärmeren Geschützbronzen, wo diese Wirkung des Ablöschens nur unerheblich ist.

G. Schweissbarkeit und Adhäsionserscheinungen.

Sofern die Schweissbarkeit der Metalle ein Mittel ist, zwei oder mehrere in ihrer rohen Form bereits fertige Theile mit einander zu einem Ganzen zu verbinden, bildet sie eine Arbeitseigenschaft für die Vollendungsarbeiten, welche den Gegenstand des dritten Abschnitts die- ses Buches bilden werden. Da aber auch bei der rohen Formgebung durch Druckkräfte nicht selten der Fall vorkommt, dass formlose Metall- stücke — Abfalle bei anderen Arbeiten, Ausschussstücke und dergleichen während der Formgebung selbst vermöge ihrer Schweissbarkeit zu einem Ganzen vereinigt werden, und da ferner bei der rohen Formgebung so- gar Fälle vorkommen, wo Metalle verschiedener Art durch die Wirkung der Schweissbarkeit es sei dieser Ausdruck auch für diesen Vorgang

1) Annales de Chimie et Physique, 4 s^rie, t. XXX, p. 351; Dingler 's Polytechnisches Journal, Band 213, Seite 348.

^ Vergleiche die Beziehungen zwischen linearen und cuhischen Schwin- gungsooef&cienten Seite 95.

342 Formgebung durch äussere Kraft.

gestattet, da leider eine genauere Bezeichnung der betreffenden Eigen- schaft fehlt zu einem Ganzen vereinigt werden, so ist es unerlässlich« die Besprechung dieser wichtigen Eigenschaft schon hier einzureihen.

Wie schon früher erwähnt, besteht zwischen den Atomen eines festen Körpers eine Anziehungskraft, welche den Zusammenhang des Körpers sichert und Cohäsionskraft genannt wird. Diese Cohäsionskraft verliert ihre Wirkung, wenn durch irgend eine äussere Ursache eine Entfernung der Atome von einander über ein gewisses Maass hinaus her- vorgerufen wird, es tritt alsdann Bruch oder Zerreissung an der Stelle ein, wo diese Entfernung oder Trennung stattfand. Bei vielen viel- leicht bei allen Körpern tritt aber die Cohäsionskraft wieder in Wir- kung, wenn es möglich ist, zwischen den getrennten Atomen wieder eine Annäherung in gleichem Maasse herbeizuführen, als sie während des un- getheilten Zustandes bestand.

Es darf sich jedoch diese Annäherung nicht auf einzelne wenige Atome der getrennten Körper beschränken, sondern muss begreiflicher- weise zwischen den sämmtlichen Atomen zweier sich berührenden Flächen eintreten , wenn die dadurch hervorgerufene Cohäsion wahrnehmbar und insbesondere, wenn sie deijenigen Cohäsion gleich werden soll, welche zwischen den Atomen des ungetheilten Körpers besteht.

Der Aufgabe, eine Annäherung in dem soeben beschriebenen Grade herbeizuführen , stellen sich jedoch mancherlei Schwierigkeiten entgegen, die in vielen Fällen unüberwindlich sind. Denn erstens ist dazu er- forderlich, dass die zu vereinigenden Flächen mathematisch genau auf einander schliessen. Selbst wenn aber die zu vereinigenden Körper vor- her aus einem Ganzen bestanden, welches durch äussere Kräfte getrennt wurde, findet ein solches genaues Aufeinanderschliessen nicht mehr statt; durch die trennende Kraft treten gleichzeitig Formveränderungen beider Theile ein, in den meisten FäUen sogar Entfernung kleiner Theilchen an der Trennungsfläche als Splitter oder Späne, und durch diese Vor- gänge nehmen die Berührungflächen Gestaltungen an, welche nicht mehr genau einander entsprechen, wenn auch das Auge oft nicht im Stande ist, die Unterschiede wahrzunehmen.

Ein zweites Hinderniss für die erforderliche Annäherung der Atome sind die chemischen Aenderungen, die unter dem Einflüsse der atmo- sphärischen Luft vielfach an der Aussenfläche der Körper sich vollziehen. Vorzugsweise häufig werden unter allen Körpern die Metalle von dieser Einwirkung betroffen, und, wie auch früher besprochen wurde, sind es sehr wenige derselben, welche nicht von irgend einem constituirenden oder zufalligen Bestandtheile der atmosphärischen Luft chemisch be- einflusst werden. Sobald aber die Atome der Oberfläche eines Körpers in solcher Weise neue Gruppirung annehmen, müssen auch ihre Bezie- hungen zu den unverändert gebliebenen andere werden, und in allen Fällen bilden sie in ihrer neuen Grnppirung eine fremde Schicht, welche die Annäherung der zu vereinigenden Atome hindert.

Schweissbarkeit nnd Adhäsionserscheinungen. 343

Drittens ist es in einem hohen Grade wahrscheinlich, dass auch die GashüJle, mit welcher jeder feste Körper sich nmgieht, von welcher er an seiner Oberfläche gewisse Mengen verdichtet, erschwerend für die Annäherung der Atome wirkt. Eine solche Gashülle, besonders im ver- dichteten Zustande, muss genau so wirken und die Annäherung ver- hindern wie ein fremder anderer Körper, und nicht immer dürfte es mög- lich sein, diese Gashülle zu entfernen.

Das erstgenannte Hinderniss der Vereinigung würde in Wegfall kommen, wenn man im Stande wäre, zwei genau auf einander passende Flächen herzustellen. Am leichtesten würde dieses durch zwei vollstän- dig ebene Flächen zu erreichen sein , aber selbst die mit dem höchsten Grade der Vollendung geschliffene Fläche irgend eines Körpers ist nie- mals mathematisch eben, 43ondern besitzt Erhöhungen und Vertiefungen, die sich mit unseren mechanischen Hülfsmitteln nicht mehr beseitigen lassen. Trotzdem tritt bei der Berührung sehr glatter Flächen gleich- artiger Körper bisweilen schon wahrnehmbare Cohäsion ein. Legt man zwei Spiegelscheiben auf einander, so verbinden sie sich oft so fest, dass eine Trennung ohne Zerbrechen kaum möglich ist.

Ist der betreffende Körper jedoch durch Druck dehnbar genug bildsam , so hat man dadurch ein leichteres Mittel zur Herstellung zweier genau auf einander schliessender Flächen, indem man nämlich die beiden Hälften so fest auf einander drückt, dass die Berührungsstellen genau correspondirende Form annehmen. Zwei Stückchen Wachs oder Pech werden in dieser Weise mit einander verbunden. Zwei Stücke Blei, mit metallisch reiner Oberfläche auf einander gelegt und gehämmert, lassen sich gleichfalls verbinden. Die Verbindung wird natürlich unmöglich, wenn der betreffende Körper eher zerdrückt wird, als er eine entsprechende Formveränderung annimmt. Bei einigen Körpern ist es deshalb nöthig, sie durch Erhitzung zuvor in einen dehnbarem, bildsamem Zustand zu versetzen ^). Hierher gehört Glas , welches sich bekanntlich in dem wei- chen Zustande, welchen eine starke Erhitzung hervorruft, sehr leicht ver- binden lässt, unter den Metallen vorzugsweise das schmiedbare Eisen, auch Kupfer, Platin, Gold und andere. Je kohlenstoffarmer das Eisen ist, eine desto höhere Erhitzung erträgt es, in einen desto bildsamem Zustand lässt es sich versetzen, bevor Schmelzung eintritt. Deshalb ist kohlen- stoffarmes Schmiedeeisen im Allgemeinen leichter schweissbar als kohlen- stoffreicher Stahl. Ersteres wird am besten in heller Weissgluth ge- schweisst, letzterer in Rothgluth, welche um so dunkler ist, je höher der Kohlenstoffgehalt. Der kohlenstoffreichste Stahl mit ca. 2 Proc. Kohlen- stoff und darüber ist nicht mehr oder doch nur noch mit grösster

^) Es darf wohl die Vermuthung ausgesprochen werden, dass diese Er- hitzung neben der Veränderung des Aggregatztistandes auch auf die einschliea- sende verdichtete Gashülle des Körpers einwirkt, dieselbe verflüchtigt oder mindestens verdünnt und auch dadurch das Gelingen des Schweissens befördert.

344 Formgebung durch äussere Kraft.

Vorsicbt ecbweissbar. Den Wärmegrad, bei welcbem Scbweissung des Eisens möglich ist, nennt manSchweiBsbitze. Platin erfordert stärkste Weissglatb um gescbweisst zu werden, Kupfer, dessen Scbweissung bis- her der Schwierigkeit der Darchfübrung halber verbaltnissmässig wenig Anwendung gefunden hat^ jedenfalls helle Rotbglutb.

Das zweite Hinderniss der Verbindung durch Schweissen die Entstehung chemischer Verbindungen, meistens Oxydationsproducte an der Oberfläche lässt sich bisweilen durch mechanische Reinigung der letzteren vermittelst Schabens, Feilens und dergleichen beseitigen. Schwie- riger ist die Beseitigung, wenn die Metallstücke zu dem Zwecke der Ver- einigung erhitzt werden müssen und diese Erhitzung einen neuen Oxyda- tionsprocess hervorruft. Eisen, im erwärmten Zustande der atmosphäri- schen Luft ausgesetzt, überzieht sich augenblicklich mit einer Decke von Oxyduloxyd, Hammerschlag genannt, welche die Vereinigung hindert. Eine mechanische Reinigung der Oberfläche würde keinen Erfolg haben, weil der üeberzug sich schon wieder gebildet haben würde, bevor die Ver- einigung bewirkt werden kann. Die enstandenen Oxyde müssen deshalb aus der Fuge zwischen beiden Stücken herausgequetscht werden, wäh- rend man die Stücke behuf ihrer Vereinigung an einander presst, so dass derselbe Druck, welcher die Verbindung bezweckt, auch die Entfernung jener Oxyde bewirkt, und der Zutritt atmosphärischer Luft zu der Ver- bindungsfuge völlig abgehalten ist. Damit jenes Herausquetschen mög- lich werde, müssen die gebildeten fremden Körper sich begreiflicher Weise in einem dünnflüssigen Zustande befinden, und von diesem Herausdrücken der eingelagerten Oxyde in Tropfenform rührt jedenfalls der Ausdruck Schweissen her. Eisenoxyduloxyd aber ist an und für sich schwer schmelzbar und dickflüssig. Man muss also vor der Vereinigung durch Bestreuen der Oberfläche mit einem geeigneten fremden Körper das Oxyduloxyd in eine Verbindung überführen, welche jene Eigenschaft der Leichtflüssigkeit besitzt. Diese zum Bestreuen der Oberfläche für den genannten Zweck benutzten Körper sind die sogenannten Scbweisspul- ver. Das üblichste derselben ist feiner Quarzsand (Kieselsäure), mit den Eisenoxyden zu einem Silicate, einer wirklichen Schlacke, zusammen- schmelzend. Statt der Kieselsäure wird auch Borsäui'e benutzt. Da die Schlackenaberum so leichter schmelzbar zu sein pflegen, eine je grössere Anzahl basischer Bestandtheile in ihnen neben einander vertreten sind, so fügt man ausser den genannten Säuren nicht selten dem Eisenoxydul- oxyd noch eine zweite und dritte Base hinzu und benutzt hierzu Glas, Potasche, Kochsalz, Schwerspath, Flossspath, Braunstein, Borax und andere. Solche Zusätze sind besonders beim Schweissen des Stahls üblich in Rücksicht auf die niedrigere Schweisstemperatur desselben. Auch setzt man beim Schweissen des Stahls bisweilen Körper zu, welche offen- bar den Zweck haben, einer Entkohlung desselben vorzubeugen, also koh- lenstoffhaltige Verbindungen. So empfiehlt Karmarsch zum Schweissen von Stahl auf Eisen eine Mischung von

Schweissbarkeit und Adhäsionserscheinimgen. 345

Borsäure 36,6 Theile,

Kochsalz 30,1

Blutlaugensalz 26,7

Colophoniam 7,6 ,

oder zum Seh weissen von Stahl aaf Stahl:

Borsäure 41,5 Theile

Kochsalz 35

Blutlaugensalz 15,5

Calcinirtes kohlensaures Natron. .8 , u. a. m.

Wie das Eisen, so überzieht sich auch das Kupfer in Glühhitze an der Luft rasch mit einer Hülle yon oxydirtem Metalle. Eine Yer- Bchlacknng durch Kieselsäure würde hier unzureichende Resultate geben, wohl aber gelingt die Entfernung durch Lösung in einem leichtflüssigen Salze. Rust empfiehlt als vorzüglich geeignetes Schweisspulver zum Schweissen des Kupfers phosphprsaures Natron- Ammoniak (das Phosphor» salz bei Lothrohranalysen), oder eine Mischung von 35,8 Thln. phosphor- saurem Natron mit 12,4 Thln. Borax ^).

Das erwähnte dritte Hindemiss für die Schweissung, die den Körper umgebende und theilweise verdichtete Gashülle, wird der schon oben aus* gesprochenen Yermuthung zufolge höchstwahrscheinlich durch Erhitzung entfernt oder verringert. Die Ermittelungen über das Vorhandensein dieser GashüUe, über das Maass ihres Auftretens, über die Umstände, welche ihre Gegenwart begünstigen oder erschweren, sind jedoch noch so unvollkommener Natur, dass es unmöglich ist, bestimmte Schlüsse für die Einwirkung derselben auf das Gelingen des Schweissens zu ziehen.

Statt den Vorgang beim Schweissen einfach auf die Wirkung der Cohäsionskraft zurückzuführen, hat man vielfach höchst künstliche Er- klärungen dafür gesucht, indem man allein die Schweissbarkeit des Eisens ins Auge fasste und ausser Acht liess, dass dieselbe Eigenschaft in oft noch höherm Grade zahlreichen anderen metallischen und nicht- metallischen Köi-pem zukommt, von welchen wir bereits oben einige er- wähnten. So glaubt Scheerer das Schweissen einer Reduction des ge- bildeten Eisenoxyduloxyds durch den Kohlenstoff des Eisens zuschreiben zu sollen, wobei das entstehende kohlenstofffreie Eisen ein Bindemittel zwischen den Berührungsflächen bilde; Jordan hält das Schweissen für eine dem Frieren des Wassers ähnliche Erscheinung und vergisst, dass bei dem Schweissen ein Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zu- stand gar nicht stattfindet'); Williams räumt der durch die Reibung

^) Bayerischea KnD8i> und Gewerbeblatt, Jahrgang 1868; Seite 527.

*) Bas von Jordan als Analogon für das Schweissen angefahrte Formen von Schneebällen bei eintretendem Thauwetter beruht auf der Yermischang fester Körper, der Eiskrystalle , mit einer Flüssigkeit, ähnlich wie Formsand durch Befeuchten mit Wasser, Kitt durch Befeuchten mit Glycerin bildsam wird, hat also mit dem Schweissen keine Aehnlichkeit.

346 Formgebung durch äussere Kraft

nnd den Druck an den Berührungsflächen erzeugten Wärme, wodurch eine augenblickliche Flüssigmachung hervorgerufen wurde, einen Einfluss ein und Wedding scheint sich dieser Ansicht anzuschliessen ^). Auch diese Ansicht ist jedoch viel zu gekünstelt, um wahrscheinlich zu sein, abgesehen davon, dass der zur Hervorrufung des Schweissens beim Eisen und anderen Körpern factisch erforderliche Druck viel geringer zu sein pflegt, als dass er eine solche Wärmeerzeugung zur Folge haben könnte, und Williams selbst findet, dass die einfachere Erklärung die bessere sei.

Wenn bisher nur derjenige Fall ins Auge gefasst wurde, wo zwei Stücke eines und desselben Metalls zu verbinden waren, so ver- dient es nicht minder Erwähnung, dass in ganz ähnlicher Weise und auf ähnlichen Ursachen beruhend auch verschiedenartige Körper eine Verbindung mit einander gestatten. Der Physiker nennt in diesem Falle die thätig werdende Anziehungskraft nicht mehr Cohäsion, sondern Adhäsion. Gewöhnliche Beispiele von nichtmetallischen Körpern für diese Adhäsion geben Wachs, Pech, Siegellack und andere, welche an gewissen anderen Körpern so fest adhäriren können, dass sie eher eine Trennung ihrer eigenen Moleküle gestatten als an der Verbindungsstelle. Eine ähnliche Fähigkeit zeigen gewisse Metalle unter einander, und man be- nutzt diese Eigenschaft derselben zu dem sogenannten Plattiren, einem Ueberziehen eines weniger werthvoUen Metalls, meistens Kupfer, mit einem Edelmetalle (Gold, Silber, Platin) durch einfache Adhäsion, wobei eine ebenso feste Verbindung beider Metalle entsteht, als bestän- den sie aus einem einzigen Stücke desselben Metalls.

Die Hindemisse für die Entstehung einer solchen mechanischen Ver- bindung zweier Metalle und die Bedingungen, welche demgemäss zur Hervorbringung einer solchen Verbindung erfüllt werden müssen, sind im Wesentlichen die nämlichen wie bei der Verbindung gleichartiger Metallstücke durch Schweissen. Als Hauptbedingungen gelten auch hier ausreichende Dehnbarkeit zur Ermöglichung eines dichten Zusammen- pressens, und metallisch reine Oberfläche. Erstere wird durch mög- lichste Reinheit der zu verbindenden Metalle von fremden, ihre Dehnbar- keit beeinträchtigenden, Körpern und durch Erhitzung wie beim Schweissen befördert, die Reinheit der Oberfläche durch mechanische und chemische Hülfsmittel hervorgerufen. Die Vereinigung wird beför- dert, wenn man die Berührungsfläche des leichter oxjdirbaren Metalls vor der Erhitzung auf chemischem Wege mit einer dünnen Schicht des- jenigen Metalls überzieht, mit welchem die Vereinigung bewirkt werden soll. So giebt man dem Kupfer durch Bestreichen mit einer Lösung von salpetersaurem Silber einen schwachen Silberüberzug, von Goldchlorid einen Goldüberzug, von Platinchlorid einen Platinüberzug, und entfernt dann die Lösung durch Abwaschen und Trocknen. Zur Vermeidung

') Weddiog, DarsteUung des schmiedbaran Eisens Seite 699.

Plattiren. 347

der Oxydation werden die zn verbindenden Flächen yor der Erhitzung dicht auf einander gelegt und später durch Druck wie beim Schweissen ▼ereinigt.

Ausser den genannten Metallen werden auch Zinn und Blei mit ein- ander auf solche Weise, jedoch ohne Erhitzung, vereinigt. Die vereinig- ten Metalle werden in allen Fällen einer gemeinschaftlichen Querschnitts- verdünnung (Verarbeitung zu Blechen und Drähten) unterworfen und dienen dann erst als Zwischenproducte für die Anfertigung von Ge- brauchsgegenstän den.

Literatur über die Arbeitseigenschaften der Metalle hinsicht- lich ihrer Verarbeitung durch mechanische Kräfte.

Ausser den schon gegebenen Citaten:

Karmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 1 Bd., S. 7, 9 bis 14, 35, 47, 52, 60, 66, 71, 140, 158, 186, 194 bis 199.

Hoyer, Mechanische Technologie, S. 127 ff. (Theorie der Dehnbarkeit).

Mnspratt-Kerl, Chemie, Bd. lU, Artikel Kupfer und Legirungen (Dehn- barkeit und Harte).

Wagner, Die Metalle und ihre Verarbeitung.

Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 696 (Schweissen).

Percy, Metallurgie, I Bd., deut43ch von Knapp, S. 6 bis 10.

Kerl, Metallurgie, Bd. Ul, 8. 583, 749.

Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, 8. 448 (Härt^ und Anlassen des Stahls).

Kerpely, Fortschritte des Eisenhüttengewerbes, Bd. VllI bis X, 8. 587 (Härten).

2. Die ErMtziing der Metalle.

Aus der Besprechang der Arbeitseigenschaften der Metalle geht her- vor, dasB die Erhitzung derselben einen doppelten Zweck verfolgen kann:

entweder soll das Metall für die Arbeit der Formverändemng selbst erhitzt und dadurch in einen weichem und dehnbarem Zustand ver- setzt werden;

oder es soll demselben die bei der bereits vorgenommenen Form- veränderung entstandene Härte und Sprödigkeit durch das Erhitzen wieder genommen und es dadurch zu weiterer Verarbeitung tauglich gemacht werden.

Ist die Querschnittsverdünnung eine bedeutende und das Metall geneigt, seine Dehnbarkeit zu verlieren, so ist nicht selten eine zwei-, drei- und mehrmalige Unterbrechung der Arbeit zum Zwecke der Er- hitzung erforderlich.

Jenachdem die Metalle eine directe Berührung mit dem Brenn- stoffe vertragen «oder von jeder Berührung desselben ausgeschlossen wer- den müssen, sowie nach Form und Grösse der zu erhitzenden Metall- stücke unterscheidet man eine Anzahl verschiedener Constructionen der Erhitzungsapparate, die sich im Wesentlichen in drei Hauptgruppen sondern lassen.

Erste Gruppe. Schmiedefeuer.

Als Erhitzungsapparat dient ein kästen- oder rinnenförmiger Be- hälter mit dem stückförmigen Brenn materiale gefüllt, welches das Arbeitsstück umgiebt. Die Verbrennung erfolgt durch Gebläsewind, welcher durch eine Oeffnung (Windform) am Boden oder an einer Seite zugeführt wird. Zur Bequemlichkeit des Arbeiters ist die Oberkante des Feuers 750 bis 900 Mm. über den Erdboden erhöht und das ganze Feuer demnach in einen gemauerten oder gusseisernen Herd eingebaut Die kleineren Schmiedeherde erhalten nur ein Feuer, grössere zwei bis vier, deren Verbrennungsproducte gewöhnlich durch eine gemeinschaft- liche darüber angebrachte Schmiedeesse entweichen.

Es folgt aus dieser allgemeinen Einrichtung der Schmiedefeuer von selbst, dass sie einestheils nur zum Erhitzen von Metallstücken sich eig- nen, deren Querschnitt und Länge nicht allzu beträchtlich sind, weil mit

Schmiedefeuer. ' 349

der Grösse derselben die Schwierigkeit wftchst, eine gleichm&ssige Er- hitzung hervorzubringen, und dass andemtheils nur solche Metalle zum Erhitzen in Schmiedefeuem geeignet sind, welche durch die Berührung mit dem Brennmateriale keine chemische Veränderung erleiden. In der That bedient man sich der Schmiedefeuer fast nur zum Erhitzen von Schmiedeeisen und Stahl und benutzt als Brennmaterial für ersteres Steinkohlen, für letzteren Holzkohlen.

Fig. 267 stellt ein gewöhnliches Schmiedefeuer mit gemauertem

Herde dar^). Es ist hier Ä ein hohler Raum unterhalb des Feuers, zur Erspa- rung von Baumaterial angelegt und sehr zweckmässig zur Aufbewahrung von Kohlen benutzt. F ist die Feuergrube von feuerfesten Steinen eingefasst, ge* wohnlich 200 bis 400 Mm. lang und breit, 100 bis 150 Mm. tief, B eine Brandmauer, d ist die Windform, auch Esseisen genannt, d. h. die gusseiseme Hülse, in welcher das conische Endstück der Windleitung mündet und durch welche der Gebläsewind in das Feuer geführt wird, g ist ein aus Eisenblech gefertigter Rauchfang zum Auffangen der Yerbrennungsproducte, welche von hieraus nach der Esse e entweichen. L ist der bei keinem Feuer fehlende Lösch trog, ein eiserner mit Wasser gefüllter Behälter, auf einem Vorsprunge der Herdmauerung ruhend, zum Ablöschen der ge- schmiedeten Gegenstände und zu anderen Zwecken dienend, m ist ein Raum unterhalb des Löschtrogs für die aus dem Feuer gezogenen Schlacken, welche über den Herd hin weggezogen und durch den senkrechten Canal nach unten geworfen werden. Die obere Fläche des Herdes wird zum Schutze gegen Beschädigungen des Mauerwerks zweckmässig mit guss- eisernen Platten abgedeckt.

Enthält der Schmiedeherd mehr als ein Feuer, so vereinigt man dieselben unter einem gemeinschaftlichen Rauchfange, zwei Feuer ord- net man gewöhnlich in solcher Weise neben einander an, dass die Rich- tungen der einströmenden Gebläseluft parallel laufen, mehr als zwei Feuer legt man nicht selten kreisförmig um die in der Mitte stehende Esse.

Die Form (Windform) hat meistens eine kreisrunde, seltener eine halbkreisförmige Oeffnung zum Ausströmen des Windes, welche sich nach hinten conisch erweitert. Zum Schutze gegen die Hitze versieht man die Schmiedeform nicht selten mit einer Wasserkühlung. Zu diesem Zwecke ist sie hohl gegossen und man lässt den Wasserstrom ähnlich

') Nach Hoyer, Mechanische Technologie, Seite 136.

350 Schmiedefeuer.

wie bei Bocbofenformen in der Höhlung circnliren , darcb einen Rohr- Btntzen ein-, ilaroli einen zweiten ausströmen, oder man wählt eine Ein- richtung wie in Fig. 268 skizzirt iat, wo das Wasser den Ranm zwischen Fig. 268. Form und BQse ansfilllt, auf diese Weise auch die letz- tere kohlend i).

Der vordere DurchmesBer der Form im I.iohten pflegt bei den kleineten Feuern 10 bis 15 Um. zn sein nnd bei den grössten höchstens 30 Mm. zu betragen.

Fflr langgestreckte Fener aum Erhitzen langer Stangen bringt man bisweilen mehrere Formen neben einander an, seltener ist die Anwendung zweier gegen- aberliegend er Formen, nm auf starke Stücke von beiden Seiten Hitze zn geben, denn die Hinübertegung des Windrohrs ist immer- hin nicht gut ohne Beengung des Raums auf dem Herde zn bewerkstelligen. Um die Form festzulegen, dnrchhricht man die Brandmauer an der Seite, wo die Form liegt, mit einer Oeffnung, welche dnrch eine starke gnsseiserne Platte, Fig. 269, geschlossen wird. Diese Platte hat Fig. 269. an den viel' Seiten Ausschnitte, durch deren untern

die Form hindnrchreicht; ist die Platte an dieser Stelle ausgebrannt, so drtht man sie so, dass ein anderer Ausschnitt nach unten kommt, nnd so fort. Die Achse der Form liegt eotweder horizontal oder sie hat eine geringe Neigung gegen die Sohle der Feuergrnbe (Stechen der Form), um die Hitze mehr in dem untern Theile des EohlenhaafenB 2a concentriren. Die seitliche Zuführang des Gebläsewindes hat mancherlei Nach- theile. Der hauptsächlichste Uebelstand liegt in dem Umstände, daaa eine eioeeitige Erhitzung des Metallstücks stattfindet, was besonders bei der Erhitzung grosser StQcke ins Gewicht fallt, verlangsamend auf die Arbeit and ungünstig safdenKoblenverbranch wirkt. Ausserdem kommt hierbei in Betracht, dass die nach der Brandmauer zugekehrte Seite des Feuers, von welcher der Wind eingeführt wird, völlig unzugänglich für den Arbeiter bleibt. Es verdient deshalb die mehr und mehr Anklang fin- dende Einrichtnng der Schmiedefeuer volle Beachtung, bei welcher der Gebläsewind in senkrechter Richtung von unten her in das Fener ge- führt wird. In richtiger Erkenntniss der Vortheile, welche eine solche Einrichtung gewährt, sind schon seit einer Reihe von Jahren vereohie- denc Constmcttonen in Ausfühning gebracht worden, um die senkrechte Windfilhrnng in möglichst zweckmässiger Weise anzuordnen ohne eine Verstopfung derEinströmangBöfi^nungen durch Schlacke, Kohlen oder der- gleichen hefQrchten zu mOssen. Alle diese Einrichtungen laufen darauf hinaus, dass ein gnsseiserner Wiiidkasten mit ebener oder kuppeiförmiger

') MechanicsMaeaiin lBr.5,Nr, leST; Diogler, Polyt. Journ.M. 137,S. 417.

Windfonnen. 351

Decke unter der Sohle des Feuers angebracht wird und der Wind durch runde oder schlitzförmige Oeffunngen in dem höchsten Th eile desDeokela in das Feuer atrCmt. Bei solcher Einrichtang wird es nan allerdings unYerm eidlich sein, dass ab nnd an Theilchen der am Boden sich sam- melnden und erstarrenden Schlacke, KohlenstQckchen etc., in die Wind- Öffnungen gerathen und sich am Buden des Windkastens anhänfen; des- halb muBS dort ein leicht zu öffnender Versohlnss angebracht sein, nm diese fremden Körper zu entfernen. Gl flcklicber weise ist die erkaltete Schlacke änsseret spröde and läset sieb, auch wenn sie die Windöfiiina- gen verstopß haben sollte, leicht mit Hülfe einer eisernen Stange los- brechen. Damit das Windzuleitungarobr nicht von eintretender Schlacke verstopft werde, mnse dasselbe in einer Seitenwand des Kastens in eini- ger Höhe über dem Boden desselben angebracht werden. Um nicht den g.tnzen Windkaston herausnehmen zu müssen, wenn die WindeinstrÖ- ninngsöffnungen durch Ausbrennen sich erweitert haben and einer Reparatur bedürfen, hat man die letzteren in zweckmässiger Weise auch wohl mit leicht auszuwechselnden knrzenDOsen versehen (vergleiche unten Fig. 272). Mehrfach hat man mit dieser Windzuleitung von unten eine mehr dler minder einfache Vorrichtung zur Regulirung des eintretenden Wind- Btromes in Verbindung gebracht. Bei den Schmie deformen von Scheller

Fig. 270.

dient hierzu eine an einer verticaler

Sohraubenspindel befindliche Ventil- scheibe mit kleinen Oeffnnngen, welche bei Drehnng der Spindel die grossere Oeffnung an der oberen Seite des Windkastens allmälig scbliesBt, so dass der Wind nur noch durch die kleinen Oeffnnngen des Ventils ins Feuer ge- langen knnn')i zweckmässiger dient bei denSchmiodeformen von Webers zu demselben Zwecke eine horizontale Spindel mit kreuzförmig aufgegosse- nen Rippen, welche bei ihrer Drehnng vermittelst dieser Rippen die schlitz- förmige Oeffnnng des Windkastens nnch Belieben geöffnet Iftsst, ganz oder theilweise scbliosBt*). In recht ein- facher und jedenfalls zweckraäEsiger Weise erfüllt als eine der neaesten Constmctionen dieser Art die in Fig. 270 nnd 271 abgebildete patentirte Schmtedeforra von Dr. Ebbinghaus den munlicben Zweck. Das Gehäuse derselben ist ans Gasseisen in zwei Theilen als Unterthcil und Deckel gegossen und durch Schrauben zusammengehalten. An der einen Seite

I, Jabrg. 1834, B. 449.

352 Schmiedefener.

befindet sich der s,a dem Obertheile angegOBsene Rohretatzen a, an wel- clieo die Windleitong uiBchlieBet ; »n dem Boden des GehÄuseB dient der mit einem Schieber verechloBsene BhIb b zam Entleeren desBelben von Schlacke. Der Deckel ist noch oben glockenförmig gewölbt nnd an dem hochBten Punkte mit einem länglichen Schlitze versehen, durch welchen der Wind in das Feaer gelangt. Eine keillormige eieerne Zange c, welche in senkrechter Richtnng bewegt werden kann , vermag den er- wähnten Schlitz ganz oder theilweiae za BchliesBen und ragt bei völligem Verscblasse noch nm 1 bis 2 Centimeter aus demselben hervor; man ist dnrcb diese Einrichtung im Stande, etwaige Schlacken an aätze oberhalb der Oefinnng vermittelst Hebens der Zunge ohne Weiteres loszustoBBen. Das entgegen gesetzte Ende der Zange geht dnrch eine OeETnang im Boden des Gehäuses hindurch und ist mit einem Schlitze versehen, in welchen der von der Spindel d mit Hülfe der Kurbel e bewegliche Hebel / eingreift und so ein Heben oder Senken der Zunge veranlasst ').

Derartige Constrnctionen der Windformen gestatten nun, den Herd des Feuers ohne Brandmauer lingsam freizulegen und das Feaer in

Fig. 271.

') Aabnliehe Constrnctionen nind in neuerer Zeit m^lirfach entstanden. Sieli« nnter Auderen Morgan'« Sdimieilefeiier in Eoglneering, Bd. 20, S. 47.'), auch Dingler'd polj-t. JntirnftI , Bd. 221, 8. 81; Steinecker'» Scbmiedefener, Deutsche Industriezeitnng, Jahrg. 1H76, 8. 242; Dingler's poly t. Joura., Bd, 22i.

Windzufiihrung.

353

der lütte des Herdes einsabauen, wodurch dem Arbeiter manche Bequem- lichkeit erwächst. Fig. 271 stellt ein solches frei stehendes Schmiede- fener mit £ bbingh au s^ scher Windform dar. a sind zwei parallele in das Mauerwerk eingelassene Flacheisenschienen, auf welchen der am Ge- häuse der Form angebrachte Hantsch ruht, so dass dadurch eine sichere Unterstützung der ganzen Windform gegeben ist; h ist die an Ketten aufgehängte Esse mit Rauchfang. Zur Stellung der Kurbel wird eine Schiene mit einigen Löchern am Herde angebracht, um mittelst eines in die Locher passenden Vorsteckers die Zunge in jeder beliebigen Stellung festhalten zu können. Für gewöhnliche Zwecke wird die Kurbel in der in Fig. 270 ersichtlichen Stellung festgehalten, wobei ihre Oberkante mit der Oberkante des Schlitzes gleich hoch steht und ein hinreichend weiter Zwischenraum zwischen beiden zum Austreten des Windes bleibt. Die gewölbte Form des Gehäusedeckels bewirkt, dass die sich bildende Schlacke stets nach der am Bande befindlichen concentrischen Vertiefung abläuft, von wo sie yon Zeit zu Zeit entfernt wird. Der Deckel selbst wird durch die von unten zuströmende Gebläseluft gekühlt und dadurch vor Beschädi- gung durch die Hitze des Feuers geschützt.

Statt der schwerfälligen gemauerten Schmiedeherde wendet man in neuerer Zeit mehrfach gusseiseme an , welche vor jenen den Vortheil voraus haben, leicht transportirt und an einem beliebigen Orte aufgestellt werden zu können , und ein gefälligeres Aeussere besitzen. Sie haben die Form eines Tisches mit Füssen und eingehängtem gusseisemem Feaerkasten. Die Abbildungen, Figuren 272 und 273, stellen ein sol- ches gusseisemes freistehendes Schmiedefeuer (Construction Botter)

Fig. 272.

10

■---lTi.. I il. -1

*73

Ledebnr, in<ch>iiitch-mctiütttrgiiche Technologie.

23

354

SchnuedefeueT.

dar^). Der Fenerkasten hat eine pyramidal tierseitige Gestalt und er- hält seinen Wind von unten durch die leicht auszuwechselnde Düse c

Fig. 273.

(System Rathgeb) mit schlitzförmiger Ausströmungöffnung, dd sind Kohlenkasten zur Aufnahme von Yorräthen, e der Löschtrog. Der Feuer- kasten ruht in Torspringenden Leisten des gusseisemen Rahmens h^ wel- cher letzterer von sechs gusseisemen Füssen getragen wird. Bei / ist in der Windleitung ein Schieber zur Regulirung des Windes angebracht. Rauchfang und Esse werden in ähnlicher Weise wie bei dem in Fig. 271 abgebildeten Schmiedefeuer angebracht.

Wenn es bei der Erhitzung grösserer Stahlstücke mit Holzkohlen darauf ankommt, die Lufi; abzuhalten z. B. beim Ausschmieden des in Frischfeuern gewonnenen Rohstahls , so wendet man statt der oben offenen Feuer überwölbte Feuer von beträchtlicher Tiefe an, bei denen eine einzige Oefinung an der Vorderseite zum Einbringen des Stahls und zum Ent- weichen der Verbrennungsgase dient. Die Figuren 274 und 275 stellen einen solchen Schmiedeherd mit zwei Feuern zum Erhitzen yon Stahl- staben dar'), a ist das Feuer, rings yon feuerfesten Steinen eingefasst, und nur mit der in dem links gezeichneten Feuer ersichtlichen Oeffnang

1) Amtlicher Bericht über die Wiener Aasstellung im Jahre 1873, Gruppe 13, S. 68 (Berichterstatter Hart ig).

2) Kerl, Metallurgie, Bd. IH, Tafel 7.

zum Einbringen Teraehen. d ist die WinddQae, c ein Schlackenabflnas, b eine Arbeitaplatte, von wo ans der Stahl in die Oeffnong geschoben wird. Fig. 274. Fig. 275.

Für gewisse Zwecke erhalten die Schmiedefener «ine ton der bii- her beBchriebenen mehr oder minder abweichende Form. Ein Beispiel hierfiir geben die Feuer zam Erhitzen tod Radreifen , welche der Form des Reifens entsprechend ringförmig eingebaut und mit mehreren Wind- formen versehen sind (Circularfeuer) '), und andere mehr.

Als Gebisse für die Schmiedefener benutzt man CentrÜngalgebl&se, Roots'sche Ventilatoren oder DampfstrahlgeblSse. Seltener sind, wie schon froher erwähnt, jetzt die Balggebl&ee geworden. Von den beiden erst genannten Gehläsen reicht ein einziges zum Betriebe einer gressem Anzahl Ton Schmiedefenem aus, von den letzteren erhält jedes Feuer sein eigenes Gebläse. Hat man mehrere Feuer mit einem einsigen Ge- bläse EO betreiben, so kommt dabei der Umstand in Betracht, dass der Betrieb jedes einzelnen Feuers ein intermittirender ist; denn während das Eisen ans dem Feuer genommen wird, nm bearbeitet zu werden, würde es eine durchaus sträfliche Eohlenvergendung sein, wenn der Af heiter nicht sofort den Windstront abstellen wollte. Fördert das Oebl&se also ununterbrochen dieselbe Windmenge , so wird die Windpressnng in der Leitung und bei den im Betriebe befindlichen Fenem sofort steigvn, wenn ein oder einige Feuer zum Stillstande kommen. Zur Vermeidung einer abennäsgigen Windpressnng in solchen Fällen bringt man deshalb auf den Leitungen Sicherheitsventils an (nach Art der Sicherheitsven- tile bei Bampfkesseln constniirt), welche sich selbatthätig dfi^neu und

I) Zeichunngen der „Hätte', Jahrgang 1SS5, Blatt S.

356 Schmiedefeuer.

den überschüssigen Wind entweichen lassen, sobald im Innern der Leitnng die normale Spannnug überschritten wird. Trotz der bei derartiger Einrichtung unvermeidlichen Yergendang derAi*beit der Betriebsmaschine pflegt bei dem Betriebe mehrerer Feuer doch eine solche Centralisation der Winderzeugung in einer einzigen Maschine yortheilhafter und zweck- mässiger zu sein, als wenn man jedem Feuer ein eigenes Gebläse geben wollte, welches mit dem Feuer in und ausser Betrieb gestellt werden kann.

In allen Fällen, auch wenn ein einzelner Blasbalg den Wind liefert, ist unmittelbar hinter der Düse eine Absperrungsvorrichtung Schie- ber, Hahn oder Drosselklappe anzubringen, um sowohl in jedem Augenblicke den Wind abstellen zu können, als auch das Zurücktreten brennbarer Gase in die Leitung zu yerhöten.

Die von einem Feuer beanspruchte Windmenge richtet sich begreif- licher Weise nach der Menge des verbrauchten Brennmaterials, und dieses nach der Art der Arbeit und Grösse des Arbeitsstücks. Die kleinsten Feuer gebrauchen circa 0,3 Cubikmeter, die grössten 2,6 Oubikmeter Wind per Minute. Die Windpressung , mit welcher der Wind in das Feuer geführt wird, pflegt 150 bis 200 Mm. Wassersäule zu betragen. Bei Feuern mittlerer Grösse rechnet man für den Betrieb des Gebläses einen Arbeitsaufwand von 1 bis 1 V4 Pferdekraft pro 10 Feuer jncl. der Arbeitsverluste durch Reibung etc.

Häufig hat man versucht, bei dem Betriebe der Schmiedefeuer er- hitzte Gebläseluft zur Erspamng von Brennmaterial anzuwenden; und zwar gelangte die Erhitzung des Windes bei Schmiedefeuern fr&her zur praktischen Anwendung, als bei den Eisenhochöfen, wo sie später so durchschlagende Erfolge erzielte. Vielfach benutzte man das Gusseisen- stück in der Brandmauer, welches zur Befestigung der Form dient, als Winderhitzungsapparat, indem man es hohl goss, den Wind in dem- selben circuliren Hess, und auf solche Weise gleichzeitig eine Kühlung des Gussstückes, wie eine Erhitzung des Windes hervorrief. Bei anderen Schmiedefeuern legte man ein System von Röhren, durch welches der Wind hindurchgeführt wurde, in die Esse, und Hess es von den abzie- henden Gasen des Schmiedefeuers erwärmen.

Wenn es unleugbar ist, dass die Erwärmung der Gebläseluft in ge- wissem Grade brennmaterialersparend wirkt, so ist doch bei den in älte- ren Zeitschriften und Lehrbüchern gegebenen Angaben über die günsti- gen Erfolge der Winderhitzung bei Schmiedefeuem, wonach ausser einer „reinem Hitze** (d. h. grösserer Dünnflüssigkeit der Schlacke) und ver- ringerter Zeitdauer der Erhitzung auch eine Kohlenerspamiss von 30 (!) Procent und eine Verminderung des Verlustes durch Abbrand erzielt werde, die günstig gef&rbte Beleuchtung unverkennbar, unter welcher die meisten Menschen unbewusst ihre eigenen Einrichtungen und Erfin- dungen zu betrachten pflegen. Mindestens hätten diesen Vortheilen der Winderhitzung auch die grossen Nachtheile derselben gegenüber gestellt werden sollen, welche den früher geschilderten Uebelständen der Wind-

Winderwsrmuog. 357

erhitenng bei Cnpoldfen (S. 267) ganz Sholicli sind; wir neBnen nur die häufig erforderliob werdenden Reparaturen der Erhitcongsapparate, durch die abwechselnde Eriütsniig nnd Erkaltung hervorgemfen, ein Uehelfltand, welcher sich bei Anwendung erhitzten Windes fflr alle Bolohe Erhitzung«- und Schroelzapparate herausstellen wird, welche nicht, wie U[>chöfeD, auaiit«rbrochen im Betriebe sind. Wiebe sagt mit Recht in seinein schon im Jahre 1858 erschienenen Werke: „Die Maschinenban- materialien" (S. 353):

Alle diese Vortheile, welche man durch die Windbeizimgs- apparate zn erzielen geglaubt bat, sind mehr oder weniger problematisob. Versuche, die man angestellt bat, haben nicht immer zu Gunsten der erhitzten Luft entsobieden, und mau fin- det gegenwärtig, seihst in sehr grossen und mit Intelligenz ge- leiteten Werkstätten die Winderhitzungsapparate fast gar nicht in Anwendung, und wo man sie eingefllbrt hatte, sind sie zum grossen Tbeile wieder aufgegeben. Fig. 276.

356 Schmiedefener.

Als (jrändfl hierfUr neant Aach Wiebe noter Andenn die häufigen Rep*r«turei) and den UmEtond, dssB aaa eiaem gut coastrnirten aod gut geleit«ieD Schmiedefeaer überhaupt keine flberfl&Bsige Wärme zur Erbitzang der Luft abgegeben wird, weil die B&tnmtliche Wärme voll- Btändig im Innern des Fenera concentrirt nud verbraucht wird. Rg. 277.

Bei MoDtirtiDgBarbeiten aller Art, anf Bauplätzen, beim Legen von Röhren u. b. w. tritt häufig die Notbwendigkeit ein, EiseuBtücka sn er- hitzen, ohne dasB ein stabilea Schmiedefeuer der bisher beachriebeDen Conatmction in der N&he ist Für solche Zwecke werden vielfach transportabele Schmiedefener oder Feldschmieden benutst. SelbatTersi&ndlicb muss bei denselben das Gebläee mit dem Schmiede- fener fest verbunden und trauBportabel sein. Man bat kleinere tragbare

Betrieb und Arbeitsverfahren. 359

und grössere fahrbare Schmiedefeaer. Beide Sorten sind aas Gnsseiseu erbaat und das Gebl&se ist unterhalb des Tisches augebracht, um den Platz möglichst wenig sbu beengen. Im Uebrigen zeigen die hierher ge- hörigen Gonstructionen yielfache Abweichungen. Fig. 276 (a. S. 357) stellt ein solches kleines tragbares Schmiedefeuer, von der Mannheimer Maschinenfabrik Schenck, Mohr und Elsässer in Mannheim gefertigt, dar. a ist ein Boots' sches Gebläse, durch Drehung einer an dem Bade b befestigten Kurbe] in Bewegung gesetzt, c ist das FeuerbeckeD, 520 Mm. lang, 370 Mm. breit, durch den Schirm ä, welcher zugleich zum Tragen des Ltagerarms fflr das Bad h dient, gegen den herrschenden Wind geschützt Der Gebläsewind steigt durch das Bohr e empor und tritt von unten in das Feuer, während der kleine Hals / zum Entleeren von den in die Form gefallenen Schlacken dient. Das Gewicht des Feuers beträgt 80 Kilogramm.

In Fig. 277 ist ein fahrbares Schmiedefeuer grösster Sorte (Montirungsschmiede) aus derselben Fabrik abgebildet, a ist hier das Boots' sehe Gebläse, mit Hülfe des Trittsbretts b, der Schubstange c und des Bades d durch Biemenübertragung betrieben. Der Wind tritt durch das Bohr e in das Feuer. Die Entfernung von Schlacken, welche in die Form fallen könnten^ erfolgt bei /. g ist der Bauchfang, h ist ein verschliessbares Schränkeben mit Thüren auf der dem Beschauer ab- gewendeten Seite zur 'Auf be Wahrung von Werkzeugen. Jenseits des Gebläses befindet sich ein Löschtrog, i ist ein Tisch zur Aufstellung eines Ambosses. Zur Ausführung kleinerer Schlosserarbeiten ist bei k ein Schraubstock und bei I eine Vorrichtung zum Bohren angebracht. Die Schmiede ist 1140 Mm. lang, 700 Mm. breit, 900 Mm. hoch und wiegt mit Schraubstock und Bohrvorrichtung 390 Kilogramm.

Betrieb und Arbeitsverfahren.

Zum Erhitzen des Eisens sind, wie erwähnt, Steinkohlen das geeig- netste Brennmaterial, und unter diesen die backenden Kohlen von Erbsen- bis Nnssgrösse, welche bei der Aufbereitung der Steinkohlen unter dem Namen Schmiedekohlen ** sortirt werden. Je weniger Asche sie geben und insbesondere je weniger reich sie an schwefelhaltigen Mineralien sind« desto besser. Bei grossem Schwefelgehalte meistens von Schwe- felkies herrührend wird das zu erwärmende Eisen angegriffen und erhält eine löcherige, rauhe Oberfläche. Gute Kohlen dürfen kaum mehr als 10 Proo. Asche enthalten. Die Asche verschlackt sich mit dem Glüh- span des Eisens, wird oft recht zähflüssig, überzieht das Eisen, beein- tarächtigt dadurch die Erhitzung desselben und verzögert die Arbeit.

Diese Nachtheile fallen allerdings bei Anwendung von Holzkohlen weg ; letztere aber sind wegen ihrer porösen Beschaffenheit weit geneig- ter, Kohlenoxydgas zu bilden , wie bei Besprechung der Sohmelzapparate ausführlicher erörtert wurde, und geben in Folge dieser weniger voll-

360 Schmiedefeuer.

ständigen Verbrennang eine nngüuBÜgere relative Wärmeleistang sowohl hinsichtlich der erzeugten Wärmemenge ab des Wärmegrades; sie sind bedeutend specifisch leichter als Steinkohlen, nehmen also einen relativ grossem Raum als diese ein und sind dadurch weniger geeignet, grössere Wärmemengen in einem kleinem Räume zu concentriren, was für die günstige Leistung eines Schmiedefeuers immerhin Bedingung ist. Am meisten für ihre geringere Verwendung entscheidend ist jedoch ihr hoher Preis.

Wo es aber weniger darauf ankommt, starke Hitzen als gleich- massige Hitzen hervorzurufen; wo die reichliche Schlackenbüdung nach Möglichkeit vermieden werden muss also beim Schmieden, Härten und Anlassen des Stahls, bei der seltener vorkommenden Erhitzung von Kupfer im Schmiedefeuer und in ähnlichen Fällen , sind die Holz- kohlen entschieden das geeignetste und oft unentbehrliche Material.

Die backende Eigenschaft der Schmiedesteinkohle gewährt einen eigenthümlichen Vortheil. Da nämlich das zu erhitzende Eisen in dem o£fenen Schmiedefeuer mit einer dicken Schicht Kohlen bedeckt gehalten werden muss, damit die Wärme zusammengehalten und Oxydation ver- hindert werde, so backen nun alsbald die über dem Eisen befindlichen Kohlen zu einer gewölbeartigen Decke zusammen, welche das Feuer ab- schliesst und fest genug ist, dass das Eisen herausgenommen und hinein- gelegt werden kann, ohne dass ein Einstürzen zu bef^chten wäre. Da- durch wird es möglich, die entwickelte Wärme aufs Günstigste auszu- nutzen. Denn die nicht zum Erhitzen des Eisens verbrauchte Wärme wird von der Decke aufgenommen und kommt so dem Feuer wieder zu gut. Müssen frische Kohlen aufgeschüttet werden, so schlägt man die Decke des Gewölbes ein, so dass die bereits vorgewärmten Kohlen des- selben zunächst ins Feuer kommen, und bringt die frischen zu oberst, ein neues Gewölbe aus denselben bildend.

Es geht hieraus hervor, dass der Schmied durch eine mehr oder minder umsichtige Wartung des Feuers und insbesondere durch Erhal- tung jener Kohlendecke im Stande ist, den Kohlenverbrauch in nicht un- erheblicher Weise zu beeinflussen.

Zum Schutze der Kohlendecke gegen vorzeitiges Verbrennen benutzt er den Löschwedel, ein Reisigbündel an einem eisernen Stiele, welches in das Wasser im Löschtroge getaucht wird und mit dem die Kohlen bei eintretender Erhitzung besprengt werden. Ein richtiger Gebrauch die- ses einfachen Geräths ist nicht ohne Wichtigkeit» Werden die Kohlen übermässig befeuchtet, so entzieht man dem Feuer unnöthig Wärme; wird gar durch Unvorsichtigkeit mit den Kohlen auch das Eisen be* sprengt, so vnrd dieses abgekühlt, die Arbeit verzögert und der Kohlen- verbrauch erhöbt.

Um die Vortheile dieser natürlichen Decke auch bei Anwendung von Holzkohlen benutzen zu können, verf&hrt man bisweilen in solcher Weise, dass man zunächst ein Steinkohlenfeuer anfacht, um die Decke

ArbeitSTerfahren. Wirkungsgrad. 361

zu bilden, diese dann darcbstdsst, um Holzkoblen hineinzuschütten, nnd nun wieder mit frischen Steinkohlen schliesst. Jedenfalls wird auf solche Weise die vollständige Verbrennung der Holzkohlen erleichtert und die Wärme besser zusammmigehalten, als im Feuer aus Holzkohlen allein.

Wenn die Erhitzung Yor sich gehen soll, wird das Eisen ins Feuer geschoben und das Gebläse angelassen. Kleine Arbeitsstücke werden mit einer Zange erfasst, deren Schenkel durch einen übergeschobenen Ring geschlossen gehalten werden (Fig. 35 auf S. 43) und mit derselben ins Feuer gelegt, selbstverständlich so, dass die Schenkel frei heraus- ragen und nur das Eisenstück die grösste Hitze erhält. Zu jedem Feuer gehören eine Anzahl Schmiedezangen von verschiedener Grösse und ver- schieden geformtem Maule ; die Schenkel sind immer geradlinig gestaltet. Abbildungen der gebräuchlichsten Formen fiSac Schmiedezangen finden sich in Wiebe's citirtem Werke Taf. IX, Fig. 17 bis 25.

Längere Stücke legt man ohne Zange ins Feuer und lässt das eine Ende, welches nicht erhitzt wird und später dem Schmiede statt der Zange zum Festhalten dient, aus dem Feuer herausragen. Von kleineren und mittelgrossen Stücken legt man, wo es angeht, mehrere zugleich in das Feuer, welche der Reihe nach herausgenommen und verarbeitet werden, so dass immer ein Stück den richtigen Hitzgrad erhält, während das vorige herausgenommen ist. An der Farbe des herausgenommenen Arbeitsstücks erkennt der Schmied , ob der richtige Temperaturgrad er- reicht ist.

Eine richtige Lage des Eisenstücks im Feuer, so dass es der Er- hitzung am besten ausgesetzt ist, ohne vom Windstrahle direct getroffen zu werden, eine geeignete Regnlirung der Windmenge, so dass weder durch za reichlichen Wind übermässiger Kohlenverbrauch entsteht, noch durch zu schwachen Wind die Erhitzung verlangsamt wird; endlich das Abpassen des geeignetsten Zeitpunkts zum Herausnehmen des Eisens, sind neben der oben erwähnten Regulirung des Feuers mit Hülfe des Loschwedels die Hauptpunkte , auf welche der Schmied während der Er- hitzung sein Augenmerk zu richten hat.

Betriebsresultate und Wirkungsgrad.

Bei den Apparaten zum Erhitzen der dehnbaren Metalle ist es weit schwieriger, als bei den Schmelzapparaten für giessbare Metalle, einen durchschnittlichen relativen BrennstoffviBrbrauch zu ermitteln. Denn der- selbe ist, abgesehen von der Zweckmässigkeit des Apparates und der Umsicht des Arbeiters, hier nicht allein von der Grösse der zu erhitzen- den Gegenstände abhängiger, sondern auch von der grossem oder gerin- gem Schwierigkeit der Formgebung etc.; manche Stücke erhalten in einer einzigen Hitze ihre Formgebung, bei anderen sind eine grössere Anzahl Erhitzungen des während der Formgebung sich abkühlenden Arbeitsstücks erforderlich; femer auch von dem Grade der Erhitzung;

362 Schmiedefeuer. Resultate.

in manchen Ffillen genügt eine ganz schwache, nicht einmal bis sar Rothglath sich steigernde Erhitzung; filr andere Zwecke ist helle Weiss- glnth erforderlich.

Nach Prechtl^) betragt der stündliche Yerbranch bei Schmiedefenem der kleinsten Art 1 bis 1^/4 Kilogr. Steinkohlen

oder 1 11 IV4 fi Holzkohlen, bei gewöhnlichen kleinen Schlosser- fenern, in welchen Eisen Yon IV2 bis 3 Qoadratcentimeter Querschnitt

verarbeitet wird 2 „3 Steinkohlen

oder 1^4 n 2Vs Holzkohlen, bei Schmiedefeuern für Stäbe ton 6 bis

12 Quadratcentimeter Querschnitt. SVi n ^Va n Steinkohlen

oder 2V4 n 4 n Holzkohlen,

bei grossen Feuern für Stäbe bis zu

30 Quadratcentimeter Querschnitt 7 9 Steinkohlen

oder 6 n '^Vs n Holzkohlen. * Auf das Gewicht des zu Terschmiedenden Eisens bezogen beträgt die Menge des erforderlichen Brennmaterials nach Angaben von Wiebe« Prechtl, Kar marsch pro 100 Kilogramm Eisen: bei kleineren Stäben, welche nur einer Hitze bedürfen, 60 bis 80 Kilogramm Steinkohlen oder 50 bis 70 Kilogramm Holzkohlen ; bei grösseren Stäben, welche nur einer Hitze bedürfen, kann sich dieser Verbrauch auf 30 Kilogramm ven'ingern, und in anderen Fällen, wenn mehrere Erhitzungen nöthig werden, bis auf 150 Kilogramm Steinkohle steigern.

Dieselben Gründe, welche die Ermittelung eines normalen Brenn- stoffTerbrauchs bei Schmiedefenem unmöglich machen, erschweren auch die Berechnung eines Wirkungsgrades, wie wir ihn für die Schmelzappa- rate als Quotient aus der Yom Metall aufgenommenen Wärme dividirt durch die vom Brennstoffe entwickelbare Wärmemenge gefunden hatten. Nimmt man einen durchschnittlichen Brennstoffverbrauch pro 100 Kilogramm Eisen von 100 Kilogramm Steinkohlen mit einem Wärme- effecte = 7000 Wärmeeinheiten an; nimmt man ferner an, dass das Eisen bei seinem Herauskommen aus dem Feuer bei einer Erhitzung auf 1100 Grad durchschnittlich 210 Wärmeeinheiten aufgenommen habe, was immerhin annähernd der Wirklichkeit entsprechen wird, so ergiebt sich ein Wirkungsgrad des Ofens

E = rT^T -— :;r = 0,03.

100 X 7000 '

Mit der Höhe des relativen Kohlenverbrauchs ändert sich auch bei den Schmiedefeuern der Metallverlust durch Abbrand. Je mehr Hitzen das Eisenstück auszuhalten hat und je grösser das Yerhältniss einer er- hitzten Oberfläche zu seinem Gewichte ist, desto beträchtlicher wird der

1) Prechtl, Technologische Encydopädie Bd. 13, 8. 22.

Herdflammöfen. 363

procentale Abbrand sein. Man rechnet fEir gewöhnliche Fälle 6 bis 10 Proc Abbrand vom Gewichte des erhitzten Eisens; unter Umstanden kann derselbe jedoch mehr als die doppelte Höhe erreichen.

Zweite Gruppe. Herdflammöfen.

Das za erhitzende Metall befindet sich anf dem überwölbten Herde des Ofens und wird durch die darüber hinstreichende Flamme erhitzt. Die Erzeugung der Flamme geschieht entweder durch directe Feuerung oder durch Verbrennung von Gasen. Die Einrichtung im Allgemeinen ist also die nämliche wie bei den Herdflammöfen zum Metallschmelzen, und wir haben hier dieselben Hauptconstructionstheile wie dort zu unterscheiden.

Das Metall ist vor directer Berührung mit festem Brennmateriale geschützt, dagegen etwaigen Einwirkungen der verbrennenden und ver- brannten Gase, sowie der durch die Thürspalten etc. angesaugten atmo- spärischen Luft ungeschützt preisgegeben. Da aber die Metalle in den Oefen stets im festen Zustande verharren, so zeigen sich diese Einwir- kungen weniger intensiv als bei dem Schmelzen und können höchstens an der Oberfläche der Metallstücke sich geltend machen. Daher werden diese Herdflammöfen zum Erhitzen fast sämmtlicher Metalle imd Legi- rungen vor oder nach der Verarbeitung benutzt, sobald sie in grösseren Stücken erhitzt werden: Eisen und Stahl, Kupfer, Messing, Bronze, Neu- silber und anderer.

Dem Temperaturgrade zufolge, welcher in den Oefen erreicht wer- den soll, unterscheidet man Schweissöfen (nur für die Erhitzung des Eisens zur Schweisshitze vor der Verarbeitung bestimmt) und Glüh- öfen« Der Hauptunterschied beider liegt in der Anordnung der Feue- rung; während dieselbe bei den Schweissöfen ausreichend sein miiss, helle Weissglnt^ im Ofen hervorzurufen und diese hohe Temperatur nur mit oxydirender Flamme zu erreichen ist, genügt für die Glühöfen Rothgluth, und man hält auf schmauchende Flamme, um unnöthigen Abbrand zu vermeiden.

Herdflammöfen mit directer Feuerung.

Die Anordnung im Allgemeinen ist die nämliche wie bei den früher beschriebenen Herdflammöfen zum Schmelzen der Metalle (S. 235 ff.). Auf der einen Seite des Ofens liegt der Rost, davor der Herd, durch den Fuchs mit der Esse verbunden. Als Brennmaterialien dienen für Schweissöfen vorwiegend Steinkohlen; für Glühöfen auch Braunkohlen und Torf, seltener Holz, welches höher im Preise zu stehen pflegt Diesen verschiedenen Brennstoffen entsprechend ist auch die Rostconstruction eine verschiedene; während fär Schweissöfen Planroste die üblichsten

364 Herdflammöfen.

sind, benutzt man bei Glühöfen nicht selten Treppenroste, um gering- werthigere kleinstückige Brennstoffe benutzen zu können.

Die Grösse der Rostfläche moss abgesehen von der Beschaffenheit des Brennmaterials von der Grösse des Herdes und yon der auf dem Herde hervorzubringenden Temperatur abhängig sein. Je höher die letz- tere, desto grösser im Allgemeinen d^r Rost. Bei einer grössern Anzahl erprobter Schweissöfen für Steinkohlenfeuerung findet man ein Verhält- niss der totalen Rostfläche zur Herdfläche wie 1 : 2 bis 1 : 3, abwei- chend nach Beschaffenheit der Steinkohlen und dem Yerhältnisse zwischen totaler und freier Rostfläche. Für Steinkohlen mittlerer Qualität wird man als geeignete Yerhältnisse annehmen können: Totale Rostfläche: Herdfläche = 1 : 2,5, Freie Rostfläche: Totale Rostfläche = 1 : 2,5 bis 1 : 3.

Bei Glühöfen dagegen, in denen höchstens helle Roth gluth erzeugt werden soll, ist das Yerhältniss des Rostes zur Herdfläche bedeutend ge- ringer und beträgt V4 bis Vs» ^^ fertige Producte, welche nur noch ausgeglüht werden, um ihre Zähigkeit wieder zu erhalten, welche schwache Querschnitte und grosse Oberfläche bieten , ist jenes Yerhältniss kleiner, als für rohe Blöcke und halbfertige Producte.

Im Uebrigen gelten für die Construction des Rostes die für Giesserei- flammöfen gegebenen Regeln.

Der Herd ist zum Schutze des Metalls gegen die directe Einwirkung der Flamme meistens durch eine Feuerbrücke von der Feuerung getrennt. Die Tiefe des Rostes unterhalb der Oberkante der Feuerbrücke beträgt bei Schweissöfen 0,3 bis 0,8 Meter, bei Glühöfen bis zu 1 Meter. Je grössere Oberfläche die zu erhitzenden Metallstücke darbieten, je leich- ter sie also der Oxydation ausgesetzt sind , und je leichter sie überhaupt oxydirbar sind, desto tiefer legt man im Allgemeinen den Rost; daher findet man bei Schweissöfen für dicke, massive Stücke (Brammen und Packete für Eisenbahnschienen! starke Bleche u. s. w.) die geringste Tiefe des Rostes, für dünnere Querschnitte (Packete für Feineisen und Walzdraht) eine grössere, für bereits fertige Gegenstände, welche aus- geglüht werden sollen (z. B. Bleche), die grösste.

Die Feuerbrücke wird aus feuerfestem Materiale erbaut; bei Schweiss- öfen nicht selten durch einen eingemauerten, quer durchlaufenden und an beiden Seiten des Ofens mündenden, gusseisernen Canal, durch welchen atmosphärische Luft hindurchstreichen kann, gekühlt und vor raschem Wegschmelzen bewahrt.

Die Grösse des Flammenlochs des Ofenquerschnitts über der Feuerbrücke beträgt circa 0,4 der totalen Rostfläohe, woraus sich die Höhe des Gewölbes über der Feuerbrückenoberkante ergiebt, welche sel- ten unter 300 Mm., selten über 450 Mm. beträgt.

Je mehr das Metall vor den Einwirkungen der Gase geschützt wer- den soll, desto tiefer legt man die Herdoberfläche unter die Feuerbrüoken- oberkante, desto schwieriger findet aber begreiflicher Weise die Wärme-

Constnictionsregeln. 365

abgäbe an das Metall statt. Bei Schweissöfen sind die üblichsten Ab<* messnngen hierfür 100 bis 150 Mm^ bei Glühöfen 300 bis 500 Mm.

Die -Ermittelang einer geeigneten Grösse der Herdfläche ist insofern eine der wichtigsten Aufgaben bei der Constmction eines Herdflamm- ofens, als von dieser nicht allein die quantitative Leistung des Ofens, sondern auch die Grösse des Rostes und somit aller übrigen Hanptcon- stmctionstheile abhängt. Diese Grösse richtet sich nnn nicht allein nach dem Gewichte der einzusetzenden Metallstücke, sondern auch nach dem Platze, welchen dieselben in Anspruch nehmen, also nach Form und Quer- schnitt derselben. ' Die relativ geringste Herdfläche werden daher jene Metallblöcke beanspruchen, welche Yor der Verarbeitung eingesetzt wer- den; Bleche und andere in ihren Querschnittsabmessungen bereits fertige Gegenstände, welche ausgeglüht werden sollen, erheischen die relativ grösste Fläche. Bei Schweissöfen giebt man für je 1000 Kilogramm Einsatz in 12 Stunden eine Herdfläche von 0,8 bis 0,45' Quadratmeter, woraus sich also die Grösse des Herdes für eine tägliche Production er- giebt, auf den einmaligen Einsatz bezogen kann man pro 1000 Kilo- gramm 1,5 bis 3 Quadratmeter Herdfläche rechnen, wobei 5 bis 8 Ein- sätze in 12 Stunden gemacht zu werden pflegen, die bei sehr schwachen Abmessungen auf 10 steigen können. Der einmalige Einsatz pro Ofen beträgt kaum jemals weniger als 250 Kilo und selten mehr als 1500 Kilo; die Grösse der Packete und der ins Auge gefassten totalen Pro- duction ist hierfür entscheidend. Bei den Glühöfen muss sich die Herd- grösse fast immer nach Länge und Breite der zu glühenden Metallstücke richten, und es ist deshalb nicht möglich, aus dem Gewichte derselben eine Beziehung für die geeignete Herdfläche ausfindig zu machen.

Yon ähnlichen Umständen wie die Grösse des Herdes hängt auch die Gestaltung seiner Grundfläche ab. Bei Schweissöfen giebt man zur bessern Wärmeausnutzung dem Herde gern eine gestreckte Form, setzt die kalten Eisenstücke in der Nähe des Fuchses ein und rückt sie all- mälig der heissesten Stelle näher, sobald die doift befindlichen Stücke aus dem Ofen entfernt sind; doch giebt man dem Herde selten eine grössere Länge als 3 Meter im Lichten von Feuerbrücke bis FuchsöfiPnung gemessen, während beiOefen mittlerer Grösse 2,5 Meter als durchschnitt- liche Abmessung angenommen werden kann.

Bei Glühöfen aber,'' in welchen Metalle von langgestreckter Form ver- arbeitet werden sollen, z. B. Bleche, ist ein solches Vorrücken derselben nicht thunÜch, sondern es bleibt die Rücksicht maassgebend fOr die Form des Herdes, dass an allen Stellen desselben eine möglichst gleich - massige Erwärmung stattzufinden hat. Von diesem Gesichtspunkte aus giebt man dem Herde sogar bisweilen eine grössere Breite als Länge und lässt so die Flamme quer über das zu erhitzende Metallstück hinwegziehen.

Der Form der Flamme und dem Umstände entsprechend , dass nach dem Fuchse hin eine fortschreitende Verengung des Ofenquerschnitts stattzufinden hat, pflegt bei Schweissöfen der Grundriss des Herdes sich

366 Herdflammöfen.

wie es auch bei GiesBereiflammöfen der Fall ist nach dem Fachse hia Biisammenziiziehen, so dass eine annähernd trapezförmige Gestalt ent- steht; bei Glfthöfen znm Glühen rechtwinkliger Tafeln ist eine solche Verengung nnthnnlich und der Herd bekommt rechteckige Grandform.

Die Oberfläche des Herdes ist eben; bei Schweissöfen mit einer Nei- gung nach der Rückseite des Ofens und dem Fuchse zu, um das Abfliessen der aus dem oxydirten Eisen mit dem Herdmateriale und Sohweisspulyer entstandenen Schlacke zu befördern, welche sich an dem tiefsten Punkte sammelt und dort durch ein Schlackenloch austritt; bei Glühofen gewöhn- lich vollständig horizontal. Als Material für den Herd dient bei Schweiss- öfen kieselsäurereicher feiner Sand von gleichmässigem Korne, frei von Alkalien, Schwefelkies und organischen Bestandtheilen , in einer Stärke Yon circa 200' Mm. entweder auf querlaufenden, freiliegenden, gusseiser- nen Platten aufgeschüttet, welche von unten her durch das Zutreten fri- scher Luft kühl erhalten werden; oder, wo man die dadurch entstehen- den Wärmeverluste vermeiden will, auf eine zwischen den Fussmauern des Ofens festgestampfte oder gemauerte Lage von Steinen oder der- gleichen aufgebracht, wie es auch bei den GiessereiflammÖfen beschrieben wurde. Bei Glühöfen dagegen mauert man den Herd meistens aus feuer- festen Steinen und versieht ihn mit hochstehenden Längsrippen aus dem- selben Materiale (s. unten Fig. 289), um die zu glühenden Theile hoKL zu legen und dadurch die gleichmässige Erwärmung derselben zu befördern.

Dieser einfachen Herdform entspricht eine eben so einfache Form des Gewölbes, welches sich mit ganz oder fast geradliniger Achse Über den Herd hinzieht und sich von der Feuerung bis zum Fuchse hin der Herdoberkante mehr und mehr nähert. Das Längenprofil der Schweiss- und Glühöfen wird dadurch demjenigen der GiessereiflammÖfen mit ge- strecktem Herde ähnlich.

An der Seite des Herdes befinden sich die Arbeitsthüren. Bei Schweissöfen pflegt man eine oder zwei Tfaüren neben einander von aus- reichender Grösse an der langen Seite des Ofens anzubringen; bei Glüh- öfen für Bleche verlegt man meistens die Thür an die Stirnseite, dem Roste gegenüber, und giebt ihr die ganze Breite des Ofens, um das Hinein- und Hinausschaffen der Blechtafeln, welche die Breite des Ofens einnehmen, ohoe Schwierigkeit bewirken zu können. In beiden Fällen sind natürlich die Oefen so gestellt, dass die Thürseite dem Arbeitsraume zugekehrt ist. Die Schwelle der Arbeitsthür liegt in gleicher Höhe mit der Herdsohle.

Das Yerhältniss zwischen Fuchsquerschnitt und totaler Rostfläche beträgt bei den meisten Schweiss- und Glühöfen 1 : 7,5 bis 1 : 9 ; doch finden sich auch Oefen, bei denen der Fuchs erheblich weiter ist und jenes Yerhältniss bis auf 1 : 4 steigt; obgleich, nach Ansicht des Verfas- sers, nicht ohne Benachtheiligung der Wärmeausnutzung, vorausgesetzt, dass die Esse ihre Schuldigkeit thut. Der Fuchs liegt bei Schweissöfen meistens in der verlängerten Herdachse, so dass er die Fortsetzung des

Constmctionsregeln. 367

Herdes bildet; bei Glühöfen dient bisweilen eine Oeffnung im Gewölbe als Fachs, und die Gase entweichen durch diese nach oben, wenn man durch das Niederziehen derselben eine zu intensive Einwirkung auf das zu glühende Metall fürchtet (yergl. unten Fig. 290); häufiger wird jedoch bei Glühöfen, wo jene Einwirkung weniger nachtheilig ist, z. B. beim Glühen Ton Eisenblechen, der Fuchs durch eine oder zwei Oeffnungen an der Herdsohle gebildet, wodurch die Gase auf den Herd niedergezogen werden, und oft führt man in diesem Falle die letzteren durch einen überwölbten Canal unter der Herdsohle hin nach dem Schornsteine* (s. unten Fig. 286). Man bezweckt dadurch eine Tollständige Wärme- ausnutzung und gleichmässigere Erwärmung des Herdes. Für die höhere Temperatur der Schweissöfen würde eine solche Erwärmung des Herdes Yon unten kaum ohne Benachtheiligung der DauerhaftigkiBit desselben durchzufahren sein; in der niedrigem Temperatur der Glühöfen hat sie sich recht gut bewährt. Zwei nach utiten führende Fuchsöffnungen statt einer bringt man bei sehr breiten Herden der Glühöfen an und verlegt sie in die beiden Ecken des Herdes; bei weniger breiten Herden giebt man der Fuchsöfinung die Form eines langen schmalen Spalts, dessen Länge gleich der Herdbreite ist.

Zwischen Fuchs und Esse ist bei allen Oefen ein Sphieber (Register) zur Regulirung des Zuges einzuschalten, wenn man nicht vorzieht, die Elsse mit einer RegulirungsUappe auf der Ausmüudung zu versehen.

Hinsichtlich des Aufbaues und der Rüstung der Herdflammöfen zum Schweissen und Glühen gelten die für die Giessereiflammöfen gegebenen Regeln.

Die Figuren 278 bis 285 stellen die Einrichtung eines engli- schen Schweissofens dar^). Links befindet sich der Planrost mit dem darüber liegenden Schürloch a an der einen Langseite des Ofens (Fig. 283 Yerticalschnitt durch das Schürloch). Die Feuerbrücke ist massiv aus feuerfesten Ziegeln ohne Kühlung erbaut. An derselben Seite mit dem Schürloche sind die zur Bedienung des Herdes bestimmten zwei Arbeitsthüren hV angebracht; der Herd c' ruht auf einer Aufschüttung von feuerfesten Ziegeln d (Figuren 282 und 284). Die Verbreiterung des Herdes nach den Arbeitsthüren zu, wodurch von diesen aus Abschrä- gungen nach der Feuerbrücke und dem Fuchse hin entstehen, hat ihre Berechtigung durch den Umstand, dass es erforderlich ist, von der Arbeits- thür aus mit den Werkzeugen (Zangen und Brechstangen) jeden Punkt des Herdes leicht erreichen zu können. Es würde dieses unmöglich sein, wenn die vordere Seite des Herdes sich in gerader Linie von der Feuer- brücke bis zum Fuchse erstreckte.

Die Schlacke fliesst den geneigten Herd abwärts bis zur Oe&ung e, durch welche sie aus dem Ofen austritt und sich in dem vor demselben

1) Ans Percy, Metallurf^y, Iren and Steel', p. 713; Wedding, Dantel- Inng des schmiedbaren Eisens, B. 708.

368 HerdäammöfeD.

Angebrachten Sampfe sammelt (vergl. Fig. 278, 279, 280,. 231). Der VerticalBcbnitt , Fig. 284, zeigt die erwähnte Neigang das Herdes nach der Rückseite (am zn Terhftten, dass die Schlacke nach der ArbeitathQr fliesst) nnd eine Arbeitithflr im DnrchBchnitte. Die Bezeichnung / h

in sämmtlichen Abbildangen ist der eugUscfaen Originalbe Zeichnung ent- nommen and bedeatet firebrickB feaerfest« Steine. Wie aas den Fign- ren 278, 279 nnd 282 hervorgeht, wird dos Ranhgemäaer der Esse von guBBeisernen Säalen getragen, and das feuerfeste Fatter, welches die

Beispiele. 369

FortsetBUBg des Fuchses biiaet, lAgt frei in dasselbe hinein, eine Con- Btmctionsregel , welche wir anoh für die ÜiessereiflammofeD als uquid' gänglich hingestellt hatten.

DieFigaren 28Ö bis 289 (a. S. 271 ff.) stellen in Vi« der wirklichen Grösse einen GlQhofen des Eisenwerks zu Riesa zum Glaheu von Bisen- blechen in einer Grösse bis sn 1,5 Meter Breite and 3,2 Meter LBnge dar, und xwar Fig. 286 einen Längsschnitt durch die Mitte des Herdes, Fig. 287 GrandrisB (zur Hälfte Ansicht von oben, zur Hälfte Horizontal- schnitt oberhalb der Uerdsohle), Fig. 283 auf der linken Hälfte einen

34

370 HerdHamniöfen.

vertioalen Qaerschnitt durch den Herd nach d^r I>mie AB in Fig. 286. aaf der rechtsD Seite einen Verticnlschnitt in drr Richtung des Faehsea; Fig. 289 eine Ansicht äps Otena vnn der Stirnseite mit der Arbeitsthür. a ist ein Treppeuroat fikr BraunkoblenfeuerDug, b die Ftuerhrücke, c dtr homontnle Herd mit den Längerippen dd zur Anfl&gening der lilfvhp

versehen. Die Gnse fallen dnrch den Fuchn e, welcher die ganRO Breite defl Hordea einnimmt, in den untnr dem Herde hinatreicb enden Canal /, nnd ziehen von hier nna sclilieasüch durch den mit einem Schieber A vergeh liessbaren Canal (f noch dem Schürnsteine. Der Schieber i^t ans ChMnotte hergestutll und mit ein- and umgelegten Schmiedeeisen»! Qcken

?t72 Herdflainmöfen.

armirt. Der in Fig. 286 ersichtliche Canal x steht ohne Beziehnng za dem Ofen nnd ist nur in Rücksicht auf anderweitige bauliche Verhält- nisse unter demselben durchgeführt. Der Herd wird dnrch die an der

Beispiele. 373

ganzen Stinreeit« dnrchlanfeDde Thür i TerscbloBsen, welche kaBteDformig ana GuBseiaen gebildet und nach der lonenseite mit Chamotte gefüttert ist, theils um der Abnutzung, tbeiU um der Wärmetran am iseioii TOrzn- beugen. Zwei Ketten kk, welche an einem He bei werke l hängen, dienen zum Aufziehen nnd Niederlaaaen der Thür. Vor der Thür ist die hori- zontale Rolle m angebracht, am das Hinein schieben and Herausholen der Blechtafelo zu erleichtern. Die mit einem Chamotte et eine /ngesetEt« Oeffnnng n dient zam Reinigen des Canals / von Flagasche. Der Ofen

Fig. S8g.

ist aas Ziegelsteinen mit eingesetztem feuerfestem Futter erbaut und mit Eisenplntten und alten Eieenbahnschienen gerflatet, welche durch schmiedeeiBorne Queranker zusammengehalten werden.

In den Figuren 290 bis 296 ist ein Glühofen zum Glühen von Neneilberblechen , welche durch die Verarbeitung hart geworden sind, in der Fabrik Ton Jürst in Berlin dargestellt'), nnd zwar in Fig. 290

') AiiB Wiebe'a Skizzeiibuch Tür i]en Ingenieur uud MsRcbinenbauer. BerliD, Jnbrgung 18S7, Heft I, Blatt 4.

371 HerdäammÖfen.

ein Mnkrecfater LäDgaschnitt dnrch den Ofen in der Richtung der Berd- acbae, in Fig. 291 ein senkrechter Qoeractinitt dorch den Rost, io Fig. 292 Henkrechter Querschnitt durch den Fachs, in Fig. 293 Stim- ansicht des Ofens, in Fig. 2Ü4 und 295 Ansicht der Tronsportwagea in grösserra Mnassstabe. Nachdem die Gase den Herd bestrichen haben, entweichen sie durch den iu der Decke des Ofens angebracht t«s Fuchs, welcher sieb über die ganze Breite des Ofens hinzieht. Eigen- thOnlich und der Beachtung werth int die Vurrichtung zum Hioein- und HinaasschafTen der Bleche. Auf der Sohle des horizuntalen Herdes

befinden sich Schienen , auf welchen zwei eiserne Wagen mit durch- brocheneD Böden laufen, die nur Aufnahme der Bleche dienen. Diese n Ei u schiebe wagen" werden, sobald sie deu Ofen Terlaasea, von einen grossem T ran spoii wagen aufgenoinmen, gleichfalls anf Schienen laufend, welcher das Walzwerk mit dem Glühofen verbindet. Indem man auf diese Weise die vorher beladenea Wagen in deu Ofen einschiebt, ver- meidet man eioestheils den WärmeverluBt bei dem längeren Oeffnen des Ofens, Buseerdem aber, wob der Hauptzweck sein wird, die Entstehung

Beispiele. 375

jeoer kleiaen Kritzeln und Riefea auf der blftüben Oberfläche darch das Scheuem nnf der Uerdsohle, welche bei dem Hineiu schieben und UerauB-

ziehen der Bleche ohne Wagen anvermeidlicb sein würde. Die ThQr befindet sich wie gewöhnlich anf der Stiruseite des Ofana und wird ver-

376 Herdflaminöfen.

mittelst einer Kette bewegt, welche über zwei aa der Stirnplatte auf einem gemeinschaftlichen goBseisernen Träger (vergl. Fig. 293) gelagerte Rollen geführt ist und an dem andern Ende ein Gegengewicht znr Ans- gleichnng des Thürgewichts trägt.

Fig. 291.

Als zweckmässig darf bei Schweiss- und Glöhöfen die Anwendung von Unterwind bezeichnet werden, wenn die Erzeugung desselben io billiger Weise zn bewirken ist. Man bezeichnet mit dem Ausdrucke „Unterwind", wie schon früher erwähnt, einen Windstrom, welcher anter den Rost in den in diesem Falle luftdicht verschlossenen Aschen- fall geleitet wird. Nach den in die Ocffentlichkeit gelangten Resultaten über den Erfolg dieser Einrichtnng htit sich die Prudnction der Oefen vergrössert, nnd es darf nogenommen werden, dass aach eine Ersparung an Brennmaterial , anf die Gewichtseinheit dee erhitzten Eisens bezogen, damit erzielt worden sei; ans den früher hervorgehobenen Ursachen (vergl. S. 254) dürfte auch , besonders bei Schweissöfen , eine Verringe- rung des ÄbbrandeB zu erwarten sein. Wie auch Wedding hervor-

Herdflammöfen. Fig. SM.

Anwendung von Unterwind. 379

hebt^), ist man bei Anwendung von ünterwind im Stande, stärkere Brenn materialschichten auf dem Roste za erhalten, also den Rost tiefer zu legen und eine reducirende Flamme zu erzengen, ein Umstand, welcher besonders bei Glühöfen für die Anwendung von Unterwind sprechen dürfte.

Die einfachste und billigste Erzeugung von Unterwind wird nun dui'ch ein DampfstrahlgeBläse bewirkt, welches unmittelbar neben dem Ofen aufgestellt ist (vergl. Fig. 80 auf S. 84) ; und da die erforderliche Windpressung kaum jemals höher als 60 Mm. Wassersäule steigen wird, meistens sich zwischen 30 bis &0 Mm. Wassersäule bewegt (man stingert so lange die Pressung, als die Arbeiter nicht von den aus den Arbeits- thüren tretenden Gasen belästigt werden), so entspricht eine solche Ver- wendung des Dampfstrahlgebläses gerade der früher erörterten Eigen- thümlichkeit desselben, einen um so günstigem Effect zu liefern, je nie- driger die hervorzubringende Windpressung ist. Nun beftndet sich aber in der Nähe jedes Schweiss- oder Glühofens irgend eine grössere maschi- nelle Vorrichtung für die Ai'beit der Formveränderung des Metalls, zu deren Betriebe Dampf kraft benutzt zu werden pflegt, so dass auch ge- heizte Dampfkessel in der Nähe sind; und hierdurch fallt von selbst die Schwierigkeit hinweg, welche sich der Anwendung von Unterwind, ins- besondere auch eines Dampfstrahlgebläses, bei Giessereiflammöfen bis- weilen entgegenstellt.

Aus der Art und Weise der Wirkung der Ilerdflammöfen folgt und es wurde dieser Umstand bei Besprechung der Giessereiflammöfen mehrfach hervorgehoben , dass die Verbrennungsgase den Ofen mit einer hohen Temperatur verlassen müssen und demgemäss beträchtliche Wärmemengen ungenutzt mit fortführen. Bei den Giessereiflammöfen erschwert der Umstand, dass die meisten derselben nur sehr unterbrochen im Betriebe zu sein pflegen, eine weitere Ausnutzung dieser entweichen- den Wärme; bei den Schweiss- und Glühöfen, welche ununterbrochen während der sechs Wochentage im Betriebe zu sein pflegen , fällt jenes Bedenken fort, und vom ökonomischeu Standpunkte ans ist deshalb eine möglichst vernunftgemässe Ausnutzung jener Wärme dringend geboten.

Ueberall, wo Dampf kraft zum Betriebe der zu den Oefeu gehörenden formgebeuden Maschinen benuzt wird, ist die Heizung der dafür erfor- derlichen Dampfkessel die einfachste und deshalb auch zweckmässigste Lösung der Aufgabe, die abziehende Wärme (Abhitze) der Oefen zu be- nutzen, vorausgesetzt, dass dieselbe nicht, wie bei einigen sogleich zu besprechenden Oefen mit Gasfeuerung, durch Erhitzung der frisch zuströ- menden Brennstoffe (Gase und Luft) wieder in den Ofen zurückgeführt und somit zur Erhöhung der Temperatur in demselben benutzt wird.

Ueber die Anordnung der Kessel und Oefen gegen einander in sol- chen Fällen werden unten bei Besprechung der Anlagen der Werkstätten einige Mittheilungen gegeben werden.

1) Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 173,

380 Herdflammöfen.

HerdflammöfeD mit Gasfeuerung.

Wie bereits mehrfach hervorgehoben wm-de, treten die Vorzüge der Gasfeuerungen bei technischen Anlagen den Schwächen und Nachtheilen derselben gegenüber in ein um so günstigeres Licht, je ununterbrochener der Betrieb des zu heizenden Apparats vorwärts geht;, sie verschwinden zum grossen Theile, wenn, wie bei den meisten Giessereiflamniöfen , ein nur periodischer und kurze Zeit andauernder Betrieb erforderlich «rird.

Bei den meisten Schweiss- und Glühöfen aber pflegt der Betrieb un- unterbrochen während mindestens sechs Tagen und Nächten anzudauern, und aus diesem Grunde bat sich die Anwendung der Gasfeuerungen gerade bei diesen Apparaten meistens in glänzender Weise bewährt.

Die hierher gehörigen Einrichtungen sind zahlreich. Bei den älte- ren derselben wurden die Gase vom Generator in mehr oder minder lan- gen Leitungen nach dem Ofen geführt und hier gewöhnlich durch einen gepressten, von oben zugeführten Luftstrom verbrannt, welcher hänfig in einem eisernen Winderhitzungsapparate durch die abziehenden Gase erhitzt wurde und dadurch einen Theil der entweichenden Wärme wieder in den Ofen zurückführte. Dieses System hatte zwei grosse Uebelstände. Erstens fand in Folge der Zuführung der Verbrennungsluft oberhalb der Feuerbrücke die grösste Wärmeentwickelung erst ungeiahr in der Mitte des Herdes oder noch darüber hinaus statt, und somit blieb die Aus- nutzung der Wärme eine ungünstige, zweitens bedurften die eisernen Winderhitzer sehr häufiger Reparaturen.

Unter den Feuerungssystemen, welche eine Beseitigung dieser Nacb- theile anstrebten, mögen nur die in jetziger Zeit für Schweiss- und Glüh- öfen üblichsten Erwähnung finden.

Am einfachsten unter diesen ist die Construction des Bicheroux- Ofens, dessen Generator und Gasleitung nebst dem hintern Theile des Schweissofens in der ursprünglichen Anordnung in Fig. 296 und 297 abgebildet ist^« Es ist hier Ä der geräumige Generator (2,5 Meter breit, 2 Meter lang) mit geneigtem Planroste, B ein langer sich allmälig verengender Canal zur Fortleitung der Gase, C ein verticaler Canal, in welchem die Gase mit atmosphärischer, durch die Esse angesaugter Luft gemischt werden, um dann brennend über die Feuerbrücke hinweg nach dem Herde des Ofens zu ziehen. Die Verbrennungsluft wird wie auch in Fig. 296 angedeutet ist , bevor sie in den Raum C gelangt, durch ein System von Canälen innerhalb des Ofenmauerwerks hindurch- geführt, in welchem sie vorgewärmt wird.

Die B icher oux-Oefen unterscheiden sich demnach von den älteren Gasöfen vornehmlich durch die Form und insbesondere den grossen Fas-

^) Berg- und Hüttenmännische Zeitung 1874, S. 434; Wedding, Barstel- lung des schmiedbaren Eisens, S. 715.

Gaafeaeruni;. 381

sungBraom des Oeueratora, wodurch ein gleioli massiger BetrieB erzielt wird, femer durch die jedenfalU zweckinässige Mischaag der Gue mit VerbreDDangaloft, bevor sie dea Herd eireiohen, so daaa die nach der Mischung eintretende Wärmeentwickelung dem letztem zu gnte kommt. Nach dem Verlaasen des Ofens werden die Gase zar Eesselfeuerang benutzt. In neuerer Zeit hat man, wie dem Verfasser von befreundeter Seite mitgetheilt wurde, mehrere bemerkenswerthe Verbesserungen jener altem Fig. 2iP6.

oben abgebildeten Cunatruction angebracht, oder richtiger ansgedrOckt, man bat die nrsprungliche Conetruction der jedesmaligen Beschaffenheit

der zar Verwendung kommenden Koblen (Stein- and Braankohlen) ent- sprechend vnnirf. Besonders scheint man auf Eisenhüttenwerken Oester- reiobs und Ungarns, für welche Länder das Patent durch A. Pro- cbaska n. Co. in Wien erworben wnrde, eifrig in dieser Richtung vor- gegangen zn sein (Johann -AI dolfbütte in Steyermark, Alt«ohl beiSchem- nitz in Ungarn, Grazer Eisenwaarenfabrik, Grazer Südbahu walz werk and verschiedene andere).

382 Herdflammöfen.

Diese Veränderangeo beziehentlich VerbeBsernngen des nreprüng- lichen Ofens besteben:

1) in der Anbringung- eines Treppen rootes von 45 Grad Neigung in der Rilckwand den Ofens, besonders für ßrnunkohlenfeuerung geeignet;

2), und diese Aendemng verdient vorzugsweise Reftchtting, in der Weglassnng des langen Canals C, welcher wärmeentziebend wirkt, nnd unmittelbarer Verbindung des Generators mit dem ScIiweiRsoren. Zn diesem Zwecke wird der Generator vertieft unter die Hilttensohle gelegt, und man Inast aus demsellien da, wo in Fig. 39G der Cnnnl Ti beginnt, die Gase unmittelbar durch den senkrechten Cnnal C nach dem darüber liegenden Scbweissofeii emporsteigen (vergl, Fig. 298). Erwilgt mflo, dnSB die Bildung gewisser Procente Kohleiisfiure im Generator unvermeid- lich ist, dass dadurch Wärme erzeugt wird, welche in der langen Leitung zum grossen Tbeile verloren geht, bei unmittelbarer Verbindung des Ofens mit dem Generator aber ansgenutzt werden kann, so dürfte das Zweck- mässige dieser Einrichtung für alle solche Falle einleuchten, wo nicht etwa eine Condensation reicbllcb entwickelter Wasserdämpfe beabsichtigt wird ')■ Fig. 298.

') Dnitli rliene AenJerniiK wird der Bicliermix-Ofen dem sclion fVüher bekannten «ml auch jetzt noch mehrfach angewendeten Buetjun-Ofen sehr ähnlich; vnrgl. Kerl, QmndriHB der EiseubütteDkunde , B. 301; Berg- und Hättenniännische Zeitnng ISSe, S. 4^2,

Gasfenemng. 383

Die Fig. 298 kann znr Verftoschsalichang eines eolcfaen (ilr Brann- kohlenfeaemng beBtimmten Bicfaeroaz -Ofens zu Johann - Adolfhülle dienen. Der Generator ist 2050 Mm. breit, während ilie Breite des Ca- nftls C 1420 Mm, Beträgt. XX sind CanÄle für die Verbrennnn'gxInfL

Eine ansseixleni mit gntem Erfolge dnrchgeföhrte Neaemng ist die Zaieitnng tob Unterwind nnter den Rost bei geschlossenem Aschenfsll, besonders dann empfehlenswerth, wenn man Klarkohle 2a verarbeiten hat.

Der HauptTortheil der Bicfaeronx-Oefen liegt in einer Verringe- rnng des Brenn stoflyerbraachB im Vergleiche zn den Oefen mit directer Feaernng, hauptsächlich als Folge einer Tollständigern Verbrennung des Materials. Denn einestheils werden durcb Anwendung des ge- räamigen Gasgenerators jene Abkäblnngen beim Schären anf ein ge- ringstes Maass redocirt, welche bei directer Feaernng sich jedesmal darch die Entwicketaug eines dicken Qualms aus dem Schornsteine be- merkbar machen; and andemtbeils wirkt unstreitig die Zuführung er- wärmter Luft za dem bereite vergaatcn Brennstoffe nngemein günstig anf die Verbrennung, welche an der för die Wärmeausnutzang geeignet- sten Stelle vor eich geht.

Fig. 29».

Weniger einfach ist die Ponsard'sche Feuerung, dnreh die Figu- ren 299 nnd 300, einen mit dieser Feuerung versehenen Schweissofen darstellend, erläutert').

384 Herdflammüfen.

Die ans dem Generator kommenden Gaee werden, bevor sie über die FeuerbrOcke gelangen, mit Lnft gemiacht, streicben demgemäas brennend aber den Herd hinweg nnd treten nun in einen Raum ein, welcher zur Erwärmung der Verbrenn an gBlaft dient. Ponaard nennt diesen Luft- erbitsEnngaapparat einen beständig wirkenden Regenerator, obschoD die Art der Wirkung eine völlig andere ist, als bei den Kegeneratoren der SiemenB-Pcuerungen '). Derselbe, ana feuerfeBteiQ Materials erbant, enthält nämlich eine grosse Anzahl Canäle BB, welche von der atmo- sphärischen Lnft durchstrichen werden, während die beiBsen Verbren- nungsgase durch die Canäio A abwärts ziehen nnd dabei jene von anssen erhitzen. Die Erhitzung der Luft findet also durch Wärmetransmission statt und ist in Folge der reichlichen Oberfläche der Luftcanäle eine Fiff. :ioo. nicht uol)eträchtliche. Die erhitzte

Luft streicht dann in der Richtung des Pfeils in Fig. 299 weiter und trifft nun, wie oben beschrieben, die unmittelbar aus dem Generator kom- menden, also noch ziemlich beissen Gase. In Folge dieser vorausgehen- den Erhitzung der Luft ist nicht nnr die Verbrennung eine sehr voll- ständige, sondern es wird anch jener Theil Wärme, welchen die Lnft in dem Erliitznngsapparate aufnimmt, dem Ofen wieder zurückgebracht und dadurch nicht allein die gleiche Menge Wärme erspart, sondern anch die Temperatur höher gesteigert, als wenn diese Wärme durch eine äquivalente Menge Brennstoff er- zeugt worden wäre, so dass, wenn jene Temperatursteigemng nicht beabsichtigt war, thatsächlich mehr Brennstoff erspart werden kann, als 2Dr Entwickelung der in den Ofen zurückgeführten Wärme erforderlich gewesen sein würde*). In dieser Hinsicht geben also die Ponsard'schen Feuerungen eine ähnliche Wirkung als die früher erfundenen Siemens'- scben, deren allgemeine Einrichtnng schon hei den GiessereiflammöfeD beschrieben wnrde, sind aber in ihrer Anlage wie in der Wartung ein- facher, da statt der vier Siemens'schen Regeneratoren nur ein einziger vorhanden ist nnd das Umschalten des Gas- uad Luftstromes vollsttndig wegtSilt. Diese Vortbeile haben den Ponsard'schen Feuerungen für Schweisa- and Glühöfen in Belgien, Frankreich und im westlichen Dentsch-

') Besser dürfte der neuerilings augenomnieoe Name ,Recuperator* fQr diesen Apparat sein. ') Vergl. B. ibH.

Gasfeuerung. 385

'O

land manche Freande und eine nicht unerhehliche Verhreitung verschatft. Als Hanptnachtheil derselben gilt der Umstand, dass es schwierig ist, die Lnftcanäle unter den Einwirkungen der Erhitzung so dicht zu er- halten, dass nicht aus denselben Luft direct in die Feuercanäle übertritt, also nicht allein ungenutzt entweicht, sondern obenein Warme entführt und den Apparat abkühlt. Dieser Uebelstand und die damit verknüpf- ten Reparaturen können allerdings nach Ueberzeugung des Verfassers schwer genug wiegen, um gerechtfertigte Bedenken gegen die Einführung des Ponsar duschen Feuerungssystems wach zu rufen.

Eine dritte Gattung der Oasfeuerungen für Schweiss- und Glühöfen wird durch die bereits vielfach erwähnten Siemens'schen Regenerativ- öfen gebildet, unter den drei genannten die ältesten, in den Anlagekosten theuersten, in der Construction und Wartung schwierigsten, in der Lei- stung aber auch wohl unerreichten Feuerungsanlagen darstellend. Denn da hier sowohl Gas als Verbrennungsluft in den Regeneratoren auf eine hohe Temperatur erwärmt werden, bevor sie sich zum Zwecke der Ver- brennung mischen, so kann jene bei den Ponsard-Oefen besprochene Temperatursteigerung beziehentlich Brennstoffersparung in erhöhtem Maasse stattfinden; eben diese Erhitzung des Gases gleicht aber auch die Vortheile aus, welche bei den Ponsard- und neueren Bicheroux- Oefen die Benutzung der aus dem Generator mitgenommenen Wärme bietet, und lässt es in vielfachen Verhältnissen zweckmässig erscheinen, auch ein geringwerthigeres , wasserreicheres Brennmaterial durch Ein- schaltung eines Gondensationsapparates in die Gasleitung zu einem Gase von ausreichend hohem Brennwerthe zu verarbeiten. Diese Anwendung einer längern Gasleitung macht es aber andererseits möglich, in grösse- ren Anlagen den einzelnen Ofen unabhängig von einem bestimmten Gas- generator zu machen und die gesammte Gaserzeugung gewissermaassen zu centralisiren, indem man die Gase sämmtlicher vorhandenen Gasgene- ratoren in ein gemeinschaftliches Sammelrohr und aus diesen den einzel- nen Oefen zuführt.

Die allgemeine Einrichtung eines Sie mens' sehen Schweiss- oder Glühofens wird sich ohne Weiteres aus den früher gegebenen Abbildun- gen (Figuren 222 bis 226 auf S. 258 ff.) herleiten lassen, wenn man sich anstatt des vertieften Herdes dieses letztem einen flachen nach der Rück- seite des Ofens geneigten und an der tiefsten Stelle mit Schlackenabfluss versehenen Sandherd vergegenwärtigt. Im Uebrigen verweisen wir auf die unten gegebene Literatur und Nachweisung von Abbildungen.

Betrieb und Arbeitsverfahren.

Bei Schweiss- und Glühöfen für rohe Blöcke bedient man sich ge- wöhnlich einer breiten Schaufel, um die zu schweissenden Metallstücke in den Ofen zu schieben. Man legt das Metall auf die Schaufel, während diese auf der Thürschwelle ruht, dann wird die Thür aufgezogen, der

Ledebur, mechanisch •motallurgischc Technologie. 25

386 Herdflammöfen. Wirkungsgrad.

Block (Bramme) oder die za einem „Packeie" zusammengelegten Metall - stücke in den Ofen gestossen, die Schaufel rasch zurückgezogen und die Thür geschlossen.

Zur günstigem Warmeausnntzung bringt man, wie schon erwähnt, auf manchen Werken die letzten Stücke an die weniger erhitztei) Stellen des Ofens und schiebt sie allmälig nach den heisseren Stellen vor, wenn die dort befindlichen früher eingesetzten Stücke herausgenommen sind. Dadurch wird allerdings ein öfteres und längeres Oeffnen der Thüren er- forderlich, welches unter Umständen erhöhten Abbrand und Abkühlung des Ofens zur Folge haben kann. Wenn der Arbeiter erkennt, dass die richtige Erhitzung erreicht ist, werden bei Schweissöfen die Stücke mit Hülfe einer breiten Brechstange gewendet , so dass die bis dahin auf der Sohle des Herdes befindlichen und weniger stark erhitzten Theile gleich- falls der starkem Erhitzung ausgesetzt werden. Beim Glühen von halb- fertigen oder fertigen Gegenständen ist ein solches Wenden unthunlich. Schliesslich wird nach dem Oeffnen der Thür das Metallstück mit einem Haken auf die Thürschwelle gezogen, dort mit einer entsprechend grossen Zange erfasst und mit Hülfe eines zweirädrigen eisernen Wagens nach sei- nem Bestimmungsorte geschaffb. Bei Oefen mit stark saugender Esse, ins- besondere also bei allen Schweissöfen ohne Unterwind, belegt man die Thürschwelle und Fugen, so lange die Thür geschlossen ist, mit Stein- kohlen, um das Eindringen unverzehrten Sauerstoffs zu hindern.

Betriebsresultate und Wirkungsgrad.

Der Abbrand ist wie bei den Schmiedefeuern ein sehr verschiedener, je nachdem grössere oder kleinere Metallstücke erhitzt werden, höhere oder weniger hohe Temperatur gegeben wird. Bei Schweissöfen rechnet man etwa 8 bis 20 Proc. Abbrand; beim Glühen von Kupfertafeln 1 bis3Proc.; beim Messing, welches erst nach der Verarbeitung geglüht wird, ^/j Proc.

Der Brennstoffaufwand in Schweissöfen, um 100 Kilogramm Eisen zu erhitzen, schwankt nach Art des Fabrikats bei directer Feuerung von 40 bis 100 Kilogramm Steinkohle, im Gasschweissofen erheblich weniger. Im Bicheroux-Ofen wird der Brennstoffaufwand ein höherer sein als in den Ponsard- und Siemens- Oefen, doch giebt ersterer bei Anwen- dung von Dampf kraft den nicht zu unterschätzenden Vortheil, dass die abziehenden Gase zur Kesselfeuerung benutzbar bleiben, ein Umstand, der in vielen Fällen den höhern Brennstoffaufwand beim Schweissen und Glühen ausgleichen dürfte.

Nach Grüner gebraucht man, um im Ilerdflammofen mit directer Feuerung Eisenstäbe auf helle Rothgluth (1100 Grad Celsius) zu er- hitzen, 40 bis 50 Kilogramm Steinkohlen, in den günstigsten Fällen 30 Kilogramm, während die aufgenommene Wärme 200 bis 210 Wärmeein- heiten beträgt. Bei einer Wärmeleistung der Kohlen von 7000 Wärme- einheiten würde demnach der Wirkungsgrad des Ofens, einen durch*

Gefässöfen. 387

schnitt liehen Kohlenverbraach von 40 Kilogramm angenommen, sich beziffern auf

210 X 100 ^

40 X 7000

In den Siemens-Oefen zu Bbchnm gebraucht man zum Wärmen des Stahls 17 Kilogramm Steinkohlen, während dieser 180 bis 200 Wärme- einheiten aufnimmt; demnach Wirkungsgrad bei Siemens-Oefen:

17 X 7000

In Seraing gebraucht man im Ponsard-Ofen zum Erhitzen des

Stahls 18 bis 20 Kilogramm Steinkohlen; demnach Wirk^ngsgrad des

Ponsard-Ofens:

_ 190 X 100 ^,^

E = = 0,14.

19 X 7000 *

Dritte Gruppe. Gefössöfen.

Das Metall befindet sich in einem geschlossenen Behälter, welcher Ton aussen erhitzt wird. Daher ist die Einwirkung des Brennmaterials und der aus demselben entwickelten Gase völlig ausgeschlossen; die Ein- wirkung der atmosphärischen Luft wenigstens auf diejenige Menge der- selben beschränkt, welche mit dem Metalle in dem Gefässe eingeschlossen ist. Die Wärmeabgabe an das Metall geschieht in Folge einer Trans- mission durch die Gefasswände," geht also langsamer und unvollkommener vor sich, als in den zuerst beschriebenen beiden Gruppen von Erhitzungs- apparaten. Man benutzt deshalb diese Gefässöfen nur zum Glühen in Rothgluth oder geringerer Temperatur; entweder f&r solche halbfertige Gegenstände, bei denen durch die Entstehung chemischer Bildungen an der Oberfläche unter Einfluss der Flamme und atmosphärischen Luft, insbesondere aber durch die Ablagerung staubförmiger, mechanisch nieder- fallender Körper (Asche, Kohlenpartikdchen), welche sich festsetzen und bei der nachfolgenden Einwirkung von Stoss- oder Druckkräften in die Oberfläche eingedrückt werden können, eine Beeinträchtigung der Be- schaffenheit des Fabrikats zu befürchten ist (Bleche aus Zink, Neusilber und anderen Metallen, welche mit möglichst glatter Oberfläche aus dem forrogebenden Processe hervorgehen sollen), oder für fertige Gegenstände mit so geringen Querschnitten, dass die Anwendung eines Herdflamm- ofens für diesen Zweck nicht ausreichende Begründung findet (Drähte).

Die benutzten Gefasse und Feuemngseinrichtungen sind den ver- schiedenen Zwecken entsprechend sehr mannigfacher Art. Für die klein- sten Gegenstände dienen cylindrische Kessel aus Gnsseisen oder Eisen- blech mit senkrechter Achse, welche zur Rothgluth durch ein unter den- selben angebrachtes Feuer erhitzt werden; statt der Kessel benutzt man

26*

ä88 GefässÖfen.

auch, beBondera für einen nnnnterbrochenen Betrieb, horizontale Bebalter von verhältnisamiisaig geringem Querschnitt nnd grosser Länge, vorn durch einen Deckel geschlosson, aOs GuBaeisen oder Cbamottemasse her- gestellt und den Retorten der Gasanstalten in Form und Einmanernng ganz ähnlich; für grossere Gegenstände dienen Muffelöfen oder kasten- förmige Behälter, welche von der Flamme umspült werden.

Die Figuren 301 bis 304 stellen einen Muffelofen zum Glühen von Neuailberblechen in der Fabrik von Jürst in Berlin dar'). Die Muffel

Fig. 301.

Lj

J^

besteht aus Guaseisen, ruht auf einer feuerfesten Wölbung oberhalb des Fenorraums und wird von allen Seiten von den Feueruugsgasen umspült. Dieselben steigen durch die in dem Gewölbe angebrachten Can&le aa aufwärts, dringen durch die kleineren Oefibungen tib in den Raum, wel- cher die eigentliche Muffel eiüBchUesst, nnd ziehen längs dieser nach dem Schornsteine. Wie die verschiedene Schraffirong andentet, beat«ht das ganz» Fntter des Ofens, soweit es von dem Feuer berührt wird, ans

■) Wiebe, Hki/zenliur,]!, Jahrgang 1687. Heft, 1, Blatt 5.

Beispiele. 389

feuerfesten Steinen. Der VerBchlosa der Mnflel geschieht auf der Torder- aeite durch eine Tbür, welche in Fflhrongea auf- nnd abgleitet nnd mit Hülfe einer Kette hoch geiogen wird; aof der Rückseite dnrch eine der Thür ähnliche Scbiel>erplatte, welche noch durch Schraabenholzen ange- drückt werden kann. Unterhalb der Beschicknngsthür befindet sich die . Heizthür and die ThOr für den Äschenfall. Die Canäle d (Figuren 302 Fig. 302.

und 303) haben den Zweck, dnrch Zuführnog erwärmter atmosphärischer Luft über den Rost die Vollständigkeit der Verbrennung zu befördern, cc In Fig. 302 sind gemauerte Consolen zur Unterstützung des Ge- wölbes.

Ein Ofen zum Wärmen Ton Zinkblechen in einem englischen Zink-

390 Gefässöfen,

blechwalzwerke lat in den Figuren 305 bis 309 (S. 393 ff.) abgebUdet »)-

Der zur Änfnahme der Zinkbleche dienende Behälter ist hier Bcbrank-

Fig. 303.

artig eingerichtet und ans Gusaeieea platten zusiiininungtiiii'tzt. Senkrechte Scheidewände thi'ilen den ganzen Behälter iu drei Huuptabtheilungen, deren jede durch eine besondere Thür vorHchloaaeu uud durch ein~ gescliobone, horizontale, durchbrochene Flutten t welche zur Auibahmo der Dleche dienen (Figuren 305 und 306), noch ntiseerdcm in drei klei- nere Fächer getbeilt wird. Die auf dem Beate cntwiekelte Flamme

') Berg- uud HütteniiiänniBchc Zeitung, Jalirgiiiig 1B73, Trtf. 8.

Arbeitsverfahren, Wirkungsgrad. 391

streicht üun&chet unter dem Kasten hin , welcher lum Schutze gegen die

Stichflamme anf einem Gewölbe ruht, steigt dann an der Stirnseite empor,

Fig. 304.

nnd aiebt oberhalb des Kastens rückwärts nach dem Scbornateine. Die darcb Thüren Terschtoasene Seite des Kastens liegt frei und vor dersel- ben befindet sich eine Plattform zur Erl eichte mng des Ein- und Aus- bringens, die entgegengesetzte Seite ist durch Mauerung vor Abkühlung geschützt. Die in Fig. 305 auf der linken Seite des Ofens ersichtlichen Oeffnungen in der Umfassnngsmaner dienen zum Reinigen der Canäle und werden durch gewöhnliche eiserne Schieber verschlossen gehalten.

Arbeitsverfahren und Wirkungsgrad.

Ersteres bedarf kaum einer Beschreibung, da es eich im Wesent- lichen neben der Wartung des Feuers auf das Einbringen der kalten und Ausbringen der erwärmten Metalle beschränkt.

Gefässöfen.

Die Ermittelnng eines dnrchschDittlichen Wir- kungsgrades dieser Oefen ist fast noch schwieriger und OD zuverlässiger, als bei den frOher beschrie* benen, weil die mannig- üsldge CoDstmctioD, das Terscbiedene Material zu dem GlQhgefasse, die ab- weichende Temperatar, auf welche die verschie- denen Metalle erhitzt werden müssen, die Er- zielung sehr abweichen- der Reaaltate zulassen.

Wiebe giebt an, dasa der in den Figuren 301 bis 304 abgebildete Ofen in 24 Stunden mit 160 Centner Steinkohlen 60Ö Cüatner glühendes Neu- silber liefere, wobei die abziehenden Gase noch den Betrieb eines Kes- sels von 44 Quadrat- meter feuerbewährt«r Fläche bei einer Span- nung Ton 4 Atmosphä- ren gestatte. Um 100 Kilogramm Neusilber zu glühen, würden also 27 Kilogramm Steinkohlen

Wirkangsgrad, 393

erforderlich Bein. Leider iat die von glühendem NeasUber aufgenom- iDBDe Wärme nicht bekannt. Setzt man die apecifisohe Wärme desselben Fig. 308. Fig. 309.

^= 0,96 , nnd nimmt man an , dass eine Erwärmung aaf 600 Grad statt- finde, Bo beträgt die aufgenommene Wärme 58 Wärmeeinheiten, and der Wirkungsgrad des Ofens

58 X 100 „„„

E ^ = 0.03,

27 X 7000 ' '

ein Reenltat, dessen annähernde Richtigkeit durch den Umstand wahr- scheinlich gemacht wird, dass die Wärmeabgabe immerhin schwieriger alsbeiOefen mit freiem Herde von Statten geht, und daher der Wirknogs- grad ein nngüDstigerer sein mnes, als bei diesen-

SchluBsbetracbtiingeu.

W&hrend bei den Schmelzöfen die Gegenflberstellnng der berechne- ten Wirkungsgrade eine scharfe Charakteristik jener Oefen bildete, sehen wir bei den Oefen ssam Glühen der Metalle, daes jene Wirkungsgrade sehr relativ sind nn^ ans den angeführten Gründen sich innerhalb sehr weiter Grenzen bewegen.

Während wir für die Schmiedefeuer einen ei-hebÜcfa nngünstigern Wirkungsgrad ermittelten , als für die Herdflaramöfen auch für die- jeuigen mit directer Feuerung , lehrt der Augenschein , dass bei den erstercD durch die abziehenden Gase verhält nisBinäsaig weniger Wärme entführt wird, als bei den letiteren. Die Ursachen dieser ungünstigem Brennatoffausnutznng liegen hanptBächHch in der geringem Orösse der Schmiedefeaer , weil mit der zunehmenden Grösse eines Erhitzungsappa- rata sich bei ansreichender Aasnntznng desselben die relativen Wärme- verlnste verringern, sowie in den öfteren Stillständen der Schmiedefeaer

394 Literatur über Schweissen und Glühen.

während des Schmiedens, wobei Abkühlung eintritt und Wärme verloren geht. Trotz des berechneten ungünstigen Wirkungsgrades werden die Schmiedefbuer unentbehrliche Apparate bleiben, wo einzelne und kleine Metallstücke erhitzt werden sollen.

Aehnlich verhalten sich die Geiassöfen zu den Herdflammöfen. Wäh- rend ihr Wirkungsgrad im Allgemeinen ein ungünstigerer sein muss, ist ihre Anwendung doch häufig, und die Gründe, welche fiir dieselbe spre- chen, wurden bereits hervorgehoben.

Literatur über Schweissen und Glühen der Metalle.

lieber Schmiede feuer und deren Betrieb:

Wiebe, Maschinenbaumaterialicn (1. Band des Handbuchs der Maschi- nenkunde), Stuttgart 1858, S. 342 fi".; Atlas Tafel 111, IV, VI, VII.

Karmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, Bd. I, S. 175.

Petzhold, Fabrikation von Eisenbahnmaterial. Wiesbaden 1872, S. 142, Taf. XX, Fig. 5 und 6 (Schweissfeuer für Eisenbahn räder).

Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 700 ff.

Wiebe, Skizzenbuch Jahrgang 1869, Heft 3, Blatt 3; Jahrgang 1872, Heft 7, Blatt 1 und 2.

Ueber Herdflammöfen:

Wiebe, Maschineubaumaterialien, S. 36G, Atlas Taf. V.

Petzhold, op. cit.S.34, 37, 50, 54, 81, 202, 213; Abbildungen Taf. XII,

Fig. 4 und 5, Taf. XIV, Fig. 1 bis 11, Taf. XX, Fig. 1 bis 4, Taf.

XXI, Fig. 10 bis 12, Taf. XXVI, Fig. 1 und 2. Wedding, op. cit. S. 707 ff. Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 414. Jordan, Album du conrs de Metallurgie, Taf. 78 bis 83 (Abbildungen

von Schweissöfen mit directer und Siemens' scher Feuerung), Taf.

111 und 112 (Blechglühöfen). Wiebe, Skizzenbuch, Jahrgang 1875, Heft 5, Blatt 6 (Messingglühöfen

mit Siemens'scher Feuerung).

Ueber Gefässöfen:

Zeitschrift deutscher Ingenieure, Band 11, Taf. 18, Fig. 1 und 2 (Glüh- öfen für Draht). Dingler's poljrtechnisches Journal, Band 202, S. 190 (desgl.). Kerl, op. cit., S. 440 (desgl.).

Jordan, op. cit, Taf. 113 (Blechglühöfcn).

i I

8. Die formgebenden Apparate und ihre Anwendung.

A. Hammer und Ambos.

Hammer wird ein jedes Werkzeug genannt, welches geeignet ist, durch ansgeühte Schläge auf einen andern festen Körper eine Formver- änderung desselben zu bewirken, ohne dass jedoch diese Formverände- rung stets der Zweck der vollführten Schläge zu sein brauchf. Die Ar- beit heisst Hämmern, und wenn der gehämmerte Gegenstand aus einem Metallstucke besteht, welches zur Verleihung einer grössern Dehnbarkeit für die beabsichtigte Form Veränderung erhitzt worden ist (Eisen, Stahl, Kupfer und andere), so nennt man diese Art der Formgebung insbeson- dere Schmieden.

Bei jedem. Hämmern, welches eine Form Veränderung durch Quer- schnittsverdünnung zum Zwecke hat, muss der wirksame 'Theil des Hammers härter als der gehämmerte Gegenstand sein^). Der letztere muss aber auch eine feste Unterlage erhalten, theils um ein Ausweichen desselben zu verhindern, theils um di^'enige lebendige Kraft des Ham- mers aufzunehmen, welche nicht zur Formveränderung verwendet wird; diese Unterlage nennen wir Ambos. Auch der Ambos muss härter als der zu bearbeitende Gegenstand sein, um nicht selbst Eindrücke beim Hämmern zu erhalten. Derselbe wird in einer stabilen Unterlage be- festigt, welche bei kleinen Hämmern aus einem schweren, in die Erde eingerammten Holzklotze besteht und Hammerstock genannt wird, bei schweren Hämmern aber aus einem Gusseisenkörper der Chabotte gebildet wird, welcher gewöhnlich auf einem elastischen Holzfunda- mente ruht.

1) Wenn im Oegentheile die Qaerschnittsverdnnnung vermieden werden soll, also z. B. bei der Anwendung der Hämmer znm Biegen, wovon in dem folgenden Abschnitte die Bede sein wird, sind häufig die Hämmer aus weicberm Materiale als das zu biegende Metall gefertigt.

396 Hammer und Ambos.

Meistens erfolgen die Schläge von oben nach unten in einer Verti- calebene. Es ergiebt sich bei dieser Art der Bewegungsrichtnng der Yortheil , dass die Schwerkraft als beschleunigende Kraft auf den Ham- mer wirkt und dadurch die Wirkung des Schlages erhöht; ja, in vielen Fällen ist es die Schwerkraft allein, durch welche die Bewegung des Hammers hervorgerufen wird.

Die Wirkung eines Schlages, d. h. das in dem Augenblicke des Auf- schlagens in dem Hammer angehäufte und auf den gehämmerten Gegen-

stand übertragene Arbeitsquantum ist theoretisch —^ , worm M die so- genannte Masse des Körpers, v die Endgeschwindigkeit bezeichnet. Dem- nach ist man im Stande, mit einer kleinen Masse, welche mit grosser Geschwindigkeit bewegt wird, theoretisch dieselbe Wirkung hervorzu- bringen, als mit einer grössern Masse, die eine geringere Geschwindigkeit besitzt. Diese Thatsache ist insofern von Wichtigkeit, als es in Wirk- lichkeit weniger umfangreiche mechanische Hülfsmittel erfordert, einer geringen Masse grosse Geschwindigkeit zu verleihen, als umgekehrt.

Nun lehrt uns aber die Erfahrung, dass die physikalischen Wirkungen des Hämmems auf das Metall sich doch erheblich abweichend gest-alten, ob man ein grosses Hammergewicht mit geringerer nur dem freien Falle^ entsprechender Geschwindigkeit oder ein geringeres Ge- wicht mit grösserer Geschwindigkeit wirken lässt. In ersterm Falle er- streckt sich die Wirkung sowohl auf die äusseren als auch die inneren Theile des Metallstückes ; schmiedet man einen erhitzten Metallblock mit verticalen Seitenflächen (also von prismatischer Form), so nehmen beim Schmieden jene verticalen Seitenflächen convexe Form an, ein Beweis, dass die inneren, heisseren und deshalb dehnbareren .Theile stärkere Querschnittsverdünnung und dadurch Streckung erfahren, als die äusseren kälteren; in dem zweiten Falle werden vorzugsweise die äusseren Theile beeinflusst, gestreckt, und die verticalen Seitenflächen erhalten in Folge dessen concave Form.

Wenn es also nur darauf ankommt, die äusseren Begrenzungen eines Metallstücks in andere Form zu bringen wie es freilich bei der Metallverarbeitung meistens der Fall ist , so wird ein weniger schwerer Hammer mit grosser Geschwindigkeit den Zweck eben so gut und in kürzerer Zeit erfüllen, als ein schwererer Hammer mit geringerer Geschwindigkeit; wenn aber neben der Formgebung gewisse, das ganze Metallstück durchdringende physikalische Aenderungen hervorgerufen werden sollen, deren Totalwirkung man mit dem Ausdrucke „Verdich- tung" zu bezeichnen pflegt, so ist es unerlässlich , dass das Fallgewicht des Hammers der Stärke des zu bearbeitenden Metallstücks angemes- sen sei.

Die verschiedenen Arten der für die Metallverarbeitung benutzten Hämmer lassen sich entweder gemäss der für den Betrieb verwend>eten Betriebskraft als Ilandhämmer (Fusstritthämmer) und Maschinen-

Stielhämmer. 397

hämmer (Dampfhämmer, Wasserhämmer etc.) eintheilen, oder gemäss ihrer Constraction als Stielhämmer und Rahmen- oder Parallel- hämmer. Wir werden für die folgenden Besprechungen die letztere Eintheilung als Grandlage nehmen.

a. Stielhänimer.

Dieselben bestehen ans zwei Ilanpttheilen : dem Stiele oder Helme, welcher meistens ans zähem Holze gefertigt ist, nnd dem Hammer- kopfe, gewöhnlich aas Schmiedeeisen mit verstahlter Arbeitsfläche her- gestellt, in welchem das Hauptgewicht des Hammers concentrirt ist. Nur solche Hämmer, welche weniger zum Strecken als zum Biegen benutzt werden soUen, haben einen Kopf aus Holz oder für zarte Gegenstände aas Hörn.

Der Stiel hat oblongen Querschnitt, dessen grossere Abmessung in der Beweguugsricbtnng des Hammers, also senkrecht, gerichtet ist. Er wird durch eine entsprechend geformte Oeffnung des Hammerkopfs hin- durchgesteckt, welche das Auge desselben genannt wird, und mit Keilen befestigt.

Die arbeitende Fläche des Hammers nennt man , wenn ihre Länge und Breite nicht sehr abweichend sind, Bahn, Hammerbahn; wenn sie dagegen im Verhältnisse zu ihrer Länge sehr schmal ist, also die Form eines abgestumpften Rückens oder Keils besitzt, Finne.«

Bei den Handhämmem wird der Stiel sammt Kopf erhoben und aus der Höbe niedergeschwungen; bei den durch Elementarkraft bewegten Stielhämraern ist der Stiel in einem bestimmten Punkte seiner Länge an einer horizontalen Achse befestigt und drehbar, so dass der Hammer- kopf bei dem Anhubo und Niederfallen sich innerhalb einer Kreislinie bewegt. Der Anhub erfolgt in letzterm Falle durch Hebedaumen, welche auf einer in Umdrehung versetzten Daumentrommel angebracht sind und den Hammerstiel erfassen; geschieht der Angriff am Kopfe des Hammers, so heisst derselbe Stirnhammer; geschieht er zwischen Kopf und Drehpunkt: Aufwerfhammer; geschieht er jenseits des Drehpunkts, so dass dieser zwischen Kopf und Angriffspunkt liegt: Schwanzham- mer. Selbstverständlich muss in letzterm Falle, um ein Heben des Kopfes zu bewirken, die Bewegungsrichtung der Daumen abwärts gerich- tet sein.

Die lebendige Kraft beim Niederfallen eines solchen Stielhammers mit festliegender Drehungsachse lägst sich durch die Formel

L= GH^ r

ausdrAcken, worin G das Gesammtge wicht des Hammers, H die Hubhöhe des Kopfes, S die Entfernung des Schwerpunktes und r die des Kopfes von der Drehungsachse bezeichnet. Hieraus folgt, dass die Wirkung

398 tiammer und Ambos.

eine am so grössere ist, je näher der Schwerpnnkt des ganzen Hammers

mit dem des Kopfes znsammenföllt, je mehr sich abo das Verhaltniss

g

der Zahl 1 nähert. r

Handhämmer.

Die Grösse derselben ist durch das Gewicht begrenzt, welches ein Arbeiter mit beiden Händen zu schwingen vermag and welches höchstens 10 Kilogramm beträgt. Diese grössten Handhämmer haben einen Stiel von 500 bis 600 Mm. Länge and heissen Zuschlagehämmer, weil sie beim Schmieden des Eisens durch den Gehülfen des Schmieds gefuhrt werden, welcher Znschläger genannt wird; die znm Schmieden be- nutzten kleinsten Hämmer heissen Schmiedehämmer und haben ein Gewicht von 1 bis 2 Klgr. bei einer Länge des Stiels von etwa 400 Mm.

Da der Kopf des Hammers annähernd prismatische Form besitzt, so lassen sich beide Endflächen desselben zum Hämmern benutzen, je nachdem man die eine oder andere derselben nach unten kehrt. Man kann deshalb dem Hammer entweder eine Bahn und eine Finne oder auch zwei Bahnen oder zwei Finnen geben. Der. erstere Fall ist der gebräuchlichere. Gewöhnlich läuft hierbei die Längenrichtung der Finne rechtwinklig gegen die Richtung des Stiels wie bei dem Hammer

Piff. 310. * Fig. 310, und zwar liegt sie in die-

sem Falle entweder wie in der Ab-

BJ^ bildung über der Mitte der Bahn

I^B^BHBHHHHHHB oder mit der äusseren Stirnfläche ^H des Hammers büudig.

Bei einzelnen schweren Häm- mern liegt die Richtung der Finne mit der Richtung des Stiels parallel, Fig. 311, und man nennt diese Art Hämmer Kreuzschläge.

Nach der Form der Bahn und Finne unterscheidet man eine grosse Anzahl verschiedener Benennungen des Hammers. Der gewöhnliche

•pig, 311. Schmiedehammer (wenn

er für Schlosserarbeiten benutzt wird, Bank- hammer genannt) hat eine Finne und eine flache oder ganz schwach convexe Bahn ; mit zwei Bahnen von quadratischer, runder oder rechteckiger Form heisst er Abschlichthammer; mit zwei Finnen, quer gegen den Stiel gerich- tet, Abspinnhammer, Abbindhammer, Schweifhammer; mit stark gewölbter Bahn Schlichthammer oder Ansschlicht- hammer. Die meisten dieser Hämmer dienen weniger zum eigentlichen Schmieden, als für die spätere Vollendung der Form.

Handhämmer. 399

Der Ambos für Handhämmer wird gewohnlich aus Schmiedeeisen mit verstahlter oberer l'läche dargestellt, selteDer ans Gasseisen mit gehärteter Fläche oder aua Gaasstahl. Diese obere Fläche, aaf welcher das Arbeitsstück robt nnd welche deshalb geBchliifen sein muss (damit nicht vorhiindene Unebenheiten sich im ArbeitsHtQcke abdrücken), heisst die Bahn des Ambos.

Die Form der Ambose iet mannigfaltig, thcila von der Beschaffen- heit der zu schmiedenden Gegenstände, theiU aber AQch von Herkommen nnd Gebräachen abhängig.

Der sogenannte Amhos ohne Hörn, Fig. 312, bat eine rechtwink- lige Bahn von 400 bis 450 Mm. Länge, 100 bis 120 Mm. Breite. Die OefTnnng a dient znm Einstecken besonderer Schmiedeunterlagen ver- mittelat eines an denselben befindlichen Zapfens, wenn es sich um Her- stellnng bestimmter Formen handelt, die eich anf der glatten Amboababn nicht wurden erzengen lassen. An der nntern Seite des Ambos befindet sich, wenn nicht das Gewicht desselben ein grosses ist, ein pyramidaler Zapfen (Angel) znm Einstecken in den Ambosstock; grosse Ambose ver- Pig. 312. Fig. 313.

sieht man mit einer Oeffnnng an der nntern Seite, in welche ein in den Ambosstock eingeschlagener Zapfen hineinpassL

FQr gewisse Zwecke kann es dienlich sein, den Ambos mit einem kegelförmig zulaufenden Ansätze zu versehen; es entsteht dann die Form des Ambos mit einem Hörn, Fig. 313.

Bringt man dem kegelförmigen Hörne gegenüber ein zweites Hom an, welches jedoch alsdann nicht abgerundeten, sondern vierseitigen Querschnitt und keilförmige Gestalt besitet, so dass die obere Fläche eine ebene Bahn bildet, so entsteht der Ambos mit zwei Hörnern, Fig. 314 (a. f. S.).

Ausser diesen scharf gekennzeichneten Gattnngen der Ambose unter- scheidet man nach der Form des Fusses und dar sonstigen für die Ver- wendung weniger wichtigen Ei genthümlichkeiten deutsche, englische, fransösische, schweizer, luxemburger nnd andere Ambose. Dar in Fig. 312 abgebildete ist ein deutscher, in Fig. 313 ein englischer, in Fig. 314 ein französischer Ambos.

Bilden die beiden Homer den Hauptbnstandtheil des Ambos der-

400 Hammer und Ambo3.

artig, daas der mittlere Tbeil auf eine quadratische Griuldform zurück- geführt wird, so eutsteht das Sperrhorn, Fig. 315.

Fift- 31*. Kg- 315.

Daa Gewicht des Ambos mnsB von der Wucht der geführten Schläge □nd mithin hauptsächlich von dem Gewichte des benutzten Hammers abbfingig sein. Bei den für die rohe Formgebung benutzten Amboaen betrügt daa Gewicht der Grösse der za schniiedenden Stücke entsprechend 20 bis 300 Kilogramm; für andere Zwecke, z. B. in den Werkstätten der Uhrmacher, Mechaniker u. s. w-, werden jedoch auch Arabose benutzt, welche nicht schwerer als '/g Kilogramm sind.

Für die Darstellung der feinsten Bleche aus Gold, Silber, Tombak, Neusilber, des sogenannten echten und unechten ßintigoldes und Blatt- silbers werden statt eiserner Ambose geschliffene Blöcke aus Granit oder Marmor mit ebener Bahn benutzt.

Als eine besondere Gattung der durch menschliche Kraft bewegten Stielbämmer verdienen die in kleinen Werkstätten bisweilen benutzten Tritthämmer oder Fnsshämmer Erwähnung. Der Hammerstiel hat bei diesen einen festliegenden Drehungspnnkt ; eine Feder, welche mit dem Hammer in Verbindung gebracht ist, giebt demselben daa Be- streben, sich zu heben, so dass der Kopf in der Buhe den höchsten Stand einnimmt; ein Hebel, der durch Fusstritt und Schubstange bewegt wird nnd mit der Drehungsachse des Hammers verbunden ist, schnellt ihn bei jedem Drucke des Fusses auf den Ambos nieder. Eine Eniparung an Arbeit ßndet natürlich hierbei nicht statt, sondern es wird sogar durch Ueberwindnng des Fedardracks die erforderliche Arbeitsleistung erhöht; dennoch kann in solchen Fällen, wo beim Schmieden kleiner Stücke ein einziger Arbeiter sowohl die Schläge auszuführen, als das Arbeitsstück zu halten nnd zu wenden hat, der Tritthammer recht zweck- massig sein, weil ein sonst ruhender Theil des Körpers, der Fnss, für die Bewegung benutzt wird und der Schmied nnn beide Hftnde für die Hand- habung des Arbeitsstücks benutzen kann.

Stirnhäramer.

Die Fignren 316 and 317 atellcn einen gewähnlioben Stimhammer

dar uod zwar Fig. 316 im Anfrisse, Fig. 317 im Grundrieae ^). Stiel

und Kopf sind in einem Stücke ans Gaeseisen gefertigt. An ersteren igt

die DrehnngaachBe C 0 angegossen, deren Enden in den Lagern L mben.

Fig. 316.

An der Stirn ist die znm Auswechseln eiogerichtete Streichplatte A ein- gesetzt, welche von den Hebedaaraen £ ergi-iffen wird. Die Hammer-

Pig. 317.

bahn ist gleichfalls für sich gegossen and steckt mit einem couischen Zapfen in dem Kopfe, wo sie darch einen Keil oder dnrch Schranben festgehalten wird. In ähnlicher Weise ist der Ambos in der gnsseisemen' Chabotto befestigt, welche durch starke Schrauben auf der durch ein hölzernes Schwellwerk gebildeten Unterlage des ganzen Haromerwerkfl

1) Am Weisbach, Lalirbuch der Mechanik, HI. Tbeil, B. 1307. Lsdabur, nitchaiilKli.iMUllurgluhii T<ichnnlu(lB. 26

402 Hammer und Ambos.

festgehalteil wird. Die Bahn des Hammers und Ambos hat kreuzförmigen Grandriss.

Das Gewicht solcher Stirnhämmer ist 2500 bis 8000 Kilogramm, die Hubhöhe des Hammerkopfes 0,3 bis 0,6 Meter, die Zahl der Schlage 50 bis 100 per Minute.

Da jedoch ein grosser Theil jenes totalen Hammergewichts in dem Stiele vertheilt ist, uud der Schwerpunkt des Ganzen mithin ziemlich weit nach der Drehungsachse zu liegt, so ist die Wirkung des Hammers im Ver- hältnisse zu seinem Gewichte und seinen Anlagekosten eine geringe, und es ist diese Art Hämmer nur zur ersten Formgebung und Verdichtung roher Puddelluppen in solchen Hüttenwerken in Gebrauch, wo eine reich- liche Wasserkraft zu Gebote steht.

Eine Uebergangsform der Stirnhämmer zu den Aufwerfhämmern bilden die Brusthämmer, bei denen eine ähnliche Daumentrommel wie beim Stirnhammer hinter der Hammerbahn liegt und von unten her den Hammer vermittelst einer an diesen angegossenen und nach unten gerichteten Nase mit Streichbahn hebt. Dadurch wird der Platz vor dem Hammer frei.

Aufwerfhämmer.

Ein solcher ist in Fig. 818 abgebildet. Das HammergerQst besteht hier aus Gusseisen, der Stiel A ans Holz, der Kopf B aus Schmiedeeisen mit verstahlter Bahn. Der Hammerstiel ist mit einer umgelegten schmiede- eisernen Streichbahn versehen; die Hebedaumen EE sind mit dem auf der Wasserradwelle befestigten Daumenringe aus einem Stücke gegossen und mit aufgelegten und durch einen schmiedeeisernen Ring festgehalte- nen Holzstücken (sogenannten Fröschen) versehen, um den Holm gegen zu rasche Abnutzung zu schützen. Der Angriff erfolgt ungefähr in ein Drittel der Länge des Hammerhelms, vom Kopfe an gemessen.

Bei raschem Gange des Hammers würde die ihm durch die rasche Bewegung der Hebedaumen ertheilte lebendige Kraft ein Aufsteigen zu einer solchen Höhe bewirken, dass, bevor das Niederfallen und Aufschla- gen erfolgt, schon der folgende Hebedanmen wieder in die Angriffsstel- lung vorgerückt ist, der Hammer also gefangen würde, ohne aufzu- schlagen. Um diesen Uebelstand zu vermeiden und eine grosse Anzahl Schläge in der Zeiteinheit zu ermöglichen, bringt man eine Prellvor- richtung an, gegen welche der Hammer, unmittelbar nachdem der Hebedaumen den Helm verlassen hat, anschlägt, und von dem er mit an- nähernd gleicher Geschwindigkeit zurückgeworfen wird, welche er er- langt haben würde, wenn er zu voller Hubhöhe emporgeworfen worden wäre. Je elastischer die Prellvorrichtung ist, je weniger Effectverlust also durch den Stoss stattfindet, desto vollständiger ist ihre Wirkung hinsichtlich der Ertheilung eines beschleunigten Niederfallens ; anderer- seits, je grosser die Geschwindigkeit der Hebedanmen ist, je rascher also die Welle umläuft, desto höher würde der Hammer ohne Prellvorrich-

Aufwerfhämmer. 403

toDg emporgeworfen sein, desto grösser ist also aach die Geschwindigkeit

beim Niederfallen und desto grösser die Wirkung des ScLlsges; oder

Pig. 318.

wenn man letztere als gegeben ansieht, desto kleiner braucht das Gewicht

des Hammers zn sein.

Als solche Prellvorrichtung dient bei dem vorliegenden Hammer

der horizontale Baum H, Eeitel genannt, welcher oberhalb desHammer-

tielms in der ans der Abhildung ersichtlichen Art nnd Weise fest ge- _,. lagert und mit Keilen befestigt ist.

Das hintere Ende des Hammer- helms steckt in einer gnaseisernen „Hülse" D mit einem langem Zapfen

^ Ci und einem kurzem C (Fig. 319),

welche zusammen die Drehungsachse bilden. Diese Zapfen mhen in „BDch- sen" ans Guseeisen oder RothgosB, welche in den gnsseisernen Säulen 2" r festgekeilt sind. Letztere beiden SKnlen, welche BOchsensänlen ge- nannt werden, stecken mit ibren

404

Hammer und Ambos.

unteren Enden in Schnhen t auf der Sohlplatte, oben in einer gemein- schaftlichen Kopfplatte SS, welche an die dahinter stehende sogenannte Reitelsänle ^7 angegossen ist. Die zu hiuterst stehende. Säule F heisst Drahmsäule. Reitel- und Drahmsäule sind in den auf der Grundplatte des eisernen Fundamentkastens angegossenen Schuhen M und i^ fest- gekeilt.

Der Ambos ruht in einem gusseisemen Rahmen und mit diesem auf dem eisernen Hammerstocke X,

Die Hubhöhe der Aufwerf hämmer beträgt 500 bis 700 Mm., die Anzahl der Hübe pro Minute 80 bis 100, das Gewicht des Hammerkopfs 150 bis 280 Kilogramm und die Betriebskraft 7 bis 12 Pferdekräite.

Man benutzt sie bei dem Vorhandensein einer ausreichenden Wasser- kraft zum Schmieden von Eisen , Kupfer, Messing etc. Die Form der

Fiisr. 320:

Hammerbahn ist dem verschiedenen Zwecke entsprechend eine sehr ab- weichende ; zum Schmieden von stab- förroigen Körpern ist sie rechteckig und schwach convex, um so schmaler und der Form der Finne ähnlicher, je rascher gestreckt werden soll und je schmaler die zu schmieden- den Stabe sind; für Bleche ist sie breit ; für die Herstellung von Hohl-

gefassen (z. B. kupfernen Kesseln

in den „Kupferhämmern '') ist sie

> kreisförmig 60 bis 80 Mm. im Doroh-

messer, flach oder cpnvex, und da der Hamraerkopf sich ganz allmälig

zu dem kleinsten Durchmesser der Bahn verjüngt, so erhält dadurch der

untere Theil desselben ein rüsselförmiges Aenssere (Fig. 320).

Schwanzhämmer.

Ein solcher ist in Fig. 321 abgebildet Es ist hier AB der Hani- merhelm, C der Ambos, D der Hammerstock, ^R die eine von den guss- eisemen Büchsensäulcu , welche durch ein eisernes Querhaupt JK, einen Querbalken F und eine schmiedeeiserne Gabel G H, deren Zinken die Enden des Balkens T erfassen , mit einander verbunden sind. Auf dem Balken ruhen die Brückenhölzer KK und zugleich dienen die Spreizen JJ zur Erhöhung der Stabilität der Büchsensäulen. In LL sieht man die Enden der Büchsen, in welchen die Zapfen der Hammerhülse lagern. An dem Ende des Hammerhelms sitzt der sogenannte Schwanzring iJ, welcher von den Daumen NN niedergedrückt wird. Als Prellvorrich- tung dient hier die eiserne Platte P (Reitelplatte) in dem hölzernen Reitelstocke S. Zum Betriebe ist das Wasserrad T mit den gekröpften eisernen Schaufeln V bestimmt.

Scfawanzhämmer. 40 &

Die Schw&nzhSmmer baben im AllgemeiaeD die nämliclie Verwen- dung ala die Anfwerfhämmer, and es besitzen deshalb die Hammer- und Ambosbahaen eben so abweicbeude Formen als bei jenen. Dagegen ge- sUttet die Eigeatbümlichkeit der Construction leichter als bei den Auf- werf b&mmem eine Vermebruag der Hubzahl, indem man den Daumen- kreiadnrcbmesser klein, dieUmgangszablderDanmenwelle groaa annimmt nnd die Drehungsachse des Helme (die HOlse) entsprechend nahe an das Scbvsnzende verlegt, am trotz der geringen Hubhöhe des Scbwaiizringes eioe Bosreioliende Hubhöbe des Kopfes za erhalten. Bei der groBsen Ge- schwindigkeit solcher Schwanzhämmer mit grosser Hubzahl braocht des- halb das Gewicht desselben ein verbältnissmfisaig geringes xa sein, um Fig. 321.

einen bestimmten theoretischen Efieet hervorzubringen ; nnd den frQher gegebenen Erläuterungen über die verechiedeno physikalische Wirkung schwererer und leichterer Hämmer zufolge eignen sich deshalb solche leichte Schwanzbammer mit grosser Hubzahl vorzugsweise für solche Zwecke, wo es nicht auf eine Verdichtung, sondern lediglich auf Form- gebung ankommt. Je nachdem der eine oder andere Zweck vorwiegend in'a Auge gefasst ist , besitzen die Schwanzhgmmer ein Gewicht von 60 bis 350 Kilogramm, eratore mit einer Anzahl Habe, welche bis auf 300 per Minute gesteigert werden kann, jedoch einer Hubhöhe oft nicht über 150 Mm.; letztere mit 120 Hüben per Minute und einer Hubhöhe bis za 480 Mm.

406 ' Hammer und Ambos.

Vor den Aafwerf hämmern haben die Scbwanashämmer noch den Vor- theil voraus, dass der Raum um den Kopf herum nicht durch die Daumen - welle beengt und daher an drei Seiten frei ist; ferner dass ihre Fundamen- tirung im Allgemeinen einfacher und leichter als bei jenen ist. Für grössere Anlagen fclllt auch der Umstand ins Gewicht, dass man bei An- wendung von Schwanzhämmern von einer und derselben Welle aus eine grössere Anzahl derselben betreiben kann, welche mit parallelen Helmen in einer Reihe neben einander liegen. Dadurch wird die ganze Anlage einfach und für die Benutzung bequem, während für den Betrieb von Aufwerf hämmern jeder derselben seine eigene Betriebswelle und meistens auch seine eigene Betriebsmaschine erhält.

Der Wirkungsgrad der Schwanzhämmer, d. h. das Verhältniss der geleisteten Arbeit zur aufgewendeten, ist dagegen nach Hauer etwas ungünstiger als derjenige der Aufwei*fhämmer, und verhält sich zu letz- teren wie 0,75 : 0,80. Der Unterschied ist zu unerheblich, als dass er gegenüber den erwähnten Vorzügen der Schwanzhämmer einen Ausschlag zu Gunsten der Aufwerfhämmer zu geben vermöchte.

Die üblichste Betriebskraft für die Schwanzhämmer ist das WasseV. Die Yortheile dieses Hammersystems, wozu ausser den schon geschilder- ten auch die verhältnissmässige Billigkeit der Anlage und Einfachheit der Bedienung gehören , haben jedoch mehrfach auch in solchen Fällen Veranlassung zur Anwendung desselben gegeben, wo Wasserkraft nicht zu Gebote steht und Dampfkraft benutzt werden musste. Dient dieselbe Dampfmaschine auch zum Betriebe anderer Maschinen, so ist es leicht, von einer gemeinschaftlichen Transmissionswelle aus durch eine Riemen- übertragung die Daumenwelle des Dampfhammers in Bewegung zu setzen, wobei jedoch die Einschaltung eines Schwungsrades unerlässlich ist, um die Rückwirkung der vom Anschlagen der Hebedaumen herrührenden StÖBse auf die Transmissionswelle abzuschwächen.

Bisweilen verbindet man auch eine eigene Dampfmaschine mit dem Schwanzhammer und wählt dazu meistens eine Maschine mit oscilliren- dem Cylinder. Für grössere Leistungen eines Hammers würde allerdings einer solchen Anordnung, falls man überhaupt Dampf kraft anwenden will, ein direct wirkender Dampfhammer vorzuziehen sein, welcher eine Menge Vorzüge vereinigt und von welchem unten die Rede sein wird; wo jedoch nur kleine Leistungen verlangt werden, entscheidet die grössere Billigkeit und einfachere Bedienung nicht selten für den Schwanz- hammer.

Da ein solcher kleiner Schwanzhammer mit Dampf maschinenbetrieb und grosser Hubzahl die Aufgabe erfüllt, die Handarbeit des Zuschlägers beim Schmieden entbehrlich zu machen, nennt man die hierher gehöri- gen Constructionen Dampfzuschläger (Steamstriker). Erwähnens- werth ist ein solcher Dampfzuschläger von I). Davies iuNewport, welcher nicht allein Schläge von verschiedener Hubhöhe, sondern auch von ver-

RahmeBbämmer. 407

schiedener St&rke and Richtung (vertical, schräg und horizontal) ge- stattet und durch Drehung des Hammers nm eine Achse es auch ermög- licht, mehrere in einem Kreise angeordnete Ambose nach einander zu be- dienen ^).

b. Bahmen- oder Farallelhämmer,

Der bewegliche Theil des Hammers, welcher hier Hamm erblock oder Bär genannt zu werden pflegt, gleitet geradlinig entweder zwi- schen Führungen, welche den Kahmen des Hammers bilden, oder auch nur mittelst einer mit demselben verbundenen Stange in Stopfbüchsen. Die Bewegungsi'ichtung ist fast immer eine senkrechte, und in diesem Falle erfolgt der Schlag bei dem Niedergange des Bars. Unter der An- nahme, dass der Fall nur durch die Schwerkraft bewirkt wird, lusst sich die lebendige Kraft des Hammers durch die Formel ausdrücken

L= GH, worin G das Gewicht des Bars, H die Hubhöhe des Hammers bezeichnet. Vergleicht man hiermit die für die lebendige Kraft der Stielhämmer ge- gebene Formel (S. 397), so ergiebt sich, dass bei gleichem Hammer- gewichte die Leistung des Rahmenhammers eine grössere sein muss, weil

der Werth in der Formel für Stielhämmer stets kleiner als 1 ist. Sie r

haben femer vor den letzteren den Yortheil voraus, dass die Hammer- und Ambosbahu in jeder Stellung parallel bleiben , während sie bei den Stielhämmern um so mehr divergiren, je dicker das zu schmiedende Stück ist; und endlich ist es bei den meisten dieser Hämmer möglich, die totale Hubhöhe der verschiedenen Stärke der zu schmiedenden Stücke ent- sprechend zu verändern, während die Stielhämmer bei unveränderlicher totaler Hubhöhe eine um so geringere Fallhöhe besitzen, je dicker das zwischen Ambos und Hammerkopf befindliche Arbeitsstück ist.

Bei fast allen diesen Hämmern besteht der Bär aus Gusseisen und trägt an seinem uniern Ende die gewöhnlich gleichfalls aus Gusseisen gefertigte, mittelst eines prismatischen Zapfens und durchgesteckten Keils oder mit Schwalbenschwanz in dem Bär befindliche Hammerbahn. Der Ambos aus Gusseisen oder Gnssstahl ruht in der gusseisemen Gha- botte. Im Grundrisse zeigen die Hammer- und Ambosbahn, wenn nicht besondere Zwecke vorliegen, gewöhnlich eine T-förmige Gestalt, wodurch die Möglichkeit gegeben ist, sie ebensowohl als Finne wie als Bahn zu benutzen, je nachdem das Arbeitsstück quer über einen der schmalen, mit der Arbeitsseite parallel laufenden Schenkel oder der Länge nach auf den mittlem breitern Theil gelegt wird, welcher von der Arbeitsseite nach der Rückseite des Hammers gerichtet ist.

1) Bingler'B polytechnisches Journal Bd. 206, 8.251; Bd. 210, B. 6. £. A. V. Hesse, Die Werkzengmaschinen. Leipzig 1874, 8. 31.

408 Hammer und Ambos.

Nach der Art des Bewegangsmechanismas für diese Hämmer unter- scheidet man eine grössere Anzahl verschiedener Arten derselben, die sich jedoch in zwei Hanptgruppen eintheilen lassen, je nachdem die zum Betriebe dienende Kraft durch eine Transmission oder direct auf den Hammer übertragen wird. Im erstem Falle nennt man die Hämmer allgemein Transmissionshämmer, und es kann selbstverständlich jede Elementarkraft, selbst menschliche Arbeit für den Betrieb verwendet werden. Diese Transmissionshämmer eignen sich also für solche Fälle, wo entweder Dampf kraft überhaupt nicht vorhanden ist, oder wo die Arbeit einer schon vorhandenen Dampfmaschine mit Kesselanlage und Transmission benutzt werden soll, und die Anlage einer Dampfleitung nach dem Standorte des Hammers vielleicht mit Schwierigkeiten ver- knüpft sein würde; und eine solche Benutzung einer schon vorhande- nen Transmission wird um so zweckdienlicher erscheinen, je geringer die auszuübende Wirkung des Hammers sein soll, je schwerer die höheren Anlagekosten eines direct wirkenden Hammers also in die Wagschale fallen.

Für die zweite Gattung, die direct wirkenden Hämmer, dient allein Dampf als Betriebskraft und bewirkt ohne weitere Zwischenmaschinen die Bewegung des Hammerbärs. Daher nennt man diese Gattung ins- besondere Dampfhämmer. Jeder derselhen muss dem soeben ange- gebenen Principe entsprechend seinen eigenen Dampfcylinder nebst Steuerung und Zubehör erhalten, wird dadurch kostspieliger in seiner Anlage und schwieriger in seiner Wartung, als ein Transmissionshämmer; dagegen fallen alle bei Hämmern der ersten Gattung unvermeidlichen Arbeits Verluste zur Ueberwindung der Reibung in der Transmission fort; Hubhöhe und Intensität des Schlages sind leicht regulirbar, und die Totalleistung des Hammers lässt sich sowohl durch Erhöhung des Ge- wichts als durch Beschleunigung des Niederfallens auf ein Maass steigern, welches durch andere Hammerconstrnctionen unerreichbar ist. Diese Vorzüge haben den Dampfhämmern unter allen Hammersystemen den ersten Rang und die weiteste Verbreitung verschafil und haben sie un- entbehrlich gemacht, wo es sich um grosse Leistungen handelt.

Transmissionshämmer.

Dieselben zerfallen wieder in eine grössere Anzahl verschiedener Systeme.

Fallwerke. Ein prismatischer Bär aus Gusseisen, welcher bis zu 100 Kilogramm Gewicht besitzt, bewegt sich zwischen zwei senkrechten Gleitstangen und wird entweder durch ein Seil oder einen Riemen, welche über eine feste Rolle gehen, 500 Mm. bis 2 Meter hoch gehoben und dann frei fallen gelassen. Das Anheben geschieht entweder durch einen Arbeiter, welcher das andere Ende des Seils erfasst oder mit Hülfe eines Trittbretts niederdrückt, in welchem Falle der Hammer allerdings

Riemenhämmer. 409

nicht die Benennung ak TransmisBionshammer verdient; oder von einer Transmission ans , welche die Riemenwelle , anf welcher in diesem Falle das Ende des Riemens befestigt ist, in Umdrehung setst. Solche durch Elementarkraft betriebenen Fallwerke mit Riemen heissen insbesondere Riemenhämmer. Nach dem Niederfallen hat der Hammer in Folge der Elasticität der Ambosunterlage das Bestreben, emporzuschnellen und sofort einen zweiten schwächern Schlag auszuführen. Wo dieses verhütet werden soll, kann man einen am Bär befindlichen Sperrkegel in eine an der Führungsstau ge befestigte Zahnstange einschnappen lassen und da- durch das Zurückspringen des Bars unmöglich machen.

Einen von einer Transmission aus betriebenen Fallhammer mit sinn- reichen Einrichtungen zur Regulirung des Hiibes und der Schlagstärke, von der Stiles and Parker Press Company in Middletown (Connecticut) gebaut, zeigen die Figuren 322 (a. f. S.) in perspectivischer Ansicht und 323 bis 325 in den Einzelheiten ^).

Der Hammerbär wird hier durch den Riemen A gehoben, der mit seinem obern Ende an einer ringförmigen Spule 0 befestigt ist. Letztere spielt lose auf der Hauptwelle, so lange als sie nicht in Eingiiff mit einer der beiden Kupplungsklauen Bi und B^ (Fig. 323) gebracht ist. Dieser Eingriff erfolgt mit Hülfe der kleinen, an beiden Seiten der Spule hex findlichen Zapfen, sobald eine geringe Verschiebung nach rechts oder links bewirkt wird. Mit den Kupplungsklauen stehen die beiden Riemen- scheiben (Fig. 322) in fester Verbindung, welche sich und somit auch die Klauen in entgegengesetzter Richtung drehen.

An dem Gerüste des Hammers ist vermittelst des Bolzens G*der Klinkhebel F um G drehbar befestigt und an seinem andern Ende mit der Stange G durch die Schraube H verbunden. Dieser Klinkhebel trägt an der nach innen genchteten Seite eine Zunge I (Fig. 323 und 325), welche beim Heben und Senken des Hebels die Verschiebung der Spule nach rechts oder links bewirkt. Zu diesem Zwecke ist nämlich die Spule mit einer herumlaufenden Rinne versehen, in welche die metalle- nen Backen NN (Fig. 325) derartig eingreifen, dass die Spule sich frei drehen kann, aberjede seitliche Verschiebung der Backen mitmachen muss. Diese Backen sind in einem eisernen Ringe L eingelassen, dessen Durch- messer gross genug ist, dass er eine entsprechende Drehung um den Befesti- gungspankt M verträgt und bei dieser Drehung also die Backen und somit auch die Spule 0 seitlich verschiebt. Um diese Drehung des Ringes aus« zuführen, greift die Zunge I in eine curvedförmige Nuth an der Aussen- Seite desselben, welche in solcher Weise gestaltet ist, dass, wenn der Klinkhebel gehoben wird, die Spule abwechselnd nach rechts und links verschoben und in Eingriff gebracht wird, so dass nach jedem Auf- und

1) Scientific American, Mai 1872, 8. 287; Polytechnisches Centralblatt 1872, S. 772; Bin gier' 8 polytechnisches Jouraal Bd. 205, 8. 23.

410 Hammer und Ambos.

Niedergange der StAoge C eioe entgegengesetzte Bewegung der Spule als vorher eintritt.

Pim, 322.

Damit der Klinkhebel F nicht zu weit ausschlage, greift derselbe mit einem klauenartigen Ansätze S an dem linken Ende Aber einen am Gerüste angegosaenen Knaggen K, welchor den Hub begrenzt. Una den

Riemenbämmer. 411

Hab des Klinkhebela F autsnAhren , befindet sich an der StaDge C eio RingZ), durch eine KlemmBchraube veratellbar, uod an dem Bär ein gleich- fallg über die Stange geschobener and loae auf derselben gleitender Ring E. Es ist leicbt ersichtlich, das« beim Aurgteigeu des I&ra der Ring E den Ring D treffen und dadurch die Stange anheben, somit auch den Klinkhebel empordrücken and dadurch ADsrückung der Spnle bewirken tnass; es ist femer ersichtlich, dass durch Höher- oder Niedrigerstellen des Ringes D dieses Äusrfloken beschleanigt oder verzögert und dadurch der Hnb des Hammers verkleinert oder vergrössert werden kann; und endlich, dass bei dem Niederfallen des Hammers aaoh die Stange nebst Klinkhebel vermöge ihres eigenen Gewichte wieder sinken and dass in

Pig. 32S. Pig. 324.

dieser Weise eine Einrückung der Spule an der entgegengesetzten Seite als vorher bewiikt werden mnss.

SchlieBBÜch dient zum Festhalten der Spule tiei- durch den Bi-eras- hebel P bewegte und mit diesem verschraabte Bremsbacken R (Fig- 324) i in der geseichneten Stelluug hält der Klinkbebel F, welcher sich zwischen den Bremshebel und dib guBBoiserne Kippe T des Hammer- gerüsts legt, die Bremse geöffnet; sobald dieser sich bebt, wird der Hebel P frei und drückt vermöge des grossem Gewichts aeiues horizontalen Arms die Backe R fest gegen 0; die Spule wird jedoch frei , sobald der Tritthebel T niedergedrückt, dadurch die mit demselben verbnadene Stange iS gehoben and somit auch der Horizontalarm des Bremshebela emporgedrückt wird.

Uer Gaag der Maschine wird nun ohne Weiteres verständlich sein.

Wenn die Spule mit einer der Kupptangsklauen in EingrifT gebracht worden ist, wird sie von dieser in Drehung versetzt, wickelt dabei den

412 Hammer und Ambos.

Riemen auf, und der Hammer steigt. Sobald der Ring E des Hammers den Ring D der Stange trifft, wird diese und der Klinkhebel F gehoben, es erfolgt Ansrücknng, und der Hammer würde ohne Weiteres nieder- fallen, wenn nicht in demselben Augenblicke auch der Bremshebel P durch das Anheben von F frei würde und nun durch Andrücken der Backe B an die Spule diese fest und somit den Hammer schwebend er- hält. Der Schlag erfolgt, sobald durch Niederdrücken des Trittes T die Spule frei gemacht wird. Der Riemen wickelt sich von der Spule ab und versetzt diese in rasche, der vorausgegangenen Bewegungsrichtung entgegengesetzte Drehung. Der Hammer prallt nach erfolgtem Schlage zurück und die Spule dreht sich vorläufig vermöge ihrer lebendigen Kraft in gleicher Richtung als beim Abrollen weiter.

Inzwischen ist aber auch die Stange C, nachdem sie von dem Bär frei geworden war, wieder niedergegangen, hat den Klinkhebel F nach- gezogen und bringt die Spule mit der zweiten Klaue, welche sich in der- selben Richtung als diese dreht, in Eingriff, während die Bewegung der Spule sich schon verlangsamt, aber bevor ein zweites Zurückfallen erfolgt. Durch diese einfache Einrichtung, dass die abwechselnd zum Eingriff ge- langenden Kupplungen stets dieselbe Drehungsrichtung besitzen als die ! beim Niederfallen desHaniröers umlaufende Spule, wird sowohl ein zwei-

I ter Schlag des Hammers als auch jeder Stoss und jedes Zerren des Rie-

I mens verhütet, welches eine Beschädigung desselben zur Folge haben

{ könnte.

I Hält man den Tritt niedergedrückt, so folgt Schlag auf Schlag,

dessen Hubhöhe von der Stellung des Ringes D abhängig ist; ebenso ist ein ganz allmäliges Niederlassen des Fallbärs durch Benutzung der Bremse ermöglicht.

Endlich giebt der Haupthebel U, welcher unter die Stange C greift, die Möglichkeit, die selbstthätige Steuerung in eine Steuerung von Hand umzuwandeln , den Hub in jedem Augenblicke zu unterbrechen und da- durch die Wirkung jedes einzelnen Schlages schwächer oder stärker aus- fallen zu lassen.

Bei einer Hubhöhe von 300 Mm. macht der Hammer 100 Schläge per Minute.

Daumenhämmer. Der Anhub erfolgt durch einen auf einer Welle befindlichen Daumen. Um eine vermehrte Hubzahl mit grösserer Inten- sität jedes Schlages hervorzubringen, ist die Bewegung des Daumens rasch, und eine Prellvorrichtung, bestehend aus einer Feder, aus Buffern mit Kautschukeinlagen oder aus comprimirter Luft, dient zur Begrenzung der Hubhöhe und zum Zurückwerfen des Fallblocks mit beschleuuigt^r Geschwindigkeit.

In den Figuren 326 und 327 ist ein solcher Daumenhämmer älterer Construction mit Lüftbuffer abgebildet 0- G Q- ist das gnsseiseme

1) Weisbach, Mechanik, III. Theil, B. 1229.

Daumentiänuiier. 413

Hammergerüat, CD die Umtriebswelle mit dem Schwnngrade B nnd der festen nnd Iobcd Riemeascheibe S und S|, sowie dem Danmen H. A ist der gnsaeiserue Hammerbär, B die Hammerbahn, E der Ambos nnd F die Chabotte. Der Hammerstiel K ist geschlitzt nnd tn demselben die Fig. 827. Fig. 336.

Frictionsrolle L angebracht, welche vom Danmen ergriffen wird. Auf dem Hammergerüste beGndet sich der Cylinder M, in welchem sich der anf dem obem Ende des HsrnmerBtiela befestigte Kolben N bewegt, so dsss bei dem Aufsteigen des Hammers die in dem Cylinder befindliche

414 Hammer und A.mbos.

Lnft compiimirt wirJ. Um die Federkraft der im Cylinderranm NO abgeBchloBsenen Loft regoliren zu können, ist noch ein zweiter Kolben 0 angebracht, welcher mit Schraube und Handrad veratellbar gemacht ist; za demselben Zwecke dienen die Hähne V nod W, welche sich mit- telst der Stange Z öffnen und schliessen lassen, und endlich ist der Stell' kotben 0 mit dem sich nach nnten äfTnenden Ventile Q veraehen.

Hinsichtlich anderer Constructionen solcher Daumenh&mmer miiea auf die unten gegebene Literatur verwiesen werden ; es sei nnr noch er- wähnt, dass die bewährteste derselben Ton Jean Schmerber herrührt und man deshalb diese Art Hämmer auch wohl Schmerber'sche Stem- pelhümmer nennt. Die Prellung wird bei den letzteren durch Kantaclmk- platten hervorgerufeu. •■

Frictionehämmer. Der Nachtlieil der Daumenbämmer, dass ihre Habhöhe nur eine sehr beschränkte ist, führte zu der Constmction der Frictionshämmer. Zwei Frictionsrollen , von denen die eine durch die Umtriebskraft in Drehung rersetzt, die andere durch die Hand des Ar- Fig. aau. beiters, durch eine Feder oder

durch ein Gewicht gegen den Stiel gedrückt wird, heben den- selben vermittelst der erzengten Reibung empor; sobald die be- wegliche Rolle zurückgezogen wird, erfolgt das Niederfallen. Die Figuren 328 und 329 stel- len den obern Theil eines aol- chen Hammers dar'). AA ht der Kopf dea Hammergerüste, B C das obere Ende des Ham- merstiels, E die Frictionsrolle mit beweglicher Achse. Die Zapfenlager LL der letztem Fig. 321) ruhen vermittelst der TrSger

FG in den testen Lagern G und lassen sich mit Hülfe dea Kniehebels KHG undderSchuh- stange S nm F drehen. Da mit einer solchen Drehung anch eine Verschiebung in horizonta- ler Richtung verbonden ist, so wird die Frictionsrolle E an den Stiel des Hammers ange- drückt und letzterer gehoben, sobald sich D in entsprechender Rich- tung dreht

') Weisb'acli, op. cit. S. 12*4 ff.

Frictionshämmer. Federhämmer, 415

Bei den FrictioDshämmern läast sich die Habhöhe beliebig steigern nnd dadarch eine Prell varrichtang oder ein groaeea Hamm ergewicht er- setzen, velches beträcbtliche Keibong zwischen Frictionsrntlen und Ham- meratange erfordern würde. Dnrch die grössere Hubhöhe wird aber die Hubzahl natürlich entsprechend vermindert. In Folge der Reibang zwi- schen FrlctionsroUe und Hammerstiel ist der letztere einer raschen Ab- nutznDg unterworfen.

FederhSmmer. Die Bewegung erfolgt durch Kurbel nnd Schub- stange. Zwischen der letztern nnd dem Hammerbär ist eine Feder ein- geschaltet, welche die dnrch einfache Kurbelbewegung erzeugte, gegen das ' Ende des Auf- niid Nie- '^' " * dergangs sich dem Kur-

beige setze entsprechend verlangsamende Bewe- gung des Hammers iu eine Schlagwirkung um- wandelt, gleichzeitig den Stoss beim Anhübe und die Rückwirkung der Schläge nuf den Bewe- gangsmecbanismus, wie sie bei den übrigen TraDsroissionshämniern unTermeidlich ist, auf- hebt oder abschwächt. Diese Vortheile haben in neuerer Zeit den Feder- hämmern in solchen Schm iede Werkstätten u. s. w. eine ziemlich häu- fige Verwendung ver- BchaFFt, wo man nicht in der Lage war, einen eigentlichen Dampfham- mer zu benutzen. Eine der besten hierher ge- hörigen Constructionen ist der Federhammer Ton Shaw and Ju- stice in Philadelphia, der mit einigen Vec- beseemngen auch von L. A. Riedinger in Augsburg gebaut wird. Die Figuren 330 und

416 Hammer und Ambos.

331 zeigen einen Bolchen Riedinger'schen Federhammer in Vis der wirklichen Grösse*).

Es ist hier/ die halbkreisförmige, aus Stahl gebildete Feder, durch zwei radiale Stahlschienen rr zuHnnimengehalteD, welche im Mittelpunkte des Hnlbkreises durch ein charnierartiges Gelenk nnter sich und mit Fig. 331.

dem Ilnmmei-bär t verbnnden sind, so das» letzterer, der übrigens in senkrechten Führnngcn des Ilammerständers gleitet, während der Rahe in der ans Fig. 330 ersichlJichen Stcllnng an der Feder hangt. Die Feder

Federhämmer. 417

ist in der ans den Abbildungen ersicbtlichen Art and Weise mit der Schubstange s verbunden; damit aber die Feder, entsprechend der ver- schiedenen Starke der Schmiedestücke, höher und niedriger gestellt wer- den kann, besteht die Schubstange ans zwei Theilen, deren oberer ge- schlitzt ist, durch einen Schraubenbolzen zusammengedrückt wird und den untern Theil hülsen artig umschliesst. Mit dem obem Ende ist die Schubstange an den Kurbelzapfen angeschlossen, welcher in der guss- eisemen Schwungscheibe S befestigt ist und sich mit dieser dreht.

Wird nun durch Umdrehung der Kurbel die Feder rasch angehoben, so vermag der Fallblock vermöge seiner Trägheit dieser Bewegung nicht so rasch zu folgen, die beiden Schienen rr bilden einen stumpfen Winkel gegen einander und die Enden der Feder werden zusammengebogen. Hierdurch vergrössert sich die Federspannung; es tritt in Folge davon nunmehr eine beschleunigte Bewegung des Hammers ein, und die Schie- nen gelangen wieder in geradlinige Lage. Gleichzeitig ist aber die Kur- bel auf dem höchsten Punkte angelangt und beginnt ihren Lauf abwftrts. Der Hammer steigt indessen vermöge seiner lebendigen Kraft noch auf- wärts, die Schienen bilden einen stumpfen Winkel nach oben, die Feder wird abermals gespannt.

Sobald aber jene lebendige Kraft überwunden ist, wirken auf den Fallblock vereint sein eigenes Gewicht , der Druck der Schubstange und die hervorgerufene Federspannung; es tritt also ein lebhaft beschleunig- ter Niedergang ein , und der Hammer schlägt mit dieser beschleunigten Geschwindigkeit auf. Dadurch gehen die Schienen wieder durch die geradlinige in die umgekehrte Lage über, die Feder wird abermals ge- bogen, und ein neuer Hub beginnt unter den für, die Wirkung günstig- sten Verhältnissen.

Zur Erzeugung der Kurbelbewegung ist die Scheibe S auf einer borizoutalen Welle befestigt, auf welcher sich gleichzeitig der Frictions- conus c und die zugleich als Frictionsscheibe dienende Riemenrolle d befinden, d dreht sich lose auf der Welle, c ist durch Nuth und Feder mit derselben verbunden und versetzt sie also in Umdrehung, sobald der Conus mit Hülfe des Winkelhebels g mit d in Eingriff gebracht wird. Zur Bewegung des Hebels g dient die senkrechte Zugstange, welche sowohl von dem Tritthebel t als dem Handhebel i aus gehoben und gesenkt werden kann. Schliesslich dient eine Bremsvorrichtung zur Regulirung des Ganges und zum raschen Innehalten der Bewegung. Die- selbe wird gebildet durch den Bremsklotz h, welcher durch den Brems- bügel a gegen die Scheibe S gedrückt wird. Der Bügel a dreht sich an dem einen Ende um einen an dem Gerüstatänder befindlichen Bolzen, das andere Ende ist durch eine schmiedeeiserne Zugstange mit dem ver- längerten Arme des Hebels g verbunden, so dass, wenn man die Zugstange abwärts bewegt und dadurch den Frictionsconus c gegen die Scheibe d drückt, gleichzeitig die Bremse gelöst wird, umgekehrt aber die Bremse

LedebuT, maohBuisoh-metttUiugiMhe Technologio. 27

418 Hammer und Ambos.

in demselben Augenblicke angezogen wird, wo man durch Empordrücken der Stange die Frictionskupplung löst.

Der Ständer des Hammers ist als Hohlguss gefertigt.

Solche Hämmer werden in Grössen von 7,5 Kilo bis 400 Kilo Bär- gewicht ausgeführt, die Hubhöhe der ersteren beträgt 150 Mm. bei 450 Hüben per Minute, die Hubhöhe der letzteren 775 Mm. bei 100 Hüben per Minute. Die erforderliche Betriebskraft ist nach Angabe des Fabri- kanten bei der kleinsten Sorte V4 Pferdekrafb, bei der grössten 8 Pferde- kräfte.

Pneumatische Hämmer. Statt einer Transmissionswelle dient Luft, welche in einer Röhrenleitung eingeschlossen ist, zur Transmission der Arbeit der Betriebsmaschine auf den Hammer. Zu diesem Zwecke endigt der Hammerstiel in einem geliderten Kolben, welcher in einem gusseisernen Cylinder sich bewegt Entweder wird durch eine Compres- sionspumpe die Luft unterhalb des Kolbens verdichtet, dadurch der Ham- mer gehoben und durch Oefifnung eines Ventils, welches die eingeschlos- sene Luft entweichen lässt, zum Niederfallen gebracht; oder es wird durch eine Luftpumpe die Luft oberhalb des Kolbens verdünnt und da- durch ein Steigen desselben bewirkt.

Die Anwendung pneumatischer Hämmer ist selten; denn während bei den übrigen Transmissionshämmern die grössere Einfachheit und Billigkeit der Anlage und Wartung gegenüber den direct wirkenden Dampfhämmern für ihre Wahl mitsprechen kann, dürften bei einem pneumatischen Hammer diese Vorzüge nur dann sich darthun lassen, wenn nicht gerade Dampf, sondern die billigere Wasserkraft als Betriebs- kraft gebraucht wird und eine Transmission, von welcher aus ein Ham- mer betrieben werden könnte, nicht zu Gebote steht. Wir glauben daher, uns auf vorstehende Angaben beschränken und hinsichtlich des Weitem auf die unten gegebene Literatur verweisen zu dürfen.

Dampfhämmer. Der Hammerbär ist mit der Kolbenstange eines Dampfcylinders fest verbunden und wird also von dem Kolben aus direct bewegt. Bei einer einzigen Construction (Gondie's Dampfhammer) fin- det hiervon insofern eine Ausnahme statt, als der Cylinder beweglich ist und den Bär trägt, während der Kolben feststeht. Die Bewegung erfolgt fast immer in senkrechter Richtung; die Geschwindigkeit beim Niederfallen wird entweder durch den "freien Fall aUein hervorgerufen (einfach wirkende Dampfhämmer), wobei die Hubzahl durch Anwendung einer Prellvorrichtung vergrössert werden kann, als welche meistens Dampf oder atmosphärische Luft dient, welche von dem aufsteigenden Kolben eingeschlossen und zusammengedrückt wird, oder die Fall- geschwindigkeit wird durch Dampf beschleunigt, welcher über den Kol- ben geleitet wird, sobald derselbe seinen höchsten Stand erreicht hat (doppelt wirkende oder Hämmer mit Oberdampf). Giebt man nun bei den letzten Hämmern dem Kolben einen verhältnissmässig grossen Quer- schnitt im Vergleiche zu dem Gewichte des Hammers, steigert also hier-

Dampfhämmer. 419

durch die Geschwindigkeit; gieht man ferner dem Hammer eine geringe Hubhöhe und verleiht ihm durch diese beiden Mittel die Möglichkeit, eine grosse Anzahl Schläge in gewisser Zeit auszuführen, deren Wirkung hei geringem Gewichte des Hammers vorztrgsweise auf der grossen End- geschwindigkeit beruht, so nennt man solche kleinen Hämmer mit grosser Hubzahl (bis zu 400 Schlägen per Minute), welche sich nach Früherm durch Beschleunigung der Arbeit vorzugsweise zur formgebenden Ver- arbeitung, nicht aber zur Verdichtung der Metalle eignen, Schnell- hämmer.

Zur Regulirung des Dampf- Zuflusses und -Abflusses muss jeder Dampfhammercy linder mit einer Steuerung versehen sein, welche ebenso wie bei anderen Dampfmaschinen aus Schieber, Ventilen, Hähnen oder', Kolben bestehen kann und nach denselben Regeln wie bei jenen con- strnirt wird. Hier wie dort besitzt ein jeder dieser Steuerungsmecha- nismen seine Vor- und Nachtheile.

Die gewöhnlichen Muschelschieber sind, zumal wenn die Bewegung von der Hand des Maschinenwärters zu geschehen hat, schwer beweglich, um so schwerer, je grösser die Dimensionen und also auch der auf dem Schieber lastende Dampfdruck ist. Schon bei Hämmern von 2500 Kilo- gramm Fallgewicht macht sich dieser Uebelst^nd fühlbar. Man kann denselben verringern, indem man die Muschelschieber durch getrennte Plattenschieber für Ein- und Ausgang ersetzt, dadurch also die dem Dampfdrucke ausgesetzte Schieberfläche verringert; oder indem man so- genannte entlastete Schieber anwendet, obgleich diese sich am wenigsten bewährt haben dürften; oder indem man statt der Muschelschieber Röh- renschieber (N a p i e r ' sehe) anbringt ^).

Ventile, als Doppelsitz ventile construirt, unt«r denen sich die Glocken - Ventile durch Zweckmässigkeit auszeichnen, sind leichter beweglich als Schieber, werden aber bei raschem Gange des Hammers bald undicht und sind aus diesem Grunde bei Schnellhämmem weniger verwendbar als letztere, zumal da die Nachtheile der Schieber gerade bei den kleinen Sohnellhämmern am wenigsten bemerkbar auftreten. Dagegen sind die Ventile bei grossen Hämmern vielfach mit bestem Erfolge in Anwendung. Unter den Hähnen für Dampfsteuerung wird der Wilson 'sehe Hahn für Dampfhämmer mittlerer und kleiner Grösse häufig benutzt und besitzt den gewöhnlidhen Hahnsteuerungen gegenüber den Vortheil leich-

^) Die allgemeine Einrichtung der Steaerungsmechanismen für Dampf- Tnascbinen wird als bekannt vorausgesetzt. Belehrung" darüber giebt jedes Lehr- bucli der Maschinenlehre, unter anderen auch Weisbach's Mechanik, Bd. 2; Zeuner, Die Schiebersteaerungen, 4. Aufl., Leipzig 1874; Bernoulli, Dampf- maschinenlehre, bearbeitet von Böttcher, Stuttgart 1865, 8. 268 bis 316; 31 ii Her-Melchior, Die Dampfinaschinensteuerungen auf der Wiener Welt- auHstellnng, Separatabdruck aus Dingler's polytechnischem Journal, Bd. 212 bis 214; Geschichtlicher üeberblick über die Steuerungen der Dampfmaschinen, U lil and 's Maschinenconstructeur, Jahrgang 1874, S. 89.

27*

420 Hammer and Ambos.

terer Beweglichkeit, zugleich aber den allen Hähnen gemeinsamen Nach- theil, dafis bei verschiedener Ausdehnung des Gehänses nnd Hahns eine Klemmnng oder eine Undichtigkeit einb^en mnss.

Eolbensteaemng ist heiklen Dampfhämmern im Allgemeinen wegen rascher Abnutzung nnd mangelhaften Dichtens wenig in Gebranch.

Diese sogenannte innere Steuerung wird durch die äussere Steuerung bewegt, welche aus einem Systeme von Hebeln, Zugstan- gen u. s. £ zu bestehen pflegt und entweder von Hand oder selbstthätig Tom Fallblocke aus bewegt wird, sobald derselbe das Ende seiner Bahn erreicht hat. Selbstthätig pfl^t die Steuerung bei allen Hämmern nach Beendigung des Au£steigens auf die grösste zulässige Hubhöhe zu sein, um Beschädigungen durch versäumtes Umsteuern zu vermeiden ; eine Verkür- zung des Hubes lässt sich in den meisten Fällen durch früheres Umsteuern von Hand oder durch eine Veränderung des Steuerungsmechanismus (wo- durch frühere selbstthätige Umsteuerung erfolgt) erreichen; bei kleinen Hämmern ist dagegen auch eine selbstthätige Umsteuerung nach beendigtem Niederfallen gebräuchlich. Bei fast allen Dampf hämmern ist es ausser- dem möglich, durch Zuleitung von Dampf unter den Kolben während des Niederfallens die Wirkung des Schlages abzuschwächen oder ganz zu unterbrechen; es ist ein bekanntes Kunststückchen der Maschinen- wärter, durch Knacken einer Nuss unter einem schweren Dampfhammer, ohne sie zu zerquetschen, zu zeigen, wie genau die Stärke jedes Schlages sich regeln lässt.

Das Fallgewicht beträgt bei den kleinsten Dampfhämmern 50 Kilo- gramm nnd steigt bei einem in der Gussstahlfabrik zu Perm angelegten Dampfhammer, dessen Wirkung noch durch Oberdampf verstärkt wird, auf 50 000 Kilogramm; die Hubhöhe bei kleinen Schnellhämmem 150 bis 200 Mm., bei schweren Hämmern (Krupp in Essen, Arsenal in Woolwich nnd andere) 3,2 Meter.

Hauer giebt für Ermittelung einer zweckmässigen Hubhöhe die empirische Formel:

H = 0,026 \~G, worin // die Hubhöhe in Metern, G das Fallgewicht in Kilogramm be- deutet, und fugt hinzu, dass die dadurch erhaltenen Resultate besonders bei kleinen Hämmern ziemlich genau mit der Wirklichkeit übereinstim- men , es jedoch durchaus nicht geboten sei , sich streng an obige Formel zu halten.

Folgende Tabelle kann eine ungefähre Uebersicht der Fallgewichte, Hubhöhen nnd Anzahl der Höbe von Dampfhämmern für die verschiede- nen Verwendungen derselben geben:

Dampfhämmer.

421

Anzahl

Fallgewicht Kilogramm

Hubhöhe Millimeter

der Hube

per

Minute

In Sohmiedewerkstätten

für kleine Gegenstände

50— 500

150— 600

200 400

grössere Gegenstände ....

500— 1000

600 1000

100 200

In Puddelwerken

zum Verdichten der Luppen . . .

1500— 2 500

1000 1500

80—100

In Eiaenwalzwerken

zum Schweiasen und Verdichten

*

für Gegenstände mittlerer Grösse

gi*öbere Gegenstände (Bram-

meuhämmer)

2 500— 5000 5000 10000

1250—1800 1500 2400

80 - 100 60— 80

Tn Bessemerwerken* und Guss-

atahlfabriken

für Gegenstände mittlerer Grösse

10000 20000

2000 3000

60— 80

In Gussstahlfabriken

für grössere Blöcke

20000 50000

3000 3200

60

Für die Form des Amboses gelten die oben für die Ambose der Rahmenhammer im Allgemeinen gegebenen Regeln. Die Cliabotte be- steht aus Gusseisen und erhält in Anbetracht der bedeutenden Wirkung des Hammers ein oft ungeheures Gewicht. Haußr giebt für die Be- rechnung des Cbabottengewichts die Regel, dass bei Hämmern ohne Ober- dampf dasselbe gleich 4: G H his 6 G H zu nehmen sei , worin G das Fallgewicht und H die Hubhöhe in Metern bedeutet; bei doppelt wir- kenden Hämmern würde man das Gewicht um so viel grösser zu nehmen haben, als die Wirkung des Schlages durch die Anwendung des Ober- dampfs yerstärkt wird; und beim Schmieden von Stahl soll die Chabotte um die Hälfte schwerer gemacht werden, als beim Schmieden von Eisen. Im Allgemeinen findet man das relative Chabottengewicht um so kleiner, je grösser der Hammer ist. Wo es irgend angeht, giesst man die Cha- botte in einem Stücke, und ist bei grossen Hämmern oft zur Herrichtung besonderer Schmelzvorrichtungen dafür genöthigt^).

Diese Chabotte wird nun* bei den grösseren Hämmern auf ein höl- zernes, am zweckmässigsten aus verticalen, durch eiserne Ringe zu einem Ganzen verbundenen Balken bestehendes Fundament gestellt, welches mehrere Meter tief zu sein pflegt und auf einem soliden Baugrunde ruht; und um die Fortpflanzung der Erschütterungen auf das umliegende £rd-

*) Heber den Guss einer 685 000 Kilogramm schweren Hammerchabotte zu Penn siehe Berg- und Hüttenmännische Zeitung 1874, 8. 1.

422 Hammer und Ambos.

reich abzaschwächen , wird dieses Holzfundameni mit eifern gemanerien Schachte amgeben, weit genug, däss zwischen Mauer und Holz ein ziem- lich grosser Zwischenraum bleibt, der mit Eies oder ähnlichem Materiale ausgefüllt wird.

Das Hammergerüst wird bei allen grösseren Dampfhämmern neue- rer Construction unabhängig von der Chabotte fundamentirt, um es mög- lichst gegen die von den Hammerschlägen ausgeübten Erschütterungen zu sichern; nur bei Schnellhämmern stellt map Chabotte und Hammer- ständer auf ein gemeinschaftliches Fundament und auch wohl eine ge- meinschaftliche Grundplatte.

Dieses Hammergerüst, welches den Dampfcylinder und die Steue- rungstheile trägt, besteht gewöhnlich aus zwei gusseisernen Ständern, bei kleinen Hämmern auch häufig nur aus einem einzigen Stander, wo- durch der Ambos von drei Seiten zugänglich wird (yergleiche die unten gegebenen Abbildungen von Dampfhämmern). Bei sehr grossen Häm- mern construirt man die Ständer aus Eisenblech.

Unter allen für die Verarbeitung der Metalle dienenden Maschinen tritt kaum eine andere in so mannigfachen und so erheblich unter sich abweichenden Constructionen auf als der Dampfhammer. Die Haupt- unterschiede dieser Constructionen wurden bereits in Vorstehendem her- vorgehoben j sie beruhen in der Art und Weise, wie der Dampf zur Wir- kung gelangt, wie die Steuerung bewirkt wird u. s. f. Aus diesen Unterschieden gingen nun jene Dampf hammersysteme hervor, aus denen wir im Folgenden diejenigen hervorheben und charakterisiren wol- len, welche als Typen einer grössern Gruppe oder durch besondere Con- structionsverhältnisse hervorragendes Interesse verdienen.

Die erste Idee der Construction eines Dampfhammers inihrt von James Watt her, welcher im Jahre 1784 ein Patent auf einen Hammer nahm, dessen Bär mit der Kolbenstange eines darüber stehenden Dampf- cylinders in Verbindung stand, durch Dampfdruck gehoben wurde und durch sein eigenes Gewicht wieder niederfiel. Watt erlebte jedoch nicht die Ausführung seiner Erfindung. Das Bedürfniss für Anwendung von Dampf kraft zur Form Veränderung der Metalle lag noch nicht vor, da die letztere in ihrem Umfange wie ihrer Totalleistung bei Weitem nicht dem jetzigen Stande nahe stand, und die damals in Anwendung befindlichen, jedenfalls billigeren, Stielhämmer allen Ansprüchen genügten.

Auch eine dem Ingenieur W. Deverell in London 1806 patentirte Dampf hammerconstruction, bei welcher eingeschlossene Luft als Prellung diente, blieb vorläufig unausgeführt.

Erst in den dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts wurde auf Grund- lage der Ideen Watt's und DeverelTs der erste durchaus brauchbare Dampfhammer durch den Ingenieur Nasray th inPatricoft bei Manchester construirt und im Jahre 1842 durch die Gebrüder Schneider in Creu- zot erbaut, während fast zu gleicher Zeit ein ähnlicher Dampfhammer

Dampfhämmer von Cave und Nasmyth. 423

auf der Eonigin-Marienhütte bei Zwickau nach einer Zeichnung des dor- tigen Directors Dorning ins Leben trat.

Diese ersten Dampfhämmer hatten einen oben offenen Cylinder, Schiebersteuerung von Hand, einen langgestreckten Bär mit kreuzförmi- gem Grundrisse, welcher zwischen vier unter sich verbundenen Ständern geführt wurde.

Gaye schloss den obem Theil desCylinders durch einen mit Sicher- heitsventil versehenen Hut, stellte die Ständer auf einen schweren guss- eisemen Fundamentblock, welcher auch Ambos und Chabotte trug, und fnndamentirte das Ganze durch ein Bostwerk hölzerner Balken, welche auf einem darunter befindlichen starken Mauerkörper gelagert waren ^).

Auch der Cave'sche Hammer, welcher seiner Zeit sich vielfacher Anwendung erfreute, wurde jedoch durch neuere Constructionen überholt. Es war wieder Nasmyth, welcher nicht allein die erste Selbststeuerung an den Dampfhämmern anbrachte, sondern sie auch in anderer Weise mit Verbesserungen versah, welche den Nasmyth 'sehen Dampfhammer in seinen Hauptzügen bis heute als Typus einer in zahlreichen Nachbil- dungen vertretenen Gruppe erscheinen lassen.

Nasmyth'sche Dampfhämmer neuerer Construction. Der Hammerbär ist durch eine dünne Kolbenstange mit dem Dampfkol- ben verbunden, und es concentrirt sich daher das Gewicht sämmtlicher gehobener Theile im Bär. Der Anhub erfolgt, indem Dampf unter den Kolben tritt, der Fall durch die Wirkung der Schwere, häufig verstärkt durch eine Prellvorrichtung, als welche comprimirter Dampf oder Luft in dem obem Theile des Cylinders benutzt wird. Bei Anwendung von Dampf als PreUkissen erhöht man nicht selten die Wirkung desselben, indem man durch den im höchsten Stande angelangten Kolben ein Ven- til öfinen lässt, durch welches Oberdampf einströmt; es erfolgt aber Dampfabsperrung und Entweichen des eingeschlossenen Dampfes, sobald der Kolben seinen Rückgang antritt, und hierdurch unterscheiden sich diese Hämmer von den eigentlichen doppeltwirkenden Dampfhämmern. Das Hammergerüst besteht aus zwei Ständern, zwischen denen der Bär in allen Stellungen geführt ist. Als Steuerung dienten ursprünglich Schie- ber, in neuerer Zeit vielfach Ventile. Die äussere Steuerung ist bei den modernen Hämmern selten ganz selbstthätig, wie es von Nasmyth zuerst eingeführt, bei öfterer Anwendung jedoch für diese grösseren Hämmer, bei denen eine häufige Regulirung der Schlagstärke erforderlich ist, als nicht zweckmässig befunden wurde; häufiger ist die selbstthätige Steue- rung auf die Begrenzung des Hubes und Bewirkung einer Dampfexpansion beschränkt.

Es folgt aus dieser Charakteristik der Nasmyth -Hämmer, dass die- selben eine um so stärkere Wirkung liefern und um so geringere Hub- zahl besitzen werden, je grösser ihre Hubhöhe und ihr Gewicht ist; sie

1) Vgl. Weisbach, Mechanik, lU. TR, S. 1256.

424 Hammer und Ambos.

sich deshalb rorzagsweise zam Schmieden Bolcber Gegeastäade eignen, bei denea neben einer FormTeräodening auch eine Verdichtang beab- sichtigt wird.

In den Figuren 332 und 333 ist ein Nasmyth'scher Dampfhammer mit selbattbätiger Schieberetenerung beim Anf- und Niedergänge und mit

Hubbegrenzung darch Oberdampf abgebildet. Ubschon die von Nasmjth erfanden« Constmction dieses Hammers nnd seiner Stenemng in der- selben Form bei neueren Hämmern vielfach abgeändert worden ist, iet dieselbe doch wohl geeignet, die Vorgänge bei dem Gange eines Dampf-

Nasmyth' scher Dampfhammer. 425

bammers im Allgemeinen sa TeranHchanlichen , and wurde deslmlb als Gnindlage fttr die apäteren Beaprechangeii gewShlt.

Es sind hier ^q goBseiBerneD , mit Rippen Tersehenen GertUrt- ständer, mit Fflhrangen ffg an der nach innen gerichteten Seite, welche in entsprechende Nuthen des Hammerb&ra B eingreifen. Oben werden die Ständer durch den jiolm H zusammengehalten, welcher den Boden des Dampfcylindeni C nebst Stopfbüchse fOr die Kolbenstange enthält (Fig. 333) nnd somit den Dampfcjlinder trägt. An letzterem ist der ScbieberkaMen T mit dem Schieber S und dem Znleitongsrohr ^befestigt, während der verbrancbte Dampf durch den ringförmigen Canal d und das Ansblaserohr e entweicht In Fig. 332 befindet sieb der Steuerunga- scbieber in seiner tiefsten, in Fig.' 333 in seiner höchsten Stellung. Die entgegengesetzten Stellungen sind in beiden Figuren durch pouktirte Fig. 33.'). Linien angedeutet. Steht der Schieber

nnten, wie in Fig. 333 pnnktirt, so tritt Dampf unter den Kolben and der Hub beginnt. Die Ober dem Kolben befind- liche Iiuft entweicht durch die Oeffuun- gen r in den ringlBrmigen Canal q und von hier durch den senkrechten Canal p nach dem Ausblaserohre e (Fig. 333). Die Scbioberatange ist durch ein Ge- lenk mit dem Hebel k und dieser durch eine Zugstange t mit dem Winkelbebel K verbunden (Fig. 332), welcher bei W seinen festen Drehpunkt hat und an dem andern Ende dos Röllchen r trägt. An - dem Bär ist ein an der linken Seite cur- venf3ruiig begrenzter Anschlag u fest- geacbranbt. Wenn nun der Bär steigt, trifft dieser Anschlag die Rolle, drückt den betreffenden Arm des Winkelbebels empor, wodurch in Folge des Zusammenwirkens von w, t und h auch der Stenerungssehieber aufsteigt and den Canal b verschliesst. Der Dampf' wird abgesperrt und der im Cylinder eingeschlossene Dampf arbeitet durch Expansion. Der Bär steigt weiter, das Röllchen wird allmälig von der äuasersten Kante des Anschlags u erfaast, dadarch in die höchste Stellung gebracht, der Schieber rückt in Folge dessen gleichfalls in sei- nen hSchsten Stand nnd der dampferfüllte Raum anter dem Kolben coro- monicirt nun mit dem Canale d nnd dem Ausblaserobre. Inzwischen ist aber der Dampf kolben K soweit gestiegen, dass er die Oeffnungen rr verachliesst, ea kann alao oberhalb deaaelben keine Luft mehr entweichen and 'OB entsteht durch Znsamme ndrQcknng der im obern Tbeile ein- geschlossenen Lnft (beziehentlich Dampfes) ein elaatiscbes Prellkissen. In seinem höchsten Stande stösst endlich der Kolben das im Qflinder-

426 Hammer und Ambos.

decke! befindliche Ventil v auf, darch welches ans der Dampfleitang a frischer Dampf Aber den Kolben tritt, eine Zertrummening des Cylinder- deckels durch Ueberschreitang des normalen Habes verhütend. Nun beginnt der Bückgang unter dem Einflüsse des eigenen Gewichts, der Prellung und des momentanen Dampfdrucks mit beschleunigter Geschwin- digkeit. Das Ventil v schliesst sich, die Oeffnungen rr werden frei und durch dieselben strömt aus dem Ausblaserohre p verbrauchter Dampf zu, den entstehenden luftverdünnten Raum föllend.

Die Schieberstange besitzt oberhalb des Angriflbpunktes des Hebels h eine Verlängerung, welche mit einem Kolben h innerhalb eines kleinen Cylinders c endigt. Der Raum oberhalb dieses Kolbens lasst sich durch Oeffnung des Ventils Vy mit der Dampfleitung in Verbindung setzen, und diese Oefihung erfolgt selbstthätig durch den Kolben X;, sobald der Schieber seinen höchsten Stand erreicht. Aus Fig. 333 ist ausserdem ersichtlich, wie der Raum unterhalb des kleinen Kolbens mit dem Canale pqm Verbindung steht, um beider Bewegung des Kolbens eine Luit- verdünnung und Zusammendrückung zu vermeiden.

Damit nun nicht der durch das geöffnete Ventil V\ eintretende Dampf den Schieber sofort in seinen tiefsten Stand zurückführt, wodurch ersichtlicher Weise frischer Dampf unter den Kolben geleitet und das Niederfallen verhindert werden würde, schnappt der Winkelhebel to in dem Augenblicke, wo der Schieber seinen höchsten Stand erreicht, unter die Klinke des Hebels i, dessen oberer Arm durch eine Feder nach rechts gedrückt wird, wodurch ein Zurückgehen des Schiebers unmöglich ge- macht wird. Hält man den Hebel i geöffnet, so spielt der Hammer auf und nieder, ohne niederzufallen; öffnet man ihn, ehe der Schlag erfolgt ist, so tritt vorzeitig Dampf unter den Kolben und die Wirkung des Schlages wird abgeschwächt.

Eine selbstthätige Auslösung des Hebels w aus der ihn festhaltenden Klinke des Hebels % erfolgt durch Vermittelung der Schiene z^ welche durch den Hebel v und die Zugstange o mit i verbunden ist, und des am Hammerbär befindlichen Prellhebels y. Das beschwerte Ende des- selben wird durch eine Feder nach oben gedrückt; im Augenblicke des Aufschiagens aber dreht sich dieses Ende, dem Beharrungsvermögen fol- gend, abwärts, und das Ende desselben drückt in Folge dessen die Schiene Z nach links. Es ist leicht einzusehen, wie diese Bewegung der Schiene sich auf die Klinke des Hebels % überträgt und somit w frei wird. Der Steuerungsschieber wird nach unten gedrückt und ein neuer Hub beginnt, z muss deshalb so lang sein, dass der Hebel y bei jeder Stärke des zu bearbeitenden Stücks sie erreichen kann.

Die Hubhöhe ist bei dieser selbstthätigen Steuerung stets gleich; bringt man jedoch an der Drehungsachse des Winkelhebels w einen Hand- hebel an, dessen Bewegung durch die Drehungsachse sich auf ao überträgt, so ist man im Stande , in jedem Augenblicke Umsteueiung von Hand zu bewirken und dadurch die Hubhöhe beliebig abzukürzen.

Naemytb'scher Dampfhammer. 427

Die Pigaran 334 bis 342 atellen einea Nasmyth' sehen Dampf- hammer des k. k. Eisenwerks in Neaberg mit eiaem Hamm ergewichte Fig. 334.

428 Hammer und Ambos.

TOD 17 500 Kilograinm , Hubhfihe 2,68 Meter asd Yentilsteaeriuig von

Hand dar'). Fig. 334 ist links Ansicht des Hammers von vorn, rechts

ein Verticalechuitt durch die Ständer nach der in Fig. 335 angedeuteten gebrochenen Linie Z y bis TZ; Fig. 335 ist Ansicht von oben (Gn

Fig. 336.

B8)i Fig. 336 VerticalBchnitt durch dos EinströmungsTentilgehauBB und dmi Dam pfcf linder nach der gehrocbenon Linie CD bis DE (Fig. 335); Fig. 337 dient zur Erläuterung des StenernngE- raechanismue; Fig. 338 ist ein senkrech- ter Querschnitt durch beide Ventile nach der Linie MN (Fig. 335 und 339); Fig.

339 eine Ansicht der Ventile von oben und ein Horizontal schnitt durch die Stän- der nach Linie KL (Fig. 334 und 340) mit Ansicht des Hammerbärs von oben; Fig. 340 ist ein senkrechter Querschnitt durch den Cylinder und das Gerüst; Fig. 341 ein Querschnitt durch das Fun- dament und die Chahotte und Fig. 342 ein GrnndrisB dieser Xheile.

Die Figuren 334 bis 336, sowie Fig.

340 sind in '/*o der wirklichen Grösse, Fig. 337, 338 und 339 in der wirk-

Nasmytli'Bcher Dampfhammer. 429

lieben Grösae, Fig. 341 nnd 342 in '/so ^^' wirklichen Grösse ge- zeichnet.

Der Dampf gelangt durch das Rohr a, Fig. 334, in den Ventilkaaten des Dampfe jlindorB, nachdem der Uaschinenführer durch Empordrücken Fiir. 336. ^^^ Hebels m den Znlasa-

schieber («i geöffnet hat (vergl. Fig. 334 und 335). Je nachdem dieee Oeffnang Tollat&ndig oder nur theilweise etatt- findet, tritt mehr oder weniger Dampf zd, und die Bewegung de« Ham- mers ist eine raacbore oder weniger rasche, nachdem die Ventile in Tbütigkeit gesetzt sind. Die Einriebtang dieser Ventile ergiebt sich nnn ans Fig. 338. Rechts ist das Einlass-, links das Attslassventil. Beidea sindsogenannteGIocken- ventile aus Rothgaaa, ringiurmig , darch vier Rippen mit einer Nabe verbunden, durch welche die dnrch einen Keil befestigte Ventilstange hindurchgeht- Letztere ist an ihrem obem Ende in einer Stopfbüchse geführt and mit einer Spiral- Fig. .S3fl,

fcdcr versehen, welche gegen einen auf dem Gebänse befestigten Bügel drückt nnd dadurch das Ventil schliesst, so lange nicht Gegendruck statt-

430 Hammer und Ambos.

findet. Die gleichfalla ringförmigen Ventilsitze raben mit Flantecben

&nf der Wand des GehäaBee; vier Rippen verbinden den Ring mit der

Fig. 340.

Nasmyth'scher Dampfhammer. 4SI

tnlpenfSnaigen Nabe, deren oberer Theil als FQhrnng ßtr die Ventil- Btange dient, während die nntere Hälfte einen hindnrchgesteckten Schran- benbolzen nmacblieBBt, welcher die feste Stellnng des Ventilsitzee im Ge- hänae sichert. Damit beim Heben und Senken des Ventils die in der

Nabonuffnung unterhulb der Ventitstange eiiigeschloSBene Luft weder yer- dünnt noch zaanrainengepreSBt werde, steht dieser Raum durch eine» Canal mit dem Ilnume oberhalb des Ventilsitzee in Verbindung.

In enteprechende Schlitse der Ventilstangen greifen die beiden an einer boriEontalen Welle ^ befindlichen Hebelarme 'i ein. In der ge-

432 Hammer und Arobos.

zeichneten mittlem Stellimg sind beide Ventile gescbloasaD; QDterbalb der Hebel muas in dem Schlitze hinreichender Spielraam vorhanden sein, dasB, während der eine Arm emporgeht und daa Ventil hebt, der »ndere eich frei nach nnten bewegen kann, ohne durch die Stange behindert zn werden. Befindet sich in der Ventilatange eines der Ventile aach ober-

halb des Hebele ein Spielranm, eo wird das Einlassrentil geschlosson, bevor dns AnsUssventil geöffnet wird, und der Dampf wirkt inzwischen dnrcb Expansion.

In den Ranm oberhalb des Einlassventils mKndet das Dampfznlei- tnngsrobr, der Raum unterhalb desselben commtinicirt durch den Ganal 0

Nasmyth'scher Dampfhammer. 433

mit dem Dampfcylinder (vergl. Fig. 336), der Ranm anterhalb des Aub- strömangBventilB steht durch einen in dem Holme des Gerüsts befind- lichen Canal P (Fig. 336 and 338) mit dem Ansblaserohre e in Yer* bindong.

An der Welle, welche die beiden Hebelarme li li trägt, befindet sich der senkrechte Hebel h welcher durch ein Grelenk mit der horizontalen Zugstange X yerbunden ist. Ueber die letztere ist eine Spiralfeder /^ geschoben, deren stärkeres Ende an einer feststehenden Platte pi befestigt ist (Fig. 334, 338, 339), während das schwächere Ende gegen einen ring- förmigen Ansatz der Zugstange x drückt. Dadurch erhält diese das Be- streben, das Einlassyentil zu öffnen, das Auslassyentil zu schliessen , also den Hammer zum Steigen zu bringenj wenn nicht diesem Bestreben ent- gegen gewirkt wird. Die Zugstange x ist nun an ihrem zweiten Ende mit dem einarmigen Hebel h verbunden, der auf dem obern Ende der langen senkrechten, am linken Hammerständer befestigften Welle b durch Nuth und Feder festgehalten wird (vergl. Fig. 334, 335 und 339) und mithin seine Drehung auf diese überträgt. An dem untern Theile der- selben Welle ist der einarmige Hebel p befestigt (Fig. 834, 335 und 337). In der Stellung wie in Fig. 337 ist derselbe durch den Hebel g, dessen Drehungspunkt am Hammergerüste befestigt ist, eingeklinkt, in seiner Stellung festgehalten, und verhindert somit auch die Drehung der senk- rechten Welle b, des obern Hebels h und dadurch das Oeffnen des Ein- lassventils. Schiebt man nun aber den Elinkhebel g nach rechts, wozu die Zugstange n mit dem Hebel ni benutzt wird (vergl. Fig. 334 und 335), so wird der Hebel p frei und gelangt in die Stellung wie in Figur 335, die Welle dreht sich, das Einlassventil wird geöfifhet, der Hub be- ginnt. Zur selbstthätigen Beendigung des Hubes befindet sich an dem Hammerbär B, welcher in den Führungen gg gleitet (Fig. 334 und 339), eine Nase u angegossen; an der mehrfach erwähnten senkrechten Welle b ist, ungefähr in Ys ihrer Höhe, der Hebelarm c mit dem BöUchen r am Ende befestigt, welches von der aufsteigenden Nase des Bars ver- schoben wird. Es erfolgt eine Drehung der Welle von rechts nach links; der Hebel p wird wieder in - seine frühere Stellung zurückgeführt und kann durch Anziehen der Stange n in g eingeklinkt werden; das Einlass- ventil ist wieder geschlossen, die Hebelarme li li (Fig. 338) gehen durch die mittlere Stellung in die entgegengesetzte über, das Auslassventil öffnet sich. Je weiter der Dampfschieber mi geöfihet war, je mehr Dampf also in der Zeiteinheit unter den Kolben gelangte, und je rascher der letztere demnach stieg, desto grösser ist die in ihm angehäufte leben- dige Kraft und desto höher wird er mithin noch steigen , nachdem Um- steuerung stattgefunden hat, desto grösser wird also auch die Wirkung des Schlages sein.

Der Raum oberhalb des Kolbens steht durch den Rohrstutzen w mit dem Ausblaserohre in Verbindung. Zur Verhütung von Unglücks- fallen, wenn der Kolben zu hoch emporsteigen sollte, ist der Cjlinder

liedebur, mechanisch'metallnTgiaohe Technologie. 28

434 Hammer und Ambos

am obern Ende statt durch einen gewöhnlicben Deckel durch eine Haabe aus Eisenblech geschlossen, deren Durchmesser im Lichten etwas grösser ist, als der Durchmesser des Dampfcylinders. Steigt der Kolben also bis in diese Haube empor, so findet sofort Ausgleichung des Dampfdracks unter und über dem Kolben statt.

Hält man nun, nachdem das Einlassyentil geschlossen, das Auslass- yentil geöffnet ist, die Steuerungshebel in der Stellung Fig. 337 fest, so erfolgen Schläge mit Toller Wucht, und der B&r verharrt so lange in seiner tiefsten Stellung, bis Ausklinkung des Hebels p erfolgt; bewirkt man die Ausklinkung früher als der Schlag beendet ist, so schliesst sich das Auslassyentil , es tritt frischer Dampf unter den l^olben, der Schlag wird verhindert oder abgeschwächt, je nachdem der Zulassschieber Mi mehr oder minder weit geöffnet war und die Ausklinkung früher oder später bewirkt wurde. Gewöhnlich versieht man die Zugstange n mit einer Feder, welche sie nach links oder rechts zu verschieben strebt, ihr also entweder das Bestreben giebt. Einklinkung (für starke Schläge) oder Ausklinkung (für schwache Schläge) hei-vorzubringen , und der Ma- schinenwärter hat dann nur nöthig, die entgegengesetzte Bewegung aus- zuführen.

Eine Kegulirung der Hubhöhe lasst sich bewirken, indem man den Arm C höher oder niedriger stellt. Zu diesem Ende ist derselbe mit sei- ner Hülse nur durch eine Schraube an der Welle h befestigt, ausserdem aber mit einer Kette ohne Ende K verbunden, durch deren Bewegung die Verstellung stattfindet. Ein durch einen Plebel d bewegtes Ketten- rädchen, mit Sperrklinke versehen, dient zur Bewegung der Kette.

Die gegebenen Abbildungen können zugleich als ein Beispiel für die Construction eines grossen Hammergerüstes aus Schmiedeeisen dienen. Die oberen hohlen Ständer NNj an denen die Führungen für den Bär befindlich sind, werden durch das breite, aus genieteten Doppel-T-Trägern gebildete Längsstück M (Fig. 340) getragen , in dessen Mitte die Oeff- nung zum Hindurchlassen des Bars ausgespart ist. Diese Längsbalken ruhen auf zwei Querstücken LL, welche wieder von den vier hohlen Ständern getragen werden. Die von einer Blechwand umschlossene Plattform Q dient für den Aufenthalt des Maschinenwärters und ist durch eine eiserne Treppe von unten her zugänglich.

Die Figuren 341 und 342 werden nach dem schon über die Funda- mentirung von Dampfhämmern im Allgemeinen Gesagten kaum einer Erläuterung bedürfen. Es sei nur erwähnt, dass je zwei schmiedeeiserne Säulen des Gerüsts auf einer gemeinschaftlichen Sohlplatte befestigt sind, und dass die 170 000 Kilogramm schwere Schabotte aus vier Stücken gegossen und in der aus Fig. 341 ersichtlichen Art und Weise zusammen- gesetzt ist.

Condie^s Dampfhammer. Derselbe wurde im Jahre 1846 dem Mechaniker Co n die in Glasgow patentirt. Die Kolbenstange dieses Hammers ist unbeweglich und hohl; der Kolben sitzt fest auf der Kolben-

Condie's Dampfhammer. 435

Stange; der Cylinder ist beweglich und dient als Hammerbär, indem durch das Steigen und Fallen desselben die Schläge erfolgen; der Hub des Cylinders wird bewirkt, indem Dampf durch die hohle Kolbenstange über den Kolben zugeleitet wird, das Niederfallen erfolgt durch Unter- brechung der Dampfzuleitung und durch Ausströmen des zwischen Kolben und Cylinderdeckel befindlichen Dampfes.

Die Figuren 343 I, II und III stellen einen solchen Condie'schen Dampfhammer mit Ventilsteuerung von Hand beim Beginne desSteigens und selbstthätig zur Begrenzung des Hubes dar. C ist der Dampfcjlin- der, zwischen den Führungen FF gleitend und an der untern Seite die Hammerbahn B tragend; M ist die hohle Kolbenstange, oben mit dem gnsseisemen Gerüste auf die in Fig. 343 I und II ersichtliche Art und Weise, unten mit dem Kolben KK (Fig. 343 I) durch Schraube und Mutter Terbunden. Der Form des Kolbens entsprechend hat der Cylin- derboden bei D eine kesselartige Vertiefung, in welche beim Aufsteigen des Cylinders der Kolben hinein passt. Unmittelbar über den Kolben ist die Kolbenstange mehrfach geschlitzt, um den Dampf in den geschlosse- nen Raum einzuführen, wodurch der Cylinder gehoben wird. Der Raum unterhalb des Kolbens steht mit der äussern Luft durch OefiPnungen in Verbindung, welche in der Abbildung nicht ersichtlich sind. Die Steuerung ist derjenigen des oben beschriebenen Nasmyth -Hammers ganz ähnlich. Der Hebel N dient zunächst zum Oeffnen eines Schiebers oder Hahns in der Dampfleitung vom Kessel nach dem Hammer. H und J sind die Stangen der Glocken ventile für Ein- und Auslass des Dampfe?, durch zwei an der horizontalen Welle 0 befindliche Hebelarme in entgegengesetztem Sinne bewegt. Die Drehung der Welle 0 erfolgt durch einen dritten (punktirt gezeichneten) Hebelarm R, dessen Ende mit der Zugstange / und durch diese mit . dem Hebel P (vergl. Figur 343 III) an dem obern Ende der senkrechten Steuerungs welle PQ ver- bunden ist. Eine über / übergeschobene Spiralfeder giebt diesem Me- chanismus das Bestreben einer Bewegung nach links, wodurch dlis Ein- lassventil H geöffnet , das Auslassventil J geschlossen wird. Zur selbst- thätigen Umsteuerung befindet sich am Cylinder die Nase ü, an der Steuerungs weUe der verstellbare Arm F, welcher beim Aufsteigen des Cylinders von ersterer ergriffen wird und dabei die Welle in solcher Richtung dreht , dass das Ventil H geschlossen, / geöffnet wird. Damit nicht durch die Feder / vorzeitige abermalige Umsteuerung bewirkt und dadurch das Niederfallen verhindert werde, ist an dem untern Theile der Welle PQ eine Einklinkung angebracht, welche in Fig. 343 III im Grundrisse abgebildet ist. T ist hier ein Sperrhaken an einer stehenden Welle X, welcher hinter die Sperrklinke W fasst und das Zurückgehen derselben und somit auch des ganzen Steuepungsmechanismus so lange hindert» bis er vermittelst der Zugstange Z ausgelöst wird. Wird diese AoslÖBung bewirkt, bevor der Cylinder niedergefallen ist, so erfolgt ein schwacher Schlag oder eine völlige Unterbrechung des Schlages ; geschieht

28*

436 Hammer und Ambos.

Bie erst nach beendigtem Niederfallen, bo bleibt während desselben das

Auslassventil ge&ffnet, das EinlaBsreutil geflchlosaen, and ea erfolgt ein

Fig. 343.

I

Htarkor Sohlag. Stellt man endlich den Arm F höher, so wird die Hub- höhe grösser, stellt man ihn niedriger, so wird sie geringer.

XHe Con die -Hämmer verdankten dem Bestreben ihr Entstehen, die

Morrison^s Dampfhammer. 437

unvermeidlichen Stösse, welche bei den N asm yth -Hämmern auf Kolben und Kolbenstange ausgeübt werden und diese verhältnissmässig schwa- chen Theile der Gefahr der Beschädigung aussetzen , durch Festlegung derselben unwirksam zu machen. Sie gewähren ausserdem den geringen Yortheil, dass von der Totalhöhe der Maschine die Höhe des Dampf- cylinders erspart wird. Statt der verminderten Gefahr des Bruches der Kolbenstange »tritt aber die Gefahr für den Bruch des Cylinders auf, welcher einen kostspieligeren und schwerer zu ersetzenden Theil der Con- strnction als jene bildet, und man hat demnach ein geringeres Uebel durch ein grösseres verdrängt. In diesem Umstände ist wohl haupt- sächlich die Thatsache begründet, dass das Con die 'sehe Hammersystem, welches anfänglich mit einem lebhaften Beifalle begrüsst wurde, den es zum Theile jedenfalls der Originalität des Gedankens, zum andern Theile auch der damals geringern Anzahl guter Hammerconstructionen ver- dankte, mehr und mehr vom Schauplatze abtritt und bei neuen Anlagen schwerlich noch Benutzung finden dürfte.

Morrison's Dampfhammer. Derselbe stammt aus dem Jahre 1854. £r ist charakterisirt durch eine dicke Kolbenstange, welche oberhalb des Kolbens fortgesetzt ist und im Boden wie im Deckel des Dampfcylinders in Stopfbüchsen gefuhrt wird. Das Totalgewicht des beweglichen Theils vertheilt sich also zum grossen Theile auf die Kolben- stange. Die obere Kolbenstange ist bei älteren Hämmern dieser Art mit einem Gleitstücke versehen, welches in senkrechten oberhalb des Cylinders befindlichen Schienen geführt ist; bei neueren Morrison - Hämmern lässt man diese Führung weg und die Kolbenstange wird nur in den zwei Stopfbüchsen geführt.

Diese Anordnung macht eine Führung des eigentlichen in Rücksicht auf die schwere Kolbenstange ohnehin leichteren Hammerbärs entbehr- lich; der Gylinder kann deshalb mit angegossenen Platten zwischen den beiden Ständern statt auf denselben befestigt werden , wodurch das Gerüst einfacher, niedriger und sehr solide wird; der Raum um den Ambos herum wird aber, da die Führungen wegfallen und man den Ständern in Folge dessen eine grössere Ausladung geben kann, freier, was jedenfalls von Yortheil ist. Die äussere Steuerung ist bei älteren Hämmern selbstthätig, bei neueren vielfach von Hand. Als Prellung dient, wie bei ien Nasmyth -Hämmern, gewöhnlich Luft oder Dampf, welcher aus dem Ausblaserohre über den Kolben tritt, sobald dieser niedergeht.

Als charakteristisches Merkmal aller Morrison -Hämmer ist dem- nach die dicke, an beiden Seiten des Kolbens befindliche und an zwei £nden in Stopfbüchsen gefühi*te Kolbenstange zu betrachten.

In den Figuren 344 I, H und UI ist ein älterer Morrison'scher Dampfhammer mit selbstthätiger Steuerung abgebildet. Die Theile der innern Steuerung liegen in dem Gehäuse h (Fig. 344 IH), die Ventil- oder Schieberstange steht in Verbindung mit der Stange OF, welcher durch eine Feder das Bestreben ertheilt ist, sich zu heben, dabei den

438 Hammer und Ambos.

Dampfeiolasa za ölfuea und den Auslass zu echlieBBen. Die Stange wird niedergedrückt und die DampfzuströmuDg abgesperrt, wenn der Arm S Fig. 344.

I n

D U

von dem Querhaupte M Buch links hinüliergedrückt wird, dadurch die horizontale Welle W W (Fig. 344 II) dreht und den auf derselben Welle befiudlichen Hebel P, welcher in einen Schlitz der Stange greift.

' Daelen^s Dampfhammer. 439

bewegt. £ine EinkÜDkung, deren Einrichtong ans der Abbildung nicht deutlich erkennbar ist, hält die Steuerung in dieser Stellung fest, bei welcher der Auslass geöffnet ist, bis der Schlag erfolgt ist. In diesem Augenblicke wirkt ein Prellhebel an dem Querhaupte M in ähnlicher Weise, wie es oben bei dem Nasmyth 'sehen Hammer mit selbstthätiger Steuerung (Fig. 332 auf Seite 424) beschrieben wurde, auf die in Figur 344 I punktirt gezeichnete Schiene ü ü, welche ihrerseits durch die Hebel XX die erhaltene Bewegung auf die Stange XH überträgt., dadurch Auslösung der Klinke und Umsteuerung bewirkend.

Das Rädchen B dient vermittelst eines in der Abbildung nicht an- gegebenen Mechanismus zum Höher- und Niedrigerstellen der Welle W und gleichzeitiger Verlängerung oder Verkürzung der aus zwei Theilen bestehenden Stange FO, wodurch der Hub also vergrössert oder verklei- nert werden kann ^).

Die bisher besprochenen Dampfhämmer waren einfach wirkend, d. h. ihre Hauptwirkung wurde durch den freien Fall hervorgerufen und Oberdampf, wenn überhaupt solcher zur Anwendung gelangte, diente nur zur Verstärkung der Prellung. In Folgendem sollen einige Hammer* Systeme mit Oberdampf zur Verstärkung des Schlages besprochen werden.

Daelen's Dampfhammer. Derselbe wurde im Jahre 1852 durch den Ingenieur Da eleu in Horde construirt und fand seitdem unter Bei- behaltung des ursprünglichen Princips, aber mannigfachen Abweichungen in den Einzelheiten, ziemlich vielseitige Nachahmung.

Die nur am untern Theile des Kolbens befindliche Kolbenstange ist sehr dick und häufig mit Kolben und Bär in einem Stücke gefertigt. Der Querschnitt der Kolbenstange nimmt des grossen Durchmessers hal- ber einen verhältnissmässig grossen Theil des gesammten Cylinderquer- schnitts ein und um eben so viel ist deshalb der freie Cylinderquer- schnitt oberhalb des Kolbens, wo die Kolbenstange fehlt, grösser als der freie Querschnitt unterhalb desselben. Der Anhub erfolgt, indem frischer Dampf unter den Kolben tritt und der oberhalb des Kolbens be- findliche verbrauchte Dampf ins Freie entweicht. Bei einer gewissen Höhe des Kolbens hört die Aus- und Einströmung auf, und der mit gepresstem Dampfe erfüllte Raum unterhalb des Kolbens tritt durch einen Canal mit dem Räume oberhalb desselben in Ver- bindung. Der Dampf ist demnach bis zur Beendigung des Fallens im Cylinder eingeschlossen, während die beiden Hälften des Cylinders in

^) Schöne Abbildungen Morrison* scher Dampfhämmer neuerer Con- struction finden sich in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Jahr- gang 1865, Taf. XXI, Text 8. 622; ein von der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz (vormals Hartmann) gebauter Dampfhammer mit Morrison'- scher Kolbenstange, von dem eigentlichen Morrison-Hammer aber durch die Anwendung von Oberdampf abweichend, ist abgebildet und beschrieben in Uhland's praktischem Maschineuconstinicteur, Jahrgang 1872, Taf. 29 und 30, Text S. 113.

440 Hammer und Ambos.

VerbinduDg stehen. Ble DampfspaDiinag gleicht eich also ans, w&cfast aber noch, bo lange der Kolben steigt, in Folge der Verengung de« Vo- Fig. 345.

Inmena durch die eintretende Kolbenstange, der Totaldruck anf den Kol- ben von oben verhält sich aber zu dem Totaldmcke von nntea wie die

Daelen'B Dampfhammer. 441

freien Cylinderquerachnitte oben nnd nuten. Ea erfolgt mitluD in Folge dieses grossem Dmcks von oben inVereinigDDgmitdemHammergewichte Hobbegrenzangnnd beschleanigter Niedergang. Während des Niedergangs

Fig. 348. Pig, 347. Pig. 348.

äesert sich in Folge tens der Kolben- freie C^plinderrola- r Dampf expaud irt. .e eigenthüm liehe lieilnng der Dae- Hämmer eignet ^weiseHahn- oder luerung.

:nren 345 bis 348 /jo der wirklichen :.347u.348in'/)!.) len'pchen Dampf- n 1350 Kilogramm »50 Mm. Unb mit hem entlasteten dandateuerung bei iger Hubbegren- . Ganal b des Hahn- Figuren 346, 347 verbindet die hei- Q desselben und . mit dem innem des Hahns in Ver- Ho dass letzterer espaantem Dampfe lieser innere Ranm DU i.utuii •»aen hohlen qiier- dnrchlaofenden Steg, welcher die beiden änsBeren Räume ee des Gehäuses in Verbindung setrt, so daas zwischen denselben stets Ansgleicbnog des Dampfes stattfindet and ein einseitiger Druck vermieden wird.

442 Hammer und Ambos.

In der Stellung des Hahns, Fig. 346, gelangt der durch das Zulei- tungsrohr a kommende Dampf, nachdem er durch den Canai h in das Innere d des Hahns getreten ist, unter den Kolben, der über dem Kolben befindliche Dampf kann entweichen, der Kolben steigt. Beim Aufsteigen trifft die am Bär befestigte Rolle / den Arm des Hebels g, drückt diesen empor und bewirkt durch Yermittelung der Stange i, des Hebels h und der Zagstange k Drehung des Hahns. Zuerst gelangt derselbe in die Stellung Fig. 347; Ein- und Ausgang sind abgesperrt, der Hammer steigt noch vermöge seiner lebendigen Kraft und der Expansion des Unter- dampfes und comprimirt dabei den oberhalb des Kolbens eingeschlosse- nen Dampf. Beim weitern Aufsteigen gelangt der Hahn in die Stellang Fig. 348; beide Hälften des Dampfcylinders sind nun verbunden, wäh- rend Ein- und Ausgang noch abgesperrt ist ; der ' Unterdampf strömt nach oben und bewirkt dort in der oben geschilderten Weise Hubbegren- zung und beschleunigten Niedergang. Indem der Maschinen wäHer den Handhebel h nach unten drückt, erfolgt erneueter Hub, und durch vor- zeitiges Umsteuern von Hand wird die Stärke der Schläge geschwächt.

Die Stange i besteht aus zwei Theilen, welche durch eine Doppel- mutter mit Rechts- und Linksgewinde verbunden sind, so dass durcb Drehung der letztern eine Verkürzung und Verlängerung der Stange und dadurch Regulirung der Hubhöhe bewirkt werden kann.

Ans Fig. 346 ist zugleich die Verbindung der Kolbenstange mit dem Bär und der Ständer mit der Fundamentplatte ersichtlich.

Die Hämmer nach Daelen's System haben den Vortheil, dass auch bei Handsteuerung der ganze aufgewendete Dampf mit Expansion wirkt, wodurch der Dampf verbrauch sich verringert, und dass die einzelnen Gonstructionstheile , insbesondere auch die Kolbenstange, recht stabil sind; ein Nachtheil liegt nach Hauer in der Schwierigkeit, die Stopf- büchse der dicken Kolbenstange dicht zu erhalten, was übrigens bei anderen Hämmern mit dicker Kolbenstange in gleichem Maasse der Fall sein wird

Naylor^s Dampfhammer, vom Ingenieur Naylor in Norwich im Jahre 1857 construirt. Der Hub erfolgt wie beim Nasmyth-Ham- mer durch frisch zuströmenden Unterdampf; nach beendigtem Hube ent- weicht derselbe und der Niedergang wird beschleunigt, die Schlagwirkung verstärkt, indem frischer Oberdampf eintritt und während der ganzen Periode des Niederfallen s thätig bleibt.

Dieses Pnncip, die Wirkung frisch zugeleiteten Oberdampfs mit der Wirkung des frei fallenden Ilammergewichts zu vereinigen, findet sich seit der Erfindung des Naylor -Hammers bei zahlreichen Ilaramercon- structionen vertreten; da indessen Naylor zuerst mit der Anwendung desselben hervortrat, so erscheint es berechtigt, wenn man alle jene Hammerconstructionen , deren Wirkung in gleicher Weise hervorgerufen wird, diesem Systeme einreiht, wenn auch in den Einzelheiten der Aus- führung, insbesondere auch in der Art und Weise der Steuerung keine Uebcreinstimmung mit dem ursprünglichen Naylo r- Hammer stattfindet.

Naylor^s Dampfhammer. 443

Der von Naylor erbaute Hammer besass eine eigenthümliche Selbst- stenemng und eine massig dicke Kolbenstange ^). Wie schon oben er- wähnt wurde, ist man in der Neuzeit von der Anwendung der Selbst- steuerung bei grossen Hämmern mehr und mehr abgegangen und hat dieselbe auf selbstthätige Hubbegrenzung beschränkt, während bei klei- neren Hämmern mit Oberdampf die mannigfachsten anderen Selbststeue- rungen ins Leben getreten sind, so dass die Naylor 'sehe Steuerung in ihrer ursprünglichen Form nicht gerade häufig mehr in Anwen- dung ist.

*In Folge der Anwendung frischen Oberdampfs fällt bei diesen Häm- mern für eine gegebene Schlagwirkung die Hubhöhe geringer und die Anzahl der Schläge in gleichen Zeiträumen grösser aus, als bei den einfach wirkenden Uämmern. Hierin liegt wohl der Hauptyortheil dieses Systems, welcher demselben eine grosse Verbreitung yerschaffb hat; denn die grössere Hubzahl befördert nicht allein direct die Arbeit der Form- veränderuDg, sondern begünstigt auch, sofern das Metall im erhitzten Zustande verarbeitet werden muss, in Folge jenes raschern Vorschreitens der Arbeit die Ausnutzung des zur Erhitzung verbrauchten Brennstoffs und verringert mit der Anzahl der erforderlichen Erhitzungen den dabei unvermeidlichen Abbrand. Hieraus folgt, dass die doppelt wirkenden Naylor'schen und ähnlichen Hämmer für die Formveränderung der Me- talle im Allgemeinen geeigneter sind, als die einfach wirkenden Nasmyth - Hämmer; es wurde aber schon früher erwähnt, dass, sofern es sich um Verdichtung schwerer Metallkörper handelt, die durch Oberdampf und leichteres Fallgewicht erzielte Wirkung nicht im Stande sei, ein schweres Fallgewicht zu ersetzen, und für letztere Fälle bleiben deshalb die Nasmyth-Hämmer oder doch solche doppeltwirkenden Hämmer unent- behrlich, bei denen der Oberdampf höchstens zur Verstärkung der durch ein grosses Fallgewicht hervorgebrachten Leistung benutzt wird.

Der Totaleffect der Hämmer mit frischem Ober- und Unterdampf wird sich um so mehr auf die Wirkung des Oberdampfs concentriren , je dicker die Kolbenstange, je grösser also das Verhältniss der obern freien Kolbenfläche zur untern ist. Für eine gegebene theoretische Leistung wird also mit Zunahme des Kolbenstangendurchmessers Gewicht und Hubhöhe immer mehr sich verringern, die Hubzahl sich vermehren können, und es werden dann jene Hammer in solcher Weise zu eigent- lichen Schnellhämmern, von denen unten noch eingehender die Rede sein wird.

Man findet für die innere Steuerung der modernen Hämmer nach diesem Systeme sämmtliche Steuerungsarten vertreten ;* für Hämmer mit

^) Eine Abbiklung des Hammers findet sich in den Proceediugs of the Bir- mingham Institution of Meclianical EDgineers Jahrgang 1R57, 8. 233; eine recht gute Skizze in den Mittheilangen des Hannoverschen Gewerbevereins Jahrgang 1863, 8. 238. Hämmer nach Naylor^s Patent liefert jetzt noch die Firma Kirkstall Forge Co. in Leeds (Yorkshire).

444 Hammer und Ambos.

schwerem Fallgewichte vorwiegend Ventile; fär kleinere Schieber und Hähne. Bei schweren Hämmern ist mehrfach die Einrichtung vorhan- den, dass man nach Belieben mit und ohne Oberdampf arbeiten kann, indem man für den letztern Fall den Fintrittscanal filr den Oberdampf abgesperrt, den Austrittscanal geö&et erhält. Sie wirken dann gerade so wie Nasmyth -Hämmer.

Einen Hammer der letztern Art von 5000 Kilogramm Fallgewicht, 1800 Mm. Habhöhe mit abstellbarem Oberdampfe und Ventilsteuerung von Hand, aber selbstthätiger Begrenzung des grössten zulässigen Hubes, aus der Fabrik von G. Brinkmann u. Co. in Witten a. d. Ruhr, zeigen die Figuren 349 und 350.

Die Ständer dieses Hammers sind aus Gusseisen, ruhen auf guss- eisernen Fussplatten und sind zwischen den Knaggen derselben wie aus Fig. 349 zu ersehen festgekeilt. Jeder Ständer ist durch vier starke Fundameutanker gg^ welche durch die Fussplatten hindurchgehen, und jede Fussplatte ausserdem noch durch zwei dergleichen Anker ^i^ befestigt; die Fussplatten sind ausserdem unter einander durch horizontale, unterhalb der Flurlinie liegende, schwere schmiedeeiserne Anker derartig mit einander verbunden, dass sie sich weder einander nähern, noch von einander entfernen können. Endlich wird eine wichtige Verankerung der Ständer durch zwei schmiedeeiserne Schienen a gebildet, welche, ab- sichtlich so lang als möglich gemacht, an beiden Seiten des Gerastes von einem Ständer zum andern hinübergehen und mittelst schmiedeeiserner gedrehter Scheiben, die halb in die Ständer, halb in die Schienen ein- gefräst sind, die seitlichen Prellschläge des Bars auf beide Ständermassen übertragen. Als Führungen für den Bär dienen zwei gusseiserne Schie- nen mit T-förmigem Querschnitte, welche auf die gehobelten Flächen der Ständer aufgepasst und an jeder Seite mittelst vier auf seitlich angegos- sene Knaggen der Ständer und Führungen warm aufgezogener schmiede- eiserner Ringe {cc in Fig. 349) befestigt sind. Etwas oberhalb der Führungen gewahrt man über jeder derselben ein am Ständer be- festigtes Ilolzstück b, welches den Zweck hat, bei einem durch un- aufmerksame Steuerung veranlassten zu hohen Aufsteigen den Bär abzu- fangen.

Oben sind die Ständer durch das gusseiserne Kronstück (Holm) ver- bunden, welche^ die Canäle für Ein- und Ausströmung enthält, sämmt- liche Steuerungsmechanismen trägt und durch starke Schrauben wie durch zwei Stück an jeder Seite warm aufgezogener Ringe äd (Fig. 349) auf den Ständern befestigt ist.

e ist das Gehäuse des Zulassventils für den frischen Dampf, welches, wie aus beiden Abbildungen erkennbar ist, von dem Stande des Maschi- nenwärters aus mit Hülfe eines Handrädchens geöffnet und geschlossen ^wird, und dessen Einströmung in die beiden Dampfeinlassventile für Unter- und Oberdampf führt.

Brinkmann's Dampfhammer. 445

Von den vier in Fig. 349 ersichtlichen Steuernngsventilen ist das mit Ä 0 bezeichnete Anslassyentil für den Oberdampf, jy ^ EO Einlassventil n n n

n EU „„ Unterdampf,

ff ÄU Aaslassventil

Es wird femer ohne Weiteres verständlich sein, wie die Ventile durch die in Fig. 349 erkennbare horizontale Zugstange und durch Hebel mit einander verbunden sind, so dass das Einlassventil für den Unterdampf E U und das Auslassventil für den Oberdampf Ä 0 gleich- zeitig geöfihet werden, und sobald diese Oefinung durch Empordrücken des am Rande des Hammerführers angebrachten Steuerungshebels / be- wirkt wird, steigt der Hammer.

Nun ist dem Hebelarme, welcher dasVentil E 0 ö&et, in der Yentil- stange ein solcher Spielraum gegeben, dass dieses Ventil, dessen Oeffnung durch dieselbe Bewegung der Zugstange erfolgt, welche A ü öffnet, noch in Ruhe verharrt, während A ü schon gehoben wird und der Unterdampf entweicht. Wird also die Bewegung der Steuerung in diesem Stande unterbrochen, so bleibt das Oberdampfventil geschlossen, und der Ham- mer fäUt nur durch sein eigenes Gewicht. Wie leicht erkenntlich ist, geschieht das Oeffnen des Unterdampfauslassventils beziehentlich Ober- dampfeinlassventils durch Niederdrücken des schon erwähnten Handhebels /; beim Niederdrücken bis zu einem gewissen Stande wird nur das erstere geöffnet , beim tiefern Stande des Hebels erhält auch der Oberdampf Zu- tritt. Zur Regelung dieser verschiedenen Steuerung befindet sich unter- halb des Handhebels, an dem Ständer befestigt, eine excentrische Scheibe c, durch eine Klinke Je drehbar, auf deren Rand der Steuerungshebel beim Niederdrücken aufschlägt. Steht die Scheibe so, dass der grösste Ab- stand ihres Randes vom Drehungspunkte nach oben gerichtet ist, so schlägt der Steuerungshebel auf^ bevor das Oberdampfventil geöffnet ist und der Hammer arbeitet nur mit Unterdampf; dreht man die Scheibe so, dass ihr Rand tiefer liegt und drückt den Hebel nieder, so wird auch das Oberdampfventil geöffnet.

Bei regelrechter Steuerung soll der Hammerführer die Steuerung für Auf- und Niedergang von Hand bewirken; um jedoch Unglücksfalle durch versäumte Umsteuerung beim Aufsteigen zu vermeiden, trägt der Bär ein Röllchen r, welches gegen eine Verlängerung des Steuerungs- hebels/trifft und dadurch im höchsten Stande selbstthätige Umsteuerung bewirkt.

Die auf den Abbildungen ersichtlichen Röhren min, welche, aus dem Kronstücke kommend, auf der rechten Seite des Hammers sich in einem g^sseren Rohre n vereinigen, dienen zum Ablassen des condensirten Wassers.

Von anderen Dampfhämmern, welche mit frischem Unter- und Ober- dampfe arbeiten, hinsichtlich der Steuerung und sonstigen Einzelheiten aber charakteristische Unterschiede zeigen, nennen 'wir unter anderen

446 Hammer und Ambos.

Schwartzkopff's Hammer (abgebildet und beschrieben in Wiebe's Skizzenbucb, Jahrgang 1870, Heft 4, Blatt 1; auch sehr gut abgebildet in den Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1869, Blatt 26); die Hämmer von Massey, Varrall, £llwe'll u. Paulot, Seilers, Banning, deren wir zum Theil noch unter der üeberschrift „Schnellhämmer" erwähnen werden ^).

Farcot's Hammer. In den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts durch den Ingenieur Farcot in Paris erfunden. Die Stander sind hohl und dienen als Dampf behälter für den Unterdampf, welcher von bier freien Zutritt unter den Kolben bat. Der Znfluss des Dampfes in die Stander erfolgt durch einen selbstthätig wirkenden Röhrenschieber, wel- cher nur so viel Dampf zuströmen lässt, als zur Aufrechterhaltung einer Dampfspannung erforderlich ist, wie sie eben zum Heben des Kolbens ausreicht (1 Atmosphäre Ueberdruck); welcher sich selbstthätig schliesst, sobald diese Dampfspannung unter dieses Maass sinkt. Da jener Raum innerhalb der Ständer in ununterbrochener Verbindung mit dem Räume unterhalb des Kolbens steht, so verharrt letzterer so lange in seinem höchsten Stande, bis ein stärkerer Gegendruck geübt wird- Dieses ge- schieht, und das Niederwerfen des Hammers erfolgt, indem der Abzugs- canal für den verbrauchten Dampf im obern Räume geschlossen und stark gepresster Oberdampf zugeleitet wird; der Schlag ist eine Folge der verschiedenen Pressung unterhalb und oberhalb des Kolbens. Die Kol- benstange ist dünn und verringert den totalen Querschnitt nur unbedeu- tend; da aber der Druck per Flächeneinheit zum Heben des Dampf kol- bens gering ist, fällt die Kolbenfläche selbst verhältnissmässig gross aus, und die Schläge erhalten durch den Oberdampf eine bedeutende Stärke. Die Steuerung erfolgt von Hand und ist meistens Schiebersteuerung ^).

Der zum Anheben des Kolbens benutzte Dampf der Farcot- Häm- mer wird beim Niedergange in die Ständer zurückgedrückt und bleibt somit für die weitere Benutzung unverloren ; . dagegen wird bei der grossen Oberfläche der dampferfüllten Ständer, obschon dieselben mit schlechten Wärmeleitern eingehüllt sind, jedenfalls viel Dampf condensirt, und die Wärme der Ständer dürfte für den Maschinenwärter nicht selten Belästigungen herbeiführen.

In Deutschland sind die Farcot- Hämmer selten zur Anwendung gekommen, häufiger in Frankreich, obschoü auch dort in neuerer Zeit die Anzahl derselben eher im Abnehmen als im Zunehmen begriflen sein dürfte.

Türck's Dampfhammer, vom Ingenieur Türck inChartres 1855 construirt. Die Kolbenstange ist dick und bewirkt dadurch einen erheb-

^) Vergi. A. V. Hesse: Die Werkzeugmaschinen nach den Ergebnissen der Wiener Weltausstellung, Leipzig 1874. Die Steaemngsmechanismen der mei- sten oben genannten Hammerconstructionen sind eingehend beschrieben in V. Hauer, Hütten wesensmaschinen, 2. Aufl. (vergl. Literatur über Hämmer).

2) Abbildung eines Farcot -Hammer sielie Dingler's polyt. Journal, Band 152, 8. 403; ferner Mallet, Becord of the Great Exhibition 1862, S. 313.

Schnellhämmer. 447

liehen Unterschied in dem freien Gylinderqaerschuitte anter und über dem Kolben. Der Hub erfolgt, indem frischer Dampf vom Kessel her anter den Kolben tritt and der Dampf oberhalb des Kolbens entweicht; der Niedergang, indem nach Abschlass des Abzagscanals oberhalb des Kolbens frischer Oberdampf zugeleitet wird , ohne dass der Unterdampf ins Freie entlassen wird. Mit dem Far cot- Hammer stimmt derT&rck'- sche Hammer darin überein, dass der zum Abheben benutzte Dampf nicht yerloren geht, sondern bei ersterem in die Ständer, bei letzterem nach dem Kessel zurückgedrückt wird, and der Kolben sofort wieder steigt, wenn der Oberdampf entweichen kann; der wesentliche Unter- schied beider Systeme liegt darin, dass das Niederwerfen bei dem Far- cot -Hammer durch die verschiedene Dampfspannung, bei dem Türck- Hammer durch die verschiedene Grösse der freien Kolbenfläche oben und unten bewirkt wird.

Die Steuerung ist selbstthätig mit entlastetem Schieber und bewirkt Expansion des Oberdampfs ^).

Die Türck' sehen Hämmer sind, obschon sie die Nachtheile der Far cot' sehen theilweise vermeiden, in ihrer ursprünglichen Form selten in Anwendung; doch finden sich hier und da Ck>mbinationen der Eigen- thümlichkeiten des Systems mit anderen Systemen.

Schnellhämmer. Die allgemeinen Grundzüge der Schnellham- mersysteme wurden bereits oben gegeben. Ihrer Aufgabe gemäss, eine grosse Anzahl Schläge in gegebener Zeit auszuführen, werden sie nie- mals in grossen Abmessungen ausgeführt und bilden daher diesen Eigen- thümlichkeiten zufolge in Schmiede Werkstätten zur Formgebung für mittelgrosse Gegenstände einen höchst wirksamen und nützlichen Ersatz des Handhammers.

Sofern es sich nur um die Art der Dampfwirkung und Vertheilung handelt, bilden die Schnellhämmer kein selbstständiges Hammersystem, sondern lassen sich den früher beschriebenen Systemen einreihen; die meisten erhalten frischen Unter- und Oberdampf und würden demnach denjenigen Hämmern beizugesellen sein, welche wir unter der Ueber- Schrift: Naylor^s Hammer besprochen haben, auch Daelen's System ist mehrfach vertreten und Combinationen des Systems Daelen-Morri- son und Daelen-Türck^). Sie bilden kleinere Formen jener Hämmer mit besonderen Steuerungsvorrichtungen.

Die Steuerung ist fast immer selbstthätig, was schon wegen der grossen Hubzahl unerlässlich ist; die Umsteuerung geht nicht momentan, sondern während eines gewissen Theils des Kolbenlaufs von Statten.

^) AbbilduDg des Türck 'sehen Hammers, Annales des mines^ 5. Serie, 8. Band, Seite 533, Tafel IX.

^) Letztere Combination bei Schwartzkopf.f*8 Schnellbammer; siebe Wiebe's Skizzenbuch, Jahrgang 1870, Heft 4, Blatt 2.

448 Hammer und Ambos.

Zur inneren Steuerung dienen vorwiegend Schieber. Die Scblagstarke läast sich durch Begolimng des Dampfzuflusses und Verstellung des selbstthäti- gen Steuerungsmechanismus innerhalb gewisser Grenzen beliebig ändern. Das Hammergerüst ist bei der geringen Grosse einstandrig (yorhängendes Gerüst); die Chabotte meistens mit dem Gerüste fest yerbunden und gemeinschaftlich mit demselben fundamentirt.

Der Hauptimterschied der yerschiedenen Schnellhammersysteme liegt also in der Anordnung und Wirkung der Steuerung, und da die grosse Anzahl Schläge leicht aufBeschadigangen dieser Steuerung hinwir- ken kann, und andererseits die Wirkung des Hammers eben zum grossen Theile yon der richtigen Thätigkeit dieser Steuerung abhängig ist, so läset sich leicht folgern, welche grosse Wichtigkeit gerade eine zweck- mässige Steuerungsconstruction für die Zweckmässigkeit eines Schnell- hammers besitzt.

Unter den zahlreichen hierher gehörigen Constructionen können nur wenige als Beispiele heryorgehoben werden.

Schnellhammer yon Keller und Banning^). Fig. 351 zeigt eine perspectiyische Ansicht des Hammers. Der Ständer ist hohl und auf dem Untersatze aufgeschraubt, die innere Steuerung besteht aus einem Mnschelschieber, welcher in seinem höchsten Stande den Einstro- mungscanal für den Unterdampf geöffnet halt, den Raum über dem Kol- ben aber mit dem Ausblaserohre yerbindet. Der Schieberkasten ist dem Beschauer zugewandt. Die Zuleitung des Dampfes in den Kasten erfolgt yon oben durch den aufwärts gerichteten Rohrstutzen und wird yer- mittelst eines durch Drehung der dem Beschauer zugewendeten Hand- kurbel bewegten Schiebers regulirt, beziehentlich ganz abgesperrt. Das Ausblaserohr befindet sich an der entgegengesetzten Seite, durch einen ringförmigen Canal mit dem Schieberkasten yerbunden, und ist deshalb in der Abbildung nicht zu sehen. Die nach abwärts gerichtete Schiebor- stange endigt in einem klauenartigen, nach rechts offenen Schlitze, dessen innere Flächen mit Stahlplatten armirt sind, und in welchen ein an der dahinter liegenden horizontalen Welle befindlicher Daumen (Hebel- arm) eingreift (letzterer ist in der Abbildung nicht deutlich ersichtlich). An dem rechten Ende dieser Welle befindet sich ein zweiter längerer Hebelarm, welcher mithin mit jenem kurzen zusammen einen Winkel- hebel bildet. Das Ende des langem Armes steckt yerschiebbar in einer Hülse, welche um einen an dem Hammerbär befestigten eisernen Bolzen drehbar ist. Es ist einleuchtend, dass, sobald der Bär steigt, die Hülse sich drehen, der Arm in derselben sich yerschieben, dabei ebenfalls eine entsprechende Drehung erlangen und diese durch die Welle auf den kurzen Hebelarm übertragen wird. Wie erwähnt befindet sich der Steuerungsschieber bis dahin in seiner höchsten Stellung. Da der

^) Alis der Maschinenfabrik von J. Banning, früher Keller nnd Ban- ning zu Hamm in Westphalen.

Keller's und Banning's Dampfhammer. 449

Schlitz am untern Ende der Schiebe rstange breiter ist, als der in densel- ben eingreifende Daumen, bo hat dieser im Beginne des Hnbes Spielraum für die Drehung und der Schieber bleibt während dieses sogenannten „todten Gangs" oder „Leergangs" unbewegt. Sobald aber bei vorgeschritte' nem Hube der Hebel die untere Fläche des Schlitzes erreicht, wird die Fig. 3r.l.

Scbieberstange abwärts bewegt und zuerst yermittelst des uutem Schie- berlappens die Einströmung abgesperrt; die Expansion beginnt. Dann wird auch der Ansstrdmungscanal durch den oberen Schieberlappeu ge- schlossen, und der über dem Kolben befindliche Dampf eingeschlossen und zusammengedrückt; endlich tritt bei weiterm Aufsteigen des Kol-

450 Hammer und Ambos.

benB nnd bei weiierm Hinabrücken des Scbiebers der antere Dampf- canal mit dem inneren Räume des Schiebers und dem Ausblaserohre, der obere Dampfcanal dagegen mit dem dampferfüllten Räume des Schieber* kastens in Verbindung; es tritt Oberdampf ein und wirft den Kolben abwärts. Es folgt nun das umgekehrte Spiel der Steuerung als beim Aufsteigen; zuerst Leergang, dann Expansion u. s. w., schliesslich wie- der Umsteuerung.

Da beim Aufsteigen des Bars sich die Länge des in der Hülse ver- schiebbaren Hebelarms mehr und mehr verkürzt, so bewirken in dem oberen Theile des Hubes gleiche Kolbenwege grössere Schieberwege als in dem untern. Daher wird beim Steigen des Hammers der Eintritt des Gegendampfs rascher, beim Fallen langsamer geöffnet, und die Wirkung des Schlages durch letztem Vorgang weniger benachtheiligt.

Ausser durch Regulirnng des Dampf Zuflusses vermittelst der er- wähnten Handkurbel lässt sich der Hub und die Schlagstärke auch in folgender Weise verändern. Die horizontale Drehungsachse der beiden Hebelarme ist excentrisch mit einer andern Welle verbunden, welche in einer an den Ständer angegossenen Hülse gelagert und durch einen an einem Gradbogen stellbaren Handhebel drehbar ist (vergl. Abbildung). Diese Einrichtung ermöglicht eine höhere und tiefere Stellung der Dre- hungsachse. Stellt man sie tiefer, so wird auch der Steuerungsschieber eine tiefere Stellung erhalten, die Umsteuerung findet beim Aufsteigen des Hammers früher statt, der Hub wird verkürzt, beim Fallen tritt früher Gegendampf ein und die Schlagstärke wird geschwächt.

Kolben und Kolbenstange sind bei den Banning'schen Schnellhäm- mem aus einem Gussstahlstücke geschmiedet; das Bärgewicht beträgt 75 bis 750 Kilogramm bei einer Hubhöhe von 200 bis 870 Mm. und einer grössten Hubzahl von 500 Hüben per Minute bei den kleinsten, 150 Hü- ben bei den grössten Hämmern.

Sellers'scher Dampfhammer. Bei demselben ist die Steuerung an einer oberhalb des Dampf kolbens befindlichen Verlängerung der Kolben- stange angebracht, welche in Stopfbüchsen geführt ist und eine Führung des Bars entbehrlich macht. Diese dem Morrison-Hammer entlehnte Einrichtung vermeidet die Beengung des Raums durch die Führungen um den Ambos herum und verringert die Gefahr für Beschädigung des Steuerungsmechanismus. Der Querschnitt der obern Kolbenstange ist schwächer als der der untern, dem Oberdampfe also eine grössere Fläche gegeben als dem Unterdampfe, wie es der Wirkung der Schnellhämmer entspricht.

Die Bewegung der Steuerung erfolgt durch eine Gleitbacke, welche in einer schräg ansteigenden Nuth der Kolbenstange gleitet und bei dem Aufsteigen der letztern in horizontaler Richtung verschoben wird. Zum Schutze gegen Staub und sonstige äussere Einflüsse ist die obere Kolben- stange sammt der erwähnten Gleitbacke durch einen gusseisemen Hut abgedeckt.

Seilers'« Dampfhammer. iTA

In Fig. 352 bis 35& ist ein derartiger Dam pfh (immer abgebildet,

TOB der Chemnitzer Werkzengmaschinenfabrik in Chemnitz gebaut, in

dem Hanptprincipe mit dem nrBprOnglichen SellerB'achen Dampfhammer

452 Hammer und Ambos.

übereiDBtiramend^), in deo Einzelheiten aber mehrfach abgeändert nnd verbessert. Fig. 352 ist äoBsere Ansicht and Schnitt dtirch den Hut Pig. 3S3. s'"' BloBslegnng der

Stenernng; Fig. 353 ist ein Bcnkrechter Schnitt dürchCylindernndSehie- berkastenmitte \ Figar 354eiaHoHzontal3chnitt dnrch die obere Kolben- stange nach der Linie I, II inFig 352; Fig. 355 endlich ein Horizontat- Bchnitt durch Cylinder nnd Schieberkastfin nach der Linie III, IV.

Ans Fig. 352 nnd 354 ergiebt Bich die Einrichtung des für die Steuerung dienenden metallenen Gleitstücks Ä. Dasselbe greift an zwei gegenüberliegen- den Seiten in die schrä- gen Nathen der Kolben- stange (wodurch die letztere zugleich vor

Drehung geschützt wird) und an der Aassenseite mit an* gegossenen Zapfen in entsprechende Führan- gen des Gehäuses , so dasB beim Ansteigen nnd Fallen des Kolbens nur eine seitliche Vor- Bchiebung des Gleit- Stücks eintreten kann.

Es ist ans Fig. 352 er- sichtlich, dass beim des Hammers

') Abbildung Bftd Be- ■cbreibnng den uraprüng- liehen Hammers. Foljl. Cantralbtatc lü7*, 6. *-2e.

Sellerä' Dampfhammer. 453

das Gleitstück nach links, beim Fallen nach rechts gleiten rnnss. Diese Bewegung wird durch die kleine in einer Stopfbüchse geführte Schub- stange /, den Winkelhebel g, Schubstange h und Hebel i auf die Stange k des entlasteten SteuerungsschieberB (vergl. Fig. 353) übertra- gen, derartig, dass der Schieber die entgegengesetzte Bewegangerichtnng aU der Kolben annimmt. Der Gang des Hammers findet nun folgender- maassen statt. Das Dampfeinlassventil Z wird geöffnet, der Dampf tritt in den Schieherkasten. In der gezeichneten Stellung des Schiebers (Fig. 353) ist der EiolasBcanal für den Unterdampf noch geschlosseD, der Hammer verharrt noch in Ruhe. Dreht man nun aber den Winkel- hebel ffi vermittelst des an seinem Ende befindlichen Handgriffs nach der PfeilricbtuDg in die durch eine pnnktirte Linie angedeutete Stellnngj so wird die Zugstange { und somit aacb der an dem Ende derselben be- findliche ÄngriSsponkt deg Hebeb i abwärts bewegt, die Schieberstsnge gebt aufwärts, der Eintritt für den Unterdampf wird geöffnet, der obere Canal communicirt mit dem Aasblaserohre , der Hanimer steigt. Es ist hierbei zu beachten, dass der Hebel t, je nachdem die Hebel m oder g Fig. 354. Fig. 355.

bewegt werden, ab doppelarmiger oder als einarmiger Hebel thätig wird; in dem ersten Falle fallt der Drehongspunkt mit dem Angriffspunkte der Stange h, in dem andern mit dem Angriffspunkte der Stange l zu- sammen, m und somit auch die Stange l wird, nm jede selbstthätige Verschiebung während des Ganges zu vermeiden , durch die Sperrfeder X in dun Gradbogen y eingeklinkt.

Während nun der Hammer steigt, geht der Schieber abwärts. Zu- nächst wird der untere Canal geschlossen, der Dampf ezpandirt. Dann wird auch der obere Canal geschlossen, der eingeschlossene Dampf ober- halb des Kolbens wird zusammengedrückt; nun tritt der untere Canal mit dem Aasblaserohre, Bchliesslich der obere mit dein dampferfflllten äussern Räume im Schieberkasten iu Verbindung, es tritt Oberdampf ein, während der Unterdampf entweicht und der Hammer fällt. Es be- ginnt dann die Umsteuerung in gleicher Reihenfolge. Der Oberdampf wird abgesperrt und expandirt; dann wird der untere Canal abgesperrt, schliessfioh der Eintritt für den Unterdampf geöfiiiet. Durch Bewegung des Hebels m liegt es in der Hand des Maschinenwärters, die Schläge

454 Hammer und Ambos.

zn reguliren. Je weniger weit nach rechts der Handgriff desselben ver- schoben wird, desto weniger hoch rückt der Schieber hinauf , desto frü- her erfolgt Umsteuerung, desto weniger hoch ist der Hub; dreht man den Hebel nach links, während der Hammer in der Höhe ist, so bleibt der Oberdampfcanal geöi&iet, und es erfolgen starke Schläge; dreht man ihn nach rechts, so wird der Oberdampf vorzeitig abgesperrt, der £in- lasscanal für Unterdampf geö&et, es erfolgen schwache Schläge oder der Schlag wird ganz unterbrochen.

Der Hebel C dient zur Regulirung des Ausflusses für den Unter- dampf. Je nachdem die Ausflussoffnung durch Drehung des Hebels ver- engt oder erweitert wird, fallt der Schlag schwächer oder stärker aus.

Die pnnktirten Linien in Fig. 352 geben die äussersten Grenzen für die Bewegungen der Steuerungstheile an. Als besonderer Vorzug dieser Hammerconstruction verdient der Umstand Erwähnung, dass diese Be- wegungen, wie aus der Abbildung hervorgeht, und somit auch die aus den Bewegungen entspringende Abnutzung der Steuerungstheile auch bei vollem Hube des Hammers nur äusserst geringe sind.

Kolben und Kolbenstange sind in einem Stücke aus Gussstahl ge- fertigt. Der Bär aus Schmiedeeisen ist durch eine gespaltene conische Stahlbüchse (r in Fig. 352) mit der Kolbenstange verbunden; man um- geht hierdurch die unangenehme Nothwendigkeit , den Cylinderboden und die Stopfbüchse aus zwei Theilen fertigen zu müssen, was wegen des Einbringens des Kolbens unerlässlich ist, wenn derselbe mit Stange und Bär in einem Stücke gefertigt ist ').

Literatur über sämmtliche Gattungen von Hämmern.

J. V. Hauer: Die Hüttenwesensmaschinen, 2. Aufl., Leipzig 1876, ent- hält von S. 290 bis 468 Beschreibung und Constructionsregeln für die üblichsten Hammersysteme in klarer, fasslicher Darstellungsweise. Ueber Stielhämmer: Tunner: Die Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden. Karsten: Eisenhüttenkunde, 4. Thl., S. 9, 327.

Ueber Schwanzhämmer und Zuschlaghämmer: Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 10, S. 251; Dingler^s polytechnisches Journal, Bd. 206, S. 251, Bd. 210, S. 6, Bd, 220, S. 404; Polytechnisches Centralblatt, Jahrgang 1872, S. 1334. Ueber Transmissions- und Dampfhämmer: Fallhämmer: Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Jahrgang 1870, S. 751; Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 144, S. 7, Bd. 147, S. 255, Bd. 160, S. 5.

1) Beschreibung und Abbildung dieser Befestigung siehe Dingler's polytech- nisches Journal, Bd. 215, B. 101.

Setzhämmen 455

Feder hämmer: Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 213, S. 194, Bd. 214, S. 429; Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 13, S. 242; Polytechnisches Gentralblatt, Jahrgang 1873, S. 1445, Jahr- gang 1875, S. 93.

Friotionshämmer: Dingler^s polytechnisches Journal, Bd. 123, S. 329; Polytechnisches Gentralblatt, Jahrgang 1874, S. 1007.

Pneumatische Hämmer: Dingler^s polytechnisches Journal, Bd. 215, S. 397, Bd. 176, S. 176; Preussische Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. 15, S. 220.

Dampfhämmer: Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 189, S. 93; Bd. 213, S. 286 (Massey's Dampfhammer); Mittheilungen des 6e- werbeyereins für Hannover, Jahrgang 1863, S. 236 (kurze Beschrei- bung und Kritik der üblichsten Hammersysteme, von Rühlmann); Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1873, Taf. 6 (Keller und Ban- nin g's Hammer); Jordan, Album du cours de Metallurgie, Taf. 78, 79, 82; Wieb e, Skizzenbuch, Jahrgang 1865, Heil 2, Jahrgang 1872, Heft 2; Zeitschrift des bergmännischen Vereins für Kärnthen, Jahrgang 1874, S. 338, 361.

Formgebende Ergänzungsstücke zu den Hämmern.

Von der Form der Hammer- und Ambosbahn ist die Gestaltung der Begrenzungsflächen eines geschmiedeten Arbeitsstücks abhängig. Zwar lässt sich durch geeignetes Drehen und Wenden des Arbeitsstücks zwi- schen den einzelnen Schlägen die Formgebung in mannigfachster Weise Tariiren; immerhin wird eine breite, flache Bahn immer nur eine eben solche Fläche, eine gekrümmte Bahn eine im entgegengesetzten Sinne gekrümmte Flache des Arbeitsstücks hervorbringen können.

Um trotzdem mit einem und demselben Hammer und Ambos auch mannigfacher gegliederte Formen hervorbringen zu können, bedient man sich besonderer Geräthe, welche in jenen besonderen Fällen zwischen Hammer und Ambos eingeschaltet werden und die Schlagwirkung des Hammers erst auf das Arbeitsstück übertragen.

Setzhämmer.

Wie der Name andeutet, versteht man unter diesem Ausdrucke ham- merartige Werkzeuge, welche auf das zu bearbeitende Schmiedestück gesetzt werden und den Schlag des Hammers auf dieses fortpflanzen. Sie werden ebensowohl angewendet, wenn es bei genauer Arbeit darauf ankommt, Schläge auf eine ganz bestimmte Stelle zu führen, als wenn man durch eine besondere Profilirung des Setzhammers Eindrücke her-

456 Hammer und Ambos.

Turbriogcn will, die »icb durch den Hammer nicht geben lassen. Dem- uach hat ein Setzhamnter entweder eine Finne oder eine Bahn, und die entgegen stehe od 1! Fläche wird Ton dem Hammer getroffen. Wie die Handbämmer werden sie mit Hülfe eines hölzernen Stiels gehalten; nicht selten benutzt man auch statt des letztem eine um den Setzbammer ge- schlungene Haseln nssgerte, wodurch das unangenehme Prellen der Ham- merschläge anf die Hand des den Stiel haltenden Arbeiters vermie- den wird.

Fig. 356 zeigt einen solchen Setzbammer mit langer, schmaler Finne, Fig. 357 einen solchen mit halbrunder Bahn, um Hohlkehlen und dergleichen anzuschmieden.

Als Unterlage beim Scbmiedeu mit dem Setzhammer dient in man- chen Fällen das Stöckchen, ein paralleleptpedisch geformtes StQck Fig. a56. Fig. a57.

Ifr

Gusseiaon oder Stahl mit flacher oder profilirter Oberfläche, welches mit einem vierkantigen Zapfen in dem Ambos befestigt wird. Schmiedet man z. B. mit dem Setzbammer, Fig. 357, auf einem Stöckcheu, wel- ches eine eben solche convexe Oberfläche bat, so entstehen zwei Hohl- kehlen einander gegenüber.

Gesenke.

Dieselben sind wie die metallenen Goesformen des Giessers hohle, aus Gassstahl , Gnsseisen , seltener Schmiedeeisen hergestellte Formen, deren Innenfläche genan der Ansseufläche des herzustellenden Schmiede- stücks entspricht. Wie man beim Giessen offene und gesoblossene Gnss- formeu unterscheidet, so bat man beim Schmieden einfache Gesenke, bei walchen die offene Fluche darch die Bahn des Hammers geschloBseo wird, and doppelte Gesenke, ans Ober- und Untergesenk bestehend.

Das Untergesenk erhält einen vierkantigen Zapfen und wird mit demselben in ein Loch der Ambosbabn gesteckt; das Obergesenk wird entweder an einem Stiele befestigt und mit demselben ähnlich wie ein Setz- hammer gebandhabt; oder bei grossen Schmiedestücken nnd Anwendung von Mascbiaenhämmern statt derHnmmerbabn in dem Kopfe oder Bär des Hammers befestigt. Fig. 356 stellt Ober- und Untergesenk zum Schmieden von cjliudriscben Stäben mit Banden dar und wird einer Erläuterung nicht bedürfen. Damit das Obergesenk beim Schmieden in genau rich- tiger Lage auf das Untergesenk eu stehen kommt und eine Verschiebung

Gesenke. Schrotmeissel. 457

beider Theib vennieden wird, versieht asa letzteres bisweilen mit einem hemmlaufenden Kande, in welchen das Obertheit sieb hineinlegt.

Die in den Sobmiedewerkstätten üblichsten Formen der einfachen Gesenke vereinigt DWn bisweilen jetzt seltener als früher in einem sogenannten Gesenkstocke, Fig. 359, einem gasseisernen oder gass- atählerneu Blocke von der Grandform eines halben Würfels, an dem Umfange mit Einacbnitten der verscbiedensten Querschnittsformen und auf den breiten Flächen mit durchgehenden quadratischen und kreis- runden OefTunngen versehen, welche gleichfalls verschiedene Durchmesser besitzen. Der Block rnbt ia einem gnsseisernea Untersatze und wird, Fig. 358. Pig. 359,

je nachdem der Gebrauch es erfordert, entweder hochkantig gestellt, wenn die eine der SeitenflAchen beuntzt werden soll, oder flach, wenn man die durchgehenden Oeffnungen benutzen will.

Schrotmeissel und Äbschrot.

Der Schrotmeissel hat die Form eines Setzhainniers mit verstAhlter and meisselartig geschürfter unterer Kante, welche zum Abtrennen einzelner Theite des Schmiedestücks benutzt wird, indem man den Scbrotmeissel aufsetzt und mit dem Bammer einen Schlag auf den Kopf

Fig. 360. Fig. 361.

f ^^

458 Hammer und Ambos.

desselben fuhrt. Kleinere Schrotmeissel sind ohne Stiel, wie ein gewöhn- licher Meissel geformt, und werden mit der Zange festgehalten.

Der Abschrot dient als Unterlage für den Schrotmeissel, hat dem- nach eine nach oben gekehrte Schneide und wird wie ein Gesenkunter- theil mit einem vierkantigen Zapfen im Ambos befestigt. Die Abbildung Fig. 360 (a.y.S.) stellt einen derartigen Schrotmeissel, Fig. 361 (a.Y.S.) den zugehörigen Abschrot dar.

Durchschlag und Lochring.

Dieselben dienen zum Hervorbringen von durchgehenden Löchern im Schmiedestücke durch Abscheeren, also durch Herausschlagen eines so grossen Stückes („Putzen^ genannt) aus dem vollen Metalle , als die betreffende Oeffnung werden soll. Demnach besteht der Durchschlag aus einem Stahlstempel, dessen untere geschliffene Fläche gleich dem Lochquerschnitte ist, und der Lochring aus einem Ringe, in welchen der Stempel hineinpasst. Der Durchschlag ist entweder wie ein Setzhammer mit einem Stiele versehen oder wird mit der Zange gehalten. Zur Er- leichterung des Herausziehens ist derselbe gewöhnlich nach oben conisch erweitert.

Statt des Lochrings kann auch bisweilen der Gesenkstock benutzt werden.

Schmiedemaschinen.

Wenn man eine Ad zahl Gesenke oder sonstiger formgebender Werk- zeuge beim Schmieden, durch deren aufeinander folgende Benutzung ohne Weiteres eine bestimmte Formgebung erfolgt, mit eben so vielen in einem gemeinschaftlichen Gerüste gelagerten und durch eine gemein- schaftliche Elementarkraft betriebenen Hämmern verbindet, so entsteht eine Sohmiedemaschine. Meistens benutzt man allerdings statt der eigentlichen Hämmer Stempel, welche von einer gemeinschaftlichen Welle aus durch Excentriks ihre auf- und niedergehende Bewegung erhalten, so dass die Wirkung jedes derselben bei langsamem Gange der Maschine eher ein Pressen als ein Schlag zu nennen sein würde, bei der raschen Bewegung aber, welche diese Maschinen besitzen (200 bis 400 Hübe per Minute) der Wirkung des Hammers sehr ähnlich wird.

In den Figuren 362 bis 364 ist eine Schmiedemaschine einfacher Construction aus der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik in Chemnitz abgebildet. Dieselbe enthält vier Ober- und vier Unterstempel, deren jeder mit einem formgebenden Werkzeuge (Gesenk, Meissel und Ab- schrot etc.) versehen wird. Letzteres wird in eine Oeffnung des Stem- pels eingesetzt, mit einer Schraube befestigt, und kann demnach mit Leichtigkeit ausgewechselt werden. Die Oberstempel hängen an einer gemeinschaftlichen Welle, welche excentrisch mit der Antriebswelle ver-

Schmiedemaschinen. 459

banden iat, so daas bei der Drehung der letztem die Achse der eratern Enrbelbewegung beschreibt Damit nnn diese Kurbelbe wegnng der Welle eine senkrecht auf- und niedergebende Bewegung der Stempel bewirke, sind diese, wie aus den Figuren 363 and 361 (a. f. S.) hervorgeht, einestheils in dem gusseisernen Gerüste der Maschine in solider Weise geführt, mit det excentrischen Welle aber durch ein metallenes Gleitstück verbanden, welches in dem Kupfe der Stempel aasreichenden Spielraum besitzt, um

Fig. 362,

die resaltirende Horizontalbe wegnng allein auszafDbren und nur die Verticalbewegung auf die Stempel zn übertragen.

Die Unterstempel sind gleichialls in dem GerflBte geführt und stecken mit einer metallenen Hälse auf dem obern glatten £nde je einer schmiede- eiaernen Schranbenspindel, welche sich in dieser Hülse frei drehen kann. Die Schraubenspindel geht durch eine im Gerüste fest gelagerte metallene Schranbenmatter hindurch, so daes hei einer Drehung der Schraube diese und somit auch der Stempel auf- oder abwSrts bewegt wird , letzterer

460 Hammer und Ambos.

ohne sich zu drehen, da Beine achteckige Form diese Drehung verhin- dert. Die Bewegung der Spindel geEchiebt vermittelst des au ihrem Pj ggg untern Ende bt;festigteu Stirn*

i'adeB von solcher Breite, um auch bei senkrechter Bewegung der Spindel im Eingriffe ^it dem davor liegenden Getriebe zu bleiben. Aus Fig. 362 ist ersichtlich, wie dieses vordere, an einer senkrechten Achse befindliche Getriebe durch Fig. 364. Vermittlung eines Paares co-

nischer lUder von einer hori- zontalen WeUe aus von Hand bewegt wird, bo dasa durch Drehung des an der Maschine befindlichen linken Handrades die beiden linken Stempel, durch Drehung des rechten die beiden rechten Stempel immer gleichzeitig gehoben und gesenkt werden.

Vor den Stempeln befindet sich ein eiserner Tisch am Gerüste befestigt als Unter- lage und Führung für die ein- zubringenden Schmiedestücke. Auf der Autriebwelle ist neben der festen Riemenscheibe eine LoBscheibe angebracht , uin die Maschine rasch ein- und ausrücken zu können; zwei ' Schwungräder an den beideu Seiten der Maschiae sicbera die Gleichförmigkeit der Be- wegung und schützen die Transmission und Betriebs- maschinevorderRackwirkuDg der von der Maschine aus- geübten Stöase. Die Welle der Maschine macht per Mi- nute 350 Drehnngeu und somit jeder Stempel die gleiche Anzahl Hübe.

In dem Principe stimmen die sämmtlicben bekannten und ange- wendeten ScbmtedemBEcbinen mit der beschriebenen überein und zeigen

Schmiedem^chinen. 46 1

nur Abweichungen in der Aasfübrnng der einzelnen Theile. Solche Schmiedemascbinen sind u. A. die von Ryder, im Jahre 1851 auf der LfOndoner Industrieausstellung ausgestellt und noch jetzt vielfach in An- wendung (vergl. Wiebe, Maschinenbaumaterialien, S. 406, Taf. VIII, Fig. 2; Uoyer, Mechanische Technologie, S. 160; Dingler's polytechni- sches Journal, Bd. 123, S. 351); femer die Schmiedemaschine von Johnson (DingWs polytechnisches Journal, Bd. 129, S. 426); von Hat- tersley (Dingler^s polytechnisches Journal, Bd. 135, S. 171); von Wal- ker (Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 194, S. 390); von Wright (Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 181, S. 345; von Reed and Bowen (Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 197, S. 319).

Die Schmiedemaschinen sind sehr geeignete Apparate, wenn die Aufgabe vorliegt, eine grosse Anzahl gleicher und einfach gestalteter Körperformen durch Schmieden herzustellen , denen mit Hülfe einer ge- ringen Anzahl formgebender Werkzeuge ihre Form sich ertheilen lasst. Der rasche Gang der Maschine und die durch Anwendung von Gesenken erzielte Verringerung menschlicher Arbeitsleistung beschleunigen dabei gemeinschaftlich die Vollendung jedes einzelnen Stücks; und da unter den verschiedenen Stempeln der Maschine stets mehrere Arbeitsstücke gleichzeitig bearbeitet werden können, so dass ein ununterbrochener Verlauf der Arbeit stattfindet, so ist die Stückzahl der in bestimmten Zeitabschnitten fertig werdenden Fabrikate eine verhältnissmässig grosse.

Eine solche Gattung von Gegenstanden, für deren Anfertigung sich die Schmiede maschinen eignen, sind z. B. Schienennagel, aus Quadrat- stäben geschmiedet und gewöhnlich in Anzahl von vielen Tausenden gefertigt.

Das Arbeitsverfahren bei der Formveränderung durch

Hämmern.

In den meisten Fällen wird dem Hämmern eine Erhitzung des Me- talls in einem der früher beschriebenen Apparate vorausgehen. Wenn es den gehörigen Hitzegrad erreicht hat, nimmt der Schmied es aus dem Feuer, bringt es nach dem Ambos, entfernt den Glühspan durch Reiben an der Amboskante oder durch Abfegen mit einem Besen bei weniger erhitzten Metallen, und nun beginnt das Schmieden.

Gegenstände der kleinsten Art können von einem einzigen Arbeiter gefertigt werden, welcher mit der linken Hand das Metallstück hält, während die rechte den Hammer fuhrt.

Bei den meisten Gegenständen, welche mit Handhämmern geschmiedet werden, ist ausser dem eigentlichen Schmiede noch mindestens ein Zuschläger erforderlich, für grössere Gegenstände oft zwei bis drei, welche die schweren Zuschlaghämmer schwingen, während der Schmied mit der linken Hand das Eisen hält, dieses so wendet und dreht, dass die Schläge auf die richtige Stelle fallen, mit der rechten Hand aber einen kleinen Hammer führt, theils zu dem

462 Hammer und Ambos.

Zwecke, hier and da beim Schmieden luchziihelfea, haoptsichlich aber, um den Ziucblägem die Stelle anzudenten, auf welche sie achlagen sollen, and ihnen, je nachdern er Finne oder Bahn des Hsrnmen gegen das Arbeits- stOck wendet, dadurch anzngeben, ob sie mit dieser oder jener za schmie- den haben. Schliesslich Issst der Schmied seinen Hammer klingend auf den Ambos fallen nnd giebt dadurch das Zeichen zom Anfhören.

Bei Anwendnog Ton Haeefainenhämmem sind die eigentlichen Za- ■cbUger entbehrlich nnd statt ihrer hat der Maschinenwärter die Zeichen dee Schmieds zn beachten, darnach die Stärke der Schläge zn regeln ete. Nnr bei den kleinsten Mascbinenhäinniem wird der Schmied selbst den Gang der Uaschine zn führen im Stande sein. Bei allen grösseren Gegenständen aber, welche der Schmied alleio zn regieren nicht im Stande ist, sind ein oder mehrere Geh&lfen erforderlich, welche ihn mit Zangen nnd eisernen Haken unterstützen.

So mannigfach nnn anch die Formen der Gegenstände sein können, welche sich durch diese TerhältniBsmässig einfache Arbeit nnd mit Hülfe der beschriebenen Geräthe herstellen lassen, so kann man doch eine An- zahl bestimmter Terfabnugsweisen kennzeichnen, ans deren Anwendung im Einzelnen oder in geeigneter Reihenfolge jene Formen hervorzugehen pflegen.

Die hauptsächlichsten dieser VerfahrDUgsweisen sind folgende: Das Ausstrecken oder Zainen, in einer Verdflnuang des Quer- schnitte und dadurch bewirkten Ausdehnung der Länge bestehend. Je- der Schlag des Hammers, auf das dehnbare Metall geführt, ruft in ge- wissem Maasae eine solche Änadehnang hervor; da aber bei gleicher Wocht der Schläge derjenige der wirksamste sein nnd die stärkste Ver- dünnung hervorbringen wird, bei welchem diese Schlagwirknng auf die kleinste Fläche concentrirt wird, so geschieht das Ausstrecken am fiirderlichsten mit der Finne des Hammers, indem man Schlag neben Schlag mit derselben anf die Oberfläche des Metallstücks ^hrt. Je _, schmaler die Finne ist, desto rascher

wird die Arbeit vor eich gehen. Durch ein solches Arbeitsverfahren wird aber nicht eine glatte Oberfläche er- zengt werden können, sondern es wird eine Vertiefung neben der an- dern entstehen, zwischen welchen er- habene Stellen stehen bleiben (Tergl. Fig. 365). Zar Ausgleichang dieser Unebenheiten wird dann die ge- streckte Fläche mit der Bahn des Hammers nachgeschmiedet , welche Arbeit Schlichten genannt wird.

Bei Anwendung von Masohinen- hämmem, welche nur eine einzige

Arbeitsverfahren. 463

schmale Bahn besitzen, wie es z. 6. bei vielen Aufwerf- und Schwanz- hämmern der Fall ist, streckt man, indem man das schmalere Arbeits- stück quer über den Ambos legt, und schlichtet dann durch Drehung in der Horizontalebene um 90 Grad, so dass nunmehr die Bahn mit ihrer ganzen Länge auf das Schmiedestück fallt.

Das Treiben oder Auftiefen, eine dem Strecken verwandte Ar- beit, welche vorzugsweise zur Anfertigung von Hohlgefässen aus Eisen, Kupfer, Messing benutzt wird. Das durch Treiben in einen Hohlköi'per zu verwandelnde Metallstück wird zunächst durch Strecken (welches ebensowohl unter Hämmern als unter Walzen geschehen kann) in eine plattenartige Form gebracht. Wird nun auf eine solche Metallplatte an irgend einer Stelle ein Hammerschlag ausgeführt, so entsteht an dieser Stelle eine Quer- schnittsverdünnung und ein Strecken des Metalls; da aber die umgeben- den, vom Hammer nicht getroffenen Metalltheile nicht ausweichen können, so muss sich eine Beule, d. i. Vertiefung, bilden* Denkt man sich nun statt des einen Hammerschlags eine grosse Menge Schläge in regelmässiger Reihenfolge auf den mittlem Theil einer Metallplatte geführt, während der Rand unberührt bleibt, so muss durch diese Querschnittsverdünnung der ganze mittlere Theil ausgebaucht werden, und die Gestalt einer Schale oder eines Kessels annehmen. Je nachdem man die Hammer- schläge mehr oder weniger stark und mehr oder weniger häufig auf be- stimmte Stellen fallen lässt, kann man in solcher Weise verschieden- artig geformte Hohlkörper erzeugen.

Wie das Strecken am 'raschesten mit der schmälsten Finne vor sich geht, so wird das Auftiefen durch einen kleinen Durchmesser der calot- tenförmigen Hammerbahn befordert und es erklärt sich hieraus die Form des auf Seite 404 , Fig. 320 , abgebildeten Hammers zur Herstel- lung von HohlgefUssen.

Bei der fabrikmässigen Anfertigung von Kesseln, Schalen u. s. f. aus den eben genannten Metallen legt man eine grössere Anzahl Metall- Bcheiben (4 bis 18) auf einander, biegt den Rand der untersten, grössten Scheibe durch Hämmern um, so dass sämmtliche Scheiben durch densel- ben zusammengehalten werden, und unterwirft nun sämmtliche Scheiben zusammen, deren Inbegriff ein Gespann genannt wird, der Bearbei- tung, indem man die Schläge in spiralförmiger Linie vom Mittelpunkte nach dem Umkreise hin und in gleicher Linie zurück ausführt, und zwar wird das Gespann zu diesem Zwecke mit einer entsprechend geformten Zange erfasst und unter dem Hammer langsam gedreht. Nach beendigter Formgebung wird das Gespann durch Aufbiegen des Randes wieder gelöst und zur Vollendung der Form jedes einzelnen Stückes (welche in der Werkstatt des Kupferschmieds etc. bewirkt wird) aus einander genommen.

Das Stauchen. Man versteht hierunter eine derartige Bearbei- tung, durch welche das Metall in seiner Längenrichtung zusammenge- drückt, verkürzt, in seiner Stärkeabmessung verdickt wird. Das Stau- chen ist also die entgegengesetzte Arbeit des Streckens. Zweck des

464 Hammer und Ambos.

Stauchens ist die [leryorbringnng von Verdickungen in aer Mitte oder am Ende von Metallstücken. Kleine Stucke werden gestaacht, indem man sie senkrecht auf den Ambos stellt und mit dem Hammer dar- auf schlägt, nachdem die zu stauchende Stelle erwärmt ist; grosse Stücke staucht man, indem man sie heftig gegen den Ambos oder einen grossen Stein in der Sohle der Schmiedewerkstatt stösst. < In manchen Schmiedewerkstätten benutzt man einen schweren Gusseisenklotz zum Stauchen, welcher an einer Kette von der Decke der Werkstatt herab- hängt. An einer zweiten Kette hängt das zU stauchende Metallstück, so dass es mit dem Gusseisenblocke in gleicher Höhe sich befindet. Man schwingt sowohl den Gusseisenblock als das Metallstück pendelartig aus einander und lässt sie dann heftig zusammenschlagen.

Stets muss der gestauchte Theil später überschmiedet werden, um die Gestalt gehörig auszubilden, verzogene Theile zu richten und fehler- hafte Stellen zu verbessern.

Eine besondere Art des Stauchens zu dem Zwecke, den Durchmesser ringförmiger Arbeitsstücke, z. B. Spurkranzreifeu , zu verkleinem, er- wähnt Karmarsch. Der Reifen wird in einem Glühofen rothwarm ge- macht, dann rasch zur Hälfte seiner Breite in kaltes Wasser getaucht bis er erkaltet ist. Da der eingetauchte Theil sich hierbei zusammen- zieht, muss der noch heisse dehnbare Theil dieser Zusammenziehung fol- gen und wird gestaucht; nun wird das Verfahren wiederholt und der vorher gestauchte Theil in das Wasser getaucht, wodurch auch die an- dere Hälfte des Ringes eine Stauchung erfährt.

Wenn man eine flache Scheibe rings mit dem Hammer derartig bearbeitet, dass eine' Auf biegung des Randes erfolgt, so entsteht offenbar ein Hohlkörper, dessen Durchmesser kleiner ist als derjenige der ursprüng- lichen Platte. Diese Verkleinerung des Durchmessers äussert sich bei fehlerhafter Arbeit durch eine Faltenbildung, bei normalem Verlaufe durch eine Zunahme der Querschnittsstärke als Folge der Zusammendrückung, welche einem wirklichen Stauchen gleichkommt. Diese, dem Treiben ent- gegengesetzte Methode, hohle Formen zu bilden, nennt man Aufziehen.

Das Ansetzen Man versteht unter diesem Ausdrucke die Bil- dung eines Ansatzes, d. h. eines vorspringenden durch eine plötzliche Verminderung des Querschnitts entstandenen Theils des Schmiedestücks.

Fig. 366. Fig. 367.

Arbeitsverfahren. 465

Für diese Arbeit sind vorzugsweise die Setzhämmer geeignet. Die Figuren 366 und 367 werden ohne Weiteres die Bildung eines einfachen und doppelten Ansatzes erläutern können. Für den erstem Zweck ragt der Setzhammer etwas über die Amboskante hinaus, für den dop- pelten Ansatz schneidet die äussere Kante des Setzhammers genau mit der Amboskante ab. Die Form des Ansatzes kann sehr mannigfaltig sein, und wird durch die Form des Setzhammers wie der Unterlage (als welche fiir besondere Formen das Stöckchen benutzt wird) bedingt.

Das Biegen. Man gebraucht zu runden Biegungen das Hom des Amboses oder Sperrhoms, indem man das Schmiedestück quer darüber legt und auf die nicht unterstützte Stelle hämmert. Statt des Horns dient häufig ein Dorn, d. h. ein Eisen- oder Stahktab, um welchen das Metall herumgeklopft wird. Scharfe Winkelbiegungen werden durch Umklopfen über die Kante des Amboses oder eines Stöckchens hervorge- bracht. Yon dem Biegen grösserer Gegenstände in besonderen Appara- ten ( Biegemaschinen ) wird unten bei den YoUendungsarbeiten die Rede sein.

Das Lochen. Die Anwendung des oben beschriebenen Durch- schlags nebet Lochrings zur Hervorbringung von durchgehenden Oeff- nnngen ist zwar eine sehr einfache, bedarf jedoch , um genaue Arbeit zu geben, mancherlei Kunstgriffe. Wenn, wie es häufig der Fall ist, das Loch auf einer ganz bestimmten Stelle des Arbeitsstücks angebracht werden soll, so bezeichnet man diese zuvor mit dem Körner (vergleiche S. 36) und setzt nun den Durchschlag auf die angezeichnete Stelle. Beim Durchtreiben des Durchschlags durch dicke Metallstücke entsteht statt eines cylindrischen Lochs ein conisches, in Folge der etwas conischen Form des Werkzeugs. Man locht also von einer Seite bis zur Hälfte und treibt dann von der andern Seite den Putzen heraus. Das Loch ist nun- mehr in der Mitte am engsten. Man treibt deshalb nunmehr einen prisma- tischen Stahlstab von entsprechender Dicke und Querschnittsform in das entstandene Loch und hilft dadurch diesem Uebelstande ab. Der Stahlstab heisst Dorn und die beschriebene Arbeit Ausdornen. Dieselbe wird auch angewendet, wenn ein genau passender Durchschlag nicht vorhan- den ist. So z. B. kann man, um Löcher von dreiseitiger, quadratischer, sechseckiger u. s. w. Form anzubringen, zunächst ein rundes, entsprechend kleineres. Loch mit dem Durchschlage einschlagen und es dann durch Eintreiben eines entsprechend geformten Doms auf seine richtige Form aufweiten.

In manchen Fällen dient zur Hervorbringung von Löchern statt des Durchschlags der Schrotmeissel , mit dem man in das Metallstüok einen Schlitz haut, welcher dann mit Hülfe eines Doms aufgeweitet wird. Diese Arbeit nennt man Aufhauen, zum Unterschiede vom Lochen mit dem Durchschlage. Sie wird angewendet, wenn es darauf ankommt, die durch das Herausschlagen des Putzens hervorgerufene Schwächung

Iiedabur, maohanisch-inetaUuigiflclie Teohnologie. qq

466 Hammer und Ambos.

des Materials zu vermeiden, es findet hierbei eine Stauchung des Metalls rings um das Loch statt.

Das Schweissen. Der Zweck des Schweissens und die Bedingun- gen, welche zum Gelingen der Schweissung erfüllt werden müssen, fan- den bereits oben (S. 342 ff.) Erwähnung. £s geht aus jenen Bespre- chungen hervor, dass die Ausfuhrung des Schweissens um so leichter sein wird, je grösser die zu schweissenden Flächen sind. Man sucht deshalb die zu schweissenden Stücke von vornherein so zu gestalten, dass die Be- rührungsflächen möglichst gross ausfallen, und wendet dazu verschiedene Kunstgriffe an. Wenn z. B. zwei stabförmige Körper oder zwei Enden eines zu einem Ringe zusammengebogenen Stabes zusammengeschweisst werden sollen, so wird man sie in der Regel nicht stumpf zusammenstossen

Fig. 368. lassen, sondern mit schräger

Fuge verbinden (Fig. 368); oder man spaltet, besonders wenn ^Stahl und Eisen zusammenge- ' schweisst werden sollen , das eine Stück auf und steckt das ^'^' ^^^' andere Stück mit einem keü-

formigen Zapfen in den Spalt (Fig. 369). Wo es angeht, bringt man die zu schweissen- den Stücke schon in der für die Schweissung erforderlichen Lage zusammen in das Feuer und erhitzt sie gemeinschaftlich, nur beim Zusammenschweissen von Stahl und Eisen erhitzt man beide Metalle getrennt in Rücksicht auf die verschiedene Tem- peratur, welche sie zur Schweissung bedürfen. Anfanglich giebt man einige rasche, aber weniger kräftige Hammerschläge, indem man an der von dem Ausgange der Fuge entferntesten Stelle beginnt und rasch gegen den Ausgang fortschreitet, um die eingeschlossene, flüssige Schweissschlacke mehr und mehr aus dem Innern nach dem Ausgange hin zu treiben; hat die Schweissung begonnen und das Metall in Folge der Abkühlung einen etwas weniger weichen Zustand angenommen, so führt man kräf- tigere Schläge.

Müssen die Enden der zu schweissenden Stücke stumpf vor einan- der gestossen werden, so geschieht die Verbindung durch Schläge in der Längenrichtung wie beim Stauchen. Um die Schweissschlacke bei die- sem letztern Verfahren besser zu entfernen, giebt man den Enden gern schwach convexe Form, so dass rings herum eine anfänglich offene Fuge bleibt, die erst beim Zusammenstauchen sich schliesst. Wenn die Schweissung beendet ist, wird das Arbeitsstück durch fortgesetztes Schmieden in die richtige Form gebracht.

Wenn die Schweissung den Zw^ck hat, aus einer Anzahl formloser Körper ein einziges Stück als Material für die weitere Formgebung her- zustellen, so legt man jene Körper (Rohschienen, Abfalle, Alteisen) zu so-

Arbeitsverfahren.

467

genannten Packeten zusammen und bringt sie als solches in den Schweissofen. Diese Packete haben parallelepipedische Form von qua- dratischem oder rechteckigem Querschnitte; die einzelnen Stücke, welche das Packet bilden, sind in demselben derartig zusammengelegt, dass ihre Flächen sich möglichst innig berühren. Durch umgelegten Draht pflegt man das ganze Packet zusammenzuhalten. Fig. 370 stellt den Quer-

Fig. 370.

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schnitt eines solchen Packets, aus einzelnen

Eisenschienen gebildet und für die Darstellung

von Eisenblechen bestimmt, dar, in welchem die

Stäbe kreuzweis über einander gelegt sind. Wenn

das Packet schweisswarm geworden ist, wird es

zum Hammer gefahren, der für diesen Zweck ein

bedeutendes Gewicht besitzt, durch einige schwache

Schläge zunächst vorsichtig zusammengeschweisst*

dann durch kräftigere Schläge weiter verdichtet

und ausgereckt.

Es verdient jedoch Erwähnung, dass nur solche Packete unter

Hämmern (zu sogenannten „Brammen '^) geschweisst und ausgeschmiedet

werden, bei denen eine grosse Dichtigkeit Erforderniss ist, z. B. für

Bleche; ein grösserer Theil wird zwischen Walzen geschweisst, wie unten

besprochen werden wird.

Bei der Eaffination und Verarbeitung des Stahls nennt man die zu schweissenden , aus Stahlstäben gebildeten Bündel „Garben", und das Verfahren des Zusammenschweissens und Ausreckens „Gärben".

Literatur über formgebende Werkzeuge und Arbeitsverfah- ren beim Schmieden.

Prechtl-Karmarsch, Technologische Encyclopädie , Bd. IX, S. 550, Bd. IV, S. 478, Bd. XII, S. 568.

Karmars€h-Hartig, Mechanische Technologie, Bd. I, S. 180 £f.

Wiebe, Maschinenbaumaterialien, S. 370, 376, 405 ff.

Karsten, Eisenhüttenkunde, Th. IV, S. 327 ff.

Petzhol dt, Fabrikation von Eisenbahnmaterial, Taf. V, Fig. 8 bis 11, Text S. 37 (Schienennägel); S. 130 ff., (Anfertigung schmiedeeiser- ner Räder); S. 153 ff. (Anfertigung schmiedeeiserner Dampfcylin- derkolben und Achsbüchsen); S. 191 ff. (Anfei*tigung der Achsen); S. 207 ff. (Kuppelstangen).

30*

468 Pressen.

B. F r e 8 B e n.

Die FormgebuDg durch Pressen erfolgt durch einen ruhigen, aber mit der vorschreitendenFormyeränderung, dem wachsenden Widerstände des Arbeitsstücks gegen die Formyeräuderung entsprechend wachsenden Druck. Gewöhnlich wird die Formgebung durch einen einzigen Druck ausgeführt; in allen Fällen wird dieselbe Arbeit, welche nur zahlreiche Hammerschläge nach und nach bewirken können, hier mit einem Male durch den Druck verrichtet, und es muss deshalb die Grösse des Druckes eine in gleichem Verhältnisse beträchtlichere sein.

Da ein Drehen und Wenden des Arbeitsstücks während der Arbeit, wenn sie durch einen einzigen Druck verrichtet wird, nicht möglich ist, so hat man für jede herzustellende Form ein formgebendes Ergän- zungsstück nöthig Gesenk oder Matrize , welches, wie eine Gussform beim Giessen, die Umrisse des Arbeitsstücks bestimmt.

Zur Hervorbringung des erforderlichen hohen Drucks dient der Hebel oder die Schraube in solchen Fällen, wo es sich vorzugsweise um Erzielung einer Formveränderung der Oberfläche bei einem in seinen allgemeinen Umrissen bereits fertigen Gegenstande handelt, also bei der unten zu besprechenden Vollendung der Form; Dampfdruck auf einen Kolben mit grosser Oberfläche wirkend; hydraulischer Druck.

Für eine durchgreifende Form Veränderung der Metalle, also für die erste rohe Formgebung, ist die hydraulische Presse wegen der mit derselben erreichbaren Totalleistung jedenfalls der wirksamste und zweckentsprechendste Apparat, und wenn man den Betrieb der Druck- pumpen für die Presse durch eine kräftige Dampfmaschine geschehen lässt, so kann man Leistungen hervorrufen, wie sie kein anderer Appa- rat zu liefern im Stande ist.

Eine hervorragende Wichtigkeit haben die Pressen erlangt, indem man sie benutzte, Stahl und Schmiedeeisen in Formen zu pressen, welche durch Schmiedearbeit gar nicht oder doch nur mit bedeutend grösserem Aufwand von Zeit und Arbeit sich würden herstellen lassen. Hierher gehören z. B. Maschinentheile von complicirter Form: Ereuzköpfe, Achs- lager, Dampfcylinderkolben u. dergl., insbesondere für denLocomotivbau; Radnaben nebst Speichen, u. v. a.

Unter den mehrfachen hierher gehörigen Constructionen von hy- draulischen Pressen möge als Beispiel diejenige einer eingehendem Be- schreibung unterzogen werden , welche hinsichtlich der Vollkommenheit und Grossartigkeit ihrer Leistung wohl allen anderen voranzustehen be- rufen ist. Es ist dieses die nach ihrem Erfinder benannte HaswelT- sche Schmiedepresse, auch wohl Presshammer genannt, von John Haswell in Wien im Jahre 1861 construirt.

Die Abbildungen Fig. 371 bis 375 mögen hierbei zur nähern Er- läuterung dienen.

Haswell's Schmiedepresse. 469

Der horizont^e Dam pfcjli oder a mit einem DnrcbmeSBer von 1,3 1/1.

und oft dflrüber ruht in der Mitte etnea Boliden gnsseisemen Rahmens,

Ant deaaen beidea Enden zwei direct wirkende Sang- and Dmckpnni' pen pp derartig angebracht sind, dua beide Pampen mit dem Dampf-

Haswell's Schmiedeprease. 471

eylinder eine gemeinachaftliche Mittellinie besitzen. Die Kolbenstange C ist in beiden Stopfbacbsen des DEnnpfcylindera gefillirt nnd nnmittelbar

Fig. 373.

mit dem Hönchekolben der Pampen verbandeD. Znr festem Terbindang dea Dampfcjlindera mit den Pnmpencjlindem dienen aniBer dem Fnnda'

HasweH's Schmiedepresse. 473

m entrahmen je zwei Bchniiedeeiaeme Schienen , welche zogleich Gleit- Bchienen fUr die an den Verbindangsatellen zwischen den Kolbenstangen eingesohalteten Qaeretnoke bilden, nnd somit die horizontale Bewe^fang der Kolbenstangen Bichern. 1 1 sind die Saagröbren, fi f i die Dmckröhren der Pumpen ans Schmiedeeisen, deren Ventile in dem Darchschnitte dea lin- ken Pampen cylinders in Fig. 372 zu erkennen sind. Jede Pumpe ist ansser- dem mit einem Windkessel r r in Verbindung gesetzt, um die nachtheiJigen Einwirkungen des Stosses der Pumpen auf die Maacbioe abzuschwächen. Der Dampfoylinder hat Schieb ersteuerun g ; da jedoch die Umstenemng bei der Grösse des auf dem Schieber lastenden Dampfdrucks aus freier Hand nicht gnt erfolgen kann , so wird die Schieberstange von einem kleinen Dampfcylinder K aus bewegt, welcher leicht Ton Hand gesteuert werden kann, wenn die Maschine in Betrieb kommen soll, während des Ganges aber selbsttbätig vermittelBt das an der rechten Kolbenstange C befestigten Horizontalarms gesteuert wird, welcher hei Beendigung des Hubes mit Hülfe eines Hebelwerks den kleinen Steue- nmgsBchieher rerscbiebt und da- ^' durch auch Umsteuerung des groeeen

Cylinders bewirkt (vergl. Fig. 372). Die Dampfznströmnng erfolgt von oben durch das auf dem Schieber- kasten angebrachte Dampfrohr (Fi- gur 371) aud wird durch ein Ventil I regulirt; der verbrauchte Dampf ent- «.^ weicht durch das unterhalb des Schiebe rkastens ersichtliche Rohr. Zum Schatze gegen Abkühlung ist der Dampfcyliuder mit einem Dampfinantel und ausserdem einer Holzbekleidung umgeben. In Fig. 373 und 374 ist Q der Kolben des hydraulischen Cylinders P, welcher letz- terer durch vier starke schmiedeeiserne S&olen mit dem Untersatze Q ähnlich der Cbabotte bei Hämmern verbunden ist. Die Oberkante von Q liegt im Niveau der Hüttensohle. An dem untern Ende ist der Kolben mit einer Bahn oder einem Obergesenke ausgerüstet, der Form der zu pres- senden Gegenstände entsprechend. Es ist leicht ersichtlich, wie durch Zuleitung von Druckwasser über den Kolbeo derselbe gesenkt wird. Um aber nach Tollbraohtem Drucke den Kolben wieder emporziehen zu können , befindet sich dem Presscylinder entgegengesetzt und mit dem- selben in einem Stücke gegossen ein zweiter Cylinder mit einem Gegeo- kolben C, welcher an seinem obem Ende ein starkes Querbanpt trägt und von diesem aus durch zwei Zugstangen//mitdem Kolben 0 verbunden ist, so dase ein Kolben nicht ohne den andern bewegt wird. Der Durch- messer des Gegenkolbens ist eben so gross, dass, wenn der Druck auf Q unterbrochen und dem Wasser oberhalb desselben Abfluss verschafft, unter den Kolben C aber Wasser geleitet wird, letzterer sammt dem

474 Pressen.

Presskolbcn emporsteigt. Der Einfachheit der Construction halber lässt man w&hrend des Ganges den Wasserdruck ununterbrochen auf den Kolben C wirken , und macht den Kolben & so viel grösser im Durch- messer, als dem Querschnitte des erstem entspricht, so dass aus der Differenz beider Kolbenquerschnitte der nutzbare Querschnitt für einen zu erzielenden Druck hervorgeht. Man wird also den Durchmesser von C nicht grösser nehmen als zum Anheben der Gewichte von G und Q und zur Ueberwindung der Reibung bei einem gegebenen Wasser- drucke erforderlich ist.

Die Steuerung für die Bewegung der beiden Kolben erfolgt nun in folgender Weise.

Das durch die beiden Druckröhren ^i fi abwechselnd zuströmende Wasser gelangt durch den concentrischen Ganal Z, Fig. 375 (a.v.S.), nach dem gemeinschaftlichen Druckventile s, und von hier aus sowohl ununter- brochen unter den Kolben C als auch, sobald s geöffnet ist, durch den Ganal d über den Kolben Q. Der Canal di steht durch das Ventil $i (Fig. 374 und 375) mit dem Ausflussrohre v in Verbindung. Wenn also das Ventil $i geschlossen, s geöffnet ist, und die Pumpen in Bewe- gung gesetzt werden, so strömt Druckwasser über den Kolben und der- selbe fällt; wenn Si geöffnet, s geschlossen ist, und die Pumpen arbeiten, so strömt Druckwasser unter den Gegenkolben C, während das über G beündliche Wasser abfliessen kann und der Kolben steigt^).

Die Bewegung der beiden Steuerungsventile s und Si iut aber des hohen Wasserdrucks halber aus freier Hand nicht möglich, sie sind des- halb durch starke Hebel i und h und zwei senkrechte Zugstangen (vergl. Fig. 371) mit den Kolbenstangen zweier Hilfsdampfmaschinen h und hi verbunden, deren Bewegung die Bewegung der beiden Stangenventile s und S| bewirkt. Beide Hilfsdampfmaschinen stehen auf dem Hauptdampf- cy linder, damit sie aus freier Hand von dem Maschinenführer gesteuert werden können. Zur selbstthätigen Hubbegrenzung beim Niedergange des Kolbens befindet sich jedoch an der Zugstange / ein verstellbarer KnAggen, welcher im beabsichtigten niedrigsten Stande des Kolbens Um- steuerung bewirkt.

Da bei dem grossen Durchmesser des Dampf cjlinders jeder Hub des Dampfkolbens eine grosse Menge Dampf verbraucht, so ist noch eine Vorrichtung angebracht, um ein Niedergehen des hoch stehenden Press- kolbens ohne Mitwirkung des Dampfcylinders zu bewirken, so lange nicht Druck ausgeübt werden soll, also bis zu dem Augenblicke, wo die Bahn des Presskolbens die Oberfläche des Arbeitsstücks berührt. Zu diesem Zwecke enthält der Cjlinder 7, welcher das aus dem Presscylinder abfliessende Wasser aufnimmt, ein Ausflussventil, welches in solcher Weise belastet wird, dass aus dem Cylinder das Wasser in den Press-

1) Es ist zu beachten, dass die Abbildung Fig. 374 einen Schnitt durch beide Ventile, aUo nach einer gebrochenen Linie darstellt.

Haswell's Schmiedepresse. 475

cylinder zurücksteigt , wenn in dem letztern der Gegendruck aufgehoben wird. Oeffnet man also beide Ventile des Presscylinders , während die Pumpen in Ruhe verharren, so wird der Druck unter C, welcher die Kolben in der Höhe erhielt, aufgehoben, das Wasser unter C kann in den untern Presscylinder gelangen, die Kolben sinken vermöge ihres eigenen Gewichts und durch v strömt Wasser über den Kolben G nach. Hat nunmehr der Presskolben das Arbeitssttick erreicht, so wird Si geschlossen und die Pumpen in Thatigkeit versetzt, das in l überschüs- sig angesammelte Wasser fliesst durch das erwähnte Ventil in den da- neben stehenden Behälter fn ab, aus welchem die Druckpumpen wieder ihr Speisewassef entnehmen.

Wenn die auf den Kolben des Dampfcylinders wirksame Dampf- spannung und die Durchmesser der einzelnen Cylinder bekannt sind, lässt sich leicht der ausgeübte Totaldruck der Presse ermitteln.

Bei einer in den Schmiedewerkstätten der k. k. Staatsbahn zu Wien befindlichen Presse beträgt z. B.

der Durchmesser des Dampfkolbens 126,4 Cm, also Querschnitt dessel- ben 12 560 Quadratcentimeter; der Durchmesser der Pumpenkolben 10,5 Cm, also Querschnitt dersel- ben 86,6 Quadratcentimeter; der Durchmesser des Presskolbens 52,5 Cm, also Querschnitt dessel- ben 2165 Quadratcentimeter; der Durchmesser des Gegenkolbens 15,7 Cm, also Querschnitt dessel- ben 194 Quadratcentimeter; daher nutzbarer Querschnitt des Presskolbens 2165 194 = 1971 Quadratcentimeter. Der Dampfdruck im Dampfcylinder beträgt 3 Kilogramm per Qua- dratcentimeter, mithin der Druck, welcher vom Dampf kolben auf jeden der beiden Pumpenkolben übertragen wird: 12 560 X 3 = 37 680 Kilo- gramm. Dieser Druck pflanzt sich von den Pumpenkolben auf den Presskolben fort in dem Verhältnisse der Querschnitte, und es beträgt

demnach der von letzterem ausgeübte Druck theoretisch

oo,6

= 857 580 Kilogramm.

Nimmt man einen Nutzeffect der Maschine von 0,85 an, so beträgt der effective Druck ppr. 700 000 Kilogramm.

Solche Pressen für Herstellung von Maschinentheilen , theils mit ähnlichen , theils mit noch grösseren Abmessungen , durch welche man den Druck bis auf 3 000 000 Kilogramm gesteigert hat, sind auf verschiedenen österreichischen Eisenwerken , in zwei Berliner Fa- briken, bei Fr. Krupp in Essen und in mehreren anderen Werkstätten in Thatigkeit.

Formgebende Ergänznngsatücke nnd Arbeitaverfahreti.

Es wnrde schoD darauf hingewiesen , daas zar Heratellnng bestimmt abgegrenzter Formen mit der SchmiedepreBse Gesenke erforderlich sind, ähnlich wie beim Schmieden mit dem Hammer , aber weniger einfach ab diese. Man nennt sie anch Matrizen oder Modelle. Dieaelben werden ans Gasseisen oder gegoBsenem Stahle hergestellt, hinreichend stark con- stmirt, damit rie dem ungeheuren Drucke der Presse Widerstand zn leisten vermögen, und zu demselben Zwecke niit umgelegten Schmiedeeisen- ringea aasgerüstet. Um das Herausnehmen des gepressten Arbeitsstücks möglich zu machen, bestehen diese Gesenke nicht allein ans Ober- und Untertheil, sondern das letztere ist wieder in eine grössere Anr^hl ein- zelner T heile zerlegbar.

Fig. 376.

Gesenke. 477

Die* iD den obigen Abbildungen Fig. 373 nnd 374 gezeicbneten Einsatzstficke für FreBskolben nnd Ämbos sind nar zum Zusammenpres- _. aen (Verdichten) roher Lnppen oder

Packet« zu pitrallelepipedischen Eiaenblöcken geeignet. Als Beispiel für die Heratellung weniger einfacher nnd Bcbärfer begrenzter Formen möge die in Fig. 376 und 377 gegebene Abbildung der Vorrichtung zum Pressen von schmiedeeisernen Krenz- kSpfen für Locomotiven dienen. A ist der Kolben des hydrauUaoben Cylinders, B der nntere Theil .des Presscjlinders, et die Zugatougen zum Anheben des Kolbens nach be- endigtem Dmcke, ss die schmiede- eiaemen Säulen zum Tragen des Presscy linders. Der Oberstempel G besteht in seiner obem Hälfte aus Gusseiaen, in dem nntem Theile aus Gnssstah]. Das Untergesenk besteht aus dem obem Theile a, auf dem untern Theile b ruhend, dnrcb zwei Dübel mit demselben Tcrbunden nnd vor Verschiebung gesichert, a enthält das Profil des obern Kreuz* kopftbeils, h nmacblieaat zunächst den Fuss d des Gesenks, in welchem wieder die zwei Backen c nnd Ci eingesetzt werden , welche später mit dem Kreuzkopfe ans dem üntergesenke herausgezogen und dann seitlich entfernt werden. Die Scheibe / bedingt endlich die Höhe des cylindri- Bchea Ansatzes für die Befestigung der Kolbenstange nnd kann nach BedürfnisB höher oder niedriger genommen werden, g q sind zwei Unterlagen, welche den Niedergang des Presskolbeos begrenzen und so- mit die Höhe des Krenzkopfea beatimmen.

Der Stempel 0 passt genau in den obern Theil von a, und bildet demnach mit dem Untergesenke zusammen ein sogenanntes geschlosse- nes Kaliber, zum Entweichen der eingeschlossenen Luft befinden sich je- doch an den Seitenflächen des Stempels vier (in Fig. 376 punktirt ge- zeichnete) Canäle als Fortsetzungen der vier Fühmngleisten des Kreaz- kopfs. rrr sind starke ach mied eeiseme Ringe, welche das ganze Ge- senk einfassen nnd vor Zertrümmerung schützen. Die Theile des Unter- gesenks bestehen aus Guaaeiaen.

Dae Gesenk wird auf einem Untergeatelle 0 zusammengesetzt, wel- ches auf einem Schlitten P (oder auch einem Wagen) befestigt ist, und wird mit diesem zwischen den Säulen der Presse hindurch an seine Stelle gebracht.' Dann stellt man die Spreizen xx auf, welche den Zweck haben, das Gesenk während des Fressens und Herausziehens des Kotbens in seiner Lage festzuhalten, streicht die Innenflächen mit Graphit aus, nnd nun kann daa Pressen beginnen.

Als Rohmaterial ittr die Verarbeitung dient ein Eisenstück von etwa

478 Pressen.

360 Mm Länge, 230 Mm Breite, 180 Mm Stärke, seinem Gewichte nach dem Gewichte des Kreazkopfe entsprechend. Znr Heratelliiii^ deaeelben wird ein Packet unter dem Hammer zu einer „Bramme" von gleicher Breite und Stärke aber gröBserer Länge anageachmiedet als das erforder- liche Arbeitsstück, und die Eieenstücke in der richtigen Länge davon ab- gehauen. Dann werden sie im Schweissofen znr Weissgluth erhitzt, mit der Zange in das Gesenk eingesetzt, nnd- ntm mit einem einsigen Drucke in die Form des Kreuzkopfa gepresst.

Um nun den fertigen Kreuzkopf ans dem Gesenke heranazunehmen, befeatigt mau vermittelst der Haken h h das Tbeil a des Untergesenka mit zwei Ketten an dem Presakolben, entfernt die -Spreizen XX. und hebt somit, indem man den Kolben emporgehen lässt, das Tbeil a sammt dem Krenzkopfe nnd den beiden Backen C von dem liegen blei- benden Theile b und d ab. Die Backen werden dnrch schwache Ham- merachläge seitlich entfernt, b und d mit dem Schlitten fortgezogen. Der Kolben wird nun, nachdem die Ketten entfernt sind, aus dem Kreuz- kopfe und Gesenktheile a herausgezogen, dann, nachdem das Theil a unterstützt iat, der Kreuzkopf mit Hülfe von zwischen gelegten Schienen durch einen schwachen Druck dea Kolbens nach unten beransgedrückt.

Man stellt in zehn Stnnden 25 bia 30 Stück solcher Kreuzköpfe dar und gebraucht dazu zwei Schweissofen, den einen für die Packete, den andern für doa eigentliche Materialeiaen.

Wie man mit der Haswell'schen Sobmiedepresae durch einen einzigen , kräftigen Druck das durch starke Erhitzung völlig plastisch gewordene Metall in eine völlig neue Form überführt, ao iat auch der Fall nicht selten, daas plattenförmige Metallstücke im kalten oder we- niger hoch erhitzten Zustande mit Hülfe ähnlicher Pressen in Hohl< körper umgewandelt werden, wobei die Vorgänge, welche die Form - Veränderung begleiten, ganz ähnliche sind ala beim Treihen und Auf- tiefen. Wenn z. B. die kreisrnnde Platte Fig. 378 durch Preseen mit entsprechend geformtem Stempel und Matrize in den Hohlkörper Fig. 379 umgewandelt werden soll, ao muss der Rand beim Aufbiegen eine Stauchung erfahren, dicker werden. Ea muss deshalb das Maoss der

Fig. 378. Fig. 379.

Arbeitsverfahren.

479

jedesmaligen Formveränderung abhangig sein von der Dehnbarkeit des verarbeiteten Metalls, and wenn die Formveränderung eine be- trächtliche, also der Durchmesser des Hohlkörpers gering im Verhält- nisse zu dem Durchmesser der ursprünglichen Platte sein soll, so sind oft vier bis sechs auf einander folgende Pressungen mit immer kleiner im Durchmesser werdenden Gesenken erforderlich, um die endliche Form zu erlangen, ohne eine Faltenbildung im Bande eintreten zu lassen. Das Untergesenk (die Matrize) ist für solche Zwecke nicht voll, sondern ringförmig gestaltet, wie es die Skizze Fig. 380 veran- schaulicht, und das Arbeitsstück wird völlig durch dasselbe hindurch- gedrückt.

Anders ist der Vorgang, wenn der äusserste Rand des Arbeitsstücks

auf dem obern Rande der Matrize durch einen aufgeschraubten Stahl-

Fig. 380. ring festgespannt wird und der dünnere

Kolben nun in der Art, wie man ein über einen Ring gespanntes weiches Leder in denselben hineindrücken könnte, das Metall auf eine gewisse Länge in die Matrize hineintreibt. Eine Verringerung des Durch- messers kann dann nicht eintreten, und statt der Stauchung des Randes findet eine nach dem Boden des entstehenden Gefas- ses fortschreitende Querschnittsverdünnung statt.

Beide Verfahrungsweisen finden nicht seltene Anwendung zur fabrikmässigen An- fertigung von Hohlgefössen in Eisen, Kupfer, Messing, Neusilber und anderen Metallen; von kupfernen Röhren ohne Löthnaht (welche nach dem Pressen auf dem Ziehwerke gestreckt werden), Flaschenkapseln aus Zinn, Zündhütchen und manchen anderen Gegenständen, und werden bei Besprechung derjenigen Arbeiten, welche zur Vollendung der Form dienen, wie in der speciellen Technologie noch öftere Erwähnung finden.

Literatur über Pressen.

Fr. KupelwkBser, Die Pressen in ihrer Anwendung bei Verarbeitung des Eisens, Jahrbuch der k. k. Bergakademien zu Leoben, Schem- nitz und Pribram, Bd. 15, S. 166 ff.; enthält eine Beschreibung der wichtigsten Systeme grösserer, durch Elementarkraft betriebener Pressen.

Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Jahrgang 1863, 287 (Beschreibung der HaswelT sehen Schmiedepresse).

480 Walzwerke.

R. L. Haswell, Fabrikation von LocomotiTbestandtheilen dnrch Pressen, System Haswell. Zeitsclirift des österreichischen Ingenieur- nnd Architektenvereins, Jahrgang 1872, S.329 (auch als Separatabdruck erschienen). Diese Abhandlung enthält eine durch Abbildungen er- läuterte Beschreibung der Gesenke und Stempel, des Arbeitsverfah- rens, und Angabe der Selbstkosten für zahlreiche beim Locomotiv- bau gebrauchte, durch Pressen darstellbare Maschinentheile.

Dingler's polytechnisches Journal Bd. 178, S. 430: Wilson's hydrau- lische Presshämmer.

C. Walswerke.

Man nennt Walzwerk im Allgemeinen jeden Apparat, bei wel- chem das Arbeitsstück zwischen zwei parallelen, sich in entgegengesetzter Richtung drehenden Walzen hindurchgeführt und dabei in Folge des Umstandes, dass die Entfernung zwischen beiden Walzen kleiner ist als die betreffende Querschnittsabmessung des Arbeitsstücks, entsprechend yerdünnt und in seiner Länge ausgedehnt gestreckt wird.

Das Hindurchgehen des Arbeitsstücks zwischen den Walzen erfolgt in Folge der Reibung zwischen den sich berührenden Oberflächen beider Theile, die Querschnittsyerdünnung theils in Folge des Drucks der Wal- zen, theils in Folge des Zuges, mit welchem die sich fortbewegenden Walzenflächen den zwischen ihnen beflndlichen zusammengepressten Theil des Arbeitsstücks von dem dickern, noch vor den Walzen befind- lichen Theile zu trennen bestrebt sind.

In Folge dieses letztern auf das Metall ausgeübten Zuges wird die bedeutendste Streckung stets nach der Bewegungsrichtung der Walzen und des Arbeitsstücks hin stattfinden, auch wenn eine hinreichende Ge- legenheit zur seitlichen Ausbreitung (in der Richtung der Walzenachse) gegeben ist. Erfahrungsgemäss ist die Ausbreitung bei harten Metallen grösser (und die Streckung in die Länge geringer) als bei weichen; bei Stahl ist die Ausbreitung grösser als bei Schmiedeeisen; bei schwach er- hitztem Eisen grösser als bei stark erhitztem. Dagegen ist die Streckung grösser und die Ausbreitung geringer bei Walzen mit kleinerm als mit grösserm Durchmesser, wenn ihre Umfangsgeschwindigkeit gleich ist.

lieber die Vorgänge beim Walzen sind eine Anzahl Theorien auf- gestellt worden, ohne dass der Gegenstand bis jetzt völlig erschöpfend behandelt worden wäre. Insbesondere scheint der Umstand bisher we- nig Beachtung gefunden zu haben, dass beim Walzen hoch erhitzter Metalle eine rasche Abkühlung an den von den Walzen berührten Anssen- flächen stattfindet, während die inneren Theile noch heiss bleiben. Die-

Allgemeines. 481

aer umstand dürfte aber zamTheOe die an nnd fO^sich anfRÜIige That- saohe erklilreii, dasa die Kandflficben heiss gewalzter Metalle, des EiBens, Kupfers o. a^ conveze Form, die Kandflächen kalt gewalzter, dea Bleies, Zinns n. a., concave Form zeigen. Ebenso wenig ist meines Wissens die soeben erwähnte Thatsauhe der grossem Ausbreitung härterer Metalle bislang einer genOgendea Erklärung unterzogen worden.

Von der allgemeinen Einrichtung eines W&lzwesks kann zunächst die Abbildung Fig. 381 einen Begriff geben, d ist hier die Antriebs* welle mit dem Scbwongrade; ce ist eine Klaaenknppelnng zum Ein- nnd Ansracken, FF sind zwei Ge- triebe oder Ramm walzen (Kräuseln), mit Zapfen in den Getriebeständem ffg gelagert, deren unteree durch eine Kupplungsmuffe mit der Welle d ver* banden ist, und die Bewegung dnroh das obere Getriebe auch auf die obere WalzFerkswelle fiberträgt. Diese Uebertragnng erfolgt durch die zwei Spindeln r/, welche durch die Über- gescbobeuen Kupplungsm offen m mit den Zapfen der Getriebe einer- seits und den Zapfen der Walzen B B' andererseits verbanden sind, a a sind die Walzenständer, in welchen die Zapfen der Walzen gelagert sind; zwei zusammengehörige Walzenstän- m der sind durch horizontale Schrauben-

bB bolzen mit einander verbunden und

^ bilden gemeinschaftlich ein Walzge-

rfist. In derselben Weise, wie die Bewegung von den Getrieben nach dem ersten WalzgerÜste fortgepflanzt wird, lässt sich dieselbe von diesem auch nach einem zweiten und dritten Walzgerüste übertragen, seltener ist die in der Abbildung gezeichnete Einrichtung, bei welcher zunächst nur die Bewegung der untern Walze durch die Spindel d" mit der Muffe p und q auf die Walze A und erst jen- seits durch ein zweites Paar Getriebe C und C* auf die Oberwalae fortge- pflanzt wird.

1 ist eine Wasserrinne und t sind Wasserrohre zur Zuleitung von Kühl-

482 Walzwerke.

vasser auf die anil«ufenden Walzen. Dae ganze Walzwerk steht auf gOBseisemen Sohlplatten, welche darch starke Ankerschrauben aof einem Fundamente aus Holz oder Stein festgehalten werden.

Nach der Art des Fabrikats unterscheidet man eine Anzahl ver- Bchiedener Gattungen von Walzwerken. Znnächst trennt man Blech- walzwerke (fOr Eieen and Stahl, Kupfer, Meseing, Neusilber, Gold, Sil- ber, Ziuk, Zinn, Blei) von den Walzwerken für stabförmige Körper mit beetimmtem Qnerachnittepvofile. Letztere Walzwerke dienen vorzugs- weise zar Verarbeitung des Eisens und Stahls, und sondern sich nach der Grösse der herzustellenden Querschnitte in Grobeisen- and Pein- eisenwalzwerke mit einer Zwischenstafe , welche man Mittel- Btrccken nennt'), ferner hat man für ganz bestimmte Zwecke: Schie- nenwalzwerke, Fa^joneisen walz werke u. s. f. In den einzelnen Con- structionsth eilen zeigen die Walzwerke diesen verschiedenen Zwecken entepreohend mehrfache Ahweicbnngen.

Es sollen demnach in Folgendem zunäuhat diese einzelnen Theile des Walzwerks in ihren abweichenden Formen besprochen und daran eine Beschreibung solcher Walzwerkaconstructionen gereiht werden, welche auch in ihrer ganzen Einrichtung bemerken swerthe Abweichun- gen von der oben (Fig. 381) abgebildeten einfachsten Construction eines Walzwerke zeigen.

Die Walzen. Dieselben sind aus Gusseisen, für sehr genaue Ar- beit aus Gussstahl gefertigt (z, B. bei den Walzwerken der Münzwerk- stätten zum Auswalzen der Metall platten). Den mittlem Haupttheil der Walze nennt man Walzenbnnd, an diesen scbliessen sich an jeder Seite die schwachem, cylindrisch gedrehten Laufzapfen, welche in den Lagern der Walzenständer sich drehen; und diese finden ihre Fort- setzung in denKupplnngszapfen, welche mit den Kiipplungsspindeln durch die MufTe verbunden werden (vergl. u, a. unten Fig. 394). Damit nicht die Kupplungszapfen in den Muffen Fig. saa. sich drehen können , muss der Quer-

schnitt beider entsprechend profilirt sein; gewöhnlich wählt man die in Fig. 382 skizzirte F'orm, wobei a den Kupplnngs- zapfen, (t die Muife vorstellt.

Der Durchmesser der Walze (des Buuiles) muss von der Stärke des swi- schen beiden Walzen hindurch/.ufah- rcnden Arbeitsstücks abhängig sein. Ist der Dnrchmcsser zu klein, so gleitet die Walze, ohne das Arbeitsstück zu er-

') Die Grenzen für diene BeneiimnigBn giuil nicht immenlieselben; aUilurcli- schnitUichen kleiusten Qiierscliiiitl der in OiuliMtrecken gsferligten Stäbe kann man 7 Qnadratcentimeter recliuen.

Die Walzen.

483

fassen. Es lässt sich dieser Vorgang durch die Skizze Fig. 383 yeran- Bchanlichen. Das Arbeitsstück Ä mnss, um zwischen den beiden Walzen

p- 3g2 B xmd C hindnrchzugehen,

auf den Abstand zwischen den beiden Walzenflächen zu- sammengedrückt werden, zu welchem Zwecke diese letz- teren mit einer entsprechend grossen Kraft gegen einan- der gepresst werden müsseu. In dem Berührungspunkte c des noch nicht erfassten Ar- beitsstücks mit der Walze B zerlegt sich nun die radiale Druckkraft R in die Kräfte

N = R tos q) und M = R sin 9?.

Wenn / der Reibungs- coefßcient ist, muss, damit kein Zurückstossen des Ar- beitsstücks oder Gleiten der Walzen stattfindet,

Nf > M, also f R cos q> > R sin q> f>t9 9 sein; oder mit anderen Worten, es muss der Centriwinkel 9 kleiner als der Reibangswinkel sein. q> wächst aber mit abnehmendem Durchmesser der Walzen, so lange das Arbeitsstück gleiche Stärke behält, und es wird demnach ein Punkt eintreten, wo es nicht mehr möglich ist, das Arbelts- stück A zwischen den Walzen hindurchzubringeu ^).

Erfahrungsgemäss darf beim Walzen von Eisen der Querschnitt des Arbeitsstücks höchstens auf die Hälfle vermindert werden, und seine Uöhenabmessnng vor dem Durchgange nicht mehr als Y101 nach dem Durchgange nicht mehr als ^/jo des Walzen durchmessen^ betragen. Dem grrössem Walzendurchmesser pflegt auch eine grössere Länge des Wal- eenbundes zu entsprechen, weil mit dem zunehmenden Durchmesser die Gefahr für den Bruch sich verringert.

Demnach finden wir bei den kleinsten Walzwerken, wie sie die Goldarbeiter zum Walzen ihrer feinen Bleche gebrauchen, Walzendurch- messer von 40 bis 50 Mm. bei einer Länge von etwa 75 Mm., bei den Feineisen walz werken Durchmesser von 150 bis 270 Mm. bei Längen von

^) ^cfgl* Hoyer, Mechanisclie Technologie, S. 174.

31*

484 Walzwerke.

300 bis 800 Mm.; bei Grobeisen- und gewöhnlichen Blechwalzwerken steigt der Durchmesser bis zu 500 Mm. und die Bandlange bis 1 Meter, bei den grössten Blechwalzwerken für Panzerplatten hat man endlich Walzen mit 800 Mm. Durchmesser und bis zu 3 Meter Bundlange.

Die Anzahl der Umdrehungen per Minute beträgt bei den kleinsten Feinwalzen (Schnellwalzen) bis zu 500, bei Grobeisenwalzen bis 80, bei schweren Blechwalzen 30 bis 60, woraus eine Umfangsgeschwindigkeit von 1,5 bis 4 Meter per Seounde sich ergiebt.

Wenn zwischen den Walzen stabförmige Körper mit bestimmt be- grenzten Querschnitten hergestellt werden sollen, so muss die Oberfläche der Walzen diesen Querschnitten entsprechend mit herumlaufenden Pro- filbegrenzungen versehen sein, welche man als Gesenke ohne Ende be- trachten kann und Kaliber nennt (vergl. Fig. 388). Es folgt hieraus von selbst, dass nur die Ober- und Unterwalze zusammen das volle Ka- liber bilden können, wie beim Schmieden und Pressen die Form durch Ober- und Untergesenk hergestellt wird.

Nur solche Erzeugnisse der Walzarbeit gestatten die Anwendung von Walzen ohne Kaliber , bei welchen es allein auf genaue Innehaltung einer einzigen Querschnittsmessung ankommt also die Bleche , oder solche Arbeitsstücke, welche schon vorher in Kaliberwa}zen ihre Gestal- tung erhalten hatten, und nur noch eine letzte Vollendung der Ober- fläche durch das Hindurchgehen durch ein Paar harte, glatte Walzen (Hart- oder Polirwalzen) empfangen sollen (sogenanntes Bandeisen).

In Rücksicht auf die Durchbiegung langer Blechwalzen bei dem auf das hindurchgehende Arbeitsstück ausgeübten Drucke fertigt man dieselben jedoch nicht genau cylindrisch, sondern verstärkt sie ein wenig nach der Mitte zu.

Je zwei Kaliber sind durch einen dazwischen liegenden „Ring^ oder „Rand" getrennt. Man macht die Ringe gewöhnlich 10 bis 25 Mm. breit. Je schmaler sie sind, desto leichter brechen sie an den Kanten aus, eine übermässige Breite nimmt dagegen einen unnöthigen Raum weg und verringert die Anzahl der Kaliber auf einer vorhandenen Länge der Walze.

Wenn nun jede der beiden Walzen die Hälfte des Kalibers als furchen artigen Einschnitt enthält und die dazwischen liegenden Ringe auf einander laufen, so nennt man die Kaliber offene (wie bei den Wal- zen AA* in Fig. 381); wenn dagegen das Kaliber vorwiegend in einer Walze angebracht ist und die zweite (gewöhnlich die Oberwalze) mit einem entsprechend profilirten Rande in das Kaliber eingreift, um es zu schliessen, so nennt man solche Kaliber geschlossene (vergl. die Walzen BJ? in Fig. 381). In diesem Falle laufen die Ringe der Unter- walze in Furchen der Oberwalze.

Um in Kaliberwalzen aus einem Rohproducte ein fertiges, bestimmt profilirtes Fabrikat herzustellen, muss dasselbe mehrere verschiedene Kaliber in bestimmter Reihenfolge passiren, welche lauter allmälige

Kaliber. 485

UebergaDgsformen von dem ersten rohen bis z.a dem yoUendeten Qaer- scbnitte darstellen nnd demgemäss eine stete Querschnittsverringernng aufweisen. Die Differenz zwischen der Grösse zweier auf einander fol- gender Kaliberquerschnitte nennt man Abnahme oder Druck des Kalibers.

Nor in einzelnen Fällen and bei Anwendung geschlossener Kaliber ist es möglich, durch allmälige Näherung der beiden Walzen eine Quer- schnittsverkleinerung bei einem und demselben Kaliber herbeizuführen, also mit weniger Kalibern die fertige Form herzustellen.

Eine jede kalibrirte Walze enthält demnach eine grössere Anzahl Terschiedener Kaliber; da jedoch die ersten Stadien der Umformung eines rohen Metallstücks auch für verschiedene Querschnittsformen des Endproducts häufig in ganz gleichen Kalibern erfolgen können, so unter- scheidet man Vor walzen, welche jene ersten für verschiedene Endfor- men dienende Kaliber enthalten, und Fertigwalzen, deren Kaliber nur für einen einzigen ganz bestimmten Querschnitt dienen können.

Die Construction der Walzenkaliber ist eine um so wichtigere Aufgabe und bedarf um so mehr Uebnng und Erfahrung, als dabei nicht allein die Form des Fertigprofils zu berücksichtigen ist, sondern auch die specifischen Eigenschaften der zu verarbeitenden Eisen- und Metallsorten (insbesondere Dehnbarkeit und Härte). Dieses abweichende Verhalten beim Walzen lässt für gleiche Endformen, aber verschiedene Eisensorten, oft die Anwendung erheblich abweichender Vor- und Zwischenkaliber zweckmässig erscheinen, denn wenn es einestheils wün- Bchenswerth ist, in möglichst wenigen Kalibern den Walzprocess durch- zuführen, den Druck also möglichst gross zu nehmen, so muss doch diese Abnahme stets in directem Verhältnisse zur Dehnbarkeit und in indirec- tem Verhältnisse zur Härte stehen. So z. B. wird man bei Anfertigung von Eisenbahnschienen eine abweichende Kalibrirung der Walzen an- wenden müssen, je nachdem die Schienen aus Stahl, aus Feinkorneisen oder aus zwei zusammengeschweissten Eisensorten (sehniger Fuss und Feinkorn- oder Stahlkopf) dargestellt werden sollen.

Theoretische Berechnungen helfen hierbei weniger als praktische Erfahrung. Von vornherein muss bei der Construction der Kaliber darauf Bedacht genommen werden, dass eine Verkleinerung der Quer- schnittsabmessungen nur durch den von den Walzen gegen das Arbeits- stück ausgeübten Druck, also bei Walzwerken mit horizontalen Walzen nur in senkrechter Linie bewirkt werden kann, während die wage- rechte Abmessung gleichbleibt oder meistens eine geringe Ausbreitung erfährt, um das Einstecken zu erleichtern. Es darf also das einzufüh- rende Arbeitsstück in seiner Breitenabmessung niemals grösser sein als das Kaliber selbst, es würde unmöglich sein, dasselbe in das Kaliber zu bringen. Die Kaliber und demnach auch das Arbeitsstück würden demnach immer breiter und breiter werden müssen, wenn letzteres stets in derselben Lage die Kaliber paasirt. Wenn demnaeh symmetrische

486 Walzwerke.

Qaerschnitte mit gleichen L&ngen- nnd Breitenabmessongen auf geome- trisch ähnliche kleinere Querschnitte verdünnt werden sollen, so kann dieses nur geschehen, indem man oblonge Kaliber anwendet, jedem fol- genden Kaliber die Höhe des vorausgegangenen zur Breite giebt, die Höhenabmessung aber verringert und den Stab nach jedem Durchlange um 90 Grad dreht; bei weniger regelmässigen Querschnittsformen aber, welche diese stete Drehung nicht gestatten, schaltet man ab und an zwischen jenen eine Verbreiterung bewirkenden Streckkalibern soge- nannte Stauchkaliber ein, in denen nach der einmaligen Drehung um 90 Grad nun eine Verringerung der übermässig ausgedehnten Breite stattfindet.

Je weniger Gelegenheit nun dem Walzstücke zur Ausbreitung ge- geben ist, während durch den senkrechten Walzendruck seine Höben- abmessung verkleinert wird , je . enger mit anderen Worten das Kabliber ist, desto grösser fallt der Seitendruck aus, welcher zwischen den Seitenwänden des Kalibers und dem Arbeitsstücke in Folge der verhin- derten Ausbreitung erzeugt wird , desto schärfer wird zwar das ^rofil des Arbeitsstücks an den Seitenflächen ausgebildet werden, desto mehr wird aber auch das Walzen erschwert werden, und desto leichter wer- den sich an den Theilungsstellen zwischen Ober- und ünterwalze« die niemals vollkommen auf einander schliessen dürfen, sogenannte Barte, Nähte oder Grate durch das Herausdrücken des weichen Metalls bilden, welche sich oft nur schwierig und unvollkommen entfernen lassen.

Es folgt hieraus zugleich, dass wenn der Durchmesser und die Um- fangsgeschwindigkeit der Walzen gegeben ist, das durch den Höhendruck bewirkte Strecken um so mehr beschleunigt werden kann, je weniger das Kaliber zur Entstehung von Seitendruck Veranlassung giebt. Auf dieser Thatsache beruht die Einschaltung von sogenannten Ovalkali- bern O mit starkem Höhendrucke und fast unbegrenzter Ausbreitung für solche Zwecke, wo eine rasche Streckung Haupterforderniss ist, also bei Vorwalzen und insbesondere bei Herstellung sehr dünner Eisen- stäbe, welche rasch abkühlen.

Eine horizontale Linie, durch die Mitte der Kaliber gelegt, nennt man die Walzlinie. Wollte man diese Walzlinie genau in die Mitte zwischen die Achsen der Ober- und Unterwalze legen, so würden beide Walzen gleiche Durchmesser erhalten und der Kaliberquerschnitt gleich- massig auf Ober- und Unterwalze vertheilt werden. Es würde aber auch das Arbeitsstück bei dem Austreten aus dem Kaliber eine gleich grosse Neigung besitzen, sich um die Ober- wie Unterwalze herumzulegen, und dieser Neigung ohne Regel Folge geben, je nachdem die eine oder die andere der Walzen die grösssere Veranlassung durch Reibung etc. dazu giebt; man müsste dieses Umbiegen, beziehentlich Umwickeln des Walzstücks, wel- ches nicht allein dasselbe verderben, sondern auch zu Walzenbrüchen leicbt Veranlassung geben würde, durch geeignete Vorrichtungen an beiden

Kaliber. 487

Walzen verhindern. Zar Beschränkung dieser Vorkehrungen (von denen unten die Rede sein wird) auf die Unterwalze, wo sie am wenig- sten im Wege sind, legt man die Walzlinie etwas tiefer, als die Mittel- linie der beiden Walzen; dadurcb wird der Durchmesser der den Höhen- druck ausübenden Kaliberfläche der Oberwalze etwas grösser als der der Uuterwalze, die Umfangsgeschwindigkeit und demnach auch die Streckung in der obern Kaliberhälfte etwas beträchtlicher als in der untern, und in Folge hiervon auch das Bestreben des austretenden Walzstücks grosser, sich nach unten als nach oben zu biegen. Man nennt diese stärkere Streckung durch die Kaliberfläche der Oberwalze „Oberdruck^.

Aus demselben Grunde giebt man gewöhnlich bei glatten Walzen (Blechwalzen} der Oberwalze einen etwas grössern Durchmesser als der Unterwalze. Die Differenz der Walzendurchmesser bei die86n wie bei Kaliberwalzen mit getheilten offenen Kalibern beträgt IV2 bis 3 Mm. bei flachen geschlossenen Kalibern pflegt der Durchmesser der wirksa- men Kaliberflächen um 2 bis 8 Mm. abzuweichen, bei weniger einfachen Formen erscheint oft mehr als ^/s der Kaliberhöhe unter der Mittellinie und bei grossen Stauchkalibern steigt die Differenz der Kaliberflächen- durchmesser bis auf 25 Mm. und darüber.

Für die ersten Kaliber der Yorwalzen wendet man naturgemäss möglichst einfache Querschnitte an und entwickelt aus diesen allmälig die verlangten Formen. Wenn mit der ersten Formgebung in diesen Kalibern zugleich eine Schweissung von Packeten verbunden ist, wählt man gern, wo es die spätere Form des Arbeitsstücks zulässt, diagonal stehende Kaliber, von flachen Kreisbogen begrenzt, und nennt dieselben Spitzbogenkaliber; für die Fertigwalzen hat man dem Querschnitte des Fabrikats entsprechend Flacheisenkaliber (mit rechteckigem Querschnitte), Quadrateisenkaliber, Polygonkaliber, Rundeisen- kaliber und Fagoneisenkaliber der mannigfachsten Art.

Bei Construction des Fertigkalibers muss den Abmessungen des Querschnitts so viel zugegeben werden, als die Zusammenziehung des hciss gewalzten Eisens, Stahls oder Metalls überhaupt beträgt. Diese Differenz nennt man das Schwind- oder Schrumpfmaass. Dasselbe ist nicht nur von den Eigenthüralichkeiten des verarbeiteten Metalls, sondern auch von der Temperatur abhängig, mit welcher dasselbe die Walzen verlässt, und beträgt beim Eisen gewöhnlich Vso bis 7^4 der linearen Abmessungen.

Hinsichtlich des Abnahmeverhältnisses der Kaliber ist durch Erfah- rung festgestellt, dass

kaltbrüchiges (phosphorhaltiges) Eisen die stärkste Abnahme ver- trägt;

gutes sehniges oder körniges Eisen, auch weicher Stahl, ein mittle- res Abnahmeverhältniss verlangen;

rothbrüchiges (schwefelhaltiges) Eisen sich , sobald es bis zur Roth-

488

Walzwerke.

glath abgekühlt ist, nar in Kalibern mit geringem Abnahmeverbältnisee aas walzen läset; und

harter Stahl die geringste Abnahme verträgt.

Bei den Yorwalzen mit Spitzbogenkalibern pflegt die Abnahme der linearen Höhenabmessung Vs ^^^ Vis ^^ betragen, wobei in Folge des er- wähnten Umstandes, dass eine Drehung des Arbeitsstücks um 90 Grad nach jedem Durchgange stattfindet, die thatsächliche Verkleinerung der betreffenden Abmessung des Arbeitsstücks das Doppelte beträgt; bei flachen Kalibern, bei deren Anwendung jene Drehung nicht stattfindet, wohl aber eine jedesmalige Ausbreitung, beträgt die Abnahme V4 ^^^ Vs- In Bücksicht auf die Abkühlung des Arbeitsstücks bei fortgesetztem Walzen muss die Abnahme um so geringer worden, je weiter die Vollendung Torrückt.

Zur Construction eines Spitzbogenkalibers kann man z. B. nach Da eleu in folgender Weise verfahren. Es sei in Fig. 384 AB oder CD

Fig. 384. ^^ Diagonale des zu . I walzenden, vierkantigen, K*— -.. rohen Metallblocks (be- ziehentlich Packets); 1/3 das Abnahmeverhältniss ; man mache also EF = Vs ÄEy beschreibe mit dem Radius FJ = V4 Ä B , die Kreisbogen - ÄF, FB, BH, AH und runde beiJ. und B die scharfen Ecken mit einer schwachen Erwei- terung ab, um eine geringe Ausbreitung zu ermöglichen und die Walzen vor Rissen zu schützen. Die Erweite- rung beträgt Vs bis Vio des Halbmessers. Für das zweite Kaliber nimmt man EK = EF, EL= '^/^ ÜK und verfährt wie bei dem ersten u. s. w.

Um die aus den Spitzbogenkalibern hervorgehenden Stäbe in ge- schlossenen Kalibern zu Flachstäben auszuwalzen, kann die Kalibrirung, wie in Fig. 385 veranschaulicht, ausgeführt werden. JPQB8 ist das letzte Spitzbogenkaliber, e d der Durchmesser des in dasselbe ein- geschriebenen Kreises. Man macht CD = cd = -AC; E F = (p A C; GH=ilfEF, worin 9 = % bis Vi, * = V* bis Ve; jedes folgende Kaliber um ca. 2 Mm. breiter als das vorausgegangene. Unter Umständen kann auch das grosse Kaliber AB CD ganz wegfallen und man aus dem Spitzbogenkaliber sofort in das Kaliber EF übergehen.

■^- CL.— --

Kaliber.

489

Qaadratst&be kann man diagonal stehend in offenen Kalibern wal- zen, und zwar zunächst in Spitzbogenkalibern und erst zur Vollendung

in 2 bis 4 Qnadratkalibern. Da die Kanten des Stabes rascher erkalten

*

Fig. 385.

IL

"Gi

Fig. 386.

als die Seitenflächen und demnach weniger schwinden, würde ein Stab in einem vollständig quadratischen Fertigkaliber ausgewalzt nach dem Erkalten eine Querschnittsform, wie in Fig. 386 zeigen. Erfahrungsge- mäss läsat sich nun dieser Uebelstand vermeiden, wenn man auch in dem

Vollendkaliber den Querschnitt schwach rhombisch construirt, den obem und untern Winkel etwas grösser, die beiden Seitenwinkel etwas kleiner, als 90 Grad nimmt. Die Grösse des obem und untern Winkels pflegt demnach 92 bis 92 V^ Grad zu be- tragen, woraus sich die Grösse der Seitenwinkel von selbst ergiebt. Der Stab muss in diesem Falle das letzte Kaliber zwei Mal passiren und wird dabei um 90 Grad gedreht. Oder man vermeidet das Zusammenziehen der flachen Seiten, indem man im letztern Kaliber die vier Eokwinkel zwar gleich 90 Grad macht, den Seitenlinien des Quadrats aber eine geringe Aus* bauchung giebt, welche beim Schwinden in die gerade Linie übergeht.

Rundstabe erhalten gewöhnlich in Spitzbogen- oder Ovalkalibem der Vorwalzen ihre Streckung und erst ihre Vollendung in einem oder einigen Bundkalibem der Fertigwalzen« Diese Rundkaliber sind offene Kaliber, niemals vollständig kreisrund, sondern in Rücksicht auf die Ausbreitung etwas breiter als hoch. Sind hierbei die Kaliberhälften gar zu flach und nähern sich der elliptischen Form, so entsteht statt eines Rundstabes ein Polygon mit abgerundeten Ecken; sind sie annähernd halbkreisförmig, so entsteht ein zu grosser Seitendruck und es bilden sich Nähte, die in dem folgenden Kaliber nach dem Drehen des Stabes um 90 Grade leicht zur Entstehung von Längsrissen Veranlassung geben. Folgende (üonstruction von Rundkalibem wird als zweckmässig empfohlen (Fig. 387 a. f. S.):

490

Walzwerke.

CD und NO sind YiertelkreisbogeD, deren Darchniesser CO gleich dem Durcbmesser des herzastellenden Rundeisens plas dem Schwind- maasae ist. Mit der Seite CD des eingeschriebenen Quadrats beschreibt man you den Ecken C, D, Ny O aas Bogen , und in den Durchschnitts- pnnkten L etc. derselben mit den Durchmessern C 0 und D N liegen nun

Fig. 387. die Mittelpunkte för die

Kreisbogen CI.DK, IN und KOy welche die Ver- breiterung der Kaliber bilden* Die Ecken der halben Kaliber werden abgerundet, und das fol- gende Kaliber in ganz pK... gleicher Weise' construirt. Durch das Schlusskaliber wird der Rundstab meh- rere Male unter steter <0 Drehung um 90 Grad

hindurchgeführt.

Kaliber fftr sogenann- tes Fagoneisen , unter welchem Ausdrucke wir alle solche Eisensorten verstehen, deren Querschnitte weder ein Recht- eck oder Quadrat, noch ein Polygon oder einen Kreis yorslellen, sind um so schwieriger herzustellen, je weniger einfach der Querschnitt des Fertigfabrikats ist. In fast allen Fällen müssen die Kaliber der Vor wal- zen zu den verschiedenen Fagoneisensorten von einem annähernd qua- dratischen Querschnitte ausgehen, der also während des Walzens um so grössere Veränderungen erfahren mnss, je weiter sich die Form des fer- tigen Querschnitts von der quadratischen Form entfernt. Wenn es für einzelne Querschnitte erforderlich ist, tief eingeschnittene Kaliber an- zuwenden, so erhöht sich die Schwierigkeit der Anfertigung in Folge des Umstandes, dass die Umfaugsgesch windigkeit an den verschieden tief eingeschnittenen Stellen des Kalibers verschieden gfross ist , also eine ungleiche Streckung an den verschiedenen Stellen erfolgt und dadurch Spannung in dem fertigen Eisenstabe hervorgerufen wird. Da femer die Querschnittstheile eines Eisenstabes um so rascher abkühlen, je schwächer sie sind, und da sie um so weniger gestreckt werden, je wei- ter die Abkühlung vorschreitet, so würde bei Profilen, welche an ver- schiedenen Stellen erhebliche Abweichungen in den Querschnittsverhält- nissen zeigen, leicht eine ungleiche Streckung oder gar ein Zerreissen des früher erkaltenden Theils herbeigeführt werden können. Zur Ver- meidung dieses üebelstandes befolgt man die Regel, die stärkeren Theile des Querschnitts zuerst, die schwächeren zuletzt auszubilden. Je schwächer ein Theil des Profils im Verhältnisse zu den übrigen Xheilen

Kaliber.

491

ist, desto grösser mnss aus diesem Grande das Abnahme verhältniss für diesen Theil sein, um durch rasche Querschnittsverdünnung einer yor- zeitigen Erkaltung vorzabeugen.

Bei Aufzeichnung der Kaliber fangt man. mit dem Fertigkaliber an, indem man dem Querschnitte des Fabrikats das Schwindmaass zugiebt.

Fig. 388.

Die Abbildungen Fig. 388 und 389 können beispielsweise zur Ver- anschaulichung der allgemeinen Einrichtung von Eisenbahnschienenwal- zen dienen. Fig. 388 sind die Vorwalzen, welche nach den drei yoraus- gegangenen sogenannten Schweisskalibem schon zwei Entwickelungs-

Fig. 389.

kaliber enthalten; Fig. 389 stellt die Vollendwalzen dar. Auch bei der Schienenfabrikation sucht man den Kalibern der Vorwalzen eine solche Form zu geben, dass sie für mehrere Schienenprofile benutzbar sind.

492

Walzwerke.

Fig. 390.

Zwischen je sswei Schweisskalibem wird das Packet oder Eisenetück am 90 Grad, zwischen je zwei Entwickelangskalibem um 180 Grad gedreht, um beiden Seiten abwechselnd Oberdmck zu geben. Wie man sieht, sind die Kaliber der Vorwalzen offen, jedoch mit ziemlich bedeutendem Oberdmck, and zur Verhinderung eines seitlichen Yerschiebens der Walzen gpreifen die meisten ihrer Ringe conisch in einander. Die Kali- ber der Fertigwalzen sind dajgegen sämmtlich geschlossen, nur die bei- den letzten in ihrer Form übereinstimmenden Kaliber (von denen selbst- yerständlich nur ein einziges jedesmal benutzt wird und das zweite als Reserve dient) sind an dem Kopfe der Schiene getheilt, wodurch eine bessere Abrundung desselben erzielt wird. Aus den Abmessungen des letzten Yorwalzenkalibers und des ersten Streckkalibers der Fertigwalze ergiebt sich, dass in Folge der stattgehabten Ausbreitung der Stab sich nicht ohne Weiteres in letzteres einführen lassen würde. Deshalb ist zwischen beiden ein Stauchkaliber eingeschaltet. Diese Stauchkaliber haben vornehmlich den Zweck, den Fuss der Schiene auszubilden, welche

Aufgabe in den liegenden Kalibern um so unvollkommener erreicht werden würde, je breiter der Fuss ist. Mit zunehmen- der Fussbreite muss daher auch die An- zahl der erforderlichen Stauchkaliber sich vergrö8sem> Ausserdem wird aber in den Stauchkalibem (in welchen natnrgemäss in der umgekehrten Lage der Schiene der Oberdmck auf den Fuss wirkt) bei Anwen- dung von Schmiedeeisen die Entstehung einer sehnigen Textur befördert, was dem Zwecke der Schiene entspricht. Die Ab- nahme aus dem vorletzten in das letzte Kaliber macht man gewöhnlich etwas schwächer, als bei den vorhergehenden, um nicht durch zu starken Druck eine Naht auf dem Scheitel des getheilten Schienenkopfs entstehen zu lassen.

Winkeleisen wird gewöhnlich mit dem Winkel nach unten und gleichmässi- gem Drucke auf beide Schenkel darge- stellt und aus einer quadratischen oder rechteckigen Form entwickelt. Die Kali- ber der Fertigwalze sind natürlich s&mmtlich geschlossen und der eingi*ei- fende Rand der Ober walze bildet die innere Fläche des Winkels aus. Fig. 390 veranschaulicht die Entwickelang der Kaliber einer Fertigwalze, nachdem

in der Vorwalze die Auabildnng dar rechteckigen Form stttttgefau- deo hat.

T-förmiges Eisen wird in ähnlich cooBtrairteDK&Iibern alfiEiaeii- bahüBchienen gewalzt; znr Darstellung von doppelt TEieen benutzt man Packete , welche schon einen ähnlich profilirten Querschnitt besitzen (siehe nnten Fig. 415), und walzt ans diesen das fertige Eisen mit jedes- maliger geringer Ansbreitung nnd ohne Anwendung von Stancbkali- bern ans.

Wenn man auf der Oberfläche der Walze oder innerhalb eines ge- wöhnlichen, ringrörmigen Kalibers einzelne bestimmt profilirte Vertie- fungen beziehentlich Erhabenheiten anbringt, so wird ein dnrch die

Walzen hindurchgehender Stab eine Reihe Vorsprünge beziehentlich Ein- drücke erhalten , deren Abstände Ton einander durch die Abstände jener Vertiefangen oder Erhabenheiten bestimmt sind. Man nennt solche Rä- uber periodische. Sie werden u. a. angewendet zor Anfertigung von Nageleisen zn Schienennägeln, welches einen langen Eisenstab Ton dem Querschnitte der Nägel, nnd in den Abständen der Nagellänge mit aus- geprägten Köpfen vorstellt, so dass man die Nägel nur abznhanen, den Kopf etwas nacbznschmieden und die Spitze auszubilden braucht.

Fig. 391 veranschaulicht die Form einer solchen Nageleisenwalze in ' der Ansicht und im Querschnitte, Fig. 392 A (a. f. S.) die Form des abgehaue- nen, Fig. 392 B des fertig geschmiedeten Nagels. Die Kaliber aa der

494 Walzwerke.

Walze sind sämmtlich gleich, und es wird immer nur eines derselben gebraucht, während die übrigen als Reserve dienen; das breite Kaliber h Fig. 392 A. Fig. 392 B.

A B

hat den Zweck, das fertig gewalzte Nageleisen nach einer Drehung von 90 Grad hindnrchzuführen , um die entstandenen Barte einzuwalzen. Wie aus dem Querschnitte in Fig. 391 hervorgeht, hat der auB den Yor- walzen kommende Stab den Querschnitt der Nagelköpfe, und wird dem- nach innerhalb des Nagelkalibers auf den Querschnitt des Nagelschafts gestreckt, wobei nur der Kopfquerschnitt unverändert bleibt.

In ähnlicher Weise walzt man Eisenstäbe für Hufeisen mit den er- forderlichen Buckeln etc. und andere Formen. Selbst solche Gegenstände hat man durch periodische sich ergänzende Kaliber in Ober- und Unter- walze aus vollen Stäben oder Blechen ihren Umrissen und ihren Stärkeab- messungen nach hergestellt, welche mit ihrem ganzen Umfange aas der ursprünglichen Stabform heraustreten, z. B. Löffel und Gabeln aus Neu- silber. Man benutzt dazu Bleche von derjenigen Stärke, welche der fertige Löffel oder die Gabel an der stärksten Stelle, also an dem An- satzpunkte des Stiels, erhalten soU. Diese Blechstreifen werden in so- genannten Yordruckwalzen durch periodische Einwirkungen derartig umgeformt gestreckt , dass sie im Längsschnitte mit dem Längen- durchschnitte einer Anzahl an einander gereihter Löffel oder Gabeln über* einstimmen; in einem folgenden Walzenpaare erhalten sie nunmehr auf der Oberfläche die Ornamentirungen , Inschriften u. s. w. des fertigen Fabrikats. Auch aus diesen Walzen geht das Arbeitsstück als ebener Streifen hervor, der aber den vollständigen Umriss nnd die Oberfläche einer Reihe von Löffeln oder Gabeln zeigt.

Durch eine YoUendungsarbeit wird aus dem inzwischen hart gewordenen Blechstreifen das Arbeitsstück ausgelöst, getieft u. s. w. ^).

Nahe verwandt mit diesen periodischen Kalibern sind die sogenann- ten unterbrochenen Kaliber, in welchen nur auf eine bestimmte Stelle des eingesteckten Arbeitsstucks eine Wirkung ausgeübt wird, indem man an der übrigen Länge des Umfangs einen Ausschnitt anbringt, welcher das Einstecken gestattet, ohne dass eine Berührung mit den Walzenflachen stattfindet. Wenn z. B. die in Fig. 393 im Durchschnitte gezeichneten Walzen sich in der Richtung der Pfeile drehen , so lasst sich der Stab a von der rechten Seite her in dem Augenblicke zwischen dieselben einstecken, wo der Ausschnitt der obern Walze unten steht.

^) Näheres über die Anfertigung neusilberner Löffel durch Walzen nebst Abbildung der Walzwerke siehe Wiebe, Skizzeubuch, Jahrgang 1867, Heft 2.

Kaliber. 495

Bei fortgesetzter Drehung der Walzen wird nnn aber alsbald der Stab

ergrifien und wieder nach rechts heraosge walzt, dabei aber eugleich

Pj jgg in Folge der ezcentriachen

Purm dei obera Ealibera

nach dem Ende zn mehr und

mehr zDsammengedrQckt werden, wie es die pnnktir- ten Linien andeuten. Solche Walzen werden n. a. benutzt, um Drahtenden anznapitzeu I (für die Drahtzieherei), Feder-

schienen auBsnkeilen d. b. f. Bei den beschriebenen Kaliber walzen nehmen die Ringe oder Ränder zwischen den einzelnen Kalibern einen nicht unbeträchtlichen Tbeil

der Gesammtlänge einer Walze in Ansprach. Für Anfertigung solcher Eisensorten mit rechteckigem Querschnitte (Flach- eisen), welche keine scharf ansgehildeten Kanten zu besitzen brauchen, bei denen also starker Seitendruck nicht erforderlich ist, wendet man deshalb wohl zur Umgehung dieBcs fflr die AnsnutzoDg der Walzenlänge offenbaren Nachtheils Walzen an , bei denen eine Reihe immer engerer Kaliber ohne dazwischen liegende Ringe auf einander folgen, and nennt diese Walzen ihrer Form halber Staffel- oder Stufenwalzen. Die Abbildung Fig. 39i stellt ein Paar solcher Staffelwalzen dar. Fig. 384.

Es wurde bereits oben erwähnt, dass die Unterwalze mit einer Vorrich- tung versehen sein müsse, um das Umwickeln des ans den Walzen kommen- den Stabes um die Walze unmöglich zu machen. Als solche Vorrichtung dient eine horizontale Abstreifplatte aus Blech oder Gasseisen, welche hin- ter den Walzvn mit dem einen Kode auf einer zwischen den Ständern be-

496 Walzwerke.

festigten Querstange, mit dem andern Ende auf der Anssenfläcbe der Walze aufruht, der Ealiberform entsprechend aasgeschnitten und vom zngeschärfb ist, so dass ihre Oberfläche eine Tangentialebene gegen die Walze bildet. Statt der ganzen Platte erfüllen auch einzelne Stäbe, so- genannte Abstreifm eissei, den Zweck, welche die Breite der Kaliber be- sitzen, an die Innenfläche derselben genau anschliessen und ebenso wie die Platte auf einem Querstabe ruhen. Bei Kalibern, deren Form die Gefahr für das Festklemmen der Stabe besonders gross erscheinen lässt, bringt man unter den Abstreifmeissein noch besondere Abstreifeisen an, die mit ihrem untern Ende schamierartig an der Sohlplatte des Walz- werks befestigt sind, sich schräg gegen die Walze neigen, und mit dem obern entsprechend geformten Ende in das Kaliber eingreifen.

Zur Erleichterung des Einlassens der Arbeitsstücke befinden sich an der vordem Seite der Walzen der horizontale Walzentisch oder Walztisch aus Gnss- oder Schmiedeeisen, ebenfalls auf einem Querstabe zwischen den Ständern befestigt und mit dem andern Ende auf dem Um- fange der Unterwalze ruhend. Vielfach bringt man, um die richtige Ein- führung zu erleichtern , senkrechte Wände auf dem Walztische an, sol- cherart Rinnen bildend, welche in die einzelnen Kaliber führen und nach der dem Arbeiter zugekehrten Seite sich erweitem.

Wenn das Walzstück die Walzen verlassen hat, so muss es, sofern es in seiner Form noch nicht vollendet ist, wieder an die entgegen- gesetzte Seite des Walzwerks geschafft werden, um von Neuem durch die- Walzen hindurchzugehen. Dieses Hinüberschaffen wird durch ein An- heben bis zur Oberkante der Oberwalze bewirkt, und es veranlasst als- dann die Reibung der sich in der -entsprechenden Richtung drehenden Oberwalze das Hinübergleiten. Kleine Stücke werden ohne Weiteres mit der Hand emporgehoben, mittelgrosse werden mit Hülfe eines Appa- rats gehoben, welcher aus einer Stange oder Gabel besteht, hebelartig mit ihrem Drehungspunkte an einer herabhängenden Kette befestigt, deren oberes Ende an einer Laufrolle auf einer am Dachgerüste an- gebrachten Schiene befestigt ist, mit deren Hülfe sie in der ganzen Längenansdehnung des Walzwerks bewegt werden kann.

Für schwere oder sehr breite Walzstücke (z. B. Bleche) reicht je- doch diese einfache Vorrichtung zum Ueberheben nicht ans, man bedient sich eines beweglichen Tisches, welcher das herauskommende Walzstück aufiiimmt und alsdann mit diesem auf die erforderliche Höhe gehoben wird. Gewöhnlich ist die den Walzen abgewendete Seite des Tischs mit Drehungszapfen befestigt und nur die den Walzen zugekehrte Seite wird gehoben, wobei der Tisch entsprechend lang sein muss, um nicht beim Anheben einen allzu steilen Neigungswinkel zu erhalten. Das Anheben erfolgt bei kleineren Walzwerken mit Hülfe eines Hebels durch Men- Bchenkraft (vergl. unten Fig. 407), bei grosseren durch eine kleine, neben den Walzen aufgestellte Dampfmaschine, durch hydraalischen

Vorrichtungen zum Ueberheben. 497

Druck, durch eine Frictionsvorrichtung , welche mit dem Walzwerke selbst in Verbindung steht ^) oder dergleichen.

Um den Stoss zu vermeiden, welchen das überhobene und von der Walzenoberkante auf den Walzentisch niedergleitendcT Walzstück auf letztem ausüben würde, macht man bei Walzwerken für schwere Bleche und dergleichen auch den vor den Walzen befindlichen Tisch beweglich und lässt beide Tische von einem gemeinschaftlichen Bewegungsmechanismus aus sich gleichzeitig heben und senken.

Zur Verminderung der Reibung, welche die Arbeitsstücke beim Vor- schieben auf den Walztischen hervorrufen, und durch welche ihre Bewe- gung beträchtlich erschwert werden würde, versieht man die Walztische mit einer Anzahl Rollen, deren Achsen parallel der Walzwerksachse lau- fen, und deren Oberkante ein wenig über die Oberkante des Tischs her- vorragt (vergl. unten Figur 407 und 408). Letzterer wird aus Winkel- oder Flacheisenstaben gitterartig zusammengesetzt, und in den Zwischen- räumen zwischen den Gitterstäben sind die Rollen gelagert. Das Arbeits- stück ruht nunmehr lediglich auf den neben einander befindlichen Rollen und die beträchtliche gleitende Reibung beim Vorschieben verwandelt sich dadurch in die weit unerheblichere rollende.

Sinnreiche Constructionen beweglicher Walztische sind auf nord- amerikanischen Eisenwalzwerken in Anwendung unter der Bezeichnung „Fritz 'scher Walztisch", von G. Fritz erfunden, von J. Fritz und A. Holley verbessert. Dieser Walztisch, aus zwei an beiden Seiten des Walzwerks befindlichen selbständigen Hälften bestehend, wird mit Hülfe eines Hebelwerks gehoben und gesenkt, welches von einem hydraulischen Gy linder aus bewegt wird, und verrichtet somit das Anheben des Walzstücks ; er ist in beiden Hälften mit Rollen versehen, ähnlich den oben erwähnten, welche aber unter sich durch Zahnräder verbunden und von einem Motor aus in beiden Richtungen drehbar sind, so dass durch diese Drehung der Rollen eine Zuführung des auf ihnen ruhenden Walzstücks gegen die Walzen bewirkt wird; er besitzt endlich eine Vorrichtung, welche eine Drehung des Walzstücks um 90 Grad und eine seitliche Verschie- bung nach dem folgenden Kaliber ermöglicht. Diese letztere Aufgabe erfüllt ein Wagen unterhalb des Tischs auf Schienen , parallel der Walz- werksachse laufend , und von einem dritten Motor (hydraulischem Cylin- der) aus bewegt. Auf dem Wagen sind vier aufrecht stehende Arme befestigt , deren obere freie Enden zwischen den Rollen des Walztischs vorstehen, wenn dieser in seiner tiefsten Lage sich befindet, in solcher Lage also das Walzstück ergreifen und seitlich verschieben können; die aber, in geeigneter Stellung unter das Walzstück geschoben, wenn der. Tisch hoch steht, beim Niederlassen des letztern ein Wenden des Walz- stücks bewirken müssen. Zur Steuerung dieser verschiedenen Be- wegungsmechanismen sind zwei bis drei Arbeiter erforderlich. Die

*) Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben etc., Bd. IX., S. 188(Tunner). li edebar, meohauisoh - metaUaigische Technologie. 32

498 Walzwerke.

hauptsächlichste wie es scheiat bis jetzt aasacblieBaliche Anwen- dung findet der Fritz'sche Walztisch beim Vorwalzen aod Verdichten schwerer Bessemerblöcke in Bogenannten Blooming mills, grossen Walz- werken mit drei über einander liegenden Walzen (vergl. anten: Drei- walzen Systeme). Abbildungen und BeBchreibungen deeselben finden sieb in: Wedding, Das Eisenhüttenwessen der Vereinigten Staaten von Nord- amerika (Zeitscbriil fQr Berg-, Uütten- nnd Salinenwesen im preussi- acbea Staate, Bd. 24), S. 70; Tnnner, Das Eisen hätten wesen der Ver- einigten Staaten von Nordamerika, Wien 1377, S. 95 nnd 159.

Die St&uder. Dieselben baben die Form eines aofrecht atehen- den, starken gosseisemen Rahmens, welcher die Lager der Walaeo ent- hält. Die Unterwalze bedarf nnr eines Unterlagers da der Tom Walz- stücke ausgeübte Drnck jedes Heben derselben verhindert; sie rabt mit ihrem Lager in dem Fasse des Ständers nnd kann also ihre Lage wäh- rend der Arbeit nicht verändern. Auf die Oberwalze dagegen wirken zwei entgegengesetzte Kräfte; ihr eigenes Gewicht zieht sie während der Ruhe nach nnten, der Dmck des durchgehenden Walzstücks hebt sie empor. Sie moss also mit Ober- nnd Unterlager versehen sein; und das erstere mnss in seiner Höhenlage stellbar gemacht sein, am den

Fig. ae.i. Fig. 396.

Ständer. 499

Abstand zwischen beiden Walzen regnliren zn können. Als Bolche Vor- riehtnng dient eine senkrechte Druck- oder Stellachranbe , welche von oben anf das Lager drückt and somit daa Anheben der Walze aaf ein grösseres Haass verhindert. So lange die Oberwalze sich selbst über- lassen ist, mlit sie dagegen im Unterlager oder aof der Unterwalze; sie wird während des Durchgangs des Walzstücks gehoben und fSllt, sobald dasselbe die Walzen verlasBen bat, wieder Enrück. Die dnrch dieses Empordrücken nud Niederfallen verursachten Stösse werden nm so em- pfindlicher sein, je schwerer die Walze and je beträchtlicher die jedes- malige Querschnitts Verkleinerung des Arbeitsstücks ist. Zar Vermei- dung der dnrch diese Stösse erzeugten Gefahr f^r Beschädigongeu des Walzwerks hat man deshalb bei schweren Walzwerken, insbesondere auch bei vielen Blechwalzwerken, das Gewicht der Ober walze dnrch Gegen- gewichte ausgeglichen oder auf ein sehr geringes Maass redncirt, und unterscheidet demnach Walzenständer mit und ohne Gewichtsansgleichnng der Oberwalze.

Die Figuren 395 bis 398 veranschaulichen in 7s4 <'^'' wirk- lichen Grösse die übliche '*■ Construction eines Walzen -

Ständers ohne Gewichtsans- gleichnng. a ist der in einem Stücke gegossene Rah- men, unten zur bessern Auf- lage mit angegossenen Lap- pen versehen , welche mit sogenannten Arbeitsleisten, d. h. gehobelten vorstehenden ^'« ■''** Flachen, auf der Fundament-

platte ruhen und zwischen Nasen derselben festgekeilt werden, m ist das Lager der Unterwalze , mit der Innern Rahmenfiäche zu- sammengepasst und durch Keile ein wenig in seiner Höhenlage verstellbar, d ist das Uaterlager und c das Oberlager der Oberwalze. Sämmtliche Lager sind mit Lagerschalen aus Rolhguas oder Hartblei versehen, und um eine seitliche Verschiebung zu vermei- den, greifen sie an der den Walzen zugekehrten Seite mit einem Vor- sprunge in den Falz t derselben , während die Walzen selbst eine Ver- schiebung nach dieser Seite hin unmöglich machen. Das Lager d ist durch die beiden Schraubenbolzen h h getragen, welche durch Bohrungen des Lagerdeckels c hindurch gehen; dieStellnng des Lagers ist gewöhnlich eine solche, das« während des Stillstandes and Leerganga die Oberwalze aof der Unterwatze ruht. Die Druckschraube e, welche durch eine in

dem obem TeratSrkten Theile des Stinders befestigte metallene Schran- benmntter hiodarchgelit, bestimmt die Höhe, auf welche sieb beim Durcb- gange des Walzstttcks die Oberwalze za heben vermag, und somit die

GröBse des Kalibeiqaerschnitts ; es iat einleucbtead , dass man dnrch Höher- nnd Niedrigerstelle n der Schraube denselbeii iDnerhalb gewisser Grenzen verändern kann. Um nun aber Mr den Fall , daaa der durch die Schraube ausgeübte Druck zu beträchtlich im VerhältniBse zur Dehn- barkeit und Härte des Metalls sein sollte, «in Zerbrechen koatspielig-erer

Ständer. 501

Theile, insbesoDdere derW&lxen, m verhilten, ütswischen Drnckschranbe nnd OberUger die Brecbkftpsel > eiDffescIudtet, ein Giuseisenstdck, welches sertrütnmert wird, sobald ein anberechneter Widerstand eintritt Bei neueren Walswerken bat man mehrfach das Oberlager c an die Schrauben h gehängt nod das I>ager d dnrcb ein Paar besonderer Schrauben mit C verbanden. Man beabsichtigt damit, die Verstärkung der Zapfenreibnng sn vermeiden , welche durch festes Ansiehen der Stellachranhe in der obem Lagerschale herrorgernfen wird; denn da in der geänderten ConstroctioD die Entferaung der Lagerecbalen von ein- ander durch die Drnokschranbe nnbeeinflnsst ist, so bleibt auch die ZaprenreibuDg die gleiche, ob die Scbranbo fest oder weniger fest ao- Pig. 400.

gezogen ist Je it&rker der Dmok der Schraube e aber ist, desto ge- nauer werden die Kaliber auf einander schliessen, desto weniger wird eine Erweitenmg des Kalibers eintreten kSnnen ').

Die Nuthen bb dienen znr Anbringung der Qnerstäbe f&r die Unter- statzung der Einläse- und AnalaasTorricbtungen ; nn sind vier Scbranben- Idcber fOr die vier AnkerschraubeD, welche je ein Paar zusammengehöri- ger Walsenständer verbinden.

Das GerOst eines Blech waltwerks mit Gewicbtansgleicbnng der Ober- walzo ist in den Figuren 399 bis 402 abgebildet Der Ständer an nnd filr

>) Zeitschrift dentsohet Ingenienre, Jahrgang IBT8, 8. 661.

Walzwerke. Fig. 401,

Ständer. 503

sich ist im Wesentlichen ebenso geformt, als der vorhin beschriebene.

Die Unterwalze ruht hier, was auch bei jenem zulässig gewesen sein

wurde, ohne Weiteres in dem Ständer, nur muss in diesem Falle, damit

man die Höhenlage der Walze regeln könne, die Lagerschale yerstell-

bar sein. Das Unterlager der Oberwalze wird in jedem Ständer von

zwei starken, senkrechten, schmiedeeisernen Stangen a a getragen,

welche durch entsprechende Oeffnungen desselben hindurchgehen und

unterhalb der Fundamentplatte sich auf die kürzeren gabelförmigen Arme

hhi und cci zweier ungleicharmigen Hebel stützen, deren längere Arme

mit Gewichten derartig beschwert sind, dass das Gewicht der Lager mit

der Walze eben ausgeglichen wird. Man versieht entweder jeden der

beiden Hebelarme mit einem besondern Gewichte, oder man beschwert

sie wie in der vorliegenden Abbildung (Fig. 402) gemeinschaftlich; auch

der Fall ist nicht sel- Fig. 402. . - . j j

* ten, dass jeder der vier

schmiedeeisernen Tragbol- zen einen besondern Hebel mit Gegengewicht erhält. Um die Gewichtsausglei- chung reguliren zu kön- nen, bestehen die Gewichte aus einzelnen gusseisemen kreisrunden Scheiben mit einem bis zur Mitte reichenden Schlitze ver- sehen, die sich leicht abnehmen und auflegen lassen. Die Druckschrauben und Brechkapseln haben die gleiche Einrichtung als bei dem oben be- schriebenen Walzenständer ohne Gewichtsausgleichung. In Rücksicht auf den Umstand jedoch , dass bei Blechwalzen nach jedem Durchgange des Walzstücks eine Näherung der Walzen bewirkt werden muss, um zwi- schen denselben Walzen eine Querschnittsverkleinemng zu bewirken; und dass diese durch Anziehen der Druckschrauben bewirkte Näherung durchaus gleichmässig an beiden Ständern geschehen muss, sind die Druckschrauben an ihren Köpfen mit zw«i gleich grossen Zahnrädern gg versehen, welche von einer über den Ständern gelagerten horizon- talen Welle aus gleichzeitig in Drehung versetzt werden können und diese Drehung den Schrauben mittheilen. Für die Uebertragung der Drehung aaf die Zahnräder benutzt man wie im vorliegenden Falle Schnecken, häufiger noch Winkelräder. Die Drehung der horizontalen Antriebswelle erfolgt durch das Rad h und die Kurbel i.

In Fig. 401 sieht man den Walzentisch l und die Abstreifvorrich- tung m.

Kupplungen. In Rücksicht auf das unvermeidliche Heben und die bei Blechwalzwerken sogar erforderliche Veränderlichkeit der Höhen- lage der Oberwalze ist eine Vorkehrung nöthig, um den Einfluss dieser Vorgänge auf die Getriebe sowohl als die benachbarten Walzenpaare mögliebst abzuschwächen und dadurch die Gefahr eines Bruchs zu ver-

504 Walzwerke.

meiden. Als solche Vorkehrung dient die Einschaltung einer Kupp- lung zwischen je zwei Walzenpaaren oder einem Walzenpaare und den Getrieben, bestehend aus einer Spindel, deren beide Enden durch über- geschobene Muffen mit den Walzen- beziehentlich Getriebezapfen verbunden sind und innerhalb der Muffen einen hinreichenden Spielraum finden, um ein einseitiges Anheben aus der Horizontalen zu gestatten. Je langer die Spindeln sind, desto kleiner wird der Neigungswinkel der Spindel beim Heben der Walze ausfallen und desto weniger Spielraum innerhalb der Muffen ist demnach erforderlich; desto besser schliessen die letzteren mit den Spindeln zusammen.

Die Kupplungsspindeln erhalten natürlich an den Enden den näm- lichen Querschnitt wie die Kupplungszapfen der Walzen und Getriebe, den man nach der Mitte zu nicht selten noch schwächt (vergl. unten Fig. 406), so dass bei ungewöhnlichem Widerstände gegen die Drehung eher die Kupplungsspindeln als die kostspieligeren Walzen zerbrechen. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man sie auch Brechspindeln. Ihre Länge ist mindestens doppelt so gross als die der Muffen, um die Einschaltung zwischen die festliegenden Zapfen möglich zu machen, und beträgt gewöhnlich das 15- bis 20 fache der Höhe, auf welche die Ober- walze gehoben wird. Der Querschnitt der Kupplungsmuffen ist gleich- falls so bemessen, dass sie leichter als die Walzenzapfen zertrümmert werden. Um eine selbstthätige Verschiebung der übergeschobenen Muffen zu verhüten, legt man zwischen dieselben an den Umfang der Spindeln Holzstücke von der Länge des Abstandes der Muffen von einander und bindet diese durch Riemen fest (vergl. Fig. 381).

Die Getriebe oder Kamm walzen. In Rücksicht auf die Stösse, welche vom Walzwerke ausgeübt und auf die Zähne übertragen werden, müssen dieselben äusserst stark construirt sein. Sie sind wie die Wal- zen mit Lauf- und Kupplungszapfen versehen. Bei den bis jetzt be- schriebenen Walzgerüsten mit zwei Walzen wird stets das untere Getriebe mit der Antriebswelle verbunden. Die Einrichtung eines Getriebeständers wird durch die Figuren 403 und 404 erläutert. Der Hauptunterschied gegenüber dem Walzenständer liegt in dem Weg- fallen der Druckschraube und in der zur Erleichterung des Einlegens dienenden Theilung des Ständers in Untertheil und aufgeschraubten Deckel. Die beiden Getriebe laufen gewöhnlich mit abgedrehten, an- gegossenen Ringen rr^ Fig. 405, welche genau den Durchmesser des Theilkreises besitzen, auf einander, so dass das untere Getriebe durch das obere in seiner Lage festgehalten wird und ein Lagerdeckel für ersteres entbehrlich wird.

Es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass bei einzelnen Walzwer- ken, besonders bei Blechwalzwerken, bisweilen die Getriebe weggelassen und die Oberwalze nur durch die vom hindurchgehenden Bleche her- vorgerufene Reibung gedreht wird. Man nennt diese Walzen Schlepp- walzen.

Getriebe. Schwungrad. 505

Schwungrad. Dasselbe bat nicht allein den Zweck zu erfüllen, die UngleichmäsBigkeiten im Gonge der Dampfmosuhine wie jedes andere . Schwungrad auBzngl ei-

chen, sondern es soll die Rückwirkung der hefti- gen Stösse aof die Be- triebanuMchine abschwä- chen, welche beim Ein- bringen des Walz Stücks QQTermeiillich sind, nnd es soll aiich Tomehmlich den Ueberschuss an Ar- beit aufnehmen, welchen die Betriebsmaecbine wäh- rend des LeergangB lei- stet, und an das Wnlz- Btflck abgeben, sobald die- ses von den Walzen er- fasst ist. _. Da also die für die

Form Veränderung des Walzstücks aufgewendete Arbeit ans der direc- ten Leistnng der Dampf- maschine und der im Schwnngrade aufgesam- melten Arbeit sich zu- sammensetzt , so folgt,

dosB bei Anwendung eines genügend grossen Schwungrades die Lei- stung des Motors um so geringer sein kann, je länger die Perioden des Leergangs zwischen den Durchgängen des Metalls sind; und daes umgekehrt ein um so schwereres Schwungrad erforderlich ist, je geringer die Leistung des Motors ist.

Andererseits geht um so mehr Arbeit durch Reibung in den Schwung- rad-Wellen lagern verloren, je gröeser das Schwungrad ist, und ebenso verlängert sich die Zeitdauer für In- und Auaaergangsetznng der Ma- schine mit zunehmendem S oh wungradge wicht«. Daher giebt es auch hier eine Grenze der Zweckmässigkeit.

Ab geringstes Seh wnngradge wicht bei kleinen Walzwerken kann man 10 000 Kilogramm annehmen; hei den Walzwerken mittlerer Grösse

506 Walzwerke.

ist das üblichste Gewicht 15 000 bis 20 000 Kilogramm; bei Blechwalz- werken und Grobeisenwalz werken bis 30 000 Kilogramm.

Bei einer besondern Gattung von Walzwerken, welche unten ein- gehender erwähnt werden wird, arbeitet man ohne Schwungrad, um die Bewegungsrichtung der Walzen rasch umkehren zu können, und wendet bei Anwendung von Dampfkraft Zwillingsmaschinen an, deren Kurbeln um 90 Grad gegen einander gestellt sind, um die Unregelmässigkeiten des Ganges auszugleichen.

Drei Walzensysteme (Trio Walzwerke).

Die Zeit, welche bei den bisher besprochenen Walzwerken mit zwei Walzen darauf verwendet wird, das Walzstück über die Oberwalze zu- rückzureichen, lässt sich für die Walzarbeit nutzbar machen, wenn man statt zweier Walzen deren drei über einander anlegt und das zwischen Unter- und Mittelwalze hervorkommende Walzstück zwischen Mittel- und Oberwalze zurückgehen lässt. Es wird dabei nicht allein direct Zeit gewonnen, sondern es wird in Folge der raschern Arbeit auch die Wärme des Metalls besser ausgenutzt. Letzterer Umstand war es hauptsächlich, der den Triowalzwerken, wie man dieses Walzwerk- system zum Unterschiede von den Duowalzwerken mit zwei Walzen benennt, schon in älterer Zeit für kleinere und mittlere Eisensorten, welche rasch abkühlen, ausgebreitete Anwendung verschaffte, während sie in neuerer Zeit auch für die schwersten Gegenstände vielfach mit Vor- thoil benutzt werden. Für das Anheben der letzteren auf die Höhe der Mittel Walzenoberkante benutzt man alsdann die schon früher beschriebe- nen Ueberhebvorrichtungen (bewegliche Walztische).

Da das Kaliber der Mittelwalze ebensowohl dem Kaliber der Unter- walze als auch dem Kaliber der Oberwalze zu entsprechen, mit diesen zusammen erst die vollen Kaliber zu bilden hat, so ist die Kalibrirung weniger einfach als bei den Zweiwalzensystemen. Oft hat man sich, ins- besondere bei symmetrischen Formen, die Lösung der Aufgabe dadurch sehr leicht gemacht, dass man das obere Kaliber gerade so formte als das untere, mithin zwei gleiche Kaliber oben und unten erhielt; so z. B. bei Rund- und Quadrateisenkalibem ; oder auch, indem man bei un- symmetrischen Querschnitten abwechselnd oben und unten nur je ein benutztes Kaliber anbrachte, über das untere benutzte Kaliber und unter das obere benutzte Kaliber dagegen sogenannte blinde Kaliber verlegte. Dadurch wird aber für die gleiche Zahl verschiedener Kaliber das anderthalbfache Inventar an Walzen für das Triowalzwerk gegenüber dem Zweiwalzensysteme erforderlich.

Am wenigsten schwierig gestaltet sich die I^ösung der Aufgabe, fortschreitend streckende Kaliber in den Triowalzen anzubringen, wenn das Arbeitsstück nach jedem Durchgange um 90 Grad gedreht wird,

Dreiwalzensysteme. 507

and es, wie bei Spitzbogenkalibem , nicht daranf ankommt, dass der Querschnitt durchaus symmetrisch sei. Bei diesen letztgenannten muss die obere Hälfte des untern Kalibers und die untere Hälfte des obern Kalibers in die Mittelwalze fallen, also einander gleich sein; wenn man demnach die dazu gehörige zweite Kaliberhälfte der Unterwalze ent- sprechend höher macht als die zweite Kaliberhälfte der Oberwalze, so wird bei gleichbleibender Breite des untern und obern Kalibers auch die totale Höhe des Kalibers in dem obern sich ebenso verringern als die Höhe zweier neben einander liegender Kaliber des Zweiwalzensystems, demnach, wenn der Stab gedreht wird, sowohl Streckung als seitliche Ausbreitung stattfinden, vorausgesetzt, dass die Breite beider Kaliber betrachtlicher ist als die Höhe des untern.

Weniger einfach lässt sich die Kalibrirung des Dreiwalzensystems für Anfertigung von Fa^onstücken , z. B. Eisenbahnschienen, doppelt T-Trägern und dergleichen, ausführen, weil hier eine seitliche Ausbrei- tung innerhalb des zweiten der zusammengehörigen Kaliber nicht mög- lich ist, und in' Folge des Umstandes, dass die obere durch die Mittel- walze gegebene Profilirung des untern Kalibers der durch dieselbe Walze gegebenen untern Profilirung des obeni Kalibers gleich sein muss, auch nur eine einseitige Ausbildung des Querschnitts bei dem Durch- gange durch das zweite der in gleicher Yerticalebene liegenden Kaliber möglich ist. Wir verweisen hinsichtlich der Art und Weise, wie man eine solche Kalibrirung für drei Walzen zweckmässig ausführt, auf die unter „Literatur" angeführte, vom Vereine zur Beförderung des Gewerb- fleisses in Preussen preisgekrönte Abhandlung: R. Daelen, Die Kalibri- rung der Walzen, S. 11 ^).

Die drei Walzen des Trio Walzwerks erhalten ihre Bewegung durch drei Getriebe, deren mittleres mit der Antriebswelle des Motors ge- kuppelt ist.

Bei Schnellwalzwerken für Darstellung der feinsten Eisensorten, welche rasch strecken müssen, pflegt man das vordere Ende des zwi- schen den Walzen hervorkommenden dünnen und langen Stabes umzu- biegen und schon durch ein folgendes Walzenpaar zurückgehen zu las- sen, während er noch in dem vorausgegangenen gestreckt wird, so dass derselbe Stab gleichzeitig in drei bis fQnf Kalibern bearbeitet wird. In Rücksicht auf den für das Umbiegen nöthigen Raum benuzt man hier- bei zum Zurückgeben stets die Walzen des folgenden (beziehentlich voraus- gegangenen) Walzgerüsts, lässt demnach in dem Triowalzwerke abwech- selnd Ober- und Unterwalze fort und ersetzt dieselbe durch eine Kupp- lungsspindel , welche die Bewegung auf das folgende Walzgerüst fort- pflanzt. Nur bei den Vorwalzen sind alle drei in einem Gerüste vereinigt und der noch kurze Stab wird erst wie bei gewöhnlichen Triowalzwer-

^) Bdilage zu den Verhandlungen des genannten Vereins Jahrgang 1869; auch als Separatabdruck erschienen.

508 Walzwerke.

ken durch ein neues Kaliber zurückgegeben, wenn er das vorhergehende verlassen hat. Für das Fertigwalzen pflegen zwei bis vier Gerüste in der geschilderten Anordnung vorhanden zu sein, bei neuen nordameri- kanißchen Walzwerken (System Johnson) zur Darstellung von so- genanntem Walzdrahte, dessen Durchmesser ca. 4 Mm. beträgt, sind mit Finrechnung der Yorwalzen sogar 16 Walzenpaare von ca. 200 Mm. Durchmesser, abwechselnd mit horizontalen und verticalen Achsen, in gleichzeitiger Wirksamkeit, deren erstes 16, deren letztes 450 Umdre- hungen per Minute macht, und welche binnen neun Stunden 15 300 Ki- logramm Stäbe von 30 Mm. Durchmesser auf jene erwähnte kleine Ab- messung auswalzen ^).

Die Ständer der mittelgrossen und kleinen Triowalzwerke, wie sie zur Darstellung des Feineisens seit langer Zeit in Anwendung waren, unterscheiden sich von den Ständern des Zweiwalzensystems ohne ent- lastete Oberwalze vornehmlich durch die erforderlichen drei Lager, welche meistens durch Stellschrauben auch in horizontaler Richtung parallel der Walzwerksachse sich vei^stellen lassen, um eine ganz ge- naue Lage der Walzen zu ermöglichen. Auf dem Oberlager der Unter- walze ruht das Lager der Mittelwalze und auf diesem gewöhnlich das Lager der Oberwalze, ohne ^n Scb raubenbolzen aufgehangen zu sein, wie das Oberwalzenl^ger der Duowalzwerke ohne Gewichtsausgleichung. Damit der zwischen zwei Walzen beim Durchgehen des Walzstücks er- zeugte Druck nicht auf den Zapfen der dritten Walze übertragen werde und dadurch einen vergrösserten Reibungs widerstand hervorrufe, sind zwischen die Lagerhälften aller drei Walzen Holzstücke eingeschoben, welche deren Näherung verhindern und den entstehenden Druck, er möge zwischen Ober- und Mittelwalze oder zwischen Mittel- und Unter- walze hervorgerufen sein , durch die Lager nach der Druckschraube und dem Ständerfusse hin fortpflanzen, ohne den dritten Zapfen zu beeinflussen.

Bei Triowalzwerken für schwere Gegenstände, deren Anwendung erst in der neuern Zeit sich mehr und mehr Bahn gebrochen hat, macht man vielfach die Entfernung der Walzen unter einander verstellbar, wie es bei den Duo walz werken für Bleche bereits beschrieben wurde. Jus- besondere sind derartige Walzwerke auf nordaroerikanischen Eisenwerk ken für die erste Formveränderung und Verdichtung der für Anfertigung von Eisenbahnschienen bestimmten Bessemerblöcke (Ingots) als die schon erwähnten Blooming-mills (Luppenwalzwerke, vergl. S. 497) in Gebrauch und man unterscheidet dabei zwei Systeme:

Die mittlere Walze liegt fest, die obere und untere sind verstell- bar — System Fritz;

die obere und untere Walze liegen fest, die mittlere wird ver- stellt — System Ho Hey.

') Vergl. Tunner: Das Eisenhüttenwesen der Veremigten Staaten, S. 134.

Fritz'sches und Holley's Walzwerk. 509

Letzteres System ist einfacher and deshalb das häufiger angewen- dete ^). Das Fritz^sche Walzwerk hat diesem gegenüber den Vortheil, dass in Folge des Festliegens der Mittelwalze die mit dieser verkuppelte Antriebswelle durch die Verstellung der Walzen gänzlich unbeeinflusst bleibt; der dadurch vermiedene Uebelstand des Holley' sehen Walzwerks dürfte jedoch nicht schwer genug sich geltend machen , um den Yoi^theil grösserer Einfachheit auszugleichen.

Das Heben und Senken der Walzen erfolgt bei beiden Walzwerks- systemen durch starke Schraubenspindeln. Bei dem Fritz 'sehen Walz- werke sind die Gewichte der Ober- und Unterwalze durch Gegen- gewichte in der früher beschriebenen Anordnung für Duowalzwerke ausgeglichen; die metallene Schraubenmutter für die Schraube der Ober- walze befindet sich wie gewöhnlich im Kopfe des Ständers, die für die Stellung der Unterwalze bestimmte Schraube ist aber nach unten ge- richtet und ihre Schraubenmutter befindet sich in dem entsprechend construirten Ständerfusse. Durch zwei Stirnräder an einer senkrechten, am Ständer befestigten Welle erhalten die auf den Enden der Schrauben - spindein befindlichen Getriebe eine gleichzeitige Drehung, so dass Ober- und Unterwalzenlager gemeinschaftlich der Mittel walze genähert oder da- von entfernt werden ; die Bewegung jener senkrechten Welle kann sowohl von Hand als durch Frictionskupplungen von der Welle der Betriebs- maschine aus in beiden Richtungen bewirkt werden. Von dem einen Stander aus wird die Bewegung der Schrauben durch eine horizontale Welle mit Winkelrädem in der früher geschilderten Weise auf den zweiten Ständer des Walzgerüsts übertragen^).

Bei dem Holley 'sehen Walzwerke wird das zweitheilige Lager der Mittelwalze durch zwei Schraubenspindeln mit rechtem und linkem Gewinde bewegt, welche durch Bohrungen des Oberwalzenlagers hin- durchgehen, in dem Ständerkopfe wie in dem festliegenden Unterwalzen- lager drehbar und ohne Gewinde befestigt sind, so dass sie sich zwar drehen, aber nicht in ihrer Achsenrichtung verschieben lassen, innerhalb der beiden Lagerhälften der Mittelwalze aber von Muttergewinden der- artig umschlossen sind, dass bei Drehung der Schraubenspindeln das Mittelwalzenlager in der Achsenrichtnng der Schrauben bewegt werden musB. Zur Bewirkung dieser Drehung (welche beide in einem Ständer befindliche Schrauben in entgegengesetzter Richtung auszuführen haben, weil sie entgegengesetzte Gewinde besitzen) sind ihre Enden oberhalb der Ständer wieder mit Stirnrädern versehen; zwei parallele, mit ein- ander verbundene horizontale Zahnstangen werden in der Richtung der Walzwerksachse zwischen den Schraubenspindeln durch einen hydrau- lischen Cylinder bewegt, während jede derselben die zwei einander ent-

1) Tunner: Das Einenhüttenwesen der Vereinigten Staaten, 8. 94. 3) Abbildung des Fritz* sehen Walzwerkes, siehe Journal of the Iron and Steel Institute, Jahrgang 1874, Kr. IL

510 Walzwerke,

sprechenden Spindeln zweier zoeammengehöriger WAlzwerkaständer vermitUlst Eingriff in die aofgekeilten Stirnräder erfasst nnd dreht. Das Gewicht der Oberwalze ist in gewöhnlicher Weise ausgeglichen ').

Unter dar BeaenDOngLanth'sches Walzwerk istseit einigen Jahren zum Walzen von Blechen ein Triowalzwerk in Anwendnng, bei welcher die Fig. 406.

MittelwalzG nar ungefähr den halben Üarchmeeser der Ober- und Unter- walze besitzt. Die Mittelwalze ist Scbleppnalze nnd wird durch die Reibung der andern mitgenommen; um der Ober- nnd Unterwalze die gleiche Bewegnngsrichtung zu geben, muss das Walzwerk wie jedes andere Tripwalzwerk drei Kammwalzen besitzen, Ton denen die obere nnd untere mit Ober- and Unterwalze gekuppelt sind, während die

Lauth'sches Walzwerk.

511

mittlere nar als Zwisolienrad dient, oder man koppelt auch nar eine der Walzen, und zwar die untere, ohne EinecIialtDng von Getrieben an die Betriebswelle nnd läset die beiden anderen darch die Reibang mitneh- men. Barch eine aolche Anordnung einer kleinern Mittelwalze wird die Constroction des Ganzen vereinfacht und die Höhe für das Anheben

Fig. 407.

dea Waizatficka beim Znraokgeben verringert. Das Gewicht der Ober- walze ist wie gewöhnlich ansgeglicben , die Mittelwalze kann entweder durch einen beaondem Bewegungamechaniamna gehoben werden, wenn das Blech nnterhalb desselben durchgeht, und ea hat aich die Anwen- dung von Seit Verbindungen für dieeea Heben der Mittelwalze recht gnt

512 Walzwerke.

bewührt, oder sie mht mit ihrem Tollen Gewichte auf der Dnterwalze, and wird allein doroh das bindarchgehende Blech gehoben, was bei Fein blech Walzwerken mit Walzen von geringerm Gewichte immerhin die zweckmäßigste Einrichtnng sein dürfte. Beim Anheben drückt die Mitt«Iwalze gegen die Oberwalze, und die DmckBchraabe der letztem regalirt somit anch den erreichbaren Abstand zwischen Uittel- und Unter walze.

Ein Walzwerk der letztem Art in der Blech walzhütte de« Eisenwerks in Riesa, von der Märkischen Maschinenbananstalt in Wett«r a. d. Rabr gebaut, ist in den Figuren 406 bis 408 in '/e4 der wirklichen Grösse ab-

Fig. 408.

gebildet. Die Unterwatze ist gekuppelt, Mittel- und Oberwalze werden geschleppt. Die Mittelwalze bewegt sich mit ihren Lagern frei in einem Rahmen; wird das Blech zniscben Unter- und Mittelwalze ein- gest«ckt, so hebt sich die letztere und legt sieb gegen die Oberwalze, deren Gewicht durch die in den Figuren 406 und 407 ereichtlicheu Gegen- gewichte theilweiee ausgeglichen ist; geschieht das Einstecken zwischen Mittel- und Oberwalze , so wird die erstere nach unten gedrückt nnd durch die Reibung der Unterwalze geschleppt ').

1} AbbildQDg einea Laatli'acben Walzwerke« mit Anhab der Hittalwalxe durdi Seilnufzug : Revue anivernelle, Tome 37, PI. 28; daraus Oeiterreiubiwbe Zeitxchrin fär Berg- und HüttenweKen, Jahrgang IST 5, Nr. 44.

Kehrwalzwerke. 513

Für ganz feine Bleche unter Vj Mm. Stärke hat man aachLauth'- sche Walzwerke mit vier Walzen in Anwendung gebracht, deren beide mittlere schwächer im Durchmesser sind und von Ober^ und Unterwalze geschleppt werden.

Die Lauth'schen Walzwerke haben sich als recht zweckmässig zum Walzen feinerer Bleche erwiesen ; f&r stärkere Blechsorten (Eessel- bleche) dagegen scheinen sie sich besonders in Rücksicht auf die raschere Abnutzung der schwachem Mittelwalze weniger bewährt zu haben.

Kehrwalzwerke.

Wenn man dem Walzenpaare eines Duowalzwerks eine entgegen- gesetzte Bewegungsrichtung ertheilt, nachdem das Walzstück- die Walzen verlassen hat, so ist man im Stande, das letztere abermals, ohne es überheben zu müssen, zwischen den Walzen hindurchzuführen. Solche Walzwerke mit abwechselnder Bewegungsrichtung zu dem Zwecke, vor- wärts und rückwärts zu walzen, nennt man Kehrwalzwerke, Rever- sirwalzwerke, Walzwerke mit Wechseldrehung. Vor den Trio- walzwerken haben sie den Yortheil voraus, dass die Zeit und Arbeit für das Anheben des Walzstücks sowie der bei schweren Stücken für dieses Anheben erforderliche Apparat erspart wird; femer, dass die Erhitzung und Abnutzung der Walzen eine gleichmässige ist, während bei den Trio- walzwerken die Mittelwalze, welche doppelt so oft als die beiden anderen mit dem Walzstücke in Berührung kommt, stärker als diese erhitzt und rascher abgenutzt wird. Sie würden jedenfalls wegen dieser un- leugbaren Yortheile eine viel ausgedehntere Anwendung gefunden haben und der Ausbreitung der Triowalzwerke viel hinderlicher gewesen sein, wenn nicht eben die rasche Ausführung jener Umkehr mit mancherlei Schwierigkeiten verknüpft wäre, wie sich leicht bei Betrachtung des Gan- ges eines Walzwerks von selbst ergeben wird. Denn in den sich drehenden Theilen des Walzwerks ist eine beträchtliche lebendige Kraft enthalten, welche bei dem plötzlichen Stillstände vernichtet und bei dem Beginne der entgegengesetzten Drehung von Neuem erzeugt werden muss. Insbesondere ist es vor Allem unmöglich, auch dem Schwnngrade entsprechend rasch .die Wechseldrehung mitzutheilen , und man steht daher bei Anwendung solcher Kehrwalzwerke vor der Wahl, entweder ohne Schwungrad zu arbeiten oder zwiBchen Schwungrad und Walzwerk eine derartig construirte doppelte Kupplung einzuschalten, welche die Umkehr der Walzwerksbewegung gestattet, ohne dass die Bewegung des Schwungrads geändert zu werden braucht.

In dem erstem Falle mnss die Betriebsmaschine selbst umgesteuert werden t wodurch für die Construction derselben besondere Erfordemisie sich geltend machen. Wegen des fehlenden Schwungrads benutzt man eine Zwillingsmaschine mit zweiDampfcyUndem, deren Kurbeln in einen rechten Winkel gegen einander gestellt sind* Die Steuerung muss ver-

liedebiir, numhantirJi-iBetaUnigüwhe Teohnologle. 33

514 Walzwerke

stellbar aein, so dasa eine beiden Drebnogsricbtongen entsprechende Dampf- Tertbeilnog hervorgernfen Verden kann; da bei der Grösse des auf dem SteuemngBschieber lastenden Dampfdrucks ein Umstenern von Hand hd- mCglioh sein würde, mnss der Steuemngsbebel dnrcb eine besondere kleine Damp&nasebine bewegt werden , welche nnn ihrerseits Ton Hand gesteuert wird. Die Leistung der Betriebsmasohine mnsa in Rflcksicbt darauf, dass dieselbe die voüe Arbeit wahrend des Durchganges des WaliBtCtaks durch die Walzen sn leisten hat, und die wohlthätige Wir-

Fig. 4og.

kung des Schwungrads als Arbeitnammler fehlt, gegen dreimal so be- trächtlich sein, als bei Walswerken mit Schwungrad. Hieriu liegt die sofawilchste Seite dieser Art Walzwerke, denn mit der Grösse der Dampf- maschine wachsen die Anlage- nnd Betriebskosten in hetr&chtlicfaer Weise. Endlich wächst der Dampfverbrauch noch durch den Dmatand, daSB man Expansion des Dampfs nur in beschränktem Uaasse anwenden kann, um nicht hei Umsteuening an bestimmte Kurbelstellungen gebun- den zu sein.

Die Art und Weise, in welcher in dem zweiten Folie bei An- ' ine mit Schwungrad die Umkehr der Wala-

Kehrwalzwerke. 515

Werksbewegung erfolgt, wird darch die Abbildung Fig. 409 erläutert. Auf der rechts ersichtlichen Schwungradwelle sitzt das Getriebe B mit 15 Zähnen. Dieses greift in ein Zahnrad C mit 60 Zähnen, welches auf einer Yorgelegewelle D befestigt ist, und in ein drittes Bad E von gleicher Grösse eingreift, welches lose auf seiner Welle jP sitzt. Letz- tere ist zugleich die Triebwelle des Walzwerks. Auf der Vorlegewelle J> ist femer ein zweites Kad Q mit 30 Zähnen befestigt, welches in ein Kad H von derselben Grösse eingreift; dasselbe sitzt auf einer beson- dern Welle und dient zur Üebertragnng der Bewegung auf ein drittes Zahnrad J von derselben Grösse, welches ebenso wie E lose auf der Welle F sich dreht.

An den Naben der Räder E und J sind Klauen K angegossen. Zwischen denselben sitzt auf der Welle jP ein verschiebbarer Klauen- mufF 2/, welcher wie gewöhnlich durch Nuth und Feder mit der Welle verbunden ist, diese also beim Umdrehen )nitnimmt, und mit Hülfe eines Hebels M seitwärts verschoben, werden kann. Je nachdem der Muff L mit dem Rade E oder cT* verbunden ist, muss daher die Welle F der Bewegung des einen Rades in einer Richtung oder derjenigen des andern, welches durch Allwendung des Zwischenrads H sich in entgegen- gesetzter Richtung dreht, folgen.

Die ümkehrung der Walzwerksdrehung in der zuletzt geschilder- ten Weise besitzt den Yortheil der Einfachheit in der Anlage und Hand- habung, und dem gewöhnlich geringern Dampfverbrauche gegenüber der Anwendung von Zwillingsmaschinen ohne Schwungrad. Sie ist des- halb die für Kehrwalzwerke gebräuchlichere. Ihre schwache Seite liegt in den unvermeidlichen heftigen StÖssen, welche bei dem Umsteuern vermittelst der Klauenkupplung erzeugt werden und nicht selten Brüche in den Kupplungs- oder anderen Theilen der Maschine zur Folge haben. Die Stösse werden um so heftiger, die Gefahr für den Bruch um so grösser werden , je rascher die Drehung und je grösser das Gewicht der in Umtrieb befindlichen Theile ist. Man hat in Rücksicht hierauf statt der Klauenkuppelungen verschiedene andere Kuppelungsvorrichtungen vorgeschlagen, meistens Frictionskuppelnngen, ohne dass jedoch, wie es scheint, bis jetzt eine allseitig befriedigende Lösung der Aufgabe gefun- den wäre, eine rasche und sichere Umsteuerung ohne Stösse zu bewirken.

Universal Walzwerke.

Die unangenehme Nothwendigkeit, für Anfertigung von Eisensorten mit abweichenden Querschnitten eine grosse Anzahl entsprechend kali- brirter Walzen inVorrath halten zu müssen, gab dem Ingenieur Daelen in Hoerde Veranlassung zur Erfindung eines Walzwerks, dazu bestimmt, Eisensorten mit rechteckigem, aber beliebig grossem, Qaerschnitte ohne besondere Kaliber fertig zu walzen. Dasselbe enthält wie ein gewöhn-

33

516 Walzwerke.

liches Blechwalzwerk zwei horizontale glatte Walzen, dereo obere ver- stellbar ist, und welche die horizontalen Begrenzungsfläohon des Walz-

stQcka anszabilden haben; namittelbar vor oder hinter denselben ImSd- den sich zwei reridcale, ebenfalls glatte nnd Teratellbare Walzea sor Ausbildung der senkrechten Begrenzangsfl&chen. Es ist einleuchtend.

UniverBalwalzwerk. 517

dua man mit Hülfe dieser vier Walzen jeden Qaergchnitt darstellen

kann, desBen UmrisBe parallel den Walzenachsen , dessen Form also

Fig. «1.

qoadratiscli oder rechteckig ist; ja man ist im Stande, selbst fagonnirte Eisensorten darzusteUen, wenn man die eine oder andere der Walzen mit einer entsprechenden Kalifarimng versieht

Die Abbildongen Fig. 410 bis 412 steUen ein solches Walzwerk in Vj] der wirklichen Qrösae dar. AA. sind die horizontalen, BB die Ter- tioalen Walzen. Die Bewegung der ersteren erfolgt durch die beiden Getriebe C C. Das obere derselben greift in ein drittes grösseres Zahn- rad B und dieses wieder in ein viertes, E, dessen Achse in der Vertioal-

518 Walzwerke.

ebene mit den Achnen der beiden Walzen BB in einem seitlich angegosse- nen Anaatza des GetriebeatänderB gelagert ist. Von £ aas erfolgt durch die in Fig 410 eraichtliche horizontale Welle Termittelat der Winkel- räder n and m die Uebertragang der Bewegung anf die Benkrechten Walzen. Letztere sind ana Guasatabl gefertigt and sof den aenkrecfaten Wellen in der aas der Abbildang ersichtlichen Weise befeatigt. Die horizontalen Schrauben apindelo // sind darch Bügel and Keile mit den Lagern aa verbnndeu, welche jene Wellen atQtzen, und stecken in me- tallenen Hülsen mit Uattergewinde, welche in den Walzenai^deiii be- festigt sind. Durch Drehnng der Schrauben erfolgt mithin Terstellong der Walzen. Dieselbe wird durch die gekröpften Spindeln c c bewirkt, welche rermittelat zweier Schnecken dd die auf den Enden der Schrau- ben befindlichen SchneckenrSdchen ee und somit die Schrauben selbst in Drehung versetzen. Damit bei der horizontalen Fortbewegung der Schraube die Schnecken nicht ausser Eingriff kommen, sind die Luger Fig. 412.

der Spindeln CC mit einer Hfllae über die Enden der Schranbenspindeln geschoben und machen die üorizontalbewegung derselben mit (vergl. Fig. 412). Die Winkelräder nn sind durch Nath und Feder mit der horizontalen Welle verbunden und werden auf derselben durch die Ach- sen der Walzen verschoben, sobald eine Verstellung der letzteren eintritt. Die Verstellung der horizontalen Walzen erfolgt in gevöbnlicher und aus den Abbildungen ersichtlicher Weise.

Bei anderen Universalwalzwerken bat man die Trans missions welle für die Bewegung der senkrechten Walzen an den Fuss des St&ndera

Universalwalzwerk. 519

verlegt nnd den Antrieb derselben unmittelbar von einem auf dem Zapfen der Unterwalze befestigten Stimrade aus bewirkt ^).

Ob die senkrechten Walzen vor oder hinter den wagerechten an- gebracht sind, darüber ist keine feststehende Regel vorhanden, Stehen sie vor denselben, so mnss ihre Umfangsgeschwindigkeit sich zu deijeni- gen der wagerechten Walzen annähernd verhalten, wie die kürzere Lftnge des eintretenden Stabes zu der grossem des austretenden; stehen sie hinter denselben, so müssen sie ein wenig rascher umlaufen als die horizontalen Walzen, weil das austretende Ende des Stabes der Walze um ein Geringes vorauseilt. Bei zu rascher Bewegung im erstem, bei zu langsamer im zweiten Falle würde demnach ein Stauchen oder Bie- gen des Stabes eintreten. Zur Regelung dieser Bewegungsverhältnisse, welche bei verschiedenen Querschnitten erheblich abweichen können, ist das Getriebe E mit seiner Welle nicht fest, sondern nur durch zwei seitliche Frictionsscheiben verbunden (vergl. Fig. 410), welche eine Ver- langsamung der Bewegung eintreten lassen, sobald der Widerstand zwischen den Walzen wächst. Im Allgemeinen zieht man die Anord- nung der senkrechten Walzen vor den horizontalen vor, weil in diesem Falle die durch den Druck der ersteren Walzen etwa enstandenen Wulste an den langen Kanten des Walzstücks in den horizontalen Walzen wie- der ausgeglichen werden.

Das Universalwalzwerk dient vornehmlich zur Anfertigung der gröbsten Sorten Flacheisen bis zu solcher Breite, dass sie schon den Uebergang zu den Blechen bilden, oder auch als solche gezählt werden. Es erfordert geschicktere Handhabung als ein gewöhnliches Ealiberwalz- werk, ist aber besonders da vielfach in Anwendung, wo sehr verschie- dene Abmessungen von groben Flacheisen hergestellt werden müssen. Bei den breiteren Sorten desselben, welche man sonst in Blechwalzwer- ken fertigt, spricht der Umstand fCür das Universalwalzwerk, dass die Bleche oder Stäbe bei der ersterwähnten Anfertigung unregelmässig ge- formte Ränder besitzen, welche durch Abschneiden entfernt werden müssen, auf dem Universalwalzwerke aber regelmässig ausgebildet wer- den können.

Für Anfertigung kleinerer Sorten Flacheisen zieht man durchweg Staffelwalzen oder Kaliberwalzen vor.

Jedes Universalwalzwerk dient nur zum Fertigwalzen nnd muss demnach durch ein Walzgerüst mit einem Paar gewöhnlicher Yorwalzen ergänzt werden.

^) Abbildung emes BOlchen UniversalwalzwerkB siehe Petzholdt, Eisen- bahnmaterial, Taf. Xn, Fig. 1 bis 3.

520 Walzwerke.

Walzwerke zur Herstellung ringförmiger Körper oder

Eopfwalzwerke.

Um einen gezchloseenen ringi5rmigen Körper auf dem Walzwerke zu strecken, seinen Querschnitt zu yerringem, seinen Durohmesser zu yergrössem , muss offenbar die Bearbeitung in solcher Weise stattfinden, dasB der Körper über die eine von zwei Walzen übergeschoben , Ton die- ser an der Innenseite, yon der andern an der Aussenseite bearbeitet wird. Dieses Ueberschieben wurde nun nicht möglich sein, wenn die Walzen, wie die bisher beschriebenen, mit beiden Enden in Gerüststän- dem auflagern , und das Walzwerk muss schon in Rücksicht hierauf eine Yon den bisher besprochenen Walzwerken erheblich abweichende Ein- richtung erhalten.

Nun wird man zwar im Allgemeinen, wo es irgend angeht, ring- förmige Körper in solcher Weise herzustellen suchen, dass ein zu dem Querschnitte des fertigen Gegenstands ausgewalzter Stab zu einem Ringe zusammengebogen und die beiden Enden durch Schweissen, Lothen oder dergleichen vereinigt werden; es kommt aber auch vor, dass ent- weder der geschweisste Ring doch noch einem Yollendungprocesae zwi- schen Walzen unterworfen werden muss, oder auch, dass man in Rück- sicht auf die Verwendung des Gegenstandes jene Vereinigung durch Schweissen u. s. w. überhaupt zu vermeiden sucht, es vielmehr vorzieht, diesen aus einem Metallstüdce herzustellen, welches entweder ringförmig gegossen oder -durch Lochen (Aufhauen), Weiten und Schmieden über den Dom vermittelst des Dampfhammers in Ringform gestreckt worden war. Diese Fälle sind vorzugsweise häufig bei Anfertigung der eiser- nen oder stählernen Radreifen für Eisenbahnfahrzeuge, und man nennt deshalb derartige Walzwerke dieser speciellen Bestimmung zufolge Rei- fenwalzwerke, leider und unnöthigerweise noch häufiger mit einem Fremdworte Tyres- oder Bandagenwalzwerke.

Die eine der beiden Walzen eines solchen Walzwerks ist verstell- bar, um durch allmälige Näherung die Querschnittsverkleinerung und Streckung ausssuführen; diese Näherung wird durch hydraulischen Druck bewirkt.

Meistens sind zwei Walzgerüste vorhanden, von denen das eine zum Vorwalzen, das andere zum Fertigwalzen dient, sofern nicht der Reifen durch den Dampfhammer mit entsprechend profilirter Bahn auf einem geeignet geformten Amboshome vorgeschmiedet wird.

Bei den Vollendwalzen pflegt nur die eine Walze mit der Betriebs- welle gekuppelt, die andere Schleppwalze zu sein, da es hier von Wich- tigkeit ist, dass die Umfangsgeschwindigkeiten jeder der beiden Walzen den (etwas verschiedenen) Umfangsgeschwindigkeiten der Innen- und Aussenseite des Reifens gleich seien; die Vorwalzen dagegen, sind ge- wöhnlich beide gekuppelt, da der rohe Reifen nicht in die Kaliber passt.

Eopfwalzwerke. 521

unrund und ongleicli dick ist, und deshalb von einer einzigen Walze nicht gern mitgenommen wird.

Man unterscheidet horizontale und yerticale Reifenwalzwerke. Bei den horizontalen dienen zwei Gerüstständer zur Unterstützung der Walzen; in Folge des schon erwähnten ümstandes aber, dass der Reifen nicht über die Walzen geschoben werden könnte, wenn dieselben, wie bei gewöhnlichen Walzwerken, zwischen den Ständern befindlich wären, befinden sich die ohnehin kurzen Walzen kopfartig an den frei aus den Ständern herausragenden Enden der Wellen, und man nennt in Folge dieser Anordnung solche horizontale Reifen Walzwerke Torzugsweise Eopf- walzwerke.

Aus dieser Einrichtung folgt aber, dass nicht, wie bei anderen Walz- werken, mehrere Walzgerüste mit einander gekuppelt werden können, sondern ein jedes derselben durch eine besondere Wellenleitung mit der Betriebsmaschine verbunden werden muss.

Häufiger als die horizontalen Reifenwalzwerke sind im Ganzen die Torticalen, und man findet mehrfache Gonstructionen derselben. Ent- weder man hat, wie bei dem oben abgebildeten Horizontalwalzwerke, zwei getrennte Gerüste, von denen das eine zum Yorwalzen, das andere zum Fertigwalzen dient; oder man versieht die Walze, welche zur Aus- bildung der Aussenfläche des Reifens dient, mit mehreren Kalibern über einander zum Vor- und Fertigwalzen (während die zweite Walze glatt ist) ; der Reifen liegt auf einem durch hydraulischen Druck in der Höhen- richtung verstellbaren Tische und wird mit diesem in die verschiedenen Kaliber gehoben; oder endlich, man hat neben einer flachen Walze mehrere Kaliberwalzen , welche der Reihe nach mit jener in Zusammen- wirkung gebracht werden können.

Ein Walzwerk der zweiten Art, von Tarrot, Walker u. Co. in Leeds im Jahre 1872 für die Eisenhütte Phoenix zu Laar bei Ruhrort gebaut, zeigen die Abbildungen Fig. 413 und 414 ^).

a und b in Fig. 413 sind die beiden Walzen, von denen die erstere ihren Antrieb durch ein Paar Winkelräder von der unten befindlichen horizontalen Welle aus erhält, während h Schleppwalze ist Das auf der horizontalen Welle sitzende Winkelrad ist durch lange Nuth und Feder mit dieser verbunden, so dass es sich auf der Welle verschieben lässt, ohne in der Drehung beeinflusst zu werden. Die Walzen haben zwei Kaliber; das untere dient zum Yorwalzen, das obere zum Fertig- walzen. Die Walze a ist nun in einem gusseisemen Schlitten c gela- gert , welcher mit Führungsleisten in dem Gehäuse d in wagerechter Richtung verschiebbar ist und dessen Bewegung durch den Kolben des hydraulischen Gylinders e erfolgt Es kann somit die Walze a gegen h genähert und von derselben entfernt werden. Bei der Verschiebung des

^) Nach einer von derDirection genannter Eisenhütte dem Verfasser gütigst überlassenen Zeichnung.

522 Walzwerke.

Sohlittens nimmt derselbe , wie aoa der Abbildung ersichtlich ist, das auf der Betriebswelle befindliche Winkelrad mit. Der obere Zapfen der Walae b dagegen ist drehbar in einem gosseisemen Lager befestigt, welches mit einem darüber befindlichen Qaentflcke / in einem Stücke gegossen ist nnd mit demselben in senkrechten Fahrongen auf nnd nieder bewegt werden kann, welobe an der Stirn des Gehänses d an-

Fig. 413.

gegossen sind (vergl. Yig. 414). Der ontere Zapfen von b rnht in einem feststehenden mit d verbundenen Lager derartig, dass die Walze sieb ohne Schwierigkeit ans dem Lager emporheben and wieder einsetzen läset. Das senkrechte Anheben der Walze iat erforderlich, um den Reifen ein- nnd ausbringen zu kSuuen. Die Bewegung wird durch den Kolben des hydraulischen Cylinders g bewirkt, der mit angegoBsenea Leisten auf zwei schmiedeeisernen [S&ulchen ruht nnd mit denselben rom

Reifenwalzwerk. 523

Guflsatacke d getragen wird. In dem Aufriese Fig. 413 iat daa eine dieser Saalchen durch die Kolbenstange des hydraulischen Cylinders Terdeclct; im Grundrisse Fig. 414 erscheinen sie durchschnitten als zwei kleine Kreise.

Vor den Walzen befindet sieb nun der gueseiseme Tisch h, getragen TOD dem Kolben eines dritten hydraolischen Cylinders und mit demsel-

Fig. tu.

ben in senkrechter Richtung beweglich, um den Reifen aus dem Vor- in das Fertigkaliber beben zu können, nachdem die Walze a znrack- gezogen worden ist Znr Nonnirong der richtigen Stellang des Tischs für das Fertigkaliher befindet sich an dem hydraulischen Kolben eine drehbare Stütze t, welche mit Uiklfe einer horizontalen Zugstange nnd einOB an dem Ende derselben befindlichen in Fig. 413 pouktirt gezeich- net«n Handhebels in senkrechte Stellung gebracht wird, sobald der Kol- ben seines höchsten Stand erreicht, und sich hierbei anf einen am bydranliscben Cylinder angegossenen Bord aufstellt, somit das Zurück- sinken des Kolbens verhindemd nnd die genaue Höhenlage des Tischs bestimmend. Zur Verhindernng einer seitlichen Drehung des Tischs wird derselbe an zwei senkrechten in dem Gussatücke d befestigten gnsseisemen Stangen kk (Fig. 414) geführt. Auf der Tischplatte sind zwei Leisten aufgegossen, auf welchen der Reifen vorgeschoben und

524 Walzwerke.

zorückgefOhrt wird, tun die Berähnrngsflache mit dem Tische und somit die Reibung zu yerringem; während dee Walzens ruht derselbe auf zwei horizontalen, neben den Leisten gelagerten, radial gerichteten Wal- zen (yergL Fig. 414), deren Oberkante ein wenig höher liegt ab die Oberkante der Leisten, so dass bei der kreisförmigen Bewegung des Reifens die gleitende Reibung in rollende yerwandelt wird. Zur Verhin- derung einer Hebung des Reifens während des Walzens dient endlich der horizontale Hebel 2, welcher über denselben geschoben wird, sobald er seine richtige Lage erhalten hat, an dem einen Ende sich um einen senkrechten Bolzen dreht und bei m (Fig. 414) durch eine Flügelmutter auf einem zweiten Bolzen festgeklemmt wird. Um die horizontale Be- wegung dieses Hebels zu sichern, ruht das äusserste Ende desselben mit einem Bügel auf der Achse eines Laufrads n.

Die oben erwähnten, eine Drehung des Tischs verhindernden senkrechten Stangen kk dienen ausserdem als Drehungsachsen für die gusseisemen Lagerböcke oo der zwei Centrirrollen jp|> (Fig. 414). Die Centrirrollen haben 300 Mm. im Durchmesser. Jeder Lagerbock enthält, wie in der Abbildung zu ersehen ist, zwei Lager, um nach Maass- gabe des Durchmessers des auszuwalzenden Reifens die Rolle in das eine oder andere derselben einsetzen zu können. Das andere Ende der Lagerböcke o o trägt eine Schraubenmutter, welche die auf beiden Enden des Tischs gelagerte, in der Abbildung ersichtliche Schraubenspindel mit rechtem und linkem Gewinde umschliesst. Durch Drehung der Schrau- benspindel, welche mit Hülfe der auf ihrem einen Ende befestigten Arme bewirkt wird, erfolgt also Näherung oder Entfernung der Cen- trirrollen von einander. Da aber die Drehung der Lagerbocke um die festen Achsen kk nicht möglich ist, ohne eine geringe Verschiebung der Schraubenspindel normal gegen ihre Achsenrichtung zu be¥rirken, so ist der Fuss jedes der beiden Spindellager in einem Schlitze der Tischplatte in der angegebenen Richtung verschiebbar. Aus einem ähnlichen, leicht erkennbaren Grunde sind die fär die Bewegung der Lagerböcke dienen- den Schraubenmattem mit Drehungszapfen in denselben befestigt. Es ist selbstverständlich, dass sowohl die Centrirrollen als die Schrauben- spindel mit dem Tische gehoben und gesenkt, und deshalb ebensowohl für die Arbeit im untern als obem Kaliber benutzt werden.

Die Walzen dieses Walzwerks machen 50 Umdrehungen per Minute. In einer 1 2 stündigen* Schicht walzt man mit Benutzung eines Sie- mens'schen Gasofens 55 Stück, mit Benutzung zweier Oefen 70 bis 80 Stück Reifen (Normalbandagen) aus. Das Walzen eines Reifens ind. der Pause zum Anheben aus dem untern in das obere Kaliber dauert sy^ Minuten. Die hydraulischen Cylinder werden mit Wasser von 45 Atmosphären Druck betrieben.

Als Betriebsmaschinen für die Reifenwalzwerke pflegt man in Bück- sicht auf den Umstand, dass das Auswalzen eines eingebrachten Reifens

Arbeitsverbrauch. 525

zwisoben zwei Walzen ohne Untärbrechnng fortgeht, das Schwungrad also sehr bald seine Leistung erschöpft haben würde und demnach seine eigentliche Bestimmung nicht erfüllen kann, Zwillingsmaschinen ohne Schwungrad zu benutzen. Das in den Figuren 413 und 414 abgebildete Walzwerk der Eisenhütte Phoenix besitzt eine Zwillingsmaschine mit einem horizontalen und einem yerticalen Dampfcylinder von 658 Mm. Durch- messer, 324 Mm. Hub, deren Schubstangen auf einen gemeinsamen Eur- belzapfen arbeiten. Die Normaldampfspannung beträgt ca. drei Atmo- sphären.

Arbeitsyerbrauch beim Walzen.

Derselbe und somit die von der Betriebsmaschine zu leistende Arbeit ist nach Vorausgehendem yon sehr vielen Umständen abhängig. Für den Arbeitsverbrauch entscheiden zunächst die Härte des Metalls auf der einen und das Maass der Querschnittsverkleinerung beim ein- maligen Durchgange zwischen den Walzen auf der andern Seite ; für die Arbeitsleistung der Betriebsmaschine sprechen ausserdem noch mit: die Grösse der Pausen zwischen den einzelnen Durchgängen, die Anzahl der Walzgerüste, welche zu einem gemeinschaftlichen Walzwerke gehören, da' mit der Anzahl derselben die Widerstände durch Reibung wachsen, die Anzahl der Durchgänge, welche gleichzeitig in mehreren Walz- gerüsten stattfinden, die Grösse des Schwungrads ü. a.

Es würde ein nutzloses Beginnen sein, durch theoretische Berech- nungen aus allen diesen Factoren die erforderliche Arbeitsleistung der Betriebsmaschine ermitteln zu wollen. Man kann lediglich auf prak- tischen Erfahrungsresultaten fassen.

Man rechnet an erforderlicher Betriebskraft ^Pfö^to!'

fiir Grobeisen- und Mittelstrecken mit drei Walzgerüsten und

75 Umgängen per Minute 75

n Feineisenwalzwerke mit drei bis fOnf Walzgerüsten und

200 Umgängen per Minute 50

Schnellwalzwerke mit fünf bis sieben Walzgerüsten und

400 Umgängen per Minute 130

n Schienenwalzwerke mit 100 Umgängen 250

kleine Blechwalzwerke zu Schwarzblech bis zu 5 Mm. Stärke

mit 40 Umgängen per Minute 20

jf Kesselblechwalzwerke mit 30 Umgängen per Minute . 70 9 Walzwerke zu Panzerplatten, 30 Mm. stark, 2,5 M. breit,

mit 30 Umgängen per Minute 250

jf £upferblechwalzwerke mit Walzen von 450 Mm. Durch- messer 2 M. lg., 40 Umgänge per Minute 20

n Messingwalzwerke mit Walzen von 400 Mm. Durohmesser,

IM. Länge 30

Dnrchsch. Pfditkn. für Kehrwalzwerke mit ZwiUingsmaschiDe zum Urastencm

und ohne Schwnngi-ad 600

Reifenwalzwerke mit Zwillingsm aachin e ohne Sohwnngrad 350

Das Arbeitsverfahren.

Da die Formgeljnng beim Walzen lediglich Ton der Form der Wal- zen nnd Kaliber abhangig igt, so ist der manuellen GeBchicklichkeit des Arbeiters in dieser Beziehung ein geringerer Spielraum gegeben als bei der Formgebung durch Hämmern. Die Arbeiten bestehen im Wesent- lichen ans der Vorbereitung des Materials (Sortiren, Packetiren, Erhitzen), dem Einbringen in die Walzen, wobei eine der Bescbaffeuheit des Mat«- rials entsprechende Wahl in der Aufeinanderfolge der Kaliber erheblich zur Beschleunigung des Processes beizutragen vermag, dem Ergreifen nnd Zurflckgeben des herauskommenden Walzstücks, Drehen desselben nnd Wieder einbringen.

Bei dem Waisen von Schmiedeeisen verbindet man einen Schweiss- und Verdichtungsproceas mit der Formgebung, indem man aus schon roh bearbeiteten Stäben (Rohichienen) , Ab^en und Alteisen Packete in der schon beim H&mmem beschriebenen Art nnd Weise zusamoien- legt, diese zanScbst in Vorkalibem (Scbweisskalibem) zusammenschweisst und dann weiter aosrecki Meistens ist der Querschnitt des Packets quadratisch, nnd zum Zusammenschweissen dienen Spitzbogenkaliber; bis- weilen giebt man auch dem Packete schon einen dem fertigen Gegen* stände ähnlichen Querschnitt und erleichtert dadurch die Kalibrirung der Walzen. Ein Beispiel hierfür kann die Abbildung Fig. 415 geben, Fig. 415. welches die Packetirung fftr grosses Doppelt-

T-Eisen in zweierlei Weise ausgeführt zeigt. Ebenso giebt Fig. 416 ein Beispiel, wie man AbfSlle von fagonnirtem Eisen mit anderen zu- sammenlegen und wieder verarbeiten kann.

Wie schon früher erwähnt, wird io sol- chen Fällen, wo es auf grosse Dichtigkeit an- kommt, das Schweissen unter Hämmern und erst die eigentliche Formgebnng unter Walzen ausgeführt, z. B. bei Anfertigung von Eisen- blechen. Ebenso wird Stahl unter Hämmern geschweisst. Auch gegoesener Stahl (Tiegelgassstohl, Bessemer- und Martinstahl) erhält auf deutschen Eisenwerken meistens erst einen Verdichtungsprocess nuter H&mmem, ehe er den Walzen flbergeben wird; anf nordamerikanischen Eisenwer- ken werden dagegen die gegossenen Stahlblöcke fllr die Schienenfabrika-

Arbeitsverfahren. 527

tion ohne Weiteres in den beschriebenen grossen Yorwalzwerken (Bloo- ming-mills) ausgewalzt.

Andere Metalle als Eisen nnd Stahl pflegt man nnr höchst selten in kalibrirten Walzen zu verarbeiten, sondern beschränkt sich auf die Fig. 416. Herstellung von Blechen ans diesen Metallen, welche nach Erforderniss durch Zerschneiden in Stabform gebracht wer- den können. Alle diese Metalle werden aus gegossenen Platten in den Walzwerken weiter verarbeitet, entweder ohne sonstige Zwischenarbeit, oder, wie es z. B. bei Her- stellung von Kupfer-, Messing-, Neusilberblech biswei- len geschieht, nach vorausgegangener Verdichtung unter dem Hammer. Kupfer und Bronze werden in dunkler Bothgluth, Gold, Silber, Messing, Neusilber, Blei, Zinn, Zink kalt gewalzt^). Bei den kalt ge- walzten Metallen ist zwischen den einzelnen Durchgängen ein um so öfteres Ausglühen erforderlich, je rascher sie ihre Dehnbarkeit verlieren. Messing und Neusilber müssen anfänglich nach jedem Durchgange ge- glüht werden; Gold und Silber um so öfter, je stärker sie legirt sind; Zink wird nach beendigtem Walzen auf 150 Grrad erwärmt. Blei und Zinn bedürfen keines Ausglühens.

Bei sämmtlichen Metallen , welche zu Blechen verarbeitet werden, pflegt man, wenn die Verdünnung einen gewissen Grad erreicht hat, zur Beschleunigung der Arbeit zwei oder auch mehrere Tafeln auf einander zu legen oder eine lange Tafel in der Mitte zusammenzubiegen und so gedoppelt zwischen den Walzen hindurchgehen zu lassen.

Zur Ausführung der Arbeiten pflegen mindestens fünf Arbeiter er- forderlich zu sein , welche das Einstecken , Zurückreichen und die Ver- stellung der Walzen besorgen.

Wie schon bei den Arbeitseigenschaften der Metalle hervorgehoben wurde, lassen sich verschiedenartige Metalle mit einander vereinigen, wenn sie mit metallisch reiner Oberfläche auf einander gepresst werden. Diese Eigenschaft findet Anwendung bei der Anfertigung plattirter Bleche.

Der am häufigsten in dieser Beziehung vorkommende Fall ist die Herstellung von Kupferblechen, welche mit Gold oder Silber plattirt sind. Eine auf eine Stärke von 12 bis 20 Mm. ausgewalzte Platte aus dem reinsten Kupfer wird durch Schaben an der Oberfläche vollständig gereinigt und mit einer ebenfalls vollständig reinen Gold- oder Silber- platte aus möglichst' feinem Metalle belegt, deren Ränder um die Ränder

^) Zink wird nicht selten schwach angewärmt; da die Temperatur beim Walzen sich gteigert, würde man bei zn starker vorausgegangener Erwärmung Gefahr laufen, dass eine Erhitzung über jene Grenze eintritt, wo das Zink seine Dehnbarkeit verliert.

528 Walzwerke.

der Knpferplatte umgeklopft werden. Die mechanische Reinigung an den Berührungsflächen muss, wenn Vereinigung stattfinden soll, mit äusserster Sorgfalt bewirkt, jede Berührung mit den Fingern vermieden worden sein. Zur Erleichterung der Vereinigung giebt man der Eupferoberfläche vor dem Auflegen der Gold- und Silberplatte einen dünnen Gold- oder Silberüberzug durch Bestreichen mit einer concentrirten Lösung von Goldchlorid, be- ziehentlich Silbemitrat. Die beiden aufeinander gelegten Metallplatten werden vorsichtig zur Rothgluth erwärmt und dann die Oberfläche an- haltend mit einer eisernen Krücke gerieben, um ein dichtes Aneinander- legen zu bewirken. Wenn man sich durch Anschlagen mit einem Ham- mer an die herausgenommene Platte überzeugt hat, dass in solcher Weise alle hohlen Stellen beseitigt sind, lässt man sie rasch mehrere Male durch das Walzwerk unter jedesmaliger Näherung der Walzen hindurchgehen, wodurch eine vollständig feste Verbindung erreicht wird, und walzt sie später kalt zu der verlangten Stärke aus.

Ebenso kann man Blei mit Zinn plattiren, indem man zwei gans reine Platten dieser Metalle auf einander legt und zusammen in dem Walzwerke ausstreckt.

Literatur.

lieber sämmtliche Arten von Walzwerken :

J. V. Hauer, Die Hüttenwesensmaschinen, 2. Auflage, enthält von S. 478 bis 572 für die verschiedenen Arten und einzelnen Theile der Walz- werke in klarer DarsteUungsweise Beschreibungen und Gonstruc- tionsregeln, welche in Vorstehendem mehrfach benutzt wurden.

Abbildungen ausgeführter Walzwerke:

Jordan, Album du cours de m6tallurgie, Taf. 89 bis 103; Blechwalz- werke, Taf. 114 bis 117, 119, 120.

Zeichnungen der „Hütte', Jahrgang, 1861, Blatt 18 a bis x, 1863, Blatt 4 a bis d, 1864, Blatt 3, 1865, Blatt 2.

Wiebe, Skizzenbuch, Jahrgang 1867, Heft 2 (Neusilberwalzwerk), Jahr- gang 1868, Heft 1 (Messingwalzwerk), Jahrgang 1875, Heft 5 (Messingwalzwerk).

Ueber Walzenkalibrirung :

Tunner, Ueber die Walzenkalibrirung fGbr die Eisenfabrikation, Leipzig 1867 (nebst Atlas von 10 Tafeln).

Daelen, Hollenberg und Diekmann, Die Ealibrirung der Eisenwal- zen. Drei von dem Vereine zur Beförderung des G^werbfleisses in Preussen gekrönte Preisschriften; abgedruckt in den Verhandlungen des genannten Vereins, Jahrgang 1869, und im Separatabdrucke bei Nicolai in Berlin in mehreren Auflagen erschienen.

Literatur. 529

Abbildungen ansgefilhrter Kalibrirnngen auBserdem in den Zeichnungen der „Hütte^, Jahrgang 1864, Blatt 37; Jahrgang 1862, Blatt 8, a bis c; in Petzoldt, Eisenbahnmaterial, Taf. 6, 7, 8, 9, 10, 11, 23, 24.

. üeber Vor- und Rüokwärtswalzen:

Oesterreichische Zeitschrift fOr Berg- und Hüttenwesen, Jahrgang 1872, S. 49 (Tanner); Zeitschrift deutscher Ingenieure, Jahrgang 1875, Seite 98.

üeber Radreifenwalzwerke und deren Anwendung:

Y. Rittinger, Erfahrungen im berg- und hüttenmännischen Maschinen- wesen, Jahrgang 1867, S. 28 (Schmidthammer); Jahrgang 1869, S. 15 (derselbe). y. Eerpelj, Fortschritte der Eisenhüttentechnik, Jahrgang 1870, S. 359 bis 364.

Ueber das Arbeitsverfahren beim Walzen geben die Lehrbücher der Eisenhüttenkunde von Karsten, Flachat, Valerius u. A. meistens ausführliche Beschreibungen; ebenso Ansiaux und Masion, Handbuch über die Fabrikation des Puddeleisens und Puddelstahls , deutsch von Hartmann. Verfasser hält es jedoch für geboten, auch hier wieder seine Ansicht dahin auszusprechen, dass das eigentliche Arbeitsverfah- ren sich niemals aus Lehrbüchern, sondern nur durch eigene praktische Thätigkeit erlernen lassen wird, und ho£Pt daher, dass die oben gegebene allgemeine Darstellung desselben für das erste Yerständniss der vor- kommenden Arbeiten genügen dürfte.

D. Ziehbänke*

Die formver&adernde Arbeit, welche man mit dem Namen Ziehen bezeichnet, entsteht, wenn ein stabf5rmig6r Körper mit seinem einen etwas zugespitzten Ende durch eine engere Oeffnnng als sein eigener Querschnitt ist, hindurchgesteckt und nun durch eine an dem durchgesteckten Ende angreifende Zugkraft in seiner ganzen Länge durch jene Oeffnung hindurch- gezogen wird, wie es Fig. 417 a. f. S. darstellt. Es findet also auch hier eine Querschnittsverdünnung und eine entsprechende Längenaus- dehnung statt; die Molecüle verschieben sich in solcher Weise, dass die nach dem Mittelpunkte zunächst liegenden Theile den übrigen voran- eilen, welche zurückgedrängt werden, und der Körper setzt einer Tren- nung seiner Theilchen in dem durchgezogenen Ende seine Zerreissungs- festigkeit entgegen. Aber auch ein Zusammendrücken innerhalb der verengten Oefinung ist unvermeidlich, und vermöge der ElasticHät des

Iiedebar, neofaanlaoh-mttallargtMlM Ttohnologl«. 34

530 Ziehbänke.

gezogenen Körpers ist der Qnerscbnitt deaaelben, nachdem er die Zieh* Öffhnng passirt hat, stets ein wenig gröseer als diese.

I>ie Kraft, welche erforderlich ist, jene QaerschnitteverdQnnnng beim Ziehen herrorzabringen , wächst mit ^' der Differenz der Qaerscbidtte Tor

and noch dem Ziehen; sie ist abhän- gig Ton der Härte des zu ziehenden

^ Körpers (welche mit der Formver&nde-

rung Eonimmt), toh der GMchwindig- keit der Bewegung, von der Form and Beschaffenheit des Ziehlochs. Ein schlank konisches, trichterförmi- ges Looh wii^ das Hindnrcbziehen leichter machen , als ein solches , bei welchem die QnerschnittsTerengnng in plötzlichem Uebergange stattfin- det; ein Loch, dessen Innenfläche glatt aasgearbeitet and mit Fett Aber- zogen ist, wird dem Hindarchziehen einen geringem Reibnngswiderstand entgegensetzen als eins mit ranhen Flächen.

Wenn jene Kraft zam Hindarchziehen grösser als die Zerreissongs- festigkeit des Stabes in dem hindurchgezogenen Theile ist, so tritt Zer- reissnng ein. Hieraus folgt, daas die Qaerschnittsabnahme in einer Ziehöffnnng in erster Reihe von der Zerreissangsfestigkeit des Metalls, in zweiter von der verfügbaren Zagkraft abhängig sein mnss, dass also fOr erheblichere Qner Schnitts verkleinemngen viele Ziehlöcher nach ein- ander angewendet werden mOsaen, wie man bei der Formveräoderang durch Walzen das Arbeitsstück durch eine grSssere Anzahl Kaliber hin- dnrchgehen lassen musste. Das lineare Abnahmeverbältniss der Zieh- löcher (der Terdünnongsfactor) beträgt durchschnittlich

bei Schmiedeeisen 0,90

Stahl 0,95

, Messing und Kupfer 0,925

Silber 0,85

d, h. der Durchmesser jeder folgenden Oefinnng verkleinert sich um so viel ab die obige Zahl angiebt, wobei angenommen ist, dass das Zie- hen — wie es meistens der Fall ist in der Kälte geschiebt.

Ein Ziehen des erhitzten Metalls findet nur in besonderen Fällen statt (sobmiedeeiseme Röhren, welche beim Ziehen geschweisst werden), weil durch die Erhitsang die Zerreissungsfeatigkeit in beträcbtlicherm Maasse abzanehmen pfiegt, als der Widerstand, den das Metall dem Ziehen entgegensetzt.

Wenn wie es annähernd stets tlblich ist das obige Abnahme- Terbältniss in den Ziehöf&iimgen auch bei fortschreitender YerdCümung das nämliche bleibt, so folgt; dass die aufzuwendende Kraft, sofern alle fibrigen Terhältniaae die nämlichen bleiben, immer gannger wird. Denn wenn i. B. jenes AbnahmererhältnisB 0,9 ist, und der Dorchmesser eines

Theorie des Ziehens. 531

krdismnden Stabes von 6 Mm. sich demnach auf 0,9 X 6 = 5,4 Mm

verringert, so findet eine Qnerschnitts^erdünnnng von 6* 5,4^ = 5,37

4 4

Qoadratmillimeter statt; verringert sich aber der Durchmesser eines kreisrunden Stabes von nur 2 Mm. Durchmesser auf 0,9 X 2 = 1,8

Millimeter, so ist die Querschnittsverdünnung nur 2' -- 1,8* = 0,6

4 4

Quadratmillimeter, und die erforderlichen Zugkräfte würden sich dem- nach annähernd wie 5,37 : 0,6 verhalten können. -

Da nun aber die aufgewendete Zugkraft bei einem und demselben Ziehwerke unveränderlich, ein wachsendes Abnahmeverhältniss der Zieh- löcher ebenfalls nicht thunlich ist, so wächst dementsprechend die Schnelligkeit des Hindurchziehens mit abnehmendem Durchmesser und schwankt nach dem Querschnitte des Arbeitsstücks von 0,2 bis 2 M. per Secunde.

Man zieht entweder volle Stäbe, meistens mit kreisrundem Quer- schnitte und nennt das Endproduct Draht; oder man zieht hohle, mei- stens cylinderformige Körper Röhren.

Aus dem Vorausgegangenen folgt, dass der zum Ziehen der Metalle dienende Apparat als wichtigsten Theil eine aus genügend hartem Mate- riale gefertigte Platte mit den Oefinungen zum Ziehen Ziehlöchem enthalten muss; diese Platte wird das Zieheisen genannt; dass ferner eine meistens durch Elementarkraft betriebene Vorrichtung vor- handen sein muss, um den Metallstab durch die Oe&ung hindurch- zufnhren. Das Ziehen wird stets in horizontaler Bichtung bewirkt und muss genau in der Achsenrichtung des Ziehloches erfolgen, wenn nicht Gefahr für das Abreissen entstehen und ein einseitiges Ausschleifen des Loches die Folge sein soll. Das Zieheisen wie die erwähnte Vorrich- tung für die Arbeit des Ziehens sind gemeiniglich auf einer hölzernen oder eisernen Bank angebracht, und den InbegrifiP des Ganzen nennt man Ziehbank.

Nach der Art und Weise, wie der Zug auf das Metall ausgeübt wird, unterscheidet man Schleppzangen -Ziehbänke und Scheiben- oder Leier-Ziehbänke.

Schlepp Zangen -Ziehbänke.

In den Figuren 418 und 419 (a.f.S.) ist eine Schleppzangen-Ziehbank zum Ziehen von Kupfer und Messingröhren in der Fabrik der Herren Florian Liebelt u. Comp, in Chemnitz abgebildet.

Die endlose ISIette aa ist auf der einen Seite über das verzahnte Bad h geführt, welches durch die Getriebe c und d in Umdrehung ver- setzt wird, und somit auch der Kette ihre Bewegung ertheilt; auf der andern Seite ist die Kette einfach über das Bad ohne Zähne e geführt Die Lagerböcke fär die Wellen der beiden genannten Bäder dienen

34*

Scbleppzangenziehbänke. 533

zugleich zur Unterstützung zweier horizontaler hölzerner Balken //, welche die eigentliche Bank bilden. Dieselben sind jenseits der Lager des Rades e fortgesetzt und endigen in einem dritten Paar Lager auf der rechten Seite. An der obem Seite sind sie mit Flacheisenschienen beschlagen und auf den letzteren läuft ein kleiner gusseisemer, yier- rädriger Wagen g. Durch einen Bolzen und Splint ist der Wagen mit der Zange i verbunden, deren Maul sich schliesst, sobald der Wagen nach links bewegt wird, und dadurch einen Zug auf die Schenkel der Zange ausübt. Auf der andern Seite des Wagens befindet sich, durch ein Gelenk mit demselben verbunden , der gekrümmte Finger A;, welcher die Verbindung des Wagens mit der umlaufenden Kette bewirkt, sobald er über eins der mittleren Kettenglieder übergeworfen wird. Wenn aber das Kettenglied, auf dem Rade h angelangt, abwärts gehende Be- wegungsrichtung annimmt, löst sich der Finger in Folge dieser ver- änderten Lage aus der Verbindung, das Gegengewicht { wirft ihn sofort empor und macht dadurch den Wagen völlig von der Kette frei, ein Hinabziehen desselben verhütend. Letztere Gefahr wird ausserdem da- durch vermieden, dass der Wagen im letzten Stande an eine Platte der gusseisemen Schuhe stösst, in welchen die Balken // lagern. Der Wagen sammt der Zange kann nun leicht von Hand zurückgeführt und am Anfange der Bahn aufs Neue in die umlaufende Kette eingeklinkt werden.

Unmittelbar hinter dem äussersten Angriffspunkte der Zange befindet sich das Zieheisen nt, mit breiter gusseiserner Platte auf den Holzbalken festgeschraubt, und in dasselbe hinein ragt der an einer schmiede- eisernen Stange befindliche „Dom*' n zur Begrenzung der lichten Weite der zu ziehenden Röhren. Es ist aus den Abbildungen ersichtlich, wie die Stange des Doms mit dem andern Ende in einem Schlitze des Lagers o aufruht, so dass sie sich, um das zu ziehende Rohr einzubrin- gen, nach rechts zurückziehen lasst. Dieser ganze rechts befindliche Theil der Bank ist natürlich entbehrlich und kann wegfallen, wenn die Anwendung des Doms beim Ziehen nicht erforderlich ist, also auch bei allen Drähten und auch bei solchen Röhren, die ohne Dorn gezogen wer- den (z. B. eiserne Röhren).

Bei den Schleppzangen-Ziehbänken ist die Länge jedes Zuges durch die Länge der Bank bestimmt; sollen längere Gegenstände gezogen werden, so muss, nachdem das entsprechende Stück durchgezogen wor- den ist, die Zange zurückgeführt, und aufs Neue an dem aus dem Zieh- loche hervorragenden Ende angesetzt werden. Dadurch entsteht ein Zeitverlust und auf den^ gezogenen Arbeitsstücke zeigen sich, in den bestimmten Abständen wiederkehrend, deutlich sichtbar die Spuren der Zangenbisse.

Beide Umstände vereinigen sich, die Schleppzangen-Ziehbank zu einem ungeeigneten Geräthe zum Ziehen dünnerer Drähte zu machen, zum Drahtziehen ist sie nur dann in Anwendung, wenn ein sehr be-

534 Ziehbänke.

tr&ohtlicher DnraluneBser des Arbeitsat&cka die Anwendung der BOgleicb zn beschreibenden Scheiben ziehbaok nicht gestattet, bei welcher ein Bie- gen detselben in Ringfonn Erforderniss ist. Drftbte mit solchen grossen Durchmessern werden Jedoch überhaupt nnr ansDahmsweise dorch Ziehen dargestellt werden. Ans demselben Grunde ist aber die Scbleppzangen- Ziehbank unentbehrlich zum Ziehen von RShreD, deren L&nge ohnehin eine sehr beschränkte ist, so dass hier die Länge der Bank ohne Schwie- rigkeit dem BedOrMsse angepasst werden kann.

Scheiben- oder LeiereiehbSnke.

Eine solche ist in perspectirischer Ansicht in Fig. 420 abgebildet. Auf der hölzernen Bank G befindet sich an der einen Seite der Haspel Fig. 420.

oder Hut F, welcher den Ring des zn ziehenden Drahts trägt, und um eine senkrechte, in der Bank befestigte eiserne Achse sich dreht Auf der andern Seite der Bank ist die Leier, Trommel oder Rolle C au Gnsseuen befindlich, gleichfalls drehbar und Ton der unterhalb der Bank gelagerten Betriebswelle a aas Termittelst der Winkelräder p und q bewegt, deren letzteres auf der Achse der Leier C befestigt ist. Ud> geftbr in der Uitte zwischen Haspel und Leier steht der Ständer D mit dem Zieheisen B, welches innerhalb desselben verschiebbar ist, nm noch Erforderniss die BenntzDSg verschiedener Löcher möglich aa

SelhstversUlndlich wird, wenn das eine Ende des Drahts angespitit, dorch das Zieheisen hindorchgeBteckt und an C befestigt wird, der ganze Draht sich allmälig von F ah und auf G aufwickeln, und dabei eine entsprechende Streckung und Qaersohnitteverdünnung erfahren, sobald 0 in Bewegung versetzt wird.

Die Trommel C pflegt mit einer Vorrichtung versehen zu sein , um

sie leicht nusBcr nnd in Bewegung setzen zn können, ohne dasB die Dre- hung der Welle a, welche gewöhnlich eine grössere Anzahl Trommeln j>ig, 421. ^^ treiben hat, dadurch

beeiaflusst wird. Die Einrichtung ist eine solche, dass nach beendigtem DnrchgaDge des Drahts durch das Ziehloch aelbst- th&tige Ausrücknng er- iblgt

Die Figuren 421, 422 und 423 zeigen eine der für diesen Zweck tlblichen Constmctionen ia '/ii <l^r wirklichen Grösse. Die gOBseiseme Trommel dreht sich lose auf der senk- rechten Welle, 0. Un-' mittelbar unter der Trom- mel ist die Scheibe p auf der Welle befestigt, deren Form im Grundrisse sich ans Fig. 423 ergiebt. Die Trommel tr&gt den Stift n mit einer Spiralfeder versehen, welche ihm das Bestreben ertheilt, den höchsten Stand wie in Fig. 422 einzunehmen. In dieser Stellung Fig. 422. dreht sich nur die WeUe 0

mit der Scheibe p und die Trommel steht still. Drückt man aber den erwähnten Fig. *23.

Stift mit Hilfa des an seinem obern Ende befindlichen Enopfo nach unten, so wird das andere Ende desselbeo alsbald von einer der beiden auf p anfgegossenen Bippen erfasst und die ganze Trommel eomit in Umlauf veraetit werden. Die Spannung,

536 Ziehbänke.

welche der durch das Ziehloch hindnrohgehende Dtraht gegen die Trom- mel ansübii ruft dabei eine so beträchtliche Reibung zwischen dem Stifte und der Rippe p herror, dass ersterer in seiner Stellang yerharrt, auch nachdem die Hand den Knopf losgelassen hat; sobald aber das Ende des Drahts das Ziehloch verlassen hat, hört die Spannung anf, der Sfcifl schnellt empor und die Trommel steht still.

Zur Befestigung des Drahts an der Trommel dient gewöhnlich eine kleine Zange oberhalb des untern Randes derselben, welche in ganz ähnlicher Weise wie die Zange der oben beschriebenen Schleppsangen- Ziehbank das Drahtende erfasst und hinter dch drein zieht, so lange durch Drehung der Trommel die zum Schliessen der Zange erforderliche Spannung erzeugt wird (vergl. Fig. 421).

Das Zieheisen.

«

Dasselbe pflegt für das Ziehen von Dr&hten aus einer Gnssstahl- platte zu bestehen, in welcher die Ziehlöcher von yerschiedener Grösse .eingearbeitet sind. £s wurde schon erwähnt, dass diese Ziehlöcher genau gearbeitet und innen glatt sein müssen, damit die Arbeit erleichtert werde und ein fehlerfreies Product entstehen könne. Nach hinten erwei- tem sie sich in schlank konischer Form, in der Mitte befindet sich ein kurzes cylindrisches Stück, dessen Durchmessei^ die erfolgende Verdün- nung bewirkt, nach vom findet wieder eine kürzere Erweiterung statt, um das Austreten zu erleichtern (vergl. Fig. 417). Die vordere Oeffiiung heisst das Auge des Zieheisens. Die Stärke des Zieheisens betragt nach dem Durchmesser der Drahtsorten 4 bis 25 Mm.; ein einziges Zieheisen enthält oft bis 100 Löcher.

Für sehr feine Drähte aus (xold und Silber benutzt man bisweilen statt des Zieheisens eine Messingplatte, in welche ein entsprechend durch- lochter Rubin oder Saphir eingelassen ist, und nennt diese Vorrichtung Steinloch. Solche Steinlöcher sind dauerhafter als die aus Gueastahl gefertigten Zieheisen.

Beim Ziehen von Röhren auf der Schleppzangen-Ziehbank, insbeson- dere, wenn mit dem Ziehen ein Schweissen verbunden ist, es also darauf ankommt, rasch die Löcher zu wechseln, benutzt man statt des Zieh- eisens mit vielen Löchern ein solches mit nur einem Loche, welches mit einem konischen, leicht auszuwechselnden Einsatzstücke versehen ist, so dass nach jedem Durchgänge rasch ein anderes Einsatzstück ein- gesteckt werden kann. Diese Einsatzstücke sind aus Gusseisen oder Stahl gefertigt und werden Ziehtuten (Ziehdüten) genannt.

Arbeitsverfahren und Arbeitsaufwand.

Für das Ziehen von Drähten benutzt man Stäbe, welche durch einen vorbereitenden Process schon zu einem möglichst geringen Quer-

Arbeitsrerfahren. 537

Bchnitte aiugearbeitet worden sind. Das Material för Eisen- und Stahl- draht ist der sogenannte Walsdraht, d. h. Rondeisen von 4 bis 10 Mm. Durchmesser, welches im Schnellwalzwerke seiner Bestimmung nach auch wohl Drahtwakwerk genannt gefertigt wird.

Ffkr Drtiite ans allen übrigen Metallen werden ans Blechen Strei* fen geschnitten, deren ursprünglich quadratischer Querschnitt im Zieh- eisen in den runden umgewandelt wird; seltener schmiedet man unter dem Hammer Kundstäbe (beim Kupfer), oder walzt sie in Rundkalibem (beim Golde und Silber), in welchen Fällen das Metall ursprünglich schon in cylindrische Form gegossen wurde. Die gegossenen Rundstäbe ohne Weiteres auszuziehen ist eine Methode, welche nur für die aller- dicksten Drahtsorten geeignet sein dürfte.

Je rascher die Metalle durch das Ziehen an Härte zunehmen, desto öfter müssen sie geglüht werden, wozu man Gefässöfen zu be- nutzen pflegt.

Nach dem Glühen ist eine Reinigung von Glühspan erforderlich, bevor das Ziehen wieder beginnen kann; Eisen und Stahl reinigt man durch Beizen mit verdünnter Schwefelsäure, darauf folgendes Scheuem unter Wasserzufluss auf dem sogenannten Polterwerke, welches aus einem ähnlich wie ein Schwanzhammer wirkenden, doppelarmigen, stoss- weise bewegten Hebel besteht, an dessen längerm Arme die Drahtringe aufgehängt sind , um durch die Erschütterung beim Aufschlagen auf eine feste Unterlage ihren durch das Beizen schon gelockerten Glühspan fahren zu lassen. Dann kommen die Drähte in eine verdünnte saure Lo- sung von Kupfervitriol, in welcher sie einen schwachen Kupfeniberzug annehmen, aus dieser in Kalkwaiser zur Entfernung der Säure, und sind nun, nachdem sie getrocknet sind, zum weitem Ziehen bereit.

Kupfer bedarf gewöhnlich keines Glühens während des Ziehens; Messing wird nach dem Ziehen geglüht, und entweder als weicher „schwarzer Draht" in den Handel gebracht, oder mit Schwefelsäure ab- gebeizt, dann mit einer Auflösung von Weinstein gekocht, und noch- mals durch ein Zieheisen gezogen, um Glanz zu erhalten.

Gold- und Silberdräthe bedürfen um so weniger des Glühens, je reiner das Metall von fremden Metallen und Beimengungen ist.

Aehnlich wie man plattirte Bleche anfertigt, stellt man auch Kupferdrähte, welche mit Gold oder Silber plattirt sind, dar, indem man die sorgfältig gereinigte Kupferstange mit dünn geschlagenen Gold- oder Silberblättem belegt, diese durch Umwickeln mit schmalem Bande be- festigt, erwärmt (wobei das Band wegbrennt), mit einem Blutsteine an- reibt und dann nach dem Erkalten zusammen auszieht.

Der Arbeitsverbrauch beim Ziehen von Drähten wird im Allgemei- nen um so geringer ausfallen, je geringer der Durchmesser des Drahts ist. Es folgt dieses aus dem schon früher mitgetheilten Umstände, dass das Abnahmeverhältniss der Durchmesser der Ziehlöcher annähernd gleich bleibt, demnach die Abnahme des totalen Querschnitts um so un-

538 Ziehbänke.

bedeutender ansfillli, je kleiner der Durohmesser wird. Es kommt hinzu, dass mit Yerringerang des Durchmessers auch die Beibung im Ziehloche abnimmt, und die mit abnehmender Stärke des Drahts zunehmende Ge- schwindigkeit beim Ziehen reicht nicht immer aus, diesen überschüssig werdenden Arbeitsverbrauch zu decken.

Karmarsch giebt an, dass, um per Secunde 1,5 M. Eisendraht Yon 1 Mm. Durchmesser zu ziehen, iVe Pferdestarken, um dagegen in der- selben Zeit 0,2 M. Draht von 8 Mm. Durchmesser zu ziehen , 7 Pferde- stärken erforderlich seien, und dass der Arbeitsverbrauch zum Ziehen yon Eupferdraht etwa das Vs fftche , zum Ziehen von Messingdraht das Vs" fache des zum Ziehen von Eisendraht unter sonst gleichen Verhältnissen erforderlichen Arbeitsverbrauchs betrüge.

Es würde demnach, um in derselben Zeit die gleiche Menge Draht von 8 Mm. wie von 1 Mm. Durchmesser zu ziehen, ungefähr der 50- fache Arbeitsaufwand für erstem als fOr letztern erforderlich sein, und es entspricht dieses Verhältniss annähernd dem Unterschiede in dem Maasse der stattfindenden Querschnittsverdünnung bei beiden Draht- Borten.

Zum Ziehen von Hohlkörpern (Bohren) benutzt man dicke, hohle Cylinder des betreffenden Metalls, welche entweder durch Griessen (beim Kupfer, Blei, Zinn, Messing) oder durch Zusammenbiegen eines flachen Streifens und Verbinden der Fuge durch Schweissen (beim Eisen) oder Löthen (beim Kupfer und Messing) hergestellt worden waren, oder man fertigt den rohen Cylinder durch Pressen einer cylindrisohen Scheibe in einer Beihe von Gesenken, welche deren Band allmälig aufbiegen und sie in Bührenform verwandeln (beim Kupfer, vergl. Seite 479).

Bei dem Ziehen der Bohren wird ebensowohl die Wandstärke als der innere Durchmesser verringert. Wird eine Verkleinerung des Durch- messers nicht beabsichtigt, so steckt man in die Oefihung einen eisernen glatt abgedrehten Stab (Ziehen über den Dorn). Näheres hierüber siehe im letzten Abschnitte unter Anfertigung der Bohren.

Literatur über Ziehen der Metalle.

Karmarsch-'Hartig, Mechanische Technologie, 5. Auflage, S. 191

bis 220. Hoyer, Mechanische Technologie, S. 167 £P. Karsten, Eisenhü^nkunde, Bd. IV, S. 360. Polytechnisches Centralblatt, Jahrgang 1874, S. 1047 (Anfertigung von

fagonnirtem Drahte).

539

Büokblioke.

In YorBtehendem wurde gezeigt, wie man mit verscliiedenartigen Hilfsmitteln einem dehnbaren Metalle eine bestimmte Form ertheilen kann; und zwar lässt sich frir denselben Zweck nicht selten jeder der besprochenen formgebenden Apparate mit gleich gutem Erfolge verwen- den, sofern man die verschiedenen Kosten der Herstellung ausser Acht lässt. Letztere aber bilden den empfindlichsten Prüfstein für die Zweck- mässigkeit eines Arbeitsverfahrens, und werden daher meistens ent- scheiden müssen, welche der beschriebenen Methoden die geeigne- tere seL

Zieht man zuvörderst den erforderlichen Arbeitsaufwand bei den vier besprochenen Gattungen formgebender Apparate in Betracht, welche Bämmtlich die Aufgabe erfüllen, Querschnittsveränderungen ungeschmol- zener Metalle hervorzurufen, so dürfte die . nämliche Form Veränderung den grössten Arbeitsaufwand durch Ziehen verursachen, theils wegen der Beibung im Ziehloche, theils wegen des Umstandes, dass das Ziehen fast immer kalt geschehen muss, um nicht die Zerreissungsfestigkeit des Metalls zu schwächen; hieran reiht sich das Hämmern, dann das Wal- zen, den geringsten relativen Arbeitsaufwand wird das Pressen er- fordern ^).

Wenn es sich um Herstellung einfacher gestreckter Formen von unbegrenzter Länge und gleichbleibendem Querschnitte (Stäbe und Bleche) handelt, liefert das Walzwerk in der Zeiteinheit die grösste Production, eine geringere der Hammer, die unbedeutendste das Zieh- werk. Ist die Form ringsum abgeschlossen, insbesondere also die Länge begrenzt und der Breite und Stärke gegenüber nicht sehr beträchtlich, so verliert die Anwendung des Walzwerks an Zweckmässigkeit, das Ziehwerk wird überhaupt unbenutzbar, sobald der Querschnitt des Fa- brikats an verschiedenen Stellen ein verschiedener sein soll; für ein- fachere Formen tritt der Hammer, für weniger einfache die Presse in den Vordergrund. Zieht man endlich die Kosten der Anschaffung, den erforderlichen Platz für die Aufstellung und Bedienung der vier Appa- rate in Betracht, so zeichnet sich vor allen der Handhammer und Am- bos durch Einfachheit aus und eignet sich trotz dieser Einfachheit zur Anfertigung mannigfach gegliederter, in ihrer Grösse aber immerhin durch das Maass der aufzuwendenden menschlichen Kraft beschränkter Formen; hieran reihen sich die verschiedenen Maschinenhämmer bis zu den grossen Dampfhämmern, deren Anlagekosten durch die nothwendig werdende kostspielige Chabotte und Fundamentirung für grössere Lei- stungen sich in zunehmendem Maasse steigern; Pressen erfordern, um

i)yergL Fr. Kick, Ueber die Beziehungen von Stoss und Druck, Dingler Journal, Band 216, Seite 378.

540 Rückblicke.

bestimmte Formen heryorsabringeo, starke Gesenke, welche bei Hämmern wenigstens nicht in der gleichen Zahl nnd Stärke vorhanden zn sein brauchen; nnd Walzwerke beanspruchen einestheüs in ihrer Längen- ausdehnung den grossten Raum, und andemtheils ein erhebliches Inven- tar kostspieliger Walzen, wenn es sich um Herstellung verschiedener Formen handelt.

Aus diesen Erwägungen folgt aber, dass man Ziehwerke, welche hinsichtlich ihrer Leistung in fast jeder Beziehung den übrigen Appa- raten nachstehen, nur da anwenden wird, wo die Eigenthümlichkeiten der letzteren ihre Benutzung ausschliessen, also bei Anfertigung von Kör- pern mit gleichbleibenden dünnen Querschnitten, die in der erforder- lichen Gleichmässigkeit und Vollendung, wie sie das Ziehwerk liefert, nur in dieser Weise herzustellen sind Drähte und Röhren;

dass man Hämmer überall da am zweckmässigsten anwenden wird, wo täglich verschiedenartige Gegenstände in einfachen und weniger einfachen Formen hergestellt werden sollen; in der Werkstatt des Elein- schmieds, in Maschinenfabriken, in Eisenwerken, in Kupferschmie- den u. s. £;

dass Pressen vorzugsweise da am Platze sein werden, wo grössere Mengen gleicher Gegenstände von gegliedeter Form gefertigt werden sollen, welche sich unter dem Hammer nur durch eine längere fort- gesetzte Bearbeitung hervorrufen lässt;

dass endlich Walzwerke wegen ihrer raschem Production trotz ihrer hohen Anlagekosten in allen dei^'enigen Fällen die am billigsten und am genauesten arbeitenden Apparate sein Werden, wo es sich darum handelt, grosse Mengen Metall zu stabformigen Körpern von bestimmter Querschnittsform oder zu Blechen zu verarbeiten, und dass sie selbst f&r Anfertigung weniger einfacher, flacher Gegenstände (keilartige, periodische und unterbrochene Formen, vergl. S. 494) sehr geeignet sind, wenn nur die Bedingung einer grossen Production erfCQlt wird.

4. Einiges über die Anlage der Werkstätten zum Schmieden, Walzen, Pressen, Ziehen.

Bei den erheblichen Yerachiedenheiien , welche die Apparate und Yerfahmngsweisen der in der Uebenchrift genannten Arbeiten dar- bieten, lassen sich nur wenige allgemeine Regeln für die Anlage der Werkstätten daftUr anfistellen.

Wo ffir die Arbeit der Formgebung mehrere Apparate gemein- schaftlich in Anwendung kommen müssen, z. B. Oefen zum Vorwärmen oder Ansglühen neben dem eigentlichen ibrmgebenden Apparate, wird man Sorge tragen, dieselben so zu vertheilen, dass der Transport von dem einen zum andern nicht nnnöthig erschwert wird.

Für die Anordnung einer grossem Anzahl Schmiedefeuer in einer Werkstatt giebt es zwei Systeme. Bei dem einen legt man die Schmiede- feuer entweder einzeln, oder häufiger je zwei und zwei unter einer Esse und in einem Herde vereinigt, an die Wände des Gebäudes. Hat dasselbe einen oblongen Grundriss, so pflegen die Feuer an der einen langen Wand, dem Haupteingange gegenüber, zu liegen; bei quadra- tischer Form des Gebäudes sind auch wohl an drei Seiten Feuer an- geordnet, während die vierte gewöhnlich frei bleibt, und zur Aufstellung von Geräthen etc. benutzt wird. In sehr grossen und weiten Schmiede- werkstätten legt man die Feuer auch wohl an beide Langseiten und lässt die Giebelseiten frei.

Zwischen je zwei Herden muss ein Zwischenraum von 2,5 bis 3 frei bleiben , um dem Schmiede Raum zur Bewegung zu lassen ; in den nach aussen gerichteten Wänden des Gebäudes bringt man zweckmässig in diesen Zwischenräumen je ein Fenster an, um das erforderliche Licht herein zu lassen.

Bei dem zweiten Systeme der Anordnung stellt man die Schmiede- feuer in der Mitte des Gebäudes auf, entweder zu zwei und zwei mit gemeinschaftlicher Esse und sämmtliche Herde in eben solchen Abstän- den von einander, wie bei der erstbeschriebenen Yertheilung, in einer geraden Linie angeordnet, welche das Gebäude in zwei HiÜften theilt und wobei dieses oblonge Grundform erhält, oder auch wohl eine grössere Anzahl Feuer (4 bis 6) um eine gemeinschaftliche Esse grup-

542 Anlage der Werkstätten.

pirt. Durch letztere Einrichtimg spart man an Essen, die Feuer sind aber weniger zugänglich und aus diesem Grunde ist eine solche Anordnung nur da anwendbar, wo lediglich kleine Gegenstände zur Verarbeitung gelangen.

Bei der Verlegung der Schmiedefeuer in die Mitte des Gebäudes bleiben die Wände frei, und können zur Aufteilung anderer Apparate und Geräthe benutzt werden. Dieser umstand kann in solchen Fällen den Ausschlag für dieses System geben, wo die Wände zur Anbringung von Aufbewahrungsbehältem für Materialeisen oder zur Befestigung von Wellenlagem einer Transmission dienen sollen, Ton welcher auB Häm- mer oder Maschinen zum Zertheilen (Scheeren, Durchstossmascbinen u. a.) betrieben werden sollen; doch wird immerhin die freie Bewegung innerhalb der Schmiede durch letzteres System erschwert, und es dürfte auch in dem letzterwähnten Faüe meistens vorzuziehen sein, die Feuer an eine lange Wand und die Transmission an die gegenüberliegende zu verlegen.

Beim Schmieden mit Handhämmem erhält jedes Feuer seinen eige- nen Ambos, welcher in unmittelbarer Nähe desselben aufgestellt wird. Auch dann, wenn Maschinenhämmer zur Verwendung stehen, ist ein Schmiedeambos f&r jedes oder für je zwei Feuer nicht wohl entbehrlich, um kleine Arbeiten darauf auszufOhren , für welche der Maschinenham- mer weniger geeignet ist.

Ein einziger Maschinenhammer pflegt für drei bis sechs Schmiede- feuer auszureichen. Die Anordnung der Transmissionshämmer ist häufig durch die erforderliche schon erwähnte Anbringung der Transmissions- weUe an einer der Seitenwände bedingt, wodurch eine derartige (xruppi- rung entsteht, dass die Hämmer auf der einen Seite des Gebäudes, die Feuer an der gegenüberliegenden aufgestellt sind; bei Dampf hänunem lässt sich die Dampfleitung eher als eine Transmissionswelle der geeignet- sten Stellung des Hammers anbequemen, und es ist deshalb Kegel, die Dampfhämmer frei und von allen Seiten zugänglich in der liGttellinie des Gebäudes, und, falls mehrere vorhanden sind, sie parallel den Lang- seiten des Gebäudes aufzustellen. Die Schmiedefeuer werden alsdann an den Wänden nach dem erstbeschriebenen Systeme gruppirt.

Der freibleibende Raum zwischen dem Schmiedeherde und dem Hammer beziehentlich dem zunächst gelegenen Apparate oder der gegenüberliegenden Wand muss mindestens 4 M. betragen; an totaler Grundfläche der Schmiede rechnet pro Feuer man bei alleiniger Anwen- dung von Handhämmem oder kleinen Maschinenhämmern 15 bis 25 Qua- dratmeter (verschieden nach der Länge der zu schmiedenden Gegenstände), bei Anwendung von Dampfhämmern 25 bis 30 Quadratmeter ^).

Bei der Anordnung von Schweissöfen (beziehentUcK Glühöfen) in den Gebäude sind ganz ähnliche Rücksichten als für Schmiedefeuer maassgebend.

^) Yergl. Wiebe, Maschinenbaamaterialien, S. 413.

Walzhütten. 543

Da ein Schweissofen stets grössere maschinelle Apparate Dampfhämmer, Pressen oder Walzwerke zu bedienen hat, so empfiehlt sich die Ver- legung der Oefen in die Mitte des Gebäudes noch weniger als bei Schmiedefeuem und ist nur dann zu rechtfertigen, wenn die durch eine solche Anordnung enstehenden zwei H&lften des Gebäudes vollständig unabhängig von einander und eine jede mit ihren eigenen formgebenden Maschinen versehen ist In weniger grossen Baulichkeiten wird man die Oefen an die eine Seite des Gebäudes verlegen und den übrigen Raum für die Aufstellung der Maschinen benutzen. Dadurch wird ebensowohl die Zu- gänglichkeit und Bedienung der letzteren als die Zufuhr des Brennmaterials von aussen her nach den Oefen erleichtert, bei Gasfeuerungen die Länge der Gascanäle verkürzt, die Reparaturen und das Reinigen derselben erleichtert. Bei einer solchen Anordnung lassen sich die Oefen ent- weder mit gemeinschaftlicher Achsenrichtung in gerader Linie parallel der Gebäudewand aufstellen, so dass ihre Arbeitsseiten dem Innern des Gebäudes zugewendet sind, oder man kann je zwei und zwei mit dem Rücken aneinander und mit ihrer Achsenrichtung normal gegen die Richtung des Gebäudes gekehrt aufstellen. In diesem Falle werden also bei Anlage von mehr als einem Paar Oefen je zwei und zwei derselben ihre Arbeitsseiten einander zukehren, und es muss zwischen ihnen ein entsprechend grosser Zwischenraum bleiben (4 bis 5 M.), um eine gegen- seitige Behinderung der an den Oefen beschäftigten Arbeiter zu ver- meiden. Die Form der Grundfläche des Gebäudes wird meistens ent- scheiden, welche Anordnung vorzuziehen sei.

Die Maschinen für die Formgebung stellt man nun, wo es angeht, in eine gerade Linie parallel der Reihe der Schweissofen auf, wobei ein Abstand von mindestens 5 M. zwischen Oefen und Maschinen bleiben muss. Walz- und Hammerwerke, welche zum Schweissen von Packeten benutzt werden, erfordern in Rücksicht auf das dabei stattfindende Ümherschleu- dem glühender Schlackentheilchen einen grossem Abstand, als Pressen; Walzwerke für lange, dünne Gegenstände einen grossem, als solche für kürzere Stücke (Bleche).

Legt man mehr als eine Walzstrecke an, so reicht gewöhnlich die Länge des Gebäudes nicht aus, sie in einer gemeinschaftlichen geraden Linie aufzustellen, und man ordnet sie in entsprechenden Abständen hinter einander meistens derartig an, dass ihre Achsen rechtwinklig gegen die Linie der Schweissofen gerichtet sind und somit ein jedes Walzwerk gleich weit von den Oefen entfernt bleibt.

Ein Walzwerk mit 3 bis 4 Walzgerüsten pflegt zur Verarbeitung der Lieferung von 2 bis 3 Schweissofen auszureichen, denen als Reserve ein dritter oder vierter beigegeben zu werden pflegt; Walzwerke für dünnere Eisensorten (Feineisen- und Sohnellwalzwerke) besitzen eine ge- ringere Production und es genügt für ein Walzwerk mit 5 bis 7 Walz- gerüsten die Anlage von zwei Schweissofen.

544 Anlage der Werkstatten.

Für Blechwalzwerke pflegt man höchstenB swei Schweissöfen (Glfih- öfen för Kupfer etc.) pro Walzwerk anzulegen, zu denen bei Walz- werken lEUr feine Eisenbleche noch ein Glühofen zum Ausglühen hin- zutritt ^).

Eine wichtige Frage bei Anwendung von Schweiss- und Glühofen bleibt die Ausnutzung der abziehenden Wärme, und in allen Fällen, wo dieselbe bei directer Feuerung der Oefen nicht wie bei modernen Gas- feuerungen wieder zurfickgefUirt werden kann (vergLS. 380), wird man sie, vorausgesetzt, dass Dampf als Betriebskraft für die formgebenden Maschinen dient, zur Heizung der Dampfkessel benutzen, indem man sie zunächst unter dieselben und erst dann nach der £2sse führt.

Unzweckmässig ist es, wie man es in älteren Werken bisweilen findet, die Kessel auf die Oefen zu legen, wodurch die Reparaturen häufiger und schwieriger ausführbar werden. l)agegen pflegt man die Gase von zwei, bisweilen auch von drei oder vier Oefen einem gemeinschaftlichen Keeael zuzuführen. Hierbei erweist sich jene oben beschriebene Anordnung der Oefen mit parallelen, normal gegen die Gebäudewand gerichteten Achsen als zweckmässig, bei welcher es leicht ist, die Gase der neben einander liegenden Oefen in einem gemeinschaftlichen Ganale zu ver* einigen und dem ausserhalb des Gebäudes in einem beeondem Kesselhause befindlichen Kessel zuzuführen. Liegen die Oefen dagegen in einer geraden Linie paraUel der Gebäudewand, so pflegt man den Kessel zwischen je zwei Oefen innerhalb des Gebäudes anzulegen.

In allen Fällen reicht eine einzige grosse Esse für die Gase einer grossem Anzahl Oefen aus, die ihr Ton den Dampfkesseln aus durch Gan&le zugeführt werden.

Man benutzt stehende (senkrechte) und liegende Dampfkessel. Erstere haben den Yortheil der geringsten Platzbeengung, besitzen eine günstige Leistung hinsichtlich der Yerdampfungsfähigkeit, lassen sich aber schwieriger als die liegenden bedienen, und erfordern meistens die Anlage einer hochgelegenen Bühne für den Aufenthalt des Kessel- wärters.

Nach Kupelwieser^s Ermittelungen beträgt die Heizfläche der durch

die abziehenden Gase geheizten Dampfkessel durchschnittlich:

bei

liegenden stehenden

Kesseln.

pro Quadratmeter Rostfläche 16 Qm. 19,8 Qm.

geleisteter Pferdekraft der Dampfimaschine . 1,86 1,66

Je mehr Wärme und Rauch durch Yorhandene Oefen in dem Ar- beitslocale entwickelt wird, desto grösser muss die Höhe des Gebäudes bemessen sein, und desto mehr Sorgfalt muss auf ausreichende Yenti- lation verwendet werden. Für Walzwerksgebäude mit Schweissöfen

^) Ueber die quantitative Leistung der Schweissöfen vergl. 8. 365.

Drahtziehereien. 545

rechnet man als zweckmässige Höhe der Umfassüngswände 6 M. (ohne das Dach); um den Gasen und Dämpfen Abzug zu schaffen, giebt man dem Dache eine Laterne (Reiter). Die Umfassungsmauer lässt man zweckmässiger Weise mindestens an einer Seite aus einer Reihe von Mauerpfeilem in Abständen von 2,5 bis 3 Metern bestehen, welche durch Bögen verbunden sind; die dadurch entstehenden Zwischenräume bleiben im Sommer offen, um der freien Luft möglichsten Durchzug zu ge- statten, und lassen sich während der rauhen Jahreszeit durch ein- gesetzte Bretterwände leicht schliessen.

In den Röhrenziehereien pflegt man die Glüh- beziehentlich Schweiss- öfen in die Nähe der Ziehbänke zu legen, welche parallel neben einander aufgestellt werden, um von einer gemeinschaftlichen Welle aus betrie- ben werden zu können.

Die Leierwerke der Drahtziehereien dagegen befinden sich in einer oder mehreren Reihen auf entsprechend vielen und langen Tafeln an- geordnet, unterhalb welcher die Transmissionswellen gelagert sind; und zwar pflegt man in Rücksicht auf die erheblich abweichende Geschwin- digkeit, mit welcher grobe und feine Drähte gezogen werden, mindestens zwei Reihen Ziehbänke anzuordnen, deren Betriebswellen von der ge- meinschaftlichen Betriebsmaschine aus mit entsprechend verschiedenen Umlaufsgeschwindigkeiten bewegt werden. Da die Uebertragung der Bewegung von der Betriebswelle auf die Spindeln der einzelnen Leiern durch Winkelräder zu geschehen pflegt (vergl. Fig. 420), so ist man in der Lage, durch ein verschiedenes Umsetzungsverhältniss bei diesen Winkelrädem auch einzelne Leiern rascher, andere langsamer umlaufen zu lassen, begnügt sich jedoch meistens, in dem Grobzuge und Fein- zuge je zwei bis drei verschiedene Geschwindigkeiten anzuordnen. Wo es angeht, benutzt man gern in Rücksicht auf die geringe Arbeit, welche das Transportiren der leicht wiegenden Drahtringe erheischt, getrennte Locale für die Anlage der Ziehbänke, der Glühöfen und der Apparat« zum Reinigen des Drahts, um nicht gegenseitige Belästigungen der Arbeiter durch diese verschiedenen Arbeiten herbeizuführen.

Um an Grundfläche zu sparen baut man die Drahtziehereien nicht selten zweistöckig, legt in den untern Stock die Rärumlichkeiten zum Glühen, Reinigen und die Ziehbänke für die gröberen Drahtsorten; in den obem Stock die Feinzüge,

Literatur und Abbildungen ausgeführter Anlagen.

Ueber Schmiedewerkstätten:

Wiebe, Mascbinenbaumaterialien, S. 413, Atlas Taf, III. VI, VIL Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 211, S. 419«

Ledftbnr, mechuiiMfa - meUlluigiBcbe T«chtologie. 85

546 Literatur und Abbildungen ausgeführter Anlagen.

Ueber Walzwerksanlagen :

Tann er, Ueber Hüttenanlagen, insbesondere von Paddel- nnd Walzwer- ken; Jahrbach der Bergakademien zu Leoben etc., 15. Bd., Jahr- gang 1866.

Wiebe, Skizzenbach, Jahrgang 1868, Heft 1 (Messingwalzwerk).

Dasselbe, Jahrgang 1875, Heft 5 (Messingwalzwerk, Drahtzieherei and Kupferschmiede).

Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1861, Blatt 18 a und b (Walzwerks- gebäude zu Neustadt a. Rübenberge).

Ueber Drahtziehereien: Zeichnongen der Hütte, Jahrgang 1862, Tafel 17 a und b.

Dritter Abschnitt.

Die Yollendnng der Form.

Nur in seltenen Fällen ist nach der ersten rohen Formgebung durch Giessen oder durch äussere Kräfte im ungeschmolzenen Zustande die Form des hergestellten Gegenstandes, wenn auch die Querschnitte dessel- ben in ihren Hauptabmessungen richtig sind, schon eine solche, welche ihn ohne Weiteres zur Benutzung befähigt. Gussstücke aller Art z. B. sind, wenn sie aus der Gussform hervorgehen, noch mit den Eingüssen und verlorenen Köpfen versehen, welche entfernt werden müssen; an den Stellen, wo die Gruasform zusammengesetzt war, zeigen sie sogenannten Grat, welcher gleichfalls entfernt werden muss; kleine Fehlstellen, durch Beschädigung der Gussform oder aus anderen Ursachen entstanden, müs- sen nachgearbeitet werden; häufig müssen Löcher durch besondere Arbeit hergestellt werden, welche beim Giessen sich nur mit grösserer Schwierigkeit hätten anbringen lassen; ganze Flächen, für welche der höchste Grad von Genauigkeit Erfordemiss ist, ebene und gekrümmte, müssen nachgearbeitet werden, so z. B. bei Maschinentheilen, welche auf einander gleiten oder überhaupt genau auf einander passen sollen, bei Kunstgegenständen , welche durch glattes, regelmässiges Aeussere dem Auge gefällig werden sollen, u. s. f. Nicht selten ist auch der Fall, dass die Anfertigung eines Gegenstandes aus einem einzigen Stücke grössere Schwierigkeiten verursacht, als wenn dasselbe ursprünglich in zwei oder mehreren Stücken hergestellt wird, welche dann durch ein geeignetes Ver- fahren (Schrauben, Nieten, Löthen, Kitten) zu einem Ganzen verbunden werden, und dass man deshalb dieses letztere Verfahren vorzieht.

Aehnlich verhält es sich mit den aus der Hand des Schmieds her- vorgegangenen Gegenständen.

Die durch Walzen oder Ziehen hervorgebrachten Erzeugnisse endlich bilden an und für sich nur höchst selten (regenstände für sofortige Be- nutzung, sondern sie dienen als Zwischenerzeugnisse für die weitere

35*

548 Die Vollendung der Form.

Verarbeitung, deren HaaptquerschnittBabmesBang im Wesentlichen zwar unverändert bleibt, deren Form aber durch Zerschneiden, Lochen, Biegen, Vereinigen mit anderen Theilen noch vielfach sich ändert; so das Blech, der Draht, die Rohren.

Jene aus der ersten Formgebung hervorgegangenen und für wei- tere Verarbeitung bestimmten Roherzeugnisse nennt man Werkstücke oder Arbeitsstücke.

Die Lehre von der Verarbeitung der Werkstücke in die endgiltigen Formen der herzustellenden Fabrikate bildet den Gegenstand dieses Abschnitts.

Bei dieser Vollendung der Form ergänzen sich häufig mehrere ver- schiedene Arbeiten. Die erste besteht fast immer in einer mechanischen Trennung einzelner Theile oder Theilchen des Werkstücks vom Ganzen, theils zu dem Zwecke, glattere, genauere Flächen oder Kanten durch die Bearbeitung zu erzielen, als sie die rohe Formgebung zu erzeugen vermochte, z. B. bei 'dem Beschneiden der Enden an Stäben und Blechen, bei der Bearbeitung der niemals genauen Oberfläche roher gegossener oder geschmiedeter Stücke; theils ^um wirkliche Vertiefungen und Löcher hervorzubringen, welche sich bei der ersten Formgebung nicht geben liessen; theils auch, um ein aus dem Grunde der billigem Herstellung in einem einzigen langen Stücke angefertigtes Werkstück in mehrere kürzere zu zerlegen (Bleche, Stäbe, Röhren).

Eine zweite Arbeit besteht in der Veränderung der Oberfläche oder der Achsenrichtung des Körpers durch Druck- oder Zugkräfte ohne er- hebliche Veränderung der Stärkeabmessungen; also einestheils Prägen u. dergl., andemtheils Biegen.

Eine dritte Gattung von Arbeiten umfasst das Zusammenfügen sol- cher Theile, die, obwohl sie zu einem Ganzen gehören, bei der ersten Formgebung getrennt angefertigt werden raussten.

1. Die Trennungsarbeiten.

1. Die allgemeinen Vorgänge hA der Trennung und die Arbeits- eigensohaften der Metalle^ hinsichtlich ihrer Theilbarkeit«

Wenn ein Metalktück in mehrere Theile zerlegt, oder auch, wenn von der Oberflftche desselben zu ihrer yeryoUkommnuDg kleine Theilchen ent- fernt werden sollen, so ist es zur Erlangung einer vollendeten Form erfor- derlich, dass ein fremder Körper das Werkzeug durch Eindnngen big zu eiqem durch die Grösse der Trennungsfläche vorgeschriebenen Grade in das Werkstück die Cohäsion seiner Molecüle an der vorgeschriebenen Stelle und somit den Zusammenhang aufhebe. Eine solche Trennung kann in verschiedener Weise erfolgen. Geschieht das Eindringen des Werkzeugs und somit die Trennung in Folge einer durch das Werkzeug bewirkten Verschiebung zweier Molecüle normal gegen die durch ihre Schwer- punkte fallende Linie, wobei also das abgetrennte Stück vor dem Werkzeuge hergeschoben wird, so wird die Trennung durch Abschee- ren bewirkt, und es setzt sich derselben die Abscheerungfestigkeit des Materials entgegen; wird aber ein zwischen die Molecüle des Werkstücks eingedrungenes Werkzeug innerhalb desselben nach einer bestimmten Linie weitergeführt, dabei also das losgetrennte Theil abhebend, so fin- det ein Vorgang statt, welchen man Schneiden nennt und bei welchem ebensowohl die Abscheerungs- als rückwirkende Festigkeit des Materials in Frage kommen. Um dieses Schneiden, d. h. das Einschieben des Werkzeugs zwischen die Molecüle, möglich zu machen, muss das schnei- dende Werkzeug an der Angnffsstelle keilartiges Profil besitzen, und man nennt den Winkel, unter welchem die Flächen des Keils zusammen- stossen, Zaschärfungswinkel (a in Fig. 424 und 425); diejenige gerade, gebrochene oder gekrümmte Linie aber, welche durch das Zu- sammenstossen der Keilflächen gebildet wird, die Schneidkante oder Schneide.

Die eine Fläche des schneidenden Keils kann , wie in Fig. 424 , auf der Oberfläche des Arbeitsstücks gleiten; häufiger lässt man dieselbe aber aus sogleich zu erörternden Gründen mit der Oberfläche einen kleinen Winkel ß, Fig. 425, einschliessen , welchen man Anstellungswinkel oder Ansatzwinkel nennt; die beiden Winkel a plus ß zusammen bilden endlich einen Winkel, welcher Schneidwinkel genannt wird,

550 Trennungsarbeiten.

und von dessen Grösse sehr wesentlich der Verlauf der Arbeit ab- hängt.

Zur Veranschaulichung des Vorgangs beim Schneiden und Abscbee- ren und der aus demselben hervorgehenden Folgerungen für die Con-

Fi^. 424.

Fig. 425.

struction des Werkzeugs ist in Folgendem grösstentheils die von Hoyer in seinem Lehrbuche der mechanischen Technologie gegebene übersicht- liche Erläuterung dieses Vorgangs benutzt.

Wenn das keilförmige Ende eines Werkzeugs in das Metall, also zwischen zwei Reihen von Molecülen eindringt, so werden die letzteren längs der Schneidkante von einander gerissen. Es entsteht also ein losgetrenntes Stück , welches . beim Vorwärtsbewegen des Keils , wie in Fig. 424, an der divergirenden Fläche desselben ausweicht und durch dieselbe mehr und mehr von der ursprünglichen Stelle entfernt wird. Dieses losgetrennte Stück heisst Span. Denkt man sich die Kraft, welche den Keil vorwärts schiebt, in zwei gegen die Keilflächen normal gerichtete Kräfte zerlegt, so wird dieses Ausweichen des Spans unmittel- bar an der Schneide des Keils durch einen Theil der gegen die obere Keilfläche gerichteten Normalkraft hervorgebracht; in weiterer Entfer- nung von der Schneide durch ein Biegmoment, welches das abgetrennte Stück an der schrägen Keilfläche emporbiegt.

Ist deshalb, wie bei dem Werkzeuge in Fig. 425 die eigentliche Keilfläche kürzer als die Länge des losgetrennten Spans, und endigt in einer normalen gegen die Bewegungsrichtung stehenden Fläche des Werkzeugs (wie es bei den Werkzeugstählen der Werkzeugmaschinen vielfach vorkommt), so wird das Abfliessen des Spans durch diese senkrechte Fläche erschwert, lässt sich aber erleichtem, wenn man, wie in der Abbildung, einen curvenförmigen Uebergang (Schwanenhals) aus der schrägen Keilfläche in die senkrechte Fläche anbringt.

Neben dem Abscheeren des Spans durch die Schneide des Werk- zeugs findet in demselben Augenblicke durch einen andern Theil der zum Vorwärtsbewegen des Werkzeugs benutzten Kraft auch ein Stau- chen des Spans in seiner Längenrichtung statt. Seine Länge verkleinert sich entsprechend dem Materiale und dem Materialquerschnitte um 10

Spanbildung. 661

bis 30 Proc; seine Dicke, d. b. der Abstand zwischen TrennungaflScbe und OberflScbe, nimmt in gleichem Maasse zd, während die Breite die- selbe bleibt.

Hieraus erklart es sieb, dass ein Span, von einem Arbeitsstücke mit kreisrunder Oefiaung abgenommen, diese Oe&iinDg als Ellipse seigt, deren kleinerer Durchmesser in der Bewegnngsrichtnng des Werkzeugs liegt. Auch die eigenth um liehe Form der Metallspäne (Fig. i'2G) findet hierdurch eine aasreiehende Erklärung. Die Trennungafläche zwischen fig. *26. Span Qud Arbeiteetilek

ist glatt nnd eine ge* naue Nachbildung der wirksamen Fläche des Werkzeugs ; die ent- gegengesetzte Fläche ist nach der Mittellinie zu, wo die staachende Wirkung des Werkzeugs allein thätig war, ge- baucht nud mit zahlreichen Qnerrissen bedeckt, welche um so zahlreicher und feiner sind, je dünner der Span ist, und. der Fläche feiner Spfine ein sammetartiges Aeossere verleihen. Diese Querrisse entstehen offenbar dnrob das ungleichmäsaige Aueweichen des Materials bei der gleich- zeitigen, aber an verschiedenen Stellen des Spanquerschnitts verschieden auftretenden Wirkung des Abscheereus an der Schneidkante nnd des Staacbens an der Oberfiäche. Endlich ist der Span spiralförmig ge- krümmt in Folge des Anfsteigens an der Fläche des Werkzeuge.

Der Widerstand des Spans gegen dieses ztUetzt erwähnte Aufbiegen ruft einen Druck des Werkzeugs gegen das Arbeitsstück und dadurch hei der Bewegung des Werkzeugs eine Reibung hervor, zu deren Ueber- windang Arbeit erforderlich ist, Demnach setzt sieb die gesammte mechanische Arbeit bei der Erzeugung eines Metallspans zusammen aus der Arbeit zum Eindringen des Werkzeugs (Abscheeren und Stauchen), zum Aufbiegen , und zur Ueberwindung jener Reibung. Hieraue laseen eich Regeln flir die zweck massigste Form des Werkzeugs ableiten, bei welcher die geringste Arbeit zur Abnahme des Spans erforder- lich wird.

Zunächst ist ohne Weiteres ersichtlich, dose die Grösse des erforder- lichen Kraftaufwandes, sowohl zum Eindringen des Werkzeugs in das ^letall als zum Aufbiegen des Spans, mit der Grösse des Zuschärfnnge- winkele a (Fig. 424 and 423) steigt nnd fällt. Je kleiner dieser Winkel ist, desto vortheilhafter im Allgemeinen ist demnach die Wirkung des Werkzeugs; die Beschaffenheit des Werkzeugmaterials wie des zu schneidenden Metalls setzen jedoch bald der Verkleinerung dieses Win- kels eine Grenze, deren Ueberschreitnng nnzw eck massig sein würde. Da nämlich die Widerstandsfähigkeit des Werkzeugs gegen Zerdrücken,

552 Trennungsarbeiten.

Abbrechen and Beschädigungen überhaupt durch den Yom Arbeitastücke ausgeübten Gegendruck begreiflicherweise mit der Grösse des Zaschär- fungswinkels wächst und abnimmt, so muss diese immerhin zu der Be- schaffenheit des Materials in einem bestimmten Verhältnisse stehen , and muss um so beträchtlicher sein^ je grösser der vom Metalle ausgeübte Widerstand, je härter mit anderen Worten das letztere ist. Andererseits wird, wie sich aus der Theorie des Keils leicht ableiten lässt, derjenige Druck, welcher bei dem Aufbiegen des Spans Reibung zwischen Werk- zeug und Oberfläche des Arbeitsstücks hervorruft , wachsen , wenn die Grösse des Schneidwinkels (a in Fig. 424, a -|- /} in Fig. 425) ab- nimmt; umgeicehrt gleich Null werden, wenn jener Schneidwinkel == 90 Grad ist ; und es steht demnach die Grösse der erforderlichen Arbeit zur Ueberwindung jener Reibung im annähernd umgekehrten Verhält- nisse zur Summe der Arbeit für das Lostrennen und Aufbiegen des Spans.

Aus diesen Betrachtungen lässt sich zunächst folgern, dass die- jenige Grösse des Schneidwinkels, bei welcher die Gesammtarbeit am kleinsten ausfällt, zwischen den Werthen von Null und 90 Graden lie- gen muss.

Es folgt ferner daraus, dass die Reibung zwischen Werkzeug und Arbeitsstück eine ungleich grössere ist, wenn, wie in Fig. 424, die ganze untere Fläche des Werkzeugs auf der Oberfläche des Arbeitsstücks glei- tet als wenn, wie in Fig. 425, nur die Schneidkante allein das Arbeitsstück berührt, was durch Anstellung des Werkzeugs unter dem Anstellungs- winkel ß erreicht wird. Da nun aber für einen gegebenen Schneid- winkel a -{- ß das Werkzeug um so mehr geschwächt werden muss, je grösser ß ist, so nimmt man diesen letztern Winkel zweckmässiger Weise nicht grösser als 3 bis 4 Grade.

Aus einer grossen Reihe von Versuchen über diesen Gegenstand ergeben sich als Erfahrungsresultate für die zweckmässigste Grosse der Winkel « und ß folgende Werthe:

a

für Bearbeitung von Schmiedeeisen . . . 51^ Gusseisen . . . . 51 o n n V n Bronze 66<^

Bringt man die Schneidkante eines Werkzeugs Fig. 427 in eine gegen die Bewegungsrichtung schräg gestellte Lage, so ändert sich, wie leicht nachzuweisen ist, dadurch die Grösse des wirksamen Schneidwin- kels. Ist a der Schneidy^inkel bei normaler Stellung der Schneide, ß die Abweichung der Schneidkante von der normalen Richtung, so ergiebt sich zur Berechnung des wirksamen Schneidwinkels ct| in der Ebene xx der Kraftrichtung gemessen die Beziehung

tgUi = fgacosß,

ß

a + ß

30

540

550

30

69»

Construction der Werkzeuge. 553

Dieser Umstand gewährt also den Vortlieil, dass, indem durcb die ver- änderte Stellang des Werkzeugs der wirksame Schneidwinkel verklei- nert wird, auch der Arbeitsaufwand beim Schneiden sich verringert, ohne dass der Zuschärfungswinkel und somit die Widerstandsfähigkeit des Werkzeugs verringert zu werden braucht; es gleitet aber auch bei einer solchen schräg gestellten Schneide der Span seitlich, mithin leich- ter ab als bei einer geraden , und statt der in Fig. 426 abgebildeten Spanform entsteht eine schraubenartig gewundene Form der Späne wie

Fig. 427. Fig. 428.

::^

..-'-'/'!

in Fig. 428. Ein dritter Yortheil der schräg gestellten Schneide ist die Verringerung des Stosses beim Angriffe, weil hier die ganze Schneide nicht mit einem Male, sondern ganz allmälig zur Wirkung gelangt

Diese Gründe lassen die Anwendung schräg gestellter Schneiden für sehr viele Zwecke geeignet erscheinen.

Aus den Formeln der Mechanik für das Widerstandsmoment bei der Biegung prismatischer Körper folgt, dass der Widerstand des Spans gegen das Aufbiegen mit seiner Breite im einfachen Verhältnisse, mit seiner Dicke im Verhältnisse des Quadrats wächst. Hierbei ergiebt sich, dass es im Allgemeinen vorth eilhafter ist, breite als dicke Spälie ab- zunehmen, und bei der Metallbearbeitung pflegt deshalb die Dicke eines Spans höchstens 2 Mm. zu betragen. Sollen demnach dickere Schichten als diese grösste zulässige Spanstärke entfernt werden, so sind mehrere auf einander folgende Schnitte dazu erforderlich.

Wenn ein Werkzeug, wie z. B. das in Fig. 425 abgebildete, die Breite der ganzen Metalloberfläche besitzt , so findet ein Lostrennen des Spans vom Arbeitsstücke nur in einer einzigen Fläche und zwar in seinef Breitenabmessung statt. Dieser Fall ist jedoch der seltenere. Wie unten ausführlicher besprochen werden wird, ist das Werkzeug gewöhn- lich schmaler als die Fläche des Arbeitsstücks, auf welcher das Werkzeug zum Angriffe kommt; und der Span muss ausser an der eigentlichen Schneidfläche auch mindestens an einer Seite an zwei Seiten, wenn der Schnitt aus dem Vollen genommen wird in der Abmessung seiner

n

[2i

554 Trennungsarbeiten.

Dicke vom Metalle getrennt werden. Diese Trennung wärde ancfa hier dnrch Schneiden et&ttfinden, wenn das Werkzeng eine entsprechende Zn- schärfung erhielte. Dadurch würde, wie man sich leicht vergegenwärti- gen kann, das Werkzeug eine rinneaartige Form annehmen, nud der Span würde jetzt auch nicht allein in seiner Lftngenrichtong , sondero auch in der Breitenrichtung gestancht nnd das AbfliesBen erschwert werden. Deshalb läset man, wenn nicht das bearbeitete Material ein sehr weiches, nachgiebiges ist (Holz, Blei), den Span in seiner Dioken- abmesBung dnrch einfaches Äbscheeren mit stumpfer Kante des Werk- zeugs lostrennen. Um jedoch die Reibung des Werkzeugs anch an Pig. 428. Yig. *30. dieser Schnittfläche des Arheits-

stäcks auf ein geringstes Uaass zurückzuführen, giebt man dem- selben statt eines rechteckigen Quersohnitti einen trapezförmi- gen wie in Fig. 429, so dass nur die Kante desselben an der Schnittfläche gleitet. Derselbe Zweck wird durch einen dreiseiti- gen Querschnitt des Werkzeugs erreicht; bildet man nun die Zn- scharfang eines solchen dreisei- tigen Stahls wie ans Fig. 430 ersichtlich ist, aus, so erhält man einen sogenannten Spitzstahl mit zwei Schneiden, dessen Schneidwin- kel zwar nicht günstig ist, der aber an jeder Berühmngsstelle schnei- dend wirkt und ein leichtes Äosweichen des Spans gestattet. Die Wirkung dieser Schneidkanten des Spitzstahla wird sogleich ersichtlich, wenn man sich jede Kante bestehend denkt aus unendlich vielen kleinen trapezförmig über einander liegenden horizontalen Kanten, deren jede schneidend wirkt, während in den nnendlich kleinen Abständen swiecheo je zwei Horizontalschneiden daa Material dnrch Abscheernng entfernt wird. Die schräge Richtung der Schneidkanten aber erleichtert das Abfliessen des Spans nnd dadurch die Arbeit selbst.

Zwischen der geradlinigen Schneide, Fig. 429, und derSchneide des Spitzstahls, Fig. 430, steht die gekrümmte Schneide, Fig. 431, entweder gebildet durch Ansach mieden nnd Anschleifen eines trapezförmigen Stabes oder in ähnlicher Form, nur mit couvexer Vorderfläche, durch schräges Abschneiden und Umbiegen eines cylinderförmigen Stabes (Rundstahl). Es ist leicht einzusehen, dass der Schneidwinkel desselben am günstigten an der tiefsten Stelle der Schneidkante ist nnd däas, je weiter nach oben, um so mehr die Wirkung des Schneidens in ein Äb- scheeren übergeht.

Wenn der Znschärfnngswinkel eines Werkzeugs 90 Grad ist nnd die vordere Werkzengfläche normal zur Kraftrichtnng K steht (Fig. 432), so kann ein Abheben, ein Aufbiegen des Spans nach oben nicht mehr

Conatnzction der Werkzeuge. 555

atattfinden , und die ganze Kraft K wirkt nanmehr abacheerend auf das «ich ihr entgegenstellende MetallstQck S. Denkt man sich dieses Metall-

Rg. «l. Kg. 432.

'wi'

etaok nun ala einen vollständig etarren Körper, so würde der ausgeübte Drack sich sofort von Motecül zu Motecül fortpflanzen und das Abschee- ren mit einem Male in der ganzen Länge erfolgen. Sobald aber das Uetall eine gewisse Dehnbarkeit besitzt (welche, wenn auch oft in gerin- gem Uaasae, ateta vorhanden ist), wird der Torgang ein anderer. Die vorderen Molecflle werden zunächst zusammengedrückt und leisten dem Vordringen des Werkzeugs einen mehr und mehr wachsenden Wider- stand, so dasB vorläufig nur auf detjenigen Länge des Arbeitsstücks Abscheerung erfolgt, auf welcher Zusammendrückung stattfindet. Es musB nun aber ein Zeitpunkt eintreten , wo in Folge des wachsenden Widerstandes gegen ein ferneres Zusammendrücken die Festigkeit des Afaterials kleiner als jener Widerstand wird, und in diesem Augenblicke musa plötzlich das Abscheeren in der ganzen noch übrigen Länge erfol- gen, vorausgesetzt, dass nicht vorher schon ein Zerdrücken des Arbeits- stücks stattfand. Mau wird also auf einer solchen dnrch Abscheeren entstandenen Fläche einen vordem glattem Theil, entstanden bei dem Zusammendrücken des Materials, und einen hintern ranhem Tbeil, ent- standen dnrch das stossartige Lostrennen, deutlich unterscheiden können. Ob Zerdrücken oder Abscheeren eintritt, ist von dem Verhältnisse zwi- schen rückwirkender und Abscheerungsfestigkeit wie von den Abmes- sungen des Arbeitest ücks abhängig. Wenn:

B die Widerstandsfähigkeit gegen Zerdrücken (rückwirkende

Festigkeit), A die Widerstandsfähigkeit gegen Abscheerung, d die Söhe (Dicke) des Arbeitsstücks, l seine Länge in der Bewegunggrichtnng des Werkzeugs, b seine Breite bezeichnet, so ist im Gleichgewichtszustände Rdb = Abi,

556 Treunmigsarbeiten.

worsnB sich für den Fall, dsBs AbBcheerong ohne Zerdrücken erfolgen Boll, bei gegebener Dicke die Länge

und bei gegebener Länge die Dicke

theore tisch berech neu läBat.

Eine Znsuitiinendrückaug eiuea MetalhtUckB (oder Eörpere über- haupt) lässt sich nan aber , wie achon bei Besprechung der Dehnbarkeit der Metalle im vorigen Abschnitte erwäbnt Vnrde, niemalB ausführen ohne eise seitliche Verschiebung einzelner Molecüle, dnrch welche ein Druck nach dieser Seite hin ausgeübt wird. In dem vorliegenden Falle entsteht ako dnrch diesen Vorgang ein Druck senkrecht gegen die Ab- ■cheerungs fläche und wachsend mit der fortschreitenden Zusammen- drflckuog, in Fig. 432 dargestellt durch die Linien nKittjnj, und dieser Druck ruft wieder einen Reibuugswiderstaud hervor, den man, wenn der Reibnngscoefficieut tp ist, mit q> E (») bezeichnen kann.

Die abscheerende Kraft hat demnach ueben dem Abscheerungs- widerstände Ä b t auch diesen Reibungswiderstsnd ip £ (rt) zu über- winden; dieser letztere aber lässt sich verringern, wenn man, wie z. B. in Fig. 433 die Drnckfläche unter einem etwas kleineru Winkel gegen Fig. 433. ^'S Kraftrichtung als 90 Grad an-

greifen lässt, dadurch die Richtung der stauchenden Kraft ablenkt und durch diese Ablenkung die Grösse der Kräfte n »i k^ verringert; denn in dem vorliegenden Falle wird nunmehr die Ausweichung des Ma- terials beim Zusammendrücken vor- wiegend nach der Richtung F erfolgen und dadurch der Druck auf die Abscheemngsfiäche kleiner werden. Allerdings wird nunmehr bei einem kleinern Zuschärfungs- winkel als 90 Grad der Begriff des Äbscheerens dem oben erläuterten Begriffe des Schneidens sehr ähnlich, und der Sprachgebrauch, welcher häufig den letztern Ausdruck an Stelle des erstem setzt, ist deshalb nicht ganz anrichtig.

Unter allen Umständen ist jenes Aueweichen des losgetrennten Stückes nach der der Abscheerungsfläche entgegengesetzten Seite mög- lich, wenn, wie z. B, beim Abtrennen von Blechstücken , die Trenoungs- linie das losgetrennte Stück nur an einer Seite begrenzt und die gegen- überliegende Seite frei lässt; stellt aber, wie beim Durcbstossen von Löchern la Blechen, die Trennnngslinie eine gescbloBsene Figur dar,

Construction der Werkzeuge. 557

welche mit einem Male ans dem vollen Metalle ansgestossen wird, so kann das Ausweichen nur dann stattfinden, wenn der Durchmesser des ansgestossen en Stücks ein solcher ist, dass nicht die Ton allen Seiten her wirksame Zasammendrückung gegenseitig das -Ausweichen verhindert. In dem letztern Falle dagegen würde eine Verkleinerung des Abscheer- winkels zwecklos sein.

Aus dieser Stauchung und dem dadurch hervorgerufenen seitlichen Ausweichen des Materials beim Abscheeren erklärt sich auch die Er- scheinung, dass die Abscheerungsflächen um so weniger mit der Ober- fläche des Werkzeugs übereinstimmen, je grössern Widerstand das Ma- terial dem Abscheeren entgegensetzt. Denn in gleichem Maasse findet Zusammendrückung und seitliches Ausweichen statt, welches mehr und mehr zunimmt, je mehr das Werkzeug in dem Materiale vorschreitet. Wenn daher ein cylindrischer Stempel Bj Fig. 434, gegen eine Metall- platte A geführt wird, welche auf einer Unterlage mit gleich grosser Fig. 434. cylindrischer Oeffnung C ruht, so erzeugt

der Stempel in Folge jenes zunehmenden Widerstandes gegen das Zusammendrücken eine Kegelfläche, deren Durchmesser in der Richtung der Kraft wächst; ebenso bildet aber die kreisringförmige Unterlage ein Werkzeug, welches das Material an der Aussen fläche der Cylinderöfifnung beim Abscheeren zusammendrückt und daher einen Kegel erzeugt, dessen Durchmesser sich verkleinert, je mehr die Entfernung von der Unterlage zunimmt. Statt einer cylindrischen Abscheerungsfläche erhält man demnach zwei in einander geschobene Kegelflächen, welche beim Durchstossen von kaltem Eisenbleche etwa 83 Grad Neigung besitzen. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes giebt man dem Stempel B einen etwa um I/4 der Blechdicke kleinern Durchmesser als der Oeffnung C, so dass beim Durchstossen nunmehr beide Kegelflächen zusammenfallen; und zwar, wenn d der mittlere Durchmesser der durchzustossenden Oeffnung sein soll, d die Blechdicke bedeutet, so macht man:

Wenn endlich der Schneidwinkel (X, welchen die Werkzeugfläche gegen die Kraftrichtung beschreibt, grosser ist als 90 Grade, so wird ein Abfliessen des Spans unmöglich, und ein Schneiden im engem Sinne findet nicht mehr statt. Das Material wird beim Vorrücken des Werkzeugs gestaucht, abgescheert und vor demselben hergeschoben. Das Werkzeug wirkt schabend. Es ist leicht einzusehen, dass für grosse Späne ein höchst nachtheiliger Reibungswiderstand hierbei entstehen würde; zum Abnehmen sehr feiner Späne jedoch, also zur letzten Voll-

558 Trennungsarbeiten.

endang der Form sind die schabenden Werkzeuge sehr gut geeignet und werden daher den schneidenden für diesen Zweck vielfach vor- gezogen.

Aus den vorstehenden Erörterungen lässt sich für die Arbeitseigen- schaften der Metalle hinsichtlich ihrer Theilbarkeit Folgendes ableiten.

Die wichtigste dieser Eigenschaften ist die Härte, welche wir be- reits oben (S. 333) als das Maass des Widerstandes bezeichnet haben, welchen ein Körper einer bleibenden Aenderung in der Lagerung seiner Molecüle, also auch dem Eindringen des trennenden Werkzeugs entgegen setzt. Je grösser aber dieser Widerstand ist, desto grösser muss natür- lich der Arbeitsaufwand sein, um die Trennung durchzuführen. Alle die a. a. 0. über die Härte der Metalle gegebenen Erörterungen behalten deshalb auch für die Trennungsarbeiten ihre Geltung.

Beim Lostrennen eines Spans wächst mit dem Widerstände desselben gegen das Aufbiegen, wie oben gezeigt wurde, auch der gegen die Ab- scheerungsfläche durch das Werkzeug ausgeübte Reibungswiderstand; jener Widerstand aber ist grösser bei einem langen Spane und aus einem stark elastischen Materiale, als bei einem kurzen oder aus einem Materiale, dessen Elasticitätsgrenze nicht hoch liegt. Durch Abbrechen des entstehenden Spans lässt sich der Widerstand desselben vernichten; und dieses Abbrechen erfolgt rasch von selbst, wenn Elasticitätsgrenze und Festigkeit nahe bei einander liegen, das Metall also wenig biegsam und wenig dehnbar ist. Aus diesen Gründen lässt sich erklären, wes- halb beim Schneiden von Spänen Gusseisen, welches in Folge der ge- ringen Dehnbarkeit nur ganz kurze Späne liefert, einen geringern Arbeitsverbrauch für die gleiche Menge abgenommenen Metalls erfordert als Schmiedeeisen trotz seiner oft grössern Härte, Schmiedeeisen einen geringern Arbeitsverbrauch als der harte, elastische und doch dehnbare Stahl.

Bei Werkzeugen, welche abscheerend wirken, ohne eigentliche Späne zu bilden z. B. beim Durchstossen von Blechen , tritt als förderlich für die Arbeit eine geringe Abscheerungsfestigkeit des Mate- rials neben grosser Widerstandsfähigkeit gegen das Zerdrücken Dehn- barkeit durch Druck in den Vordergrund, wie aus der oben ent- wickelten Theorie dieser Werkzeuge hervorgeht. Metalle, welche beim Zusammenstauchen durch das Werkzeug zerdrückt werden z. B. Guss- eisen , sind deshalb nicht für solche Bearbeitung geeignet. Durch Erhitzung lässt sich häufig die Abscheerungsfestigkeit verringern und die Widerstandsfähigkeit gegen Zerdrücken (unter Steigerung der Dehn- barkeit) erhöhen, dadurch also die Arbeit fordern.

In Rücksicht auf den Umstand, dass ein Werkzeug um so besser arbeiten und um so weniger rasch abgenutzt werden wird, je grösser einestheils der Unterschied in seiner Härte gegenüber der Härte des

Construction der Werkzeuge, 559

Arbeitsstücks, je grösser aber auch andemtheils neben dieser Härte seine Widerstandsfiahigkeit gegen Biegen und Abbrechen ist, verwendet man zur Anfertigung der Werkzeuge fast ohne Ausnahme besten Gusstahl in Form von prismatischen Stäben, an den Enden in geeigneter Weise aus- geschmiedet, angeschlifiPen und gehärtet.

Literatur.

£. Hoyer, Mechanische Technologie, S. 206 bis 218.

Tresca, Ueber das Hobeln der Metalle, Bulletin de la societe d^encourage- ment, 1873, S. 584; daraus in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preussen, Jahrg. 1873, S. 370, 1874, S. 189.

Joessel, Versuche über Gestalt und Benutzungsweise der Arbeitsstahle, Bulletin de la societe d^enoouragement , 1864, S. 595; daraus Poly- technisches Gentralblatt, 1865, S. 353; auch Zeitschrift des öster- reichischen Ingenieur- und Architektenvereins , Jahrg. 1865, S. 82.

Monbro, Ueber Gestalt der Stähle für Drehbänke, Hobelmaschinen und dergleichen , Monatsbericht der Societe des anciens eleves des Ecoles imperiales de% arts et metiers, Nov. 1868; daraus Polytechnisches Gentralblatt 1869, S. 1483«

V. Reiche, Ueber Lochen der Metallplatten, Civilingenieur , X. Band, S. 235.

Judenfeind -Hülsse, Ueber Spanbildung beim Hobeln der Metalle, Givilingenieur, Jahrg. 1877, S. 615.

2. Die Bewegung der Werkzeuge und die Werkzeug-

masohinen im Allgemeinen.

Wie aus den anter 1 gegebenen Erlaaterangen hervorgeht, mass das abscheerende, schneidende oder schabende Werkzeug eine bestimmte Bewegung gegen das Arbeitsstück erhalten, oder, was fü.r die Wirkung dasselbe ist, das Arbeitsstück gegen das Werkzeug, damit dieses seine Bestimmung erfüllen kann. Diese Bewegung erhält das Werkzeug be- ziehentlich das Arbeitsstück

entweder unmittelbar durch die Hand des Arbeiters (Grabstichel, Feile etc.),

oder durch Hilfe eines Geräths, welches die vom Arbeiter durch Schlag, Stoss, Druck oder in anderer Weise geleistete Arbeit auf das Werkzeug überträgt (Meissel und Hamjjjier, Bohrrolle und Drehbogen und andere mehr),

oder endlich durch Yermittelung einer, meistens durch Elementar- kraft betriebenen Maschine, Werkzeugmaschine genannt.

Die Länge der erforderlichen Bewegung beim Schneiden ist durch die Länge der zu bearbeitenden Fläche gegeben (beim Abscheeren durch die Dicke, oder Stärke des abzuscheerenden Stücks); nur selten aber lässt sich beim Schneiden die Breite des abgenommenen Spans so be- trächtlich nehmen, dass mit einem einzigen Schnitte die ganze Fläche ihre Bearbeitung erhält. Es sind alsdann eine mehr oder minder grosse Anzahl auf einander folgender Parallelschnitte erforderlich, um die Be- arbeitung zu vollenden; und es wurde schon oben erwähnt, dass auch die Dicke der abzunehmenden Schicht, sobald sie ein gewisses Maass übersteigt, in mehrere Parallelschichten zerlegt werden muss. Fig. 435 kann diesen Vorgang erläutern. Es sei hier eine Schicht von dem

Fig. 435.

m

h FT

k

Bewegung der Werkzeuge. 561

Querschnitte ahed in Fig. 435 A abzunehmen, die Breite des Werk- zeugs sei gleich a m , die zulässige Dicke des Spans gleich m o. Man wird also zunächst einen Span von dem Querschnitte amlo abnehmen, dann nmop und mhpk. Nun folgen die darunter liegenden Schichten in gleicher Weise u. s. f., bis das ganze Stück ah cd entfernt ist. In manchen Fällen wird sich das Werkzeug auch so einrichten lassen, dass, wie in der Abbildung B, die Schneidkante senkrecht steht und die Späne seitlich abfliesseu, wobei ebenso grosse Spanquerschnitte und Spanstärken '«riblgen, mithin auch fär das Abheben jedes Spans die gleiche Arbeit aufgewendet wird, als in dem ersten Fcdle, das Werkzeug aber, welches so viel schmaler zu sein braucht, bei gleicher Festigkeit weniger Mate- rial erfordert, wie sich aus einem Vergleiche der Widerstandsmomente der Werkzeugquerschnitte gegen Durchbiegung ergiebt.

Endlich erleichtert eine etwas geneigte Stellung der Schneide wie , in Fig. 435 C das Ablösen des Spans und ist deshalb häufiger noch als die Stellung B in Anwendung, sei es, dass das Werkzeug selbst in schräge Lage gebracht oder mit schräger Schneide versehen wird (vergl. Fig. 430 und 431).

In dem letztem Falle entsteht eine Oberfläche, welche, statt völlig eben zu sein, mit einer Reihe paralleler Furchen bedeckt ist; und je grösser die Breite jedes einzelnen Schnittes war, desto weniger eben föllt die Oberfläche aus. Eine genaue Fläche würde sich in solcher Weise nur herstellen lassen, wenn jeder folgende Parallelschnitt unendlich nahe neben dem vorausgegangenen läge; und je geringer der Abstand zwi- schen zwei Schnitten, oder mit anderen Worten, je geringer die Schnitt- breite ist, desto mehr nähert sich die Beschaffenheit der erzeugten Fläche jener ideellen Vollkommenheit. Je schmaler aber die Schnitte sind, desto mehr wird die Arbeit verzögert. Zur Bearbeitung grösserer Flächen ist deshalb das Verfahren üblich, zunächst mit breiten Schnitten vorzuarbeiten und dann durch nahe bei einander liegende Schnitte mit passend geformter schmaler Schneide die stehen gebliebenen Ränder abzunehmen. Die erste Arbeit aus dem Groben heisst Schroppen, die letzte Vollendung Schlichten.

Wenn die Bewegung des Werkzeugs beziehentlich des Arbeitsstücks' durch ein^ Werkzeugmaschine ausgeführt wird, so müssen selbstverständ- lich beide Gegenstände in bestimmter gegenseitiger Lage auf der Ma- schine festgespannt werden können, und die letztere muss in allen Theilen genügend stark gebaut sein, um während der Bewegung jedes durch den Widerstand des Materials hervorgerufene Zittern des einen oder andern Theils unmöglich zu machen. Die Standfestigkeit der Ma- schine steigert man vielfach durch Ausführung der Häupttheile oder Ständer in sogenanntem Hohlgusse (hohle Formen zum Unterschiede von Rippenguss mit T-ibrmigen Querschnitten), welcher, obgleich schwieriger in der Herstellung, doch bei richtiger Materialvei*theilung sich durch

Lsdcbur, mcchanfsch-metallurgitohe Toohnologie. 3Q

562 Trennungsarbeiten.

nngleich grössere Widerstandsfähigkeit gegen Erschütterangen aus- zeichnet.

Das Werkzeug muss nach und nach die ganze zu bearbeitende Fläche des Arbeitsstücks bestreichen. Wie schon erwähnt ist aber mei- stens diese Fläche breiter als die Breite eines Spans und es sind deshalb mehrere auf einander folgende Parallelschnitte erforderlich. Die Aus- führung derselben wird ermöglicht, wenn zwischen Arbeitsstück und Werkzeug eine doppelte Bewegung stattfindet:

Die Hauptbewegung oder Arbeitsbewegung in der Längen- richtung des Schnitts;

die Fortrückungs- oder Schaltbewegung in der Breitenrich- tung des Schnitts.

Die Hauptbewegung geschieht entweder durch Drehung im Kreise oder geradlinig hin und zurück; die Schaltbewegung wird meistens in gerader Richtung ausgeführt und erfolgt entweder periodisch (ruckweise) Torzugsweise bei den Maschinen mit geradliniger Hauptbewegnng nach jedem beendigten Hin- und Rückgange; oder unausgesetzt bei den Ma- schinen mit kreisförmiger Hauptbewegung.

Je nachdem die beiden Bewegungen durch das Arbeitsstück oder Werkzeug ausgeführt werden, sind folgende vier Combinationen möglich:

1. Das Arbeitsstück macht die Hauptbewegung, das Werkzeug die Schaltbewegnng (Drehbänke, Planhobelmaschinen u. a.).

2. Das Werkzeug macht die Hauptbewegung, das Arbeitsstück die Schaltbewegung (Stossmaschinen, Rundhobelmaschinen u. a.).

3. Das Werkzeug macht beide Bewegungen, das Arbeitsstück steht still (Bohrmaschinen, grosse Feilmaschinen u. a.).

4t, Das Arbeitsstück macht beide Bewegungen, das Werkzeug ruht (selten).

Zur Ausführung jener ununterbrochenen oder periodisch eintreten- den Bewegungen muss nun jede Werkzeugmaschine mit bestimmten Mechanismen versehen sein, welche in fast allen Fällen von einer um- laufenden Welle aus der Gegentransmission oder dem Decken- vorgelege — ihren Antrieb erhalten, indem zunächst durch Riemen- übertragung die Bewegung jener Welle auf einer in der Maschine liegen- den Antriebswelle und von dieser aus theils mittelbar, theils unmittelbar auf jene Mechanismen übertragen wird. Es handelt sich also in diesen Fällen um Verwandlung der gleichförmigen Drehungsbewegung der in der Maschine liegenden ersten Antriebswelle in die verschiedenen Bewegun- gen der einzelnen Theile.

Zur einfachen Uebertragung der Drehungsbewegung jener Antriebs- welle auf einen sich gleichfalls drehenden Theil der Maschine dienen Riemenscheiben mit Riemen, Schnurläufe, Zahnräder oder Schnecken- getriebe. Um hierbei auch für verschiedene Durchmesser und verschie- denes Material des Arbeitsstücks die günstigsten Geschwindigkeitsver- hältnisse zu erhalten, die Umdrehungszahl des Maschinentheils also

Werkzeugmaschinen.

563

verändern zu können, ohne die Winkelgeschwindigkeit des Vorgeleges ändern zu müssen, gehraucht man statt der einfachen Riemen- oder Schnurscheihen , Stufenscheihen statt eines Paares Zahnräder mehrere ausrückhare mit verschiedenen Umsetzungsverhältnissen. Eine häufig angewendete Comhination von Stufenscheihe und ausrückharen Zahn- rädern wird durch die in Fig. 436 dargestellte Anordnung gehildet.

Der Antrieh erfolgt hier vom Decken- vorgelege aus auf die Stufenscheihe A, welche drehhar auf der Antriehs- welle C sitzt. Mit Ä ist das Rad tti fest verbunden, auf der Welle sitzt das Rad h^ fest und empfangt seine Bewegung durch Yermittelung der Räder &i und Os von Oi aus. Für jede Umdrehung der Stufenscheibe Ä

macht demnach die Welle C , -

Dl Da

Umdrehungen, wenn die Buchstaben Gl 02 u. 8. f. zugleich die Durchmesser der Räder im Tbeilkreise bedeu- ten. Bringt man jedoch die Räder &i und a^ durch seitliche Verschie- bung ausser Eingriff mit ai und h^ und verbindet die Stufenscheihe durch eine Schraube oder einfachen Mitnehmer unmittelbar mit bj, so wird deren Umdrehungszahl ohne Weiteres auf C übertragen. Je nach- dem man den Riemen über die eine oder andere der vier Scheiben von

Fig. 437.

Ä legt und die Zwischengelege ein- oder ausrückt, erhält man demnach für C acht verschiedene Geschwindigkeiten.

Die Anwendung mehrerer Paare auswechsel- barer Räder, sogenannter Versatzräder oder Wechselräder ist durch Fig. 437 veranschaulicht. Die Bewegung soll hier von der Antriebswelle Ä aus auf die Welle C übertragen werden, und es erfolgt die Uebertragung nach dem Verhältnisse

Ol 02

h h

durch die vier mit den betreffenden Buch-

staben bezeichneten Räder. Um nun diese Räder mit vier anderen von beliebiger Umsetzungszahl vertauschen zu können, ist die Achse der Räder O2 und &i in einem drehbaren, geschlitzten Bügel B befestigt, wodurch ihr Abstand von Ä und C beliebig und der Durchmesser der eingeschalteten Räder der verlangten Uebersetzung entsprechend geändert werden kann.

Schneckengetriebe dagegen sind nur bei constanten Bewegnngsverhaltnissen gebräuchlich.

36*

564 TrennungBarbeiten.

Dm die Drehnngebewegung in eine hin* and hergehende zn verwan- deln, dienenQetriebe mitZahustange, Schranbenspindel mit Mnt- ter, Schneckengetriebe und Zahnstange, Kurbel nnd Schub- stange oder Earbel mit Gleitstttck nnd Schleife.

Bei Anwendung des Getriebes mit Zahnstange erfolgt bei dem An- griffe jedes nenen Zahns ein kleiner Stoss und die Bewegung wird da- durch ungleichförmig. Zur Verringerung dieser Ungleichförmigkeil, welche in gleicher Weise die Genauigkeit des Schnittes beeinträchtigt, bringt man hfiu£g zwei neben einander sitzende Getriebe mit Zahn- stangen in solcher Anordnung an, dass jeder Zahn des einen Getriebes beziehentlicb der einen Zahnstange einer Zahnlücke des daneben liegen- den Getriebes (Zahnstange) gegen aberliegt; oder für einen noch regel- mässigem Eingriff drei Getriebe mit drei Zahnstangen, deren Zähne jedesmal um '/i der Theilnng gegen die Zähne des daneben liegenden Getriebes mit Zahnstange Terschoben sind.

Für die Rückwärtsbewegung des Arbeitsstücks oder Werkzeugs nach einmaligem Schnitte muss bei Anwendung der drei erstgenannten Ue- chanismen Umsteuerung der Maschine stattfinden; bei Anwendung einer Kurbel mit Schubstange oder Schleife fflhrt diese selbst den Tor- oder Rückwärtsgang aus, giebt aber nicht, wie die ersteren, eine gleichför- mige, Bondem die bekannte ongleichformige Bewegung, vom todten Punkte bis zur Mitte des Hubes mit wachsender, von da bis zum zwei- ten todten Pnnkte mit abnehmender Geschwindigkeit. Darin bemht ein für die Leistung der meisten Maschinen filblbarer Uebelstand. Derselbe wird abgeschwächt nnd eine annähernd gleichförmige Bewegung erzielt, wenn man, wie in Fig. 438 skiszirt ist, auf der Antriebswelle ein excentrischea Getriebe '^' ' anbringt, welches in ein

um seinen Mittelpunkt drehbares Ellipse urad ein- ..A'.j greift, dessen Zäbneznfal

-"-■'-'■'5\\ doppelt so gross ist aU

^ die des excentrischen

B <| I..' Radesandauf desseuAchse die Kurbel befindlich ist. i^:'-'-'--''' 9 üt bier das excentrische

Getriebe, r das EUipsen- rad, S die KurbeL Die

^ ■'*+ '■ Winkelgeschwindigkeit

des Ellipsenrades ist offen- bar am grösaten, wenn der grSsste Theilkreishalbmesier des Rades q mit dem kleinsten EllipsenhalbmesBer im Eingriffe steht, eine Stellnng, welche während einer vollen Drehung von r zweimal eintreten wird; und in diesem Angenblioke muss sich die Kurbel im todten Punkt« ihrer Bahn befinden. Die Winkelgeschwindigkeit des Ellipsenrades ist da-

Werkzeugmaschinen. 565

gegen am geringsten in der gezeichneten Stellung heim Eingriffe des kleinsten Theilkreishalhmessers des Bades q; die Eurhel hat nunmehr einen Bogen Yon 90 Graden vom todten Punkte ab beschrieben und befindet sich in derjenigen Stellung, bei welcher die erfolgende gerad- linige Bewegung die grösste Beschleunigung erhält.

Eine gleiche Wirkung wird erreicht, wenn man statt des elliptischen Bades ein rundes Bad anwendet, welches in der Bichtung der durch die Drehungspunkte beider Bäder gelegten Linie verschiebbar ist.

Bei diesen soeben beschriebenen Mechanismen findet der Bückgang in gleicher Geschwindigkeit als der Vorwärtsgang statt. Bei Maschinen, welche nur beim Yorwärtsgange schneiden und leer zurückgehen, kann es jedoch zweckmässig sein , nach einem gleichmässigen Yorwärtsgange einen beschleunigten Bückgang eintreten zu lassen. Bei Anwendung der Kurbel zur Bewegungsübertragung giebt es hierfür verschiedene Hilfsmittel.

Wenn man z. B. statt des Ellipsenrades mit excentrischem Getriebe, wie es in Fig. 437 skizzirt war, zwei Ellipsenräder von gleicher Grösse anwendet, die sich jedes um einen ihrer Brennpunkte drehen, so er- hält man die kleinste Winkelgeschwindigkeit des Eurbelrades, wenn der kleinste Badiusvector der treibenden Ellipse mit dem grössten Badius- vector der getriebenen im Eingriffe steht; und wenn die Kurbel hierbei auf der Mitte zwischen den todten Punkten sich befindet, so fällt diese geringste Winkelgeschwindigkeit der Kurbel zusammen mit der relativ grössten Beschleunigung der geradlinigen Bewegung. Bei weiterer Dre- hung nimmt die Winkelgeschwindigkeit zu, die Kurbelbewegung ab; nach einer Drehung um 90 Grade ist die Kurbel auf dem todten Punkte angelangt, die beiden Ellipsen greifen in gleichen Abständen von den Drehnngspunkten zusammen, besitzen also gleiche Geschwindigkeit. Nun wächst aber die Winkelgeschwindigkeit des getriebenen Bades, zu- gleich auch die Entfernung der Kurbel vom todten Punkte, es tritt somit in zweifacher Hinsicht Beschleunigung der geradlinigen Bewegung ein. In dieser Hälfte des Kurbelwegs muss mithin der leere Bückgang stattfinden. Die Beschleunigung erreicht ihren höchsten Stand, wenn die Kurbel in der Mitte zwischen beiden todten Pui^kten angelangt ist; der grösste Badiusvector der treibenden Ellipse greift jetzt in den kleinsten der getriebenen; nun beginnt allmälig Yerlangsamung , bis die Kurbel wieder auf dem todten Punkte angelangt ist, hier in die zweite Hälfte ihrer Bahn eintritt und diese, während die Maschine ihren Yor- wärtsgang ausführt, in der oben geschilderten Weise mit anfanglich abnehmender Winkelgeschwindigkeit bis zur Mitte, dann mit zunehmen- der Winkelge8ch?nndigkeit durchläuft und dabei eine annähernd gleich- mäaaige Bewegung der Schubstange bewirkt. Man wird leicht im Stande sein, durch Skizziren der einzelnen Kurbelstellungen sich diese Yor- gänge zu veranschaulichen.

In anderer Weise wird ein gleicher Erfolg durch Einschaltung eines

566 Treimuiig8arbeiten.

CouliaseahebeU, Fig. 439, zwischeu Kurbel und Schnbatange erreicht,

welcher in der Ebene der Kurbelbewegnng um einen festen Drehungs-

Fig. 43S.

pnnkt schwingt. Die Kurbel greift vermittelst eines Oleitstflcks in die Cualisse (Schleife) ein und bewirkt hierdurch Hin- and Herbewegung. Die todt«n Punkte liegen offenbar da, wo der Kurbelarm rechtwinklig gegen den Hebel gerichtet ist. Nun ist aber der Weg zwischen den beiden todten Punkten in dem untern Theile der Knrbelbahn kleiner als in dem obem, bei coustanter Winkelgeschwindigkeit der Kurbel wird also auch der nntere Weg rascher als der obere zurückgelegt, and es ist leicht einziuefaen , doss die resoltirende geradlinige Bewegung der Fig. 440. Schabstange annähernd gleichförmig

erfolgt, so lange die Kurbel in der grossem Hälfte ihrer Bahn verweilti dass aber eine annehmende Beschleu- nignng eintritt, sobald die Kurbel nach Ueberschreitung des todten Punktes in die andere Wegeshälft« eingerückt ist, nnd dass diese Be- schleunigung ihr Mazimnm erreicht, wenn die Kurbel sich in der Mitte I zwischen beiden todten Punkten be- findet. Dann tritt VerzägeroQg ein, I bis beim zweiten todten Punkt« wie- der jene langsamere gleichförmige Bewegung ihren Anfang nimmt, wäh- rend welcher der Vorwärtagang der Maschine stattfindet.

Aehnlich dem Conliseenhebel wirkt die in Fig. 440 nnd 441 abgebildete excentrlsche Knrbelschleifc.

Werkzeugmaschinen. 567

In dem festotehendeo Geh&nse a der Mascbine steckt der goaeeiBeme Zapfen b, bohl gegoaseo und mit excentrischer Bohro&g Teraehen, wie E^, 441, in der Stimansicht,

Fig. 441, durch pnnk- tirte Linien angedeutet ist. Um diesen feat- liegenden Zapfen dreht sich oentriBch das Stirn- rad c, welches durch ein in der AbbUdong nicht gezeichnetes Ge- triebe seine Drehung I erhält. In der excen-

trischen Bohrung des Zapfens b steckt ein zweiter masÜTer Zapfen, welcher die Schlitzkur- bei d trägt. An der Rückseite derselben, dem Rade zugewendet, befiudetsich eine radiale coulissen artige Führung (Schleife) e für ein Gleitstück/, welches in bestimmter Entfernung vom Radmittel an die Badscheibe angesohraubt ist, also gewiseermaaeeen die Warze eines zweiten Eurbelarms bildet. Bei der Drehung des Radea C nimmt das Stück / die Kurbel d mit und gleitet dabei inner, halb des Schlitzes e um die doppelte fkcantricität aus and ein. Die todten Pnnlite der Eurbelbabn liegen bei der abgebildeten Anordnung in der durch die Achse des Eurbelzapfens d gelegten Horizontalebene; da aber/ eine Kreislinie um den Mittelpunkt des Rades C beschreibt, so fallen die todten Punkte ebenfalls in diese Kreislinie und theilen dieselbe in einen grossem und einen kleinem Bogen, deren jeder einem einmaligen Hube der Maschine entspricht. Das Gleitstück/ bewegt sich aber mit con- stanter Winkelgeschwindigkeit um den Mittelpunkt seiner Bahn; es ver- halten sich demnach die Zeiten zum Durchlaufen jener Bögen wie die Bogen- längen, und demzufolge wird der Hub, während die Kurbel sich im untern, langem Bogen bewegt, eine entsprechend längere Zeitdauer beanspruchen, als während der Kur belbewe gang im obem Bogen. Die Maschine wird nun durch die Scbubetange (deren Angriffspunkt inner- halb des Kurbelscblitzes zur Aendemng der Hublänge veränderlich ist) derartig mit der Kurbel rerbunden, daae sie während der langsamem Bewegung schneidet, während der raschem leer zurückläuft; nnd ans denselben Gründen wie bei der Bewegung durch einen Coulissen hehel wird die erstere Bewegung annähernd gleichförmig, die andere ungletch- förmig ausfallen. Die beiden Schrauben xF dienen zum Festhalten und

568 Trennungsarbeiten.

Einstellen einer zum Aiiswechseln eLagerioliloten metalleiten Gleitbacke innerhalb des Schlitzes e.

Der Umstand, dass bei der BewegnngsÜbei*tragung durch eine Eorbel die Länge des Hubes der Maschine von der Länge des Kurbel- arms abhängig bleibt und dieselbe sich begreiflicherweise nicht über ein gewisses Maass ausdehnen lässt ohne die Construction schwerfallig zu machen, beschränkt die Anwendung der Kurbel för die Hauptbewegung nur auf Maschinen für geringere Schnittlängen.

Der Antrieb der Mechanismen für die Schaltbewegung pflegt von einer der umlaufenden Hauptwellen der Maschine aus zu geschehen, und zwar durch zwischengeschaltete Riemenscheiben, Zahnräder oder Schneckengetriebe, falls die Schaltbewegung ununterbrochen fortgehen soll; durch Kurbelscheiben, Excenter, Nuthenscheiben oder Hebedaumen, falls dieselbe ruckweise geschieht. In letzterm Falle befindet sich zwi- schen diesem die Bewegung übertragenden Mechanismus und dem für die Schaltbewegung bestimmten Theile ein Sperrzeug oder Schalt- werk, meistens durch Hebel und Zugstangen mit jenem verbunden, um die ununterbrochene Bewegung der Maschine in die ruckweise der Schaltung zu verwandeln. Meistens besteht dieses Schaltwerk aus Zahn- rad mit Sperrklinke.

Als Umsteuerungsmechanismen für solche Werkzeugmaschi- nen, deren geradlinige Bewegung nicht durch eine Kurbel erzeugt wird, dienen ein offener und ein gekreuzter Riemen mit einer festen und zwei losen Riemenscheiben; oder ein Riemen mit einer losen und zwei festen Scheiben, von denen die eine direct, die andere durch Zwischengelege den Antrieb bewirkt; oder dergleichen. Bei der letzterwähnten Anordnung lässt sich mit Leichtigkeit veränderte Geschwindigkeit für Hin- und Rück- gang einrichten.

Die Verschiebung der Riemen in diesen Fällen geschieht fast immer selbstthätig bei beendigtem Hube durch die Werkzeugmaschine selbst, indem dieselbe vermittelst eines, beziehentlich zweier, an dem bewegten Theile befindlichen verstellbaren Stossknaggen durch Vermittelung eines Systems von Hebeln und Zugstangen die Riemengabel vorschiebt.

Die meisten dieser der bessern Uebersicht halber schon hier er- wähnten Bewegungs- und Steuerungsmechanismen werden durch die unten folgenden Abbildungen ausgeführter Werkzeugmaschinen fernere Er- läuterung finden.

Werkzeugmaschinen. 569

Literatur über Werkzeugmaschinen und Werkzeuge.

Ausser den unten für jede besondere Gattung von Werkzeugmaschi- nen gegebenen literarischen Nachweisen sind folgende Werke für das Studium der Werkzeugmaschinen im Allgemeinen wie im Besondern empfehlenswerih und für die unten folgenden Besprechungen mehrfach benutzt worden:

J. Hart, Die Werkzeugmaschinen für den Maschinenbau zur Metall- und Holzbearbeitung. Zweite umgearbeitete Auflage, Mit einem Atlas von 72 lithographirten Tafeln, Heidelberg 1874.

Earmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Aufl., S. 225 ff.

Hoyer, Mechanische Technologie, S. 218 ff.

Wiebe, Die Maschinenbaumaterialien, S. 529 ff.

Hart ig, Versuche über den Arbeitsyerbrauch der Werkzeugmaschinen. Leipzig 1873.

£. A. Y. Hesse, Die Werkzeugmaschinen auf der Wiener Ausstellung, Leipzig 1874.

Wencelides, Hilfsmaschinen und Werkzeuge für Eisen- und Metall- bearbeitung (Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia). Wien 1877.

570 Trennungsarbeiten«

3. Die formgebenden Geräthe tmd das Arbeitsverfahren.

A. Ger&the zum Absoheeren.

a. Scheeren.

Wenn die Abscheerung in einer o£Penen Linie erfolgt, so heisst das Werkzeug Sc beere. In den meisten Fällen wird eine Scbeere zur Zer- tbeilung eines Stücks in zwei nach einer geraden Trennungslinie be- nutzt werden, zum Abtrennen der Rander u. s. w.; es ist dabei aber nicht ausgeschlossen, dass durch Aneinanderi'eihen mehrerer solcher nach einander herrorgebrachter Schnitte eine geschlossene Figur Dreieck, Polygon, selbst ein Kreis, sofern man sich denselben als ein Polygon mit unendlich vielen kleinen Seiten denken kann, aus einem vollen Metallstüoke losgetrennt werde.

Der wirksame Theil der Scheere besteht aus zwei Stahlbl&tiern (Schneiden), welche in Parallelebenen an einander vorbei geführt werden und deren gegen das Arbeitsstück gerichtete Flächen aus früher ent- wickelten Gründen um einen Winkel von 75 ^is 85 Grad gegen die Be- wegungsebene geneigt sind (Fig. 442). Ob bei den Scheeren beide Fi 442 Schneiden bewegt werden, oder ob die eine ruht und

nur die zweite in Bewegung gegen die erstere versetzt wird, ist natürlich für den Erfolg gleichgültig, und man findet deshalb beide Anordnungen vertreten. a^,.. Die Schneiden bilden einen Theil der Soheeren-

7 '/''A backen oder Scheerenblätter und sind mit den- selben entweder im Ganzen gefertigt oder bei grösseren Scheeren für sich aus Gussstahl hergestellt und in jene eingesetzt. Nach der Art, wie die Bewegung der Schneiden erfolgt, unterscheidet man folgende Gattun- gen von Scheeren:

UL-

'\t

Bogenscheeren, Hebelscheeren oder Maulscheeren. Wie der Name Hebelscheeren andeutet, erfolgt die Bewegung durch die Wirkung des Hebels; und zwar ist bei diesen Scheeren ebensowohl das Princip des einarmigen als des zweiarmigen Hebels in Anwendung.

Scheeren.

571

Eine Hebelscheere der letztern Art in der einfachsten Form ist in Fig. 443 abgebildet. Dieselbe ist zweischenklig, und das Schneiden erfolgt durch Zusammendrücken beider Schenkel mit der Hand. Man

Fig. 443. nennt sie Hand scheeren. Die Länge

der Schenkel beträgt 100 bis 300 Mm., die Länge der Schneiden 30 bis 100 Millimeter Diese Scheeren eignen sich nur zum Zerschneiden feiner Bleche und Stäbe. Um den durch mensch- liche Kraft ausgeübten Druck wirksamer zu machen, verlängert man wie bei der in Fig. 444 abgebildeten Scheere den obern Schenkel und be-

1^ festigt den untern mit

Hilfe einer angeschmie- deten oder angenieteten Angel in einem Holz- blocke oder im Schraub- stocke und nennt die Scheeren von dieser Form Stockscheeren oder Bockscheeren. Bei denselben ist nur die untere Schneide beweg- lich und der ganze Druck, welchen der Arbeiter auszuüben fähig ist, und

welcher ersichtlicher Weise bei dieser Anord- nung erheblich beträcht- licher ausfallen muss, als bei dem Zusammen- drücken beider Schenkel mit der Hand, wird nunmehr durch den langem Hebelarm c auf die Schneiden übertragen. Um jedoch beim Schneiden stärkerer Bleche oder Eisenstücke (bis 2 Mm. Stärke) den ausgeübten Druck noch mehr verstärken zu können , lässt sich bei der abgebildeten Scheere^) der Hebel c durch den Bügel h mit einem einarmigen Hebel a verbinden , so dass bei Benutzung dieses letztem der Druck durch eine doppelte Hebelübersetzung auf die Schneiden übertragen wird. Die Länge der Scheerenblätter der abgebildeten Stockscheere ist 200 Mm.

E^e Scheere nach dem Principe des einarmigen Hebels, an einem Tische mit gusseisemer Platte befestigt und deshalb Tafelscheere ge- nannt, zeigt die Fig. 445') (a. f. S.). Die Schneide derselben ist er-

1) Aus der durch ihre Werkzeugmaschinen für Blecharbeiter lühmlichst bekannten Fabrik von Erdmann Kircheis in Aue (Sachsen). ^ Eben&lls von E. Kiroheis in Aue.

572 Trennuiigsarbeiten.

beblicb lioger als b«i den zweiarmigen Hebelscheeren , so dass man mit

grösseren Scheeren dieser Art im Stande ist Schnitte bis 1 M. Länge

Fig. 445.

anaznfübren. Die untere Scbneide ist an der vor dem Tische befind- lichen eisernen Wange angeschranbt. Die Tischplatte trägt zwei eiserne rechtwinklig gegen die Messer gerichtete Lineale aa und zwischen denselben ein verstellbares, den MesHern paralleles Lineal, welche fär die BlecbstQcke als Anlage dienen, wenn Schnitte rechtwinklig oder parallel zu einer vorhandenen Kante ansgeftlbrt werden sollen. Das am Hebel befindliche Gegengewicht hält denselben während der Rahe in . seiner höchsten Stellung, damit die Bleche beqnem eingelegt werden können.

Zum Schneiden stärkerer MetallstQcke werden die Uebelscheeren fUr den Betrieb durch Elementarkraft eingerichtet nnd beisten dann Mascbinenscbeeren. Sie finden vorzugsweise zum Zerschneiden stab- förmiger, in Walzwerken dargestellter Körper in bestimmte Längen, ausserdem aber auch zum Zerschneiden von Blechen viel&cbe Anwen- dung.

Meistens ist bei ihnen der zweiarmige Hebel vertreten; nur in seltenen Fällen finden Scheeren nach Art der in Fig. 415 abgebildeten einarmigen Scheeren mit Maschinenbetrieb Yerwendung. Die Soheeren- backen wie der Hebel besteben meistens ans Gusseisen nnd die Schnei- den (Messer) sind durch Schrauben an denselben befestigt. Scheeren, welche znm Zerschneiden bestimmter Speciolartilcel dienen, erhalten bis- weilen Schneiden mit entspreobeod geformten Schneidkanten; so s. B.

Scheeren. 573

giebt man der obem Schneide einer zum Zertheileo von Winkeleisen dienenden Soheere einen ans der geraden Unie vorspringenden Zabn, der untern eine entsprechende Vertiefung. Die untere Backe ist fest, die obere beweglich, und die Anordnung demnach umgekehrt als bei der in Fig. 444 abgebildeten Bockscbeere. Die Bewegung des Scheeren- hebels erfolgt von einer sich drehenden Welle ans entweder durch eine excentrische Scheibe, welche unter dasEnde des Hebels fasst und diesen empordrQckt, somit die Backen schliesst, w&hreDd das eigene Gewicht bei der Drehnng des Excenters das Hebelende wieder sinken läest und dadurch die Backen SfTnet; oder durch Kurbel und Zugstange, in wel- chem Falle der Hebel vom Drehnngspunkte ab ann&hernd senkrechte Lage erhält und demnach mit der Richtung der Schneiden im Winkel steht (Winkelscheeren).

Fig. 44S giebt eine Abbildung einer Scheere der erstem Art Die bewegliche Backe ist aus Gusseiseu mit dem Hebel ans einem Stücke gefertigt, während die gossstählerne Schneide durch Schrauben mit ver- Fig. 449.

senkten coniechen Köpfen an der Backe befestigt ist. Mit gswei Zapfen ruht der Hebel in den gusBeisernen Lagern , welche aof einer Sohtplatte aufgegossen und mit dieser auf einem Fundamente befestigt sind. Das eine der Lager trägt die feststehende Schneide und dient zugleich als feste Auflage für das Arbeitsstück ; in dem gegenüberliegenden ist eine senkrechte Metallplatte mit Stellschrauben "befestigt, welche gegen den Scbeerenbebel drückt und denselben in naher Berühmng mit der fest- stehenden Schneide erhält, um eine Klemmung des Arbeitsstücks, her* vorgerufen durch ein Auseinandergehen der Schneiden, zn yermeiden.

In der abgebildeten Scheere muss die Befestigung des Hebels Ter- mittelst Darchsteckens und Verkeilens des Zapfens von auHsen durch die Bohrungen der Lager und des Hebek geschehen, nachdem der Hebel an seine Stelle gebracht worden ist; häufiger dürft« die Einrichtung sein, dass nur eins der beiden Lager angegossen, das andere in Nasen der Sohlplatte verkeilt ut.

574 Trennungsarbeiten.

Damit der Schnitt allmälig vor sich gehe, giebt man dem Drehangs- ponkte eine solche Lage, dass bei horizontaler Stellung der beweglichen Schneide dieselbe etwas tiefer (20 bis 30 Mm.) als die feste zu liegen kommt; insbesondere legt man bei Blechscheeren, wie die yorstehend ab- gebildete, den Drehungspunkt so tief, dass das Blech oberhalb des Zapfens zu liegen kommt und der letztere mithin den Vorschub des Blechs nicht behindert. Sind dagegen die zu schneidenden Arbeits- stücke schmal und dabei starker als gewöhnliches Blech z. B. Qua- drat- und Rnndstäbe , so macht man die Schneiden kürzer, wodurch ein günstigeres Verhältniss der Hebelarmlängen entsteht, legt den Dre- hnngspunkt höher und schwächt dadurch die Neigung der geöffneten Schneide, das Arbeitsstück in horizontaler Richtung herauszudrücken. Dieses Herausdrücken wird stets eintreten, sobald der Winkel, welchen die geöffneten Schneiden einschliessen, grösser ist als der Reibungswinkel zwischen Arbeitsstück und Schneide; mithin um so leichter, je weiter die Schneiden geöffnet sind. Hieraus ergiebt sich für geradlinig ge- formte Schneiden, um das übermässige Oefinen des Scheerenmauls zu vermeiden, die Nothwendigkeit, das Arbeitsstück um so entfernter Tom Drehungspunkte zwischen die Schneiden zu bringen, je beträchtlicher seine Dicke ist; um so ungünstiger fällt aber auch die Hebelwirkung beim Schneiden aus und um so kürzer die Schnittlänge. Der Uebel- stand lässt sich beseitigen, wenn statt der geradlinigen, beweglichen Schneide eine gekrümmte angewendet wird (wie es z. B. bei der in Figur 445 abgebildeten Tafelscheere geschehen ist), deren Radiusvector mit der Tangente einen gleichbleibenden Winkel beschreibt, während die feststehende Schneidkante durch den Anfangspunkt der Curve geht. Für kurze Schneiden erfüllt ein flacher Kreisbogen annähernd genau diese Bedingung; vollständig wird der Zweck erreicht, wenn die obere Schneide die Form einer logarithmischen Spirale besitzt.

Die Anzahl der von einer durch Elementarkraft betriebenen Hebel- scheere ausgeführten Schnitte schwankt nach der Stärke des Materials und Länge der Schneiden zwischen 25 bis 60 per Minute; als erforder- liche Betriebskraft rechnet man für Scheeren zum Zerschneiden kleinerer Gegenstände (Bleche, Feineisen etc.) 2 bis 3 Pferdekräfte, für grössere Scheeren, zum Zerschneiden, von groben Eisenstäben bestimmt, 4 bis 6 Pferdekräfte.

Parallelscheeren (Rahmenscheeren). Der bei geradlinigen Schneiden der Bogenscheeren hervortretende Uebelstand eines veränder- lichen Scheerwinkels wird, ausser durch die schon erwähnte Formung der Schneide nach einer Curve, vermieden, wenn die bewegliche Schneide statt der bogenförmigen Bewegung eine geradlinige, normal gegen die festliegende gerichtete Bewegung erhält. Dadurch wird zugleich die Möglichkeit gegeben, auch sehr breite Stücke, z. B. breite Bleche, mit einem einzigen Schnitte zu trennen, falls die Schneiden lang genug sind, während bei den Hebolscheeren in Folge des Umstandes, dass die Wir-

Scheeren. 575

knng mit dem zunehmenden Abstände vom Drehnngspnnkte sich Ter- ringert, ein Zertheilen sehr breiter Arbeitsstücke nur durch mehrere auf einander folgende Schnitte unter stetem Vorschieben des Arbeitsstücks zu ermöglichen ist.

Die untere Schneide liegt auch hier fest und besitzt eine horizontale Oberkante, die obere wird zwischen zwei senkrechten Führungen auf und nieder bewegt. Damit der Schnitt nicht auf die ganze Länge in einem einzigen Augenblicke erfolge, sondern der Widerstand gegen das Abscheeren allmälig überwunden werde, besitzt die obere Schneide eine Neigung gegen die Horizontale von 7 Grad bei kürzeren, von Z'^j^ Grad bei sehr langen Schneiden; oder man giebt, um den erforderlichen Hub (dessen Höhe natürlich mit dem Neigungswinkel und der Länge der Schneide wächst) nicht allzu sehr zu yergrössem, sehr langen Schneiden auch wohl die Form eines stumpfen Winkels, dessen Scheitelpunkt in der Mitte liegt und dessen Schenkel von den Endpunkten nach dem Scheitel unter jenem Winkel ansteigen. Die Bewegung erfolgt gewöhnlich durch £xcenter und Druckstange; und zwar pflegt bei kleinen Scheeren mit Schneiden bis zu 600 Mm. Länge eine einzige Druckstange auf die Mitte eines Gleitstücks zu wirken, welches die Schneide trägt, während die Achsen- richtung der Betriebswelle parallel der horizontalen Schneide Hegt, und demnach die Bewegung des Fxcenters und der Drückstange in einer normal gegen die Schneidenrichtung gerichteten Verticalebene erfolgt.

Bei grösseren Parallelscheeren jedoch zum Zerschneiden starker und breiter Bleche würden durch den Antrieb an nur einer Stelle in der Mitte der Schneide sehr leioht Klemmungen an den Enden hervorgerufen werden. Man befestigt deshalb diese langen Schneiden in einem ent- sprechend starken Horizontalbalken, welcher durch Gegengewichte das Bestreben erhält, emporzusteigen, und bewirkt das Niedergehen durch zwei an den Enden des Balkens angreifende Druckstangen, welche ent- weder von einer gemeinschaftlichen doppelt gekröpften Welle aus in glei- cher Weise wie die Druckstangen der kleineren Scheeren oder auch, da eine solche Welle mit zwei Kröpfungen schwieriger herzustellen ist, häufiger von zwei parallelen Achsen aus bewegt werden, deren Richtung normal gegen die Bichtung der Schneiden gerichtet ist, und an deren freien Enden die Excenter befindlich sind.

Der Betrieb der Parallelscheeren erfolgt entweder von einer Trans- mission aus oder direct durch eine Dampfmaschine; während des Leer- gangs überträgt die Maschine ihre Arbeit an ein Schwungrad und die in solcher Weise angesammelte Arbeit ist es hauptsächlich, durch welche der Schnitt erfolgt.

Um das Einlegen der Arbeitsstücke zu erleichtern, ist bei den meisten Parallelscheeren, insbesondere allen grösseren, Vorkehrung ge- troffen, durch welche die Druckübertragung ausgerückt werden kann, während die Antriebswelle ununterbrochen ihre Bewegung behält; erst

h'G Trenniingsarbeiten.

wenn das Blecb die richtige Lage erhalten hat, wird eingerückt nnd der Schnitt aoBgeführt.

Zur ErUntcrnng hierfür möge die in den Hgnren 447 bia 450 gegebene Abbildung einer groaaen Blechtcheere dienen i); and zwar ist Fig. 447 Vorderanricht, Fig. 448 Seitenansicht beziehentlich senkrechter Schnitt dnrch die Mitte der Maschine, Fig. 449 Ansicht von hinten nnd Figar 450 Schnitt nach der Linie JUN. Der Betrieb erfolgt hier dnrch den an der Rückseite des Scheerengerüstes angeschraubten Dampfcj-l Inder p, Fig. 4*7.

welcher vermittelst Schabstange and Kurbel die Welle a des Schwaograds S in Drehnng versetzt. Anf derselben Welle befindet sich das kleine ver- zahnte Rad b, welches die Bewegung zunächst auf das Rad c nnd vermittelst des auf derselben Welle mit c sitzenden Getriebes d auf die beideo Stirn- räder ee fortpflanzt. Die Achsen dieser letzteren tragen die Excenter, welche auf die mit ihnen verbnndenen Dmckstangen // wirken. Beim Niedergange drücken die letzteren gegen zwei Untersätze uu, welche ans- weohaelbar auf der Platte g befestigt sind, g trägt an der untern Seite

ParalleUcheeren.

Pig. 4*8.

r, HMchuilKb-inatallnTgiKhe T«hiH)losia.

578 TrennungBarbeiteu.

die obere Schneide und wird theila zwischen zwei gehobelten BchrSgen LeiBten bb, welche stellbar in dem Rahmenstücke befestigt rind, geführt, iheils schleift sie mit ihrer Rückaeite an dem Gerüste. Beide Drücker // sind durch eine horizontale in Fig. 447 ereichtliche Traverse n anter sich nnd dnrch eine Zugstange n mit dem an der linken Seite der Scbeere befindlichen , mit einer Fallkogel beschwerten Winkelhebel verbunden. Dnrch Niederdrücken des Handgriffs erfolgt in leicht erkennbarer Weise Ansrücknng nnd die Drücker gleiten nunmehr in echriger Lage neben den Untersätzen u u aof und nieder. Ein am Winkelhebel befestigter Bügel o, welcher bei der Ansrücknng gegen einen am Ständer befind- Fig. 450.

liehen Anschlag trifit, begrenzt die Bewegung nach beiden Seiten hin, während zugleich eine an der linken Seite jedes Drückers angegossene Nase die richtige Stellung desselben beim Wiedereinrücken sichert. Der Anhnb der Platte g erfolgt dnrch zwei Hebel 1, deren kürzere Enden anter eine an der Platte angegossene Rippe oder Nase greifen, während die län- geren Enden an schmiede eisernen Stangen Gegengewichte tragen, eben aus- reichend schwer, um dos Gewicht der Platte sammt Reibang zu überwinden. In dem höchsten Stande der Platte setzen die Gewichte auf Untersätze anf, somit den Hab beendigend. Ansser diesen Gegengewichten bewirken aaoh die an den Excentem aufgehängten Zngstangen mit Bügeln ht ein Emporziehen der Platte, falls jene Gewichte nicht aasreichend sein soll- ten, die Reibnog zn überwinden; in dem hücbsten Staude der Platte

Ereisscheereii.

579

dagegen geBtatten die erwähnten Bügel, wie leicht ersichtlich ist, eine freie Bewegung der Excenter, ohne dass ein Dmck ansgeübt wird.

Ein je grösseres Gewicht das Schwnngrad der Parallelscheeren be- sitzt nnd je weniger Schnitte in gegebener Zeit ansgef&hrt werden, desto geringer braucht die erforderliche Betriebskrafb za sein. Nach Hauer giebt man den grosseren Scheeren für Bleche bis zu 2 M. Lange einen Dampfcylinder von 200 bis 300 Mm. Durchmesser bei 3 Atmosphären Dampfüberdruck, 400 bis 600 Mm. Hub und 100 bis 150 Doppelhübe per Minute mit 6- bis 18-focher Umsetzung, während das Schwungrad bei 1,6 bis 2 M. Durohmesser 800 bis 1200 Kilogramm Gewicht erhält.

KreisBCheeren (Circularscheeren). In einer von der bisher be- schriebenen Art und Weise abweichenden Form lässt sich die Aufgabe, die Schneiden unt«r einem constanten Winkel gegen das Arbeitsstück wirken zu lassen , auch erreichen , wenn man der beweglichen Schneide Kreisform giebt und sie um ihren Mittelpunkt dreht, so dass nach und nach jeder Punkt des Umfange zum Schneiden gelangt, während das Arbeitsstück stetig gegen die Schneide yorgeschoben wird. Je weiter hierbei die beiden Schneiden über einander greifen und je kleiner der Durchmesser der Scheibe ist, desto grösser wird natürlicherweise der Scheerwinkel (aus Tangente an der Angriflfsstelle und Bewegungsrichtung des Arbeitsstücks) und desto leichter erfolgt ein Znrückstossen , sobald dieser Scheerwinkel grösser wird als der Reibungswinkel. Hierbei kann die eine Schneide, wie bei den bisher besprochenen Scheeren, fest sein; zweckmässiger ist es in diesem Falle, beide Schneiden kreisförmig zu machen und sich in entgegengesetzter Bichtung^ehen zu lassen, wodurch eine selbstthätige Verschiebung des Arbeitsstücks erleichtert' wird.

Da die Länge der Schneiden einer solchen Kreisscheere endlos ist, so ist auch die Länge der mit derselben zu schneidenden Arbeitsstücke unbe- grenzt, und hierin liegt ein wesentlicher Vortheil derselben; leider ist jedoch

aus sogleich zu erörternden

Fig. 451.

Gründen nicht dasselbe mit der Dicke der Ar- beitsstücke der Fall, und es beschränkt sich des- halb die Anwendung der Kreisscheeren auf das Zerschneiden dünnerer Gegenstände, insbesondere Bleche.

Es seien in Fig. 45 1 ÄnndB die beiden kreis- förmigen Schneiden mit den Halbmessern r, Durch- messern d^ C das gegen dieselben vorgeschobene 37*

580 Trennungsarbeiten.

Arbeitsstück von der Starke Ö, a der Winkel zwischen Tangente an der Angriffsstelle und Bewegnngsrichtnng des Arbeitsstücks (da zwei kreis- förmige Schneiden vorhanden sind, ist in diesem Falle cc gleich dem halben Scheerwinkel) , ß der Tangentenwinkel an derjenigen Stelle, wo die beiden Kreislinien sich schneiden, so hat man folgende Beziehungen:

8

= ab = rcosß rcosa

8 =z 2r (coaß cosa) ^= d (cosß cosa). Hieraus folgt ohne Weiteres , da der Werth cos cc mit zunehmendem Werthe von 8 abnimmt, cos ß um so grösser ausfällt, je weniger die Schnei- den über einander greifen, dass mit zunehmender Stärke des Metallstücks auch der Durchmesser d der Scheiben wachsen oder ß verkleinert werden muBS. Nun soll aber, damit nicht ein Zurückstossen des Arbeitsstücks eintrete, a kleiner als der Reibungswinkel sein, und selbstverständlich muss ß immer noch grösser als 0, cosß < 1 sein, weil sonst das Schee- ren überhaupt nicht mehr vollständig erfolgt, und man setzt erfahrungs- mässig oe höchstens = 12^ , ß mindestens = 4^; daraus ergeben sich dann die Beziehungen:

8 = d (cös40 cos 120) =0,019 d d = 53 a. d. h. der Durchmesser der Scheiben muss mindestens das Ö3-fache von der Starke des zu schneidenden Arbeitsstücks betragen.

Bezeichnet man das Maass, um welches die beid^en Schneiden über einander greifen, mit e, so ist:

e =2 (r rcosß) = d {1 cos 4^) =0,0024 d

= PP'' 4Ö0 ^-

Aus der erörterten Thatsache, dass der Durchmesser der Schneid- scheiben mit der Starke des Arbeitsstücks um ein Vielfaches wachsen muss, und zugleich aus dem Umstände, dass grosse Schneidscheiben sich nur schwierig herstellen und vor dem Verbiegen (Federn) behüten lassen, folgt, dass, wie schon erwähnt wurde, die Kreisscheeren zum Schneiden von Gegenständen mit stärkeren Querschnitten nicht geeignet sind, und die Anwendung von Scheiben mit mehr als 200 Mm. Durchmesser geeignet für Bleche von mehr als 4 Mm. Dicke ist deshalb selten.

Die Schneiden der Kreisscheeren sind unter demselben Winkel wie die der früher beschriebenen Scheeren zugeschärft. Die Umfangs- geschwindigkeit der Scheiben und somit die Bewegungsgeschwindigkeit des Arbeitsstücks kann eine ganz beträchtliche sein und beträgt durch- schnittlich 600 Mm. per Secunde, bisweilen noch mehr.

Da bei den Kreisscheeren der bei Hebel- und Parallelscheeren nn- vermeidliche leere Rückgang wegfällt, ist die Ausnutzung der Arbeit eine günstige, und für die meisten Fälle genügt da nor dünne Ar- beitsstücke mit der Kreisscheere getrennt werden Handbetrieb mit Kurbel- und Zahnrad Übersetzung.

KreisBcheeren. 581

Eine besondere Eigenthümlichkeit der KreisBcheeren liegt in dem Umstände, doas sie auch cnrveulSrniige Schnitte gaBtatt«n, wenn m&n das Arbeitsstack während des Schneidens entsprechend wendet; und je kleiner die Scheiben sind nnd je weniger sie über einander greifen, desto kleiner kann der KiQmninngahalbineBser der Cnrve aasfallen. Spannt man ein Blech in bestimmtem Abstände von den zwei Schneiden einer Kreisscheera zwischen Spitzen derartig ein, dass es sich in seiner Horizontalebene drehen, aber nicht verschieben l&sst, so wird bei der Be- wegung der Schneiden ein Kreis ansgeschnitten, dessen Halbmesser gleich dem Abstände zwischen Schneide und jenem Drebangspunkte des Blechs ist. Hierauf beruht die Constmction der in den Werkstätten der Blecb- arbeiter vielfach benutzten in Fig. 452 abgebildeten Kreisgcheere '). a

Fig. 4b2.

nnd b sind hier die beiden kreisförmigen Scheerblätter, deren Achsen anter einem Winkel von 20 bis 30 Grad gegen einander geneigt sind, um zu vermeiden, dass die Abfälle sich gegen das untere ScheerbUtt sperren. Beide Wellen sind in einem gasseisernen Rahmen gelagert und die gbere durch die Schranbe m in ihrer Lage verstellbar, um rich- tige Einstellung beider Scheiben gegen einander an erhalten, n ist eine Gegenschraube znr Verhütung eines icu starken Uebereinandergreifens der Scheiben. Der Betrieb erfolgt darcb die Handkurbel h nnd die Be- wegnngsübertragung dnrch die beiden Kegelräder d and i. Auf dem

') An» der Fabrik von E. Kirchei« in Aue.

582 Trennungsarbeiten.

horizontalen Prisma H ist der gusseiBeme Bügel B verschiebbar auf- gesteckt. An seiner untern Seite trägt derselbe eine Zahnstange, in welche ein anf dem Ende des Prismas gelagertes Getriebe eingreift; auf der verlängerten Welle des letztem ist die Eorbel 0 befestigt, so dass durch Drehung derselben di^ Verschiebung des Bügels erfolgt. Zar Feststellung desselben in dem richtigen Abstände von den Scheiben dient die Spannschraube n. Das Blech wird nun in dem Mittelpunkte des auszuschneidenden Kreises zwischen die untere Körnerplatte und die ver- stellbare Stahlspitze s eingespannt und mit seiner Kante der Scheere entgegengeführt, welche hierauf in Thätigkeit versetzt wird. Hierbei darf jedoch der Mittelpunkt des Blechs nicht in der durch die beiden Achsen der Scheerenblätter gelegten Verticalebene, sondern muss in der dieser parallelen Ebene liegen, welche durch den Angriffspunkt (Durchschnitts- punkt der Kreise) gelegt ist, damit nicht die Entfernung des Mittelpunkts von den Scheibenflächen kleiner sei als von dem Eintrittspunkte und dadurch ein Stauchen des geschnittenen Blechs gegen die Scheiben bei seiner Drehung veranlasst werde. Ist umgekehrt diese Entfernung zu gross, liegt also der Mittelpunkt jenseits jener Parallelebene, so wird durch die Bewegung der Scheerblätter ein Zug gegen das Blech aus- geübt und der Rand fällt unsauber ans. Um nun demzufolge den durch die Spitze s gegebenen Mittelpunkt genau einstellen zu können, ist das Prisma H in der Horizontalebene drehbar und wird erst durch das An- ziehen der in der Abbildung erkennbaren Befestigungsmutter in der gegebenen Stellung festgehalten, wobei ein auf dem Ansatzbunde des Prismas angebrachter Zeiger und zwei Kömerpunkte am Gestelle als Merkmale dienen.

Wenn gerade Streifen geschnitten werden sollen, wird der Bügel B zurückgeführt und das auf einem Querstabe o verstellbare Lineal x als Führung (Anlage) für das Blech benutzt.

Wenn man auf zwei horizontalen, entgegengesetzt gedrehten Wellen eine Anzahl grösserer Schneidscheiben , von denen je zwei und zwei be- nachbarte durch eine kleinere Mittelscheibe getrennt sind, so anbringt, dass die obere und untere mit einem gleichen üeberstande wie bei einer gewöhnlichen Kreisscheere in einander greifen, so ifit man damit im Stande, einen Streifen von der Breite sämmtlicher Scheiben in so viele einzelne Streifen zu zerschneiden als Scheerblätter vorhanden sind. Man nennt diese Vorrichtung, welche in den Figuren 453 und 454 abgebildet ist, Schneidwerk oder Eisenspaltwerk und benutzt dasselbe zur Darstellung der feinsten Sorten Quadrateisen vermittelst Zerschneidens von Flachstäben. Die Wellen ah und cd des Schneidwerks sind in star- ken gusseisernen Ständern gelagert, auf denselben sind die in einander greifenden Scheiben aufgeschoben und durch einen Keil und Nuth mit der Welle verbunden. Zwei Paar starke gusseiseme Ringe, von denen je einer auf der Welle festsitzt, während der andere durch Schrauben mit ihm verbunden ist, sichern die fest« Lage der Schneidscheiben« Die

Schneidwerke. 583

Scheiben sind ans Schmiedeeiseii mit Terstahlteo RAndern gefertigt; da sie mit beiden Kanten schneiden müssen, bt eine Zuschärfnog des Ran- ng. 453,

Fig. tu.

des nicht möglich. Tor and hinter den Schneiden befinden sich Tische, /and g, mit ZniUhnuig ftlr den einzubringenden Stab, zwischen den Scheiben sind Abstreifmeissal t>0| (Brillen) angebracht, nm das Aufwickeln der heranskommenden Streifen um die kleinen Zwischenscbeiben zn rer- hindem.

Die Anwendung solcher Sobnaidwerke ist ftlter als die der Wala- werke, und man benutzt« dieselben früher zur Darstellung feinen Qua- drateisens aus geschmiedeten Stäben. Seit EinfQhruug der Walzwerke verbindet man die übrigens nicht gerade häufig angewendeten Schneid- werke durch KupplungBspindeln mit dem Walzwerke, welches die als Ma- terialeisen für das Schneidwerk dienenden Flachstftbe liefert, so dass die Be- wegung Ton jenem ohne Weiteres auf das Schneidwerk übertragen wird, nnd zerschneidet die gewalzten Stftbe sofort nach ihrer Vollendong im roth- glühenden Zustande. Selbstveretändlich ist die Breite jedes geschnittenen StreifeuB durch die Dicke der Scheiben gegeben und für jede Sorte fertigen Sobneideisens ist deshalb eine eigene Qamitar Scheiben erforderlich. Der Durchmesser der Schneidsoheiben für feines Quadrateisen pflegt durch- schnittlich 360 Mm. zu betragen, Anzahl der Umgänge per Minute 50 bis 60. Zum Betriebe sbd noch Uaner 10 bis 12 Pferdekräfte erfor- derlich, eine Angabe, welche etwas hoch gegriffen erscheint, wenn man

584 Trennungsarbeiten.

erwägt, dasB das Eisen nur im glühenden Zustande, also mit geringer Abscheerungsfestigkeit, gesohnitten wird.

b. Geräthe zum Lochen (Durchstossen).

Man nennt die Arbeit des Abscheerens Lochen, wenn dabei eine geschlossene Figur durch eine entsprechende Gestalt der Schneiden also nicht durch allinäliges Vorrücken des Arbeitsstücks oder der Schnei- den wie bei der Ereisscheere , welche gleichfalls geschlossene Figuren aaszuschneiden fähig ist ausgestossen wird; und zwar kommt, ab- weichend von den Scheeren, die Schneide fast immer auf ihrer ganzen Ausdehnung mit einem Male zum Angriffe. Hoyer nennt bezeichnend ein Lochw^rkzeug eine in sich zurückkehrende Scheere, bei welcher das eine Blatt an dem andern so hinstreifb, dass sie sich umhüllen. Das eine Blatt verwandelt sich dadurch in einen prismatischen Stempel, nach seiner Grösse und Bestimmung Durchschlag, Lochstempel, Schneid- stempel, Mönch genannt, das andere in eine mit Loch versehene Scheibe, welche Lochscheibe, Lochring, Matrize genannt wird. Hierbei wird also ein Metallstück ausgestossen , dessen Umrisse denen des Lochstempels beziehentlich Lochs der Lochscheibe gleich sind (nach Maassgabe der auf S. 557 erläuterten Vorgänge und Veränderungen). Der Zweck dieser Arbeit kann ein zweifach verschiedener sein: entweder die Herstellung des herausgeschlagenen Stücks, wobei die zurückbleibenden durchlochten Metallstücke Abfälle bilden und Schroten genannt werden; oder die Herstellung von entsprechend geformten Löchern in dem vollen Metalle, wo- bei die herausgeschlagenen Stückchen, welche man in diesem Falle Patzen nennt, den Abfall bilden. Um in dem letztern Falle die richtige Stellung des Lochs festzulegen, pflegt man den Mittelpunkt desselben zuvor mit dem Körner anzuzeichnen; und bei Stempeln von beträchtlichem Quer* schnitte bringt man wohl in der Mitte der untern Fläche eine kleine Spitze an, welche nun genau in dem Kömerpunkte einsetzen muss.

Damit das ausgeschlagene Stück leichter durch die Lochscheibe hin- durchfalle, erweitert man gern den Durchmesser des Lochs derselben etwas nach unten, wodurch es alsq eine conische Form erhält, und be- wirkt ausserdem dadurch eine Zuschärfung der Schneidkante, welche das Lostrennen erleichtert. Aus demselben Grunde empfiehlt es sich, auch dem Stempel eine schlank conische Form zu ertheilen. Seltener erhält die Schneidkante des Stempels durch Aushöhlung der untern Fläche eine Zuschärfung. Dass in Rücksicht auf die vorgehenden Aende* rangen im Materialquerschnitte es zweckmässig sei, dem Stempel einen um ein bestimmtes Maass kleinern Durchmesser zu geben als dem Loche, wurde schon oben (S. 557) durch theoretische Beweisführung erörtert.

Des Durchschlags und Lochrings, wie ihn der Schmied gebrauch^ um in geschmiedeten Metallstücken Löcher anzubringen, während die- selben noch glühend sind, wurde bereits bei Besprechung des Schmiedens

Lochmaschinen. 585

gedacht. Ganz ähnliche Werkzeuge werden gebraucht, um in kaltem Metalle von geringer Starke Locher durch Ausschlagen hervorzubringen, und man nennt sie zum Unterschiede von jenen Bankdurchschläge. Ein Stahlstäbchen, nach dem einen Ende schwach conisch zulaufend, dieses Ende flach geschlififen, entsprechend profilirt und gehärtet; dazu eine im Schraubstocke befestigte Lochscheibe bilden das ganze Ge- räth. Das Hindui'chtreiben des Durchschlags erfolgt auch hier durch einen Schlag mit dem Hammer. Für sehr dünnes Metall und kleine Locher lässt sich die Lochscheibe sogar durch eine Unterlage aus Blei, Zinn oder Holz entbehrlich machen, welche durch den ausgeübten Schlag oder Druck einen jedesmaligen Eindruck, eine Vertiefung erhält und somit die Lochscheibe ersetzt.

Durch regelmässige Gruppirung mehrerer Löcher von bestimmter Form lassen sich in Metallblecben auch grössere durchbrochene Muster in dieser einfachen Weise herstellen.

Geschieht die Bewegung und Führung des Stempels nicht unmittel- bar durch Handarbeit, sondern durch eine Maschine (welche allerdings in vielen Fällen ihren Antrieb durch menschliche Arbeit erhält), so heisst der Apparat Lochwerk, Lochmaschine, Durchstoss oder Durch- schnitt. Zum Durchlochen dickerer Bleche ist dieselbe unenthehrlich, und überall da der Handarbeit weit vorzuziehen , wo, auch bei Verarbei- tung dünnerer Bleche, eine Anfertigung in grossem Maassstabe statt- findet.

Die Form des Lochstempels und Lochringes ist bei diesen Maschinen im Wesentlichen die nämliche wie vorhin beschrieben; die Mechanismen, durch welche die durch Menschenkrafb oder Elementarkraft geleistete Arbeit auf den Stempel übertragen wird, sind zahlreich. Häufig, und zwar fast stets bei den grösseren Durchschnitten, wird die ununter- brochen geleistete Arbeit in einem Schwungrade aufgespeichert, und dann im Augenblicke des Durchstossens zur Ueberwindung des Abschee- rungs Widerstandes verbraucht; in diesem Falle ist eine Einrichtung er- forderlich, welche eine augenblickliche Ein- und Ausrückung derStempel- beweguQg gestattet, ohne die Bewegung der ganzen Maschine ändern zu müssen, also im Wesentlichen mit deijenigenAusrüokungsvorrichtung übereinstimmend, welche bei Besprechung der Parallelscheeren beschrie- ben wurde.

Bei Anwendung menschlicher Elrait zieht man es im Allgemeinen vor, durch eine rasche, stossartige Wirkung des Stempels das Durch- stossen auszuführen, bei dem Betriebe durch Elementarkraft dagegen, wo eine stärkere Betriebskraft zu Gebote steht , empfiehlt sich mehr eine langsame, drückende Bewegung, wodurch die Maschine weniger leicht Beschädigungen ausgesetzt ist.

Für den erstem Fall findet die Schraube zur Erzeugung der Stem- pelbewegung vielfache Anwendung. Man benutzt eine starke Schrauben- spindel mit zweifachem Gewinde von solcher Steigung, dass ein Viertel

58fl TrennongsarbeiteiL

bia ein Drittel eiDer Umdrehung zun DarchstosBen ausreicht. Ein atsr- ker gaweiserner Ständer, entweder rahmenformig wie ein W«lzw«rk»- Ständer oder einarmig, F-ßrmig, tragt in dem obem Qaeratege die Schraubenmutter, an den leakreehten Seiten die Pährnngen &a einen mit der Schraube verbundenen Schieber oder Rahmen , in welchem der IiOchBt«mpel, and nnter welchem im Fasse des Ständers die Locbsoheibe befestigt ist. Die Drebnng der Schraube erfolgt dnrch einen Hebel mit Schwanggewichten.

In Fig. 45ö ist eine derartige kleinere Maschine aus der Fabrik von £. Kircheis in Aue abgebildet A ist der gnsseiseme Ständer, anf einem stark gebauten Tische festgeschraubt. Zwischen den beiden pris- ¥ig. 455.

matischen Fühnmgen m m desselben gleitet ein Rahmenstück, bestehend ans den seukrecbten Prismen bb, dem obem QuerstUcke g, welohes deo Hals der Bewegangsschranbe h umechliesst, und dem untern Querstücke d. Da die Schraube h sich innerhalb d und g &ei drehen, aber nicht ver- schieben kann, so ist der Rahmen gezwungen, jede geradlinige Bewegung der Schraube in der Acbsenricbtong mitzumachen. Diese senkrechte Be- wegung wird durch Drehung der Schraub enspindel in einer festliegenden Schraubenmutter aus Rothguss hervorgerufen, welche in der am Ständer angegossenen und zwischen die beiden Prismen des RahmenstOcks hin* «nragenden starken Hülse e befestigt ist. In solchsr Weise ist eine in hohem Grade sichere Bewegung des Rahmens und Lochstempels erreicht. Letzterer wird durch die Klemmschraube/ in dem Stempelkopfe s fest-

LochmaBchinen.

587

gehalten, welcher, am Stempel yon yerschiedener Grösse anwenden zu können, auswechselbar in dem Qaerstücke d eingesetzt ist. In dem Fnsse des Ständers sind die vier Knaggen verstellbar befestigt, am in der leicht verständlichen Art and Weise zor Befestigung der Loohscheibe zu dienen. Die ausgestossenen Putzen fallen durch die Oeffnung im Fasse und der Tischplatte hindurch in den Schubkasten des Arbeitstischs.

Bei einiger Uebung ist man leicht im Stande, 60 Durchschnitte per Minute mit einer solchen Maschine auszufUhren.

Eine häufige Anwendung fär die Bewegung des Lochstempels findet aach der Hebel als Kniehebel wie als gerader ein- und zweiarmiger Hebel. Die Einrichtung eines solchen Durchschnitts für Handbetrieb, zugleich verbunden mit einer kleinen Parallelscheere , beide durch einar- mige Hebel bewegt, ist durch die Skizze Fig. 456 veranschaulicht 0.

Fig. 456.

a ist ein cylindrischer Schieber, in dessen unterm Ende der Stempel be- festigt ist, h ein Schieber mit dem beweglichen Scheerenblatte; beide sind in dem Gestelle c geführt und jeder durch eine Schelle d e und ein Gelenk mit einem einarmigen Hebel fg verbunden, deren jeder durch ein Zahnradsegment hi mit einem auf der Achse k sitzenden Getriebe im Eingriffe steht. Durch einen auf die Achse Je aufgesteckten Hand- hebel von angemessener Länge, welcher durch ein Gewicht m ausbalan- drt ist, wird das Getriebe bewegt, und je nachdem der Arbeiter den Durchschnitt oder die Scheere in Benutzung nehmen will, steckt er den Hebel an der einen oder andern Se^te auf.

Auch fär Maschinenbetrieb ist die Benutzung des doppelarmigen Hebels als Durchstoss nicht selten, obgleich derselbe fiir grössere Lei-

1) Amtlicher Bericht über die Wiener Weltausstellung, Bd. H, 8. 73 (Hart ig).

588 Trennungsarbeiten.

stnngen erheblichen Platz beanspracht; dagegen besitzt er den Vortheil geringer ReibungsTerloste , und somit günstiger Ausnutzung der Ar- beit; und durch eine entsprechende Form des hebenden Excenters oder Daumens ist man im Stande, die Maschine mit beschleunigtem Rück- gange arbeiten zu lassen. Der Hebel dieser Maschinen einfacherer Art ist in seiner äussern Form dem in Fig. 446 abgebildeten Scheerenhebel ähnlich, das Yerhältniss der Hebelarmlängen aber grösser, und das Ge- rüst mit einer Führung für den durch den kürzern Hebelarm bewegten Lochstempel versehen. Die Bewegung des langen Hebelarms pflegt zur EIrzielung eines beschleunigten Rückgangs durch ein herzförmiges Excen- ter bewirkt zu werden ^).

Für grosse Leistungen findet man auch die hydraulische Presse zur Bewegung des Lochstempels in Anwendung. Ein solcher hydraulischer Durchschnitt, aus der Fabrik von M. Hasse u. Comp, in Berlin, ist in Fig. 457 abgebildet. Von einer Dampfmaschine oder Transmission aus wird die Bewegung durch die eine der beiden Riemenscheiben (deren zweite als Losscheibe für längere Ausrückung benutzt wird) auf die horizontale Welle und von hier durch Kurbel und Schubstange auf die Saug- und Druckpumpe h übertragen, welche ihr Wasser unmittelbar aus dem Wasserbehälter a der zugleich als Untersatz der Maschine dient entnimmt. Ein Sicherheitsventil mit Federbelastung c dient zur Regulirung des Drucks. Bei geöffnetem Sicherheitsventile fliesst das Wasser durch das Rohr x nach a zurück. Von der Pumpe wird das Wasser zunächst durch das gebogene Rohr nach dem mit entlaste- tem Steuerungsventile versehenen Steuerungscylinder h gedrückt, wel- cher durch das Rohr v mit dem Controlmanometer g in Verbindung steht. Ein Handhebel i dient zur Bewegung des Steuer ungsventils ver- mittelst der horizontalen Steuerungswelle und einer an dieser befind- lichen kleinen Kurbel mit Schubstange, welche an die Yentilstange an- geschlossen ist. Der Steuerungscylinder h ist mit dem Druckcylinder d durch ein kurzes Rohr mit Flantsch verbunden. So lange das Steue- rungsventil geöffnet erhalten wird, fliesst das Wasser durch das unter- halb des Steuerungscy linders befindliche Rohr in den Behälter a zurück; schliesst man nun das Ventil , so tritt das Wasser in den Druckcylinder d unter den Kolben und dieser steigt. Auf dem Kolben ist die stählerne Lochscheibe e auf einem durchbrochenen gusseissemen Untersatze der- artig befestigt, dass die ausgeschnittenen Stücke ohne Schwierigkeit unter- halb derselben entfernt werden können ; oberhalb der Lochscheibe in ihrer verlängerten Achsenrichtung befindet sich der Stempel / an den Stander befestigt. Diese Abweichung von der sonst üblichen Methode, bei wel-

^) Abbildungen von Hebeldurchschuitten mit Maschinenbetrieb in Petz- hol dt, Eisenbahnmaterial, Taf. XV I, Fig. 1 bis 4; ferner Wencelides, Be- richt über die Weltausstellung in Philadelphia, B. 91 ff.

DurchstosB. 589

cber die Bewegung durch den Stempel aiiBgefQhrt wird nnd die Loch- Bcheibe raht, ist lediglich ans conatmctiTen RflckBiohten hervor- gegangen. Nach beendigtem Schnitte wird das StenornngBrentU ge- Sfinet, der Kolben sinkt in Folge seines eigenen Gewichts nnd drOckt Fig. 457.

das Wasser ans dem Dmckcylinder durch den St^nernngacylinder in den Behälter a znrück. Um das Niedergehen des Kolbens der Stärke der ZD durchstossenden Bleche entsprechend za begrenzen, legt man ein eieemea Band um denselben, welches nach Bedflr&iss höher oder tiefer gestellt werden kann.

Diese Presse liefert einen Maximaldruck von 60 000 Kilogramm nnd wird znm Änastossen der mannigfachsten Gegenstände aas Blechen he- natzt. Starke Bleche werden im glühenden Zustande dnrchstoBsen , nnd

590 Treonungsarbeiten.

pro Stande können , wenn du Einlegen der Bleche ruoh genng folgt, bis in 150 Darchsolmitte gemacht werden. Durch die geringe rftnmliche Ausdelinnng, leichte Anfatelliing nnd Fondamentimng bei grosser Lei- stung zeichnet tdch diese Presse Tortheilhaft aus.

Bei der Aebnlichkeit, welche die Stempelbewegnng einer EK>ch- maschine mit der Bewegnng einer Parallelscheere besitzt, sind auch die für letztere angewendeten Bewegungamechanismen , insbesondere die Oebertragung der Bewegung durch Kurbel (Excenter) nnd Drackstange auf das Werkzeug, vielfach fSr jene in Anwendung und zeichnen sich durch geringe Ranminansprachnahme und leichten Anschlnss an eine vorhandene Transmission ans, während allerdings ihr Arbeitsverlnst durch Reibung denjenigen der Hebeldnrchschnitte übertreffen dürfte. Wegen jener Vorzüge jedoch sind die Darchschnitte dieser Art in fast jeder grossem Maschinenfabrik znm Lochen von Blechen und Stäben zu finden; nnd nicht selten ist die Einrichtung, dass man znr Raum- und Materialerspa- rung Ähnlich wie bei der in Fig. 456 abgebildeten kleinen Maschine für Fig. 45S.

DurchstosB. 591

Handbetrieb anoh einen groasen DmchBtOBe and Scbeere in einem ge- mein BchafUichen Gerüste mit gemeinsobafüichem Antriebe vereinigt

Einen soloben DnrchstOBs nnd Scbeere mit gemeinacbafElicbeni Hohl- gossgeetelle ans der Maschinenfabrik ron Collet nnd Engelhard in Offenbach zeigen die Abbildungen Fig 456 bis 461 '). Die Scbeere befindet sich anf der einen, der DnrcbBtoas anf der andern Seite dea in einem Stftcke gegoBsenen GestelU a. Die SchneideD der Scheere stehen Bchrig gegen die Acbsenricbtnng der Arbeitswelle imd der Geetellwan- dnngen , wodnrch es möglich wird , ancb lange Schienen und Stangen zu zerschneiden. Hinter den Werkzeugen befinden sich tiefe und durch Rippen gut verstärkte EinkrSpfungen b nnd &i , welche ein entsprechend weites Einbringen der zu Bchn eidenden oder za lochenden Bleche er- möglichen. Der Antrieb geschieht von der im Gestelle gelagerten Welle d ans , welche die zwei Riemenscheiben //i , die Schwungräder g gi and das kleine Getriebe h trügt, von welchem aus durch eine einfache Ueber- setzung die Arbeitswelle e betrieben wird. Letztere robt in Lagern der

Fig. 459. Fig. 460. Fig. 461.

Tbeile c and Cj, nnd endigt in den beiden excentrischen Zapfen Ci and e^ (Fig. 469, 460, 461), von denen der erste den Darchstoss, der zweite die Scheere bewegt. Beide Zapfen Bind so gegen einander angeordnet, dasB, während das eine Werkzeug arbeitend niedergeht, das andere leer empor- steigt. Der Lochstempel n ist vermittelst einer Klemmschranbe in dem Rahmen oder Schlitten m befestigt, welcher auf der senkrechten Bahn c und Ewisohen zwei senkrechten Führungsleisten anf und nieder geht. Dieser Rahmen ist mit einer rechteckigen Aussparung (Schleife) ver- sehen (vergl. Fig. 460), in welcher das auf dem Zapfen e^ befestigte Gleitstück k den nötbigen Spielraum fttr die seitliche Bewegung findet, während unterhalb k durch ein eingeschobenes Beilagestück l eine enge Verbindung mit dem Schlitten m hergestellt ist, so dass letzterer sammt dem Lochstempel von dem sich im Kreise bewegenden Zapfen «i anf

>) Hart, WerkzeuKnuucbiaen, 2. AtLOnge Tat. 62,

592 Trennungsarbeiten.

und nieder bewegt wird. Soll Anarflckang des Lochstempels stattfinden, so wird vermittelst des Handgriffs 7i d«s Stück l so weit herausgezogen, dass das Gleitstück h auch Spielraum für die senkrechte Bewegung des Schlittens innerhalb m erhält. Eine Gewichtsansgleichnng des letztem, wie sie bei grossen ParaUelscheeren zum Emporhalten in der höchsten Stellung sich erforderlich macht, ist bei dem geringem Gewichte dieses Schlittens nicht erforderlich, und die Reibung an den Führungen reicht ans, ein selbstthätiges Niedergehen vor beendigtem Umgange des Excen- ters zu verhindern.

Der unter dem Stempel befindliche Lochring o steht auf dem mit senkrechter Bohrung versehenen Vorsprunge des Gestells und wird durch drei radial gerichtete Stellschrauben Oi centrirt und gehalten. Endlich dient die Gabel (Froschplatte) rii dazu, ein Emporziehen der durchloch- ten Bleche durch den zurückgehenden Stempel unmöglich zu machen. Der BewegungsmechaDismus für die Scheere hat dieselbe Einrichtung wie der soeben beschriebene für den Lochapparat und ist in Fig. 460 im senkrechten Durchschnitte abgebildet

Die beiden Werkzeuge der vorstehend beschriebenen Maschine be- sitzen einen Hub von 40 Mm., die grösste Dicke der zu schneidenden Bleche beträgt 20 Mm., die Breite der Scheere (Länge der Scheerblätter) 230 Mm., die Anzahl der Hübe per Minute 13.

Nach Hartig's Ermittelungen über den Arbeitsverbranch bei Werkzeugmaschinen lässt sich für Durchschnitte der totale Arbeitever- brauch nach der Formel:

N = No + SJl F .a Pferdestärken

berechnen, worin:

^0 der Arbeitsverbrauch der Maschine im Leergange (zur Ueber-

windung der Keibungswiderstände); JP die stündliche Schnittfläche in Quadratmetern; a eine Ziffer bedeutet, welche aus der sogleich folgenden Tabelle

zu entnehmen ist und den Arbeitsverbrauch pro 1 Qnadratmilli-

meter Schnittfläche in Meterkilogrammen angiebt. Es beträgt

erfahrungsmässig

für eine grösste Blechdicke

von 10

der Arbeitsverbrauch iVo im

Leergange 0,16

der Arbeitsverbrauch pro

1 Quadratmillimeter

Schnittfläche a . . . . 0,395 die zweckmässigste Anzahl

der Schnitte per Minute 10

20

30

40 Mm.

0,32

0,55

0,82Pfdai

0,540

0,685

0,830

9,2

8,3

7,5

Durchstoss. 69S

Wenn z. B. bei einem Bleche von 10 Mm. St&rke stündlich 0,5 Qm. Schnittfläche ansgestossen werden, so berechnet sich der gesammte Ar- beitsverbraach zn: '

^'rr: 0,16 + 3,71 . 0,395 . 0,5 = 0,9 Pferdestärken.

Die Anwendung der Dnrohschnitte oder Lochmaschinen ist eine ungemein häufige. Zum Lochen, d. h. fGLr Herstellung von Löchern in Gegenständen, wobei der ausgestossene Putzen Abfall ist, dienen sie in den Dampf kesselfabriken , in den Schienenwalzwerken zum Lochen der Schienen , in jeder Maschinenfabrik bei den verschiedenartigsten Gegen- ständen aus schmiedbarem Eisen, Messing, Kupfer; in den Klempner- werkstätten bei Anfertigung durchbrochener Arbeiten in mannigfachen Mustern; zum Ausstossen von plattenfSrmigen Körpern mit bestimmten umrissen dienen sie beispielsweise bei der Darstellung verschiedener Gegenstände für Eisenbahnzwecke (Schienenlaschen u. dergl.), von Mün- zen, von Stahlschreibfedem, von Blechlöffeln, von Uhrzeigern, von Messer- and Scheerenklingen , von Schlosstheilen , von Metallknöpfen, zum Aus- schneiden der Zähne an Sägen, und in sehr vielen anderen Fällen.

Für solche besondere Zwecke sind oft die Durchschnitte mit noch besonderen Einrichtungen versehen, welche die Arbeit fordern helfen, indem sie z. B. die Metallplatten, aus denen die betreffenden Gegenstände ansgestossen werden sollen, nach jedem Schnitte selbstthätig um so viel vorschieben, als erforderlich ist, um einen neuen Schnitt auszuführen ^); oder indem man mehrere Stempel neben einander wirken lässt, um die Arbeit zu beschleunigen , u. dergl. Häufig sollen auch die ausgestosse- nen Arbeitsstücke noch Oeffnungen erhalten; welche wieder durch Lochen hergestellt werden müssen. Zur Ersparung an Arbeit und zur grossem (renauigkeit lässt man hierbei wohl einen Stempel, welcher das innere Loch ausstösst, in dem andern gehen, so beim Ausstossen von sechs- eckigen Schraubenmuttern mit rundem Loche, von Blechknöpfen mit Löchern, von Gliedern zu Uhrketten u. s. w.

Literatur über Scheeren und Lochmaschinen.

Ausser den oben (Seite 569) angeführten grösseren Werken über Werkzeugmaschinen:

V. Haner, Hüttenwesensmaschinen, 2. Auflage, S.576 bis 592 (Scheeren). Mittheilungen des Hannoverschen Gewerbevereins, Jahrgang 1862, S. 137

(Hebelscheeren).

^) Dieser Vorschub kann z. B. durch ein neben der Matrize stehendes Paar kleiner Walzen ausgefülirt werden, welche das unter dem Stempel her- vorkommende Ende des Arbeitsstücks erfasst, und durch ein Schaltwerk bei jedem Stempelaufgange um so viel gedreht wird, als erforderlich ist, um das Arbeitsstück für den folgenden Schnitt in die richtige Lage zu bringen, liedebnr, medumifch-iiieteUnTgiMhe Tsehnologle. 3Q

594 Trennungsarbeiten.

Dingler, Polytechnisclies Journal, Bd. 186, S. 117, Bd. 197, S. 398, Bd. 204, S. 20, Bd. 207, S. 451 (Looh- und Scheermaschinen).

Wiebe, Skizzenbnch, Jahrg. 1873, Heft 2, Jahrg. 1869, Heft 5 (Loch- und Scheermaschinen).

Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1858, Bt. 19, Jahrg. 1861, Bt. 6, Jahr- gang 1861, Bt. 18k, Jahrg. 1864, Bt. 21, Jahrg. 1865, Bt. 23ab, Jahrg. 1872, Bt. 6 (Scheeren). Jahrg. 1862, Bt. 12 ab, Jahrg. 1868, Bt. 32 b (Lochmaschinen).

Zeitschrift deutscher Ingenieure, Jahrg. 1862, S. 589, Jahrg. 1867, S. 9.

Engineering, Jahrg. 1871, S. 399; daraus im Polytechnischen Central- blatt 1872, 8. 227.

Deutsche Industriezeitung, Jahrg. 1865, Nr. 18.

Rittinger, Erfahrungen, Jahrg. 1865, S. 13.

B. Geräthe zum Sohneiden.

a. Meissel und Grabstichel.

Ein vierkantiges Stück Stahl, der bessern Handhabung halber mit gebrochenen Kanten, an einem Ende keilförmig unter einem Winkel tod 15 bis 30 Grad ausgeschmiedet und in eine unter einem Winkel von 45 bis 70 Grad angeschliffene Schneide endigend, bildet den gewöhnlichen Meissel. Ist derselbe durch den Gebrauch stumpf geworden, werden die Schneidflächen von Neuem angeschliffen; und wenn man durch öfter wiederholtes Anschleifen zu weit in den starkem Theil kommt, die Schneidflächen also zu lang werden, wodurch das Abfliessen des Spans behindert ist, so wird der Meissel von Neuem schlank ausgeschmiedet

Nach jedem Schmieden wird der Meissel an der Schneide gebartet und, der Härte des zu bearbeitenden Materials entsprechend, gelb bis blau angelassen. Der der Schneide entgegengesetzte Theil des Meiasels, der Kopf, bleibt ungehärtet.

Die gröbste Form des Meissels wird durch den früher (Seite 457) beschriebenen Schrotmeissel mit Abschrot gebildet.

Die bei der Vollendung der Form gebräuchlichen Meissel, welche man zum Unterschiede von jenen Bank- oder Kaltmeissel nennt, werden ohne Stiel mit der linken Hand schräg gegen die zu bearbeitende Metallfläche aufgesetzt und mit Hammerschlägen, durch die rechte Hand ausgeführt, vorwärts getrieben, dabei Späne vom Metalle ablosend. Han- delt es sich hierbei darum, mit wenigen Schlägen eine tief einschneidende Wirkung hervorzubringen eine Arbeit, welche wir früher als „Schrop- pen^ bezeichnet haben , so wendet man einen Meissel mit schmaler Schneide an, bei dem also die Wucht jedes Schlages auf eine geringere Spanbreite concentrirt ist und somit eine grössere Spandicke zur Folge hat. Ein solcher Meissel wird hergestellt, indem man einen rechteckigen

Meissel, Grabstichel.

595

oder entspreohend aosgeBcbmiedeteu qnadratischen Stahl von den Bchma- len Seiten her znsch&rft, Fig. 462, so dasa also die Schnei dkante normal gegen die breite Seite gerichtet ist, nnd man nennt den MeisBel der eich kreuzenden Richtung von Schneidkante und breiter Seite halber Krens- meiasel, Derielhe findet yielbohe Anwendung znm Atuhauen von Nntben, Furchen, Loatrenuen einzelner Stücke vom Ganzen n. a. w.

Wenn dagegen die Aufgabe vorliegt, von einer . groesen Fläche Späne von geringerer Dicke abzunehmen eine Arbeit, dem frflher be- Fig. 462. ■pig, 4S3. aprochenen Schlichten ähnlich , ao

eignet sich daza beaaer ein Meiaael mit breiter Schneide, Fig. 463, wel- eher dnrch Zuschärfen der breiten Seiten einea rechteckigen Stabes ge- bildet wird. Dieser Meiasel heisat Flaohmeisael and findet die mannig- fachate Verwendung bei der Vollm- dong der Oberfläche gegoaaener, ge- Bchmiedeter oder gepreaster Metall- gegenstände, ZOT EDtfemiuig stehen gebliebener Qrate oder nnabsichtlich entstandener Unebenheiten, znr Be- richtigung TOD QuerBchnittsabmesaungen, welche bei der rohen Formgebung nicht in höchster Genauigkeit herznatellen nnd deshalb absichtlich etwas zu reichlich hergestellt waren (in welchem Falle der Meissel die rascher arbeitenden aber kostspieligeren Werkzeugmaschinen ersetzt), und in vie- len anderen F^en.

Die flblichste Länge der Meissel ist 100 bis 250 Mm., ihre Stärke und Breite 6 bis 40 Mm., die Breit« der Schneiden bei Krenzmeisseln oft nicht mehr als 2 Mm.

Seltener als jene Meissel mit geradlinigen Schneidkanten nnd nur für ganz bestimmte Zwecke werden Meissel mit bogenförmig ausgehöhl- ten Schneiden angewendet

Wenn der Meissel statt durch Hammerschläge sicherer aber weniger kräftig allein durch den Druck der Hand bewegt wird, so heisat er Grab- stichel (Fig. 464). Er ist kleiner als der gewöhnliche Meiasel und am Kopfe znr bequemem

Fig. 464.

•X3

Handhabung mit einem hölzernen Hefte versehen. Da die Schneide des Grab- stichels in mannigfachen Formen hergestellt werden mosB, so fertigt man den- selben ans Stahlstähchen von dreiseitigem, quadra- tischem, rundem, trapez-

596 Treimungsarbeiteii.

formigem, rechteckigem oder elliptisobem Querschnitte und bildet die Schneide durch Anschleifen nach bestimmten Flächen. Die durch das Anschleifen entstehende schräge Fläche a nennt man Kappe oder Schild und diejenige Fläche oder Kante b, welche nach unten gerichtet ist und im Profile der Schneide mit der Kappe zusammen den Schneidwinkel ein- schliesst, heisst Bahn. Wenn man, wie in der Abbildung, die Schneide durch Anschleifen eines quadratischen oder trapezförmigen Stäbchens, bei dem die Bahn durch eine der Kanten gebildet ist, herstellt, so erhält sie die Form einer durch drei Flächen gebildeten Spitze, und das Werk- zeug heisst Grabstichel im engern Sinne; wird bei demselben Stäbchen die Kappe in solcher Richtung angeschliffen, dass die Bahn durch eine der Flächen gebildet wird, so erhält man eine geradlinige Schneide (Flachstichel}; aus Rund- und elliptischen Stäbchen entstehen bogenför- mige Schneiden u. s. f.

Die Länge der Grabstichel pflegt 80 bis 100 Mm. ohne das Heft, ihre Stärke 2 bis 6 Mm. zu betragen. Die Schneide wird wie bei Meissein gehärtet und angelassen.

Man benutzt die Grabstichel in allen Fallen, wo kleine Metalltheil- chen weggenommen werden sollen, denen mit gröberen Werkzeugen nicht beizukommen ist, immer also für die letzte Vollendung der Form. So in den Werkstätten der Kupferstecher, beim Grayiren von Zeichnungen, Inschriften, bei Herstellung von Petschaften, Prägstempeln für Münzen, beim Nacharbeiten sehr feiner Metallwaaren, die erst dadurch ihre künst- lerische Vollendung erhalten; u. s. f.

In ihrer Wirkung derjenigen des Meisseis ähnlich sind auch die bekannten Kneif- oder Beisszangen, sobald sie zum Abtrennen von Drahtenden u. dergl. gebraucht werden. Man kann sich ihre Schneiden als zwei gegen einander gerichtete Meissel vorstellen, welche durch doppel- armige Hebel ihre Bewegung erhalten.

b. Der Hobel und die Hobelmaschinen.

Wenn man ein meisselartiges Werkzeug, welches durch die freie Hand geführt nur sehr allmälig und in unvollkommener Weise eine vor- geschriebene Bahn zurücklegt, mit einer Vorrichtung versieht, welche seine Bewegung sichert und das mit jedem Hammerschlage stossartig eintretende Vorrücken des Meisseis in ein auf der ganzen Bahn ununter- brochen thätiges Schneiden in geradliniger Richtung verwandelt, so erhält man den Begriff des Hobels; und wenn die Bewegung durch eine Maschine geschieht, der Hobelmaschine.

In den meisten Fällen beruht die Wirkung des Hobels in der Er- zeugung gerader Flächen; wenn jedoch die Schnittbreite gering ist und das Arbeitsstück nach jedem Schnitte um eine der Schnittrichtung pa- rallele Achse um so viel gedreht wird, als die Schnittbreite beträgt, so

Hobelmaschinen. 597

entsteht ein vielseitigeB Prisma, dessen Umfang jedoch bei der geringen Breite jedes Schnitts als Gylinderfläche betrachtet werden kann.

Während ftlr die Holzbearbeitung der bekannte Handhobel, bei welchem der Meissel (Hobeleisen genannt) in dem Hobelkasten geführt ist, ein fast unentbehrliches Werkzeug bildet, ist derselbe für die Metall- bearbeitung nur äusserst selten in Anwendung, für die Bearbeitung härterer Metalle sogar unhenutzbar und wird bei diesen durch die Hobel- maschine ersetzt.

Wie sich schon aus der gegebenen allgemeinen Erklärung des Be- gi'iffs „Hobelmaschine^ ergeben dürfte, beschreibt bei derselben das Werkzeug Meissel, Hobelstahl oder allgemein Stahl genannt auf dem Arbeitsstücke eine geradlinige Bahn, indem entweder dieses oder jenes bewegt wird; und es muss demnach bei Bearbeitung breiterer Flächen, als die Breite der Schneide beträgt, nach Beendigung jedes Schnitts eine Zurückfuhrung des bewegten Theils an den Anfangspunkt der Bahn stattfinden, damit dort nach erfolgter ruckweiser Schaltbewe- wegung ein zweiter Schnitt neben dem ersten beginnen kann. Diese Zu- rückführung kann schneidend geschehen, wobei der Stahl eine Drehung um seine Achse von 180 Grad machen muss, um seine Schneide der ent- gegengesetzten Bewegungsrichtung entsprechend zu wenden; oder, was bei Weitem häufiger ist, der RQckgang kann leer stattfinden. In letzterem Falle ist die Einrichtung eines beschleunigten Rückgangs zweckmässig, um Zeit zu ersparen.

Nach der verschiedenartigen Ausführung der Haupt- und Schalt- bewegung theilt man die Hobelmaschinen für Metallbearbeitung in drei Gattungen ein.

Planhobelmaschinen. Das Arbeitsstück macht die Hauptbewe- gung, in horizontaler Richtung hin- und zurückgehend, das Werkzeug macht die Schaltbewegung normal gegen die Hauptbewegung, meistens gleichfalls in horizontaler Richtung. Es entsteht also in allen Fällen eine gerade Fläche, wagerecht, senkrecht oder geneigt, je nachdem die Schaltbewegung die eine oder andere Richtung besitzt.

Durch die Figuren 465 bis 469 (Ys w. Gr.) kann die Einrichtung einer Planhobelmaschine mittlerer Grosse erläutert werden ^).

Das Arbeitsstück wird auf dem „Tische" C| welcher, sofern er, wie bei den Planhobelmaschinen, beweglich ist, auch „Schlitten" genannt wird, befestigt. Zur Ermöglichung dieser Befestigung ist der Tisch mit drei Längsnuthen (deren Querschnitt in Fig. 465 punktirt gezeichnet ist) versehen, in welche von den beiden an den Enden des Tischs befind» liehen breiten Quemuthen her die Köpfe senkrecht stehender Schrauben- bolzen eingeschoben werden können; ausserdem aber sind eine grosse Anzahl quadratischer oder rechteckiger durchgehender Oefinungen yor- handen, durch welche man hakenförmig gebogene, über den Rand des

1) Yergl. Hart, Werk^seugmaschinen, Taf. 36.

598 TrenDimgBarbeiteiL

Ärl>eitietückB hinflbergreifeode SchmiedeeUenstAoke hindarcli rteckeii and mittelst Schraubengewinde und Matter ni)t«rlialb der Tischplatte ajiziehea kann,

Fig. 4S5.

Flanhobelmascbinen. 599

An der Dnterseite der Tüchplatte befinden sicli zvei angegossene, pa- rallele, prismatische und sauber abgehobelte Leisten (vergl. Fig. 465), welche in entsprechend geformten Führungen des unterhalb des Tischs befind-

Fig. 466.

600 Trennongsarbeiten.

liehen rabendes Theils <H der Haaohine gleiten. Dieeer letstere Tbeil heisat das „Bett" und wird meutens von gnsseiMmen „FfiBien" a O) ge- bagen, welche bei aehr grosseD Mucbiuen mit etarkem Bette ondTiaciie

auf niedrige B5oke oder Untersätze zusammenschrompfes, damit eine. für den Arbeiter bequeme Höbe der Tiscboberkante innegehaltea werde. Die Bevegtmg der abgebildeten Maecbine wird dnrcb den Eingriff eines doppelten Getriebes k in eine Zahnstange l bewirkt, welche unter- halb des Tiscbs angeschraubt ifit. Für den Antrieb dient ein Riemen mit drei Biemen Scheiben ddiäi, von denen die zuletzt genannte in der Uitte zwischen d und di liegende eine Losscbeibe ist. Die Riemen-

PlanhobelmascliiiieD. 601

■chflibe d und das Getriebe / sitsen feat auf der Welle e (vergL die Figuren 466 nnd 468) , und es wird somit, wenn der Riemen auf d liegt, die Be- wegung Eunftclut auf/, von hier auf das dahinter liegende Getriebe g

übertragen) dann durch die Welle des Getriebe« g auf du kleinere Ge- triebe h fortgepflanzt und von k dem grossen Getriebe i mitgetbeilt, welches auf der Welle des mit der Zahnstange im Eingrifie stehenden Rades k befindlich ist. Es findet also incl. der letztem BewegungsOber- tragnng ^ne dreifache Uebersetzung statt; der Tisch mnss sieh hierbei gegen die Schneide des Werkzeugs, also Torwarts bewegen (in Fig. 466 von links nach rechts); und wenn z.B., wie bei der abgebildet«n Uaachine,

602 TrennimgBarbeiten.

die Ansahl der Zftlme des Getriebes/ = 18

Rades y = 36

Getriebes fc == 18

Rades t ^ 45

ist, so beträgt die Uebersatzang:

_ 18 18 _ 1^ fl-t ~ 36 . 45 ~ ö' Macht nun die Biemeuscheibe 65,7 Umdrehimgen per Hinnt«, eo

machen die Räder t und k -~- = 13,14 Umdrebangen. Ist demnach

der Durchmesser des Getriebes & 138 Mm., so ist dessen Umfangs- geschwindigkeit im TbeilkreiBe and Bomit die Bewegungagesch windigkeit des Tiachs beim Vorwärtegange; 13,14 . 3,14 . 188

T- =^ 95 Mm. per Secunde.

60 *^

Die Riemenscheibe c^i ist mit dem Getriebe hi fest verbunden, and beide drehen sich lose auf der Weite e. Ai aber steht im Eingriffe mit

Fig. .

dem Rade i; nnd

demnach der Riemen auf dl liegt, BO erfolgt dir BewegongBübertragoiig ohne Weiteres darcb A] and i aof h und die Zahn- stange l. £s findet also nnr zweifache Ueber- setzung statt; die Räder t, k and der Tisch bew^en sich demzufolge in ent- gegengesetzter Richtong ab wenn der Antrieb durch die Riemenscheibe d erfolgt, und zwar ge- schieht dieser Räckgaog mit beschleunigter Ge- schwindigkeit, Denn da das Rad Ai ebenso gross ist als ft, so ist dai U oberse tzunga verhftltnies :

Ä, __ 18 _2

i ~ 45 "~ B '

mitbin hei 65, 7 Umdrehungen der Riemenscheibe die Umdrehungen der Ridtt

»und Ä = = 26,28 perMinnte, und die Geschwindigkeit des Tiwii:

26,28 . 3,14. 138 ,„. .. _ ,

: ^ 190 Mm. per Secunde.

60 ^

Die Umsteuernng erfolgt also durch YerBchiebung des RiemMu tod der Scheibe d auf di- Um dieselbe selbstthätig durch die Haachine sns-

Planhobelmaschinen. 603

fähren zu lassen, befinden sich an einer Seite des Schlittens zwei Knag- gen, Ton denen der eine m in Fig. 466 ersichtlich ist, während der zweite, am andern Ende befindliche, durch das davor liegende Gussstück verdeckt wird. Beide sind an einer Leiste verschiebbar und durch eine Klemmschraube in jeder beliebigen Stellung , der Länge des beabsichtig- ten Hubes entsprechend, festzustellen. Zwischen beiden Knaggen in der Mitte der Bettseite ist der gabelförmige Steuerungshebel n mit dem Brehungspunkte x befindlich, welcher bei der Bewegung der Maschine abwechselnd von den beiden Knaggen erfasst und nach links oder rechts hinübergedrückt wird. Der entgegengesetzte Hebelarm pfianzt nun durch die Yerbindungsstange fii die Bewegung auf den Winkelhebel o Oi fort , welcher mit der Biemengabelschiene p verbunden ist. Wenn dem- nach bei dem Yorwfirtsgange der Maschine der Knaggen m den Hebel n ergreift, so wird der Riemen auf die Scheibe di geschoben und es er- folgt Rückgang; bei der nun eintretenden Bewegung des Hebels durch den zweiten Knaggen rückt der Riemen auf d, und ein neuer Schnitt beginnt. Die Bewegung der Steuerung wird durch d^n Kipphebel q mit Gewicht q^ unterstützt, welcher durch die Stange n^ mit dem Steuerungshebel n verbunden ist. Zum Abstellen der Maschine wird der Riegel o^ eingelegt, welcher den Hebel o und die Schi^iie p in der mittleren Stellung, den Riemen demnach auf der Losscheibe d^ festhält. An beiden Seiten des Betts sind die Ständer bh angeschraubt, oben durch ein Querstück verbunden und mit diesem zusammen in einem einzigen Stücke gegossen; zweckmässiger dürfte es in Hinsicht des be- deutend erleichterten Gusses und der Bearbeitung gewesen sein, jeden Ständer wie das Querstück für sich zu giessen und durch Verschraubung zu verbinden, wie es fast immer üblich ist. Die consolartige Form der Ständer entspricht ihrer Aufgabe, bei dem Vorrücken des Arbeitsstücks gegen den schneidenden Stahl letzterm eine durchaus sichere, jede zitternde ^Bewegung verhütende Unterstützung zu geben. Vor den Stän- dern und in senkrechten Nuthen derselben geführt befindet sich der wagerechte gusseiseme Balken a, durch zwei Schraubenspindeln ff0u welche durch Muttergewinde des Balkens hindurchgehen, getragen und in senkrechter Richtung verstellbar gemacht. Aus Fig. 465 ist leicht erkennbar, wie die Schraubenspindeln von einer Querwelle w aus mit zwei Paar Winkelrädern eine gleichzeitige und durchaus gleichmässige Drehung erhalten, um die wagerechte Lage des Balkens zu sichern und jedes Ecken und Klemmen bei der Bewegung zu vermeiden. Die Dre- hung der Welle w und die dadurch erzielte Höhenverstellung des Bal- kens nebst Werkzeug erfolgt stets von Hand durch Aufstecken einer Kurbel auf den an einem Ende der Welle angeschmiedeten vierkantigen Zapfen. Diese Höhenstellung hat den Zweck, den Stahl in einer der Dicke des auf dem Tische befestigten Arbeitsstücks entsprechenden Höhe einzustellen und wird in allen FäUen vor dem Beginne der Arbeit be- werkstelligt, während geringe erforderlich werdende Verschiebungen

604 TrennungsarbeiteiL

des Werkzeugs in anderer, sogleich zn besprechender Weise ansgeföhrt

werden.

Dieser Balken a trägt nun den Apparat, welcher zum Festhalten wie zur Yerstellung des Stahls dient and welchen man Stichelhalter oder Snpport nennt. Derselbe ist in Fig. 465 in der vordem Ansicht, in Fig. 466 in der Seitenansicht, in Fig. 469 in yergrössertem Durch- schnitte zu ersehen und besteht ans vier einzelnen, selbstständigen Thei* len. An zwei prismatischen wagerechten Fühmngsleisten des Balkens a gleitet zunächt der Schlitten /3, mit auszuwechselnden Gleitbacken ver- sehen. ' An der Rückseite dieses Schlittens befindet sich eine Lasche ßi mit Muttergewinde, und eine hindurchgehende, in einer Aushöhlung des Balkens a gelagerte Schranbenspindel v bewirkt durch ihre Drehung die wagerechte Verschiebung des Schlittens ruckweise nach jedem Hin- und Rückgange der Maschine.

Auf der vordem sauber bearbeiteten Fläche des Schlittens ist die Scheibe y befindlich, durch eine Schraube mit versenktem Kopfe auf jenem festgehalten und um dieselbe wie um einen Zapfen drehbar. Da* durch ist die Möglichkeit gegeben, das Werkzeug auch in jede beliebige schräge Stellung zu bringen, und zwei Schrauben, deren Köpfe in kreis- bogenförmigen Ausschnitten des Schlittens verschiebbar sind (in Figur 469 ist der Durchschnitt dieser Ausschnitte, in Fig. 465 sind die auf der Scheibe hervortretenden Schraubenmuttern erkennbar), dienen zum Fest- stellen der Scheibe in der gewünschten Stellung.

In senkrechten Prismenführungen dieser Scheibe gleitet als drittes Theil des Supports der Schlitten d, in einer rinnenformigen Aushöhlung seiner Rückseite eine Schraubenmutter tragend, durch welche eine senk- rechte Schraubenspindel Xi, ia y befestigt und mit dem Handrädchen l versehen, hindurchgeht. Die Drehung des Handrads bewirkt also Ver- stellung des Stahls in senkrechter (beziehentlich schräger) Richtung.

Endlich ist das Stichelhäuschen 6 mit zwei wagerechten Zapfen in d befestigt, derartig, dass es beim leeren Rückgange durch eine schwache Drehung ein leichtes Heben der Stahlschneide über die Arbeitsfläche ge- stattet und dadurch ein vorzeitiges Stumpfwerden derselben verhütet, während es beim Vorwärtsgange sich unten fest gegen d anlegt. Bei schweren Maschinen wird diese kleine Drehung des Stichelhäuschens nicht mehr durch die Reibung der Schneide, sondern selbstthätig durch die Maschine ausgeführt; ein nach oben gerichteter auf dem' Stichelhäuschen befestigter Hebelarm ist mit einer Kette verbunden, welche mit Hülfe eines einfachen Steuerungsmechanismus den Hebel zurückzieht, die Schneide hebt, wenn der Rückgang beginnt, sie fallen lässt, sobald das Schneiden seinen Anfang nehmen soll.

Die Befestigung des Stahls geschieht durch die beiden in Fig. 469 ersichtlichen Klemmschrauben.

Von den Bewegungen des Supports geschieht bei der abgebildeten Maschine die wagereohte selbstthätig, die übrigen von Hand. Soll dem-

Planhobelmaschinen. 605

nach die Schaltbewegung nicht, wie es meistens der Fall ist, wagerecht* sondern senkrecht oder schräg stattfinden (beim Bearbeiten senkrechter oder schräger Flächen), so mass dieselbe durch jedesmalige Drehung des Handrads k ausgeftihrt werden. Ausserdem dient aber das erwähnte Handrad dazu, beim Beginne des Hobelus wagerechter Flächen den Stahl entsprechend der Dicke des zu nehmenden Spans genau einzustellen, also sowohl bei dem Beginne der Arbeit überhaupt als auch bei Beginn einer folgenden Spanschicht.

Der selbstthätige Vorschub des Supports in wagerechter Richtung, durch Drehung der Schraubenspindel v bewirkt, erfolgt folgendermaassen. Auf dem Ende der Spindel v ist das Sperrrädchen u befestigt xmd neben demselben die Schaltscheibe ^ drehbar aufgesteckt. Ein mit letzterer verbundener doppelter Schalthaken greift in die Zähne des Rades u ein, dreht dasselbe, wenn die Scheibe ti nach einer Richtung gedreht wird, und gleitet leer über die Zähne hinweg, wenn die Drehung nach der entgegengesetzten Richtung erfolgt. In einem bogenförmigen Schlitze der Scheibe sind zwei Zapfen befestigt, deren oberer yerstellbar ist; und zwischen denselben, auf der Verlängerung der Spindel v drehbar, be- findet sich der kleine Schalthebel t, durch dessen Drehung ersichtlicher Weise auch die Scheibe ti in Mitleidenschaft gezogen wird, sobald er gegen einen der beiden Zapfen stosst; und je näher diese an einander gerückt sind, desto grosser wird der Bogen sein, welchen die Scheibe beschreibt, desto grösser also auch der jedesmalige Vorschub des Werk- zeugs. Der Hebel t ist durch die Zugstange ^i mit der senkrechten Stange s, diese aber durch den Winkelhebel qgti und die Stange n^ mit dem Steuerungshebel H verbunden, so -dass bei jedesmaliger Umsteuerung der Maschine eine Auf- und Abwärtsbewegung der Stange s, somit abwech- selnd ein Eingriff des Schalthakens mit einem Vorschübe des Werkzeugs und ein leeres Zurückgehen eintritt. Ist das Werkzeug am Ende seiner Querbewegung angelangt, so wird durch Umschlagen des doppelten Sohalthakens sofort die entgegengesetzte Bewegungsrichtung eingeführt; ein leeres rasches Zurückführen von Hand kann geschehen, indem man nach Auslösung des Sohalthakens eine Kurbel auf den am linken Ende der Schraubenspindel befindlichen Zapfen steckt und nun dreht.

Soll der selbstthätige Vorschub ganz ausser Thätigkeit kommen (bei Bearbeitung senkrechter oder schräger Flächen), so stellt man den Support vermittelst zweier an seiner Oberkante befindlichen Klemm- schrauben auf dem Balken a fest und löst die Klemmschraube in der kleinen Hülse, welche die Stange Si mit 8 verbindet Letzterer bewegt sich nun leer auf und ab, und die Schaltung steht still.

Bei grossen Hobelmaschinen pflegt auch die senkrechte Schaltung selbstthätig durch die Maschine bewirkt zu werden, wie durch die Figuren 470 bis 473, den Support einer solchen grossem Maschine darstellend, veranschaulicht ist. In dem Balken ff, welcher den Support trägt, ist pa- rallel mit der für die wagereehte Schaltung bestimmten Schraubenspindel

606 Trennirngsarbeiten.

t eine zweite SclinKibeiiapindel t^ mit dorchgehendeT L&ngsnuth , aber ohne Scbranbengewinda , gelagert Anf derselben sitzt das Winkelräd- Fig, 470. <^cii ßi gezwungen die

Drehang der Spindel mitzumachen und da- neben auch einer wage- reohten Verschiebung des Schlittens v zu fol- gen. Tor letztem) dtzt, wie bei dem frfllier be- schriebenen Sapporte, die Scheibe u>, drehbar nm einen starken an* gegossenen hohlen Zap- fen. Dnrcb dieHöhlnng desselben hindurch geht die Achse zweier Eegel- rädcben ßi nad y, deren erateres im Gingriffe mit ß steht, und welche so- mit die Drehnag dessel- ben anf ein viertes Bfid- chen /] übertragen, dessen Nabe mit einem Muttergewinde versehen und welches so in w gelagert ist, dass es sich drehen, aber nicht verschieben kann. In dem vor der Scheibe w senk- Fig, 471, recht gefflhrten Schlitten x ist die

Schraubenspindel S gelagert nnd durch das Rädchen y hindurohge- fflhrt, so das« durch die Drehung desselben eine Veretellnng der Schraube nnd somit anch des Tbeils X und des Stahls in senkrechter Richtung erfolgen musa. Die Zn- rflckf[lhrung des Schlittens x wird von Hand durch Drehung des Rads S, ansgeführt. Da die geometrische Achse der Getriebe ßi und y mit derjenigen des Drehzapfens der Platte w zusammenfällt, so k&on die Spindel S auch in schr&ger Stellung der Scheibe u> geschaltet werden. Die Ueb ertragung der selbst- thütigen Scbaltbewegung auf die Spindel f, ist nun sehr einfach. Die Figuren 472 und 473 bringen diesen Mechanismos zur Ansobaavng.

Flauhobelmaschinen. 607

An der Stange q, welche bei jeder Umstenening der Uaschine abwech- selnd auf- and niedergehende Bewegung erh&lt, wie früher beschrieben worde, sitzt, mit einer Elemmhülae befestigt, die Zngatange gi and über- trägt die schwingende Bewegung anf den Schalthebel r, welcher an einer angegossenen Scheibe den anf das Schaltrad s einwirkenden doppelten Sobalthaken fi trSgt. s ist mit dem davor liegenden Zahnr&dchen 8| ans einem Stücke gegossen and Si steht in beständigem Eingriffe mitdem daraater befindlichen ZahnrSdchen s^. Die Scheibe des Hebels r, die Räder s und S| stecken gemeinachartlich anf dem Ende der für die senk- rechte Scbaltang bestimmten Spindel f^ , Sj auf dem Ende der Schrau- henepindel t nnd durch Klemmschrauben können die Räder anf ihren Fig. «a.

Spindeln befestigt werden, während sie sich leer aof denselben dre- hen , wenn die Klemmschraabeo gelöst werden. Je nachdem daher das eine oder das andere der Rädchen befestigt wird, erfolgt Drehung der obem oder nptem Spindel. Das Maass der Schaltang lässt sich ver- äodem, indem man die Stange qi näher oder entfernter vom Drehungs- panhte des Hebels angreifen l&sat, welcher für diesen Zweck mit einem langen Schlitze versehen ist.

In dem abgebildeten Supporte ist zwischen dem senkrechten Gleit- stück» X nad dem StichelhäuscheD s noch ein gleichfalls drehbares StQck jf eingeschaltet, welches benntzt wird, wenn mit schräg stehendem Stahle (unabhängig von der Richtung der Schal tbewegnng) gearbeitet werden aoll, wie es nach FrOherm oft zweckdienlich sein kann.

608 TrennnngsarbeiteD.

Sehr grosse HobelmaschineD erhalt«!! mitnnter zwei Snpporte an eioem geniMDschaftlichen Qaerb&Iken, oid an zwri Stellen des Arbeita- stadcB zDgleicfa arbeiten zn können. Gewöhnlich sind in diesem Falle drei Spindeln Enr Uebertragnng der Schaltbewegnng auf die Snpporte in dem Balken gelagert; swei davon mit Schranbengewinde dienen dam, jeden der Sapporte wagerecht za schalten, nnd jede beliebige Entfemang derselben von einander berzostellen; die dritte mit zwei Winkelr&dcben bewirkt die senkrechte Schaltung beider Werkxenge. Dm jedoch ancb Fig. 473.

diese Bewegung nicht anf beide Snpporte gleichzeitig fibertragen zn müssen, sind die Winkelrftdchen nicht dnrch Nnth und F«wler, sondern dnrch Elemmschranben mit der Welle verbanden nnd somit leicht ausser Thätigkeit gesetzt. Dnrch eine ähnliche Einrichtnng, als soeben ffir zwei Spindeln beschrieben wnrde, lässt sich die Bewegung beliebig anf alle drei oder anf einzelne Übertragen; und man ist dadurch in Stand gesetzt, nicht allein eine einzige Fläche an zwei Stellen zugleich zn be- arbeiten, sondern auch eine wagerechte und eine senkrechte oder geneigte Ebene mit einem Male, indem man fEkr jedes der beiden Werkienge die betreffende Schal tbewegung einrückt.

Planhobelmaschinen. 609

Wenn die Hobehnaschine beim Vor- und Büdcwätisgange schneiden soll, so muBS der Support mit einer Einrichtung versehen sein, welche den Stahl bei jeder Umstenenmg am 180 Grad dreht. Zn diesem Zwecke befindet sich der letztere in einer oonischen Hülse, welche in einer entsprechend aasgedrehten Hülse des Sapports am ihre Achse dreh- bar ist and am andern Ende eine Schnarrolle tragt, welche durch einen Schnurlauf und Steuerungsmechanismus nach jeder Wendung des Tischs jene Drehung um 180 Grad erhält und auf den Stahl überträgt.

Solche doppelt arbeitenden Hobelmaschinen haben jedoch mancher- lei Nachtheile. Das Werkzeug muss mit vollkommenster Symmetrie aller seiner Theile gearbeitet sein , und seine geometrische Achse mit der Drehungsachse voUst&ndig zusammenfallen, wenn nicht nach- theilige Abweichungen in den Schnitten beim Vor- und Rückwärts- gange entstehen sollen. Sodann sind aber auch die Träger, Schlit- ten u. s. w. einer Hobelmaschine in allen ihren Formen ausschliess- lich far den Widerstand in einer einzigen Richtung gebaut; sobald sich der Stahl umkehrt, um beim Rückwärtsgange zu schneiden, wirkt der ganze Druck und die Inanspruchnahme der Festigkeit der Maschine gerade in entgegengesetzter Richtung zu derjenigen, für welche sie con- struirt ist, und eine viel geringere Dauerhaftigkeit ist die natürliche Folge. Deshalb sind diese Hobelmaschinen wenig mehr im Gebrauche.

Die Bewegung des Tisches durch Kurbel und Schubstange mei- stens durch einen der oben erwähnten Mechanismen in eine gleichför- mige Vorwärtsbewegung mit beschleunigtem Rückgange verwandelt ist wegen der beschränkten Hablänge nur bei den kleinsten Planhobel- maschinen vertreten, bei diesen aber sehr gebräuchlicL Die Kurbel ist zur Veränderung der Hublänge geschlitzt; um nun auch bei veränderter Kurbellänge die zweckmässigste Arbeitsgeschwindigkeit herstellen zu können, erfolgt die Bewegungsübertragung von der Deckentransmission durch ein Paar Stufenscheiben statt der einfachen Riemenscheiben der Maschinen mit Zahnstangen- oder Schraubenbetrieb.

Die Bewegung durch Schraubenspindel und Matter, erstere im Bette der Maschine mit Zapfen drehbar gelagert, letztere am Tische befestigt, findet sich bei einzelnen Ausführungen, immerhin aber wegen des grossem Arbeitsverlustes durch Reibung erheblich seltener als die be- schriebene Bewegung durch Zahnstange mit Getriebe.

Die Planhobelmaschinen in der geschilderten Anordnung haben den Nachtheil, dass ihre Länge doppelt so gross sein muss als die Länge des grössten auf ihnen zu bearbeitenden Gegenstandes und sie deshalb ver- hältnissmässig viel Platz beanspruchen. Dagegen sind sie äusserst stabil, geben einen sichern festen Schnitt und eignen sich mithin ebensowohl für die Bearbeitung kleinerer als auch ganz besonders grosser und schwe- rer Gegenstände, welche leicht ein Zittern des Stahls hervorrufen.

Die Länge des Tischs pflegt ca. Vs ^on der Länge des Bettes zu betragen; die BetUänge besagt bei den kleinsten Planhobelmaschinen

Ledebar, neohanisch-metallnrgische Technologie. 39

610 Trennangsarbeiteii.

0,75 M. nnd steigt bei den grössten bis auf 18 M. Die Yortheilhaffceste Geschwindigkeit des Tisches beim Schneiden ist SO bis 100 Mm. per Secnnde, der Rückgang 2 bis 3 mal so rasch als der Yorwärtsgang , die Grosse der Schaltung (Spanbreite) 0,25 bis 2 Mm. per Schnitt, je nach- dem geschroppt oder geschlichtet wird, and aach abhängig von der Grösse der Maschine. Die Spandicke höchstens 2 Mm.

Die Bewegung erfolgt nur bei den ganz kleinsten, wenig gebranch- lichen Maschinen durch Handbetrieb, sonst stets von einer durch Ele- mentarkraft betriebenen Transmission aus.

Den Arbeitsverbrauch bei den Planhobelmaschinen berechnet H ar- tig nach der Formel:

N=No + sO, worin ^o ^^ii Arbeitsverbrauch im Leergange;

Cr das Gewicht des stündlich abgehobelten Metalls in Kilo- grammen ; s für Gusseisen bei einem Spanquerschnitte von 0,5 1 5 10 20 Qmm.

0,294 0,164 0,050 0,047 0,041 Pferdestärken, für Bronze durchschnittlich . . . 0,028 Pferdestärken

y, Schmiedeeisen 0,114

Stahl * 0,264

beträgt.

Für den Arbeitsverbrauch im Leergange wird man 0,4 bis 0,6 Pferdestärken annehmen können; fär Veranschlagung der zum Betriebe überhaupt erforderlichen Leistung der Arbeitsmaschine wird man nicht fehlgehen, wenn man für die kleinsten Maschinen 0,5 bis 1 Pferdestärke, für mittlere 1 bis 1,5, für die grössten 1,5 bis 2 Pferdestärken annimmt

Feilmaschinen oder Shapingmaschinen. Das Werkzeug macht die Hauptbewegung, wagerecht und geradlinig hin- und hergehend; die geradlinige Schaltbewegung wird bei kleinen Maschinen häufig durch das Arbeitsstück, bei allen grösseren und bei vielen kleinen Maschinen neuerer Construction aber gleichfalls durch das Werkzeug ausgeführt £s entstehen also bei diesen Bewegfungscombinationen ebenfalls gerade und fast stets wagerechte Flächen; die meisten Maschinen sind jedoch mit einer Einrichtung versehen, um statt der geradlinigen Schaltbewe- gung auch eine stets durch das Arbeitsstück ausgeführte ruckweise Drehung desselben um seine Achse zu ermöglichen, wobei dann selbst- verständlich Cylinderflächen (polygonale Querschnitte mit sehr vielen Seiten) entstehen müssen; und man nennt die Maschinen in diesem Falle auch Rundhobelmaschinen.

Die Bewegungsübertragung auf das Werkzeug erfolgt stets durch Schlitzkurbel und Schubstange (oder Schleife), wobei ebenso wie bei den Planhobelmaschinen mit Enrbelbetrieb ein Paar Stufenscheiben für den Antrieb erforderlich sind, um auch bei veränderter Hublänge die geeig-

netri« Ärbeitsgeacbwindigkeit ione zn halten. Baa WerkieDg schneidet nar beim Torwärtegange und der Rückgang findet bei grösBereu Ha- schinen mebtentheila mit beschleanigter Geschwindigkeit statt.

tUne kleine Feilmaschine , bei welcher die Schaltbewegung durch das Arbeitsstück aasgeßkhrt wird, von der Deutschen Werkzeugmaschin ea- fabrik, TOrmals SoadermaDn u. Stier, in Chemnitz erbaut, ist iu den Figuren 474 bis 476 abgebildet.

612 Trennimgsarbeitcn.

Die Bevegnng wird von der Stofensclieibe E ans zanäcbst. aof «ine horizontale Welle nnd ron dieser anf die mit Radialachlitz versehene Enrbelscheibo F übertragen. Dieselbe trägt in dem erwähnten SchUtise

Fig. 475.

verstellbar ein Gleitstück O, welches in der Schleife K aenkrecht gei&hrt ist (wie in Fig. 474 durch panktirte Linien angedeutet ist) nnd dem- nach bei Drehung de* Scheibe F die Schleife K in wngerechter Rieht nng mitführt. K ist durch zwei Schrauben an dem Prisma (Stöasel) / be-

Feilmaschinen.

613

festigt, welches wie der Querschnitt in Fig. 476 aasweist, in einer Füh- rung des gusseisernen, auf dem Bette der Maschine aufgegossenen Bocks H in wagerechter Richtung gleitet und somit auch die Bewegung der Schleife K sichert. Die Köpfe der Befestigungsschrauhen für die letz- teren befinden sich in einer wagerechten Nnth des Prismas, wodurch es möglich ist, die Stellung des letztem gegen den Tisch A zu verändern, den Angriff des Werkzeugs in geringerm oder grösserm Abstände vom Bette beginnen zu lassen. Die Grösse des Hubes lässt sich, wie leicht einzusehen ist, durch Yerstellung des Gleitstücks a in der Scheibe F

Fig. 476.

verändern; die Zeitdauer des Hubes des Stössels J ist beim Vor- und Rückwärtsgange gleich und die Geschwindigkeit ungleichförmig. Bei dem geringen Hube (die Maximalausladung beträgt 150 Mm.) fallen jedoch diese ungün- stigen Yerhältnisse wenig ins Gewicht. An dem Kopfe des Stössels ist der Werkzeughalter, aus drei Theilen bestehend, befestigt. Der hin- terste Theil besteht aus einer drehbaren Scheibe zum Schrägstellen des Werkzeugs und durch die in Fig. 474 an der Rückseite der am Stössel angegossenen Scheibe ersichtliche Schrauben- mutter verstellbar; dann folgt ein senkrechter Schlitten, durch Schraubenspindel mit Hand- kurbel L beweglich; endlich am vordem £nde das Stichelhäuschen , an zwei horizontalen Zapfen befestigt, um, wie früher beschrieben wurde, beim Rückwärtsgange ein geringes An- heben des Stahls zu ermöglichen. Das Bett der Maschine ruht auf zwei Füssen, ist an der vordem Seite gehobelt und mit Prismenführung für den in wagerechter Richtung beweglichen Schlitten B versehen, vor welchem der consolenartige Tisch A znr Au&ahme des Arbeitsstücks befestigt ist. Zur selbstthätigen mck- weisen Verschiebung des Tisches nach jedem Hube dient eine an der Rück- seite des Schlittens befindliche Schraubenmutter, durch welche die im Bette der Maschine gelagerte Schraubenspindel C (Fig. 475) hindurch- geht. Das auf der rechten Seite vorstehende glatte Ende der Spindel trägt ein mit ihr festverbundenes Schalträdchen (vergl. Fig. 474) und einen um die Spindel drehbaren zweiarmigen Hebel mit Schalthaken, welcher in das Rädchen eingreift. Eine Stange verbindet den Hebel mit einem auf dem Ende Q der Antriebswelle befindlichen ezcentrischen Zapfen und erhält ihn dadurch iu stetiger auf- und abgehender Bewe- gung; die eine Hälfte dieser Bewegung bleibt ohne Einfluss auf die Schraubenspindel, da der Schalthaken während derselben über die Zähne des Rädchens gleitet; während der andern Hälfte wird das letztere sammt der Spindel gedreht und der Tisch mit dem Arbeitsstücke macht

614 Trennungsarbeiten.

die Schaltbewegnng. Die Stellung der Mechanismen für Haupt- und Schalt- beweguDg gegen einander muss eine solche sein, dass die letztere während des leeren Rückgangs des Stössels stattfindet; die Grösse der Schaltung lässt sich yerändem, wenn man den Abstand des excentrischen Zapfens bei G vom Mittelpunkte durch Verstellung in einem Radialschlitze ver- grössert oder verkleinert. Die Rückführung des Tischs wird durch Dre- hung der Schraubenspindel von Hand bewirkt.

Zum Festhalten sehr kleiner Gegenstande während der Bearbeitung schraubt man auf dem Tische Ä einen kleinen Parallelschraubstock fest, in welchen dieselben eingespannt werden.

Soll die Maschine zum Rundhobeln benutzt werden, so wird auf der obem Seite des Schlittens B eine gusseiseme Platte mit kleinem Lager für eine kurze wagerechte Welle befestigt, welche rechtwinklig gegen die Bewegungsrichtung des Schlittens gerichtet ist, und auf ihrem über den Schlitten nach rückwärts vorstehendem Ende ein Schnecken- rädchen trägt. Dasselbe und somit auch die WeUe wird durch eine Schnecke bewegt, welche auf der wagerechten Welle jp (in Fig. 475 in ihrer obem Hälfte sichtbar) befestigt ist. Jene kurze, auf dem Schlitten gelagerte WeUe ist hohl und kann zur Aufnahme eines nach vorn heransstehenden Doms dienen, auf dem nun das mit einer entsprechenden Oefifnung ver- sehene Arbeitsstück übergeschoben und befestigt wird. Die Einrichtung dieses Doms ist im Wesentlichen die nämliche wie desjenigen, welcher unten in Fig. 479 abgebildet und näher beschrieben ist. Wird die Welle p gedreht, so macht das Arbeitsstück ebenfalls eine Drehung um seine Achse. Jene ruckweise Schaltung erfolgt in der aus Fig. 474 er- sichtlichen Art uud Weise. Wenn die Welle mit dem Dome und Arbeits- stücke an Ort und Stelle und der Schlitten in die richtige Stellung gegen das Werkzeug gebracht ist, wird der untere für die Bewegung des Tischs dienende Schalthaken ausgelöst und die Schaltung nun durch eine kurze Stange h einem zweiten, auf p drehbaren einarmigen Hebel mit Schalt- haken mitgetheilt, welcher während des Rückgangs des Stahls durch Eingri£F des Schalthakens in das auf jp befestigte Rädchen die Drehung ausführt.

Eine grössere Feilmaschine, bei welcher beide Bewegungen durch das Werkzeug ausgeführt werden, von Sigl u. Co. in Berlin erbaut *), zeigen die Figuren 477 bis 480. Das auf zwei starken gusseisemen Füssen ruhende Bett C trägt den Querschlitten B, auf dem sich die ver- schiedenen Bewegungsmechanismen für das Werkzeug befinden. Der Antrieb erfolgt zunächst von der an der Seite des Betts gelagerten Stufenscheibe Ä aus durch die mit durchgehender Längsnuth versehene Welle h auf das Getriebe c, welches von dem Schlitten bei seiner Bewe- gung längs der Welle h mitgeführt wird, c überträgt die Bewegung auf das im Schlitten gelagerte Getriebe d, welches durch excentrische Kurbel-

1) Zeichnungen der Hütte, Jahrgang 1867, Tafel 11<

FeilmaBchinen. 615

Hchleife (vergl. Figur 440 und 441 auf S. 566 nnd 567) und Schnbatange h mit dem Stösael p verbanden ist, so dass letzterer beeohleimigteii Rück- gang erhält Der Fius des Stössels gleitet mit Prismen fahmng in einer entsprechenden Nnth am FnSBe des Schlittens. Am Kopfe ist der Werk- zeughalter angeschranbt, ans vier Tbeilen bestehend, nnd dadnrch eine

Yerrtelliuig des Werkzeags in senkrechter wie in bogenförmiger Sich- tnng ermöglichend. Letztere wird dorch die Schnecke m bewirkt, welche in einen verzahnten Bogen des DrehstScks eingreift, unterhalb des Schlittens trägt derselbe eine Schraabenmntter e (Fig. 478), durch welche die zwischen beiden Wangen des Bette gelagerte lange Schrauben- Spindel mit doppeltem Gewinde / hindurchgeht, durch ihre ruckweise

616 Trennungsarbeiten.

Drehnog die Fortbewegaag des SchlittesB sammt Werkzeughalter und BewegnugBmecbanUmaB bewirkend.

Die Art der Schaltnug ist io Fig. 480 in TergrösBertem Maasaatabe abgebildet. Auf der verläugerten Welle Ii Bitzt das Getriebe t (Tergl. auch Fig. 479), welohea in daa Rad k greift-, dieses trägt eine ponlctirt ge- zeichnete herzförmige Nntb , in welche das eine Ende des zweiarmigen Schlitzhebeb l mit einem Gleitstücke eingreift , somit nach jeder Um- drehung Ton k eine einmalige Auf- and Niederbewegong erhaltend. Daa UebenetznngsrerbSltnisB zwischen i und k ist gleich dem Ueber- setznngsverbiUtnisBe zwischen den Bädern c und d, so dass eine ein- malige Drehong von k einem Doppetbnbe des Stössele entspricht. Der Hebel l überträgt seine Bewegung durch die Stange ffl auf den zwei- armigen Hebel n , welcher sich lose anf der Achse des SchaltrSdcheus o dreht nnd mit doppeltem Schaltbaken in dasselbe eingreift, somit Dre-

Fig. 478.

hnng nach- einer odefv-der' andern Seite bewirkend, je nachdem der Schalt- haken nmgeschtagen Hat; o ist aber auf der verlängerten Achse der Schraubenspindel / befestigt und überträgt demnach die empfangene Drebnng ohne Weiteres auf diese.

Zur Befestigung des Arbeitsstücks befinden sich zwei Tische an der Vorderseite des Betts. Jeder derselben besteht ans zwei Stücken, wo- durch eine Verstellung in wagerechter Richtung ermöglicht ist. Für die erstere dienen die am Bette befindlichen zwei Längsnatben, in welchen die Köpfe der zur Befestigimg dienenden Schraube nbolzen verschiebbar Bind, nachdem man die Muttern gelöst hat} die senkrechte Verstellung wird, wie aus Fig. 478 hervorgeht, durch eine Schraubenspindel nnd

FeilmaBchinen. 617

Matter ausgeführt, aobttld die erat«re vermittelst einer auf die nnterhalb der Tischplatte gelagerte, wagerechte, mit der Schraube durch ein Paar Winkelrädchen yerbundene Welle aufgesteckte Handkurbel ge- dreht wird.

Die erhebliche Breite dieser Maschine ') macht sie vorzngaweiae znr Bearbeitnng langer schmaler Gegen stfinde (z. B. Balanciers) durch

1) Unter „Breite" die Bichtnng der Bclialtbewegaog verstaudea, in dieaem Falle gleichbedeutend mit Bettlänge.

618 Trennungsarbeiten.

SohuiUe in der Qnenichtang Qber das ArbeitsBtQck geeignet, welches

dann auf beiden Tischen Beine Auflage findet.

Eine solche Schaltang des WerkzengB vürde aach bei einer bedeu- tend kurzem Breite der Maschine anwendbar gewesen sein nnd zeichnet sich theila durch die grössere Sicher- °' heit der Bewegung, hauptsächlich

aber durch den Umstand TorÜieilhaft aus , dass , wShreud bei der Schal- tung des Tischs die Breite der Ma- schine gleich der doppelten Breite (Länge) des Arbeitsstäcks sein mnss, bei der Scbaltbewegnng durch das Werkzeug die einfache Breite aus- reicht, oder man umgekehrt ein an- nähernd doppelt so breites (langes) Arbeitsstück in diesem als in jenem Falle hobeln kann. Daher ist bei neuei-en Feilmaschinen die letzt- beschriebene Einrichtung bei Weitem häufiger in Anwendung als die früher beschriebene.

Nicht selten findet man für Maschinen mit sehr beträchtlicher Bett- lAnge zwei Supports in Anwendung, welche gleichzeitig an verschiede- denen Stellen arbeiten kennen; man kann dadurch nicht allein direct an Zeit sparen, sondern kürzt auch die Länge des Schaltnngswegs. Jedes der beiden Werkzeuge besitzt in diesem FaUe seinen eigenen Bewegungs- mechsnismus und Schlitten; und damit auch ein jedes Töllig unabhängig von dem andern sei, pflegt für jeden Schlitten eine besondere Triebwelle mit Stufenscbeibe and eine besondere Schaltangsspindel vorhanden zu sein. Die abgebildete Maschine besitzt endlich auch einen Apparat zum Rundhobeln, dessen Einrichtung aus Fig. 479 hervorgeht. Die horizon- tale Spindel c trägt die beiden Conusse u und tii, deren ersterer fest anf V sitzt, während der andere znm Losnehmen eingerichtet ist und durch die davor gesteckte Schraubenmutter gegen das über die Spindel über- geschobene Arbeitsstück (welches zu diesem Zwecke hohl sein mass) fest- gedrückt wird, dadurch die Feststellung und Centrimng desselben bewirkend, v steckt in einer hohlen gusseisemeti Welle nnd ist am andern heransragenden Ende durch eine Schraubenmutter in derselben festgehalten, lässt sich also ohne Schwierigkeit entfernen. Um fUr Arbeits- stücke von verschiedenen Durchmessern die geeignete Höhenlage zu erhal- ten, sind zwei solche ganz gleiche Wellen über einander angebracht, wie in Fig. 477 ersichtlich ist, und im Bette der Maschine gelagert, so dass die Spindel nach Erfordemiss in die obere oder untere gesteckt Verden kann. Jede der beiden Wellen trägt ein Schneckenrad, welches dnrch eine zwischen beiden Rädern befindliche, auf der wagerechten Welle 8 (Fig. 479) befestigt« gemeinschaftliche Schnecke gedreht wird. Die Schaltung der Welle 8 ist wieder in Fig. 480 ersichtlich. Anf dem Ende

Feilmaschinen. 619

der Welle 5 ist das verzahnte Rad r befestigt and zugleich der einarmige, mit Schalthaken versehene Hebel z drehbar aufgesteckt; darch eine Stange q ist der zweiarmige Hebel n mit dem Hebel jer verbanden. Soll der Randhobelapparat benutzt werden, so wird der Sperrhaken des He- bels n aus dem Rade o ausgelöst, um die Schaltung des Werkzeugs ausser Thätigkeit zu setzen , der Sperrhaken bei z eingeklinkt und somit die Schaltung der Welle 8 in Wirksamkeit gesetzt.

Die Geschwindigkeit des Schnitts ist bei den Feilmaschinen meistens erheblich beträchtlicher als bei Planhobelmaschinen , entsprechend dem geringem Gewichte des bewegten Theils, und pflegt 100 bis 150 Mm. per Secunde zu betragen, während das Maass der Schaltbewegung zwi- schen Vi his IV2 Mm. pro Schnitt sich bewegt.

Der Umstand, dass die Hauptbewegung aller Feilmaschinen durch Kurbel oder Excenter bewirkt wird, beschränkt ihre Hublänge auf ein erheblich geringeres Maass als bei Planhobelmaschinen, und während die kleinsten Maschinen oft nicht mehr als 100 Mm. Hublänge besitzen, dürfte als Maximum der Hublänge bei den grössten Maschinen 500 Mm. anzusehen sein.

Der Arbeitsverbrauch der Feilmaschinen wird sich in ähnlicher Weise wie f&r Planhobelmaschinen ermitteln lassen; zur Veranschlagung der erforderlichen Betriebskraft wird man für kleine Feilmaschinen 0,5, für grosse 1 Pferdestärke rechnen können.

Den Planhobelmaschinen gegenüber besitzen 'die Feilmaschinen, ins- besondere diejenigen mit Schaltung durch das Werkzeug, den Vortheil, dass sie für gleiche Hublängen geringem Platz beanspruchen, da ihre Längenausdehnung im einfachen , nicht wie bei jenen im doppelten Ver- hältnisse zur Hublänge steht. Während daher diese geringere Hublänge und die leichtere Construction die Anwendung der Feilmaschinen für sehr grosse und schwere Gegenstände ansschliesst, lässt die oben er- wähnte Eigenschaft, sowie die grossere Arbeitsgeschwindigkeit und ein geringerer relativer Arbeitsverbrauch sie als ausserordentlich zweck- mässig zur Bearbeitung weniger schwerer Gegenstände erscheinen, die, falls sie eine geringe Breite bei beträchtlicher Länge besitzen, der Quere nach bearbeitet werden.

Letzterer Eigenthümlichkeit der Maschine, durch welche ihre Schnitte dieselbe Richtung erhalten, als wäre das Arbeitsstück durch Feilstriche be- arbeitet worden, und dem Umstände, dass sie thatsächlich bei vielen Ge- genständen die Bearbeitung durch Feilen ersetzt, verdankt sie wohl ihren Namen als Feilmaschine.

Mit dem Rundhobelapparate versehen ist sie im Stande, rasch und mit wenig Arbeitsaufwand Gylinderflächen an manchen kleineren Gegenstän- den herzustellen , die auf der Drehbank einen grossem Zeitverlust erfor- dert haben würden.

620 Treuuungsarbeiten.

Stoumaschinen , iVutlieiiatOBsituucIiinen , stanzmaschinan, Vertic alhobelmaaoli Inan. Das Werkzeug macht die Haaptbewegong in eenVrecbter Richtung, und zwar schneidend beim Niedergänge and leer beim Aofgange; dax ArbeitasttLck fast immer die Schaltbewegnng dnrch geradlinige Fortbewegnng oder durch Drehong. Zur Bewegung des Werkzeuge dient fast anaschliesstioh die Kurbel mit oder ohne Zwiscben- mechanismen für beschleanigten Rückgang.

Die Arbeit der Stossmaschinen ist daher de^'enigen der Feilmaschi- nen mit beweglichem Arbeitsstücke ähnlich, und der Unterschied liegt in der Richtung der Hauptbewegnng Gerade hierdurch aber wird eine durchaus geänderte Anordnung der ganzen Haschine nothwendig.

Elg. <8l.

KutbenstossmaschineiL 621

In den Fignren 481 bis 484 ist in '/}|, der wirklichen Orosae eine NnthenstosBinafichine für Stücke von 1200 Mm. grÖsHtem Darchmesser and 400 Mm. Höhe ans der Deatachen Werkzengmaackinenfabrik in Chemnitz abgebildet. Der Ständer der Maschine ist in einem Stflcke in HohlgoBs gefertigt and trägt die gleichfalla angegoBBenen FtthrangBleisten d fOr den Stöseel (Priama) k. a iat die Stafenacbeibe für den Antrieb. Vor derselben, für den Arbeiter leicht zn erreichen, befindet aich auf der- selben Welle daa Schwangrad q, zngleich dazu dienend, den Stösael von Hand in die richtige Stellnng za bringen, bevor die Maschine angelaaaen wird. Die Bewegung wird von a durch das Getriebe tn anf daa kräftig gebaute Rad b Qbertragen b ist durch excentriache Korbelachleife mit

Fig. 482.

622 TrennungsarbeiteD.

der Kurbelwelle / verbuDdeQ and ertheilt der Haachioe dadorch beschlen- nigten Rückgang (Aofgang). Die Eiurichtang der excentrischeD (With- wortb' sehen) Kurbelaebleife wird aus Fig. 484 verständlich sein, h iat der im Rode h befestigte Mitnehmerzapfen , welcher in einer radialen Fähning der gegen b excentrischen Scheibe g gleitet; g fibertrAgt die empfangene nngleichfQrmige Bawegnng anf die Welle /. Auf dem vor- dem Ende von/ sitzt die warm aufgezogene rechteckige Scheibe e, anf welcher vergtellbar die Scheibe p mit dem excentrischen Zapfen für den Angriff der Schubstange befestigt ist. Die Schraube o dient zur Ver- eteUnng der E^cantricitat zwischen diesem Zapfen und der Welle / und somit zur Vergröseening oder Verkleinerung der Kurbellänge und des Hubes der Maschine. Der gröeste erreichbare Hub (gleich der doppelten Excentricit&t) ist 250 Mm.; stellt man den Korbelzapfen genau centrisch zur Welle /, so ist der Hub gleich Null. Durch die Zugstange l wird die Kurbelbewegnng anf den StAesel A abertragen. Wie aus Fig. 482 nnd 484 hervorgeht, ist letzterer durch eine Schraubenmutter und starke Fig, 433. Schraabeuspindel n mit der Zug-

stange yerbunden, wodurch es mög- lich wird, die Höhenlage desselben, je nachdem die zu bearbeitende Fläche höher oder tiefer liegt, in ziemlich weiten Grenzen za ver- stelleu. Da der grösste Zapfendruck der Welle / nach oben gerichtet ist, so ist die obere, ans Hartrothgnsa gefertigte Lagerhälfte i derselben, (Fig. 484) durch einen quer durch das Gerüst hinduixhgehenden Keil t'i nachstellbar gemacht.

Unterhalb des Stössels befindet sich anf dem angegossenen Fusse der Maschine der Tisch y mit Yor- richtting zur Längen- und Quer- Verschiebung, sowie zur Kreisbe- wegung yerseben. Anf der mit T-förmigen Qoerschlitzen versehenen Tischplatte wird das Arbeitsstdck aufgespannt. Dieselbe trägt an

"■•- --■ ihrer nntem Seite den mit ihr in

einem Stücke gegossenen Schneoken- kranz e, vollständig innerhalb des Tische liegend, y ist drehbar aof dem Mittelstücke r; die Drehung erfolgt von einer in der Abbildung nicht oraichtlichen Schnecke auf der horizontalen Welle p, durch Langa- nnth und Feder mit einander verbunden , so dass bei Verschiebung des Mittelstacks r auch die Schnecke mitgenommen wird, r macht die Quer-

Nuthenstos3maschiiien. 623

verschieboDg des Tiacha, gleitet za dieaem Zwecke mit Prismenführan- gen traf dem Untertheile S und erhält seine Bewegung durch eine hori- zontale Schranbenspindel rj , welche in 8 gelagert ist and durch eine an r befestigte Mntter hindnrcbgebt. Der Schlitten s bewegt dch auf Füh- rungen des FuBBes der Maschine in der Längen richtnng und erhält diese Bewegung yon einer Schranbenspindel Si ans. Jede dieser drei Bewe- gungen kann mit Hälfe einer aof das Ende der betreffenden drei Spin- deln aofgesteckten Kurbel von Hand bewirkt werden, während des Gan- ges der Maschine aber *^- *8*- pflegt die Schaltung

oelbsttbätig in folgender Weise vor sich zu gehen. In dem Rade b (vergl. Fig. 483 und 484) ist eine curvenfSrmige Nuth u eingegossen, in wel- cher ein an dem Ende des Steuemngsbebels a befestigter Zapfen glei- tet. Die Curve besitzt einen leicht erkennbaren Punkt, wo ihr Abstand vom Radmittel am gröss- ten ist; von hier ans nimmt dieser Abstand innerhalb eines Bogens von 40 Graden rasch ab und bleibt dann während eines Bogens von 140 Graden gleich, so dass die Curve inner- halb des letztem als concentrischer Kreisbogen erscheint. Befindet sich der Zapfen des Hebels a nun in dem grdssten Abstände vom Radmittel, so wird er bei Drehnng des Rads b in der Pfeilriohtnng rasch in der Richtung saoh links hinQbergedrflckt werden und bewirkt während dieser Periode Schaltung; alsdann gelangt er in den concentrlschen Theil der Curve, and die Schaltung ruht; endlich, in einem dritten TheUe der Gurve, welche den noch tkbrig bleibenden Bogen von 180 Graden ein- nimmt, wächst der Abstand vom Radmittel ganz allmälig, bis er wieder auf dem höchsten Stande angelangt ist; a enthält demnach eine entgegen- gesetzte Bewegung und bewirkt langsamen Rückgang des Steuerunge- mecbanismns.

Die Bewegung des Hebels a wird durch die Zugstange v zunächst auf einen einfacben Sperrkegel x übertragen, welcher in das Sperrrädchen u eingreift, bei der Hinaofbevegung (während des ersten Theils der Scbaltungacurve) dasselbe dreht, bei der Himmterbew^oDg leer gleitet. Der Angriffspunkt der Zogstange t> am Hebel oi ist in einem Schlitze

624 Trennnngsarbeiten.

yerstellbar, um das Maass der Schaltnng grösser oder kleiner zu machen. Das Rädchen to überträgt die empfangene Bewegung zunächst auf das daneben sitzende Winkelrädchen y nnd von diesem auf ein zweites oder drittes Winkelrädchen £ und 8. y und d sitzen lose auf der Schaltungs* welle i\ zwischen beiden befindet sich auf derselben Welle, durch Kuth und Feder mit ihr yerbunden, die Klauenkupplung tt, durch den in Fig. 482 ersichtlichen Handhebel bewegt. Wird dieselbe mit* 9/ ein- gerückt, so erhält die Welle t ohne Weiteres von diesem Rädchen seine Bewegung, während i und £ leer gehen; wird u mit i eingerückt, so erfolgt die Bewegungsübertragung durch alle drei Rädchen, mithin in umgekehrter Richtung. Auf dem vordem Ende yon i befindet sich ein Stimrädchen im Eingriffe mit einem zweiten auf der Schraubenspindel Si sitzenden Rädchen, wodurch Schaltung desTischs in der Längsrichtung bewirkt wird. Durch Verschiebung des letztgenannten Rädchens auf seiner Spindel kann dasselbe ausser Eingriff und somit diese Schaltung ausser Thätigkeit gesetzt werden. Femer befindet sich auf i ein Winkelräd- chen, durch Nuth und Feder verschiebbar mit i verbunden, welches durch ein zweites, in Fig. 482 erkennbares Winkelrädchen und eine kurze im Schlitten s gelagerte Welle seine Bewegung auf das Getriebe 17 überträgt und dabei gezwungen ist, jede Längsbewegung des Schlittens mitzumachen. Von 17 aus erfolgt nun die Bewegungsübertragung auf die beiden Stim- rädchen, welche auf den Enden der Spindeln |7 und rx befindlich sind und deren jedes durch Verschiebung auf seiner Spindel in und ausser Eingriff gebracht werden kann. Es wird also Längs-, Quer- und Rund- bewegnng des Arbeitertücks bewirkt

Die Befestigung des Werkzeugs am Stössel pflegt bei den Nuthen- stossmaschinen in einfachster Weise durch Klemmschrauben bewirkt zu werden; bei der abgebildeten Maschine dient ein Paar geschmiedeter Bügel, welche in T-förmige Schlitze des Stössels eingeschoben sind, zum Tragen der Klemmschrauben.

Als vortheilhafteste Schnittgeschwindigkeit gilt bei den Nuthenstoss- maschinen 100 bis 150 Mm. perSecunde, und dieGrrösse der Schaltung ist Vs bis iVs Mm. per Schnitt. Die üblichste Hublänge ist 100 bis 300 Mm.

Wie der Name andeutet verdanken die Nuthenstossmaschinen ihre Entstehung der Aufgabe, senkrechte Nuthen, insbesondere Keilnuthen in Radnaben, einzuarbeiten, wobei die Schneide des Werkzeugs die Breite der Nuth erhält, und das Arbeitsstück nach jedem Schnitte gegen das Werkzeug vorgeschoben wird, bis die erforderliche Tiefe der Nuth er- reicht ist. Die grossen Annehmlichkeiten aber, welche die Maschine überhaupt bei der Bearbeitung senkrechter, nicht sehr hoher Flächen darbietet und wozu namentlich ihr rascher Gang und ihre einfache Bedie- nung gehört, haben ihr längst eine weit ausgedehntere Anwendung ver- schafft; die Schaltbewegung in der Kreislinie, durch welche cylindriscbe Flächen erzeuget werden, macht sie vorzugsweise geeignet zur Bearbeitung von Flächen, wie sie an der Aussenseite von Kurbeln, Hebeln und ahn-

Sägen. 625

liehen Gegenständen häufig sind, und deren Herstellnng anf der Rnnd- hobelmaschine oder Drehbank wegen des langen Armes jener Arbeits- stücke schwierig oder unmöglich sein würde.

Der Arbeitsrerbrauch wird in gleicher Weise wie bei den früher besprochenen Hobelmaschinen berechnet und kann bei den grösseren Maschinen auf ca. 1 Pferdestärke, bei kleinen auf ^^^ Pferde- stärken veranschlagt werden.

Literatur und Abbildungen aller Sorten Hobelmaschinen.

Ausser den auf S. 569 genannten Werken: Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1856, Nr. 4 ef; Jahi^. 1858, Nr. 42;

Jahrg. 1859, Nr. 8; Jahrg. 1862, Nr. 21 ab; Jahrg. 1864, Nr. 18;

Jahrg. 1867, Nr. 4; Jahrg. 1871, Nr. 10; Jahrg. 1872, Nr. 4. Wiebe, Skizzenbuch, Jahrg. 1869, Heft 5; Jahrg. 1871, Heft 1.

Femer finden sich Besprechungen und Abbildungen ausgeführter Hobelmaschinen in den meisten Jahrgängen aller grosseren technischen Zeitschriften; so in Dingler's Journal, im Polytechnischen Gentralblatt, im Praktischen Maschinenconstructeur u. v. a.

o. Die Säge.

WenA man eine Anzahl Meissel von sehr geringer Breite und Höhe in der Bewegungsrichtung hinter einander anordnet und durch einen Quersteg verbindet, so erhält man den Begriff einer Säge. Die geringe Höhe ist erforderlich, um bei der schwachen Stärke der Meissel ein seit- liches Verbiegen zu vermeiden; und da die gewonnenen Späne nur sehr dünn sind und bald abbrechen, so ist das Abfliessen derselben durch die geringe Höhe nicht behindert.

Die einzelnen Meissel nennt man die Zähne, den zwischen zwei Zähnen befindlichen Zwischenraum die Zahnlücke, denjenigen Theil der Säge, welcher die einzelnen Zähne verbindet, das Blatt. Gewöhnlich bestehen die Zähne und das Blatt aus einem Stücke, und die Säge wird durch Ausfeilen oder Ausstossen der Zahnlücken an der Kante des Blatts hergestellt; nur für sehr grosse Sägen fertigt man die Zähne einzeln und verbindet sie mit dem Sägeblatte ^).

Damit jeder folgende Zahn nicht etwa leer in der von dem voraus- gegangenen geschnittenen Furche sich vorwärts bewege, sondern gleich- falls schneidend wirke, muss derselbe relativ tiefer liegen, als der voraus-

^) Deutsche IndoBtrieKeitung , Jahrg. 1867, S. 343 und 403; Jahrg. 1878, S. 484; Jahrg. 1875, 8. 254; Jahrg. 1877, S. 337.

JLedebar, meoluuiiich-motaUnigiMtk« Technologie. 4Q

626 Trennungsarbeiten.

gegangene. Wenn nnn die Schneidkanten sämmtlicher Zähne sich in einer geraden Linie befinden, so wird diese tiefere Lage der folgen- den Zähne dnrch eine gegen die Bewegongsrichtung geneigte Lage dieser geraden Linie hervorgerufen, vorausgesetzt, dass die Länge des Schnitts grösser ist als der Abstand zweier Zähne von einander. Dnrch diese geneigte Lage kommen also so viele Zähne mit einem Male zum Schneiden als der Länge der Schnittlinie entsprechen; und während jeder einzelne Zahn nur einen Span von sehr geringer Dicke abnimmt, ist die Dicke der bei einem einmaligen Durchgänge der Sägen abgenom- menen Schicht gleich der Summe aus den Dicken der von jedem Zahne einzeln abgenommenen Späne. Aus den früher gegebenen allgemeinen Erörterungen über das Schneiden (S. 550) folgt aber, dass es bedeutend weniger Kraftaufwand erfordert, viele dünne einzelne Schichten als eine einzige dicke Schicht abzuheben; und demnach genügt bei Anwendung der Säge eine geringere Arbeit zum Lostrennen einer gleich grossea Schicht, als wenn derselbe Erfolg, mit einem einmaligen Durchgange eines einzigen Meisseis hervorgebracht werden sollte.

Eine gleiche Wirkung wie durch jene Neigung der Säge gegep, die Bewegungsrichtung wird nun offenbar hervorgebracht werden, wenn neben einer Hauptbewegung, welche in der Richtung der durch die Schneidkanten der Säge gelegten Linie stattfindet, eine ununterbrochene Schaltbewegung in der Schnittebene normal gegen jene Hauptbewegung eingerichtet wird; denn die Resultante aus beiden Bewegungsrichtungen ist offenbar wieder eine gegen die Hauptbewegung geneigte Linie, und jeder folgende Zahn wird demnach in dem der Grösse der Schaltbewegung entsprechendem Maasse tiefer in das Arbeitsstück eindringen als der vorausgegangene und demzufolge dickere oder weniger dicke Späne los- trennen.

Durch diese doppelte Bewegung wird thatsächlich fast stets jene Aufgabe gelöst, die Yorwäiisbewegung in einer gegen die Eantenebene geneigten Linie vor sich gehen zu lassen; und insbesondere ist dieselbe unerlässlich, wenn, wie bei vielen durch Elementarkraft bewegten Sägen, die Zähne entweder in einer Kreislinie angeordnet sind (Kreissägen) oder das bandförmige Sägeblatt sich ununterbrochen in einer Linie ohne Ende bewegt (Bandsäge).

Die geschilderte Wirkung der Säge, insbesondere auch die sehr ge- ringe Breite ihrer Zähne, lässt sie nicht sowohl zur Bearbeitung breiter Flächen, als vielmehr zur Hervorbringung tiefer Einschnitte geeignet erscheinen, und man benutzt sie deshalb vorwiegend zum Zert heilen der Arbeitsstücke, wobei alsdann eine Schicht von der Breite der Zähne als „Sägespäne" verloren geht.

Während bei Bearbeitung des Holzes uns die Säge in den mannig- fachsten Formen und für die mannigfachsten Verwendungen begegnet^ finden wir bei der Verarbeitung der Metalle nur zwei Hauptformen der- aelhen vertreten. Der Grund hierfür ist leicht aufzufinden; er liegt in

Sägen. 627

dem grössern Widerstände des h&rtern Metalls, welcher ein leichteres Verbiegen der schmalen Zähne der Säge zur Folge hat. Wollte man aber durch grössere Breite der Zähne diesen Nachtheil abschwächen, so würde nicht allein ein grösserer Metallyerlust durch Spanbildung, son- dern auch ein mit der Breite in geradem Verhältnisse wachsender Arbeits- yerbranch die Folge sein, und dadurch ein Hauptyortheil der Säge gegen- über anderen zum Trennen geeigneter Apparate verloren gehen. Diese grössere Härte des Metalls macht auch einige Abweichungen in der Con- stmction der Zähne erforderlich. Je härter nämlich der zu sägende Körper ist, desto geringer wird der Unterschied in dem Maasse des Eindringens zweier auf einander folgender Zähne sein, mit anderen Worten, desto geringer wird die Schaltbewegung und desto schwächer werden die Späne sein. Die letzteren werden aber um so leichter abbrechen, um so kürzer ausfallen, je dünner sie sind. Daher können bei Metallsägen die Zähne näher an einander stehen und geringere Höhe besitzen, als bei Holzsägen, wodurch wieder eine grössere Sicherheit gegen das Ver- biegen gegeben ist.

Bei den Holzsägen werden die Zähne ein wenig aus der Ebene des Blattes abwechselnd nach der einen und andern Seite abgebogen (ge- schränkt), um ein seitliches Schneiden zu bewirken und dadurch die Reibung zwischen Schnittfläche und Sägeblatt aufzuheben; bei den MetaUsägen würde dieses seitliche Schneiden einen grossen Widerstand verursachen, und die Zahnschneiden liegen deshalb in einer Ebene mit dem Sägeblatte. Um trotzdem die Beibung zu verringern, macht man wohl die Sägeblätter der Metallsägen am Rücken dünner als an der ge- zahnten Seite oder bildet durch Behämmem längs der Kanten des Zahns einen Grat, welcher die Breite des Schnitts vergrössert.

Die Form der Zähne ist die eines Keils mit sehr schmalem Rücken dessen Zuschärfungswinkel 65 bis 70 Grad und Anstellungswinkel 20 bis 25 CFrad zu betragen pflegt, so dass der Schneid winkel meistens ein wenig kleiner als 90 Grad ausföllt.

Hand- oder Bogensägen. Das Blatt derselben ist 250 bis 350 Mm. lang, 10 bis 20 Mm. breit. Die Zähne stehen in einer geraden Linie in Abständen von V2 bis 2 Mm., von Spitze zu Spitze gemessen, von einander; bisweilen jedoch ordnet man sie bei neuen Sägen in einer schwach convexen Linie an , um der nach der Mitte zu wachsenden Ab- nutzung Rechnung zu tragen. Um dem Sägeblatte die nöthige Steifig- keit zu verleihen, ist dasselbe in einem eisernen „Bogen" von bekannter Form eingespannt, und zur Führung dient ein am Bogen befestigter

Handgnfi;

Die Handsäge wird zum Zertheüen kleinerer Metallstücke benutzt Dieselben werden gewöhnlich in den Schraubstock eingespannt, der Ar- beiter bewegt mit der rechten Hand die Säge vorwärts und leer zurück und übt mit der linken Hand bei der schneidenden Vorwärtsbewegung einen Druck auf den Bogen normal gegen das Arbeitsstück aus. Da«

40*

G28 Trennungsarbeiten.

Werkzeug fuhi-t demnach beide Bewegungen aus; eine hin- und her- gehende Hanptbewegung und die während des Schneidens nnaosgesetzt aber in sehr kleinem Maasse thätige Schaltbewegong durch den Druck der linken Hand.

Das Sägeblatt wird aus bestem Stahl gefertigt, die Zähne eingefeilt, bei sehr kleinen Sägen mit dem Meissel eingehauen, dann gehärtet und gelb angelassen.

Die kleinsten Handsägen, welche bei der Anfertigung ornamentaler Gegenstände dazu benutzt werden, gekrümmte Linien auszuschneiden, heissen Laubsägen. Man pflegt das Blatt derselben aus einer Uhrfeder zu fertigen und giebt ihnen eine sehr feine Theilung (0,4 bis 1 Mm. Zahnabstand). Der Bogen dieser Laubsägen zeigt eine etwas abweichende Form von dem Bogen fär grössere Sägen. Er ist höher als dieser, am auch in grösserem Abstände vom Rande des Arbeitsstücks sägen zu kön- nen ; der den Handgriff tragende Schenkel bildet gewöhnlich ein selbst- ständiges, auf dem langen Mittelstücke des Bogens mit einer Hülse ver- schiebbares und durch eine Klemmschraube zu befestigendes Stück, um mit Sägeblättern von verschiedenen Längen arbeiten zu können.

Um mit der Laubsäge aus einer vollen Metallplatte auch solche Oeffnungen auszuschneiden, welche nicht nach dem Rande auslaufen, son- dern ringsum eingeschlossen sind, wird an einer geeigneten Stelle inner- halb der Platte ein Loch durchgeschlagen, das Sägeblatt, nachdem es aus dem Bogen an einem Ende losgemacht ist, hindurchgesteckt, dann wieder in demselben befestigt und so nach der betreffenden Linie herum- geführt, während der Sägebogen ausserhalb des Randes mitgeht.

2. Kreissägen. Die Zähne sind nach einer Kreislinie auf dem Rande einer kreisförmigen Stahlscheibe angeordnet Diese Scheibe ist auf einer horizontalen Welle befestigt, welche zugleich die Antriebs- riemenscheibe trägt und mit ihren Enden in Zapfenlagern ruht. Die Hauptbewegung wird durch Drehung jener Welle bewirkt; die Schalt- bewegung wird entweder durch das Arbeitsstück ausgeführt, indem das- selbe fortschreitend der Scheibe genähert wird; oder durch die Säge, welche in diesem Falle gleichzeitig mit ihrer Drehung sammt ihren Lagern gegen das Arbeitsstück vorgeschoben wird, und zu diesem Zwecke gewöhnlich pendelartig in zwei schwingenden, durch Getriebe und ver- zahntes Bogenstück bewegten Rahmen aufgehängt ist.

Der Betrieb aller für Metallbearbeitung dienenden Kreissägen erfolgt durch Elementarkrafb ; man giebt ihnen eine bedeutende Umfangs- geschwindigkeit, nicht allein, um direct die Arbeit zu beschleunigen, sondern auch, um während des Leergangs desto mehr lebendige Kraft zu sammeln, welche während des Schneidens verbraucht werden kann. Erfahrungsgemäfis liefern alle Sägen bei raschem Gange einen reinem glattem Schnitt als bei langsamem, w«ts eben mit der grossem Gleich- mässigkeit der Bewegung bei raschem Gange zusammenhängt.

Sägen. 629

Eine vorwiegend häufige Verwendung finden die Kreissägen zum Zerschneiden Ton stangenfotmigen Körpern ans Eisen und Stahl (Eisen- bahnschienen, Trägem und verschiedenen anderen), welche im Walzwerke ihre Querschnittsvollendung erhielten und nun auf bestimmte Längen getheilt werden sollen. Die Arbeitsstücke werden hierbei unmittelbar von dem Walzwerke kommend, also im rothglühenden Zustande, zur Säge gebracht; der geringere Widerstand, welchen das erhitzte Metall der Trennung seiner Theilchen entgegensetzt, ermöglicht es, zur Beschleuni- gung der Arbeit grössere Späne zu nehmen, und die Zähne dieser Kreis- sägen sind aus diesem Grunde beträchtlich grösser, als die der oben be- schriebenen Handsägen. Die Zahntheilung (der Abstand zweier Zahn- spitzen) pflegt 15 bis 30 Mm., die Höhe der Zähne 10 bis 20 Mm. zu betragen. Die Sägeblätter haben 0,8 bis 1,5 M. Durchmesser und machen 800 bis 2000 Umläufe per Minute, so dass sie eine Umfangs- geschwindigkeit von 60 bis 80 M. per Secunde besitzen. Das Sägeblatt ist entweder ringförmig in einem Stücke gefertigt oder aus mehreren Segmenten zusammengesetzt; die Befestigung geschieht durch Einklem- men zwischen zwei auf der Welle befindlichen Gusseisenscheiben, welche durch Schrauben zusammengepresst werden, und von denen die eine fest auf der Welle sitzt, während die andere verschiebbar ist. Die Stärke des Sägeblatts beträgt 2 bis 4 Mm. Damit die Erhitzung beim Zer- schneiden der heissen Stäbe nicht eine Erweichung des Sägeblattes her- beiführe, lässt man, wo es angeht, dasselbe in eine mit Wasser gefCdlte Schale tauchen , benutzt aber auch , wo eine solche Erhaltung der Härte durch Abkühlung von vornherein aussichtslos ist, wohl nur schmiede- eiserne Sägeblätter, deren grosse Umfangsgeschwindigkeit ihren Mangel an Härte ersetzen muss^).

Wenn es sich darum handelt, eine grosse Anzahl Arbeitsstücke, z. B.Eisenbahnschienen, nach gleichen Längen abzuschneiden, pflegt man zwei parallele Kreissägen auf gemeinschaftlicher Welle anzuwenden, deren Abstand von einander verstellbar ist, und so mit einem Male beide Enden des Arbeitsstücks abzuschneiden. Letzteres ruht hierbei auf einer Tischplatte mit Knaggen, welche ein Ausweichen vor dem Drucke der Säge^ verhüten ; der Vorschub wird stets von Hand mit Hülfe eines Hebels häufig mit Einschaltung von Getriebe und Zahnstange bewirkt, welcher entweder den Tisch (welcher in diesem Falle schlittenartig ge- führt ist) gegen die Sägen oder die Sägen sammt Lagern, Welle und Riemenscheibe in der oben geschilderten Weise gegen das Arbeitsstück vorschiebt.

Für die Berechnung des Arbeitsaufwandes für den Betrieb einer Kreissäge giebt Hart ig die Formel:

') E8 ist eine interessante Erscheinung, dass man mit einer sich sehr rasch drehenden Schmiedeeisenscheibe, selbst ohne Zähne, im Stande ist, weit härtere Stahlstäbe im kalten Zustande zu zertheilen.

630 TrennuDgsarbeiten.

JV^=0,62 + bF, worin F die leicht za beobachtende Schnittfläche in Quadratmetern per Stunde bedeutet, und

e für rothwarmes Schmiedeeisen = 7,56 Pferdestärken, rothwarmen Stahl . . = 10,9

beträgt^

Der durchschnittliche Arbeitsverbrauch für Sägen mittlerer Grösse kann zu 5 Pferdestärken angenommen werden , wobei eine Eisenbahn- schiene in etwa 10 Secnnden durchschnitten wird.

Literatur über Sägen.

Ausser den oben (S. 569) gMiannten Werken: Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1859, Nr. 12; Jahrg. 1861, Nr. 16 p;

Jahrg. 1867, Nr. 18; Jahrg. 1868, Nr. 18. Petzholdt, Fabrikation von Eisenbahn material, S. 15, Taf. I. y. Hauer, Hüttenwesensmaschinen, S. 593.

&. Die Feile.

Wenn man sich mehrere Sägen mit gleich grossen Zähnen so neben einander gelegt und zu einem Ganzen yerbunden denkt, dass sämmtliche Zahnspitzen in eine Fläche «fallen, so erhält man den Begriff der Feile. Während die Säge aber vornehmlich den Zweck hat, schmale und tiefe Einschnitte zu machen, dient die Feile vermöge ihrer beträchtlichen Breite dazu, ganze Flächen durch Abnahme von dünnen Spänen zu be- arbeiten. Jene Fläche der Zahnspitzen kann sowohl gerade als gekrümmt sein; es können mehrere solcher mit Zahnspitzen besetzter Flächen unter beliebigen Winkeln zusammenstossen und in solcher Weise die mannigfachsten äusseren Formen für die Feile bilden.

Ordnet man nun die Zähne der Feile in solcher Weise an, dass jeder derselben, quer über die Feile hinweggehend, die ganze Breite derselben einnimmt, so besitzen natürlich die genommenen Späne gleich- falls dieselbe beträchtliche Breite, brechen in Folge dessen schwer ab und verursachen beträchtlichen Arbeitsaufwand. Deshalb sind solche Feilen nur für sehr weiche Metalle verwendbar. Man nennt dieselben aus einem sogleich zu erörternden Grunde einhiebig. Legt man hier- bei die Breitenrichtung der Zähne (die Schneidkante derselben) nicht genau rechtwinklig, sondern schräg gegen die Bewegungsrichtung, so erleichtert man dadurch nach den früher gegebenen Erörterungen das Abfliessen der Späne und erhält einen scharfem Schneidwinkel, bef5rdert

Feilen.

631

also die Wirkung der Feile, und daher ist diese schräge Lage der Schneidkanten BegeL

Jene bei harten Metallen nachtheilige Breite der Zähne wird ver- ringert, "wenn man sie in der Breitenrichtnng theilt, statt eines durch- gehenden Zahns also mehrere schmale anbringt. Solche Feilen mit schma- len Zähnen nennt man zweihiebig. Wollte man nun diese Zähne hinter einander in durchgehenden Längsreihen parallel der Bewegungs- richtung anordnen, so würde bei der Benutzung jede Zahnreihe eine einzige Furche auf der Oberfläche des Arbeitsstücks ziehen, und zwischen zwei solchen Furchen würde eine erhabene Bippe stehen bleiben, ent- sprediend dem Abstände zweier neben einander befindlicher Zahnreihen. Zur Vermeidung einer solchen mangelhaften Wirkung der Feile und zur Erzielung einer yollständig gleichmSssigen Oberfläche giebt man deshalb auch den Zahnreihen in der Längenrichtung eine gegen die Bewegungs- richtung der Feile schräge Lage; es tritt dann jedesmal ein folgender Zahn in den zwischen zwei vorausgegangenen neben einander befind- lichen Zähnen gelassenen Zwischenraum und nimmt das von diesen stehen gelassene Metall hinweg.

Aus diesem Verhalten der Feile erklärt sich die Art und Weise ihrer Anfertigung. Man stellt die Zähne durch Beihen paralleler Ein- schnitte dar, welche mit Hülfe eines Meisseis unter bestimmtem Winkel gegen die vorher glatte Oberfiäche angebracht werden und dadurch die Zähne aufwerfen. Die Einschnitte heissen der Hieb, die Arbeit der Herstellung das Hauen der Feile.

Eine einhiebige Feile besitzt nur eine Beihe solcher quer durch- laufender Hiebe, welche einen Winkel von ca. 70 Grad (beziehentlich 110 Grad) gegen die Achse der Feile beschreiben.

Bei zweihiebigen Feilen sind zwei Beihen sich kreuzender ParaUel- hiebe vorhanden (Fig. 485). Dadurch entsteht jene Theilung der brei- ten Zähne in mehrere schmale; und indem man der zweiten Hiebreihe

Fig. 485.

eine andere Neigung gegen die Feilenachse g^ebt als der ersten, wird jene Bedingung erf&llt, dass die Zähne nicht in Längsreihen angeordnet sein dürfen, welche der Bewegnngsrichtung parallel sind. Bei der An- fertigung werden zuerst diejenigen Einschnitte angebracht, welche von oben rechts nach unten links laufen, wenn man die Feile quer vor sich hinlegt. Dieselben heissen Grundhieb oder Unterhieb und pflegen

632 Trennungsarbeiten.

mit der Mittellinie der Feile Winkel von ungefähr 52 besiehentlich 128 Graden zu bilden. Die dnrch den Unterhieb aufgeworfenen Kanten werden durch Schleifen etwas abgestumpft und dann die andere Reihe Einschnitte angebracht, welche Oberhieb oder Kreuzhieb genannt werden und mit der Mittellinie Winkel von etwa 70 beziehentlich 110 Gra- den einschliessen. Die Kanten des Oberhiebes bleiben scharf und bilden die eigentlichen Schneidkanten.

Wie bei den Sägen müssen die Abstände der Zähne von einander um so gröBser sein, je weniger spröde das Metall ist, je längere Späne also entstehen. Andererseits aber können die Zähne um so grösser (der Hieb um so tiefer) sein, je grösser ihr Abstand ist; und je grösser die Zähne sind, desto stärkere Späne können genommen werden, desto mehr wird die Arbeit gefördert. Mit der Grösse und dem Abstände der Zähne von einander wachsen aber naturgemäss auch die Abstände zwischen je zwei von der Feile gezogenen Parallelschnitten auf der Oberfläche des Arbeitsstücks, und desto deutlicher erkennbar werden deshalb diese fur- chenartig neben einander hinlaufenden Einschnitte Feilstriche ge- nannt — erscheinen. Je genauer die Oberfläche daher bearbeitet werden soll, und je weniger erkennbar die Feilstriche sein dürfen, desto feiner und näher bei einander liegend müssen die Zähne der Feile sein; und man pflegt deshalb bei der Bearbeitung zuerst mit einer groben Feile zu schroppen und dann durch Schlichten mit allmälig feiner werdenden Feilen die Spuren des Schroppens wegzunehmen.

Um die Arbeit mit jenen gpröberen Feilen noch mehr zu fördern, pflegt man ihnen etwas schärfere Schneidkanten als den zum Schlichten bestimmten zu geben. Nach Karmarsch setzt man bei dem Hauen jener den Meissel unter einem Winkel von 78 Graden gegen die Feilen- oberfläche ein, bei den feinsten Feilen unter einem Winkel von 86 Grraden.

Das Material zu den Feilen ist Tiegelgussstahl, nach dem Hauen gehärtet ohne angelassen zu werden, also glashart. Nur die ganz gröb- sten Feilen werden aus Schmiedeeisen mit verstahlter Oberfläche gefer- tigt. Da die Feile an und für sich genug Steifigkeit besitzt, ist der bei der Säge erforderliche Bogen entbehrlich, und zur Handhabung dient ein hölzerner Griff*, welcher über eine am Ende der Feile angeschmiedete spitzige Angel gesteckt wird. Damit diese schwächere Angel nicht in Folge der grossen Sprödigkeit des gehärteten Stahls abspringe, lässt man sie an, bevor man die neue Feile in Gebrauch nimmt, indem man sie mit dem glühend gemachten Maule einer Schmiedezange erfasst.

Ist die Feüe durch langem Gebranch stumpf geworden, so wird sie geglüht, die Zähne werden abgeschliflen und neue Zähne eingehauen (Aufhauen der Feilen), bis schliesslich die immer mehr abnehmende Stärke diesem erneuten Aufhauen ein Ziel setzt.

In der Mitte ihrer Länge sind die meisten Feilen ein wenig ge- baucht, theils weil dort die grösste Gefahr hinsichtlich des Zerbrechena vorhanden ist, dann auch, weil die grösste Abnutzung in der Mitte statt-

Feilen. 633

findet, endlich, weil solche in der Mitte etwas stärkeren Feilen sich beim Härten weniger leicht krumm ziehen als ganz flache.

Nach der Grosse der Zähne nnd ihrem Abstände von einander unter- scheidet man:

Groben Hieb (grobe Feilen, Armfeilen, Strohfeilen; letztere so ge- nannt, weil sie in Stroh verpackt* in den Handel kommen).

Mittelhieb (Bastardfeilen oder Yorfeilen).

Feinen Hieb (Schlichtfeilen und Feinschlichtfeilen).

Vorstehende Abstufungen sind jedoch relative Begriffe und von der Länge der Feilen abhängig. Während eine Feile von 500 Mm. Länge excl. der Angel schon zu den Schlichtfeilen gezählt zu werden pflegt, wenn sie auf 25 Mm. Länge 60 Oberhiebeinschnitte enthält, bedarf eine nur 100 Mm. lange Feile fast der doppelten Zahl Einschnitte, um als Schlicht- feile gelten zu können, und enthält als Feinschlichtfeile sogar mehr als 200 Einschnitte in derselben Länge ; während eine Armfeile von 500 Mm. Länge oft nicht mehr als 20 Oberhiebeinschnitte auf 25 Mm. Länge aufweist, wird eine 100 Mm. lange Feile schon zu den Grobfeilen ge- zählt, wenn sich noch 60 Hiebe auf jener Länge befinden , u. s. f. Auch die Gewohnheiten der einzelnen Länder und selbst Fabriken sind häufig für die Classification entscheidend.

Auf 1 Qcm. Fläche bezogen ergiebt sich die Anzahl der Zähnchen bei groben Feilen 60 bis 450 (je länger die Feile, desto geringer die

Anzahl); bei Bastardfeilen 160 bis 800. bei Schlicht- und Feinschlichtfeilen 450 bis 6500.

Man sieht aus allen diesen Angaben, dass obige Begriffe ziemlich dehnbar sind und es unmöglich ist, eine scharfe Grenze zwischen den einzelnen Gattungen zu ziehen.

Weit zahlreicher und dennoch schärfer einzelne Sorten kennzeich- nend sind die Benennungen der Feilen hinsichtlich ihrer äussern Form. In Folgendem mögen die wichtigsten derselben, welche für allgemeine Verwendung dienen, unter Benutzung einer von Karmarsch gegebenen Zusammenstellung kurz charakterisirt werden; eine grosse Anzahl nicht genannter Sorten dienen lediglich speciellen Zwecken (z. B. Uhrmacher- feilen, Goldarbeiterfeilen, Messerschmiedfeilen u. a.).

Viereckige oder vierkantige Feilen. Der Querschnitt ist qua- dratisch , alle vier Flächen sind gehauen. Zu dieser Sorte gehören die schon erwähnten Armfeilen , die gröbsten aller Feilen , 300 bis 600 Mm. lang, in der Mitte 25 bis 50 Mm. im Quadrate stark, nach beiden Enden hin verjüngt und vom in eine Spitze auslaufend. Auch Bastard- und Schlichtfeilen von dieser Form und bis zu 75 Mm. Länge hinab finden Verwendung zur Ausarbeitung viereckiger Ausschnitte und Oefinungen.

Flache Feilen, Ansatz- oder Handfeilen, mit rechteckigem Querschnitte, wenig gebaucht und fast in der ganzen Länge gleich breit. Die beiden breiten und eine schmale Seite sind gehauen, die zweite

634 Trennungsarbeiten.

schmale Seite ist dagegen ohne Hieb. Es ist diese Eigenthümlichkeit der Ansatzfeilen dadnrch begründet, dass dieselben zum Ausfeilen recht- winkliger Ansätze gebraucht werden, wobei die nicht gehauene Seite deijenigen Fläche des Arbeitsstücks zugekehrt ist, welche nicht beschä- digt werden dar£ Die meisten dieser Feilen sind Bastard- und Schlicht- feilen von 75 bis 400 Mm. Länge. Zur Bearbeitung weicher Metalle (Blei, Zinn, Zink) benutzt man einhiebige Feilen, deren Hieb weniger leicht durch die Späne jener Metalle verstopfk wird. Dieselben werden Zinnfeilen genannt.

Spitzfeilen. Der Querschnitt ist ebenfaUs rechteckig, die Form bauchig und vom spitz zulaufend. Alle vier Seiten pflegen gehauen zu sein. Hierher gehören die grob gehauenen flachen Strohfeilen, in kleinen Grossen auch Bastard- und Schlichtfeilen.

Dreieckige oder dreikantige Feilen mit gleichseitig-dreiecki- gem Querschnitte, Hieb auf allen drei Flächen, vom spitz zulaufend. Solche dreieckige Feilen kommen vorwiegend als Bastard- und Schlicht- feilen in kleinen Grössen vor, bisweilen werden jedoch auch grossere dreieckige Strohfeilen gebraucht. Ihre hauptsächliche Verwendung finden sie beim Ausfeilen spitzer Winkel. Wenn man den dreieckigen Feilen statt der scharfen Kanten schmale gebrochene Kanten giebt, welche ein- hiebig gehauen sind (so dass der Querschnitt durch ein Sechseck mit drei langen und drei kurzen Seiten gebildet wird), so nennt man sie Säge- feilen und benutzt sie zum Schärfen der Sägezähne.

Halbrunde Feilen. Der Querschnitt hat die Form eines Kreis- abschnitts, dessen Bogen 90 bis 120 Grad gross zu sein pflegt; seltener ist ein Halbkreis oder ein Bogen von erheblich geringerer Grösse als 90 Grad. Feilen der letztem Art heissen wegen der geringen Krümmung flach-halbrunde Feilen. Beide Seiten der halbrunden Feilen sind ge- hauen; auf der gekrümmten Seite besteht der Hieb nicht wie auf ebenen Flächen aus durchlaufenden Linien, sondern aus einzelnen kürzeren Ein- schnitten; und bei Schlichtfeilen meistens nur aus dem Oberhiebe. Vom endigen die halbrunden Feilen in eine Spitze. Man hat halbrunde Feilen in allen Abstufungen des Hiebes, vorwiegend jedoch mit Mittel- und fei- nem Hiebe und benutzt sie zum Ausfeilen concaver Flächen. Kleine halb- runde Feilen, bei denen nur die flache Seite gehauen, die runde platt ist, benutzt man zum Ausfeilen der Zähne an kleinen Rädern und nennt sie Wälzfeilen.

Runde Feilen mit kreisförmigem Querschnitte, in der Mitte ge- baucht, vom spitz. Der Hieb ist wie auf der gekrümmten Fläche der halbrunden Feilen nur aus einzelnen kurzen Einschnitten zusammenge- setzt und bei Schlichtfeilen nur einhiebig. Grosse Rundfeilen (Strohfeilen) sind selten; ganz kleine werden Rattenschwänze genannt. Im All- gemeinen finden runde Feilen seltenere Verwendung als die halbrunden, und es beschränkt sich dieselbe auf das Ausfeilen runder Oeffnungen.

Feijen. 635

Sämmtliche Feilen dienen aasschlieBslich als Werkzeuge für Hand- arbeit. Beim Gebrauche derselben wird das Heft mit der rechten Hand gehalten und die linke Hand drückt mit dem Ballen oder einzelnen Fingern bei der Vorwärtsbewegung auf das andere Ende , um den erforderlichen Druck und somit eine während des Schneidens ununterbrochen thätige ge- ringe Schaltbewegung hervorzubringen. Beim leeren Rückgange lässt man natürlich die Feile leicht über die Arbeitsfläche hinweggleiten. Das Ar- beitsstück wird dabei im Schraubstocke oder Feilkloben eingespannt. Beim Feilen ganz feiner Arbeiten in Stahl und Schmiedeeisen wendet man bis- weilen Oel an, um glattere Flächen zu erzeugen. Das Oel setzt sich hier- bei mit den feinen Spänchen in den Einschnitten des Hiebes fest und lässt nur die äussersten Spitzen der Zähnchen zum Angriffe kommen.

unter den Werkzeugen des Metallarbeiters für Vollendung der Form bildet die Feile das am häufigsten benutzte. Ueberall, wo bei Bearbei- tung Yon Flächen der Meissel zu unvollkommen, der Stichel zu langsam arbeitet; wo eine Werkzeugmaschine entweder nicht zur Verwendung steht oder die Oestalt der Flächen ihre Benutzung unthunlich erscheinen lässt; endlich auch in allen denjenigen Fällen, wo die Grösse des Arbeits- stücks oder der zu bearbeitenden Fläche und somit die für die Bearbei- tung aufzuwendende Arbeit nicht mit dem immerhin unvermeidlichen 24eitverln8te des Einspannens auf der Werkzeugmaschine im Verhältnisse steht, greifk der Arbeiter zur Feile und vollendet in verhältnissmässig kurzer Zeit und mit grosser Sicherheit seine Aufgabe. Andererseits aber sind die Feilen unter allen Werkzeugen, welche an ihrer Stelle benutzt werden können, die kostspieligsten durch ihr Material, ihre Herstellung und verhältnissmässig rasche Abnutzung; und wo deshalb jene Gründe für Benutzung der Feile nicht vorhanden sind, insbesondere, wo grössere Flächen bearbeitet werden sollen, oder wo bei massenhafter Anfertigung gleicher Gegenstände die Einrichtung geeigneter Werkzeugmaschinen für Specialzwecke beträchtliche Ersparnngen an Werkzeugmaterial, Zeit und Arbeit erwarten lässt, wird man die Feile bei Seite legen und billiger dabei arbeiten.

Dass für eine grosse Anzahl Vorkommnisse besonders die als Feil- maschine benannte Hobelmaschine die Feilarbeit in vorzüglicher Weise zu ersetzen im Stande ist, wurde schon bei Besprechung dieser Maschine hervorgehoben.

Literatur über Feilen.

Karmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, Bd. I, S. 345. Hoyer, Mechanische Technologie, S. 350.

636 Trennungsarbeiten.

e. Gerftthe zum Drehen.

Wie der Ausdruck „Drehen" andeutet, findet bei den hierher ge- hörigen Arbeiten eine umlaufende Bewegung um eine Achse statt; und zwar macht in allen Fällen das Arbeitsstück diese als Drehung auftre- tende Hauptbewegung, das Werkzeug, welches in einem mit entsprechend geformter Schneidkante versehenen Stahle Drehstahl oder Meissel ge- nannt — besteht, die Schaltbeweguug. Wird diese letztere parallel der Richtung der Drehungsachse des Arbeitsstücks ausgeführt, so entsteht ein Cylinder, dessen Halbmesser gleich dem Abstände der Schneidkante von der Drehungsachse ist, und man nennt diese Arbeit Runddrehen; erfolgt die Schaltbewegung in einer rechtwinklig die Drehungsachse schneidenden Ebene, den Stahl mehr und mehr der Achse näher führend, so entsteht eine ebene Fläche, welche gleichfalls rechtwinklig gegen die Drehungs- achse gerichtet ist (Plandrehen); durch Combination beider Bewegun- gen, also indem das Werkzeug in einer durch die Drehungsachse geleg- ten Ebene nach einer sich derselben beliebig nähernden oder von der- selben entfernenden Linie fortbewegt wird, entstehen Rotationskörper der mannigfachsten Art, deren Profil durch die Form jener Linie gegeben ist. Wird ein hohler Rotationskörper (Cylinder, Kegel etc.) an seiner Innenfläche durch entsprechende Führung des Werkzeugs, während sich der Körper um seine Achse dreht, bearbeitet, so heisst die Arbeit Aus- drehen. Endlich ist noch der Fall denkbar, dass auch während eines Umlaufs des Arbeitsstücks der Abstand des Werkzeugs von der Dre- hungsachse nicht oonstant bleibt, also^z. B. eine Ellipse um die Achse beschrieben wird, wobei dann ein Körper entsteht, dessen Querschnitt nicht mehr kreisrund, sondern jener Bewegpong entsprechend gestaltet ist; diese Art des Drehens heisst allgemein Passigdrehen und für jenen besondem Fall Ovaldrehen.

Bei allen hierher gehörigen Geräthen liegt die Drehungsachse hori- zontal, und ebenso erfolgt die Bewegung des Werkzeugs in horizontaler Richtung. Die Schaltbewegung geschieht nicht ruckweise nach einmali- gem Umgänge, sondern ununterbrochen so lange, bis das Werkzeug am Ende seiner Bahn auf der Bearbeitungsfläche angelangt ist; daher be- schreibt die Spitze desselben eine Schraubenlinie beim Runddrehen, eine Spirale beim Plandrehen.

Das kleinste der zum Drehen dienenden Geräthe ist der yon Uhr^ machem und Mechanikern zum Runddrehen sehr kleiner Gegenstände be- nutzte DrehstuhL Figur 486 zeigt eine Abbildung eines solchen in ungeführ Vs ^^^ wirklichen Grösse. Auf dem prismatischen Stahl- oder Eisenstäbchen C befinden sich die zwei „Docken" Aund B, die erste mit Hülfe einer Hülse verschiebbar und mit einer Klemmschraube zum Fest- stellen Yersehen, die andere mit dem Prisma fest verbunden und einen Ansatz h tragend, vermittelst dessen der ganze Apparat in den Schraub-

Drehstuhl 637

stock eingespannt wird. Jede der beiden Docken trägt ein Stahlstäbchen

mit conischer einander zugekehrter Spitze a and &; beide Stäbchen be-

p. ^gg finden sich in durchaus gleicher Höhe über

dem Prisma, sind in entsprechenden Boh- ^ ^ rnngen der Docken in horizontaler Rich-

tung Terschiebbar und werden durch Klemm- schrauben festgestellt. Zwischen beiden Spitzen wird das Arbeitsstück, welches zu- vor an den entsprechenden Stellen mit dem Kömer zwei schwache Grübchen erhalten hatte, eingeklemmt und die durch die Spitzen gelegte Linie bildet die Drehungsachse desselben. Es kommt also nun darauf an , die Drehung hervorzubringen. Zu diesem Zwecke versieht man das Arbeitsstück mit einem Schnurröllchen aus Messing oder Eisen, sei es, dass dieses mit einer Hülse über das Ende des Arbeitsstücks geschoben ist, oder dass es mit Loth oder Klebstoff an der Stirnseite des Arbeitsstücks befestigt wird; oder in anderer Weise. Um dieses Röllchen wird eine feine Schnur geschlungen bei den feinsten Arbeiten ein Rosshaar, bei weniger fei- nen eine Darmsaite , deren beide Enden in einem kleinen Bogen aus Fischbein, Rohr oder dergleichen befestigt sind. Durch Hin- und Herbewe- gung des Bogens mit der einen Hand wird demnach das Röllchen mit dem Arbeitsstücke abwechselnd vorwärts und rückwärts gedreht, während die andere Hand den Schneidstafal führt. Nur bei einer der beiden Drehungsrichtungen kann der Stahl schneiden; während der andern wird er zurückgezogen und der Rückgang findet leer statt.

Zwischen beiden Docken ist zur Unterstützung des Werkzeugs die „Auflage" D mit einer Hülse auf das Prisma aufgeschoben und durch eine Klemmschraube festgestellt. Dieselbe enthält die Krücke'' d, auf einem senkrechten Stifte befestigt, welcher in einer Bohrung des Gussstücks be- weglich, mit Schraubengewinde versehen ist und mit Hülfe einer kleinen, vor Verschiebung gesicherten Schraubenmutter höher und niedriger ge- stellt werden kann.

Der Drehstuhl ist einfach in seiner Anordnung, beansprucht sehr wenig Platz, und ist deshalb besonders in solchen Werkstätten ein un- entbehrliches Geräth, wo wie z. B. in den meisten Uhrmacherwerk- stätten — der Platz beengt ist, und es darauf ankommt, feine Dreh- arbeiten am Schraubstocke selbst auszuführen.

Von dem Drehstuhle unterscheidet sich die Drehbank im Wesent- lichen dadurch, dass bei ihr die Hauptbewegung (Drehung) ununter- brochen in gleicher Richtung fortgeht, jene Pausen bei der Arbeit also in Wegfall kommen, welche beim Drehstuhl während des Rückgangs eintreten. Hierin liegt ein erheblicher Vortheil der Drehbank, welcher im Allgemeinen um so mehr Bedeutung erlangt, je grösser das zu dre- hende Stück ist; aber diese stetige Bewegung erfordert auch in der aller- einfaohsten Anordnung einen etwas weniger einfachen Mechanismus, in

638 Trennungsarbeiteu.

Folge desBen die Drehbank kostspieliger wird und auch in kleinen Aus-

fülimngen etwas mehr Raam ala jener beanepmcht.

Wenn daher die Drehbank für jene feinsten Arbeiten nicht immer den Drehstnhl zn ersetzen im Stande ist, so bildet sie andererseits ein anentbehrlicbes Hölfamittel in den weit zahlreicheren Fällen, wo Gegen- etfinde gedreht werden sollen, deren Grösse der zarten Constraction des Drehstnhls nicht mehr entspricht.

Anch anf der Drehbank werden beim Rnnddrehen die Arbeitsstücke zwischen zwei Spitzen wie beim Drehstuhle eingespannt; w&hrend aber Fig. 487, bei letzterm

wenigstens bei dem oben abge- bildeten — die Spitzen fest liegen und nnr das Ar- beitsstQ ck sich zwi- schen ihnen dreht (todte Spitze), wird bei der Dretibank fast immer die eine der beiden Spitzen (d. h. der horizon- talen St&bchen mit coniecher Spitze) gedreht und über- trftgt mit Hälfe eines sogenannten Mitnehmers , des- sen Einrichtnng unten ansföhr- licher besprochen werden wird, ihre Drehung anf das : Arbeitsstück. Da- ; durch wird aller- dings die Genauig- keit der Arbeit erschwert; denn jede kleine Aenderong der Spitzenlage hei der Drehung Überträgt sich sofort auf das Arbeitsstück, und das geringste „Schlottern" der Spitze in ihrem Lager hat eine excentrisohe Bewegung des Arbeitsstücks zur Folge. Wenn es deshalb auf sehr genaue Arbeit ankommt, werden auch bei den Drehbänken beide Spitzen festgestellt und die Bewegung von einer Rolle mit Hülfe des Mitnehmers auf das Arbeitsstflck übertragen, welches sieb zwischen den Spitzen dreht.

Bei den kleinsten Drehbänken wird wie bei dem Drehstuhle die Hanpt- bewegung durch die eine Hand des Arbeiters und zwar durch Drehung

Drehbänke. 639

einer Kurbel bewirkt, während die andere Hand die Sohaltang des Werk- zeuge anaführt; bei grösseren Drehbänken erfolgt die Hanptbewegnng von einem Trittbrette ans, welches dnrob Schnbstange nnd Kurbel eine Sohnnr- roUe mit Schwangrad treibt, nnd es bleiben beide Hände znrFühmng des Werkzeugs verwendbar (Fusstrittdrehbänke); bei noch grösseren, nnd diese bilden die Mehrzahl aller Drehb&nke, erfolgt die Hauptbewegung von einer durch Elementarkraft betriebenen Transmission aus, die Bewegung des Werkzeugs entweder von Hand (Handsupportdreh-, b&ake) oder häufiger durch die Maschine selbst (Leitspindelsupport-

drehb&nke und Zabnstangensupportdrehbänke, je nachdem die üebertragnng durch diesen oder jenen Mechanismos ausgeführt wird).

Jede Drehbank enthält folgende Hanptthaile (vergl. Fig. 487 nnd 488, eine Fosstrittdrehbank ans der Chemoitzer Werkzengmascbinea- fabrik darstellend):

Das Bett A, ans zwei gnsseisemen Wangen bestehend, welche an den Stirnseiten und bei grösseren Drehbänken auch zwischen denselben in entsprechenden Abständen dnrch QneratQcke verbunden nnd mitdiesea in einem Stfloke gegossen sind. Dia oberen Flächen des Betts sind glatt

640 Trennungsarbeiten.

gehobelt, mit den unteren ruht es anf gasseiBemen Füssen, die bei sehr grossen Drehbänken durch einen gemauerten Untersatz ersetzt werden. Bei den kleinsten Drehbänken ist das Bett durch einen prismatischen gusseisemen Stab ersetzt, ganz so geformt wie bei den Drehstühlen, welcher in zwei auf den Füssen befestigten Lagern ruht, und auf welchem die übrigen für die Bewegung des Arbeitsstücks und Unterstützung des Werkzeugs dienenden Drehbankstheile ebenso aufgeschoben sind, als es bei den Drehstühlen beschrieben wurde. Solche Drehbänke heissen Prismadrehbänke.

Auf dem Bette befinden sich zunächst die beiden Docken B und C Diejenige derselben, welche sich zur linken Seite des vor der Drehbank stehenden Arbeiters befindet (jB), trägt eine horizontale kurze Welle, die Drehbankspindel oder kurz Spindel genannt, auf welcher die für den Antrieb dienende Stufenscheibe oder Schnurrolle befestigt ist; und man nennt deshalb diese Docke Spindeldocke, Spindelkasten oder Spindelstock. Die rechts von dem Arbeiter befindliche Docke, zur Aufnahme eines kurzen mit conischer Spitze versehenen cylindrischen oder prismatischen Stabes, welcher Reitnagel oder Pinne genannt wird, dienend, heisst Spitzdocke oder Reitstock.

Damit die Spindel in der Docke B eine durchaus feste Auflagerung erhalte, besteht die letztere aus zwei in einem Stücke gegossenen Lager- böcken mit Metalllagern, in welchen die abgedrehten Enden der Spindel ruhen ; und zwischen beiden Lagern in der Mitte befindet sich die Scheibe für den Antrieb. Eine Stufenscheibe ist erforderlich, um für die ver- schiedenen Durchmesser der Arbeitsstücke die geeignetste Umfangs- geschwindigkeit einrichten zu können; gewöhnlich bringt man in der schon früher (Seite 563) geschilderten Art und Weise neben der Stufen- scheibe zwei Paar Getriebe an, um die Umdrehungszahl der Spindel noch veränderlicher zu machen. Auch die abgebildete Drehbank enthält diese Einrichtung. Auf der Drehbankspindel / befindet sich einestheils das Stirnrad ^, fest jnit ihr verbunden, und daneben, drehbar auf/, die Stufenscheibe mit langer Nabe, auf welcher ein Getriebe k festsitzt. Pa- rallel mit der Drehbankspindel ist eine kurze Welle in dem Spindel- stocke gelagert, welche ein mit h im Eingrifie stehendes Zahnrad i und ein mit g zusammen greifendes, in der Abbildung nicht ersichtliches Ge- triebe trägt. Das Rad g lässt sich durch eine Schraube mit Flügel- mutter mit der Stufenscheibe in feste Verbindung setzen und wird dann die Bewegung der letztern ohne Weiteres auf die Spindel übertragen, während das Rad i mit dem dahinter liegenden Getriebe durch eine Ver- schiebung ihrer Welle ausser Eingriff gebracht werden; wird aber die Verbindung zwischen Stufenscheibe und Rad g durch Herausnehmen des Schraubenbolzens gelöst und die Zwischenräder eingerückt, so wird die Bewegung erst durch der letzteren Vermittelung auf das Rad g und die Drehbankspindel übertragen, mithin die Bewegung verlangsamt. Die Spindel wird aus Schmiedeeisen oder Stahl gefertigt und sorgfaltig ge-

Drehbank. 641

dreht. Baa rechte Ende deraelben, Spindelkopf geDatmt, rfigt am einige Centimeter ans der Docke hervor nnd trägt einen knrzen, mit Ge- winde genau centrisch eingeschraabten Stahlkegel, die Spitze, der Bohon erw&hnten zweiten Spitze dee Rbitatocks zngekehrt nnd mit ihr genan in gleicher Achsen richtong und Höhenlage über der Oberkaute desBetta. Dieser Abstand zwischen Bettoberkante nnd der dnrch beide Spitzen gehenden geraden Linie bestjuinit den Halbmesser, welchen das grSsste anf der Drehbank zu drehende Arbeitsstück besitzen kann und heiget Spitzenhöbe. DerSpindelkopf ist an seiner Aussenfl&che mit Schraaben- gewinde versehen und anf demselben ist eine Scheibe oder ein Arm mit einem parallel der Drehbanksacbse gerichteten schmiedeeisernen Stifte anf- geschraubt (vergl. Fig. 488), welcher als Mitnehmer für das Arbeitsstück dient, indem er hinter einen angegoseenen (angeschmiedeten etc.) oder einen besonders zn diesem Zwecke aufgesteckten Knaggen desselben greift. Soll die Drehbank zum Plandrehen benatzt werden, d. h. zur Her- stellung einer grCssem senkrechten und gegen die Achsenrichtang der Drehbank rechtwinklig gerichteten Ebene, wobei das Einspannen zwi- schen Spitien gewöhnlich nicht mehr thnnlich ist, so wird an Stelle die- ser Mitnehmerscheibe eine grössere, znm Aufspannen des Arbeitsstücks dienende Scheibe auf den Spindelkopf aufgeschraubt, welche Plan- scheibe genannt wird und weiter nnten aasführlicher besprochen wer- den soU. Die Planscheibe dient ansserdem zur Befestigung beim Rnud- drehen solcher Arbeitsstücke, deren Durchmesser gross, deren Länge in der Achsenrichtung kurz ist, z. B. RSdera^ u. dergl.

Um jeder Verschiebung der Drebbanksspindel nach links vorzubeugen, durch welche das eingespannte Arbeitsstück seinen Halt verlieren würde, ist an der linken Seite der Spindeldocke ein Bügel k mit Druckschraube angebracht, welche mit stumpfer Spitze gegen das Spindeleude drückt

Die Spind eil ager sind bei vielen Drehbänken wie gewöhnliche Zapfenlager conatruirt und werden durch anf geschraubte Deckel in der Docke festgehalten, wobei jedoch beim Auslaufen der Lagerschalen leicht ein Schlottern der Spindel eintritt Grössere Sicherheit für das Qond- lanfen des Arbeitsstücks giebt daher die in Fig. 489 in grösserm Maass- Stabe abgebildete Con- *'^- *^*- struotion einer Spindel-

docke. Beide Lager- zapfen der Spindel sind conisch , nnd zwar ist der rechte ohne Weiteres oonisch angedreht, der linke dagegen mit einer aufgesteckten, aussen oonischen Hülse ver- sehen, weil es sonst nn- mSglioh sein würde, die

Iisdabnr. in«luiilKb-m«UUntvluha Ttclinolocie. f\

642 Trennungsarbeiten.

Spindel in die Docken und Lagerschalen hineinzubringen, welche hier nicht wie gewöhnliche Lager getheilt und mit Deckel versehen sind, son- dern aus ganzen Stücken bestehen. Durch eine Mutter q wird das Zu- rückgehen des übergeschobenen Conus verhindert und derselbe so fest in das conische Lager hineingedrückt, dass jedes Schlottern der Spindel unmöglich wird, p ist ein kleines Getriebe, um eine selbstthätige Schal- tung auf das Werkzeug zu übertragen; r der oben erwähnte Steg mit Druckschraube.

Der dem Spindelstocke gegenüberstehende Reitstock 0, Fig. 488, be- steht aus einer gusseisemen ausgebohrten Hülse, in welcher der Reitnagel in wagerechter Richtung verschoben werden kann, mit angegossenem Fasse. Der Reitnagel passt genau in jene Bohrung hinein und wird durch Dre- hung eines Handrads vor- und rückwärts bewegt, um das Arbeitsstück einspannen oder losnehmen zu können. Bei dem abgebildeten Reitstocke ist die nach dem Ende der Drehbank zugekehrte Hälfte des Reitnagels mit Schraubengewinde und die Nabe des Handrädchens mit Mutter- gewinde versehen; bei einer andern gebräuchlichen Einrichtung ist der Reitnagel hohl und trägt eine Schraubenmutter, während das Handrad auf dem Ende einer Schraubenspindel befestigt ist, deren Drehung die Horizontalbewegung des Reitnagels bewirkt. Selbstverständlich muss in beiden Fällen das Handrad durch einen an seiner Nabe vorstehenden Rand mit übergreifendem, am Reitstocke befestigtem Deckel, welcher seine Drehung nicht behindert, vor geradliniger Fortbewegung geschützt sein. Eine Klemmschraube x verhindert während der Arbeit ein selbst- thätiges Zurückgehen des Reitnagels. Die Stahlspitze des Reitnagels ist. bei der abgebildeten Drehbank mit Schraubengewinde in demselben befestigt.

Um Arbeitsstücke von verschiedener Länge zwischen den Spitzen einspannen zu können, lässt sich der Reitstock in der Achsenrichtung der Drehbank verschieben (wobei ihm durch Führungsleisten seine richtige Stellung gewahrt bleibt) und wird durch eine Schraube, deren breiter Kopf unter angegossene Leisten der Wangen greift oder in ähnlicher Weise in der geeigneten Stellung festgehalten, während die Spindeldocke naturgemäss ihren der Bewegungsübertragung entsprechenden Platz un- verändert beibehält.

Es bedarf kaum einer Erwähnung, dass der Reitstock entbehrlich wird, wenn die Drehbank zum Plandrehen benutzt werden soll« Man nennt Drehbänke wie die abgebildete, welche vorzugsweise zum Rund- drehen zwischen Spitzen bestimmt sind, Spitzendr ebb änke, solche, die ausschliesslich oder doch hauptsächlich zum Plandrehen bestimmt sind, bei denen also der Reitstock fehlt oder doch nur ausnahmsweise benutzt wird, Plandrehbänke, solche endlich die ebensowohl zum Plan- als Rund- drehen benutzt werden können, Plan- und Spitzendrehbänke oder combinirte Drehbänke.

^v

Drehbank. 643

Zwischen beiden Docken oder bei Planscheibendrehbänken neben der Spindeldocke befindet sich als dritter Haupttheil jeder Drehbank der Snpport oder Werkzeughalter Bei den kleinsten Drehbänken ist der- selbe durch eine krückenformige Auflage oder Vorlage ersetzt, ähn- lich wie sie bei dem Drehstnhle beschrieben wurde, nur als Unterstützung für das, übrigens in freier Hand geführte, Werkzeug dienend; bei der abgebildeten Drehbank ist das Werkzeug fest eingeklemmt und auf Schlitten in zwei Richtungen in horizontaler Ebene von Hand beweglich. Auf dem Bette ruht zunächst der langgestreckte Fuss l des Werkzeug- halters, zum Verschieben eingerichtet und durch eine Schraube, deren nach unten stehender breiter Kopf in Fig. 487 zu sehen ist, auf dem Bette festgehalten. Der Bolzen der soeben erwähnten Schraube dient zugleich als Drehungsachse, um den Fuss auch im Winkel gegen die Achsenrichtung der Drehbank anstellen zu können, wobei dann natürlich auch die Bewegungsrichtung des Werkzeugs unter entsprechendem Win- kel erfolgt; und zwei kleinere Schrauben, deren eine in Fig. 488 zu sehen ist, bewirken erst nach erfolgter richtiger Einstellung des Fusses das Festklemmen desselben. Auf dem Fusse gleitet in Prismenführung der Schlitten m, durch Schraubenmutter und Spindel bewegt, welche letztere in dem Fusse gelagert ist und durch eine Handkurbel gedreht wird. In dem obem mit starker seitlicher Ausladung versehenem Theile des Schlittens m ist eine zweite Schraubenspindel mit Handkurbel be- festigt, welche den gleichfalls in Prismenführungen gleitenden zweiten Schlitten n in einer normal gegen die Bewegungsrichtung von m gekehr- ten Richtung bewegt. In den meisten Fällen wird der Fuss l so ein- gestellt sein, dass m genau rechtwinklig, n parallel zu der durch die Drehbanksachse gelegten Verticalebene geführt ist. Solche Supporte mit zwei rechtwinklig gegen einander in Horizontalebenen verschiebbaren Schlitten werden allgemein „Kreuzsupporte" genannt. Auf n befindet sich endlich der Deckel o, durch eine starke Druckschraube auf den zwischen Deckel und Schlitten gesteckten Drehstahl gepresst und an seiner Unterseite mit Zähnchen versehen, um den Stahl desto sicherer festzuhalten.

Die Bewegung der abgebildeten Drehbank erfolgt von dem Tritt- brette aus, welches durch eine einfach geformte Zugstange die gekröpfte horizontale Welle betreibt, auf welcher das hinreichend schwer con- struirte, zugleich als Schwungrad dienende Schnurrad befindlich ist. Von hier aus wird die Bewegung auf die schon erwähnte kleinere Schnurrolle (Wirtel) der Drehbanksspindel übertragen.

Zur Erläuterung der Einrichtung einer grössern Spitzendrehbank mit selbstthätiger Schaltung können die in den Figuren 490 bis 493 gegebenen Abbildungen dienen i). Der Antrieb geschieht hier von einer Deckentrans- mission aus auf die Stufenscheibe e und von dieser aus wieder, je nach-

^) Hart, Werkzeugmasohinen, Taf. 5.

41*

644 Trennongsarbeiten.

dem das Arbeitsstück grösser oder kleiner im Durchmesser ist, entweder direct auf die Drehbanksspindel , nachdem das auf derselben festsitzende Rad « mit e gekuppelt worden ist; oder für langsamen Gang durch Uebertragung vermittelst der Räder/, g^ h auf i. Die Ausrückung der Bewegung für langsamen Gang geschieht hier nicht, wie hei der früher beschriebenen Maschine durch Verschiehung der Rader in der Achsen - richtung, sondern in folgender Weise. Die Welle der Räder g und h ist hohl und steckt drehbar auf einer Spindel mit excentrischen Zapfen. Der eine dieser beiden Zapfen endigt in einem aus dem Lager vorstehenden Vierkant, welches mit Hülfe eines übergesteckten Schlüssels gedreht werden kann. In Folge der Excentricität der Zapfen aher macht bei der Drehung des Zapfens die Welle sammt den Rädern eine Bogenbewe- gung, und hei einer Drehung um 180 Grade werden die Räder völlig ausser Eingriff kommen , sobald die Excentricität der beiden Mitteüinien etwas mehr als die Hälfte des Zahneingriffs beträgt.

Die auf dem Spindelkopfe sitzende Mitnehmerscheibe, welche beim Plandrehen durch eine Planscheibe ersetzt wird, zeigt keine Abweichung gegen die früher beschriebene. Der Reitstock dagegen steht nicht un- mittelbar auf dem Bette, sondern auf einem mit Querführungen versehe- nen Untertheile li und ist mit Schraubenspindel und Mutter versehen, um eine Verstellung in der Querrichtung der Drehbank erleiden zu können. Eine solche Verstellung, durch welche natürlich der Reitnagel samrat Spitze ausserhalb der Drehbanksachse zu liegen kommt und durch welche demnach auch die Drehungsachse des Arbeitsstücks in eine gegen die Achsenrichtung der Drehbank schräge Lage gebracht wird, ermög- licht es, die Drehbank zum Abdrehen conischer Arbeitsstücke zu ver- wenden, während die Schaltung des Werkzeugs paredlel der Drehbanks- achse vor sich geht.

Zur Schaltung des Werkzeugs dient die an der vordem Seite der Drehbank gelagerte, mit Schraubengewinde versehene Leitspindel m. Dieselbe empfängt ihre Bewegung von der Drehbanksspindel aus in folgen- der Weise. Auf einer Verlängerung der letztern sitzt die kleine Stufen - Scheibe n, welche durch einen Riemen mit der am Fusse der Drehbank be- jfindlichen grössern Stufenscheibe o verbunden wird. Auf der langen Nabe dieser Scheibe o sitzt ein kleines Getriebe p (Fig. 492), welches mit einem zweiten. Rade q und durch dessen Vermittlung mit einem dritten Rade qi von gleicher Grösse als q im Eingriffe steht. Auf dem Ende der Leitspindel sitzt das Rad r mit gleicher Zahntheilung als q und gi. Die kurzen Wellen der Riemenscheibe o wie der Räder q und qi sind in einem Hebelstücke s gelagert, welches um einen zwischen q und qi be- findlichen, an dem Bette der Maschine befestigten Bolzen schwingen kann. Durch eine am obern Ende des Hebels befindliche horizontale Schiene mit Handgriff kann derselbe um jenen Bolzen gedreht und mit Hülfe von drei Einschnitten in der Schiene und einem Stellstifle in drei verschiedenen Lagen festgestellt werden. Stellt man auf dem rechten

Drehbank. 645

Einschnitte ein, so kommt das untere Rad q mit r in Eingriff und qi geht leer; stellt man auf dem linken Einschnitte ein, so kommt das obere Rad qi mit r in Eingriff und die Leitspindel erhält entgegengesetzte Drehung als im ersten Falle; stellt man endlich auf dem mittleren Ein- schnitte ein, wie in der Abbildung, so sind beide Rader ausgerückt, und die Leitspindel steht still.

In anderer Weise kann eine Bewegungsübertragung auf die Leit- spindel durch Wechselräder bewirkt werden, deren Achsen in dem an dem Lager der Leitspindel drehbar befestigten Bügel ri festgeschraubt werden. An Stelle der kleinen Stufenscheibe auf der Drehbanksspindel wird dann ein kleines Getriebe aufgesteckt, welches die Wechselräder und vermittelst dieser das Zahnrad r der Leitspindel treibt. Durch Aus- wechselung der Räder lässt sich natürlich jedes beliebige Uebersetzungs- verhältniss zwischen Drehbanksspindel und Leitspindel einrichten. Man benutzt diese Vorrichtung zum Gewindeschneiden auf der Drehbank, auf welches wir bei Beschreibung der Schraubenanfertigung im speciellen Theile zurückkommen werden.

Die Leitspindel trägt nun das Kegelrad w mit langer Nabe, Figur 491, welche eine die Leitspindel umBchliessende Schraubenmutter bildet und in einem mit dem Untertheile des Supports verlnindenen Lager sich dreht. Das Rad i€ greift in ein zweites Kegelrad X^ Fig. 493, welches die empfangene Bewegung durch zwei Stirnräder y und z auf eine im Untertheile des Supports gelagerte, quer gegen die Drehbanksachse ge- richtete Schraubenspindel überträgt. Das Kegelrad iv kann durch eine Klemmschraube iCi auf der Leitspindel, und die Welle der Räder x und y kann durch die Klemmschraube Xi in dem kleinen zugehörigen Lager- stuhle festgehalten werden. Zieht man die Schraube Xi an und löst «^j, so wird dui'ch die Feststellung' des Rades x auch die Drehung des Rades w unmöglich gemacht, letzteres wirkt lediglich als Schraubenmutter und führt demnach den Support bei der Drehung der Leitspindel in der Längenrichtung vorwärts« Wie sich aus Fig. 493 ergiebt, gleitet hier- bei der Support auf gehobelten Führungen der Drehbankswangen. Löst man dagegen die Schraube Xi und dreht Wi fest, so muss das Rad w die Drehungen der Spindel mitmachen , ohne sich auf derselben verschieben zu können, überträgt diese Drehung auf die Räder x, y und 0 und be- wirkt somit durch Bewegung des auf dem Fusse des Supports gleitenden Schlittens ^ Schaltung in der Querrichtung, wie sie für das Plandrehen erforderlich ist.

Auf den beid^i erwähnten, selbstthätig bewegten Supporttheilen befindet sich noch ein Drehstück u zur Verstellung des Werkzeugs in schräge Lage; auf diesem ein Handkreuzsupport für Längs- und Quer- bewegung, aus den beiden Schlitten v und i^i bestehend und zur genauen Einstellung des Drehstahls dienend; und endlich der zweitheilige Deckel mit Klemmenschrauben zum Festspannen des Stahls.

646 Treimungsarbeiten.

Wie eich aus den Fignren 490 nnd 491 ergielit, ladet der Fase l des Supports im beiden Seiten breit aus and ist an der Ireiliegenden Oberfläcbe links and rechte vom Schlitten fi mit parallelen Qnematben Tersehen. Diese Einrichtung findet Benatznng, wenn die Drehbank zasa Bohren statt zum Drehen dienen soll, eine Anwendung derselben, welche bei Be- sprechung der Bohrmaschinen ausführlichere Erwähnung finden wird.

Zorn Zurückfahren des Stahls nach beendigtem Durchgänge dient der oben beschriebene Mechanismus für die BewegongBumkehr der Xieitspin- del; soll der Rückgang dagegen leer nnd demnach rasch stattfinden, so bewirkt man die Zurückführung des Snpporbi in der Längsrichtung durch Drehung der Welle des Rädchens y mittelst einer auf die vierkantige Verlängerung derselben anfgesteckten Handkurbel, nachdem die Klemm- schrauben Zj nnd tfi gelöst worden sind; leerer Rückgang beim Plan- drehen kann durch die in gleicher Weise ausgeführte Drehung der ScbranbeDSpindel «| erzielt werden, nachdem das Rad p durch Verschie- bung in seiner Achsenrichtung ausser Eingriff mit b gebrächt worden ist. Die mehrfach erwähnte Planscheibe, welche auf den Spindelkopf der beiden abgebildeten Drehbänke statt der Mitneb merBobeibe aufge- schraubt wird, wenn ebene Flächen oder auch solche Gegenstände rund gedreht werden sollen, welche bei Terbältnissmässig grossem DurchmesBer geringe Länge besitzen Riemenscheiben, Räder o. a. , besteht aus einer gegossenen , kreisrunden , glatt bearbeiteten Scheibe mit einer An- zahl tiieils länglicher, radial gerichteter, theib einfach quadratischer, durchgehender OeCEnungen, um Klammem oder Schraubenbolzen zur Be- festigong des Arbeitestücks hin durchzustecken. Eine sehr häufig an- gewendete Einrichtung der Planscheibe, um Gegenstände von verschieden grossem Durchmesser mit Leichtigkeit aufzuspannen und festzuhalten, Fig. 494. "eigt ^8 "> Fig. 494

abgebildete, welche den Namen UniTersal-Plan- Scheibe führt In vier radialen, unter Winkeln Ton 90 Graden gegen einander gerichteten

Schlitzen sind ebenso

viele Scbraubenspindeln gelagert, deren vierkan- tig geschmiedete Enden ein wenig aber dem Cm- £uig der Planscheibe vorstehen. Jede Spin- del trägt eine Schrauben- mutter mit einem an der Aussenfläcbe der Planscheibe vorstehenden, stählernen Winkel, dessen dem gegenüberliegenden Winkel zugekehrte zum Erfassen des Arheitsetücks dienende Fläche zum bessern Festhalten

Drehbank. 647

feilenaiüg raub gemacht ist Dnrch Drehung der Schraubenspindeln können sämmtliche Winkel entsprechend der GröBse des Arbeitsstücks in beliebigen Abstand vom Mittelpunkte gebracht und durch Näherung wie die Backen eines Schraubstocks gegen das Arbeitsstück gepresst werden.

Die Planscheiben für Spitzendrehbänke sind gewöhnlich nur zum Abdrehen kleinerer Gegenstände, deren Halbmesser nicht grösser als die Spitzenhöhe ist, bestimmt. In manchen Fällen jedoch, insbesondere auch für solche Werkstätten, deren Betrieb nicht umfangreich genug ist, um eine grössere Zahl verschieden eingerichteter Drehbänke aufzustellen, kann es zweckmässig sein, wenn man im Stande ist, eine Spitzendreh- bank auch mit einer grossem Planscheibe 600 Mm. und darüber zu versehen. Ist nun in solchem Falle die Spitzenhöhe kleiner als der Planscheibenhalbmesser so dass bei der bisher besprochenen Dreh- banksconstruction die Planscheibe nicht Raum haben würde , so hilft man sich, indem man dem Drehbanksbette unmittelbar vor der Spindel- docke eine U-formige Kröpfung von solcher Tiefe giebt, dass sich inner- halb derselben die Planscheibe frei drehen kann.

Für Drehbänke mit Planscheiben, deren Durchmesser beträchtlich grösser als 1 M. ist, und welche demnach zum Drehen von grossen und schweren Arbeitsstücken benutzt werden sollen, macht sieht dagegen in Folge der durch diese Eigenschaften der Arbeitsstücke bedingten grösseren Abmessungen aller betre£fenden Drehbankstheile eine geänderte Anordnung erforderlich. Statt der Füsse, welche bei der grossem Dockenhöhe ohnehin entbehrlich werden, dient ein gusseisemer, auf ge- mauertem Fundamente verankerter Rahmen zum Tragen der Drehbanks- theile. Soll die Drehbank zum Plan- und Runddrehen benutzt werden und demzufolge mit Reitstock versehen sein , so stellt man die Spindel- docke ohne Weiteres auf diesen Rahmen, den Reitstock und Support dagegen auf ein Bett, welches sich gewöhnlich in der Achsenrichtung der Drehbank verschieben lässt und demzufolge in Führungen gleitet, um erforderlichen Falls den Raum vor der Planscheibe vergrössem zu können.

Da jedoch mit der Grösse der Planscheibe auch die Breite des Betts und Supports zunehmen muss, wenn das Werkzeug im Stande sein soll, vor der ganzen Hälfte der sich drehenden Planscheibe vorbeizugehen, so würde für sehr grosse Planscheibenhalbmesser eine Anordnung in der soeben beschriebenen Weise äusserst schwerfällig ausfallen. Dieselbe lässt sich dagegen erheblich vereinfachen, wenn man davon absieht, die Drehbank auch zum Spitzendrehen zu benutzen, und es entsteht hier- durch die Einrichtung der eigentlichen Plandrehbänke. Der Reitstock kommt gänzlich in Wegfall: statt des in der Achsenrichtung der Dreh- bank liegenden Betts erhält die Drehbank ein Querbett, auf welchem der Support parallel zur Ebene der Planscheibe vor derselben hindurohge- führt wird; in einzelnen Fällen dient statt des Betts eine einfache Boden- platte mit Führungen, auf welchen beim Drehen der grössten Stücke der

648 Trennungsarbeiten.

ganze Sapport von Hand verschoben wird, während bei geringerm Durch- messer der Arbeitsstücke die Bewegung seines Querschlittens allein aus- reichend ist, das Werkzeug vorbeizufahren.

Eine grosse Plandrehbank aus der Chemnitzer Werkzeugmaschinen- fabrik (vormals J. Zimmermann) ist in Fig. 495 bis 497 abgebildet.

Die grosse, mit zahlreichen Oeffnungen zur Befestigung des Arbeits- stücks versehene Plauscheibe Ä sitzt auf der hohlen gusseisemen Welle B^ welche in dem Spindelstocke, dessen Form in Fig. 497 punktirt gezeich- net ist, in der ans Fig. 496 ersichtlichen Art gelagert und vor Verschie- bung gesichert ist. An der dem Spindelstocke zugekehrten Seite der Planscheibe sind zwei concentrische Zahnkränze ^i und a^ mit nach innen gerichteten Zähnen angeschraubt, welche die Bewegung der Plan- scheibe mit verschiedenen Geschwindigkeiten in folgender Weise ver- mitteln. Seitlich von der Planscheibenwelle ist die horizontale Antriebs- welle b gelagert, auf welcher die Stufenscheibe l»i nebst dem Getriebe b^ drehbar aufgeschoben, das Stirnrad h^ und das Getriebe befestigt sind. Die Welle h ist an ihrem linken Ende mit einer Schraubenspindel derartig verbunden, dass sich b frei drehen kann, während die Schraubenspindel durch einen Längskeil vor eigener Drehung gesichert ist, wohl aber eine Verschiebung in der Achsenrichtung erfahrt, sobald das mit Mutter- gewinde versehene Handrad c gedreht wird. Jede geradlinige Verschie- bung der Schraube wird auf die Welle b und durch diese auf die Räder &3 und bi übertragen, während die Stufenscheibe bi und das Gret riebe b^^ deren Naben lose auf b sitzen, in ihrer Lage nicht dadurch beeinflusst werden.

Parallel mit b zwischen derselben und der Planscheibenwelle be- findet sich die Welle d, auf derselben eine zweite hohle Welle verschieb- bar mit den Rädern di und dg; ferner mit ihr verbunden das Getriebe dj. Die Welle d ist durch eine gleiche Einrichtung als b verschiebbar gemacht, wobei das Getriebe d^ mitgenommen wird, während die Räder dl und d^ mit Hülfe eines Mitnehmers e und Handrädchens ei selbststän- dig auf der Welle d verschoben werden können.

Hierdurch sind drei verschiedene Räderübersetzungen für die Bewegung der Planscheibe möglich. Wenn das Rad b^ mit der Stufenscheibe bi gekup- pelt, dl und di mit Hülfe des Handrädchens ei ausgerückt werden, so wird die Bewegung der Stufenscheibe unmittelbar auf die Welle b und durch das Getriebe b^ auf den grossem Zahnkranz Oi übertragen; also findet eine

einmalige Uebersetzung -^ statt.

öl ^

Wenn b^ ohne feste Verbindung mit bi ist, das Getriebe b^ mit di und d^ mit b^ im Eingriffe, wie in der Abbildung, so wird die Bewegung durch jene Räder auf die Welle b und von dieser wieder durch b^ auf ai übertragen; mithin dreimalige Uebersetzung

bi d^ b^

dl b^ ai

H

Drehbank. 649

Wird die Welle b mit Hülfe des Handrads c nach links, die Welle d mit Hülfe des Handrads Ci nach rechts verschoben, so kommt das Ge- triebe hi ausser Eingriff mit ai , während das auf d befindliche Getriebe d^ Eingriff mit dem Zahnkranze a^ erhält. Das Rad di ist hierbei wie- der in Eingriff mit dem Getriebe h^ gebracht; das Rad h^ ist mit seiner Welle nach links verschoben und dadurch gegen d^ ausgerückt. Es

findet mithin zweimalige Uebersetzung durch die Räder ~ statt; bei

dl 02

gleicher Umdrehungsriohtung der Antriebsstufenscheibe würde demnach die Planscheibe eine entgegengesetzte Drehung annehmen als in den beiden ersten Fällen. Um dieses zu vermeiden, ist in der Deckentrans- mission ein Zwischengelege mit offenem und gekreuztem Riemen ein- geschaltet, um nach Erfordemiss diese oder jene Bewegungsrichtung der Stufenscheibe hervorzubringen. (7 ist eine auf der Welle feste Riemenscheibe, Ci und Q sind Losscheiben mit offenem und gekreuztem Riemen. Die Ver- schiebung des Riemens erfolgt durch Drehung der Stange D vermittelst des an ihr befestigten Handgriffs. An ihrem obem Ende trägt dieselbe einen einarmigen geschlitzten Hebel, welcher die Riemengabelstange E erfasst und bei der Drehung nach links oder rechts verschiebt. In der in Fig. 495 gezeichneten Stellung ist Stillstand. Um das für die Ein- oder Ausrückung der Bewegung erforderliche Maass der jedesmaligen Drehung der Stange kenntlich zu machen, ist am Fusse derselben ein Arm befestigt, der auf drei durch Grübchen markirten Punkten eines am Boden befindlichen Kreisbogens für Stillstand, Rechts- und Links- drehung — eingestellt wird.

Quer vor der Planscheibe liegt das zur Aufnahme des Supports dienende Bett auf zwei Fundamentplatten mm. Um das Bett entspre- chend der Stärke der zu drehenden Arbeitsstücke in verschiedenen Ab- stand von der Plansoheibe bringen zu können, tragen die Stücke m m an den einander zugekehrten Seiten Zahnstangen, in welche zwei unter- halb des Betts befindliche Getriebe eingreifen.

Die gleichzeitige Drehung der Getriebe, durch welche die Fortbewe- gung des Betts bewirkt wird, erfolgt durch die von Hand bewegte hori- zontale Welle 0 mit Hülfe der in Fig. 496 erkennbaren zwei Paar Win- kelräder. Das Bett mi trägt den Supportschlitten inj, parallel der Plao- scheibe bis über den Mittelpunkt derselben hinaus beweglich; auf diesem den parallel der Drehbanksachse verschiebbaren Schlitten m^ mit dem Stücke m4, welches die Unterlage für den gewöhnlichen, aus zwei Stücken m^ und t9te bestehenden Handkreuzsupport bildet. Auf diesem befindet sich das nm seine Achse drehbare Theil m^ zur Befestigung des Dreh- stahls.

Von diesen Supporttheilen dient m^ fOr die Veränderung des Abstandes des Werkzeugs von der Planscheibe gemäss der Stärke des Arbeitsstücks (sofern nicht eine Verschiebung des ganzen Betts hierfür erforderlich ist^ und wird mit Schrauben in der entsprechenden Stellung von m^ befestigt;

650 Trennungsarbeiten.

die drei oberen Theile ms, mg und nij dienen für die feinere Einstellung des Werkzeugs vor dem Drehen; der Schlitten m^ dagegen ist für die Schalt- bewegung des ganzen Supports parallel der Pianscheibenebene bestimmt und wird demgemäss selbstthätig bewegt. Für diesen Zweck sitzt auf der Planscheibenwelle B eine Stufenscheibe F, ihr gegenüber auf einer horizontalen Welle, welche in zwei selbstständigen Lagerböcken ruht, eine Stufenscheibe G^ Durch die beiden Riemenscheiben HJ und die Winkelräder KL wird die Bewegung von der erwähnten Welle aus auf die Schaltspindel M übertragen. Die auf M vermittelst Längsnuth imd Keil verschiebbar befestigte und bei der Verschiebung des Schlittens m^ von diesem mitgenommene Schnecke o treibt ein in m^ gelagertes Schneckenrad, auf dessen Welle das Getriebe |) sitzt, welches die empfangene Bewegung auf das Rad q fortpflanzt. Auf der Welle von q sitzt endlich ein in Fig. 496 punktirt gezeichnetes Getriebe ff, welches im Eingriffe mit der im Drehbanksbette festliegenden Zahnstange x steht und somit bei seiner Drehung den Schlitten w^ veranlasst, auf dem Bette fiti sich fortzubewegen.

Zur Zurückführung des Schlittens nach beendigtem Schnitte wird das Rad q durch Verschiebung auf seiner Welle aus dem Eingriffe mit p ausgerückt und eine Handkurbel auf das vierkantige Ende der Welle des Rads q aufgesteckt, um die Rückwärtsdrehung derselben von Hand auszufahren.

Drehbänke, welche ganz bestimmten Zwecken gewidmet sind, er- leiden nicht selten diese und jene Abweichungen von der bisher bespro- chenen allgemeinen Form. Beim Abdrehen von Läufrädem für Loco- motiven und Eisenbahnwagen ist es noth't^endig, sie paarweise und gleich- zeitig zu drehen, nachdem sie auf ihre Achse aufgezogen worden sind, damit sie vollständig gleiche und zu den Achsen concentrische Lauf- flächen erhalten. Es kommt aber bei solchem gleichzeitigen Abdrehen bei- der Räder darauf an, sie so einzuspannen, dass jedes selbstständig seinen Antrieb erhält und derselbe nicht etwa durch die Radachse von einem Rade auf das andere übertragen wird, wodurch leicht eine Verdrehung eines Rades gegen das andere entstehen könnte. Man giebt demnach diesen Raderdrehbänken zwei Spindelstöcke mit einander zugekehrten Spitzen, zwischen welchen die Räderachse eingelegt wird; der Reitstock kommt als solcher in Wegfall. Der eine der Spindelstöcke steht fest, der andere ist auf dem gemeinschaftlichen Bette in der Achsenrichtung verschiebbar, um Achsen von erheblich verschiedener Länge einspannen zu können; ausserdem stecken beide Spitzen in Domen, welche in ganz gleicher Weise wie der Reitnagel einer gewöhnlichen Spitzendrehbank innerhalb der hohlen Drehbanksspindel durch eine Schraubenspindel verschoben werden können, um die Achsen einzuspannen. Jede Drehbanksspindel trägt eine Planscheibe, an welcher ein Mitnehmer befestigt ist, um die Räder zu bewegen. Der Antrieb von der Deckentransmission wird durch eine einzige Riemenscheibe (Stufenscheibe) aufgenommen, welche die Bewegung auf eine parallel der

Drehbank. 651

Drehbanksacbse gelagerte Hauptwelle überträgt, von wo sie dann durch Zahnradübersetzungen auf beide Planscheiben fortgepflanzt wird. Zum Abdrehen jedes Rades ist ein eigener Support erforderlich und beide Supports erhalten von einer gemeinschaftlichen Welle aus ihre Schaltung. Liegen die Laufstellen der Achsen ausserhalb der Rader, nicht zwischen denselben, so steckt man diese vorstehenden Zapfen häufig in oonische Büchsen mit genau abgedrehtem Metallfutter, welche an den Planschei- ben genau centrisch befestigt sind und jedenfalls eine sicherere Unter- stützung gewähren, als es die Drehbanksspitzen im Stande sein würden.

Eine andere Abweichung von den bisher besprochenen Anordnungen der Drehbänke ist die Anbringung zweier einander gegenüberliegender Supports, deren Werkzeuge gleichzeitig schneiden. Man nennt diese Drehbänke Duplezdrehbänke. Einestheils will man durch die An- wendung zweier einander zugekehrter Stähle das Ausbiegen des Arbeitsstücks aus der Drehbanksacbse unter dem Drucke eines ein- seitig wirkenden Stahls vermeiden; andemtheils wird die Arbeit be- schleunigt. Selbstverständlich müssen die Schneiden entgegengesetzt gerichtet sein. Räderdrehbänke nach diesem Systeme erhalten demnach vier Supports. Der Erfolg hat jedoch diese theoretisch begründeten Yor- theile der Duplezdrehbänke nicht im vollem Maasse bewahrheitet. Denn da fast niemals ein auf die Drehbank gebrachtes Arbeitsstück schon vollständig rund ist, so kommt es vor, dass der eine Drehstahl einen starkem Span als der andere zu nehmen hat. Der erstere Stahl drückt also in Folge des grossem Widerstandes das Arbeitsstück aus seiner Achsenrichtung heraus gegen den gegenüberliegenden Stahl, und dieser nimmt demnach einen starkem Span als für, eine vollkommene Rundung erforderlich ist.

Beim Abdrehen vieler kleinerer Gegenstände von gleicher Form kann es zweckmässig sein, das Drehen von zwei derartigen Arbeits- stücken gleichzeitig durch einen einzigen Arbeiter ausführen zu lassen. Man wendet für diesen Zweck sogenannte Doppelsupportdrehbänke an. Dieselben bestehen, streng genommen, aus zwei Bänken mit gemein- schaftlichem Bette. In der Mitte des letztem stehen die beiden Spindel- docken dicht neben einander und gewöhnlich in einem Stücke gegossen, aber jede mit besonderm Antriebe versehen , um jede Hälfte der Bank unabhängig von der andern betreiben zu können; die beiden Spitzen der Drehbanksspindeln sind nach den Enden des Betts gerichtet (einander abgewendet), wo sich die Spitzendocken befinden. Bei selbstthätiger Schaltung erhält jeder Support seine eigene LeitspindeL Aehnlich sind die Drehbänke gebaut, welche den Zweck haben, an den Achsen für Eisen- bahnwagen beide Zapfen gleichzeitig zu drehen (Achsendrehbänke). In der Mitte der Drehbank steht die Spindeldocke; die Spindel ist hohl, die Achse wird durch sie hindurchgesteckt, mit Schrauben centrirt und von den todten Spitzen der beiden an den Enden der Bank aufgestellten

652 TreniiuDgsarbeiton.

ReiUtöcke festgehalten. Neben jedem Reitstocke steht ein Sapport, durch tiine Leitapindel von der DrehbaDkeapindel aus geschaltet.

Um auf Drehb&nken mit selbstthätiger Schalttmg auch solche Gegen- stände abdreheu zu können, deren Qnerschnitte zwar kreisrund sind, deren L&ngenprofil aber gegliedert ist s. B. Handgriffe, cnrreniormige LauMächen von Bädern o. dergl. , bedient man sich eines sogenannten Gurrensupports , welcher die Führung des Srehatahls nach einer Curve statt nach einer der Drehbank sachae parallelen geraden Linie ermöglicht. In den Figuren 498 nnd 499 ist ein solcher Curvensnpport abgebildet ')■ Fig. 498.

Hier ist b Aa^ Drehbanksbett, ti der untere Sohlitten des Supports mit der Schraubenmutter li , welcher durch die Leitepindel in gewöhnlicher Weise parallel der Drebbanksachse bewegt wird. Derselbe trägt den obern Schlitten ki , welcher in PrismenfOhrangen rechtwinklig gegen die Achsenrichtung verstellbar ist. Die im obern Theile gelagerte Schraa- benspindel m geht durch die Schrauben matter 0; letztere aber sitzt nicht wie bei gewöhnlichen Supporten im Unterschlitten fest, sondern ist mit der Leitschiene n verbunden, welche sich mittelst eines RöUchens oder eines Stifts t gegen eine auf dem Bette befestigte, dem berzustelleaden Profile entaprecbend ansgeschoitteae Schablone p legt und durch den Hebel q nebst Gegengewicht 91 beständig gegen diesen gedrückt wird. Wird die Leitepindel in Wirksamkeit gesetzt, und bewegt sich demnach

, Werkzeugmaechinen, Tafel 3, Fig. 8 und 10.

Drehbank. 653

der Schlitten ti parallel der DrebbaDkaachse, bo folgt die Rolle t nebet Schiene, Schlitten und Stahl der durch die Schablone TorgeHchriebeneo Bahn, die Schranbenspindel m dient hierbei nnr znm Einstellen. Soll der Cnrvenaupport znr HerBtellang von Cylinderflachen als gewöhnlicher Support benutzt werden, ao wird die Schablone entfernt, das Gewicht aenkt aicli, die Schiene n geht zurück und wird dnrcb die Schranben r nnd ri featgeatellt,

Soll die Drehbank znm OTaldrehen (Herstellnng von elliptischea Qaerachnitten) benutzt werden, so erhält daa Arbeitastack ansser seiner Fig. 488,

Drehung eine hin- und hergehende Bewegung nnd es wird zn diesem Zwecke zwischen Spindel nnd ArheitsatUck ein aogenanntes Oval werk eingeschaltet. Die Figur 500 (a. f. S.) stellt die Einrichtung eines solchen von Leonardo da Tinci erfundenen Ovalwerks dar')- In ^^^ beiden auf der linken Seite befindlichen Abbildungen ist 1 die Drehbankaspin- del, Ol das rechte Ende der Spindeldocke. Auf der letztem iat vermit- telst zweier Kömer schrauben das Guasatück O} (Versetzkopf) befestigt, welches an seiner Vorderseite einen ringiörmigeu , an der Anasenääche gedrehten Absatz 2 trägt. Dieses Onaastück ist fQr sich allein auf der rechten Seite in den beiden mittleren Abbildungen dargestellt. Ver- mittelst der beiden erwähnten Kömerschrauhen ist man im Stande, diesen Ring in horizontaler Richtung beliebig excentriscb gegen die Drebbanks- spindel einznatellen ; und eine Skala an der Oberkante beider Theile dient znm Ablesen der li^centricität. Auf dem durch einen entsprechend langen Schlitz dieaea Gnssstücks bervorragenden Kopfe der Drehhanks- Bpiudel ist eine längliche Scheibe d aufgeschraubt, rechts oben in der Vorderansicht, rechts unten in der Ansicht von hinten abgebildet. Die- selbe trägt in PrismafQhmagen (mit 4 beieiehnet) einen Schieber e, welcher die Stelle der Planacbeibe vertritt; dieser wird durch zwei Knaggen ee bewegt, welche auf der RAckseite der Scheibe sich gegen

'} Benleanx, Kinematik, 8. 337.

G54 TrennungBarbniten.

den ringfömiigeii Ansatz 2 des OoBsetückB Og legen und in Schlitzen

der Scheibe d geführt Bind. Bei der Drehong der Scheibe d werden

Fig. fiOO.

I i

somit diese Knaggen nm den Ring 2 hemmbewegt. Auf der Vorderseite des Schiebers genau in der Mitte zwischen beiden Knaggen befindet rieh ein Zapfen mit Schraubengewinde um eine Vorrichtong snr Be- festigung des Arbeitsstücks anfBnschraaben. Ist nuo der lUng 2 genmn centiisch snr Drehbankespindel auf der Docke befesigt, so fällt die Dre- hnngsachse des auf dem Schieber befestigten Arbeitsstücks mit der Spindel*

Drehbank. 655

achae zasammen and das Ärbeitsstflck bewegt sich im Kreise; ist aber der Bing Beitw&rta Terstellt, so wird der Schieber nnd mit ihm das ArbeitsBtfick während einer Tollen Umdrehong der Drehbanksspindel zweimal nm die Ezcentricität in horizontaler lUchtimg Terachoben; nnd der Drebetalil be- schreibt anf dem Arbeitsstücke eine Ellipse, deren kleinster Halbmesser gleich dem Abstände der Schneide von der Drehbanksachse, deren grösster Halbmesser gleich diesem Abstände plns der erwähnten Excentricität ist Das dem Ovalwerke za Grande liegende Princip, die Drehungsbewe- gang dee Arbeitestllcks mit einer hin- and hergehenden Bewegung zu oombiniren, lässt sich aber auch in mannigfach veränderter Form znr Anwendung bringen, sobald man die Zeitdauer des einmaligen Hin- nnd Hergangs in ein anderes Yerhältniss znr einmaligen TTmdrebnng setzt; and es lassen sich dadorch die versohieden artigsten Qnerscbnitts- formen herromifen. Ein interessantes Beispiel hierfür gieht eine von Lndw. Löwe n. Co. in Berlin nach einem Patente von Koch nnd Müller erbaute sogenannte Universal d rehbank , deren Spindelkasten nebst Antriebsmechanismen in den Fignren 601 nnd 502 abgebildet ist.

Fig. 501.

Innerhalb der hohlen Drehbankssplndel W, welche die Stafenscheibe fOr den Antrieb trägt, befindet sich, selbstständig drehbar, eine zweite Spindel TTj. Der Antrieb anf W wird wie gewöhnlich entweder direot durch Terknpplnng der losen Stnfenscbeibe mit dem festen Rade d über- tragen oder für langsamern Qang vermittelst der Zwiscbearäder ab cd.

65C TreDnungsarbeiten.

Zar Äugrückang der letztgenannten Räder dient ein esoentriBcber Zapfen, wt« früher beschrieben, mit dem Handgriffe x. Um aach der Spindel Wi eine von TT unabhSngige Drehung zn geben, ist auf dem linken, ans W Torstehendem Ende derselben das Stirnrad t befestigt, welches von dem Rade d ans durch Einschaltang der Zwiachenrüder e/gh getrieben wird. Die letzteren drei sind Wechselräder und demzufolge in einem auf das Ende der WeUe V anfgesteckten nnd nm dieselbe drehbaren Bügel, wie ans Fig. 501 hervorgeht, gelagert; man ist also nicht allein im Stande, dnrch Answechselnng der Räder das Umsetznngsverhältniss zwi- schen W and 1^1 beliebig zn ändern, sondern auch, indem man das Rad h ganz beseitigt nnd (f ohne Weiteres in ( eingreifen ISsst, eine ent- gegengesetzte Drehung von Wi hervorzarafeD.

Die Räder k nnd I werden benutzt, um eine selbstthätige Bewegung des Werkzeugs vermittelst einer in der Abbildung nicht ersicbtlicben Leitspindel hervorzubringen.

Auf dem rechten Ende der innem Spindel befindet sich eine Schübe mit Prismaiilhmngen , auf welcher der Tersetzkopf C und mit diesem

die coniscbe Spitze D sowie die Planscheibe P excentrisch verstellbar ist, während die beiden in Nuthen der Scheibe gehenden Schrauben zur Be- festigung des Yersetzkopls in der gewählten Stellung dienen. Auf C ist die Planscheibe P drehbar und empfitngt ihre Drehung von der aaf der Spindel W befindlichen Scheibe S ans durch die Mitnehmer (Qleitrolleo) BB, welche in radiale FOhmngen an der Rückseite von P greifen nnd

Drehbank.

657

bei der exäentrischen Stellung von P ähnlich wirken wie das Gleitstück einer excentrischen Eurbelschleife. Es würde demnach, wenn die Scheibe S auf W befestigt wäre, P eine , in diesem Falle nicht beabsichtigte, nn- gleichförmige Drehung erhalten. Deshalb bewegt sich S bei der Drehung Yon W in prismatischen Führungen, wie aus Fig. Ö02 heryorgeht, recht- winklig gegen die radiale Bewegungsrichtung der Mitnehmer BB\ es entsteht dadurch eine sogenannte rechtwinklige Ereuzschleife , welche eine gleichförmige Drehung der Planscheibe vermittelt. Ein auf der letztem (beziehentlich der Spitze D) befestigtes Arbeitsstück wird demnach

erstens durch Drehung der Planscheibe eine Drehung um deren Mittelpunkt,

zweitens in Folge der excentrischen SteUung von P eine Bewegung um den Mittelpunkt des Spindelquerschnitts machen, durch welche die Achse des Arbeitsstücks in wechselnde Entfernung von der Schneidkante des festliegenden Drehstahls gebracht wird.

Wie oft und in welchem Maasse diese Näherung und Entfernung während eines vollen Umlaufs der Planscheibe eintritt, hängt von der Yerhältnisszahl zwischen den Umdrehungen der Spindeln W und Wi sowie der Excentricität der Scheibe P ab. Sind z. B. die Zahnräder für den Beti-ieb der innem Spindel so gewählt, dass das Uebersetzungsver- hältniss der äussern zur innem Spindel gleich 1 : 2 ist und beide Spin- deln sich, in gleicher Richtung drehen, so wird während einer Umdrehung der Planscheibe die Achse des Arbeitsstücks dem Werkzeuge zweimal um das Maass der Excentricität genähert und zweimal von ihm ent- fernt; es findet dieselbe Bewegung statt wie bei dem gewöhnlichen Oval- werke, und es entsteht eine EUipse.

Oiebt man eine dreifache Uebersetzung, so entstehen durch drei- malige Kähenmg und Entfernung Curven wie sie Fig. 503 darstellt, Dreiecken mit abgerundeten Ecken ähnlich; durch vier-, fänf-, sechs- u. s. w. fache Uebersetzungsverhältnisse lassen sich Querschnitte darstellen, welche eine Aehnlichkeit mit regelmässigen Polygonen besitzen (hypocyklische

Pig. 503.

Fig. 504.

Curven), z.B. bei sechsfacher Uebersetzung die Curven, Fig. 504; schaltet man dagegen aus dem Vorgelege das Zwischenrad h aus, so dreht sich

Ledebnr, .ni«cluaiiBch-m«taUiiTgUobe Technologie. 42

658 Trennungsarbeiten.

die innere Spindel in entgegengesteizter Richtung alfl die ftossere und man erhält pericyklische Garyen, als deren Beispiel Fig. 505 bei drei- facher, Fig. 506 bei sechsfacher Uebersetzong gelten können.

Sollen derartige Qaerschnitte zwischen den Spitzen der Drehbank hergestellt werden, so mnss natürlich die Spitze des Reitstocks eine ge-

Fig. 505. Fig. 506.

nan gleiche Bewegung erhalten wie die Spitze des Spindelstocks. Es ist zu diesem Zwecke der Reitstock dieser Uniyersaldrehbank mit einem Räderwerke versehen, welches dem Radei'werke /^ ^ i gleicht, von der- selben Welle V aus als dieses betrieben wird und einer im Reitstock statt der einfachen Pinne gelagerten Spindel dieselbe Anzahl Umdrehun- gen ertheilt als der Spindel W]. Auf dieser Reitstockspindel ist nun die Spitze desselben ebenfalls vermittelst eines Yersetzkopfs e^centrisch verstellbar« so dass bei gleicher Fxcentricität auch beide Spitzen genau die gleiche Bewegung ausführen. Wird also das zwischen den Spitzen eingespannte Arbeitsstück durch einen an der Planscheibe befindlichen Mitnehmer gezwungen, die Drehungen der Planscheibe mitzumachen« so erfolgt ein Arbeitsstück, welches geradlinige Achse und in jedem Ab- stände von der Planscheibe den nämlichen Querschnitt besitzt, ein Prisma mit gekrümmten Seitenflächen. Solche Gegenstände können im Ma- schinenbau mannigfache Anwendung finden.

Stehen jedoch die beiden Spitzen einander nicht genau gegenüber, so erfolgt statt des prismatischen ein schraubenförmig gedrehter Körper, welcher für architektonische und decorative Zwecke recht geeignet sein kann. Noch häufigere Yerwendung als bei Verarbeitung der Metalle dürfte diese letztere Bewegungsart bei Verarbeitung von Holz, Elfenbein und dergleichen finden.

Endlich ist noch der Fall denkbar, dass die Spitze des Reitstocks feststeht und nur die Spitze des Spindelstocks sich dreht. Es erfolgt .dann ein Körper, dessen unrunder Querschnitt am Spindelstocke all- mälig in einen kreisrunden am Reitstocke übergeht. Auch solche For- men finden bei Herstellung von Werkzeugen (Reibahlen, (Gewindeboh- rern) zweckmässige Anwendung und werden auf der Drehbank sich jedenfalls in sicherer, genauerer Weise als durch Hafidarbeit herstellen lassen.

Drehbank.

659

Werden die Vorgelege der innern Spindel ausgelöst, die äussere und innere Spindel mit einander verbunden (wozu der am Kopfe W der Hoblspindel befindliche verstellbare Knaggen K dient) und die Spitzen centrisch zur Drehungsachse eingestellt, so kann die Drehbank als ge- wohnliche Leitspindeldrehbank benutzt werden.

Wenn das zwischen Spitzen zum R^nddrehen eingespannte Arbeits- stück keinen Vorsprung an einer geeigneten Stelle besitzt, der vom Mit- nehmer der Drehbank ergriffen werden kann, so muss man Sorge tragen, künstlich einen solchen Vorsprung anzubringen, welcher gleichfalls Mit- Fig. 507. nehmer oder Führer genannt wird. Die üb-

lichste Form hierfür ist die in Fig. 507 abgebil- dete, Dreherherz genannt, dessen Anwendung einer Erläuterung nicht bedürfen wird. Die eigenthümliche Form des Herzes lässt eine grosse Mannigfaltigkeit in den Querschnitten der einzuspannenden Arbeitsstücke zu.

In anderer Weise kann die Befestigung des Arbeitsstücks bewirkt werden, wenn man auf den Kopf der Spindel einen Hohlcylinder aufschraubt, welcher das Ende des Arbeitsstücks (oder einen an demselben befindlichen cen- trischen Zapfen) aufnimmt und Futter oder Drehbanksfutter, auch Patrone genannt wird. Eine derartige Vorrichtung wurde schon bei Besprechung der Räderdrehbänke als zur Aufnahme der vorstehenden Achsenzapfen die- nend erwähnt. Die Befestigung geschieht am einfachsten durch eingetriebene Holzkeile; häu- figer durch 6 bis 8 radial gerichtete, durch die Wand des Futters hin- durchgehende Klemmschrauben. Wendet man statt der Klemmschrauben Backenstücke an, welche sich gleichmässig und gleichzeitig in radialer Richtung durch Bewegung eines einzigen Stücks verstellen lassen, so erhält man ein sogenanntes Universalfutter, durch welches ebensowohl das Centriren als Einspannen des Arbeitsstücks ausgeführt wird, und welches deshalb in verschiedenen Formen zahlreiche Anwendung gefunden hat.

Der Gebrauch eines Futters wird besonders dann erforderlich, wenn das Arbeitsstück Überhaupt nur an dem einen Ende sich befestigen lässt, der Reitstock also nicht gebraucht wird.

Sollen hohle Arbeitsstücke an der Anssenfläche zwischen Spitzen gedreht werden, so muss man durch Einklemmen eines diametralen schmiedeeiBemen Stegs an jedem Ende erst Stützpunkte schaffen, an welchen die Spitzen angreifen können. In solcher Weise werden Säulen, Sebeibenröhren und dergleichen gedreht. Kurze Hohlkörper dagegen steckt man zweckmässig über ein massives Futter (Dom), welches statt

43»

660 Trennungsarbeiten.

des oben erwähnten Hoblfdtters anf dem Spindelkopfe aufgesteckt wird und das Arbeitsstück durcb Reibung mitnimmt.

Wenn beim Drehen sehr langer und dünner Arbeitsstücke, z. B. Transmi ssions wellen , ein seitliches Ausweichen unter dem Drucke des Drehstahls zu befürchten ist, so stützt man sie an einer oder mehreren Stellen zwischen den Docken durch einfache Hülfslager, welche auf dem Drehbanksbette aufgestellt und Lünetten, Setzstocke oder Brillen genannt werden. Eine gleiche Vorrichtung wird benutzt, wenn die End- flächen langer, zum Befestigen auf der Planscheibe nicht geigneter Ar- beitsstücke bearbeitet werden sollen; man befestigt sie mit dem einen Ende in einem Futter an der Spindel und lässt das andere Ende in der Hülfsdocke laufen.

Das eigentliche Werkzeug der Drehbank Drehstahl, Drehmeissel, Dreheisen genannt besitzt entsprechend der yerschiedencn Gestalt der Arbeitsstücke und verschiedenen Einrichtung der Drehbank sehr ver- schiedenartige Formen. Allgemein unterscheidet man Schroppstähle (Schrotstähle), Spitzstähle und Schlichtstahle. Der Schroppstahl hat, seiner Bestimmung zufolge, durch Abnahme starker Späne bei rascher Schaltbewegung die erste Bearbeitung aus dem Groben zu bewirken, eine bogenförmige Schneide (vorgl. Fig. 431); der Spitzstahl dient zum Abnehmen feinerer Späne und besitzt eine durch das Zusammentreifen von zwei Schneiden gebildete Spitze (vergl. Fig. 430); der Schlichtstahl endlich, welcher zum Nacharbeiten der mit Schropp- und Spitzstahl ge- drehten Arbeitsstücke dient, hat eine geradlinige Schneide. Zum Drehen kleinerer Gegenstände gebraucht man häufig den früher beschriebenen Grabstichel. Soll der Stahl zum Ausdrehen innerer Flächen eines Hohl- körpers benutzt werden, so muss derselbe an seinem Ende, da wo er in die Höhlung hineingreifen soll, rechtwinklig umgebogen werden und heisst dann Hakenstahl. Drehstähle, welche aus freier Hand geführt werden, steckt man in ein hölzernes Heft; nur wenn sehr schwere Stücke aus freier Hand gedreht werden sollen, schmiedet man die Stähle so lang, dass sie auf der Schulter des Arbeiters eine Auflage finden, und giebt ihnen eine entsprechende Biegung nach aufwärts.

Die Bewegung der zu drehenden Fläche des Arbeitsstücks auf der Drehbank findet, wenn der Dreher vor der Bank steht, von oben nach unten statt; der Stahl wird gewöhnlich so eingespannt, dass die Schneide mit der Drehungsachse in annähernd gleicher Höhe liegt.

Um einen Gegenstand zwischen Spitzen zum Runddrehen einzu- spannen, ist es erforderlich, zunächst mit Hülfe eines der hierfür ge- bräuchlichen Apparate das Mittel zu suchen (vergl. S. 37), den Mittel- punkt durch einen Körner zu bezeichnen und ein conisches (xrübchen zu bilden, in welches die Spitze hineintritt. Häufig bohrt man das Grüb- chen mit einem kleinen Bohrer etwas tiefer nach als es der Körner ein* zuschlagen vermag; und wo diese Arbeit oft vorkommt, ist die Anwen- dung einer Gen trirm aschine (S. 38), welche ebensowohl den Mittelpunkt

Drehbank. 661

festlegt als das Gr&bchen bohrt, höchst zweckmässig. Alsdann kommt es zunächst daranf an, dem Arbeitsstücke mit Hülfe der vorhandenen verschiedenen Bewegungsübertragnngen die richtige Umfangsgeschwindig- keit zn geben. Man rechnet fär Stahl eine Umfangsgeschwindigkeit von 40 bis 60 Mm. per Seonnde, für Gosseisen von 80 bis 90 Mm., für Schmiedeeisen von 90 bis 100 Mm., für Messing von 160 bis 200 Mm. Hartgussstücke, z. B. Hartwalzen, vertragen nur eine Umfangsgeschwindig- keit von 10 bis 20 Mm. Ist die Geschwindigkeit zu bedeutend, so ent- steht ein Zittern der Maschine, wodurch die Arbeit ungenau wird, und es tritt eine rasche Abnutzung (Stumpfwerden) des Werkzeugs ein. £r- fahrungsgemäss steht dieses Stumpfwerden nicht etwa in geradem Ver- hältnisse zu der bei rascherm Gange geleisteten grossem Arbeit, sondern wächst mit der Geschwindigkeit in geometrischer Progression; und schliesslich kann ein Punkt eintreten, wo das Werkzeug überhaupt nicht mehr angreift, sondern lediglich von dem sehr rasch umlaufenden Ar- beitsstücke angegriffen und unter Umständen wenn dieses scharfkan- tig ist wie durch eine Kreissäge zertheilt wird.

Die Schaltung des Werkzeugs beträgt, je nachdem man schroppt oder schlichtet und je nachdem der Durchmesser des Arbeitsstücks klei- ner oder grösser ist, 0,3 bis 1 Mm. per Umdrehung.

Von grosser Wichtigkeit für das Gelingen des Drehens ist, dass das Arbeitsstück rund laufe; d. h. dass seine Drehungsachse mit der Spindel- achse zusammenfalle. Bedingung hierfür ist zunächst die richtige Con- struction der Drehbank, insbesondere eine sichere und genaue Lagerung der DrehbanksspindeL Deshalb lässt man, wenn es auf aussergewöhnlich genaue Arbeit ankommt, das Arbeitsstück lieber zwischen todten Spitzen laufen , indem man die Spindel festlegt und von einer auf derselben sich drehenden Scheibe die Bewegung vermittelst eines Mitnehmers auf das Arbeitsstück überträgt. Sodann bewirkt jede Yerbiegung des Arbeits- stücks unter dem Drucke des Drehstahls ein Unmndlaufen, und manche zufällige Ursachen können einen gleichen Erfolg hervorrufen.

Beim Drehen von Schmiedeeisen und Stahl lässt man ununterbrochen Wasser, Seifenwasser oder Gel auf die Stelle tropfen, wo der Stahl an* greift. Man verhindert dadurch eine starke Erhitzung und ein in Folge dessen rasches Stumpfwerden des Drehstahls, befördert auch zugleich das Abfliessen des Spans und vermindert somit den Arbeitsaufwand. Guss- eisen, welches kurze mürbe Späne liefert, wird trocken gedreht.

Wie man im Stande ist, mit Hülfe verhältnissmässig einfacher Kunstgriffe auch niohtcjlindrische Flächen auf der Drehbank herzustellen, wurde schon theilweise oben erwähnt. Wir erinnern an die Herstellung von Kegelffächen, indem man den Reitstock seitlich soweit verstellt, dass die eine Seitenlinie des Kegelprofils parallel der Drehbanksachse zu lie- gen kommt; an die Benutzung des Curvensupports zur Herstellung ge- gliederter Körper mit kreisförmigen Querschnitten; des Ovalwerks zum Drehen von ellipsenförmigen Querschnitten. Kugeln kann man mit

662 TrenDODgearbeiten.

Helfe ein« sogenannten Eugeleapporte drehen, welcher nm einen mitten unter der eingespannten Engel liegenden Drehponkt horizontal derartig gedreht wird, doss die Schneide des Drehstahls einen Kreis von dem Dorcbmesser der Engel in der Ebene der DrebungBaclise der Engel be- schreibt; oder man giebt dem ArbeitastQcke eine zweifache Bewegung sowohl am die horizontale Achse der Drehbank als nm eine rechtwinklig diese krenxende Achse. Es ISsst sich diese eigentfaflmliche Bewegung erreichen, wenn man die Engel zwischen Spitzen einspannt, welche dia- metral anf der Planscheibe, also in einer die Drehnngsacbae rechtwinklig schneidenden Ebene befindlich sind, nnd die eine dieser Spitzen selbst mit einem Umtriehsmeohanismns in Verbindung bringt. Es empl%ngt dann das Arbeitsstück gleichzeitig die Drehnng der Planscheibe nnd der Spitzen; nnd das Werkzeug liegt fest.

Vielfach benutzt man anch die Drehbank, nm vermittelst Wegnahme von SpSnen nach bestimmten Linien an der Oberfläche der ArbeiteatOcke Versiemngen dorch vertiefte länien gebildet hervorzubringen nnd nennt diese Arbeit Qnillochiren.

Wenn z, B. in Fig. 508 c die geometriscbe Drehungsachse der Drehbank bezeichnet, a den Mittelpunkt eines Arbeitsatücks, welches mit pi^ gQg Hülfe eines Versetzkopfs (eines recht-

winklig gegen die Drehungsachse be- weglichen Schiebers) excentnsch gegen c gestellt ist, und man läset die Spitze des festliegenden , parallel mit der Drehungsachse gerichteten Werk- zeugs im Punkte d angreifen, so be- schreibt dieselbe, wenn die Drehbank in Umlauf gesetzt wird, den Kreis d d^di auf der Fläche des Arbeitsstücks. Dreht man nun, nachdem dieser erste Kreis gezogen ist, das Arbeitsstück ein wenig um seine Achse a, so dass der Punkt 6 der Oberfläche nach h &S\.i was durch eine einlache Yor- ricbtnng in genau bestimmbarem Maasse zu erreichen ist und iKsst das Werkzeug abermals angreifen , so entsteht neben dem ersten Kreise ein zweiter, jenen in zwei Punkten schneidend; nnd durch fortgesetzte Drehung eine grössere Anzahl Kreise, die, wie in der gegebenen Abbil* dnng, sich schneiden nnd unter einander versohlnngen erscheinen. So kann man durch passend gewählte Excentricität, Abstände und Durch- messer der Kreise in einfachster Weise zierliche Zeichnungen hervorbrin- gen; ein Schritt weiter geschiebt, wenn man das Ovalwerk mit dem Ver- setskopfe verbindet.

Mit Hülfe der in den Figuren 501 u. 502 a.S. 655 u. 666 abgebilde- ten Universaldrehbank lassen eich in noch weit ergiebigerer Weise ver- schlungene Zeichnungen hervorrufen. Wählt man nämlich zwischen der

Guülochiren. 663

HohlBpindel nnd der iimem Spindel ein UebersetnngSTerhiltniBB, welches nicht genan 1 : 2, 1 : 9, 1 : 4 n. b, w. iet, BO entstehen Gurren, welche eich nach einer vollen Umdrehung nicht genan decken, sondeni Figorea bilden, wie eie Fig. 609 dantellL

Bei der eigentlichen Onillochirmaschine iit die Spindeldocke nebat Spindel Dm zwei an ihrem Fiuse befindliche Spitzen wie um eine htm- Fig. SOS.

zontale der DrebbanksachBe parallele Achse drehbar, so dass eie wie ein umgekehrter Pendel hin- nnd herechwingen kann. Auf der Spindel sitat eine itähleme oder bronsene Scheibe, deren Rand nach einer Figor gesohweÜt ist, welche den darznstellenden Fignren geometrisch ähnlich ist. Diese Scheibe beiset Patrone nnd dreht sich mit der SpindeL Seit- lich von der Spindel ist ein horizontaler Stahlstift Westigt, ^elcher Anlauf oder Taster genannt wird, und an der andern Seite der Spin- del befindet sich an dem Bette der Maschine eine Feder, welche die Docke nebst Spindel nnd Patrone nach der Seite des Anlaofs hinflber- drückt, so data die Patrone bei der Drehung der Spindel mit ihrem Um- risse anf jenem schleift. Befestigt man also aof der Planscheihe ein ArbeitastQck, so wird der Drehatohl anf der senkrechten Stirnfl&che desselben Fignren beschreiben, welche dem Umrisse der Patrone ent- sprechen; nnd wenn die Spindel mit einem VersetBkopfe zur excentrischen Verstellnng de« Arbeitsstücks versehen wird, so lassen sich mannigfach Terschlnngene Fignren berrorbringen.

664 Treonungsarbeiten.

Unregelmässige Figuren aller Art Belbet bildliche DarBtellangeii, wie sie z. B. auf manchen Uhrgeh&asen, Dosen und dergleichen sich finden werden hergestellt, indem man zwischen Spindel und Arbeits- stück eine Vorrichtung einschaltet, welche eine geradlinige Hin- und Herbewegong des letztem ermöglicht, während die Spindel sich dreht und die Patrone die Entstehung der erforderlichen Gurren bewirkt.

Sollen, statt auf den ebenen Flächen der Arbeitsstücke, Guillochimngen auf Cylinderflächen hervorgerufen werden, z. B. bei Druckwalzen, so wird die Spindel in ihrer Längenrichtung verschiebbar gemacht, während sie sich rund dreht und die Docke feststeht. Man erreicht diesen Zweck gleich- falls durch eine Patrone nebst Feder, welche erstere ihre Profilirung wie die Zähne eines Exonrads auf dem änssersten Umkreise der Fläche trägt und somit die horizontale Verschiebung der Spindel hervorbringt.

Ueber die Verwendung der Drehbank zum Bohren, Drücken, Schrau- benschneiden wird unten bei den betreffenden Arbeiten die Rede sein.

Der Arbeitsverbrauch der Drehbänke wird nach Hart ig nach der Formel:

N= No + £ ff Pferdestärken

berechnet, worin No den Arbeitsverbranch im Leergange bezeichnet, G das in einer Stunde abgedrehte Metall in Eälogrammen , e den specific sehen Arbeits werth für das bearbeitete Material, d. h. den für 1 Kilo- gramm stündlich abgedrehtes Metall entfallenden Werth in Pferdekräften, dessen Werth anzunehmen ist:

für Gnsseisen = 0,069 Pferdestärken,

Schmiedeeisen ....€ = 0,072

Stehl s = 0,104

Bei Veranschlagungen der erforderlichen Betriebskraft wird man 1 Pferdekraft für grosse, Vs Pferdekraft för kleine Drehbänke rechnen können.

Literatur über Drehen und Drehbänke.

Ausser den auf Seite 569 angegebenen Werken: Wiebe, Skizzenbuch, Jahrg. 1869, Hft 5; Jahrg. 1873, Hft 1. Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1857, Nr. 13 ab; Jahrg. 1861, Nr. 18 vw;

Jahrg. 1866, Nr. 10; Jahrg. 1868, Nr. Sab c

Die meisten Jahrgänge von Dingler^s polytechnischem Journal, dem polytechnischen Centralblatt, Grothe's deutscher allgemeiner po- lytechnischen Zeitung, Armengaud, Publication industrielle und anderen technischen Zeitschriften enthalten theils Notizen, theils Abbildungen von Drehbänken und Theilen derselben.

üeber Räderdrehbänke finden sich Mittheilungen und Abbildun- gen in

Fräsen. ^ 665

Hensinger von Waldegg, Handbuch fiVr EiBenbahniechnik , Bd. 4,

S. 242.

Ueber Walzendrehbäoke (für Abdrehen von kalibrirten EiBenwalzen): Dentsche Indnstriezeitong, Jahrg. 1864, S. 938. Dingler's Jonmal, Bd. 160, S. 252.

* Ueber das Drehen von Kugeln findet sich eine ausfuhrliche mit Ab- bildungen Tersehene Abhandlung von T. Rittershaus in der Zeitschrift zur Beförderung des Gewerbfleissses inPreussen, Jahrg. 51 (1872), S. 243.

f. Frftse und Frftsmasohine.

Ein Werkzeug von der Form eines Rotationskörpers ist an seiner Aussenfläche verzahnt und macht die Hauptbewegung durch Drehung um seine Achse; die Schaltbewegung erfolgt durch ununterbrochenes, langsames Yorrücken entweder des Werkzeugs oder des Arbeitsstücks.

Ist abo z. B. das Werkzeug scheibenförmig gestaltet, an dem Um- fange verzahnt, und erfolg^ der Vorschub in der Richtung seiner Tan- gente, so entsteht offenbar ein langer geradliniger Einschnitt von der Breite des Werkzeugs; zeigt der Umfang profilirte Gestalt, entspricht z. B. der Umriss der Form einer Zahnlücke bei Zahnrädern und ist ringsum verzahnt, so wird ein Einschnitt hervorgebracht, welcher jenem Profile der Fräse entspricht; und wenn beispielsweise die Fräse an dem Umfange eines Rades parallel der Achsenrichtung desselben vorbeige- führt wird, denselben schneidend, während ihre Drehungsachse recht- winklig gegen ihre Bewegungsrichtung steht, so wird eine Zahnlücke ausgefräst, und man ist im Stande, ein vollständiges Zahnrad durch auf einander folgendes Ausfräsen sämmtlicher Zahnlücken herzustellen. Ist endlich die Stirnseite eines Cylinders oder Kegels mit Zähnen besetzt und der Vorschub erfolgt in der Ebene dieser Stirnseite, so entstehen gerade Flächen.

Diese ungemeine Mannigfaltigkeit der mit Hülfe der Fräse herzu- stellenden Formen, welche ohne dieselbe oft nur durch Handarbeit zu erzielen sein würden, macht dieselbe zu einem sehr wichtigen Werkzeuge der Metallverarbeitung; vorzugsweise geeignet in solchen Fällen, wo eine grössere Anzahl gleicher Körper angefertigt werden sollen, weil eine und dieselbe Fräse auch nur für eine und dieselbe Arbeit verwend- bar zu sein pflegt, und fast jede neue Form eines Arbeitsstücks auch die Anfertigung einer neuen Fräse erforderlich macht.

Die einzelnen Schneiden der Fräsen werden meisselartig nach den früher entwickelten Grundsätzen construirt.

Die Figur 510 a. f. S. stellt eine Fräse zum Ausfräsen von Zahn- lücken dar. Die Schneidkante ahh' a! zeigt das genaue Profil der Zahn-

666 TrennuiigsarbeiteD.

lücke; sie ist nahezn radial gegen die DrehongMobBe der Frftm gerich- tet, and der Rftokett den schneidenden Zahns ist derartig gestaltet, dass Fig. 610.

das Zahnprofil in seiner radialen Stellung einer einw&rts Inttfenden Spirale bc entlang gefCihrt wird, man also beim Stampfwerden der Schneidkante nur ndthig hat, die Vorderseite a b mit einem Schleifsteine anzuschleifen, um immer wieder dasselbe Profil der Schneidkante zn er- halten, so lange bis von jedem Zahne nur noch der Rest cde itbng ist. Solche scheibenfSrmigen Frisen nennt man SchneidBobeibeo oder Schneidräder.

In Fignr 511 ist eine cylindriscbe Fräse mit Schneiden auf der Stirnseite nnd Hanteläftche abgebildet, welche Torzngsweise zor Her- FLr. 511. stellang ebener Flächen und rechtwinkliger Ansätze gebraucht wird. Für letztem Zweck werden zwei rechtwinklig gegen einander gerichtete Flächen gleich- zeitig bearbeitet, die eine durch die Stirn-, die andere dnrch die Mantelschneiden.

Wird der Durchmesser der Fräse ein sehr be- trächtlicher über 250 Hm. , so pflegt man die Sohnetden fOr sich aas Stahl zu fertigen und in den meistens gnsseisernen Körper oder Kopf derFrise ein- zusetzen. Kino solche Fräae heisst Hesserkopf und ^^ wird vorzugsweise zar Bearheitoog grösserer ebener

^^■^ Flächen gebraucht.

^^^^Hf Die Bewegnng der Fräse beziehentlich des Arbeita-

4^^^^p Stacks erfolgt in den meisten Fällen dnrch Uaachinen.

^^P^ Für manche Zwecke lässt sich recht gnt die Drehbank

benutzen, wenn mau die Fräse an dem Kopfe der Dreh-

Fräsen. 667

banksspindel , das Arbeitsstück an dem Supporte befestigt und so vor der Fräse vorbeiführt, nach Frfordemiss in der Achsenrichtnng der Drehbank oder wie beim Plandrehen gegen dieselbe.

Wo jedoch die Arbeit des Fräsens häufig vorkommt , zieht man es vor, besondere Fräsmaschinen dafür anzuwenden. Schon die Thatsache, dass eine Fräse, wenn sie vortheilhaft arbeiten soll, erfahrungsgemäss eine erheblich grössere Umfangsgeschwindigkeit erhalten muss, als eine gewöhnliche Drehbank zu geben im Stande ist, spricht fELr die Einrich- tung einer Fräsmaschine. Da nun, wie schon oben hervorgehoben wurde, die Anwendung der Fräsen besonders da zweckmässig erscheint, wo eine Massenanfertigung bestimmter Artikel stattfindet, so wird man von vorn- herein bei Construction der Fräsmaschinen den Eigenthümlichkeiten der jedesmaligen Gattung von Arbeitsstücken thunlichst Rechnung tragen, um die Arbeit möglichst zu erleichtem; und aus diesem Grunde erscheint keine andere Werkzeugmaschine für Metallverarbeitung in so verschiede- nen äusseren Formen als die Fräsmaschine.

Im Wesentlichen finden sich zwei verschiedene Systeme für die An- ordnung der gewöhnlichen Fräsmaschinen. Bei dem einen liegt das Arbeitsstück auf einem starken Aufspanntische fest, die Fräse, welche gewöhnlich an einer horizontalen Spindel befestigt ist, wird mit dem Spindelstocke an der Seite des Arbeitsstücks vorbeigeführt; bei dem andern Systeme steht der Spindelstock fest, während der Aufspanntisch als Ereuzsupport construirt ist und horizontal nach zwei gegen einander rechtwinkligen Richtungen selbstthätig verstellbar ist.

Eine Fräsmaschine der letztem Ali, nach amerikanischem Muster von L. Löwe u. Co. in Berlin gebaut zeigen uns die Figuren 512 (a. f. S.) und 513. Man nennt sie Universalfräsmaschine, weil sie, wie die Beschrei- bung lehren wird, mit Einrichtungen versehen ist, welche es möglich machen, die Fräse in sehr verschiedenartiger Weise zu benutzen: zum Fräsen von ebenen Flächen, von schraubengangfÖrmigen Einschnitten auf Gylindermänteln, von Zahnrädern u. s. f.

Auf der horizontalen Spindel a, welche in dem Spindelstocke * in eigenthümlicher und zweckmässiger, aus Fig. 513 ersichtlicher Weise gelagert ist, sitzt die Stufenscheibe, welche den Antrieb von der Trans- mission ans aufiiimmt. In dem vordem Ende von a befindet sich eine lange conische, genau centrische Oe£fhung, in welcher die Fräse befestigt wird. An der vordem Seite der Maschine unterhalb des Werkzeugs ist der Tisch zur Aufnahme des Arbeitsstücks ersichtlich. Derselbe besteht zunächst ans dem consolenartigen Untertheile h, an senkrechten prisma- tischen Leisten des Ständers geführt und vermittelst der Schraubenspindel o, welche mit Hülfe von ein Paar Winkelrädem von dem Kurbelzapfen d

^) Die amerilcanische Firma, welche die Constmction dieser Maschine zuerst zur Anschauung brachte, ist die Brown & Bharpe ManufEMstoring Co. in Provi- dence, Bhode Island.

668 TrennuugsarbeiteD.

BUS von Hftnd ihre Brehoog erh&lt, in seiner Höhenetellang Terinderticli

gemacht. Die Schr&nbeoBpiudel e dient mir genanen Begrenztug des

Tig. Sie.

Hnbes, wobei die auf ihr befindlichen verstellbaren Schraubenmattem als Anschlag dienen.

Auf dem Untertheile b gleitet parallel der lUohtang der Spindel- achse der Schlitten /, von dem Kurbeleapfen g ans mittelst einer hori- zontalen, in dem Untertheile b gelagerten nnd durch eine am Schlitten befestigte Schraubenmutter hindnrchgefübrtea Sohranbenspindel bewegt. Auf/ ist mit ooniacbem Zapfen die Drehscheibe h befestigt, und in prit-

matiBchen FOhrangen dieaer letztem bewegt sich die TieclipUtte i, «nt- weder genau rechtwinklig gegen die BewegnngBricfatnng des SchlitlenB /

Fi«. 513.

oder der Stellung der Drehscheibe h entaprecbend mehr oder weniger schrfig gegen dieselbe. Die Bewegung dieses letzterwähnten Theils er- folgt durch eine Horizontale, in demselben gelagerte Scbranbenspindel, welche durch eine auf h befestigte Mutter hindurchgeht und von welcher ' in Fig. 5t2 nor der untere, unter ( Torstebende, mit k bezeichnete Band sichtbar ist; und zwar entweder tod Hand durch die Kurbel I oder selbstthStig von der Uaschine aus. In Folge des Umstandes aber, dass,

670 Trennungsarbeiten.

wie soeben gezeigt wurde, die Tischplatte i gegeA die Maschine Ter^ Bchiedenartige Stellungen einnehmen kann, ist f&r die selbstthätige Steuerung folgende eigenthümliche Bewegungsübertragung angewendet worden. Auf dem hintern Ende der Arbeitsspindel a sitzt die Stufen- scheibe m und überträgt die Bewegung durch einen Riemen auf die Stufenscheibe n. Zur Vervielfältigung der Bewegungsgeschwindigkeit befindet sich unterhalb n eine dritte Stufenscheibe o; man kann also nöthigenfalls die Bewegung von m zunächst auf o und von dieser auf n übertragen lassen, doch genügt meistenstheils die directe Uebertragung von m auf n. n befindet sich auf dem Ende einer in Fig. 513 punktirt gezeichneten Welle, welche mit zwei Universalgelenken versehen und teleskopenartig verlängert und verkürzt werden kann, somit jeder Bewe- gung des Tischs Rechnung trägt. Auf dem andern Ende dieser Welle ist ein kleines, in der Abbildung nicht ersichtliches Winkelgetriebe be- festigt, welches mit dem auf der Steuerungsspindel sitzenden Winkel- rade p im Eingriffe steht und somit selbstthätige Drehung der Spindel bewirkt. Um jedoch nach beendigtem Durchgange des Arbeitsstücks selbstthätige Ausrückung der Tischbewegung herbeizuführen (welche Einrichtung den Arbeiter in Stand setzt, zwei Maschinen gleichzeitig zu bedienen), ist das Rad p lose auf der Steuerungsspindel und wird erst durch eine Elauenkupplung q mit ihr verbunden, deren eine Hälfte auf der Spindel mit Nuth und Feder verschiebbar befestigt ist, während die andere mit dem Rade p jbiub einem Granzen besteht und sich demnach auf der Spindel dreht.

Die Leiste oder Feder, welche die Verbindung zwischen der Spindel und der Hälfte q herstellt, sitzt in der Nabe der letztem fest und wird innerhalb des erwähnten Längsschlitzes der Spindel von einem horizontalen Stifte erfasst, welcher innerhalb der Spindd verschiebbar ist, und dessen aus derselben vorstehendes Ende bei r mit einer langen, in einer Nuth der Tischplatte verschiebbaren, schmiedeeisernen Stange verbunden ist. Die Stange ist mit einem Längsschlitze versehen, in welchem ein Knaggen 8 in beliebigem Abstände vom Ende vermittelst einer Schraube befestigt werden kann. Bei der Bewegung des Tischs nach rechts (in Fig. 512) schlägt nun dieser Knaggen gegen den feststehenden Stift t, hindert dadurch die Weiterbewegung der Stange, und alsbald erfolgt Ausrückung der erwähnten Kupplung, der Tisch steht.

Das Arbeitsstück kann vermittelst eines kleinen Parallelschraub- stocks auf der Tischplatte befestigt werden. Für gewisse Zwecke jedoch befindet sich ausserdem auf derselben eine Vonichtung zum Einspannen des Arbeitsstücks zwischen Spitzen , auf einer Planscheibe oder in einem Futter, bestehend aus dem Spindelkasten t und dem Reitstocke u ^). Die Spindel v des Spindelstocks ist hohl, dient zur Aufnahme einer Spitze,

^) Die aus Fig. 512 erkennbare Feiendes letztem weicht, dem amerikanischen Systeme entsprechend, etwas von der Form der bisher abgebildeten BeitstÖcke ab.

Fräsmaschine. 671

einer Planscheibe oder eines Einspannfniters; auf dem hintern Ende sitzt ein Schneckenrad, welches durch eine Schnecke von der Kurbel w aus (Fig. 513) bewegt werden kann, falls die Spindel in Umdrehung versetzt werden soll. Selbstthfitig kann diese Drehung von der Stenerungsspindel her aasgeführt werden , indem man die Bewegung derselben durch das Getriebe x, die Wechselräder Xi x^ und das Rad x% auf das Winkelr&der- paar yyi überträgt, deren letzteres auf der Schneckenwelle des Spindel- stocks festsitzt. Das Gehäuse, welches die Spindel trägt, ist zwischen den beiden Backen des Spindelstocks um die Schneckenwelle drehbar, so dass die Spindel auch in schräge und senkrechte Stellung gebracht werden kann, welcher Fall z. B. bei dem Fräsen von Zahnrädern vor- kommt. Durch einen Bolzen mit Mutter, welcher in dem kreisbogenförmi- gen Schlitze der Backenstücke geführt ist, lässt sich das Spindelgehäuse in jeder dieser Stellungen festhalten; und da die SchneckenweUe selbst die Drehiingsachse bildet, wird die Bewegung der Schnecke auch in jeder Stellung der Spindel auf diese übertragen.

Damit man endlich im Stande ist, eine intermittirende Drehung des auf der Spindel befestigten Arbeitsstücks um ein genau vorgeschriebenes Maass auszuführen (z. B. beim Fräsen von Zahnrädern um je eine Zahn- theilung nach Beendigung einer Zahnlücke), sitzt lose auf der Schnecken- welle eine Theilsoheibe e mit einer grossem Zahl von Theilkreisen, deren Theilung durch versenkte Kömerpunkte markirt ist. Durch einen Stift in einem am Spindelstocke angegossenen Säulchen (vergL Fig. 513) lässt sich die Theilsoheibe feststellen, so dass die Schnecken welle , auf welcher die Schlitzkurbel w befestigt ist, sich frei innerhalb derselben dreht. Die letztere trägt auf ihrer Rückseite einen Federstift, der sich mit Hülfe des Enrbelschlitzes in jeden Abstand vom Drehungspunkte bringen lässt und in die betreffenden Kömerpunkte eingestellt wird. Es ist somit leicht, der Sohneckenwelle durch Drehung der Kurbel gemäss der Theilung der Theilsoheibe jedes beliebige Maass der Umdrehungen zu ertheilen: zur Vermeidung von Irrthümem in denjenigen Fällen, wo Bruchtheile einer ganzen Umdrehung ausgeführt werden sollen, befindet sich ein stellbares Zeigerpaar »i auf der Theilsoheibe. Soll die Schnecken- welle z. B. iVia Umdrehungen machen, so stellt man den Federstifb auf einen in 12 Theile getheilten Kreis, die Zeiger so weit aus einander, dass sie zwei Theile des Theilkreises einschliessen (also drei Löcher zwi- schen sich fassen), steckt den Federstift in das Loch 1, dann, nachdem eine volle Umdrehung gemacht ist, in das Loch 3; nun rückt man die Zeiger so viel weiter, dass der erste sich gegen den Stift legt, wobei dann der zweite die Stellung des Stifts nach der nächsten Umdrehung in dem Loche 5 anzeigen wird; u. s. f.

Es wird aus vorstehender Beschreibung der Maschine verständlich geworden sein, wie dieselbe für die mannigfachsten Verwendungen ge- eignet ist, je nachdem die eine oder andere Bewegungsrichtung des Tischs nebst Zubehör in Benutzung genommen wird. Spannt man zwischen

672 Trennungsarbeiten.

die Spitzen der beiden auf dem Tische befindlichen Docken einen Cjlio- der ein und setzt sowohl die selbstthätige Horizontalschaltung desTischs als die Drehung der für die Aufnahme des Arbeitsstücks dienenden Spindel in Thätigkeit also eine doppelte Schaltbewegung , so entsteht unter Einwirkung einer scheibenförmigen Fräse ein vertieff;er Schrauben- gang auf dem Umfange des Arbeitsstücks, eine Verwendung der Ma- schine, welche bei Anfertigung der sogenannten Spiralbohrer vielfach vorkommt.

Die Fräse ist nicht nur ein in seiner Anfertigung kostspieliges Werkzeug, dessen Herstellung die grösste Aufmerksamkeit erfordert, wenn sie eben ihren Zweck in vollkommener Weise erreichen soll, son- dern es hat auch jedes Stumpfwerden der Schneiden eine weit schwieri- gere Wiederherstellungsarbeit zur Folge, als bei den einfachem Messern anderer Werkzeugmaschinen. Die Construction der Fräse in solcher Weise, dass nicht allein jede der Schneiden richtig geformt ist, sondern dass auch alle Schneiden in genauer Weise zusammenwirken wozu vorzüglich ein sicheres Rundlaufen, also vor Allem eine genau runde Form der Fräse erforderlich ist , und dass endlich jenes Schärfen in möglichst einfacher Weise und ohne Nachtheil für die Beschaffenheit der Fräse zu erreichen sei, ist demnach eine wichtige Aufgabe, wenn die Anwendung der Fräsen und Fräsmaschinen überhaupt einen günstigen Erfolg liefern solL

Wie die CJonstruction von Werkzeugmaschinen für Specialzwecke vorzugsweise in den Vereinigten Staaten Nordamerikas auf eine hohe Stufe der Ausbildung gelangt ist, so verdanken wir auch ganz besonders hinsichtlich der Construction von Fräsen und Fräsmaschinen viele be- merkenswerthe Fortschritte den Nordamerikanern.

Von Wichtigkeit für die Erreichung jener Aufgabe einer Fräse ist die Anzahl der Schneiden auf bestimmter Länge oder richtiger ihr Ab- stand von einander und ihre Grösse. Während man bei uns bis vor Kurzem vorwiegend feingezahnte Fräsen mit 0,5 bis höchstens 4 Mm. Theilnng (Abstand im Theilkreise) anwandte, giebt man in Nordamerika durchweg grosse und grobe Zähne. Bei einer Fräse mit feiner Zahn- theilung wird wie bei einer Feile der Raum zwischen den einzelnen Zähnen bald mit feinen Spänen angefüllt. In Folge dessen verliert die Feile ihre Wirksamkeit, statt des Schneidens entsteht ein Schaben und die Schneidkante wird rasch stumpf. Bei der feinen Theilung ist eine Zuschärfnng nur möglich, indem die Fräse ausgeglüht, mit einem^ Werk- zeuge nachgeschnitten und wieder gehärtet wird. Das Ausglühen ohne Hämmern benachtheiligt aber die Eigenschaften des Stahls und das Härten hat sehr leicht ein Verziehen der Fräse zur Folge, welche nun- mehr in Folge dessen nicht mehr rund läuft. , Macht man aber die Zähne (Schneiden) und ihre Entfernung von einander grösser, so nimmt jeder derselben einen entsprechend grossen Span, welcher vermöge seines eigenen Gewichts herausföllt. Ist aber die Schneide endlich stampf ge-

Fräsen. 673

worden, so lässt sich das Anschärfen bei der Grösse des Zahns dorch Schleifen bewirken, was bei kleinen Zähnen unmöglich sein würde, und man erspart nicht allein dadurch Arbeit, sondern umgeht auch die soeben erwähnten nicht unerheblichen Nachtheile des Ausglühens und Härtens ^). Selbstverständlich muss bei der Form des Zahns von vornherein auf dieses spätere Zuschärfen durch Schleifen Rücksicht genommen werden; die auf S. 666 in Fig. 510 abgebildete Fräse giebt ein Beispiel hierfür.

Als zweckmässige Umfangsgeschwindigkeit der Fräse rechnet man bei Schmiedeeisen lÖO bis 180 Mm. per Secunde, bei Gnsseisen 180 bis 200 Mm. per Secunde; bei Maschinen mit Messerkopf, deren Schneiden leichter zu schärfen sind, ^ giebt man sogar eine Umfangsgeschwindigkeit bis zu 250 Mm. Die Schaltung schwankt nach dem Durchmesser der Fräse von 0,1 bis 1,5 Mm. per Umdrehung.

Für die Berechnung des Arbeits Verbrauchs giebt Hartig die Formel:

N=No + «6, worin ^o den Arbeitsv^rbrauch im Leergange, G das stündlich abgefräste Materialquantum bezeichnet und £ den Arbeits verbrauch für 1 Kilogramm Spangewicht per Stunde; für Gusseisen beträgt

s = 0,07 Pferdestärken bei mittelscharfen Schneiden; s = 0,24 Pferdestärken bei Abfräsen der Gusshaut. Nq schwankt zwischen 0,1 bis 0,55 Pferdestärken.

Für Veranschlagungen des Kraftbedarfs wird man 0,5 bis 1 Pferde* stärke pro Maschine rechnen können.

Literatur über Fräsen und Fräsmaschinen.

Ausser den auf S. 569 mitgetheilten Werken: Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1858, Taf. 32, Jahrg. 1859, Taf. 12, Jahr-

gang 1863, Taf. 32 ab, Jahrg. 1864, Taf. 33. U blandes Maschinenconstructeur , Jahrg. 1870, S. 277, Jahrg. 1871,

S. 148, Jahrg. 1872, S. 5, Jahrg. 1873, S. 356. Armengaud, Publication industrielle, Bd. 3, S. 44, Bd. 5, S. 257, Bd. 8,

S. 357, Bd. 14, S. 371, Bd. 17, S. 367, Bd. 19, S. 89 und 335,

Bd. 20, S. 12, Bd. 21, S. 2. Dingler's polytechnisches Journal, Polytechnisches Gentralblatt, Deutsche

Industriezeitung, Deutsche Allgemeine polytechnische Zeitung und

andere mehr in fast allen Jahrgängen.

g. Ger&the zum Ausbohren.

Wenn bei der rohen Formgebung ein Arbeitsstück eine cylindrische Oeffnung erhalten hatte, welche einer Nacharbeit durch Wegnahme von

*) Vergl. Wencelides, op. cit., 8. 109. L e d e b n r , mechauiach-metiiUargiflch« Technologie. ^

674 Trennungsarbeiten .

Spänen vermittelst eines schneidenden Werkzeugs bedarf, nm den er- forderlichen Grad von Genauigkeit zu erhalten, so nennt man diese letztere Arbeit Ausbohren*'. Das Ausbohren geschieht, indem man einen um seine Achse sich drehenden, an einer langem Stange (der ßohrwelle, Bohrstange oder Bohrspindel) befindlichen Bohrkopf, an dessen Aussenfläche eine oder mehrere radiale Schneiden (Bohrschnei- den, Bohrmesser) befestigt sind, langsam durch die vorhandene Oeffnung hindurchführt, wobei die Schneiden Späne abnehmen. Ist die aus- zubohrende OeffnuDg klein im Durchmesser, so befestigt man die Messer auch ohne eigentlichen Bohrkopf ohne Weiteres in der Bohrstange. Die in einer Drehung um die Achse bestehende Hauptbeweguug wird dem- nach stets durch das Werkzeug bewirkt; die geradlinige Verschiebung in der Achsenrichtung entweder durch das Werkzeug oder das Arbeits* stück.

Die Arbeit des Ausbohrens hat mithin eine gewisse Aehnlichkeit mit der Arbeit des Fräsens, unterscheidet sich jedoch wesentlich von derselben dadurch, dass beim Ausbohren die Schneiden ununterbrochen im Angriffe bleiben, während sie sich beim Fräsen gegenseitig abwech- seln. Daher ist auch die Bewegung beim Ausbohren eine erheblich langsamere als beim Fräsen.

Die Anwendung mehrerer Bohrmesser auf demselben Bohrkopf dient nicht allein zur Beschleunigung der Arbeit, sondern ist auch deshalb zweckmässig, weil bei einem einzelnen eine Verbiegung der Bohrwelle und somit die Entstehung eines unrunden Lochs durch den einseitigen Druck sehr leicht eintreten kann. Die Zahl der Schneiden pflegt dem- nach mindestens zwei und höchstens acht zu betragen.

Die Befestigung der Schneiden geschieht bei kleineren Vorrichtun- gen dieser Art häufig nur mit Hülfe eines Schlitzes in der an dieser Stelle etwas im Durchmesser verstärkten Bohrstange, in welchem das Schneidmesser durch einen Keil festgehalten wird. Derartig befestigte Bohrmesser können noch zum Ausbohren von Löchern mit 200 Mm. Durchmesser benutzt werden, wobei allerdings die Bohrstange selbst schon einen Durchmesser von mindestens 100 Mm. erhalten muss; für grössere Löcher befestigt man die Schneiden in dem schon erwähnten Bohrkopfe, welcher gewöhnlich aus Gusseisen gefertigt ist und eine genaue Ein- stellung der Messer vermittelst Keile und Schrauben ermöglicht.

Nur selten und nur in Werkstätten, welche mit maschinellen Vor- richtungen nicht versehen sind, erfolgt die Bewegung der Bohrstange von Hand, wobei natürlich nur sehr schwache Spänchen genommen wer- den können. Das Ende der Bohrstange ist für diesen Zweck vierkantig ausgeschmiedet, um ein langes Querheft darüber stecken zu können (Wend- eisen genannt), an dessen beiden Enden gedreht wird. Sollen vier Arbeiter gleichzeitig anfassen, so schmiedet man das Wendeisen in Form eines grossen Kreuzes. Die Vorrichtung heisst Gylinderbohrer. Der Messerkopf ist häufig nur aus Holz mit eingesetzten Messern gefertigt.

Ausbohren. 676

Für conische Oeffnangen, z. B. in einem Habngehänse, muBS der Kopf nebst Messern natürlich ebenfalls conisch geformt sein.

Bei den Maschinen, welche zam Ausbohren benutzt werden, ist die Bohrstange an beiden Enden gelagert, um eine sichere Führung der Messer zu gewähren; die Schneiden und mithin auch das auszubohrende Arbeitsstück, durch dessen Oeffnung die Bohrstange hindurchgeht, befinden sich zwischen den Lagern. Ein leicht zu bewirkendes Ausheben der Bohrstange aus ihren Lagern ist demnach erforderlich, um das Arbeits- stück an seine Stelle bringen und die Bohrstange hindurchstecken zu können.

Die Construction dieser Ausbohrmaschinen weicht insofern von ein- ander ab, als man den Vorschub entw<^er von dem Arbeitsstücke oder ▼on dem Werkzeuge ausfuhren lässt. Letzterer Fall ist, wie schon er- wähnt, der gebräuchlichere und beim Ausbohren schwerer Arbeitsstücke allein anwendbar; der erstere Fall kommt vor, wenn man eine Drehbank mit selbstthätigem Vorschübe zum Ausbohren benutzt, die Bohrwelle mit der Drehbanksspindel verbindet, das Arbeitsstück auf dem Supportschlit- ten befestigt, welcher in diesem Falle mit entsprechend ausladendem Fusse versehen wird und in solcher Weise den Vorschub des Arbeits- stücks bewirkt ^). Bei Maschinen jedoch , welche vorwiegend zum Aus- bohren bestimmt sind, pflegt auch für kleinere Arbeitsstücke der Vor- schub durch die Bohrwelle ausgeführt zu werden, wobei nicht aus- geschlossen ist, dass dieselbe Maschine nach Ein- und Ausschaltung der betreffenden Schaltungsmechanismen auch zum Drehen und Fräsen be- nutzt werden kann.

Solche kleineren Ausbohrmaschinen, deren äussere Form gewöhnlich deijenigen einer Fräsmaschine ähnelt und welche zum Ausbohren von Lagern, Kuppelmuffen, kleinen Dampf- und Pnmpencylindern und der- gleichen benutzt werden, haben stets eine horizontale Bohrwelle und heissen insbesondere Horizontalbohrmaschinen; die grossen Maschi- nen, zum Ausbohren grosser Dampf-, Pumpen- und Gebläsecylinder die- nend, haben theils horizontale, theils verticale Bohrspindeln und werden Cylinderbohrmaschinen genannt.

Die Art und Weise, wie bei den Horizontalbohrmaschinen die Schalt- bewegung der Bohrspindel bewirkt wird, ergiebt sich ans der Figur 514 a. f. S., einen senkrechten Schnitt durch den Spindelstock einer sol- chen Maschine darstellend ^). Auf der hohlen Spindel d sitzt das Stirn- rad i und empfangt seine Bewegung von der Stufenscheibe e entweder durch directe Verbindung oder durch ein seitliches Vorgelege, welches von dem kleinen Getriebe/ aus betrieben wird, je nachdem langsame oder rasche Drehung erforderlich ist. In jener Hohlspindel steckt die

^) Yergl. die in Figur 490 und 493 nxtf Seite 644 gegebene Abbildung einer derartigen Drehbank.

*) Hart, Werkzeugmaschinen, Tafel 26, Figur 5.

43*

676 Trennungsarbeiten.

Bohrepiadel c,' durch Nuth ond Feder mit iiir yerbaaden and deshalb

jede Dreliimg deraetben mitmachend, doch in der Achsenrichtung rer-

Fig. 514.

sohiebbar, und die Schraube napindel o mit einem Kopfe, in welchem das Ende der Bohrspindel durch einen Keil beieetigt iet. Zar Längs- bewegung der Schraabenspindel 0 dient non daiB 'sogenannte Difieren- zialgetriebe %2mn. Von diesen vier Rädchen sitzt ft fest auf dem Ende der hohlen Spindel d; l and m sitzen aof einer gemeinschaftlichen Achse und bilden zusammen ein StQck, n sitzt auf der Schraabenmutter Oi fest, welche auf der Schraubenspindel o befestigt ist. Das Uebersetznnga- TcrbältnisB der Räder fc : E ist ein etwas kleineres als das Uebersetznngs- verhältnisa m : M; dadorch erh&lt die Schraubenmutter Oi eine abwei- chende Geschwindigkeit und somit eine relative Drehung gegen die mit der Spindel sich drehende Schraube; nnd da die Mutter an einer Län- gen verschiebang gehindert ist, erfolgt eine solche ßir die Schraube und Bohrspindel.

Um die letztere nach ihrem Durchgange leer EarQckzufahren , be- nutzt man das mit dem Stimrädchen n ans einem Stftcke gegossene Handrad it| , nachdem die Rädchen I und m ausgerückt sind. Die Achse derselben ist zu diesem Zwecke mit einem excentrischen Zapfen an dem Spiudelstocke gelagert nnd durch eioe halbe Umdrehung wird die Aus- rückung bewirkt.

a ist der Stander der Maschine, mit dem Spindelstocke in einem Stücke gegossen und unten mit solidem Fusse versehen. An der Seite, wo die Bohrspindel hervorragt, befindet sich ein meistens consolenfönuig construirter Tisch, zum Höher- oder Niedrigerstellen eingerichtet, auf welchem sowohl das Arbeitsstück als auch ein Setsstock (Lagerbock) be- festigt wird, um das andere Ende der Bohrspindel zu stützen. Soll, wie es meistens der Fall ist, die Maschine auch zum Drehen und Fräsen benutzbar aein , so ist der Tisch mit einem Kreuzsnpporte von bekanntet Einrichtung vorsehen, welcher selbsttbätig geschaltet wird und beim

Horizontalbohnnaschinen. 677

Drehen dos Werkzeug, beim Fräsen das ArbeitBstück Bafaimmt. Die Rädchen l und m werden dann aoBger&ckt, das Getriebe k mit einem seit- lich gelagerten Rädchen in EüngrifF gebracht nnd von diesem aas wird die Schal tbewegong anf eine Leitspindel abertragen, welche sie anf den Support fortpäanEt. Beim Fräsen wird statt der Bohrspindel eine Fräse in d befestigt; beim Drehen eine Spitze; und wenn man die Maaahine zum Plajidrehen benutzen wiU, ist der Mitnehmerkopf d znm Abschrau- ben eingerichtet, um an seiner Stelle eine Planscheibe anischraaben zu

Da die Bohrspindel der Horizontalbohrmaachinen den Vorschub selbst ausfahrt, so muss ihre Länge incl. der Schraube mehr als das Doppelte Fig. 515,

von der I^inge des auszubohrenden ArbeitsstOcks betragen. Bei diesen kleineren Maschinen ist dieser Umstand ohne Belang; bei grossen Ma- schinen aber, den eigentlichen Cylinderbohrmaschinen, wQrde eine solche bedeutende Länge der Bohrspindel mancherlei Unbequemlichkeiten her- Tormfen. Man zieht es deshalb bei den grösseren Cjlinderbohrmascbinen gewöhnlich vor, den Bohrkopf anf der Spindel verschiebbar zu machen nnd somit von diesem allein die Fortrückung ausführen sn lassen, wäh- rend die Bewegung der Spindel lediglich in einer Drehung besteht. Die Figuren 616 nnd 616 stellen eine solche horizontale Cylinderbohr-

676 Trenn ungsarbeiten.

Gylinderbohrmaschinen. 679

maschine mit fortrückendem Bolirkopfe in V15 der wirklichen Grösse dar (Chemnitzer Werkzengmaschinenfabrik).

Auf dem gnsseisemen kastenförmigen Untersatze Ä sind die Lager- stühle B und Bi aofgeschranbt, welche zum Tragen der Bohrspindel dienen. Zwischen denselben sind die starken, zur Aufnahme des auszubohrenden Cylinders dienenden Tragböcke Ci C^ angebracht, auf denen der Cylinder durch übergelegte Schmiedeeisenanker, in Schrauben endigend, sicher und centrisch zur Bohrwelle befestigt werden kann. Um der Verschie- denheit der Cylinderdurchmesser Rechnung 2u tragen, sind je zwei zu einander gehörige Tragböcke quer gegen die Längenrichtung der Maschine verschiebbar (ähnlich wie die Klauen einer Centrirmaschiue S. 38), wobei, wie aus Fig. 516 hervorgeht, ihre Seitenflächen neben einander vorbeigehen. Die Verschiebung wird von Hand mit Hülfe von Schrauben bewirkt und die Böcke in der gewählten Stellung durch starke Schrauben auf dem Untertheile festgestellt. Die gusseiserne Bohrspindel D ist hohl und trägt in ihrem Innern die lange, an dem linken Ende mit einem Zapfen frei herausragende und unabhängig von D drehbare Schraubenspindel E. Auf der an der Aussenfläche gedrehten Bohrspindel sitzt der Bohrkopf F mit den Schneidstählen //, welche in der aus der Abbildung ersichtlichen Weise durch je einen Keil mit Schraube in dem Kopfe befestigt sind. Der Bohrkopf trägt an seiner Innenseite eine in der Abbildung nicht sichtbare Schraubenmutter, welche durch den langen in Fig. 516 sichtbaren Schlitz der Bohrspindel hindurch in das Innere derselben hineingreift und die dort befindliche Sohraubenspindel umfasst. Während also der Bohrkopf gezwungen ist, die Drehung der Bohrspindel mitzumachen (wobei die in den Schlitz greifende Mutter als Mitnehmer' dient), mnss zugleich eine Längsverschiebung desselben stattfinden, sobald die Drehung der innern Schrauben Spindel E von der Drehung der Hohl- spindel D abweicht. Von der Deokentransmission aus erhält zunächst die Stufenscheibe Q ihren Antrieb und überträgt die Bewegung durch die auf ihrer Welle befestigte Schnecke H unter stark verlangsamender Uebersetzung auf das Schneckenrad £1, welches auf der Bohrspindel D festsitzt und somit auch diese in Drehung versetzt. Zur Unterstützung der Antriebwelle mit Stufenscheibe und Schnecke dienen die beiden an dem Lagerstuhle Bi angegossenen Lagerhülsen KK, Von der Bohrspindel aus erfolgt nun die abweichende Drehung der Schraubenspindel E ver- mittelst des DifPerenzialgetriebes mnop in ganz gleicher Weise wie in Fig. 514. m sitzt fest auf der Bohrwelle, p auf der Schraubenspindel; n und 0 befinden sich zusammengekuppelt auf einer gemeinschaftlichen, in dem kleinen Lagerstuhle Q befestigten Achse. Die Uebersetzung m : n ist eine andere (kleinere) als 0 : p; E erhält demnach eine etwas langsamere Drehung als D und schiebt dadurch den Bohrkopf F langsam in der Achsenrichtung vorwärts.

Die Zuiückführnng des Bohrkopfs nach beendigtem Durchgange geschieht von Hand, indem man eine Kurbel auf das vierkantig ge-

680 Trennungsarbeiten.

schmiedete Ende der Schranbenspindel steckt und in entsprechender Richtung dreht, nachdem die Radchen o und n losgenommen worden sind.

Bei den senkrechten Cylinderbohrmaschinen ist die innere Einrich- tung der senkrecht stehenden Bohrspindel im Wesentlichen die nämliche als bei den horizontalen; statt des gusseisernen Rahmens oder Betts, welches zum Tragen der ConstructionsCheile einer horizontalen Cylinder- bohrmaschine dient, besitzt eine senkrechte Maschine eine Fundament- platte mit Lagerbüchse ftir den einen Zapfen der Bohrwelle und einen von Säulen getragenen Rahmen, welcher das Lager für den andern Zapfen enthält und zugleich als Unterstützung für den Mechanismus zur Bewegung der Schraubenspindel (Differenzialgetriebe) benutzt zu werden pflegt. Der Antrieb der Bohrwelle erfolgt gewöhnlich an dem untern Zapfen unterhalb der erwähnten Fundamentplatte.

Die senkrechten Cylinderbohrmaschinen sind schwieriger in ihrer Bedienung und deshalb im Allgemeinen weniger häufig als die horizon- talen. Ihre Anwendung ist jedoch noth wendig, wenn Cy linder von sehr grossem Durchmesser ausgebohrt werden sollen (z. B. grosse Gebläse- cylinder), welche für stehende Maschinen bestimmt sind und vermöge ihres eigenen Gewichts eine Zusammendrückung erfahren, also ellipti- schen Querschnitt erhalten, sobald sie in liegende Stellung gebracht werden. Wird nun ein solcher Cylinder auf einer horizontalen Gylinder- bohrmaschine rund ausgebohrt und dann aufgerichtet, so nimmt er als- bald seine normale Form wieder an und wird dadurch im Innern elliptisch. Umgekehrt würde ein grosser Cylinder für liegende Maschinen elliptischen Querschnitt erhalten, wenn er auf einer senkrechten Cylinderbohrmaschine ausgebohrt und dann in horizontale Lage gebracht würde.

Es ist noch der Fall denkbar, dass Oeffnungen ausgebohrt werden sollen, welche innerhalb des Arbeitsstücks endigen, nicht hindurchgehen. Bei Anfertigung von Geschützwa£Pen (Kanonen, Gewehrläufen u. s. w.) ist dieser Fall nicht selten. . Ausbohrmaschinen der beschriebenen Art, in welchen die Bohrspindel an beiden Enden unterstützt ist, sind dann natürlich nicht zu verwenden. Der Bohrkopf muss an dem einen Ende der Spindel befestigt und diese in solider Weise gelagert sein, um jede Yerbiegung zu vermeiden. Gewöhnlich liegt sie horizontal; senkrechte Maschinen haben dieselben Nachtheile wie die senkrechten grossen Cy- linderbohrmaschinen, ohne dass, wie bei jenen, ihre Anwendung durch Eigenthümlichkeiten der Arbeitsstücke nothwendig würde. Häufig macht das Arbeitsstück die Hauptbewegung (Drehung) und der Bohrkopf rückt gegen dasselbe vor; bisweilen liegt das Werkzeug ganz still und das Arbeitsstück macht beide Bewegungen.

Wie bei jeder andern Bearbeitung metallener Arbeitsstücke durch Werkzeuge pflegt man beim Ausbohren erst durch Wegnahme starker Späne mit starkem Vorschübe zu schroppen und dann durch Schlichten mit langsamem Vorschübe die Arbeit zu beendigen. Während man beim

Ausbohrmaschinen. 681

Schroppen gewöhnlich mehrere Stahle zugleich angreifen lässt, pflegt beim Schlichten nar ein einziger im Angriffe zu stehen; und sollte durch den einseitigen Druck, welcher beim Schlichten jedoch schwächer aus- fallt, ein Verbiegen der Bohrwelle zu befürchten sein, so lässt sich dieses verhindern, indem man dem Stahle gegenüber ein Holzstückchen in den Bohrkopf einsetzt.

Die zweckmässige Umfangsgeschwindigkeit ist bei kleineren Hori- zontalbohrmaschinen :

beim Ausbohren von Stahl .... 30 bis 40 Mm. per Secünde,

Ghisseisen. . . 60 70

Schmiedeeisen . 70 80 ^

Messing, Bronze 100 120

die Schaltung 0,1 bis 0,5 Mm. per Umdrehung. Grosse Cylinderbohrmaschi- nen lässt man, um die bei dem grossem Durchmesser leichter eintreten- den Erschütterungen zu vermeiden, etwas langsamer gehen und kann für die Hauptbewegung etwa 10 Mm. weniger als die obigen Werthe rechnen , während die Schaltung in Rücksicht auf die längere Zeitdauer per Umdrehung 0,25 bis 1 Mm. beträgt; nach Hartig soll die Zuschie- bung (Schaltung) Vssoo der Umfangsgeschwindigkeit betragen. Der Arbeitsyerbrauch ist nach Hartig:

N = No + bG Pferdestärken,

0 13 und hierin s für Gusseisen = 0,034 -|- -^ Pferdestärken zu setzen,

wobei / den Spanquerschnitt in Qmm. , N^ wie in den früheren Formeln den Arbeitsyerbrauch im Leergange, Q- das Gewicht des stündlich zer- spanten Metallqnantums bedeutet.

Für kleine Cylinderbohrmaschinen genügt ein Arbeitsaufwand von ^/4 Pferdekraft, welcher bei grossen Maschinen bis auf 4 Pferdekräfte sich steigern kann.

Literatur über Geräthe zum Ausbohren.

Ausser den auf Seite 569 genannten Werken: Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1864, Nr. 22 ab, Jahrg. 1870, Nr. 11. Praktischer Maschinenconstructeur, Jahrg. 1868, S. 117. Wiche, Skizzenbuch, Jahrg. 1866, Hft. 2. Deutsche Industriezeitung, Jahrg. 1869, S. 3. Dingler's polytechnisches Journal, Bd. 106, S. 96, Bd. 208, S. 2,

Bd. 209, S. 3, Bd. 216, S. 477.

682 Trennungsarbeiten.

h. Gerftthe zum. Loohbohren.

Wenn in einem vollen Metallstücke eine kreisronde Oeffnnng mit gerader Achse (ein Loch) hergestellt werden soll, so kann dieses ab- gesehen von der früher besprochenen Methode des Lochens durch Ab- scheerong, welche, wie oben ansfuhrlicher erläutert wurde, nur für eine beschränkte Anzahl von Fällen benutzbar ist und dann auch nicht ein- mal ein genau cylindrisches Loch liefert mit Hülfe dnes schneidenden Werkzeugs in zweierlei Weise ausgeführt werden.

Bei der ersten dieser beiden Methoden wird ein Werkzeug mit schmaler Schneide (dem Kreuzmeissel entsprechend) in einem Abstände gleich dem Halbmesser des herzustellenden Lochs um den Mittelpunkt des letztern herumgeführt und schneidet dabei einen cylinderförmigen Kern aus dem vollen Metalle aus. Zur Sicherung der Bewegung des schneidenden Werkzeugs muss dasselbe mit einer zu dem Loche centri- trischen Spindel verbunden werden, welche in der Mitte des erwähnten Kerns eingesetzt wird und die Drehung auf das Werkzeug überträgt Es ist klar, dass ein solches Verfahren nur in denjenigen Fällen Anwen- dung finden kann, wo das Locfa^durch das ganze Arbeitsstück hindurch- geht; denn so lange die Basis des Kerns in fester Verbindung mit dem Arbeitsstücke bleibt, würde ein regelrechtes Lostrennen desselben ohne Gefahr einer Beschädigung des Arbeitsstücks fast unmöglich sein. Ande- rerseits aber verliert das Verfahren an Werth und wird schwieriger ausführbar, wenn der Durchmesser des Lochs überhaupt nur klein ist. Deshalb findet es vorzugsweise dann Anwendung, wenn in dünnen Me- tallstücken "T Blechen grosse Oeffnungen hergestellt werden sollen.

Da die Schneide bei ihrer Drehung ihrer Aufgabe entsprechend tiefer und tiefer in das Metall eindringt, so muss die mit ihr fest ver- bundene Spindel entweder gleichfalls diese Schaltbewegung des Werk- zeugs mitmachen; und in diesem Falle muss in der Mitte der auszu- schneidenden Metallscheibe bereits ein kleineres Loch für die Aufnahme und den Vorschub der Spindel vorhanden sein; oder es muss die Spindel in ihrer Achsenrichtung verschiebbar gemacht werden, in welchem Falle sie nur mit einer conischen Spitze in ein im Mittelpunkte der Scheibe gekörntes Grübchen eingesetzt zu werden braucht. Dabei muss aber natürlich die Spindel den zum Eindringen der Schneide in das Metall erforderlichen Druck auf diese übertragen; und hierdurch verliert die letztere Construction bedeutend an Einfachheit. Als Beispiel hierfür kann die in den Figuren 517 und 518 gegebene Abbildung eines sol- chen von Mc Kay erfundenen Bohrwerkzeugs dienen ^).

a ist die Spindel mit conischer Spitze. Dieselbe bewegt sich kol- benartig in der Kammer h, während die zur Aufnahme der "Werkzeug-

^) Dingler polytechnisches Journal, Bd. 217, S. 454.

Rohrwandbohrer. 68$

stähle dienenden beiden Kolben cc in entaprechenden Esminern drl be- weglich Bind. Alle drei Kammern bilden den innern Tbeil des guss- Pig. 517. Fig. 51g. eisernen Geb&uBes, stehen

ftn dem obem Ende mit einander in Verbindung nnd die Kolben sinddnreh Lederstnlpen in denselben gedichtet. Jeder der Kol- ben c trägt einen Stiil ä, welcher durch die Schlitze der Gehäuse wand hin- dnrch an beiden Seiten nach aussen tritt nnd hier auf einem gemeinschaft- lichen Qnerstege ruht, welchem durch eine kräf- tige Spiralfeder das Be- streben ertheilt ist, die Stifte nnd mit ihnen die Kolben ec nnd Werkzeuge in die höchste Sielltnig zu bringen. Der Ranm oberhalb der drei Kolben ist TolbtSndig mit einer Flüssigkeit (Oel oder Wasser) gefüllt, welche durch das Schrauben- loch g eingefQllt ist. In der Rnhe wird demnach wie in der Äbbildong die Spindel die tielate, die Schneiden die höchste Stellang eSanebmen. Wird nun aber von oben her ein Druck gegen das Gehluse ausgeübt, so wird die Spindel a emporgesehoben, die Ober ihr stehende Flüssigkeit in die Kammern dd gedrückt, deren gesammter Querschnitt gleich dem Querschnitte der Kammer b ist, und die Kolben ec mit den Schneiden werden hierdurch unter Anspannung der Spiralfedern ebensoviel nach unten bewegt als a hinauf rückt Sobald das Loch beendet ist, der Druck gegen die Spindel also aufhört, führen die Spiralen das Werkzeug ohne Weiteres in die für den Beginn des Bohrens geeignete Stellung zurAck. Der Zapfen / dient aum Einstecken des Werkzeugs in eins der unten beschriebenen Bohrgeräthe oder Maschinen, von welchen ans die Bewegung des Bohrers erfolgt.

Durch Verstellung der Schneiden gegen die Mittellaohse ist man im Stande, Lächer von verschiedenem Durchmesser aoszasoh neiden.

Dire haupUäcfalichste Verwendung finden solche Bohrwerkzeuge in den Dampf kesselfabriken; da sie vielfach benutzt werden, nm in den Rohrw&nden der Röhrenkessel die Oe£fuungen Sür die Feuerrohre ans- Eoschneiden, nennt man sie wohl Rohrwandbohrer.

Bei der zweiten Methode mr Herstellung von Löchern wird das gesammte an der Stelle des. herzustellenden Lochs befindliche Material durch ein schneidendes Werkzeug in Späne verwandelt und als solche

684

TrennuBgsarbeiten.

entfernt; und es ist somit dieses Verfahren ebenso gnt anwendbar, wenn die Löcher nor bis za einer bestimmten Tiefe in das Metall ein- dringen, als wenn sie ganz hindurchgehen sollen. Das Werkzeug der Bohrer oder die Bohrspitze dreht sich hierbei ebenfalls um seine Achse, während er zugleich in seiner Achsenrichtung gegen das Arbeits- stück vorrückt; und es muss natürlich, um das Metall vollständig zu zerspanen, die Breite desselben gleich dem Durchmesser des herzustellen- den Lochs sein. Wegen dieser Achsendrehung des Bohrers sind zwei Schneidkanten vorhanden, welche in der Mitte des Bohrers zusammen- laufen und entweder gegen die Achse rechtwinklig stehen (Centrum- bohrer) oder einen Winkel einschliesen , welcher niemals weniger als 80 Grade, gewöhnlich 100 bis 120 Grad beträgt, und im Allgemeinen um so grosser ist, je grösser der Durchmesser des zu bohrenden Lochs ist (Spitzbohrer). Nach JoessePs Versuchen soll ein Winkel von 110 Graden der günstigste sein; doch findet man auch Bohrer mit 150 bis 160 Grad grosser Spitze, und wenn der Durchmesser des Lochs über 10 Millimeter gross wird, pflegt der Winkel 180 Grad zu betragen, d. h. er geht in eine gerade Linie über und aus dem Spitzbohrer wird ein Gentrumbohrer.

Bei Bohrern der kleinsten Art sind die Schneiden von beiden Seiten her gleichmässig zugeschärfb (Fig. 519) und zwar unter Winkeln a gleich 45 bis 60 Grad. Dadurch erhalten sie allerdings die Fähigkeit, Fig. 519. bei Drehung in beiden Richtungen verwendbar zu sein und man nennt sie von diesem Gesichtspunkte aus zwei- schneidige Bohrer; wie man leicht erkennt, ist aber ihr Schneidwinkel ein sehr ungünstiger, grosser als 90 Grad, und an die Stelle des eigentlichen Schneidens tritt ein Schaben. Sie werden mit rascher Drehung benutzt und liefern höchst fein zertheilte Späne.

Den Schneiden aller grösseren Bohrer dagegen giebt man eine einseitige Zuschärfung, welche sie zwar nur bei Drehung in einer bestimmten Richtung zum Angrifife kom- men lässt, während ihre Wirkung sich in ein wirkliches Schneiden verwandelt und dadurch günstiger sich gestaltet ,<^qI als bei den zweischneidigen. Man nennt deshalb diese

^*-^:^ Bohrer einschneidig; Fig. 520 stellt einen einschneidigen

Spitzbohrer, Fig. 521 einen einschneidigen Centrumbohrer dar. Ihr Zuschärfnngswinkel pflegt 50 bis 80 Grad zu betragen, wo- bei sie ausserdem einen Anstellungswinkel von 4 bis 5 Grad besitzen (vergl. S. 549), so dass der gesammte Schneidwinkel 55 bis 85 Grad beträgt, um einen günstigeren Schneidwinkel zu erhalten und das Abfliessen der Späne zu erleichtem, bringt man nicht selten der Zn- schärfungkante gegenüber an der voranschreitenden Fläche eine rinnen- artige Aushöhlung an, wie es in der Abbildung des Centrumbohrers er- sichtlich ist.

Bolirwerlueuge. 685

Damit beim Bohrao das Loch geaau die richtige Stellang erhftlte,

wird bei Anweadnng vod Spitibohrem die Spitie derselben in dem eutof

Fi([. 526. Pig. 521. ,

mit einem Kömer rorgezeiobneten Hittelpunkte des Locbs eingesetzt; Centnunbohreni giebt man zu demselben Zwecke in der Mitte eine kurze dicke, mit Schneide rersehene Spitze, wie die eines kleinen Spitzbofarers ; oder bei Löchern von grösBermDurchmesser statt derSpitzeeinencylindri- Bchen Ansatz wie in Fig. 621, wobei dann allerdings mit einem Spitzbohrer schon ein entsprechend weites Loch rorgebohrt werden muas, in welchem jener Ansatz vorwärts gleiten kann, hierbei zugleich als Führer fflr die geradlinige Fortbewegung des Bohrer« dienend. Bei gewöhnlichen Spitz- bobrem mnss diese geradlinige Richtung des Vorschubs durch die rich- tige Handhabung des Werkzeugs oder durch die zur Bewegung dienende Itfasohine gesichert werden.

Damit die entstehenden Spftne während des Bohrens ans dem Loche heraustreten kAnnen ohne die Bewegung des Bohrers zu hemmen, mnn der Qaerscbnitt des letztem erheblich geringer sein als der Querschnitt des Locha; d. h. er muaa genOgend flach ausgeschmiedet sein, so dass die Späne an beiden breiten Seiten hinlänglichen Raum zum Entweichen finden. Wählt man einen cylindrischen Stab zur Anfertigung des Bob- ren wie in Fig. 521, so mnss der Durchmesser desselben erheblich ge- ringer als der DnrchmesBer des Locbs sein und sich unten xa dem brei- tem und dOnnem Qnarschnitte der Schneiden verflachen. Das Ans- weichen und Heraustreten der Späne ans dem Loche wird wesentlich durch eine Constmction des Bohrers, wie in Fig. 522 abgebildet ist, er- leichtert; und zugleich erhält ein solcher Bohrer durch seine äusserlicbe cflindrische Form, mit dem gleichen Durchmesser als der Lochdurch-

686 TreniiQiigaarbeiten.

measer beträgt, eine sichere GeradfOhrang in dem entatehenden Loche. Hftn nennt dieM Hhr empfehlenswertb« Coostmction der Bohrer, welche, Fig. h22. i^e so manche andere Verbesserangen an Wericzengen nnd Werkzengmaachinen , ran Nordaroerika sn ans herfiberkam, Spiralbohrer. Dieaelben haben, wie sich ans der Abbil- dang ergiebt, wie gewöhnliche Bohrer zwei einseitig za- geechärfta Schneiden , die jedoch am Ende eines Cjlinders sich befinden, and von denen ans zwei vertiefte scbnaben- gangartige Furchen für den Anstritt der Späne dienen. Die AnfertigDng der Spiralbohrer geschieht durch Einfrä- sen der Schranbengänge , wobei eine doppelte Schaltbewe- gung — Drehung nnd geradliniger Vorschub des Arbeits- Stacks stattfindet (vergl. S. 668).

Der Bohrer wird beim Metallbohren niemals ohne Weiteres (wie häofig beim Uolzbohren) durch einfache Dre- hung mit der Hand bewegt, sondern in einem Bohrgeräthe befestigt, welches von Hand oder durch Elementarkraft seine Bewegung erhält nnd auf den Bohrer fiberträgt

Bohrgeräthe fBr Eweisohneldiga Bohrer. Diesel- ben müssen der oben mitgetheilten Einrichtnng der zwei- schneidigen Bohrer zufolge im Stande sein, denselben eine abwechselnd hin- nnd hergehende Drehung mit grosser Geschwindigkeit aber unter geringem Drucke mitzntheilen. Unter den Terschiedenen für diesen Zweck dienenden mehr oder minder einfaches Geräiben sind es haaptBächlich zwei, welche in den Werkstätten der Metallarbeiter ausgedehnte ^^^ Anwendung finden.

^BH Das erste derselhennenntiDan Roilenbohrer; er besteht

^^^ auB zwei Stücken der bewegten Bohrspindel oder Bohrrolle nnd dem znr Bewegung dienenden Drehbogen (Drillbogen, Fiedel- bogen). Beide Theile sind in den Figuren 523 nnd 524 abgebildet. Die Bohrrolle beatebt aus Hulz, Hora oder Meising und wird entweder un- FiK. b2S. niittelbsr auf die Bohrspitze aufgesteckt oder aof einer Spin- del befestigt, welche die Bohrspitze anfnimmt Der Dreh- bogen ist ein eben solches Werkzeug als schon bei Bespre- chung der Drebstüble beBcbrieben warde; ein Bogen aus Fischbein, Rohr oder fQr weniger feine Arbeiten aus einer Rapierklinge hergestellt und mit einer Saite ans Pferdebmar, Darmsaite, Leder oder Schnur versehen, setzt die Rolle in abwechselnde Drehung, indem man die Saite um die Rolle schlingt nnd nun den Bogen hin- and berbewegt Selbst- verständlicb mnss dabei Vorkehrung getrofien werden, dass die Rolle sich nicht ron ihrer Stelle entfernan kann nnd der Hir den Vorschub nötbige Dmck aasgeübt wird; ea geschieht diesea indem man die Bohrspitze in ein vorgekörntes Grub-

Bohrgeräthe. 687

eben im Arbeitsstücke einsetsst and eine am andern Ende der Bobrrolle befindliche Stablspitze in ein Grübchen einstellt, welches entweder am Schraubstocke oder in einem in die Arbeitsbank eingelassenen Bohr- stöckchen (ein massives Metallklötzchen) oder in einer metallenen Platte

Fig. 524.

befindlich ist, welche in einem gebogenen, vor die Brust des Arbeiters gelegten Brette (Brnstbrett oder Bohrbrett) befestigt ist. Bei Be- nutzung des Schraubstocks oder Bohrstöckchens wird das Arbeitsstück gegen die Bohrspitze gedrückt, macht also gewissermaassen die Schalt- bewegung; bei Benutzung des Bmstbretts drückt man den Bohrer gegen das Arbeitsstück und lässt denselben beide Bewegungen ausführen, wäh- rend das Arbeitsstück ruht.

£in anderes recht zweckmässiges Bohrgeräth für zweischneidige Bohrer ist in Fig. 525 abgebildet und heisst Drillbohrer, Bohrwinde mit Spiralgang, Archimedischer Bohrer. Die Spindel oder der Schaft dieses Bohrers ist wie eine Schraube geformt mit mehreren Gän- gen und einem Steigungswinkel, welcher beträchtlich grösser ist als der Reibungswinkel zwischen Schraube und Schraubenmutter c. Durch- schnittlich beträgt derselbe 70 Grad. Zur Verringerung der Reibung Fig. 525. si^cl die Flächen der Schraubengänge glatt polirt. Am 2 obern Ende ist die Spindel in einem Holzknopfe h drehbar befestigt, welcher mit einem übergreifenden Handgriffe a versehen ist. Drückt man vermittelst dieses Handgriffs die am entgegengesetzten Ende des Werkzeugs eingesetzte Bohrspitze gegen das Arbeitsstück, während die andere Hand die Schraubenmutter c rasch auf und nieder führt, so wird die Spindel in entsprechende hin- und hergehende Drehung versetzt werden und dieselbe der Bohrspitze mit- theilen, welche so unter dem gleichzeitigen Einflüsse des ausgeübten Drucks ein Loch in das Metall bohrt.

Der Drillbohrer hat den Vorzug vor dem Rollenboh- rer, dass en, um bewegt zu werden, kaum einen grossem Platz erfordert, als die ihn umspannende Hand bedarf, während letzterer für die Anbringung und Bewegung des Fiedelbogens eine nicht ganz unbeträchtliche Abmessung in der Bewegungsrichtung desselben erheischt. Daher ist der Drillbohrer in zahlreichen Fällen gut verwendbar, wo sich der Rollenbohrer wegen Mangel an Platz nicht mehr ansetzen lässt.

Auch für kleine einschneidige Bohrer werden die vorstehend be- schriebenen Bohrgeräthe bisweilen angewendet, wobei dann selbstver-

688 Trennungsarbeiten.

ständlich nur bei der Drehung in einer Richtung Dmek angewendet wird, und der Bohrer bei der entgegengesetzten Drehung leicht surückgeht.

Bohrgeräthe und Bohrmascliinen für einsclmeidige Bohrer. Da bei diesen nur Drehung in einer Richtung stattzufinden hat, so ist das einfachste Geräth für diesen Zweck eine Kurbel, in welcher die Bohr- spitze befestigt wird. Um den erforderlichen Druck ausüben zu können, kröpft man die Kurbel in der Mitte, so dass die Hand, welche das Dre- hen ausführt, in der Kröpfung angreift, während auf das obere Ende der Druck erfolgt. So entsteht die in Fig. 526 abgebildete unter dem Namen Brustleier bekannte Form des Bohrgeräths. Der obere Holz- knopf dreht sich auf dem Ende der Kurbel und wird gegen die Brust gestemmt; zur Erleichterung des Drehens ist in der Kröpfung eine Hülse aus Holz oder Messing übergeschoben, in der sich die Kurbel leicht dreht; die Bohrspitze wird in die prismatische Oeffnung der am untern Ende der Kurbel befindlichen Hülse eingesteckt und gewöhnlich durch eine Klemmschraube vor dem Herausfallen geschützt.

Der durch die Brust ausgeübte Druck ist jedoch nur beim Bohren kleinerer Löcher ausreichend, die Arbeit mit befriedigender Geschwindig- keit zu vollenden. Zur Ausübung eines starkem Drucks, wie er zum Bohren grösserer Löcher unerlässlich ist, fertigt man die Kurbel in ihren Starke- abmessungen kräftiger und ersetzt den hölzernen Knopf entweder durch eine kurze conische Spitze, welche in ein Grübchen des zum Drücken -p. 526 benutzten Werkzeugs eintritt; oder, wenn dieses

letztere eine Spitze trägt, so yersieht man die Kur- bel mit dem Grübchen. In solcher Weise zum Bohren unter stärkerm Drucke befähigt heisst die Kurbel nunmehr Bohrkurbel im engern Sinne zum Unter- schiede von der Brustleier.

Das bei Benutzung der Bohrkurbel zur Aus- übung des Drucks dienende Werkzeug hat verschie- dene Einrichtung. Eine ziemlich rohe, aber sehr einfache Form ist der Druckbaum, ein aus einer starken, hölzernen Stange bestehender einarmiger Hebel, dessen eines Ende auf irgend eine Weise be- festigt wird durch Einstecken in einen Ring, ein Loch in der Mauer des Gebäudes, und dergleichen während das andere Ende beschwert oder durch menschliche Kraft gedrückt wird und der Hebel in dem kürzern Abstände vom Drehungspunkte ge- wöhnlich Vs bis Y4 der ganzen Länge auf die Bohrkurbel drückt, somit den am Ende empfangenen Druck in entsprechender Vervielfälti- gung auf diese übertragend. Zu diesem Zwecke ist der Druckbaum an seiner Unterkante mit einer Eisenschine belegt, welcke mit einer Anzahl Grübchen versehen ist, um die Spitze der Bohrkurbel in verschiedenen Abständen nach Maassgabe des auszuübenden Drucks einstellen zu können.

Bohrgeräthe. 689

Statt des Hebels beim Dmckbaam kann eine Schraube znr Aus- übung des Drucks benutzt werden, in senkrechter Stellung in dem Ende eines krahnartigen Auslegers drehbar und an ihrem untern Ende mit Spitze oder Grübchen versehen, um bei ihrer Drehung gegen die Bohr- kurbel zu wirken. Die Mittellinie der Schraube und des Bohrers müssen hierbei genau in eine und dieselbe senkrechte Linie fallen. Eine solche Vorrichtung heisst Bohrgestell. Man befestigt dasselbe an der Wand der Werkstatt oder an einem tragbaren Stative. Ein derartiges trag- bares Bohrgestell, welches mit einem Fusse auf der Arbeitsbank befestigt werden kann, wurde bereits in Fig. 277 auf S. 358 in Verbindung mit einem fahrbaren Schmiedefeuer abgebildet. Der Arm des Bohr- gesteUs ist in allen Fällen drehbar und der Abstand der Schraube vom Drehungspunkte meistens verstellbar, damit man an verschiedenen Stel- len des im Schraubstocke etc. eingespannten Arbeitsstücks Löcher bohren kann, ohne die Lage desselben ändern zu müssen.

H&ufig Iftsst sich statt des Bohrgestells eine Schraubenzwinge (Figur 28 auf Seite 40) mit ausreichend grossen Schenkeln benutzen, deren Schraube gegen die Bohrkurbel drückt, während der gegenüberstehende Schenkel sich unter die entgegengesetzte Seite des Arbeitsstücks legt.

Nicht selten ist aber der Fall, dass der vorhandene Platz weder die Anwendung eines Dmckbaums noch eines Bohrgestells gestattet, ja, es treten Fälle ein, wo nicht einmal der zum Drehen der gekröpften Bohr- kurbel erforderliche Raum frei ist z. B. wenn in einer Ecke ii^ un- mittelbarer Nähe zweier Wände ein Loch gebohrt werden soll , sondern nur noch Drehung innerhalb eines kurzem Kreisbogens möglich ist.

In dem erstem Falle kann man sich helfen, wenn man in dem obem Schenkel der Bohrkurbel genau in der Drehungsachse eine nach aussen gerichtete Schraube anbringt, deren Spitze neh gegen das vor- handene oder ein absichtlich hergestelltes Hindemiss stemmt und bei dem Eindringen des Bohrers mehr und mehr nach aussen geschraubt wird. Das Schraubengewinde ist im Schenkel der Bohrkurbel einge- schnitten.

Im andern Falle muss ein Bohrgeräth angewendet werden, welches, nachdem es, soweit der Platz es gestattet, vorwärts gedreht ist, wieder leer zurückgedreht wird, um von Neuem die Vorwärtsdrehung beginnen zu können« Diese Bewegung würde allerdings auch durch die Bohrkurbel ausfahrbar sein; es würde sich jedoch hierbei der Uebelstand einstellen, dass auch der Bohrer leer zurückgedreht werden muss, wodurch eine raschere Abnutzung seiner Schneiden eintreten würde. Zweckmässiger ist deshalb ein Bohrgeräth, bei welchem dieser leere Rückgang nur von der Handhabe ausgeA&hrt wird, während der Bohrer ruht. Ein derarti- ges, in Fig. 527 abgebildetes Bohrgeräth heisst Bohrknarre oder Bohr- ratsche. Auf der Spindel a, in welcher die Bohrspitze befestigt wird, sitzt ein Sperrrädohen fest, so dass die Spindel und das Werkzeug die Bewegung desselben mitmadien muss. Der Hebel 5, welcher mit seinem

Ledabnr, meehanlfch-metenuxBlsohe Teohnologle. ^

690 Trennungsarbeiten.

gabelförmigen Ende nm das Sperrrädcben hemmgreift, ist auf der Spin- del drehbar, trägt aber einen Sperrkegel, welcher durch eine Feder

Fig. 527.

gegen das Rädchen gedrückt wird, somit dieses und die Spindel mit- nimmt, wenn der Hebel Torwarts gedreht wird, bei der Rückwärtsdre- hung aber leer gleitet. Der erforderliche Druck wird durch Drehung der am Kopfe der Bohrknarre befindlichen Schraube mit conischer Spitze ausgeübt. Dieselbe muss so schwer gehen, dass sie beim Zurückdrehen des Hebels nicht von selbst sich eindreht. Selbstverständlich muss die Schraube, um ihre Bestimmung erfüllen zu können, einen festen Punkt als Widerlager finden; und wenn solcher nicht durch das Arbeitsstück selbst gegeben wird, so muss in anderer Weise für ausreichenden Gegen- druck gesorgt werden. Auch hierfür lässt sich die Schraubenzwinge in yielen Fällen recht gut benutzen.

Das Bohrgeräth erhält den Namen Bohrmaschine, wenn die durch menschliche Kraft oder häufiger durch Elementarkraft geleistete Arbeit nicht mehr in jener einfachen Weise durch Handkurbel oder Hebel, son- dern durch Yermittlang yon Getrieben auf die zur Aufnahme des Bohrers dienende Bohrspindel übertragen wird. Wie bei den Bohrgeräthen macht bei den Bohrmaschinen die Spindel in fast allen Fällen sowohl die Hauptbewegung als Schaltbewegung, erstere durch Drehung, letztere durch geradÜnigen Vorschub gegen das Arbeitsstück.

Damit dieser Vorschub stattfinden kann , ohne dasa die Hauptbewe- gung unterbrochen wird^ pflegt sich die Spindel innerhalb einer Hülse zu befinden, welche durch Nuth und Feder die von aussen empfangene Drehung auf erstere überträgt, ohne ihre Vorwärtsbewegung in der Rich- tung der Achse zu hemmen; der Vorschub wird gewöhnlich durch eine drehbar mit der Spindel verbundene, aber vor eigener Drehung gesicherte Schraube ausgeführt, welche an ihrem aus jener Hülse vorstehenden Ende eine in Lagern sich drehende Mutter trägt und durch deren Drehung geradlinig vorwärts oder rückwärts bewegt wird; seltener durch Zahn- stange mit Getriebe oder einen Hebelmechanismus.

Die schon früher beschriebenen Horizontalbohrmaschinen können zum Bohren aus dem Vollen benutzt werden, wenn man an Stelle des Bohrkopfs mit Messern eine Bohrspitze anbringt. Ebenso lässt sich eine Drehbank zu diesem Zwecke brauchbar machen, wenn man statt der Spitze des Spindelstocks einen Bohrer in die Drehbanksspindel ein-

BohrmascliiDeD. 691

setzt und das auf dem SopportsoblltteD befertigte Arbeitsetfick gegea die Bohrspitze TOrschiebt.

Solche FUlle sind jedoch nnr Ausnahmen. Bei den gewöhnlichen Bohnnaschinen steht die Bohrspindel senkrecht nad das Arbeitsstück befindet sich anf einem Tische mit horizontaler Platte. Man nennt des- halb die Bohrmaschinen der letztem Art Yerticalbohrmaacbinen zum Unterschiede von jenen mit horizontaler Spindel.

Trotz jener Uebereinstimmnngen inderConstmctionderVerticalhohr- maechinen zeigen sie in ihrer äossem Einrichtung erhebliche Abweichnngen. Eine tragbare Handbohrmaschine der allereinfachsten Art (aus der Chemnitzer Werkzengmaschinenfabrik) stellt Fig. 528 in Vi.s dervirk- lichen Grösse dar. An dem Stativ ist das gusseiseme Bohrgerüst e durch eine Klemmscbranbe , welche durch den in der Abbildung ersichtlichen Doppelhebel gedreht wird , in beliebiger Höbe befestigt. Die Kurbel ist mit dem kleinen Schwnngrade verbunden und ttberträgt ihre Drehung durch eine horizontale, in dem Bobrgerflste gelagert« Welle nnd ein Paar Winkelr&der anf die Halse a und die Bohrspindel, deren Kopf 6 unten vorsteht, und welche sich innerhalb a auf und nieder bewegen l&sst. Oberhalb und unterhalb a ist die Bohrspindel in senkrechten Bobmngen des Gerüsts gelagert und sichert dadurch auch die Stellung der Hülse a. Das'obereEndo der Bohrspindel ist verjüngt, steckt drehbar in der hohlen Scbraubenspindel C, welche gleichfalle in die obere Bohrung des Gerüsts hineinragt und ist oberhalb der Schraube dnrch einen Knopf vor Ver- Schiebung innerhalb derselben *■ gesichert. Ein OelbehSlter

über dem Knopfe dient dazu, Oel durch einen Ganal inner- halb der Bohrspindel zwi- schen die Berührungsflächen dieser und der sie nmachlies- senden Scbraubenspindel za leiten nnd dadurch eine über- mässige Reibung bei der Dre- hung zu verhüten. Eino Nuth mit Feder zwischen der Schraube C und ihrer Füh- rung im BohrgerOste macht die Drehung der erstem un- möglich; dagegen wird sie eine geradlinige Fortbewe- gung erleiden, wenn eina sie I umfassende Schraubenmutter, die vor eigener Verschiebung _- -- gesichert ist, gedreht wird.

Diese Mutter befindet sich in

692 Trennangsarbeiten.

der Kaba des Handrädcbens d, welches auf dem Gerüste drehbar feetgebal- ten ist. Darch Drebang dieses Handrftdchens erfolgt demnach Anf- oder Niedergaag der Scbranbenapindel c und der mit ihr verbnndenen Bohrspin- del b, ohne dasB die eigene Drehung der letztem dadurch beeinflusst wird.

Bohrmascbinen. 693

Die durch Elementtirkraft bewegten BohnnaBohineD laBsen eich ihrer änasen) Eiarichtung nach in drei Grappen sondern.

Freistehende Bohrmaschinen. Eine solche ist in den Figuren 529 bis 531 abgebildet (WerkseagmachiDeniahrik Union in Chemnitz)' Fig. 530. Fig. 631.

Der mit Ankersohran- ben auf einem gemauer- ten Fundamente fest- gehaltene Hohlgnss- stSnder A dient hier xam Tragen s&mmt- Ucher Theile fOr die Bewegung des Werk- zeugs tind Befestigung des Arheitsstflcks. Dia auf ihrer Welle dreh- bare Stufenscheibe B nimmt den Antrieb Toa der Deckentransmission

694 Trennongsarbeiten.

auf und pflanzt die Bewegung entweder direct durch Yerkupplnng mit

BF,

dem Rade C oder durch die Getriebepaare -= 77 mit zweimaliger lieber-

Setzung auf die den Rädern C, B und D gemeinBchaftliche Hauptweile der Maschine fort, in derselben Weise, wie diese Bewegungrgabertragung schon früher mehrfach beschrieben wurde. Bei vier Absätzen der Stufenscheibe werden dadurch acht verschiedene Umdrehungsgeschwin- digkeiten der Maschine möglich. Die Ausrückung der Räder E und 2^, wenn B und C gekuppelt sind, wird durch Drehung eines excentrisch gelagerten Zapfens mit Hilfe des in Fig. 530 ersichtlichen Handgriffs wie bei früher besprochenen Maschinen bewirkt. Die Bewegung wird nun von der Antriebswelle aus durch ein Paar Winkelgetnebe auf die zwischen den beiden Armen des Ständers «vor Verschiebung gesicherte Hülse T übertragen, welche die empfangene Drehung auf die in ihr verschiebbare Bohrspindel O fortpflanzt. Letztere steckt mit ihrem obem, entsprechend schwächern Theile drehbar in der hohlen Schraubenspindel H und ist in derselben am obern Ende durch eine übergreifende Schrau- benmutter festgehalten. Die Schraubenspindel H schiebt sich innerhalb des obern Theils der Hülse T und des obern Ständerarms , ist aber vor Drehung durch eine Längsnuth gesichert, in welche der im Ständerarme befestigte Keil a (Fig. 531) hineingreift. Das Muttergewinde für die Schraube befindet sich in der Nabe des Rades 5, durch dessen Drehung demnach eine senkrechte Verschiebung der Schraube nebst Bohrspindel bewirkt wird. Zur selbstthätigen Ausführung dieser Schaltbewegung sitzt auf dem hintern Ende der Antriebswelle die kleine Stufenscheibe d und überträgt die Bewegung vermittelst der zweiten Stufenscheibe e auf eine horizontale, in der langen Hülse) / des Ständers gelagerte Welle, welche in einer Schnecke endigt. Diese treibt das auf der senkrechten Spindel g drehbare Schneckenrädchen A, welches sich mit Hilfe einer Klemm- schraube leicht mit dem auf g festsitzenden Handrädchen verbinden lässt. Auf dem obern Ende von g befindet sich das Getriebe Z, welches die Bewegung der Spindel auf das Rad }> überträgt und dadurch den Vorschub der Bohrspindel veranlasst. Für den leeren Rückgang des Bohrers wird die Verkupplung zwischen den Rädern h und i gelöst und durch Drehung des Rades i von Hand die entgegengesetzte Bewegung der Bohrspindel bewirkt.

Unterhalb der Bohrspindel befindet sich der zur Aufnahme des Ar- beitsstücks dienende Tisch, aus den zwei Haupttheilen L und M be- stehend. X ist in senkrechter Richtung an zwei Prismaführungen des Ständers beweglich , und es erfolgt diese Bewegung wie die Feststellung in der von der Höhe des Arbeitsstücks abhängigen Höhenlage mit Hilfe des Handrades 0 , der Schnecke p , des Schneckenrades q und eines auf der Welle des letztern befestigten in der Abbildung nicht sichtbaren Getriebes, welches in die am Ständer befindliche senkrechte Zahnstange eingreift. Der vordere consolenartige Theil M des Tischs ist durch zwei

Bohrmaschinen. 695

senkrechte, seitlich angebrachte kräftige Drehungszapfen mit L verbun- den; hierdurch wird es möglich, denselben nach der Seite der Zapfen hin aufzuklappen und den Raum unter der Bohrspindel frei zu legen* Auf Jf befindet sich ein gewöhnlicher Kreuzsupport, aus den zwei von Hand beweglichen Schlittenstücken r und s bestehend, auf dessen Ober- theile das Arbeitsstück befestigt wird. Sollen sehr grosse Arbeitsstücke gebohrt werden , deren Gewicht oder Höhenabmessung ihre Auflage auf dem Tische nicht gestattet, so wird M zur Seite geklappt und das Ar- beitsstück auf der Grundplatte N befestigt, welche für diesen Zweck mit entsprechenden Längsnuthen zur Aufnahme der Befestigungsschrauben oder Klammem versehen ist.

Radial- oder Krahnbohrmaschinen. Bei denselben ist die Bohrspindel an einem horizontalen, um den feststehenden Stander der Maschine drehbaren Arme befestigt (ähnlich dem Ausleger der Dreh- krahne) und gegen die Drehungsachse des Arms versteUbar, so dass man in Stand gesetzt ist, an beliebigen Stellen einer verhältnissmässig grossen Fläche Löcher zu bohren, ohne die Lage des Arbeitsstücks zu ändern. Um jene Yerstellbarkeit der Bohrspindel möglich zu machen, ist dieselbe in einem Schlitten gelagert, welcher auf dem drehbaren Arme geführt ist; damit die Spindel in jeder Stellung des Arms ihre Bewegung erhal- ten kann, ist eine senkrechte Hilfswelle in dem feststehenden Ständer angebracht, deren Mittellinie genau mit der Drehungsachse des Arms zusammenf&llt, und welche die Bewegung durch ein Paar Winkelräder auf eine im Arme gelagerte horizontale Welle überträgt. Die Krahn- bohrmaschinen sind in Folge dieser Einrichtungen complicirter und in der Anlage kostspieliger als die freistehenden Bohrmaschinen ^ sind aber, wie leicht begreiflich sein wird, zweckmässig in denjenigen Fällen, wo schwere Arbeitsstücke, deren Bewegung und Festspannen zeitraubend ist, eine grössere Anzahl Löcher erhalten sollen. In Rücksicht auf diese vor- wiegende Verwendung der Maschinen für grössere Stücke fehlt der Tisch entweder ganz oder ist in Form einer einfachen Platte mit Fuss con- struirt, während die Fundamentplatte mit Nuthen zur Befestigung des Arbeitsstücks versehen ist.

Hinsichtlich der äussern Anordnung der Krahnbohrmaschinen unter- scheidet man im Wesentlichen zwei Systeme. Bei dem einen System Whitworth ist der Ständer ähnlich geformt wie bei den freistehenden Bohrmaschinen, und der Arm dreht sich mit senkrechten Zapfen in Hals- lagem, welche entweder am Ständer oder an einem senkrecht am Stän- der verschiebbaren Schlitten befestigt sind; bei dem andern System Fairbairn ist der Ständer rund, säulenförmig, und dient in dieser Form selbst als Drehungsachse für den mit einer langen Hülse ihn um- schliessenden Arm.

Eine Radialbohrmaschine der erstem" Form (Deutsche Werkzeug- maschinenfabrik in Chemnitz) ist in Fig. 532 (a. f S.) abgebildet. A ist der HohlguBSständer, an seiner Rückseite mit angegossenem Arme zur Lage-

696 Tretmungsarbeiten.

rnng der AntriebameoluuiiBmeii Temhen. Letatere beatehen atu der Stnienscheibe a mit den Rädern b, c auf derselben Welle, dem Rade d und einem mit C im Eingriffe stehenden Getriebe auf einer Beitenwelle in der üblichen Anordnung, am die Bewegong von der Btnfenaoheibe entweder direot oder durch die Zwiachengetege auf die Betriebewelle SU abertragen. Auf dem Tordera Ende der letztem aitst du Winkel- getriebe e. An der Benkreohten Stirnseite des St&nderB ist in zwei Pris* menfilhmngen das Scblittenatflck B aof and nieder beweglich, welches

Kg. S32.

die Lager für die Drehnngszapfen des Arms C tr&gt. Letztere sind doroh das senkrecht« hohle Stück Ci in solider Weise rerbnnden. Durch das Handrad / wird eine Schnecke und durch diese das Schneckenrad g gedreht, auf dessen im Ständer gelagerter Welle ein Getriebe mit einer an der Bückseite des Schlittens B befestigten Zahnstange im Eingriffe steht In dieser Weise erfolgt die Yerstellong des Krahnanns in der Höhenrichtung. Innerhalb des Theila Ci liegt die senkrecht« Welle h, deren Mittellinie mit deijenigen der beiden Drehungszapfen genau über- einstimmt. A empfängt ihre Drehung durch die Winkelräder eci und

Bohrmaschinen. 697

pflanzt sie durch ein zweites Paar WinkekAder auf die in dem Arme gelagerte horizontale Welle « fort. In Rücksicht anf die Yerstellharkeit des Stücks B nehst dem Arme C und Ci ist die Welle h in ihrer ganzen .Länge gennthet and innerhalb des Rädchens Ci yerschiehbar, während letzteres durch einen vom Ständer ausgehenden Lagerarm in seiner Stel- lung gegen e festgehalten ist. Zur Unterstützung der Bohrspindel x dient der auf dem Arme C horizontal verschiebbare Schlitten 2>. Die Drehung der Bohrspindel geschieht durch ein auf der Welle i befind* liches, mit dem Schlitten D verschiebbares Oetriebe, welches das Stirn- rad m und von diesem aus in der aus der Abbildung deutlich ersicht- lichen Weise durch ein Paar conische Räder die Spindel treibt. Die innere Einrichtung für die senkrechte Schaltbewegung der Spindel ist ganz die nämliche wie bei der oben beschriebenen freistehenden Bohr- maschine. Der Selbstgang des Spindelvorschubs wird durch eine auf der Welle h befindliche und mit D verschiebbare Schnecke bewirkt, welche das vor k sichtbare Schneckenrad und durch dessen Yermittelung die senkrechte Schaltspindel l betreibt. Die Zurückführung der Bohr- spindel erfolgt durch Drehung des Handrads o, nachdem zuvor das Schneckenrad auf ähnliche Weise als bei der oben beschriebenen Ma- schine aus seiner festen Verbindung mit der Spindel { gelöst wurde. Die Bewegung der Welle h wird durch die beiden am rechten Ende der Wellen i und k befindlichen Stufenscheiben von i aus bewirkt.

%ur Yerstellong des Schlittens nebst Bohrspindel befindet sich un- terhalb der Welle i eine horizontale Schraubenspindel in dem Arme be- festigt, auf derselben ein Winkelrad* mit Muttergewinde innerhalb der Nabe, durch einen' Mitnehmer (Bügel) mit dem Schlitten verbunden und im Eingriffe mit einem zweiten Winkelrade stehend, welches auf der Welle des im Schlitten gelagerten Handrads r befestigt ist. Dreht man nun das Handrad, so erfolgt Drehung beider Räder, und da die Schraube festliegt, geradlinige Fortbewegung des auf derselben befind- lichen Rades, welche durch den Mitnehmer auf den Schlitten und auf das zweite Rad übertragen wird.

Für die Bewegung des Arms im Kreise sitzt endlich auf der Ver- längerung des untern Zapfens des Stücks Cfi ein Schneckenrad 8 im Ein- griffe mit einer am Theile B gelagerten Schnecke 5i , welche durch eine ,auf gesteckte Kurbel gedreht wird. v

Die Grundplatte E ist zur Aufnahme schwerer Arbeitsstücke solide construirt und^ wie schon erwähnt, mit Längsnuthen zur Befestigung derselben versehen. Der Tisch F lässt sich ohne Schwierigkeit entfer- nen, wenn grössere Gegenstände aufgebracht werden sollen.

Wandbohrmaschinen. Der Hauptunterschied derselben gegen- über den beiden besprochenen Systemen beruht in dem Umstände, dass das Gerüst derselben , statt mit einer horizontalen Fussplatte auf dem Fundamente befestigt zu werden, mit einer senkrechten Wandplatte an

698 Trennungsarbeiten.

eine hinreichend starke Wand des Gebändea festgeschraubt wird. Es handelt sich also im Wesentlichen um eine für diesen Zweck geeignete Form des Gerüsts, während alle übrigen Theile der Maschine nach den- selben Grundsätzen wie für Ständermaschinen eingerichtet werden können. Man unterscheidet demnach auch gewöhnliche Wandbohrmaschinen mit unverrückbarer Spindelachse und Radial- Wandbohrmaschinen , bei denen die Spindel an einem Arme verschiebbar und mit demselben drehbar ist

Die Wandbohrmaschinen haben den Vorzug vor den freistehenden Bohrmaschinen, dass sie den Platz in der Werkstatt weniger beengen, was besonders in kleinen Werkstätten für ihre Benutzung ins Gewicht fällt; dagegen sind sie weniger als jene zugänglich und deshalb im Allge- meinen mehr für kleinere als für grosse Arbeitsstücke in Benutzung.

Unter den verschiedenen Abweichungen von diesen beschriebenen Typen der Bohrmaschinen verdienen vorzugsweise zwei Erwähnung.

Denkt man sich die Rückseite der in Fig. Ö29 abgebildeten frei- stehenden Bohrmaschine in derselben Weise ausgebildet als die Stirnseite, mit Armen, Umtriebsmechanismen und Spindel versehen, so erhält man zwei Bohrmaschinen mit gemeinschaftlichem Ständer und nennt dieselben Doppelt- oder Duplexbohrmaschinen. Ihr Hanptvortheil besteht in den geringeren Anscha£fungskosten im Vergleiche mit zwei' getrennten Bohrmaschinen.

Hat man zahlreiche, in einer geraden Linie liegende Löcher zu bohren z. B. in Blechplatten, welche vernietet werden sollen , so ordnet man eine grössere Anzahl von Bohrspindeln in einer Reihe an (gewöhnlich vier bis sechs), deren Jede wie die Spindel einer Radialbohr- maschine von einem besondern Schlitten getragen wird und mit demsel- ben an einem gemeinschaftlichen langen Rahmen in horizontaler Rich- tung verstellbar ist. Eine gemeinsame Welle überträgt den Antrieb für die Drehung und eine zweite für die Schaltung gleichzeitig auf sämmt- liche Spindeln. Derartige Maschinen heissen Multiplex-Bohr- maschinen.

Bei der Anwendung der Lochbohr maschinen kommt der Umstand in Betracht, dass das in Form von Spänen ausgebohrte Material fast werth- los ist, und die Menge desselben im Verhältnisse des Quadrats mit dem Dui'chmesser des Lochs wächst. Anderntheils aber verringert sich mit dem Wachsen des Lochdurchmessers die Schwierigkeit, das Loch schon bei der rohen Formgebung herzustellen, welches dann höchstens durch* Ausbohren, also mit weniger Arbeit und Spanbildung, auf das richtige Maass gebracht zu werden braucht. Deshalb bohrt man selten Löcher aus dem Vollen, welche grösser als 50 Mm. sind, und nur ganz besondere Gründe würden ein solches Verfahren rechtfertigen können^).

^) Ein solcher Grund lieget z. B. bei dem Bohren der gegossenen Kanonen- rohre vor. Jedes Gussstück enthält in Folge der Schwindung an den Stellen, wo das letzte flüssige Metall sich befand, poröse Stellen Drusenranme. Giesst

Bohren. 699

Für die geeignete Umfangsgeschwindigkeit der Bohrer giebt Hart folgende Ziffern:

beim Bohren von Stahl 30 bis 40 Mm. per Secunde

Gusseisen 60 70

Schmiedeeisen . . . 70 80

n n n Messing und Bronze 100 120

Der Vorschab pro Umdrehung des Bohrers Vi 2 bis V4 Mm. Schmiedeeisen pflegt man mit Oel, welches an den Bohrer getropft wird, Gusseisen und Bronze trocken zu bohren.

Den Arbeitsyerbrauch berechnet Hartig nach der Formel:

N= No + eV Pferdestärken, worin ^0 wieder den Arbeitsverbrauch im Leergange, F das Volumen des stündlich abgebohrten Metallquantums bezeichnet und

a für Gusseisen = 0,001 + -^-j— Pferdestärken,

a

Schmiedeeisen mit Oel gebohrt,

. 0,004 = 0,001 + -i-r— Pferdestärken

a

zu setzen ist (d = Lochdurchmesser in Millimetern).

Für Veranschlagungen des Kraftbedarfs bei neuen Anlagen dürfte Va bis V4 Pferdekraft selbst für ziemlich grosse Maschinen genügen.

Literatur über Bohrer und Bohrgeräthe (Bohrmaschinen).

Ausser den auf Seite 569 gegebenen Citaten:

Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1857, Nr. 3, Jahrg. 1860, Nr. 20, Jahr- gang 1863, Nr. 23, Jahrg. 1866, Nr. 14, Jahrg. 1866, Nr. 22.

Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Jahrg. 1871, S. 402.

Praktischer Maschinenconstructeur , Jahrg. 1871, S. 192, Jahrg. 1872, S. 69, 84, 143, 211, Jahrg. 1873, S. 138, Jahrg. 1874, S. 95, 118, 291, 371.

Dingler's polytechnisches Journal, Polytechnisches Centralblatt, Deut- -Bche Industriezeitung n. a. technische Zeitschriften in sämmtlichen Jahrgängen.

man einen Kanonenlauf über einen Kern, so befinden sich diese porösen Stel- len ungefähr in der Mitte der Wandstärke des Bobrs und zeigen sich auf dem Querschnitte als rings herumlaufende, mit grösseren oder kleineren Krystallen angefüllte Hohlräume. Dieselben sind tun so gefährlicher, da ihre Anwesenheit gar nicht eher zu entdecken ist, als bis das Qeschütz zersprungen ist. Giesst man dagegen den Kanonenlauf ohne Loch , so gmppiren sich diese Fehlstellen naturgemäss um die Mittellinie des Gussstöcks herum und werden beim Bohren des Lochs entfernt, während die Wandungen dicht sind.

Auch bei anderen Gussstficken kann der nämliche Umstand Veranlassung sein, einzelne Löcher, selbst bei grosssem Durchmesser, lieber zu bohren als einzugiessen.

TrenonngBarbeiUiii.

i. Iiangloeh-BotirapparBte.

In Maachinenbaaverkstfttten ist der Fall oicbt eelten, dau man, tun Unge Keilnnthen in Wellen einm&rbeiten , ein sich nm aeine Achse drehendes Werkseng beontzt, welches in der Riohtoig der hersnstellen- den Nnth gegen das ArbeitsstSck Terscbohen wird, mg^eich aber, falls die Dii&e eines Spans geringer ist als die Tiefe der herzustellenden Nnth, nach jedem einmaligen Durchgänge in seiner Achaenriobtnng einen mckweisen Torschul» erb&lt, um einen folgenden Span sn nehmen. Es treten hier also zwei Schaltbewegnngen neben einander anf : die ononter- hrochen thUige hin- nnd hergehende Bew^ong and die ruckweise gegen das Arbeitsstflck. Man nennt die fCkr diesen Zweck benutsten Maschi- nen ihrer Bestimmung gemäss Nutbenbohrmaschinen oder Lang- locbbohrmaschisen ').

Diese eigenthOmlicfaen Maschinen stehen in Rflckncht anf die Wir- knngsweise des Werkzeugs den Fräsmaschinen weit n&her als den eigentlichen Lochbohrmaschinen; vom nuucbineUen Standpunkte jedoch sind sie den freistehenden Bohrmaschinen sehr ähnlich, worauf schon ihr Name hinweist, und deshalb als besondere Uasobinengattung nach den Bohrmaschinen hier zur Beapreobang gebracht.

Das Werkzeug muss in Rackricht anf den Umstand, dass es bei seiner Drehung seitlich schneiden, dabei aber doch auch beföhigt sein soll, bei der Ruckbewegnng in der Achsenricbtung in das Metall ein- zudringen, erheblich anders geformt sein, als der gewöhnliche Bohrer. Die fiblichste Form desselben ist die des sogenannten Zweizahnboh- rers, Fig. D33; oder man wendet auch wohl eine oylindriscbe Fr&se mit Schneiden an der Stirn- und AnssenfltLche an, welche fflr diesen Zweck Kronenbohrer ge-

Jnannt wird; und da ee demselben nicht mSglioh sein würde, bei der Ruckbewegnng in der Rich- tung seiner Achse in das Metall vorzudringen, so bohrt man vorher am Anfangs- und Endpunkte der Nnth ein kreisrundes Loch von der Tiefe der herzustellenden Nnth, in welchem die Frfise jenen Vorschub in der Acbsenrichtung ansfohren kann. Die Hauptbewegung durch Drehung und die Ruckbewegung in der Acbsenrichtung macht bei allen Langlochbohr- moscfaineu das Werkzeug; die seitliche Schalt bewegnng entweder dos Werkzeug oder der Tisch mit dem Arbeitsstücke. In beiden F&llen

>) Die Benutzung eines von Hand bewegten Apparats zum Langlochbohren ist Mlteu; ein ilerartigei, dar fHiber beschriebenen Bobrknarre enteprecbendes Oer&th ist im amtlichen Beriobte über die Wiener Weltausstellung im Jabre 1873, Bd. U, 8. tOO abgebildet und bescbrieben.

Langlochbohrmaschinen. 701

pflegt der Hin- und Hergang durch Scblitzkarbel and Schubstange be. wirkt zu werden, deren ungleichförmige Bewegung durch einen der früher beschriebenen Mechanismen (S. 564) in eine gleichförmige um- gewandelt wird.

Wenn der Tisch hin- und herbewegt wird , so ist die Maschine im AeuBsem einer freistehenden Verticalbohrmaschine recht ähnlich. Die senkrechte Bohrspindel behält ihre Drehungsachse unverändert bei und wird nach Beendigung eines Hin- und Rückganges des Tischs durch einen gewöhnlichen Steuerungsmechanismus senkrecht geschaltet; der Tisch geht in horizontalen Führungen vor dem Ständer der Maschfne hin und her.

Wenn die Spindel alle drei Bewegungen ausführen soll (welcher Fall bei neueren Maschinen der häufigere ist), so muss der obere Theil des Ständers als Schlitten construirt sein und auf dem untern feststehen- den Theile hin- und hergeführt werden. Eine Langlochbohrmaschine der letztern Art aus der Werkzeugmaschinenfabrik Sazonia in Chemnitz ist in Fig. 534 (a. f. S.) in perspectivischer Ansicht, in Fig. 535 in der Ansicht Ton vom bezüglich Ansicht gegen die Schaltungsmechanismen nach Ent- fernung der sie verdeckenden Ständertheile abgebildet (letztere Figur in Vis der wirklichen Grösse). A ist das feststehendö Untertheil der Ma- schine, an welchem der Tisch mit Prismenführungen in üblicher Weise senkrecht verstellbar angebracht ist. Zur Verstellung dient hier eine Schraubenspindel mit Mutter, erstere im Ständer gelagert, die zweite am Tische befestigt, und das in Fig. 534* ersichtliche Handrad bewirkt die Drehung der Sphraube. Ausserdem ist die Tischplatte durch einen glei- chen Mechanismus in der Achsenrichtung der Maschine verschiebbar. B Ist das auf Ä bewegliche Obertheil mit der Bohrspindel C und der Antriebsstufenscheihe D. Da letztere mit dem Obertheile hin- und her- geht, so verändert sich dadurch in entsprechender Weise ihr Abstand vom Deckenvorgelege; die Veränderung ist jedoch relativ zu unbedeutend, um störend auf die Bewegungsübertragung einzuwirken. Da die Brei- tenabmessungen der herzustellenden Nuthen abhängig vom Durch- messer des verwendeten Bohrers in nicht sehr weiten Grenzen ab- weichen können, so genügen die vier Durchmesser der Stufenscheibe ohne weitere Zwischengelege für die erforderliche Veränderlichkeit der Umdrehungszahl und die Bewegung wird ohne Weiteres durch die Win- kelräder hc auf die Hülse <? der Bohrspindel übertragen. Die innere Einrichtung der letztem ist ganz die nämliche wie bei der in Fig. 531 abgebildeten Verticalbohrmaschine; der senkrechte Vorschub wird durch die Räder d e nach jedem Hin- und Rückgange des Theils B in der sogleich zu erörternden Weise auf die Spindel übertragen.

Auf dem hintern Ende der Antriebswelle ist die Stufenscheibe E befestigt und durch einen Riemen mit der im Ständer gelagerten grossem Stnfenscheibe F in Verbindung gesetzt Auf der Welle von F befindet sich die Schnecke / im Eingriffe mit dem Schneckenrade ^, wel-

702 TrennnngaarbeiteD.

chflB dnrch eine senkrechte, im St&nder gelagerte Welle die empfongene Bewegung auf die beiden Zahnräder hi fortpflanzt. Von diesen ist h kreisrnnd nnd anf der Welle von g escentrisch befestigt; i ist ein Ellip- senrad mit dem doppelten Umfange im Theilkreise als h. Anf dem Rade i ist in verstellbarem Ab*tande vom Mittelpunkte die Eorbelwarze Fig. S34.

h befestigt und durch eine bonzontale Schabstange mit denl Sahlitten B in Verbindang gesetzt; derselbe erh&lt hierdurch seine bin- und her- gehende Bewegung gemäss der Länge des veränderlichen Enrbelhalb- messersi nnd in Folge des Zusammenwirkens der Bäder h nnd « in an- nähernd gleichförmiger Geschwindigkeit (vergl. S. 564). Ein Soata längs des Enrbelschlitzes dient zur genauen Bestimmung des Hnbes. Das Rad t

LanglochbohnnaBchinen. 703

steckt mit langem Zapfen in der LagerhOlse m und trSgt an der AuBsen- aeite eines angegossenen Ringes, weloher Bich um die Hülse hemmdreht, eine cnrrenfärmige Nnth für die senkrechte Schaltang der Bohrspindel. In dieser Nath gleitet ein am Wiuhelhebel o befestigter Mitnehmer; die Ntith ist derartig gestaltet, daes der Mitnehmer und mithin anch der Fig. 535.

linke Hebelarm während einer Umdrehung dea Rades zveimal rasch seines höchsten Stand erreicht und zwar gerade dann, wenn die Knrbel in den t-odten Punkten steht. Diese Bewegung wird durch die Schab- stange p auf den Winkelhehel g übertragen , weloher sich lose auf der Schaltspindel s dreht und mit dem Sperrhäkchen t in das auf 3 feat- aitzende Sperrrädchen u eingreift. Bei jenen beiden Punkten wird die Stange p nach rückwärts bewegt, und es erfolgt eine Drehung der Spindel 8; geht der Mitnehmer wieder abwärts, so ist die Bewegung aller betref* fanden Mechanismen umgekehrt, und der Sohalthaken gleitet leer Über die

704 Trennungsarbeitei).

Zähne des Rades u hinweg. Die Schaltbewegnng der Spindel 8 wird nun durch das Räderpaar v Vi auf die Welle w und durch die Räder 6 d in der früher beschriebenen Weise auf die Schraube p und die Bohrspindel übertragen.

Um der veränderlichen Stellung des Schlittens B bei dieser Schal- tung Rechnung zu tragen , ist 8 mit Längsnuth versehen und das Rad v, welches von dem Schlitten mitgenommen wird, auf derselben verschieb- bar. Wie aus den Abbildungen hervorgeht, ist die Schaltspindel 8 mit ihrem einen Ende in einem am Ständer angeschraubten Bügel, mit dem andern im Schlitten £* gelagert und lang genug, um bei keiner Stellung des letztem ihre Auflagerung in demselben zu verlieren. Die leere Zurückführung der Bohrspindel nach beendigter Arbeit wird durch das Handrad z ausgeführt, nachdem der Schalthaken zurückgeklappt wor- den ist.

Vorstehend abgebildete Maschine ist zum Bohren von Langlöchem (Keilnuthen) mit 30 Mm. Breite, 200 Mm. Länge, 150 Mm. Tiefe ge- eignet.

Die Geschwindigkeitsverhältnisse der Langlochbohrmaschinen sind im Wesentlichen dieselben wie für freistehende Bohrmaschinen; die seit- liche Schaltung beträgt per Umdrehung 0,3 bis 0,8 Mm. Der Arbeits- verbrauch würde sich nach den für Fräsmaschinen gegebenen Formeln berechnen lassen und dürfte kaum jemals denWerth einer halben Pferde- kraft übersteigen.

Literatur über Langlochbohrmaschinen.

Ausser den auf S. 569 genannten Werken: Zeichnungen der Hütte, Jahrg. 1868, Blatt 2. Wiebe, Skizzenbuch, Jahrg. 1872, Hft 4. Armengaud, Publication industrielle, Jahrg. 1866, S. 451, Jahrg. 1870,

S. 483, Jahrg. 1872, S. 341.

Schaber. Reibahle. 705

C. Gerftthe zum Sohaben.

a. Schaber (Schabeisen, Schabmesser).

Dieses einfache Werkzeug besteht in einer' 3 bis 5 mm starken Stahlklinge, gewöhnlich mit etwas gebauchter Kante, an dem einen Ende in einem hölzernen Hefte befestigt. Dasselbe dient dazu, auf der Ober- fläche von Metallstücken kleine Erhöhungen durch Schaben mit der Kante wegzunehmen. In den Werkstätten der Kupferschmiede dient es zum Entfernen des Glühspans von den fertigen Waaren; Zinngiesser und Gelbgiesser, Gold- und Silberarbeiter gebrauchen es, um profllirten Gegen- ständen, welche weder mit der Feile noch mit einer Werkzeugmaschine sich bearbeiten lassen, die letzte Vollendung zu geben; in Maschinen- fabriken wird es bisweilen benutzt, um gehobelten Gleitflächen den höchsten Grad von Genauigkeit zu geben, insbesondere den Prismen - führungen der Werkzeugmaschinen, und solche geschabten Flächen zeigen dann dem Beschauer damastähnliche, durch das Schaben hervorgerufene Zeichnungen. Es ist deshalb fast Mode geworden, solche Zeichnungen auf allen Prismenführungsflächen durch oberflächliches Schaben anzu- bringen; eben aus diesem Grunde aber ist das Aeussere solcher Flächen allein noch kein Beweis, dass eine regelrechte Bearbeitung mit dem Schaber stattgefunden hat.

Den erwähnten vielseitigen Anwendungen des Schabers gemäss ist seine Klinge in mannigfaltigen Gestalten und Grössen vertreten; ein Schaber, welcher ebene Flächen bearbeiten soll, muss anders geformt sein, als ein solcher, welcher im Innern tiefer Hohlkörper gebraucht wird, und wieder anders muss ein Schaber geformt sein, welchen der Kunstgiesser gebraucht, um das Aeussere omamentirter Gusswaaren zu vollenden. Es mögen jedoch diese allgemeinen Mittheilungen genügen, Zweck und Anwendung des Schabers zu erläutern.

b. Reibahle, Räumahle, Ausreiber.

Dieses Werkzeug hat den Zweck, kleinere Löcher, welche bei der rohen Formgebung oder auch beim Bohren nicht hinreichend genau aus- gefallen sind, durch Schaben nachzuarbeiten (aufzureiben, auszureiben, aufzuräumen). Demnach besteht die Reibahle aus einem Stahlstäbchen mit polygonalem Querschnitte, dessen Kanten sich an die Innenfläche des auszureibenden Lochs anlegen und bei der Drehung um die Achse die vorstehenden Theilchen abnehmen. Die Kanten dienen hierbei zu- gleich als Führung des Werkzeugs innerhalb des Lochs; es ist leicht begreiflich, dass, je mehr solcher Kanten vorhanden sind (je grössere

706 TrennungsarbeiteiL

Seitenzahl das Polygon besitzt), desto sicherer die Führung ist, desto stümpfer aber auch der schabende Kanten winkel, nnd dass mithin zwar die Genauigkeit der Arbeit mit der Seitenzahl des Polygons wächst, aber auf Kosten der Beschleanigong. Es wird femer leicht einleuchten, dass eine angerade Anzahl Kanten, bei welcher der durch eine Kante gelegte Durchmesser nicht ebenfalls eine Kante irifft, Yortheilhafter für eine sichere Führung ist als eine gerade; und es ist deshalb Begel, den Reib- ahlen eine ungerade Seitenzahl (meistens fünf) zu geben. Um nun aber den bei grosser Seitenzahl sehr stumpfen Kanten einen etwas günstigem Schneidewinkel zu verleihen, bildet man gewöhnlich die Seiten des Polygons nicht geradlinig, sondern etwas concav rinnenartig aus. Bei sehr grosser Seitenzahl entsteht in weiterer Verfolgung dieses Princips eine geriffelte Form der Reibahle, d. h. auf der Oberfläche eines Gylinders sind entweder parallel der Achse oder auch etwas schraubenartig gewunden eine grosse Anzahl dreieckiger Einkerbungen angebracht, zwischen denei> spitzwinklige Kanten stehen bleiben. Solche geriffelte Reibahlen geben ihrer grossen Zahl verhältnissmässig scharfer Kanten halber eine sichere und rasche Arbeit, sind jedoch ihres geschwächten Querschnitts halber eher für grosse als für kleine Löcher zu gebrauchen, und in der Anfertigung ziemlich kostspielig.

Eine andere, nicht seltene Form der Reibahlen entsteht, wenn von einem kreisförmigen Querschnitte zwei kleine Segmente abgeschliffen werden, so dass zwei gerade, unter einem stumpfen Winkel zusammen- stossende Flächen entstehen, deren Durchschnittslinie eine Kante bildet. Solche Reibahlen wirken, da sie nur einschneidig sind, sehr langsam, geben aber eine sehr genaue Arbeit in Folge des Umstandes, dass der grössere kreisförmige Theil des Umfangs ringsum die Führung bildet.

Eine Reibahle, deren Kanten der Achse völlig parallel laufen, deren Form also prisipatisch oder cylindrisch ist, würde nun aber höchstens im Stande sein, innerhalb eines unrunden Lochs während einer ein- inaligen Drehung noch Späne abzunehmen, bis der Durchmesser des Lochs an allen Stellen gleich dem Durchmesser der Reibahle ist. Sie würde völlig unbenutzbar sein, wenn 'die in dem Loche vorstehenden Unebenheiten stärker sind als die Dicke eines einzigen Spans. Die Reibahle wird daher erst brauchbar, wenn man ihr eine solche Form giebt, dass man mit Hilfe einer Schaltbewegung im Stande ist, an der- selben Stelle des Lochs mehrere Späne nach einander zu nehmen; und dieser Zweck wird erreicht, wenn man sie nicht cylindrisch oder pris- matisch, sondern schlank konisch (pyramidal) ausbildet, das schwächere Ende zuerst in das Loch steckt und ihr während des Drehens einen allmäligen Vorschub in der Achsenrichtung giebt. Auf solche Weise ist man nicht allein im Stande, unrunde Löcher aUmälig völlig rund auszureiben, sondern auch den Durchmesser runder Löcher auf ein genau bestimmtes Maass zu erweitem, für welchen Zweck die Reibahle ziemlich häufige Verwendung findet. Es folgt hieraus, dass die Reibahle vor-

Schleifen. 707

wiegend für dorcbgehende Löcher zu benutzen ist, nnd wenn das Loch genau cylindrisch werden soll, so muss sie in ihrer ganzen Lange durch dasselbe hindurch gefuhrt werden (wobei der Durchmesser desselben gleich dem grössten Durchmesser der Reibahle wird); oder, wo dieses nicht thunlich ist, muss die Reibahle erst von dem einen und dann von dem andern Ende des Lochs her eingesteckt werden. Eine möglichst schwache Eonicit&t erhöht die Genauigkeit der Arbeit und es beträgt deshalb derVeijüngungswinkel selten mehr als zwei Grade. Dagegen muss beim Ansreiben konischer Löcher (z. B. in Hahngehäusen) natürlicher Weise der Seiten winkel der Reibahle gleich dem des Lochs sein.

Die kleinsten Reibahlen, welche von Uhrmachern, Mechanikern u. s. w. gebraucht werden, sind nicht stärker als eine feine Nadel und etwa 15 mm lang; die stärksten pflegen nicht über 50mm Durchmesser und 250mm Länge zu besitzen.

Die Bewegung erfolgt meistens von Hand. Die feinsten Reibahlen stecken in einem hölzernen Hefte, welches zwischen Daumen und Zeige- finger gedreht wird; grössere tragen einen viereckigen Zapfen, über welchen die Brustleier oder Bohrkurbel gesteckt wird; zur Bewegung der grössten gebraucht man das Wendeisen. Für eine stetige Anwendung dagegen (z. B. beim Ausreiben der Nadelöhre in Nähnadelf abriken) befestigt man sie in der Spindel einer rasch laufenden Drehbank und schiebt das Arbeitsstück gegen dieselbe vor.

0. Geräthe zum Schleifen.

Die Arbeit, welche wir Schleifen nennen, besteht in der Abnahme von Spänchen mit ffilfe eines Werkzeugs, welches entweder selbst dem Mineralreiche entstammt und in diesem Falle Schleifstein genannt wird, oder doch wenigstens mit einer mineralischen Substanz überzogen ist^ welche die Spanbildung veranlasst. In beiden Fällen beruht die Wirkung auf dem Vorhandensein zählreicher, mehr oder minder scharf- kantiger, spitzenartiger Vorsprünge auf der Oberfläche des schleifenden Werkzeugs, welche, ähnlich den Zähnen einer Feile, Späne abtrennen, sobald sie über die Oberfläche des Arbeitsstücks hinweggeführt und dabei durch einen ausgeübten Druck gegen dasselbe vorgeschoben werden. Solche spitzenartige Vorsprünge finden sich auf der Oberfläche aller Körper, wenn auch oft in mikroskopischer Kleinheit; und ein Schleifen wird deshalb immer stattfinden, wenn zwei Körper in der beschriebenen Weise gegen einander bewegt werden; derjenige aber der beiden Körper, welcher der härtere ist, wird auf den andern kräftiger einwirken und dabei selbst weniger Einbusse an Material Erleiden. Daher ist es im Allgemeinen Regel, dass das schleifende Werkzeug härter sei als das Arbeitsstück, nur für sehr feine Arbeiten findet auch bisweilen das umgekehrte Verhältniss statt.

45*

708 TrennongsarbeiteD.

Neben der Härte des schleifenden Werkseogs beeinfloflaen die Form and Grosse der vorstehenden Spitzen den Verlauf der Arbeit Dieselben sind onregelmiSBig, mehr oder weniger schsrikantig geformt nnd wirken demnach entweder achneidend oder schabend. Je scharfkantiger nnd grösser die Spitzen, je weiter ihre Abstände Ton einander sind, 'desto grossere Spänchen können genommen werden, desto rascher geht die Arbeit vorwärts, aber desto sichtbarer hinterbleiben anch die Spnren jeder Spitze auf der Oberfläche des Arbeitsstacks. Daher ist es, wenn eine grössere Yollkommenheit der Arbeit erreicht werden soll, aach hier erforderlich^ &af das anfangliche Schroppen mit groberm Schleifmateriale ein Schlichten mit immer feiner werdendem folgen sa lassen, am die Sparen des Schroppens za vertilgen; and da der mineralische Ursprong der Schleifmaterialien es ermöglicht, jenen Grad der Feinheit in einem Maasse aoszadehnen, dass die wirksamen Schneidkanten kaom noch dem Geföhle der Hand and dem scharf bewaffneten Ange erkennbar sind, so ist man im Stande, dorch Schleifen Erfolge hinsichtlich der äussern Yollendong der Oberflächen za erreichen, welche die mit anderen Werk- zeagen erlangten weit ftberragen.

Als ein dritter Factor ffir die Wirkung des Schleifens tritt die Geschwindigkeit der Bewegung aof. Erfahrnngsmässig kann eine gerin- gere Härte eines schleifenden Werkzeugs durch grössere Geschwindigkeit theilweise ersetzt werden; je rascher aber die Haupibewegung und je weniger hart das Werkzengmaterial ist, desto schwächer muss för eine gleiche quantitative Leistung der ausgeübte Druck zwischen Werkzeug und Arbeitsstück genommen werden, desto feinere Spänchen werden mithin entfallen, desto voUkommnere Arbeit wird erreicht. Deshalb giebt man ffir Schleifarbeiten, welche feinen MetaUgegenständen ihre letzte Vollendung geben sollen, Bewegungsgesch windigkeiten von 15 m bis 30 m pro Secunde; beim Anschleifen der Spitzen von Nähnadeln sogar bis 45 m pro Secunde.

Die Hauptbewegung beim Schleifen wird meistens durch das Werk- zeug ausgeffihrt, welches in diesem Falle scheibenförmige Gestalt zu besitzen pflegt und um seine Achse gedreht wird. Das Schleifen erfolgt dann gewöhnlich an dem oylindrischen oder ffir Specialzwecke auch wohl profilirtem Mantel der Scheibe, und die Drehungsachse liegt hierbei horizontal; nur beim Schleifen grosser ebener Flächen benutzt man bisweilen die geraden Seitenflächen der Scheiben, legt sie hierbei hori- zontal und die Drehungsachse vertical. Der Durchmesser solcher scheiben- förmiger Schleifgeräthe (Drehsteine, Schleifscheiben) beträgt 50 bis 3000 mm, ihre Dicke 6 bis 300 mm. Die Bewegung erfolgt entweder von Hand oder weit häufiger durch Elementarkraft. Die Anzahl der Umdrehungen pflegt bei grossen und groben Schleifsteinen nicht mehr als 80 bis 90 pro Minute zu betragen und steigt bei feinen zur Errei- chung der oben mitgetheilten bedeutenden Umfangsgeschwindigkeit bis auf 4000 pro Minute.

Schleifen, Poliren. 709

In der Mitte besitzen die meisten Schleifsteine oder Schleifscheiben ein quadratisches durchgehendes Loch, um mittelst desselben auf die eiserne Achse übergeschoben und durch Holzkeile befestigt werden zu können. Da jedoch solche Holzkeile immerhin das Bestreben haben, den Stein aus einander zu treiben, insbesondere, wenn jsie nass werden und der Stein rasch umläuft, so ist es insbesondere bei grösseren, kostspieligeren Steinen im Allgemeinen rathsamer, den Stein mit runder Oeffhung auf einer ebenfalls runden Achse zu befestigen, indem man denselben zwi- schen zwei auf der Achse befindlichen Scheiben einklemmt, deren eine festsitzt und deren andere entweder durch eine Schraubenmutter gegen den Stein gepresst wird oder auch mit der ersten Scheibe durch Schrauben- bolzen verbunden ist, welche durch Oeffnungen im Steine hindurch- gesteckt sind.

Mit der Geschwindigkeit der umlaufenden Scheibe wächst die Ge- fahr eines Zerreissens derselben durch die Centrifugalkrafk; und da durch die beim Zerreissen umhergeschleuderten Trümmer grosse Verwüstungen angerichtet und Menschenleben bedroht werden können, so darf man niemals versäumen, Schutzvorrichtungen anzubringen, um diese Gefahr wenigstens thunlichst zu verringern. Als solche Schutzvorrichtung dient ein starker hölzerner Kasten, welcher den Stein einschliesst, mit umge- legten schmiedeeisernen Ankern oder Ketten verstärkt ist und nur dort eine schmale Oeffnung frei lässt, wo das Arbeitsstück mit der Scheibe in Berührung gebracht werden soll.

Die Bewegung der Scheibenachse wird bei aUen durch Elementar- kraft getriebenen Schleifsteinen durch eine auf der Achse befestigte Riemenscheibe von der Transmissionswelle aus übertragen; bei den durch Menschenkraffc bewegten entweder von einer auf der Achse aufgesteckten Handkurbel oder von einem Trittbrette aus durch Schubstange mit Kur- bel und einem Schnurscheibenpaare auf jene übertragen.

Wenn das Arbeitsstück die Hauptbewegung macht, so besteht die- selbe meistens in einem Hin- uud Herführen desselben von Hand auf der geradlinigen Fläche des Werkzeugs (dem Handschleifsteine); cylin- drische Arbeitsstücke werden um ihre Achse gedreht (wozu eine Dreh- bank benutzt werden kann), z. B. glatte Eisengusswalzen.

Sofern das Schleifen bis zu einem solchen Grade der Feinheit fort- gesetzt wird, dass glatte, spiegelnde Flächen entstehen ein Verfahren, welches weniger häufig die Erzielung einer voUendeten Form als eines dem Auge gefälligen Aeussem zum Zwecke hat , wird es Poliren genannt.

Wenn das zum Schleifen dienende Werkzeug nicht aus einem eigentlichen Schleifsteine besteht, sondern nur mit einem Ueberzuge aus der schleifenden Masse versehen ist, so pflegt in den meisteif Fällen Holz das Material des Werkzeugs zu bilden. Sofern das letztere Scheibenform besitzt und um seine Achse gedreht wird, muss auf die Neigung des Holzes, sich krumm zu ziehen, und auf die Wirkung der Centrifugalkraft

710 Treimungsarbeiten.

Rücksicht genommen werden; es darf demnach eine solche Scheibe nicht aus einem einzigen Stücke Holz gefertigt, sondern moss ans Segmeni- stücken zosammengesetzt werden, deren Fasemrichtnngen sich kreuzen. Bisweilen wird das hölzerne Werkzeug zunächst mit einem Ueberzuge aus Leder oder auch aus Blei versehen, bevor die eigentliche Schleifmasse aufgebracht wird.

Das Schleifen geschieht theils trocken theils mit Wasser oder OeL Das Trockenschleifen fordert am raschesten die Arbeit, giebt aber wenigstens bei den gröberen Schleifsteinen eine weniger saubere Ober- fläche, verursacht eine oft bedeutende Erhitzung der Arbeitsstücke (welche bei schon gehärteten Stahlwaaren nachtheilig einwirken kann) und wirkt durch den entstehenden und in der Luft vertheilten Schleif- staub ungemein lästig und gesundheitsnachtheilig für die Arbeiter, wenn 'nicht für eine kräftige Ventilation in den Arbeitsräumen gesorgt ist.

Beim Schleifen mit Wasser fallt die Arbeit sauberer aus, geht aber etwas langsamer von Statten, beides in Folge des Umstandes, dass der Schleifstaub durch das Wasser Bindekraft erhält und sich an die schlei- fenden Kanten des Werkzeugs anlegt. Die Erhitzung der Arbeitsstücke und Belästigung der Arbeiter fallt weg; dagegen lässt sich Wasser in solchen Fällen nicht anwenden, wo ein schnelles Rosten feiner eiserner oder stählerner Arbeitsstücke zu befürchten ist (z. B. beim Schleifen von Nähnadeln).

Beim Schleifen mit Oel entsteht eine noch zähere Masse durch die Vermischung des Oels mit dem Schleifstaube als beim Schleifen mit Wasser; das Schleifen geht langsamer vor sich, giebt aber einen noch hohem Orad der Vollkommenheit, und es wird die Gefahr des Röstens vermieden.

Die wichtigsten zum Schleifen und zur Anfertigung der Schleif- steine dienenden Materialien sind folgende:

Sandstein. Derselbe wird vorwiegend zu Drehsteinen verarbeitet, die feinsten Arten desselben dienen jedoch auch als Handschleifsteine. Feiner Flusssand dient in Pulverform als Ueberzug von Lederscheiben beim Schleifen und Putzen feiner Metallwaaren.

Granit wird zu Drehsteinen der gröbsten Sorte verarbeitet.

Thonschiefen Verschiedene Arten desselben geben ein vorsüg- liebes Material für Handschloifsteine (sächsischer grüner Oelstein zum Schleifen mit Oel; Messingschleifstein sum Schleifen mit Wasser).

Bimsstein. Derselbe dient theils im festen Zustande zum Abreiben der Oberflächen der Metallstücke trocken oder mit Wasser , theils in pulverförmigem Zustande als Ueberzug.

Dolomit; kommt in einer feinkörnigen, mit Kieselerde durchdrun- genen Varietät unter dem Namen türkischer oder levantinischer Schleif- stein (Oelstein) in den Handel, und dient vorzugsweise zum Schleifen schneidender Werkzeuge mit Oel.

Schleifen, Poliren. 711

SchmirgeL Derselbe bildet eins der vorzüglichsten Schleifmitteli wenn es sich am die letzte Vollendung der Metallwaaren handelt. Ursprünglich versteht man bekanntlich unter dem Ausdrucke Schmirgel eine eisenhaltige Varietät des Korunds von kömigem Oefüge und ausser- ordentlicher Härte. Derselbe findet sich in grösseren Mengen und vor- züglicher Qualität auf Naxos, Ikaria, bei Ephesus, in Ostindien. Wegen der Kostspieligkeit dieses eigentlichen Schmirgels benutzt man jedoch auch unter derselben Bezeichnung vielfach ein pulverförmiges Gemenge von Eisenglanz und Quarz, Granatsand, Zirkonsand und ähnliche Surro- gate zum Schleifen, wenn auch mit weit weniger gutem Erfolge als den echten Schmirgel.

Bei dem Gebrauche wird der Schmirgel entweder vermittelst eines geeigneten Bindemittels zu einem festen Schleiüsteine (Drehsteine oder Handschleifsteine) geformt; oder er wird als Ueberzug auf eine hölzerne Drehscheibe (Schmirgelscheibe) aufgetragen und hierbei gleichfaUs durch ein Bindemittol auf derselben in entsprechend starker Schicht befestigt ; oder er wird in t^ulverform mit Oel verwendet und hierbei gewöhnlich mit Hilfe eines Holzstabes (Schmirgelholz, Schmirgelfeile), auf Eisen aus Eichenholz, auf Messing aus Lindenholz, auf der Oberfläche des Metallstücks hin- und hergerieben. Als das erwähnte Bindemittel fUr Anfertigung von Schmirgelsteinen dient Tischlerleim, Schellack, Wasser- glas, feuerfester Thon, mit dem Schmirgel gemengt und gebrannt; u. a.

Die Benutzung der Schmirgelsteine geschieht meistens trocken.

Da der Schmirgel in sehr verschiedener Korngrösse vorkommt und sortirt wird, so ist man im Stande, mit Hilfe desselben die mannigfaltigsten Feinheitsgrade des Schliffs hervorzubringen; und in Folge dieses Um- standes bildet er ein unersetzliche^ Material bei Herstellung feinerer Metallarbeiten.

Erwähnung verdient die Art und Weise, wie ein genaues Auf- einanderschliessen zweier Metallflächen . durch Anwendung des Schmir- gels (Schmirgeln) erreicht wird. Man streicht etwas Oel und feinen Schmirgel zwischen beide Flächen und reibt oder dreht sie dann so lange auf einander, .bis vollständig dichter Abschluss erreicht ist. In solcher Weise wird ein Hahn im Hahngehäuse, ein Ventil auf dem Ventilsitze, zwei ebene Platten auf einander ein- oder aufgeschmirgelt.

Mehr zu einer mechanischen Reinigung der Oberfläche als zu einer eigentlichen Formveränderung benutzt man Schmirgelpapier oder Schmirgelleinen, Papier- oder Leinwandstücke, welche mit Hilfe von Tischlerleim einen Schmirgelüberzug erhalten haben.

Die letzte Vollendung der feingeschliffenen Arbeitsstücke die Politur wird ihnen stets durch pulverformige Substanzen ertheilt, welche auf Holz, Leder oder Füz aufgetragen werden. Auch hierbei pflegen verschiedene, immer feinere Polirmittel nach einander ange- wendet zu werden.

712 Trennungsarbeiten.

Gebräuchliche Pi^irpalver sind folgende:

Gebrannter, ungelöschter Kalk, möglichst rein und frei von ein- geineogten fremden Bestandtheilen (Wiener Kalk oder Wiener Patz- pulver). Derselbe wird auf Messing mit Gel, auf Stahl und Eisen mit Spiritus angewendet.

Eisenoxyd, auf chemischem Wege aus Eisenvitriol oder aus klee- saurem Eisenoxydul dargestellt oder f&r weniger feine Arbeiten durch Pulvern von Rotheisenerzen gewonnen und unter verschiedenen Benen- nungen: Polirroth, Englisch Roth, Pariser Roth, u. a. in den Handel gebracht. Dasselbe giebt auf Stahl, Messing und anderen Metallen einen vorzüglichen Glanz und wird mit Gel oder Spiritus aufgetragen.

Zinnasche (Zinnoxyd), Schlämmkreide, Knochenasche wer- den in ähnlicher Weise gebraucht

Tripel, bestehend aus natürlich vorkommenden, mineralischen Pulvern, durch vei*schieden6 Naturereignisse gebildet und deshalb anch verschieden in ihrer Bescha£Fenheit und Zusammensetzung. Derselbe wird mit Gel zum Poliren von Gold, Silber, Messing etc. gebraucht.

Die Verarbeitung der Metalle durch Schleifen zeichnet sich eines- theils, wie schon erwähnt wurde, dadurch aus, dass man eine Vollendung der Form und des Aeussern damit erreichen kann, wie kein anderes Werkzeug sie zu schaffen im Stande ist; sie gewährt aber auch den andern Vortheil, dass, sofern es sich nur um eine oberflächliche Ab- nahme von Spänen an einfach gegliederten Körpern handelt, sie meistens billiger auszufuhren ist als die gleiche Arbeit mit Hilfe der Feile oder eines andern Werkzeugs. Aus diesem Grunde ist z. 6. ein grösserer durch Elementarkraft getriebener Schleifstein eine höchst nützliche Ma- schine in Eisengiessereien zum Nacharbeiten derjenigen Stellen an Guss- waaren, wo Eingüsse gesessen hatten, Grat oder Fehlstellen entstanden waren u. s. w.

Verbindet man eine rotirende Schmirgelscheibe mit einer Maschine, welche in geeigneter Weise einen Vorschub des Arbeitsstücks bewirkt (Schleifmaschine), so lassen sich Arbeiten damit ausführen, die in anderer Weise oft nur mühsam mit der Feile möglich sein würden. Solche Schleifmaschinen mit selbstthätigem Vorschübe, die im Aeussern einer Fräsmaschine ähnlich zu sein pflegen, finden besonders in Nordamerika, wie die Weltausstellung zu Philadelphia zeigte, für zahlreiche Zwecke eine nützliche Verwendung: bei der Anfertigung von landwirthschaft- lichen Maschinen, Feuerwaffen, Nähmaschinen, Schlössern, zum Schleifen von Werkzeugen aller Art, u. s. f.

H artig berechnet den Arbeitsverbrauch grosser grobkörniger Schleifsteine nach der Formel

N = 0,0264 -^ ^ + f* ^5- Pferdestärken, worin :

Schleifen, Poliren. 713

D den SteindurclimesBer in Metern, V die Umfangsgeschwindigkeit per Secunde in Metern, P den Druck des Arbeitsstücks g^gQi^ den Schleifstein in Kilogrammen, fi den Reibungscoefficienten zwischen Stein und Arbeitsstück bezeich- net, für welchen zu setzen ist

bei OuBseisen 0,22,

Stahl 0,29,

Schmiedeeisen 0,44.

Für feinkörnige Schleifsteine (z. B. beim Anschleifen von Werk- zeugstahlen) soll man

N= 0,16 + 0,056 VDJ^ik'^ Pferdestärken

und

fi für GuBseisen = 0,72,

Stahl =0,94,

Schmiedeeisen = 1,00

setzen.

Für die meisten Fälle der Praxis dürften 2 bis 3 Pferdestärken fär den Betrieb eines grossen grobkörnigen Schleifsteins, Vi ^^'^ ^ Pferde- stärke für den Betrieb eines kleinen SchleÜsteins genügen.

Literatur über Schleifen, Schmirgeln, Poliren.

Earmarsch-Hartig, Technologie, 5. Auflage, 1. Band, S. 341 und 414.

Deutsche Industriezeitung, Jahrgang 1870, S. 44.

Dingler's polyt. Journal, Bd. 212, S. 388 und Bd. 213, S. 24 (Schmir- gelscheiben und Schleifmaschinen der' Tanite Company in Stroudsburg in Nordamerika), mit Abbildungen.

Wencelides, ELilfsmaschinen und Werkzeuge, S. 136 bis 169, enthält einen sehr lesenswerthen Bericht über die Verwendung des Schleif- steins in Amerika zu den verschiedenartigsten Zwecken und die Einrichtung der in Philadelphia ausgestellt gewesenen Schleif- maschinen.

n. Biegtings- und DehnimgsarbeiteiL

Die hierher gehörigen Arbeiten beruhen auf Aenderongen in der Lage der Molecüle der Arbeitastücke ohne Trennung, dorch Ein- wirkung von äusseren Kräften (Druck, Stoss etc.) henrorgerofen. Die physikalischen Vorgänge hierbei sind demnach genau die nämlichen, welche schon bei der rohen Pormgebung aof S. 323 ff. ausführlich be- sprochen wurden; die wichtigsten Arbeitseigenschaften sind auch hier Dehnbarkeit, Zähigkeit und Härte; auch die hierbei zur Verwendung kommenden Geräthe entsprechen zum grossen Theile den fär die erste Formgebung durch äussere Kräfte bestimmten und oben ausf&hrlich beschriebenen Vorrichtungen. Der wesentlichste Unterschied dieser Ar- beiten Ton jenen schon besprochenen beruht in dem umstände, dass der Hauptzweck jener eine Veränderung der Querschnitte, eine Umgestaltung eines rohen Metallblocks in ein Arbeitsstück mit bestimmten Abmessungen war, während bei diesen eine Querschnittsreränderung, wo sie auftritt, unwesentlich ist und nur als unvermeidliche Folge der filr die Formver- änderung nöthigen Arbeiten erscheint. Vom rein technologischen Stand- punkte aus hätten beide Gattungen yon Arbeiten gemeinsam besprochen werden können; der Grund, sie zu trennen, lag in dem Wunsche des Verfassers, diejenigen Verfahrungsweisen, aus welchen endlich das in seiner Form vollendete Gebrauchsstück hervorgeht, als eine neue Stufe in der Aufeinanderfolge aller für die Anfertigung aufgewendeten Ar- beiten zu kennzeichnen und demgemäss in der Beschreibung auch örtlich von denjenigen zu trennen, deren Ergebnisse erst Zwischenproducte für die fernere Bearbeitung sind.

Da mithin die hier zu besprechenden Vorgänge häufig nur auf einer geänderten Anwendung schon früher beschriebener Werkzeuge und Ma- schinen beruhen, so sollen abweichend von dem bisher befolgten Systeme nicht sowohl jene formgebenden Apparate, sondern die Arbeiten selbst als Ausgangspunkte der Beschreibung gewählt werden.

a. Das Biegen.

Auf Seite 323 wurde der Vorgang des Biegens als diejenige Aende- rung in der Lagerung zweier benachbarter Molecüle eines Körpers be- zeichnet, bei welcher unter dem Einflüsse einer mechanischen Kraft eine

Biegen.

715

VerBchiebimg des einen Molecüls ohne Nähemng oder Entfernung gegen das andere eintritt. Genau in dieser Weise kann jedoch Biegang nur innerhalb einer einzigen Fläche oder Molecülschicht stattfinden, welche den gebogenen Körper in zwei Hälften theilt, und die neutrale Faser genannt wird; auf der einen Seite derselben wird Näherung der Mole- cüle Stauchung eintreten, auf der entgegengesetzten Seite Ent- fernung der Molecüle Streckung. Dementsprechend wird die eine Hälfte eines jeden gegen die neutrale Faser rechtwinklig stehenden Querschnitts des gebogenen Theils eine Yergrösserung durch Anhäufung von Material, die andere Hälfte eine Schwächung durch Ausdehnung des Materials in der Längenrichtung erfahren. Je dicker der Querschnitt ist, d. h. je grösser die Entfernung von der neutralen Faser an den Umfang, desto grösser wird diese Querschnittsveränderung sein und desto grösser ist die Gefahr für Zerreissen oder Zerdrücken.

Die Mechanik lehrt uns, dass, wenn auf das freie Ende eines an dem andern Ende aufliegenden Stabes oder auf die Mitte eines an beiden Enden aufliegenden Stabes eine Kraft wirkt, eine Biegung nach einer Curve stattfindet, deren Krümmungshalbmesser umgekehrt proportional der Kraftintensität ist. Diese Biegung ist selbstverständlich bleibend, sobald die Elasticitätsgrenzö des Körpers überschritten worden ist. Wenn nun nach einer einmaligen Biegung um ein bestimmtes Maass das Arbeits- stück in eine geänderte Lage gebracht wird, einen Vorschub erhält, so lassen sich durch das Aneinanderreihen mehrerer solcher Biej^ngen Curyen hervorbringen, welche, sobald der Krümmungshalbmesser aller einzelnen Biegungen derselbe ist, als Kreislinien erscheinen und dem gebogenen Körper Cylinderform geben. Fig. 636 wird diesen allmäligen

Fig. 536.

Vorschub des Arbeitsstücks und die fortschrei- tende Biegung unter dem Einflüsse der in der Pfeilrichtung thätigen Kraft veranschaulichen. Offenbar lässt sich aber ein gleicher Erfolg, und zwar in sichererer Weise erreichen, wenn man das Maass der Biegung durch eine Unter- lage (Schablone, Modell, Gesenk, Matrize) be- grenzt, deren Umriss genau dem Proflle des gebogenen Gegenstandes entspricht, und nun die Biegung durch eine Kraft ausführen lässt, welche das Arbeitsstück zwingt, sich genau an die vorhandene Unterlage anzulegen. Leichter ist ein solches. Verfahren aus dem Grunde, weil hier das Maass der biegenden Kraft nicht mehr so streng als bei dem zuerst erwähnten Verfahren bemessen zu werden braucht, um eine bestimmte Biegung hervorzubringen; eine jede Kraft ist benutzbar, sobald sie aus- reicht, den Körper um die Unterläge herumzubiegen, und ein etwaiger geringer Ueberschuss derselben wird von der Unterlage aufgenommen.

716 Biegungs- und Dehnungsarbeiten.

Daher ist die Anwendimg solcher Unterlagen in allen dexyenigen Fällen von Vortheil, wo eine grössere Anzahl gleicher Gegenstande gefertigt werden soll; und die sämmtlichen maschinellen Vorrichtungen zum Biegen beruhen auf Anwendung derselben.

Das einfachste zum Biegen dien'ende (reräth ist der Hammer, und der einÜBushste Fall der schon auf Seite 465 besprochene, wenn ein Schmied ein glühendes Stück Eisen um das Hom des Amboses biegt Ebenso ist das Sperrhom ein häufig benutztes Geräth zum Biegen von Metallstaben und Blechen im heissen und kalten Zustande. Kehrt jedoch die nämliche Biegung häufig wieder, so wird man ein Hilfsgeräth der soeben beschriebenen Art anwenden. So z. B. gebraucht der Schlosser, um aus dünnem Eisenbleche Röhren (für Stubenöfen) zu biegen, einen „Dorn", d. h. cylindrischen Eisenstab von dem Durchmesser, welchen das Rohr erhalten soll, und klopft das Blech um denselben herum. Da eine Streckung des Metalls beim Biegen nicht beabsichtigt wird, gebraucht man leichte Hämmer Holzhämmer für manche Zwecke , deren Schlagwirkung ausreicht die Biegung zu bewirken, ohne eine gleichzeitige Querschnittsyerdünnung hervorzurufen.

In den Werkstätten der Klempner, bei denen überhaupt die Biß- gungsarbeiten eine grosse Rolle spielen, bedient man sich öfters eines Amboses, dessen schmale Bahn von halbrunden Querfurchen durchschnitten ist, und eines Hammers mit entsprechend geformter Finne, um schmale rinneniormige Biegungen an Blechstücken hervorzubringen. I)a man solche schmale halbrunde Rinnen Sicken oder Sieken nennt, heisst ein derartiger Ambos Sickenstock und der zagehörige Hammer, welcher zwei Finnen von verschiedener Breite zu besitzen pflegt, Sickenhammer. Sollen dagegen scharfkantige Umbiegungen vorge- nommen werden, so benutzt man das Umschlageisen, welches eine nach oben gerichtete schmale, geradlinige oder auch gekrümmte Kante trägt; um endlich einen Rand (Bord) rechtwinklig aufzubiegen (z. B. an dem Boden eines cylindrischen Blechgefasses), dient das Bördeleisen, ähnlich dem Umschlageisen, aber stets mit gekrümmter und weniger scharfer Kante, deren eine Begrenzungsfiäche senkrecht abfallt Fig. 537 stellt einen Sickenstock, Fig. 538 ein Umschlageisen, Fig. 539 ein Bördel- eisen mit theils gerader, theils gekrümmter Kante dar.

Da zufolge der oben entwickelten Theorie des Biegens vorzugsweise Arbeitsstücke mit schwachen Querschnitten gebogen werden, so genügt der Handhammer zur Ausführung dieser Arbeit, und ein Ersatz desselben durch Maschinenhämmer würde in Rücksicht auf den geringen Aufwand an zu leistender Arbeit meistens zwecklos sein. Je länger aber die zu bewirkende Biegung ist, desto weniger zweckmässig erscheint die An* Wendung des Hammers überhaupt, denn desto mehr einzelner Hammer- schläge sind erforderlich, um nach und nach die Biegung in der ganzen Längenansdehnung zu vollbringen. Es treten also in diesem Falle jene ■laschineUen Apparate als geeigneter in den Vordergrund, welche ent-

Biegtnaschinen. 717

weder durch einen einzigen mbigen, anf die ganze za biegende Fläche einwirkenden Dmck die Formver&ndemng bewirken Pressen ; Pig, g37_ oder welche bei kreis-

förmigen Qaerschnitten

- j^jjj, g^f gjjig einzige

Stelle defl Arbeitastflcks wirken, dieses aber dnrcb Drehnng nm ihre eigene Achse in Folge der Rei- bung an denBerflhrungB- st«llen geradlinig fort- bewegen nnd somit die Biegung in raschem Fortgange anf die ganze mit ihrem Umfange in BerühroDg kommende Länge (Breite) des Ar- beitsstücks abertragen— Walzwerke; oder end- lich diejenigen Torrioh- F%- MS- Pig- 53»- tnngen, bei denen eine

^^^^ fremde Zngkraft die

^^^^^ Fortbewegung des Ar-

^^V beitestüoks bewirkt, wäh-

^B rend dieses durch die

^1 form gebende Oeffnnng

H hindurchgeht Zieh-

H werke.

H Pressen finden in

^^ mannigfacher AusfQh-

^^ mng Anwendung. Zar

J^^ Uebertrsgung beziehent-

^^v lieb Verrielf&ltigang der

^^m Kraft dient für grössere

^B Leistongen bisweilen die

^B Schraube mit Hebel und

y Schwnngkngeln, wobei

der Apparat dem in

Fig. 455 anf Seite fi86

abgebildeten Scbranben-

darchstoBse ähnlich wird. Zum Oeraderichten gewalzter Eisenstäbe

(Tr&ger, Schienen u. a.) findet eine solche grössere Schraabenpresse

h&u£ge Anwendung; der rerbogene Stab liegt unterhalb der Schraube

anf zwei Unterlagen in kurzem Abstände von einander frei anf, so dass

die convexe Seite nach oben gerichtet ist; die Schraube drückt von oben

718 Biegangs- und Dehnirngsarbeiten.

gegen dieselbe und biegt somit den Stab gerade. Für kleinere Knft- leietongen, welche die bei Weitem faäofigeren sind, inabesondere in da Klempnerwerkstätten, ist jedoch der Handhebet ein noch einfachere« nni TollsUndig genügendes Hilfsmittel mr Ansübnng des Dmcks; und dnrcb zweckmässige Elnrichtang der die Form der Biegung bestimmenden Theile hat man bei Constrnction der hierher gehörigen Maschinen Erfolg erreicht, welche hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Einfachheit tiod Leistung des Apparates als flberraschend bezeichnet werden können.

Einige Beispiele mögen hierfOr als Erläntemng dienen.

Eine Uaschine, welche den Zweck hat, ebene Blechtafeln am Bande „abzukanten", d. h. unter einem rechten oder spitzen Winkel ammbiegnL Fig. 540.

zu „falzen" oder „umzuschlagen", d. fa. um ISO** stumpf omznbiegen, *t> daas eine Art Rinne entsteht, am zur grossem Steifigkeit Draht eine«- legen etc., zeigt Fig. 540 in perspectiviacher Ansicht, w&hrond dif Figuren 541 bis 545 die Anwendung der Maschine erl&ntem. (Constme- tion Ton E. Eircheis in Ane in Sachsen.)

Fig. 541. Fig. 542. Fig. 543.

B und C sind zwei Wangen (Spann wan gen), zwischen welchen du zn biegende Blech in der ans Fig. 541 ersichtlichen Art und Weise ein- gespannt wird. Die obere Wange B ist zn diesem Ende an awei senk- rechten Zugstangen befestigt, welche mit einer im nntem Thdle des G^

Biegmaschinen.

719

Figr. 544.

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siells gelagerten Ezcenterwelle / verbunden sind und bei Drehnng des Hebels g die Wange B heben oder senken, somit ein bequemes Ein- schieben des Blechs von vom und Fest- spannen ermöglichend. Der zwischen den geschlossenen Spannwangen bleibende Zwi- schenraum lässt sich ausserdem dhrch Dre- hung der Schraubenmuttern verändern, welche die Wange B mit den Zugstangen verbinden. Damit die Biegung in ganz be- stimmtem Abstände vom Rande der Blech- tafel erfolge, ohne dass ein vorheriges An- reissen nöthig wird, befindet sich ein ver- stellbarer Bahmen oder Anschlag. "H. (Fig. 541) zwischen den Wangen, der die Lage des eingeschobenen Arbeitsstücks bestimmt, mit Hülfe der Schrauben ^y (Fig. 540) ver- stellbar ist und für manche Zwecke auch ganz entfernt werden kann. Die Kanten beider Wangen sind mit sauber gearbeiteten Stahlschienen belegt.

Vor der Wange C befindet sich die „Biegewange" D, in der Ruhe die Stellung wie in Fig. 540 und 541 einnehmend. An den beiden Enden ist dieselbe mit zwei He- beln verbunden, welche mit seitlichen Drehungszapfen in Lagern, die am Gerüste angeschraubt sind, ruhen und dadurch auch die Lage und Drehung der Wange sichern. Um jedoch den verschiedenen Verwendungen der Maschine entsprechend die Lage der Drehungspunkte der Biegewange ändern zu können, sind theils jene Lager mit Hilfe eines Schlitzes horizontal am Gerüste verstellbar, theils sind die Lager- pfannen mit Hilfe je einer senkrechten Stellschraube und Gegenmutter höher und niedriger stellbar. In Fig. 540 werden die Schrauben zur Horizontal- wie zur Verticalverstellung leicht erkennbar sein.

Wie aus den Querschnitten der Schiene 2> sich ergiebt, hat dieselbe eine breite und eine schmale Kante; um nach Bedürfniss die eine oder andere derselben benutzen zu können, ist sie zwischen den Hebelbacken um zwei Zapfen drehbar, so dass entweder wie in den Figuren 541 bis 544 die breite Kante oder wie in Fig 545 die schmale Kante oben steht. Fig. 541 zeigt das zum Falzen eingelegte Blech, Fig. 542 dasselbe nach beendigter Biegung. Soll die Biegung auf 180 Grad ausgedehnt werden, so wird nunmehr das Blech zwischen B und C herausgezogen, auf die schräge Kante der Schiene B gelegt und dann durch Empor-

Fig. 545.

720 BiegnngB- und Dehnangsarbeiten.

drOcken von D der Fale Tollendet. (sugedrOckt). Um Biegnngen nacb bestiminteD Winkeln herrorznbringen, ist »of der Maschine ein Anschlag i stellbar befestigt, welcher den Hnb der Hebel begrenst.

Fig. 543 zeigt, wie man cnrveniSnnige Querschnitte (Hohlkehlen) durch mokweisen Torschnb des von hinten eingesteckten Blechs eh biegen vermag.

Zum Hohl nm schlagen" der Bleche, wie es in Fig. 644 dargestellt ist, werden der Maschine Schienen tob versohiedener Dicke beigegeben, die alsdann an die Wange B befestigt werden, nachdem die schräge Abkanteschiene derselben entfernt worden ist Die SteUschraaben fßr die Drehnngszapfen der Hebel and der Biegewange D werden hierbei so hoch gestellt, dass bei der Drehang von D zugleich ein Anheben in die punktirt« Stellung oberhalb der eingelegten Sdüene mOglich wird. Im Uebrigen dürfte die Abbildung das Verfahren genfigend erlSutem.

Fig. 545 zeigt endlich die Anfertigung von kurzen auf einander folgenden Abkantungen mit Hilfe der schmalen Kante der Biegewange D. Das Blech wird nach jeder einmaligen Abkantung heraoBgenommen and Fig. M6. gewendet, um der abwechselnden Rich-

tung der Biegnngen Rechnung zn tragen. Das Princip einer sogenannten Wulst- maschine, welche den Zweck hat, den Rand TOQ Blechstüokea cylinderfSrmig (zu einem „Wulste") umzubiegen «. B. die horizontalen Ränderron Dachrinnen , zeigt die Abbildung Fig. 546 in halber natürlicher Grösse. Zwei mit einander verbundene Gusseisen stücke c und d bilden zusammen den Rabmen oder die Wange der Maschine und lassen sich mit Hilfe zweier angegossenen Rippen e und / auf der mit passendem Auaschnitte versehenen Werkbank au&tellen. In einem nach oben mit schmaler Oefinung auslaufenden prismatisoheu L&ngsschlitse '^— der Wangen befindet sieh ein cylindri-

sober Stahlstab b von dem Darchmeeser des herznstellendea Wulstes, an den Enden der Wangen anfinihend und dnrcb zwei an seinen Enden aufgesteckte Kurbeln drehbar. Derselbe ist mit einer LKngsnuth von etwa 5 mm Tiefe versehen, in welche das am Rande gerade geschnittene Blech von aussen hereingesteckt wird. Dreht man nnn den Stablstab in der Richtung des Pfeils, so wickelt sieb das Blech, welches in der Nnth festgehalten wird, um den Stab hemm und bildet den Wnlst, welcher in g besonders abgebildet ist. Um die Ma- schine ßr Wulste von verschiedenen Durchmessern benutaen zu kfinnen, ist sie an der untern Seite mit einem zweiten etwas dickem Stabe ver-

Biegmaschinfln. 721

eeheo. Im-GanBen beschrftnkt eich die Anwendung der WalstnioBcbine auf Herstellnug von Rundangen niobt Aber 12 mm im Darchmesser.

Die zam Biegen benutzten Walzwerke likasen sich ibrer Wirknnga- weise entsprechend in zwei verBcbiedene Omppen sondern. Bei der einen dereelben dient ein Paar Walzen lediglich dazu, den Voracbnb dee stab- oder blecbiSrmigen ArbeitsBtQcks zn Teranlaegen, welohes an einer be- Btimmten Stelle des Apparates anter dem Einflüsse eines stetig bleibenden Dracks eine Biegung erb&lt und mithin im Yerlaofe seines DorchgaiigB zn einem Cylinder gebogen wird, dessen Durchmesser von der Stärke dee ansgeabten Drucke abhängig ist (rergl. den auf S. 715 besprochenen und in Fig. 536 Teranschaalicbten Vorgang der Biegung). Um nan die an- rermeidliche B«ibang zwischen dem in Bewegung befindlichen Arbeite- stücke nnd dem einen Drnok aoBÜbenden Werkzeuge auf ein möglichst geringes Maass znrOckznfllhren, formt man auch das letztere walzen- förmig, so dasa demnach ein solches Walzwerk mindestens drei Walzen enthält, zwei für den Vorschnb nnd eine fllr die Biegung. Fig. 547 stellt die Einrichtung eines solchen zum Biegen von Blechen in Cylinder- Piff. 547. form dienenden Walzwerks, gewähn-

lich Blechbiegemaschine genannt, dar. a nnd h sind die ZuHlbrungs- walzen, deren Abstand von einander gem&as der verschiedenen Blecbdioke durch Yerstfillnng der untern Walze veränderlich ist. Die Bewegung er- folgt durch ein Paar Getriebe, auf den Enden der im gaBBeleemen Walzge- rQste gelagerten Walzenzapfen befe- stigt, deren eins durch Zahnradflber- setznng von einer Handkurbel oder bei grösseren Maschinen von einer Riemenwelle ans seinen Antrieb erhält. c ist die Biegevalze, mit Hilfe einer Schrauben spindelsenk recht oder schräg verstellbar. Je höher dieselbe ver- stellt wird, desto grSsser ist der von ihr auf das Blech ausgeübte Druck, desto stärker die Biegung oder, mit anderen Werten , desto kleiner der Durchmesser des entstehenden Cylinders. Um den fertigen Cylinder aas der Haschine entfernen zu können, ist die obere Walze herausnehmbar, nachdem die Lagerdeckel gelöst sind. Giebt man der Maschine eine Einrichtung, welche neben der erwähnten Verstellung von c auch eine Aendemng der Achsenriehtung derselben ermöglicht, so dass ihre Achse schräg gegen die Achsen der Walzen a nnd b gerichtet ist, so ist man dadnrch in Stand geaetzt, auch Kegelmäntel zu biegen.

Fdr stärkere Bleche empfiehlt ee sich, eine zweite Biegewalze vor den ZnfQbmngawalzen anzubringen, welche dem Bleche schon eine

Ledabar, machujKb.inMllliirgiKba TsshnalDgl«. 4g

722 BieguQgB- nnd Dehnungearbeiten.

BchwSchere Vorbiegnng ertheilt oIb dasselbe schliesslich darch die hinter

den ZnfithraDgBwalzen gelagerte Biegewalze erhalten solL Fig. 546

Fig. MB.

■teilt eine solche AnordnoDg dar. a nnd b sind die ZofühningswalEen, e die eigentliche Biegewalie, d die Torbiege walze, welche sngldch die Einfahmng schwerer Blechtafeln ^'K' ^*^- erleichtert c und d sind selbst-

TerstSndlioh für verachiedene Biegungen in ihrer Lage gegen a und b Terstellbar.

Eine andere Anordnung

Bolcher Biegemaschinen ist in

Fig. 649 skizzirt. Hier sind a

nnd b die beiden Znfahrongs-

walzen, c die Biegewalze. Die

ponktirten Kreise stellen die

i ' i Getriebe dar. Der an zwei

\ Enden frei anfliegende Stab

... ,,-' (Blech) empfängt also seine

Durchbiegung in der Mitte. Die

Walie c ist natOrlioh in ihrer

Höhenlage verstellbar, wonach kleinere oder grSesere Cylinderdnrchmesser

erfolgen. Die Walzen a und b mflssen hier, da sie das Blech tob der-

■aelben Seite her erfassen, sich in gleichem Sinne drehen; man erreicht

diesen Zweck durch Einschaltung eines Zwischengetriebes d.

Biegmaschinen. 723

Biegewalzwerke nach beiden Systemen benutzt man zum Rundbiegen der feineren wie der stärksten Bleche. Die Walzen werden meistens aus Gusseisen gefertigt; für grosse Blechbiegemaschinen giesst man sie hohl und steckt die schmiedeeiserne oder stählerne Achse mit den Laufzapfen hindurch. Kleinere Blechbiegemaschinen für Weissblech, dünneres Schwarzblech, Zink- und Messingblech, in ihrer Anordnung gewöhnlich dem ersten der beiden besprochenen Systeme entsprechend, bilden einen in den Werkstätten der Klempner vielfach benutzten Apparat; grössere Blechbiegemaschinen mit Walzen bis zu 3 m Länge und 300 mm im Durchmesser, meistens nach dem zweiten Systeme gebaut (Fig. 549) und durch Elementarkraft getrieben, sind unentbehrlich in den Dampf kessel- fabriken etc. zum Biegen starker Eisenbleche, welche bei beträchtlicher Stärke im roth warmen Zustande gebogen werden ^); Biegewalzwerke mit schmalen Walzen zum Biegen von Stäben (Reifenbiegemaschinen),' gleichfalls häufiger nach dem zweiten Systeme gebaut, finden sich in zahlreichen Schmiedewerkstätten zum Biegen von Radreifen, Fass- bänden u. 8. w.

Bei der zweiten Gruppe der zum Biegen dienenden Walzwerke ist die Oberfläche der Walzen profilii*t und bringt eine dieser Profilirung entsprechende Biegung des hindurchgehenden Arbeitsstücks hervor. Wenn man z. B. die Oberfläche eines gewöhnlichen Walzenpaars mit querlaufenden, genau in einander greifenden Gannelirnngen versieht, so wird ein hindurchgehendes Arbeitsstück (Blech oder Stab) in entsprechend geriffelter Form herauskommen. Ebenso lassen sich durch Profile, welche wie Kaliber ringförmig um die Walze herumlaufen und in Ober- und Unterwalze sich gegenseitig ergänzen, Biegungen mannigfachster Art auf das hindurchgehende Blech, dessen Länge natürlich unbegrenzt ist, übertragen. Für Gesimse in verschiedenartigster Gliederung und ähnliche Zwecke lässt sich auf diese Weise das gebogene Blech herstellen.

Wenn jedoch ringförmige Körper mit gegliedertem Profile herge- stellt werden sollen, insbesondere also, wenn der Rand derselben gebogen werden soll, wie es bei Anfertigung von Hohlgefassen aus Blech vielfach vorkommt, so ist es meistens zweckmässiger, zuerst aus dem glatten Blechstreifen den Ring zu bilden und diesen dann durch Biegung des Randes etc. umzuformen, als umgekehrt. Ein gewöhnliches Walzwerk würde nun für solche Zwecke nicht brauchbar sein, sondern, um den

^) Arbeitsverbranch beim Biegen nach HartSg

-4 = « Vmkgf

worin

h die Dicke des Blechs in Millimetern,

Q den Halbmesser der Biegung in Millimetern,

V das Yolnmen des Arbeitsstücks in Cabikmillimetem

bedeutet und a für kaltes Schmiedeeisen = 0,075 zu setzen ist (Civilingenieur

1876, 8. 79).

46*

724 Biegungs- und Debnungaarbeiten.

Bing zwiBcheu die Walzen biingeu zu können, mius ein Eopfwaliwerk (vergl. Seite 520) gewählt werden. Da diese Kopfwalzwerke vielfach den Zweck haben, Sioken, d. h. stampfe Umbiegangen des Randes an cylin- drischon Blecbgefäasen hervorznbringen, wozu sonst der Stokenambos und Sickenhammer benutzt werden (vergl. Seite 716), nennt man sie ge- wöhnlich Sickemnasobinen.

Fig. 550 zeigt das Äenasere einer solchen Sickenniaachine (von E. Kircheis in Aue), deren Einrichtang kaam einer ErUaterung be- dürfen wird. 1q dem gusseiaernea Gerüste sind zwei horizontale Wellen Fjir 5äo gelagert, deren obere mit

Hilfe einer anf ihr Lager wirkenden Dnickschronbe sich am ein gewisses Maass höher oder niedri- ger stellen läsat, wKbrend die untere vermittelst einer Schrauben lager- büchse, welche darch den Handgriff g gedreht wird, in horizontaler Rich- tang verstellbar gemacht ist (vergl. unten Fig. 551). Auf den vorstehenden Enden der Wellen sind mit Schraubengewinde die zum AnsTechseln einge- richteten, sauber nach dera vorgeschriebenen Profile gedrehten Walzen befe- stigt. Die Drehung wird von der am rechten Ende befindlichen Hand- kurbel aus durch zwei Getriebe auf die Waisen ttbertragen.

Einige Beispiele mögen einen ungeftihren Begriff geben, ftlr wie zahlreiche Anwendungen die Sickenmaschine geeignet ist.

Wenn am Rande eines Blechstreifens, eines kreisförmigen Bodens oder eines Hohlcjlinders eine rechtwinklige Anfbiegung (Bord, Börtel) hervorgebracht werden soll, so setzt man die in Fig. 551 abgebildeten Börtelwalzen ein, steckt das Blech in der links abgebildeten l^ga zwi- schen die Walzen, nachdem der Anschlag d (vergl. auch Fig. 550) ein- gestellt worden ist, und setzt die Walzen in Drehung. Die Oberwalze wird nun langsam in der Pfeilrichtung 2 niedergedrückt und das Arbeitsstück aus freier Hand oder auch mit Hilfe eines besonders dazu constrnirten Führnnggbügels in der Pfeilrichtnng 1 langsam aufge- bogen. Es kommen so allmälig die Theile abc in die rechts abgebildete Stellung, womit die Arbeit beendet ist. Für ganz schmale Bfirtel wird

BiegmasdÜDen. 725

die Unterwalie io der PfeilrichtuDg 3 anf die Bcbon beschriebene Art und Weite verstellt.

Bb ist leicht ersichtlicfa, dssa bei dieser wie auch bei den sogleich in be schrei ben den Arbeiten der aufgebogene Rand eine VergrAsseroog seines DDrcbmessera erfahrt, und daher eine wirkliche Streclcang statt- findet. Der zam Aufbiegen erforderliche Druck wird, streng genommen, durch Pressen von Hand herrorgebracbt, wobei der Schenkel a seibat als Hebelarm dient und die Walzen den Stfttzpnokt bilden, wftbrend sie zu- gleich den Vorschub des Arbeitsstflcks an^hren.

Fig. 55S.

Um eine wirkliebe Sioke, d. h. eine balboylindriBcbe Binne, zu bilden, gebraucht man die in Fig. 552 abgebildeten Walzen. Das Verfahren ist im Weseatlicben das nämliche als beim Börteln, in der Abbildang ist links das cylindrische Geftss nach dem Einlegen abgebildet; bs folgt dann, naokdem die Waisen in Drehung Tersetzt worden sind, ein all-

726 Biegungs- und DehDungsarbeiteo.

mftligeB Niederdrücken der Obenrslse nach Pfeilrichtnng 2 und Auf- biegen des Gefaflses nach Pfeilrichtang 1 , bis schlieBalicb die rechts abgebildete Endstellnng erreicht iat

Eine solche Sicke pflegt mm Einlegen eines ringförmigen Drahts benutzt zu werden, damit der Rand eine grössere Festigkeit erholte; et masB dann aber nach diesem Einlegen das Blech rings am den Draht nmgebogeu werden, damit derselbe nicht heraosfallen ond der scharfe Blechrand nicht hinderlich für die Benatzong wirken kann. Zn dieser Arbeit, weiche ron den Klempnern das Zalegen genannt wird, dienen die Walzen Fig. 553. Links ist wieder die Anfangs-, rechts die End- Btellung gezeichnet, welche das Ter&hren hinlänglich klar vor Angeo führen dürften.

Fig. 553.

KarnieBe nnd gesimsartige Gliederungen lassen eich anf demselben Walzwerke mit entsprechend profilirten Walzen sowohl an geraden Blecbstreifeo wie an ringförmigen Körpern einbiegen.

Hat das Arbeitsstück dagegen die Form einer kreiarandeB oder

elliptischen Scheibe, welche während der Arbeit) nm ihren Hittelpnnkt

gedreht wird, so erfolgt eine Scheibe mit rings hemm laufenden Profili-

rungen, wie es z. B. Fig. 554 darstellt. Die Drehung Usst sich leicht

Pj 55, von Hand regeln, da der Anschlag d

(in den Figuren 551, 552, 563) die rich-

^^^1^1^^^^^^^^^ tige Lage des Arbeitsstücks bestimmt nnd die Walzen selbst dasselbe mitneh* men; fibrigena würde sich auch sehr leicbt eine EinspaanTorricbtnng zwischen Kömem ähnlich wie diejenige der auf Seite 581 abgebildeten Kreissoheere anbringen lassen. Die schwache Wölbong der Scheibe nach der Uitte zn wird vorher durch ein besonderes Verfahren ausgeführt.

Sofern die Ziehbank zum Biegen benatzt wird, dienen zwei Stahl- baoken an Stelle des Zieheisens der früher beschriebenen Ziehbänke, die

Biegmaschinen. 727

nach einer dem herzustellenden Profile entsprechenden Linie auf einander Bchliessen and zwischen denen das Arheitsstück hindurchgezogen wird, zur Herrorhringung der Biegung. Die ohere der Backen wird durch 'eine oder (bei grosser Breite) zwei Druckschrauben gegen die untere gedrückt, um bei starken Biegungen sie allmälig derselben nahem zu können. In der äusseren Anordnung ist also eine solche zum Biegen von Blechen in gegliederte Formen dienende Ziehbank von den Klempnern S ecken- oder Sickenzug genannt der auf Seite 532 abgebildeten Schleppzangenziehbank sehr ähnlich; die Bewegung erfolgt meistens von Hand vermittelst einer Kurbel mit Schwungrad, und zwar seltener durch Kette oder Kiemen mit Schleppzange als durch eine zwi- schen den Backen des Gestells geführte und durch ein Getriebe bewegte Zahnstange mit aufrecht stehendem Kopfe, an welchem eine oder zwei Zangen mit Klemmschrauben zum Erfassen des Arbeitsstücks angebracht sind. Da der Druck zwischen den Backen allein die Formveränderung ausführt, kann eine solche Ziehbank vom technologischen Standpunkte aus als eine Presse mit Vorschub des Arbeitsstücks durch die Zieh- vorrichtung betrachtet werden, ebenso wie sämmtliche besprochene Walzwerke als Pressen mit Vorschub, ausgeführt durch die Reibung der Walzenoberfläche, erscheinen. Selbstverständlich erfolgen beim Ziehen nur gerade Streifen (Gesimse etc.), deren Lange durch die Länge der Ziehbank begrenzt ist. Die gleitende Reibung zwischen den formgebenden Backen während der Fortbewegung ist erheblich grösser als die roUende Reibung zwischen den Walzen der Walzwerke; und während bei letz- teren die entstehende Reibung selbst den Vorschub ausführt, ist bei den Ziehbänken ein Ueberschuss von Kraft erforderlich, um die ohnehin stär- kere Reibung zu überwinden. Diese offenbar schwachen Seiten der Zieh- bänke zum Biegen lassen fast immer die Anwendung eines Walzwerks geeigneter erscheinen, zumal da dasselbe für viele Zwecke brauchbar ist, wo die Ziehbank nicht mehr ausreicht.

Literatur über Biegen.

Hoyer, Mechanische Technologie, S. 182 ff.

Amtlicher Bericht über die Wiener Weltausstellung, Bd. 2, S. 76 ff. (Berichterstatter Hart ig).

Wencelides, Hilfsmaschinen und Werkzeuge etc. S. 50 bis 60 (Fabrika- tion von Blechbüchsen in der Atlantic Petroleum Storage Comp, in Philadelphia).

Karmarsch-Heeren, Technologisches Wörterbuch S.Auflage, bearbeitet von Kick und Gintl, Bd. 1, S. 541 ff. (Artikel „Blechbear- beitung'*).

Hart, Werkzeugmaschinen, Text Seite 366, Atlas Taf. 63 (Blech- und Schienenbiegmaschine).

Biegungs- und DehnUDgfiarbeiten.

b. Das Treiben and Anfzieheti, S(&iie«d, Drfioken, Ciselir«!!, Prägen.

Der Begriff dea Treibens und Aofziebens sowie die AoBfOhrnng dieser Arbeiten in ihrer robestea Form wnrde bereits anf Seite 463 und 464 sowie hinsiohtlich ihrer Auaftthrung durch Pressen anf Seite 478 und 479 besprochen. Ersteres besteht in einer Qaeraebnittsverdünnong nnd dadurch hervorgerufenen Streckung des Materials an einer Stelle des Arbeitsstücks, welche rings eingesohlossen ist nnd deehalb eine Längen- oder Breiten ausdebnting nicht gestattet; also zu einer Hohlform sich umzuwandeln gezwungen ist; die entgegengesetzte Arbeit, das Auf- ziehen, besteht in einer Querschnitts verdickung des Randes eines Arbeits- stücks durch Aufbiegen und dadurch gleichfalls bewirkten Entstehung eines hohlen Gegenstands.

Für die Vollendung der Form finden beide Arbeiten vielfache An- wendung; nnd die in Gold und Silber getriebenen Reliefarbeiten Alter Meister bilden werthvoUe Sch&tze unserer Kunstsammlungen.

Das einfache Werkzeug für diese Arbeiten ist wiederum der Hammer. Abgesehen von der schon oben a. a. Orte beschriebenen Anwendung der Hämmer zur ersten Bildung von Hohlkörpern finden wir denselben snr weitern Ausbildung der Form, sofern es sich um Anfertigung gr5berer Gegenstände handelt, vorwiegend in Kesselsobmieden (Dampfkessel - fabriken) and Kupferschmieden. In den ersteren findet vorangsweise ein Aufziehen (Umkr&nipen) von Kesselbleohen zu dem Zwecke statt, die Stirnwände der Dampfkessel mit einem Rande zu versehen. M^n ver- wendet dazn gusseiserne Lehrformen, um welche hemm der Rand aufge- bogen wird, und hölzerne Hämmer. Um x. B. die Fenerbacbsen platte Fig. 555. eines Locomotivkessels von der in Fig. B55

abgebildeten Form herzustellen, gebrnncbt man die im Durchschnitte geseichnetc gnsseiseme Lehrfurm, deren äussere Um- risse den inneren Abmessungen der gebo- genen Platte entsprechen. Das Bleoh a wird, nachdem es zavor ausgesohnittcn worden ist, rotbwarm gemacht, horizontal auf die Lehrform gelegt nnd nun der Rand desselben rings hemm durch eine grössere Anzahl Arbeiter (6 bis 8) gleichzeitig mit den Holzhämmern bearbeitet, dadurch all- mälig aufgebogen nnd durch das Aufbiegen entsprechend verdickt. Das Aufbiegen er- folgt vorläufig nur um einen verh&ltnias- mässig kleinen Winkel, worauf das Dlech

[^LO]

Treiben, Punzen. 729

erst neu. erhitzt wird. Diese Arbeit wird so oft wiederholt, bis die ganze Umbiegnng vollendet ist, wozu vier bis sechs Hitzen erforderlich zu sein pflegen; dann wird die Platte nmgewendet nnd auf der Oberfläche der Lehrform durch Aufschlagen mit den Holzhämmern gerichtet

Ebenso werden die kreisförmigen Böden der Dampfkessel mit Rand yersehen.

Der Kupferschmied benutzt die von den Kupferhämmern gelieferten scheibenförmigen Platten oder schon roh unter dem Auftiefhammer (Fig. 320 a. S. 404) getriebenen Hohlgefösse, um durch Treiben die mannigfachen Geräthe für die Hauswirthschaft und technische Zwecke daraus herzustellen. Seine Hämmer sind theils von Holz, theils von Eisen in verschiedener Form; als Unterlage dient ihm der Ambos. Die Bear- beitung geschieht kalt; aber ein öfteres Ausglahen während des Verlaufs der Formveränderung pflegt erforderlich zu sein, um dem Kupfer die verloren gegangene Dehnbarkeit wieder zu geben.

Diese gewerbsmässige Darstellung hohler Körper durch Treiben oder Aufziehen mit dem EEammer wird zur Kunst, wenn es sich darum handelt, auf einer Metallplatte figürliche oder ornamentale Darstellungen als Reliefs durch Treiben heraustreten zu lassen, wobei eine Zeichnung die einzige Richtschnur des Künstlers bildet.

Da es bei diesen feinen Arbeiten darauf ankommt, dass jeder Hammersohlag genau auf die richtige Stelle wirke, und da femer für die arbeitende Fläche (Bahn) des. Werkzeugs mannigfache Formen erfor- derlich sind, lässt man die Hammerschläge nicht unmittelbar auf das Arbeitsstück wirken, sondern benutzt ein Stahlstäbchen mit entsprechend geformtem Ende, welches mit einer Hand auf das Arbeitsstück gesetzt wird, während die andere Hand die Hammerschläge auf das entgegen- gesetzte Ende des Stäbchens ausführt. Diese Stahlstäbchen, deren eine grosse Anzahl von verschiedener Crrösse und Form vorhanden zu sein pflegen, heissen Punzen.

Das Arbeitsstück muss bei dieser Arbeit eine Unterlage erhalten, welche einestheils dem Drucke der Punzen nachgiebt, andemtheils aber zähe genug ist, um den Eindruck auf diejenige Stelle zu beschränken, welche vom Punzen unmittelbar berührt wird. Hierzu dient für die dehnbaren Metalle (Oold und Silber) gewöhnlich Treibpech oder Treibkitt, aus schwarzem Pech, Ziegelmehl und etwas Wachs oder Terpentin zusammengeschmolzen. Man überzieht die Rückseite des Arbeitsstücks, d. h. diejenige Seite, welche erhaben werden soll und nach der Vollendung meistens die obere Seite darstellt, mit diesem Peche und befestigt sie damit auf einem grosseren Klumpen aus derselben Masse, welcher zuvor durch Erwärmen weich gemacht war und auf einer leicht drehbaren Unterlage ruht. Letztere besteht in rohester Form aus einer steinernen Halbkugel, die mit der runden Seite in einem kranzförmig zusammengelegten Tuche ruht und die flache, zur Aufnahme des Arbeits- stücks bestimmte Seite nach oben kehrt.

730 Biegungs- und Dehnnngsarbeiten.

Für härtere Metalle Messing, Eisen pflegt man Blei als Unterlage zu benutzen.

Für Anfertigung wirklich künstlerischer Arbeiten durch Treiben sind jedoch, wie schon oben erwähnt wurde, Gold und Silber die fast allein verwendeten Metalle, theils weil bei denselben der Werth des Me- talls in einem bessern Einklänge zu dem Eunstwerthe des hergestellten Gegenstandes und der aufgewendeten Arbeit steht, hauptsächlich aber, weil gerade diese Metalle in Folge ihrer ausserordentlichen Dehnbarkeit vorzugsweise geeignet sind, beim Treiben auch die feinsten Umrisse und Zeichnungen in voller Schärfe und Schönheit hervortreten zu lassen.

Bei der rohen Formgebung wie bei den Formveränderungen durch Biegen haben wir mehrfach zu sehen Gelegenheit gehabt, wie die all- mälige Wirkung zahlreicher schwächerer Hammerschläge sich häufig mit Vortheil und Ersparung an Arbeit durch einen einzigen starken Schlag oder ruhigen Druck ersetzen lässt, sobald die zu erzielende Formverän- derung durch ein formgebendes Ergänzungsstück Gesenk, Patrize, Matrize, Stempel, Stanze, Form u. s. w. genannt genau begrenzt ist. Dasselbe ist beim Treiben und Aufziehen der Fall. Auch das Biegen unter der Presse oder zwischen Walzen schliesst ja, wie mehrfach aus- geführt wurde, häufig schon eine Querschnittsverdünnung oder Verstär- kung ein. Jene Nothwendigkeit aber, bei der raschem Formgebung durch eine kräftigere Schlag- oder Druckwirkung eine oder nach Um- ständen auch mehrere auf einander folgende form gebende Ergänzungs- stücke anwenden zu müssen, deren Umrisse denjenigen des herzustellen- den Gegenstandes entsprechen, während sie andererseits die Möglichkeit geben müssen, denselben nach der Vollendung aus der Form herauszu- heben, ohne diese zu zerstören; die erheblichen Kosten für Arbeit und Material, welche die Herstellung einer solchen „Form** zu veranlassen pflegt, würden für die Anfertigung eines einzelnen Gegenstandes diese Methode als höchst ungeeignet erscheinen lassen, machen sie dagegen zu einem werthvollen Hilfsmittel für Erspamng an Arbeit und Zeit, wenn eine fabrikmässige Massenanfertigung gleicher Gegenstände beab- sichtigt wird.

Schon auf Seite 478 und 479 wurde der Fall besprochen, wie man mit Hilfe der Presse im Stande ist, Hohlkörper zu bilden, sei es durch Aufbiegen, also Verdickung des Randes, sei es durch Verdünnung der mittleren Theile. In gleicher Weise geschieht das Treiben und Auf- ziehen bei Vollendung der Foim. Einem Blechlöffel, welcher vermittelst des Durchstosses als flacher Körper aus der vollen Blechtafel ausgestossen wurde,. giebt man die erforderliche Aushöhlung, indem man ihn durch einen kräftigen Druclr oder Schlag in eine Form presst, deren Untertheil (Matrize) entsprechend concav, deren am Stempel oder Bär der Maschine befestigtes Obertheil (Patrize) entsprechend convex geformt ist; um aus dünnem Bleche Reliefs herzustellen (Schmucksachen, Dosen« Schalen, Theebretter und zahllose andere Gegenstände), presst oder schlägt man

Treiben mit Stanzen. 731

dasselbe mit Hilfe Ton Patrize und Matrize in die verlangte Form. Ist die QuerschnittsYeränderang hierbei beträchtlich,* so fährt man die« selbe in mehreren einzelnen Stadien aus, wie es schon auf S. 479 be- sprochen wurde, und unterwirft, wenn es nöthig werden sollte, zwischen denselben das Arbeitsstück einem Ausglühen. Selbstyerständlich sind dabei für jede weitere FormTeränderung auch neue, entsprechend tiefere und engere formgebende Werkzeuge erforderlich. So z. B. sind zur An* fertigung schmiedeeiserner Kasserolle, Waschbecken und dergleichen fünf bis sieben auf einander folgender Pressungen (Schläge) in immer engeren Ge- senken erforderlich. Bisweilen kann man eine grössere Anzahl Blech- platten auf einander legen und gleichzeitig yerarbeiten. Während in diesem Falle die Matrize den Umrissen des fertigen Arbeitsstücks ent- spricht, ist die Patrize (der Stempel) entsprechend kleiner und im Pro- file weniger scharf ausgebildet Nach jedem Schlage oder Drucke wird nur das unterste Blech herausgenommen und ein frisches- oben eingelegt; jedes Blech durchläuft also nach und nach eben so viele einzelne Sta- dien der Formgebung als die Anzahl der B]eche beträgt, ohne dass ent- sprechend viele einzelne Stanzen erforderlich wären. Ein besonderer in die Matrize passender Stempel ertheUt schliesslich jedem einzelnen Arbeitsstücke die nöthige Schärfe der Umrisse.

Zur Uebertragung der Krafbwirkung kommen hier wieder alle die früher besprochenen Apparate in Betracht. Für Leistungen der kleinsten Art, z. B. bei Anfertigung kleiner Schmucksachen aus dünnem Gold- bleche, genügt oft ein Schlag mit dem Handhammer auf das Obertheil der Form; für grössere Leistungen, insbesondere auch für fabrikmässige Anfertigung, benutzt man vielfach das Fall werk oder den Fallhammer (Seite 409), in seiner kleinsten Form zum Betriebe mit Hilfe eines Fuss- tritts Wippe ^ genannt; auch die Schraubenpresse und der Kniehebel finden häufige Anwendung. Hydraulischer Druck ist nur für die grössten Kraftleistungen üblich, wie sie bei Vollendung der Form weniger häufig auftreten.

Die Stanzen und Stempel bestehen aus Gusseisen, Stahl, Bronze, für weiche Metalle auch wohl nur aus hartem Holze. Gusseisen ist am billigsten, lässt sich aber bei omamentirten Gegenständen schlecht nach- arbeiten und muss daher für solche Zwecke sehr scharf gegossen sein, wenn es benutzbar sein soll; Stahl ist durch seine Härte das dauerhaf- teste Material; Bronze lässt sich leichter als Gusseisen mit Grabstichel und Punzen nacharbeiten und ist deshalb für [feinere Gegenstände mit reliefartiger Oberfläche vorzugsweise geeignet.

Wenn die Aufgabe vorliegt, einfache Hohlkörper mit kreisrunden oder elliptischen Querschnitten durch Treiben oder Ausziehen anzufer- tigen, so giebt die Benutzung einer Drehbank dazu eine vortreffliche Gelegenheit durch ein eigenthümliches und einfaches Verfahren, welches man Drücken nennt. Zur Ausführung desselben ist ein „Futter" er- forderlich, welches die Umrisse des fertigen Gegenstandes enthält und

732 Biegungs- und DehnuBgsarbeiteii.

auf der Drehbanksspindel befestigt wird, um mit dieser in ümlanf gesetzt zu werden« Dasselbe wird meistens ans hartem Holae darch Drehen ge- fertigt und besitzt entweder concaye Form, so dass seine Innenfläche den äusseren Umrissen des zn fertigenden Stücks entspricht, oder es ist con- ▼ex nnd bildet also gewissermaassen einen Kern f&r das Arbeitsstdck« In dem erstem Falle wird das Blech auf dem Rande des Futters fest- gespannt und während der Drehung desselben mit Hilfe eines Drück- stahls mehr nnd mehr in die Vertiefung hineingedrückt, bis es genau an den Wänden des Futters anliegt; die Formgebung erfolgt also gerade wie beim Treiben mit dem Hammer durch eine allmälige Qnerschnitta- verdünnung, aber bei Weitem gleichmässiger und sicherer; im andern Falle wird der Rand des Blechs mehr und mehr um das convexe Futter herumgedrückt, bis auch hier ein yoUständiger Anschluss erzielt ist; es findet Querschnittsyerdickung, also ein wirkliches Aufziehen statt. Nicht selten lässt man-, wenn der herzustellende Körper sehr tief ist, auch die eine der beschriebenen Arbeiten auf die andere folgen, um den Quer- schnitt nicht übermässig yerändem zu müssen; zieht erst das Blech über ein conyexes Futter und yollendet dann die Arbeit in einem concayen.

Die Drückstähle sind an dem yordem Ende flach mit bogenförmiger Kante geschmiedet, glatt abgerundet und an dem andern £nde in ein hölzernes Heft gefasst, um mit der Hand geführt zu werden. Als Unter- stützung bei der Arbeit dient die Aaflage der Handdrehbank. Zur Ver- ringerung der Reibung zwischen Arbeitsstäck und Werkzeug taucht man letzteres, je nachdem dieses oder jenes Metall gedrückt wird, in Seifen- wasser (bei plattirten Blechen), Fett oder dergleichen.

Das Drücken ist, sobald Rotationskörper hergestellt werden sollen, y ollkomm ner und rascher ausführbar als das Hämmern aus freier Hand, bedarf nicht der kostspieligen Stanzen wie das Pressen und besitzt yor der letztem Arbeit den nicht za unterschätzenden Vortheil, dass auch sogenannte „unterschnittene" Formen damit hergestellt werden können, d. h. Hohlkörper, deren Profile nach unten sich erweitern oder nach aussen yortretende Gliederungen zeigen: hemmlaufende Bunde, Ringe und dergleichen« Wie leicht einleuchten wird, ist es mit Hilfe yon Stempel und Stanze unmöglich, Formen auszubilden, welche nicht die Bedingung er- füllen, jede Unterschneidung zu yeniieiden; die Profile aller gestanzten Reliefs müssen streng nach derselben Regel gebildet sein (wodurch die Vervielfältigung durch Stanzen der durch Handarbeit getriebenen Kunst^ werke in genauer Wiedergabe oft unmöglich gemacht oder nur durch Zusammensetzen aus mehreren Stücken erreichbar ist); Rotationskörper aber lassen sich ohne Schwierigkeit auch in unterschnitten en Formen herstellen, wenn man das Futter, um das fertige Stück abnehmen zu können, ähnlich wie eine Gussform beim Giessen aus mehreren leicht yerbundenen Theilen zusammensetzt. Daher ist das Drücken auf der Drehbank ein Verfahren, welches bei Verarbeitung aller dehnbaren Me- talle und fär die mannigfachsten Zwecke mit Vorliebe in Anwendung

Drücken, Ciseliren. 738

gebracht wird, voraasgoBetzt, dass die Grösse des Arbeitsstücks nicbt jenes Maass übersteigt, welches durch die Grösse einer Drehbank zum Drehen Yon Hand gegeben ist.

SelbstTerständlich gelingt das Drücken nm so leichter, je dehnbarer das verarbeitete Metall ist; und je grösser die Qaerschnittsyer&ndemng beim Drücken und je mehr das Metall zum Hartwerden geneigt ist, desto häufiger mnss ein Aasglühen während der Arbeit stattfinden. Es kommt sogar Yor, dass stark gedrückte Arbeitsstücke in Folge der entstandenen Spannung zwischen dem Rande und Boden zerspringen, wenn sie der Erhitzung ausgesetzt werden, und man verringert diese Gefahr durch zuvoriges Hämmern des Randes mit einem hölzernen Hammer.

Bei allen den zuletzt besprochenen Arbeiten wurden als Folge einer Querschnittsänderung aus flachen Arbeitsstücken Körper gebildet, welche auf der einen Seite concave, auf der andern conveze Flächen zeigten. Etwas anders gestaltet sich der Vorgang, wenn entweder die Dicke des Arbeitsstücks eine solche ist, dass das Ausweichen des gedrückten Metalls, welches auf der Rückseite dünner Arbeitsstücke jene convexen Hebungen hervorruft, nicht mehr durch die ganze Metallmasse hindurch stattfindet, oder, was im Grunde dasselbe ist, wenn eine starre Unterlage des Ar^ beitsstücks jenes Hervortreten erhiibener Flächen auf der Rückseite un- möglich macht. In beiden Fällen kann sich die Einwirkung des Werk- zeugs nur noch durch eine entsprechende Verdichtung der zunächst gelegenen Theile und insbesondere durch das Hervortreten seitlicher Erhabenheiten an der Oberfläche des Arbeitsstücks nicht an der Rückseite bemerkbar machen.

Als hauptsächlichstes Werkzeug für Handarbeit zu solchen Zwecken finden wir wieder den Punzen nebst Hammer; und die Arbeit mit demselben in der beschriebenen Weise heisst Ciseliren im engem Sinne. Es sei hier erwähnt, dass auch die Arbeit mit dem Grabstichel gewöhn- lich unter derselben Bezeichnung verstanden wird; denn beide Werkzeuge pflegen von demselben Arbeiter geführt zu werden; das eine zur Hervor- bringnng von Eindrücken unter Benutzung der Dehnbarkeit des Metalls, das andere, um durch Wegnahme von Spänchen vertiefte Linien etc. hervorzubringen; beide Werkzeuge werden häufig abwechselnd bei der nämlichen Aufgabe gebraucht und ergänzen sich gegenseitig. Deshalb finden wir die Punzen neben dem Grabstichel in allen solchen Werk- stätten, wo auf der Oberfläche von Metallwaaren feinere erhabene oder vertiefte Linien anzubringen oder nachzuarbeiten sind; in den Stätuen- und Eunstgiessereien zum Nacharbeiten der gegossenen Bronzefiguren und Ornamente; in den Graviranstalten; und für mannigfache andere Zwecke. Die arbeitenden Endflächen der Punzen sind daher auch für diese Zwecke in mannigfachen Formen vertreten. Kommt es jedoch vor, dass eine und dieselbe Zeichnung, Inschrift oder dergleichen öfter wieder- kehrend angebracht werden muss, so benutzt man mit grossem Vortheile solche Punzen, welche die Zeichnung, Buchstaben etc. in umgekehrten

734 Biegangs- und DehnungsarbeiteD.

Linien an ihrer Endfläche tragen nnd demnach in yollstandiger Ausbil- dung durch einen einzigen Schlag auf das Metall übertragen. Bekannt sind in dieser Hinsicht die Zahlen- und Buchstabenpunzen für Ziffern und Inschriften; aber auch Ornamente, Wappen nnd dergleichen lassen sich durch einen geeigneten Punzen auf einer Metalloberflache anbringen. Am leichtesten gelingt hierbei die Herstellung, wenn die herzustellende Figur (Buchstabe, Ziffer etc.) auf dem Punzen erhaben, auf dem Arbeits, stücke vertieft erscheint und das Metall also bei Entstehung des Ein- drucks seitlich ausweicht; es gelingt aber auch, erhabene '(reliefartige) Figuren durch einen Punzen mit vertiefter Zeichnung herzustellen, in- dem das Metall rings um die Zeichnung her zusammengedrückt nnd so gezwungen wird, nach der Vertiefung des Punzens hin auszuweichen, diese als erhabenen Abdruck wiedergebend.

Je grösser aber die Fläche der herzustellenden Eindrücke ist, je tiefer und schärfer dieselben im Metalle hervortreten sollen, desto grösser wird der erforderliche Kraft^ und Arbeitsaufwand; und es tritt eine Grenze ein, wo Handarbeit nicht mehr ausreicht oder doch die Anferti- gung erheblich verzögern würde. Wenn also fabrikmässig die Oberfläche einer grossen Anzahl gleicher Gegenstände in jener Weise mit vertieften oder erhabenen Zeichnungen als Abdrücken der Werkzeugfläche ver^ sehen werden soll wir erinnern an die Anfertigung von Münzen und Medaillen, welche in älterer Zeit gleichfalls mit dem Hammer ,, geschlagen*^ wurden , so wendet man statt des Hammers eine Maschine an, welche durch einen einzigen kräftigen Stoss oder Druck die Formgebung aus- führt. Der Punzen wird zum Stempel und die Arbeit heisst Prägen. Giebt man hierbei, wie z. B. bei der Münzenanfertignng, auch der starren Unterlage des Arbeitsstücks eine mit erhabenen oder vertieften Zeich- nungen versehene Oberfläche, so drücken sich dieselben auf der untern Seite des Arbeitsstücks in derselben Weise ab, als die Zeichnungen des Stempels auf der obem, und man kann demnach auf diese Weise durch einen einzigen Schlag oder Stoss beide Seiten gemeinschaftlich bearbeiten.

Unter den angewandten, drückend oder stossend wirkenden Maschi- nen finden wir auch hier ausschliesslich schon bekannte Formen. Die senkrechte Schranbenspindel mit drei- bis vierfachem flachem Gewinde und langem Schwengel mit Schwungkugeln bildete lange Zeit die allein angewendete Maschine zum Prägen von Münzen, und wird jetzt noch häufig zum Prägen der Münzstempel benutzt (vergL Anfertigung der Münzen im speciellen Theile); in neuerer Zeit ist dieselbe durch die Kniehebelpresse vielfach verdrängt worden; auch E^centerpressen nnd hydraulische Pressen sind für Specialzwecke in Anwendung.

Literatur über Treiben, Stanzen, Prägen etc.

Earmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, Bd. 1, S. 358, 364, 368« Prechtl-Karmarsch, Technologische Encyclopädie, Bd. 2, S. 291 ff. Bd. 7, S. 143.

m. Die Znsammenfägrungsarbeiten.

Die F&Ue, dass Gegenstande ans Metall erst durch Zusammensetzung aus mehreren, unabhängig von einander angefertigten Theilen vollendet werden können, sind zahlreich. Häufig ist die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit der Anfertigung in einem einzigen Stücke der Grund hierfür; bisweilen besteht auch das Stück ans mehreren verschiedenen Metallen neben einander; oder aus technischen Gründen ist ein öfteres Auseinandernehmen desselben erforderlich; und dergleichen. In welcher Weise in allen diesen Fällen die Verbindung Zusammenfügung der einzelnen Bestandtheile zu bewerkstelligen ist, richtet sich also theils nach dem Zwecke des fertigen Gegenstandes, ist aber andererseits auch von der Beschaffenheit des Materials sehr abhängig.

1. Adhäalonsverbindungen.

Wir verstehen unter diesem Ausdrucke alle solche Verbindungen, bei denen lediglich die hergestellte Adhäsion zwischen den Molecülen gleichartiger oder auch fremdartiger Stoffe den Zusammenhang bewirkt. Wie schon bei Besprechung der Schweissbarkeit der Metalle besprochen wurde (S. 341 ff.), sind aber zur Herstellung einer solchen Adhäsion (be- ziehentlich Cohäsion), d. h. Näherung der Molecüle bis zu demjenigen Grade, wo ihre gegenseitige Anziehungskraft wirksam wird, hauptsächlich zwei Bedingungen zu erfüllen: absolute Reinheit der zu vereinigenden Oberflächen und ein plastischer (beziehentlich flüssiger) Zustand derselben, welcher allein jene Annähemng der Molecüle in dem erforderlichen Grade ermöglicht. Sobald es gelingt, jene beiden Bedingungen gleich- zeitig zu erfüllen, wird auch eine Verbindung gleichartiger und selbst verschiedenartiger Metalle zu erreichen sein; es wurde aber a. a. 0. schon auf die Schwierigkeit hingewiesen, jenes Ziel zu erreichen. Bei der Verbindung solcher Stücke aber, welche bereits durch mechanische Verarbeitung eine fertige Form erlangt haben, kommt noch der Umstand in Betracht, dass durch Anwendung des zur Vereinigung erforderlichen Druckes in einem plastischen oder gar flüssigen Zustande die erlangte Form ganz oder theilweise wieder verloren gehen, die aufgewendete Arbeit also vergeblich gewesen sein würde. Nun giebt es aber glück- licherweise ein ziemlich einfaches Anskunftsmittel zur Umgehung dieses

736 Zusammenfugungsarbeiten.

Uebelstandes. Wenn man in die Fnge zwischen den zu vereinigenden metallisch reinen Oberflächen einen momentan flüssigen oder plastischen Körper sei es ans demselben oder aus anderem Stoffe bringt, wel- cher sich dicht genug an beide Flachen anlegt, um Adhäsion mit dem- selben zu erlangen und die Eigenschaft besitzt, alsbald feste Form anzunehmen, so bildet derselbe ein Bindemittel zwischen beiden Hälften, welches nach Maassgabe seiner eigenen Festigkeit dieselben vereinigt. Zum Gelingen einer solchen Verbindung ist es jedoch erfor- derlich, dass beim Starrwerden des Bindemitteb eine erhebliche Volumen- veränderung nicht eintrete, welche allerdings ein Losreissen schon ver- einigter Flächen zur Folge haben könnte.

Das Erstarren des flüssigen oder plastischen Bindemittels kann ent- weder eine Folge der Abkühlung (falls es im heissen Zustande eingebracht wurde) oder auch chemischer Vorgänge sein. Im letztem Falle werden bisweilen auch die zu vereinigenden Metalloberflächen durch Eingehung chemischer Verbindungen in Mitleidenschaft gezogen^ wodurch die Festig- keit der Verbindung erhöht werden kann.

Auf solcher Verbindung durch Adhäsion der Oberflächen zweier Körper, sei es unmittelbar, sei es mit Hilfe eines zwischen dieselben gebrachten Bindemittels, beruhen die in Folgendem zu besprechenden Arbeiten.

a. Schweissen.

Dieser Ausdruck bezeichnet im Allgemeinen denjenigen Vorgang, bei welchem zwei Stücke Metall ohne Bindemittel mit einander ver- einigt werden. Die üblichste Anwendung findet das Schweissen wie schon früher erwähnt wurde bei Verarbeitung des Eisens. Sofern es als Vollendungsarbeit benutzt wird zur Vereinigung zweier oder mehrerer in ihrer rohen Form bereits fertiger Arbeitsstücke , pflegt es den übrigen Vollendungsarbeiten voraus zu gehen, damit durch letz- tere die in dem erforderlichen weichen Zustande des Metalls entstandenen Ungenauigkeiten der Form ausgeglichen werden können.

lieber die Vorgänge und zu erfüllenden Bedingungen beim Schweissen wurden auf Seite 341 bis 347, über das Arbeitsverfahren auf Seite 466 die nöthigen Mittheilungen gegeben, auf welche deshalb hier einfach Be- zug genommen werden kann.

b. L ö t h e n.

Unter dem Ausdrucke Löthen versteht man die Vereinigung zweier MetallstÜoke durch ein zwischen ihre Fugen gebrachtes metallisches Bindemittel, welches das Loth heisst. Um das Einbringen und dichte Anlegen des Bindemittels zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass das- selbe sich im flüssigen Znstande befinde; damit dasselbe nicht vorzeitig

Löthen. 737

erstarre, müssen die zn yereinigenden Metallflächen wenigstens ange- wärmt sein; nm die Vereinigung überhaupt möglich zu machen, müssen femer, wie schon oben hervorgehoben würde, die Metallflächen dorchaus rein sein von nichtmetallischen Körpern (Oxyden, Fett, Schmutz). Es folgt hierans zunächst, dass das Loth bei einer niedrigem oder im äussersten Falle doch gleichen Temperatur schmelzen muss, als das zu löthende Metall, damit nicht dieses selbst durch das stärker erhitzte Loth zum Schmelzen gebracht werde; ausserdem wird erfahrungsmässig das Löthen gewöhnlich erleichtert, wenn das Lothmetall geneigt ist, in Legi- rung mit dem zu löthenden Metalle zu treten.

Die Festigkeit der Löthstelle hängt, sofern die Löthung über- haupt gelungen ist, von der Festigkeit des Loths ab; zwei Metallstücke von grosser Festigkeit durch ein Loth von geringer Festigkeit verlöthet z. B. Gusseisen mit Zinn gelöthet können an der Löthstelle niemals eine grössere Festigkeit als diejenige des Loths erhalten; andererseits kann die Löthstelle grössere Festigkeit besitzen als selbst die verbundenen Metalle, wenn eben als Loth ein Metall oder eine Legimng gewählt wurde, welches sich durch grössere Festigkeit auszeichnete. Gewöhnlich besitzen nun aber die festeren Metalle und Legirungen einen höhern Schmelzpunkt als die weniger festen, und es ist deshalb leichter, Löthungen herzustellen, bei denen es auf erhebliche Festigkeit nicht an- kommt, als wenn in der Löthstelle eine ebenso grosse Festigkeit vor- handen sein muss, als sie das gelöthete Metall besitzt.

Um die Metallflächen völlig rein zu erhalten, insbesondere, um die beim Erwärmen sich leicht bildenden Oxyde zu entfernen, müssen die ersteren mit Körpern in Berührung gebracht werden, welche im Augen- blicke des Löthens in Folge der Erwärmung die fremden üeberzüge zu einer leicht schmelzbaren Schlacke lösen ; oder welche chemische flüchtige Verbindungen mit denselben bilden; oder welche, während sie selbst in der Löthtemperatur flüchtig sind, reduoirend auf die vorhandenen Oxyde wirken. In ersterer Beziehung ist der Borax. ein wichtiges Hilfsmittel beim Löthen, gewöhnlich in concentrirter Lösung auf die Metallfläche gestrichen; femer sind eine Anzahl Chlorverbindungen wichtig, welche theils verschlackend, theils verflüchtigend auf die Metalloxyde wirken, indem sie die letzteren in Chloride umwandeln, in welcher Form sie leich- ter schmelzbar und oft schon bei niedriger Temperatur flüchtig sind. Hierher gehört Salzsäure, Salmiak (Chlorammonium) als Pulver oder als concentrirte Lösung angewendet; Chlorzink. Als reducirendes Mittel gebraucht man vorzngs^ipise Kolophonium. Unter den genannten Mitteln ist Borax das üblichste zum Löthen mit schwerscHlnelzjgeren Löthen, während die übrigen vorwiegend beim Löthen in weniger hoher Tempe- ratur gebraucht werden.

Nicht ohne Wichtigkeit ist bei der Wahl des einen oder andern Loths die Farbe desselben. Denn da auf der Verbindungsfnge das Loth sichtbar zu sein pflegt, so würde eine von der Farbe der verbundenen

Ledebnr, aeolumlteh-iBetallQivlMdie Taofanologi«. 47

738 Zusammenfügungsarbeiten.

Stücke abweichende Farbe des Lotbs das äussere Ansehen des fertigen Gegenstandes gar sehr beeinträchtigen können, wenn nicht etwa ein späterer Ueberzng beide Farben verdecken soll. Wo dieses nicht der Fall ist bei Gold-, Silber-, Tombak- nnd Messingwaaren etc. , sacht man deshalb die Farbe des Loths möglichst in Einklang mit der des Arbeitsstücks zu bringen.

Sämmtliche benutzten Lothe pflegt man nach ihrer Schmelz- temperatur in zwei Gruppen zu sondern. Die eine derselben umfasst solche Lothe, welche bei einer Temperatur unter 250 Grad Celsius schmelzen und aus Zinnlegirungen verschiedener Zusammensetzung zu bestehen pflegen. Man bezeichnet sie mit den allgemeinen Ausdrücken Weichloth, Weissloth (wegen der weissen Farbe), Schnellloth (wegen der Raschheit des Schmelzens und somit auch Löthens), Zinuloth.

Reines Zinn pflegt nur in solchen Fällen zum Löthen benutzt zu werden, wo es darauf ankommt, in Rücksicht auf die Verwendung des Arbeitsstücks fremde Metalle fem zu halten; also z. B. beim Löthen von Ess- und Trinkgeschirren, welche ans reinem Zinn gefertigt wurden.

Blei- Zinnlegirungen bilden die am häufigsten benutzten Lothe und werden ebensowohl zum Löthen der bei niedriger Temperatur schmelzenden Metalle: Zinn, Blei, Zink benutzt, als auch für Kupfer und dessen Legirungen und für Eisen, wenn die geringe Festigkeit der ge- nannten Lothe nicht für die Verwendung des fertigen Gegenstandes hin- derlich ist. Der jedesmalige Bleizusatz richtet sich nach der Schmelz- temperatur des zu löthenden Metalls; mit wachsendem Bleigehalte steigt im Allgemeinen die Schmelztemperatur, verringert sich aber der Preis der als Loth dienenden Legirung. Im Allgemeinen liegt die Gre&ze des Bleigehalts zwischen 30 und 66 Procent. Lothe mit 30 bis 40 Procent Blei schmelzen bei 180 bis 190 Grad und heissen schwaches Schnell- loth; bei den bleireicheren Legirungen steigt der Schmelzpunkt über 200 Grad (vergl. S. 91), und man nennt sie starkes Schnellloth. Bei der Bereitung des Schnellloths bilden die auf S. 17 beschriebenen Erschei- nungen ein Kennzeichen für den richtigen Zinngehalt.

Kommt es darauf an, ein noch leichtflüssigeres Loth herzustellen, als es durch die Blei-Zinn- Legirungen zu erreichen ist, so setzt man dem gewöhnlichen Schnelllothe Wismuth zu und bildet dadurch Legirungen, die bei einer wenig über 100 Grad liegenden Temperatur schmelzen; eine Legirung aus gleichen Theilen aller drei Metalle z. B. schmilzt bei 124 Grad. Wegen der Kostspieligkeit des Wismnths und der geringen Festigkeit der betragenden Legirungen beschränkt sich ihre Anwendung nur auf das Löthen leichtschmelziger Zinnlegirungen.

Die andere Gruppe der Lothe umfasst diejenigen, welche, aus Kapfer- legirungen bestehend, erst bei Glühhitze flüssig werden, also bedeutend schwerer verarbeitbar sind, dabei aber grosse Festigkeit besitzen und aus diesen Gründen Hartloth, Strengloth oder Schlageloth (weil die

Löthen. 739

LothuDg Hammerschl&ge ausliält) genannt werden. Je reichlicher der Kupfergehalt ist, desto höher liegt im Allgemeinen der Schmelzpunkt, man erniedrigt umgekehrt denselben durch erhöhten Zusatz von Zink, Zinn, Blei. Gewöhnlich sucht man die Zusammensetzung des Loths der Zusammensetzung der zu löthenden Legirung möglichst ähnlich zu machen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Loth bei niedri- geren Temperaturen zu schmelzen hat als das Arbeitsstück. Demnach löthet man Kupfer, Messing etc. mit einem zinkreichem Messing; soll die Farbe desselben heller sein, so erreicht man dieses durch einen Zu- satz von Zinn (vergl. S. 28); Neusilber wird mit einem zinkreichern Neusilber gelöthet; die Edelmetalle mit Legirungen Yon Gold oder Silber mit Kupfer, oder mit Kupfer und Zink, wenn der Schmelzpunkt erniedrigt werden soll; n. s. £.

Reines Kupfer wird bisweilen zum Löthen von Eisen gebraucht, wenn es auf grosse Festigkeit ankommt; üblicher ist auch hierfür die Anwendung des erwähnten Messingschlagloths, welches leichter schmilzt und daher leichter yerarbeitbar ist. Man unterscheidet gelbes, halb- weisses und weisses Messingschlageloth und stellt es durch Zusammen- schmelzen Ton Messingbleohsohnitzeln mit Zink, beziehentlich Zink und Zinn dar. Gelbes pflegt auf 100 Theile Messingblechschnitzel 15 bis 100 Theile Zinkzusatz zu erhalten, je nachdem es strengflüssiger oder weniger strengflüssig sein soll; halbweisses auf 100 Theile Messingblech- schnitzel 35 bis 50 Theile Zink und 5 bis 8 Theile Zinn; weisses auf 100 Theile Messingblech schnitze! 5 bis 10 Theile Zink und 15 bis 25 Theile Zinn. Silberschlageloth, d. h. silberhaltige Legirungen zum Löthen Ton Silberwaaren, erhält gewöhnlich neben Silber und Kupfer einen Zu- satz von Messing, um es leichtschmelziger zu machen; Goldschlageloth pflegt ans Gold, Silber und Kupfer zu bestehen und nur, wenn es sehr leichtschmelzig werden soll, auch einen Zusatz von Zink zu erhalten.

Die als Lothe dienenden Legirungen werden durch Schmelzen im Löffel oder bei Hartlotben im Tiegel hergestellt und dann in eine geeig- nete Form ausgegossen. Weichlothe giesst man meistens in Stäbchen, Messing- und Argentanschlageloth werden durch Eingiessen in Wasser auf hin und her bewegte Birkenreiser in Körnerform yon der Grösse eines Hirsekorns verwandelt, gesiebt, um zu grosse Körner abzusondern, und in dieser Form verwendet; Silber- und Goldschlagelothe, welche sich durch Dehnbarkeil auszeichnen, werden nach dem Ausgiessen zu dünnen Blechen verarbeitet und in Form von Blechschnitzeln angewendet.

Bevdr das Löthen vor sich geht, werden die zu verbindenden Ober- flächen durch mechanische Mittel (Feilen, Schaben etc.) von allen anhaf- tenden Unreinigkeiten befreit und alsdann, ohne mit den Fingern be- rührt zu werden, in die bestimmte gegenseitige Lage zu einander ge- drückt. Um sie in derselben zu erhalten, spannt man die beiden Hälften zusammen in einen Schraubstock oder umwickelt sie mit Bindedraht oder dergleichen, sofern ein einfaches Zusammendrücken mit der Hand nicht aus-

47*

740 Zusammenfiigungsarbeiten.

reicht. Da die Löthang nm so besser gelingt, je grösser die Beröhrangs- flächen sind, so sncht man dieselben, wo sie yerhältnissmässig klein sind, dnrch ähnliche Eanstgriflfe zu vergrössem als beim Schweissen erwähnt wurden. Man wird deshalb z. B. die Ränder zweier zu verbindender Blechstreifen nicht stumpf yor einander stossen lassen, sondern ein wenig über einander legen; wo ein solches Uebereinanderliegen nicht zulässig ist, schneidet man an der einen Kante schwalbenschwanzf5rmige Zacken, an der andern entsprechende Kerben aus, welche in einander greifen; u.s.f.

Sind die zu yerlöthenden Gegenstände hohl, so muss Sorge getragen werden, dass an irgend einer geeigneten Stelle des Arbeitsstücks eine kleine Oeffnung bleibe, um der in Folge der Bbrwärmung sich ausdeh- nenden Luft einen Ausweg zu verschaffen.

Alsdann folgt die eigentliche Arbeit des Löthens.

Die hierzu angewendeten Gerätbe sind verschieden nach der Art des Löthens und Grösse der Arbeitsstücke.

Das üblichste Geräth zum Weichlöthen ist der Löthkolben. Der- selbe wird durch ein Stück Kupfer an einem eisernen Stiele gebildet, welches entweder hammerartige Form mit scharfer Kante (ähnlich dem Schrotmeissel, Fig. 360 a. S. 457) besitzt oder wie ein schlanker Kegel geformt ist, in dessen Grundfläche der Stiel befestigt ist Mit Hilfe der scharfen Kante oder Spitze des erhitzten Löthkolbens (der Löthbahn) wird das leichtschmelzige Loth zum Schmelzen gebracht und auf die Fuge übertragen. Die Löthbahn selbst muss zu diesem Zwecke vorher verzinnt worden sein, indem man sie, nachdem sie gehörig gereinigt worden ist, in geschmolzenes, mit Kolophoniumpid ver bestreutes, Zinnloth taucht oder auch, nachdem der Löthkolben erhitzt worden ist, auf einem festen Stück Zinnloth reibt. Mit dem so vorbereiteten Löthkolben ver- zinnt man zunächst die zu löth enden Flächen (bevor sie an einander ge- legt sind) indem man, nachdem sie mit Kolophonium bestreut worden sind, ein Stück Zinnloth mittelst des erhitzten Kolbens auf denselben zum Schmelzen bringt und verreibt. Dann bringt man sie in richtiger Lage an einander, bringt mit dem Löthkolben einen Tropfen der geschmol- zenen Legirung (welcher beim Schmelzen an der Löthbahn hängen bleibt) auf die Fuge und streicht ihn dort längs der Fuge auseinander, wobei er alsbald vermöge der Capillarität in dieselbe eindringt und die Verbin- dung bewirkt.

Die Erhitzung des Löthkolbens geschieht meistens im Holzkohlen- feuer; wo Leuchtgas zu Gebote steht, leitet man dasselbe wohl dnrch einen Gummischlauch nach dem für diesen Zweck hohlen Stiele und durch diesen gegen den Kolben, um es hinter dem Rücken desselben durch einen mit Hahnverschluss versehenen Brenner zu verbrennen und so den Kolben beständig warm zu erhalten.

Zu Löthungen kleiner Gegenstände sowohl mit Hart- als Weichloth benutzt man das bekannte Löthrohr, Fig. 556, und eine Gas- oder Dochtflamme, in welche vermittelst desselben Luft geblasen wird, so dass

LöÜien.

741

sie eine seitlich gerichtete, sehr heisse Spitze erhält (Fig. SÖ7). Die letztere wird auf die Löthfuge des mit einer Zange gehaltenen oder

Fig. 556. Plg. 557.

aof einer Unterlage (Holzkohle) ruhenden Arbeits- stücks gerichtet, nachdem das Loth und Reini- gungsmittel auf dieselbe gebracht worden sind.

Dem Löthen mit dem Löthrohre ähnlich, aber für grössere Gegenstände geeigneter, ist das Löthen mit Gas. £ine ziemlich rohe Ausführung dieses Verfahrens, welche aber bisweilen ganz zweckmässig sein kann, erreicht man, wenn man einen geschlossenen runden Ofen mit glühenden Koks oder Holzkohlen füllt, von unten her durch eine Form gepressten Wind einführt und das gebildete Gas durch eine im obern Theile befindliche seitliche Düse in Form einer langen, sehr heissen Stichflamme austreten lässt. Bequemer, wenn auch kostspieliger, ist die Anwendung von Leuchtgas. Dasselbe wird aus der Gasleitung durch einen Eautschukschlauch nach dem Orte seiner Verwendung ge- führt. An dem vordem Ende des Sohlauchs befindet sich ein Mundstück, innerhalb desselben ist ein engeres Rohr concentrisch befestigt, welches durch einen zweiten Schlauch mit einem Gebläse verbunden ist und die erforderliche Verbrennungsluft der Flamme in derselben Weise zuführt wie das Löthrohr im Kleinen. Man ist auf diese Weise im Stande, der Flamme jede beliebige Richtung zu geben, ihre Stellung zu verändern u. s. w. Für höhere Temperaturen benutzt man statt des Leuchtgases Wasser- stofifgas, welches in einem besondern tragbaren Apparate durch Auflösen von Zink in verdünnter Schwefelsäure dargestellt wird. Von hier strömt das Gas durch einen Kautschukschlauch nach einem Doppel- hahne und mischt sich hier mit Gebläseluft, welche von einem kleinen tragbaren Gebläse mit Fusstrittbetrieb aus gleichfalls durch einen Kaut- schukschlauch zugeführt wird; das Gasgemisch (Knallgas) tritt alsdann gemeinschaftlich durch eine engere Löthspitze aus und verbrennt mit langer heisser Flamme. Durch geeignete Stellung der Hähne regulirt man den Gas- und Luftzufluss derartig, dass eine spitze, bläuliche, nicht leuch- tende Flamme entsteht Die Kautschukschläuche wählt man weit und lang genug, dass dem Arbeiter volle Freiheit der Bewegung gestattet ist

742 ZusammenfugUQgsarbeiten.

Die häufigste Anwendung findet das letztere Verfahren bei dem Zusammenschmelzen der Fugen an den grossen Bleiplatten für Schwefel- säurekammem. Nachdem die Verbindungsstellen rein geschabt sind, lässt man die Wasserstofflamme in langsamer Bewegung darüber hin- gleiten, so dass das Blei eben zu schmelzen beginnt und in einander fiiesst ^). Ein eigentliches Löthen, d. h. eine Verbindung durch ein leicht- schmelzigeres Bindemittel, findet also hierbei nicht statt; das Metall schmilzt selbst, und es ist das Verfahren in gewisser Beziehung dem- jenigen ähnlich, welches auf Seite 307 besprochen wurde und den Zweck hat, neue Theile an vorhandene Gussstücke anzugiessen.

In ganz ähnlicher Weise wie das leichtschmelzige Blei lässt sich Platin durch eine Gasflamme löthen oder, richtiger gesagt, zusammen - schweissen. Bei der hohen Schmelztemperatur des letztern genügt aber nicht eine durch Gebläsewind gespeiste Flamme, sondern es muss Sauer- stoffgas an Stelle der atmosphärischen Luft treten.

Literatur über Löthen. Karmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Aufl., S. 387 bis 402«

c. Kitten.

Unter dem Ausdrucke „Kitt" versteht man einen plastischen Stoff, welcher in Folge chemischer oder physikalischer Vorgänge mehr oder minder rasch erhärtet, dabei die Eigenschaft besitzt, an bestimmten Kör- pern zu haften und somit als Bindemittel für zwei solcher Körper be- nutzbar zu sein, sobald die Trennungsfuge zwischen denselben mit dem Kitte angefüllt wird.

Nur selten besteht der Kitt aus einem einzigen gleichartigen Kör- per, sondern ist meistens durch eine mechanische Mischung von minde- stens zwei Körpern hergestellt; sofern die erforderliche Bildsamkeit nicht die Folge einer Erwärmung des Kitts ist (was im Allgemeinen zu den selteneren Fällen zählt), ist es zur Erreichung derselben nothwendig, dass mindestens einer der Bestandtheile im flüssigen Zustande, ein anderer im festen Zustande gegenwärtig sei, und somit durch die Mischung bei- der ein teigartiger Zustand des Kitts hervorgerufen werde. Nur in wenigen Fällen beschränkt sich der Vorgang, welcher das Erhärten herbeiführt, auf einen Verdunstungsprocess der als wirkliches Lösungs- mittel dienenden flüssigen Bestandtheile des Kitts; oder auf eine Ab- kühlung des im erhitzten Zustande bildsamen, im kalten Zustande harten

^) Deutsche Industriezeitung 1871, 8. 182.

Kitten. 743

Kitts (wie beim Siegellack); meistens sind es wirkliche chemische Ein- wirkungen der Bestandtheile auf einander, welche das Erhärten herbei- führen.

Die Verbindung der Metalle durch Kitten pflegt weniger dauerhaft als die durch Löthen zu sein; sie beschränkt sich deshalb auf solche Fälle, wo entweder ein nichtmetallischer Bestandtheil des fertigen Ge- brauchsgegenstandes mit dem metallischen verbunden werden soll; oder wo grössere J'ugen zwischen solchen Körpern wasser- und luftdicht ver- dichtet werden sollen, die in ihrer I^age. gegen einander gesichert und erheblicher Beanspruchung der Festigkeit innerhalb der Kittfuge nicht* . ausgesetzt sind (z. B. bei Rohrleitungen die Fugen zwischen der Muffe des einen und dem Ende des folgenden Rohrs u. s. f.). .

Das eigentliche Arbeitsverfahren beim Kitten ist demnach ein ziemlich einfaches, und der Schwerpunkt des Gelingens liegt in der Be- reitung des Kitts.

Beispiele.

Zum Verkitten von gusseisemen Muffenröhren gebraucht man unter dem Namen Eisenkitt oder Rostkitt ein Gemisch von Eisenfeilspänen mit Schwefelblumen, Salmiaklösung und etwas Essig oder stark ver- dünnter Schwefelsäure zu einem dicken Brei angerührt. Alsbald nach dem Anrühren tritt eine chemische Reaction ein; nach 12 bis 24 Stunden pflegt der Kitt schon ziemlich fest geworden zu sein, nach 3 bis 4 Tagen steinhart. Im Laufe der Zeit nimmt die Härte noch zu, so dass es schwierig ist, einen alt gewordenen Rostkitt wieder ans der Fuge heraus- zubringen und man deshalb diese an und ftlr sich sehr einfache Ver- dichtung nur in denjenigen Fällen anwendet, wo nicht zu erwarten steht, dass eine Lösung der Verbindung erforderlich wird. Man pflegt 2 Theile Salmiak, 1 Theil Schwefelblumen, 30 Theile fein gesiebte Eisen- feilspäne anzuwenden. Sollen die Röhren Glühhitze aushalten, z. B. bei Winderhitzungsapparaten, so soll man nach Karmarsch Eisenfeilspäne mit 50 Procent feuerfestem Thone und 25 Procent gestosäenen Scherben von hessischen Schmelztiegeln innig mengen und mit gesättigter Koch- salzlösung zu Teig anrühren; Verfasser hatte Öfters Gelegenheit, auch für diesen Zweck den oben beschriebenen Eisenkitt, jedoch mit etwas reichlicherm Eisenzusatze (bis 60 Theile Feüspäne auf 2 Theile Salmiak und 1 Theil Schwefelblumen}, mit bestem Erfolge anzuwenden, sobald man demselben vor der Erhitzung mindestens 4 bis 5 Tage Zeit Hess zu erhärten.

Auch die Oxyde des Bleies finden häufige Anwendung zur Bereitung von Kitten für Metall waaren% Unter dem Namen Mennige kitt ge- braucht man im Maschinenbau vielfach ein Gemenge von Mennige ^) mit

^) Bekanntlich jenes rothe, im Handel vorkommende Oxyd des Bleies von der Zusammensetzang Pbg O4 , welches fabrilunässig durch Erhitzen von ge- wöhnlichem Bleioxyd im Luftstrome dargestellt wird.

744 Zusammenfügungsarbeiten.

dickem LeiuölfirniBB za einer steifen Masse angerieben, um Fugen zwischen Flantschen eic zu Yerdichten. Wenn der Kitt getrocknet ist, was allerdings ziemlich lange dauert, hält er sehr fest. Statt der Men- nige dient häufig Bleiweiss ^ oder ein Gemenge von Bleiweiss mit Men- nige mit ebenso gutem Erfolge. Als ein vorzüglich haltbarer Kitt, widerstandsfähig gegen Wasser, Säuren^ Laugen, Alkohol, Aether, Benzol und dergleichen, und eine Temperatur bis zu 270 Grad C. vertragend wird eine Mischung von geschlämmter trockener Bleiglätte') mit gewöhnlichem käuflichen Glycerin empfohlen. Die Bleiglätte wird zu diesem Zwecke in einer Beibschale gut durchgerieben , dann wird unter beständigem Rühren und Kneten mit einem Spatel das Glycerin so lange zugesetzt, bis der Kitt die gewünschte Consistenz erlangt hat. Die zu verkittenden Flächen müssen vor dem Gebrauche sorgföltig gereinigt und mit etwas verdünntem Glycerin eingerieben sein. Binnen 10 bis 30 Minuten abhängig von der Menge des zugesetzten Glycerins erstarrt der Kitt zu einer festen Masse.

Bisweilen setzt man den Bldioxyden noch andere Substanzen zu, deren angebliche Wirkung allerdings schwer erklärlich ist; z. B. 1 Theil Bleiglätte, 1 Theil Schlemmkreide, 3 Theile Graphit mit Leinölfimiss (Diamantkitt).

Zur Verbindung nichtmetallischer Gegenstände, z. B. Glas, mit me- tallischen ist ein einfaches aber nicht sehr dauerhaftes Mittel Siegellack oder Schellack im erwärmten Zustande. Dauerhafter ist Käsekitt, welchen man durch Vermischen von ganz frischem, weichem Käse mit 20 bis 25 Proc. gebranntem Kalk und Wasser erhält. Derselbe erstarrt sehr schnell und muss deshalb sogleich verbraucht werden.

Harzkitt, durch Zusammenschmelzen von 4 Theilen schwarzem Pech mit 1 Theü Schwefel und Einrühren eines Gemenges von Eisenfeil- spänen und Ziegelmehl in die geschmolzene Masse dargestellt und heiss verwendet dient zur Befestigung von Holz auf Eisen.

Auch eine Mischung von I Theil schwarzem Pech mit 1 Theil Guttapercha in erwärmtem Zustande wird sehr zur Befestigung von Holz, Leder u. s. w. auf Metall gerühmt.

Eine grössere Anzahl Darstellungsmethoden für Kitte verschiedener Art ist in Karmars ch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Auflage, Seite 402 bis 405, enthalten.

2. Verbindungen durch Heibung (Zwängverbindungen).

Wenn eine Verbindung zweier Arbeitsstücke durch Beibung bewirkt werden soll, so ist es erforderlich, dass das eine von dem andern einge-

^) Kohlensaures Blei von nicht constanter Zasammensetzimg, gewöhnlich dem zweiclrittel kohlensauren Blei, HsPbsCaOg, in seiner Zasammensetzuiig nahe stehend.

^) Bleioxyd (im reinen Zustande Pb 0) beim Abtreiben des Silbers gewonnen.

Zwängyel*bindungeii. 745

Bohlossen werde (z. B. ein Rad von dem Radreifen); es müssen aber ferner die Flächen beider Theile so eng auf einander liegen , dass die entste- hende Reibung ausreicht, eine Lösung der Verbindung zu hindern. Diese letztere Bedingung lässt sich erfüllen, wenn man entweder das äussere Stück im erwärmten Zustande, also mit vergrössertem Durchmesser über das andere überschiebt und dann erkalten lässt; oder indem man die Verbindung der eng in einander schliessenden Theile unter einem so grossen Drucke ausführt, dass die später auf das Arbeitsstück wirkenden Einflüsse nicht ausreichend sind, die Verbindung zu lösen.

Beide Fälle kommen im Maschinenbau, vorzugsweise aber bei der Anfertigung der Räder für Eisenbahnfahrzeuge, vielfach in Anwendung.

Um den Radreifen auf einem Eisenbahnrade zu befestigen, wird der erstere an der Innenseite, das letztere an dem Umfange auf der Dreh- bank derartig gedreht, dass der innere Durchmesser des Reifens V4 bis IV^mni pro Meter kleiner ist als der äussere des Rades. Nun wird der Reifen erwärmt. Man benutzt dazu einen Flammofen, Gasflammen, oder weniger gut ein Schmiedefeuer, über welchem der Reifen horizontal auf- gehängt wird. Die Erhitzung darf nicht über 300 Grad gehen und nie- mals bis zur beginnenden Rothgluth steigen; man beurtheilt den Grad der Erwärmung nach den entstehenden Anlaufliarben. Neuerdings be- nutzt man mit gutem Erfolge lediglich Wasser in einem oylindrischen Gefösse, welches durch eingeleiteten Dampf auf 100 Grad erwärmt worden ist, und erreicht dadurch eine sehr gleichmässige Temperatur; die Differenz der Durchmesser darf hierbei ^4 t^t^ P^i* Meter nicht über- steigen, weil sonst die Erwärmung nicht ausreichen würde, den Reifen aufzubringen ^). Wenn die Erwärmung bewerkstelligt ist, wird der Reifen, mit dem vorspringenden Elranze nach oben, auf die Hüttensohle gelegt und das kalte Rad mit Hilfe des Erahns eingesenkt. Nach erfolgter Erkaltung sind beide Theile fest verbunden; eine nach diesem^ Aufziehen noch stattfindende Verbindung derselben durch Schrauben- bolzen hat lediglich den Zweck, als Sicherheitsvorrichtung zu dienen, falls ein Bruch des Reifens beim Fahren eintritt.

Soll der Reifen später zur Auswechselung wieder abgenommen werden, so ist dieses nur möglich, indem man ihn aufs Neue erwärmt, während das Rad gekühlt wird.

Ein Zusammenpressen zweier zu verbindenden Theile findet bei der Befestigung der Eisenbahnräder auf ihren Achsen statt Die Nabe des Rades im innem und der Achsschenkel im äussern Durchmesser werden genau gedreht und zwar ganz schlank kegelförmig, so dass der Naben- durchmesser ein wenig kleiner gehalten werden kann als der Achs- schenkeldurchmesser, ohne das Ueberschiebefn unmöglich zu machen. Dann wird mit der hydraulischen Presse unter einem Drucke vob 150

^) Dentsohe Indnstriezeitung 1877, 8. 28.

746

Zusammeniiigungsarbeiten.

Atmosphären nnd darüber das Rad auf die Achse gepresst. Häufig unter- stützt man noch diese Verbindung durch Nuth und Keil ^).

8. Falzen.

Unter dem Ausdrucke „Falz*' versteht man eine durch Umbiegen und Inein anderlegen der Ränder hervorgerufene Verbindung, die also lediglich auf einer Formveränderung beruht. Die Ausführung des Fal- zens gehört demnach zu den oben besprochenen Biegungsarbeiten und wird theils mit den dort beschriebenen Geräthen und Maschinen, theils für Specialzwecke mit ganz ähnlichen Vorrichtungen bewirkt. Es bleibt nur noch die Aufgabe übrig, die äussere Beschaffenheit eines Falzes einer Betrachtung zu unterziehen.

Fig. 658.

Fig. 559.

Die einfachste Falzyerbindung entsteht, wenn man die zwei zu ver- bindenden Ränder einfach umbiegt, in einander hakt und dann yoll- ständig dicht zusammendrückt, Fig. 558.

Wenn man beide Ränder in entgegengesetzter Richtung umbiegt und dann durch einen übergeschobenen klammerartigen Streifen ver- bindet, so entsteht der Falz mit Falzstreifen, Fig. 559.

_i_

Fig. 560.

Wenn man endlich die Ränder wie bei dem einfachen Falze, Fig. 558 in einander hakt, dann aber noch einmal gemeinschaftlich umbiegt, so erhält man den doppelten Falz, Fig. 560 a und &.

Das Falzen ist selbstverständlich um so leichter ausfuhrbar, je dünner die zu verbindenden Metallstreifen sind, eben aus diesem Grunde aber weniger bei Gegenständen anwendbar, die auf grossen Druck in Anspruch genommen sind, als bei leichteren Verbindungen. Zinkbleche beim Decken von Dächern, kleinere Wassergefasse, Rauchrohren für Stubenöfen etc. sind beispielsweise Gegenstände, für welche die Falzver- bindungen wegen ihrer billigen Herstellung häufige Anwendung finden.

^) Petzholdt, Eisenbahnmaterial, S. 149.

Nieten. 747

4. Verbindung durch Niete und Schrauben.

Wenn die im Vorausgegangenen besprochenen Yerbindungsarbeiten nicht dauerhaft gena^ oder aus irgend einem andern Grunde nicht an- wendbar sind, so bleibt noch eine Verbindung durch Niete oder Schrauben übrig. Der Begriff der Ausdrücke „Niet" und „Schraube" ist zu bekannt, als dass er einer weitern Erläuterung bedürfte. Niete wendet man an, wo eine feste, unlösbare Verbindung hergestellt werden soll; Schrauben, wo entweder eine leicbt lösliche Verbindung einzurichten oder auch, wo die Arbeit des Nietens nicht ausführbar ist.

Das Nieten. Wenn man einen zapfenformigen Ansatz des einen zu verbindenden Theils durch eine entsprechend grosse Oeffnung des zweiten Theils hin durchsteckt und nun das hervorstehende Ende durch Stauchen mit dem Hammer zu einem übergreifenden Kopfe umformt, so entsteht eine Nietverbindung in einfachster Form. Dieselbe wird ohne Erhitzung des Arbeitsstücks bewerkstelligt und eignet sich deshalb nur für kleine Gegenstände.

Häufiger ist die Anwendung eines besondem Niets (Nietbolzens), welches in die durch beide zu vereinigenden Theile hindurchgehende Oefifnung gesteckt und an den vorstehenden Enden mit Kopf versehen wird. Der eine der beiden Köpfe wird zur Erleichterung der Arbeit fast immer schon vorher geformt, so dass beim Nieten nur die Bildung des zweiten Kopfes auszuführen ist. Der erstere Kopf heisst Setzkopf, der zweite Schliesskopf. Die Bildung des Setzkopfes pflegt im Grossen in' Nietbolzeufabriken zu geschehen und der bis auf den Schliesskopf fertige Nietbolzen in den Handel zu kommen ^).

Das Nieten mit Anwendung besonderer Nietbolzen geschieht vor- zugsweise bei Verbindung von Eisenblechen und spielt eine wichtige Rolle bei Anfertigung aller Art grösserer Geräthe, Bauconstructions- theile etc. aus Eisenblech, bei welchen das Löthen oder Schweissen nicht anwendbar ist. Die Ausbildung des Schliesekopfs geschieht bei den kleinsten Nieten kalt, bei allen grösseren in der Hitze. Man erleichtert durch die Erhitzung des Nietbolzens nicht allein die Arbeit, sondern er- hält auch in Folge des Schwindens beim Erkalten eine dichtere Fuge.

Die Nietlöcher werden mit Hilfe des Durchstosses oder bei dickeren Blechen in Rücksicht auf die beim Durchstossen eintretenden Verände- rungen im Materiale (Seite 557), durch welche die Entstehung eines

^} Man gebraucht zur fabrikmä«8ig;en Darstellung von Kietbolzen ge- wöhnlich Pressen (Präg^erke), welche an dem vorher in erforderlicher tiänge abgeschnittenen und erhitzten Stifte den Kopf durch Stauchen ausbilden. Näheret} hierüber: Praktischer Maschinenconstructeur 1870, B. 291; Polyt. Centralblatt 1874, 8. 1331; Dingler's polyt. Journal, Bd. 208, S. 341; Y. Hesse, Die Werkzeugmaschinen 8. 54;'Wencelides, HUfsmaschinen und Werkzeuge, 8. 82.

748 ZusammenfugungBarbeiten.

völlig cylindrischen Lochs unmöglich wird, zweckmässiger, wenn aach kostspieliger, durch Bohren hergestellt. Um ein genaues Anfeinander- passen (l^r Löcher zu erzielen, spannt man, wo es angeht, die zu ver- bindenden Bänder in der bestimmten Lage auf einander und fertigt das durchgehende Loch gleichzeitig für beide Bleche.

Die Erwärmung der Kietbolzen geschieht meistens im Schmiede- feuer. Für den Betrieb im Grossen sind kleine Glühöfen sehr geeignet, an einer oder mehreren Seiten eingefasst durch dünne feuerfeste Platten mit einer grossen Anzahl durchgehender Löcher, in welche die Niet- bolzen hineingesteckt werden, so dass nur das zu erhitzende Ende der- selben in den Feuerraum hineinragt.

Die Ausbildung des Schliesskopfs an dem in die Oeffnung gesteckten Nietbolzen geschieht entweder yon Hand mit dem Hammer oder durch Maschinen.

In dem erstem Falle muss zur Erreichung eines dichten Schlusses gegen den Setzkopf ein .Druck ausgeübt werden, damit nicht das Niet durch die Hammerschläge wieder zurückgetrieben werde; und nur selten wird es möglich sein, hierbei den Ambos als Unterlage zu benutzen, weil die Grösse und Form der zu nietenden Gegenstände ein häufiges Wenden und Bewegen nicht gestattet. Man gebraucht also hierzu ein schweres hammer- oder keulenartiges Werkzeug den Yorhalter , welches durch einen Arbeiter gegen den Setzkopf gedrückt wird, während ein anderer oder mehrere Arbeiter gleichzeitig den Schliesskopf ausbilden. Da der Yorhalter zur Erfüllung seines Zwecks, die empfangene Stoss- wirkung zu yemichten, ein beträchtliches Gewicht haben muss, so pflegt man denselben auf irgend eine Weise zu unterstützen: indem man ihn an einer Kette aufhängt; oder hebelartig auf einen Bock lagert; oder dergleichen. Die gegen den halbrunden Nietkopf gerichtete Seite oder Bahn desselben enthält gewöhnlich zum bessern Anschlüsse eine halb- runde Vertiefung, welche beim Vorhalten den Kopf einschliesst. Der Schliesskopf wird entweder aus freier Hand kegelförmig oder mit Hilfe eines Setzhammers Schellhammer genannt , welcher die Form des Nietkopfes vertieft enthält, ebenfalls balbkugelförmig ausgebildet.

Gewöhnlich ist beim Nieten stärkerer Bleche mit dem Hammer eine „Colonne" von vier bis sechs Arbeitern thätig; nämlich ein Knabe zum Zutragen der glühenden Niete, ein bis zwei Arbeiter zum Durchstecken und Vorhalten; zwei bis drei Arbeiter zum Schmieden. Vier Arbeiter sind dabei im Stande, stündlich 20 bis 40 Niete von 18 bis 20mm Stärke einzuziehen, je nachdem das Arbeitsstück mehr oder weniger bequem liegt; und man rechnet als Anzahl der auf einen Nietkopf er- forderlichen Hammerschläge 150 bis 250, durchschnittlich also 200.

Für eine gut gelungene Nietverbindung ist es erforderlich, dass nicht allein der Kopf des Niets richtig ausgebildet sei und genau schliesse, sondern auch, dass das Nietloch vollständig von dem Nietbolzen aus- gefüllt sei. Da nun der Bolzen beim Hineinstecken doch einigen Spiel-

Nieten. 749

räum im Loche haben mnss, so kann ein solcher dichter Anschluss an die Lochwand nur durch ein kräftiges Zusammenstauchen des Niets im Loche hervorgebracht werden; ist das Loch nicht genau cylindrisch (bei der Herstellung mit dem Durchstosse) oder schliessen gar die beiden Löcher der zu verbindenden Theile nicht ganz genau auf einander, so wächst die Schwierigkeit, den Bolzen so zu stauchen, dass er das Loch dicht aubfüllt. Der Zweck wird um so eher erreicht werden, je kräftiger die auf den Nietbolzen ausgeübte Wirkung ist; mithin wird die Nietung besser durch wenige starke als durch viele schwächere Schläge gelingen; am besten und sichersten durch einen- einzigen ruhigen Druck von solcher Intensität, dass er ausreichend ist, die Form Veränderung auszufahren ^). Hierin liegt ein wesentlicher Vorzug der Nietmaschinen und insbeson- dere derjenigen, welche durch Pressen den Nietkopf ausbilden.

Aus diesem Grunde kommen mit vollem Rechte jene hydraulischen Nietmaschinen in neuerer Zeit mehr und mehr in Aufnahme, welche durch einen einzigen starken hydraulischen Druck den Nietbolzen stauchen und den Kopf herstellen. Als eine der neuesten Gonstructionen dieser Art möge die von W, Seilers & Comp, in Philadelphia nach einem Patente von R. H. Tweddell gebaute transportabele hydraulische Niet- maschine Erwähnung finden, welche in Fig. 561 und 562 a. f. S. abge- bildet ist '). Zwei kräftig gebaute gusseiseme Hebel bilden den form- gebenden Theil dieser Maschine, und zwar liegt der eine derselben (H) fest, dient also gewissermaassen als Vorhalter, während H' beweglich ist und durch Andrucken gegen n den Kopf ausbildet. Zu diesem Zwecke ist das Ende jedes Hebels mit einem auswechselbaren Stahlstempel (Schelleisen) versehen, welcher die Form des zu bildenden Schliesskopfs beziehentlich des schon vorhandenen Setzkopfs enthält. In Fig. 561 ist die Lage zweier zu verbindenden Winkeleisen mit dem durchgesteckten Nietbolzen angedeutet. Die Hebel sind einarmig, d. h. der Drehungs- punkt liegt an dem entgegengesetzten Ende, wo beide Hebel durch ein Kugelgelenk mit auswechselbaren Einsatzstücken (um der verschiedenen Dicke der zu nietenden Arbeitsstücke Rechnung zu tragen) zusammen- greifen, wobei eine übergeschobene Spiralfeder (vergl. unten Fig. 563) die Enden zusammenhält. Der Abstand des Angriffspunkts der Kraft vom Drehungspunkte ist gleich % der ganzen Hebellange; letztere be- trägt bei den von der genannten Firma ausgeführten Nietmaschinen 450 bis 900 mm. Durch einen starken Querbolzen 0' ist der bewegliche Hebel H' mit zwei Laschen verbunden, welche sich auf dem Kolben B

1) Vergleiche die Ausfahmngen auf Seite 396. Viele schwache Schläge können theoretisch die nämliche Gesammtleistang hervorhringen als ein einzi- ger kräftiger Dmck; aher ihre Wirkung beschränkt sich auf die Oberfläche des Arbeitsstücks, während die Wirkung des stärkern Drucks sich auch auf entlegenere Theile des Arbeitsstücks fortpflanzt.

*) Wenoelides, Hilfsmaschinen und Werkzeuge für Bisen- imd Metall- bearbeitung, 8. 164; Dingler's Polytechnisches Journal, Bd. 224, 8. 34.

750 ZusammenfügungsarbeiteiL

des bydranliBchen Cylinders A beGaden and erhält somit tod diesem ans seine Bewegung; der festliegende Hebel R ist dnrcli zwei st&rke Ver-

biudangB Stangen mit Sohrsnben gewin de and Matter (vergleiche Fig. 663) an den hydraolischen Cjlinder A angeschlosBen, so dass sich mit Hilfe der Schrauben mattem sein Abstand von diesem beliebig regnliren lässt. Die Verbindangsstangen dienen zugleich als FühroDgen für den Hebel H' , wie ans Fig. 562 hervorgeht. Der Hab, d. h. das Zosammendrücken der Hebel erfolgt, indem Wasser darch das Rohr Cg in den Cylinder unter den Kolben geleitet wird. Zar Rückw&rtebewegnng ist der Kolben, wie sich aus Fig. 561 ergiebt, mit einem kleinen Gegenbolben b innerhalb eines concentri sehen kleinen Cylinders a verbunden, h steht fortw&hrend mit dem im Rohre Cj befindlichen Druokwasser in Verbindung; der Za- flnsB nach B dagegen wird erst durch Oeffnang eines Ventilsi welches in der Abbildung nicht 2Q sehen ist, ermSglicbt. So lange also diese) Ventil gescbloBsen ist, bleibt die Maschine in Folge des auf h wirkenden Drucks geöffnet; hei geöffnetem Einlassventile erfolgt Vorwärtsbewegong

Nieten. 751 '

TormSge des grösBem EalbenqaerBohnitte S, und das über T> befindliche Dmckwasser wird nach dem Rohre c^ znrikckged rückt. Zam Entweichen des im Cylinder A befindlichen DmckwasBerB bei dem Rückwärtsgange dient das AnslaBsrohr dj, durch ein Ventil geBchlossen, so lange Vor- wärtsbewegung und Druck stattfindet.

Das Dmckwasser wird von einem Äccnmnlator geliefert, welcher durch eine doppelt wirkende Pompe gespeist nnd dessen Dmckwirkung durch abnehmbare Gewichtsstücke regalirbar ist. Jedes Gewichtsstück entspricht einem Drucke yon 17,5 kg per qcm, nnd der Totaldmck lässt sich auf 140 kg per qcm steigern. Um nun aber die Nietmaschine be- nutzen zu können, ohne das ArbeitsstQck für jedes einzuziehende Niet in eine andere Lage bringen za müssen, insbesondere auch, um an ver- Bohiedenen Stellen des Arbeitslocals, eelhst im Freien, damit arbeiten zu Fig. 563.

können, ist sie durch einen Bügel an dem Haken eines Krahns (bezie- hentlich einer Brückenwinde) aufgehängt and erhält ihr Dmäkwasser vom Accumulator durch einen beweglichen Röhrenstrang. Die Beweg- lichkeit desselben wird durch Einschaltung von Gelenken (Kugelgelenken und UniTersalgelenken) hervorgebracht.

Die äussere Anordnung einer solchen transportabeln Nietmaschine zeigt die pernpectivische Abbildung Fig. 663. Der Bügel greift mit zwei

752 Zusammenfugungsarbeiten.

festliegenden Zapfen in zwei entsprechende Hfilsen der Maschine, so dass diese dadurch um die Zapfen drehbar ist. Auf einem der Zapfen sitzt ein Schneckenrad fest, mit welchem eine am Maschinen gestelle gelagerte drehbare Schnecke im Eingriffe steht. Durch diese Einrichtung wird also die Maschine um die Bügelzapfen drehbar und unter jedem belie- bigen Neigungswinkel innerhalb der Drehungsebene stellbar. Der Auf- hängebügel aber ist bogenförmig gestaltet und giehi dadurch die Mög- lichkeit, auch den Aufhängepunkt zu yerändem und somit eine Drehung der Maschine auch in der Ebene zu bewirken, welche rechtwinklig gegen die ersterwähnte Drehungsebene gerichtet ist. Dadurch lässt sich die Maschine mit Leichtigkeit in jede beliebige, von der Form und Lage des Arbeitsstücks abhängige Stellung bringen.

Ein Arbeiter ist im Stande, mit Hilfe der beschriebenen Maschine per Minute 10 bis 16 Niete einzuziehen, welche yon Knaben zugereicht und in die Nietlöcher gesteckt werden ; und für je 6 bis 10 Niete per Minute ist ein Knabe erforderlich. Als stündliche Leistung der von 3 Personen bedienten Nietmaschine dürfte man unter Berücksichtigung der Zeitverluste, welche durch die erforderliche Weiterbewegnng der Maschine entstehen, 400 bis 500 Niete rechnen können.

Die abgebildete Nietmaschine eignet sich vorwiegend zum Nieten solcher Gegenstände, welche selbst schwer beweglich sind und deren Nietreihen nicht sehr weit vom Rande des Arbeitsstücks entfernt stehen, weil es bei grösserem Abstände unmöglich sein würde, die Nietbolzen zwischen die beiden Stempel der Maschine zu bringen; also für Brücken- bauwerkstatten, Schiffswerften und dergleichen. Sind die zu vernietenden Gegenstände dagegen breit Dampfkesselbleche z. B. , so ist eine andere Construction der Maschine erforderlich. Die Abmessungen der- selben werden grösser, das Gewicht bedeutender, und man zieht deshalb vor, die Maschine feststehend zu construiren und das Arbeitsstück mit Hilfe des Ejrahns zu bewegen.

Wendet man, wie bei der oben abgebildeten Maschine, hydraulischen Druck und Hebel an, so müssen die letzteren bedeutend länger sein, um dem Arbeitsstücke den erforderlichen Spielraum zwischen ihren Schenkeln zu gewähren; statt des hydraulischen Drucks dient häufig Dampfdruck, auf einen grossen Kolben wirkend, wobei an der Kolbenstange des Dampf- cylinders der Nietstempel sich befindet, die Wirkung also derjenigen eines Dampfhammers ähnlich ist; nicht selten findet man auch noch Bewegung des Nietstempels durch ein Excenter oder eine Kurbelscheibe , wobei jedoch der Umstand nachtheilig wirkt, dass die Hublänge stets dieselbe bleibt und demnach die Niete, ob lang oder kurz, stets auf dieselbe Länge zusammengepresst werden müssen. Ist also der Nietbolzen zu kurz, so wird das Nietloch nicht vollständig ausgefüllt, ist er zu lang, so werden die Theile, welche genietet werden sollen, unverhältnissmäasig gedrückt. Hinsichtlich der speciellen Construction solcher stationären Nietmaschinen muss auf die unten gegebene Literatur verwiesen werden.

Nieten. 753

Wenn man sebr dichte Fngen herstellen wiU, z. B. bei dem Ver- nieten von Dampfkesseln^ so pfle^ man die eigentliche Nietarbeit, d. h. die Aosbildong des Nietkopfs, durch einige andere Arbeiten zn erg&nzen. Damit die MetallflSchen in diesem Falle genau auf einander schliessen, treibt man vor dem Vernieten durch Schläge mit dem Nietenzieher einem an der Endfläche ringförmig ausgehöhlten Stempel auf das oben, liegende Theil das Metall rings um den schon eingesteckten Niet- bolzen zusammen, so dass der Bolzen stärker hervortritt und der Kopf enger an das Blech sich anlegt. Nach dem Nieten aber treibt man mit Hilfe eines stumpfen Meisseis und des Hammers die Fuge so eng zu- sammen, dass ein völliger Verschluss derselben erreicht wird, und nennt diese letztere Arbeit Verstemmen.

Literatur über Nieten und Nietmaschinen.

Earmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Auflage, Seite 382 bis 386.

Hpyer, Mechanische Technologie, Seite 422 bis 428.

Wencelides, Hil&maschinen und Werkzeuge für Eisen- und Metall- bearbeitung, Seite 160 bis 177.

Praktischer Maschinenconstructeur, 1871, S. 26; 1872, S. 334; 1874, S. 95; 1875, 137 (Nietmaschinen).

Dingler's Polytechnisches Journal, Bd. 103, S. 9; Bd. 105, S. 4; Bd. 213, S. 114; Bd. 216, S. 400; Bd. 220, S. 404 (Nietmaschinen).

L «de bor, mechaniich-meunnrgiioh« TeduM^ogie. 4g

Vierter Abschnitt

Die Arbeiten znr Yerschönening nnd Erhaltimg.

Die meisten Gegenstände zeigen, nnmittelbar nachdem sie ihre Formgebnng empfangen haben, ein äusseres Ansehen in Bezng anf Farbe, Glanz n. s. w., welches nichts weniger als angenehm anf das Auge wirkt H&ofig sind die Spnren aller Bearbeitnngsstadien, welche sie dorchlanfen haben, erkennbar; bei gegossenen (Gegenständen zeigt sich an einzelnen Stellen die Ghisshant, bei geschmiedeten odör gewalzten der sogenannte Olühspan; daneben erblickt man an anderen Stellen die Spnren, welche der bearbeitende Stahl hinterlassen hat, oder wenn die letzte Bearbei- tung bei Erhitzung vorgenommen war, AnlauffSEurben verschiedener Ari Der im Uebrigen fertige Gegenstand bedarf also einer letzten Yerschö- nemden Arbeit bisweilen auch mehrerer dergleichen um an fius- serm Ansehen zu gewinnen und verkäuflich zu werden.

Häufig verbindet man mit dieser letzten Arbeit den andern Zweck, dem fertigen Arbeitsstücke durch einen fremden üeberzug einen Schute gegen chemische äussere Einflüsse zu geben. Manche Metalle, mit reiner Oberfläche den Atmosphärilien ausgesetzt, überziehen sich rasch mit einer Kruste aus den Producten einer chemischen Einwirkung des Sauer- stoffs, der Feuchtigkeit, der Kohlensäure, welche nur in Ausnahmefällen, s. B. bei der Bronze, dem Auge angenehm erscheint, bisweilen aber sogar durch allmälige Fortpflanzung der umwandelnden Einwirkungen nach innen eine Zerstörung des Gebrauchsstücks zur Folge haben kann. In dieser Beziehung zeichnet sich vorzugsweise das Eisen unvortheilhaft aus, und es ist diese Eigensohafb desselben um so unangenehmer, da das "Eiaea bekanntlich dasjenige Metall ist, welches in den überwiegend meisten Fällen das Material filr Gebrauchsgegenstände bildet.

In anderen Fällen ist es die Benutzung des Gegenstandes, welche Gelegenheit zu zerstörenden chemischen Einwirkungen giebt, die durch einen Üeberzug fem gehalten werden müssen. Kupferne, messingene

Beizen and Färben. 75^

oder nensilbeme Eocbgeschirre, mit sauren Speisen in Berübmng ge- bracbt, würden giftige, in den Speisen löslicbe Enpfersalze bilden; eiserne Oescbirre werden ebenso wobl von sauren als alkaliscben Flüssigkeiten angegriffen, geben denselben einen unangenehmen Geschmack und eine schwärzliche F&rbung; u. s. f.

Die in diesen Abschnitt fallenden Arbeiten sind demnach mannig- facher Art und lassen sich in folgender Weise eintheilen.

1. Eine Entfernung desjenigen Ueberzugs oder deijenigen Theil- chen der Oberfläche, welche das vollendete Aussehen derselben beein- trächtigen. Diese Entfernung kann auf mechanischem oder chemischem Wege geschehen. In beiden Fällen tritt eine wirkliche Trennung kleiner Theilchen der Oberfläche ein, wenn auch in so unbedeutendem Maasse, dass eine mit gewöhnlichen Messwerkzeugen messbare Formveränderung nicht mehr stattfindet.

Die Vollendung durch Wegnahme von Spänchen auf mechanischem Wege wurde schon bei den Trennungsarbeiten besprochen (Schaben, Schleifen, Poliren), so dass hier einfach auf jene Erörterungen Bezug ge- nommen werden kann; die Entfernung von Theilchen der Oberfläche auf chemischem Wege nennt man Beizen und, sofern durch das Beizen bei Legirungen eine bestimmte Farbe hervortreten soll. Färben ^).

2. Ein Hervorrufen von Olanz durch Niederdrücken hervor- stehender Theilchen Poliren (unterschieden von dem oben beschrie- benen Poliren, welches auf einem Lostrennen der vorstehenden Theilchen beruht).

3. Ein üeberziehen der Oberfläche des Metalls mit einem andern Metalle oder sonstigen fremden Körper auf mechanischem oder chemi- schem Wege.

1. Beizen und Färben.

Diese Bearbeitung besteht in allen Fällen darin, dass der verun- Bchönende Ueberzug des Arbeitsstücks, welcher aus einer dünnen Oxyd- faaut zu bestehen pflegt, aufgelöst und entfernt wird. Lässt man die chemischen Agentien nur auf bestimmte Stellen des Arbeitsstücks wirken, während die übrigen durch einen Ueberzug geschützt sind, so entstehen auf der Stelle der Einwirkung vertiefte, bestimmte Zeichnungen, und man nennt das Yerfahren in diesem Falle Aetzen.

Zur Auflösung dienen Säuren, seltener Salzlösungen, in welche das Arbeitsstück gehängt wird. Häufig unterstützt man die chemische Ein- wirkung durch mehrmals wiederholtes Scheuem oder Bürsten, nachdem

1) Das Färben der Leginingen beruht auf dem Umstände, dass die ahge- wendeten Beizmittel auf .einzelne Bestandtheile der Legimng stärker auflösend wirken als auf andere, somit die Farbe dieser let-ztem nach dem Beizen stärker liervortritt.

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756 Verschönemngs- nnd ErhaltimgsarbeiteiL

das Metall ans der BeuflAssigkeit genommen ist; ba hSrteren Metallen gebrancht man hierzu Bärsten ans feinem Stalil oder Mesongdraht, bei weicheren gewöhnliche Bürsten, um nach beendigtem Yerfihren die Beizflfissigkeit ans den Poren des Metalls zn entfernen, ist ein sorgftl- tiges Abspülen in Wasser nnd rasches Abtrocknen erforderlich; bisweilen, bei leicht ozydirbaren Metallen, a. R Eisen, ist es sogar zwe<^mässig, das Arbeitsstück znr Neutralisation der in den Poren zorüekgebliebenen S&nre nach dem Abspülen mit Wasser in eine schwach alkalische Lösnng einzutauchen (am geeignetsten hierfür ist Kalkmilch) und dann nochmals mit Wasser abzuspülen. Das spätere Trocknen wird erleichtert, wenn man heisses Wasser für das Abspülen anwendet. Die Trocknung wird am geeignetsten bewirkt, indem man das Arbeitsstück unmittelbar nach- dem es aus dem Wasser kommt, zunächst in einen entsprechend groosen Kasten wirft, welcher mit Sägespänen gefüllt ist, und es sofort damit bedeckt. Die Sägespäne ziehen rasch den grossten Theil der Feuchtig- keit an sich und werden dann leicht durch einen Pinsel von dem betref- fenden Gregenstande, nachdem er aus dem Kasten herausgenommen ist, entfernt. Den Beschluss macht nunmehr gewöhnlich eine rasche Trock- nung in einem auf etwa 100^ erwärmten Baume, um den letzten Best ▼on Feuchtigkeit aus allen Poren zu entfernen« Für kleinere Arbeiten genügt ein Blechschränkchen nach Axt der Trockenschränke in chemi- schen Laboratorien, durch eine Gas- oder Spiritusflamme von aussen erwärmt und mit eingelegten eisernen oder kupfernen Horden zur Auf- nahme der betreffenden Gegenstände versehen; grosse Gegenstände trocknet man in gemauerten Trockenkammern mit indirecter Feuerung, welche in ganz ähnlicher Weise als die auf Seite 184 abgebildeten Trockenkammern für das Trocknen von Gussformen construirt sein können«

Wenn das Beizen nur ein Yorbereitungsprocess für Herstellung eines fremden Ueberzuges auf galvanischem Wege ist, das Arbeitsstück also aufs Neue in eine Flüssigkeit eingebracht werden soll, so lässt man den Trocknungsprocess nach dem Beizen wegfallen, bringt den gebeizten Gegenstand, unmittelbar nachdem er mit Wasser, beziehentlioh Kalk- milch abgespült worden ist, in das zur Herstellung des üebersuges die- nende Bad und führt die Trocknung in der soeben beschriebenen Weise erst aus, wenn alle Arbeiten auf nassem Wege beendigt sind.

Sind die Arbeitsstücke in Folge der vorausgegangenen Bearbeitung mit Fett beschmutzt, so wird dieses durch Beizen mit Säuren nicht ent- fernt, hinterlässt aber nicht allein auf vielen Metallflächen einen deut- lich sichtbaren Flecken, sondern macht auch das Ueberziehen mit anderen Metallen unmöglich. Eine Entfernung solcher Fettflecke vor dem Beizen ist also unerlässUch, wenn eine vollkommene Arbeit erreicht werden soll. Am sichersten erfolgt die Beinigung von Fett durch Glühen des betreffenden Gegenstandes, meistens mit Holikohlenpulver in einem verschlossenen Gefässe (Topfe, Muffel); nicht immer gestattet aber die

Beizen. 767

GrrÖBse and Eigenthümlichkeit des ArbeitsatückB die AnweDdung dieses Verfahrens. Weniger sicher fährt in letzterm Falle eine Behandlung mit heisser verdünnter Kalilange zum Ziele; und man wird daher bei allen solchen Gegenständen, welche dem Glühprocesse nicht unterworfen wer* den können, wohlthun, die Anwendung von Fett bei allen vorausgehenden Arbeiten (Bohren, Drehen, Schmirgeln etc.) zu unterlassen und statt des- selben Seifenwasser oder dergleichen anzuwenden.

Das Beizen des Eisens.

Man bedient sich dazu verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure ^), Die meisten Eisensachen, welche dem Beizen ausgesetzt werden, pflegen an einzelnen Stellen schon durch Wegnahme von Spänchen bearbeitet und dadurch ihres Oxydbäutchens entkleidet zu sein, während dasselbe an anderen Stellen durch das Beizen entfernt werden soll; regel- mässig ist dieses der Fall bei Gusswaaren, wo die Eingüsse, Gussnäthe u. s. w. vorher mit Meissel und Feile abgenommen worden waren; häufig sind ganze Flächen bereits mit der Feile, auf dem Schleifsteine, mit Werk- zeugmaschinen bearbeitet, also das metallische Eisen dort blossgelegt. Hierdurch entsteht der Uebelstand, dass die Säure das ohnehin schon blanke Eisen weit schärfer angreift als das Ozydhäutchen; um so noth- wendiger ist es also bei dem Beizen solcher Eisenwaaren, die Einwirkung der Säure durch fleissige und energische Handhabung stählerner Kratz- bürsten an den mit Oxyd überzogenen Stellen zu unterstützen, wenn man nicht die zuvor bearbeiteten Stellen der Gefahr aussetzen will, von der Säure zerfressen zu werden, bevor die übrigen gehörig gereinigt sind. Ausserdem wendet man in diesen Fällen eine ganz verdünnte Säure an auf 1 Theil Säure zweckmässig nicht weniger als 40 bis 60 Theile Wasser. Wenn die ganze Oberfläche metallisch rein erscheint, nachdem man zuletzt gekratzt hat, spült man, wie oben beschrieben wurde, das Arbeitsstück zunächst mit Wasser ab, bringt es in ein Bad aus Kalkmilch, dann noch einmal in Wasser und trocknet es schliesslich in der beschriebenen Weise.

Das Beizen des Eisens kann den Zweck haben, demselben eine voll- ständig gleichartige, metallisch reine Oberfläche mit der eigenthümlichen lichtgrauen Farbe des Eisens und dadurch ein besseres Ansehen zu geben. Besonders für künstlerische Gegenstände, Nachahmungen antiker Muster und dergleichen ist diese reine Eisenfarbe sehr geeignet, wie z. B. die weitberühmten Dsenburger Kunstgussgegenstände aus Gusseisen, welche zum Theile in gebeizter Form in den Handel kommen, beweisen.

^) Schwefelsäure besitzt in allen Fällen, wo sie ebenso gut als Salzsäure zum Beizen von Metallen benutzbar ist, vor dieser den Yorzug, dass sie nicht, wie diese, saure Dämpfe entlässt, welche belästigend auf die Athmnngs- organe wirken.

758 Verschönerangs- und Erhaltungsarbeiten.

Eine solche Anwendung des Beizens kann jedoch nur dann gerechtfertigt erscheinen, wenn die Gegenstände in vollständig trocknen Räumen auf- bewahrt werden, da die gebeizten Gegenstände dem Rosten weit stärker ausgesetzt sind als ungeheizte oder mit anderen Ueberzügen versehene Gegenstände.

Häufiger dient das Beizen des Eisens als YorbereitungBarbeit f&r einen weitem Yerschönerungsprocess, insbesondere in allen den Fällen, wo das Eisen mit einem fremden Metalle überzogen werden soll, wobei eine reinmetallische Oberfläche erforderlich ist

Eine eigenthümliche Anwendung findet das Beizen des Eisens als Mittel, die Textur gewisser Eisensorten, besonders schmiedbaren Eisens, schärfer zu erkennen, als es im ungeheizten Zustande möglich ist Diese Anwendung beruht auf der Thatsache, dass reines kohlenstoffireies Eisen von Säuren leicht gelöst wird, kohlenstoffhaltiges Eisen weniger leicht, Graphit gar nicht Setzt man also eine geschliffene Fläche des Eisen- stücks der Einwirkung von Säuren aus, so bilden sich allmälig mehr oder weniger tiefe Stellen aus, am tiefsten da, wo das an gebundener Kohle ärmste Eisen yorhanden war, weniger tief, wo ein kohlenstoff- reicheres Eisen (Feinkomeisen, Stahl) zu Tage lag, während Graphit obenauf liegen bleibt Man benutzt hierzu eine starke Säure, gewöhn- lich ein Gemisch von Schwefelsäure mit Salpetersäure oder auch 3 Thle. concentrirte Salzsäure mit 1 ThL Salpetersäure. Von Zeit zu Zeit ent- fernt man von der Oberfläche den angesetzten Schlamm, und nach etwa 3 Stunden ist das Beizen soweit vorgeschritten, dass man das Eisenstäck in Kalkmilch oder schwacher Kalilauge, dann in heissem Wasser ab- spülen und trocknen kann« Will man die Proben aufheben, so mnss man sie mit dünnem Copallack überziehen. Praktische Yerwerthung findet dieses Yerfahren z. B., wenn mehrere Eisensorten zu einem Stücke verarbeitet sind, und es sich darum handelt, die Yertheilung derselben in diesem Stücke genau zu erkennen; oder zur Auffindung von Fehl- stellen, insbesondere zur Prüfung verdächtiger Schweissstellen, welche im ungeheizten Zustande der Beobachtung entgehen, beim Beizen aber durch das Eindringen der Säure erweitert und dadurch leicht erkenn- bar werden.

Drähte aus Eisen und Stahl beizt man, wie früher erwähnt, nach dem Glühen und entfernt den Glühspan vollends durch Poltern.

Beizen und Färben der Kupferlegirungen (Messing, Bronze).

Kupfer beizt man, um es von Glühspan zu reinigen, in verdünnter Schwefelsäure (1 Tbl. Säure auf 5 Thle. Wasser).

Bei dem Beizen von Messing, Tomback, Bronze mit Schwefelsäure zur Entfernung des Oxydhäutchens pflegen die betreffenden Gegenstände mit einer matten, wenig schönen Farbe aus dem Bade herauszukommen.

Beizen und Färben. 759

Soll also ein fearigerer, lebhafterer Farbenton herrorgeröfen werden, so mnas auf dieses Beizen ein zweiter förbender Process folgen, welchen man das Oelbb rennen des Messings eta zu nennen pflegt.

Um anhängendes Fett zu entfernen, glüht man gewöhnlich den Gegenstand schwach vor dem Beizen, wobei er sich vollständig mit einer Oxydkruste überzieht und bringt ihn dann zur Entfernung dieser Oxyd- kmste zunächst in eine sogenannte Yorbeize, aus verdünnter Schwefel- säure (1 Tbl. Säure auf 8 bis 10 Thle. Wasser) oder auch ans kochender Weinsteinsäure bestehend. Dieses Beizen mit der Yorbeize währt, je nachdem die Kruste dick ist, Vs bis 1 Stunde oder auch noch länger und kann unter umständen durch Anwendung der Kratzbürsten unter» stützt werden. Aus dieser Yorbeize kommt, wie erwähnt, der Gegenst-and mit mattgelber Farbe heraus und gelangt nun, nachdem er mit Wasser abgespült ist, in die Schnellbeize, welche aus concentrirter Salpetersäure oder besser aus einem Gemische von 1 ThL concentrirter Schwefelsäure mit 2 Thln. gewöhnlicher Salpetersäure bestehen kann ^). Bisweilen setzt man Glanzruss, Holzmehl oder ähnliche organische Körper zu, wodurch die Entstehung salpetriger Säure befördert wird und eine besonders leb- hafte Farbe entstehen soll. In diese Schnellbeize wird der Gegenstand nur einen Augenblick eingetaucht, dann sorgfältig mit reinem Wasser abgespült und in Sägespänen getrocknet.

Manche Gegenstäilde sollen statt der gewöhnlichen glänzenden Oberfläche eine matte, zarte Färbung erhalten« Zur Erzeugung derselben dient eine besondere Beize, Mattbeize genannt, und das Yerfahren heisst Mattbrennen oder Mattiren. Dasselbe beruht auf einer ungleichmässigen Einwirkung der Beize auf die Oberfläche des Arbeitsstücks, wodurch einzelne Bestandtheile der Legirung stärker als andere angegriffen werden und die Oberfläche ihre vollständige Glätte verliert Man erreicht diesen Zweck durch Anwendung einer Lösung von salpetersaurem Zink in ganz concentrirter Salpetersäure. Zur Darstellung derselben kann man 1 GwthL Zink in 3 Gwthln. concentrirter Salpetersäure lösen, und diese Lösung zu einer Mischung von 8 Gwthln. Salpetersäure mit 8 Gwthln. Schwefelsäure giessen. Die Mattbeize wird kochend angewendet; das Arbeitsstück wird, nachdem es zuvor in der Yor- und Schnellbeize be- handelt worden ist, so lange in die Mattbeize eingehängt, bis die sofor- tige stürmische Entwickelung rother Dämpfe (Untersalpetersäure) nach- lässt, was nach circa 30 Secunden der Fall zu sein pflegt. Sie kommen mit hellbrauner, glanzloser Farbe heraus, werden alsdann, um die schöne gelbe Farbe zu erhalten, noch einmal mit der Schnellbeize behandelt, dann abgespült und getrocknet. War die Einwirkung der Mattbeize allzu energisch, so kann es geschehen, dass die ganze Oberfläche wie zer-

^) Der Zusatz von concentrirter SchwefelBäore , welche bekanntlich mit Begierde Wasser aofiiimmt, hat yomehQiilich den Zweck, in Folge dieser Eigen- schaft die Salpetersäure in eoncentrirterer Form zur Wirkung kommen zu lassen.

760 Venchönemngs- und ErhaHiingsarbeiteii.

firefMD encheini; nun regelt die Einwirkiuig doreh geringem oder gröMem Zinkgehall .

Das Beizen and Färben der Silberlegirnngen.

Die Legimngen des Silbers mit Kupfer pflegen , wenn sie den form- gebenden Process dorcblanfen bsben, einestheils mit einer dnnkebi Haut von Kapferoxyd übersogen zu sein, andemtheils, aach wenn diese Haut dorch mechanische Mittel entfernt worden ist, eine rötiiliche Färbong za besitzen, die von der weissen Farbe des reinen Silbers in unschöner Weise absticht^ Man nnterwirft sie also einem ähnlichen Processe als das Gelbbrennen des Messings, wobei an der Oberfläche vorzugsweise Kupfer aufgelöst und dadurch die röthliche Farbe in eine weisse über- geführt wird.

Man nennt dieses YeHahren Weisssieden des Silbers and die angewendete Beize den Sad.

Zunächst glüht man das Silberstück kurze Zeit bei dunkler Both- gluth unter Luftzutritt zur Entfernung von Fett und behandelt es dann mit verdünnter Schwefelsäure (I Thl. Schwefelsäure auf 12 Thle. Wasser) oder mit einer Lösung von Weinstein in Wasser; oder am besten zuerst mit Schwefelsäure und dann mit Weinsteinlösung. Beide Flüssigkeiten sind am wirksamsten in der Siedhitze. Auch eine Lösung von doppelt' schwefelsaurem Kalium kann, und zwar kalt, zum Beizen benutzt werden. Die Einwirkung der Beize unterstützt man, wo es sich erforderlich macht, durch öfter wiederholtes Kratzen und Bürsten mit feinem Sande oder Weinsteinpulver.

Soll die Oberfläche matt werden, so glüht man den Gegenstand nach dem ersten Sieden, nachdem man ihn in einen Brei aus Pottasche und Wasser eingepackt hat, löscht in Wasser ab und siedet zum zweiten Male wie gewöhnlich.

Das Beizen und Färben der Goldlegirangen.

Goldarbeiten, welche in Folge ihres Kupfergehalts während der mechanischen Formgebung sich mit einer schwärzlichen Haut zu be> decken pflegen, werden geglüht und in stark verdünnter kochender Salpetersäure oder Schwefelsäure gebeizt (gesotten). Erstere Säare löst ausser den an der Oberfläche vorhandenen Oxyden auch metalliflches Kupfer und Silber, letztere nur Kupfer auf.

Eine kräftiger färbende Lösung erhält man nach Kar mar seh, indem man 115 g vollkommen trocknes Kochsalz mit 230 g Salpeter zaaammen- reibt and das Gemisch mit 172 g rauchender Salzsäure kocht. Es ent- wickelt sich Chlor und beim Eintauchen der Legirung bilden sich Chloride des Silbers, Kupfers und Goldes. Von letzterm wird ein Theü

Aetzen. 761

als metallisch reines Gold auf der Oberfläche des Arbeitsstücks wieder niedergeschlagen, während ein anderer Theil allerdings gelöst bleibt, und erst durch spätere Verarbeitung der Lösong wieder gewonnen werden kann.

Das Aetzen.

Man yersieht die Oberfläche, welche durch Einwirkung chemischer Mittel mit bestimmten figürlichen oder ornamentalen Linien, Inschriften oder dergleichen gezeichnet werden soll, mit einem schützenden Ueber* zugOf gewöhnlich aus einer harzigen oder ähnlichen Substanz bestehend, den man Aetzgrund nennt. In diesen Aetzgrund schabt man die zu bildenden Figuren ein, so dass das Metall dort frei gelegt wird und lässt nun auf die freiliegende Metallfläche eine Flüssigkeit (das Aetzwasser) einwirken, welche nur das Metall, nicht aber den Aetzgrund angreift. Wenn dasselbe hinlängliche Zeit gefressen ** hat, spült man das Arbeits* stück ab, entfernt den Aetzgrund, und es erscheinen nun die geätzten Stellen vertieft, die Tom Aetzgrunde bedeckt gewesenen erhaben.

Dieses Verfahren nennt man Tief ätzen. Man kann aber auch umgekehrt die Linien, welche die eigentliche Zeichnung bilden sollen, mit dem Aetzgrunde bedeckt halten oder einfacher von vornherein mit demselben allein bedecken, und es erscheint alsdann die Zeichnung er- haben auf vertieftem Grunde. Das Verfahren in dieser Weise heisst Hoohätzen.

Als Aetzgrund benutzt man häufig ein geschmolzenes Gemisch aus

2 TUn. weissem Wachs, 2 Thln. Mastix, 1 Tbl. Asphalt, oder ähnliche Mischungen. Zum Gebrauche schlägt man ein Stück der Masse in feine Leinewand und dann noch in trockenen Taffet ein, erwärmt die Metall- fläche und ftkhrt nun die eingeschlagene Masse mit gelindem Drucke auf derselben umher, wobei die letztere durch die Poren der Leinewand und des Taffets in Folge der Wärme des Metalls hindurchschwitzt und die Metallfläche mit einer dünnen Schicht überzieht. Zum Auftragen von Linien beim Hochätzen löst man den Aetzgrund in einer geeigneten Flüssigkeit, z. B. Terpentinöl.

Als Aetzwasser dient für Kupfer, Silber, Messing verdünnte Sal- petersäure; oder für feinere Zeichnungen in Kupfer eine Mischung von

3 Maasstheilen gesättigter saurer KupfemitraÜösung mit einem Maass- theile einer gesättigten Salmiaklösung in Essig; oder gleichfalls für Kupfer 10 Gewichtstheile rauchende Salzsäure vermischt mit 70 Thln. Wasser und einer kochenden Lösung von 2 Thln. chlorsaurem ^Kalium in 20 Thhi. Wasser.

Für Eisen und Stahl benutzt man: 420 Gwthle. Wasser, 15 Gwthle. QneokBilberohlorid, 1 Gwthl. Weinsteinsäure, 16 bis 20 Tropfen Salpeter- säure; oder 8 Gwthle. Salpetersäure vom specif. Gewichte 1,22, 1 Gwthl. Silbemitrat, 120 Gwthle. Weingeist von 80».

762 Verschönerangs- und Erhaltungsarbeiten.

FOr Aetzen des Ooldes benatat man yerdOnntes Eönigswass«:.

Um auf blankpolirten Stahl- oder Eisenarbeiten erhabene Verzie- rungen auf mattem Grunde anzubringen, z. B. auf Klingen und der- gleichen, zeichnet man diese Verzierungen mit einer Lösung des Aetz- grondes auf der Metallfläche auf und setzt letztere der Einwirkung von Salzsäuredampfen aus, welche man durch Uebergiessen von Kochsalz mit concentrirter Schwefelsäure entwickelt.

Die Entfernung des Aetzgrundes geschieht durch ein geeignetes Lösungsmittel, gewöhnlich Terpentinöl.

2. Poliren.

Man benutzt als Werkzeug für das Poluren ein Stäbchen aus hartem Materiale mit glatter, glänzender Arbeitsfläche, welches, indem es unter Drack über die Oberfläche des Arbeitsstücks hinweg geführt wird, die vorstehenden Theilchen desselben niederdrückt und dadurch ein Glätten herbeiführt, welches der Oberfläche Glanz giebt und deshalb ebenfalls Poliren genannt wird. Glasharter Stahl, Chalcedon, Achat, Blut«tein (Glaskopf) sind die üblichsten Materialien zur Herstellung von Polir- werkzeugen und man nennt diese letzteren deshalb entweder Polirstähle oder Polirsteine. Die arbeitende Fläche derselben wird natürlich ge- schliffen und aufs Feinste in der früher beschriebenen Weise polirt; das entgegengesetzte Ende des Stäbchens steckt in einem hölzernen Hefte von geringerer oder grösserer Länge.

Man gebraucht diese Werkzeuge fast nur zum Poliren kleinerer Gegenstände mit unregelmässigen Begrenzungsflächen, bei welchen das früher beschriebene Verfahren des Polirens aus irgend einem Grunde nicht geeignet erscheint; bisweilen allerdings auch für grössere Flächen in solchen Fällen, wenn durch den ausgeübten starken Druck eine grössere Dichtigkeit der Metalloberfläche hervorgebracht werden soll (z. B. bei den Platten der Kupferstecher).

8. Bas Uebendehen der Metalle.

Der Ueberzug kann aus einem Metalle oder aus einem zusammen- gesetzten Körper beziehentlich einem Gemische mehrerer der letzteren bestehen.

Beim Ueberziehen mit einem andern Metalle kann der Zweck vor^ liegen, 'lediglich eine Verschönerung hervorzubringen, indem man ein Metall von weniger schönerm Aeussem, z. B. Zink, mit einem schönem Metalle, *z. B. Kupfer, Silber, Qold und dergleichen, oder auch einer MetalUegirung, z. B. Bronze, Messing, überzieht; dieses ist der häufigere Fall; oder man kann dabei den andern Zweck verfolgen, ein leichter oxydirbares Metall, z. B. Eisen, durch den Ueberzug mit einem Bchwerer

UeberzieheiL 763

ozydirbaren widerBtandsfahiger gegen äosflere chemische Einflüsse zu machen«

Bei dem Ueberznge eines Metalls mit zusammengesetzten Körpern ist der Zweck, dem Metalle einen Schatz gegen Oxydation za geben, fast immer der Hauptbeweggnmd; and man sacht dann selbstverständlich die flrreichang dieses Zweckes stets in einer solchen Weise zu bewerk- stelligen, dass der Ueberzug das Aeussere des Gebrauchsgegenstands in möglichst gefalliger Weise erscheinen l&sst.

A. Ueberziehen mit anderen Metallen.

Dasselbe kann in dreierlei Weise geschehen. Die erste Methode besteht darin, dass man das zu überziehende Metall mit metallisch reiner Oberfläche in ein Bad des geschmolzenen als Ueberzug bestimmten Me- talls eintaucht, wobei eine dünne Schicht des letztern an der Oberfläche des erstem haften bleibt. Man kann diese Methode das Ueberziehen auf directem oder mechanischem Wege nennen. Die zweite Methode besteht darin, dass man das zu überziehende MetaU mit reiner Oberfläche in eine geeignete Lösung eines Salzes des als Ueberzug bestimmten Metalls ein- hängt und entweder durch Erregung eines galyanischen Stroms oder durch einfache chemische Umsetzung aus der Lösung Metall auf der Oberfläche des erstem niederschlägt. Man nennt diese Methode Ueber- ziehen „auf nassem Wege*', und wenn ein besonderer galvanischer Ap- parat angewendet wird, „auf galvanischem Wege".

Eine dritte Methode, welche nur für das Ueberziehen mit Gold oder Silber Anwendung findet, beruht auf der Eigenschaft der genannten Metalle, sich mit Quecksilber zu einem an der Oberfläche des Arbeits- stücks haftenden Amalgame zu verbinden, welches bei Erhitzung unter Zurücklassung des Edelmetalls und Verflüchtigung des Quecksilbers zerlegt wird. Man pflegt diese Methode „Feuervergoldung" oder „Feuer- versilberung" zu benennen; allgemein kann man sie als Amalgama- tionsmethode bezeichnen.

Die directe Methode ist nur dann anwendbar, wenn das als Ueber- zug dienende Metall leichtschmelzbarer ist als das andere, so dass ein theil weises Schmelzen des letztem nicht zu befürchten ist; sie erfordert zum Erhitzen und Schmelzen oft umfangreiche Apparate und ist nicht immer leicht ausführbar; sie giebt dagegen, wenn sie gelingt, einen sehr soliden und dichten Ueberzug, welcher fest haftet und äusseren Einwir- kungen den Zugang zu dem umhüllten Metalle nicht gestattet, bevor er nicht selbst diesen Einwirkungen erlegen ist.

Die galvanische Methode gestattet ihre Anwendung in weit zahl- reicheren Fällen und giebt die Möglichkeit, die Stärke der Metallüber- züge beliebig zu regeln. Die Apparate, welch» zur Herstellung dieser Ueberzüge dienen, sind verhältnissmässig einfach; und die Kosten der

764 Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

Herstellung eines dflnnen, nur als VerBohönerung dienenden Ueberzuges, welcher oft binnen wenigen Minuten herzustellen ist, sind verh&ltniss- mässig gering. Als ein Schutz gegen Äussere Einwirkungen zu dienen, ist jedoch ein solcher dünner Ueberzug durchaus ungeeignet; zur Errei- chung dieses Zweckes ist eine Stärke desselben erforderlich, welche die Kosten und auch die technischen Schwierigkeiten der Herstellung erheb- lich steigert; und selbst, wenn die Dicke des ueberzuges deijenigen eines auf directem Wege hergestellten Ueberzuges gleich ist, pflegt die Wirkung desselben als Schutzmittel weniger ▼ollkommen als die des letztern zu sein.

Der Unterschied dieses abweichenden Verhaltens des Metallaberzugs, je nachdem derselbe durch Schmelzen oder auf galvanischem Wege ge- bildet ist, dürfte in dem Umstände zu suchen sein, dass das geschmolzene Metall eine yöllig dicht zusammenhängende und mit der Oberfläche des Arbeitsstücks legirte Decke bildet, das galvanisch niedergeschlagene aber aus lauter einzelnen nach und nach an einander gereihten und auf ein- ander abgelagerten Krystallchen besteht, welche weder unter sich noch mit dem Grundmetalle den festen Zusammenhang besitzen wie das geschmolzene.

Die Amalgaraationsmethode endlich liefert zwar einen dauernden festen Ueberzug des Edelmetalls, ist aber ziemlich umständlich, kost- spielig und nicht ungefährlich für die Gesundheit.

Es folgt hieraus, dass die directe Methode, sofern sie überhaupt anwendbar ist, überall da den Vorzug verdient, wo der Zweck vorliegt, einen gegen stärkere äussere Einflüsse schützenden Ueberzug herzu- stellen; dass hingegen, wenn vorzugsweise eine Verschönerung solcher Gegenstände beabsichtigt wird, welche äusseren Einflüssen in weniger starkem Maasse ausgesetzt sind, das galvanische Verfahren seiner gros- sem Mannigfaltigkeit und seiner leichtem Ausfahrung halber den Vor- rang behaupten wird; und dass endlich, da das Amalgamations verfahren sich nur auf das Ueberziehen mit Gold und Silber beschränkt, also auf Gebrauchsgegenstände, welche äusseren Einflüssen überhaupt weniger aus- gesetzt zu sein pflegen, es in den allermeisten Fällen durch galvanische Vergoldung und Versilberung ersetzt werden kann, welche in einfacherer und billigerer Weise sich herstellen lässt.

a. Das Ueberziehen auf directem Wege.

Das als Ueberzug dienende Metall wird gewöhnlich in einem Kessel geschmolzen. Ein richtig gewählter Temperaturgrad ist von Wichtigkeit für das Gelingen des Processes. Bei zu hoher wie bei zu niedriger Temperatur haftet das geschmolzene Metall schlecht an dem festen Me- talle; bei niedriger Temperatur erstarrt es ausserdem zu rasch und bil» det einen dicken, unschönen Ueberzug.

Verzinnen. 765

Die Oberflfiche des zu übersiehenden Metalls wird auf mechanischem Wege darch Schaben und Kratzen oder chemisch dnrch Beizen voll- st&ndig gereinigt. Wie beim Ldthen findet Adhäsion nnr auf einer ganz reinen Metallflftehe statt Jede Berührung der gereinigten Metallfl&che mit den Fingern ist deshalb zn vermeid^i; bilden sich bei der häufig erforderlichen Erwärmung des Arbeitsstücks neae Oxydationsproducte an der Oberfläche, so müssen chemische Mittel angewendet werden, welche dieselben verschlacken oder verflüchtigen. Besonders geeignet hierfür ist der Salmiak, entweder in ooncentrirter Lösung auf die Me- tallfl&che aufgestrichen, ehe sie in das geschmolzene Bad eingetaucht wird, oder in Pulverform mit Hilfe eines Wergbüschels an einem Stabe auf der Metallfläche verrieben; oder in Stückform zum Abreiben des er- hitzten Arbeitsstücks in dem Augenblicke vor dem Eintauchen.

Beispiele. Das Verzinnen des Eisens auf directem Wege.

Da das Eisen, sowohl Guss- als schmiedbares Eisen, bekanntlich dem Rosten sehr leicht unterworfen ist, so ist das Ueberziehen desselben mit einem andern Metalle ein sehr häufig angewendetes Schutzmittel; und das am häufigsten als Ueberzug dienende Metall ist das Zinn, welches unter den leichtschmelzbaren Metallen selbst am wenigsten leicht durch Einfiüsse der Luft und Feuchtigkeit leidet.

Am leichtesten gelingt die Verzinnung, wenn man statt reinen Zinns ein etwas bleihaltiges Zinn anwendet. Für Gegenstände jedoch, welche zum Eüchengebrauch dienen Kasserolle, Kessel u. s. w. ist die Anwendung eines bleihaltigen Zinns verwerfiich, da das Blei leichter als das Zinn sich löst und giftig wirkt

Oef&sse aus Schwarzblech, Kasserolle und dergleichen, verzinnt man in folgender Weise. Die Gefi&sse werden in Salzsäure gebeizt, gescheuert, mit Wasser abgespült, über einem Kohlenfeuer getrocknet, dann an den SteUen, welche verzinnt werden sollen, mit concentrirter Salmiaklösung bestrichen, abermals getrocknet und erwärmt Sobald sie trocken und warm geworden sind, taucht man sie in den neben dem Kohlenfeuer be- findlichen Kessel mit geschmolzenem Zinn, schwenkt etwas von dem Zinn rasch in dem Geftsse hin und her und giesst das überflüssige aus. Das Zinn haftet an allen vorher mit Salmiak bestridienen Stellen. Nun verreibt man rasch das Zinn mit einer in heisses Fett getauchten Bürste, um die Zinnschicht vollständig- gleichmässig auszubreiten, läset erkalten und entfernt schliesslich das Fett durch Abreiben.

Der Zinnüberzug, welcher in dieser Weise hergestellt wurde, ist ziemlich stark, lässt bisweilen krystallinische Structur erkennen und be- sitzt dadurch verhältnissmässig wenig Glanz. Für sehr saubere Arbeiten, z. B. Blechlöffel, hält man deshalb einen zweiten Topf bereit, welcher ganz

766 Verschönerangs- und Erhaltungsarbeiten.

reines Zinn enth&lt, taucht den Gegenstand abermals ein und giebt ihm dadurch die äussere YoUendnng«

Man beschränkt sich jedoch nicht auf das Verzinnen fertiger Geftsse, sondern yendnnt häufig scbon das als Material för die weitere Verarbei- tung dienende Eisenblech und nennt dasselbe im verzinnten Zustande Weissblech. Da man beim Weissblech grossen Werth auf vollendetes Aenssere legt, so ist das Verfahren der Herstellung ziemlich umständlich.

Man wählt zum Verzinnen die dünneren Sorten Eisenblech, welche besonders zu diesem Behufe in Tafeln von durchschnittlich 400 mm Länge und 300 mm Breite hergestellt werden. Die Bleche werden zu- nächst mit yerdfinnter Salzsäure oder Schwefelsäure abgebeizt, in Wasser abgespült, getrocknet, in einem luftdicht geschlossenen Flammofen oder auch wohl einem Kessel 12 bis 24 Stunden heller Rothgluth auiq^esetzt und dann noch einmal kalt zwischen den polirten Stahlwalzen eines Blechwalzwerks unter starkem Drucke durchgeführt, wodurch sie eine glatte, glänzende Oberfläche erhalten. Sie werden dann abermals gelinde geglüht, um ihnen die beim Walzen erhaltene Sprödigkeit zu nehmen und müssen nun einem zweiten Beizprocesse unterworfen werden zu dem Zwecke, das durch das Glühen hervorgerufene, als gelbe oder blaue Anlauffarbe erscheinende Ozydhäutchen zu entfernen. Hierzu dient eine Flüssigkeit, welche durch Gähren organischer Stoffe in Wasser bereitet wird, gewöhnlich Kleie. Nachdem die Bleche mehrere Tage in dieser Beize verweilt haben, bringt man sie noch einmal ganz kurze Zeit in verdünnte Schwefelsäure, spült sie ab, scheuert sie mit Werg und feinem Sande vollends blank, um jedes zurückgebliebene Fleckchen zu entfernen und legt sie bis auf Weiteres zur Aufbewahrung in Kalkwasser.

Wenn die Verzinnung beginnen soll, nimmt man sie heraus und steckt mehrere hundert Stück mit einem Male in eine gusseiseme Pfanne mit geschmolzenem Talg, in welchem sie so lange 2ieit verweilän, bis die letzte Spur von Feuchtigkeit vollständig entfernt ist. Man nennt das Gef&Mi, welches diesen geschmolzenen Talg enthält, Vortopf. Aus diesem gelangen sie in eine zweite gusseiseme Pfanne, Zinn topf genannt, welche geschmolzenes und stark erhitztes Zinn enthält mit einer Decke von Talg 'um die Luft abzuhalten. In diesem Geisse verweilen sie IVs bis 2 Stunden und gelangen nun in eine dritte Pfanne mit ganz reinem, weniger stark als im Zinntopfe erhitztem Zinn, Wasch topf genannt. Zuvor lässt man jedoch auf einem Schrägen die an den Blechen noch im flüssigen Zustande anhaftenden Zinntropfen ablaufen, um einer Verunreinigung des reinen Zinns mit dem weniger reinen thunlichst vor- zubeugen. Von dem reinem Zinn des Waschtopfs bildet sich nun wäh- rend des Verweilens im Waschtopfe ein zweiter üeberzug auf dem schon im Zinntopfe gebildeten ersten üeberzuge. Nimmt das Zinn im Zinn- topfe ab, so ersetzt man es durch NachftÜlen aus dem Waschtopfe, weil dieses ohnehin allmälig verunreinigt wird, und setzt reines frisches Zinn in den Waschtopf ein.

Verzinnen. 767

Die Bleche werden nun einzeln ans dem Waschtopfe heransgenommen, noch heiss mit einer fettigen Hanf bürste oder Werg in gleichmässigen Strichen überfahren, wodurch eine gleichmässige Ausbreitung des Zinns bezweckt wird, abermals durch den Waschtopf gezogen^), wodurch die beim Abwischen entstandenen Streifen yertilgt werden, und nun in einen vierten Kessel gestellt, welcher mit stark erhitztem Palmöl oder einem Gemische aus Palmöl und Talg gefüllt ist und Fetttopf heisst. Das Fett ist bis auf die Schmelztemperatur des Zinns erhitzt, so dass das letztere, welches durch das Eintauchen yon der Luft ganz abgeschlossen ist, noch einmal schmilzt, sich dadurch gleichm&ssig ausbreitet und eine spiegelblanke Oberfl&che erh&lt, indem zugleich der Ueberschuss an Zinn (oft bis zu 60 Proa des gesammten Zinns) abtropft Wie es scheint, saigert hierbei Torzugsweise bleihaltiges also in niedrigerer Tempera- tur schmelzbares Zinn aus und eine Schicht reinen Zinns bleibt zu- rück. Die Behandlung in diesem Topfe muss eine sehr yorsichtige sein; man stellt deshalb immer nur wenige Tafeln gleichzeitig ein und schützt sie yor gegenseitiger Berührung.

Aus dem Fetttopfe kommen die Bleche nun in die letzte Pfanne, welche leer ist und zur Abkühlung dient, deshalb auch nicht geheizt wird und Ealttopf genannt wird, obschon er durch die unmittelbare Nähe der übrigen Töpfe eine genügende Temperatur erh&lt, um eine allzu beschleunigte Abkühlung zu yermeiden. In diesem Oefasse werden sie yertical aufgestellt, damit das anhaftende Fett ablaufen kann. Aber auch noch etwas flüssiges Zinn fliesst hierbei nach unten und bildet dadurch am untern Rande einen Wulst« Tropfkante genannt. Um diesen zu entfernen, werden die Bleche schliesslich noch einmal mit dem untern Ende in den Fetttopf oder in ein besonderes, dazu bestimmtes und mit flüssigem Zinn gefiälltes Cref&ss getaucht, welches in diesem Falle Saum- topf genannt wird« Der Wulst wird flüssig, man befördert durch Klopfen das Abfallen und es hinterbleibt nur ein schmaler Streifen -~ der Saum genannt durch geringem Glanz gekennzeichnet.

Der Verbrauch an Zinn beträgt 6V9 bis 8 Proc, das fertige Blech enthält 3 bis 5 Proc. seines Gewichts Zinn.

Schliesslich werden die Bleche durch Abreiben mit Kleie yöUig ge- reinigt, sortirt und yerpackt.

So einfach diese Manipulationen an und für sich sind, so steigert sich doch die Schwierigkeit des Gelingens und insbesondere der Herstellung einer gleichmässigen, glatten Oberfläche mit der Ghrösse derselben. Man hat für grosse Bleche deshalb mechanische Vorrichtungen in Anwendung, um das Verzinnen zu erleichtem. Dieselben beruhen auf der Anwendung eines Walzenpaars, welches die yerzinnten Bleche zu passiren haben, so- bald sie aus dem Zinntopfe kommen. Entweder liegen beide Walzen

^) Auf einzelnen Werken durch einen folgenden Topf mit ganz reinem Zinn, wenn eine Yernnreinigong des Zinns im Waschtopfe befürchtet wird.'

768 VerechönerungB- und Erhaltungsarbeiten,

otierhalli des Niveftiu des Zinnbftdea; oder eine derselben ist noeh in dem flüBÜgen Zinn selbst gelagert, so dass d^s Blech v&hrend dea Änatreteni ans dem Bade zwischen beiden hindnrohgefolirt wird.

Eine derartige von Girard eingeführte Haachine ist in den Fignrea 564 and 566 abgebildet. AB ist die gnsseiseme Pfanne, welch« das ge- Fiic. 564.

Verzinnen. 769

Bchmolzene Zinn enthalt nnd von unten durch die Feuerung g geheizt wird, h sind schmiedeeiserne Führungsstäbe , auf welchen das Blech in des Bad gelangt, h ist ein kastenartiges gusseisernes Querstück, theils zu dem Zwecke, eine obere Führung für das Blech zu bilden, theils um die in dem Theile A sich ansammelnden Unreinigkeiten dort zurück- zuhalten und vor dem Hinübergehen nach B zu bewahren, cd sind die Walzen, in zwei mit Stellschrauben versehenen Ständern gelagert und von den Getrieben / e aus bewegt, l sind Führungsstabe für die aus- tretenden Bleche. Das Zinn in der Abtheilung A ist mit Chlorzink, in B mit Talg bedeckt.

Um kleine Gegenstände aus Eisen Nägel, Angeln, Schnallen und dergleichen zu verzinnen, lässt man sie in verdünnter Schwefelsäure so lange liegen, bis sie völlig blank sind, spült sie dann in Wasser ab, trocknet sie durch Schütteln mit Holzsägespänen und wirft sie nun in eine eiserne Pfanne mit geschmolzenem Zinn. Zum Herausnehmen be- dient man sich einer Art Gabel und schleudert durch einen raschen Schlag gegen den Stiel derselben die herausgenommenen Gegenstände so in ein Gefäss mit Wasser, dass sie zerstreut zu liegen kommen und ein Zusammenlöthen mehrerer Stücke vermieden wird.

Grössere Gegenstände hängt man an einem Drahte in das stark erhitzte Zinnbad und wirft sie nach dem Eintauchen wie die kleineren ins Wasser.

Draht wird verzinnt, indem man ihn nach dem Reinigen von Glüh, span in 8 bis 16 Strähnen durch ein in zwei Abtheilungen getrenntes Gefass führt, welches in der einen Abtheilung gewöhnliches Zinn, be- deckt mit Chlorzink, in der andern ganz reines Zinn mit einer Talg- decke enthält. Als Scheidewand zwischen beiden Abtheilungen dient zuweilen eine Walze; um das überflüssige Zinn abzustreifen, benutzt man häufig ein Zieheisen, welches der Draht nach dem Verlassen des Bades zu passiren hat.

Schwieriger als das Verzinnen von schmiedbarem Eisen ist das Ver- zinnen von Gusseisen; und um so schwieriger, je grösser der Graphit- gehalt des Gusseisens ist. Es kommt deshalb im Ganzen wenig zur Anwendung nnd wird dann in ganz ähnlicher Weise ausgeführt., als das beschriebene Verzinnen schmiedeeiserner Gefasse.

Verzinnen von Kupfer und Messing.

Dasselbe kommt vorwiegend bei Kochgeschirren in Anwendung, um durch das schwieriger lösbare Zinn einen Schutz für das Gefass gegen das Auflösen und für die Speisen gegen Vergiftung zu bilden. Da Kupfer und Zinn sich leicht legiren, ist das Verfahren leichter aus- führbar als die Verzinnung des Eisens. Die Gefasse werden mit ver- dünnter Schwefelsäure gebeizt, getrocknet, erhitzt; das geschmolzene

L e d e b n r , laechaniBch-metaUargisohe Technologie. 49

770 Verschonemngs- und ErlialtiuigBarbciten.

Zinn wird mit etwas Salmiiik hineiagegoflaen « mit miiem Böwhel Werg ▼errieben und dann daa UeberflQaiige dnrdi Avagienen entfernt.

Dag Yärzinken des Eisens

hat TOT dem Verzinnen den Vorsog der grossem Billigkeit des als Ueberzog dienenden MetaUs; nnd wenn, wie in den meisten Fallen , ein Hosten des Eisens durch den Ueberzug Terhütet werden soll , so kommt der Umstand in Betracht, dass ein mit Zink ftberzogenes Eisenstück negativ elektrisch wird, während das Zink den positiven Pol der Kette bildet, bei der Zerlegung von Wasser der Sauerstoff desselben also an das Zink geht nnd das Eisen unbeeinflnsst bleibt. In Racksicht auf diese Thatsache hat man dem verzinkten Eisen im Handel den allerdings ziemlich unglücklich gewählten Namen galvanisirtes Eisen ge- geben.

Die Ausführung des Verzinkens ist ganz ähnlich als beim Verzinnen. Man beizt die Gegenstände, putzt sie durch Scheuem oder Eratzen von noch anhaftendem Oxyde, taucht sie in Ealkwasser, trocknet und er- wärmt sie und bringt sie in das Zinkbad. Stellen, wo das Zink nicht haften will« werden mit einem Stücke Salmiak gerieben und dann rasch wieder eingetaucht.

Für das Verzinken von Blechtafeln benutzt man ein gleiches Walz- werk wie für das Verzinnen, dessen Walzen sich im geschmolzenen Zink drehen *).

b. Das Ueberziehen auf nassem Wege.

Wenn man ein Metall in die Lösung eines Salzes eines andern Metalles einhängt, so findet in manchen Fällen ohne Weiteres eine Metallauaschei- dung anf der Oberfläche des eingebrachten Metalls statt, indem sich eine äquivalente Menge des letztem löst und an die Stelle des aus- geschiedenen Metalls tritt. So scheidet Eisen aus einer neutralen oder schwaofasauren Lösung von Kupfervitriol sofort Kupfer ans, welches als roiher Ueberzug das Arbeitsstück bedeckt; Zink in Platinohloridlösung erhält einen tiefschwarzen Ueberzug von ausgeschiedenem Platin u. s. f. Wenn die Lösung des Metallsalzes stark concentrirt war, so pflegt das Metall sich pulverig oder körnig auszuscheiden und an der Oberfläche des eingetauchten Arbeitsstücks wenig oder gar nicht zu haften ; ans verdünnten Lösungen erfolgt die Ausscheidung zwar langsamer, aber gleichartiger nnd besser haftend.

Derartige Ausscheidungen, durch einfache chemische Substitutionen hervorgerufen, sind jedoch nur auf gewisse Fälle beschränkt, haben den

') Verzinkte Bleche flnden als Bachbedeckungsmaterial Anwendang. Pa« brik: Jacob Hilgera in RheinbTohl.

Ueberziehen auf nassem Wege. 771

Nachthei], daes die LösuDg mehr und mehr durch Aufnahme des frem- den Metalls vernnreinigt wird tind dass ein anf diesem Wege erzeugter Ueberzug, wenn er haften soll, nur äusserst dünn ausfallen kann und bei der Benutzung des betreffenden Gegenstands rasch wieder ver- schwindet. Daher findet dieses Verfahren nur beschränkte Anwendung für solche Gegenstände, die einer Abnutzung beim Gebrauche nicht unterworfen sind, Schaustücke und dergleichen.

Weit zahlreicher sind die Fälle, wo man den galvanischen Strom benutzt, um Metallsalze zu zerlegen und Metall aus den Lösungen auf der Oberfläche des zu überziehenden Gegenstandes niederzuschlagen. Letzterer dient hierbei als Kathode für den galvanischen Strom, während man ein Metallblech als Anode in die Losung einhängt. Dieses galva- nische Verfahren hat mancherlei Vorzüge vor der einfachen Zersetzung durch Substitution. Ein Vortheil liegt in der grösseren Mannigfaltig- keit der auf diese Weise zu erzeugenden Ueberzüge, sowie in dem festern Haften und der grossem erreichbaren Stärke derselben. Zweitens ist man im Stande , solche Lösungen anzuwenden , welche auf die Kathode ohne chemische Einwirkung bleiben, bei denen also die erwähnte Ver- unreinigung des Bades ganz ausgeschlossen ist und das Material des Arbeitsstückes auch bei beliebig langer Zeitdauer des Processes, abhän- gig von der Stärke des herzustellenden Ueberzugs, vollständig unbeein- flusst bleibt. Ausserdem hat man die Möglichkeit, wenn man als Anode ein eben solches Metall benutzt, als aus der Lösung abgeschieden wer- den soll, lange Zeit die Lösung annähernd in constanter Zusammensetzung zu erhalten« da von der Anode unter Einwirkung des galvanischen Stro- mes frisches Metall in Lösung geht, sobald das gelöste niedergeschlagen wird. Es muss freilich hierbei bemerkt werden, dass diese Auflösung der Anode doch auch durch andere Vorgänge mit beeinflusst wird und man gewöhnlich in der Praxis genöthigt ist, von Zeit zu Zeit den Metall- gehalt der Lösung durch Zusatz Mschen Metallsalzes wieder anzureichern. Bei Anwendung des galvanischen Stromes ist man femer im Stande, die Stromstärke genau zu regeln, welche erfahrungsmässig auf die Gleich- mässigkeit und das feste Anhaften des Ueberzuges von Einfluss ist* In den meisten Fällen liefert ein schwächerer Strom, obschon derselbe zur Bildung eines Ueberzuges längere Zeit gebraucht, doch gleichmässigere und dauerhaftere Ueberzüge als ein stärkerer. Endlich ist noch zu er- wähnen, dass man mit Hülfe ^es galvanischen Stromes nicht allein im Stande ist, einfache Metalle, sondern selbst Legirungen aus ihren Lösun- gen als solche abzuscheiden und auf einer Metallfläche niederzuschlagen Messing, Bronze etc. -— und es ist interessant und für die Anwen- dung des Verfahrens nicht unwichtig, dass man durch Regelung der Stromstärke aus derselben Lösung quantitativ verschieden zusammen- gesetzte, also verschieden ge&rbte, Ueberzüge erhält. Aus Messing* oder Bronzelösungen scheidet ein schwächerer Strom kupferreichere,

49*

772 Verschonenings- und EriialtongBarbeiteiL

dunklere, ein it&rkerer Strom sink- oder sinnreichere, heller gefärbte Niederschläge ans n. s. w.

Damit das Arbeitsstück Ton der Ldenng nicht angegriffen werde (wodurch zugleich ein festes Haften des hergestellten üeberzuges er- schwert werden würde), darf die letztere nicht sauer sein, sondern muss alkalische oder neutrale Reaction besitzen. Das chemische Verhalten des für den Ueberzug bestimmten Metalls muss entscheiden, welche Ver- bindungen desselben und welches Lösungsmittel das geeignetste sei. Manche Metallozyde losen sich in yerdCLnnter Kalilauge und lassen sich durch den galvanischen Strom aus derselben abscheiden (Zinn, Gold); bei anderen bildet Ammoniakflüssigkeit mit Chlorammonium ein geeigne- tes Lösungsmittel (Zink), bisweilen versetzt mit organischen Verbindun- gen (weinsauren, citronensauren und anderen Salzen), welche die Aus- scheidung befördern sollen (Nickel); wieder andere eignen sich nur als Cyansalze zur Bildung von Ueberzügen, wobei als Lösungsmittel für die- selben entweder Cyankaliumlösung (beim Silber) oder in Anbetracht des hohen Preises des Cjankaliums eine Lösung von unterschwefligsaurem Natrium (beim Kupfer) benutzt wird.

Als Behälter für die Lösungen benutzt man, wenn ihre Menge klein ist und die Verarbeitung in der Kälte vor sich geht, irdene Geschirre für grössere Mengen hölzerne Bottiche, aus Eichenholz gefertigt nnd mit eisernen Bänden versehen; muss eine Erwärmung der Lösung statt- finden, eiserne emaillirte Geschirre. Quer über das betreffende Gefass legt man einen Kupferstab (der bei metallenen Gefässen gut isolirt wer- den muss), dessen eines Ende durch einen Kupferdraht mit dem negati- ven Pole der galvanischen Säule in Verbindung gesetzt wird. Dieser Kupferstab ermöglicht es, eine grössere Anzahl von Gegenständen gleich- zeitig in die Lösung einzuhängen, indem man jeden derselben mit einem Stück Kupferdraht umwickelt und mit diesem an dem Stabe aufhängt. Die als Anoden dienenden Bleche werden an den Seiten des GefiLsses den Arbeitsstücken gegenüber gleichfalls an einem Kupferdrahte auf- gehängt und durch denselben mit dem positiven Pole verbunden.

Die erforderliche Stromstärke ist von der Grösse der Oberflftche und der Leitungsfähigkeit des Arbeitsstücks abhängig. Für sehr kleine Gegenstände kann man ein thermoelektrisohes oder Danieirsches Element benutzen; für grössere pflegt man Bunsen'sche anzuwenden. Ein einziges Bunsen'sches Element genügt zum gleichzeitigen Ueber- ziehen zahlreicher kleinerer Arbeitsstücke (Schmuckwaaren, Löffel und dergleichen); nur für sehr grosse Arbeitsstücke verbindet man mehrere Elemente zu einer Batterie. Um bei Anwendung Bunsen^soher £le- mente die Belästigung der Arbeiter durch die sich entwickelnden Sanre- dämpfe zu vermeiden, empfiehlt es sich, sie in einem getrennten Locale aufzustellen und den Strom durch isolirte Kupferdrähte in das Arbeita- iooal au leiten.

GalyaniBche Ueberzüge. 773

Die gröBBte Sorgfalt bei der Bereitung der LöBongen, Auswahl sol- cher Chemikalien, die nicht durch andere Stoffe yerunreinigt sind, und eine peinliche Sauberkeit bei allen während des Ueberziehens vorkom- menden Arbeiten ist eine Hauptbedingung für ein gutes Gelingen. Zu- nächst muBS man Sorge tragen, dass die zu überziehende Metallfläche Yollständig metallisch rein sei. Sie wird durch Beizen, Scheuern, Kratzen gereinigt, jede Berührung mit den Fingern dabei thunlichst vermieden, und in ganz derselben Weise behandelt, als es oben bereits beschrieben wurde. Nach dem Beizen spült man die Gegenstände in Wasser ab und kann sie ohne Weiteres in die Lösung einhängen, oder, wenn dieses nicht thunlich ist, einstweilen in Kalkwasser aufbewahren.

Auch während die Gegenstände in der Lösung hängen, pflegt eine öftere Bearbeitung der Oberfläche erforderlich zu werden. Dieselbe hat theils den Zweck, mechanisch abgelagerte fremde Stoffe zu entfernen, hauptsächlich aber auch, ein Festdrücken der krystallinisch ausgeschiede- nen Metallblättchen zu bewirken und dadurch einen gleichmässigern, glattem und zugleich dichtem Ueberzug hervorzubringen. Man be- nutzt hierzu die schon erwähnten Kratzbürsten aus Stahl- oder Messing- draht, oder bei sehr zarten Gegenständen gewöhnliche Zahnbürsten. Hat der Ueberzug die gewünschte Stärke erreicht was nach Umständen in wenigen Minuten oder nach Verlauf vieler Stunden der Fall sein kann , so spült man den Gegenstand in Wasser ab, bürstet sorgfaltig die Oberfläche, trocknet in Sägespänen und entfernt schliesslich den letzen Rest der Feuchtigkeit durch Erwärmen im vorher geheizten Trockenschranke.

Beispiele.

Verkupfern, Vermessingen, Bronziren.

Das einfachste schon erwähnte Verfahren zum Verkupfern von Eisen ist das Elintauchen desselben ohne galvanischen Strom in die Lösung eines Kupfersalzes, wobei sich dasselbe sofort roth überzieht. Gewöhn- lich benutzt man eine Lösung von Kupfervitriol. Der Ueberzug wird haftbarer, wenn die Lösung nicht neutral, sondern schwach sauer ist. Man kann in 11 Wasser 2 g Kupfervitriol lösen und einige Tropfen Schwefelsäure hinzufügen. Das Arbeitsstück wird in die Kupferlösung einige Minuten eingehängt, gekratzt, abgespült, dann, wenn der Ueber- zug stärker werden soll, ein zweites und drittes Mal eingehängt, schliess- lich mit reinem Wasser, dann mit Kalkwasser abgespült, um alle noch vorhandene Säure zu neutralisiren, und getrocknet.

Diese Methode ist nur im Stande, schwache, wenig dauerhafte Ueber- züge zu liefern. Bisweilen benutzt man eine solche Verkupferang als VorbereitungsprocesB für das Ueberziehen des Eisens mit anderen Me- tallen, welche sich leichter auf dem Kupferüberzuge als auf der Eisen- fläche absetzen*

774 Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

Weit dauerhaftere Knpferniederschläge sowohl auf Eisen als Zink und anderen Metallen erhält mau aus alkalischen Lösungen mit Hülfe des galvanischen Stromes. Am besten hierfür eignet sich Cyanknpfer in Cyankalium oder unterschwefligsanrem Natrium gelöst. Eine der- artige Lösung erhält man z. B., wenn man 1 Thl. Kupferacetat mit 1 Thl. Soda behandelt, welche in Wasser gelöst ist, dann die so erhaltene Masse, nachdem das Aufbrausen aufgehört hat und sie gut durchgerührt ist, in eine Lösung von 3 Thln. Cyankalium in so viel Wasser einträgt, dass die Menge der ganzen Flüssigkeit incl. des zum Lösen der Soda benutzten 60 Gewichtstheile Wasser enthält

Will man statt des Kupfern iederschlags einen Messingüberzug her- stellen , so ist nur ein Zusatz von etwas Cyanzink zu der beschriebenen Lösung erforderlich; z. B. auf 1 1 Wasper 16g Kupferacetat, 2,5g Zink- vitriol, 18 g l^atriumcarbonat; der Niederschlag durch Zusatz von circa ^^ g Cyankalium gelöst. Wie schon erwähnt, kann man mit einer sol- chen Lösung gelbe und röthliche Niederschläge erhalten, je nachdem man einen stärkern oder schwächern Strom anwendet.

Bronzelösung wird durch Zusatz einer geringen Menge Zinnlösnng zu der Kupferlösung erhalten. Die grossen Brüstungsgitter auf den Zu- Schauertribünen der Berliner Börse, in Ilsenburg aus Gusseisen gefertigt, wurden in einer Lösung von folgender Zusammensetzung galvanisch bronzirt: 40 Thle. Kupferacetat und 40 Thle, Soda mit Wasser bis zur Zersetzung behandelt; hierzu kamen 40 Thle. unterschwefligsaures Na- trium , 60 Thle. Cyannatrium ^) und im Ganzen 2500 Thle. Wasser ; schliesslich ein Zusatz von Y4 Thl. Zinnsalz (Zinnohlorür) mit 2 Thln. Aetzkali in Wasser gelöst. Jedes der Gitter wog 500 kg, und es war zur Erzeugung des galvanischen Stromes eine Batterie von sechs bis zehn Bunsen' sehen Elementen erforderlich. Die Zeitdauer der Einwir- kung war circa drei Stunden, während welcher Zeit das Gitter mehrmals herausgenommen und mit Messingdrahtbürsten bearbeitet wurde.

Verzinnen.

Dasselbe findet bisweilen Anwendung, um eisernen oder messingenen Gegenständen einen silberartigen Ueberzug zu geben, bildet aber nicht in dem Maasse, als die Verzinnung auf directem Wege einen Schatz gegen äussere Einflüsse. Man hat verschiedene Methoden zum Verzin- nen auf nassem Wege. Stecknadeln aus Messingdraht und andere kleine Messinggegenstände werden in einer auf Siedhitze erwärmten Lösung

^) Cyannatrium 80II schönere Ueberzüge als Cyankalium hervorrufen; die Bichtigkeit dieser Angabe möge dahin gestellt bleiben. Man hat thatsächlich auch mit Cyankalium schöne Bronzirungen dargestellt, doch ist bei dem grossem Atomgewichte des Kalinms auch ein grösserer Zusatz desselben er- forderlich.

Galvanische Ueberzüge. 775

ohne galyaniBchen Strom verzinnt, welche in 80 Thhi. Wasser 1 Thl. Weinstein and 3 Thle. feingekörntes Zinn (durch Verreiben geschmolze- nen Zinns in einer Schale mit einer Mörserkeule bis zor Erstarrung dargestellt) enthalt. Die Zeitdauer der Einwirkung ist iVs bis 2 Stun- den (WeisBsieden).

Für Benutzung des galvanischen Stromes bereitet man sich eine Lösung durch Auflösen von Zinnsalz in überschüssiger Kalilauge, z. B. 1 Thl. Zinnsalz (Zinnchlorür), 5 Thle. Aetzkali, 44 Thle. Wasser.

Man hat vorgeschlagen, den auf nassem Wege erhaltenen Zinnüber- zug auf Eisen durch Erwärmen des Gegenstandes auf die Schmelztempe- ratur des Zinns zum Schmelzen zu bringen und dadurch ebenso wider- standsfähig zu machen, als ein auf directem Wege erhaltener Ueberzug. Versuche, welche Verfasser in dieser Richtung anstellte, Gusseisen vor Rost zu schützen, haben den gewünschten Erfolg nicht gehabt.

Vernickeln.

Theils die eigenthümliche Farbe des Nickels, theils die Widerstands- föhigkeit desselben gegen chemische Einflüsse hat in neuerer Zeit viel- fach Veranlassung gegeben, ornamentale und andere Gegenstände aus Eisen und Messing auf galvanischem Wege zu vernickeln. Man behaup- tet, das Eisen durch einen Nickelüberzug gegen das Rosten zu schützen; nach den Erfahrungen des Verfassers muss wenigstens bei Gusseisen, welches den Witterungseinflüssen ausgesetzt ist, dieser Erfolg bezweifelt werden; oder der Ueberzug müsste in einer Stärke hergestellt werden, dass bei dem hohen Preise des Nickels (vergL S. 32) das Verfahren kaum als praktisch brauchbar erscheinen könnte. Vor einer Versilberung be- sitzt dagegen die Vernickelung den Vorzug, dass sie nicht so leicht als jene in sohwefelwasserstofifhaltiger Luft geschwärzt wird.

Die Ausführung der Vernickelung ist nicht schwierig. Man löst ein käufliches Nickelammoniumsalz gewöhnlich schwefelsaures Nickel- ammonium — in 18 bis 20 Theilen Wasser und erwärmt bei der Be- nutzung auf 50 bis 60 Grad. Ein Zusatz von weinsaurem, citronen- saurem, essigsaurem Ammonium oder auch Chlorammonium soll die Vernickelung befördern; z. B. 1 1 Wasser, 50 g schwefelsaures Nickel- ammonium, 26 g schwefelsaures Ammonium, 5 g Citronensäure. Man kocht Stunde, setzt dann kohlensaures Ammonium bis zur neutralen Reaction hinzu und flltrirt. Das Nickelbad darf eher schwach alkalisch als sauer reagiren; stark alkalische Reaction ist ebenfalls nachtheilig.

Versilbern.

Man benutzt eine Lösung von Gyamnlber in Cyankalium. In 1 1 Wasser löst man circa 15 g krystallisirtes salpetersaures Silber und so viel Cyan- kalium, bis der anfänglich entstehende Niederschlag wieder gelöst ist. Ans

776 Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

verdünnten Lösangen erhält man glänzende, ans ooncentrirten matte Ueberzüge.

Eisenwaaren pflegt man vor der Versilberung zu verkopfern.

Zu einer oberflächlichen Versilberung von Messinggegenständen (physikalischen Instrumenten, Zifferblättern u. a.) kann man eine Losung You Chlorsilber mit 4 Thln. Kochsalz und 4 Thln. Weinstein in Wasser benutzen, in welcher die betreffenden Gegenstände gekocht werden.

Soll der Silberüberzug eine antike Färbung erhalten (sogenanntes oxydirtes Silber), so taucht man den Gegenstand nach der Versilberung in eine verdünnte, mit etwas Ammoniak versetzte Lösung von Schwefel- leber oder auch von Schwefelammonium, wodurch ein Ueberzug von Schwefelsilber entsteht.

Vergolden.

Eine zur galvanischen Vergoldung geeignete Lösung kann folgen- dermaassen hergestellt werden: 12 Thle. Goldchlorid in 1000 Thln. Wasser gelöst, dann allmälig 9 Thle. Aetzkali zugesetzt, bis der anfäng- lich entstehende Niederschlag sich wieder zu lösen beginnt, schliesslich Gyankalium bis zur klaren Lösung hinzugefügt. Man erhitzt zweck- mässig diese Vergoldungsflüssigkeit bei der jedesmaligen Anwendung bis zum beginnenden Sieden und erhält damit ausserordentlich schöne Niederschläge auf Kupfer, Tomback, Bronze, Eisen, Zink etc.

Auch aus einer neutralen Goldchloridlösung schlägt sich ohne An- wendung des galvanischen Stroms Gold auf Eisen u. s. w. nieder , haftet aber schlecht und wird bald abgerieben. Man benutzt dieses Verhalten des Goldchlorids zur oberflächlichen Vergoldung von Stricknadeln, Stahl- federn, Scheeren und dergleichen; und zwar löst man zu diesem Zwecke das Goldsalz gewöhnlich in Schwefeläther und bestreicht mit dieser Lösung den zu vergoldenden Gegenstand.

c. Ueberziehen durch Amalgamation.

Wie schon erwähnt wurde, wird das Amalgamations verfahren nur für Vergoldung und Versilberung angewendet, und man nennt dasselbe im gewöhnlichen Leben „Feuervergoldung" beziehentlich „Feuerversil- berung".

Zur Vergoldung benutzt man möglichst reines Gold, wenn man eine rein gelbe Vergoldung erzielen will. Mit Silber legirtes Gold giebt eine grüne, mit Kupfer legirtes eine röthliche Vergoldung und amalgamirt sich schwerer mit dem Quecksilber.

Um das Amalgam zu erzeugen, wird das Gold in feine Stäbchen zerschnitten, in einem Tiegel bis zum schwachen Rothglühen erhitzt, dann das achtfache Gewicht reinen Quecksilbers darüber gegeben, noch einige Minuten unter Umrühren erwärmt und dann in eine Sehale mit

Feuervergoldung. 777

Wasser aUBgegoBsen, um eine schnelle Abkühlung zu bewirken und Krystallisation zu verhindern, durch welche Kömer entstehen würden.

Das erkaltete Amalgam wird nun gedrückt und geknetet, um das im Uebermaasse vorhandene Quecksilber zu entfernen, bis es eine teig- artige ConsUtenz annimmt und an den Wänden der Schale kleben bleibt.

Der zu vergoldende Gegenstand wird zuerst erhitzt , dann gebeizt und abgetrocknet. Auf einer durch das Beizen matt gewordenen Ober- fläche haftet das Gold besser als auf einer glatten. Das Amalgam wird mit einer Messingbürste aufgetragen, welche zuvor iu eine verdünnte Auf- lösung von salpetersaurem Quecksilber, Quickwasser genannt, getaucht wird. Der Gegenstand wird dann abgespült, getrocknet und endlich auf eine Temperatur erhitzt, bei welcher das Quecksilber sich verflüchtigt. Man nennt diese zum Zwecke der Quecksilberverflüchtignng vorgenom- mene Erhitzung „Abrauohen*' und bedient sich dazu eines Ofens von Eisenblech mit Holzkohlen gefüllt, über welche das Arbeitsstück auf einen Rost gelegt wird.

Soll die Vergoldung stärker ausfallen, so wiederholt man das Ver- fahren zwei bis drei Male und nennt die Arbeiten demnach zweifach, dreifach in Feuer vergoldet. Der vergoldete Gegenstand wird, wenn er Glanz erhalten soll, mit einem Blutsteine polirt, wenn er matt bleiben soll, so wird er dem „Mattiren^ untei*worfen und zu diesem Zwecke mit einem Gemenge von Salpeter, Kochsalz und Alaun mit etwas Wasser, welches in Breiform auf die vergoldeten Gegenstände aufgetragen wird, erhitzt.

Bei der Fenerversilberung verfahrt man in ganz analoger Weise als bei der Vergoldung.

B. Das XJebersiehen mit zusammengeBetzten Körpern.

a. Durch Oxydation.

Da das Oxyd eines Metalls häufiger widerstandsfähiger gegen che- mische Einflüsse ist als das Metall selbst, so ist der Fall nicht selten, dass man die Oberfläche eines MetaUgegenstandes auf künstlichem Wege oxydirt und dadurch einen Schutz gegen Zerstörung hervorrufb. Eisen, den Witterungseinflüssen mit blanker Oberfläche ausgesetzt, überzieht sich bekanntlich sehr bald mit einer Rostsohicht, aus Eisenhydroxyd (Eisenoxydhydrat) bestehend, welche nicht allein dem Gegenstande ein unschöneB Aeussere giebt, sondern auch durch Fortpflanzung nach innen eine allmälig fortschreitende Zerstörung desselben bewirkt. Dagegen ist die als Eisenoxyduloxyd bekannte Sauerstoffverbindung des Eisens vollständig widerstandsfähig gegen die Einflüsse der Atmosphärilien und besitzt dabei eine nicht unangenehme blauschwarze , mattglänzende Farbe; gelingt es also, das Eisen mit einem fest haltenden Ueberznge

778 Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

dieser Yerbindong za versehen, so ist es dadurch hinlänglich gegen das Rosten geschützt.

Nicht immer sind es reine Oxyde, welche zn diesem Zwecke ab- sichtlich gebildet werden; bisweilen bestehen die Ueberzüge ans kofalen- sanren, essigsauren oder anderen Verbindungen , sobald diese die Be- dingungen: Widerstandsfähigkeit und Festhaften an der Oberfläche erfällen.

In manchen Fällen sucht man durch Oxydation weniger einen Schatz als eine Yerschonerung desAeussem hervorzubringen; insbesondere dann« wenn Kunstgegenstände nach antiken Mustern vorliegen, und die durch die Zeit hervorgerufene Färbung der letzteren nachgeahmt werden soll; hierher gehört das schon erwähnte sogenannte oxydirte Silber (S. 776), die Patina auf Bronzewaaren u. a. m. Natürlich können zar Herstellung solcher lediglich als Verschönerung dienenden Ueberzüge ebensowohl Gegenstände benutzt werden, welche aus dem betreffenden Metalle selbst g^ertigt waren (Silber- und Bronzewaaren), als auch solche, die, aus anderen Metallen bestehend, nur einen Ueberzug des betreffenden werth- volleren Metalls auf galvanischem oder anderm Wege erhalten hatten.

Beispiele.

Oxydation des Eisens (Brüniren).

Es giebt eine grosse Anzahl Vorschriften, das Eisen durch oxydische, auf nassem Wege gebildete Ueberzüge vor Roeft zu schützen , ohne dass jedoch irgend eine derselben eine allgemeine Anwendung gefanden hätte. Fast stets ist es erforderlich, über den gebildeten Ueberzug einen zwei- ten Ueberzug von Wachs zu geben, und erst dieser bildet den eigent- lichen Schatz, während jene chemischen Mittel vorwiegend eine dunkele Färbang hervorrufen sollen. HäuBg benutzt man Metalllösangen, welche zugleich durch Substitution ein dunkel färbendes Metall auf der Eisen- fläche niederschlagen: salpetersaures Silber, Ghlorantimon u. A. Näheres hierüber in Karmarsch-H artig: Mech. Technologie, 5. Aufl., S. 475.

Einen wirksamem Schutz bildet das schon oben erw&hnte Oxyduloxyd, durch Erhitzung des Eisens hervorgerufen; die Seltenheit der Anwen- dung dieses Verfahrens liegt in dem Umstände, dass es schwierig ist, einen durchaus gleichmässigen und vor allen Dingen haltbaren derartigen Ueberzug hervorzubringen. Man hat zwei Methoden hierfür. Die eine wird ausschliesslich bei Herstellung von Eisenblechen sogenannten Glanzblechen angewendet. Man bürstet hierbei die für die Anferti- gung bestimmten, noch stärkeren Bleche mit Wasser (um Rost zu bilden)« bestreut sie mit Holzkohlenstaub, erhitzt sie zur Rothgluth, wobei meh- rere Tafeln auf einander liegen, und walzt sie aus. Dann wird dasselbe Verfahren wiederholt. Schliesslich legt man 70 bis 100 solche Tafeln auf einander, verbindet sie durch umgelegte Ausschussbleche zu einem Ganzen, erhitzt sie mehrere Stunden lang, und bearbeitet sie gemeinsam

Oxydation. 779

unter einem Hammer mit glatter Bahn oder unter polirten Walzen; dieses Glühen und Hämmern wird mehrmals wiederholt^).

Ein anderes von Bar ff in London vorgeschlagenes Verfahren beruht auf der Zersetzung des Wassers durch glühendes Eisen. Das Eisen wird mehrere Stunden lang bei einer Temperatur von 650 Grad der Einwir- kung von Wasserdämpfen ausgesetzt und erhält dadurch eine Oxydations- schicht, welche selbst den Angriffen der Feile widersteht.

Oxydation des Kupfers und der Bronze.

Dieses gewöhnlich unter dem Namen Bronziren des Kupfers be- kannte Verfahren hat den Zweck , ihm jene braune , antike Färbung zu geben, welcher wir häufig an Medaillen, Theemaschinen und anderen für Schmuck oder häusliche Verwendung dienenden Kupfergeräthen be- gegnen. Es giebt zahlreiche Methoden hierfür.

Wenn man die vorher blank geschliffene oder gebeizte Oberfläche eines kupfernen Gegenstandes mit einem Brei aus Kolkothar (Eisenoxyd) und Wasser überzieht, trocknen lässt und zum Glühen erhitzt, so bildet sich eine dünne, festhaftende Lage von Kupferoxydul mit rothbrauner Farbe. Man lässt erkalten, entfernt den aufgetragenen Ueberschuss und wischt den Gegenstand rein ab.

Kupferne Medaillen können in folgender Weise bronzirt, d. h. mit jenem braunen, aus Kupferoxydul bestehenden Ueberzuge versehen wer- den. Man bringt 35 g reinen krystaUisirten Grünspan und 17,5 g Sal- miak gleichzeitig in 7,2 1 kochendes Wasser. Die Flüssigkeit wird durch Kochen auf 1,41 eingedampft und vermittelst eines hölzernen Spatels fleissig abgeschäumt. Nun werden 490 g Weinessig, welcher völlig frei von Schwefelsäure oder Salzsäure sein muss, zugesetzt, abermals fünf Minuten gekocht und dann der gebildete Niederschlag abfiltrirt. Nach- dem derselbe mit heissem Wasser ausgewaschen worden ist, wird das Filtrat auf das Volumen von 5,7 1 gebracht und in dieser Verdünnung zum Bronziren benutzt. Die sorgHÜtig gereinigten und inzwischen in Weingeist gelegten Medaillen gelangen, ohne getrocknet zu werden, zur Bronzirung. Zu diesem Zwecke bringt man die in der angegebenen Weise bereitete ganz klare Lösung in einer kupfernen P£anne zum Kochen, entfernt den sich etwa bildenden Schaum und taucht 10 bis 15 Stück Medaillen mit Hülfe eines kupfernen Drahtsiebes unter fort- währendem Schwenken so lange ein, bis sie die gewünschte Färbung erhalten haben. Hierauf werden sie erst in warmem, dann in kaltem Wasser abgespült, mit weicher Leinwand undBehleder abgetrocknet und auf eine massig erhitzte Eisenplatte gelegt, wobei der Farbenton etwas

^) Wedding, Darstellung des schmiedbaren Eisens, S. 855; Fercy, Ma- nufactore of Rassian sheet Iren, London 1871; Tnnner, Russlauds Montan- industrie, Leipzig 1871, 8. 142.

760 VerBchönerungs- und Erhaltongsarbeiten.

nachdankelt. Nach zwei- bis dreimaliger Benatzung iit die Flüssigkeit erschöpft ^).

Gegossene Bronzegegenstände kann man braun färben, indem man sie mit einer Lösung von 4 Thln. Salmiak und 1 ThL Kleesalz in 210 Theilen Essig mit einer weichen Bürste so lange reibt, bis das Metall ganz trocken geworden ist.

Auch ein Ueberzug von Schwefelkupfer wird benutzt, den Kupfer- waaren ein antikes Aussehen zu geben. Derselbe lässt sich leicht herror- bringen, wenn man die Gegenstande in einem geschlossenen Schwefel- wasserstoff haltigen Baume auüstellt, oder durch Eintauchen in Schwefel- leberlösung.

Patina.

Dieses schöne hellgrüne Product der Einflüsse von Jahrhunderten aufBronzewaaren wird vielfach künstlich nachgeahmt, obschon es äusserst schwierig ist, einen das Auge des Kenners täuschenden Patinaüberzng auf chemischem Wege zu erzeugen. Man wendet zur Herstellung Säu- ren an, welche grüne Kupfersalze bilden; z. B. eine stark verdünnte Lösung von salpetersaurem Kupfer, mit sehr wenig Kochsalz versetzt, wird durch Betupfen mit einem Pinsel auf den Gegenstand aufgetragen ; dieser alsdann abgebürstet und mit einer Lösung von 2 Thln. Kleesalz, 9 Thln. Salmiak, 190 Thln. Essig ebenfalls betupft und abgebürstet. Dieses Verfahren wird etwa acht Tage hinter einander mehrmals wiederholte

Irisiren.

Man versteht unter diesem Ausdrucke die Bildung eines dünnen Ueberzuges, aus oxydirtem Blei, Eisen oder Kupfer bestehend, von regen- bogenartiger Färbung auf irgend einer Metallfläche, und nennt diese Metallfi&rbung auch Galvanoohromie oder Metallochromie. Gewöhnlich benutzt man für dieselbe vergoldete Waaren aus Eisen, Messing oder anderen Metallen. Man hängt den vergoldeten Gegenstand in eine po- röse Thonzelle, welche eine verdünnte alkalische Bleilösung enthält, und setzt diese Thonzelle in ein Glas mit ganz verdünnter Salpetersäure. In letztere taucht man ein Platinblech, welches mit dem negativen Pole einer schwachen Batterie in Verbindung steht. Der positive Pol endigt in einem Platindrahte, welchen man dem in die bleihaltige Lösung ein- gehängten Gegenstande nähert, ohne ihn zu berühren. Es lagert sich eine dünne Schicht von Bleisuperozyd ab, welche die RegenbogenBftrben erzeugt. Statt der Bleilösung kann man eine Lösung von Elisenoxydnl- ammoniak benutzen, aus welcher oxydirtes Eisen abgelagert wird.

>) Ding] er. PolytechmacheB Journal, Bd. 224, S. 313 (Priwoznik).

Anstreichen, Firnissen. 781

b. Durch Anstreichen, FirniBsen, Lackiren, Bekleben,

Asphaltiren.

Hierher gehören eine grössere Anzahl von Arbeiten, welche sämmt- lieh den Zweck haben, einen Schutz für den Metallgegenstand gegen die Einwirkung der Luft und Feuchtigkeit hervorzurufen, daneben aber selbstverständlich in solcher Weise ausgeführt werden sollten, dass der vollendete Gegenstand ein dem Auge möglichst wohlgefälliges Aeussere erhalt. Bei der Mannigfaltigkeit der hierher gehörigen Mittel, ihrer Farben, ihres Glanzes u. s. w. ist in letzterer Hinsicht dem Geschmacke des Verfertigers ein weiter Spielraum gegeben ; leider jedoch findet man noch häufig, dass dieser Geschmack nicht durch die allgemeinen Regeln des Aesthetischen geleitet, sondern allein von einer regellosen Willkür abhängig gemacht ist.

Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche versteht man unter der Bezeichnung „Anstrich" einen undurchsichtigen Ueberzug aus Farbe, welcher mit dem Pinsel aufgetragen wird und trocknet; Firnisse und Lacke dagegen sind mehr oder minder durchsichtige Ueberzüge, welche, sofern nicht darunter ein farbiger Anstrich gegeben ist, die Farbe des Metalls durchscheinen lassen. Man wird also Anstriche vorzugsweise in denjenigen Fällen wählen, wo die Farbe des Metalls unscheinbar ist oder überhaupt schon durch die vorausgegangene Bearbeitung verdeckt i mit Oxyden, Fett und dergleichen überzogen ist, so beim Eisen, Zink, Blei.

Ein Bekleben findet statt, um eine dünne Schicht eines andern Me- talls (echte und unechte Gold- und Silberblättchen , Bronzepulver) mit Hülfe eines Bindemittels (Fimiss) auf dem Arbeitsstücke zu befestigen und diesem dadurch das Ansehen von Gold, Silber, Bronze zu geben. Es ist dieses Verfahren also eine Vergoldung, Versilberung etc. mit Hülfe von klebenden Sto£fen.

Asphaltiren nennt man die Herstellung eines Ueberzugs von Stein- kohlentheer, bisweilen mit einigen anderen Substanzen vermischt, welcher ein ausserordentlich wirksames Schutzmittel gegen die Nässe bildet.

Um durch Anstreichen einen gegen die Einflüsse der Witterung schützenden Ueberzug hervorzubringen, ist ein mehrmaliges Auftragen der Farbe erforderlich, wobei der folgende Anstrich erst gegeben werden darf, wenn der darunter liegende völlig trocken geworden ist. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass die zu unterst kommenden Anstriche die- selbe Farbe besitzen, als die oberen; man wählt vielmehr für die unteren Lagen den Grund gern solche Materialien, welche vorwiegend gegen Feuchtigkeit schützen und mit dieser Eigensohaft den Vortheil der BiUigkeit verbinden; und erst mit dem letzten Anstriche giebt man die beabsichtigte Färbung. Zum Grundiren, d. h. zur Herstellung des Grundes, benutzt man Mennige, Blei- oder Zinkweiss, Eisenmennige

782 Verschönernngs- und Erhaltungsarbeiten.

(fein präparirten Rotheiflengtein) , welche Farben mit Leindlfimias ange- rieben werden^).

Die Farben, welche für die obere Lage des Anstrichs gebraucht werden, lassen sich ihrem Verhalten nach in zwei Gruppen theilen, welche man Deckfarben und Lasurfarben nennt. Die Deckfarben haben die Eigenschaft, die Farbe der darunter befindlichen Schicht durch ein- bis zweimaligen Anstrich völlig zu verdecken; hierher gehören z. B. Blei- und Zinkweiss, Diamantgrau (aus Graphit, Zinkweiss und Leinöl- fimiss bestehend). Kobaltblau, Oker, Terra Sienna, Umbra, Kasseler Braun, Chromgelb, Kadmiumgelb, Smaragdgrün, grüner Ultramarin, Blei- und Eisenmennige, Zinnober und sämmtliche schwarze Farben. Sie werden mit Leinölfimiss oder einem Gemische desselben mit Terpentinöl angerieben. Lasurfarben nennt man solche, welche auch in dickeren Lagen die Farbe der darunter liegenden Schicht durchscheinen lassen; hierher gehören Ultramarin, Berliner Blau, Indigo, brauner Krapplack, Lidisch Gelb , Saftgrün , Karmin und rother Krapplack ; sie werden mit Terpentinöl angerieben. Bei Anwendung von Lasurfarben muss dem- nach schon von vornherein bei der Farbe des Grundes auf die durch den letzten Anstrich hervorzubringende Wirkung Bedacht genommen werden.

Hinsichtlich der Auswahl der Farben und Ausführung des Anstrichs möge vor Allem auf die Nothwendigkeit hingewiesen werden , dass der- selbe mit dem Charakter des betreffenden (Gegenstandes und seiner Con- stmction harmonire. Wollte man z. B. eine schlanke gusseiseme S&ule stein- oder holzfarbig anstreichen, so würde ein jeder Beschauer das Gefühl haben, dass eine Säule aus solchem Materiale in den Abmessun- gen des Gusseisens gefertigt ihren Zweck unmöglich erfüllen könnte; wohl aber könnte eine bronzene S&ule dafür geeignet und ein Bemalen der Säule mit Bronzefarbe deshalb unter Umständen ganz am Platze sein. Für solche Fälle, wo eine künstlerische Bemalung ausgeschlossen ist und es sich nur darum handelt, ein dem Auge wohlthuendes Aeussere durch einen Farbenüberzug herzustellen, sind deshalb solche „gebrochene*^ Farben die geeignetsten, welche dem Gegenstande den Charakter als Metallwaaren bewahren; g^au (Diamantfarbe), braun oder schwarz. Grelle Farben, besonders in grrösseren Flächen, wirken niemals schön; ab- schreckende Beispiele hierfür liefern manche landwirthschafüiche Ma- schinen, bei welchen man mitunter grasgrüne Flächen obenein mit rothen Linien bemalt findet. Eine sehr lesenswerthe Abhandlung von Professor Dürre über das Bemalen der Gusswaaren findet sich in der Deutschen Industriezeitung, Jahrgang 1877, S. 5: „Die Herstellung ^sserer Ueber- züge auf Gusseisen zum Schutze gegen Oxydation und Verzierung.*

^) LeinolfirnisB wird durch anhaltendes Kochen von Leinöl mit oxydiren- den SnlHitanzen (gewöhnlich Bleiglatte) dargestellt.

Firnissen, Lackiren, Vergolden, Asphaltiren. 783

Ein FimisBüberzug wird entweder über einen Anstrich gegeben, wenn die Farbe selbst noch vor chemischen Einwirkungen geschützt werden soll (Leinölfimiss) , oder wenn eine blanke Metallfläche einen durchsichtigen Ueberzng als Schutzmittel erhalten soll (Lösungen yon Schellack, Mastix, Copalkusk in Weingeist).

Von dem Firnissen unterscheidet sich das I^ackiren dadurch, dass bei letzterem zugleich ein gewisser Glanz hervorgerufen werden soll und zwar vorwiegend auf schon bemalten Gegenständen ' (Blechwaaren etc.). Die Farbe für den Anstrich wird hierbei in Copal- oder Bernsteinfimiss (durch Kochen von Copal- oder Bernsteinlack mit Leinölflmiss und Ver- mischen mit Terpentinöl hergestellt) gerieben und der Anstrich nach dem Trocknen mit reinem Copallack überzogen, dann mit feinem Bern- Steinpulver geschliffen und schliesslich polirt.

Zur Vergoldung und Versilberung der Metallwaaren mittelst auf* geklebten Blattgoldes und Blattsilbers erhalten dieselben zunächst einen nochmaligen Ueberzug von Fimiss oder von mit Fimiss geriebener Farbe. Für dauerhafte Ueberzüge von Gegenständen, welche im Freien auf- gesteUt werden (Thurmknöpfe, Gitter etc.), wird gewöhnlich ein dreimali- ger Anstrich gegeben. Auf den letzten Anstrich legt man, bevor er ganz trocken geworden ist, die Metallblättchen auf und drückt sie mit Baumwolle an.

Das sogenannte Asphaltiren findet seine hauptsächlichste Anwendung zur Herstellung eines Ueberzuges für gusseiseme Gas- und Wasserlei- tungsröhren. Den dazu benutzten Steinkohlentheer, wie er von den Gasanstalten geliefert wird, dickt man durch Einkochen ein, bis er in der Kälte eine zähe, klebrige Masse bildet, in der Siedhitze aber flüssig bleibt. Ein geringer Zusatz gebrannten Kalkes beim Einkochen be- schleunigt dasselbe und giebt dem Theere einen eigenthümlichen Glanz; ein zu starker Zusatz hat aber die Folge, dass der Theer schwerer er- starrt und beim Erwärmen wieder klebrig wird. Der zu überziehende Gegenstand wird stark erhitzt (auf circa 300 Ghrad), in den Theer ein- getaucht, dann der anhaftende Theer mit einer Bürste verrieben und der Gegenstand zum Abkühlen und Trocknen aufgestellt. Oder man erhitzt den Theer zum Sieden und taucht den kalten Gegenstand ein. Als Schutz gegen Nässe dürfte das erstere Verfahren vorzuziehen sein, da wohl anzunehmen ist, dass bei dem erhitzten Gegenstande der Theer besser in die Poren eindringe, als bei dem kalten«

c. Durch Emailliren.

Emaille oder Schmelzglas nennt man ein Silicat, welches, bei einer niedrigeren Temperatur schmelzbar als das Metall, auf der Ober- fläche desselben durch Aufschmelzen haftbar gemacht wird, so dass es nach dem Erkalten einen glasartigen Ueberzug für die Metallfläche bil- det. Die Emaille wird demnach ebensowohl als Schutz f&r gewisse

784 Verschönerangs- and Erhaltungsarbeiten.

Metallgegenst&nde gegen Einwirkangen benatzt, welche das Metall an- greifen würden, der Glasmasse aber' nichts anhaben können hierher gehören insbesondere Kocbgeschirre ans Eisen , als auch zur Yer* Bchönernng von Schmucksachen nnd dergleichen.

Die Haupterfordemisse einer guten Emaille sind demnach folgende:

Sie muss fest an der Oberfläche haften nnd anch Temperaturver- ändernngen ertragen, ohne abzuspringen. Hierzu ist erforderlich, dass ihre Ausdehnung dnrch die Wärme derjenigen des Metalls möglichst gleich sei« Auch geringe Stösse und Erschfltternngen muss sie, ohne sich loszulösen, vertragen können und darf deshalb nicht zu spröde sein.

Sie muss widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse sein und darf vor Allem, wenn sie für culinarische Zwecke bestimmt ist, keine gesund- heitsgeföhrlichen Bestandtheile enthalten. Diese letzte Bedingung ist, wenn die ersten Bedingongen erfüllt werden, eine schwierige Klippe für das Ge- lingen des Emaillirens; nnd es folgt hieraus, dass die EmaiUirung im Allgemeinen weniger Schwierigkeiten bietet, wenn sie nur als ver- schönernde Arbeit fü^ Gegenstände dient, die weder grossen Temperatur- Schwankungen unterworfen sind, noch mit chemischen Agentien in Be- rührung gelangen, also für Schmucksachen, Zifferblätter o. s. w., als wenn sie Kochgeschirre und ähnliche Geräthe schützen soll, wobei alle jene Bedingungen erfüllt werden müssen.

Bei der Anwendung zu Schmucksachen ist neben dem festen Haften am Metalle eine schöne Farbe und Glanz die Hauptbedingung. Häufig stellt man Emaillen von mehreren Farben zu geschmackvollen Zeich- nungen zusammen.

Das Verfahren in diesen Fällen besteht im Wesentlichen darin, dass man die feingepnlverte Emaillemasse, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, auf die Metalloberfläche mittelst eines Pinsels in gehöriger Stärke aufträgt, trocknet nnd schliesslich mit dem Metalle so stark er- hitzt, bis es eine geschmolzene Decke bildet, worauf es langsam abge- kühlt wird.

Als Hauptbestandtheil aller Emaillen dient ein durchsichtiges, leicht flüssiges Glas, am leichtesten herstellbar durch Zusammenschmelzen von Quarzpulver mit kohlensauren Alkalien und Bleioxyd; wegen der Ge- BundheitsgefUhrlichkeit des Bleies aber in dieser Form nicht für alle Zwecke benutzbar und deshalb häufig statt desselben oder doch neben demselben andere kieselsaure Verbindungen (Thonerde, Kalkerde etc.) enthaltend. Soll die Emaille undurchsichtig werden, so fügt man Zinn- oxyd hinzu, welches dieselbe zugleich weiss färbt. Quarz und Zinnoxyd machen die Masse schwerflüssig und hart ; Bleioxyd erhöht die Leichtflüssig- keit, aber verringert die Härte; in solchen Fällen, wo Blei nicht anwendbar ist, lässt sich auch durch Zusatz von Borax der Schmelzpunkt erniedrigen, wodurch aber zugleich die Sprödigkeit gesteigert wird, um blaue Emaille zu erzeugen setzt man Kobaltoxyd zu; fär gelbe Emaille antimonsaures Kali ; für grüne Emaille Kupferoxyd oder Chromoxyd; für Roth Eisenoxyd,

Emailliren. 785

Kupferoxydul oder Goldpnrpur; für Violett Braanstein ; für Schwarz Hammerschlag mit Brannstein.

Das ganze Gemisch wird im Tiegel wie unten ausführlicher be- schrieben werden wird geschmolzen, nach dem Erkalten gemahlen, mit Wasser angerührt, in Breiform auf die MetaMäche aufgetragen und durch Erhitzung geschmolzen.

Schmucksachen, welche emaillirt werden sollen, versieht man da, wo die Emaille aufhören oder mit einer anders gefärbten Emaille ab- wechseln soll, mit einem schwach aufstehenden Rändchen. Am besten eignet sich feines oder 20-karätiges Gold zum Emailliren. Auf kupfer- haltigem Golde, Silber und Bronze lassen sich nur undurchsichtige Emaillen in bestimmten Farben anwenden, weil manche Emaillen ihre Farben in Berührung mit den genannten Metallen verändern.

Für das Anhaften der Emaille ist eine reine Metalloberfl^che Haupt- bedingung. Man glüht deshalb die Goldwaaren vorher, beizt sie in Sal- petersäure ab, spült sie mit Wasser und trocknet sie. Die Emaille wird mit Wasser zu einem zarten Brei angerührt und dann mit einem Pinsel in die flachen Vertiefungen eingetragen, welche durch die erwähnten Ränder gebildet werden. Zunächst werden die Gegenstände nun mit der aufgetragenen Emaille zur Verflüchtigung des Wassergehaltes vor- sichtig bei niedriger Temperatur getrocknet und dann zur Rothglnth er- hitzt, um die Emaille zu schmelzen. Diese Erhitzung zum Schmelzen heisst Einbrennen. Da es von grosser Wichtigkeit ist, das Absetzen von Staub, Asche u. s. w. auf der schmelzenden Emaille zu verhüten , so bedient man sich eines Muflelofens als Einbrennofen.

Die Emaille hinterbleibt nun als ein glänzender, harter und glatter Ueberzug. Bei feinen Gegenständen feilt man die Oberfläche mit einer feinen, in Wasser getauchten Feile ab oder schleift sie mit feinem Sand- stein und Wasser und bringt sie nochmals ins Feuer, um durch Er- weichung der Oberfläche Glanz hervorzubringen.

Will man Malereien auf einer bestimmten, gewöhnlich weissen, Grundfarbe anbringen, so brennt man zuerst den Grund ein und benutzt für die Malerei eine leichter schmelzbare Emailfarbe, welche mit einem zarten Pinsel aufgetragen wird.

Verwandt mit der Emaille für Schmucksachen ist das sogenannte Niello auf Silberwaaren, in einer schwarzen Ausfüllung vertiefter Linien bestehend. Diese schwarze Masse wird aus einer Schmelze von Silber, Kupfer, Blei, Wismuth und Schwefel hergestellt, wie die Emaille gepul- vert, aufgetragen und eingebrannt^). Man giebt den in solcher Weise verzierten Gegenständen nach ihrem Hauptanfertigungsorte in Russland den Beinamen Tula (Tuladosen etc.).

*) Kftch einer Mittheilung in Bingler's Polytecb. Jonmal, Bd. 228,8.282, ist die Znsammensetzang folgende: 9 Thle. Silber, 1 Tbl. Kupfer, 1 Tbl. Blei, 1 Tbl. Winnntb geschmolzen and mit Schwefel gesättigt.

Lfldebar, nMWi!ianitrJi«tneUlltirgUcha Teohnologle. 5O

786 Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

Weit weniger einfach gestaltet sich das Verfahren der Emaillimng, wenn die Emaille Temperatarverändernngen und chemischen Einflüssen widerstehen mnss, also beim Emailliren schmiedeeiserner und gusseisemer Geschirre.

Die Erfahrung hat gelehrt, dass, wie schon erwähnt wurde, ein Bleigehalt emaillirter eiserner Geschirre von den in den Geschirren ge- kochten Speisen aufgenommen wird ; dadurch wird die Anwendung jenes reichlichen Zusatzes an Bleioxyd unmöglich; der Bleigehalt aber bewirkte zum grossen Theile die Leichtflüssigkeit der Emaille. Man muss also den Bleigehalt durch andere Körper zu ersetzen suchen, welche gleich- falls ein leichtschmelziges und dabei nicht sprödes Silicat liefern. Es kommt aber hinzu, dass das emaillirte Geschirr bei jeder Verwendung einer, und zwar oft sehr ungleichen, Temperaturveränderung und dadurch Ausdehnung ausgesetzt ist, welche ein sofortiges Abspringen der Emaille zur Folge haben würde, wenn dieselbe nicht befähigt ist, der Ausdeh- nung und Zusammenziehung des Eisens zu folgen.

Wollte man eine durch Zusatz von Zinnoxyd weisse Emaille von der Leichtflüssigkeit, wie sie zum Verglasen erforderlich ist, unmittelbar auf das Eisen auftragen , so würde einestheils unter der Einwirkung des im Eisen stets vorhandenen Kohlenstoffs ein Reductionsprocess auf das Zinnoxyd eingeleitet werden, die Emaille würde ihre weisse Farbe ver- lieren und durch Entweichen von Kohlenoxyd löcherige Textur bekom- men; sie würde aber auch nicht Zähigkeit genug besitzen, bei der oft starken Erhitzung des Metalls ihren Zusammenhang mit dem Eisen zu behalten, sie würde abspringen.

Hieraus entsteht die Nothwendigkeit für die Emaillirung eiserner Geschirre, zwei verschieden schmelzbare Emaillen über einander anzuwen- den und eine nach der andern aufzutragen. Zu unterst kommt der strengflüssige Grund oder die Grundmasse, welche auch beiRothgluth nur sintert, ohne dünnflüssig zu werden, und frei von Zinnoxyd ist; darüber kommt die eigentliche Emaille, die sogenannte Deckmasse, leichtschmelzig und für Kochgeschirre bleifrei.

Die richtige Zusammensetzung des Grunde^, die Stärke, in welcher er aufgetragen wird , und die Hitze , welcher er ausgesetzt wird , giebt in erster Reihe den Ausschlag für das Gelingen der Emaillimng auf Eisen. Die chemische Zusammensetzung desselben entspricht einem Thonerdesilicate mit 65 bis 75 Proc. Kieselsäure, daneben Borsäure, Alkalien, Kalkerde und gewöhnlich Magnesia enthaltend; auch wo es angeht, d. h. wo nicht gerade Kochgeschirre emaillirt werden, Bleioxyd. Die Borsäure und das Bleioxyd haben den schon erwähnten Zweck, die allzu grosse Strengflüssigkeit des Thonerdesilicats zu mindern, wobei das Bleioxyd zugleich in erheblichem .Maasse die Sprödigkeit mildert; Alka- lien erniedrigen gleichfalls den Schmelzpunkt; Magnesia soll das Anhaf- ten am Eisen erleichtern; der Zweck der Kalkerde ist wohl nur der, die Anzahl der Basen im Silicate überhaupt zu vermehren, wodurch in gän-

Emailliren. 787

stigerer Weise als durch einen übergrossen Gehalt von Borsäure oder Alkalien die Strengflüssigkeit vermindert wird. Als Rohmaterialien für Bereitung der Orundmasse pflegen demnach Qnarzpulver, Feldspath (Kieselsäure, Thonerde und Alkalien enthaltend), Borax, wo es angeht Bleioxyd, und in geringen Mengen Ealkspath oder Kreide und Magnesia zu dienen. Ist Feldspath nicht in entsprechender Beschaffenheit zu er- halten, so ersetzt man ihn durch möglichst reinen Thon und eisenfreie Soda. Als Entfärbungsmittel für zufallig gegenwärtige Metalloxyde und zur Zerstörung zufällig gegenwärtiger organischer Körper dient endlich ein Zusatz von Salpeter (bei Bereitung des Grundes weniger wichtig als für die Deckmasse und daher in der Grundmasse häufig fehlend). Diese Materia- lien werden in einer mit feuerfester Masse ausgestrichenen eisernen Pfanne, ungefähr 200 Mm. weit, 130 Mm. hoch, welche über einer Rostfeuerung oder auch in Eisenmuffeln erhitzt wird, geschmolzen, bis man mit einem spitzen Eisenstabe, ohne Widerstand zu fühlen, bis auf den Boden stechen kann. Man lässt erkalten, zerklopft die ei'starrte Masse in einem Poch- werke oder mit Hämmern zu Haselnussgrösse und zermahlt sie schliess- lich in einer Mühle, gewöhnlich aus zwei harten horizontal liegenden Sandsteinen gebildet, deren unterer in einem Holzbottich mit Cement gut vei'gossen ist, während der obere, der Läufer, vermittelst einer schmiedeeisernen senkrechten Welle auf dem ersteren gedreht wird ^).

Die Masse wird so lange gemahlen, bis man zwischen Daumen und Zeigefinger keine scharfen Bestandtheile mehr spürt, dann wird sie durch ein Haarsieb gesiebt und zum Gebrauche aufbewahrt (Beispiele für die Herstellung der Grundmasse folgen unten).

Die leichtschmelzigere Deckmasse oder „Glasur" besteht aus einem Silicate mit 25 bis 45 Proc. Kieselsäure, daneben Borsäure, Alkalien, Zinnoxyd (um sie undurchsichtig zu machen) beziehentlich auch Blei- oxyd, Kalkerde, Magnesia enthaltend. Die qualitative Zusammensetzung ist demnach im Wesentlichen nur durch den Gehalt an Zinnoxyd von derjenigen der Grundmasse unterschieden, quantitativ aber unterscheidet sie sich von dieser vornehmlich durch den geringem Kieselsäure- und Thonerdegehalt. Als Rohmaterialien dienen daher die auch für die Grundmasse benutzten Körper, daneben Zinnoxyd (Zinnasche), bisweilen Zinkoxyd als Ersatz des Bleioxyds, femer Knochenmehl (durch seinen Phosphorsäuregehalt den Schmelzjpunkt erniedrigend), Flussspath, Kryo- lith (Nae AI2FI1)), welche letztgenannten beiden Körper durch ihren

^) In Bücksicht auf die Strengflüssigkeit der Grundmasse schmikt man in der Pfanne gewöhnlich, wie aus den imten gegebenen Beispielen hervorgeht, nur einen Theil der Kieselsäure mit den alkalihaltigen Salzen oder Mineralien zosanmien, in solcher Weise zunächst ein leichtflüssigeres Silicat bildend, wel- ches dann erst beim Mahlen mit dem Beste der Kieselsäure, sämmtlichem Thone und gewöhnlich auch einem Theile der Magnesia (welche dem Silicate eine zähe, kleistrige Consistenz giebt) auf meohanischem Wege innig ge- mischt wird.

60*

788 VerechöneningB- und Erhaltungsarbeiten.

Flaorgehalt eben&lls stark erniedrigend auf den Schmelsspuakt ein- wirken.

Zum Schmelzen der für die Glaaar dienenden Materialien benutzt man nicht jene flachen Pfannen wie zur Grundmasee, sondern feuerfeste Fig. 586.

(heaaiaohe) Tiegel mit einer kleinen, 5 btfl 10 mm weiten Oefinnng im Boden. Die Tiegel werden, nachdem aie gefüllt sind, iu einen Ofen ein- gesetzt, welcher in den Figuren 566 und 567 abgebildet ist Derselbe pflegt zur Aninahme von circa sechs Tiegeln eingerichtet zu sein. Die Tiegel stehen anfeinem ans feuerfesten Ziegeln erbanten Gewölbe; derScbmelx-

EmaiUireii. 789

ranm ist oben durch eiiie gusseiseme, unten mit feuerfester Masse ver- kleidete Platte abgedeckt mit eingegossenen Oeffi^ungen, aus welchen die Köpfe der Tiegel hervorragen. Die Bodenoffnnng der Tiegel setzt sich durch das Gewölbe fort und mündet in einen unterhalb desselben be- findlichen Raum a, welcher nach aussen von einer Seite her zugänglich ist, mit einer gusseisernen Thür während des Schmelzens verschlossen gehalten wird, um den Zutritt frischer Lufb durch die Canäle unmöglich ' zu machen, und dessen Boden mit gusseisernen Platten abgedeckt ist. In diesem Räume sammelt sich die Emaille, wenn sie in den Tiegeln zum Schmelzen erhitzt worden ist und nun durch die Bodenöffnungen hindurch- tropft. Um den Fuss der Tiegel möglichst warm zu halten, stehen die- selben auf 160 mm hohen Ghamotteuntersätzen und die Feuerungsgase ziehen durch einen engen Canal unmittelbar über der Herdsohle ab. Die Tiegel sind etwa 400 mm hoch und an der obern Mündung 200 bis 250 mm weit.

Nach dem Schmelzen und Erkalten wird die Emaille zerklopft, wie die Grundmasse gemahlen und zum Gebrauche aufgehoben.

Beispiele für die Herstellung der Grund- und Deckmasse ^).

1. Für Emaillirung, bei welcher ein Bleigehalt zulässig ist, findet man die Bereitung der Grundmasse folgendermaassen angegeben:

30 Theile Quarzmehl, I6V2 Borax, 3 Bleiweiss

werden geschmolzen, gemahlen und dabei mit 9 Theilen Quarzmehl, 8V3 Theilen geschlämmtem Thon und Va Theil Magnesia innig gemischt« Als Deckmasse hierfür dienen:

377» Theile Quarzmehl,

24 Borax,

25 Zinnoxyd, 15 Bleiweiss, > 101/4 Soda,

10 Salpeter,

5 Magnesia.

Diese Bestandtheile werden geschmolzen und gemahlen.

^) Die mitgetheilten Beispiele sollen nicht etwa als allgemein anwendbare Becepte gelten, sondern lediglich einen Ueberblick über das Verfahren im All- gemeinen bei der Herstellung der Grund- und Deckmasse geben. Für alle Fälle gültige Vorschriften lassen sich schon ans dem Grunde nicht geben, weil die chemische Zusammensetzung der verwendeten Bohstoffe (Feldspath, Thon etc.) nicht überall die gleiche ist ; dann auch, weil Arbeitsstücke aus verschiedenem Hateriale eine verschiedene Beschaffenheit der Emaille verlangen; schmiede« eiserne eine andere als gusseiseme , selbst die verschiedenen Gusseisensorten bisweilen Abweichungen in der Bereitung der Emaille erheischen

790 Yerschönerungs- und Erhaltungsarbeiten.

2. In der Eönigin-MarienhÜtte schmilsst man zur Herstellang der Grundmasse fär bleifreie Emaille znnftchst 75 Theile feinen weissen Sand, 45 Theile Borax, 1 Theil Magnesia zosammen, palvert die ge- schmolzene Masse und mischt 30 Theile der Schmelze mit 20 Theilen Sand und 10 Theilen Thon. Dieses Gemisch wird längere Zeit mit Wasser gekocht, dann im feuchten Zustande gemahlen, während des Mahlens noch mit V4 Theil Magnesia versetzt und gesiebt ^).

Die Deckmasse besteht aus 30 Theilen Feldspath, 18 Theilen Zinn- ozyd, 22 Theilen Borax, 10 Theilen Soda, 6 Theilen Salpeter, 2 Theilen Magnesia. Man schmilzt, pocht und mahlt die Masse und kocht sie dann unter Zusatz von 7 Theilen Thon und V2 Theil Magnesia mit Wasser, worauf sie zum Gebrauche fertig ist.

3. In der Emaillirwerkstatt für gusseiserne Geschirre von Ph. Waag- ner in Meidling bei Wien wendet man zwei Sorten von Emaille und demnach auch zwei Sorten von Grundmasse an.

Die Grundmasse Nr. 1 wird folgendermaassen bereitet. Man mischt in möglichst zerkleinertem Zustande:

55 Theile Quarz,

40 Borax,

,5 Soda;

siebt diese Mischung mehrere Male und schmilzt sie. Nach dem Er- kalten wird die Schmelze gestampft, fein gesiebt und dann:

66 Theile der Schmelze, gemischt mit 21 , Quarz, 13 Thon,

mit Wasser angerührt, bis zur Verdunstung des Wassers gekocht und dann gemahlen. Während des Mahlens setzt man 1,2 Proc. Magnesia zu, welche in Wasser angerührt ist. Die gemahleoe und fein gesiebte Masse ist nun für den Gebrauch fertig.

Zur Herstellung der für diese Grundmasse bestimmten Emaille schmilzt man:

36 Theile Feldspath, 18 Theile Quarz, 16 Theile Borax, 20 Theile Soda, 2 Theile Thon, 2 Theile Kryolith, 2 Theile Magnesia, 1 Theil Salpeter, 3 Theile Knochenmehl, nachdem sie zuvor mehrere Male ge- siebt worden sind, pocht, mahlt und mischt 93 Theile der geschmolzenen Masse mit 4Ys Theilen Zinnoxyd, 2 Theilen Zinkoxyd, Vs Theil Soda; dieses Gemisch wird anhaltend gemahlen, mit Wasser angerührt, in diesem nassen Zustande durch ein feines Haarsieb gegossen und mit Y^ Theil Salpeter, welcher in Wasser gelöst ist, versetzt. Nach 24-stündigem ruhigen Stehen giesst man das überstehende Wasser behutsam ab und setzt dann so viel concentrirte Sodalösung in Wasser zu, bis die Masse, wenn sie über ein glattes Stück Holz gegossen wird, in einer für das Emailliren

^) Vergleiche die Anmerkung auf 8. 787.

Emailliren. 791

geeigneten St&rke daran haften bleibt, sich gleichmftssig yertheilt und nach einigem Hin- nnd Herschwenken des Holzes nicht mehr flieset. Die Masse ist alsdann zum Auftragen fertig.

Für die Emaille Nr. 2, welche leichtschmelziger, zinnreicher, undurch- sichtiger, aber dadurch auch kostspieliger ist, stellt man die Grundmasse her durch Schmelzen von 60 Theilen Quarz, 20 Theilen Borax, 6 Theilen Feldspath, 4 Theilen Salpeter, 3 Theilen Kreide, 7 Theilen Soda. Nach dem Schmelzen gepocht, gemahlen und mit Vs ^^ ganzen Gewichtes Thon vermengt Die Emaille Nr. 2 wird zusammengesetzt aus: 42 Thei- len Feldspath, 30 Theilen Borax, 12 Theilen Soda, 2 Theilen Salpeter, 1 Theil Kreide, 13 Theilen Zinnoxyd. Man siebt die Bestandtheile, schmilzt sie in Tiegeln mit nur 3 mm Bodenöffnung und verfährt im Uebrigen ganz wie bei der Emaille Nr. 1.

4. Die Herstellung einer dauerhaften Emaille auf Blechgeffüssen ist in Folge des Dmstandes schwieriger, dass das Blech sich beim Er- wärmen starker ausdehnt, beim Erkalten stärker zusammenzieht als das Gusseisen und ausserdem leichter als dieses dem Verbiegen ausgesetzt ist. Man steigert also den Ausdehnungscoefflcienten der Grundmasse und Emaille durch grossem Zusatz an Borax ^) xmd trägt die Emaille dünner auf als bei Gusseisen.

Nach Kerl beträgt die durchschnittliche Zusammensetzung der Grundmasse für Blech: 20 Theile Quarz, 33 Theile Flussspath, 42Theile Borax, 5 Theile Salpeter; der Deckmasse: 33 Theile Feldspath, 35 Theile Borax, 7 Theile Soda und 25 Theile Zinnoxyd.

Das Arbeitsverfahren beim Emailliren.

Das zu emaillirende Gefäss wird mit Bürsten und scharfem Sande ausgewaschen, eine Zeit lang in kochendes Wasser gehalten und rasch getrocknet, um Rostbildung zu vermeiden, welche stets ein Misslingen des Processes zur Folge hat. Ein Beizen mit Säure, welches in vielen Lehrbüchern als nothwendig angegeben wird, ist nicht allein überflüssig, sondern würde auch das Haften der Grundmasse am Eisen erschweren.

Dann wird der Grund aufgetragen. Man giebt zuerst eine kleine Menge der mit Wasser zur Consistenz einer dicken Suppe angerührten Masse in das Gefäss und reibt es mit einer scharfen Haarbürste in die Poren des Eisens ein; dann schüttet man eine grossere Menge nach, schwenkt das Gefass einige Male um und lässt das Ueberschüssige unter fortwährendem Drehen des Gefllsses ablaufen. Der Grund muss sehr dünn aufgetragen werden und deshalb reichlich genug mit Wasser ver- mischt sein. Ist er zu dick, so bröckelt er bald ab, oder bildet beim Erstarren der Emaille dicke Blasen.

^) Ein allzu reichlicher Gehalt der Emaille an Borsäure steigert nach Früherm die Sprödigkeit.

792 VerscbÖnerungs- und Erhaltungsarbeiten.

Die mit der fencht«D Grandmasse flberzogeuen Gei&Bse werden non zuBäcbst ftn einem warmen Orte aufgesteUt, nm du Wasser za ver- pjg, 5gg. flüchtigen; wenn dieses

geschehen mid die &af- getragene Grandmasae vSllig trocken geworden ist, kommen de in den Glahofen, nm auf helle Rothgtuth erwärmt zu werden. Man benntzt dazu einen Hnffelofen, Fig. 566 bis 570 mit gusBeisemer circa 18 mm starker Muffel, die auf einer 30 bis 40 mm star- ken Bodenplatte ruht. Die Breite der Muffel pflegt 800 bis 1200 mm, ihre Länge 1200 bia 1400 mm za sein. Vom ist sie Fig. üSS. durch eine Doppelthür

geschlossen , hinten stöast sie stumpf gegen die Mauer. Die Bodenplatte liegt vorn auf der Brust- mnner, ist in der Mitt« durch einen gemauerten Bogen gestützt und ruht hinten auf derRückmaoer. Die Einrichtung der Feuer- züge ist ans den Abbil- dungen ersichtlich. Für den Betrieh im Grossen und Benutzung von ge- rin gwerthigem Brennma- teriale hat man nlit Erfolg RegeneratiTfeneruDg eingerichtet; die Regeneratoren liegen anter den Muffeln, nnd die Flamme schlägt von unten empor über die Muffeln hinweg.

Das Einbrennen dauert, wenn der Ofen heisB ist, 10 bis 20 Minuten. Der eingebrannte Grund muss nach dem Erkalten eine gelblich weisse Farbe zeigen; ist er brann oder schwarz geworden, so war die Bits« zu gross und es haben sich Eisen verhindangeu gebildet. Er darf nicht ge- schmolzen, sondern nur gesintert sein; dagegen muss er so fest h&fleD, dass man mit einer scharfen Haarbürste nicht im Stande ist, ihn ab-

Emailliren. 793

zoscheaem, LSsst er eich ganz oder theilweise abreiben , so war ent- weder die Hitze za niedrig oder er war zn dick aufgetragen.

Wenn die Prfifnng ergeben hat, das» der Gmnd gelungen iat, folgt das Anftragen der Deckmaaee. Man feuchtet die Oberfläche des Grandes Pj jjQ mit einem Schwämme leicht an und

trägt dann die tüchtig nmgerührt« Flüssigkeit auf, indem man mit einem Holzlöfiel davon in das Ge- ISsH Bchöpft, dieses einige Male um- schwenkt und dann das lieber- schüsaige ablaufen lässt. Dann wird das GefäBs getrocknet, erst lang- sam^ dann stärker, bis ein darauf fallender Wassertropfen zn sieden beginnt, und kommt dann abermals in den Muffelofen, um auf Roth- glath erhitzt zu werden, was bei kleineren Gegenständen ebeufalls bin- nen 10 bis 20 Minuten beendet zu sein pflegt. Alsdann folgt eine nicht zu beschlennigte Abkühlung und damit ist der Emaillimngsprocess beendet.

Eine gute brauchbare Emaille moss nach dem Auftragen und Trocknen, aber vor dem Brennen so weich sein, dass sie mit dem Finger abgerieben werden kann, nach dem Brennen dagegen vollständig fest sein, keine Blasen zeigen, muss sich erhitzen lassen und Stösse aushalten, ohne abzuspringen.

Die emaillirten Töpfe werden gewöhnlich, so lange sie noch warm sind , an der Anssenseite mit Theer gescUwärzt (vergl. S. 783) und sind dann fertig zum Verkaufe.

Zweiter Theil.

Beispiele aus der speciellen Teclmologie.

Die Schrotgiesserei.

Unter dem Aasdmcke „Schrot" versteht man bekanntlioh die klein- sten für Schnsswaffen benutzten Kugeln, von denen mehrere oder viele zusammen in ein Rohr geladen werden. Der Grösse nach unterscheidet man eine grössere Anzahl Nummern, deren kleinste Sorte nYogeldunst** heisst.

Die Anfertigung dieses Schrots erfolgt durch Oiessen; sie ist dadurch merkwürdig, dass eine eigentliche Gussform dabei nicht benutzt wird, sondern dass lediglich die Eigenschaft flüssiger Körper, Kugelstalt an- zunehmen, sobald sie fremden Einflüssen entzogen sind, die Formgebung bewirkt. Es kommt bei der Schrotgiesserei also darauf an, das flüssige Metall tropfenweise von einer solchen Höhe frei herabfallen zu lassen, dass es erstarrt unten anlangt.

Als Material dient eine Legirung von Blei mit etwas Arsen, wel- ches letzteres die Kugelbildung befördert. Das Blei wird im Kessel geschmolzen und das Arsen gewöhnlich in Form von rothem Schwefel- arsen (Realgar) oder auch von weissem Arsen (Arsenigsäureanhydrit), letzteres mit Holzkohle gemischt und zur Vermeidung von Verflüchti- gung in Papier eingewickelt, zugesetzt Arsen wird reducirt und legirt sich mit dem Blei. Man rechnet bei dem feinsten Schrote einen Arsen- gehalt von circa 0,2 Proc, bei mittelfeinem von 0,3 Proc, bei dem gröb- sten von 0,35 Proc. Bei einem zu geringen Arsengehalte erhalten die Eügelchen Vertiefungen (Aussaugungen; vergl. S. 99) oder werden auf einer Seite platt; bei zu reichlichem Arsengehalte werden sie linsenförmig.

796 Specielle Technologie.

Je gröberes Schrot man herstellen will, eine desto beträchtlichere Fallhöhe mnss man zur Verwendung haben, damit die langsamer ab- kühlenden Metalltropfen nicht etwa flüssig den Boden erreichen. Wäh- rend für die feinsten Schrote eine Fallhöhe von 4 m genügend ist, wendet man für gröbere Sorten Höhen Ton 40, 50 m und darüber an. Um nicht in der Anfertigung der verschiedenen Schrotnammem be- schränkt zu sein, wird man meistens eine auch für die gröbsten Nummern ausreichende Fallhöhe herrichten.

Diese Fallhöhe lässt sich nun in zweierlei Weise erlangen. Ent- weder man errichtet über dem Erdboden einen Thurm mit einer Bühne in entsprechender Höhe, von welcher aus das Giessen erfolgt, im Innern mit Treppe und einfachem Aufzuge versehen, um auf die Bühne gelangen und die Schmelzmaterialien hinaufschaffen zu können (z. B. Schrotthurm zu Villach in Kärnthen von 74 m Höhe), oder man benutzt, wie bei der Freiberger Schrotfabrik, einen Schacht unter der Erde. Letztere Einrichtung lässt, sofern in bergbautreibender Gegend die Mit- benutzung eines für den Bergbau angelegten Schachtes zu ermöglichen ist, nicht allein die erheblichen Anlagekosten des Thurms ersparen, sondern gewährt daneben auch den Vortheil einer gleichmässigem Temperatur während Sommers und Winters und einer bequemern Arbeit beim Herbeischaffen der Materialien und beim Schmelzen.

Zur Vertheilung des Metalls in Tropfen dient ein Sieb mit eisernem Rahmen „Schrotform** genannt , welches in der Mitte oberhalb der Fallöffnung aufgesteUt wird. Die Löcher desselben müssen beträchtlich kleiner sein als der Durchmesser der herzustellenden Schrotkömer; und obschon die bei Benutzung einer und derselben Schrotform entstehenden Kömer ziemlich verschieden im Durchmesser auszufallen pflegen, muss man doch eine Anzahl Formen mit verschieden grossen Löchern in Be- reitschaft halten, um sie zu benutzen, je nachdem vorzugsweise diese oder jene Nuiumer hergestellt werden soll.

Das Arbeitsverfahren beim Giessen ist sehr einfach. Wenn das Met&U geschmolzen ist (wobei eine allzu gesteigerte Temperatur ver- mieden werden muss, weil sonst statt der Kugeln längliche Tropfen ent- stehen), wird es mit einer Kelle aus dem Kessel geschöpft und in die bereit gestellte, vorher mit Lehmwasser ausgestrichene und getrocknete Schrotform geschüttet. Es entsteht ein förmlicher Metallregen und die niederfallenden Körner werden, um Verluste zu vermeiden, im Erd- geschosse des Thurms oder auf der Schachtsohle in einem weiten, mit Wasser gefüllten Gefässe aufgefangen. Bisweilen setzt man dem Wasser eine geringe Menge von Schwefelkalium zu, wodurch ein gegen Oxyda- tion schützender üeberzug von Schwefelblei gebildet wird.

Nach beendigtem Giessen werden die Schrotkömer in Beutelsacken aus dem Wasser herausgeholt und in gelinder Wärme getrocknet. Es kommt nun zunächst darauf an, die entstandenen unrunden Kömer, welche den Ausschuss bilden und wieder eingeschmolzen werden, von den

Schrotgiesserei. Schriftgiesserei. 797

runden sn trennen. Hierzu dient eine sehr einfache Vorrichtung. Eine glatte Tafel aus Holz oder Gusseisen, circa 750 mm lang, 300mm breit, wird auf dem Tische vor dem Arbeiter in etwas geneigter Lage auf- gestellt und eine entsprechende Menge Schrot an dem obern Rande desselben aufgeschüttet. Die runden Kömer rollen die schiefe Ebene hinab und werden in einem bereit stehenden Kasten gesammelt, die flachen bleiben liegen.

Nun folgt das Sortiren der brauchbaren Körner nach ihrem Durch- messer in einzelne Nummern. Man gebraucht dazu ebenso viele Siebe als Nummern von einander getrennt werden sollen, beginnt mit dem gröbsten und sondert in dieser Weise eine Nummer nach der andern aus.

Schliesslich kommen die Schrotkömer in eine hölzerne, um eine geneigte Achse gedrehte Trommel, welche etwas Graphit enthält. Sie werden hierdurch polirt und erhalten einen glänzend schwarzen Ueberzug.

Die Schriftgiesserei (Typen- oder Lettemgiesserei).

Dieselbe liefert ein lehrreiches Beispiel, wie man im Stande ist, bei massenhafter Anfertigung eines und desselben Gegenstandes durch zweckmässige Einrichtungen die Zeit und Kosten der Anfertigung auf ein geringstes Maass herabzudrücken.

Eine Letter wird durch ein parallelepipedisches Stäbchen, Fig. 571,

gebildet, auf dessen einer schmalen Seite (dem Kopfe) sich das Schrift-

Fig. 571. zeichen, welches durch die Letter gedruckt

werden soll, erhaben in verkehrter Stellung ^ befindet. Durch Aneinanderreihen mehrerer Lettern entsteht bekanntlich der Drucksatz oder „Satz**. Es sind demnach nicht allein Lettern mit Buchstaben, Interpunctions- zeichen etc. erforderlich, sondern auch solche Theile, welche nur dazu bestimmt sind, die weiss bleibenden Zwischenräume zwischen den Buchstaben, Wörtern, Zeilen u. s. w. auszufüllen und welche dem- nach kürzer als die eigentlichen Lettern und am Kopfe glatt sind. Die allgemeine Benennung für sämmtliche zu einem Drudosatze erforderlichen Stücke, gleichviel ob mit oder ohne Schriftzeiohen, ist Typen, während man unter Lettern nur die Buchstabentypen zu verstehen pflegt.

Die Grösse der Buchstaben nennt man den Kegel ^, die Abmessung der Letter in der Richtung der Buchstabenhöhe ist die Kegelstärke ^. Selbstverständlich besitzen alle zu einem Satze gehörigen Typen gleiche Kegelstärke, abhängig von der Höhe der längsten Buchstaben, während

798 Specielle Technologie.

die Breite der Typen von der Breite des jedesmaligen Schriftzeichens abhängig and deshalb verschieden ist.

Die dem Kopfe der Letter gegenüberliegende Seite heisst Fuss; derselbe ist mit einem Einschnitte versehen, dessen Entstehung unten erläutert werden wird; ausserdem befindet sich ein durchgehender halb- runder Einschnitt, die „Signatur" genannt, auf derjenigen Seite des Stäbchens, welche dem untern Ende des Buchstabens entspricht, und dient dazu, die richtige Stellung der Letter zu erkennen, ohne dass das Typenbild betriCchtet zu werden braucht

Als Material zum Typengusse dient eine Legirung aus Blei, Anti- mon und Zinn (Schriftmetall). Blei bildet den Grundbestandtheil; Anti- mon giebt der Legirung eine grössere Härte und dadurch Widerstands- föhigkeit gegen Abnutzung, Zinn mildert die Sprödigkeit des Antimon- bleies, welches ohne diesen Zusatz leicht Beschädigungen durch geringe Stösse erhalten würde, ohne aber der Härte desselben Eintrag zu thun. Ein grosser Zinngehalt erhöht daher im Allgemeinen die Güte der Le- girung, vertheuert aber auch den Preis. Lettern giesst man deshalb gewöhnlich aus einer zinnreichem Legirung als die erwähnten Typen für weissbleibende Stellen des Drucks.

Die Lettern, welche zur Herstellung des Satzes für den Druck des vorliegenden Buches benutzt wurden, sind aus einer Legirung von 60 Theilen Blei, 25 Theilen Antimon und 15 Theilen des feinsten Zinns gegossen ; eine billigere und von anderenDruckereien für Lettern vielfach benutzte Legirung ist: 75 Theile Blei, 23 Theile Antimon, 2Theile Zinn. Zu den erwähnten Typen ohne Schriftzeichen (Ausschluss, Quadraten, Blei- stegen) gebraucht man: 80 Theile Blei, 20 Theile Antimon ohne Zinn; zn Stereotypplatten: 82 Theile Blei, 14V4 Theile Antimon, 3V4 Theile Zinn.

Die Gussform des Schriftgiessers heisst „Giessinstrument". Dasselbe besteht mit Ausnahme desjenigen Theils, welches das Schriftzeichen aus- bildet, aus Stahl, Eisen oder Messing und Ist von Holz eingefasst, um rasch eine grosse Anzahl von Güssen ausführen zu können, ohne dass durch Erhitzung der Aussenflächen die Handhabung erschwert .werde. Jenes erwähnte Stück zur Formung des Schriftzeichens heisst „Mater** oder „Matrize**, ist zum Auswechseln eingerichtet, um ein und dasselbe Instrument für den Guss verschiedener Lettern benutzen zu können, und bildet beim Giessen die untere Begrenzung der innem Form; durch Verschiebung beziehentlich Auswechselung der Seitentheile lässt sich die Breite und Stärke verändern; am obem Ende der Form, also am Fusse der gegossenen Letter, befindet sich der pyramidale Eingnss. Die Ma- trize wird aus dem reinsten Kupfer mit Hülfe eines gehärteten Stahl- stempels geprägt, auf dessen Stirnfläche das betreffende Schrifizeicheo in genau dei^selben Form erhaben eingravirt ist, als es die gegossene Letter enthalten soll; selbstverständlich erscheint dasselbe in der Ma- trize vertieft. Um das Giessinstrument in der erwähnten Weise sowohl für den Guss verschieden grosser Lettern brauchbar zu machen als auch.

Schriftgiesserei. 799

am es nach erfolgtem Gosse zam Heraaswerfen dec Letter rasch öfiPnen and wieder sohliessen za können, ist die specielle Einrichtung desselben eine ziemlich complicirte, and man anterscheidet hinsichtlich dieser Gonstraction deatsche, französische and englische Giessinstramente, deren letztere am meisten gerühmt werden. Näheres hierüber sowie Abbildun- gen von Giessinstramenten finden sich in der unten angegebenen Li- teratur.

Das Schmelzen des Schriftmetalls geschieht in einem kleinen Kessel, von ^inem ringförmigen Tische umgeben, an welchem drei bis vier Ar- beiter gleichzeitig beschäftigt werden können. Oberhalb des Kessels befindet sich ein Rauchfang aus Eisenblech zur Ableitung der Metall- dämpfe. Häufig ist der Kessel durch radiale Wände in ebenso viele Abtheilungen zerlegt als Giesser dabei beschäftigt sind, so dass ein jeder derselben unbehindert aus seiner Abtheilung schöpfen und selbst mit einer andern Legirung arbeiten kann als sein Nachbar; bisweilen hat auch jeder Giesser seinen eigenen Ofen mit Tisch.

Beim Griessen mit der Hand hält der Giesser das geschlossene Giess- instrument in der Linken, schöpft mit einem eisernen Löffel etwas Metall aus dem Kessel, giesst es in den Einguss und giebt in demselben Augen- blicke dem Instramente eine eigenthümliche Schwingung, wodurch das Metall in alle Theile der Form hineingetrieben und schliesslich das in dem stärkern Eingüsse noch flüssig gebliebene Metall in den Kessel zurückgeschleudert wird. Alsdann öffnet er mit der rechten Hand das Instrument, wirft den Abguss heraus und macht es für den nächsten Guss fertig. Alle diese Manipulationen zusammen beanspruchen bei einiger Geschicklichkeit des Giessers nur eine Zeitdauer von 5 bis 8 Se- cunden , so dass ein geübter Giesser täglich 4000 bis 7000 Abgüsse zu liefern im Stande ist, je nachdem die Schrift gross oder klein ist und demnach langsamer oder rascher erstarrt.

Für grössere „Kegel" benutzt man statt des Schöpflöffels mit Vor- theil die schon früher (Seite 304) erwähnte Giesspumpe zur Beförderung des flüssigen Metalls in die Giessform. Fig. 572 (a. f. S.) zeigt das Aeussere einer solchen Giesspumpe nebst Schmelzofen, Kessel und Arbeitstisch. a ist der gusseiseme Pumpenkörper, durch einen Quersteg in der Mitte des Kessels / festgehalten; h ist ein Hebel zur Bewegung des Kolbens, c eine Feder, welche sofort nach beendigtem Hube den Hebel in den höchsten Stand zurückführt; d eine Schraube zur Regulirung der Hub- höhe, e das Ausgussrohr, g ist das Rauchrohr für die Feuerung. Da eine Yentilpump^ aus nahe liegenden Gründen nicht anwendbar sein würde, tritt das Metall durch seitliche in der Wand des Pumpenstiefels befindliche Oeffnungen in das Innere, welche in dem höchsten Stande des Kolbens frei liegen, beim Niedergange aber durch den Kolben selbst geschlossen werden. Man benutzt ein eben solches Giessinstrument wie beim Giessen mit dem Schöpflöffel und das Arbeitsverfahren ist deshalb im Wesentlichen übereinstimmend. Daher ist auch die Production bei

800 Specielle Technologie.

BeDützang der Qiesapampe nicht grösser als im andern Falle; der BaDptTortheii liegt in dem Umstände, daas der nnter d«m Dmoke des

FiK. 572.

Pnmpenkolbens erzengte Strahl mit grosser Kraft in das Innere des In- straroonta eintritt and dasselbe schärrer ansfüllt (was besonders bei sogenannten nnterschnittenen Schrittzeichen von Wichtigkeit ist) ; ausser- dem sind die mit der Pumpe gegossenen Lettern am circa 2B Proc. leich- ter als die mit dem LfifFel gegossenen, indem durch den Strahl Laft mit in das Gi essin strament geführt und ein im Innern blasiger Gnss ereeugt wird, ein Umstand, welcher die Branchbarkeit der Lettern nicht beein- trächtigt, aber ihren Preis erniedrigt

In allen grösseren Schriftgiessereien wendet man endlich, wenn zahl- reiche Mengen gleicher Lettern zn gieseen sind, eine QiessmaBchine an, bestehend ans einer Gombination der Giesepnmpe mit einem mecha- nisch bewegten Giessinstmmonte, welches in dem Augenblicke, wo die Pumpe ihren Metallstrahl aosspritsst, eich vor die AnsgasBöfi'nang legt,

Schriftgiesserei. 801

am denselben aufzunehmen, dann sich yom Kessel entfernt, sich selbst- thätig öffnet, den Buchstaben auswirft, sich wieder schliesst und nun in dem Augenblicke vor der Ausgussöffhung der Pumpe in richtiger Stel- lung wieder angekommen ist, wo ein neuer Strahl austritt. Diegesammte menschliche Arbeit zur Bedienung der Maschine beschränkt sich auf die durch ^nen Mann zu bewirkende Drehung einer Kurbel, von welcher aus die Pumpe und sämmtliche übrige Mechanismen getrieben wer- den. Durchschnittlich erfolgt pro Secunde eine Letter (von grösseren Sorten weniger); die tagliche Production kann mit Berücksichtigung der unvermeidlichen Störungen zu circa 20 000 Stück angenommen werden.

Neuerdings hat man die Giessmaschinen noch mit Einrichtungen versehen, welche auch die Eingüsse abbrechen, die Lettern schleifen, behobeln, aufsetzen und fertig machen (siehe unten), also für die Be- nutzung vollständig fertige Lettern liefern (sogenannte Completmaschi- nen; u. a. in Thätigkeit in den Schriftgiessereien von Genzsch und Heyse in Hamburg und Flinsch in Frankfurt a. M.).

Sehr grosse Lettern (Plakatschriften) nach einer der beschriebenen Methoden gegossen würden in Folge der Einflüsse, welche bei der lang- samem Erstarrung der grossem Menge Metall die Schwindung ausübt, nicht sauber und scharf genug ausfallen. Sie müssen unter einem starken Dmcke gegossen werden, welcher im Augenblicke des Erstarrens auf das flüssige Metall ausgeübt wird. Man stellt sie zur Erreichung dieses Zwecks durch Abklatschen oder Clichiren dar. Die einfachste Methode hierfür, zur Vervielfältigung von geschnittenen Zeichnungen in Holz und ](Ietall, Medaillen etc. benutzt, ist folgende: Man bildet sich aus geöltem Papiere durch Aufbiegen der Ränder ein Kästchen, etwas breiter und länger als die Matrize, und giesst in dasselbe eine nur 3 bis 4mm starke Schicht des flüssigen, aber nur wenig über seinen Schmelzpunkt erhitzten Metalls (gewöhnlich aus einer Legirung von Blei und Zinn oder Blei, Zinn und Wismuth bestehend). Mit der andern Hand fasst man die Matrize und schlägt sie in dem Augenblicke, wo das Metall einen breiartigen Zustand angenommen hat und dem Erstarren nahe ist, kraftvoll auf die Oberfläche desselben nieder. Indem in solcher Weise das [Metall in die feinsten Vertiefungen der Matrize hineingepresst wird , entsteht ein sehr scharfer dünner Abguss , welcher , nachdem der überstehende Rand entfernt ist, in ein Giessinstrument eingelegt und mit Metall hintergossen wird, um die nöthige Stärke zu erhalten. Die- ses Hintergiessen erfordert natürlich besondere Vorsicht, um eine Ver- bindung zu bewirken, ohne dass der Abklatsch selbst zum Schmelzen kommt.

Seit Erfindung der Galvanoplastik ersetzt man bei Holzstichen etc. die in der soeben beschriebenen Weise hergestellten „Cliches*' meistens durch galvanoplastische Kupferniederschläge, indem man von dem ge-

Ledebnr, mecbanisch^meUllurgiBohe Technologie. 5|

802 Specielle Technologie,

Bchnittenen Originale zunächst einen Abdruck in Guttapercha oder Wachs nimmt und auf der leitend gemachten Oberflache desselben das Kupfer niederschlägt, so dass der Niederschlag wieder genau mit dem Originale übereinstimmt. Aus alter Gewohnheit nennt man auch diese auf galva- noplastischem Wege erhaltenen Abdrucke ^Cliches'^. Dieselben werden ebenso wie die durch Abklatschen erhaltenen mit Metall hintergossen oder auf Holz befestigt. Bei fabrikmässiger Anfertigung grösserer Let- tern dagegen wendet man statt jenes Abklatschens mit der Hand häufiger die Glich irmaschine an. Die Einrichtung derselben ist folgende:

Auf einer eisernen Tischplatte ist das kastenförmige Giessinstrument in solcher Lage befestigt, dass die Matrize dasselbe von oben schliesst, also umgekehrt als beim gewöhnlichen Giessen. Dicht neben dem In- strumente mit gemeinschaftlicher Scheidewand befindet sich der aus Eisen hergestellte etwas höhere Einguss von prismatischer Form, mit senkrechter Achse und sauber gearbeitet. In dem untern Theile der gemeinschaftlichen Wand befindet sich ein horizontaler Schlitz, welcher den Einguss mit der Gussform verbindet und das flüssige Metall aus dem erstem in die letztere hinüberleitet. Zum Entweichen der in der Form eingeschlossenen Luft dienen feine, nach oben ausmündende Ca- näle. Das Ganze gleicht demnach einer Gussform für stehenden Gtiss (vergl. S. 156). Oberhalb des Eingusses ist an einem auf dem Tische befestigten Ständer ein kleines Fallwerk angebracht, bestehend aus einer eisernen, prismatischen, senkrecht geführten Stange, durch eine Metall- kugel am obern Ende beschwert und mit einem prismatischen Bär versehen, welcher genau in den Einguss hineinpasst. Der Anhub erfolgt von Hand mit Hülfe eines im Ständer gelagerten doppelarmigen Hebels, und eine Einklinkung hält die Stange in der höchsten Stellung* fest. Wenn Alles vorgerichtet, die Matrize eingesetzt ist u. s. w., giesst man eine etwas grössere Menge Metall als zur vollständigen Füllung des Giessin Strumen ts ausreichen würde, in den Einguss und löst dann die Klinke, welche das Fallwerk festhält. Der Bär schlägt auf die Oberfläche des im Eingüsse befindlichen Metalls, treibt dasselbe in die Gussform hin- über und mit entsprechendem Drucke gegen die Matrize, worauf es als- bald erstarrt.

Durch Veränderung der Fallhöhe vrie des Ge?richts des Fallwerks lässt sich die Wirkung des Schlages verstärken oder abschwächen, je nachdem man grossere oder kleinere Lettern zu giessen hat.

Die in einer oder der andern Weise gegossenen Lettern bedürfen nun noch einer Anzahl fernerer Bearbeitungen, bevor sie zur Benutzung tauglich sind.

Zunächst wird der Gusszapfen (Einguss) abgebrochen. Diese Arbeit geschieht meistens von Hand durch Knaben oder Mädchen, deren jedes täglich 30000 bis 35 000 Typen abzubrechen im Stande ist.

ScbriflgieBserei. 803

In einer folgenden Werkstatt werden die Typen geschliffen zu dem Zwecke, an denjenigen Stellen, wo die Theile das Gieasinatramenta zu- Bammentraten , den enstandenen Grat zu entfernen. Auch diese Arbeit wird in den meisten Fällen von Hand ansgefahrt. Der Arbeiter hat vor sich auf dem Tische einen horizontal liegenden , etwa 600 mm im Quadrate grossea Schleifstein (Sa&dstein), auf dem er die Typen durch Hin- nnd Herbewegen abschleift. Die tägliche Leistung eines geübten Arbeiters hierbei i«t 20000 bis 25 000 Stflok.

Die geschliffenen Typen werden nnn „aufgesetzt", d. h. sie wurden auf dem „Winkelhaken" , einem hfilzemen linealartigen Werkzeuge, zu einer Reihe geordnet, so dass Fnss an Fuss und Kopf an Kopf liegt. Eine geradlinige Leiste auf dem Winkelhaken , gegen welch« die Füsee der Lettern stoaaen , bestimmt die gerade Richtung der Reihe. Die auf- gesetzton Typen werden nnn sammt dem Winkelhaken dem „Fertig- macher" flberwiesen. Derselbe übertrftgt zunächst die auf dem hölzer- nen Winkelhaken geordnete Reihe auf einen eisernen Winkelhaken durch Auflegen desselben and Umkippen , wobei jedoch jetzt die Fttsse der Lettern nach aussen zu stehen kommen. Dann spannt er mit Hfllfe einer eisernen über die ganze Reihe der Typen hinwegragenden Stange „Würfel" genannt dieselben auf dem Winkelhaken fest undbringt nun das Ganze (Winkelhaken und Würfel zusammen bilden die „Einlage") anf den „Bestosstisch", wo es zwischen zwei Leisten oder Platten, deren eine schütten artig auf der Tischplatte verschiebbar ist und mit Hälfe einer Schranbenspindel gegen die andere bewegt werden kann, in solcher Weise festgespanut wird, dass die Füsae der Typen nach oben gekehrt sind. Der Bestosatiach und die Einlage zusammen werden das „Bestoss- zeug" genannt. Nun führt man einen Hobel, welcher Aehnlichkeit mit einem Holzhobel hat und in Fig. 573 abgebildet ist, über die ganze Reihe der Typen hinweg,, wobei an

Fi«- 573. , -,. ,. ri- -

den Stellen, wo die Lingusse saasen nnd beim Abbrechen derselben eine rauhe Oberfläche entstanden war, Metall weggenommen und dadurch ein rinnenartiger Einschnitt gebil- . det wird, der an dem Fuasende der ' in Fig. B71 abgebildeten Letter

sichtbar ist nnd bereits erwähnt wurde. Zeigt sieh, dass auch neben diesem Einschnitte die Oberkanten der Letternfflsse nicht in genau gleicher Höhe liegen oder dass Überhaupt die Gesammthöhe der Lettern nicht genau der fQr die Benutzung erforderlichen Höhe entspricht, so werden dieselben mit einem ähnlichen Hobel, dem „Hfihenhobel", eben- falls bearbeitet.

Nnn werden die Typen herausgenommen , in umgekehrter Lage mit der Bildfläche nach oben abermals in das Bestosszeng eingespannt,

804 Specielle Technologie.

und dann werden mit dem Eckhobel ^ , dessen Schneide seitlich neben dem Typenkopfe yorbeigefedirt wird, die „Ecken gebrochen*' , d. h. die beiden frei liegenden parallelen Kanten der Typenreihe (oder auch nor die eine an der Seite der Signatar befindliche) schräg abgehobelt, selbst- yerstandlich, ohne dass das Bild dabei beschädigt werden darf. Hiermit ist die Anfertigung der Lettern beendet

Der ans den einzelnen Typen zusammengestellte „Satz** wird zu- nächst zum Drucke der sogenannten Gorrectur- oder Revisionsbogen, dann aber, nachdem die gefundenen Irrthümer berichtigt worden sind, als Modell f&r den Guss der Stereotypplatten benutzt, welche für die Herstellung der richtigen Abdrücke in die Buchdruckerpresse eingesetzt werden.

Zur Herstellung der Gussform für diese Stereotypplatten klebt man eine Anzahl dünner Papierblättohen mit dünnem Stärkekleister auf ein- ander, legt dieselben, während sie noch feucht sind, auf den Typensatz und presst sie durch Aufschlagen derartig gegen denselben, dass ein ver- kehrter scharfer Abdruck desselben entsteht. Diese Papiermatrize wird bei gelinder Wärme getrocknet, dann in eine Gussform eingelegt, bestehend aus zwei gusseisemen Platten, welche durch dazwischen gelegte, den Rand der Gussform an drei Seiten einschliessende und zugleich die Matrize festspannende eiserne Leisten einen solchen Abstand von ein- ander erhalten, als die Metallstärke der Stereotypplatten betragen soll. Die Gussform wird dann verklammert und in aufrechter Stellung mit Hülfe eines GiesslöBfels vollgegossen. Nach dem Erkalten werden die Seiten der Platten behobelt und sind dann druckfertig. Statt der Papier- formen benutzte man früher Gypsformen (Matrizen), durch Aufgiessen von Gyps auf den Drucksatz hergestellt.

Die Zusammensetzung der für den Guss von Stereotypplatten be- nutzten Legirung wurde bereits oben mitgetheilt.

Literatur.

J* H. Bachmann, Die Schriftgiesserei, Leipzig 1868. Prechtl-Kar marsch, Technologische Encyclopädie, Bd. 16, 17, 18, Artikel Stereotypie und Schriftgiesserei.

Gusseiseme Bohren. 805

Anfertigung der Bohren.

Rohren v£nden in der Technik und im gewöhnlichen Lehen eine sehr häufige Anwendang, hauptsachlich zum Fortleiten yon Flüssigkei- teu, Dämpfen oder Gasen, aber auch zu mannigfachen anderen Zwecken. Dieser massenhafte Verbrauch der Röhren erklärt es, dass die An- fertigung derselben längst als Specialität ausgebildet und auf diese Weise auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gehoben ist. Die Art und Weise der Anfertigung aber ist eine sehr verschiedene, je nachdem das eine oder andere Metall als Röhrenmaterial benutzt wird. Für die Röhrenanfertigung im Grossen sind folgende Metalle die wichtigsten: Gusseisen, Schmiedeeisen, Kupfer, Messing, Blei.

Gusseiserne Röhren.

In Folge der zum Theile grossartigen Anlagen Ton Gas- und Wasserleitungen, sowie in neuester Zeit von Canalisationen zur Fort- leitung von Abfallstoffen, welche für Städte und grössere Ortschaften nicht allein neu angelegt werden, sondern mit dem fortschreitenden Wachsthum derselben alljährlich Ergänzungen verlangen, ist die An- fertigung gusseisemer Leitungsröhren zu einem Umfange angewachsen, dessen sich kein anderer Specialartikel aus Gusseisen rühmen kann« Die deutschen Röhrengiessereien liefern alljährlich nach einem ungefäh- ren Ueberschlage circa 1 Million Centner gusseiserne Röhren; die fran- zösischen mindestens ebenso viel; die englischen noch mehr.

Die üblichsten Abmessungen gusseisemer Röhren schwanken zwi- schen 25 mm Durchmesser mit circa 1,5 m Länge und 1 m Durohmesser mit 4 m Länge.

Die Verbindung der einzelnen Röhren unter einander zur Herstel- lung einer langem Leitung geschieht bekanntlich in zweierlei Weise, und man unterscheidet demnach zwei Hauptgattungen von gusseisemen Röhren: Scheiben- oder Flantschenröhren, bei welchen an jedem Ende des Rohrs eine Scheibe rechtwinklig zur Aohsenriöhtung auf- gegossen ist, und die Verbindung zweier benachbarter Rohre durch Schrauben erfolgt, nachdem eine Dichtnngsscheibe aus Pappe mit Kitt, aus Kautschuk oder dergleichen eingelegt ist; und Muffen röhren, bei denen das Ende des einen Rohrs in die Muffe des folgenden hinein- gesteckt wird, worauf man die Fuge durch getheerten Hanf und einen darüber gegossenen und gut verstemmten Bleiring (bisweilen auch wohl nur durch Verkitten mit Rostkitt) schliesst, Scheibenröhren finden

806 Specielle Technologie.

vorzugsweise für Dampfleitungen Verwendung, weil bei diesen in Folge des Temperaturwechsels ein öfteres Auswechseln zerbrochener Rohre erforderlich wird, und aus naheliegenden Gründen das Auswechseln eines Rohrs aus einer festliegenden Leitung bei Muffenröhren weit umständ- licher als bei Scheibenröhren ist; bei den oben genannten, weit umfang- reicheren Verwendungen gusseisemer Röhren bedient man sich dagegen fast nur der billigeren Muffenröhren, deren Anfertigung aus diesem Chrunde vorzugsweise als Specialitat ausgebildet ist.

Der Zweck gusseisemer Leitungsröhren für Gas, Wasser oder Ab- fallstoffe erheischt es, dass dieselben vollständig dicht (blaaenfrei) im Gusse sind, Erschütterungen oder Stösse (die bei Wasserleitungsröhren mit Hoobdruck durch das Wasser selbst in sehr heftiger Weise ausgeübt werden können) ohne Gefahr des Zerbrechens aushalten, und dass be- sonders die Muffe hinlänglich fest sei, die beim Verstemmen der Fuge mit Blei ausgeführten Schläge auszuhalten, ohne zu zerspringen. Zur Erfüllung dieser Bedingung ist es üblich, die Muffenröhren stehend in getrockneten Formen und wenigstens bei den grösseren Sorten mit der Muffe nach unten zu giessen. Der stehende Guss erleichtert eines- theils das Entweichen der in der Gussform aufsteigenden Gas- und Dampfblasen sowie das Aufsteigen der etwa zufällig in die Gussform gerathenen fremden Körper (Ausscheidungen aus dem Eisen, losgerissene Theilchen der Form etc.) in den zu oberst befindlichen Einguss, andern- theils macht er die bei horizontaler Lage des langen Kerns unvermeid- liche Unterstützung desselben durch Kemsteifen (S. 154) entbehrlich, deren Anwendung sehr häufig eine Undichtigkeit des Rohrs an der be- treffenden Stelle zur Folge haben würde; das Trocknen der Form bezweckt eine verringerte Dampfentwickelung; durch den Guss der Muffe nach unten wird eine Ansammlung von Gasblasen und sonsti- gen aufsteigenden fremden Körpern in derselben vermieden, welche bei der umgekehrten Anordnung der Gussform nur durch Aufsetzen eines starken verlornen Kopfs sich mit Sicherheit vermeiden lassen würde.

In allen Fällen muss die Gussform und der Kern für dieselbe getrennt angefertigt werden. Letzterer wird in Lehm auf einer eisernen mit Stroh umwickelten Spindel aufgedreht (S. 144 und 166), gut getrocknet und vor dem Gusse in die Gussform eingelegt. Nur für die Kerne der kleinsten Sorten Röhren wendet man bisweilen Kernkasten an, in welchen die Kerne aus Masse eingestampft werden, nachdem ebenfalls eine eiserne Kernspin- del eingelegt worden ist.

Bis vor etwa 10 Jahren bediente man sich allgemein in den Roh- rengiessereien eines gewöhnlichen zweitheiligen Formkastens von sech«- eckigem Querschnitte (Fig. 120 a. S. 139), formte übör einem gusseiser- nen gedrehten Modelle, welches beim Einstampfen des Unterkastens zur Hälfte in einen sauber gearbeiteten Lehrboden eingelassen war, die Gussform in der üblichen auf S. 152 beschriebenen Weise ein, trocknete

Gusseiserne Röhren. 807

dieselbe in einer Trockenkammer, legte nach Beendigung des Trocknens den Kern ebenfalls in horizontaler Lage in den Unterkasten ein, setzte den Oberkasten auf und richtete erst dann die solcherart fei*tig zu- sammengesetzte Gussform in senkrechte Stellung auf, um zum Gusse zu schreiten. Das Aufrichten der Formkasten und das Niederlegen derselben nach beendigtem Gusse wurde durch Drehungszapfen in der Mitte ihrer Länge, auf zwei eisernen Trägern ruhend, erleichtert, welche letzterei^ über einer Dammgrube im Niveau der Hüttensohle derartig angeordnet waren, dass nur die obere Hälfbe des aufgerichteten Formkastens über die Hütten- sohle emporragte. Diese Methode veranlasste einen beträchtlichen Zeit- verlust durch das erforderliche Heben und Transportiren der Formkasten beim Einformen und Trocknen; an den Fugen der beiden Qnssformhälf- ten entstand ein Grat, welcher bisweilen zur Entstehung poröser, undich- ter Stellen Veranlassung gab;- da der Kern in horizontaler Lage eingelegt und dann erst mit dem Formkasten aufgerichtet wurde, war eine, wenn auch geringe, Yerbiegung desselben durch sein Gewicht oft unvermeid- lich und die Entstehung einer ungleichen Wandstarke des Rohrs die Folge davon.

Diese Uebelstände gaben Veranlassung zur Erfindung einer voll- ständig abweichenden Formmethode, welche, zuerst in Frouard bei Nancy ausgebildet, seitdem einen Umbau fast aller grösseren Röhrengiessereien zur Folge gehabt hat, da sie in einfachster Weise jene Missstände vermei- det. Die Figuren 574 bis 677 (a. f. S.)» welche einen Formkasten mit ein- gehängtem Modelle, eine Gussform während des Trocknens und einen zum Gusse fertigen Formkasten mit eingestelltem Kerne in V40 der wirklichen Grösse darstellen, mögen zur Veranschaulichung dieser Form- methode dienen, bei welcher der Formkasten während aller vorzu- nehmender Arbeiten eine senkrechte Stellung behält, ohne von seinem Platze entfernt zu werden. Das Trocknen geschieht, wie aus Fig. 575 ersichtlich ist, durch eine unterhalb des Formkastens angebrachte Feue- rung; in Rücksicht hierauf pflegt man, um die Bedienung der Feuerun- gen für die einzelnen Formkasten zu erleichtem, den Arbeitsraum für das Formen und Giessen erhöht, gewissermaassen als ersten Stock des Gebäu- des, anzulegen, so dass der darunter befindliche Raum das Erdgeschoss für die Feuerungen benutzt werden kann. In dem Boden des Form- locals (der Decke des Erdgeschosses) sind Schlitze angebracht, in welche die Formkasten eingehängt werden. In den gegebenen Abbildungen, welche die betreffende Einrichtung in der neu erbauten grossen Röhren- giesserei zu GrÖditz in Sachsen darstellen, sind aa starke, die seitliche Begränzung der erwähnten Schlitze bildende Blechträger, so dass jeder dieser Schlitze zur Aufnahme einer langem Reihe neben einander stehen- der Formkasten dient; und oberhalb jedes Schlitzes befindet sich eine durch eine Transmission betriebene Laufbühne, um die Modelle ein- und auszuheben, die Kerne einzusetzen, die Abgüsse herauszunehmen u. s. w. Jeder der einzelnen Formkasten ruht mit den angegossenen Laschen

808 Specielle Technologie.

anf zwei giuMiBemen Qnerträgem bb, welche sich, den ▼enchiedenen Onrchmessem der FormkAtten entepreohend, in beliebigen Abatuid tob einander bringen lassen. Die FormiEiiaten sind sweitheilig, cjUndrisch.

Ihr Durchmesser ist so gewählt, dasa zwischen Form kästen wand and Modell nur so viel Ranm bleibt, nm eine Sandschicht von genflgender Haltbu--

Gusseiserne Röhren. 809

keit einformen zu können, etwa 25mm bei Rohren mittlerer Grösse.

Hierdurch wird nicht allein der SandTerbrauch und die Arbeit des Ein-

p. g^^ formens auf ein geringstes Maass beschränkt,

sondern auch die Zeitdauer des Trocknens, welche bei der oben beschriebenen altern Methode 6 bis 12 Stunden zu beanspruchen pflegte, auf 1 bis 2 Stunden abgekürzt, so dass ein- und derselbe Formkasten im Laufe des Tages mehrere Male benutzt wer- den kann. Das Modell ist aus Gnsseisen gefertigt und glatt gedreht. Eine in der Achse desselben befestigte schmiedeeiserne Spindel mit angeschmiedeter Oese dient zum Heben desselben. Soll die Muffe nach unten gegossen werden, so muss das Modell, wie aus Fig. 574 hervorgeht, getheilt sein, um das Modell d der Muffe nach unten ent- fernen zu können, wenn das Einformen beendet ist, während der cylin- drische Theil c nach oben herausgezogen wird. Der Deckel e bildet den untern Verschluss des Formkastens, sichert mit Hülfe einer eingedrehten Führung die richtige Stellung des Muffenmodells (vergl. 574), und dieses schliesst sich mit einer ausgedrehten Ringfläche genau um das untere Ende des Modells c, somit auch die Stellung dieses letztern festlegend. Dieser Einrichtung des Modells entspricht diejenige der Kemspindel, welche in Fig. 576 ersichtlich ist. Auch diese und somit auch 'der Kern besteht aus zwei Theilen, derer unterer, für die Muffe bestimm- ter, in dem Deckel e geführt ist und seinerseits wieder als Führung für den obem langem Theil dient. In solcher Weise muss der Kern stets eine genau oentrische Stellung zur Gussform erhalten. Das Arbeitsver- fahren ist einfach und bedarf keiner Erläuterung. Zum Trocknen benutzt man Braunkohlen, Koks oder dergleichen in einer fahrbaren Feuerung; in einzelnen Giessereien erhitzte Luft, welche von unten ein- strömt.

Nach dem Giessen wird zunächst 'die Kemspindel mit Hülfe des Krahns herausgezogen, dann werden die durch Dübel verbundenen Form- kastenhälften so weit gelöst, als erforderlich ist, den Abguss nach oben herausheben zu können, und nunmehr dieser gleichfalls mit dem Krahne entfernt.

In einzelnen grossen Röhrengiessereien hat man die Handarbeit beim Einformen durch Maschinenarbeit ersetzt. Auf S. 194 wurde bereits das Princip solcher Röhrenformmaschinen und auf S. 198 die betreffende Literatur erwähnt Da die mit der Transmission verbundene Form- maschine hierbei einen festen Standort besitzt, so müssen die Formkasten transportirt werden, um einer nach dem andern eingeformt zu werden, und hierin beruht wohl unläugbar ein Nachtheil gegenüber der be- schriebenen Röhrenformmethode mit Handarbeit; ausserdem ist aber bei

810 Specieüe Technologie.

der letzteren die Arbeit des Einformens ohnebin so yerhahDiflsmäBsig gering, daas nach Uebenengnng des Yerfaners die Anwendong Yon RöbrenformmaBchinen nur in Gegenden, wo die Arbeitslöhne sehr hoch sind, von Vortbeil sein kann.

Za den geraden Bohren bilden die sogenannten Fagonstücke un- entbehrliche Ergänzungen bei grosseren Leitungen. Hierher gehören Krümmer, Kreuzungsstucke, T-Stficke und andere. Die Anfertigung der- selben bietet im Allgemeinen wenig Eigenthnmliches.

Die gegossenen Röhren werden, nachdem sie vom Sande gereinigt, die £|pigüsse entfernt sind u. s. w., einer Dichtigkeits- und Druckprobe unterworfen. Gasleitungsröhren werden zu diesem Zwecke, nachdem ihre Enden durch aufgepresste Deckel luftdicht verschlossen sind, in einem GeHlsse unter Wasser mit Hälfe einer Luftpumpe, die durch einen Schlauch mit dem Rohrinnem in Verbindung gesetzt ist, mit g^resster Luft (bis zu zwei Atmosphären Ueberdruck) gefüllt Jede Undichtig- keit verräth sich sofort durch im Wasser aufsteigende Luftbläschen. Wasserleitungsröhren werden dagegen mit Wasser gefüllt, welches mit Hülfe einer Druckpumpe einem Drucke von 10, 12, 15 Atmosphären, den Lieferungsbedingungen entsprechend, ausgesetzt wird und denselben auf die Rohrwände überträgt. Gewöhnlich hämmert man während die- ses Druckes die Rohrwände an verschiedenen Stellen mit 1 bis lYs Kilo schweren Hämmern, um auch ihre Widerstandsfähigkeit gegen Er- schütterungen zu erproben. Hierbei darf weder ein Zerspringen des Rohres noch ein Durchschwitzen von Wasser durch die Wände stattfinden.

Schliesslich werden die Röhren in der auf S. 783 beschriebenen Weise mit einem Theerüberzuge versehen (asphaltirt).

Schmiedeeiserne Röhren.

Dieselben finden ihre hauptsächlichste Verwendung für engere Gas- leitungen in den Gebäuden wobei die Verbindung der einzelnen Rohr- enden durch Mu£Fen mit Schraubengewinden bewerkstelligt ¥drd tmd für Dampfkessel als sogenannte Siederohre. Die Anfertigung ist eine etwas abweichende, je nachdem sie dem einen oder andern der genann- ten Zwecke dienen sf>llen.

In beiden Fällen dient ein möglichst weiches, gut seh weissen des Puddeleisen, Frischfeuereisen oder auch wohl Bessemereisen als Material, aus welchem flache Stäbe (Streifen oder Stripsen, englisch strips) ent- weder durch Auswalzen in Kalibern oder durch Zerschneiden von Blechen hergestellt werden. Ersteres billigeres Verfahren ist für Anfertigung von Gasröhren, letzteres für Siederöhren üblich. Die langen Kanten müssen durchaus sauber und glatt sein.

Schmiedeeiserne Köhren. 811

Fär die GaBröhreDfabrikatioii bringt man eine AiiEahl Streifen in einen Sohweiasofen mit 5 bis 6 m langem , ca. '/t breitem Herde und niedrigem Gewölbe, welcher mit Ungflammiger Kohle geheict wird , nm eine möglichst gleichmSwige Erhitzung der langen Streifen zn bewir- ken. In nnmittelbarer Nachbarachaft dieaea Ofens befindet atch eine Scbleppsangenziehbank, gans tlhnlich der anf S. 53S abgebildeten, doch m eisten B ohne den Dorn in der Ziehöffnnng. Letztere ist in einer goeaeiaernen trichterartigen „Ziehdöte", auch „Becher" genannt, Fig. 578, befindlich, welche eich raach in das Zieheiaen einsetzen und behnf der Anawechaelnng wieder herananehmen lässt (vergl. S. 536).

Wenn die Streifen im Ofen znr hellen Rotbginth erwärmt aind, wird der erste heranagenommen , doa Ende desselben mit einem Holz*

Fig. 578,

hnmmer über einem Dorne dfltenartig nmgeklopfl, wie ea Fig. 579 dar- stellt, dieses Ende durch das Ziehloch hin durchgesteckt und von der Scbleppzange erfasat. In diesem Augenblicke wird die Zange in die bereits in Umlauf befindliche Kette der Bank eingehängt und dadnrch der ganze Streifen daroh die ZiehdQte hindurchgezogen. Hierbei rollt sich derselbe natnrgemäsa zn einem Rohre msammen , indem die langen Kanton atnmpf gegen einander gedrückt werden. Nun wird das Rohr in den Scbweisaofen zurückgebracht und, während die übrigen in der- aelben Weise gerollt werden, zur Schweisshitae erwärmt. Ist dieaea ge- sobehen, so wird eine engere Dato in die Ziehbank eingesetzt, das Rohr ans dem Ofen genommen and hindurch gezogen. In Folge des verklei- nerten Durchmessers wird die Sahweiaafnge hierbei fest znaammenge- - preset und der Dnrchmesaer entsprechend verkleinert. Nun kommt das Rohr auf kurze Zeit in den Ofen zurück und zwar in umgekehrter Lage als vorher, so dass das vorher dem Fuchse angekehrte und deshalb weni- ger stark erhitzte Ende jetzt nach der Fenerbrücke zu gerichtet ist. Inzwischen wird die Düte abermals mit einer engem vertauscht, und dann das Rohr wiederum hindurchgezogen. Dieses Verfahren wird im Ganzen ungefähr fünf Hai mit stetig abnehmender ZiehöFTnong wieder- holt und durch das gleichzeitige Zusammenpressen der Fuge and Ans- ziehen des Rohrs die Schweissung voUendeb

812 Spedelle Tedinologie.

Nach dem letztan Zuge wird das noch Ruhende Bc^ gerade ge- richtet. Die hiem dienende Riehtmaachine besteht ans einer hcMrisoatal liegenden, staricen, gnsBeisemen Richtplatte, oberhalb weldier eine sveite gaaeeiaeme Phitte hin- nnd herbewegt wird und dadnrch das zwischen beiden befindliche Bohr in rollende Bewegung veiBetzt. Die bew^- liehe Platte ruht mit vier seitlich angebrachten Lanfradem auf zwei Gnsseisenschienen , welche yon je zwei senkrechten starken Schranben- spindeln getragen werden, so dass der Abstand beider Platten Ton einander entsprechend dem äossem Durchmesser des zn richten- den Bohrs dnrch Drehung der Spindeln mit Leichtigkeit geregelt wer- den kann.

Schliesslich werden die Enden des Bohrs beschnitten nnd anf der Schranbenschneidemaschine (s. nnten: Anfertigung der Schrauben) mit Gewinde yersehen.

Dieses für Anfertigung von Gasröhren, welche nur schwachem Drucke ausgesezt sind, ToUstandig ausreichende Yer&hren giebt bei Anfertigung von Siederöhren für hohen Druck einen weniger befrie- digenden Erfolg. Man pflegt deshalb die Herstellung dieser letzteren in folgender Weise auszufuhren. Um die Schweissung zu erleichtem, werden die langen Kanten der aus Blech geschnittenen Streifen schr&g abgehobelt, so dass sie beim Zusammenrollen nicht stumpf gegen ein- ander stossen, sondern sich auf einander legen (wie in Fig. 368 auf S. 466) nnd dadurch eine breitere Fuge bilden. Zum Bollen der so ▼orbereiieten Streifen dient ein Glühofen nnd eine Schleppzangenzieh- bank wie f&r die Gasrohre; die gerollten Bohre kommen nunmehr in ^ einen zweiten Ofen, um auf Schweisshitze erwärmt zu werden. Bis hierher unterscheidet sich das Verfahren wenig Ton der Anfertigung der Gasröhren; die nun folgende Schweissung aber geschieht nicht im Ziehwerke, sondern im Walzwerke. Die Walzen desselben pflegen nur je ein Bundkaliber zu besitzen, dessen Durchmesser gleich dem äussern Durchmesser des Bohrs ist; die Bänder des Kalibers laufen nahezu auf einander. Hierdurch entsteht eine scheibenartige Form der Walzen, wie aus Fig. 581 hervorgeht. Der Durchmesser der Walzen ist 550 bis 650 mm, die Anzahl der Umdrehungen 60 bis 130, je nachdem dickere oder weniger dicke Bohren gewalzt werden. In dem Kaliber der Wal- zen, auf der Unterwalze lose aufiruhend, befindet sich ein in der Sehale gegossener gusseisemer Dom a Ton der Form eines Paraboloids, der an seiner dicksten Stelle auf etwa 10 mm Länge cylindrisch gedreht und polirt ist, so dass der Durchmesser dieses cylindrischen Theils genau dem innern Durchmesser des herzustellenden Bohres entspricht; der Dorn ist an dem Ende einer Stange Bnndeisen befestigt, welche etwas länger ist als das Bohr, und sich mit dem andern Ende gegen eine ver- stellbare Platte stemmt. Das gerollte und zur Schweisshitze erwärmte Bohr wird in der Bichtung des Pfeils in Fig. 580 gegen die Walzen ge-

Schmiedeeiserne Röhren. 813

fahrt, bebt dabei den Dom bo viel empor, als die WandeUrke betrftgt, und wird dann in der ganzen L&nge aber denselben fortgeftlhrt. Dnrcb den Druck der Walzen von anssen and dei Doms von innen wird die Scbweiwang Tollendet. Das gegobweigste Rohr wird nnn abermals in einem

Fig. 580. Fig. 581.

GlQhofen anf Kirachrotbgluth erwärmt nnd mit der Scbleppzangenüieb- banlc langsam dnrcb ein Ziehloch mit Bcharfer Kante (Hartgossring) gezogen, dessen Dorcbmesser genau gleich dem äussern DnrchmesBer des fertigen Rohre ist; hierbei wird der beim Waisen entstandene Glühspan abgescbaht und die Oberfläche geglättet.

Die erkalteten Röhren werden durch Bearbeiten mit Holzhämmern gerichtet and, nachdem die Enden auf der Drehbank abgedreht wor- den sind, mit der Druckpumpe auf ihre Dichtigkeit and Festigkeit geprüft!).

Beim Legen von schmiedeeiaemen Gaaleitangen sind Belbatveretänd- lich ähnliche Fa^onstücke als f&r gnsseiseme Leitungen erforderlich, um Rohrenden zu verbinden, rechtwinklige Erftmmungen hervorzubringen, Abzweigungen anznlegan und dergleichen. Die Anfertigung dieser Stücke, welche noch von manchen Fabriken geheim gebalten wird, giebt ein anschauliches Beispiel, wie man oft mit sehr einfachen Hülfsmitteln ftberraschende Erfolge erreichen kann; and ea soll deshalb die Darstel- lungsweiss der übhchen aahmiedeeisemen Fagonstficke in Kurzem er- läutert werden.

^) Die Fabrikation schmiedeeinemac DnmpfkesBeliiederÖkren , von C. von Schwarz. Zeitschrift des berg- und hüttenmänaiscben Vereins ihr Bteiermark und Kämtheti, Jahrgang ISTT, S. TT.

814 Specielle Technologie.

Die Anfertigung von Mafien snr Verbindung sweier Robrenden btet«t DichU Besonderes. Han rollt ein entsprechendes Stüok Flacheisen mit abgeschr&gten Enden lOMmmen , schweisst die Enden über einem Dorne nnd scbneidet Hchliesalicb das Gewinde ein. Redncttonsiunffen (znr Verbindung zweier Röhrenden von rerschiedenen DnrchnietserD) werden ebenso gefertigt nnd scUiesslicb an dem einen Ende Ober einen zweiten engern Dom geticbmiedet.

Knie stücke. Die Fignren 562 bis 586 veranscbanlichen den Gang bei der Herstellung derselben. Ein Stück Flacheisen wird Knnächet wie in Fig. 582 ansgeschmiedet , die beiden mit xx bezeichoeten Ecken

^

zn danneren vorstehenden Lappen ansgestreckt, die gegen übe rtiegende Seite yy des Rechtecks in der Mitte bei h mit einem Einschnitte ver-

sehen, die eine (linke) Hälfte desselben etwas verkOrzt, und scblieaslicb beide Hälften an der Kante etwas abgeschrägt. Das so vorgerichtet* und zur Rothglnth erwärmte Stück wird nun längs der Linie a & über einen Dom gebogen und die abgeschrägten Kanten yhy um 90 Grad einwärts gebogen, wodurch eine Form wie Fig. r>83 entsteht. Durch fortgesetzte Biegung über dem Dorne, bis die Kanten yfcy über einander greifen, entsteht die in Fig. 584 abgebildete Gestalt. Der bei h in Fig. 58d gegebene Einschnitt verhütet hierbei eine zn starke Materialanhäofung an dem Eckpunkte. Nun wird Schweisahitze gegeben , die beiden Lap- pen xz werden einwärts über einander gezogen, wodnrch zwei cor- respondirende Rohrstatzen entstehen, und mit Hülfe eines Doms nnd

Schmiedeeiserne Röbreo. 815

Setzhammera .wi» in Fig. 585 «UBgeBohmiedet. SchlieasHch wird du Stück änsserlich im Gesenke nachgearbeitet, der Giahapan and Qrat durch gröblichea Befeilen entfernt, die Kanten auf der Drehbank gerade gedreht nnd das Schraubengewinde eingeschnitten (Fig. 586).

T-Stücke. Ein Stück Flacheisen wird dorch achrfiges Abhanen der Ecken nnd Znachärfen der dadurch entstandenen Kanten ufo, xx u. s. f. wie Fig. 587 geformt nnd dann über einem Dome längs der Linie ab gebogen, so dass es die Gestalt Fig. 588 erk&lt. Indem man jetat die

Fig. 067. Kg. 588.

Kante te einwärts biegt nnd über die ebenfalla einwärts gebogene Kante XX zieht (Fig. 589) nnd dann ebenao mit den gegenüberliegenden Kan-

ten yy and wk verfährt, wird der Stntzen gebildet, deaaenFngendann, wie ea Fig. 590 zeigt, in Schweiaahitze über dem Dome mit dem Setz- hammer vereinigt werden. Schliesslich wird das so entstandene T-Stück im Gesenke vollendet, aof der Drehbank an den Kanten abgestochen und mit Gewinde versehen (Fig. 591).

Kreninngsstücke. Znr Herstellung derselben schmiedet man zonächst in ganz derselben Weise, wie soeben beschrieben wurde, ein T-Stück, haut oder achneidet daaselbe an der dem Stntzen gegenüber- liegenden Seite durch einen der Achse parallelen Schnitt (vergl. Figur 592, a. f. S.) der ganzen Länge nach auf, biegt die durch den Schnitt getrennten Enden aof, so dass sie eine gerade Fläche bilden, anf weleher der Stutzen a senkrecht steht, schmiedet die vier Ecken dieses Stückes gerade so ans, wie diejenigen des Flacheisenstücks, Fig. 587, nnd erhält

816 Specielle Technologie,

dadurch ein eben solches Stück wie dieees, aar mit einem in der Hitte

desselbea befindlichen Kohrstntzen. Die weitere Ventrbeitnng stimmt

Fig. 592. Fig. 593.

6 ik

nun ganz mit derjenigen fiberein, dnrch welche ein T-StQck entstand.

Man biegt das Eisenstück nach -der dem Stutun entgegengesetzten Seite

Fig. 594. Fig. 595.

nm, legt erat ein Paar abgeschrägter Ecken ttber einander, wie in Figar 593, dann auch das gegenüberstehende Paar nnd bildet in aolcher Weise einen neaen Stntzen (Fig. 594); nun wird gesobweisst and fibrigeua gkuz ebenso verfahren wie bei den übrigen Stücken.

Knpferröhren.

Die einfachste DarsteUangs weise von Kupferriibren ist die, dass man einen Streifen Kupferblech zusammenrollt, die Fuge verlöthet und das in dieser Weise enistandeue Rohr auf der Schleppzangenziehb&nk ohne starke Streckung auszieht, am es au richten nnd insbesondere, nm eine Tollständige Rundung hervorzubringen.

Solche Röhren sind aber nicht ^r alle Fälle zu gebrauchen ; ins- besondere dann nicht, wenn eine bedeutende Dichtigkeit und Feetigkeit verlangt wird, weil die gelöthete Stelle in dieser Beziehung niemals eine vollkommene Sicherheit bietet. Auf dieser Th&tsaobe beruht die An- fertigung der sogenanaten Enpferrdhren ohne Naht. Dieselben lassen sich in zweierlei Weise darstellen.

Kupferröhren. 817

Bei der altem einfachem Methode giesst man einen hohlen Enpfer- cjlinder mit dicker Wan^st&rke und streckt denselhen durch Ausziehen auf der Schleppzangenziehbank oder im Böhrenwalzwerke wie es für ge- Bchweisste Eisenrohre benutzt wird. Die bekannte Schwierigkeit jedoch, aus Kupfer blasenfreien, dichten Guss zu erhalten, bildet eine schwache Seite dieses an und fiLr sich einfachen Arbeitsverfahrens. Auch die An- wendung eines hohen verlorenen Kopfes erfüllt in diesem Falle den Zweck nur unvollkommen. Ein anderer angewendeter Kunstgriff, um dichten Gnss zu erzielen, ist der, dass man die offene Oussform zunächst ohne Kern mit flüssigem Metalle anfüllt und dann erst von oben her den Kern einsenkt; oder man giesst einen vollen Gylinder und bohrt die Höhlung nach dem Erkalten aus. Letzteres Verfahren dürfte zwar das sicherste sein, giebt aber einen erheblichen Abfall von zerspantem Metall.

Dieser Uebelstand gab Veranlassung zu der Einführung eines* zweiten Verfahrens, auf der Umformung des schon gehämmerten und dadurch verdichteten Kupfers im ungeschmolzenen Zustande beruhend. Aus höchstrafßnirtem, reinem, also dehnbarem Kupfer stellt man durch Bearbeitung im Kupferhammer kreisrunde flache Scheiben von 15 bis 20 mm Stärke dar mit einem runden Loche in der Mitte, dessen Durch- messer etwas kleiner ist als die lichte Weite des Rohres werden soll. Diese Kupferscheiben bilden das Material fär die fernere Verarbeitung. Die Umformung derselben durch Aufziehen Aufbiegen des Randes zu rÖhrenf5rmigen Körpern wird genau in der auf Seite 178 beschrie- benen Art und Weise vorgenommen. Eine hydraulische Presse mit einer Leistung von 300 Atmosphären Druck nebst einer Anzahl entsprechend geformter Stempel und Matrizen dient als mechanisches Hilfsmittel fELr die Formgebung. Denkt man sich die in den Figuren 378 und 379 auf Seite 478 abgebildete Scheibe in der Mitte gelocht, so kann Fig. 378 die gehämmerte Materialscheibe vorstellen, während Fig. 379 das erste Stadium der Umformung veranschaulicht und Fig. 380 die Art und Weise vergegenwärtigt, in welcher diese Umformung vorgenommen wird. Die durch das einmalige Pressen mit aufgebogenem Rande versehenen Kupfer- Bcheiben haben in Folge dieser Formveränderung an Dehnbarkeit ver- loren und kommen aus diesem Grunde in einen Glühofen, um auf Roth- gluth erhitzt und dann in Wasser abgelöscht zu werden, wodurch sie ihre frühere Dehnbarkeit wieder erlangen. Inzwischen werden der an der Kolbenstange befestigte Stempel und die Matrize der hydraulischen Presse mit etwas kleineren im Durchmesser vertauscht. Li Folge hiervon entsteht bei der nun folgenden zweiten Pressung ein höherer Rand und verkleinerter Durchmesser des Kupferringes. Es folgt abermaliges Aus- glühen und abermaliges Auswechseln von Stempel und Matrize. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis ein röhrenförmiger Körper von 22 bis 30 mm innerm Durchmesser aber bedeutend grösserer Wandstärke und geringerer Länge entstanden ist, als das fertige Rohr besitzen soll.

Ii e d 0 b n r , maelumiBeh-metalliszgiMbe Technologie. 52

818 Specielle Technologie.

Eine der wichtigsten Bedingungen fnr das Gelingen dieser Arbeit ist natürlich neben der erforderlichen Gdte.des Kapfers die rich- tige Abstufung in den Dorchmessem der sor Anwendung kommenden Stempel nebet Matrizen, weil sn starke üebergänge Faltenbildong oder Zerreissen, zu sehwache Yerthenerang der Arbeit sor Folge haben würden.

Das so weit fertige dicke Rohr wird nun nach dem lotsten Aas- glühen mit Hilfe der aof S. 532 abgebildeten Schleppsangenxiehbank gestreckt and in seiner Wandstärke Terdünnt. Za diesem Zwecke schiebt man den Dom n nach rechts, 1^ das Rohr swisehen der Hatte o and dem Zieheisen ein, schiebt den Dom, welcher cor Begrensong des Darch- messers im Lichten dient, sammt seiner Stange bis an das Tordere Ende des Rohres, so dass er die in der Abbildong ersichtliche Lage erhalt and dort darch den am andern Ende seiner Stange befindlichen, gegen o sich legenden Kopf festgehalten wird, and sieht non das Rohr in seiner ganzen Lange darch das Eisen hindorch. Zorn Erfassen des Rohrs mit der Zange steckt man einen schmiedeeiaemen Kloben in die Tordere Oeffnnng desselben, welcher sich hinter den beim Pressen gebliebenen Rand des Rohres legt and in solcher Weise dasselbe hinter sich drein zieht. Das Ziehen wird so lange mit immer kleiner werdender Zieh- ofTnang wiederholt, bis der gewünschte Durchmesser erreicht ist.

Blei- and Zinnröhren.

Dieselben lassen sich ebenso wie Kupferröhren darch Ausstrecken eines gegossenen dicken Hohlcylinders auf der Ziehbank oder im Walz- werke darstellen. Diese ältere Methode hat jedoch längst einem Ver- fahren Platz gemacht, welches als ein interessanter Uebergang zwischen der Formgebung im geschmolzenen und der Formgebung im ungeschmol- zenen Zustande eine etwas ausführlichere Besprechung verdient.

Fig. 596 stellt den für die Anfertigung dienenden Apparat die Bleiröhrenpresse dar. a ist ein hydraulischer Gylinder mit dem Kolben b, und durch das rechts erkennbare Druckrobr erhält derselbe Ton einer in dem Arbeitsraume aufgestellten doppelt wirkenden Druck- pumpe aus das Betriebswasser, welches den Kolben empordrückt und nach beendigtem Hube durch das Gewicht desselben wieder zorück- gedrückt wird, sobald man das betreffende Ventil öffnet. Der von dem Kolben ausgeübte Druck muss bis 150 000 kg betragen können. Oberhalb des Kolbens und mit demselben aus einem Stücke gegossen befindet sich ein zweiter Kolben c von kleinerm Durchmesser, welcher in dem glatt ausgebohrten, zur Aufnahme des flüssigen Metalls bestimmten Cylinder d sich bewegt. An dem obem Ende dieses Kolbens ist genau centrisch ein Stahldom e eingesetzt, dessen Durchmesser gleich dem innem Durch- messer des anzufertigenden Rohrs ist. Zu oberst ist der Cylinder d durch

Bleiröhren. 819

fliDen gleichfalls znin Anawechseln eingerichtet«!! Deckel / mit einer cen- triscben trichterartigen Oeffonng geacliloflsen , deren Icleiuster Dnrch- mesBer dem Koasern DnrclimesBer des anzufertigenden Rohres entapricbt. Zar Aufnahme dea ausgeübten Dmcks dient BchliesBlich der oberhalb des Deckels / befindliche Preasfaolm i mit entsprechend weiter Dnrohganga- Sffnang für das entstehende Rohr, welcher durch zwei krftftige Schrauben

Pig. 596.

mit dem Prencylinder verbanden ist und sich ohne HQhe entfernen l&sst, damit der Cylinder d sugänglicb bleibe. Znr ünterstQtsnng des Cylin- den d dient schlieulicb der in der Uitte swischen Presscytinder nnd Preisholm eingeschaltete gnsseiseme Tisch t.

Bei einer andern für die Handhabung vielleicht bequemem Con- strnction dieser PreBsen befindet, «ich der Preesbolm nnterbalb des Cjlinders d an Stelle des Tischee, so dass der Cflinder frei steht nnd

820 Specielle Technologie.

leichter zugänglich ist; selhstverstandlich muss hierbei für eine genü- gende Befestigung des Cy linders auf dem Holme sowie. des Deckels auf dem Cylinder gesorgt werden, um ein Abreissen durch den Druck des Kolbens unmöglich zu machen.

Wenn die Arbeit beginnen soll, wird der Cylinder d mit geschmol- zenem Metalle gefüllt und die Presse in Bewegung gesetzt. Der Kolben steigt empor und drückt das Metall in ununterbrochenem Strome durch die ringförmige Mündung zwischen der Oefihung des Deckels / und dem Dorne e heraus. Hierbei ist es nun von Wichtigkeit, dass das Metall, im Innern des Cy linders flüssig, im Augenblicke des Herauskommens erstarre, um seinen Zusammenhang zu bewahren, eine Bedingung, die sich bei einiger Üebung ohne Schwierigkeit erfüllen l&sst. Die Länge des bei einem Hube der Maschine entstehenden Rohrs ist natürlich ab- hängig Von seinem Durchmesser, seiner Wandstärke und dem cubischen Inhalte des als Behälter dienenden Cylinders d. Je kleiner der Durch- messer und die Wandstärke sind, desto grösser fallt die Länge aus, und man hat in dieser Weise 6 mm weite Bohren in einer Länge bis zu 250 m dargestellt. Oberhalb der Presse pflegt eine Trommel mit horizontaler Achse aufgestellt zti sein, auf welcher das herausgekommene Bohr auf- gewickelt wird. Die Bewegungsgeschwindigkeit des letztem verhält sich zu deijenigen des Kolbens wie die Länge des Rohrs zu der Hubhohe; hieraus folgt schon, dass die Kolbengeschwindigkeit eine verzögerte sein muss, so dass man durchschnittlich 30 Minuten als Zeitdauer eines Hubes, entsprechend der Anfertigung eines Rohres, rechnen kann. Damit nun während dieser Zeit das im obem Cylinder eingeschlossene Metall nicht vorzeitig erstarre, ist derselbe von einem Kohlenbehälter g eingeschlossen, welcher mit glühenden Holzkohlen angefüllt wird, um den obem Theil des Cylinders (in welchem das Metall vor dem Heraustreten sich befindet) warm zu erhalten.

Wenn der Hub beendet ist, zieht man das Ende des Rohrs von dem aus dem Holme vorstehenden Dome ab, lässt den Kolben sinken und füllt den Cylinder d mit frischem Metalle, um in derselben Weise ein neues Rohr zu fertigen.

Bisweilen werden innen oder aussen verzinnte Bleirohre verlangt, um sie vor chemischen Einwirkungen zu schützen. Die Verzinnung lässt sich sehr leicht mit der Darstellung verbinden. Man schmilzt das Zinn und giesst eine genügende Menge desselben, sofern die Verzinnung im Innern des Rohres statthaben soll, beim Herauskommen des Rohrs in die Mündung desselben, wo es, da der Dom das Hinunterfallen in den Cylinder verhindert, wie in einem Gefasse eingeschlossen ist. Die Innen- fläche des Rohres tritt also in demselben Augenblicke, wo sie von dem langsamer fortschreitenden Dorne abgleitet, mit dem flüssigen Zinn in Berührung und überzieht sich hierbei mit einer dünnen Zinnschicht-. Soll dagegen die Aussenseite verzinnt werden, so giesst man das flüssige Zinn auf den Holm rings um das austretende Rohr. Der niedrigere

Schrauben und Schraubenmuttern. 821

Schmelzpunkt des Zinns ermöglicht es bei diesem Verfahren, dass das- selbe durch die stetig emenerte Berührung mit dem heissen Rohre flüssig erhalten wird, ohne das Bohr selbst wieder zum Schmelzen zu bringen.

Anfertigung der Schrauben und Sohraubenmuttem.

Aus giessbaren Metallen lassen sich Schrauben und Muttern ohne Weiteres durch Giessen herstellen; doch sind diese Fälle im Allgemeinen nicht häufig. Bei Anwendung von Sand- oder Masseformen ist es un- möglich, den Schraubengewinden denjenigen Grad yon Genauigkeit zu geben, welcher für alle feineren Schrauben erforderlich ist; beim Giessen in starren Gussschalen würde bei allen stärker schwindenden Metallen ein Abreissen der Gewinde zu befürchten sein, bevor der Abguss aus der Form entfernt werden kann. Grobe Pressschrauben für Saftpressen und dergleichen aus Gusseisen oder Bronze giesst man in Masse- oder Lehm- formen nach einem Modelle oder auch ohne Modell mit Hilfe von Schablonen; Zinnschrauben (meistens als Verschlüsse dienend) giesst man in gusseisernen oder messingenen Gussformen, weil der geringe Schwin- dungscoefßcient und die Nachgiebigkeit des Zinns ein Zerreissen nicht befürchten lassen, und erreicht dabei, wenn die Gussform genau gear- beitet ist, scharfe und ausreichend genaue Gewinde. Auf Seite 306 wurde bereits erörtert, wie man beim Gusse solcher Zinnschrauben durch Anwendung des sogenannten Heissgusses und Abkühlung der Form von aussen die Entstehung scharfer Schraubengänge und dichten Gusses be- fördere.

Für die überwiegend grösste Zahl der überhaupt im technischen Leben zur Verwendung kommenden Schrauben bildet aus naheliegenden Gründen schmiedbares Eisen (Feinkorneisen oder weicher Stahl) das Material, und für diese ist schon in Rücksicht auf die Arbeitseigen- schaften des genannten Metalls die Anfertigung durch Giessen ausge- schlossen. Durch Schmieden im Gesenke lässt sich eine Schraube dar- stellen; dieselbe leidet aber an dem nämlichen Fehler als die durch Giessen angefertigte, nämlich einer unvermeidlichen Ungenanigkeit der Gewinde, und daher kann auch diese Methode nur für ganz rohe Formen in Anwendung kommen.

In den allermeisten Fällen wird die Anfertigung der Schraube durch Einschneiden des Gewindes an dem Umfange eines vollen Cy linders, die Anfertigung der Schraubenmutter durch Einschneiden des Gewindes an der Innenfläche einer entsprechend weiten Cylinderöflnung mit Hilfe ge- eigneter Werkzeuge oder Maschinen bewirkt, und auf diese Weise ist es allein möglich, den Schraubengewinden den für die meisten Zwecke erforderlichen Grad von Genauigkeit zu geben.

Bevor die verschiedenen für die Herstellung der Schraubengewinde durch Schneiden benutzten Verfahrungsweisen besprochen werden können,

822 Specielle Technologie.

wird es erforderlich sein, auch anf die voransgehende Formgehong, durch welche der Schranbenholzen beziehentlich die Schranbenmaiter ihre erste äussere Form erhalten, einen Blick zu werfen ; und zwar sind hierbei vor- zugsweise diejenigen Schrauben ins Auge gefasst ^ und diese bilden die Mehrzahl aller überhaupt benutzter Schrauben , welche zur Ver- bindung zweier getrennter Stücke dienen sollen, bei denen also die Mutter in Rücksicht auf ihre Drehung durch den Schraubenschlüssel sechsseitig prismatische Form zu besitzen pflegt, während die Schrauoe mit einem gleichfalls sechsseitigen oder häufiger vierseitigen Kopfe versehen ist.

Bei der Anfertigung im Einzelnen werden die Schraubenbolzen und Muttern mit dem Handhammer geschmiedet. Gewöhnlich benutzt man zur Herstellung der Bolzen einen Rundeisenstab von der Stärke, welche der rohe Schraubenbolzen erhalten soll, rollt ein Stück Flacheisen zu einem Ringe zusammen, schweisst denselben auf das Ende des Rund- stabes, schmiedet ihn in einem Gesenke vier- oder sechskantig aus und haut dann den Bolzen in entsprechender Länge von dem Stabe ab. Bei kleineren Schrauben schmiedet man auch wohl aus einem Eisenstücke, welches den Querschnitt des Kopfes besitzt, durch Ansetzen und Strecken (S. 464) den Schaft ans; oder man dreht, insbesondere wenn sehr genaue Arbeit verlangt wird, auf der Drehbank so viel Metall unterhalb des Kopfes ab, bis die Schaftstärke herauskommt. Geschmiedete Schrauben- muttern werden in ganz ähnlicher Weise gefertigt wie die geschmiedeten Bolzen, nur benutzt man statt des Rundeisens einen eisernen Dom, welcher, nachdem der Ring zusammengeschweisst und im Gesenke ge- schmiedet worden ist, herausgeschlagen wird und somit das durchgehende Loch in der Mutter zurücklässt. Sehr grosse Schraubenmuttern schmiedet man dagegen massiv und bohrt die Oeffnung hindurch.

So vollkommene Resultate hinsichtlich der Qualität der dargestellten Waare diese Handarbeit auch zu liefern im Stande ist, so ist sie in den Fabriken, welche die Anfertigung von Schraubenbolzen und Muttern als Specialität betreiben, doch meistens durch Anwendung von Maschinen verdrängt« Dieselben sind theils Schmiedemaschinen nach Art der auf Seite 459 und 460 abgebildeten, mit Gesenken, in welchen die Form des Bolzenkopfs oder der Mutter ausgebildet wird, und einem Paar Meeser (Schrotmeissel), welche das fertige Schmiedestück von der als Material dienenden Stange trennen ^), oder häufiger Pressen, deren Stempel durch ein Excenter oder durch hydraulischen Druck bewegt werden, welche das schweisswarme Ende des hineingesteckten Bolzens stauchen und durch densdben Druck mit Hilfe eines passenden Gesenkes (Matrize) zu dem Kopfe ausbilden. Eine solche Maschine liefert täglich (in zehn Arbeits- stunden) 3000 bis 8000 Schraubenbolzen.

^) AbbilduDgen einer solchen SchnüedemaBchine für Bolzen und Mutteni in Dingler*s polytechnischem Journal Bd. 196, S. 500.

Schrauben und Schraubenmuttern. 823

Die Schraabenmattem dagegen werden häufig durch Abschneiden von entsprechend fa^onnirtem gewalztem Eisen hergestellt, wie es Fig. 697 darstellt. Der betreffende Quadrateisenstab wird roth- glühend in periodischen Kalibern zu der skizzirten Form ausgewalzt, durch Schnitte nach den punktirten Linien die Muttern losgetrennt und gelocht. Auch durch Ausstossen aus dem vollen Eisenstabe oder Bleche lassen sich Muttern herstellen, immerhin aber nicht ohne Materialverlust

Yig^ 597. durch Schrote, während

in der skizzirten Weise

aller Verlust vermieden

wird.

Endlich lassen sich auch

aus Sechskanteisen durch Schnitte, welche rechtwinklig gegen die Achsenrichtung geführt werden, Muttern abtrennen, die entweder nachträglich gebohrt und weiter bear- beitet werden oder auch schon vor dem Lostrennen durch Bohren etc. der ganzen Stange ihre Form erhielten.

Die geschmiedeten, geprägten etc. Schraubenbolzen werden, wenn sehr genaue Arbeit erforderlich ist, insbesondere auch, wenn flache Schraubengänge geschnitten werden sollen, zur Herstellung genauer Gylinderflächen auf der Drehbank abgedreht, die Muttern mit der Reib- ahle ausgeräumt; für gewöhnliche Zwecke, insbesondere bei Anfertigung von Yerbindungsschrauben, ist diese Arbeit meistens entbehrlich und man geht ohne Weiteres daran, das Gewinde zu schneiden.

Für diesen Zweck dient, wie bei allen Trennungsarbeiten, ein stäh- lernes Werkzeug, von Hand oder durch Maschinen geführt, mit entspre- chender Schneidkante versehen; zwischen Arbeitsstück und Werkzeug ist, wie gewöhnlich, eine doppelte Bewegung erforderlich, eine Drehung als Hauptbewegung und ein ununterbrochen thätiger Vorschub als Schaitbewegung. Das Verhältniss zwischen beiden Bewegungen oder mit anderen Worten das Maass der Schaitbewegung während eines einmaligen Umgangs bestimmt die Ganghöhe der Schraube und Mutter. Die Form der Schneide, entspricht hierbei gewöhnlich dem Profile eines Schrauben- gängs; sie ist spitz, aus zwei unter einem Winkel von 53 bis 60 Grad zusammentretenden Schneidkanten gebildet (Fig* 430 auf S. 554) für sogenannte scharfe Gewinde; rechtwinklig, aus drei unter rechten Winkeln zusammentretenden Sohneidkanten bestehend (wie in Fig. 429 auf S. 554) für sogenannte flache Gewinde ^).

Nun ist aber die Tiefe des Schraubengangs meistens eine solche, dass es ans früher erörterten Gründen unzweckmässig sein würde, durch

1) Bei der sogleich zu besprechenden Anwendung der Feile zum Einarbeiten der Schraubengewinde findet von dieser Begel insofern eine Ausnahme statt, als hier nicht die Fonn des einzelnen Zahns, sondern die Form der mit Zähnen besetzten Fläche und die Art der Handhabung der Feile das Profil des Schrau- bengewindes ausbildet.

824 Specielle Technologie.

Abnahme eines einzigen starken Spans dasselbe auszuarbeiten und man es meistens vorzieht, mehrere schwache Späne nach einander loszutrennen, bis die erforderliche Gangtiefe erreicht ist. Zu diesem Zwecke lässt man entweder das Werkzeug nach beendigtem einmaligen Durchgange eine Ruckbewegung normal gegen die Fläche des Arbeitsstacks und dacn einen zweiten Schnitt ausfCkhren; oder man versieht das Werkzeug nh mehreren nach einander zur Wirkung gelangenden Schneiden, deren folgende stets um das Maass einer Spanstärke länger ist als die voraus- gegangene, so dass bei der Arbeit unmittelbar ein Span nach dem andern losgetrennt wird. Selbstverständlich müssen in diesem Falle die auf ein- ander folgenden Schneiden um das Maass der Ganghöhe von einander entfernt sein, welche die anzufertigende Schraube oder Mutter erhalten solL

Die gebräuchlichsten zum Schneiden der Schraubengewinde ange- wendeten Werkzeuge und Geräthe sind folgende.

Die Feile (nur üXt Schraubenspindeln, nicht für Schraubenmuttern verwendbar). Auf der Aussenfläche des cylindrischen Stifts (der Spindel, des Bolzens) wird mit der Reissnadel die Schraubenlinie angezeichnet und dann mit einer dreikantigen Feile das Gewinde längs dieser Linie eingefeilt. Das Verfahren ist zeitraubend und auch in Rücksicht auf die Kostspieligkeit der Feile nicht billig; dennoch findet es nicht seltene Anwendung, wenn einzelne Holzschrauben (welche in Holz eingeschraubt werden, also keine Mutter erhalten) gefertigt werden sollen; z. B. in Eisengiessereien für das Herausheben hölzerner Modelle und dergleichen.

Flg. 598.

Das Bchneideisen oder die Schneidklinge Fig. 598. Eine flache gehärtete Stahlplatte, 50 bis 150 mm lang, 15 bis 50 mm breit mit einem Stiele an einer oder auch an beiden Seiten enthält eine Anmihl dnrrli- gehender kreisrunder Löcher von verschiedenen DurchmesBem mit Muttergewinde; und zwar sind dieselben derartig angeordnet, dass die feinsten am vordem Ende des Schneideisens » wo dasselbe die geringet^ Stärkeabmessung besitzt, die gröbsten am Stielende sich befinden, bis wohin das Schneideisen keilartig stärker wird. Erfahrungsgemäss soll nämlich jedes Schraubenloch drei bis höchstens fllnf Schraubenginge enthalten. Da aber die Feinheit des Gewindes mit dem Lochdurchmesstf ab- und zunimmt, muss, damit jener Bedingung genOgt werde, auch dje Stärke der Platte zu dem Lochdurchmesser in bestimmtem Yerhältnis» stehen und beträgt Vs his Vi desselben. Um Schneidkanten zu büdes und zugleich das Austreten der Spänchen zu ermöglichen, sind dk

Schrauben und Schraubenmuttern. 825

grösseren Löcher meistens mit zwei radial gerichteten seitlichen Ein- schnitten versehen; bei den kleinsten Löchern fehlen dagegen gewöhnlich diese Einschnitte. Bei der Benntznng legt man das Schneideisen mit der entsprechend weiten Oeffhnng in horizontaler Lage auf die im Schraubstocke aufrecht befestigte, mit Oel benetzte Spindel (Draht) und dreht sie, anfänglich mit schwachem Drucke, im Kreise herum; oder man erfasst die Spindel mit dem Feilkloben und dreht sie in dem festgehal- tenen Schneideisen. Es ist einleuchtend, dass innerhalb derjenigen Löcher des Schneideisens, welche jene erwähnten Einschnitte an der Seite nicht besitzen, auch von einem eigentlichen Schneiden gar nicht die Rede sein kann, die Gewinde vielmehr fast nur durch Pressen ausgebildet werden, indem die erhabenen Gänge des Werkzeugs sich in das Material ein- drücken, dasselbe zur Seite schieben und so das Profil des Schrauben- gangs erzeugen; die trotzdem entstehenden Spänchen werden vorzugs- weise durch die Unebenheiten in den Schraubengängen des Werkzeugs losgetrennt. In Folge dieses Vorgangs wird der äussere Durchmesser der erzeugten Schraube etwas grösser ausfallen als derjenige der be- nutzten Spindel. Aber auch in jenen Schraubenlöchern, welche durch die radialen Einschnitte Schneidkanten erhalten hatten, ist die Wirkung der letzteren in Rücksicht auf den stumpfen Schneidwinkel keineswegs kräftig. Daher ist das Schneideisen nur zur Herstellung feiner Schraubengewinde an dünnen Spindeln zu gebrauchen für diese sogar unentbehrlich und man rechnet 5 mm Durchmesser der Schraube als das Maximum, bei welchem das Schneideisen noch Verwendung finden kann.

Die Schneidbacken oder'Schraubenbacken. Dieselben können als eine durch zwei oder drei senkrechte Schlitze in eben so viele Theile zerlegte Schraubenmutter aus gehärtetem Stahle gedacht werden, wobei an den Darchsohnittsstellen jener Schlitze mit der Innenfläche der Mutter Schneidkanten gebildet werden. Hierbei ist nun zu beachten, dass eine grosse Länge der Schneiden (in der Bewegungsrichtung ge- messen) nicht allein überflüssig ist, sondern durch erhöhte Reibung sogar nachtheilig wirkt, es also zweckmässig ist, durch grössere Breite der Einschnitte, wodurch zugleich das Austreten der Spänchen erleichtert wird, die Schneiden zu verkürzen. Man giebt also bei einer Theilung durch zwei Schnitte jeder der entstehenden beiden Backen einen Bogen von 90 bis 120 Grad. Vortheilhafter ist es jedoch, statt der zwei Backen deren drei, also ebenso viele Einschnitte anzuwenden, wodurch nicht allein die Reibungsfläche zwischen Werkzeug und Arbeitsstück noch mehr verringert und das Austreten der Späne noch mehr erleichtert, sondern auch die Genauigkeit des Schneidens befördert wird, da jetzt drei Angriffspunkte vorhanden sind, welche den Kreis festlegen. In diesem Falle genügt es, den Schneiden Bögen von 10 bis 35 Grad zu geben.

Die Nothwendigkeit, die Schneiden einander nach beendigtem ein- maligem Schnitte zu n&hem, um einen zweiten Schnitt auszuführen, ist

826 Specielle Technologie.

die Veranliissiuig, daas zwei« beziehenÜich drei Tollständig selbBtatändige, durch jene Einschnitie oder Furchen von einander getrennte Theile, welche ehen Backen genannt werden, erforderlich sind; um jedoch das Schneiden noch femer zu erleichtem, ist es, besonders bei Anwendung Ton nur zwei Backen, ablich, jede derselben mit noch einem kurzem, in dem ToUen Metalle ausgespartem Einschnitte zu Tersehen (aa in Fig. 599 Ä). Legt man die Begrenzungslinien der die Schneidkanten

Für. 599. erzeugenden fanschnitte

(in Fig. 599 die kurzen Linien xy) radial, so wird der Schneidwinkel = 90 Grad, die Wirkung mithin eher schabend als schnei- \ /' dend. Zweckmässiger

^"A^'' dürfte es daher sein, eine

^ Zuschärfung des Schneid-

winkels anzubringen, indem man den Einschnitt durch eine Sehne begrenzt, wie es die Linie vn in Fig. 599 B andeutet Die Schneidbacken für flache Gewinde pflegen 5 bis 6, diejenigen für scharfe Gewinde 6 bis 15 Schraubengänge über einander zu enthalten. Der Hauptschnitt wird also nur durch die Schneide des untersten Ganges ausgeführt; die folgenden Gänge laufen in dem entstandenen Einschnitte weiter und sichern dadurch die normale Vorwärts- (Schalt-) bewegung der Backen gegen das Arbeitsstück. An denjenigen Stellen des durch die erste Schneide erzengten Gewindeganges, wo der Schnitt unvollkommen ausgefallen war, kommen jedoch auch die Schneiden der oberen Gänge zum Angriffe, abermals Spänchen abnehmend und die Arbeit veryoU- kommnend.

Der Hauptyortheil der Schneidbacken gegenüber dem Schneideisen liegt in ihrer Yerstellbarkeit gegen einander, welche es möglich macht, durch mehrere nach einander aasgeführte Schnitte mit immer mehr ge- näherten Schneiden weit tiefere Gewinde als mit jenem zu schneiden. Diese Eigenthümlichkeit macht die Backen (nebst dem sogleich zu be- sprechenden Geräthe zur Handhabung derselben) zu dem am meisten be- nutzten Werkzeuge beim Schneiden von Schrauben mittlem Durch- messers; eben jene nothwendige Verstellung der Backen gegen einander büdet aber eine Ursache, dass vollständig genaue Gewinde mit Hilfe der Backen nicht geschnitten werden können. Es wird dieses sofort ein- leuchten, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Steigungswinkel des SchraubengangB, welchen die Schneide der Backen auf dem Umfange der Schraubenspindel beschreibt, immer grösser wird, je tiefer die Schneide eindringt, je näher die Backen einander gestellt werden; denn da die Höhe des Ganges stets dieselbe bleibt, die Länge des Wegs der Schneide bei einmaligem Umgange aber immer kürzer wird, muss der Steigt&ngs-

Schrauben und Schraubenmuttern. 827

winkel wachsen. Wenn r der Halbmesser der Spindel bis an die Innen- kante des Gewindes (Halbmesser des Kerns), 8 die Tiefe des Gewindes, also r -{- 8 der Halbmesser bis an die Anssenkante des Gewindes, und h die Höhe des Scbraubengangs ist, so ist die Tangente des Steigungs- winkels a der Schneide beim Beginne des Schnitts

h ^ 2 (r +- »)ä

und die Tangente des Steigungswinkels ß bei Vollendung des Gevrindes

Je tiefer der Schraubengang (je grösser s) und je bedeutender die Höhe ist, desto merklicher wird dieser Unterschied ausfallen; also bei Schrauben mit mehreren Gängen und mit flachem Gewinde empfindlicher sich zeigen als bei den gewöhnlichen eingängigen Schrauben mit scharfem Gewinde. Beispielsweise möge erwähnt werden, dass bei einer Schraube mit flachem Gewinde von 24 mm äusserm, 18 mm Kerndurch- messer und auf 24 mm Länge mit vier Schraubengängen der Unterschied des Steigungswinkels IV2 Grade, bei scharfem Gewinde mit acht Gängen auf 24 mm Länge Y2 Grad beträgt ^}.

Zur Befestigung beziehentlich auch Bewegung der Schneidbacken bedarf es einer Vorrichtung, mit deren Hilfe man zugleich im Stande sein muss, die Näherung derselben gegen einander nach einmaligem Schnitte auszuführen. Für Handarbeit dient für diesen Zweck die Kluppe, Schraubenkluppe oder Schneidkluppe. Dieselbe wird durch einen Rahmen aus Schmiedeeisen oder Messing gebildet, mit einer oder häufiger zwei Handhaben versehen, in welchen die Backen sich leicht in entsprechender Lage einsetzen und mit Hilfe von Führungsleisten in derselben Ebene gegen einander verschieben lassen. Eine für zweibackige Klappen ge- bräuchliche, wenn auch nicht gerade sehr vollkommene Einrichtung der Kluppe ist in Fig. 600 (a. f. S.) abgebildet und wird einer Erläuterung nicht bedürfen. Die Druckschraube, welche gegen die eine Backe drückt, dient zur Verstellung derselben nach jedem Durchgange. Abweichende Con- structionen sind zahlreich. Bei drei- und mehrbackigen Klappen ist es von Wichtigkeit, die concentrische Stellung der Backen gegen einander bei der Verstellung zu sichern. In recht hübscher Weise wird dieses Problem in einer von S. £. Reinecker in Chemnitz verbesserten Schneidkluppe gelöst'), deren Einrichtung dem Principe des Schneid- kopfs der unten beschriebenen Seilers' sehen Schraubenschneidmaschine nachgebildet ist. Auf den Backen liegt nämlich eine drehbare kreisrunde Scheibe; die schmalen Backen haben jede einen concentrischen kreis-

^) Karmarsoh-Hartig, Mechanische Technologie, Bd. 1, 8. 329. ') Beschrieben und abgebildet in Dingler*8 polytechnischem Jonmal Bd. 223, S. 569.

828 Specielle Technologie.

bogenfSnnigeii Eüiuehiiitt an der gegen die Seheibe gericEitateii Seite, and in jeden dieser Einschnitte greift eine an die Seh«tbe angegoasene längere kreisbogenfSrmige »her excentrioche Leiste. Ea iat eraichtlich, daos bei Drehung der Scheibe gleichndeaige Teradüebong der Backen nach ein< oder aosw&rta stattfinden wird.

Fig. 600.

Beim Schneiden mit der Schranbenklnppe wird gewöhnlich der za schneidende Schranbenbolzen aenkrecht in den Schraabetock eingespannt, das obere Ende desselben zwischen die Backen der Kloppe geklemmt und non dieselbe, anfänglich nnter sanftem Dmcke, gedreht. Sobald erst ein Oang geschnitten ist, nimmt sie von seihst die richtige Scbraabenbewe- gnng an. Znr Erleicfatentng des Schneidens wird die Spindel mit Oel benetzt. let die Klnppe am Ende des Gewindes angelangt, so dreht man zarflck, n&hert die Backen eioandernnd beginnt einen neuen Schnitt; a.s.t

Bei fabrikmäBsiger Anfertigang von Schrauben ersetzt man die Klappe durch die von Elementarkraft getriebene SchraubenBchneid- maachine. Aach bei dieser bilden Schneidbacken, welche nach jedem Schnitte gegen einander vemtellt werden können, das schneidende Werk- zeug; aber die Drehung des Werkzeugs oder Arbeitestficka erfolgt durch die Maschine.

Ea giebt eine grösBere Anzahl solcher Schranbenachneidmaachinen, sämmtlich darin flbereinatimmend, dass die Schneidbacken gewöhnlich zwei oder drei in einem Kopfe versteUbar befestigt sind, der zn schneidende Bolzen aber in einem Halter eingespannt wird, welcher seine richtige Lage in der verlängerten Achse des Scbneidkopfs sichert. Beide Baupttheile der Uaschine werden von einem gemeinschaftlichen Bette oder Gerüste getragen and dar Antrieb erfolgt von einer Transmission aas auf einen der beiden Theile, während der geradlinige Torecbab wie beim Schneiden mit der Kluppe aniilnglich von Hand, sobald aber ein Schraubengang geschnitten ist, durch die Gewinde der Backen selbat auagefOhrt wird. Im Uebrigen kann man folgende Hauptgattongen der SohranbenBobneidmaschinen unterscheiden.

Schrauben und Schraubenmuttern. 829

1. Aeliere Systeme. Der Schneidkopf (die Kluppe) rotirt, der Bolzen macht die Längsbewegong; oder auch der Bolzen dreht sich und der Schneidkopf rückt gegen denselben vor. Nach beendigtem Durch- gange findet gewöhnlich mit Hilfe zweier yerschiebbaren (offenen und gekreuzten) Riemen Umsteuerung statt, und die Maschine schneidet vorwärts und rückwärts, sobald bei der Umsteuerung die Schneidbacken entsprechend verstellt werdeiu Diese Maschinen sind in verschieden- artigen Ausführungen in zahlreichen Fabriken vertreten.

2. Whitworth'sches System. Der Schneidkopfsteht fest, der Bolzen macht beide Bewegungen. Auch bei diesen Maschinen findet nach Beendigung des Schnitts Umsteuerung und Rückwärtsschneiden statt.

3. Sellers'sches System. Die Schneidbacken machen die Haupt- bewegung, der Bolzen die Vorwärtsbewegung (wie bei vielen Maschinen der älteren Systeme). Charakteristisch für die Maschinen dieses Systems ist, dass sie das Gewinde nicht wie die übrigen Maschinen allmälig bei abwechselndem Vor- und Rückwärtsgange, sondern mit HiKe allmälig länger werdender Schneiden in den Backen mit einmaligem Durch- gange einschneiden. Bei Beendigung des Schnitts lassen sich die Backen öfihen, wodurch der Bolzen frei wird und mit dem Halter zurückgeführt werden kann; dadurch wird eine Rückwärtsdrehung, also Umsteuerung, der Maschine entbehrlich.

Eine kleine Maschine des letztem Systems, aus der Fabrik von Oschwindt & Zimmermann in Carlsruhe ^), ist in den Figuren 601 bis 606 abgebildet (Figuren 601 bis 603 in Ys der wirklichen Grösse, Fig. 604 bis 606 in V4 der wirklichen Grösse). Auf dem gusseisemen Fusse a, welcher hier Ständerform besitzt, und, mit einer Thür versehen, zugleich als Werkzeugschrank dienen kann, befinden sich angegossen die Lager Oi und a% für die Betriebswelle sowie an der Yorderseite das consolenformige Bett 03 für den Halter des Arbeitsstücks. Der Antrieb erfolgt durch die Stufenscheibe b, welche auf der hohlen Welle c aufge- keilt ist. Diese trägt an der vorderen Seite den mit ihr in einem Stücke gefertigten Eopf Ci , mit drei radialen Schlitzen an der Yorderseite ver- sehen , in welchen eben so viele Schneidbacken zu liegen kommen (ver- gleiche Fig. 606, die vordere Ansicht des Kopfes darstellend, und Fig. 604, den Schnitt durch denselben). Um nun die Kluppe rasch öffnen und schliessen, d. h. die Backen gleichmässig von einander ent- fernen und einander nähern zu können, befindet sich vor dem Kopfe Ci, aber ohne feste Yerbindung mit demselben, der Deckel e, dessen innere, dem Kopfe zugewendete Seite in Fig. 605 abgebildet ist. Wie man sieht, befinden sich auf derselben drei vorspringende, innen excentrisch aus- gedrehte Borde 61 , welche hinter die Aussenkante der in den Kopf ein- gelegten Backen greifen und drei schmale, zu den excentrischen Innen- flächen parallele und ebenfalls gedrehte Leisten e%, welche in entsprer

^) Hart, WerkzeagmMchindn,. Taf. 57.

630 Specielle Technologie.

chendeNuthen der Backen (rergleicbe unten die Abbildung einer Schneid- backe in Pig. 607) eingraifen. Somit werden in Folge der Excenfarieitäfc dieser Borde und Leisten s&mmtlicbe drei Backen gleichzeitig ein- oder

anaw&rtB bewegt werden, je nachdem die Drebnng nach links oder rechta erfolgt; Tun bei vollst&ndiger Oeffiiang der Elnppe ein Beransfallen der Backen ans den Eviachen den Borden gelaueneo nnd znm Einstecken

Schrauben und Schraubenmuttern. 8S1

der Backen dienenden Schlitzen zn verhüten, 'aind die letzteren durch eingeschranbte Stifte/ abgesperrt, welche sich leicht entfernen lassen, wenn die Backen behnf der Ansvechselnng [heranagenommen werden

Fig. eo2.

Während des Ganges der Maschine muBS natürlich, so lange das Gewinde geschnitten wird, Yeretellnng der Backen nicht eintreten soll,

der Deckel e dieselbe Bewegung wie der Kopf Ci machen; er mnss da- gegen eine relative Drehung gegen C] erhalten, ohne dass die Maschine zum Stillstände kommt, sobald der Schnitt beendet ist und ein neuer beginnen soU. Diese Aufgabe wird nun in folgender Weise gelOst. Der Deckel e ist anf dem vordem Ende üner hohlen Spindel d befestigt,

832 Specielle Technolt^e.

welches über den Kopf C| ohne feat« Verbindung mit demselben hinweg-

greift; die Innenfläche dieser Spindel d ist mit einem doppelten, sehr

steilen Muttergewinde vergehen, welches Aber ein ^' entsprechendes Schraubengewinde an der Aossen-

jt ■« fläche der zwischen d nnd der Betriebswelle e einge-

schobenen Röhre g greift (in den Abbild an gen Fig. 601 nnd G02 ist diese Schranbe in einem Theile ihrer Länge sichtbar). Die Röhre g ist durch Nath und lange Feder mit der Betriebswelle c verbunden, so dasB sie eine Längsrerschiebong auf derselben erträgt, gleichzeitig aber jede Drehung derselben mitmacht. So lango eine Verschiebung der RShre g nicht stattfindet. Überträgt sie die von c anfgenommene Bewegung anf die äussere Spindel d und durch diese auf den Deckel e; Schneidkopf und Deckel drehen sich also in gleicher Weise, die Backen beharren in ihrer Lage. Sobald aber g auf c nach einer oder der andern Richtung ver- Boboben wird, muss durch Wirkung der Schraube eine relative Drehung von d und dem Deckel e gegen C und Ci stattfinden; nnd zwar werden, wenn das Rohr aus der in den Figuren 603 nnd 604 gezeichneten Lage nach links (in die Stellang der Fig. 601 and Fig. 602) geschoben wird, die Backen sich nach answSrts bewegen, die Kluppe geöffnet and der Bolzen frei werden; wenn die Bewegung des Rohrs nach rechts erfolgt (ans der Stellnng der Figuren 601 und 602 in die Stellnng 603 und 604), werden die Backen zusammenrücken, die Kluppe sich schliessen, der neu eingesteckte Bolzen erfasst werden. Damit diese Versofaiebang rasch and sicher bewerkstelligt werden kSnne, trägt das Rohr g aa seinem linken Ende den anfgeschranbten Bundring ^i, welcher von dem halb- runden Mitnehmer t (Fig. 602) erfasst wird. Der Arm des letetem ist mit einem Ringe i über die in zwei Lagern horisontal geführte Stange t geschoben nnd durch eine Stellschraube befestigt; k aber wird durch den Handhebel t verschoben. Beim Arbeiten hält der Arbeiter den Griff de« Hebels mit der linken Hand, während die rechte die Führung des Bolsen- halters übernimmt. Beim Beginne des Schneidens üeht er den Hebel

Schrauben und Schraubenmuttern. 833

nach recht-s und Bchliesst dadurch die Kluppe, bei Beendigung des Schnitts drückt er den Hehel nach links und lässt dadurch den Bolzen frei. Dem verschiedenen Durchmesser und der Gewindetiefe der Bolzen mnss natürlich das Maass dieser Verstellung entsprechen. Damit dieselbe genau eingestellt werden könne, ist der Mitnehmer i an der Stange k verstellbar und diese an ihrem linken Ende mit einem Anschlagkopfe ki versehen (Figuren 601 und 602), welcher gegen den Arm des Lagers fli stösst und dadurch die Verschiebung nach rephis begrenzt. Je näher dem Kopfe ki nun die Hülse ii des Mitnehmers i eingestellt wird, desto früher wird die Bewegung des Schraubenrohrs von links nach rechts begrenzt werden, desto schwächer wird die Einwärtsschiebnng der Backen ausfallen, desto weniger tief kann das Gewinde werden. Die Stange k ist nun zur genauen Bestimmung der Stellung von t mit einer Scala, von links nach rechts gehend, versehen. Stellt man die rechte Kante der Hülse t'i auf dem Nullpunkte ein, so stösst schon bei ganz geöffneter Kluppe der Kopf ki an das Lager und gestattet gar keine Verschiebung; je weiter nach rechts, um so grösser ist die Verschiebung des Schrauben- rohrs und der Schneidbacken.

Damit der Schnitt in einem Durchgange vollendet werden könne, müssen die Schneidbacken etwas abweichend von den bisher besprochenen geformt sein, die Schneiden in den Gewinden derselben müssen allmälig länger werden, damit die jedesmalige Spanstärke nicht zu bedeutend aus- falle und in jedem folgenden Gewinde ein neuer Span genommen werde. Wie aus Fig. 607 hervorgeht, erreicht man diesen Zweck sehr einfach, Fiff. 607. i^dem man die Vorderkante der Gewinde in den Backen ^^ nach einer Kegelfläche abstumpft, so dass erst die oberen zu- I ^E letzt zum Eingriffe kommenden Gewinde und Schneiden ihre I ^H volle Länge behalten. Diese Einrichtung, durch welche zu- IHH gleich die oben geschilderte, aus der allmäligen Näherung der Backen beim Schneiden hervorgehende Ungenauigkeit der Gewinde in Wegfall kommt und durch welche die Zeitdauer des Schneidens abgekürzt wird, verdient jedenfalls alle Beachtung auch hinsichtlich ihrer Anwendung für andere Schraubenschneidmaschinen und Geräthe i).

Die an der Vorderseite des Ständers angegossene Console ist mit zwei seitlichen, an der obem Seite glatt gehobelten, Wangen Oa versehen, auf welchen der Bolzenhalter m mit zwei Füssen 8i in der Achsenrichtung der Maschine schlittenartig verschiebbar ist. Diese Bewegung erfolgt von Hand mit Hilfe des Bügels r (die Vorwärtsbewegung beim Schneiden selbstthätig durch die Gewinde der festgehaltenen Backen); um jedoch beim Beginne des Schneidens einen kräftigem Druck gegen die Kluppe ausüben zu können, sind die überstehenden Borde der Wangen a^

1} Dieselbe ist unter anderen auch bei den Backen der oben beschriebenen Bei necker 'sehen Klappe in Anwendung.

liOdAbnrf mechanisch-metellnrgiaolie Technologie. 53

834 Specielle Technologie.

der untern Seite zahDai*tig geformt and der in 8i drehbare Bügel an jeder Seite mit einem zweiten Hebelarme yersehen, welcher durch je einen Schalthaken 8 Eingriff in die Verzahnung erhält. So ist, sobald der Bügel nach links gedrückt wird, nicht allein die Rückwärtsbewegung des Schlittens behindert, sondern es wird auch der Schlitten gegen die Kluppe vorgeschoben und bringt somit die ersten Schneiden derselben zum Eingriffe auf den eingespannten Bolzen. Damit die Mittellinie des Bolzens stets genau mit ^er verlängerten Achse der Kluppe zusammen- falle und ein rasches Einspannen des erstem ermöglicht werde, ist der Halter nach Art der auf Seite 38 abgebildeten und beschriebenen Gentrirmaschine' construirt, d. h. zwei horizontale Gleitstücke (vergl. Fig. 603) werden durch eine Schraube mit rechtem und linkem Gewinde, welche in Fig. 603 im Durchschnitte erkennbar ist, von dem Handrade q aus symmetrisch ein- oder auswärts bewegt und erfassen bei der Bewe- gung nach einwärts mit zwei auswechselbaren Klemmbacken o den dazwischen gesteckten Bolzenkopf.

Die zum Tragen des Bolzenhalters dienende Gonsole hat eine mulden- förmige Gestalt zu dem Zwecke, das beim Schneiden von den Bolzen abtropfende Oel anzusammeln, welches dann von Zeit zu Zeit durch die an der tiefsten Stelle* angebrachte und durch einen Pfropfen verschliess- bare Oeffnung abgelassen wird.

Die abgebildete Maschine ist zum Schneiden von Schraubenbolzen bis zu etwa 20 mm Durchmesser geeignet, wobei die Schneiden eine Umfangsgeschwindigkeit von circa 25 mm per Secunde erhalten.

Der Gewindebohrer. Wie man die Schneidklinge und mehr noch die zu einander gehörigen Schneidbacken als eine Schraubenmutter be- trachten kann, welche durch entsprechend geformte Einkerbungea mit Schneiden versehen worden ist, so stellt umgekehrt der Gewindebohrer eine aus gehärtetem Stahle bestehende Schraube dar, welche ebenfalls durch der Achsenrichtung parallel laufende Einkerbungen von geeig- neter Form Schneiden erhalten hat. Während also die Schneidklinge und die Schneidbacken ausschliesslich zur Herstellung von Schrauben- gewinden benutzt werden können, dient umgekehrt der Gewindebohrer dazu, innerhalb einer vorhandenen cylindrischen Oeffnung Muttergewinde einzuschneiden; Schneidbacken (Schneidklinge) und Gewindebohrer er- gänzen sich demnach gegenseitig und bilden gemeinBchafUich das „Schneidzeug^.

Da die Schneiden des Bohrers nicht wie die Sohneiden der Backen gegen einander verstellt werden können, so ist es erforderlich, um beim Gewindeschneiden nicht von vornherein bu starke Späne nehmen zu müssen, die Schneiden allmälig wachsen zu lassen, in dem untersten Gange des Bohrers nur ganz kurze Schneiden anzuwenden und erst in den oberen Gilngen ihnen die volle Länge, der Tiefe des zu Bchneidenden Gewindes entsprechend, zu geben. Dieser Zweck wird in derselben

Schrauben und Schraubenmuttern. 835

Weise erreicht wie bei den Backen der Seilers' sehen Schranbenschneid- maschinen, nämlich, indem man die Anssenkanten der Gewinde des Bohrers nach dem vordem Ende desselben zu mehr and mehr wegnimmt, so dass der Bohrer äosserlich eine schlank konische Form erhalt, während Fiff 608 ^^' Kern natürlich cylindrisch bleibt. Um die Arbeit zu erleichtem, macht man den Bohrer ziemlich lang, so dass der äussere Durchmesser ganz allmälig zunimmt und diese Zunahme auf 30 bis 40 Schraubengänge vertheilt ist. Zur Bildung der Schneiden bringt man gewöhnlich drei, seltener Tier Einkerbungen an und lässt, um möglichst wenig Reibungsfläche zu haben, die Aussenfläche des Bohrers nur an den Schneidkanten die Lochwand berühren, so dass ein Querschnitt des Boh- rers wie in Fig. 608 oder ähnlich entsteht.

Wie die Schneidbacken wird auch der Gewindebohrer entweder von Hand oder durch eine Maschine gefuhrt. Im erstem Falle dient ein über das vierkantig geschmiedete Ende desselben gestecktes Wendeeisen (bei den kleinsten ein Feilkloben) zur Handhabung. Die Mutter wird in den Schraubstock eingespannt, der Bohrer senkrecht auf die Oeflhung gesetzt und unter sanftem Drucke eingedreht. Ein Benetzen mit Gel ist auch hierbei erforderlich. Schliesslich fallt der Bohrer unten aus der Mutter heraus, sobald das Gewinde fertig geschnitten ist.

Bei Benutzung von Elementarkraft kann man dieselben Maschinen, welche zum Schneiden der Schrauben dienen und oben beschrieben wurden, auch zum Schneiden der Muttergewinde verwenden, wenn man an Stelle des zu schneidenden Schraubenbolzens den Gewindebohrer, an Stelle der Schneidkluppe die zu schneidende Mutter bringt. In fast jedem Falle stimmt die Gonstruction dieser Maschinen mit deijenigen der Schraubenschneidmaschine überein.

Es verdient Erwähnung, dass zur Anfertigung der Schneid- backen ein sogenannter Normalbohrer benutzt zu werden pflegt, welcher ebenso geformt ist und gehandhabt wird als die gewöhnlichen Gewindebohrer. Selbstverständlich müssen die Backen geschnitten werden, ehe sie gehärtet sind. Zur Anfertigung des Normalbohrers und der Gewindebohrer pflegt die Drehbank benutzt zu werden.

Die Drehbank zum Schrauben- und Muttemschneiden. Die

Schneidkluppe und der Gewindebohrer lassen sich auf der Dreh- bank zum Gewindeschneiden anwenden, indem man das Arbeitsstück mit der Drehbanksspindel rotiren und das Werkzeug die Längsbewegung machen lässt; oder auch umgekehrt. Dieser Fall bildet jedoch eine Ausnahme.

Dagegen wurde schon bei Erläuterung der Drehbankseinrichtung darauf hingewiesen, dass die Schneide eines Werkzeugs, welches einen gleichmässigen Vorschub parallel der Drehbanksaohse erhält, auf der

53*

836

Specielle Technologie.

Fig. 610.

Oberfläche eines zwischen den Drehbiuiksspitzen eingespannten Gylinders eine Schranbenlinie beschreibt, deren Steigung von dem Verhältnisse zwischen den Geschwindigkeiten der Haupt- und Schaltbewegnng ab- hängig ist. Entspricht also die Form der Schneide des Werkzeugs dem Profile des Schraubengewindes, so entsteht eine wirkliche Schraube, und wenn das Werkzeug an der Innenseite eines Hohlcy linders zum Angriffe kommt, so entsteht eine Schraubenmutter. Je gleichmassiger dabei die Bewegungen vor sich gehen, desto genauer wird das Gewinde ausfallen. Um nun bei Handdrehbänken die Gleichmässigkeit des Yorschubs zu sichern, giebt man dem Schneidstahle statt einer einzigen Schneide eine Anzahl gewöhnlich 4 bis 5 gleicher Schneiden, welche zusammen das genaue Profil Ton eben so vielen Schraubengängen darstellen. Fig. 609 zeigt die Form eines solchen mehrspitzigen Schneidstahls für

scharfe Schraubengewinde, ^'«' ^^^' Fig. 610 die Form des

Stahls für das entspre- chende Muttergewinde. Wegen des strahlenartigen Aussehens der Schneiden haben diese Werkzeuge den Namen „Strahler*^ er- halten. Der erste Schrau- bengang wird vorgezeich- net und mit der ersten Schneide des Strahlers sorgsam eingeschnitten; führt man das Werkzeug nun weiter, um den zweiten Schraubengang zu schneiden, so tritt die zweite Spitze in den vorhandenen ersten Schraubengang und bildet somit eine Führung für den richtigen Vorschub des Stahls; u. s. f.

Weniger häufig ist eine Einrichtung der Drehbänke ohne Leit- spindel, bei welcher der Drehstahl, der in diesem Falle nur eine Schneide zu besitzen braucht, festliegt und das Arbeitsstück ausser der Drehung auch den Vorschub, entsprechend der Steigung des Schraubengewindes, ausführt. Zu diesem Zwecke mnss die Drehbanksspindel in horizontaler Richtung verschiebbar sein, und das Arbeitsstück darf nicht zwischen Spitzen, sondern mnss mit Hilfe eines Futters an der Spindel befestigt werden. Auf dem hintern Ende der Spindel ist eine hohle Messing- schraube mit 10 bis 15 Gewindegängen übergeschoben und befestigt, deren Steigung genau derjenigen der zu schneidenden Schraube ent- spricht. Dieselbe wird Patrone genannt und dreht sich an der ontem Seite in einem entsprechenden Muttergewinde, welches an der Obeirkante eines festliegenden Stücks harten Holzes oder besser Metalls einge- schnitten ist und Register genannt wird. Es wird also, sobald die Spindel in Drehung versetzt wird, durch den Eingriff der Schraube in

Schrauben und Schraubenmuttern. 837

das festliegende Mattergewinde ein gleichmässiger Vorschub derselben erfolgen, und der festliegende Drehstahl wird ein Schraubengewinde schneiden, dessen Steigung mit derjenigen der Patrone übereinstimmt.

Am geeignetsten zum Schrauben- und Mutternschneiden ist die Drehbank, wenn sie mit Support und Leitspindel ausgestattet ist, welche letztere den Vorschub des erstem bewirkt. Drehen sich hierbei Dreh- banks- und Leitspindel in derselben Richtung, so erfolgt ein rechtes Gewinde, dreht sich die Leitspindel der Drehbanksspindel entgegen, so erfolgt ein linkes Gewinde. Da die Leitspindel in allen Fällen ihre Bewegung von der Drehbanksspindel aus empfängt, so stehen die Bewe- gungsgeschwindigkeiten beider in jedem Augenblicke in dem gleichen Verhältnisse; die Genauigkeit des erfolgenden Gewindes ist daher, sofern jene Bewegungsübertragung auf die Leitspindel in zuverlässiger Weise erfolgt, die Schraubenspindel rund läuft u. s. w., vorzugsweise abhängig von der Richtigkeit des Leitspindelgewindes, um nun für eine vorge- schriebene Ganghohe der Schraube das richtige Bewegungsverhältniss zwischen Drehbanks- und Leitspindel hervorzubringen, benutzt man die früher (Seite 663 und 645) erwähnten Wechselräder, Getriebepaare von verschiedenen Umsetzungsverhältnissen , welche zwischen beiden einge* schaltet werden und die Bewegung übertragen. Offenbar müssen die Umdrehungszahlen der Drehbanksspindel und Leitspindel sich umge- kehrt verhalten wie die Steigung des anzufertigenden Schrauben ganges zu der Steigung der Leitspindelschraube; allgemein, wenn s die Steigung der anzufertigenden Schraube, Si die Steigung der Leitspindel ist, so musB die Leitspindel während einer Umdrehung der Drehbanksspindel

Umdrehungen machen. Soll z. B. die anzufertigende Schraube 5 mm

Steigxug erhalten und die Leitschraube besitzt 15 mm Steigung, so muss die letztere Vis = Vs bo viel Umdrehungen als die Drehbanks- spindel machen. Für die Drehbänke, welche zum Schraubenschneiden eingerichtet und demnach mit Wechselrädem ausgerüstet sind, pflegen die Fabriken Tabellen beizugeben, aus welchen sich für ein bestimmtes Schrauben System, d. h. für ein bestimmtes Verhältniss zwischen Gang- höhe und Durchmesser der Schraube ohne Weiteres die für den gege- benen Durchmesser der Schraube einzuschaltenden Wechselräder ersehen lassen.

Man benutzt die Drehbank vorzugsweise zum Schneiden langer Schrauben Leitschrauben für andere Werkzeugmaschinen und dergleichen , femer far kürzere dicke Schrauben, welche nur ausnahms- weise gefertigt werden und für welche ein passendes Schneidzeug nicht vorhanden ist; u. s. f. Auch die bekannten käuflichen Holzschrauben mit sehr dünnen scharfrandigen und weit aus einander liegenden Gängen werden durch einen Drehstahl mit entsprechend geformter Schneide auf besonders dafür eingerichteten Drehbänken geschnitten.

838 Specielle Technologie.

Sofern die geschnittenen Schranben Verbin dungsschranben mit Kopf und Matter sind, erhalten sie, bevor sie als fertig gelten können, gewöhn- lich noch eine fernere Bearbeitung zu dem Zwecke, die äusseren Flächen der Muttern und häufig auch der Köpfe genau und sauber herzustelleD. Es ist also, um diese Aufgabe yoUstandig zu lösen, erforderlich, die sechs- seitlichen Begrenzungsflächen wie die beiden Stirnflächen (beziehentlich nur die obere Fläche) nachzuarbeiten und der letzteren an den sechs Eckpunkten die bekannte übliche Abfasung zu geben, durch welche theils das Aenssere des Arbeitsstücks gewinnt, theils das Ueberstecken des Schraubenschlüssels erleichtert wird.

Die sechs (bei Schraubenköpfen meistens vier) Seitenflächen erhalten ihre Bearbeitung entweder durch Hobeln oder Fräsen in solcher Weise, dass durch zwei parallele Werkzeuge gleichzeitig zwei parallele Seiten- flächen der Mutter oder des Kopfs bearbeitet werden. Das Arbeitsstück befindet sich dabei auf einer Scheibe (Drehtisch), welche nach jedes- maliger vollendeter Bearbeitung zweier Flächen eine Drittels-Umdrehung erhält, so dass sofort zwei neue Flächen in Angriff genommen werden können. Hobelmaschinen, für diesen Zweck bestimmt, sind in ihrer Construction gewöhnlich der in den Figuren 481 und 482 auf Seite 620 abgebildeten Nuthenstossmaschine (Yerticalhobelmaschine) sehr ähnlich. Denkt man sich dieselbe statt mit einem Messer mit zwei' parallel arbei- tenden Messern versehen, deren Schneiden einen solchen Abstand von einander besitzen als der kleinste Durchmesser des sechseckigen Mutter- querschn^tts beträgt, und die Mutter auf dem Tische der Maschine befe- stigt, so hat man das Aenssere einer solchen Maschine.

Beim Fräsen sind es gewöhnlich zwei in gleicher Richtung und mit gleicher Geschwindigkeit rotirende Frässcheiben, welche ihre ge- zahnten Flächen einander zuwenden und in solcher Weise die dazwischen befindlichen parallelen Seitenflächen der Mutter (des Kopfs) gleichzeitig bearbeiten. Die Constructionen der hierfür benutzten Fräsmaschinen im Einzelnen zeigen, wie die Fräsmaschinen überhaupt, mannigfache äussere Formen.

Die Bearbeitung der Stirnflächen geschieht entweder gleichfalls mit Hilfe der Fräsmaschine, wobei ein entsprechend geformter Fräser gleich- zeitig die Fläche bearbeitet und die Abfasung ausführt-, oder auf einer kleinen Drehbank. In letzterm Falle ist die Mutter (oder der Schrau- benbolzen) centrisch am Spindelkopfe befestigt und empfängt die Drehung, während der vor derselben befindliche Support mit zwei, auch wohl drei verschieden geformten und neben oder über einander einge- spannten Messern ausgerüstet ist, um gleichzeitig die Fläche zu drehen, die Abfasung zu bewirken und den Grat am obern Rande des Gewindes abzunehmen, welcher beim Schneiden entstanden war.

Erwähnung verdienen ferner die schon oben kurz berührten soge- nannten Mutternmaschinen, welche sechskantig gewalztes Eisen der Länge nach bohren, auch wohl mit Gewinde versehen und dann abstechen.

Blattgold und Blattsilber. 839

bei welcher Arbeit zugleich die Stirnflächen der entstehenden Muttern gedreht werden. Sie arbeiten demnach mit zwei verschiedenen Werk- zeugen, einem Bohrer und einem Drehstahle, zu welchen unter Umständen noch der Gewindebohrer hinzukommt.

Hinsichtlich der sonstigen, in ungemein zahlreichen Constructionen vertretenen Maschinen zur Herstellung und Bearbeitung von Schrauben und Muttern muss auf die gegebene Literatur verwiesen werden.

Literatur über Anfertigung von Schrauben und Muttern.

lieber Schmieden und Prägen derselben:

Wencelides, Hilfsmaschinen und Werkzeuge, Seite 81 ff. (mit Abbil- dungen einer Bolzenschmiedemaschine).

Dingler, Polyt. Journal, Bd. 196, S. 500.

Praktischer Maschin enconstructeur, Jahrgang 1878, Heft 4 (Muttem- presse).

lieber Gewindeschneiden und fernere Bearbeitung:

Hoyer, Mechanische Technologie, Seite 367.

Hart, Werkzeugmaschinen, 2. Auflage, Seite 322, Atlas Tafel 54 bis 60

(Schraubenschneid- und Mutternbearbeitungsmaschinen). Wiebe, Skizzenbuch Heft 65, Tafel 5, Heft 86, Tafel 6 (Schrauben-

Schneidmaschinen). Dingler, Polyt. Journal, Bd. 205, S. 302; Bd. 212, S. 445; Bd. 221,

S. 296 (Mutt^mschneidmaschine); Bd. 224, S. 378 (Maschine von

Hartnell zum Rohren, Gewindeschneiden, Drehen und Lostrennen

der Muttern). Deutsche Industriezeitung 1876, S. 133 (Mutterndrehbank der Deutschen

Werkzeugmaschinenfabrik in Chemnitz). Mittheilungen des Hannoverschen Gewerbevereins, Jahrg. 1866, S. 149

(Vorrichtung zum Schraubenschneiden auf der Drehbank mit

Patrone). Praktischer Maschinenconstruoteur, Jahrg. 1871, S. 112 (desgleichen).

Blattgold und Blattsilber.

Man versteht bekanntlich unter dem obigen Ausdrucke jene äusserst feinen Blättchen aus Gold oder Silber, welche gewissermaassen als Bleche von geringster Starke gelten können, und vielfach zum Vergolden und Versilbern durch Bekleben (Seite 783) benutzt werden.

Die Stärke des Blattgoldes beträgt nach Kar mar seh Vrooo l>is y^oooinm; lg Gold bedeckt durchschnittlich 0,6 qm.

840 Specielle Technoli^e.

Eine so beträchtliche Verdünnong wdrde durch Walxen nicht su erreichen sein, ohne ein Zerreissen der dünnen Bleche herbeiznführenf und l&aat sich nnr durch Hämmern bewerkstelligen; daher nennt man das Verfahren Golds chlägerei und versteht unter diesem Ausdrucke auch die Anfertigung dünner Blattchen aus Silber, Aluminium und Legimngen.

Gold wird im reinen Zustande oder mit etwas Silber legirt, Silber rein angewendet.

Man giesst zunächst einen flachen Stab oder Zain, schmiedet diesen unter öfterm Ausglühen kalt aus, setzt die Verdünnung unter einem kleinen Walzwerke mit sauber polirten Walzen fort und schneidet dann das erhaltene Blech in Stücke von ungefähr 25 mm im Quadrate, welche Quartiere genannt werden. Von diesen legt man eine grössere Anzahl auf einander, trennt aber die einzelnen Blättchen, um ein Zusammen- haften durch Cohäsions Wirkung bei der weitem Verarbeitung zu verhüten, durch dazwischen gelegte Pergamentblätter, 100 bis 125 mm im Quadrate gross, welche später bei fortgesetzter Verdünnung durch Blättchen aus dem Oberhäutchen vom Blinddärme der Ochsen Goldschlägerhaut genannt ersetzt werden. Das Ganze wird in ein P'utter aus Pergament geschoben und heisst eine Form (Pergamentform und Hautform). Nun beginnt das Schlagen auf einem Ambosse aus polirtem Granit oder Marmor, gewöhnlich mit Handhämmem von verschiedener Grösse, deren Bahnen kreisrund und schwach convex geformt sind. Das Schlagen wird so lange fortgesetzt, bis die Metallblättchen die Grösse der Form, d. h. der Pergamentblätter angenommen haben. Dann nimmt man sie heraus, zerschneidet sie in vier Quadrate, bildet aus diesen eine neue Form und setzt das Verfahren in gleicher Weise fort. Im Ganzen pflegt man zwei Pergamentformen, deren erste Dickquetsche und zweite Dünnquetsche heisst, und zwei Hautformen anzuwenden, von welchen die erstere Loth- form, die letzte Dünnschlagform genannt wird. Diese, welche bis zu 800 Blättchen enthält, liefert das fertige Blattgold. Die einzelnen Blättchen werden beschnitten und in dünne Papierblättchen verpackt Die entstehenden Abfalle werden eingeschmolzen oder, mit Honig zer- rieben, als Malergold (Goldbronze) verkauft.

Das sogenannte unechte Blattgold besteht aus Tombak mit etwa 14 Procent Zink und ist weit weniger dünn als das echte (Visoomm); unechtes Blattsilber ist Zinn mit etwas Zink oder auch Neusilber. Die Abfälle bei der Anfertigung des unechten Blattgoldes und -Silbers werden durch Zerreiben zu Metallbronze (Bronzefarbe) verarbeitet, wobei ihnen durch Erhitzen in einer eisernen Pfanne rothe, gelbe, grüne oder violette Anlauffarben gegeben werden können ^).

^) Prechtl-Karmarsch, Technologische Encyclopädie, Bd. 7, Artikel: GüUUchlägerei. Karmarsch -Hartig, Mechanische Technologie^ Seite 165.

Schneidwaarea.

841

Schneidwaaren.

Hierher gehören Aexte und Beile, Messer und Gabeln, Scheeren, Säbel etc* Die kleineren derselben bestehen meistens aus Stahl, die gröberen häufig aus Schmiedeeisen mit yerstahlter Schneide.

Aexte und Beile ^), daneben gewöhnlich auch Schaufeln, Spaten, Hacken und dergleichen eiserne Geräthe für den häuslichen und land- wirthschaftlichen Gebrauch werden in besonderen Schmiede Werkstätten gewöhnlich mit Hilfe eines oder mehrerer Schwanzhämmer gefertigt, welche man Blankschmieden nennt. Zur Anfertigung einer Axt wird ein Stück Flacheisen abgehauen und durch Hämmern des mittlem Theils in der Weise ausgeschmiedet, wie es Fig. 611 zeigt. Bei a wird

Fig. 611.

Fig. 612.

durch Aufsetzen des Schrotmeissels ein Einschnitt gemacht, so dass hier ein schma- ler, spitz auslaufender Lappen von der Stärke des mittlem ausgeschmiedeten Theils entsteht. Alsdann biegt man über einem Dome das rothglühende Schmiede- stück zusammen, so dass der ausgeschmie- dete mittlere Theil eine Art Röhre bildet, welche zum Hineinstecken des Stiels dient und Haube genannt wird. Der Lappen a wird in seiner ganzen Länge um den Dom herumgebogen, so dass nunmehr eine Form wie in Fig. 612 entsteht. Nun folgt das Verstahlen der Schneide und des Nackens, d. h. des dicken der Schneide gegenüberliegenden Endes der Axt, welches bisweilen als Hammer beim Eintreiben von Keilen, Nägeln und dergleichen benutzt wird. Man schiebt zu diesem Zwecke zwischen die beiden noch nicht verbundenen Enden (bei h) eine Stahl- schiene von der Länge der Schneide ein, so dass sie 8 bis 10mm vor derselben herausragt, giebt Schweisshitze und schweisst nun die ganze Fuge von der Haube bis zur Schneide zusammen, wobei die letztere zugleich ausgeschmiedet und die Kante an der Rückseite der Axt unter- halb der Haube mit Hilfe von Setzhammer und Schrotmeissel oft nach einer bestimmten Gliederung weiter ausgebildet wird. Das Verstahlen der Haube geschieht einfach durch Auflegen und Anschweissen einer entsprechend breiten Stahlplatte. Die in ihrer Form fertige Axt wird

^) Der Unterschied der Axt vom Beile ist zum Theil nur durch den Bpradhgebrauoh bedingt. Der Zimmermann gebraucht eine Axt, der Fleischer ein Beil. Nach Karmarsch hat die Axt eine kürzere Schneide,, welche von beiden Seiten angeschliffen ist und sich daher in der Mitte der Dicke befindet, während das Beil nur von einer Seite her zugeschliffen ist. Dem Sprach- gebrauche dürfte dieser Unterschied nicht inuner entsprechen.

842 Specielle Technologie.

nun gehärtet, angelasseD und schliesglich auf dem rotirenden Schleif- steine hlank geschliffen nnd geschärft.

Um ein Tischmesser zu schmieden, streckt man das zur hellen Rothgluth erwärmte Ende eines quadratischen oder flachen Stahlstahes durch Hämmern auf dem Amhos der Form der Klinge entsprechend aas, wobei dieselbe nach dem Rücken zu schon eine grössere, nach der Schneide zu eine geringere Stärke erhält. Auf dem Ambos befindet sich ein Stempel mit der Firma des Messerschmiedes in verkehrter Schrift; die noch glühende Klinge wird darauf gelegt und durch einen Schlag mit dem Hammer die Firma eingeprägt. Schliesslich wird in derselben Hitze die geschmiedete Klinge soweit von der Stange abgehauen; dass ein kurzes Ende der letztem, zur Anfertigung der Angel (des zur Befe- stigung in dem Griffe dienenden Theils) ausreichend, an der Klinge sitzen bleibt. Nun wird eine zweite Hitze gegeben und in dieser die Angel ausgeschmiedet, entweder schmal und spitzig, wenn sie durch das Heft hindurchgesteckt und am andern Ende vernietet werden soll; oder breit und flach, wenn das Heft aus zwei Hälften besteht, die durch Quer- stifte zusammen genietet werden. Zwischen Klinge und Angel lässt man durch Ansetzen einen schmalen Ring stehen, die Scheibe oder Balance genannt, welcher in derselben Hitze in einem doppelten Gesenke weiter ausgebildet wird. Dieses Gesenk heisst das Stemmeisen; das Messer steht senkrecht in demselben mit der Klinge nach unten. Zu diesem Zwecke ist das Untertheil des Gesenks geschlitzt und ruht auf einem ausgehöhlten Holzklotze, in welchem die Klinge Platz findet, während die Scheibe im Gesenke aufruht; das Gesenkobertheil ist ebenfalls ring- förmig, um der Angel Platz zu geben.

Die Arbeit des Schmiedens geschieht von Hand in den immer seltener werdenden Werkstätten des einzelnen Messerschmieds, in den grösseren Messerfabriken dagegen mit Hilfe von Maschinenhammern oder Schmiedemaschinen.

Statt die Angel aus demselben Stücke mit der Klinge zu schmieden, schweisst man bisweilen ein Stück Schmiedeeisen an die erstere an, um aus diesem die Angel zu bilden ; oder man giesst die Angel aus GusseiJien, welches durch einen oxydirenden Glühprocess (Tempern) seines Kohlen- stoffgehalts zum grössten Theile beraubt und dadurch schmied» und schweissbar wird (schmiedbares Gusseisen) und schweisst sie an die Klinge an.

Bei Massenfabrikation fertigt man bisweilen die Klingen nebst Angel durch Ausstossen im Durchstoss mit Hilfe eines passenden Stem- pels nebst Matrize und schiebt die für sich gefertigte Scheibe als besonderes Stück über die Angel.

Nun folgt das Schleifen auf rotirenden Schleiüsteinen, wobei nicht allein die Schneide ausgebildet wird, sondern auch die beim Schmieden gebliebenen Ungenauigkeiten, der entstandene Grat u. s. w., entfernt werden und die Klinge erst ihre vollendete Form erhält. Die geschliffenen

Schneidwaaren. 843

Klingen werden gehärtet (bei aorgfUltiger Arbeit durch Erhitzen in gluhendeib Blei und Ablöschen' in Rüböl) und roth bis blau angelassen; bei gröberen Waaren findet das Härten und Anlassen auch wohl Tor dem Schleifen statt.

Endlich kommen die Messer in die Polirwerkstatt, wo sie zunächst auf einer rotirenden Schmirgelscheibe mit Oel abgeschmirgelt werden und dann auf einer mit Leder überzogenen Holzscheibe mit Polirroth oder Zinnasche ihre letzte Vollendung erhalten.

Die Anfertigung einer Gabel ist derjenigen des Messers sehr ähnlich. Man schmiedet aus dem quadratischen Stahlstabe zunächst mit Hilfe eines Gesenks den Schaft der Gabel und lässt vorn so viel Metall stehen als für den vorderen flachen Theil erforderlich ist; dann wird die Angel und Scheibe geschmiedet, schliesslich der vordere Theil flach ausgestreckt, wie es der Form desselben entspricht. Die Zwischenräume zwischen den Zinken der Gabel können durch Meissel und Hammer ausgearbeitet werden ; häufiger benutzt man ein Fallwerk mit Ober- und Unterstempel, welche die Form der Zinken verkehrt tragen und zwischen denen das glühende Metall derartig geprägt wird, dass nur ein schwacher Grat zwischen den Zinken stehen bleibt, welcher dann auf dem Durchstosse entfernt wird.

Die in ihrer rohen Form fertige Gabel wird nun stark ausgeglüht und durch Befeilen mit eigenthümlich geformten Feilen weiter bearbeitet. Dann werden die Zacken gebogen, geschlifien, gehärtet und angelassen, die ganze Gabel geschmirgelt und polirt.

Rasirmesser werden aus dem vorzüglichsten Stahle in drei Hitzen (bei dunkler Rothgluth, damit der Stahl möglichst wenig Oxydation er- leide) geschmiedet. In der ersten Hitze wird die Form der Klinge roh ausgebildet, in der zweiten der Stiel (,, Druck'' genannt); in der dritten erhält die Klinge auf einer convexen Amboskante den bekannten con- caven Querschnitt. Nach der letzten Hitze wird bis zur völligen Ab- kühlung gehämmert. Nun wird das Messer befeilt, mit grosser Vorsicht gehärtet und gelb angelassen. Hierauf folgt das Schleifen auf einer An- zahl verschiedener Schleifsteine, deren Form dem eigenthümlichen Quer- schnitte der Rasirmesser Rechnung tragen muss, endlich das Schmirgeln und Poliren.

Soheeren werden entweder aus einem Stahlstabe oder aus einem Eisenstabe geschmiedet, welcher an der Innenseite des Scheerenblatts verstahlt wird. Man bildet zunächst durch Ausrecken auf dem Ambos das Scheerenblatt und das sogenannte „Schild", d. h. denjenigen Theil aus, wo beide Scheerenhftiften verbunden sind; dann wird durch Ansetzen auf der Amboskante der Absatz gebildet („Schluss'' genannt), wo die Hälften der geschlossenen Scheere gegen einander treten; schliesslich entweder die Stange dünn ausgestreckt und durch Umbiegen der Ring oder Grat gebildet oder bei kleineren Scheeren auch durch Flachschmieden und Lochen derselbe Zweck erreicht.

844 Specielle Technologie.

Oder man stösst mit dem Durchstosae ans 8i4Üilb]ecb ein Stück von der Form der Scbeerenhälfte aus und giebt ibm darcb Prägen in Gesenken die weitere Aasbildung.

Eine nocb andere, in neuerer Zeit üblich gewordene Art der An- fertigung ist die Herstellung des Griffs und Schildes aus schmiedbarem Gusse und Anschweissen an das aus Stahl geschmiedete oder geprägte Scheerenblatt.

Die Scheerenhälfben werden befeilt, zusammengepasst, gehärtet und angelassen; geschliffen, polirt und schliesslich in bekannter Weise mit einander verbunden.

Manches Eigenthümliche bietet auch die Anfertigung der Säbel- und Degenklingen« Um denselben die grössere Geschmeidigkeit des kohlenstofflärmeren Schmiedeeisens zugleich mit der Härte und Elasticität des Stahls zu geben, schmiedet man sie aus abwechselnden, zasammen- geschweissten und gestreckten Lagen beider Materialien. Zu diesem Ende legt man zunächst eine Eisenschiene zwischen zwei Stahlschienen, sohweisst die drei Stücke zusammen, streckt sie unter dem Hammer zu der doppelten Länge aus, theilt das Arbeitsstück in der Mitte mit Hilfe des Schrotmeissels in zwei gleich lange Hälften, legt und schweisst diese abermals auf einander (so dass in der Mitte zwei Lagen Stahl auf ein- ander liegen) und streckt sie zu einer Schiene aus, deren Länge ungefähr Va von der Länge der fertigen Klinge beträgt, während sie iV^mal so stark ist als diese. Die in der Mitte der Schiene befindliche doppelte Stahlschicht hat den Zweck, der Schneide die nöthige Härte zu verleihen.

Die Angel wird aus Schmiedeeisen hergestellt, da Stahl zu leicht abspringen würde. Man biegt zu diesem Zwecke einen Flachstab in der Mitte zusammen, steckt die Schiene, aus welcher die Klinge hervorgehen soll, mit ihrem Ende zwischen die beiden Enden des gebogenen Stabes und schweisst sie mit denselben zusammen.

Nun folgt das Ausschmieden der Klinge zu ihrer rohen Form, wozu mehrere Hitzen erforderlich sind. Häufig erhalten die Klingen an den beiden Seitenflächen in der Nähe des Rückens je eine rinnenfSrmige Vertiefung, welche mit Hilfe eines Ober- und Unterstempels auf dem Ambos nach dem Strecken gebildet werden. Durch weiteres Ausschmieden längs der einen langen Seite wird nunmehr die Schneide gebildet; da aber in Folge der hier stattfindenden Querschnittsverdünnung eine ein- seitige .Streckung eintritt, wird hierbei die Klinge zugleich nach rück- wärts gekrümmt. Soll also ein gerader statt eines krummen Säbels ge- schmiedet werden, so muss die Krümmung durch Gegenschläge ver- hindert werden.

Auf dem Schleifsteine wird nunmehr die Form der Klingen vollendet; dann werden sie gehärtet, gelb angelassen, abermals geschliffen und

polirt.

Di^ bekannten Damascenerklingen bestehen aus einem ungleich- massigem Gemische von Stahl und weichem (kohlenstoffarmem) Eisen

Nägel und Drahtstifte. 845

als durch einfaches Aofexnanderschweissen dargestellt werden kann. Man gewinnt dasselbe dorch Schmelzen von weichem Eisen mit kohlen- stoffhaltigen Substanzen (Blättern gewisser Pflanzen) im Tiegel. Da, wo die Berührung des Eisens mit jenen Zuschlägen stattfindet, nimmt es Kohle auf, wird dadurch zu schmelzbarem Stahl und durchdringt im flüssigen Zustande aderformig das nicht gekohlte und in Folge dessen ungeschmolzene Eisen. Der gewonnene Eisenklumpen wird nun ausge- schmiedet und zu Klingen verarbeitet. Beizt man nun eine solche Klinge mit Sänren, so wird der kohlenstofifärmere Bestandtheil derselben stärker, der kohlenstofireichere weniger stark von der Säure angegHffen, und es entstehen dadurch jene eigenthümlichen Figuren (Damast) an der Ober- fläche, die man mit Gold auszulegen pflegt.

Literatur über Anfertigung der Schneidwaaren.

F. L. Schirlitz, Fabrikation der Stahlwaaren, Weimar 1868. Karmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Auflage, Seite 502.

Nägel und Drahtstifte.

Das älteste und noch jetzt vielfach, wenn auch in beschränkterm Maasse als früher geübte Verfahren, Nägel anzufertigen, ist das Schmieden von Hand; und bei dem grossen Verbrauche an Nägeln pflegt das Nagel- schmieden als besonderes Gewerbe in eigenen Werkstätten betrieben sn werden.

Die Werkzeuge und Geräthe des Nagelschmieds sind im Wesentlichen : ein kleiner Ambos ohne Hom; ein Abschrot, welches neben dem Ambos im Ambosstocke befestigt ist und Nagelschrot oder Blockmeissel heisst; Hämmer von verschiedener Grösse ohne Finne mit quadratischer Bahn; und insbesondere die Nageleisen ^, d. h. Gesenke zur Ausbildung des Nagelkopfs dienend. Fig. 613 stellt ein solches Nageleisen dar. Der

mittlere dicke Theil (die Krone), welcher aus gehär- tetem Stahle besteht, enthält die durchgehende, nach unten sich etwas erweiternde Oefinung, deren oberer Theil mit dem Querschnitte der Nägel dicht unter dem Kopfe übereinstimmen muss. Beim Gebrauche wird das Nageleisen an den beiden Enden unterstützt, so dass die OefiPnung frei liegt, indem man es mit der einen Seite auf der Amboskante, mit der andern auf einer zu diesem Zwecke neben dem Ambos aufgestellten Stütze ruhen lässt.

Der Nagelschmied gebraucht ein feinkörniges reines Stabeisen von quadratischem dünnem Querschnitte, welches besonders für diesen Zweck

846 Specielle Technologie.

dargestellt zu werden pflegt. Häufig benutzt man för die Anfertigung die auf Seite 583 abgebildeten Schneid werke; besser, aber auch theurer und deshalb in jetziger Zeit seltener ist das unter Hämmern ausgereckte feine Quadrateisen (Zaineisen). Sehniges Eisen würde in dem dünnen Querschnitte des Nidels auüsplittem und ist deshalb nicht brauchbar.

Das äusserste Ende einer solchen Eisenstange wird nunmehr im Schmiedefeuer auf Schweisshitze erwärmt und rasch zu einer schlanken Spitze von entsprechender Grösse und Form ausgeschmiedet, so dass in dem Abstände der Nagellänge von der Spitze ein Ansatz entsteht. Auf dem Blockmeissel wird nunmehr dicht hinter dem Ansätze der Stab fast ganz durchgehauen, so dass noch soyiel Material an dem Nagel sitzen bleibt als die Bildung d^s Kopfs erfordert; dann wird der Nagel von oben in das Nageleisen gesteckt, der Stab, welcher noch lose am Nagel hängt, abgebrochen und nun durch einige rasche Hammerschläge auf das oben herausragende dickere Ende des Nagels der Kopf ausgebildet. Durch einen Schlag unter die unten aus dem Nageleisen vorstehende Spitze des Nagels wird derselbe aus dem Nageleisen herausgeworfen und sofort ein neuer in Angriff genommen. Die Anfertigung muss in einer Hitze ge- schehen und schon ein neuer Stab im Feuer zum Ausschmieden bereit liegen; von kleinen Nägeln kann ein geübter Nagelschmied sogar zwei bis drei in einer Hitze anfertigen.

Wie schon früher erwähnt wurde, wendet man für sehr grosse Nägel (z. B. Schienennägel) zweckmässig eine Schmiedemaschine (Seite 459) mit verschiedenen Gesenken an, wenn die Anzahl der be- stellten Nägel die Mehrkosten eines solchen Apparats auszugleichen im Stande ist.

Aber auch für die Anfertigung kleinerer Nägel, deren Verbrauch in den Holzbearbeitungswerkstätten und in verschiedenen anderen Gewerben ein so ungemein grosser ist, wurden im Laufe dieses Jahrhunderts eine Anzahl von Methoden ersonnen, um die immerhin bei aller Geschicklich- keit des Nagelschmieds noch zeitraubende Handarbeit durch rascher liefernde Maschinenarbeit zu ersetzen.

Der Anwendung von Walzwerken mit periodischen Kalibern, um die Form der Nagelköpfe (besonders für Schienennägel} roh auszubilden und dadurch an späterer Arbeit zu sparen, wurde bereits auf Seite 493 gedacht; in ähnlicher Weise hat man auch kleinere Nägel in Walzwerken Torge walzt und durch einen weitern Formgebungsprocess vollendet. Eine allgemeine Anwendung hat jedoch dieses Verfahren nicht gefunden 0.

Weit häufiger ist die Anwendung geschnittener Nägel, aus einer Blechtafel von der Stärke, wie sie die Nägel erhalten sollen, durch Schnitte nach Fig. 614 hergestellt. Die Scheere steht hierbei fest, das Blech macht den Vorschub und erhält dabei durch eine besondere Vor-

^) Näheres hierüber: Dingler, polyt. Journal, Bd. 184, 8. 115; Bd. 207, 8. 184.

Nägel und Drahtstifte.

847

Fig. 614.

richtung die abwechselnde Drehung nach links and rechts, entsprechend der jedesmaligen Schnittrichtung. Der zu benutzende BlechstreUen wird

von einer langem Blechtafel durch einen querlaufenden Schnitt gemäss der Lange der anzufertigenden Nägel abgetrennt, wobei zu beachten ist, dass die Faserrichtung des Blechs in der Richtung der Schnitte liegen muss, durch welche die Nägel hergestellt werden, weil bei entgegengesetzter Richtung dieselben abbrechen würden. Die so erhaltenen Nägel sind ohne Kopf und können in dieser Form nur für einzelne Zwecke Verwen- dung finden; um sie anzuköpfen, werden sie entweder in einem kleinen Flammofen zum Glühen erhitzt, worauf die Bildung des Kopfs im Gesenke unter einem Fällwerke oder einer Presse erfolgt; oder der Kopf wird kalt geprägt {iß unmittelbarer Folge auf das Schneiden), und der Nagel später ausgeglüht.

Solche geschnittene Nägel besitzen nur zwei convergirende Flächen, während die zwei anderen parallel laufen, so dass statt der Spitze des geschmiedeten Nagels eine Kante entsteht. Sollen sie, wie die geschmie- deten Nägel, pyramidale Form erhalten, so muss das dafür benutzte Blech keilförmig gewalzt werden (vergleiche Seite 495); selbstverständ- lich lässt sich jedoch aus einem solchen Blechstreifen nur die Hälfte Nägel schneiden und die andere Hälfte wird Abfall.

Für sehr viele Zwecke, besonders für Holzarbeiten aller Art, sind endlich die aus Eisendraht gefertigten Drahtnägel oder Drahtstifte sehr geeignet, welche vor den geschmiedeten den Vorzug der Billigkeit, vor den geschnittenen der grossem Brauchbarkeit für viele Verwen- dungen voraushaben. Dieselben werden aus ungeglühtem Fisendrahte von der Stärke, welche der fertige Nagel erhalten soll, auf einer Ma- schine hergestellt, welche das Anköpfen, Zuspitzen und Lostrennen des Nagels von dem Drahte, kurz, sämmtliche Arbeiten zur Umwandlung eines Drahtrings, wie ihn das Zieh werk liefert, in fertige Drahtstifte mit Kopf und Spitze ausfuhrt und wegen ihrer sichern und raschen Arbeit eine etwas ausführlichere Besprechung verdient.

Fig. 615 (a.f.S.) stellt die Ansicht einer solchen Maschine von oben, Fig. 616 (a* S. 849) einen senkrechten Schnitt durch die Tischplatte derselben dar. Letztere wird durch Schrauben auf einem hölzernen Rahmen mit vier Füssen befestigt. Der Antrieb wird von einer Trans- mission aus durch die eine der beiden in Fig. 615 ersichtlichen Riemen- scheiben auf die horizontale doppelt gelagerte Hauptwelle der Maschine übertragen und die Gleichförmigkeit der Bewegung durch ein zwischen den Riemenscheiben und dem Tische eingeschaltetes Schwungrad ge- sichert. Die zweite Riemenscheibe ist Losscheibe für die Ausrückung.

Specielle Technologie.

Nägel und Drahtstifte. 849

Dar zur Vararbeitaug be- Btimmte Dr»bt befindet aicb ad der rechten Seite der Maschine auf einem HsBpel mit horizon- taler Achse; das vordere Ende dea Drahts muss, bevor es zar eigentlichen Maschine gelangt, die fünf Rgllea in dem angs- schraubten Rolleuhalter T passi- ren , welche den Zweck haben, den Draht bei seinem Durch- gange ZD richten, die gekrümmte Form desselbea in eine gerad- linige lEO verwandeln. Von hier aus gelangt der Draht nach dem Zubringer L, welcher denselben periodenweise um so viel nach links vorschiebt, als die Lilnge eines Drahtstifts beträgt. Zu diesem £nde sitzt auf dem Ende der Betriebswelle die Schliti- kurbel c, deren Bewegung durch die in Fig. 615 ersichtliche Schubstange (mit konisch ge- formtem Auge an der rechten

Seite) und den horizontalen Doppelhebel X auf den in zwei

Prismenfüh rangen gleitenden Schlitten L übertragen wird, so dass derselbe hin- und herge- hende Bewegung erhält. Durch Verstellung des Augriffspiuikts der Schubstauge lässt sich die Grösse dieses Hubes gemäss der Länge der zu fertigenden Stifte beliebig regeln. Auf dem Schlit- ten ist eine zangeuartige, in Fig. 611i erkennbare Vorrichtung befestigt, welche durch den Druck einer Feder so weit geschlossen gehalten wird, dass sie den Draht mitnimmt, sobald sich dem Vor- schübe desselben kein Hinderniss entgegenstellt, und leer über denselben fortgleitet, ohne ihn

Ladabnr, oMbuÜHh-ntUOufllMhi Tachaologi*.

850 Spedelle Technologie.

xn beschSdigen, wenn er snf irgend eine Weise in aeiner Bew^pong ge- benunt ist. Dieaes HemmnieB der Bewegung tritt nun regelmiasig knn beror der Schlitten seine RäckwÄrtabewegnog nach rechte beginnt, in folgender Weiae ein. Anf der Antriebswelle ist zunScbst dem Schwung' rwle eine Scheibe Q befestigt, deren Umfang, wie in Fig. 617 ersichtlich tat, in nngefflhr '/i der ganzen Länge exceDtriich anageschnitten ut. Anf der Scheibe ruht mit einer Bolle der längere Arm eines gekrümmten eisernen Hebels B, der mithin während circa '/j Umdrehungen derSch«be

Fig. (117.

im höchsten Stande Terbarrt, während '/j Umdrehnng aber in Folge seines eigenen Gewichts, dem Umfange der Scheibe folgend, sich senkt. Das vordere kürzere Ende des Hebek ff greift in das Ende einra einar- migen, qner tlber den Tisch der Sfaschine hinweggehenden sweiten He* bels Bf und hebt diesen empor, so lange der Ausschnitt der Scheibe Q oben steht. Da, wo der Draht nuter dem Hebel Bj hinweggehen mass, ist der letztere mit einer auswechselbaren Stahlhacke b, Fig. 616, rer- sehen, welche durch eine zweite, im festliegenden Untertheile Bi befe- stigte Backe ergänzt wird. FQr den Durchgang des Drahts enthält jede dieser Backen eine halbcjHnd rieche Binne, mit kleinen Zähnchen an der lunenfläohe versehen, um den Draht festzuhalten, sobald der Hebel St gesenkt und dadurch die obere Backe auf die nntere gedrückt ist; und an dem linken Ende mit einer konischen Erweiterung in Bücksicht anf die konische Form des Nagelkopfs, welcher an dieser Stelle geprägt wird (Fig. 616 zeigt die untere Backe 6 nach Abnahme des Hebels Bt). Die geschlossenen Backen bb dienen daher gemeinschaftlich als Ambos oder Untergeaenk für die Bildung des Kopfs.

Dieses Ausprägen des Nagelkopfs erfolgt bald nachdem das Draht- ende zwischen den Bscken hervorgetreten ist und während der Zubringer noch seinen leeren Rückgang vollführt, durch den horizontalen, in zwei Lagern geführten Hammer R (Fig. 61Ö und 616), dessen Kopf S aus hartem Stahle gefertigt und zum Auswechseln eingerichtet ist. Für die

Nägel xmä Drahtatifle. 851

BewegODg desselben dienen die Scheibe a and die Feder F. Erstere er- fasst den Hammer nach beendigtem Schlage mit dem danmenartigen, an ihrem Umfange befindlichen Vompmnge, fOhrt ihn nach linke zurück nnd hält ihn dort wäbrend circa Va Umdrehnngen fest; sobald aber das letzte exceutriBch ansgeeobnittene Drittel des Scheihennmfangs nach □nten steht, erhält der Hammer Spielraum nnd wird durch die Feder nach rechts geschleudert. Die Feder hat, wie schon ans Fig. 61fi hervor- gebt, winkeliormige Gestalt nnd ist an ihrem Scheitel in einem um einen Zapfen drehbaren Oehänse befestigt; mit der Rückseite stemmt sie sich gegen einen an zwei Fühmogsstangen yerstellbaren Qnerriegel, so dasB dnrcb dessen Verstellung ihre Spannung und somit die Wirkung des Scblages verändert werden kann, je nachdem man dickem oder dünnem Draht verarbeitet.

Wenn das Anköpfen beendigt ist, beginnt mit dem Rückgänge des Hammers ein weiterer Yorscbnb des angeköpften Drahts nm das Uaass einer Nagellänge. In dem Augenblicke nun, wo dieser Vorschub beendet ist, findet, wäbrend der Hammer noch in seiner hintersten Stellung fest- gehalten ist, in ganz geringem Abstände von den beiden Backen b das Zuspitzen des Drahts stett. Hierzu dienen die beiden zangenartig znsammengreifenden Doppelhehel MM (Figuren 615 und 618). Die

Fig. Sie.

längeren Arme dieser Hebel greifen an ihren Enden mit je einem aufwärts gerichteten Zapfen in eine an der Betriebewelle der Maschine befindliche corven form ige Nuth von solcher Gestalt, dass sie während eines Umlaufs der Maschine ein Mal rasch nach aussen gedrückt werden, dann aber sogleich zurückgeben nnd während der übrigen Zeit des Umlaufs in Ruhe verharren. Diese Bewegung der langen Hebelarme hat die ent- gegengesetzte der kürzern zur Folge: die Zange schliesst sich ein Mal während eines Umlaufs und wird dann rasch wieder geölfnet Die kurzen Arme sind da, wo sie zusammentreten, mit Stabteinsätzen (mm in Fig. 615) ausgerüstet, nm die Spitze auszubilden, welche gewöhnlich die Form einer vierseitigen Pyramide erhält. Bei dem Zusammendrücken

Specielle Technologie.

Fig. (

862

des Drfthte zu einer solchen Spitze moss das äberflüssige Material &as-

weicben; giebt man den Stahlbacken eine Form wie sie in Fig. 619 in

balber natürlicher Grösse abgebildet ist, so entsteht durch das aoawei-

chende Material eine Verdickung an dem Ende

des nachfolgenden Drahts, welche die Bildung

des nächsten Kopfs erleichtert.

Wenn die Hebel nach geschehener Bildung der Spitze sich Öffnen, hängt der fertige Nagel nnr noch lose an dem nachfolgenden Drahte, nnd es bedarf eines geringen Stosses, nm ihn Ton demselben za trennen. Zar selbst thätigen Ans- fühmng dieser letzten Arbeit befindet sieb seit- lich von dem Hammer zwischen den Zangen* hebeln ein in der Verticalebene beweglicher, etwas gekrümmter Hebel D, in Flg. 620 beson. ders abgebildet, dessen Standort anch im Grund- risse bei k erkennbar ist Der hintere kürzere Arm dieses Hebels wird darch die Scheibe / ^^ wahrend eines Unilanfa der Betriebs welle so lange

^B niedergedrückt, bis der kurze excentrische Ans-

^^M schnitt der Scheibe unten steht; nnn erhält der

^^ hintere Arm Spielranra; der »ordere längere

Arm schnellt in Folge der Wirkung einer mit ihm verbandenen Spiralfeder Z abwärts, schlägt dabei mit einem an ihm verstellbar befestigten senkrecht gerichteten Stabe auf den noch schwe-

Fig. «20.

Nägel und Drahtstifte. 853

benden Nagel und trennt diesen dadurch von dem Drahte ah. Derselbe föUt durch eine Oeffnung in der Tischplatte auf eine unterhalb derselben angebrachte schiefe Ebene, auf welcher er in einen bereit stehenden Behälter hinabgleitet.

Sobald die Trennung erfolgt ist und der Hebel wieder seinen frühern Stand eingenommen hat, schnellt der Hammer vor, um den Kopf des folgenden Nagels zu bilden; dann wieder Vorschub des angeköpften Drahts, Zuspitzen, Lostrennen u. s. f. Bei jeder Umdrehung der Betriebs- welle erfolgrt also ein vollständiger Drahtstift; durchschnittlich macht die Maschine für grössere Nägel 60 Umdrehungen per Minute, so dass stündlich circa 3Va mille Drahtstifte fertig werden; bei kleineren dagegen läuft sie bedeutend rascher, so dass man bis zu 20 mille per Stunde fer- tigen kann.

Nägel aus eisernen Stiften mit Messingköpfen werden ge- wöhnlich in der Weise gefertigt, dass man zunächst die Stifte schneidet, anspitzt und den Kopf angiesst. Man stellt zu diesem Zwecke eine Gussform in Sande nach einem Modelle her, welches zahlreiche, um einen gemeinschaftlichen Einguss gruppirte Nagelköpfe darstellt; an Stelle der Stifte trägt das Modell Kernmarken, so dass für jeden Stift in der Guss- form eine entsprechend grosse Rinne entsteht, in welcher er zu liegen kommt, während sein Ende in die hohle, für die Aufnahme des flüssigen Messings bestimmte Gussform hineinragt. Die gegossenen Nagelköpfe werden gebeizt und abgeschmirgelt, um blank zu werden. Die Stifte für die Bildernägel lassen sich auf der Drahtstiftmaschine herstellen, wobei nur das Anköpfen wegfallt; sollen sie statt der Spitze Holzschrauben- gewinde erhalten, so werden sie auf der Drehbank angeschnitten.

Sehr mannigfaltig sind die Methoden, um die bekannten Tapezier- oder Möbelnägel mit den fast halbkugligen, unterwärts hohlen. Köpfen zu fertigen. Schon in einer und derselben Handlung wird man meistens drei bis vier verschiedene Sorten solcher Nägel kaufen können, deren abweichende Herstellungsweise schon bei oberflächlicher Betrachtung deutlich zu erkennen ist.

Die älteste Methode ist wohl die Anfertigung durch Giessen in Messing, wobei Kopf und Stift aus einem Stücke bestehen. Bei diesem Verfahren wird jedoch der Rand der Köpfe gewöhnlich rauh, der Messing- verbrauch ist gross, und es stehen deshalb die Anfertignngskosten in einem ungünstigen Verhältnisse zu der Vollkommenheit der -Erzeugnisse. Das Giessen wird erleichtert, wenn man die Köpfe flach (statt gewölbt) giesst und dann erst mit Hilfe eines Stempels nebst Matrize im Fall- werke auftieft. Man erhält dadurch schwächere Metallstärke im Kopfe und vollendetere Form.

In anderer Weise stellt man die Köpfe für sich aus Messingblech mit Hilfe eines Durchschnitts dar, dessen Oberstempel convexe Form besitzt, so dass er zugleich die Köpfe ausstösst und schalenartig hohl biegt. Die Stifte werden aus Eisendraht gefertigt (wozu sich die Draht-

854 Specielle Technologie.

stiftmaschine eignet) and mit Schnellloth in den Kopf eingelöthet. Da jedoch die Löthnng mit Schnellloth nicht genügende Haltharkeit besitzt, um den ausgeübten Hammerschlägen mit Sicherheit za widerstehen, so sind solche Nägel wenig gesucht, und das Verfahren ist nur noch selten üblich«

Dagegen wird man häufig Tapeziemägel, besonders aus fran- zösischen Fabriken stammend, finden, deren Kopf an der Unterseite einen kleinen Wulst besitzt und mittelst desselben den aus Eisen gefertigten Stift umschliesst. Die Vereinigung von Kopf und Stift erfolgt hierbei durch Prägjing, wobei eine und dieselbe Maschine sowohl die Herstellung als die Vereinigung der beiden Theile besorgen kann. Als Material wird demnach der Maschine Draht für den Stift und Blech für den Kopf zugeführt; die Maschine liefert hieraus den Nagel mit flachem Kopfe, welcher in einer zweiten kleinern Maschine durch eine abermalige Prä- gung seine Vollendung erhält. Das Priucip einer solchen Maschine^) ist folgendes. Ein Streifen aus Kupfer- oder Messingblech und das Ende eines Eisendrahtrings werden mit ruck weisem Vorschübe unter einem rechten Winkel gegen einander geführt, der Kupferstreifen in annähernd horizontaler, der Eisendraht in annähernd senkrechter Richtung. Die Vorrichtungen zum Vorschübe, Anspitzen etc. des Eise^idrahts sind den- jenigen der oben beschriebenen Drahtstiftmaschine sehr ähnlich, nur dass hier die Bewegung nicht in horizontaler, sondern in senkrechter Richtung erfolgt. Die erste Arbeit der Maschine ist die Bildung eines Grübchens an der Oberfläche des Metallstreifens mit Hilfe eines entspre- chend geformten Stempels.

Nun wird der Streifen vorgeschoben und zwar um genau so viel, dass das soeben entstandene Grübchen sich unmittelbar unter dem sich abwärts bewegenden Eisendrahte befindet; gleichzeitig aber erhält auch dieser seinen Vorschub dergestalt, dass sein Ende bis in das Grübchen hineintritt. Während der nun folgenden Pause des Vorschubs drückt von unten her ein Stempel gegen den Streifen und bildet am Ende des Drahts einen Kopf aus, der innerhalb des Grübchens sich ausbreitet, während zugleich durch den Druck voii der entgegengesetzten Seite her das um das Grübchen bei Entstehung desselben angehäufte Metall des Streifens zusammengedrückt und somit wieder über dem entstandenen Nagelkopfe um den Draht herum zusammengeschoben wird. Der Stempel wirkt aber zugleich als Durchstoss und trennt den Nagelkopf als flache kreisrunde Scheibe aus dem Streifen. Gleichzeitig erfolgt die Bildung der Nagelspitze und das Abtrennen vom Drahte in ganz ähnlicher Weise als auf der Drahtstiftmaschine. Inzwischen ist auch ein neues Grübchen auf dem Metallstreifen gebildet und bei dem jetzt eintretenden Vor-

1) Ausführlich beschrieben und abgebildet in Dingler 's polytechniBchein Joumale, Bd. 198, S. 473; aus. dem Bulletin de la soci^ü^ d^encouragement 1B69, S. 257.

Tapeziemägel. 855

schabe wiederholen sich nun alle die beschriebenen Operationen. Der Nagel kommt also in der Form Fig. 621 ans der Maschine heraus. Er gelangt zu einer Scheuertonne mit Kleie gefüllt, um gereinigt und Ton pjg 321. Fig. 622. Grat befreit zu werden, dann zu der er-

wähnten zweiten, in ihrer Construction weit einfachem Maschine, wo das Auf- tiefen des Kopfs erfolgt. Die Matrize ist conyez, der Stempel concav geformt; erstere ist hohl, um den Nagelstift auf- zunehmen und zugleich dient diese Höhlung zur Bewegung des Nagel- auswerfers nach beendigter Prägung. Die Bewegung des Stempels erfolgt in horizontaler Richtung, so dass der geprägte Nagel leicht nach unten herausfallen kann, sobald er durch einen leichten Stoss gegen den Stift von der Matrize abgelöst ist. Die Zuführung der Nägel erfolgt selbstthätig innerhalb einer rinnenartigen Vorrichtung, so dass, sobald ein fertiger Nagel herausgeworfen ist, ein frischer an dessen Stelle tritt. Durch die Stauchung bei dem Auftiefen des Kopfs wird das Material rings um den Stift zusammengedrängt, wodurch derselbe einen noch sicherern Halt in dem Kopfe erhält. Fig. 622 zeigt die Form des fertigen Nagels.

Wo eine solche, in ihrer Einrichtung immerhin etwas complicirte Maschine nicht zu Gebote steht, wird das Herstellungsverfahren in folgender Weise abgeändei*t. Auf einem Durchstosse werden kreisrunde Fig. 623. Scheiben aus Messingblech oder Kupferblech ausge- . ,MHii stossen, dessen Stärke etwas beträchtlicher ist als die-

jenige der Nagelköpfe. Dieselben gelangen zu einem Prägwerke (Fallwerke oder Schraube), wo sie zwischen Ober- und Unter- stempel die Form Fig. 623 erhalten; die Stifte werden für sich mit Kopf auf einer Drahtstiftm aschine gefertigt. Der Kopf des Stifts passt in den Ring der Scheibe; auf einem zweiten Prägwerke wird nun die Messingplatte wieder zwischen Ober- und Ünterstempel halbkugelig aufgetieft und dabei der kleine aufstehende Bord derselben rings um den Stift zusammengepresst, so dass er über den Rand des Stiftkopfs hinweggreift und eine sichere Verbindung zwischen Stift und Platte herbeiführt. Der Prägstempel (beziehentlich die Matrize) ist hohl, um dem Schafte des Drahtnagels Platz beim Prägen zu geben. Die Form des fertigen Nagels ist ganz die nämliche wie in Fig. 622 ^).

Nicht selten findet man in neuerer Zeit auch Tapeziernägel, deren Kopf aus Eisenblech geprägt und mit ganz dünnem Kupferblech über- zogen ist. Der Schaft des eisernen Drahtstifts geht durch die eiserne Platte hindurch und der Stiftkopf befindet sich zwischen dieser und der

1) Näheres über diese letztere Dargtellungstmethode nebst Abbildungen der zu benutzenden Stempel and Matrizen: Deutsche Indostriezeitung, Jahrg. 1872, S. 354.

856 Specielle Technologie.

MoBsiogplatte eingeschlossen. Fig. 624 veranschaulicht die Zasammen- Setzung eines solchen Nagels. Die Arheiten bei Anfertigung desselben, Tig, 624. ^^^^ welche, soweit meine Eenntniss reicht, bislang nichts veröffentlicht worden ist, därften auf einer Maschine, ähn- lich der oben beschriebenen, in folgender Reihenfolge vor- genommen werden. Ein Blechst reifen und ein Draht, beide von Eisen, werden ruckweise unter rechtem Winkel ^egen einander vorgeschoben. Der Blechstreifen wird, ehe er den Draht erreicht, gelocht und erhält dabei einen aufgewor- fenen Rand rings um das Loch. Bei dem nächsten Vorschübe tritt der Eisendraht in das Loch; nun folgt an derselben Stelle das Anköpfen des Drahts, wobei der Rand des Lochs schon fest um den Draht zusammen- gepresst wird, das Zuspitzen des Drahts und das Ausstossen der runden Scheibe, worauf diese sammt dem eingeklemmten Drahtstifte herausge- worfen wird. Auf einer andern Maschine geschieht das Ausstossen der Messingplättchen, deren Durchmesser einige Millimeter ^össer sein mnss als derjenige des Kopfs; dann Aufbiegen des Randes dieser Plattchen im Gesenke, Einlegen des Nagels und schliesslich Auftiefen des Kopfs, wobei zugleich der Rand des Messingblechs über den Rand der als Kern die- nenden Eisenschiebe übergelegt und festgedrückt wird.

Der Hauptvortheil dieser letzten Methode vor der früher beschrie- benen dürfte in dem geringern Verbrauche an Messing oder Kupfer zo suchen sein.

Die in ihrer Form fertigen Tapeziernägel werden unter Um- ständen nach vorausgegangenem Beizen mit Schnellbeize polirt und alsdann, wenn sie nicht ihre ursprüngliche Farl)e behalten sollen, durch Weisssieden, Versilbern, Vergolden etc. mit einem andern Metallüberzuge versehen.

Die Münzen.

Der Handel und Verkehr der Menschen und Völker unter einander beruhte in den ältesten Zeiten und beruht noch jetzt bei rohen Voik»- stammen auf einfachem Austausche von Waaren; und in gleicher Wei»r wurde geleistete Arbeit durch Lieferung von Gegenständen bezahl:, welche als Lebensbedürfnisse, Schmuck oder dergleichen unmittelbar tod dem Empfanger ihrem Zwecke gemäss benutzt werden konnten.

Mit der Zunahme des Verkehrs wuchs aber die Schwierigkeit, far alle Fälle solche Tauschobjecte gegen begehrte Waaren (oder Arbeit) in Bereitschaft zu halten, welche dem Empfanger dem Bringer jencrr Waaren begehrenswerth , dem Geber entbehrlich waren. Ais daher die Metalle immer mehr Verwendung für die im täglichen Leben he- nutzten Geräthe etc. fanden; als man anfing, in Erkenntnisa diese« Werths der Metalle nicht allein die gediegen vorkommenden zu T«r- wenden, sondern sie auch hüttenmännisch aus Erzen zu gewinnen, d^

Münzen. 857

erwiesen sich diese Metalle bald als ein sehr bequemes Taaschmittel für Gegenleistungen aller Art; denn sie waren nicht, wie viele andere Tauschobjecte , der Verderbniss unterworfen, sie erforderten wenig Platz und besassen obenein in den meisten Ländern einen relativ hohem Werth als in jetziger Zeit.

So wurden die Metalle zu einem vielfach benutzten Zahlungsmittel der handeltreibenden Völker; man lieferte für irgend eine Waare oder Arbeit eine bestimmte Menge dieses oder jenes Metalls. Damit war ein erheblicher Schritt vorwärts zur Erleichterung gegenseitiger kaufmänni- scher Beziehungen geschehen. Hinderlich und zeitraubend war jedoch hierbei die Aufgabe, bei jedem Kaufe die Menge des als Zahlungsmittel dienenden Metalls gemäss der getroffenen Uebereinkunft abzusondern und zu prüfen; und je lebhafter der Händel und Wandel emporblühten, desto empfindlicher wurde dieser Uebelstand. Der Gedanke lag also nicht fern, dass zur fernem Erleichterung des kaufmännischen Verkehrs Stücke der Metalle von bestimmtem Gewichte in grösseren Mengen her- gestellt, zur leichtern Erkennung in eine bestimmte Form gebracht und zur Garantie ihres richtigen Gewichts durch eine Vertrauensperson mit einem betreffenden, schwielig nachzuahmenden äussern Zeichen ver- sehen wurden.

So entstand der Anfang der Münzkunst.

Bei den Chinesen sollen schon um 2000 v. Chr. Münzen im Gebrau- che gewesen sein; unter den übrigen historischen Völkern finden sich die ersten Spuren wirklicher Münzen bei den Phöniciern. Von diesen entlehnten die Griechen den Gebrauch des neuen Tauschmittels. Die Romer bedienten sich der Münzen zuerst zur Zeit des Servius Tullius; in Deutschland wurden die ersten Münzen im neunten Jahrhundert nach Christus gefertigt.

Die sowohl früher als noch jetzt am häufigsten zur Münzenanferti- gung benutzten Metalle sind: Gold, Silber und Kupfer. Eisen soll bei den Spartanern zur Zeit des Lykurg als Münzenmetall verwendet worden sein, ein Beweis, wie hoch dasselbe damals im Preise gestanden haben muss; Platin wurde in Russland von 1828 bis 1845 zu Münzen verar- beitet, die. aber 1845 sämmtlich wieder eingezogen wurden. In der neuesten Zeit hat endlich das Nickel neben den genannten Metallen eine ziemlich ausgedehnte Anwendung in den Münzwerkstätten gefunden.

Aber nur selten werden jene Metalle ganz rein verwendet. Gold, Silber und Kupfer sind in reinem Zustande so weich, dass in Folge der häufigen Benutzung nicht allein das Gepräge das Erkennungszeichen für den Werth der Münze durch Niederdrücken und Verschiebung sehr bald undeutlich werden, sondern auch durch Abreiben eine merkliche Verminderung des Gewichts und somit des wirklichen Werths der Münze eintreten würde; und natürlicherweise macht gerade der letztere Umstand sich um so empfindlicher geltend, je kostbarer das betreffende Metall ist.

858 Specielle Technologie.

Nickel aber ist im reinen Zustande so schwierig verarbeitbar, dass es aas diesem Grande ungeeignet für die Mänzendarstellong sein würde.

Man bildet also durch Zusatz anderer Metalle Legirangen, welche sich durch grössere Härte und Widerstandsfähigkeit gegen Reibung, be* ziehentlich grössere Yerarbeitungsföhigkeit auszeichnen; und zwar legirt man zu diesem Zwecke Gold, Silber and Nickel mit Kupfer, Kupfer mit Zinn und Zink.

In Rücksicht auf die grosse Differenz im Preise des Kupfers gegen- über den Preisen des Silbers und Goldes ist es selbstverständlich, dass die Zusammensetzung jener Legirungen insbesondere bei Silber- und Goldmünzen aufs Genaueste vorgeschrieben und innegehalten werden muss, damit die Werthe zweier Münzen, die im Aeussem einander gleich sind und gleichen Nennwerth besitzen, auch thatsächlich mit einander übereinstimmen. Man nennt den Gehalt einer Münze an reinem Golde oder Silber ihren Feingehalt. Während derselbe in früheren Jahren in den verschiedenen Ländern erhebliche Unterschiede zeigte, hat man in neuerer Zeit in den meisten Ländern, wo ein neues Münzsystem einge- führt wurde, nach dem Beispiele Frankreichs einen Feingehalt von 0,900 sowohl für Gold- als die grösseren Silbermünzen angenommen. Nur für die kleineren Silbermünzen zieht man in manchen Ländern einen gerin- gem Feingehalt vor, theils, um ihnen eine noch grössere, dem öflem Gebrauche entsprechende Dauerhaftigkeit durch stärkere Legirung mit Kupfer zu geben, dann auch, um nicht das Format der geringwerthigen Münze allzu unansehnlich erscheinen zu lassen.

Der Feingehalt beträgt z. B. in Deutschland:

Bei sämmtlichen Reichsgoldmünzen 0,900 Gold,

Reichssilberm Unzen und den seit 1857

geprägten Yereinsthalem 0,900 Silber,

den norddeutschen Thalem vor 1857 0,750

preussischen, nicht mehr gültigen Silbergroschen 0,220

In Oesterreich:

Bei den Ducaten 0,986 Gold,

Doppelgulden und Gulden seit 1857 0,900 Silber,

Viertelgulden seit 1857 0,520 ,

20 Kreuzer 0,500

« » 10 1868 0,400

In Frankreich, Italien, Belgien und der Schweiz:

Bei sämmtlichen Goldmünzen - 0,900 Gold,

den 5-Franc8-Stücken 0,900 Silber,

übrigen neueren Silbermünzen 0,835 »

In England:

Bei den Sovereigns 0,916 Gold,

Silbermünzen 0,925 Silber,

Münzen. 859

In den Vereinigten Staaten NordamerikaB:

Bei den Goldmünzen seit 1837 0,900 Gold,

SilbermOnzen seit 1837 0,900 Silber.

Kupfermünzen bestehen in Deutschland, Frankreich, England und anderen Ländern aus

95 Theilen Kupfer, 4 Zinn, 1 Theil Zink,

verdienen also thatsächlich den Namen Bronzemünzen; antike Münzen enthielten weit mehr Zink (vergleiche die auf Seite 10 mitgetheilten Analysen); französische Münzen, in den ersten Jahren der französischen Revolution aus den Glocken aufgehobener Klöster geprägt, sind in Folge dieses Umstandes reicher an Zinn.

Nickelmünzen enthalten in Deutschland, Nordamerika (seit 1863), Belgien, Brasilien 25 Theile Nickel und 75 Theile Kupfer; ältere nord- amerikanische Nickelmünzen enthalten nur 12 Procent Nickel. Es ist hierbei die intensiv färbende Eigenschaft des Nickels wichtig, durch welche die aus solchen Legirungen gefertigten Münzen eine bleibende weissgraue Farbe erhalten, während Silbermünzen mit einem so reich- lichen Kupfergehalte eine entschieden röthliche Färbung besitzen würden (welche z. B. bei den früheren preussischen Silbergroschen schon nach kurzem Gebrauche deutlich hervortrat) ^).

Diejenige Zahl, welche angiebt, wie viele Münzen bestimmter Gat- tung aus einem bestimmten Gewichte des Feinmetalls hergestellt werden, heisst der Münzfuss. Nach demMünzfusse des deutschen Reichs werden aus 1 Pfund oder 500 g Feingold für 1395 Mark Nennwerth Goldmünzen, aus 1 Pfund Feinsilber für 100 Mark Nennwerth Silbermünzen geschla- gen. Aus dem Feingehalte der Münzen und dem Münzfiisse berechnet sich das Gewicht der legirten Münze. Bei dem Feingehalte der deut- schen Goldmünzen = 0,900 enthält 1 Pfund legirtes Goldmetall 0,900 Pfund Feingold, aus welchem 0,9 X 1395 = 1255,50 Mark Goldmünzen geprägt werden können ; ebenso aus 1 Pfund legirtem Silber 0,9 X 100 = 90 Mark Silbermünzen.

Da es aber bei der Anfertigung im Grossen unmöglich sein würde, sowohl hinsichtlich des Feingehalts als. des Gewichts jeder einzelnen Münze die gegebenen Bestimmungen ganz genau inne zu halten, so ist in allen Ländern eine sogenannte Toleranz '^ gesetzlich festgestellt, d. h. ein Maximum der zulässigen Abweichungen von dem normalmässigen Feingehalte und Gewichte bei einer einzelnen Münze, wobei man von der Ansicht ausgeht, dass in der Gesammtmenge der geprägten Münzen die entgegengesetzten Abweichungen sich gegenseitig wieder ausgleichen werden. Bei den deutschen Reichsmünzen ist z. B. die Toleranz:

^) Vergleiche Dingler'8 polyt. Journal Bd. 223, 8. 1: Karmarsch, Be- trachtungen über das europäische Münzwesen.

860 Specielle Technologie.

im Feingehalte im Gewichte

Für Silbermünzen +0,3 Proc. + 1,00 Proc.

Goldmünzen (20- und lO-Mark-Stücke) + 0,2 ± 0,25

(5-Mark-Stücke) . . . . + 0,2 + 0,40

Die Münzen der jetzigen Zeit haben fast ohne Ausnahme die be- kannte scheibenförmige Gestalt mit kreisrundem Umfange. Man giebt ihnen dadurch diejenige Form, welche für den Gebrauch die bequemste ist, welche die äusseren, durch das Gepräge gegebenen Kennzeichen deutlich hervortreten lässt und am wenigsten leicht durch Verbiegen oder dergleichen leidet. Im Alterthume dagegen gab es längliche, keil- förmige, konische und andere Münzen.

Das eigentliche charakteristische Kennzeichen der Münze wird durch ihr Gepräge gebildet.

Wie schon oben hervorgehoben wui'de, soll das Gepräge die Garantie für den Werth der Münze bilden; damit aber dieser Zweck erreicht werde, muss dasselbe nicht nur in deutlicher und verständlicher Weise die Bezeichnung des Nennwerths und des Landes, welchem sie angehört und von dessen Regierung der Werth garantirt wird, enthalten, sondern das Gepräge muss auch derartig beschaffen sein, dass es eine betrügliche Werth Verminderung durch Wegnahme von Spänchen an der Oberfläche und am Rande (die natürlich um so mehr zu fürchten ist, je werth voller das Metall ist) leicht erkennen lässt und die Nachbildung durch Falsch- münzer erschwei*t. Das geeignetste Mittel, einer betrüglichen Verklei- nerung der Münzen durch Befeilen etc. des Randes vorzubeugen, ist die Anbringung einer rings um den Rand herumlaufenden Schrift oder ornamentalen Verzierung (Rändelung); am besten erhaben, meistens aber in Rücksicht auf die Schwierigkeiten, welche eine erhabene Rand- schrift beim Prägen hervorruft, vertieft ausgeführt. Daneben lässt das sogenannte „Stäbchen^, d. h. der schmale am Rande der meisten in der Neuzeit geprägten Münzen herumlaufende erhabene Reifen eine Ver- kleinerung der Münze um so leichter erkennen, je schmaler er selbst ist.

Die Nachahmung durch Fälscher wird um so schwieriger, je reicher, künstlerischer die Zeichnung und je vollendeter die Ausführung ist.

Endlich soll aber das Gepräge auch ein solches sein, dass es durch den Gebrauch möglichst wenig abgenutzt werde. Diese Aufgabe zu er- füllen ist eine andere Bestimmung des erwähnten „Stäbchens"; die Höhe desselben wird so beträchtlich bemessen, dass die Münze, auf einer flachen Ebene Tischplatte aufliegend, nur auf dem Stäbchen ruht und das übrige Gepräge nicht berührt wird. Selbstverständlich muss zu diesem Zwecke das letztere flach gehalten werden und nur bei Medaillen, die nicht für den Umlauf bestimmt sind, wendet man aus Schonheits- rücksichten kräftigere Reliefs an. Häufig erleichtert man noch die Lö- sung jener Aufgabe des Stäbchens, indem man den Flächen der Münze eine schwach concave Form giebt.

Münzen. 861

Für die Anfertigung der Münzen sind folgende Arbeiten erforderlich.

Die zn verarbeitende Legirung wird im Tiegel geschmolzen. In den meisten Fällen wird man sich eines Tiegelschachtofens, mit Holzkohlen oder Koks geheizt, zum Schmelzen bedienen. Man benutzt Graphittiegel, für Silber bisweilen schmiedeeiserne oder gnsseiserne Tiegel. Der Inhalt der Tiegel pflegt entsprechend dem Umfange des Betriebes 200 bis 300kg zu sein; schmiedeeiserne Tiegel werden sogar in Grössen bis zu 1100 kg Inhalt angewendet. Die Tiegel werden zur Rothgluth ange- wärmt, dann das Metall eingesetzt und mit Holzkohlenlösche bedeckt.

Von Gold- und Silberlegirungen nimmt man, wenn das Schmelzen beendet ist, mit einem Schöpflöffel eine kleine Probe, giesst dieselbe ans und unterwirft sie einem Probiryerfahren durch Abtreiben oder auf nassem Wege, um den Feingehalt zu prüfen. Wenn dieselbe ein befrie- digendes Ergebniss geliefert hat, folgt das Ausgiessen.

Man benutzt gusseiserne, zweitheilige, stehende Formen ^), in wel- chen das Metall zu Stäben von 400 bis 600 mm Länge, 4 bis 8 mm Dicke und einer dem Durchmesser der Münzen entsprechenden Breite ausgegossen wird. Diese Stäbe heissen Zaine. Entwickelt die Legirung reichliche Gasmengen beim Giessen, wie z. B. die Nickellegirungen, so befordert man das Entweichen der Gase aus der Form und dadurch die Entstehung dichtem Gusses, indem man statt der dünneren Stäbe dickere Blöcke giesst und mit Hilfe einer geeigneten Maschine diese in Stäbe zersägt.

Die Zaine gelangen nun zum Walzwerke, um gestreckt und dabei verdichtet zu werden. Da es hierbei auf genaueste Innehaltung der Qnerschnittsstärke des Arbeitsstücks ankommt, müssen alle Theile des Walzwerks in sorgfaltigster Weise hergerichtet sein. Die allgemeine Einrichtung entspricht derjenigen eines Duowalzwerks mit entlasteter Oberwalze; die Walzen haben nur 150 bis 250 mm Durchmesser, 200 bis 400 mm Länge, sind glatt ohne Kaliber, aus Gussstahl gefertigt und ge- schmirgelt. Häufig verbindet man zwei Walzgerüste durch Kupplungen zu einer Walzstrecke mit Vor- und Fertigwalzen, um die letzteren, welche am genauesten gearbeitet sein müssen, möglichst zu schonen. Die Um- fangsgeschwindigkeit der Walzen ist ziemlich langsam, die Anzahl der Umdrehungen 20 bis 30 per Minute. Fast ausnahmslos werden die Metalle im kalten Zustande gewalzt; aber je stärker sie legirt sind, ein desto öfteres Ausglühen pflegt erforderlich zu sein. Man bedient sich zum Ausglühen eines Muflelofens.

Das Strecken im Walzwerke wird so lange fortgesetzt, bis ein aas dem gestreckten Zaine probeweise ausgestossenes Plättchen von be- stimmtem Durchmesser das genaue Norm algewicht einer Münze gleicher

1) Stehende Form bedeutet: mit senkrechter Hauptachse, um dichtem Quss zu erzeugen. Vergleiche S. 106 und 156.

862 Specielle Technologie.

Grösse (und selbstverstäsdlich gleichen Metalls) erlangt hat; alsdann beginnt die folgende Arbeit, das Ausschneiden oder „Ausstückeln".

Man bedient sich dazu eines Durchstosses mit Stempel und Loch- ring (Seite 584); und zwar sind verschiedene der a. a. 0. beschriebenen Constructionen für diesen Zweck Üblich. Für die jetzt seltenere Hand- arbeit dient eine Schraube mit doppeltem Gewinde zur Bewegung des Stempels (Fig. 455 auf Seite 586); für Maschinenbetrieb der Hebel oder häufiger ein Excenter mit Schwungrad (Seite 590). Aus dem Zaine wer- den auf dieser Maschine kreisrunde Platten, deren Durchmesser der Grosse der Münzen entspricht, ausgestossen; die zurückbleibenden Schrote wandern zum Schmelzofen zurück. Bei dem Betriebe von Hand liefert ein Arbeiter stündlich 1000 bis 1500, bei dem Betriebe durch Elementar- kraft 4000 bis 6000 ausgestückelte Platten.

Die in solcher Weise gefertigten Platten gelangen nun, da das Ge- wicht derselben trotz aller bei den vorausgehenden Arbeiten angewen- deten Sorgfalt nicht immer hinlänglich genau mit dem Normalgewichte übereinstimmt 9 zur Berichtigung dieser GewichtsdifPerenzen in die Justirwerkstatt. Bei Goldmünzen und werth volleren Silbermünzen geschieht das Justiren in folgender Weise. Der Arbeiter sitzt an einem Tische, vor sich eine Wage, deren eine Wagschale mit dem Normal- gewichte belastet ist, und prüfb nun durch Auflegen jeder Platte auf die andere Wagschale ihr Gewicht. Zu leichte Platten (deren Vorkommen man übrigens durch etwas reichliche Bemessung der Plattenstärke thun- lichst zu vermeiden sucht) werden bei Seite gelegt, um wieder einge- schmolzen zu werden; zu schwere Platten werden durch Abnahme von Spänchen leichter gemacht. Diese Arbeit geschieht entweder von Hand mit Hilfe der Feile, wobei die Platte in einem Holzklotze (dem Justir- klotze) aufruht; oder mit Hilfe einer kleinen Justirmaschine (von Hand oder durch eine Transmission bewegt), welche mit einem entsprechend breiten Messer einen Span von der ganzen Plattenoberfläche abnimmt. Selbstverständlich mnss sowohl bei der Benutzung der Feile als der Justirmaschine die ganze obere Seite der Platte gleichmässig bearbeitet werden, damit nicht Vertiefungen auf derselben als Spuren der Bear- beitung entstehen.

Die justirten Platten werden abermals gewogen und, wenn ndthig, nochmals nachgearbeitet.

Durch Anwendung automatischer Wagen an Stelle der einfachen Handwagen hat man in vielen grösseren Münz Werkstätten die Arbeit des Justirens erheblich vereinfacht. Eine solche automatische Wage schiebt selbstthätig eine Münzplatte nach der andern auf die -Wag- schale und sondert sie in verschiedene Behälter, die zu leichten Platten kommen gemeinschaftlich in ein Behälter; die innerhalb der Toleranz zu leichten oder zu schweren (also keiner Justirung bedürfenden) in zwei Behälter; die zu schweren endlich werden nach der Grösse des Ueber-

Münzen. 863

gewichts wieder in verschiedene (gewöhnlich 3) Glassen getheilt ^). Diese letztere Sondemng ermöglicht es alsdann, durch eine einmalige entspre- chende Einstellung des Messers der Justirmaschinen alle zu derselben Abtheilung gehörenden Platten von vornherein richtig zu justiren.

Für alle Kupfer-, Nickel- und kleineren Silbermünzen würde da- gegen das Justiren in der geschilderten Weise viel zu zeitraubend sein und die Kosten des Verfahrens mit dem Werthe der Münzen nicht im Einklänge stehen. Man wägt bei diesen geringwerthigeren Münzen eine grössere Anzahl und zwar so viele, als gesetzlich auf die Einheit des Landesgewichts (1kg etc.) gehen sollen, gemeinschaftlich; ist das 6e- sammtgewicht zu leicht, so sondert man einige zu leichte Stücke aus und ersetzt sie durch solche, welche, im Einzelnen gewogen, zu schwer sind, bis das Gleichgewicht hergestellt ist; und benutzt umgekehrt die ausgesonderten wieder zur Gewichtsberichtigung eines andern zu schweren Satzes (Justiren al marko oder in der Mark). Auf diese Weise kommt das normalmässige Totalgewicht immerhin in den Verkehr und der Werth der Gewichtsdifferenz bei einem einzelnen Stücke ist zu unbedeu- tend, als dass dieselbe einer separaten Berichtigung bedürfte.

Aus den früher gegebenen Erörterungen über die Vorgänge beim Durchstossen einer Metallplatte (Seite 557) ergiebt sich, dass der Rand der ausgestossenen Münzplatten niemals eine glatte Fläche bildet, son- dern mehr oder minder rauh und uneben ausfilllt. Zur Vervollkomm- nung dieser cylindrischen Randfläche unterwirft man daher die justirten Platten einer Arbeit, welche Rändeln genannt und auf der Rändel- maschine ausgeführt wird. Letztere enthält als Werkzeug zwei ge- härtete geradlinige oder kreisbogenförmige Stahlsohienen (die Rändel- eisen), welche in einer Horizontalebene parallel und in solchem (verstell- barem) Abstände von einander angebracht 'sind, als der Durchmesser der zu rändelnden Münze betrag^. Die eine Schiene liegt fest, die andere wird parallel derselben in solcher Weise und um eine solche Länge vor- geschoben, dass die zwischen beide geschobene Platte um eine halbe Umdrehung fortgerollt wird. Hierbei wird durch die polirten einander zugekehrten Flächen der Schienen der Rand geglättet und ein wenig nach beiden Seiten aufgeworfen (gestaucht).

In den Einzelheiten der Construction, insbesondere auch in der Art und Weise der Bewegung zeigen die Rändelmaschinen mannigfache Ab- weichungen. Eine von der durch ihre Maschinen für Münzanfertigung berühmten Firma D. Uhlhorn zu Grevenbroich') gebaute Rändel- maschine zeigt die Fig. 625 (a. f. S.) im Grundrisse, Fig. 626 (a. S. 865) im Querschnitte durch den Tisch (welcher auf einem eisernen oder höl- zernen Gerüste befestigt wird) und zwei Paar Rändeleisen. In der Mitte

^) Eine eingebende Beschreibung einer solchen Wage nebst Abbildnngen findet sich im Amtlichen Berichte der Wiener WeltanssteUnng, Bd. 2, S. 125. ') Seit I. Januar 1878 eingegangen.

Specielle Technologie.

Pijf. 626.

Münzen. 865

des Tiscbs gleitet an PrismeniPährangen der gusseiserne Schlitten c hin und zurück und trägt an jeder Seite zwei Rändeleisen hihi &2&21 welche demnach dieselbe Bewegung als der Schlitten erhalten. Diesen gegen- über, von zwei auf dem Tische aufgeschraubten Leisten dd gestützt, be- finden sich die feststehenden Rändeleisen Ui ai a^ o^. Wie aus der Ab- bildung hervorgeht, lässt sich der Abstand der beweglichen von den

feststehenden Eisen durch je zwei kleine horizontale , a b IV: r .. /T^ *> » , Stellschrauben hinter je-

"^t?™* 'T^^^^^^ ^^^ Schiene gemäss dem

lli^^^iB^^K^-^;^vlFj|; yy> '^fJ'^'S^'-'U'^'^^'^^'A DuTchmesser der zu rän- delnden Platten verändern, und nach erfolgter Ein- stellung wird dieselbe durch je zwei senkrechte Schrauben, welche durch längliche Querschlitze der Rändeleisen hindurchgehen, vollständig ge- sichert. Die Anordnung ist eine solche, dass die zwei Paar Rändeleisen a\ &x beim Yorwärtsgange, die anderen zwei beim Rückwärtsgange des Schlittens zum Eingriffe kommen. Die zu rändelnden Platten werden den Rändeleisen selbstthätig zugeführt. Zu diesem Zwecke befindet sich vor jedem feststehenden Rändeleisen ein metallener Cylinder (Becher) ei t^ auf dem Tische derartig aufgeschraubt, dass zwischen seinem untern Rande und der Tischplatte ein hinlänglicher Raum bleibt, eine, nicht aber zwei aufeinanderliegende Platten zugleich hindurchzulassen. Hinter den Cylindern befindet sich, in Führungen parallel der Achse der Ma- schine beweglich, je ein Schieber /i/i /2/2, dessen dem Cylinder zuge- kehrter Rand kreisbogenformig, entsprechend dem Cylindermantel, aus- geschnitten ist (bei den Cylindern e^ e^ ist dieser Rand bis innerhalb der CyHnderöffnung vorgeschoben und erkennbar). Auf jedem dieser Schieber ist ein Winkel aufgeschraubt, welcher gegen eine auf der Tischplatte befestigte Feder hli stösst, während vier auf dem Schlitten c befindliche Knaggen 'kh bei dem Vorschübe des letztern die Winkel ergreifen, da- durch die Schieber zurückführen und somit die Feder in Spannung ver- setzen. Die Cylinder ei ^2 werden mit übereinander geschichteten Münz- platten gefüllt. Wenn nun der Schieber durch den Knaggen 'k zurück- geführt ist (vergleiche die Stellung der Schieber f^ft)^ so wird die untere der in dem Cylinder befindlichen Münzplatten sofort bis auf die Tischplatte hinabrutschen. Nun beginnt der Rückgang der Maschine. Der Knaggen k lässt den Schieber /^ los, derselbe gleitet in Folge des von der angespannten Feder ausgeübten Drucks vorwärts und schiebt dabei die unterste der Müuzplatten unter dem Rande des Cylinders hinweg soweit vor, dass das feststehende Rändeleisen den Umfang der- selben tangirt. Inzwischen ist aber auch das zweite Rändeleisen (62) vorgerückt, erfasst den Rand der Platte an der gegenüberliegenden Stelle und rollt dieselbe auf diese Weise vorwärts, wobei in der oben geschilderten Weise die Ausbildung und eine schwache Stauchung des

liedobur, mechnnisch-metaUurgiflolie Technologie, 55

866 Specielle Technologie.

Randes erfolgt. Bei Beendigung des Hubes fallt schliesslich die Münz- platte, welche nunmehr yollständig vor dem feststehenden Eisen vorbei gegangen ist, durch die Oeffnung ii der Tischplatte in einen unterhalb derselben bereit stehenden Behälter. Alsdann findet Umkehr des Hubes statt; gegen Beendigung desselben führt der Knaggen k den Schieber wieder zurück, eine neue Münzplatte fällt nach unten und wird dann in der geschilderten Weise abermals vorgeschoben. Es ist leicht ersichtlich, wie bei der abgebildeten Maschine die Rändeleisen a^ &i und a^ h^ immer abwechselnd thätig sind , so dass bei jeder Umdrehung der Betriebswelle 4 Platten gerändelt werden ; bei 40 Umdrehungen per Minute mithin die beträchtliche Zahl von 160 Platten per Minute oder 9600 per Stunde.

Die Platten werden nunmehr (bisweilen auch schon vor dem Rän- deln) geglüht und gebeizt, um von anhängendem Schmutze und Oxyden befreit und vollständig blank zu werden.

Das Glühen geschieht in kupfernen oder eisernen Kasten, während die Platten mit Kohlenstaub bedeckt gehalten werden; das Beizen in einer hölzernen, etwas geneigten, um ihre Achse gedrehten Tonne mit verdünnter Schwefelsäure, wobei die Platten noch heiss in die Säure geworfen werden. Stark legirte Silbermünzen werden dabei in Folge der grösseren Löslichkeit des Kupfers in Schwefelsäure weissgesotten (Seite 760). Goldplatten, welche in Kohlenpulver geglüht waren, werden häufig nur durch Behandlung mit Seifenwasser gereinigt; sie ;seigen dann eine röthliche Farbe, während die mit Säure gebeizten schön hoch- gelb aussehen.

Die gebeizten Platten werden wiederholt mit Wasser abgespült, dann auf ein ausgespanntes leinenes Tuch geschüttet und mit Bürsten trocken gerieben, wobei sie zugleich Glanz erhalten.

Durch das Glühen und Beizen entsteht ein Gewichtsverlust, welcher bei dem Justiren im Voraus berücksichtigt und deshalb durch Erfahrung festgestellt werden muss. Die Zusammensetzung der Legirung, die Art des Glühens und Beizens beeinflussen die Grösse dieses Gewichtsverlnsts.

Auf das Beizen folgt endlich das Prägen.

Wenn die Münzeu Randschrift oder Rand Verzierung erhalten aollen, so geht die Herstellung des Randgepräges dem Prägen der Flächen vor- aus. Man benutzt für die erstere Arbeit ein genau solches Rändelwerk, als oben beschrieben wurde, mit Rändeleisen, auf deren einander zuge- kehrten Flächen die herzustellende Schrift oder Verzierung in umge- kehrter Anordnung (auf jedem Eisen für die eine Hälfte des Umfangs der Münzplatte) angebracht ist. Wenn man z. B. auf der einen Seite der oben abgebildeten Rändelmaschine zwei Paar glatte Rändeleisen, auf der andern zwei Paar mit Inschrift oder Verzierung versehene Rändel- eisen einsetzt, so lässt sich dieselbe gleichzeitig zum ersten wie zum zweiten Rändeln benutzen.

Das Princip des Prägwerks wurde schon auf Seite 734 erläutert. Zwei einander zugekehrte Stempel aus gehärtetem Gussstahl, deren jeder

Münzen. * 867

das auf einer Seite der Münze herzustellende Gepräge in umgekehrter Anordnung trägt, wirken gleichzeitig unter solchem Drucke gegen die beiden Flächen der Platte, dass durch die eintretende Verschiebung der Molecüle ein vollständig scharfer Abdruck der Stempeloberiläche erfolgt. Die Münze liegt hierbei horizontal auf dem feststehenden unteren Stem- pel und der obere wird in senkrechter Richtung gegen den letztern bewegt. Wenn nun hierbei die Münzplatte frei liegt, so dass durch den Druck der Stempel eine thatsächliche Querschnittsverdünnung eintreten kann, so vergrössert sich in Folge dessen der Durchmesser der Platte, der Rand derselben- tritt über das Gepräge hinaus und büsst dadurch seine scharfkantig ausgebildete Form ein. Die Betrachtung von Münzen aus früheren Jahrhunderten zeigt ausnahmslos diesen Vorgang, und auch in dem letzten Jahrhunderte sind sehr viele Münzen in gleicher Weise geprägt. Man vermeidet diesen Uebelstand und erhält eine vollständig runde und schärfer ausgeprägte Münze, wenn man die Platte während des Prägens durch einen Stahlring einschliesst, dessen innerer Durch- messer genau gleich dem Durchmesser der Münze und des Prägstempela ist (Prägen im Ringe). Dadurch wird aber aus naheliegenden Gründen die Anwendung erhabener Randschrifb etc. schwieriger, und man findet deshalb bei fast allen im Ringe geprägten Münzen dieselbe vertieft«

Da ein und dasselbe Paar Prägstempel nur zur Herstellung einer gewissen Anzahl Münzen (im günstigsten Falle bis zu 500 000 Stück, gewöhnlich aber beträchtlich weniger) benutzt werden kann, ehe es als unbrauchbar durch neue ersetzt werden muss, so trifft man Vorsorge, dass dieser Ersatz in möglichst einfacher Weise beschafft werden könne. Man stellt zunächst nach der gegebenen Zeichnung durch Graviren etc. einen Originalstempel aus vorzüglichem Gussstahl dar, welcher genau so geformt ist, wie der später zum Prägen der Münzen anzufertigende Stempel. Auf diese Herstellung, welche äusserst zeitraubend und kost- spielig ist, wird die grösste Sorgfalt verwendet. Sind in einem Lande mehrere Münz Werkstätten vorhanden, so pflegt dieser Originalstempel in der Centralwerkstatt aufbewahrt zu werden; z. B. für die deutschen Reichsmünzen in Berlin. Dieser Stempel wird gehärtet, in ein kräftiges Prägwerk mit Schraubenspindel eingesetzt und nun wird mit Hilfe des- selben ein zweiter Stempel (Matrize, Modellstempel), ebenfalls aus Guss- stahl, geprägt, welcher natürlich das Bild des Original stempeis umge- kehrt und demnach genau so enthält, als es später auf den Münzen erscheinen soll. Dieses Prägen muss mit grosser Umsicht ausgeführt werden und erfordert ziemlich lange Zeit. Damit nicht Risse entstehen, kann nur ein Stahl vorzüglichster Beschaffenheit verwendet werden und da bei der Härte desselben die Wirkung jedes einzelnen durch die Presse ausgeübten Stosses nur gering sein kann, so muss die Prägung durch zahlreiche, nach und nach ausgeführte Stösse bewirkt werden. Nach je sieben bis acht Stössen ist der Stahl hart und spröde geworden und muss geglüht werden. Endlich wird der fertig geprägte Stempel nochmals

55*

868 Specielle Technologie.

geglüht, aussen gedreht, mit grosser Vorsicht gehärtet und gelh ange- lassen.

Dieser zweite Stempel dient nun dazu, in derselben Weise als soeben beschrieben wurde, die eigentlichen Prägstempel för die Münz- werkstätten darzustellen; und die Oberfläche dieser letzten Prägstempel stimmt dann wieder mit derjenigen des zuerst gefertigten Originalatem- pels überein. Ist ein Prägstempel abgenutzt, so wird mit Hilfe des zweiten Stempels ein neuer gefertigt, ohne dass der kostspielige Original- stempel in Anspruch genommen zu werden braucht.

Während in alten Zeiten das Prägen der Münzen einfach durch Schlagen mit dem Hammer ausgeführt wurde, wendete man später viel- fach, und in kleinen Werkstätten noch heute, die Schraubenpresse zur Ausübung des Drucks oder Stosses an, wobei die einzelnen Platten meistens durch die Hand untergelegt und nach dem Prägen entfernt wurden. Bei Prägmaschinen für grössere Werkstätten ist dagegen die Schraube meistens durch den Hebel ersetzt und es sind die Münz- maschinen zugleich mit Einrichtungen versehen worden, welche auf höchst sinnreiche Weise die menschliche Arbeit beim Prägen durch selbstthätige Zuführung und Entfernung der Platten auf ein geringstes Maass zurückführen. Um die Vervollkommnung dieser Prägmaschinen hat sich ebenfalls die schon genannte Firma D. Uhlhorn in Greven- broich, welche seit dem Jahre 1817 für 27 verschiedene Länder 200 solcher Prägmaschinen lieferte, ausserordentliche Verdienste erworben; und eine etwas eingehendere Besprechung einer solchen Uhlhorn 'sehen Prägmaschine dürfte ebensowohl in Rücksicht auf die sinnreiche Con- struction derselben als auch auf die Wichtigkeit der mit Hilfe derselben dargestellten Fabrikate gerechtfertigt erscheinen.

Die Abbildungen der Figuren 627 bis 632 stellen eine solche Münz- prägmaschine dar 1). Das Gerüst derselben besteht aus den hinteren mit einander verbundenen Ständern Ä und B zum Tragen der Lager für den Antrieb, dem Prägrahmen C an der Stirnseite und dem horizontalen Tische D, welcher die Ständer mit dem Prägrahmen verbindet. Die Krummzapfen welle E empfängt von einer Transmission aus durch die feste Riemenscheibe e ihren Antrieb (in Ermangelung einer durch Elementar- kraft getriebenen Transmission sweUe durch zwei auf die Enden von E aufgesteckte Handkurbeln) und überträgt denselben durch die Schub- stange t auf den Kniehebel k (in Fig. 630 in grösserm Maassstabe ab- gebildet), welcher in dem Zapfen l aufgehängt ist und solcherweise in auf- und niedergehende Bewegung versetzt wird. Durch den Zapfen « (Fig. 630) wird diese Bewegung auf das Pendel F fortgepflanzt; zur Regulirung des Drucks dient der im untern Theile des Pendels zwischen

^) Nach den Verhandluilgen zur Beförderung des Gewerbflelssea in Preussen Jahrgang 1847 sowie nach den vom Herrn Erfinder dem Verfasser gütigst gemachten Mittheüungen.

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ich den Verhandlungen zur Beförderung des GewerbfleisBea öi

; 1847 sowie nach den vom Herrn Erfinder dem Verfasser gütigst

•en Mittheilungen.

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870 Specielle Technologie.

den beiden Seitenplatten Oi a^ festgehaltene Stahlkeil o, welcher in der aus den Abbildungen (der Figuren 628 und 630) erkennbaren Weise angezogen werden kann und dadurch die Länge des Pendels yergrössert oder verkürzt. Am untern Ende ist das Pendel mit einem Engelzapfen versehen, welcher auf dem Träger G- des Oberstempels in einem von dem Oelbehälter Ci umschlossenen offenen Lager t ruht. Innerhalb eines an der untern Seite des Arms O befindlichen Ringes di wird die Platte p (Fig. 630) durch Stellschrauben festgehalten, und mit dieser ist der Oberstempel durch den Klemmring q verbunden. Auf dieselbe Weise geschieht die Verbindung des Unterstempels mit dem Theile r, welches durch Stellschrauben in einem Ringe des Arms J festgehalten wird und an der untern Seite halbkugelformig gestaltet ist, um eine genane Parallelstellung der Stempelflächen zu einander zu ermöglichen.

Um den Rückgang des Pendels mit dem Oberstempel zu bewirken, ist der Träger Q auf dem Tische in dem Lager 8 drehbar befestigt (Fig. 627 und 631) und wird zwischen Drehungspunkt und Angriffs- punkt des Pendels durch eine Stütze /i getragen ; diese aber greift mit ihrem untern Ende auf den kurzem Arm des Doppelhebels ^i, welcher in dem Bügel hi seinen Drehungspunkt hat, während der längere Arm desselben, durch die Führungsstangen t'i vor Seitenschwankungen ge- sichert, an seinem Ende durch die Gewichte a und ß beschwert ist, von denen a zur Herstellung des Gleichgewichts dient, ß dagegen als Gegen- gewicht mit dem Anfange des Rückwärtsganges des Kniehebels A: auf den Träger Q- wirkt und den Oberstempel so lange zum Ansteigen zwingt, bis der Druck des Kniehebels von Neuem beginnt.

Erfahrungsgemäss wird das Prägen erleichtert, wenn der Unter- stempel in dem Augenblicke, wo der Druck des Oberstempels kräftiger wird, eine schwache Drehung um seine Achse ausführt. Zu diesem Ende ist an das untere Ende des Kniehebels eine zweite Zugstange w ange- schlossen (Fig. 627, 631), welche mit dem andern Ende hakenartig einen horizontalen Winkelhebel v erfasst (Fig. 629), der wieder durch die Zugstange u mit dem langen Hebel J verbunden ist Dieser dreht sich leicht in der Kugelpfanne ^i. Bei dem Rückgange der Stange tr stösst der an derselben angeschraubte Stift a^ gegen den auf u befind- lichen schrägen Winkel d, schiebt dadurch u zur Seite und bewirkt somit auch die Rückdrehung des Arms J mit dem Unterstempel.

Ober- und Unterstempel werden durch den Prägring x ergänzt, welcher in dem Arme H befestigt ist (Fig. 630). Letzterer ist wie der Arm O in der Yerticalebene di'ehbar und hat gemeinschaftlich mit diesem seinen Drehungspunkt in dem Lager s auf dem Tische D (Fig. 627). Damit die Münzplatte in den Ring zwischen den Stempel gelangen und nach beendigtem Prägen aus dieser Lage entfernt werden könne, muss jener Ring verschiedene Bewegungen ausführen. Auf der Betriebswelle E befindet sich zu diesem Zwecke eine exoentrische Scheibe

Münzen. 871

g (Fig. 629 and 631), welche den dnreh Matter nnd Gegenmatter genau zu stellenden Daumen m^ und mit ihm die Gabel y hebt. Letztere ist mit dem längern Ende des Doppelhebels ni verbanden, dessen Drehongspunkt in dem am Bahmen angeschraubten Bügel Oi liegt (Fig. 627) und dessen kürzerer Arm die wechselnde Bewegung der Gabel in umgekehrter Weise auf die Druckstange jpi (Fig. 627 und 628) und durch diese auf den Arm JJmit dem Prägringe überträgt. Während des grossem Theils einer Umdrehung der Betriebswelle verharrt der Prägring in der zum Prägen geeigneten Stellung; bei der in Fig. 631 gezeichneten Stellung des Excenters ist der Prägring nach vollendetem Prägen soeben etwas gesenkt worden, um das Aufgehen des Oberstempels zu erleichtem, erhebt sich dann mit der geprägten Münze, welche fest im Ringe eingeschlossen ist, in dem Augenblicke, wo der Daumen mi in die Vertiefang tritt, löst dadurch die Münze von dem Unterstempel und sinkt unmittelbar darauf so weit, dass die Münze, aus dem Ringe heraus- tretend, frei auf dem Unterstempel liegen bleibt, von wo sie sofort ent- fernt wird. Alsdann nimmt der Ring wieder seine frühere Stellung ein, die er während des Prägens der folgenden Münze behauptet.

Für die selbstthätige Zuführung der Münzplatten zwischen die Stempel befindet sich zunächst ein eben solcher zur Aufnahme der Platten dienender Gylinder (Becher) gi als bei der oben beschriebenen Rändelmaschine auf dem Arme H vor dem Prägringe (Fig. 632, auch in Fig. 627 erkennbar), dem die Platten durch eine schräge Rinne {ßi in Fig. 627) zugeführt werden; neben demselben der Schieber ^i in der Führung Vi gleitend und, mit demselben zangenartig verbunden der Hebel Si. Beide erfassen die unterste der in dem Becher befindlichen Münzplatten bei der in Fig. 632 gezeichneten Stellung und werden als- dann sammt derselben mit Hilfe des an der Zugstange Wi angeschlossenen Arms Xi soweit vorgeschoben, dass die Platte genau centrisch auf dem Unterstempel zu liegen kommt. Die Bewegung der Stange Wi erfolgt durch das auf der Betriebs welle E befindliche Excenter h und den Doppelhebel a^ auf die in Fig. 631 erkennbare Art und Weise. Befindet sich eine fertig geprägte Münze auf dem Unterstempel, so wird dieselbe, wie leicht ersichtlich ist, bei dem Vorschübe der Zange durch das vor- dere Ende des Theils Si gleichfalls vorwärts auf die schiefe Ebene fi geschoben, gleitet auf derselben hinab und föllt durch die Oeffnung Z in ein bereitstehendes Gefäss. Wenn nun die Stange tOi ihre Rückwärts- bewegung antritt, so gleitet der Arm Xi zunächst leer an dem Schieber ix hin, bis er gegen den Winkel yi desselben anschlägt; inzwischen aber drückt der ebenfalls an der Stange w^ angeschlossene Knaggen o^ den an dem Zangenhebel 8^ angeschraubten Arm rückwärts, öffnet dadurch die Zange und ermöglicht solcherweise den Rückgang derselben, ohne dass die auf dem Stempel liegende Münze wieder mitgenommen wird. Eine Feder hinter dem Arme der Zange schliesst dieselbe sofort wieder, wenn die entgegengesetzte Bewegung eintritt. Am Ende der Stange t^i

872 Specielle Technologie.

befindet sich ein Handgriff zu dem Zwecke , den richtigen Gang des Zn- bringers vor dem Beginne des Prägens TerBnchen zu können.

Endlich ist die Maschine mit Einrichtungen yersehen, um eine selbstthätige Ausrückung zu bewirken und dadurch einer Beschädigung der Stempel vorzubeugen, falls entweder gar keine Platte oder zwei derselben zugleich auf den Unterstempel gelangt sein sollten.

An der Stange c^ (Fig. 629, 631, 632), welche durch einen an der Betriebswelle befindlichen Daumen und die Yermittelung des Doppel- hebels mit Feder d^ bei jedem Unigange der Maschine eine einmalige hin- und zurückgehende Bewegung empfangt, ist der „Fühlhebel^ b^ (Fig. 632) angeschlossen, welcher den Zweck hat, zu untersuchen, ob der Zubringer eine Platte empfangen hat oder nicht, indem er sich gegen die Rückseite des Zangentheils S| legt, sobald dieses vorgeschoben ist Befindet sich keine Platte innerhalb der Zange, so kann der Fühlhebel nunmehr das Theil Si soweit einwärts drücken, bis es gegen die mit vor- geschobene Schiene u^ schlägt, was im andern FaUe durch die Münzplatte verhindert wird; dabei schlägt der andere Arm des Fühlhebels so weit aus, dass er die Stützfeder e^ zurückschiebt. Auf einem schmalen Vor- sprunge derselben ruht aber zwischen der Gabelfuhrung /^ (vergleiche auch Fig. 628) der Arm ^s> welcher den Ausrückhebel h^ (Fig. 627, 628, 631) in seiner Lage erhält. Letzterer hat durch seine Verbindung mit dem Gewichte i^ das Bestreben, einwärts zu schlagen und giebt diesem Bestreben nach, sobald er durch das Senken des Arms ff^ aus seiner Lage befreit wird; es erfolgt dadurch Ausrückung, wie sich aus Fig. 629 er- giebt. Zu grösserer Sicherheit drückt noch ein mit dem Ausrüokhebel verbundener Arm bei dieser Bewegung desselben den in Fig. 627 ersicht- lichen, während des Ganges hochgehaltenen Sperrhaken 8i nieder, so dass er, in die auf der Betriebs welle befindliche Sperrsoheibe jT} eingrei- fend, die Maschine sofort anhält und so ein blindes Aufeinanderstossen der Stempel verhütet.

Um in dem Falle, dass mehr als eine Platte zugleich zwischen die Stempel gelangen sollte, eine Beschädigung der letztem zu verhüten, ist das Schwungrad / nur durch einen Frictionsring mit der Scheibe r^ verbunden, welcher dasselbe gleiten lässt, sobald der W^iderstand zu gross wird.

Eine solche Maschine liefert per Minute 60 bis 70 Münzen der kleinsten Sorte, 40 bis 45 der grössten Sorte und erfordert dazu einen Arbeitsaufwand im erstem Falle von Pferdekraft, im letztem von Vs bis 1 Pferdekraft

Literatur über Münzenanfertignng.

Earmarsch-Hartig, Mechanische Technologie, 5. Auflage, Seite 547. Karmarsch, Beitrag zur Technik des Münzwesens, Hannover 1856.

StaUschreibfedem.

873

6. F. An seil, The royal mint, itsworking, condact and Operations, fnlly and practically explained. London 1871.

Anfertigung der Stahlschreibfedem.

Als Material für die Stahlschreibfedem dient Gementstahl, aus welchem im Walzwerke Blechstreifen von einer etwas geringern Breite als die doppelte Federlänge und von der Starke, welche die Feder er- halten soll, hergestellt werden. Die Streifen werden geglüht und ge- langen dann in den Schneidesaal. In demselben sind eine Reihe kleiner Dorchstossmaschinen aufgestellt, gewöhnlich von Mädchen bedient, zu dem Zwecke, aus dem Bleche Plättchen auszustossen, welche zu den Fe- dern verarbeitet werden sollen und deshalb in ihren Umrissen schon mit denen der fertigen Feder übereinstimmen. Jeder Stahlstreifen giebt zwei Reihen Plättchen; um möglichst wenig AbföUe zu bekommen,

werden die Reihen in der ^'^' ®^^- Weise wie es Fig. 633 in

natürlicher Grösse darstellt, angeordnet. Die Arbeiterin stösst erst eine Reihe aus, indem sie das Blech gerad- linig und ruckweise unter dem Stempel hindurohführt, dreht dann den Streifen und stösst nun die andere Reihe aus. Eine geübte Arbeiterin kann auf diese Weise stündlich 4000 bis 4500 Plättchen aus- stossen, weniger geübte dage« gen liefern kaum 3000 Stück. In einer folgenden Werk- statt erhalten die Platten die Inschrift (Firma etc.). Ein Stempel, an dem Bär eines einfachen Fallwerks mit Fuss- betrieb befestigt, trägt die Inschrift verkehrt und erha- ben und prägt dieselbe dem- nach vertieft den einzeln untergelegten Platten ein.

Nun folgt als drittes Stadium der Herstellung das Durchstossen des Schlitzes oder Lochs in der Mitte der Feder, jedoch ohne den Schreib- spalt, welcher später hergestellt wird. Man gebraucht hierzu kleine

874 SpecieUe Technologie.

DarchstoosmaBchinen mit HandhebeL Häufig besiixen die Federn kleine Yon dem Mittelschlitze ausgehende Seiteniqpalten xnr Erhöhung der

Elaaücität der Spitze; man stösst in diesem Falle ^' ' ^' ' zunächst den Mittelschlitz nnd anf einem andern

DurchstoBse die Seitenschlitze ans. Fig. 634 stellt die Platte nach dem ersten Durchstossen, Fig. 635 die Platte mit Seitenschlitzen dar.

Inzwischen ist der Stahl durch die verschie- denen mechanischen Einwirkungen hart geworden und bedarf für die weitere Yerarbeitung des Ausgldhens, welches in eisernen Töpfen oder Kästen Torgenommen wird.

Die geglühten Platten werden nunmehr ge- bogen, wodurch sie die rinnenartige Grestalt der fertigen Feder erhalten. Man boiutzt dazu eine Schraubenpresse mit couTOzem Stempel, welcher die Platte in eine concave Matrize eindrückt. Die gebogenen Federn müssen« da sie in dem weichen Zustande, welcher f&r das Biegen erforderlich war, unbenutzbar sein würden, wieder gehärtet werden. Man erhitzt sie zu diesem Zwecke au£i Neue in Töpfen und schüttet sie dann in mit Thran gefüllte Tonnen. Sie werden hier- durch glashart und spröde. Um sie Yon anhaftendem Thrane zu reinigen, lässt man sie in einer rotirenden Tronunel mit Sägespänen umlaufen; dann werden sie getempert, indem man sie in einer eisernen Trommel unter stetem Drehen über einem Kohlenfeuer bis zur gelben oder blauen Anlauflarbe je nachdem sie härter oder weniger hart bleiben sollen erhitzt.

Auf das Anlassen folgt das Scheuem. Man bringt sie wiederum in eine Trommel und lässt sie mit zerstoesenen Schmelztiegelscherben so lange umlaufen, bis ihre Oberfläche blank geworden und die Anlauffarbe verschwunden ist

Yon hier gelangen die Plättchen in den Schleifsaal, um zweimal geschliffen zu werden. Man gebraucht dazu kreisförmige, Ton Maschinen- kraft bewegte Schlei&cheiben (Schmirgelscheiben) mit grosser Umfangs- geschwindigkeit. Zunächst werden sie in der Längenrichtung von der Spitze bis zu dem Loche in der Mitte auf einer Scheibe mit etwas con- cayem Rande, dann querüber etwas oberhalb der Spitze auf einer flach- randigen Scheibe geschliffen. Ein augenblickliches Anhalten an den Stein genügt, den Schliff hervorzubringen, welcher hauptsächlich den Zweck hat, durch eine geringe Querschnittsverdünnung die Feder elastischer zu machen.

Sollen die Federn mit gelber oder blauer Anlauffarbe in den Handel kommen, so wird das Anlassen derselben nicht vor dem Scheuem und Schleifen, sondern nachher vorgenommen, so dass sie ihre Anlanffarbe behalten.

Stecknadeln. 875

Schliesslich, im Spaltsaale, erhält die Feder mit Hilfe einer kleinen Ton Hand bewegten Parallelscheere den Hauptspalt in der Länge des Schnabels, durch welchen sie erst zur Benutzung geeignet wird.

Die in ihrer Form fertigen Federn werden nun im Sortirsaale ge- prüft, indem man jede einzelne mit der Spitze auf ein Stück Elfenbein drückt und so ihre Güte ermittelt. Die fehlerhaften werden ausgemerzt, die guten in Kästen verpackt.

Sollen die Federn unter dem Namen Goldfedern, Compositionsfedem und dergleichen verkauft werden, so giebt man ihnen auf galvanischem Wege oder durch einfaches Bestreichen mit einer geeigneten Lösung einen schwachen Ueberzug des betreffenden Metalls und überzieht sie mit einer schwachen Schellacklösung in Weingeist, um sie vor dem Rosten zu bewahren.

Anfertigung der Stecknadeln.

Man gebraucht für dieselben zwei Sorten Messingdraht; einen etwas starkern zum Schafte, einen etwas dünnem zum Kopfe der Nadel. Eisen- draht wird nur fOr diejenigen Nadeln angewendet, welche einen schwarzen Ueberzug erhalten (Trauemadeln).

Der Messingdraht zu den Schäften muss hart und steif sein, daher mehrmals ohne Ausglühen gezogen werden.

Um diesen in Ringform angelieferten Draht zu richten, zieht man ihn zwischen fünf bis sieben eisernen auf einem Brette (dem Richt- holze ^) in zwei Reihen eingeschlagenen Stiften hindurch, welche ebenso angeordnet sind als die Rollen zum Richten des Eisendrahts bei der auf Seite 849 abgebildeten Drahtstiftmaschine. Ein Richtholz pflegt mehrere solcher Stiftreihen in verschiedenen Abständen zu enthalten, wie es der verschiedenen Drahtstärke entspricht.

Während der Draht aus dem Richtholze hervorkommt, theilt man ihn durch Abkneifen mit der Zangd in Enden von 5 bis 7 m Länge. Aus diesen schneidet man nun „Schafte*' (auch „Schachte" genannt) von der doppelten Nadellänge. Man gebraucht dazu eine Stockscheere (Fig. 444 oder 445 auf Seite 571 und 572) und ein „SohaftmodeU**, d. h. eine halbcylindrische Rinne aus Holz oder Eisenblech mit einem (ge- wöhnlich verstellbaren) Querstücke in solchem Abstände vom Rande als die Schaftlänge werden soll. Man legt eine grössere Anzahl Drahtstücke hinein, so dass ihre Enden gegen die Querleiste stossen und schneidet sie vom am Rande ab. Ein Arbeiter kann auf diese Weise stündlich 30 000 bis 50 000 Schafte liefern.

Die beiden Enden der geschnittenen Schafte werden nun durch Anschleifen zugespitzt. Das schleifende Werkzeug, „Spitzring*' genannt, besteht aus einem Stahlringe von 80 bis 100 mm Durchmesser, 50 bis 60mm Breite, dessen Aussenfläche feilenartig aufgehauen ist, auf einer

876 Specielle Technologie.

Holzscheibe mit horizontaler Achse befestigt and mit derselben nach Art eines Schleifsteins mit grosser Geschwindigkeit gedreht. Wirkliche Schleifsteine sind für Messingnadeln nicht zn gebrauchen. Die Bewe- gung des Spitzrings kann dnrch den Schleifer selbst in bekannter Weise durch Schnurrolle mit Schnurscheibe, Kurbel und Trittbrett bewirkt werden. Der vor dem Spitzringe sitzende Arbeiter fasst gleichzeitig 20 bis 40 Schafbe zwischen die Finger der linken Hand, so dass sie in einer Ebene ausgebreitet liegen und rollt sie, während er die Spitzen anschleift, mit Hilfe des rechten Daumens um ihre Achse. Stündlich können circa 3500 Schafte an beiden Enden zugespitzt werden. In Fa- briken, wo eine grosse Menge Nadeln angespitzt werden, wirkt der umherfliegende Messingstaub nachtheilig auf die Gesundheit der in dem Schleiflocale sich aufhaltenden Arbeiter, wenn man nicht für kräftige Yentitation rings um den Schleifapparat her sorgt.

Die zugespitzten Schafte werden nunmehr in der Mitte durchgetheilt (wozu wiederum die Scheere und das Schaftmodell benutzt wird) und sind alsdann zum Aufbringen der Köpfe fertig.

Diese werden aus dem schwächern Messingdrahte in folgender Weise gefertigt.

An das hakenförmig gebogene Ende einer horizontalen eisernen, in zwei Lagern ruhenden und durch Schnurrolle mit Schnurscheibe in rasche Umdrehung versetzten Spindel (des „Knopfrads") wird das zn einer Schlinge umgebogene Ende eines Messingdrahts („Knopfspindel* genannt) von der Stärke, welche die Schafte der herzustellenden Nadeln besitzen, angehängt und empfängt somit die gleiche Umdrehung als die Spindel des Knopfrads. Damit sie hierbei horizontal liege, ruht sie zwischen zwei eisernen Stiftchen auf der Stirnseite eines etwa 25 mm starken Stäbchens aus hartem Holze (des Knopf holzes*'), welches tod Hand geführt wird; oder wird einfacher zwischen einem zusammenge- legten Stücke Leder durch die Hand des Arbeiters gestützt. An dieser Knopfspindel wird nun das Ende des zu den Nadelköpfen bestimmten Drahts befestigt, so dass sich derselbe bei der Drehung der Spindel schraubenförmig auf jener aufwickeln muss« Damit hierbei die Win- dungen dicht an einander liegen, führt man entweder den Knopfdrabt durch zwei, ebenfalls auf dem Knopf holze seitlich von den erwähnten Stiftchen angebrachten Oehrchen und bewegt nun das Knopfholz langsam der Spindel entlang, oder, wenn ein Knopf holz nicht angewendet wiHi führt man ihn allein durch die Hand, welche, durch das erwähnte Lederstück geschützt, die Knopfspindel hält. Der Knopfdraht beüodit sich hierbei auf einem Haspel und wickelt sich langsam Yon demsellies ab. Diese Arbeit heisst das „Spinnen".

Der gesponnene Draht wird von der Spindel abgezogen und nun- mehr mit einer Blockscheere in einzelne Stückchen zerschnitten, deren jedes genau zwei Windungen des Drahts enthält; man zerschneidet durch einen einzigen Schnitt mehrere (4 bis 6) der Drahtspiralen zugleich ncd

Stecknadeln. 877

kann per Stunde circa 30 000 Stückchen herstellen. Diese Stackchen dienen zur Bildung der Steckuadelköpfe. Zuvor aber werden sie in einem eisernen Löffel geglüht, um recht weich zu werden und mit ver- dünnter Säure wieder blank gebeizt. Zur Befestigung derselben auf dem Ende des Schafts dient ein Fallwerk (Wippe) mit Fussbetrieb. Eine eiserne mit einer Kugel beschwerte, im Ganzen etwa 5 bis 7 kg schwere Eisenstange, durch einen Hebel gehoben, bildet den Bär und trägt am unteren Ende den kleinen Stahlstempel mit der etwa 10 mm im Quadrate grossen Bahn, auf welcher ein halbkugelförmiges Grübchen in der Grösse eines halben Nadelknopfs eingearbeitet ist. Der dazu gehörige Unter- stempel enthält ein eben solches Grübchen und eine schmale, nach aussen mündende Rinne, in welcher der Schaft der Nadel zu liegen kommt, während die Spitze desselben aussen mit den Fingern festgehalten wird.

Der vor der Wippe sitzende Arbeiter hat die Köpfe in einem Käst- chen zur Rechten stehen, daneben die Schafte. Mit der einen Hand spiesst er einen Kopf auf einen der Schafte, schiebt ihn bis ans Ende desselben und bringt ihn mit der andern Hand unter die Wippe. Durch vier bis sieben rasche Schläge derselben, zwischen denen die Nadel stets gedreht wird , ist der Kopf fertig ausgebildet und auf dem Schafte voll- ständig fest. Während des Anköpfens wird mit der andern Hand schon wieder ein neuer Kopf aufgespiesst, so dass die Arbeit ununterbrochen fortgeht und ein Arbeiter stündlich 1000 bis 1200 Nadeln anzuköpfen im Stande ist. Der Grat, welcher beim Schneiden der Schafte am E^de derselben sich bildet, sowie eine schwache Stauchung des Metalls nach dem Kopfe zu, welche beim Prägen entsteht, erleichtern erheblich das Festsitzen des Kopfs.

In englischen Stecknadelfabriken bildet man den Kopf nicht aus einem besondern Ringe, wie soeben beschrieben wurde, sondern durch Stauchung des Schaftendes auf einer Maschine, also in ganz ähnlicher Weise als bei dem oben beschriebenen Anköpfen der Drahtstifte. Alle vorausgehenden Arbeiten das Richten, Zuspitzen und Schneiden werden übrigens ganz ebenso, als soeben erläutert wurde, ausgeführt. Statt des kugelförmigen Kopfs unserer Nadeln, welcher die Windung des Drahts, aus welchem er gefertigt wurde, noch erkennen lässt, besitzen jene einen flachen, linsenförmigen Kopf als deutliches Kennzeichen ihrer Abstammung.

Die in der Form fertigen Stecknadeln werden nunmehr in Weinstein- lösung gebeizt Tind, wenn sie weiss werden sollen, durch Kochen in Weinsteinlösung mit gekörntem Zinn weissgesotten. Nach dem Beizen oder Weisssieden werden sie mit Wasser abgespült, in Sägespänen ge- trocknet und in einer umlaufenden Trommel mit Kleie polirt. Die Kleie wird schliesslich durch Absieben entfernt.

878 Specielle Technologie.

Anfertigung der Nähnadeln.

Man benatzt Stahldraht, welcher von den Drahtziehereien in Form von Ringen angeliefert wird. In der Nähnadelfabrik wird ein solcher Ring zunächst auf eine grosse Trommel (circa 1,5 m Dnrchmesser) auf- gewickelt, so dass in solcher Weise ein grösserer Ring von ungefähr 100 Windungen ''entsteht, welchen man an zwei gegenüberliegenden Stellen mit der Scheere durchschneidet, ihn solcherweise in zwei Draht- bündel, jedes ungefähr 2,5 m lang, zertheilend.

Diese Drähte zerschneidet man in Schafte ** oder ,, Schachte* von der doppelten Nadellänge. Man benutzt zum Zerschneiden dieselbe Scheere, welche zum Zertheilen des Rings gedient hatte (Blockscheere, bisweilen Maschineu scheere), und ein Schaftmodell von derselben Ein- richtung als für Anfertigung von Stecknadeln: eine halbcylindriscbe Rinne oder Büchse, deren Boden in solchem Abstände vom Rande sieb befindet als die Nadeln lang werden sollen. Das ganze Drahtbüschel wird mit einem einzigen Schnitte getheilt, so dass ein Arbeiter pro Minute 600 bis 700 Schafte zu liefern im Stande ist.

Die geschnittenen Schafte werden nunmehr gerichtet. Man steckt zu diesem Ende circa 10 000 Stück gemeinschaftlich und dicht zusammen in zwei eiserne Ringe, glüht das so gebildete Bündel im Holzkohlenfeuer, um es recht weich zu machen, legt es auf eine gusseiserne gehobelte flache Platte mit zwei parallel laufenden Einschnitten fiir die Ringe, legt eine zweite, gleichfalls mit Einschnitten für die Ringe versehene und gehobelte, aber schmalere Platte darauf, welche an zwei Seiten Hand- haben trägt, und schiebt nun die letztere mehrere Male hin und her, dadurch das Drahtbündel in rollende Bewegung versetzend. Die Drähte nehmen hierbei nicht allein geradlinige Form an, sondern verlieren auch den grössten Theil ihres Glühspans.

Es folgt nun das „Zuspitzen" oder Schleifen der beiden Enden der Schafte auf Schleifsteinen. Die Manipulation hierbei ist derjenigen beim Zuspitzen der Stecknadelschafte sehr ähnlich; statt des stählernen Spitz- rings für die Messingdrähte dienen hier aus hartem Sandsteine gefertigte circa 125 mm breite Schleifsteine verschiedener Durchmesser, von einer durch Elementarkrafb getriebenen Transmissionswelle aus mit oft unge- heurer Umfangsgeschwindigkeit (bis zu 45 m per Secunde) bewegt, (Demnach machen Steine von 750 mm Durchmesser 1000 bis 1200, von 150 mm Durchmesser bis 4000 Umdrehungen per Minute.) Das Schleifen geschieht trocken, um die Nadeln vor Rost zu schützen, und die I^ufl des Arbeitslocals ist daher mit schädlich für die Lungen der Arbeiter wirkendem Schleifstaube erfüllt, wenn nicht für genügende Ventilation gesorgt ist. Zugleich müssen aber Vorkehrungen getroffen werden , um beim Zerspringen eines Steins in Folge der Centrifhgalkrafl die Arbeiter

Nähnadeln. 879

und das Local vor Beschädigung zu schützen. Zur Erreichung beider Zwecke zugleich umschliesst man den Stein mit eiaem Kasten aus dickem Eisenblech, welcher nur eine kleine Oeffnung für das Aufhalten der Schafte frei lässt, an der Rückseite des Steins aber durch einen Canal mit einem für mehrere Schleifsteine gemeinschaftlichen Schornsteine in Verbindung steht. Der Luftzug, welchen die rasche Bewegung des Steins hervorruft « treibt den Schleifstaub durch den Kasten in den Schornstein und erhält dadurch die Luft in dem Arbeitsiocale rein. Ein Arbeiter kann täglich bis zu 100 000 Nadeln anspitzen (von gröberen Sorten weniger), indem er wie bei dem Schleifen der Stecknadeln eine grössere Zahl davon gleichzeitig erfasst und unter stetem Drehen in un- glaublich kurzer Zeit schleift. Trotz dieser grossen Leistung hat man in mehreren Fabriken das Zuspitzen von Hand durch Anwendung einer Schleifmaschine (Spitzmaschine) entbehrlich gemacht, bei welcher die Nadeln zwischen einer in langsamer Umdrehung befindlichen, mit Kaut- schuk bekleideten Scheibe und einer ebenfaUs mit Kautschuk bekleideten Fläche (Bahn) langsam eine hinter der andern fortgerollt werden, wäh- rend ihre vorstehenden Spitzen auf dem davor befindlichen Schleifsteine schleifen. Abbildungen einer solchen Maschine, welche pro Stunde 30 000 Nadeln zuspitzt, finden sich im polytechnischen Gentralblatte Jahrgang 1863, Seite 839.

Die zugespitzten Schafte werden nun zunächst in der Mitte ihrer Länge, da wo die Oehre (Augen) der beiden aus jedem Schafte entste- henden Nadeln zu sitzen kommen, etwas blank geschliffen ^) und kom- men dann zu einem kleinen Fall werke, wo mit Hilfe geeignet geformter Stempel der mittlere geschlifiene Theil etwas breit geschlagen wird und die Schafte zugleich die Umrisse der beiden Nadelöhre sowie der von diesen ausgehenden Furchen oder „Fuhren'' (welche den Zweck haben, das Einfädeln und Durchstecken der eingefädelten Nadel durch den Stoff zu erleichtem) erhalten (Prägen oder Stanzen der Schafte). Selbstver- ständlich entsteht hierbei ein Crrat oder „Bart** seitlich von den beiden Oehren, so dass der Schaft in der Form, wie er in Fig. 636 abgebildet

Fig. 636.

ist, aus dem Prägwerke hervorgeht^). Ein Arbeiter prägt täglich circa 12 000 Schafte.

^) Das Schleifen geschieht von Hand oder auf der sogenannten Mitten- Schleifmaschine. Käheres üher Einrichtung derselhen in Dingler' s polyt. Journal, Bd. 217, 6. 280.

^) Ueher Anwendung und Constraction sogenannter Stampfinaschinen statt der Fallwerke, ähnlich den Drahtstiftmaschinen construirt: D in gl er 's Jour- nal, Bd. 217, S. 280.

880 Specielle Technologie.

An das Prägen reiht sich das Dorchstossen der Gehre. Beide Oehre werden gleichzeitig auf einer kleinen Durchstossmaschine mit Schraube oder Hebel, yon Hand oder dnrch Elementarkraft bewegt, yermittelst zweier paralleler Stiftchen an dem Stempel nnd zweier Löcher in der Matrize dnrchgestossen, wobei taglich durch eine Person 15 000 Schafte gelocht werden können.

Von den geöhrten Schäften werden jetzt circa 100 Stück auf zwei dnrch die Oehre hindarcbgesteckte Stahldrähte gezogen, auf ein festge- stopfbes Kissen oder ein Brett gelegt and durch zwei darüber gespannte Eisenschienen, welche den mittleren Theil mit den Oehren frei lassen, festgeklemmt. Die Stelle, wo der Bart sich gebildet hatte, wird dadurch ein wenig nach oben gebogen, und es ist nun leicht, mit Hilfe einer flachen Feile oder durch Schleifen auf einem rotirenden Schleifsteine sämmtliche Barte der eingespannten Schafte mit einem Male abzunehmen und zugleich einen kleinen Einschnitt in der Mitte zwischen beiden Oehren des Schafts hervorzubringen. Dann wird das Bündel gewendet und dieselbe Arbeit auf der andern Seite wiederholt. Ist dieselbe voll- endet, so erfasst der Arbeiter die Schäfte, während sie noch auf den Drähten stecken, mit zwei breiten Feilkloben .oder auch nur mit den Händen, biegt sie einige Male hin und her und bricht sie dadurch in der Mitte von einander. Die hierdurch entstandenen Nadeln werden alsdann in der ganzen auf dem Drahte befindlichen Reihe in einen Schraubstock oder Feilkloben gespannt und an den Köpfen rund gefeilt oder geschliffen. Um die Bruchstelle zu glätten.

Während dieser Arbeiten haben sich die Nadeln bisweilen krumm gezogen; man prüft sie durch Hin- und Herrollen zwischen Daumen und Zeigefinger und richtet die krumm gewordenen durch Schläge mit einem kleinen Hammer«

Nun folgt das Härten der noch weichen Nadeln. Man erhitzt in einer eisernen Mulde eine grössere Anzahl gemeinschaftlich bis zum Rothglühen und schüttet sie in ein Gefäss mit Rüböl. Sie werden dann gesammelt, durch Erhitzen bis zur gelben oder violetten Farbe ange- lassen, in Wasser abgekühlt und in Sägespänen oder Kleie getrocknet.

Um die Erkennung der Anlauffarben zu erleichtern, befreit man in einigen Fabriken die glasharten Nadeln vor dem Anlassen von Zander, indem man sie zu einem wurstähnlichen Ballen in Leinwand zusammen- packt, in Wasser taucht und unter einem Brette hin- und herrolli.

Die folgende Arbeit heisst das „Schauern^ oder „Scheuern*'. Man packt wieder eine grosse Anzahl Nadeln mit scharfem Sande oder auch Schmirgel und Oel zu einem länglichen Ballen von circa 100 mm Durch- messer zusammen und lässt mehrere solcher Ballen gleichzeitig 12 bis 18 Stunden lang zwischen zwei Tafeln (wie bei einer Wäschmangel) hin- und herrollen. Die Bewegung dieser sogenannten Soheuermühle wird durch Handarbeit oder auch durch Maschinenkraft bewirkt. Nach Ver- lauf der genannten Zeit werden die Bündel aus einander gepackt, aber-

Nähnadeln. 881

mals mit Oel und Sand (Schmirgel, Kolkothar, Zinnasche) geschichtet mid daBselhe Verfahren wiederholt; bisweilen acht bis zehn Male, mit immer feinerm Schleifmateriale, bis sie glänzend polirt erscheinen. Schliesslich behandelt man die Nadeln zu ihrer Reinigung mit Seifen- wasser und trocknet sie mit Sägespänen.

Bei dem Schauern und Poliren befinden sich Nadeln yerschiedener Grösse in einem gemeinschaftlichen Ballen. Um dieselben nach dem Trocknen zu sortiren, zugleich auch, um diejenigen Nadeln auszumerzen, deren Spitzen etwa beim Schauern abgebrochen waren, schüttelt man sie zunächst in einer hölzernen Mulde, um sie parallel zu legen. Als- dann müssen alle Spitzen nach einer und derselben Richtung gekehrt werden. Ein Mädchen oder Kind breitet die Nadeln auf dem Tische vor sich aus und fahrt mit den Zeigefingern darüber hin, wobei die dickeren Köpfe nach aussen gedrückt werden, so dass sämmtliche Nadeln sich in zwei Abtheilungen sondern; oder man hält eine Anzahl Nadeln in der linken Hand fest und drückt den mit einei* dicken Tuchkappe beklei- deten Zeigefinger gegen die Nadelenden, wobei die Spitzen in die Kappe eindringen und hängen bleiben, so dass diese Nadeln nunmehr leicht von den umgekehrt liegenden entfernt werden können. Das Sortiren in ein- zelne Längen bietet nun weiter keine Schwierigkeit.

Die Köpfe der Nadeln, welche bei zu grosser Sprödigkeit wegen des geschwächten Querschnitts an dem Oehre am leichtesten dem Abbrechen ausgesetzt sind, werden nunmehr, um sie noch geschmeidiger zu machen, einem fernem Anlassen bis zur blauen Farbe („Blaumachen'') unter- worfen. J)iese Arbeit lässt sich in verschiedener Weise ausführen. Eine breite Zange dient dazu, eine grössere Anzahl Nadeln mit einem Male zu erfassen, und mit Hilfe eines glühenden Eisens werden die Köpfe bis zur blauen Farbe erhitzt; oder man benutzt eine entsprechend regulirte Gasflamme, welche die von einer rotirenden Scheibe aufgenommenen Nadeln einzeln erhitzt (Blaumachmaschine).

In Folge der bekannten Vorgänge in dem Materialquerschnitte beim Durchstossen mit dem Lochstempel ist das Oehr der Nadel im Innern etwas rauh, scharfkantig und macht eine Nacharbeit erforderlich, um die Gefahr einer Beschädigung des Fadens zu vermeiden. Diese an das Blaumachen sich anreihende Arbeit, welche man das „Versenken*' nennt, wird mit einer kleinen spitzigen Reibahle ausgeführt, welche an der Spindel einer kleinen rasch umlaufenden Drehbank befestigt ist. Zur Beschleunigung der Arbeit wird eine Anzahl von 100 bis 200 Nadeln gleichzeitig mit einem breiten Feilkloben erfasst, nachdem ihre Oehre alle nach derselben Richtung gekehrt sind; dann wird eine Nadel nach der andern von beiden Seiten her nachgebohrt. Manche Fabriken lassen auf dieses Ausbohren noch ein Poliren des Oehrs mit einem Schmirgel- stäbchen folgen.

Nun gelangen die Nadeln zu einem walzenförmigen Schleifsteine aus feinem Schmirgel von etwa 50 mm Durchmesser, 200 mm Breite und

Ladebar, mechanlich-metallargiiohe Technologie. ^

882 Specielle Technologie.

Verden hier an den Köpfen nachgeschliffen, um die hlane Farbe zn ent- fernen („Abblänen"), so da&s dieselbe an den fertigen Nadeln nur noch in der Tiefe der Fnrche sichtbar bleibt; zugleich werden hier die Spitzen nachgeschliffen, falls dieselben bei den vorausgegangenen Arbeiten stumpf geworden sein sollten.

Als letzte Arbeit folgt endlich ein abermaliges Poliren der Nadeln, und zwar bedient man sich hierbei einer Lederscheibe mit feinstem Schmirgel. Sowohl beim Abbläuen als beim Poliren erfasst man in der- selben Weise als beim Anspitzen eine grosse Zahl Nadeln mit der Hand und bearbeitet sie gemeinschaftlich; da das Poliren aber in der ganzen Länge der Nadeln zu geschehen hat, so müssen sie, wenn die Spitzen polirt sind, gewendet werden, um die Arbeit auch an der Kopfseite za erleiden.

Die Nadeln werden dann abgezählt und verpackt. Zum Abzählen dient ein eisernes Lineal mit 25 oder 100 Qnerfurchen auf einer Seite, in deren jeder eine einzige Nadel Platz findet. Indem man mit einer Anzahl zwischen Daumen und Zeigefinger erfasster Nadeln über das Lineal hin wegstreicht, bleibt in jeder Furche eine liegen, so dass rasch genau so viele beisammen sind, als das Lineal Furchen zählt ^).

Wie man sieht, ist die Anzahl der Arbeiten, aus deren Aufeinander- folge die fertige Nähnadel hervorgeht, eine so grosse, wie bei wenigen anderen aus Metallen gefertigten Gebrauchsgegenständen. Kar marsch berechnet, dass die Nähnadel zu ihrer gänzlichen Vollendung circa hundert Male durch die Hand gehen muss. Vergleicht man damit den billigen Preis, um welchen eine Nähnadel im Handel zu haben ist, so erhält man ein lehrreiches Beispiel, wie durch eine im grossen Maassstabe durchgeführte Theilung der Arbeit, welche freilich in solcher Weise nur bei einem so massenhaften Verbrauche als den^'enigen der Nähnadeln möglich ist, die Erzeugungskosten eines Gegenstandes sich verringern; denn indem derselbe Arbeiter ununterbrochen wiederkehrend eine und dieselbe Verrichtung ausführt, spart er nicht allein diejenige Zeit, welche bei weniger streng durchgefQhrter ArbeitstheDung auf das Ergreifen, Weglegen etc. der Geräthe und Arbeitsstücke verwendet wird, sondern er erlangt auch durch die stete Wiederholung derselben Manipulation eine Fertigkeit in derselben, welche seine Leistungen in überraschender Weise steigert. Fast alle bei der Nähnadelfabrikation vorkommenden Arbeiten, das Schneiden, Schleifen, Stanzen u. s. w., deren dem Laien fast unglaublich rasche Durchftkhrung oben theil weise durch Angabe der pro Zeiteinheit gelieferten Stückzahl illustrirt wurde, geben hierfür ein anschauliches Bild.

^) üeber ein ZähUineal mit selbstthätiger Entieemng vergleiche Ding- 1er* 8 polyt. Journal, Bd. 217, 8. 284.

! Schlösser und Schlüssel. 883

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i

Die Schlösser und die SehlüsseL

I

Bei den Schlössern sind weniger die Eigenthümlichkeiten der im I Allgemeinen einfachen Anfertigung, als vielmehr ihre Wichtigkeit,

ihre alltägliche Benutzung und ihre sinnreiche Einrichtung die Veran- lassung, auch sie in die Besprechungen der speciellen Technologie auf- zunehmen; um so mehr, da in den sonstigen technischen Wissenschaften kaum sich Gelegenheit finden dürfte, die innere Einrichtung derselben zu erörtern. Hat doch in Rücksicht auf die Wichtigkeit der Schlösser ein ganzes vielverzweigtes Handwerk die Schlosserei den Namen von dem Fabrikate entlehnt und beibehalten, obschon in jetziger Zeit die Anfertigung und Reparatur der Schlösser eine ziemlich untergeordnete Rolle in den Schlosserwerkstätten führt und mancher sogenannte Ma- schinenschlosser nicht einmal im Stande ist, ein brauchbares Schloss selbstständig «ti fertigen.

Das Schloss in seiner einfachsten Einrichtung nur ein Mittel gegen selbstthätiges Aufschlagen einer Thür soll in seinen weniger einfachen Formen als Schutzmittel gegen Eröffnen durch jeden Unbe* fugten dienen; und somit bildet die Einrichtung desselben gewisser- maasseo einen Gegenstnnii des Wettkampfs zwischen dem Scharfsinne des Verfertigers und demjenigen der Diebe. Je grösser die Geschick- lichkeit der letzteren ist, desto complicirter muss die Einrichtung des Schlosses sein, wenn es seinen Zweck erfüllen soll.

Man kann im Wesentlichen drei Hauptgattungen von Verschlüssen unterscheiden.

1. Der Fallenverschluss, für Thürschlösser, besonders für Stu- ben- und Hausthüren gebräuchlich, welche im Laufe des Tages häufig geöffnet und geschlossen werden, soll das durch Zugwind oder sonstige Vorkommnisse eintretende selbstthätige Oeffnen der Thür verhindern, ist aber für einen Jeden zugänglich und bietet daher kein Schutzmittel gegen unbefugtes Oeffnen. In den meisten Fällen und stets dann, wenn letzteres verhindert werden soll, ist deshalb der für den Gebrauch be- queme Fallenverschluss durch einen der unten zu besprechenden Ver- schlüsse ergänzt.

Die „hebende Falle", welche bei gewöhnlichen Thüren am häufig- sten ist, besteht aus einem Hebel a^ Fig. 637 (a. f. S.), durch eine Feder h niedergedrückt und in dieser Lage sich hinter den zahnartigen Vor- sprung des am Thürrahmen befestigten „Schliessklobens" c legend, wodurch die Thür geschlossen ist; dagegen durch einen Druck auf den im Drehungspunkte eingesteckten oder befestigten „Drücker*^ von be- kannter Einrichtung zu öffnen.

56*

864 Specielle Technologie.

Die „BchiMsende Falle", Fig. 638, gebr&aclilicb an Stäben- nnd Vorsaaltharen degantenr Eiurichtnng, beaUht aas einem in horisoDtaler

Fig. 637.

lüchtung bewegten Riegel o, an swei Stellen des Sctilosakastena gefuhrt tmd in der Mitte gabelförmig geschlitzt, tun die „Nnss" b, welche zur

Befestigung des Griffs dient, hindarchatecken zn können. An dem hin- tern Ende des Riegels befindet sich der kleine Kopf Oi, gegen welchen die Feder c drückt, den Riegel in diejenige Stellung Tontchiebend, bei welcher die Thür geschloasen ist. Die Nnss b trftgt einen kleinen Doppel- hebel d, dessen beide Schenkel innerhalb eines entsprechenden, im Gmnd- risse des Riegelg a ersichtlichen Ausscbnitta desselben spielen and sich

Schlösser nnd Schlüssel. 885

mit zwei Rollchen gegen vorspringende Ncisen des Riegels legen. Bei jeder Drehung der Nnss durch den Thärgriff sowohl nach rechts oder links wird demnach die Falle zurückgeschohen werden und die Thür sich dfihen lassen, aher sofort in ihre frühere Stellung zurückkehren, wenn die Hand den Orifif loslässt.

Giebt man der Nuss statt des doppelten Hebels einen einarmigen, wodurch die Oonstruction sich vereinfacht, so wird die Thür nur bei Drehung des Handgriffs in einer Richtung geöffnet.

2. Der Nachtriegelverschluss, aus einem von innen vorge- schobenen Riegel bestehend, so dass ein Oeffnen von aussen nur möglich ist, wenn das Schloss oder die Thür soweit durchbrochen wird, dass man zum Riegel gelangen kann. Die einfache Einrichtung desselben ist zu bekannt, als dass sie weiterer Besprechung bedürfte.

3. Der Riegel verschluss mit Schlüssel. Die Einrichtung dieses wichtigsten aller Verschlüsse ging aus dem Bestreben hervor, ein durch einen Riegel innen zugehaltenes Schloss auch von aussen mit Hilfe eines durch eine entsprechende Oeffnung der Thür gesteckten Instruments des Schlüssels öffiien zu können, wobei dann zunächst die eigenthümliche Form des Schlüssels ein Oeffnen durch Unbefugte, nicht im Besitze des Schlüssels Befindliche, verhindern sollte.

An dem Schlüssel unterscheidet man den hintern, zum Anfassen befindlichen ringförmigen Theil, „Ring'' oder , Raute ** genannt; den mittleren cylindrischen Theil, welcher entweder massiv oder hohl ist und „Schaft'' oder „Rohr** heisst; und an dem vordem Ende desselben den beim Oeffnen des Schlosses hebelartig zum Zurückschieben des Riegels dienenden flachen Ansatz, den „Bart^. Die Grenze zwischen der Raute und dem Schafte wird gewöhnlich durch eine ringartige Verzierung ge- bildet, welche genau die Stelle angiebt, bis zu welcher der Schlüssel ins Schloss gesteckt werden muss nnd das „Gesenk" heisst. Ist der Schlüssel- schaft massiv, wie bei den meisten jetzt üblichen Schlössern , so wird in dem Schlosse eine rohrartige Hülse als Führung für den Schlüssel ange- bracht, ist er dagegen hohl, so dient ein Stift oder „Dom*' im Schlüssel- loche für denselben Zweck.

Damit der durch das Schlüsselloch gesteckt« Schlüssel den Riegel ergreifen und fortschieben kann, wird der letztere an der dem Schlüssel- loche zugekehrten Seite mit einem nasenartigen Ansätze oder einem Ein- schnitte versehen (vergleiche die unten gegebenen Abbildungen von Riegelschlössem), welcher der „Angriff'' heisst.

Eine einmalige volle Umdrehung des Schlüssels am Schlosse heisst eine „Tour" ; je nachdem eine einmalige, zweimalige u. s. w. Umdrehung des Schlüssels erforderlich ist, um den Riegel seinen vollen Weg zurück- legen zu lassen, unterscheidet man eintourige, zweitourige u. s. w. Schlösser.

Zur Unterstützung der einzelnen Theile eines Schlosses dient das Schlossblech ", welches die ganze eine Seite des Schlosses einnimmt; soll

886 Specielle Technologie.

das SchloBS auf der äussern Fläche der zn varschliessenden Thür ange- hracht werden, so ist ausser dem Schlosshleche noch eine rings herum- laufende Einfassung vorhanden (häufig in einem Stücke mit dem Schloss- hleche aus Gusseisen oder Messing gegossen), welche „Umschweife ge- nannt wird und mit dem Schlosshleche zusammen den „Schlosskasten ^ hildet. Diejenige Seitenwand des Schlosskastens, durch weiche der Ri^gelkopf heraustritt, heisst „Stülp'', „Stnlben^ oder Vorderstrudel ".

Man unterscheidet zwei Hauptarten von Riegelschlössern mit Schlüssel.

Bei dem deutschen Schlosse, welches jetzt nur noch in alten Gebäuden gefunden wird, steht der Riegel genau wie eine schiessende Falle unter dem Drucke einer kräftigen Feder, welche ihn nach vorwärts zu drücken bestrebt ist. Der Schlüsselbart schiebt den Riegel zurück, indem er selbst ungefähr Vs Umdrehungen macht, und hält ihn dann fest, indem er in fast horizontaler Richtung sich gegen den Angriff stemmt. Dreht man aber den Schlüssel wieder rückwärts, um ihn aus dem Schlosse zu entfernen, so schiesst natürlich der Riegel wieder vor, wenn man nicht durch eine besondere Sperrung ihn in seiner zurück- geschobenen Lage festhält. Als solche pflegt ein senkrechter Stift ober- halb des Riegels zu dienen, der durch sein Gewicht von selbst in eine Nnjbh an der Oberkante des Riegels einfallt, sobald derselbe zurückge- zogen ist, in jeder andern Stellung aber auf der Oberkante desselben ruht. Durch Empor drücken des Stifts wird der Riegel frei und schnappt zu.

Wie man sieht, hat das deutsche Schloss den grossen Uebelstand, dass ein Jeder, welcher an den Kopf des Riegels gelangen kann, auch im Stande ist, denselben unter Ueberwindung des Federdrucks zurück- zuschieben und das Schloss zu öffnen. Daher ist die Sicherheit, welche ein solches Schloss giebt, ziemlich gering.

Das französische Schloss 0. Ein zweitouriges französisches Schloss einfachster Gonstruction ist in Fig. 639 und 640 abgebildet a ist der Riegel, an der untern Seite mit zwei Angriffen für den Schlüssel versehen, von denen der eine bei der ersten, der andere bei der zweiten Drehung erfasst wird (die Stellung des Riegels in Fig. 640 ist diejenige, welche er nach beendigter einmaliger Drehung einnimmt). Der Riegel ist zur Sicherung der geradlinigen Bewegung zweimal geführt; zunächst im Schlitze des Stulbens, dann mit Hilfe des Stifts &, welcher am Schloss- bleche angenietet ist und in einen Längsschlitz des Riegels hineinragt. Damit aber der Riegel auch vor seitlicher Bewegung geschützt ist (welche ein Herausfallen aus dem Führungsstifte zur Folge haben würde), wird ein Deckblech / über das Schloss gelegt und durch Schrauben in ange- messener Entfernung von dem Schlossbleche festgehalten, welches mit einer schmalen Leiste oder Warze e („ Schleppfeder ^ genannt) auf die

*) Dasselbe wurde im vorigen Jahrhundert, angeblich von einem Dcut- Bchen, J. G. Freitag in Gera, erfunden.

SchlÖBser und Schlüssel. 887

Seitenfläche des Riegels drUokt und dadurcb jedes Schwanken desaelbeti aamöglich macht. Ben eigentlich charakterietischen Theil des fronzösi-

Fig. 839. Fi«. 840.

sehen Schlosaes bildet nnn aber die EOgenumte „Znhaltaug", in der Abbildung mit c und d bezeichnet, c ist eine einfache Feder aus Stahl, an der antern Seite mit einem (bisweilen auch zwei) Haken rersehen, welcher in einen entsprechenden Einschnitt an der Oberkante des Riegels eingreift. Die Anordnung des letztern ist eine solche, dsas der Eingriff des Hakens jedesmal nach einem beendeten einmaligen Vorschübe des Riegels (entsprechend einer vollen Umdrehung des Schlüssels) erfolgt; demnach moss der Riegel eines eintoarigen Schlosses zwei Einschnitte (zum Einhaken vor nnd nach der Drehung), ein zweitonriges drei Ein- eobnitte erhalten. Diese Zubaltnng gestattet ofienbar eine Verschiebung des Riegels nur dann, wenn man den Haken soweit empordrdckt, dass der betrefiende Einschnitt frei wird and der Riegel unter der Zuhaltung fortgleiten kann. Damit dieses EmpordrQcken dnrch den ScUQsmI selbst bei dessen Drehnng bewirkt werde, ist der betreffende Schenkel der Feder mit einem bogenförmigen Ansätze d „Zahaltangslappen" ge* nannt verseben, welcher neben dem Riegel soweit hinabgeht, dass er von dem SchlQsBelbarte ergriffen nnd emporgedrackt werden muss, ehe derselbe den Riegel erfassen kann. Wird der SchlQssel nnn weiter ge- dreht iind dadurch der Riegel in Bewegung gesetzt, lo gleitet der Zn- baltongsbaken auf der Oberkante des Riegels und schnappt sofort wieder ein, wenn eine volle Tour des Riegels beendet ist.

Ein solches franzdsiscbes Schloss lässt sich demnach, wenn man nicht im Beeit» eines passenden SchlOseels ist, nur mit Gewalt durch Absprengen des Znbaltungshakens 5finen; dagegen wird, wenn man nicht besondere Torkehrungen anwendet, jeder in das Schlüsselloch passende Schlfiesel von der richtigen Barthöhe zum Oeffnen des Schlosses brauch- bar sein.

888 Specielle Technologie.

Ein ziemlich häufig angewendetes Mittel, die BeDutaung dnes fal- schen ScblüsBela zu erschweren, iat eine gekröpfte oder geschweifte Form des ScblüsBelbartflB (z. B. wie in Fi^. 641); feilt man non das SchlÜBsel- p- g^, loch genau entsprechend

der Bartform ans, so Usst es nnr den passen den Schlüaeel hinein. Grosse Sicherheit gegen Diebe wird jedoch nicht hier- durch erreicht, weil sich das SchlnsBelloch mit einer Feile ohne grosse Schwie- rigkeit so erweitern lässt, ds«s auch andere Schlüssel Eingang finden.

Aehnlich der Anwendung eines geschweiften SchlOsselbarts, immer- hin aber das Einbringen fremder Werkzeuge mehr erschwerend, wirkt die Anwendung eines SchlOBsele mit hohlem, geschweiftem Rohre (klee- blattförmig, sternförmig und dergleichen) und eines genau dazu passenden Doms im Schlosse, welcher natfirlich sich mit dem Schlttssel drehen muss. Bisweilen nmgiebt man den Dorn noch ausserdem mit einer drehbaren Hülse, welche den Schlüssel auch von aussen umschliesst; leider macht die Kostspieligkeit einer solchen Einrichtung sie fBr gewöhnliche Schlösser nicht anwendbar.

Eine andere Torkehrung gegen die Anwendung falscher Schlüssel, welche bei den meisten Schlössern Anwendung findet, ist die Anbrin- gung kreisförmiger Bleche im Innern des Schlosses, welche bei der Dre- hang des Sehlflseels in entsprechende Einschnitte desselben eingreifen, so dass die Drehung jedes andern Schlüssels innerhalb des Schlosses, welcher nicht genau die gleichen Einschnitte besitzt, unmöglich wird. Uan nennt diese Einrichtung „Besatzungen" (die im Schlosse ange- brachten Blechatreifen auch wohl „Eiugerichte") und unterscheidet zwei Arten derselben. Bei der „Mittolhruchbesatzung" geht ein Schnitt von der dem Schafte parallelen Kante des Schlüsselbarte aus rechtwinklig gegen den Schaft, den Bart in zwei Hälften theilend, während im Schlosse ein kreisringförmiges Blechstück diesem Einschnitte entspricht. Häufig werden von diesem Mittelbmch ans noch feinere Einschnitte in die beiden Hälften des Barts geführt, wie es Fig. 642 darstellt, die dann wieder durch Blechstreifen, °' auf jenem Blechringe be-

festigt, ergänzt werden müssen. Sind eine Anzahl Schlösser, z. B. bei eämmt- lioben Stubenthüroii eines 'Wohnhauses, mit Scblüa- sein von gleicher Grösse,

w

Schlösser und Schlüssel 889

aher Terschieden geformten Mittelbmchbesatzungen versehen, so gewährt eine solche Einrichtung die Bequemlichkeit, dass man mit einem einzi- gen Schlüssel von der Form wie in Fig. 643, einem sogenannten „Hanpt- F' 643 Schlüssel'', sämmtliche Thüren öffnen kann, während

jeder einzelne regelrecht geformte Schlüssel nur das ihm zugehörige Schloss zu öffnen im Stande ist; eben dieser Umstand aber verringert erheblich die Sicherheit, welche die Mittelbruchbesatzungen ge- gen unbefugtes Oeffnen gewähren.

Griebt man dagegen dem Schlüssel Einschnitte, welche von den Seitenkanten ausgehen (Fig. 644) und dem Schlüsselschafte parallel laufen, denen also reifenförmig gebogene und an dem Schloss- bleche, beziehentlich der Deckplatte befestigte Blech- streifen im Innern des Schlosses entsprechen, so heisst die Besatzung „Reifbesatzung". In Fig. 639 und 640 ist i ein solcher am Schlossbleche, k ein an der Deckplatte befestigter Reifen. Dieselben geben eine grössere Sicherheit als die Mittelbruchbesatzung, besonders wenn von beiden Seiten her Einschnitte vorhanden sind, welche etwas über die Mitte des Barts hinüberreichen.

Nicht selten kommen auch beide Arten von Besatzungen in einem und demselben Schlosse vor; und je künstlicher und verzweigter sie angeordnet sind, desto schwieriger ist es natürlich, das Schloss mit einem fremden Instrumente zu öffnen, desto grösser sind aber auch die Anfer- tigungskosten des Schlosses. Uebrigens kommt es auch vor, dass bei ge- kauften Schlössern die Schlüssel, um Vertrauen zu erwecken, mit viel- seitig verzweigten Einschnitten versehen sind, während das Schloss selbst von den Eingerichten Nichts oder nur wenige Theile enthält ^). Ver- streicht man zur Prüfung eines neuen Schlosses die Einschnitte des Schlüssels mit Talg, so müssen dieselben nach einmaliger Umdrehung des Schlüssels im Schlosse natürlich vollständig vom Talge befreit sein, wenn alle Eingerich te vorhanden sind.

Es wurde schon erwähnt, dass häufig und zwar bei den meisten Stuben- und Hausthürschlössern sich alle drei besprochenen Ver- schlüsse in einem und demselben Schlosskasten vereinigt finden: der Fallenverschluss zu oberst, der Riegelverschluss darunter und zu unterst ein Nachtriegelverschluss.

Vorhängeschlösser sind im Wesentlichen nach denselben Grund- sätzen gebaut als das oben abgebildete und beschriebene französische Thürschloss; der Riegel bewegt sich bei denselben aber meistens nicht geradlinig, sondern im Kreise, wodurch eine abweichende Form dessel- ben nöthig wird. Fig. 645 (a. f. S.) stellt das Innere eines zweitourigen

1) Dingler'B polyt. Journal, Bd. 151, S. 340.

890 Specielle Technologie.

VorhängeschlosBeB dar'), a ist der gekrümmte Riegelkopf au dem „Bad. riegel" h; c ist die Zuhaltung, darcb die Feder d gegen das Stück b fjg, g^y gedrflckt. Es iet leicht

ereichtlich, wie beim An- griffe des Scfalasaelfl zuerEt die Zubaltnng gehoben, dann der Riegel nach Ibkg oder rechts gedreht wird, ladem derselbe ia die Oese des Bügels e eiofasat, wird der VerachluB« bewirkt.

Wenn die bisher ge- schilderten Einrichtungen der SchlöBBer im Stande sind, das Oeffnen durch einen Unhemfenen zn er- schweren, je nachdem ihre Einrichtung, insbesondere auch die Anordnung der Besatzungen mehr oder weniger verwickelt ist, so vernögen sie doch nicht,

einem erfahrnen, mit SpeiTzeug (Dietrichen ntid HauptscblüBseln) ausgerü- fiteten Siebe längere Zeit zu widerstehen; auch ge- ben sie dem Sacbverstän- digen immerhin die M6g> lichkeit, mit Hilfe von Wacbeabdrücken einen passenden NachschlüMel zn unredlichem Gebrauche zu fertigen. Für wichtige Verschlüsse, z. B. von GeldechränkeD , stattet man deshalb das Scbloss mit noch anderen solchen Einrichtungen aus, welche ein Oeffnen des Schlosses ohne den passenden Schlüssel auch dem geübten Kenner schlimmsten Falls nur nach einer so langen beharrlichen Tbätigkeit möglich machen würden, dass ein Unbeachteth leiben dieser Tbätigkeit ausser allen Grenzen der Wahrscheinlichkeit bleibi Diese Schlösser nennt man Sicherbeits- oder Combinationsscblösser. Ansser einigen unten zu erwähnenden nebensächlichen Einrichtungen znr Erschwerung des Oeffnens pflegt die charakteristische Eigenthüm lichkeit dieser Sicherbeitsechlösser in der Anwendung mehrerer, nur durch einen besonders geformten SchlSssel zn öffnender Zubaltangen zu beruhen, die erst aämmtlich geöfibet werde» müssen, ehe der Riegel verschohen werden kann. Die äblicheten and

■) Aus Fink, Die Schule des Bauachlogsen, Leipzig. 1S59, S. 210.

SchlöBser und Schlöesel. 891

bekaaatesteD solcher Schlösser sind das Chabbscbloss and das Bra- mahBchloBB.

Ein Cbubbsohloes (von dem Engländer Chubb im Anfange dieses Jahrhunderts erfunden) ist in den Figuren 646 bis 648 abgebildet *);

Pig. 648. Fic 047

und zwar stellt Fig. 646 die innere Ansicht des Schlogaes, Fig. 647 die einzelnen Zahaltnngen mit . _ _jfc Ausnahme der obersten, welche in Fig. 646 sicht-

wKIt^ß bar ist, dar, und Fig. 648 ist die Ansicht des

Schlaasels. Das Chabbschloss pflegt 5 bis 7 Zu- Haltungen zu besitzen, das abgebildete hat deren 6, mit I, II u. s. w. be- zeichnet. Der eintourige Riegel a ist eineatheils in dem Stulben des ScbloBskastens an der linken Seite, anderntbeils mit dem in Fig. 646 theilweise sichtbaren Schlitze auf dem Stifte b geführt, welcher auf dem Schlosablecbe feateitzt. Dieser Stift dient zugleich als Drehungaaclise für Bämmtliche Zuhaltungen, welche mittelst der Löcher cc auf deneelben

t)Fink, op. ,

892 Specielle Technologie.

derartig gesteckt sind, dass Nro. I unten auf dem Kegel und Nh>. VI oben zu liegen kommt, d ist eine Feder ans Stahlblech, in 6 TheUe ge- spalten, deren jeder von oben auf eine der Znhaltungen drückt, so dass diese dadurch sammtlich das Bestreben erhalten, abw&rts zu gehen. Auf dem Riegel befindet sich nun der Stift c, während die Zuhaltungen mit entsprechenden du^ch einen Querschlitz Terbundenen Oeflnungen g und h ausgestattet sind, durch welche der Stift hindurchragt (die Oefi&iung / hat keinen besondem Zweck). Bei vorgeschobenem Riegel befindet sich der Stift in den Oeffiiungen hh..^ bei zurückgeschobenem Riegel, also gedffiietem Schlosse (wie in Fig. €46) in den Oeffiiungen gg^- - Damit also der Riegel vor- oder zurückgeschoben werden kann, ist es erforder- lich, sämmtliche 6 Zuhaltungen gleichzeitig so zu heben, dass der Stift in das Niveau der 6 Schlitze eintritt, welche die Oefifhungen h und g verbinden; wird hierbei nur eine der Zuhaltungen unbedeut^id zu viel oder zu wenig gehoben, so kann der Stift nicht aus seiner Oeffiiung heraustreten und die Bewegung des Riegels ist unmöglich. Da nun aber die ünterkanten der Zuhaltungen verschieden geformt sind, bei der einen höher, bei der andern tiefer stehen, so ist dieses gleichzeitige ge- naue Anheben nur durch einen Schlüssel möglich, dessen Form genau derjenigen aller einzelnen Zuhaltungen angepasst ist. Grerade in dieser Combination vieler Zuhaltungen beruht die Sicherheit des Schlosses. Bei dem abgebildeten Schlüssel bewegen die Absätze 1, 2, 3 u. s. f. die entsprechenden Zuhaltungen I, U, ÜI u. s. f., der vordere mit C bezeich- nete Theil den Riegel.

Liegt der Verdacht vor, dass ein Unberufener sich einen Nach- schlüssel verschafil haben sollte, so braucht man nur die Zuhaltungen zu wechseln und den Schlüssel entsprechend zu ändern, um jedes Oeffnen durch einen fremden Schlüssel unmöglich zu machen.

Das Chubbschloss enthält ausserdem noch eine Einrichtung Detector genannt , welche sofort erkennen lässt, wenn der Versuch, das Schloss mit Sperrzeugen zu öffnen, gemacht sein soUte. Zu diesem Zwecke ist auf dem Schlossbleche die Feder n mit ihrem linken Ende festgenietet, wahrend sie auf der rechten Seite in einen kleinen Haken endigt, welcher auf dem Vorsprunge m der Zuhaltung I ein wenig auf- ruht und auch auf demselben liegen bleibt, wenn die Zuhaltung durch den passenden Schlüssel auf ihre richtige Höhe gehoben wird. Sobald aber die Zuhaltung I durch einen falschen Schlüssel oder Dietrich nur um ein Geringes zu hoch gehoben wird, so gleitet das Häkchen vor dem Vorsprunge herab und hält dadurch die Zuhaltung I in der zu hohen Stellung fest, so dass eine Bewegung des Riegels nicht mehr möglich ist Damit nun auch bei jeder der übrigen Zuhaltungen ein zu hohes An- heben in derselben Weise erkennbar werde, ist die Zuhaltung I mit einem Stifte 1 versehen, welcher die Oberkante aller übrigen leicht be- rührt. Hebt sieh also eine derselben über den normalen Rand, so drückt sie den Stift l und somit auch die Zuhaltung I empor und der Detector

Schlösser and Schlüssel. 893

schnappt, wie vorhin beacbrieben wtirde, ein. Nun vird es bei jedem Versnobe, das Schloss mit einem andern Werkzenge als dem passenden SoblUaael za öffnen, anvermeidlich sein, dass wenigstens eine der Zn- haltnngen einmal zu hoch emporgedrilckt wird, woraaf dann sofort der geschilderte Vorgang eich vollzieht. Will nnnmehr der Eigentbümer das SchloBfi öffnen, so dreht er zunächst den Schlüssel nach der verkehrten Richtang; die Zuhaltimgen heben sich und der Riegel tritt noch ein wenig mehr aus dem Schlosse heraus, wobei der Riegelstift c den nöthigen Spielranm in den karzen Schlitzen pp.. der Znhaltungen findet. Bei diesem Vorschabe des Riegels rückt aber die schiefe Ebene q an der obem Kante desselben nnter den Haken der Feder n und drückt diesen empor; die Znhaltnng I wird jetzt also frei, nimmt dadurch ihre nor- male Lage wieder an nnd bei nunmehriger Drehung des SchlOssela in der andern Richtung wird wie gewöhnlich die Znrückbewegung des Rie- geb and Oeffnung des Schlosses erfolgen.

Das Bramahschloss. Dasselbe wurde in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts, also etwas frOher als das Chubbschloss, erfunden. In den Figuren 649 bis 651 ist ein solches Schloss, d. h. der zur Bewe-

Fig..649. Fig. SM.

Fig. 850.

IlT 1

I viH vH IH gong des Riegels dienende

I H H H Meohanismns desselben,

n H P. p^' in halber natOrlicher

/l lll' liJ Grösse abgebildet, a ist

ein Geh&use ans Uessing,

welches in die zu verschliessende Thür eingelassen wird, so dass von

aussen nur die schmale Stirnfläche sichtbar bleibt. In diesem Gehäuse

ist der hohle Cylinder b drehbar eingelassen und wird durch die st&h-

894 Specielle Technologie.

lerne Scheibe c festgehalten, welche dnrch Schrauben mit a fest verban- den ist und in eine hemmlanfende Nnth von b eingreift. Ausser dieser peripherischen Nuth enthält b eine Anzahl bei dem abgebildeten Schlosse sechs der Achse parallele Längsnuthen, zur Aufnahme ebenso vieler Zuhaltungen dienend, welche, von der innem Wandfläche des Cylinders ausgehend, sich radial nach aussen so weit ausdehnen, dass sie noch über den innem Rand der Scheibe c hinaustreten, während letztere an den Dnrchschnittsstellen mit entsprechenden Einkerbungen versehen ist, um die Nuthen nicht zu unterbrechen. In diesen radialen Nuthen stecken nun die Zuhaltungen, aus einem zusammengebogenen etwas federnden Stahlstreifen gebildet (vergleiche die Vorderansicht einer Zu- haltung in Fig. 650), so dass sie in den Nuthen sich zwar verschieben lassen, aber nicht von selbst hinabrutschen können. Die eine der Zuhal- tungen (Nro. I) ist in Fig. 649 sichtbar, die übrigen sind in Fig. 650 einzeln abgebildet. Sie ruhen sämmtlich mit ihrem obem, winkelförmig gestalteten Ende auf dem Schieber g, welcher innerhalb des Cylinders b sich auf dem Schlüsseldome e auf und nieder bewegen lässt, in der Ruhe aber durch eine Spiralfeder soweit nach der Richtung des Schlüssellochs zu gedrückt wird, als es der innere Querschnitt von b gestattet. Zur besseren Führung der Zuhaltungen ist in dem Cylinder b das Futter- rohr k eingelassen, welches nur von oben her so weit geschlitzt ist, um eine Abwärtsbewegung der auf g ruhenden Zuhaltungsköpfe zu ermög- lichen« Die Länge sämmtlicher Zuhaltungen ist übereinstimmend eine solche, dass sie auch in dem höchsten Stande von g bis an die Unter- kante des Rings c hinabreichen, wie sich aus Fig. 649 ergiebt; dadurch ▼erhindern sie aber in dieser Stellung natürlich die Drehung des Cylin- ders h. Dieselbe wird möglich, wenn sämmtliche Zuhaltungen so weit nach unten geschoben werden, dass der kleine Einschnitt i an der Rück- seite der Zuhaltungen sich in genau gleicher Höhe mit dem Ringe c be- findet und demnach bei der Drehung von b über den Ring hinweggreifen kann. Wie man sieht, ist aber dieser Einschnitt bei sammtlichen Zuhal- tungen in verschiedener Höhe angeordnet, so dass auch eine jede der- selben um eine andere Länge als die andere verschoben werden muss, wenn die Drohung möglich werden soll. Zu diesem Ende ist der Schlüssel, wie sich aus dessen Abbildung in Fig. 651 ergiebt, mit Längsschlitzen verschiedener Länge in der Wand des hohlen Schafts versehen, deren jeder einer der Zuhaltungen entspricht. Ausserdem trägt der Schlüssel einen kleinen Bart in einem solchen Abstände vom Ende, dass, wenn sämmtliche Zuhaltungen in die zum Oeffnen des Schlosses geeignete Stellung zurückgeschoben sind, sich derselbe in dem zu seiner Aufnahme ausgesparten Schlitze / in dem Kopfstücke des Drehstücks h befindet und mithin bei seiner Drehung den Cylinder b sowie sämmtliche Zuhal- tungen mitnimmt.

Der Vorgang beim Oeffnen und Schliessen ist also zunächst folgender. Darob den in das Sohlüsselloch gesteckten Schlüssel wird der Schieber

Schlösser und Schlüssel. 895

g einwärta gedrückt und die Zuhaltangen treten vorläufig in ihren \ Stellnngen verharrend in die Schlitze des SchlüsBalrohrs. Bei weiterm Eindringen des Schlüssels werden dieselben aber ebenfalls einwärts ge- schoben, die eine mehr, die andere weniger, je nachdem der Schlitz des SchlüBSelrohrs kürzer oder länger ist. Ist der Schlüssel soweit vor- gerflckt, dass sein Bart sich innerhalb der Aussparung des Cylindera h befindet, so haben sämmtliche Zahaltnngen eine solche Stellang einge- nommen, dass Drehnng erfolgen kann; man läset jetzt den Schlüssel nnd mit ihm den Cylinder h eine volle ümdrehnng machen (welche in der sogleich za erörternden Art and Weise den Vor- oder Rückechab des in Fig. 649 nicht sichtbaren Schloesriegels zar Folge hat), so dass er wieder in die AnfangBstellnng zurückkehrt, nnd lässt ihn dann los. Die Feder hinter g wirft den Schlüssel ans dem Schlosse heraus nnd drückt die Znhaltnngen empor, wodurch also eine fernere Drehnng ohne den passenden Schlüssel unmdglich gemacht ist.

Zur Uebertragang und Umwandlung dieser Drehnngsbewegung des Cylindera & in eine geradlinige des Riegels sind nun an dem hintern Ende von h ein oder zwei zapfenartige Ansätze dd, Fig. 652, angebracht,

Fig. 652.

welche in entsprechende Zähne des SchlosariegelB eingreifen nnd den- selben ebenso schieben wie der Scblüsselbart eines gewöhnlichen Schlosses den AngrifF des Riegels. In Fig. 652 ist eine solche Anordnung abge- bildet, a ist der Schlossriegel, h die untere Platte des Drebcylindera im Schlosse, dd die betreffenden Zapfen.

Andere Sicberheitsvorricbtangen, welche man häufig, theils in Ver- bindong mit einem Combinationssohlosse , tbeiU für sich allein antrifft,

896 Specielle Technologie.

sind die sogenannten „Vexiere*^, d. h. gewisse, nur dem Eigenthdmer bekannte Vorkehrungen, ohne deren Kenntniss man anch mit dem pas- senden Schlüssel das Schloss nicht zn öfinen vermag. Hierher gehört z.B. ein „Yorgesperre", d. h. ein Deckel über dem Schlüaselloche, welcher erst dnrch einen zweiten Schlüssel oder auch durch Verschiebung gewisser Theile entfernt werden muss, ehe das Schlüsselloch frei wird; femer be- sondere Kunstgriffe in der Handhabung des Schlüssels u. s. w. Alle diese Vexiere sind jedoch bedeutend unzuverlässiger als ein gut gebautes Combinationsschloss.

Die Anfertigung der Schlösser bietet, wie schon Eingangs erwähnt wurde, wenig Bemerkenswerthes. In früherer Zeit geschah die Anfer- tigung lediglich durch Handarbeit, indem der Schlosser sich die einzelnen Theile schmiedete, mit Meissel und Feile passend machte und dann durch Nieten oder Schrauben verband. Diese Methode ist jetzt selten geworden. Man stellt die einzelnen Bestandtheile der Schlösser fabi*ikmäs8ig mit Hilfe geeigneter Werkzeugmaschinen dar und setzt sie entweder eben- falls fabrikmässig zusammen eine Anfertigungsmethode, bei welcher die am wenigsten zuverlässigen Schlösser entstehen oder man liefert sie in der rohen Form an den Schlosser, welcher sie weiter verarbeitet. Zu diesen letzteren Gegenständen gehören hauptsächlich die Schlüssel. Statt sie, wie früher, von Hand zu schmieden, stösst man sie aus Blech aus, prägt sie dann im Fallwerke oder in einer Presse zwischen Gesen- ken und giebt ihnen hierdurch eine äussere Form, in welcher sie in den mannigfachsten Grössen in allen Eisenhandlungen zu haben sind. Dem Schlosser bleibt nur noch übrig, mit Hilfe eines kleinen Ereuzmeiasels und der F^ile die Besatzungen und Schweifungen des Schlusselbarts nachzuarbeiten und ihn schliesslich abzuschmirgeln.

SchloBsbleche, Deckplatten, Riegel und andere Theile werden eben- falls auf Durchstossmaschinen aus Blechen ausgestossen , ebenso werden bei fabrikmässiger Anfertigung ganzer Schlösser die Schlüssellöcher mit Durchstossmaschinen hergestellt. Vielfach liefert man auch ganze Schloss- kasten in Gusseisen, welches leichter eine Omamentirung des Aeussem ermöglicht als Schmiedeeisen.

Für manche Schlosstheile Riegel, Fallen, Schlüssel und andere ist die Anwendung schmiedbaren Gusses (durch Entkohlung schmiedbar gewordenen Gusseisens) nicht selten, um die Vortheile einer Formgebung durch Giessen benutzen zu können.

Schlüssel zu Combinationssohlössem dagegen werden in Rücksicht auf den Umstand, dass schon eine geringe Abnutzung sie unbrauchbar macht, aus Stahl gefertigt und bisweilen gehärtet.

Schlösser und Schlüssel. 897

Literatur über Schlösser.

Fink, Schnle des Banscblossers, Leipzig 1859.

König, Grundriss der Schlosserkunst, 5. Auflage, Weimar 1872.

Graf, Der moderne Schlosser, 3. Auflage, 3. Heft (Abbildungen).

Weimar 1870. Theiner, Die yerbesserten Combinationsschlösser. Weimar 1863. Die Fabrikation der feuer- und diebssicfaeren Geldschränke. Nach Price

Yojn Wieck. Leipzig 1859.

Ledebur, mechanisc1i-roeUllargiM.'he Technologie. 57

Alphabetische 8 Sachregister.

A.

Abhitze, von Sohweiasöfen 544. Abkantematchine 718. Abklatschen 801. Abmessen 82. Abscheeren 555.

Oer&the Enm 570. Abschrot 457.

Adhäsionserscheinangen 341. Adhäsionsverbindnngen 735. Aetzen 761. Aichmetall 10. Alfenide 12.

Allgemeine Teohnologie 3, 5. Alpaka 12. Alnminiam, Festigkeit 20.

Widerstands&higkeit gegen me- chanische Abnutsong 21.

speciflsches (Gewicht 24.

Farbe 27.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 81.

Dehnbarkeit 327. Alominiumbronze 12, 26. Ambos 895.

für Handh&mmer 899. Anlage der Giessereien 811.

der Werkstätten znm Schmieden, Pressen, Waisen, Ziehen 641«

Anlassen der Bronze 841.

des Stahls 337. Anlanfl&irben beim Stahle 837. Anschweissen von Gnsstheilen 807. Ansetzen 464.

Anstreichen 781. Anstellungswinkel 549. Antifrictionsmetall 23. Antimon, spedf . Gewicht 24. -- im Knpfsr 880.

Antimon im Blei 335. Antimonlegirungen 12, 22. Anzeichnen, Gerftthe zom 32. Arbeitsbeweg^ng 562. Arbeitseigenschaften 19.

bei der Yerarbeitong doroh Giessen 89.

bei der Verarbeitung durch Häm- mern eto. 322.

bei der Verarbeitung durch Tren- nung 558.

ArbeitsverfiAhren der Formerei 147.

beim Tiegelschmelzen 228. Flanmiofenschmelzen 260. Cupolofenschmelzen 288. Giessen 304. Schmieden 461. Walzen 526. Ziehen 536. Drehen 659.

Argentan 12. Vergl. auch Neusilber

und Kickellegirungen. Armaturen, yergl. Rüstungen. Arsen, im Blei 795.

im Kupfer 830. Asphaltiren 788.

Atmosphärilien, Einflüsse der 28. Aetzen 761.

Aufbereitung der Formmaterialien 120.

Aufliefen 468, 728.

Auf werf hammer 402.

Auftdehen 728.

Aufküge 66.

Ausbohren, Geräthe zum 673.

Ausdehnimgsooöfficienten der Metalle 93.

Ausglühen der Metalle 382.

Ausreiber 705.

Aussaugungen In Gnnstüokea 100.

Alphabetisches Sachregister.

899

Aasstreeken 462. Azenlagermetall 22. Axt» Anfertigaiig 841.

B.

Bahn des Hammers 807, 407. Balancier för Krahne 64. Bandagenwalzwerk b!o. Bankmeissel 594. Bär des Hammers 407. Barfrs Verfahren 779. Beil| Anfertigung 841. Beisszangen 43, 596. Beizen 755.

der Münzen 866. Beschwerung der Gnssformen 207. Bessemerblockwalzwerke 508. Bicheronx's Fenerang 225, 380. Biegen 714. Biegemaschinen 718. Bildemägel, AnfertiguDg 854. Blattgold . 869. Blattsilber 839. Bleche, Anfertigung 527.

plattirte 527. Blechbiegemaschinen 721. Blechwa&en 484. Blechwalzwerke 502, 510. Blei, Dehnbarkeit 826.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 90.

Bchwindung 96.

speciflschss Gewicht 24.

Widerstandsfthigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 30.

im Kupfer und Kupferlegirun- geu 831.

Bleilegirungen 12, 17, 80, 90. VergL

auch Hartblei Bleiröhren 818. Blooming-Mills 508. Bogensäge 627. Bogenscheere 570. Bohrer 684. Bohrgestell 689. Bohrknaire 689. Bohrkopf 679. Bohrkurbel 688. Bohrmaschine 691.

fireistehende 698.

Krahn- 695.

Wand- 697.

Duplex- 698.

Multiplex- 698.

Literatur 699. Bohrratsche 689. Bohrrolle 686.

Bohrspindel 686. Bohrstange 674. Bohrstöckchen 687. Bramahschloss 893. Brechkapsel bei Walzwerken 501. Brille (bei Drehbänken) 660. Brinkmann 's Dampfhammer 445. Britanniametall 12.

specif. Gewicht 26. Bronze 10.

Dehnbarkeit 327, 331.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 92. Bronzefarbe, ijifertigung 840. Bronzirung, galvanische 773.

durch Oxydation dös Kupfers 779. Brucheisen 290.

Brückenwinden 46.

Anordnung der in Giesse- reien 317. ^

Literatur 65. ^ Brusthammer 402.

Brnstleier 688.

0.

Oav^'s Dampfhammer 423.

Centriftigalgebläse 74.

Centrifngalguss 309.

Centriren 37.

Centrirmaschine 38.

Centrumbohrer 684.

Ohabotte 395.

Ohristoflemetall 12.

Chrom im Stahle 22, 334.

Chrysochalk 10.

Chrysorin 10.

Chubbschloss 891.

Circularscheere 579.

Ciseliren 738.

CUchiren 801.

Oohäsion 321.

Combinationsschlösser 890.

Compoeition 10.

Condie's Dampfhammer 434.

Coquillen siehe Gussschalen und Hart-

guss. Couläsenhebel 566. Cupolöfen 264.

ältere Formen der 271.

Arbeitsver&hren 288.

Construction der 268.

Einbau der 281.

Esse der 286.

Gebläse für 266.

Ireland's 274.

Krigar's 276.

Hac Kensie's 280.

Schacht der 268.

Schmahers 272.

67*

900

Alphabetisches Sachregister.

OapolofSen, SefBtröm's 272.

Vorherd der 278.

Winderhitzxmg bei 287.

Wirkungsgrad 291. Gurvensiipport 652. Cylinderbohrer 674. Gylinderbohrmaschiiien 675.

D.

Dachconstmctionen in Giessereien 318. D seien *8 Dampfhammer 439.

Uniyersal walz werk 515. Damascenerklingen 844. Bammgraben 208.

Lage derselben 320. Dampfhämmer 418.

Brinkmann's 445.

Condie's 434.

Daelen's 439.

•Parcot's 446.

Keller's 448.

Morrison's 437.

Nasmyth's 423.

Naylor's 442.

Schnellhämmer 447.

Seller's 450.

mit Ob^rdampf 444.

Steuerungen 419. Dampfkessel für Walzwerke 544. DampMrahlgebläse 82. DampfkuschlSger 406. Daumenhammer 412. Deckmasse (beim Emailliren) 786. Degenklingen 844. Dehnbarkeit 321.

Beeinflussung durch die Tempe- ratur 327.

Beeinflussung durch chemische Beimengungen 328.

Beeinflussung durch mechanische Verarbeitung 332.

Deutsches Schloss 886. Diamanten, Fahluner 309. Dichtungsringe, Metall für 23. Differenzialspindeln für Kerne 144. Docke 640.

Doppelsupportdrehbank 651. Doppelt T-eisen-Kaliber 493. Draht, Anfertigung 537. Drahtstifte 845.

Drahtziehereien, Anlage der 545. Drehbank 637.

Gurvensupport- 652.

Doppelsupport- 651.

Duplex- 651.

Fusstritt- 639.

Plan- 647.

Prisma- 640.

Spitzen- 643.

Universal- 655.

Drehbank zum Schraabensclmeiden 835.

Kemdrehen in Qiesse- reien 145.

Literatur 664. Drehbanksdocke 640. Drehbanksspindel 640. Drehbogen 686. Dr^en, G^erathe zum 636.

Arbeitsverfahren 659. Drehstuhl 636. *

Dreiwalzensysteme bei Walzwerken 506. Drillbogen 686.

DriUbohrer 687. Drücken 731. Dünnflüssigkeit 92. Duplei^hrmaschine 698. Duplezdrehb&nke 651. Durchschlag 458, 584. Durchschnitt, siehe Durchstoss. Durchstoes 585. Durchstossen, Vorgänge beim 557.

Oer&the zum 584.

K

Ehern 12.

Eigenschaften der Metalle 19. E^guss bei Gussformen 150, 154. Einsatzhartnng 334. Eisen, vergl. Gusseisen, Gussstahl, Roh- eisen, Schmiedeeisen, StahL

in Legirungen 332, 335. Eisenbahnschienen, Kalibrirnng der

Walzen für 491.

aus Bessemereisen 508.

Abschneiden der Enden der 629. Eisenkitt 748.

Eisenspaltwerk 582.

Elasticitat 322.

Elasticitätsgrenze 322.

EUipsenrfider 565.

Emailliren 783.

Erz 12.

Esse bei Giessereiflanimöftn 243.

, Oupolöfen 286. Ezcentrische Getriebe 565.

Kurbdachleife 566.

p.

Pa^oneisen 490.

PaQonstacke fOr Böhien S14.

Pahluner Diamanten 309.

Fallenversohluas 883.

Pallwerke 408.

Falzen 746.

Falzmaschine 718.

Fftrbe der Metalle imd Leginingen

Färben 755.

Faroot's Dampfbammer 446.

Alphabetisches Sachregister.

901

Federhammer 415.

Federn, Anfiertigiuig in Walzwerken 495.

Feile 630.

Feilkloben 42.

Feilmasohinen 610.

Literatur 625. Feldsdhmieden 358. Fertig:walzen 485. Festigkeit der Metalle 19, Festludten, Gerathe zum 39. Fiedelbogen 686.

Finne des Hammers 397. Firnissen 788. Fittings 814. Flacheisenkaliber 488. Flachmeissel 595.

Flammenloch' bei Giessereiflammöfen 237.

bei Schweiss- und Glühöfen 364. Flammöfen, vergleiche Herdflammöfen,

Tiegelflammöfen, Sohweisaöfen,

Glühöfen. Formbänke in Giessereien 312. Formbretter 141. Formerei 111.

-Werkzeuge 146. Formgebimg durch Schmelzen und

Giessen 89.

durch äussere Kräfte 322.

j, Trennung 549. Formkasten 136. Formmaschinen 192. Formmaterialien 112. Formsand 112. Fortrückungsbewegung der Werkzeuge

562. Französisches Schloss 886. Fräsen 665. Fräsmaschine 665. -Freie Formerei 157. Freistehende Bohrmaschine 693. Frictionshammer 414. Fritz 'scher Walztisch 497. Fritz 'sches Walzwerk 508. Fuchs bei Giessereiflammöfen 243.

, Schweiss- und Glühöfen 366, Fahrer beim Drehen 659. Fasshammer 400. Fusstrittdrehbank 639.

o.

Gabeln, Anfertigung 843.

neusilbemer, in

Walzwerken 494. Gabelp&nnen 296. Galvanische Ueberzüge 771. Gares Boheisen 17. Gase heim Giessen 102. Ghurfeuernng für Tiegelöfen 222, 224.

Gasfeuerung für Schweiss- und Glüh- öfen 380. Gebläse 73.

für Oupolöfen 266.

, Schmiedefeuer 355.

Literatur 86. Gefössöfen 387.

Gefüge, Beeinflussung durch die Ab- kühlung 109.

Gehänge an Formkasten 141.

Gelbgiesser 10.

Gelbkupfer 10.

Geräthe zum Abmessen und Anzeichnen 32.

zum Festhalten 39.

Heben und Transportiren 44. Geschützmetall 11.

Schwindung 96. Gesenke 456, 476. Gewerbseigenschaften 19. Gewindebohrer 834. GichUufeüge 66. Giessen 87, 295.

Giessereien, Anlage und Einrichtung

der 311. Giessereiflammöfen 238. Giessinstrument der Schriftgiessereien

798. Giesspfannen 295. Giesspumpe 304, 799. Glanzblech 778. Glockenbronze, Glockenmetall 11.

Schwindung 96.

Glühöfen 363.

Gold, Dehnbarkeit 326.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 90.

spedflsches Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 30.

Gosse, beim Giessen 303. Grabstichel 594.

Graues Boheisen 14; vergl. auch Guss- eisen. Grelles Boheisen 18. Grund (beim Emailliren) 786. Grünspan 29. Goillochiren 662. Guillochirmaschinen 663. Gusseisen 14.

Beeinflussung des Gefüges und der Eigenschaften durch die Ab- kühlung 110.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Gasentwickelung beim Giessen 105.

Schmelzpunkt 90.

Sohwindung 96. i

902

Alphabetiflches Sachregister.

Qnafleiflen, specifltehes Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 29.

Widerstandslähigkeit gegen me- chanische Ahnntznng 21.

Gassformen, Herstellung der 111.

ans starrem Hateriale 19ö.

für Zinngiesser 200. Gassschalen 202. Gassstahl, Dehnbarkeit 326.

Festigkeit 20.

Gasentwickelong beim Giessen 105.

Schmelzpunkt 90.

Schwindung 96.

Widerstandsfähigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

H.

Halbirtes Boheisen 17. Hanmier 395.

Anordnung der Hämmer in den Schmiedewerkstätten 542.

zum Biegen 716.

Literatur 454. Handbohrmaschine 691. Handhammer 398. Handpfannen 295. Handsäge 627. Handscheeren 571. Hartblei 12.

specif. Gewicht 26. Hartborsten 205, 337. Härte 333.

Härten des Stahls 337. Hartguss 202.

Gattirung für 291. Hartloth 738. Hartwalzen 205. Haspel 66.

Ha s well* sehe Schmiedepresse 468. Hanptbewegung der Werkzeuge 562. Hebelscheeren 570. Heben, Geräthe zum 44. Hemde bei Gussformen 158. Herd in der Giesserei 147.

bei Giessereiflammöfen 238.

Schweiss- und Glühöfen 364. Herdflammöfen für Erhitzung schmied- barer Metalle 363.

für Giessereien 233.

Tiegelschmelzen 223.

Einbau 248.

Wirkungsgrad 261, 386. Herdformerei 147.

Herz 659.

Hobel bei Zinnformen 200.

als schneidendes Werkzeug 596.

für Typen 803. Hobelmaschinen 597 ; vergl. auch Plan-

bobelmaschine, Feihnasclmie, Nu* thenstossmaschlne.

Hohlgefässe, Anfertigung durch Trei- ben 463. Anfertigung durch Preeaen 479.

Hohlzirkel 34.

Holley'scbes Walzwerk 508.

Horizontalbohrmaschinen 675.

Irisiren 780. Justirmaschine 863.

K.

Ka<1minm, specif. Gewicht 24.

KaUber 484.

Kalibrirung für Duowalzwerke vergL Spitzbogenkaliber, Bundeisen- kaliber, Eisenbahnschienenkaliber.

für Triowalzwerke 506. Kaltbruch 328. Kammwalzen 504. Kapselgebläse 77. Käsekitt 744. KastenfÖrmerei 151. Kehrwalzwerke 513.

Kellen 295.

Keller und Banning's Dampfhammer

448. Kerne für Gnssformen 111.

, Anfertigung der 156, 166.

Kerne für Gassformen aus starrem

Materiale 198. Kemdrehbänke 145. Kemdrücker s. Kern kästen. Kemeisen 145. Kemkasten 129, 133. Kemmarken 130. Kemrüstungen 142. Kemspindehi 143. Kei'usteifen 154. Kernstücke 133. Kemstützen 154. Kessel zum Schmelzen 213.

kupferne 463. Kipppfannen 302. Kitten 742. Klappe 827. Kneipzangen 43, 596. Knopfrad 876.

Kohle für die Formerei 118. Kohlensäure, Einflüsse der 28. Kohlenstoff im Eisen 13, 17, 328, 334. Kollermühlen 124. Kopf, verlonver 100. Kopfwalzwerke 520, 724. Körting's BampfitrahJgebl&ae 82.

Alphabetisches Sachregister.

903

Krahn 46.

Anordnimg der Krahne in Qiesfle- reien 317.

Literatur. Krahnbohrmasohine 695. Krahnbaken 65. Erahnpfannen 297. Kreissägen 628. Kreissoheeren 579. Kreuzmeissel 594. Kronenbohrer 700. Krummzieben der Gnssetücke 101. Kapier, Beimengungen im 14,

Dehnbarkeit 326, 330.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Oasentwickelong beim Oieseen 103.

Schmelzpunkt 90.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflftsse 29.

Kupferhammer 404. Kupferlegirungen 10, 20, 28, 24, 27. Kupferozydul im Kupfer 14, 103, 330. Kupferröhren 816.

Kurbelbewegnng bei Werkzeugmaschi- nen 564. Kurbelschleife, excentrisohe 566.

L.

Lackiren 783.

Langlochbohrmasohinen 700. Lauth'sches Walzwerk 510. Legirungen 5.

constante 7.

Farbe 27.

Härte 22.

Schmelzbarkeit 90.

Schmelzen der 228«

Schwindung 99.

speciflsohes (Gewicht 24.

Einwirkung rascher Abkühlung 110.

Lehm 117. Lehmformerei 157. Lehnmiischmaschine 126. Lehrbretter 141. Lehren 85. Leierziehbänke 584. Leitspindel 644. Lettemgiesserei 797. Lettemgiessmaschiue 800. Lochbohren, Geräthe zum 682. Lochen 465, 584.

Vorgänge beim 557. Lochmaschinen 585.

Literatur 593. Lochting 458, 584. Lochstempel 584. Lochwerk siehe Lochmaschine.

Löffel, Herstellung der Löffel in Walz- werken 494. Löthen 736. Löthkolben 740. Löthrohr 741. Lünette 660.

M.

Maassstab 32. Mangan im Roheisen 14. , Stahle 22.

schmiedbaren Eisen 329. Mannheimer Gold 10. Manometer bei Oupolöfen 289. Mantel bei Gussformen 157. Martinöfen 258.

Maschinen zur Formerei 192.

Maschinenscheeren 572.

Masse in der Formerei 115.

Matrize 584, 730.

Maulscheeren 570.

Medaillen, Bronzirung der 779.

Meissel 594.

Mennigekitt 743.

Messer, Anfertigung der 842.

Messing 9.

Dehnbarkeit 827.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 92.

Schwindung 96, 99. MetaU 5.

Mikrometerzirkel 35. Mitnehmer 641.

Möbelnägel, Anfertigung der 854.

Modelle 129.

Molecule 321.

Mönch 584.

Morrison' B Dampfhammer 437.

Muffelofen für Bleche 388.

zum Emailliren 792. Muntzmetall 10. Münzen, altrömische 10.

Anfertigung der 856. Münzfüss 859. Muttemmaschinen 838.

N.

Nägel, Walzen fär Kageleisen 493.

Anfertigung der 845. Nähnadeln, Anfertigung der 878. Nasmyth'scher Dampfhammer 423. Naylor's , 442, KeiisUber 12.

Farbe 28.

Festigkeit 20.

spedflsches Gewicht 24. Neusilberbleche, Glühofen für 374, 388.

904

Alphabetisches Sachregister.

Hickel, Dehnbarkeit 327.

Farbe 27.

Oasentwickelong beim Giessem 106.

specifischeB Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 31.

Kickelbronze 20. Nickellegimngen 12, 20, 28.

Gkisentwickelong beim Giessen der 106.

Niello 785. Nieten 747. Nietmascbinen 749. Nnthenbohrmaschinen 700. Kuthenstossmaschine 620.

o.

Oberdampf, bei Dampfhämmern 444.

Oberflächenhartung 334.

Ovaldrehen 653.

Ovalkaliber 486.

Ovalwerk 653.

Oxydation, als Erhaltungsarbeit 777.

Oxydirtes Silber 31.

P.

Packetiren 467.

Parallelhämmer 407.

Parallelscheeren 574.

Parallelschranbstock 42.

Patina 29, 780.

Patrize 730.

Pattinson'scher EntBilberungsprocess

7. Periodische Kaliber 493. Pfumen zum Giessen 295. Phosphor, im Eisen 329. Phosphorbronze 15.

Dehnbarkeit 327.

Farbe 28.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 92. Phosphorkupfer 15. Phosphorzinn 15. Pinchbeak 10. Pinzetten 43. Plandrehbank 647. Planhobelmaschine 597.

Literatur 625. Planscheibe 641, 646. Platin, Dehnbarkeit 326.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

speciSsches Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 31.

^- Widerstandsfilhigkeit gegen me- chanische Abnutzmig 21,

Platin, Schmelzofen für 255. Piattirte Bleche 527. Pneumatische Hämmer 418. Polen, des Kupfers 104. Poliren 709, 762. Polirpulyer 712. Polterwerk 537.

Ponsard's Feuerung 225, 383. Prägen 734.

der Münzen 866. Pragmaschinen 868. Preise der Metalle 31. Pressen 468, 588, 717, 730, 749. Prinzmetall 10. Prismadrehbank 640. Pumpenstiefel, Metall für 23. Ponzen 729. Putzen 584.

Q.

Quadrateisenkaliber 489.

R.

Bäderdrehbank 650.

Badialbohrmaschine 695.

Badreifen, Befestigung auf den Achsen

745. Badreifenwalzwerk 521. Bahmenhämmer 407. Bahmenscheeren 574. Bändelmaschinen 863., Basirmesser, Anfertigung der 843. Bäumahle 705.

Begen, Einflüsse des Begens 28. Begeneratiyfeuerung , für Giesserei-

flammöfen 257.

für Schweiss- und Glühdfen 385.

Tiegelschmelzöfen 226. Beibahle 705. Beifenbiegmaschine 722. Beifenwalzwerke 521. Beissmaass 36.

Beitnagel 640. Beitstock 640. Beversirwalzwerke 513. Biegelverschluss > 885. Biemenhammer 409. Boheisen, gares 17.

graues 14, 90.

grelles 18.

halbirtes 17.

weisses 14, 90.

vergl. auch Gusseisen. Bohren, gusseiseme 805.

sc^iedeeiseme 810.

kapferne 816.

Blei- und Zinn- 818. Bohrwandbohrer 683.

Alphabetisches Sachregister.

906

Bohstoff 2.

Bollenbohrer 686.

Boot Busches Gebläse 77.

Böse 'sehe Legining 94.

Bosten des Eisens 28.

Bostfläche bei Giessereiflaminöfen 237.

bei Schweiss- nnd Glühöfen 364. Bostkitt 743.

Bothbrnch 328. Bothg^ss 9, 28. Bondhobelmaschinen 610. Bandstabkaliber 489. Büstnngen der Gnssformen 136.

der Kerne 142.

s.

Säbel, Anfertigong der 844. Säge 625. Saigerung 110. Sandleiste 138. Sauerstoff im Kupfer 14.

in der Luft, Einflüsse des Sauer- stoffs 28.

Schaben 557.

Geräthe zum 705. Schaber 705. Schablonen 129, 134. SohablonenfÖrmerei 156. Schachtöfen zum Metallschmelzen 264. Schalenguss 202.

Schaltbewegung der Werkzeuge 562. Schaltzeug 568.

Bcheeren 570.

Literatur 593.

Anfertigung der 843. Scheibenziehbänke 534. Schellhammer 748. Schienenkaliber 491. Schlageloth 738. Schleifen, Geräthe zum 707. Schleifinaschine 712. Schleifsteine 710. Schleppwalzen 504. Schleppzangenziehbank 531. Schlichten 561. Schlösser 883.

Schlüssel 883. Schmelzapparate 212.

Lage derselben im Gebäude 313. Schmelzbarkeit 89.

Schmelzen der Metalle 211. Schmelzöfen siehe Schmelzapparate. Schmelztemperatur 90. Schmiedeeisen 14. ~ Dehnbarkeit 326, 329.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

speciflsohes Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

Schmiedefeuer 349.

Anordnung derselben in den Werkstätten 542.

Schmiedeform 350.

Schmieden 461.

Schmiedemaschinen 458.

Schmiedepresse 468.

Schmiege 36.

Schmirgel 711.

Schmucksachen, Anfertigung 730.

Schnee, Einflüsse des Schnees 28.

Schneidbacken 825.

Schneideisen 824.

Schneiden 549.

(Geräthe zum 594. Schneidkante 549. Schneidklinge 824. Scbneidkluppe 827. Schneidräder 666.

Schneidwaaren, Anfertigung der 841. Schneidwerk 582. Schneidwinkel 549, 552. Schneidzeug 834. Schnellhämmer 447.

Schnellloth 738.

SchneUwalzwerk 507.

Schornstein siehe Esse.

Schrägmaass 36.

Schrauben, Anfertigung der 821.

Schraubenmuttern, Anfertigung der 821.

Schraubenpresse 586.

Schraubenschneidmaschine 828.

Schraubenzwinge 39.

Schraubstock 40.

Schriftgiesserei 797.

Schriftmetall 798.

Schroppen 561.

Schrote 584.

Schrotgiesserei 796.

Schrotmeissel 457.

Schrumpftaiaass siehe Schwindnng.

Schublehren 35.

Schubwinkel 36.

Schwanzhammer 404.

Schwefel, im Eisen 329.

Schweissbarkeit 341.

Schweissen des Gusseisens 307.

des schmiedbaren Eisens 341, 466, 736.

Schweissöfen 363.

Anordnung in den Gebäuden 553.

Schweisspulver 345. Schwenkguss 308. Schwindung beim Giessen 93^.

beim Walzen 487. Schwungrad bei Walzwerken 505. Seller*s Dampfhammer 450.

Schraubenschneidmaschine 830. SemÜor 10.

Setzhämmer 455. SetzBtock 660.

906

Alphabetisches Sachregisten

ShapisginaBohine 610.

Literatur 625. SioherheitsschlÖBser 890.

Sioke, Sickenhammer, Sickenatock 716.

Sickenmaschine 724.

Sickenzu^ 727.

Siederöhren, Anfertignng der 812.

Siemens 'sehe Feuenmg, siehe Bege-

nerativfeuemng. Silber, Dehnbarkeit 826.

Parbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 90.

specifisches Gewicht 24.

Spratzen des Silbers 105.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse SO.

Widerstandsfähigkeit g^gen me- chanische Abnutzung 21.

Silicium, im Boheisen 14, 17.

im schmiedbaren Eisen 329. Spaltwerk 583.

Spanbildung 550. Spannung in Gussstücken 97. Specielle Technologie 3, 793. Specifisches Gewicht der Metalle und

Legirungen 23. Sperrhorn 400. Sperrzeug 568. Spiegelmetall 12. Spiel des Gusseisens 18. Spindel an Drehbänken 640.

der Kerne 143. Spindelstock 640. Spiralbohrer 686. Spitzbogenkaliber 488. Spitzbohrer 684. Spitzdocke 640. Spratzen des Kupfers 103.

des Silbers 105. Sprödigkeit 323. Staffelwalzen 495. Staffordshireöfen 239. Stahl 14.

Dehnbarkeit 326, 329.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Härtbarkeit 337.

specifisches Gewicht 24. Stahlbronze 206, 336. Stahlschreibfedem 873. Stangenzirkel 33.

Stanzen 728. Stanzmaschinen 620. Statuenbronze 11.

Schwindung 96. Statuenguss 158, 163. Stauchen 463. Stauchkaliber 486. Steamstriker 406. Stecknadeln 875. Stehender Guss 150, 156.

Stereotypplatten 804. SterrometaU 10.

Steuerung der Dampfhämmer 419. Stichel siehe Werkzeuge. Stichelhaus siehe Support. Stielhämmer 397. Stielkloben 42. Stimhammer 401. Stöokchen 456. Stockscheeren 571. Stossmaschinen 620. Strähler 836. Strecken 362. Streokkaliber 486. Streichmaass 36. Streichnadel 36. Stroh für die Formerei 127. Strohspinnmaschine 128. Stückgut 11. Stufenwalzen 495. Stürzguss 308. Sumpf beim Giessen 303. Sumpfofen 239.

Support, bei Planhobelmaschinen 604. bei Drehbänken 645, 649.

T.

Tafelsoheeren 571.

Tapeziemägel 854.

Taster 33.

T-eisen-Kaliber 493.

Textur siehe Gefnge.

Theebretter, Anfertigung 730.

Thonschneider 126.

Tiegel 218.

Tiegelflanmiöfen 223.

Tiegelherdöfen 223, 788.

Tiegelschachtöfen 220.

Tischkloben 42.

Tombak 9.

Tranamissionshammer 408.

Transportwagen 49.

Treiben 463, 728.

Treibkitt 729.

Trennungsarbeiten 549.

Triowalzwerke 506.

Tritthammer 400.

Trockenkammern für Gussformen und

Kerne 170. Lage derselben in den Gebäuden

313, 319. Trocken wagen in Giessereien 191. Trocknen der Gussformen 169. Trommelapparate für Giessereien 121. Tuladosen 785.

Türck's Dampfhammer 446. Typengiesserei 797. Typenhobel 803. Tyreswalzwerke 520.

Alphabetisches Sachregister.

907

U.

Uchatius' Bronzegeschütze 206, 386. Ueberziehen der Metalle 762. Umschlageeisen 716. Universaldrehbank 655, 662. Universalfräsmaschine 667. Universalfütter 659. Universalplanscheibe 646. Universalwalzwerke 515. Unterbrochene Kaliber 494. Unterlagen fnr Formkasten 141. Unterwind bei Flammöfen 254, 376.

V.

Ventilatoren 74. Yentilkasten, Metall für 23. Vergleichende Technologie 3, 5. Vergoldung, galvanische 776.

Feuervergoldnng 777.

mit Blattgold 783. Verlorne Köpfe 100. Vermessingen 773. Vernickeln 775. Versatzräder 563. Verschönerung, Arbeiten znr V54. Versilberung, galvanische 775.

mit Blattsilber 783. Vertioalbohrmaschinen 691. Verticalhobelmaschinen 620. Verzinken 770. Verzinnen 765.

galvanisches 774. Vexiere 896. Vorbängeschloss 889. Vorwalzen 485.

w.

Wagen zum Transportiren 44. Walzen 482. Walzengetriebe 504. Walzenkupplungen 503. Walzenständer 498.

für Triowalzwerke 508. Walzentiscli 496. Walzlinie 486. Walzwerke 480.

Arbeitsverbraucb der 525.

Anordnung der Walzwerke in den Gebäuden 558.

Literatur 528.

zum Biegen 721. Wandbobrmaschine 697. Wasserdampf, Einflüsse desselben 28. Wecbselräder 563.

Weichloth 738.

Weissbleoh 766. Weisses Bobeisen 14.

Schmelzpunkt 90.

Weissguss 23. Weissloth 738. Weissmetall 12.

specifisches (Gewicht 26. Wendeisen 674. Werkzeuge der Formerei 146.

zum Schneiden 550.

Bewegungsverbältnisse der 560. Werkzeugmaschinen 560.

Literatur 569. Widerstandsfähigkeit gegen chemische

Einflüsse 28.

gegen mechanische Abnutzung 2 1 Winkeleisenkaliber 492. Winkelhaken 803.

Winkelmaass 35.

Wippe 877.

Wirkungsgrad der Gupolöfen 291.

der Gefässöfen zum Glühen 391.

, Herdflammöfen für Giesse- reien 261.

der Kessel 217.

M Schmiedefeuer 361.

Schweiss- und Glühöfen 386.

Tiegelschmelzöfen 230.

Trockenkammern 188. Wismuth, Schmelzpunkt 90.

specifisches (Gewicht 24.

Legirungen des Wismuths 91, 94.

im Kupfer 831. Wolfhunstahl 22, 334. Wulstmaschine 720.

z.

Zähigkeit 321. Zain 861. Zainen 362. Zangen 43. Zapfenlagermetall 22. Ziehbänke 529.

zum Biegen 726. Zieheisen 536. Ziehen 529.

Arbeitsverfahren 536. Zink, Dehnbarkeit 326.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

Schmelzpunkt 90.

Schwindung 96.

specifisches Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit gegen che- mische Einflüsse 29.

Widerstandsföhigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

im Kupfer und der Bronze 331« Zinkbleche, Ofen für 890.

Walzen der 527.

908

Alphabetisches Sachregister.

Zinn, Leffirongen des Zinna 10, 90.

Dehnbarkeit 826.

Farbe 27.

Festigkeit 20.

-T- Schmelzpunkt 90. •^ Schwindung 96.

speoififlchefl Gewicht 24.

Widerstandsfähigkeit g^gen che- mische Einflüsse 30.

Widerstandsfthigkeit gegen me- chanische Abnutzung 21.

Zinn im Kupfer 3S1, 835.

Qussformen för 200, 308. Zinnbrillanten 309. Zinngieaserei 200, 308. Zinnprobe 17. Zinnröhren 818. Zirkel 33.

ZusammenfSgungsarbeiten 735. Zuschärftmgswinkel 549. Zwängyerbindungen 744. Zweiaaahnbohrer 700.