24 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. Pflanzen mit Faserstoff. V Baumwolle, Flachs, Hanf, Maul- beerbaum mit dem Seidenwurm. Gewürze. Pfeifer, Ingwer, Zimmt, Muscat- nuss, Gewürznelken, Zuckerrohr. Vanille, Spanischer Pfeffer (Cap- sicum annuum). Narkotische Genussmittel. Thee, Kaffee, Mohn (Opium), Hanf I Paraguay-Thee , Cacao , Tabak, (Hadschisch). | Coca. Aber wenn wir bei den Pflanzen stehen bleiben, so unterliegt es gar keinem Zweifel, dass für den Nutzen des Menschen mit der Zeit noch manche wildwachsende Erzeugnisse des Pflanzenreiches Verwerthung finden können, welche gegenwärtig nur in geringem Masse benutzt werden, und es wird sich leicht zeigen lassen, dass die Peschel'sche Aufzählung Amerika zu karg bedenkt. Die Wurzeln von Lewisia rcdiviva, Apios tuberosa, Lupinus littoralis, mehrere Oenothera- Arten werden von den Indianern und den ihnen nachahmenden Waldläufern gegessen. Die erstere soll getrocknet wie Salep zu geniessen sein und eine besonders grosse Nahr- haftigkeit besitzen. Ausser dem Wasserreis*) sind von Körnern besonders die Samen des Lupinus biennis gegessen worden. Als Salat und Gemüse werden die Blätter von verschiedenen Arten Leontodon, von Chenopodien, . Phytolacca decandria und Caltha palustris gegessen. Die erfrischende Frucht von Podophyllum callicarpum (Mandrake, wilde Citrone) wird ge- gessen. Die von Diospyros virginiana (Persimon) gilt für vortrefflich. Der Damascenerpflaume gleicht die Icacopflaume von Chrysobalanus icaco. Der wildwachsende Pawpaw oder Melonenbaum (Papaya vulgaris) liefert melonenartige Früchte, die man eingemacht isst. Wilde Pflaumen- und Kirschenarten sind in mehrfacher Zahl verbreitet. Die Früchte des wilden Apfelbaumes sind nicht geniessbar, aber Pyrus coronaria (Grab -Apple) 1) Der Wasserreis, Zizania aquatica L. (Pshu bei den Sioux, Manomin bei den Chippeways) ist im N. der V. St. überall nicht selten, erreicht aber besonders im NW. eine ökonomische Wichtigkeit, die hinter keiner der übrigen wildwachsenden Pflanzen zurücksteht. Er bietet das einzige Beispiel eines ein- heimischen Getreides, das in einer Menge wächst, die genügend ist, den Bedarf der gewöhnlichen Verzehrung zu decken. Er ist besonders häufig in den see- artigen Ausbreitungen der Flüsse des oberen Mississippi- und des Seengebietes und zwar in den unteren Abschnitten derselben, wo er Ueberschwemmung in hinreichendem Masse, daneben schlammigen, lockeren Schwemmboden findet. Selten findet er sich in den abflusslosen Seen. Als Speise wird er sogar dem ächten Reis vorgezogen. Man erntet ihn im September, indem man mit niederen Booten durch das Röhricht eines Beissees fährt und die Aehren in das Boot ausklopft. — Der Indianeragent von Leech Lake Minn. gibt für 1876/77 die Menge des von seinen Indianern gesammelten wilden Reises auf 35000 Pfd. an. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 25 trägt sehr wohlschmeckende Früchte. Dagegen gibt es zwei Kastanien- arten, deren Früchte genossen werden: Castanea americana in den mittleren und C. pumila (Chinquapin) in den Südstaaten. Im N. tragen zwei Haselnuss- Arten (Corylus), im S. einige Hamamelis- Arten (Witch- Hazel) essbare Nüsse. Süsse Eicheln werden von Quercus castanea (bis 43" vorkommend) und alba und von der Lebenseiche geerntet. Die Nüsse von Juglans nigra, cinerea (Butter-Nuss) und fraxinifolia, von Carya olivae- formis (Pekan-Nuss) und andere Hikory- Arten vertreten unsere Walnüsse, haben aber dickere Schalen und minder ausgiebige Kerne. Eine essbare Nuss trägt auch Hamiltonia oleifera. Der Palmetto (Chamaerops Palmetto) liefert in seinen Blattknospen einen Palmkohl. Die Blätter von Agave americana sollen abgekocht ein schmackhaftes Gericht geben. Im SW. werden die Früchte einiger Cactusarten, vorzüglich von Opuntien (Tunas) und vom Riesencactus oder Saguarro (Cereus giganteus) gegessen. Eben- dort spielen die ölig-harzigen Fruchtkerne einiger Föhren, Pinons(Pinus edulis und monophylla) als Nahrungsmittel bei den Indianern eine Rolle. Unter den essbaren Pilzen , deren Zahl sehr gross ist •) , ist die sog. Indianische Kartoffel oder das Indianerbrot oder Tuckahoe (Lycoperdon solidum), ein bis zu 30 Pfd. schwer werdender Pilz, hervorzuheben, der in den Südstaaten wächst und oft die einzige Nahrung der entflohenen Sklaven gebildet haben soll. Die meisten in Mittel-Europa vorhandenen essbaren Beeren sind auch in Nord- Amerika und oft in mehrfacher Zahl vertreten. Endlich sind die Weinreben nicht zu vergessen, von denen verschiedene Arten in den V. St. wild wachsen^). Darunter sind sehr fruchtreiche und wohlschmeckende Arten, welche theilweise bereits in erheblicher Ausdehnung angebaut werden. Als ein für den Haushalt der Landbevölkerung im N. wichtiges Er- zeugniss wildwachsender Pflanzen werden wir den Ahorn-Zucker noch 1) Schwämme werden in den V. St. bis jetzt wenig gesammelt und ver- zehrt, es scheint sogar, da&s die Indianer die Essbarkeit von einer grossen An- zahl derselben nicht kannten, und doch sind essbare Schwämme in (Ter Wald- region des 0. sehr häufig. Im Staat New York sammelte Prof. Peck allein 80 verschiedene Arten. Dr. Curtis zählt (im Rep. Agr. Dep. 1876 S. 79) allein aus N. Carolina 108 essbare Schwämme auf. 2) Selbst in den Steppen des oberen Red. R.-Gebiets findet man zahlreiche wilde Reben, die im Flugsande halb vergraben, aber vielleicht gerade durch diese wärmebergende Sandhülle um so fruchtreicher sind. Sie bedecken Hunderte von Acres, die wie Weinfelder erscheinen. Long beschreibt sie als „so mit Früchten beladen, dass jeder Theil des Stammes verhüllt ist" und die Früchte „unvergleichlich feiner als irgend eine andere einheimische oder fremde Traube". Acc. of an Exp. to the Rocky Mts. 1823. II. 126. Man hat in den V. St. vorgeschlagen, diese Sandumhüllung künstlich zur Beförderung der Reife der Trauben zu bewerkstelligen. 51-. p k YL^mmM^MEUMMr'.^^^^mmm:^^^^^ hilil|i,iiilllill,:iilli%ii'iilii,Jfhii|li!l!lllli!IIMIIIM Verlag von R. Oklenbourg in München und Leipzig, Die Vereinigten Staaten von Nord -Amerika. Von Dr. Friedrich Ratzel, 0. ö. Profes.sor dor Erdloinde an der teclniisclifii Hoclisrlmle zu Mi'mclien. 2 Bände. I. Band : Physikalische Geographie und Naturcharakter der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. 1878. Lex. 8". XIV und 667 Seiten. Mit 12 Holz- schnitten und 5 Karten in Farbendruck, Preis geheftet 14 Mark. „ in elegantem Original-Leinwandband 16 Mark. II. Band (soeben erschienen): Culturgeographie der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika unter besonderer Berücksichtigung der wirthschaftlichon < Verhältnisse. 1880. Lex. 8« XVI und 762 Seiten. Preis geheftet 18 Mark. „ in elegantem Original-Lein wandband 20 Mark. '■■^-H"^ Jeder Band ist auch einzeln käuflich. "— ": Prospect. Die Arbeiten der Forscher und Sammler in den geographischen Wissenschaften und die Theilnahme des Publikums an demselben gehen launenhafte Wege. Manchmal leiden ganze Länder, selbst Erdtheile, unter einer Vernachlässigung, für welche man keinen thatsächlichen Grund findet, während die Theilnahme sich nach anderen Seiten hin aus Motiven con- centrirt, welche man ebenso schwer erkennt. Es liegt darin etwas, das an die Unberechenbarkeit der Moden erinnert. Wenn Nord- Amerika und beson- ders derjenige Theil desselben, welcher von den Vereinigten Staaten einge- nommen wird, zu den von der wissenschaftlichen Erdbeschreibung vernachläs- sigten Gegenden der Erde gehört, so kann nur in dieser Willkür eine Erklärung dafür gesucht werden. Man schütze nicht die Schwierigkeiten vor, welche durch die reissend schnelle und an tausend Punkten zugleich fortschrei- tende Entwickelung seiner Culturverhältnisse der Fixirung eines Gesammt- bildes sich entgegenstellen! Diese müssen Ja überall überwunden werden, wenn wir nicht von vornherein auf die Beschreibung dessen verzichten "inti!lil!iHWIili!li|!"!iHHii'!inni!i|lMu|l!i!Miiy!i;1!l|Hl|i!l||!!|i!'i!!l|l!l!Mii^ - 1 — a»iniOTIMI!llllll!Mlllllinlll!ll!llHllin!llilllllilllHli)lllllll!lllllllil|iHliiililil!ili:i!iN:Miil'n'^^ wollen, was nicht starr, nicht* völlig unbeweglich ist. Man begreift es, wenn der Bildhauer vor einem jugendlichen Körper endlich den über- genauen Meissel sinken lässt, dessen langsamer Nachahmung die Natur mit der Raschheit ihres Wachsthums voraneilt ; aber in der Wissenschaft muss man sich immer entschliessen können, die Bilanz zu ziehen, wenn es nothwendig ist. Es ist kein Zweifel, dass der Mangel einer gründlichen Beschreibung der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika eine der auffallendsten Lücken in unserer geographischen Literatur bildet. Weder in Deutschland, noch in England oder Frankreich, und was noch mehr heisst, selbst nicht in den Vereinigten Staaten ist in neuerer Zeit der Versuch gemacht worden, uns das Bild des hochwichtigen Landes nach den neuen Forschungen und Entdeckungen, die sich seit drei Jahrzehnten wahrhaft gedrängt haben, in vertrauenswürdigen Zügen zu zeichnen. Der praktische Bedarf hat einige Versuche erzeugt, die in manchen Beziehungen nützlich gewesen sind, an die es aber ungerecht wäre, den Massstab wahrhaft wissenschaft- licher Leistungen anzulegen. Wir in Deutschland haben seit Jahren auf Wappäus' Handbuch der Geographie und Statistik von Nord-Amerika zurückgreifen müssen, das 1855 und seitdem nicht mehr erschienen ist; wir haben daneben an minder eingehenden Arbeiten Karl Andree's Nord- Amerika gehabt, das nun (1855 in zweiter Auflage erschienen) ebenfalls über zwanzig Jahre alt. Es genügt aber, daran zu erinnern, dass man die eingehendere Erforschung der ganzen westlichen Hälfte des weiten Gebietes, die in geographischer Hinsicht die wichtigste genannt werden darf, erst vcn dem Beginne der grossen Wanderungen nach dem Far West, d. h. nach den Steppen und Gebirgen des Westens und nach Californien, an datirt, um sich klar zu machen, wie unvollständig in den wichtigsten Abschnitten gegenwärtig diese zu ihrer Zeit vortrefflichen Arbeiten sein müssen. Ohne im mindesten die Pflicht der Dankbarkeit zu verletzen, welche wir ihren Verfassern schulden, dürfen wir diese unsere deutschen Grundwerke über die Vereinigten Staaten als für unser heutiges Bedürfniss durchaus ungenügend erklären. Bedarf es unter solchen Umständen des Hinweises auf die hervor- ragende Stellung, welche die junge germanische Republik des Westens unter den Ländern der Erde einnimmt, um das Erscheinen einer neuen Geographie der Vereinigten Staaten zu begründen? Sollen wir erst her- vorheben, dass in erster Reihe die physikalische Geographie ein hohes Interesse an der Schilderung eines Landes haben muss, das, während es nicht viel kleiner als Europa selbst, das einzige aussereuropäische Land genannt werden kann, das nach Oberflächengestalt, Bewässerung, geo- logischem Bau, Pflanzen- und Thierwelt genügend genau bekannt ist, um zu Vergleichen mit unserem Erdtheil herangezogen werden zu können? Bei einem grossen Ueberblick der Thatsachen der vergleichenden Erd- kunde darf man wohl sagen, dass Europa und Nord-Amerika zusammen mindestens vier Fünftel der Thatsachen liefern, auf welche diese Wissen- schaft ihre Schlüsse gründet. Die beiden bestdurchforschten Erdtheile, sind sie es auch, die es am meisten zu kennen lohnt. Geht man gar in die Geschichte der Erde ein, so ist es nur von ihnen möglich, ein all- gemeines Bild der geologischen Entwickelung und der Entwickelung ihrer Lebewelt zu entwerfen. KIIIIIÜIIIIIInllllllllllHIIII iinnnininiiiii!iii'iMiiiniiiiiiiilliininiirn:!ni;iiiiii!iii;ni:T:ii;!iiiHiiini!!iiiiiiiiiiii'iiiiniiiiiniiiiiii)iiiiiiii!i!iini»iniiiii!ini Sollen wir fernerhin daran erinnern, dass die Gulturgeographie sich ausser mit Russland mit keinem gleichgrossen Staate civilisirter Völker zu beschäftigen hat? Dass die Vereinigten Staaten mit ihren nahezu 10 Millionen Q.Kil., ihren 45 Millionen Einwohnern, ihrem Handelsverkehr von 4 Milliarden, ihren Eisenbahnen von 120 000 Kil., ihren Telegraphen, Dampferlinien , Häfen , Grossstädten ; ihrem Rassen- und Völkergemisch, welches Staats- und Gesellschaftsformen erzeugt, die wir in der Alten Welt nicht kennen ; ihrer Verpflanzung altweltlicher Culturproducte in den jungen Boden, der bald zur Versuchsstation aller hohen und niedern Erfindungen des Menschengeistes geworden scheint — dass dieses seltsame, gährende, nervöse Volk, das dem Ethnographen das nie gesehene Schauspiel eines aus bekannten Elementen zu einem vorher unbekannten Typus erwach- senden Volkes bietet, dass dieser Staat, der grösste Freistaat der Neuzeit, der in 100 Jahren zu einer achtunggebietenden Weltmacht erwachsen ist, gekannt werden muss, und nicht oberflächlich, von Jedem, der überhaupt die moderne Welt verstehen will? Wir wollen uns hüten, die hundertmal gehörten Gemeinplätze von der ausserordentlichen Bedeutung und der ge- waltigen Zukunft Amerikas neuerdings hier auszubreiten; wir wiederholen nur, dass, angesichts der vielseitigen Wichtigkeit dieses Staates und Volkes, das Unternehmen einer eingehenden Darstellung desselben nicht allein berechtigt, sondern vom wissenschaftlichen wie praktichen Standpunkt un- zweifelhaft nothwendig ist. Es ist möglich, dass wir unsere Kräfte über- schätzen, aber es ist nicht möglich, dasselbe mit der Bedeutung der Aufgabe zu thun, die wir uns gestellt haben. In der Behandlung des Stoffes war der Verfasser bestrebt, die wissenschaftliche Gründlichkeit mit allgemeiner Verständlichkeit und das rein geographische und völkerkundliche Interesse mit der praktischen Benützbarkeit zu verbinden. Der Geschäftsmann, der Auswanderer, der Zeitungsleser, jeder Freund der Erdkunde wird sich, wie wir hoffen, ebensowenig vergeblich an dieses Buch um Auskunft wenden, wie der Gelehrte, und man hat eingedenk der Erfahrung, dass es oft weniger die Art des Inhalts von einem Buche als die unklare Disposition und schwierige Erreichbarkeit desselben ist, welche den praktischen Gebrauch, besonders bei geographischen Werken, erschweren, der Anordnung des Stoffes nach seinen natürlichen Abschnitten, der Druckökonomie, der graphischen Veranschaulichung, dem Inhaltsverzeichniss und dem Register die grösste Aufmerksamkeit zugewendet. Die Gliederung des Stoffes ergibt sich aus den nachstehenden Inhaltsverzeichnissen der beiden Bände des Werkes. In dem ersten Bande, welcher die physikalische Geographie und den Naturcharakter der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika behandelt, ist zunächst die wissen- schaftliche Beschreibung und Zusammenfassung streng getrennt gehalten von der Schilderung; die erstere nimmt den Allgemeinen, die letztere den , Schildernden Theil' ein. Während in diesem durch die Aneinander- reihung einer Reihe von Naturbildern, theils nach eigener Anschauung des Verfassers, theils nach den zuverlässigsten Gewährsmännern, wie Agassiz, Bartram, Cooper, Dodge, James, Norwood, B. Taylor, Pr. von Wied u. A. der Versuch gemacht wird, ein Naturgemälde der Vereinigten Staaten in den grössten Zügen zu entwerfen, das Treue mit künstlerischer Be- schränkung auf das Charakteristische verbinde, ging im Allgemeinen — 3 ~ \ llililllliMlllliIHHiilHIIIIIIIliiillinillllil niiiiiiiiiiiiiniii!ii!iiiiiiiiiiiiii|iiiiiiii Theil das Bestreben dahin, die verschiedenen natürlichen Gruppen der geographischen Erscheinungen streng gesondert zu halten, dieselben erst unter allgemeinen Gesichtspunkten zu betrachten, dann in ihre Theile zu zerlegen \nd jeden von diesen mit demjenigen Mass von Eingehen auf das Detail zu behandeln, welches nöthig erscheint, um dem Buche den Charakter eines praktischen Nachschlagebuches neben dem eines wissen- schaftlichen Handbuches zu verleihen. , Der zweite Band des Werkes schildert die culturgeographischen Ver- hältnisse der Vereinigten Staaten. /Dieselben sind zwar in möglichster Vollständigkeit dargestellt, immerhin aber waltete dabei die Rücksicht auf ihre allgenieinen -Eigenschaften, ihre Beziehungen zu den natürlichen Daseins- bedingungen, zum Leben und zur Zukunft des nordamerikanischen Volkes, endlich ihre geschichtliche Entwickelung mehr vor als das Streben nach Darbietung von möglichst vielen Einzelheiten. So wie im ersten Band die Naturverhältnisse, so sollten hier die Culturzustände des grossen Reiches zu einem Gesammtbilde vereinigt werden, und in demselben sollten die grossen Züge nicht durch unnöthige oder gar ungeordnete Anhäufung von minder wichtigen Thatsachen ihrer natürlichen Deutlichkeit beraubt werden. Jede Seite des Culturlebens der Nordamerikaner sollte aber eingehende Behandlung finden und jede einzelne auch nach dem Masse der Wichtigkeit, welche sie für uns Aussenstehende besitzt. Selbstverständlich ergab sich dabei eine vorwiegende Berücksichtigung der wirthschaftlichen Zustände und Ent Wickelungen, welche ja in jedem Volke als breites Fundament dem ganzen übrigen Culturbaue zu Grunde liegen, eine besondere Beachtung aber verdienen bei einem so jungen und daher so sehr noch mit der Entfaltung dei materiellen Möglichkeiten seines Landes beschäftigten Volke, wie den Nordamerikanem. Voraussichtlich werden die Nordamerikaner fortfahren, in den nächsten Jahrzehnten ihre Stellung als das in allen wirthschaftlichen Beziehungen hervorragendste Volk der aussereuropäischen Länder immer mehr auszudehnen und zu verstärken, und ihr Wirthschafts- leben wird von immer grösserer praktischer Bedeutung für alle anderen Völker werden. Es schien daher sowohl aus wissenschaftlichen als aus praktischen Gründen wünschenswerth zu sein, dasselbe ausführlich darzustellen. Die beigegebenen Karten und Figuren werden zur Ver- ständlichkeit der einschlägigen Verhältnisse sich dienlich erweisen. In den allgemeinen Abschnitten beider Bände ist dem genetischen und vergleichenden Element jene Beachtung gewidmet, welche die moderne Erdkunde erheischt; die Betonung der geologischen und erdgeschichtlichen Verhältnisse im ersten, der ethnographischen und geschichtlichen im zweiten Bande prägt diese genetische Auffassung aus, welche dazu dienen wird, die Erfassung mancher fremdartigen Erscheinung der amerikanischen Natur und' des amerikanischen Lebens zu vertiefen, hoffentlich auch in einigen Fällen zu erleichtern. Von Gesinnung, die politische oder religiöse Schriften dictiren mag, hat man bei einer wissenschaftlichen Arbeit kein Recht zu sprechen; die Gesinnung des Naturforschers — und der Geograph i s t Naturforscher — ist in der Liebe zur Wahrheit vollständig umschlossen. Man wird den Verfasser überall ganz von derselben geleitet finden. Auch in jenen schwierigen Fragen der Culturgeographie, in denen kein Schluss nach naturwissenschaftlicher Methode gezogen, sondern zunächst nur eine - 4 — iiiiiiii;ii;iiilimiiiiniii(>v Von Dr. Friedrich Ratze!, Professor der Erdkunde an der technischen Hochschule in München. WX 2 Holzsehnitten und 9 Karten in Farhendruek München. Druck und Verlag von R Oldenbourg. 1880. iOm STACK ^3 Vorwort. Bezüglich Zweck und Grundplan dieses Werkes gilt für den vorliegenden IL Band dasselbe, was in dem Prospekte und der Vorrede des I. Bandes gesagt wurde. Hier möge nur so viel her- vorgehoben sein, dass zwar die culturgeographischen Verhältnisse der Vereinigten Staaten, die den Gegenstand dieses Bandes hier ausmachen, in möglichster Vollständigkeit dargestellt wurden, dass aber dabei die Rücksicht auf ihre allgemeinen Eigenschaften, ihre Beziehungen zu den natürlichen Daseinsbedingungen, zum Leben und zur Zukunft des nordamerikanischen Volkes, endlich ihre ge- schichtliche Entwickelung mehr vorwaltete als das Streben nach Darbietung von möglichst vielen Einzelheiten. So wie im L Band die Naturverhältnisse, so sollten hier die Culturzustände des grossen Reiches zu einem Gesammtbilde vereinigt werden, und in demselben sollten die grossen Züge nicht durch unnöthige oder gar ungeordnete Anhäufung von minder wichtigen Thatsachen ihrer natür- lichen Deutlichkeit beraubt werden. Jede Seite des Culturlebens der Nordamerikaner sollte aber eingehende Behandlung finden und jede einzelne auch nach dem Masse der Wichtigkeit, welche sie für uns Aussenstehende besitzt. Selbstverständlich ergab sich dabei eine vorwiegende Berücksichtigung der wirthschaftlichen Zustände und Entwickelungen, welche ja in jedem Volke als breites Fundament dem ganzen übrigen Culturbaue zu Grunde liegen, eine besondere Beachtung aber verdienen bei einem so -jungen und daher so sehr noch mit der Entfaltung der materiellen Möglichkeiten seines Landes beschäftigten Volke, wie den Nordamerikanern. Voraussichtlich werden die Nordamerikaner fortfahren, in den nächsten Jahrzehnten ihre Stellung als das in allen wirthschaftlichen Beziehungen hervor- ragendste Volk der aussereuropäischen Länder immer mehr aus- 188 VTTT Vorwort. zudehnen und zu verstärken, und ihr Wirthschaftslehen wird von immer grösserer praktischer Bedeutung für alle anderen Völker werden. Es schien mir daher sowohl aus wissenschaftlichen als aus praktischen Gründen wünschenswerth zu sein, dasselbe ausführlich darzustellen. Die beigegebenen Karten und Figuren werden zur Verständlichkeit der einschlägigen Verhältnisse sich dienlich erweisen. Den Dank, den ich im I. Bande den Förderern des Werkes aussprach, kann ich hier nur wiederholen. Einigen amerikanischen Freunden, die sich denselben noch gesellten, vorzüglich den Herren E. Preetorius in S. Louis, Prof. Werner und Sam. G. JeUiffe in New York, sowie den Blättern, die in ihren Spalten meinen Aufruf um Mittheilung von Material aufnahmen, fühle ich mich besonders ver- pflichtet. Einige Zusendungen kamen mir zu spät zu, um noch in den betreffenden Abschnitten Verwendung zu finden. Besonders bedauerlich war es mir, G. Gerland' s Arbeiten über den heutigen Zustand der Indianer der V. St. (Globus Bd. XXXV u. XXXVI) nicht mehr benützen zu können; aber es gereichte mir wenigstens zur Befriedigung, dass meine nothwendigerweise auf viel engerem Baume sich bewegende Darstellung zu ähnlichen Schlüssen gelangte wie jene werthvolle Monographie. Manche Leser werden ein Literatur- Verzeichniss vermissen, wie sie es an der Spitze vieler geographischen Werke zu finden gewohnt sind. Mir blieb leider für ein solches von hinreichender Ausführlich- keit hier kein Kaum. Uebrigens würde dasselbe den Gegenstand einer eigenen Arbeit bilden müssen. Doch kann ich für die Nennung vieler Hauptwerke auf die Anmerkungen verweisen. — Da die An- lage des Ganzen der Einzelbeschreibung der Staaten und Territorien viel weniger Gewicht zuerkennen Hess als den allgemeinen Ab- schnitten, so waren die Staaten, Städte u. s. f. sehr häufig schon in den letzteren zu berühren. Mit Hülfe des möglichst ausführ- lichen Registers wird es nicht allzu schwer sein, die zerstreuten Erwähnungen zu einem Gesammtbilde zu vereinigen. München im December 1879. Friedrich Ratzel. Inhaltsverzeichniss. I. Abschnitt. Zur Einleitung. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. I. Lage und Umriss. Räumliche Weite des Gebietes 3. Umrissgestalt und Gliederung 4. Bedeutung derselben für die Culturstellung 6. Hafenreich- thum 7. Küstenformen 8, Wege nach Europa 8, nach Asien 9. Beherr- schende Lage der V. St. am Stillen Ocean 10, am Golf von Mexico 10. Sicherheit der Grenzen 10. — IL Innere politische Wirkungen der Lage und Gestalt 11. Naturgebiete 12. Hindernisse der politischen Ein- heit 12. Räumliche Entlegenheit der verschiedenen Gebiete 13. Die natürliche Hauptstadt 13. Welche Rolle kann in der Entwickelung der V. St. den Natur- bedingungen zufallen? 16. — HL Das Klima 17. Mittelbare Wirkungen, Klima- gebiete 18. Einfluss der Vertheilung der Niederschläge 18, der Wärme 18. Die Getreidezone 18. Unmittelbare Wirkungen des Klimas auf den Menschen 19. Endemische Krankheiten 20. Arbeitsfähigkeit 21. Unterschied des Charakters zwischen Nord- und Südländern in den V. St. 22. — IV. Die nutzbaren Pflanzen und Thiere. Vergleich der Ausstattung der Alten und der Neuen Welt mit nutzbaren Pflanzen und Thieren 23. Einige bemerkenswerthe Nutz- pflanzen 24. Giftpflanzen 26. Nutzthiere der Alten und Neuen Welt 26. Zähmung des Büifels und anderer nordamerikanischer Säugethiere 27. Aufzählung be- merkenswerther nützlicher oder schädlicher Thiere 28. (Der Indianerhund 30.) Vögel 31. (Herkunft des Truthahns 32.) Reptilien 33. Amphibien 33. Fische 33. Muscheln 34. Insekten 34. — V. Mineralschätze. Ihre Vertheilung 35. Sind nicht unerschöpflich 37. Raubbau 38. — VI. Naturbedingungen der In- dustrie. Erzeugung der Rohstoffe im Lande selbst 39. Wasserkräfte 39. Hauptförderer ist die glückliche Anlage der Bevölkerung für dieselbe 39. — VII. Die natürlichen Verkehrswege. Die günstige Beanlagung des 0. für Schiffahrt und Eisenbahnbau 40. Die schiffbaren Flüsse 40. Verkehrs- schwierigkeiten im W. 41. — VIH. Geographische Vertheilung der Wirthschaft 43. Natürliche Wirthschaftsgebiete 43. —IX. Unmittelbare Wirkungen der Natur auf den Geist des Volkes 45. Schranken- losigkeit des Charakters 46. Jugendfrische 46. Sind die Nordamerikaner zur Einförmigkeit bestimmt? 47. Mangel der phantasieaufregenden Scenen 48. Die V. St. ein Land der glücklichen Mitte 48. Entwickelung des Naturgefühls 49. X Inhaltsverzeichniss. II. Geschichtlicher Ueherblick. Erste Ansiedelungen 52. Allgemeiner Charakter der Geschichte der 13 alten Colonien 64. England und Frankreich in Nord-Amerika 66. Kämpfe um die wirthschaftliche Freiheit 69. Der Unabhängigkeitskrieg 74. Die Zeit von 1783 1817 77. Der Gegensatz von Nord und Süd in der Sklavenfrage 82. Derselbe in den wirthschaftlichen Fragen 85. Die Annexionspolitik 87. Vor- bereitung des Bürgerkriegs 90. Der Bürgerkrieg 94. Die Reconstruktion 99. Die Präsidentschaft Grant's 101. IL Abschnitt. Die Bevölkerung. III. Die Indianer. I. Die Rassenzugehörigkeit 107. Einheitlichkeit der Rasse 108. Die Mongoloiden 108. Die Indianer und die Nordasiaten 108. Woher kam die Einwan- derung? 109. — II. Physische Merkmale der Indianer 110. Schwierigkeit allgemeiner Definitionen 110. Der Schädel 111. Weitere Merkmale 111. Die Haut- farbe 112. Der Gesichtsausdruck 112, — III. Psychische Eigenschaften und Ent Wickelungen 113. Grundstimmung 114. Verschlossenheit 114. Sitt- liche Begrifi'e 114. Recht und Unrecht 114. Wahrheitsliebe 115. Indianische Uebertreibungen 116. Der Grundzug der Kraft und seine Schattenseite 116. Das Weib und seine Stellung 117. Auffassung der Familie 118. Rechts- und Eigenthumsverhältnisse 119. Regierung 120. Die Beziehungen zwischen den Stämmen 120. Krieg und Friede 120. Cannibalismus 121. Religiöse Vorstel- lungen und Cultus 121. Die Zauberer 121. Geistige Begabung 122. Ihr Kampf mit der Sinnlichkeit 123. Phantasie 124. Beredsamkeit 124. Poesie 124. Keime von Wissenschaft 125. Erfindungen 126. — IV. Die äussere Aus- stattung des Lebens 126. Jagd 126. Fischfang 127. Canoes 127. Waffen 127. Kleidung 130. Tättowirung 130. Schmuck, Haus, Dörfer, Geräthe 131. Die Speisen 132. Ackerbau 133. — V. Die Sprache 133. Allgemeiner Charakter der Indianersprachen 134. Die Eintheilung der nordamerikanischen Stämme in Sprachgruppen 135. — VL Die Zahl der Indianer 139. Ihre gegenwärtige Zahl und Vertheilung 139, Schätzungen ihrer Zahl aus der Zeit der ersten Entdecker und Ansiedler 141. Ihr Rückgang 145. Gehen sie dem Aussterben entgegen? 145. — VII. Beziehungen zwischen Indianern und Weissen 146. Die unvereinbaren Verschiedenheiten beider 147. Erster Verkehr 147. Ur- sachen der Conflikte 148. Die Indianerkriege 150. Zurückdrängung der Indianer nach W. 152. Die Indianerpolitik der V. St. 154. Die Reservationen 156. Mischlinge 159. IV. Die Einwanderung. Statistik derselben seit 1819 und Schätzung bis zu diesem Zeitpunkte 161. Fördernde und hemmende Einflüsse 162. Statistik der Einwanderer nach Her- kunft, Geschlecht, Alter und Stand 163. Die deutsche Einwanderung 163. Verschiedener Werth der Elemente, aus denen die Einwanderung sich zu- sammensetzt, und ihr Einfluss auf den Charakter der Gesammtbevölkerung 167. Inhalts verzeichniss. XI Schätzung des Geldwerthes eines Einwanderers 170. Verschiedene Richtungen des Einwandererstromes 171. Das Wandern innerhalb der V. St. 172. V. Statistik de.r weissen Bevölkerung. Die Bevölkerungszahlen vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis 1870 176. Das natürliche Wachsthum 178. Die Zahl der Geburten 179. Ursachen der langsamen Zunahme in den alten Staaten 182. Sterblichkeit 184. Verhältniss der Geschlechter 185. Dichtigkeit der Bevölkerung 186. Zunahme des be- siedelten Gebietes und der Dichtigkeit der Bevölkerung 189. Der Bevölkerungs- Mittelpunkt 191. Städtische und ländliche Bevölkerung 192. Schwierigkeit, beide von einander zu sondern 192. VI. Die Neger und ihre Sklaverei. — Die Chinesen. Entwickelung der Sklaverei von 1620 — 1862 195. Uebergang zur freien Arbeit und zur Gleichbereclitigung 203. Statistik der Neger seit 1776 206. Zahl der Mischlinge 209. Wirthschaftliche Entwickelung 210. — Die chine- sische Einwanderung 215. III. Abschnitt. Die wirthschaftlichen Verhältnisse. VII. Die Landwirthschaft. I. Boden und Klima in Bezug auf die Landwirthschaft. Ab- hängigkeit der letzteren von der Vertheilung der Niederschläge 222, und der Wärme 223. Bodenbeschaffenheit 224. Vergleich der Fruchtbarkeit der V. St. mit der Europas und Abnahme derselben 225. Ackerbauliche Möglichkeiten in der Osthälfte 227, und in der Steppenregion 228. — II. NatürlicheVer- breitungsgrenzen einiger wichtigeren CulturgewächseundWald- bäume. Aus welchen Quellen erhielten die V. St. ihre Culturgewächse ? 234. Verbreitung der Getreidearten 234, der Wiesengräser 235, des Wein- und Obst- baues 236, der subtropischen Culturpflanzen 238. — III. Amerikanische Methoden des Ackerbaues. Der Baumwuchs als Massstab der Frucht- barkeit 240. Urbarmachung 241. Die amerikanische Axt 241. Urwald- und Prärie-Ansiedler 242. Das Präriebrennen 242. Die ersten Gebäude 243. Leben des Ansiedlers 244. Ausnützung der natürlichen Fruchtbarkeit und Abnahme derselben 245, Wandern des Ackerbaues nach W. 247. Düngung 250. Guano- gewinnung 251. Theoretische Förderungen 252. Acclimatisation 253. Vereins- leben 254. — IV. Farmer und Landarbeiter. Bauer, Farmer und Pflanzer 255. Grösse der Farmen 258. Die Richtung auf die Grosswirthschaft 260. Die Landpreise 261. Ileimstättegesetz 263. Arbeiterverhältnisse 264. — V. Ge- schichtliche Entwickelung der Landwirthschaft in denV.St. Die Ackerbau- und Viehzucht - Colonien 265. Einführung der Hausthiere 266. Ent- wickelung im 17. Jahrhundert 267. Die Plantagenwirthschaft 267. Vorwiegen der Landwirthschaft im W. 268. Verbesserung landw. Geräthe 269. Zustand am Ende des vorigen Jahrhunderts 270. Einfluss der Canäle und Eisenbahnen 271. Hervorragender Platz der nordamerikanischen Landwirthschaft im heutigen Welt- handel 272. — VI. Die wichtigsten Erzeugnisse des Ackerbaues XII Inhaltsverzeichniss. 1. Getreide. Mais 274. Weizen 276. Roggen 277. Gerste, Hafer, Buch- weizen 278. 2. AndereNahrungsgewächse. Hülsenfrüchte, Kartoifeln 278. Bataten. Rüben u. a. Wurzeln und Gemüse 279. 3. Handelsgewächse. Baumwolle 280. Flachs 281. Hanf, Zuckerrohr 282. Sorghum 283. Zucker- rüben, Ahornzucker 284. Tabak, Hopfen 285. Indigo, Reis 286. 4. Obst. Aepfel und Birnen, Pfirsiche 287. Andere Obstarten, Apfelsinen 288. 5. Wein- bau 289. 6. Beerenfrüchte 290. 7. Wiesenbau 291. — VII. D ie Vieh - zu cht. Rindvieh 292. Fleischausfuhr 294. Pferde 295. Schafe 297. Schweine 298. Der Maisbau und die Schweinszucht 299. Hunde 301. Seidenzucht 301. Bienen- zucht 302. VIII. Die Wälder und ihre Ausbeutung. Verbreitung der Wälder in dem Gebiete der V. St. 303. Ihre Vertheilung über die einzelnen Staaten 304. Neuanpflanzungen von Wäldern 305. Anfänge von Forstschutz und Wald wirth seh aft 306. Waldverwüstung und Waldbrände 307. Der Holzverbrauch und Holzhandel 307. Die wichtigsten Nutzhölzer 308. IX. Mineralreichtlium und Bergbau. Verbreitung und Entwickelung 309. Geschichtliches 311. Das Recht auf die Mineral seh ätze und die Gesetzgebung 313. Rückwirkung auf die Bevölke- rung, die Miners 315. Ihr Wandertrieb 316. Die Prospectors 317. Mining Excitements 319. Betrieb des Bergbaues 320. — Eisen 321. Die hauptsäch- lichsten Erze 321. Die grossen Eisenerz -Regionen 322. Die Roheisen -Er- zeugung 224. Die Hauptgebiete der Eisenindustrie 325. Steinkohlen 327. Verbreitung 327. Geologische Verhältnisse 328. Die hauptsächlichsten Kohlen- felder und -becken, Anthracit 329. Bituminöse Kohlen 330. Braunkohlen 334. Gold 336. Statistik der Goldgewinnung in den V. St 336. Die Goldlager von Californien, von Colorado und den übrigen Goldgebieten des W. 337. Gold in den Alleghanies 341. Silber 342. Statistik der Silbergewinnung in den V. St. 342. Silbergebiet von Nevada, Comstock Lode 343. Andere Silbergebiete 344. Quecksilber 345. Kupfer 346. Blei 347. Zink und andere Metalle 348. Edelsteine. Salz 349. Bausteine und andere Mineralien 350. Steinöl351. Vorkommen 351. Gewinnung und Verfrachtung 353. X. Die Gewerbthätigkeit. I. Geschichtliche Entwickelung. Die Anfänge 355. Zurückdrängung durch das Mutterland 358. Aufschwung seit der politischen Selbständigkeit 359. Heutiger Stand 362. — II. Die Art des Betriebes. Mangel an Arbeits- kräften 362. Maschinenarbeit 363. Werkzeuge, der Erfindungs- und Unternehmungsgeist 364. Patente 365. Credit 366. Die Arbeitslöhne 369. Das Leben der Arbeiter 371. — IH. Die Hauptzweige der Gewerb- thätigkeit. Textilindustrien 373. Metallindustrien 375. Maschinenbau 377. Landwirthschaftliche Geräthe 379. Lederverarbeitung 381. Waffen 382. Uhren 383. Chemische Industrien 384. Brauereien, Keramik 385. Vervielfältigende In- dustrien 386. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. I. Geschichtliche Entwickelung. Anfänge 387. Periode der Canal- bauten 388. Gallatin's Entwurf 389. Erie-Canal 390. Die Eisenbahn-Aera 392. Inhaltsverzeichniss. XIII Wettkampf zwischen Canäleii und Eisenbahnen 393. Eisenbahnmonopole 395. — U. Die natürlichen Grundlinien des Verkehres. Die Verkehrs- gebiete 396. Die Naturstrassen des Inneren 397. Die Stromwege 398. Um- gehung derselben durch die Eisenbahnen 399. — in. Die schiffbaren Flüsse. Aufzählung 401. Mississippi 401. Ohio, S. Lorenz 404. Hudson 405. Kleinere schiffbare Flüsse von Bedeutung 406. Die Binnenseen 407. — IV. Die Canäle. Canäle und Eisenbahnen 408. Das Canalsystem des Staates New York, von Pennsylvanien, New Jersey, des Ohio und Mississippi 411. Illinois- und Michigan- Canal 416. Weitere Canäle in den Süd- und Weststaaten 417. — V. Die Eisenbahnen. Statistik 419. Begünstigung durch die Naturverhältnisse 420. Besonderheiten im Bau und Betrieb 421. Aufzählung der grossen Linien und Complexe 425. — VI. Strassen und Brücken 430. Strasseneisenbahnen 432. — VII. Rhederei und Schiffsverkehr. Zahl der Schiffe 434. Der Schiffsbau 438. Abnahme der Kauffahrteiflotte und ihre Ursachen 440. Die Fischerflotte 441. Schiffsverkehr in den Häfen der V. St. 441. — VIII. Post und Telegraphen 447. XII. Der Handel. I. Allgemeines. Geschichtliche Notizen 450. Streben nach Ausdehnung des Ausfuhrhandels 452. Verbreitung des kaufmännischen Sinnes 454. Der Store- keeper 455. Rückwirkung des Handels auf die Bevölkerung 457. Bankerotte 458. Handelskammern 459. Banken 460. Versicherungswesen 460. — II. Die Zölle 461. — III. Der innere Handel. Grösse desselben 463. Haupt- punkte 463. Die Zufuhr von Getreide und Baumwolle nach den Haupthafen- plätzen 464. Der Durchverkehr und der direkte Handel der Binnenplätze 465. — IV. Der Aussenhandel. Hauptgegenstände der Einfuhr und der Ausfuhr 467, nach Handelsgebieten und nach dem Werthe geordnet 469. Betrag des Gesammt- handels der Haupthandelsgebiete mit den V. St. 468. Der canadische Durchgangs- handel 473. Der mexikanische Landhandel 474. IV. Abschnitt. Staat und Gemeinden. Kirche und Schule. Das geistige Leben. Die Gesellschaft. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. I. Das Staatsgebiet. Seine Entwickelung und Grenzen 477. — IL Die Verfassung. Union und Einzelstaaten 481. Der Congress 484. Der Präsi- dent484. Die Bundesgerichte 486. — HL Die Verwaltung. A. Staatsamt 486. Consulatswesen 487. B. Inlandamt 488. C. Schatzamt 489. Zölle und Steuern 489. Oeffentliche Schuld, Geld, Masse und Gewichte 490. Leuchtthürme und Ret- tung Schiffbrüchiger 493. Finanzlage der Union in 1877/78 493. D. Das Kriegs- amt 493. Armee 494. Miliz 498. E. Marineamt 498. Flotte und Küsten- vertheidigung 499. — IV. Die Einzelstaaten 500. Gruppirung 503. Po- litische Rolle 504. Partikularismus 506. Ihre Gesetzgebung und Verwaltung 506. Territorien 509. V. Gemeinden. Town und County. Die Städte 509. Ihre Finanzen 511. Wachsthum 513. — VI. Das politische Leben 513. Der Geist desselben 514. Die Parteien 517. Die Wahlen 520. Corruption 524. — Flagge und Wappen 527. XIV Inhaltsverzeichniss. XIV. Die Kirche. Religiöse Anlagen 528. Kirche und Staat 529. Eigenthümlichkeiten des religiösen Lebens in den V. St. 530. Wohlthätigkeit, Temperenz 533. Statistik der Religionsgesellschaften 536. Die Hochkirche, die Congregationalisten 536. Die Presbyterianer 537. Die Methodisten 538. Die Baptisten, die Lutheraner und Deutsch-Reformirten, die Römisch-Katholischen 539. Die Juden 541. XV. Die Schule. Das geistige Leben. L Hemmungen und Förderungen. Der coloniale Typus des geistigen Lebens 542. Nothwendige Mängel 543. Vorzüge 545. Begabung 546. — H. Die Unterrichtsanstalten. Der Lern trieb bezeichnend für die Nord- amerikaner 546. Aufwand für die Schulen 548. Staatliche Fürsorge 550. Die Volksschule 551. Der Lehrerstand 553. Die Mittelschulen und Colleges 554. Die Fachschulen 557. Die Bibliotheken, öffentliche Vorträge 559. — HI. Die Wissenschaftspflege. Werth der amerikanischen Wissenschaft 561. Ihre Entwickelung 562. B. Franklin, Rittenhaus 563. Die Surveys 565. Die Natur- wissenschaften 567. Die Medicin 568. Andere Wissenschaften 568. Wissen- schaftliche Körperschaften 569. — IV. Literatur. Abhängigkeit von der englischen 572. Eigenthümlichkeiten 573. Dichter 574. Geschichtschreiber u. a. 575. — V. Kunst. Malerei 580. Baukunst 582. Bildhauerei, Musik, Theater 583. — VL Die Presse 584. XVI. Das Volk und die Gesellschaft. L Das Volk. Schwierigkeit, den Begriff Nordamerikaner zu bestimmen 591. Die zwei historischen Schichten 592. Die Zusammensetzung des Volkes der V. St. 592. Aneignung und Aufsaugung der fremden Elemente 595. Stellung der Deutschen 596. Volkstypen 598. — II. Der Einzelmensch. Anthro- pologische Merkmale 600. Körperlicher Verfall 601. Geistige Merkmale 603. Die Frühreife und das frühe Altern 604. Freier und gebundener Geist 605. Volksstimmung 606. Geistige Bereitschaft, Beweglichkeit, Reiselust, Liebe zum eigenen Herd 606. Die Ermüdung im Aeusseren. Die Höflichkeit und Frauen- verehrung 607. Die Frau 608. Sittlichkeit 610. Familie 612. — III. Die Gesellschaft. Die 3 Culturzonen 614. Die Gesellschaft des W. 615. Die gesellschaftliche Gleichheit 617. Die Aristokratie 621. Die Gleichartigkeit der Sitten 622. Einfluss von New York 622. — IV. Die Physiognomie des äusseren Lebens. Zerstreutheit der Culturmerkmale 622. Rascher Wechsel 623. Schönheit 624. Charakter der Städte und des städtischen Lebens 625. Das flache Land 629. Ruinen 630. Die Neigung zum Grossartigen 630. V. Abschnitt. Einzelbeschreibung der Staaten und Territorien. Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. 1. Maine 633. 2. New Hampshire 635. 3. Vermont 636. 4. Massachusetts 637. 5. Connecticut 639. 6. Rhode Island 641. — Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittel- staaten. 7. New York 642. 8. New Jersey 645. 9. Pennsylvanien 647. Inhaltsverzeicliniss. XV" 10. Delaware 650. 11. Maryland 651. — Dritte Gruppe. Die atlanti- schen Südstaaten. 12. Virginia 653. 13. N. Carolina 655. 14. S. Carolina 657. 15. Georgia 658. 16. Florida 660. — Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. 17. Alabama 662. 18. Mississippi 663. 19. Louisiana 665. 20. Texas 667. — Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohio-Beckens. A. Südliche. 21. Tennessee 670. 22. Kentucky 671. 23. West -Virginia 673. 24. Arkansas 674. 25. Missouri 675. B. Nördliche. 26. Ohio 680. 27. Indiana 684. 28. Illinois 686. — Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens, 29. Michigan 694. 30. Wisconsin 697. 31. Minnesota 699. 32. Iowa 701. — Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. 33. Dakota 703. 34. Nebraska 704. 35. Kansas 706. 36. Indianer -Territorium 707. — Achte Gruppe. Staaten und Terri- torien der Westgebirge. 37. Montana 710. 38. Wyoming 711. 39. Colo- rado 712. 40. Neu-Mexico 714. 41. Arizona 715. 42. Nevada 716. 43. Utah 717. 44. Idaho 719. — Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Terri- torien. 45. Californien 720, 46. Oregon 724. 47. Washington-Territorium 726.— Zehnte Gruppe. Besondere Staatsgebilde. 48. District of Colum- bia 728. 49. Alaska 728. Geld, Masse und Gewichte der Vereinigten Staaten. 1 Dollar zu 100 Cts. = 4,19 R. M. 1 Hundredweight zu 112 Pfd. = 101,6 Kilogr. 1 Bushel zu 4 Pecks = 35,23 Liter. 1 Gallon zu 8 Pints = 3,78 Liter. (Neue G. = 4,54 L.) 1 Yard zu 3 Fuss = 0,91 Meter. 1 Statute Mile zu 1760 Yards = 1,61 Kilometer. 1 Square Mile zu 640 Acres = 2,59 Quadrat-Kilometer. I. Abschnitt. Zur Kinleitung. E a t z e 1 , Amerika II. I. Die natürliclieii Becliiigningen der Ciiltur- entwickeliing. I. Lage und Umriss. Räumliche Weite des Gebietes 3. Umrissgestalt und Gliederung 4. Bedeutung derselben für die Culturstellung 6. Hafenreicli- thum 7. Küstenformen 8. Wege nach Europa 8, nach Asien 9. Beherr- schende Lage der V. St. am Stillen Ocean 10, am Golf von Mexico 10. Sicherheit der Grenzen 10. — II. Innere politische Wirkungen der Lage und Gestalt 11. Naturgebiete 12. Hindernisse der politisch'en Ein- heit 12. Räumliche Entlegenheit der verschiedenen Gebiete 13. Die natürliche Hauptstadt 13. Welche Rolle kann in der Entwickelung der V. St. den Natur- bedingungen zufallen ? 16. —III. DasKlimalT. Mittelbare Wirkungen, Klima- gebiete 18. Einfluss der Vertheilung der Niederschläge 18, der Wärme 18. Die Getreidezone 18. Unmittelbare Wirkungen des Klimas auf den Menschen 19. Endemische Krankheiten 20. Arbeitsfähigkeit 21. Unterschied des Charakters zwischen Nord- und Südländern in den V. St. 22. — IV. Die nutzbaren Pflanzen und Thiere. Vergleich der Ausstattung der Alten und der Neuen Welt mit nutzbaren Pflanzen und Thieren 23. Einige bemerkenswerthe Nutz- pflanzen 24. Giftpflanzen 26. Nutzthiere der Alten und Neuen Welt 26. Zähmung des Büffels und anderer nordamerikanischer Säugethiere 27. Aufzählung be- merkenswerther nützlicher oder schädlicher Thiere 28. (Der Indianerhund 30.) Vögel 31. (Herkunft des Truthahns 32.) Reptilien 33. Amphibien 33. Fische 33- Muscheln 34. Insekten 34. — V. Mineralschätze. Ihre Vertheilung 35. Sind nicht unerschöpflich 37. Raubbau 38. — VI, Naturbedingungen der In- dustrie. Erzeugung der Rohstoffe im Lande selbst 39. Wasserkräfte 39. Hauptförderer ist die glückliche Anlage der Bevölkerung für dieselbe 39. — VII. Die natürlichen Verkehrswege. Die günstige Beanlagung des 0. für Schiffahrt und Eisenbahnbau 40. Die schiffbaren Flüsse 40. Verkehrs- schwierigkeiten im W. 41. — VIII. Geographische Vertheilung der Wirthschaft 43. Natürliche Wirthschaftsgebiete 43. — IX. Unmittelbare Wirkungen der Natur auf den Geist des Volkes 45. Schranken- losigkeit des Charakters 46. Jugendfrische 46. Sind die Nordamerikaner zur Einförmigkeit bestimmt? 47. Mangel der phantasieaufregenden Scenen 48. Die V. St. ein Land der glücklichen Mitte 48. Entwickelung des Naturgefühls 49. I. Die erste Grundlage der Entwickelung der Hülfsquellen der V. St. ist die räumliche Weite des Gebietes, auf dem sich dieselbe vollzieht. Die V. St. ohne Alaska nehmen 142 352. mit 4 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. Alaska annähernd 169 509 g. Q.M. (7,8 bezw. 9,9 Mill. Q.Km.) ein, also nicht viel weniger als ganz Europa. Diese gewaltige Ausdehnung muss von vornherein von jeder allzuraschen Parallelisirung mit europäischen Verhältnissen zurückhalten, lieber dieses weite Ge- biet ist eine Bevölkerung verbreitet, die an Zahl ungefähr der gleicht, welche im deutschen Reiche auf einem 15 mal so kleinen Räume wohnt. Das schafft eine Ungleichheit der Lebens- und Wirkungs- bedingungen, welche bis auf den Grund geht. In allen Beziehungen, in denen die Menschen beeinflusst sind, von der Spielweite, die ihnen, rein räumlich genommen, gewährt ist, sind die Bewohner der V. St. uns Europäern gerade entgegengesetzt bedacht. Man realisirt nicht oft klar genug die tiefe Bedeutung dieses Unter- schiedes. Nord-Amerika ist dünn bevölkert, Europa ist übervölkert ; dieses gibt von seinem Ueberflusse ab, sendet Auswanderer aus, jenes nimmt denselben auf, empfängt Einwanderung. Europas Bevölkerung ist alt in ihrer Sonderung nach Rassen, Sprachen, Staaten, Culturen ; Nord-Amerikas Bevölkerung ist erst im Werden. Dieselbe scheint in ihren Werdeprocessen in hohem Grade beeinflusst durch die Beweg- lichkeit, welche das Bewusstsein des grossen Spielraumes und die Noth- wendigkeit, denselben zu überwinden, im Einzelnen erzeugen. Die Unterschiede der Rassen, Sprachen, Herkunft etc. werden abgeschliffen, während in Europa trotz der Vervollkommnung der Verkehrsmittel die Absonderung der Völker von einander im Ganzen und Grossen ge- wiss nicht geringer geworden ist. Das dichte Beisammenwohnen der letzteren scheint durch die Reibungen, welche es hervorbringt, eher verschärfend als mildernd auf diese Unterschiede einzuwirken. Die Bevölkerung, welche die V. St. ihrer räumlichen Ausdehnung ent- sprechend einst umschliessen werden, hat für lange hinaus noch Raum und Zeit genug, in ihrem allmählichen Werden sich zu einer Gleichförmigkeit zu entwickeln, welche man in Europa höchst wahr- scheinlich für immer zu den Dingen der Unmögliclikeit wird rechnen müssen. In der Umrissgestalt des Gebietes der V. St. tritt vor allem bedeutsam hervor die Begrenzung durch drei Meere: den Atlantischen Ocean, den Golf von Mexico und das Stille Meer. Es kann dieses Gebiet bezeichnet werden als ein Streifen von ungefähr I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 5 dreimal so grosser Breite als Länge, welcher die südliche Hälfte des Halbcontinentes Nord-Amerika einnimmt, im Osten und Westen und im grössten Theile des Südens vom Meere, im Norden und auf einer verhältnissmässig schmalen Strecke des Südens vom Lande begrenzt. Indessen wird auch ein erheblicher Theil der Nordgrenze zur Wassergrenze durch die fünffach gegliederte Gruppe der cana- dischen Seen, deren Verbindung mit dem nordatlantischen Ocean durch künstliche Wasserbauten zu einer so leichten und ausgiebigen geworden ist, dass man, soweit die Verkehrsmöglichkeiten in Be- tracht kommen, dieselben fast als Meereseinschnitt betrachten könnte. Von Duluth am Oberen See bis Belle Isle an der Labrador-Küste zieht eine 4000 km lange, durchaus schiffbare Linie von Flüssen und Seen an der Nordgrenze der V. St. hin. An Meereseinschnitten fehlt es nicht an der Ostküste, die dem Atlantischen Meere zu- gewandt ist. Es spricht sich das in der Länge der Grenzen aus, von denen drei Viertel Wassergrenzen sind, und der Küstenlänge, welche insgesammt 7064 km beträgt und von welcher auf die atlantische Küste 3036, auf die des Golfes von Mexico 2162 und auf die pacifische 1866 kommen. Die Ostküste Nord- Amerikas ist überhaupt die gegliedertste des ganzen Erdtheiles, der in Bezug auf Küsten- gliederung sonst hinter Europa und Asien weit zurücksteht. Einige der hervortretendsten Gliederungen dieser Küste fallen in das Ge- biet der V. St., nämlich von grösseren die Halbinseln Delaware und Florida und die Insel Long Island, von kleineren die zahllosen Einschnitte, Canäle, Halbinseln und Küsteninseln, welche der Fjord- Region von Maine angehören, dann der vorgestreckte schmale Halb- inselarm des Cape Cod und die in der Nähe gelegenen kleinen Inseln von Massachusetts, dann die Hudson-Mündung mit den Welt- stadtinseln Manhattan und Staten Island, die Delaware-Mündung, die Chesapeake Bay, die zahlreichen niedrigen Küsteninseln von Cap Hatteras südwärts und die Keys von Florida. An der Golfküste sind breite Flussmündungen wie die des Appalachicola, Mobile und vor allem des Mississippi R., dann die Lagunen zwischen Mississippi und Rio Grande zu nennen. Die Küste des Stillen Meeres hat im NW. Fjorde, Canäle und Küsteninseln von mächtigerer Entfaltung, als man sie an der atlantischen im NO. findet, reicht aber im 6 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. S. nur eben noch an den Anfang der Abgliederung der Halb- insel Californien und nicht ganz zum oberen Ende des cali- fornischen Meerbusens. Auf der langen Strecke zwischen dem 49. und 33. Grade ist nur die Bucht von S. Francisco als ein be- merkenswertherer Meereseinschnitt hervorzuheben. Von Inseln, an denen die gesammte Westküste des Erdtheiles südlich von Vancouvers Island arm ist, gehören zu den V. St. nur wenige kleine vul- kanische, welche der südcalifornischen Küste vorgelagert sind. Man kann also zusammenfassend sagen, dass die Zugänglichkeit der V. St., soweit sie von der Umrissgliederung abhängt, sehr bedeutend an der atlantischen, minder an der Golf- und gering an der pacifischen Küste ist. Indessen ist die Bedeutung dieser grossen Gliederung für die Culturstellung eines Landes von geringerer Wichtigkeit, als sie es für die Culturentwickelung desselben ist^). Man hat mit Kecht die günstigen Folgen betont, welche die reiche Insel- und Halbinselbildung an der mittelmeerischen Seite Europas für die Entfaltung einer höheren Cultur unter den umwohnenden Völkern haben musste, welche durch dieselbe zu regerem Verkehr sich er- muntert und ermuthigt fühlten. Aber in einem Lande wie die V. St., welches von Völkern besiedelt wurde, die eine in materieller Be- ziehung eben so hohe Cultur wie die griechische von Anfang an mitbrachten, fällt diese grosse Gliederung nicht ins Gewicht. Die Spanier, Franzosen und Engländer, welche hier sich niederliessen, bedurften nicht der Aufforderung zur Schiffahrt, sie wären nicht 1) Es ist hier an den dauernden Charakter der Culturstelhmg gedacht und nicht an die vorübergehende und zwar schon jetzt stark im Vorübergehen be- findliche Erscheinungsform derselben, die man als oceanisch bezeichnet hat. Indem die Cultur in dieses weite Gebiet auf allen Seiten von der See her vor- drang, hat sie allerdings anfänglich einen mehr littoralen als continentalen Charakter gehabt. „Hier wie im Orient und in Rom haben die Wassermächte der Natur kolossale Schöpfungen zum Theil hervorgerufen, zum Theil be- günstigt. Dort waren es die grossen abgeschlossenen Stromthäler und ein .Mittelmeer, hier oceanische Berührungen . . . Die grosse Republik ist ein y oceanisches Fahrzeug ohne historischen Baiast." Ernst Kapp, Vergl. AUg. Erd- kunde 1868 S. 601. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 7 an diese Küsten gekommen, wenn sie nicht von vornlierein vollendete Seefahrer gewesen wären. Das Einzige, was sie brauchten, waren möglichst sichere Häfen, und die fanden sie, denn die atlantische oder Ostküste gehört zu den hafenreichsten, die man kennt, und zwar vorzüglich in ihrem nördlichsten Theil bis herunter zum Cap Hatteras. Portland, Boston und New York sind von Natur gross- artige Häfen, und so zahlreich sind die kleineren, dass an für den grossen Verkehr in Betracht kommenden Hafenplätzen die atlantische Küste 55, die des Golfes 11 und die pacifische 6 zählen. Mit den mehr von der Küstenschiffahrt und Fischerei benützten wird die Gesammtzahl auf mehr als 500 geschätzt. Der grösste Hafenreichthum reicht so weit, als die Felsengrund- lage der nördlichen Alleghanies unmittelbar an das Meer herantritt. Als das südlichste von den in dieselbe gehöhlten Felsenbecken kann der Hafen von New York bezw. die Hudson-Mündung betrachtet werden. Südlich von hier wird durch immer stärkeres Hervor- treten des Flachlandes die Hafenbildung nur an jenen Punkten unter günstigen Bedingungen möglich, an denen grössere Flüsse in das Meer münden. Man findet daher die nennenswerthen Häfen dieser Region in den Flussmündungen, und es theilen dieselben mit den Flusshäfen die Schwierigkeiten, welche durch Veränderlichkeit des Wasserstandes, Schlamm- und Sandabsätze u. dergl. erzeugt werden. Philadelphia am Delaware, Baltimore am Potomac, Norfolk am James R., Charleston am Cooper und Ashley R., Savannah am gleichnamigen Fluss und Jacksonville am St. Johns R. sind die bedeutendsten unter ihnen. An der Golfküste hat man gleichfalls nur Fluss- und Lagunenhäfen, aber dieselben sind durch die grösseren Schlammabsätze, welche in diesen wie in allen mehr abgeschlossenen Meerestheilen statthaben, viel weniger sicher als die Flusshäfen der atlantischen Küste. New Orleans am Mississippi mit seiner durch beständig wechselnde Schlammbänke verbarrikadirten Ein- fahrt ist ein gutes Bild der Golfhäfen. Die ganze texanische Küste hat mit all ihren zahlreichen Flussmündungen und Lagunen keinen einzigen guten Hafen. Oestlich vom Mississippi gilt Pensacola für den besten von allen nordamerikanischen Golfhäfen. Die paci- tische Küste hat entsprechend ihrer vorwiegend felsigen Beschaffen- 8 L Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. heit einige treffliche Naturhäfen. In erster Linie die Bucht von S. Francisco, welche für diesen Theil der Küste der V. St. un- gefähr dasselbe bedeutet wie die von New York für den atlantischen. Es ist der grösste, beste und bestgelegene, von der Natur zum Sitz des Emporium bestimmte Hafen. Nördlich und südlich von hier gibt es noch eine ganze Anzahl von kleineren natürlichen Felsen- becken, welche vorzügliche Häfen darstellen. An der Oregon-Küste treten dieselben bei flacherem Charakter des Strandes zurück. Die Columbia-Mündung ist für grosse Seeschiffe unzugänglich. Dagegen bietet der vielzerklüftete Pudget Sound im äussersten Nordwesten genug günstige Oertlichkeiten für gute Häfen, denen zunächst nur die Bevölkerung und die Produktenmasse fehlt. Da der wichtigste Verkehr, den die V. St. über See betreiben, nach Europa geht, so ist in der Gestalt der Küste, welche Europa zugewandt ist, von besonderer Bedeutung, dass dieselbe von SW. nach NO. stufenweise gegen unseren Erdtheil hin vorspringt. Der nördlichste Punkt der V. St. an dieser Küste liegt in Folge dessen 15 Längegrade näher gegen Europa zu als der südlichste, die Süd- spitze von Florida. Das macht einen Unterschied von gegen 800 km. Dementsprechend sind auch die Fahrzeiten der Dampfer, die zwischen Europa und den atlantischen Häfen der V. St. gehen, verschieden je nach der Lage der letzteren. Man fährt z. B. von Liverpool nach Portland Me. fast regelmässig einen Tag weniger als von Liverpool nach Philadelphia oder Baltimore. Indessen ist es nicht bloss die räumliche Annäherung an Europa, welche diesem Aus- laden der Küste nach NO. hin einen so bedeutenden Einfluss ver- leiht, sondern mehr noch die Thatsache, dass alle Schiffe, welche von Europa nach der Ostküste Nord- Amerikas fahren, sich je nach der Jahreszeit nördlich vom 46. bis 55. Breitegrad halten, um den Atlantischen Ocean in möglichst hoher Breite zu schneiden und erst bei der Annäherung an die Küste wieder einen südwestlicheren Curs einzuschlagen. Aus beiden Gründen liegen die nördlichen Häfen der atlantischen Küste der V. St. besser für den Verkehr mit Europa als die südlicheren und ist die atlantische Küste von Nord- Amerika überhaupt für diesen Verkehr vor allen anderen Theilen der Neuen Welt in hohem Grade begünstigt. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 9 An der pacifisclien Küste iiiramt der Strich von 16 Breitegraden, mit dem die V. St. sich dort hinlagern, aus anderen Gründen eine ebenfalls hervorragende Stellung ein. Er bezeichnet nämlich den culturfähigsten Abschnitt der ganzen pacifischen Küste von Nord-Amerika. Er liegt zwischen 33 und 49^ n. Br. Südlich davon macht die Regenarmuth der Passatregion bis zum Wendekreis des Krebses aus der Küste von Unter- Californien und Sonora eine Oede, die ^/lo ihrer Bevölkerung einbüssen würde, von dem Augen- blick an, dass ihre Bergwerke und Perlenfischereien unergiebig würden. Nördlich aber von der Grenze der V. St. sind am paci- fischen Ufer Britisli Columbia und Alaska unter den Einflüssen eines rauhen und gleichzeitig übermässig feuchten Klimas aller jener Vor- bedingungen eines ergiebigen Ackerbaues beraubt, welcher einer dichten Bevölkerung das Leben zu fristen vermöchte. Eingeschaltet in die Mitte zwischen diesen beiden Extremen' sind zwar die pacifischen Ufer- staaten Californien, Oregon und Washington Territory weit entfernt i^ davon, die Canaane zu sein, als welche sie von interessirter oder kurzsichtiger Seite dargestellt werden, aber sie heben sich immer- hin glänzend von ihren Nachbarn im Norden und Süden ab. Nur Californien, das in jeder Beziehung ergiebigste von ihnen, war im Stand, eine Weltstadt wie S. Francisco zu erzeugen und zu nähren. Aber auch aus socialen und politischen Gründen ist überhaupt im ganzen nördlichen Theil des Stillen Oceans eine ähnliche Ent- v^ Wickelung zum zweiten Mal nicht mehr möglich. Auf amerikanischer Seite vermögen die Hispano- Amerikaner, die von der Südgrenze Californiens ununterbrochen bis zum Cap Hoorn hinunter die Küsten innehaben, den Anglo-Amerikanern weder im Handel, noch im Acker- bau, noch in der Industrie, noch auf politischem Gebiet Concurrenz zu machen. Im Norden sind die Russen durch den Ankauf Alaskas von dieser Seite verdrängt; die Engländer aber haben in British Columbia und im Stikin-Territorium einen so wenig begünstigten Strich inne, dass ihre Bevölkerung in 100 Jahren trotz verschiedener Gold- Excitements nicht über 80000 gewachsen ist und noch immer bedeutende Bruchtheile an die V. St. abgibt. Was die asiatische Seite anbetriff't, so sind Japan und China bis jetzt keine Mächte, welche ein Gegengewicht gegen diese auf- 10 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. strebende pacifische Macht zu bilden vermöchten, und wahrscheinlich werden sie dazu auch in den nächsten Jahrzehnten ebensowenig im Stande sein. Vor den europäischen Mächten aber, die Einfluss auf die ostasiatischen Angelegenheiten zu nehmen vermögen, England in erster Reihe, haben die V. St. ihre Nachbarschaft als Anwohner desselben Meeres voraus. Dieselbe ist zwar eine entfernte, aber der Seeweg von S. Francisco nach Yokohama ist um 30 Tage kürzer als der von London. Grund genug, um das Ueberwiegen des amerikanischen Einflusses in Japan begreiflich zu finden und um der hervorragenden Stellung, welche die Amerikaner in China ein- nehmen, eine Entwickelung zu noch viel bestimmenderem Einfluss zuzutrauen. Wenn am Atlantischen Ocean die V. St. als Handels- macht eine der ersten Rollen spielen, so sind sie am pacifischen viel mehr als das, nämlich die erste Cul türm acht und voraussichtlich unter allen den zahlreichen Uferstaaten dieses grossen Meeres der wirksamste politische Faktor. Aehnlich stehen auch an der Golf- küste die Nord-Amerikaner den Mexikanern, Mittel- Amerikanern und West-Indiern weit überlegen gegenüber. Der Strich, mit dem ihr Land an diesen Meerestheil grenzt, ist ausserdem schon dadurch, dass er die Mündung des grössten nordamerikanischen Stromes, des Mississippi, umschliesst, und dass das ganze Innere des Halbcontinentes überhaupt nach dieser Seite sich öfi'net, von überwiegender Be- deutung. Der Einfluss der V. St. auf die wirthschaftlichen und wohl auch die politischen Entwickelungen im Umkreis dieses Meeres- theiles wird nach der Natur dieser Lage immer ein bedeutender sein und ist als solcher seit dem Zuge nach Mexico (1848) deutlich zu erkennen. Dem Handel und Verkehr mit ausserhalb dieses Kreises gelegenen Ländern ist dagegen die eingeschlossene Lage dieses Golfes weniger günstig und die unmittelbar vom Inneren nach der atlan- tischen Küste führenden Eisenbahnlinien führen einen grossen Theil der Waaren, für welche der Mississippi die natürliche Strasse zu sein scheint, den atlantischen Häfen zu. Die Sicherheit der Lage, welche bei der geographischen Betrachtung eines jeden europäischen Staates immer mit in erster Linie ins Auge gefasst werden muss, kann, für jetzt wenigstens, bei den V. St. nur Gegenstand einer nebensächlichen Erwähnung sein. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 11 Die Landgrenzen der V. St. sind 7860 km lang. Vom rein politischen Standpunkte aus sind es gute Grenzen mit Ausnahme weniger Strecken, weil sie grossentheils durch menschenleere Gegenden führen oder doch durch Gegenden, welche voraussichtlich niemals eine dichte Bevölkerung haben werden. Auch liegen nicht an diesen Landgrenzen die festen Plätze, von denen bei einem Angriff von aussen her am meisten zu fürchten wäre. Die V. St. würden nur zur See in gefährlicher Weise angegriffen werden können, und in dieser Beziehung ist es interessant, dass ein neuerer Bericht (für 1876/77) des Chief of Engineers über Küstenvertheidigung hervor- hebt, dass eine feindliche Flotte die Küste der V. St. von Halifax aus in 36, von Havana in 6 und von Victoria (Vancouver) in 69 Stunden zu erreichen vermöchte. Aber die Sicherheit der V. St. braucht nicht in schützenden Grenzen gesucht zu werden, sondern sie liegt in dem Uebergewicht ihrer Gebietsausdehnung, ihrer Be- völkerungszahl, der Intelligenz, Tüchtigkeit und Wohlhabenheit ihrer Bevölkerung. Durch diese besitzen sie ein moralisches Gewicht in Amerika, wie es in Europa keinem einzelnen Staate vor allen anderen zukommt. Die Grenzfrage ist von Wichtigkeit nur in der Richtung, dass von einer weiteren Ausdehnung der heutigen Grenzen eine Schädigung des inneren Zusammenhanges der V. St. befürchtet werden müsste. Das Machtübergewicht der V. St. gegenüber ihren Nachbarn ist geeignet, eine Neigung zu noch weiterer Aus- breitung zu begünstigen, und diese Neigung ist sowohl Canada als Mexico und Cuba gegenüber ohne Zweifel bei einem grossen, aber politisch nicht weitsichtigen Theile der Bevölkerung verbreitet. Es ist aber zu erwarten, dass die viel näherliegenden und ohne Zweifel immer brennender werdenden Fragen des inneren Zusammenhanges die Gefahr einer Hinausrückung der jetzigen im Ganzen so natür- lichen Grenzen zur Genüge erkennen lassen werden. IL Auf die Frage nach den inneren politischen Wir- kungen, welche von Lage und Gestalt der V. St. ausgeübt wird, muss die Antwort immer schwer sein, solange nur ein verhältniss- mässig kleiner Theil des Landes diejenige Bevölkerungszahl aufweist, welche zu einer selbständigen politischen Existenz nothwendig ist. Einstweilen haben wir kein Recht anzunehmen, dass die V. St., 12 I Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. dem Beispiel Alt-Europas folgend, notliwendig einmal in eine An- zahl von grösseren und kleineren selbständigen politischen' Exi- stenzen zerfallen müssten, die theilweise von der Bodengestaltung, den grossen Flussläufen, dem Klima und anderen natürlichen Fak- toren bestimmt würden ^). Die Neue Welt ist in so vielen Beziehungen mit Erfolg neuernd aufgetreten, dass vielleicht auch das vermeint- liche Gesetz der nothwendigen Zerfällung grosser Völker auf einer gewissen Stufe ihres Wachsthums von ihnen nicht erfüllt wird. Völker, deren Jugend in die Zeit des Verkehres mit Dampf und Elektricität fällt, geniessen jedenfalls eine einigendere Erziehung, als es die unserer europäischen Staatengründer sein konnte. Jeden- falls entsprangen die bisherigen Secessionsversuche nicht der Boden- gestaltung oder anderen Naturverhältnissen, sondern nur den Inter- essengegensätzen der verschiedenen Theile der Union, und gerade die tiefstgehende Spaltung, die innerhalb des Bundes je bestand, die zwischen Nord und Süd, war in keiner Weise geographisch begrün- det'). Es ist im Gegentheil ein bemerkenswerther Umstand, dass 1) Jener Zweig der Erdkunde, dem neuere Methodiker wie Marthe und Hermann Wagner die Aufgabe zuweisen, Choren oder geographische Provinzen der Erdoberfläche abzugrenzen, die Geosophie oder Chorosophie, dürfte gerade in dem Gebiete der V. St. eine besonders schwierige Aufgabe vorfinden. Oro- graphische und hydrographische Grenzen von genügender Schärfe gibt es liier wenig, sondernde Culturmomente sind nicht vorhanden, es bleiben nur die klima- tischen Unterschiede und die Grenzen der Pflanzen- und Thierverbreitung. Allem Anschein nach wird man über die sechs schon früher erkannten geo- graphischen Provinzen der beiden Waldgebiete (nord- und südatlantisches), der Prärien, der Steppen, der Steppengebirge und Californiens nicht hinauskommen. Die natürlichen Wirth Schaftsgebiete, die ich im Folgenden fs. u. S. 43) zu unter- scheiden versuche, schliessen sich im Allgemeinen an diese sechs Choren an. Beiden Sonderungen liegen offenbar dieselben klimatischen Momente in erster Reihe zu Grunde. Die Frage nach den inneren Naturgrenzen, die ich vorwiegend im Hinblick auf die Wirkungen der Naturumgebungen auf den Menschen und die möglichen Staats- oder selbst Völkerentwickelungen im Rahmen der heutigen V. St. aufwerfe, ist wieder eine andere, denn ein wohlumgrenztes politisches und Culturgebiet braucht nicht mit einer wohlbegründeten geographischen Provinz zusammenfallen; im Gegentheil hat es in den V. St. den Anschein, als werde es mehrere von den letzteren umfassen können. 2) „Bei all seiner Mannigfaltigkeit des Bodens und Klimas stellt einer poli- tischen Vereinigung das Land kein Hinderniss entgegen. In dem ganzen Ge- biete der alten Ansiedelungen, die von New Hampshire bis Georgia sich er- I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 13 Nord und Süd in Nord-Amerika viel mehr durch Uebergänge ver- mittelt sind als in Europa. Bei uns liegt nordisches und mittel- ländisches Klima, Culturgebiet u. s. f. scharf nebeneinander, dort hat man das breite Band der sog. nördlichen Südstaaten, wie Vir- ginien, Kentucky und Tennessee, die die Eigenschaften beider Theile in sich vereinigen. Auch die Alleghanies werden nie eine Natur- grenze auch nur von der Schärfe des Jura oder Apennin bilden. Das Mississippi-Becken ist kein bestimmt umgrenztes Naturgebict wie etwa das des Nil, sondern ein bereits nach allen Seiten hin offenes Tiefland, dessen Ränder so sanft nach den Gebirgen zu ansteigen, dass kaum eine Grenze gezogen werden kann. Dasselbe gilt von der Umgebung der Grossen Seen, welche besonders aus dem Gesichtspunkte der Verkehrsinteressen immer mehr als ein schwach abgegliederter Abschnitt des Mississippi-Tieflandes erscheinen werden. Die erste und eigentliche Naturgrenze findet man nicht eher, als bis man in der Nähe des 98. Längegrades die Steppen- region betritt, in welcher Dürre, Baumlosigkeit und extreme Temperaturvertheilung das entschiedenst gestempelte Naturgebiet Nord-Amerikas hervorbringen^). Die bis nahe an 5000m hohen streckten und einerseits vom Meer, andererseits von der östlichen Gebirgskette begrenzt waren, gab es keine natürliche Grenze. Flüsse, die nordsüdlich fliessen, hat man für besonders wichtige Faktoren der Civilisation betrachtet, vielleicht weil sie Boden und Klima verischiedener Breiten vermitteln. Der Mississippi ist dazu gemacht, der grosse Handelsweg Eines Volkes zu werden und dessen Theile immer zusammenzuketten. Die anderen Flüsse wie Delaware, Susquehanna, Hudson, Connecticut erleichterten den Verkehr der alten Colonien, indem sie jeweils die Gebiete von einigen derselben bewässerten. Unsere Gebirge, die grossen wie die kleinen, erstrecken sich in nordsüdlichen Richtungen, keines aber in jener Richtung, die (man denke an Alpen, Pyrenäen, Balkan) die Macht zu haben scheint, eine unüberwindliche Grenzschranke zwischen Völkern zu bilden.« (Prof. H. Reed in 9 th. Ann. Rep. Smithson Inst. 1855, 170.) 1) Mit der Ausdehnung der Union über die Westhälfte des südlichen Nord- Amerika sind daher alle jene von der grossartigen Einfachheit der Gliederung der Osthälfte hergenommenen Bilder zu eng geworden, in denen man die grossen Züge dieser Gliederung zusammenzufassen liebte. (Vgl. Bd. I. 43.) Noch 1835 konnte M. Chevalier aus wirthschaftlichem Gesichtspunkte die V. St. mit einem zwei- lungigen Organismus vergleichen (Lettres II. 32), dessen Wirbelsäule die Alle- ghanies, dessen Haupteontouren Mississippi und Atlantischer Ocean und dessen Athemöffnungen New York und New Orleans seien. Heute könnte man sie nur noch etwa unter dem Bilde eines zusammengesetzten Organismus auffassen. 14 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwiekelung. ,4 "* Gebirgszüge der Cordilleren , welche in der Breite von 15 Länge- graden dies ganze Gebiet von der Nord- bis zur Südgrenze durch- ziehen, bilden nur Oasen, aber keine Naturgrenzen. Vor wie hinter ihren schneegekrönten Mauern dehnt die Steppe sich aus und nur die Höhen zwischen 2500 und 3000m sind der Cultur zugänglich. Sie gehören mit hinein in die Steppenregion, deren traurige Lebens- bedingungen sie nur in den schmalen Bändern jenes Gürtels von 500m unterbrechen. Hervorhebung verdient es jedoch, dass der Flussreichthum der nordamerikanischen Steppen, der dieselben zu ihrem Vortheil unterscheidet von anderen Landschaften ähnlichen Charakters, auf diese Gebirge zurückzuführen ist. (Vgl. Bd. I. 9.) Erst westlich von der Westmauer der Cordilleren dehnt sich in Gestalt des zwischen Gebirge und Meer liegenden Landstreifens, den die Amerikaner ,^ Pacific Slope'-^, Pacifischer Abhang, nennen, ein drittes wohlumgrenztes und scharf charakterisirtes Naturgebiet aus, welches an weitgehender Individualisirung nicht seines Gleichen mehr in Nord-Amerika findet. Dies ist der einzige natürliche Ab- schnitt dieser Erdtheilhälfte , von dem man sagen kann, dass er einen bedeutenden absondernden und individualisirenden Einfluss auf seine Bewohner zu üben vermöchte, wenn anders diese einem solchen entgegenkommen möchten. Gegenwärtig, wo die Bevölke- rungszahl dieses zukunftreichen Gebietes noch nicht einmal auf 1 Mill. veranschlagt werden kann, kann natürlich davon noch nicht praktisch die Rede sein. Immerhin hat schon jetzt der Kern der pacifischen Gruppe, Californien, mehr von den übrigen Staaten Ab- weichendes aufzuweisen als irgend ein anderer Theil der Union ^). Auch die räumlicheEntlegenheit der verschiedenen Theile der Union ist als eine der Thatsachen aufgeführt worden, welche 1) Die Ursache davon liegt ausser im Klima vorzüglich in der Asien zu- gewandten Lage (chinesische Einwanderung, Verkehr mit Ostasien), in dem Gold- reichthum des Landes, der die Bewohner so sehr bereichert hat, dass S. Fran- cisco trotz ihrer Jugend als eine der reichsten Städte der Union gilt und nur allein hier das Gold nie vom Papiergeld verdrängt worden ist; in den Rest.en spanischer Bevölkerung; in der raschen Entwickelung des grossen Grundbesit^^es theilweis in Anlehnung an das spanische Haciendasystem ; in dem geringen Ein- fluss der neuengländischen Traditionen; in dem Weinreichthum des Landes. Kleinere sociale Eigenthümlichkeiteu sind daher bereits in grosser Zahl entwickelt. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 15 absondernd auf dieselbe wirken müsste. Allerdings ist gegenwärtig Washington mehr als 7 Tagreisen von S. Francisco und noch erheblich weiter von Oregon und den Territorien des Nordwestens entlegen. Aber diese excentrische Lage ist eine Abnormität, die kaum sehr lange Zeit noch sich halten dürfte. Eine grosse Stadt des Westens, vielleicht das so sehr günstig gelegene S. Louis, das fast gleichweit von der Nord- und Südgrenze und wenig mehr als um die Hälfte weiter von der West- als der Ostküste "entfernt ist, scheint diese wichtige Erbschaft antreten zu sollen. Uebrigens hat bis jetzt der Mangel eines Culturmittelpunktes, der zusammen- fiele mit dem politischen Mittelpunkt, jedenfalls in grösserem Masse mitgewirkt zu der Langsamkeit des engeren Zusammenschlusses der V. St. als die excentrische Lage von Washington. In der Politik der V. St. war die Bundeshauptstadt Washington der ideale Punkt, der gedacht und genannt wird, aber nicht ist. Wenn man diesen idealen Mittelpunkt einst durch einen materiellen wird ersetzen wollen, wird freilich eine mit der räumlichen Weite des Gebietes ebenfalls zusammenhängende Thatsache zu Schwierigkeiten führen, nämlich die Mehrzahl von Grossstädten, von denen einige mit der Zeit eine ziemlich gleichartige Stufe nach Bevölkerungszahl und allgemeiner Wichtigkeit erreichen dürften. Die V. St. besassen schon 1870 fünf Städte mit mehr als 250 000 Einwohnern, während Deutschland bei etwas grösserer Bevölkerungszahl deren nur zwei besass. Im Osten sind New York und Philadelphia, im Inneren Cin- cinnati, Chicago und S. Louis, am Stillen Meer S. Francisco entweder bereits so gross oder doch von so gewaltigem und regelmässigem Wachsthum, dass man sie allesammt als Weltstädte und als würdige Hauptstädte der V. St. bezeichnen könnte. Auch rivalisiren sie bereits in der lebhaftesten Weise im Hinblick auf die hohe Stellung, die sie einst einnehmen könnten. Aber noch immer hat New York die Führung, die es schon zu jener Zeit erwarb, da die Bevölkerung noch fast ganz auf den atlantischen Saum zusammengedrängt wohnte, und es ist noch nicht abzusehen, welche von den Grossstäden des Inneren ihr Erbe einst antreten werden. Einstweilen ist aber weder in dieser noch in irgend einer anderen Richtung die Weite des Gebietes hemmend der einheitlichen Entwickelung der V. St. entgegen- 16 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. getreten. Es ist optimistisch, wenn ein geistvoller Amerikaner ^) sagt, dass die Erfindung der Eisenbahnen England auf ein Drittel seiner Grösse verkleinert habe, indem dieselben die Menschen einander um so viel näher bringen, während in den V. St., deren Tage schon gezählt schienen, in Folge der Schwierigkeiten, Volksvertreter, Richter, Officiere über so weite Strecken weg zu befördern, durch dieselben die zerstreute Bevölkerung in ein einziges Netz zusammengewoben und beständig einander assimilirt werde, so dass keine Gefahr mehr bestehe, dass örtliche Besonderheiten und Gegensätze sich erhalten. Aber es ist jedenfalls so viel daran wahr, dass es nicht richtig ist, bei einer noch so jungen und beweglichen, im vollen Bewusstsein ihrer Kraft stehenden, im Anstreben grosser materieller Ziele absorbirten Bevölkerung dieselbe Bildsamkeit gegenüber dem Einfluss der Natur des Landes vorauszusetzen, die bei älteren, passiver gewordenen Völkern gefunden wird. Es dürfte im Gegen- theil kein Volk der Erde eine solche Energie in der Ueberwindung und Dienstbarmachung der Natur seines Landes aufzuweisen ver- mögen wie eben das nordamerikanische ^). Gerade dies ist viel- mehr einer seiner hervortretendsten Char akter züge. in. Dieses Ueberwinden und Dienstbarmachen hat freilich seine Grenze. Es gibt Naturbedingungen, denen gegenüber der Mensch nahezu ohnmächtig ist, und zu ihnen gehört in erster Linie das 1) Ralph W. Emerson in seinem Vortrag j,The Young American" (Works. Bohn Ed. II. 293). 2) In einer früheren Zeit, wo die übrigen Naturverhältnisse des Landes, vorzüglich der Bodenreichthum , durch Dünne der Bevölkerung und Mangel an Verkehrswegen und Verkehrsanregungen an der energischen Entfaltung ihrer Wirkungen verhindert waren, kam freilich der geographischen Lage eine viel grössere Bedeutung zu. „Die Solidarität der Interessen, sagt Von Holst, und — was zur Zeit von noch grösserem Belang war — die klare Erkenntniss, dass eine Solidarität der Interessen obwalte, beruhte daher vorwiegend auf der geo- graphischen Lage der Colonien. Durch den Ocean nicht nur von dem Mutter- lande, sondern von der ganzen alten Culturwelt getrennt, und auf einen Con- tinent mit noch ungemessenen Grenzen gestellt, den die Natur in jeder Be- ziehung auf das verschwenderischste ausgestattet, musste ihnen der Gedanke frühe nahetreten, dass sie berufen seien, hier in der That eine Neue Welt zu schaffen." Verfassung und Demokratie der V. St. 1873 I. 3. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 17 Klima. Seine Wirkungen sind wahrscheinlich in dem Gebiete, das wir betrachten, einschneidender als in vielen anderen. Mittel- bar hat es den grössten Einfluss auf das Leben des Menschen durch die Abhängigkeit, in der ihm gegenüber eine ganze Reihe von Er- werbsthätigkeiten stehen, in erster Linie Ackerbau, Viehzucht, Forstwirth Schaft und in manchen Beziehungen auch der Ver- kehr. Hinsichtlich der Abhängigkeit jener drei innig mit einander verbundenen Wirthschaftszweige vom Klima sei aber hier nur das Allgemeinste hervorgehoben, da dieser wichtige Punkt theils schon im 1 . Bande dieses Werkes berührt ist (vorz. S. 365), theils im Fol- genden noch öfters auf ihn zurückzukommen sein wird. Das Gebiet der V. St. kann nach der Abhängigkeit des Pflanzenwuchses vom Klima in zwei Hauptabschnitte getheilt werden : In einen östlichen, der vom Atlantischen Ocean und dem Golf von Mexico bis zur Nordgrenze und im Inneren sich bis zu einer Linie erstreckt, welche im Allgemeinen mit dem 98. — 100. Längegrad zusammenfällt^). Oest- lich dieser Grenze sind die Niederschläge reichlich genug, um das Wachsthum der Culturgewächse und Waldbäume so weit zu fördern, dass der Ackerbau ohne künstliche Bewässerung möglich wird und ein Baumwuchs sich entwickelt, welcher, wenn auch nicht überall dichte Wälder, so doch ausgedehnte Haine zu bilden vermag ; west- lich davon ist, mit Ausnahme kleinerer Gebiete, unter denen die ans Meer grenzenden Theile 'von Oregon und Washington Terr. die hervorragendsten sind, der Wassermangel so gross, dass der Ackerbau ohne Anwendung künstlicher Bewässerung nicht möglich ist und ein Waldwuchs sich nur in unmittelbarster Nähe der Ge- wässer in schmalen Streifen oder auf den Bergen jenseits 2000 bis 2500 m entwickelt. Den grossen Unterschied zwischen den beiden Hälften bewirkt die Verschiedenheit der Niederschlagsmengen, doch kommt hinzu, dass der niederschlagsarme Westen ausserdem auch durch seine bedeutende Gesammterhebung und seine vorwaltend gebirgige oder hochebenenhafte Bodengestaltung dem Ackerbau weniger günstige Bedingungen bietet als der mildere Osten. Grosse Ausnahmen hievon bilden nur Californien und Oregon. Aber im 1) S. die Angabe dieser Linie auf der Karte der Vegetationsgrenzen. (Tafel I. Ratze l, Amerika n. 2 18 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickehmg. Allgemeinen kann man sagen, dass das Klima des Ostens der Union dem Ackerbau und Waldwuclis und mittelbar damit auch der Viehzucht entweder günstig oder wenigstens nicht hinderlich sei, während der Westen durch sein Klima für dieselben grösstentheils unmöglich wird. Neben den Niederschlägen ist die Wärme natür- lich auch hier ein hochwichtiger Faktor des Ackerbaues. Sie lässt im Süden den Anbau subtropischer Handelsgewächse, wie der Baumwolle; des Zuckerrohres und des Reises zu und als die Nord- grenze dieser Culturen kann im Allgemeinen eine Linie bezeichnet werden, welche die Mündung des James R. mit der des Ohio und des Pecos verbindet. Nördlich von derselben liegt das Gebiet des Getreidebaues und überhaupt derjenigen Culturen, welche mit denen der mittel- und nordeuropäischen Getreideländer überein- stimmen. Man kann auch hier wieder eine südliche und nördliche Zone unterscheiden, aber die letztere ist von geringer Ausdehnung. In der ersteren ist Mais, in dieser Weizen das Hauptgetreide. Die Gegend des intensivsten und ergiebigsten Ackerbaues liegt dort, wo das mittlere Mississippi-Gebiet nahe an das Gebiet der Grossen Seen herantritt. Illinois, Ohio, Indiana, Minnesota, Wisconsin, Iowa, Missouri nebst Stücken von Kansas und Nebraska, zusammen ein Gebiet von 20000 g. Q.M., bilden dort die Getreidekammern Nord- Amerikas, die alljährlich wachsende Mengen ihrer Erzeugnisse an das Ausland abzugeben vermag. Hier vereinigen sich offenbar alle Bedingungen eines sehr ertragreichen Ackerbaues: Fruchtbarer Boden, mehr als hinreichende Sommerwärme, massige aber gut vertheilte Niederschläge, ziemlich gleichmässiger Verlauf der Witte- rungserscheinungen. — In klimatischer Beziehung ist der Osten der V. St. in grosser Ausdehnung ähnlich beschaffen wie Europa. Demnach gedeihen hier auch so ziemlich alle Culturgewächse unseres Erdtheils, wenn auch manche Eigenschaften derselben sich durch Anpassung verändert haben. Die ackerbauliche Produktion trägt deshalb in beiden Gebieten im Grossen und Ganzen denselben Charakter, mit der einzigen Ausnahme, dass in den V. St. der Mais in viel nördlicheren Produktionsgebieten als bei uns noch die Hauptfrucht bildet. Unter den bedeutenderen europäischen Cultur- gewächsQn ist dort bis jetzt nur die Rebe nicht mit vollem Erfolge I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 19 einzubürgern gewesen. Unter diesen Verhältnissen hat die Frage, ob Nord-Amerika ursprünglich von der Natur hinreichend günstig mit Culturgewächsen und Hausthieren ausgestattet gewesen sei, keine praktische Bedeutung mehr. (Vgl. u. S. 22 f.) Ganz eigen ist der klimatische Charakter des Südens, wo die Wärme unserer Mittel- meerländer verbunden ist mit Niederschlagsmengen, die bereits an tropische Verhältnisse erinnern und in der That auch eine tropisch- üppige Vegetation erzeugen. Die Küstenländer der südatlantischen und Golfstaaten und das mit ihnen zusammenhängende untere Mississippi-Tiefland gehören zweifellos zu den fruchtbarsten Gegenden der Erde. — Es wird im Verfolg unserer Betrachtungen auch ein Ein- fluss des Klimas auf den Verkehr einerseits durch verschiedenen Wasserreichthum der Flüsse und Canäle, andererseits durch Zu- frieren derselben und der Seehäfen festzustellen sein, und das scharfe Hervortreten des Winters in den nördlichen und mittleren Staaten wird als eine in dieser Beziehung ungünstige Folge des zu Extremen neigenden Klimas der V. St. zu erkennen sein. Was die unmittelbaren Wirkungen des Klimas in diesem Gebiete auf den Menschen anbetrifft, so scheinen die Physiologen, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, nicht zu zweifeln, dass ein grosser und vielleicht ein Haup tantheil an der eigenthümlich raschen Umbildung, welche die Menschen kaukasischer Rasse in ^ Nord-Amerika erfahren, dem Klima zuzuschreiben sei. Diese Um- bildung geht sehr weit, doch ist es übertrieben, wenn man von der herannahenden Bildung einer neuen Menschenrasse der weissen Nord-Amerikaner spricht. Welcher Eigenthümlichkeit des Klimas die Abänderungen des Nord - Amerikaners in Körperbau zuzu- schreiben sind, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Man macht gewöhnlich die starke Veränderlichkeit der Witterung und die, trotz reicher Niederschläge, grosse Trockenheit der Luft da- für verantwortlich. Die letztere ändert wenigstens manche Lebens- bedingungen in auffallender Weise. Ich erinnere an das rasche Aus- trocknen der neugebauten Häuser der Lebensmittel, des Heues u. s. f. ; aber es wäre sehr grob aufgefasst, wenn man die körperlichen Eigen- thümlichkeiten der weissen Nord-Amerikaner auf Austrocknung zurückführen wollte. Ob die Trockenheit der Luft einen Reiz auf 2* 20 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. die Nerven ausübe, wie oft behauptet wird, welcher das nervöse, rastlose Temperament vorzüglich der Neu - Engländer verursache, muss ebenfalls dahingestellt bleiben. Thatsächlich ist der Einfluss ein sehr grosser und macht sich so deutlich bemerkbar, dass man z. B. in ein und derselben Familie die in Europa und in Nord- \/Amerika geborenen Kinder leicht von einander unterscheiden kann. Die letzteren sind immer zu schmalem und schlankem Körperbau, zu feinerer Gesichtsbildung, hellerem Blick, lebhaftem Gesichtsaus- druck und allgemein grösserer Aufgewecktheit geneigt. Es würde von hohem Interesse sein, zu wissen, ob an der geringeren Frucht- barkeit, die bei den in Amerika geborenen weissen Frauen con- statirt ist, dieselben Einflüsse schuld sind. Jedenfalls ist die weisse ^Nord-Amerikanerin schon im Aeusseren zarter und erfahrungsgemäss minder wiederstandsfähig als ihre europäische Schwester. Mit grösserer Sicherheit sind die durch Klima-Eigenthümlich- keiten hervorgerufenen krankmachenden Einflüsse nachzuweisen. In dieser Richtung ist eine der ausgeprägtesten Erscheinungen das /gelbe Fieber, welches, allgemein gesprochen, auf die Baumwoll- staaten beschränkt ist und nur sporadisch über dieselben hinaus- geht, wobei indessen der 40. Breitegrad nicht überschritten wird. ^Die Abhängigkeit der Verbreitung der Schwindsucht von der vor- waltenden Feuchtigkeit lässt gleichfalls eine unmittelbare Beziehung zwischen Klima und Lebensbedingungen wahrnehmen. Höher ge- legene Theile der Prärieregion von Minnesota und Iowa westwärts gehören zu den von dieser Krankheit freiesten Gebieten der Erde, und manche Punkte dort sind schon zu klimatischen Kurorten ge- worden. Dagegen gehören Neu-England, die Mittelstaaten und das Mississippi-Tiefland zu den schwindsuchtreichsten Gegenden der Erde. Die auf Neuland und besonders im Inneren ungemein N^ häufigen Fieber sind jedenfalls nicht durch das Klima, sondern durch Lage und Bodenbeschaffenheit des betreffenden Ortes, bezw. durch störende Eingriffe in die letztere, verursacht. Ihre Zahl und Heftigkeit vermindert sich mit zunehmender Cultur des Bodens^). 1) Die scharfen N.- und NW.-Winde, welche dem Klima der V. St. bis zur Golfküste hinab eigen sind, sind von anerkannt günstiger Wirkung auf die I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 21 Früher wurde das fieberreiche Klima des Südens auch für die Sklaverei verantwortlich gemacht. Man behauptete nämlich, dass wegen des Klimas für die weissen Arbeiter die Landarbeit in den Süd- staaten ungesund sei. Es gilt dies in der That von den Reis- und einem Theil der Zuckerrohrpflanzungen. Aber ^/lo alles Baum- wollenlandes ist gesunder, trockener Boden und von der Mehrzahl der Maispflanzungen gilt dasselbe. Früher nahm man an, dass % der Baumwolle von Weissen erzeugt werde. Es war dies vor der Aufhebung der Sklaverei. Seitdem hat sich dieses Verhältniss stark geändert. In Texas und Arkansas wird die von Weissen erzeugte Baumwolle zu 62 bezw. 60 X geschätzt, und in den übrigen Baum- wollenstaaten beträgt sie 23 — 417o der Gesammterzeugung^). Weisse Arbeit ist überall im Fortschreiten und dürfte gegenwärtig in keinem Zweige des südlichen Ackerbaues mit weniger als V* an der Ge- sammterzeugung sich betheiligen. Dass innerhalb der V. St. selbst genug äussere Bedingungen vorhanden sind, um mit der Zeit bestimmte Bevölkerungstypen in landschaftlicher Begrenztheit zu erzeugen, unterliegt keinem Zweifel. Norden, Süden und pacifisches Gebiet sind in dieser Hin- sicht ganz sicher prädestinirt, denn sie haben nicht bloss die ver- schiedensten Lebens- und Wirkensbedingungen, sondern auch die Anlage zu weit auseinandergehenden Völkermischungen. Der Nor- den ist am germanischsten, vorwiegend englisch, der Süden mit romanischem Blut gemischt und von einer gewaltigen Menge von Negern durchsetzt, der pacifische Westen umschliesst die Reste der früheren spanischen Herren und ihre Mischlinge, daneben die meisten Indianer und Chinesen, während die eingewanderten Weissen weniger englisch, mehr mit deutschem und irischem Blute versetzt sind als in irgend einem anderen Theile der Union. Was den Unterschied zwischen Nord- und Südländern betrifft, so hat dieser bereits Zeit Gesundheitsverhältnisse in den Fieberregionen. Die berühmte Gesundheit des NW. wird den dort vorherrschenden Präriewinden zugeschrieben, und im Süden sollen die Fälle nicht selten sein, in denen der Norte das gelbe Fieber vertrieb. Lyell (Second Visit II. 87) führt solche Fälle an, die übrigens auch in Texas und Mexico bekannt sind. 1) Schätzung in Cotton Investigation. Rep. Dep. of Agric. 1876. 136. ^ 22 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. gehabt, sich zur Geltung zu bringen, und er ist als hinreichend scharf ausgeprägt anerkannt^). IV. Die nutzbaren Pflanzen und Thiere. Während die Länder der Alten Welt und vor allen Europa, das den Vortheil seiner Lage am gründUchsten ausgenützt, ihre Culturpflanzen und Hausthiere aus drei 1) „Im N. theilt der Wechsel von Winter und Sommer dem Leben der Menschen seine gesonderten und verschiedenen Pflichten zu. Der Sommer ist die Zeit der Arbeit im Freien, der Winter wird in den Häusern zugebracht. Im S. kann die Arbeit ohne Unterbrechung fortgehen, wenn sie schon ver- schieden ist. Der Bewohner des N. muss heute vollbringen, was der des S. bis morgen aufschieben kann. Aus diesem Grunde muss der N. arbeitsam sein, während der S. träger sein darf und weniger Neigung zur Vorsicht und zu geregelten Gewohnheiten haben kann. Die Kälte, welche eine zeitweise Unter- brechung der Arbeit mit sich bringt, gibt damit auch die Gelegenheit zum Nach- denken, und darum gewöhnt sich der Nordländer, nicht ohne Ueberlegung zu handeln und ist langsamer in seinem Beginnen und seinen Bewegungen. Der Südländer ist geneigt ohne Ueberlegung zu handeln und erwägt nie die letzte Folge von dem, was er zu thun im Begriff ist. Der Eine ist vorsichtig, der Andere impulsiv. Der Winter mit seinem Mangel an Freude und Behag- ylichkeit wird dem Nordländer zum grössten Segen, denn er lehrt ihn, sich an den häuslichen Herd und seine Familie anschliessen. In Kriegszeiten zwar er- weist dieser Segen sich als seine Schwäche, er ist besiegt, wenn seine Wohn- stätte genommen wird. Der Südländer fragt nichts danach. Abgeschnitten von den Anregungen der Natur während einer so langen Zeit des Jahres, wird das Gemüth im N. mit sich selbst mehr beschäftigt; es begnügt sich mit nur wenigen Ideen, die es von den verschiedensten Gesichtspunkten betrachtet. Es ist fähig, sich innig an etwas zu heften und es mit der fanatischsten Aus- dauer zu verfolgen. Ein südliches Volk, das beständig unter den Einflüssen des freien Himmels lebt, welches beständig den verschiedensten Gedanken zu- gänglich, wird sich in einem Ueberfluss von Ideen gehen lassen und sie alle ^ oberflächhch behandeln; mehr flüchtig als nachdenkend, wird es nie beständige Liebe zu einer festen Einrichtung fassen. Ist der Nordländer einmal entschlossen zu handeln, so wird ein Entschluss, der nur auf die Vernunft gegründet ist, die Begeisterung des Südländers überdauern. Im physischen Muth sind sich Beide gleich, aber der Nordländer wird überlegen sein durch das Gewohntsein an Arbeit und Methode und seine unerschöpfliche Ausdauer. Um den unter Dach lebenden Menschen zu überzeugen, muss man an seinen Verstand appelliren ; um dasselbe bei dem zu bewirken, der unter freiem Himmel lebt, muss man sich an seine Gefühle wenden." (J. W. Draper, Hist. of the American Civil War. 1867 V I. 100.) Diese Schilderung bezieht sich auf die vorwiegend durch klimatische Einflüsse erzeugten Verschiedenheiten und könnte auch auf andere Völker in ähnlicher Lage Anwendung finden. Es kommen aber auch Unterschiede der Blutmischung und der geschichtlichen Entwickelung hinzu, welche sich in den Gegensätzen des YanTcee und des Virginian zuspitzen. Auf diese werden wir erst später zurückkommen können. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 23 Erdtheilen nehmen konnten, deren Flächenraum ^U alles Landes auf der Erdoberfläche in sich fasst, ist Amerika in dieser Beziehung auf sich allein angewiesen bis zu der Zeit, wo es durch die Europäer in Ver- bindung trat mit der übrigen , der Alten "Welt. Es ist also nicht er- staunlich, wenn die Zahl derjenigen Pflanzen und Thiere, die der Mensch zu dauerndem Nutzen sich aneignete, vergleichsweise gering ist. Doch darf dabei allerdings nicht vergessen werden, dass Amerika nicht der Schauplatz der Entwickelung grosser Culturvölker war, wie die Alte Welt, und dass in Folge dessen der Antrieb zur Züchtung von Pflanzen und Thieren hier geringer sein musste. Es ist voreilig, zu behaupten, dass Amerika in jeder Hinsicht ungünstiger für die Erziehung des Menschen zur Cultur ausgestattet gewesen sei als die Alte Welt, denn der amerikanische Mensch hatte vor der Berührung mit den Europäern nicht Zeit gehabt, alle Schätze der Natur zu heben, die ihn umgab. In Bezug auf das Pflanzenreich ist diese Behauptung nicht richtig für die Mehl- und Knollen- früchte, die Gewürze und Genussmittel und die holzgebenden Waldbäume, in Bezug auf das Thierreich kann sie für das Geflügel nicht mit vollem Rechte ausgesprochen werden. Buö'on erregte im vorigen Jahrhundert einen heftigen Streit durch seine Behauptung, dass alles organische Leben in der Neuen Welt weniger entwickelt sei als in der Alten, wobei er als Gründe die Artarmuth der ersteren, die Kleinheit ihrer Thierformen und die Entartung der Haus- thiere anführte. Die Schriften über Amerika aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind angefüllt mit Wiederlegungen dieser Behauptung. Am ausführlichsten haben Clavigero und Winterbotham darüber sich aus- gelassen. Letzterer gibt in Bd..I seiner „View of the American U. S." (1795) sogar eine Reihe von Tabellen, in denen die Gewichte von über 100 amerikanischen und europäischen Thieren vergleichend neben einander gestellt sind! 0. Peschel stellt in seiner Völkerkunde •) folgende Vergleichsliste alt- und neuweltlicher Culturpflanzen auf: Alte Welt. Neue Welt. Mehl- und Hülsenfrüchte. Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Mandiokka, Kartoffel, Cheno- Hirse , Negerhirse , Buchweizen, Kafirkorn, Reis, Linsen, Erbsen, Wicken, Bohnen, Igname. Obstsorten der gemässigten Zone, podium Quinoa, Batate, Mezquite, Igname (?). Rebstock, Aepfel, Birnen, Pflau- men, Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche, Orangenarten, Feigen, Datteln. Catawbatraube. ^' 1) Dritte Auflage 1876. 439. 24 I. Die natürlichen Bedingungen der Ciilturentwickelung. Pflanzen mit Faserstoff. V Baumwolle, Flachs, Hanf, Maul- beerbaum mit dem Seidenwurm. Gewürze. Pfeffer, Ingwer, Zimmt, Muscat- 1 Vanille, Spanischer Pfeffer (Cap- nuss, Gewürznelken, Zuckerrohr. | sicum annuum). Narkotische Genussmittel. Thee, Kaffee, Mohn (Opium), Hanf (Hadschisch). Paraguay-Thee , Cacao , Tabak, Coca. Aber wenn wir bei den Pflanzen stehen bleiben, so unterliegt es gar keinem Zweifel, dass für den Nutzen des Menschen mit der Zeit noch manche wildwachsende Erzeugnisse des Pflanzenreiches Verwerthung finden können, welche gegenwärtig nur in geringem Masse benutzt werden, und es wird sich leicht zeigen lassen, dass die Peschel'sche Aufzählung Amerika zu karg bedenkt. Die Wurzeln von Lewisia rcdiviva, Apios tuberosa, Lupinus littoralis, mehrere Oenothera-Arten werden von den Indianern und den ihnen nachahmenden Waldläufern gegessen. Die erstere soll getrocknet wie Salep zu geniessen sein und eine besonders grosse Nahr- haftigkeit besitzen. Ausser dem Wasserreis*) sind von Körnern besonders die Samen des Lupinus biennis gegessen worden. Als Salat und Gemüse werden die Blätter von verschiedenen Arten Leontodon, von Chenopodien, Phytolacca decandria und Caltha palustris gegessen. Die erfrischende Frucht von Podophyllum callicarpum (Mandrake, wilde Citrone) wird ge- gessen. Die von Diospyros virginiana (Persimon) gilt für vortrefflich. Der Damascenerpflaume gleicht die Icacopflaume von Chrysobalanus icaco. Der wildwachsende Pawpaw oder Melonenbaum (Papaya vulgaris) liefert melonenartige Früchte, die man eingemacht isst. Wilde Pflaumen- und Kirschenarten sind in mehrfacher Zahl verbreitet. Die Früchte des wilden Apfelbaumes sind nicht geniessbar, aber Pyrus coronaria (Grab -Apple) 1) Der Wasserreis, Zizania aquatica L. (Pshu bei den Sioux, Manomin bei den Chippeways) ist im N. der V. St. überall nicht selten, erreicht aber besonders im NW. eine ökonomische Wichtigkeit, die hinter keiner der übrigen wildwachsenden Pflanzen zurücksteht. Er bietet das einzige Beispiel eines ein- heimischen Getreides, das in einer Menge wächst, die genügend ist, den Bedarf der gewöhnlichen Verzehrung zu decken. Er ist besonders häufig in den see- artigen Ausbreitungen der Flüsse des oberen Mississippi- und des Seengebietes und zwar in den unteren Abschnitten derselben, wo er Ueberschwemmung in hinreichendem Masse, daneben schlammigen, lockeren Schwemmboden findet. Selten findet er sich in den abflusslosen Seen. Als Speise wird er sogar dem ächten Reis vorgezogen. Man erntet ihn im September, indem man mit niederen Booten durch das Röhricht eines Beissees fährt und die Aehren in das Boot ausklopft. — Der Indianeragent von Leech Lake Minn. gibt für 1876/77 die Menge des von seinen Indianern gesammelten wilden Reises auf 35000 Pfd. an. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 25 trägt sehr wohlschmeckende Früchte. Dagegen gibt es zwei Kastanien- arten, deren Früchte genossen werden: Castanea americana in den mittleren und C. pumila (Chinquapin) in den Südstaaten. Im N. tragen zwei Haselnuss-Arten (Corylus), im S. einige Hamamelis- Arten (Witch- Hazel) essbare Nüsse. Süsse Eicheln werden von Quercus castanea (bis 43" vorkommend) und alba und von der Lebenseiche geerntet. Die Nüsse von Juglans nigra, cinerea (Butter-Nuss) und fraxinifolia, von Carya olivae- formis (Pekan-Nuss) und andere Hikory-Arten vertreten unsere Walnüsse, haben aber dickere Schalen und minder ausgiebige Kerne. Eine essbare Nuss trägt auch Hamiltonia oleifera. Der Palmetto (Chamaerops Palmetto) liefert in seinen Blattknospen einen Palmkohl. Die Blätter von Agave americana sollen abgekocht ein schmackhaftes Gericht geben. Im SW. werden die Früchte einiger Cactusarten, vorzüglich von Opuntien (Tunas) und vom Riesencactus oder Saguarro (Cereus giganteus) gegessen. Eben- dort spielen die ölig-harzigen Fruchtkerne einiger Föhren, Pinons(Pinus edulis und monophylla) als Nahrungsmittel bei den Indianern eine Rolle. Unter den essbaren Pilzen , deren Zahl sehr gross ist *) , ist die sog. Indianische Kartoffel oder das Indianerbrot oder Tuckahoe (Lycoperdon solidum), ein bis zu 30 Pfd. schwer werdender Pilz, hervorzuheben, der in den Südstaaten wächst und oft die einzige Nahrung der entflohenen Sklaven gebildet haben soll. Die meisten in Mittel-Europa vorhandenen essbaren Beeren sind auch in Nord- Amerika und oft in mehrfacher Zahl vertreten. Endlich sind die Weinreben nicht zu vergessen, von denen verschiedene Arten in den V. St. wild wachsen^). Darunter sind sehr fruchtreiche und wohlschmeckende Arten, welche theilweise bereits in erheblicher Ausdehnung angebaut werden. Als ein für den Haushalt der Landbevölkerung im N. wichtiges Er- zeugniss wildwachsender Pflanzen werden wir den Ahorn-Zucker noch 1) Schwämme werden in den V, St. bis jetzt wenig gesammelt und ver- zehrt, es scheint sogar, dass die Indianer die Essbarkeit von einer grossen An- zahl derselben nicht kannten, und doch sind essbare Schwämme in (fer Wald- region des 0. sehr häufig. Im Staat New York sammelte Prof. Peck allein 80 verschiedene Arten. Dr. Curtis zählt (im Rep. Agr. Dep. 1876 S. 79) allein aus N. Carolina 108 essbare Schwämme auf. 2) Selbst in den Steppen des oberen Red. R.-Gebiets findet man zahlreiche wilde Reben, die im Flugsande halb vergraben, aber vielleicht gerade durch diese wärmebergende Sandhülle um so fruchtreicher sind. Sie bedecken Hunderte von Acres, die wie Weinfelder erscheinen. Long beschreibt sie als „so mit Früchten beladen, dass jeder Theil des Stammes verhüllt ist" und die Früchte „unvergleichlich feiner als irgend eine andere einheimische oder fremde Traube". Acc. of an Exp. to the Rocky Mts. 1823. H. 126. Man hat in den V. St. vorgeschlagen, diese Sandumhüllung künstlich zur Beförderung der Reife der Trauben zu bewerkstelligen. 26 I. Die natürlichen Bedingungen der Ciüturentwickelung. kennen zu lernen haben, welcher aus Acer saccharinura gewonnen wird. Die californischen Indianer benützen unter dem Namen Panoche einen Zucker, der durch Blattläuse an Schilfblättern erzeugt wird, also ein mannaartiges Gebilde. Ferner den mehr nach Harz als Zucker schmeckenden, aber immerhin süsslichen Ausfluss aus der Zuckerföhre (Pinus Lambertiana), welcher äusserlich ganz mannaartig ist und auch von den in der Sierra lebenden Weissen nicht ungern genossen wird. Auch der ferne W. ist trotz seiner Steppennatur nicht arm an essbaren Früchten. Von wildwachsenden Früchten in der Felsengebirgs-Region und dem Grossen Becken werden hervorgehoben die verschiedenen Arten von Pflaumen (besonders Prunus chicasa), vier Arten von Kirschen (die niedrige buschige Cerasus prostrata trägt vortreffliche Früchte), Himbeeren und Brombeeren (Rubus deliciosus und triflorus) und Johannis- und Stachelbeeren (R. aureum und floridum). In Neu-Mexico und W. Texas kommen zwei Maulbeerbäume (Morus rubra und M. nigra) und mehrere Weinreben vor. Einige Ericaceen liefern in ihren Blättern einen Thee, der bei den Yoyageurs und Waldläufern des NW. sehr beliebt ist. So GauUheria procumhens (Wintergrün), Ardostapliylus Uva Ural (Bärentraube), Lcäum latifoUum (Marschthee genannt). Diese Leute haben überhaupt gezeigt, wie man die Gaben der Natur ausnützen kann. Sie haben eine Menge Dinge gegessen oder sonst benützt, an denen der culturbeflissene Mensch achtlos vorübergeht. So erzählt z. B. Prinz von Wied (Reisen in das Innere von Nord-Amerika 1838.471): „Zur Erfrischung brachten die Canadier eine Menge des Pappelsplintes mit, welchen sie La Sevre nennen, sehr gerne abschaben und aussaugen. Der Saft desselben hat einen angenehm süsslichen Geschmack, etwa wie Wassermelonen, und ist höchst erfrischend." Uebrigens hat sich auch bei Gelegenheit des Bürgerkrieges, als die Südstaaten von der übrigen Welt fast abgeschnitten waren, gezeigt, welche Schätze in dieser reichen Natur zu heben waren. Ein Charlestoner Arzt, Dr. Porcher, v/gab damals ein Buch heraus, in welchem alle nutzbaren Pflanzen des S. aufgezählt sind. Wenn auch derartige Werke in der Regel reich an UebertrÄbungen und unpraktischen Vorschlägen", so ist 'doch bemerkens- werth, dass 14 Kaffee- und mehr als 20 Theesurrogate , 15 Brot- und 13 Faserpflanzen, 50 die Brechmittel, 100 die Farbstoffe liefern und 57 Narkotika aufgeführt werden*). Um auch das dem Menschen Schädliche nicht zu vergessen, seien von den Giftpflanzen der V. St. die gefährlichsten hervorgehoben: Rhus 1) Unglücklicherweise sind nur oft, wie C. Parry in Owens Geol. Report on Wisconsin (1852. I. 607) hervorhebt, gerade die nutzbarsten Pflanzen auf die für Menschen am wenigsten bewohnbaren Plätze beschränkt, so der Wasserreis, die Cranberrys, die in Sümpfen, und die Huckleberries, die auf den unfrucht- baren Drifthöhenzügen des NW. wachsen. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 27 toxicodendron, Poison Jvy; R. venenata, Dog-Wood (nicht mit dem gleichnamigen prächtigen Strauch Cornus florida zu verwechseln); Cicuta maculata, Water Hemlock; Veratrum viride, IndianPoke; Symplo- carpus foetidus, Skunk Cabbage; Lobelia cardinalis, Indian Tobacco. Unter den eingeführten Pflanzen finden sich unsere wohlbekannten weit- verbreiteten altweltlichcn Giftpflanzen Schierling, Stechapfel, Bilsenkraut, Nachtschatten, Taumellolch. Peschel vergleicht auch') die Hausthiere „d. h. Thiere, die wirk- lich gezähmt worden sind, und solche, von denen man vermuthen darf, dass sie hätten gezähmt werden können": Alte Welt. Neue Welt. Renthier, Rinderarten, Kamel, Dromedar, Schwein, Elephant, Hund, Katze, Schaf, Ziege Ross, Esel. — Haushuhn, Gans, Ente. Renthier, Lama, Vicuna, Nabel- schwein, Wasserschwein, Tapir, Hund. — Truthahn, Hoccoshühner, -Moschusente. Auch diese Liste lässt Vervollständigung zu, wiewohl beim Mangel wilder Pferde, Rinder, Kamele, Ziegen, Elephanten kein Zweifel sein kann, dass in Bezug auf nutzbare Thiere Amerika sehr weit hinter der Alten Welt zurücksteht. Man hat zwar vielerlei Züchtungsversuche gemacht, aber über Hund und Truthahn ist man in Nord-Amerika nicht hinaus- gekommen. Von Interesse wegen Erfolgen, die möglich gewesen zu sein scheinen, sind jedoch noch immer die Versuche, den Büö'el zu zähmen. Die Zähmung des amerikanischen Büffels (Bison americanus) ist näm- lich erfahrungsgemäss möglich, scheint aber in neuerer Zeit nicht mehr mit derselben Aufmerksamkeit betrachtet worden zu sein wie in früheren Jahren, wo die Einfuhr europäischen Rindviehs nicht so leicht und der Sinn überhaupt mehr auf die Ausbeutung der dem Lande ursprünglich eigenen Schätze gerichtet war als heute. Allen hat in seiner Monographie „The American Bisons" (Cambridge 1876) zahlreiche Beispiele von Zähmung dieser Thiere gegeben. Einzelne Versuche in dieser Richtung waren schon von Indianern gemacht worden , so nach Woodhouse von den Creeks, und von Zähmung zum Zweck sei es der Ackerarbeit und Milchgewinnung oder der Mischung mit zahmen Rindern liegen besonders aus der Zeit der ersten Besiedelung sichere Nachrichten vor, die grossentheils nicht ungünstig lauten und sogar den ungemischten Büffeln als Zugthieren wegen grösserer Kraft den Vorzug vor den Rindern geben und besonders beim Pflügen; als Milchvieh scheinen sie sich weniger bewährt zu haben und ihr Fleisch steht im Ganzen zurück hinter dem des zahmen Rindes. Die Halbblut-Milchrasse stand an Grösse und Kraft weit vor den allerdings meist sehr verwahrlosten Rinderrassen der westlichen Farmer. Ueber die Fortpflanzungsfähigkeit dieser Mischlinge gehen die Meinungen auseinander, 1) Völkerkunde. 3. Aufl. 1876. 442. 28 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. während ihre Fähigkeit mit zahmen Rindern fruchtbare Nachkommenschaft zu erzielen nicht angezweifelt wird; die Fruchtbarkeit der Halbblutkuh wird von der besten Autorität behauptet*), während die des Halbblut- stieres angezweifelt wird. Jedenfalls vermischen sich die Büffelstiere ohne Schwierigkeit mit zahmen Kühen, während die zahmen Stiere die Büffel- kühe zu vermeiden scheinen. Als ein weiterer Vortheil der Büffel er- scheint ihre grössere Schnelligkeit und die Fähigkeit Hitze zu ertragen, welche die zahmen Rinder nicht besitzen. In neuerer Zeit scheinen die Versuche Büffel zu viehzüchterischen Zwecken zu zähmen in demselben Masse seltener geworden zu sein, als die Heerden immer weiter nach W. gedrängt wurden. Mit dem Elenthier, hier Moose genannt (Alces americanus) sind gleichfalls Zähmungsversuche gemacht, aber doch mehr nur in spielender Weise. Man hat einzelne so weit gebracht, dass man mit ihnen fahren konnte, aber als Hausthier lassen sie sich nicht benützen. Bemerkenswerth ist, dass die nordamerikanischen Hyperboräer das Ren- thier (Tarandus rangifer), wiewohl von gleichen Eigenschaften wie das europäische, nicht gezähmt haben. Der Edelhirsch oder Elk (Cervus canadensis) ist mit Erfolg ge- zähmt worden wie das Elenthier. Eine Zeit lang wurde die Idee be- sprochen, öde Stellen, wie sie z. B. im n. New York vorkommen und welche beim heutigen Stande der Cultur selbst noch nicht mit Vortheil zur Viehzucht verwandt werden können, mit Edelhirschen zu besetzen, und ein gewisser Lorenzo Stratton, der mit Erfolg sich der Hirschzähmung gewidmet hatte, wies in einem Briefe nach, der 1859 durch die Blätter ging, dass New York allein mindestens 100000 Elks auf ödem, unbenutztem Lande ernähren könnte. Die Anregung hat aber keine Nachwirkung gehabt. Der kleinere Hirsch (C. virginiana) ist in allen den Gegenden noch häufig, die erst im Anfang der Besiedelung stehen. Vermehrt sich aber mit der Bevölkerung das Holzfällen, Schiessen, die Hunde u. dgl, dann ziehen sie sich nach ungestörteren Gegenden zurück. Nicht selten weiden sie den jungen Hafer des Ansiedlers ab oder leisten seinen Kühen Ge- sellschaft, wenn diese im Walde grasen. Wenn im Winter das Reisig auf den Klärungen angesteckt wird, ziehen sie sich oft in grossen Rudeln wärmesuchend herbei und fressen das Moos und die Knospen des Ge- strüppes ab. Von den Wiederkäuern der Gebirge und Steppen des W., den Antilopen und Bergschafen (Antilocapra, Aplocerus, Ovis) sind nur die Antilopen ^ 1) Wickliffe in brieflichen Mittheilungen an Audubon and Bachmann s. deren Quadrupeds of N. Am. II. 52. Auf seine Angaben führt fast alles zurück, was seither in dieser Sache berichtet wird. Die ausführlichste Zusammenstellung alter und neuer Nachrichten über Zähmung des Bison americanus hat Allen in seinem obenerwähnten Werke 215—221 gegeben. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 29 wegen ihrer Häufigkeit in nahrungsarmen Steppen von Bedeutung für den Menschen. Das wilde Schaf der Felsengebirge ist kein Wollträger. Von anderen durch Nutzen oder Schädlichkeit für den Menschen be- deutsamen Thieren seien noch folgende genannt: Hasen sind vorzüglich in zwei Arten häufig. Der nördliche Hase (Lepus americanus) lebt zwischen dem 40. und 60. Breitegrad. Im Sommer röthlichbraun, wird er im "Winter fast weiss. Er ist der grössere von beiden, wird bis V2 m lang, ist ein Waldbewohner und hält sich am liebsten im jungen Tannengebüsch auf. Der kleinere graue Hase (L. sylvaticus) ist im Gegensatz zum vorigen am häufigsten in Gegenden, wo Lichtungen und dünner Wald mit einander wechseln, und soll mit den Farmern sich sogar über die Prärien verbreitet haben. Das Thier ist unserem Kaninchen ähnlich und richtet gleich diesem manchmal Schaden in den Anpflanzungen der Farmer an. In den sumpfigen Gegenden des unteren Mississippi-Gebietes kommt eine Art vor, welche Wasserhase ge- nannt wird, Florida hat seinen Sumpf hasen, und in den Steppen und Gebirgen des W. gibt es noch eine ganze Reihe von Hasen, welche meist ziemlich häufig sind. Von anderen grösseren Nagethieren sind die Biber (Castor fiber) aus den bewohnten Theilen der V. St. längst verschwunden. Als kost- bares Pelzthier ersetzt ihn die Moschusratte (Fiber zibethicus), welche gleich ihm ein Wasserthier ist, aber in Höhlen des Ufers wohnt. Eichhörnchen sind in einer grossen Anzahl von Arten vorhanden. Vom Fuchseichhorn, dem schwarzen und dem grauen, welche grösser sind als unsere mitteleuropäischen Arten, ist das Fell von erheblichem Werth und sie werden auch des Fleisches wegen gejagd. Die Grundhörnchen (Tamias) und Gophers oder Taschenmäuse (Saccomys) thun den Feld- früchten Schaden ähnlich wie bei uns die Hamster. Dasselbe gilt von dem murmelthierähnlichen Woodchuck. Vom Stachelschwein (Erethizon dorsatus) wird das Fleisch gegessen. Ebenso vom Opossum (Didelphys virginiana). Vom Stinkthier (Mephitis virginiana) und von dem auf den Prärien zwischen 35 und 58 " n. Br. häufigen Dachs (Taxidea americana), dem Wappenthier Wisconsins, wird das Fell geschätzt. Dasselbe gilt von dem Waschbär oder Raccoon (Procyon lotor), welcher zu den ver- breitetsten unter den grösseren und jagdbaren Säugethieren der V. St. gehört; er ist indessen gleichzeitig einer der schädlichsten durch seine Vorliebe für den Mais. In den jungen noch thierreichen Gegenden des W. haben kleine Farmer den Maisbau geradezu seinetwegen aufgeben müssen. Von grossen Raub thieren ist der Schwarze Bär (Ursus americanus) in erster Linie zu nennen, welcher noch heute im W., vorzüglich in der oberen Mississippi- und Missouri-Region, nicht selten ist. Noch vor 10 Jahren y wurden seine Felle zu .3 — 10 D. verkauft, ein Beweis, dass er noch nicht allzuselten geworden war. Es beruht wahrscheinlich auf der Ver- 30 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. wer.hselung mit einer helleren Art, dem sog. Cinnamom Bear (var. isahelliiius), wenn man sogar den Eisbär in Wisconsin gesehen haben will. Der Grizzly (U. ferox) der Sierra Nevada und des Küstengebirges gilt für das stärkste und gefährlichste von den nordamerikanischen Raubthieren. Der Vielfrass (Gulo luscus) kommt von Canada über die Nordgrenze, ist indessen selbst in den nördlichsten Staaten, wie Michigan, das einst nach ihm genannt wurde, selten. Er gehört nicht zu den angreifenden oder zu den reissenden Raubthieren, vertheidigt sich aber, wenn angegriffen, mit Wildheit. Vom Wolf gibt es den grösseren, dunkelgefärbten Wald- wolf oder Black Wolf (C. lupus) in der Wald- und den Präriewolf oder Coyote (C. latrans) in der Steppenregion*). Nur der crstere greift den Menschen an, wenn er vom Hunger dazu getrieben wird, was nur in den bevölkerteren Gegenden und im Winter geschieht. Dagegen sind beide den Heerden gefährlich und in einigen der n. Staaten sind Preise von 3 — 5 D. auf die ersteren gesetzt. Der Fuchs der ö. Staaten (Vulpes fulvus) ist dem unseren ähnlich, doch etwas kleiner, aber reich- lich ebenso schlau. Dem Federvieh der Farmer stellt er eifrig nach und wird mit Leidenschaft gejagt. Es gibt ausserdem noch sechs Arten im W. und S. Die Otter (Lutra canadensis), die bis zur Schwanzspitze reichlich 1 m lang wird, ist in Gestalt, Färbung und Sitten der unseren ganz ähnlich, ebenfalls Pelzthier. Aus der Familie der Katzen ist der Panther (F. concolor), der von dem Farmer als Painter angesprochen, das gefährlichste; im S. und SW. heimisch, streift er in den zusammenhängenden Wäldern, vorzüglich ^er Gebirge, so weit nach N., dass er z. B. selbst in den Adirondacks ein nicht seltenes Jagdthier darstellt. Seine Nordgrenze ist bei 55" n. Br. Der Puma oder amerikanische Löwe (F. concolor) gehört dem SW. an. Die Wildkatzen, wie verschiedene kleine, kurzschwänzige Luchse ge- nannt werden, gehen als nicht eben häufige Raubthiere durch die ganze Waldregion. Von grösserer Bedeutung sind indessen durch Nutzen und Schaden, die siebringen, die wie sei- und mar derartigen Raubthiere. Der Mink (Putorius vison), der bis V2 m lang wird, gehört zu den blut- gierigsten Wieseln ; er greift seine Beute auch im Wasser an, in welchem er sich vermöge seiner Schwimmhäute nicht weniger geschickt bewegt als auf dem Lande. Sein Winterpelz wird mit bis zu 5 D. bezahlt. Das Hermelin (P. noveboracensis) hat die Lebensweise unseres Wiesels, seih 1) lieber die Abstammung des Indianerhundes von einheimischen Wolfs- arten kann kein Zweifel sein. „Ich habe, sagt Richardson (Fauna Bor. Am. 182J) S. 64), mehr als einmal eine Bande von Wölfen für die Hunde einer Indianerschaar angesehen, und das Geheul beider ist so genau in derselben Tonart hinausgezogen, dass selbst das geübte Ohr des Indianers es nicht zu unter- scheiden vermag." Weitere Beweise bei Darwin, Animals and Plants under Domestication 18G8. I. 21. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 31 Pelz ist nicht viel werth. Das letztere gilt auch vom Fischer (Mustela Pernantii), der seinen Namen wahrscheinlich mit Unrecht führt. Dagegen ist der Fichtenmarder oder amerikanische Zobel (Mustela americana), der etwa so gross wie unser Marder, neben der Moschusratte das geschätzteste Pelzthier. Er kommt nur in den n. Staaten vor und ist ausschliesslich Waldthier. Deshalb zieht er sich vor den Ansiedelungen zurück, während die anderen mit der Zahl der Hühnerhöfe und Ententeiche zunehmen. Vögel. Von den Vögeln berührt nur eine geringe Zahl die wirth- schaftlichen Interessenkreise des Menschen, wogegen viele bedeutend mehr als die Säugethiere zu den Eindrücken beitragen, welche die umgebende Natur auf ihn macht. Man kann ilinen eine (im weitesten Sinn) mehr ästhetische Rolle zuschreiben. Von den Raubvögeln nährt sich der grösste, der weissköpfige Seeadler (Haliaetus leuocephalus) vorwiegend nur von Fischen. Seine Spannweite beträgt 2 m. Er ist das Wappenthier der Union*). Sperber, Bussarte, Falken fügen höchstens, wie bei uns, den Hühnerhöfen Schaden zu. Von den zahlreichen Eulen ist die grösste und kräftigste die Ohreule (Otus vulgaris), welche sogar ausgewachsene Truthähne raubt. Aasgeier (Cathartes atratus) kommen nur im S. vor, wo sie wegen ihres vermeintlichen Nutzens durch die Aufzehrung des Aases vom Gesetze geschützt werden. Es wäre wahrscheinlich besser, diese unreinlichen Vögel zu schiessen und das Aas dafür zu begraben. Den Saaten schädlich sind vorzüglich die Häher (Jay, Arten von Cyanurus und Iphelocoma), von welchen einige sehr schönes himmelblaues Gefieder haben, die glänzend schwarzen Dohlen oder Saatkrähen, die Black Birds der Amerikaner (Corvus americanus), der Crossbill oder Kernbeisser (Loxia curvirostra) und der Seidenschwanz. Dagegen gehören zu den nützlichen, als Insekten- und Würmervertilger, die Singdrossel oder der Robin (Turdus migratorius) und andere Drosselarten, der Blau vogel, Blue Bird der Amerikaner (Siala- Arten), der King Bird (Tyrannus carolinensis), die zahlreichen Spechte, von denen der grösste der Schwarzspecht (Hylotomus pileatus) fast so gross wie eine Krähe ist. Durch ihren Gesang beleben die Landschaft der Oriol oder Pirol (Icterus- Arten), die Drosseln, von denen sechs Hauptarten und mindestens doppelt so viel Abarten unterschieden werden, der Spottvogel (Mimus polyglottus), der indessen nur in den Süd- staaten häufig ist; dann der Blauvogel und Katzenvogel (Mimus carolinensis). Als der vorzüglichste Sänger des N. gilt der Reis vogel oder Bobalink (Doli- chonyx oryzivorus). Zur Belebung durch ihre Farben und Beweglichkeit tragen in hervorragendem Masse die kleinen Papageien des S. (der einzigen n. am. Art angehörend), der Pracht fink, Redbirdoder Cardinal (Cardinalis virginianus), 1) Ueber die Varietäten dieses für die Nordamerikaner begreiflicherweise sehr interessanten Thieres ist viel gestritten worden. Vgl. I. A. Allen „What is the Washingthon Eagle" in Am. Naturalist 1871. 524. 32 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickeliing. die Prärielerclie, Horned Lark (Ercmophila alpestris) und die Feldlerchc (Sturnella magna), die ungemein zahlreichen Staare, auch Black Birds ge- nannt, unter denen der Kuh vogel (Molothrus pecoris) einer der bekanntesten, das Kolibri (Trochilus colubris) *), die sog. deutsche Fahne, ein schwarzer Vogel mit roth und gelber Flügelbinde, endlich die zahlreichen Schwalben, welche besonders auch auf die Prärien hinaus den Ansiedelungen folgen und ganz wie bei uns zu den Freunden des Menschen gezählt werden. Zu den lautesten gehört ein Ziegenmelker (Anthrostomus vociferus), von den Amerikanern Whippoor will genannt, der in den Sommernächten un- aufhörlich das Geschrei ausstösst, von welchem er seinen Namen hat. Von den grösseren jagdbaren Vögeln ist der Truthahn heute nur noch in v/den Südstaaten häufig. Im N. ist er schon seit etwa 30 Jahren aus- gerottet. Er ist dunkler von Farbe und grösser als der gezähmte'*). Die Tetraoninae, Grouse (Auerhahn, Birkhahn, Haselhuhn etc.), erreichen ihre grösste Entwickelung in Nord-Amerika. Coues zählt neun Hauptarten auf. Hieher gehören verschiedene Haselhühner, Buschhühner, auch fälschlich Partridges genannt, etwas grösser als unser Rebhuhn, Wald- bewohner. Das Präriehuhn, Prairie Hen (Cupidonia Cupido) ist un- 1) Von den deutschen Farmern mit den unpoetischen Namen Schnurrvogel belegt. 2) Die Herkunft des Truthahns (Turkey) ist nicht ganz klar, wiewohl über den amerikanischen Ursprung des Vogels kein Zweifel sein kann. Die Schwierig- keit liegt in der Abweichung der Eigenschaften des domesticirten Truthahnes von denen des wildlebenden Meleagris gallopavo, der im ö. Nord-Amerika vorkommt. Es ist vorzüglich die Färbung, welche erheblich verschieden ist. Der Haus-Truthahn hat die Spitzen der Federn, die an der Schwanzwurzel und am hinteren Theil des Rückens liegen, rahm- oder gelblichweiss , während die- selben beim wilden Truthahn des ö. Nord-Amerika kastanienbraun sind. Auch andere Unterschiede, welche weniger hervortreten, scheinen die beiden von einander zu trennen. Seitdem indessen zuerst Gould^ und später auch die beste Autorität in diesen Dingen, Spencer F. Baird^), einen im SW. Nord- Amerika, und zwar besonders in Texas, Neu-Mexico und Arizona, und ausser- dem in Mexico vorkommenden wilden Truthahn, M. mexicana, beschrieben hat, welcher in allen Eigenschaften, ausgenommen nur die geringere Entwickelung der Fettlappen am Kopfe, mit dem gezähmten Thiere übereinstimmt, scheint die Annahme berechtigt, dass • der letztere von dem westamerikanischen und mexika- nischen Truthahn abstamme. Damit stimmen übrigens auch die geschichtlichen Zeugnisse, welche keinen Zweifel übrig lassen, dass aus Mexico der Truthahn von den Spaniern nach Europa, West-Indien und ihren Niederlassungen auf dem nordamerikanischen Festland gebracht worden sei. Der mexikanische Truthahn v/hat auch weissliches Fleisch, wie der gezähmte, während das des wilden nord amerikanischen von dunklerer Färbung ist. .. 1) Proc. Zool. Soc. London 1856. 61. 2) Pacific R. K. Kep. IX. 618, I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 33 gefähr von derselben Grösse und häufig in der Prärieregion. Das eigentliche Rebhuhn der Amerikamer, von ihnen Quail genannt (Ortyx virginianus), ist kleiner als das europäische Rebhuhn, grösser als unsere Wachtel, von vorzüglichem Fleisch. Der ausgiebigste Jagdvogel unter den Landbewohnern ist jedoch die Wandertaube (Ectopistes migratoria), welche in jedem Frühjahr in grossen oft wolkenartigen Schwärmen erscheint; sie ist wenig kleiner als unsere zahmen Tauben und sehr wohlschmeckend. An ihren Brutstätten in den Wäldern sitzen sie zu Hunderttausenden bei ; einander, so dass manche Farm.er, wie man sagt, mit den herausgefallenen Eiern und Jungen ihre Schweine mästen. — An Sumpf- und Wasservögeln ist in einem so wohlbewässerten Lande, wie es der 0. und N. der V. St. ist, natürlicli kein Mangel. Am häufigsten sind Enten, von denen die sog. Canvas Back (Fuligula vallisneria) die geschätzteste, die im Gefieder schönste die Waldente (Aix sponsa) ist. An Schnepfen und Becassinen (Snipes, Woodcocks, Plovers: Gallinago-, Tringa-, Totanus- Arten u. a.) ist kein Mangel. Unter den Tauchern ist der Leon oder Wassertrut- hahn (Colymbus torquatus) der grösste und ein beliebter Jagdvogel der Seeregion. Reptilien. Von Krokodilen hat nur der S. der V. St. zwei Arten, einen ächten Crocodilus und einen Alligator. Von Schildkröten kommen Riesenschildkröten an den Küsten der Südstaaten und ausserdem zahlreiche Emyden und Trionychiden (Weichschildkröten) in Süsswassern durch das ganze Gebiet vor. Mehrere davon sind essbar. Von Schlangen sind vier Arten Klapperschlangen (Crotalidae) und die Mokassinschlange als sehr giftige hervorzuheben. Die letztere ist eine Wasserbewohuerin, während jene anderen auf sonnigen Lichtungen, vorzüglich aber auf den höheren trockenen Punkten der Prärien und in den Steppen gefunden werden. Amphibien. Der 0. allein übertrifft weitaus Europa an Formen- reichthum dieser Classe. Für den Natureindruck ist es von Bedeutung, dass die Stimmen der ungemein zahlreichen Frösche ganz anders tönen als bei uns. Die kleineren Arten lassen einen Gesang ertönen, der „einem Schellengeklingel oder dem hundertstimmigen Piepconcert kleiner Vögel'* gleicht. Die grösste Art ist der Ochsenfrosch oder Bullfrog, der einen dumpfen Ochsenlaut von sich gibt. Gegessen wird nur von den Negern eine im Aeussern aalähnliche Sirenart des S. Fische. Der Reichthum an nutzbaren Fischen ist im 0. und S. ein sehr grosser, während er in der Felsengebirgs- und pacifischen Region gering ist. Alles in allem genommen enthalten die Flüsse und Seen der Ost- hälfte Nord-Amerikas wohl nicht weniger Nutzfische als diejenigen von Nord- oder Mittel-Europa und grossentheils gehören sie denselben Familien an. (Vgl. Bd. I. 409.) Am reichsten, viel reicher als in Europa, sind die Welse vertreten. Wenn auch ihre verschiedenen Gattungen Amiurus, R a t z e 1 , Amerika IL 3 34 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. Hopladeles u. a. nicht so beliebt als Speisefische sind wie unser Donau- wels, so fällt dagegen ihre grosse Zahl und die Grösse der Individuen für die Ernährung der niederen Classen stark ins Gewicht. Der weitver- breitete sog. Cot Fish ist in dieser Beziehung besonders wichtig. Von Barschen ist der kleine Yellow Perch, der bis Va m lang werdende Pike PercJi, dann PocJc Fish, White Bass und Black Bass hervor- zuheben. Die Bass-Arten (ßoccus und Labrax) gehören zu den feinsten Fischen Nord- Amerikas. Unter den Hechten ist zunächst unser Esox lucius als .Great Pickerei, der in den Grossen Seen vorkommt, dann Mascalonge und Common Pickerei zu nennen. Von den Lachsen be- herbergen die Gebirgsseen des NO. einige Seeforellen, die entschieden an unsere Saiblinge und Röthein erinnern; aber grosse Wichtigkeit erlangen sie erst in den pacifischen Flüssen, wo sie massenhaft und in riesigen Exemplaren vorkommen. Bekanntlich versorgt Oregon sogar Europa mit präservirtem Lachs. Die Weiss fische haben in einigen Corregonus- Arten der Grossen Seen massenhaft vorkommende und sehr wohlschmeckende Vertreter. Shad ist ein berühmter Fisch dieser Familie, mit dem in neuerer Zeit auch in Europa Acclimatisationsversuche gemacht worden sind. Eigenthümlich amerikanisch sind die Sonnenfische (Centrarchidae), von denen Goggle Eye oder Bock Bass und Grass Bass häufig und nützlich sind. — Die Muschelthiere, an denen die Flüsse und Seen Nord- Amerikas so reich sind (vgl. Bd. I. 410), dienen den Indianern in grosser Ausdehnung zur Nahrung, stellenweise auch den Negern. Aber für die Weissen sind sie von keinem Werthe. Dafür beuten diese den ungeheueren Austernreichthum vorzüglich der atlantischen Küste aus, ^die in dieser Beziehung von keiner europäischen erreicht wird, und die Austern sind in zahllosen Formen zubereitet durch die ganze Union hin ein sehr wichtiges Volksnahrungsmittel. Auf die S e e f i s c h e r e i wird noch zurückzukommen sein. Ausser auf den nahegelegenen Neufundlandbänken ist der Fischreichthum besonders gross über kleinen Bänken aus Kalk- stein, die in geringer Entfernung von der Küste auf der ganzen Strecke zwischen N. Carolina und Florida auftreten. Sie werden von den Ein- wohnern Fishing-banks genannt. Insekten. Es seien nur die verbreitetsten unter den schädlichen genannt. Von Käfern wird ein Curculio den Blüthen und Früchten der eingeführten Pflaumenarten so schädlich, dass manchenorts die Zucht der- selben aufgegeben werden musste. Ein etwas dunkler gefärbter Gattungs- genosse des Maikäfers wird von Jahr zu Jahr in den besiedelten Strichen zahlreicher und durch seine dem Engerling völlig gleiche Larve den Wiesen, Kartoffel- und Rübenäckern gefährlicher. Der in diese selbe Sippschaft gehörige Coloradokäfer (Doryphora decemlineata) ist seit einigen Jahren auch bei uns zur Genüge bekannt geworden. Den Kürbis-, Zucker- und Melonenpflanzen wird ein kleiner schwarz- und gelbgestreifter Rüsselkäfer I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 35 verderblich, indem er die Blätter abfrisst. Die bohrenden Larven der Holzkäfer richten besonders unter den Nadelhölzern grossen Schaden an, sind aber bei der verhältnissmässig geringen Aufmerksamkeit, die man bisher der Waldcultur schenkte, nur wenig bekannt. Von den Schmetter- lingen wird die Erdraupe eines kleinen grauen Nachtschmetterlings, die als Cut-worm bekannt ist, den zarten Schösslingen des jungen Mais und fast aller Gartenpflanzen in hohem Grade verderblich. Gewisse Spinnerraupen sind den Obstbäumen schädlich. Die schädlichste Raupe ist aber die von der Motte Aletia argillacea, der Cotton-worm, welcher fast alljährlich Millionen Werthe in den Baumwollpflanzungen zerstört*). Von den Or- thopteren sind die Heuschrecken der Schrecken der Prärie- und Steppen- gegenden, über die sie in manchen Jahren in eben so gewaltigen Mengen herab- fallen, wie man es aus dem SO. Europas, aus Westasien und Nordafrika kennt. Sie kommen auch manchmal, wenn auch in geringerer Zahl, bis in die Mittel- und Nordoststaaten. Der gefährlichste von den Zweiflüglern ist die sog. Hessen fliege, Cecidomyia destructor, von der die Sage geht, dass sie von den verkauften Hessen während des Unabhängigkeitskrieges herübergebracht worden sei. Dieselbe ist der ärgste Feind des Weizens, in dessen jungen Halmen ihre Maden leben. Von Milben ist eine Borken- laus, Aspidotus conchiformis , den Obstbäumen gefährlich. Die dem Menschen wenn auch nicht gefährlichen, so doch unangenehmen Moskitos, ., unseren Stechmücken vergleichbar, dann die noch viel beschwerlicheren Schwarzmücken (Black Flies) sind in allen feuchten und frisch gelichteten Gegenden Nord- Amerikas häufiger und lästiger als bei uns. Es scheinen für sie, wie für andere Insekten, schädliche und unschädliche, die grösseren Niederschlagsmengen wenigstens der östlich vom Mississippi gelegenen Gegenden und dann die höheren Sommertemperaturen günstig zu sein. Auch unsere Hausplagen: Stubenfliegen, Wanzen, Flöhe u. s. f. sind ver- breitet. Im Allgemeinen gilt die Regel, dass mit dem Fortschreiten der Cultur die Menge des Ungeziefers zunimmt. Glücklicherweise gilt dieselbe ^ Regel auch für eine grosse Zahl von insektenfressenden Vögeln. V. Die V. St. sind ein sehr mineralreiches Land; aber wenn man erwägt, wie reich sie mit Mineralschätzen bedacht sind, so darf man nicht ausser Acht lassen, dass dieser Reichthum über ein sehr weites Gebiet, aber unter eine bis jetzt noch geringe Anzahl von Menschen vertheilt ist. In einigen Jahrhunderten, wenn die 45 Mill. y Menschen der V. St. sich auf 200 Mill. vermehrt haben werden, wird die Fülle dieser Schätze nicht mehr so grossartig erscheinen wie heute. Dann werden diejenigen Gegenden, welche an Kohle, Eisen, Kupfer, 1) Die Baumwollpflanzer berechneten 1877 den durch den Cotton-worm verursachten Verlust auf 15 Mill. D. Rep. Dep. Agr. f. 1877 S. 156. 3* 36 I. Die natürliclien Bedingungen der Culturentwickelung. Silber, Gold u. s. f. weniger besitzen, nichtsdestoweniger ebenfalls ihren Bevölkerungsantheil haben, und es wird demselben die mangel- hafte Ausstattung seiner Wohnstätte mit diesen nothwendigen oder angenehmen Dingen empfindlich genug sein. Die Verschwendung aller dieser leicht gewonnenen Gaben, die heute sowohl in der Ge- winnung als in der Benützung derselben noch immer gross ist, wird dann nicht mehr möglich sein. Man kann nicht leugnen, dass die Ausstattung der V. St. mit Mineralschätzen zum Theil deshalb so grossartig erscheint, weil die Zahl derjenigen, die Nutzen davon ziehen, im Vergleich zur Grösse des Landes und seines natürliclien Reichthums noch so gering ist^). Aber auch abgesehen von dieser einschränkenden Erwägung ist das Gebiet der V. St. in "Wirklichkeit ein mineralreiches Land. Die zwei Hauptgebirgszüge desselben, die Alleghanies und die Cordilleren, gehören zu den erzreichsten Gebirgen der Erde und ausserhalb derselben sind noch beträchtliche Schätze, vor- züglich an Kohle, Eisen, Kupfer und Salz, im flacheren In- neren des Continentes angehäuft. Die Steinkohlenformation allein bedeckt in ihrer produktiven Ausbildung 125 000 e. Q. M. und die Masse der Steinkohlen, welche in den V. St. heute gewon- nen werden, steht nur noch hinter derjenigen Englands zurück und hat diejenige Deutschlands bereits übertroffen. Dieselbe Stel- lung nimmt dieses Land hinsichtlich der Roheisenerzeugung ein, für welche es nicht bloss durch grosse Mannigfaltigkeit und ausser- ordentlichen Reichthum, sondern auch durch sehr günstige Lage und Vertheilung seiner Eisenerzlager in hohem Grade begünstigt erscheint. Der grösste Theil seiner Eisenerzlager umgibt in engerem oder weiterem Kreis die grossen Kohlenfelder und die Mehrzahl ist auch für die Verschiffung durch die Nähe des Mississippi, Ohio, Hudson und der Grossen Seen günstig gelegen. Endlich darf man in unserer *) Diese Erwägung muss man übrigens gegenüber der gesammten Produktion der V. St. auf allen Gebieten im Auge behalten. Sie können so viel Reich- thümer erzeugen und abgeben, weil sie die besten Theile des weiten Landes vorweg in Beschlag nehmen und weil im Verhältniss zur Ausdehnung und dem natürlichen Reichthum desselben ihre Zahl noch so gering ist Das Verhältniss wird sich von Jahr zu Jahr ändern in dem Masse, als die Bevölkerung dichter wird und sich gleichmässiger über das Land vertheilt. 1. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 37 Zeit des immer ausgedehnteren Stalilverbrauclies auch nicht des Vorzuges vergessen, den die V. St. darin besitzen, dass einige ihrer grössten Eisenerzvorkommen ausgezeichnet sind durch die- jenigen Eigenschaften, welche die Stahlbereitung aus denselben er- leichtern. Unzweifelhaft ist das Uebergewicht der Ver. St. in der Erzeugung der vier wichtigen Metalle Kupfer, Quecksilber, Silber und Gold. Aus einer einzigen Fundstätte des ersteren wird nahezu V3 alles Kupfers erzeugt, das in der Welt verbraucht wird. Das Quecksilber wird in Californien, das Silber in Nevada und das Gold in Californien, Colorado und den anderen Staaten westlich der Felsengebirge in grösseren Mengen gewonnen als irgendwo sonst in der Welt. Die amerikanische Quecksilber- und Silbererzeugung überwiegt, wie die des Kupfers, die gesammte übrige Erzeugung der Alten Welt. Und dabei sind das erst Anfänge, denn Kupfer wird erst seit 1845, Quecksilber seit 1851, Silber seit 1859 v^ in nennenswerthem Massstabe in den V. St. gewonnen. . Auch an der Blei- und Zinkproduktion der Erde betheiligen sich die V. St. in erheblichem Masse. Für das Petroleum haben sie bekanntlich, man kann fast sagen, ein Monopol, indem alle europäischen und asiatischen Vorkommen, die bis jetzt zur Ausbeutung gelangt sind, vor der Massenhaftigkeit und Vorzüglichkeit des amerikanischen weit zurücktreten. Füge ich hinzu, dass Steinsalz, Phosporit, Gyps, Kaolin, Cementkalk, Asphalt sämmtlich in hervorragend reichen Ablagerungen im Gebiete der V. St. gewonnen werden, dass auch Bausteine in grosser Mannigfaltigkeit und Güte vorzüglich in dem granit-, gneiss- und marmorreichen Gebiete östlich des Mississippi vorkommen, so scheint es, als ob bezüglich der Versehung mit Mineralschätzen jedes andere Land der Erde dieses so ungewöhn- lich reich ausgestattete beneiden müsse. Indessen sind gewisse Bedingungen, unter denen dieser Keich- thum sich bis jetzt entfaltet hat, nicht zu übersehen, ebensowenig wie gewisse Grenzen, welche ihm gezogen sind. Es ist Thatsache, dass die ergiebigen Steinkohlenlager fast sämmtlich auf das Land östlich des Mississippi beschränkt sind, während westlich davon, mit einziger Ausnahme vielleicht des noch wenig untersuchten texanischen Kohlenfeldes, nur Braunkohlen in zerstreuten und allem Anschein 38 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. nach nirgends sehr mächtigen Lagern vorkommen. Und doch gewinnt gerade in diesen baumlosen Gegenden fossiles Brennmaterial eine erhöhte Bedeutung. Ebenso wären Eisenerzlager von der Grösse der im Osten der V. St. vorhandenen im Westen noch nachzuweisen. Gold, Silber und Quecksilber werden östlich der Felsengebirge wahrscheinlich nie in erheblichen Mengen gewonnen werden. Sie gehören, nach allen Anzeichen, vorzüglich den grossen Gebirgszügen des Westens, den Cordilleren, an. Aber wie überall, hat auch hier der Goldreichthum sehr bald nachgelassen, als man erst einmal die oberflächlichen goldführenden Kiesel und Sande der Flüsse aus- gewaschen hatte. Sie schwankt seit Jahren nur wenig und dürfte ganz wie die australische bald eine erhebliche Verminderung er- fahren. Jedenfalls ist die Zeit der reichsten und leichten Ernten für immer vorüber, denn es gibt gewiss keinen noch so kleinen Bach in dem ganzen Gebirgsland des Westens, so weit und öd es ist, welcher nicht schon des öfteren sein Geröll durch die Wiege des Goldwäschers hat laufen sehen. Ebenso sind auch die Goldquarz- entdeckungen immer spärlich geblieben und haben bis jetzt nirgends Aussicht auf grosse, unerwartete Steigerung ihres Keichthums ge- geben. Der Ertrag der Silberbergwerke ist in den letzten 15 Jahren, besonders in Nevada und Colorado, wo die grössten sich finden, ausserordentlich gestiegen ; aber man muss beachten, dass ihre Aus- beutung mit wahrhaft fieberhafter Eile vorgeht, welche die Er- schöpfung mancher beschränkterer Vorkommnisse schon in dieser verhältnissmässig kurzen Frist herbeigeführt hat. In der einträg- lichsten Silbermine Nord-Amerikas (Mexico nicht ausgeschlossen), dem sog. Comstock Lode Nevadas, hat man, da der Gang in ziem- lich jungem, vulkanischem Gesteine aufsetzt, schon jetzt mit Wärme- graden zu thun, welche die Arbeit erschweren. Uebrigens hat man beim Gold- wie beim Silberbergbau von Anfang an sehr leicht- ^ sinnig gearbeitet. Tausende von Chinesen waschen heute mit Ge- winn dasselbe Geröll, das die alten Californier vor 25 und 30 Jahren schon einmal durchwuschen, und so wird man vielleicht in nicht allzuferner Zukunft jenen Silbergehalt von 30 X noch zu gewinnen suchen, den man in Nevada in den Schlacken stecken lässt. Von übleren Folgen für die Zukunft des Bergbaues dürfte jedoch die falsche I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 39 Art des Abbaues oder der bewusste Raubbau in vielen Bergwerken sein. Bedeutende Abnahmen hat man auch, der Art des Vor- kommens entsprechend, im Ertrag der Petroleumbrunnen wahr- genommen und zwar sowohl nach Menge als nach Güte. Selbst in den Anthracitbergwerken hat man es schon nothwendig gefunden, die alte blind ausbeutende Abbauweise mit einer vorsichtigeren zu vertauschen, die auch den künftigen Generationen noch einige Möglichkeiten übrig lässt. VI. Es ist begreiflicherweise weniger zu sagen von den Natur- bedingungen der Industrie als von denen des Acker- und Berg- baues, doch ist immerhin nicht zu übersehen die Förderung, welche jene durch die grossartige Erzeugung so nothwendiger Rohstoffe wie Kohlen, Eisen, Baumwolle und Wolle erfährt. Die V. St. sind für Baumwolle und Kohlen ganz unabhängig von Auslande, nach welchem sie von der ersteren noch jährlich für 150 — 180 Mill. Doli, ausführen. Der Eiseneinfuhr von ca. 8 Mill. stand 1878 eine Ausfuhr von 10 Mill. Doli, gegenüber und nur bei Wolle genügte noch nicht die einheimische Erzeugung des Rohstoffes dem Bedürfniss der Industrie. Die grossen Wasserkräfte, die im wohl- bewässerten 0. und S. der Union und theilweise auch in den Ge- birgen des W. zu finden sind, dürfen als Förderer der Industrie nicht übersehen werden. Aber ihre bedeutendsten Stützen sind allerdings der Fleiss, die Energie und die geistige Regsamkeit der Bevölkerung, welche ihrerseits wahrscheinlich mehr als man denkt von den klimatischen Einflüssen bestimmt werden. Vom N. bis zum S. gehört das Klima mit seinen kühlen, zum Theil sehr kalten Wintern ohnehin zu jenen, welche in hohem Grade förderlich sind für die Stählung des Körpers und die Neigung zur Arbeit. VII. Fragt man nach dem Masse von Begünstigung, welche der Anlage grosser Verkehrswege in den Naturverhältnissen der V. St. zu Theil wird, so liegt die Antwort grossentheils schon in dem vorhergehend Gesagten. W^o die Natur so grosse durchgehende Wege gewiesen hat wie in diesem Gebiete, ist schon dadurch die Entwickelung des Verkehrs in hohem Grade erleichtert. Man ver- gleiche Europa, von dessen Kern und Rumpf grosse und wichtige Gebiete wie die Pyrenäen-, Apenninen- und Balkanhalbinsel durch 40 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelimg. Gebirge abgeschlossen sind, während Meeresarme die britischen Inseln und Skandinavien vom Festlande scheiden. Im Gebiete der Ver. St. ist kein ähnlicher Fall zu verzeichnen mit Ausnahme der Absonderung aller nach dem Stillen Meere zu gelegenen Staaten und Territorien von dem östlich des Felsengebirges gelegenen Gross des Landes durch dieses ebengenannte Gebirg. Betrachten wir aber diesen grossen von den Felsengebirgen, dem Golf von Mexico und dem - Atlantischen Meere begrenzten Abschnitt der V. St. hinsichtlich seiner Verkehrsbedingungen, so ist ein gleich grosses Gebiet (ca. 80 000 Q.M.) mit gleich günstigenVorbediiigungen wenigstens in Europa nicht zu finden. Auch Asien und Afrika bieten nichts, was diesem verglichen werden könnte, und nur Süd-Amerika zeigt sich zwischen Anden und Atlantischem Ocean ähnlich günstig für den Verkehr geartet. Die Eodengestaltung ist bei all den bedeu- tenden Unterschieden, die sie aufweist, so vermittelt und abgeflacht, dass die Dampfer des Mississippi, einerseits auf dem Missouri bis über die Mündung des Yellowstone hinaus, man kann also sagen bis zum Fusse des Felsengebirges, andererseits im Ohio bis nach Pittsburg, also bis in das Herz der Alleghanies, zu gelangen vermögen. Ebenso ist die Verbindung des Mississippi mit den Grossen Seen, zunächst mit dem am weitesten nach S. reichenden Michigan-See über einen fast flachen Landrücken weg, mit gar keinen Schwierig- keiten verbunden. Ein Canal verbindet in dieser Richtung schon \/längst das System des Mississippi mit dem des S. Lorenz, so dass man sagen kann, dass dieser ganze Abschnitt eigentlich wie eine Insel auf allen Seiten vom Wasser umgeben ist — vom Meere im 0. und S., vom Mississippi im W., von dem „Süsswasser-Binnenmeer" der Grossen Seen und dem S. Lorenz im N. Nachdem kleinere Seeschiffe via S. Lorenz und Grosse Seen bis nach Chicago ge- kommen und Dampfer von 2000 T. zu den gewöhnlichen Erschei- nungen auf dem Mississippi gehören, fehlt nur wenig, dass diese Verkehrsinsel von Seeschiffen umfahren wird. Wenn es das Be- dürfniss jemals erheischen sollte, wird es mit verhältnissmässig / geringen Schwierigkeiten einfach durch Erweiterung des lUinois- Canals zu bewerkstelligen sein. Flüsse, die im Grossen schiffbar, münden aus diesem Gebiete erst südlich von Neuengland. Der I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 41 Hudson ist der erste, von dem ab dann nach S. zu alle bedeuten- deren Abflüsse der Alleghanies, sowohl die ins Atlantische Meer als in den Golf mündenden, bis zum Mississippi als schiff"bar zu bezeichnen sind. Dabei ist wieder als ein bemerkenswerth günstiger Umstand hervorzuheben, dass gerade der für die grosse Schiffahrt günstigste von allen, der Hudson R., von der tiefsten Einsenkung herabfliesst, welche im ganzen Alleghany - System zu finden. In dieser Einsenkung verbindet der Erie-Canal sammt mehreren grossen Bahnlinien die Seeregion und das Gebiet des oberen Mississippi mit den grossen Handelsplätzen der atlantischen Küste. Die Haupt- ader ist aber der Mississippi. Die Schiffbarkeit der Hauptarme dieses Stromes reicht bis in die AUeghanies, bis an den Fuss des Felsengebirges und bis nahe an die Nordgrenze der Union. Mit dem Ohio und Missouri zusammen bildet er zwei grosse Grund- linien des Verkehres, eine nord-südliche und eine west-östliche, die sich bei S. Louis schneiden. Mit allen seinen Nebenflüssen zusam- men hat man ihm eine SchiflT^arkeit von 25 000 km zugeschrieben. Wenn irgend ein Strom, so verdient es dieser, die Lebensader des Landes zu heissen, das er bewässert. Zwar ist ihm für jetzt durch das überwiegende Bedürfniss nach möglichst raschem Verkehr und Umsatz noch nicht die grossartige Funktion zugefallen, für die er zweifellos bestimmt ist, und hat es sogar der Waarenzug, der aus W. nach der atlantischen Küste geht, vorgezogen, in einer Reihe von direkten west-östlichen Eisenbahnen die AUeghanies zu über- schreiten, statt den Stromweg nach dem Golf von Mexico aufzu- suchen. Indessen hat die Natur in diesem Stromsystem zu günstige Bedingungen geschaffen, als dass der Verkehr nicht zu ihrer Aus- nützung zurückkehren sollte, sobald das Bedürfniss billigerer Be- förderung sich stärker zur Geltung bringen wird. Die grösseren texanischen Flüsse, die man noch in dieses Gebiet rechnen kann, sind so wenig schiffbar, dass sie wenig ins Gewicht fallen. Nur der Trinity R. (Galveston) bietet etwas günstigere Verhältnisse und im Rio Grande sind Dampfer bis zur Pecos-Mündung gegangen ; aber die Mündungen von allen diesen Gewässern neigen zu einer Verschlammung, die sie von der See her schwer zugänglich macht. — Ganz anders liegen die Verhältnisse im W., wo die Bodengestaltung 42 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. und die Bewässerung Schwierigkeiten schaffen, welche dem Ver- kehr immer sehr bedeutende Hindernisse entgegenstellen werden. Schon der Zugang von 0. her durch die Steppe bildet eine Schwierig- keit, welcher in der Zeit der Auswandererkarawanen nach Californien und Oregon zahlreiche Opfer fielen. Doch bilden die Thäler des Missouri, des Platte R. und des Arkansas ebensoviel natürliche Bahnen, an die in der That zuerst die Auswandererstrassen und später die" Eisenbahnen sich anschlössen. Sie führen alle bis hart an das Gebirge hin oder sogar in dasselbe hinein. Durch das Ge- birge hindurch ist als von Natur bequemster Weg derjenige vorge- zeichnet, welcher über den Lewis and Clarke's-Pass von dem Missouri- ins Columbia-Thal führt. Weiter im S. folgt der Weg, den die Pacific-Bahn eingeschlagen hat, einer Oasenkette, deren Hauptpunkte durch denEvans-Pass, den grossen Salzsee, denHumboldt-Fluss und den Summit-Pass bezeichnet werden. Endlich führen noch weiter im S. aus dem Thal des oberen Rio Grande von Santa Fe und El Paso ab zwei von Natur gangbare Strassen in sw. Richtung nach dem unteren Colorado. Innerhalb der grossen Erhebungsmasse des W. kann als ein die natürlichen Verkehrsschwierigkeiten milderndes Moment die starke Vertretung der Hochebenen bezeichnet werden und das vor- züglich in dem Gebiete zwischen Columbia und Colorado. In der südlichen Hälfte des Colorado-Gebietes schafft dagegen die über- wiegende Canonform der Thäler ein tief- und steilzerschnittenes Gebiet, das die denkbar ungünstigsten Bedingungen für allen weiter- gehenden Verkehr umschliesst, und zwischen diesem Theile und dem Stillen Meer ist die Mohave-Wüste ein durch ihre Wasserarmuth schwer begehbares Gebiet, durch das aber dennoch ein erheblicher Verkehr zwischen Californien und dem Colorado- Gebiet sich bewegt u^id welches neuerlich sogar eine Eisenbahn erhalten hat. Dafür ist der Colorado trotz seiner Wasserarmuth durch die schmale und steile Thalbildung, die ihm eigen, für die Schiffahrt in grosser Länge geeignet. Ein besonderes Verkehrsgebiet bildet unter den pacifischen Gebieten Californien mit seinem zwischen Sierra und Küsten- gebirge eingeschalteten langen und breiten Thalbecken des Joaquin und Sacramento. Diese Flüsse sind in erheblichem Masse schiffbar und ihre Thalniederungen bieten eine fast hindernisslose Naturstrasse 1. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 43 vom Südende des Cascadengebirges bis zum Fusse des Tejon-Passes. Dagegen erschwert der rauhe Gebirgscharakter Nord-Californiens den Verkehr mit Oregon, d-em selbst heute noch keine Eisenbahn zur Verfügung steht. Der Columbia ist wegen seiner Stromschnellen nicht höher als 180 km von der Mündung schiffbar. VIII. Die geographische Vertheilung der Wirthschaft ist in erster Linie von den Naturbedingungen, in zweiter von der Dichtigkeit der Bevölkerung und den verschiedenen Gaben, Gewohn- heiten etc. derselben abhängig. In einem so weiten, dünn bevölkerten und von Natur ebenso reich als verschiedenartig ausgestatteten Gebiete wie dem der V. St. überwiegen für lange noch die ersteren. Zwar hat bei dem ganz natürlichen Streben, mit fortschreitender Cultur die Einseitigkeit in diesen Bethätigungen abzustreifen, schon heute ein Theil des W. und S. angefangen, von dem reinen Acker- bau zur Industrie überzugehen (Ohio, Indiana, Alabama u. a.), ebenso wie einige vor Kurzem noch vorwiegend viehzüchtende Gegen- den zum Ackerbau vorgeschritten sind (Texas, Californien). Californien hat seit 30 Jahren sogar drei Wandlungen durchgemacht, welche durch die Stufen: Bergbau, Viehzucht, Ackerbau und Industrie be- zeichnet werden. Sieht man aber ab von diesen erst im Beginne befindlichen Verschiebungen, die übrigens ihre Grenzen haben, und fasst diejenigen wirthschaftlichen Erscheinungen ins Auge, welche gegenwärtig noch in einem Gebiete so stark vertreten sind, dass sie diesem einen bestimmten Charakter aufprägen, so lassen sich Abgrenzungen ohne grossen Zwang in den folgenden Richtungen durchführen. I. Industrieregion: Die Neuengland -Staaten, New York, New Jersey, Pennsylvanien , Maryland, Delaware, das östliche Ohio. Dicht- bevölkerte, hochc ultivirte Industrieregion, welche alle älteren Colonien an der atlantischen Küste, Virginien allein ausgenommen, und die grössten Handelsstädte der V. St. umschliesst und den grössten Theil des Handels mit Europa in Händen hat. Boden im Allgemeinen nicht sehr fruchtbar. Neben der altangesessenen, dichten und intelligenten Bevölkerung sind die günstige Handelslage und der Reich thum an Kohle und Eisen als wesent- liche Momente der wirthschaftlichen Bedeutung dieses Gebietes hervor- zuheben. Es umschliesst den dritten Theil der Bevölkerung der V. St. 44 I Die natürlichen Bedingungen der Culturent Wickelung. und 7 Grossstädte ^) mit zusammen 2V5 Mill. Einw. Die beiden grössten Städte der Union gehören hierher. II. Südliche Ackerbauregion. Umschliesst ausser Maryland, Delaware und Missouri alle früheren Sklavenstaaten, darunter einige der ältesten (Virginien, Florida) und jüngsten (Texas) Staaten. Die Bevölkerung ist dünn, stark mit farbigen Elementen durchsetzt, von sehr verschiedener Culturhöhe je nach dem Alter der Ansiedelungen, vorwiegend ackerbauend. Boden fruchtbar, aber in den älteren Theilen durch Raubbau ausgesogen. Hauptgetreide: Mais. In vielen Gegenden dichtbewaldet und in Folge dessen in neuerer Zeit viel Holz ausführend. Zahlreiche mittlere Städte, nur 1 Grossstadt (New Orleans). Dieses Gebiet kann vorzüglich nach der Art seiner Haupterzeugnisse wieder in zwei Theile zerlegt werden: «)Die nördlichen Südstaaten: Virginien, W. Virginien, N. Carolina, Tennessee, Kentucky, Arkansas. Das Klima ist für den grossen Anbau der Baumwolle u. a. subtropischer Gewächse nicht überall geeignet, an deren Stelle vorzüglich Tabak und Hanf und in neuerer Zeit auch Getreide treten. Nicht bloss durch Klima, sondern auch durch Zusammen- setzung, Dichtigkeit und Vertheilung der Bevölkerung bilden diese Gegenden den Uebergang zum N. Sie umschliessen 15"/o der Bevölkerung. b) Die eigentlichen Südstaaten oder Baumwollenstaaten. Die südatlantischen und Golfstaaten von S. Carolina bis Texas. Haupt- erzeugnisse : Baumwolle, Reis, Rohrzucker, Südfrüchte, Holz. Bevölkerung, in einigen Staaten zur Hälfte farbig, beträgt 14Vo der Gesammtbevölkerung. III. Westliche Acker bau region: Ohio, Indiana, Illinois, Missouri, Iowa, die östlichen Hälften von Kansas und Nebraska, Michigan, Wisconsin, Minnesota, also den sog. Alten W. oder W. kurzweg und den NW. um- fassend. Diese Region ist das eigentliche Getreideland der V. St. lieber alle hervorragend sind Ohio, Indiana, Illinois und Iowa, welche die grösste Mais- und Weizenerzeugung und den grössten Viehstand haben. Sie er- zeugten 1877 allein 45Vo der gesammten Mais- und 33Vo der gesammten Weizenernte und besassen 20Vo des gesammten Rindviehstandes. Durch die Blüthe der Landwirthschaft und das starke Anwachsen der Bevölkerung sind auch die Industrie und der Handel in dieser Region zu bedeutender Entwickelung gelangt; sie werden ausserdem durch die ungemein günstigen Verkehrsverhältnisse (die Grossen Seen, der Mississippi, Missouri und Ohio) und durch Mineralschätze (Steinkohlen, Eisen, Blei) gefördert. Zeugen dafür sind 4 Grossstädte mit zusammen 930000 Einw. und ihre Be- völkerung, die V3 der gesammten umfasst. IV. Steppenregion. Umschliesst die westlichen Theile von Kansas und Nebraska, den grössten Theil des Indianer-Terr., den N. und NW. von Texas, die nicht gebirgigen Theile des ganzen W. bis zum Felsen- 1) Ich verstehe hierunter diesem Namen Städte mit mehr als 100000 Einw. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 45 gebirge vorzüglich in Neu-Mexico, Colorado, Wyoming und Dakota. Dem Ackerbau nur in sehr beschränkter Ausdehnung zugänglich, nämlich in den Flussthälern und jenen Theilen, die künstlich bewässert werden können. Auch für die Viehzucht wegen des spärlichen Graswuchses und des sehr extremen und wechselvollen Klimas nur wenig nutzbar. Bis jetzt ohne nennenswerthe Mineralschätze. Scheint für alle Zeiten zur Unfruchtbarkeit ^ und Menschenleere verdammt zu sein. Bevölkerung höchstens 60000. V. Die Gold- und Silberregion. Umschliesst die ganze Gebirgs- masse vom Felsengebirge bis zur Sierra Nevada, diese und das ealifornische Küstengebirge noch mit in sich fassend. Reich an Silber und Gold vor- züglich in Californien, Nevada, Utah und Colorado. Besitzt ausserdem andere Mineralschätze, auch Kohlen, welche noch manche neue Entwickelung verheissen. Nur die Berge sind bewaldet, die flachen Theile sind Steppen gleich denen der vorigen Region. Dem Ackerbau und der Viehzucht nur oasenweise wegen der Dürre und Wechselhaftigkeit des Klimas und der meist schon beträchtlichen Höhenlage zugänglich. Bevölkerung gegen 180000 (ca. 0,4 Vo). VI. Der pacifische Abhang. Umschliesst die Theile von Californien, Oregon und Washington Terr., welche westlich von der Sierra und dem Cascadengebirge gelegen sind. Im N. durch sehr feuchtes, im S. durch mittelmeerisches Klima für Ackerbau, Viehzucht und Waldwuchs theilweise in ausgezeichneter Weise geeignet. Erheblicher Theil der Bevölkerung aus fleissigen Chinesen bestehend. Grosse Schafzucht, Weizen- und Wein- erzeugung. Südfrüchte. Diese Region hat 20% aller Schafe in den V. St., erzeugt mehr Wein als alle anderen Theile der Union zusammen und nimmt mit OVo an der gesammten Weizenerzeugung Theil. Starker Export von Edelmetallen, Bauholz und Weizen. Vorzügliche Handelslage. Industrie durch die Bedürfnisse des Bergbaues und die Entlegenheit der östlichen Industriecentren gefördert. Einzige Grossstadt ist S. Francisco, die dritte Handelsstadt der Union. Bevölkerung ca. l,5Vo. IX. Unmittelbare Wirkungen der Natur auf den Geist des Volkes. Bei einem Volke, das der Natur im Ganzen noch so nahe steht, das von so mächtigen Scenen umgeben und in viel ent- schiedenerer Weise von seiner Natur Umgebung abhängig ist als jedes in derCultur ältere und dichter wohnendeVolk, müssen grosse unmittel- bare Einwirkungen der Natur vorausgesetzt werden. Sie werden auch in vielen Aeusserungen des Volksgeistes erkannt, sind aber schwer mit Bestimmtheit von anderen Erscheinungen zu sondern und in ihrer Eigenartigkeit festzustellen. So viel ist jedoch sicher, dass der Geist der Nordamerikaner von keiner Eigenschaft seines Wohngebietes 46 I. Bie natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. in so hohem Grade beeinflusst wird wie von der Weite desselben. So wie R. W. Emerson von den Gesetzgebern sagt, „die die Gesetze machen für das Land zwischen den zwei Oceanen und zwischen den Schneefeldern und dem Wendekreis", dass „etwas von der Grösse dieser Natur in ihrem Gesetzbuch erscheinen müsse", so meinen auch andere mit ihm, dass es „Amerika besonders leicht fällt, die weitesten Anschauungen zu erzeugen". Das Schrankenlose ^in dem Charakter des Nordamerikaners, das sich ausspricht in den grossartigen Plänen, die er fasst und oft auch durchführt, in der Ungewohnheit vor dem Niedagewesenen zurückzuschrecken nur weil es neu ist, in der Gewohnheit nichts für unmöglich zu halten, an was überhaupt Menschenkraft sich wagen kann, in der Zuversicht v'^auf eine unerreichte Grösse, die seiner Nation beschieden sein wird : dieser Zug, der sehr wesentlich die Culturfortschritte des jungen Volkes befördert, ruht zu einem nicht geringen Theile auf dem v< Gefühl der räumlichen Weite. Es verliert vielleicht von seiner geradezu bezaubernden Macht in dem Masse, als dieses Gebiet mit zunehmender Erforschung und Besiedelung in ein helleres Licht tritt und als jene Mängel, die Theilen grosser Erdräume nothwendig ankleben: Unwirthlichkeit, Dürre, Unfruchtbarkeit, sich an die Stelle der reizenden Bilder drängen, die man sich von der Zukunft eines Landes, gross wie Europa und fruchtbar wie das Mississippi- Thal, gemacht hat. Doch bleibt noch immer genug, um jenem v^kühnen, alles Beste für sich erwartenden Optimismus Nahrung zu geben, der so viel dazu beiträgt, der nordamerikanischen Gesellschaft einen Zug von jugendlicher Frische zu geben. Durch alle Ent- täuschungen politischer und wirthschaftlicher Art lebt unverwüst- lich der Glaube fort an die grosse Zukunft der Union. Dies ist ein Boden, auf dem die Kraft wächst. Schweres zu überwinden und Grosses zu leisten. Ob freilich nicht dem Geiste eines Volkes, das auf so weitem Gebiete in zusammenhängendem Staate sich entwickelt, bei aller Grossartigkeit eine gewisse Einförmigkeit sich ^ aufprägen wird? Man hat die Frage bereits bestimmt in dem Sinne bejahen wollen, dass aus den V. St. ein zweites China von starrer Einerleiheit werden müsse. Es ist noch lange bis dahin. Man hat in dieser Beziehung, wie es scheint, eine vorübergehende Er- I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 47 scheinung für den Keim einer bleibenden Entwickelung genommen. Wenn eine gewisse Einförmigkeit in der heutigen Bevölkerung der V. St. wahrzunehmen ist, so beruht dies darauf, dass sie noch nicht Zeit gehabt hat, in ihren verschiedenen Wohngebieten sich heimisch zu machen und die Sondermerkmale anzunehmen, welche denselben entsprechen. Wir haben die Naturgebiete der V. St. hervorgehoben (s. S. 12 u. 43) und dabei nicht gefunden, dass sie eine soviel grössere Einförmigkeit zeigen als die entsprechenden Abschnitte der meisten anderen Theile der Erde. Freilich muss man nicht mit europäischem Massstabe an diese gross angelegte Gliederung herantreten. Nord-Amerika hat keine Räume wie Grossbritannien, Spanien oder Italien. Insofern ist es nicht von Natur zum Schau- platz zalilreicher historischer Sonderentwickelungen vorherbestimmt. Dass aber andere wirthschaftliche und sociale und damit auch geschichtliche Entwickelungen in der Bevölkerung der Seeregion als in der des Golfgebietes, andere in der der Mississippi-Niederungen als in der des Hochlandes im W. sich vollziehen werden, ist sicher. Und dann kommt hierbei die Bevölkerung doch auch in Frage, die sich nicht ohne Weiteres von ihren Umgebungen modeln lässt. Wenn die Indianer Nord-Amerikas einförmig waren und die Chinesen es noch heute sind, so ist es zum Theil die weniger in sich selber individualisirte Rasse, welche das bewirkt. Aber so gut man nicht glaubt, dass Nord- Amerika der Schauplatz einer mitten in ihrem Entwickelungsgang plötzlich stille stehenden Halbcultur zu werden bestimmt sei, so wenig ist anzunehmen, dass das Volk des Missis- sippi-Thaies je den heerdenhaften Charakter desjenigen am Hoangho und Yangtsze annehmen werde. Eine andere Sache ist die neue Er- scheinung, dass ein gleichsprachiges und im Ganzen gleiche Sitten und Anschauungen hegendes Volk sich über ein so weites zusammen- hängendes Wohngebiet verbreitet. Aber damit hat die Natur des Landes zunächst nichts zu thun. Uebrigens schwebt jede Specu- lation auf die zu erwartende Ein- und Gleichförmigkeit der Nord- amerikaner in der Luft, solange wir neben den Angelsachsen über 5 Mill. Angehörige dreier nichtkaukasischer Rassen und mehr als die doppelte Zahl von Abkömmlingen nichtenglischer Einwanderer in sehr verschiedener geographischer Verbreitung das Gebiet der ^ 48 I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. V. St. bewohnen sehen. Die unvermeidliche Zumischung ihres Blutes zu dem der „neuen Rasse" der Anglo- Amerikaner wird diese gewiss hinreichend vor den angeblich so mächtigen gleich- machenden Einflüssen ihres Wohngebietes schützen. Dem Gebiete der V. St. fehlen fast ganz jene furchtbar gewaltigen, unberechenbaren Naturerscheinungen, denen man einen grossen Ein- fluss auf die Entwickelung der religiösen Gefühle und des Aber- glaubens zuschreibt, wie die Vulkanausbrüche, die heftigen Erdbeben, die verheerenden Stürme und oft wiederkehrende grosse Ueberschwem- mungen. Wenn also Buckle sagt : „In den aussereuropäischen Culturländern war die ganze Natur verschworen, um die Phantasie zu erhöhen und den Verstand zu schwächen", so gilt dies nicht auch von Nord- Amerika, das im Gegentheil zu jenen gehört, „wo die Naturerscheinungen darauf hinzielen, die Phantasie zu be- schränken, den Verstand hingegen kühn zu machen und so den Menschen mit Vertrauen auf seine eigenen Hilfsmittel zu er- füllen"^). Entschieden thätige Vulkane besitzen die V. St. nur in dem fernen Alaska, das doch nur als Colonie gelten kann. Eine Region starker Erdbeben ist nur Californien mit den angrenzenden Theilen von Arizona und Nevada. Die gefürchteten Tornados der Süd- und Weststaaten erreichen entfernt nicht die Heftigkeit der tropi- schen Wirbelstürme, wenn sie auch viel verheerender auftreten als in Europa. Die U e b e r s c h w e m m u n g e n fehlen natürlich nicht, sind aber selten von verheerender Macht. Im 0. mangeln die hohen schneereichen Gebirge und die starken Gefälle, die die Flüsse der Alpen, Pyrenäen, des Himalaya so gefährlich machen; im W. ist der Wasserreichthum nicht gross genug. Selbst die Hunderte von Quadratmeilen bedeckenden Ueberschwemmungen des unteren Mis- sissippi kosten im schlimmsten Falle nur wenigen Menschen das Leben, denn sie kommen weder mit bestürzender Geschwindigkeit, noch vereinigen sie sich mit plötzlich hereinbrechenden Sturmfluten. Die grosse Erscheinung der in Strömen sich hinaufwälzenden Bore kennt keiner der Ströme dieses Gebietes. Vor Hunger snoth kann bei dem noch für lange hinaus verfügbaren Ueberfluss an frucht- 1) Geschichte der Civilisation in England 1868 I 111. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 49 baren Lande und dem Reichthum der Verkehrsmittel keine Rede sein. Die Feuer sbrünste, welche die amerikanischen Städte mehr ^ als die europäischen heimsuchen, sind ein Elementarereigniss, welchem man nicht machtlos gegenübersteht; die Trockenheit und die langandauernden Wärmeperioden des Klimas mögen diese Gefahr verschärfen, aber ihre Minderung liegt grossentheils in der Hand des Menschen, der besser bauen und sorgfältiger mit dem Feuer umgehen könnte. Die Wald- und Präriebrände sind grosse Er- scheinungen für das Auge, aber nur in seltenen Fällen werden sie dem Menschen gefährlich. Das grösste und unabweisbarste der Uebel, v/ mit denen die Natur eines Theiles des Landes behaftet ist, das gelbe Fieber, ist wahrscheinlich ebensowenig durchaus unvermeidlich, son- dern könnte wenigstens gemildert werden durch grössere Reinlichkeit in den Städten des S., vielleicht auch'durch sorgfLiltigere Abschliessung gegen Westindien. Aber selbst mit dieser in kurzen Zwischenräumen wiederkehrenden Seuche gehört das Gebiet der V. St. im Ganzen zu den glücklichen Regionen, deren Natur einen massvollen Charakter zeigt und den mittleren Grad von Thätigkeit entfaltet, der ebenso fern von der Starrheit des Eises als den Excessen der Tropen bleibt. Die Natur Europas hat dieses selbe glückliche Mass, welches man mit grossem Recht als die Vorbedingung einer stetigen und dauer- haften Culturentwickelung betrachtet. In Nord-Amerika ist nur ein grosser Theil des steppenhaften W. mit seinem extremen Klima von demselben ausgeschlossen. Auch kann man behaupten, dass, was die geringe Entwickelung derjenigen Geistesrichtungen betrifft, welche von diesen Erscheinungen begünstigt werden, wie Aber- glaube, scheue, gedrückte, unternehmungslose Gemüthsstimmung, Schwanken zwischen Extremen, der Geist des Nordamerikaners auf derselben Höhe steht wie der des Europäers. — Darum fehlen aber nicht die grossen Naturscenen, welche einen tiefen Eindruck auf die Phantasie vorzüglich in der Richtung auf das Begeisternde und Erhebende machen. Nur sind sie friedlicherer Natur. Ihr Einfluss ist besonders in der Poesie und der Kunst zu erkennen ^), wo nicht 1) Angeblich auch in der Kleidung. Ch. Lyell, der schon in seinen Travels in North America (1844. I 3) den Farbenreichthura nordamerikanischer Sonnen- untergänge hervorhebt, ist über die „Helligkeit der Atmosphäre" in New York ß a t z e 1 , Amerika U. t 50 I. Die natürlichen Bedingungen der Cultnrentwickeliing. nur die Naturschilderung und Landschaftsmalerei als mit Vorliebe gepflegte Zweige erscheinen, sondern er macht sich noch mehr in der Liebe geltend, mit der jene Klassen, die sich geistigen Luxus er- lauben können, der Natur entgegenkommen. Es geschieht das mit Bewusstsein. Man reist viel und in den landscliaftlich begünstigten v^Gegenden der Alleghanies, der Meeresküste und der Sierra wim- melt es von Naturfreunden, die in wochenlangen Urwaldwande- rungen die- Natur kräftigst auf sich wirken lassen. In den Städten wird grosser Werth auf möglichst ausgedehnte Parks gelegt. Einen so geradezu fanatischen Naturenthusiasten wie H. D. Thoreau ^ kennt die deutsche Literatur nicht, während Bryant, Emerson und Hawthorne sich unseren besten Naturschilderern an die Seite stellen^). Gewiss ist der Mangel einer alten Geschichte und ihrer erstaunt und meint, dass dieselbe zur Verwendung von hellen, leuchtenden Farben in Kleidung und Möbeln anregen müsse (Second Visit 1855). 1) Die Besprechung dieser Verhältnisse hat, trotzdem sie oflFen liegen, selbst bei wissenschaftlichen Schriftstellern wahre Blüthen von Oberflächlichkeit hervorspriessen lassen. „Und in der That, mir scheint, sagt z. B. B. v. Cotta, dass dieser Mangel an landschaftlicher Komantik bereits seinen Einfluss auf den Charakter der erst seit wenigen Jahrhunderten Eingewanderten ausgeübt hat, die, fast von aller Romantik absehend, sich auf einer durchaus praktischen Bahn bewegen. Keine genussreiche Schwärmerei zieht sie ab von den ernst- genommenen Geschäften des Lebens, zu denen dort auch die Jagd gehört. Wer reist in Nord-Amerika zum reinen Vergnügen ? Der Ursprung des bezeichnenden Wahlspruches „go a head" liegt tief in der Natur des Landes begründet"- (Deutschlands Boden 1854. IL 50). Soviel Worte, soviel Schiefheiten! Dagegen haben einige deutsche und französische Schriftsteller, welche über nordameri- kanische Literatur schrieben, dem starken Vorwalten des Naturgefühles ver- ..1 ständnissvoll Rechnung getragen, am meisten Spielhagen in seinen „Vermischten Schriften" (1868), A. Strodtmann in der Einleitung zur „Amerikanischen Antho- logie" (1870) und Philaretes Chasles in seinen „Etudes sur la litterature et les moeurs des Anglo-Americains (1851 S. 291). Der Kenner der nordamerikanischen Literatur wird eher den Eindruck eines zu tiefen, fast krankhaften Natur- ,/gefühles, eines zu weit überschattenden Ilereinragens der äusseren Natur em- pfangen als des Gegentheils, und zw^ar nicht nur aus den bedeutenden, sondern mehr noch aus den 10000 unbedeutenden Dichtern, die die im Uebrigen so mate- riellen Zwecken gewidmeten Spalten nordamerikanischer Zeitungen in einer bei uns unbekannten Ausdehnung unsicher machen. Uebrigens scheint es Tocqueville \/ zu sein, der die Fabel von dem Mangel an Natursinn bei den Nordamerikanern zuerst in Curs gebracht. „La Democratie en Amerique" enthält Bd. II Cap. 17 u. 18 in dieser Richtung Aufstellungen, welche bei diesem feinen Kopf und dieser Sachkennerschaft Staunen erwecken. I. Die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung. 51 Denkmäler ein Grund in der Verehrung, die man der Natur ent- gegenbringt. Man sucht einen Ersatz. Und freilich sind die alten Ulmen und Ahorne Neu-Englands, die Riesensykamoren des Ohio- Thaies und die Mammuthcedern der Sierra älter als die älteste Spur europäischer Geschichte in Nord - Amerika. Von dieser selbst heute noch vielfach jungfräulichen Natur hebt sich alles Menschliche viel kleiner ab. Es braucht dazu nicht der über- wältigenden Naturbilder des Niagara oder Mississippi, der neu- engländischen Felsenküste oder der dunkeln Alleghany-Urwälder, überhaupt nicht dessen, was man im landläufigen Sinn schöne oder grosse Natur nennt. Daran ist Europa allerdings reicher als Nord- Amerika; wenigstens sind seine Schönheiten mannigfaltiger und räumlich concentrirter. (Vgl. Bd. I S. 429 — 32.) Es genügt jedoch vollkommen, dass noch sehr viel ungezähmte und unverdorbene Natur vorhanden sei, an die ein Geist sich anschliessen kann, der von menschlichem Treiben allein sich nicht ausfüllen lassen will. Und daran fehlt es gewiss nicht. Wenn wir annehmen, dass eine anziehende Naturumgebung zu den für die harmonische Ausbildung des Geistes eines Volkes nothwendigen Elementen gehöre — und diese Annahme wird gegenüber einem so rastlos thätigen, zeitweiliger Ausspannung sehr benöthigenden Volke wie den Amerikanern doppelt berechtigt sein — so können wir sagen, dass auch für die Erfüllung dieses Bedürfnisses in dem Gebiete der V. St. gesorgt ist. 4* II. Geschichtlicher Ueberblick. I. Aus der Entdeckung der nordamerikanischen Festlandküste zwischen C. Breton und Florida durch Johann und Sebastian Cabot leitete England, das diese Entdecker ausgesandt hatte, den Rechtstitel auf diejenigen Theile Amerikas ab, welche an dieser Küste gelegen sind. Die wirkliche Besitzergreifung durch Coloniengründung fand aber erst lange nach der Entdeckung statt. 1497, also ein Jahr vor der Entdeckung des süd- amerikanischen Festlandes durch Columbus, hatten die beiden Cabot die nordamerikanische Küste angesegelt, aber nicht eher als 1584 begannen die ernsthaften Versuche Englands, Theile derselben durch Colonisation auszubeuten oder sich fest anzueignen. Walter Raleigh erhielt in diesem Jahre eine Concession von Seiten der Königin Elisabeth und machte drei verschiedene Versuche der Coloniengründung im heutigen Virginien, das diesen Namen zu Ehren der jungfräulichen Königin erhielt; aber diese Versuche gelangen so wenig, dass es im Anfange des nächsten Jahr- hunderts eine Zeit gab, in der in ganz Amerika keine einzige englische Niederlassung mehr bestand. Jacob I., der, wie alle friedlichen Thätig- keiten seines Volkes , so auch die Coloniengründung begünstigte , theilte 1606 den ganzen atlantischen Rand Nord- Amerikas zwischen den damals schon besiedelten spanischen, bezw. französischen Besitzungen von Florida und Canada in eine nördliche und eine südliche Colonie , von denen nur die letztere den bisher für diesen ganzen Strich üblichen Namen Virginia behielt, während die erstere Nordcolonie, Colonie von Plymouth und später Neu -England genannt ward. Die Concession für Ausbeutung und Besiedelung Virginias erhielt eine londoner Gesellschaft, an deren Spitze u. a. der bekannte Geograph Richard Hakluyt stand, dessen Kenntnisse und Rathschläge damals von grossem Gewichte waren und der unter der Regierung Jacob's I. mehr als irgend ein einzelner Mann für die Besiede- lung Amerikas und für Verbreitung von Kenntnissen über dasselbe that. Diese Concession schuf übrigens weiter nichts als eine Gesellschaft für Handel, Pflanzung und Fischerei, die das Land, das sie in Besitz nahm, vom König zu Lehen hatte, der ein Direktor und ein Rath der Aktionäre in London und ein Präsident nebst Rath am Ort ,der Ansiedelung vorstand und welche vollkommen freie Hand hatte in allem, was nicht den Ge- IL Geschichtlicher Ueberblick. 53 setzen des Mutterlandes widersprach ; sie hatte das Recht alle Unter- thanen des Königs, die auswandern wollten, als Ansiedler aufzunehmen, und dieselben sollten derselben Freiheiten sich erfreuen wie die Eng- länder des Mutterlandes; schwere Vergehen durften nicht an Ort und Stelle, sondern mussten in England abgeurtheilt werden; aber die politi- schen Rechte waren den Ansiedlern vorenthalten, sie hatten keinen Ein- fluss auf die Zusammensetzung weder des Colonial- noch des Oberen- Rathes. 1607 wurde die erste Expedition ausgesandt, die durch ihre wenig vortheilhafte Zusammensetzung (auf 4 Glücksucher und Abenteurer kam 1 Arbeiter), durch die Angriffe der Indianer und einen Versuch Güter- gemeinschaft einzuführen, an rascher Entwickelung gehindert ward. Eine energische Persönlichkeit, jener um seiner romantischen Fahrten und Abenteuer willen vielgenannte Capt. Smith, hielt die Colonie, die bald in Trümmer gehen wollte, noch zusammen. Spätere Expeditionen ver- mehrten nur langsam die Widerstands- und Arbeitskraft der Colonisten, und es war endlich nichts anderes als die Einführung des Tabaksbaues, welche der Colonie die erforderliche wirthschaftliche Grundlage verschaffte. Tabak blieb lange Zeit das einzige nennenswerthe Produkt von Virginien, welches demselben einen rasch zunehmenden Reichthum, aber zugleich auch den Keim späteren Verfalls, die Negersklaverei, verdankte. 1620 lief zum ersten Mal ein mit Negersklaven beladenes Schiff von Guinea kommend in den James R. ein. Auch zahlreiche weisse Einwanderer kamen nach Virginien, welche nicht die Mittel hatten, ihre Ueberfahrt zu zahlen, und daher bis zur Tilgung der für dieselbe eingegangenen Schuld in einer zeitlichen , der Sklaverei im Uebrigen sehr ähnlichen Gebundenheit {in- dented servants nannte man sie) für einen Herrn arbeiten mussten, und es geschah auf diese Weise, dass eine starke Arbeiterbevölkerung sich in der Colonie ansammelte, aus welcher verhältnissmässig wenig grössere Landbesitzer sich hervorhoben. Unter diesen letzteren waren jüngere Angehörige englischer Adelshäuser nicht selten und der reiche Pflanzer, der auf seiner weiten Domäne sass, wo er nur Diener oder Sklaven um sich sah, während Tagreisen ihn von seinesgleichen trennten, fast selbst- verständlich Vertreter in der Legislatur, Friedensrichter, Führer der Miliz seines Bezirkes, wurde das Ebenbild des altenglischen Squire. Man begreift, dass unter solchen günstigen Bedingungen der Entwickelung hervorragender Einzelner aus der Old Dominion, wie Virginia sich mit aristokratischer Betonung nannte, der grösste Theil der fähigen Staats- niänner und Generale hervorgehen konnte, deren die V. St. in den ersten Jahren ihres Bestandes sich erfreuten; man begreift auch, dass ein eigener aristokratischer Typus von Amerikanern in diesem, auch von der Natur so hochbegünstigten Theile der Union sich ausbilden konnte. Bei seiner Bedeutung für die Entwickelung des Volksgeistes in den V. St. werden wir ihm noch öfter zu begegnen haben. 54 II. Geschichtlicher Ueberblick. Neben diesem einen Ansatz nordamerikanischer Staats- und Gesell- schaftsbildung entwickelte sich an derselben Küste 5 Breitengrade weiter nördlich ein zweiter aus ganz anderen Elementen und unter sehr weit ver- schiedenen Bedingungen. Durch die Verleihung des Königs Jacob vom Jahre 1606 waren die neuentdeckten Lander der Ostküste Nord- Amerikas an zwei Gesellschaften zur Besiedelung und Ausbeutung übergeben worden; diejenige, derVirginien zugefallen war, die Süd-Gesellschaft, hatte ihren Sitz in London und zählte vorwiegend Edelleute zu ihren Mitgliedern, während die Nord-Gesellschaft aus Kauf leuten von Plymouth und Bristol bestand. Das Gebiet, das nördlich von Virginien zu besiedeln war, fiel bereits unter die Herrschaft eines rauheren Klimas als jene begünstigteren Striche am James R. und der Chesapeake Bay, und die Schwierigkeiten, mit denen Virginien zu kämpfen gehabt hatte, waren hier, wo an Stelle der jugend- frischen Unternehmungslust abenteuernder Cavaliere die Bedächtigkeit kleinerer Kaufleute stand, welche ihre sauer erworbenen Kapitalien nicht auf diese einzige Karte zu setzen gedachten, doppelt vorhanden. An den Tabak, der dort zuletzt allein im Stande gewesen war, der jungen Colonie eine sichere Unterlage zu geben, oder an andere Culturen, die rasche Gewinne verhiessen, war hier vorerst nicht zu denken. Seit 1607, dem Jahr der ersten Ansiedelung in diesem Gebiete, welche bei Sadahoc im heutigen Staate Maine gegründet, aber wegen der Strenge des Klimas bald wieder aufgegeben ward, wurden mehrere Versuche gemacht, sich an der Küste festzusetzen, die 1614 von dem oben genannten Capt. Smith zwischen dem Penobscot R. und Cape Cod aufgenommen und von Karl L, damals noch Prinz, mit dem Namen Neu-England belegt worden war. Nicht früher als 1620, zu einer Zeit, in der Virginien seine Zu- kunft schon fest in Händen hielt, gelang es einer Gesellschaft von Puri- tanern, die ihres Glaubens halber England verlassen und in Holland sich niedergelassen hatten, an der Küste des heutigen Massachusetts, wohin sie selbst nur ein Zufall getragen hatte, eine Niederlassung zu gründen. Ihr Ziel war die Mündungsbucht des unteren Hudson gewesen, die 1609 von Hudson entdeckt worden war, ein Gebiet, das zur Con- cession der Süd-Gesellschaft gehörte. Sie Hessen sich an der Stelle des heutigen New Plymouth Mass. nieder, nachdem sie noch an Bord des Schiffes sich in einem geschriebenen Contrakt verbunden hatten, einen politischen und bürgerlichen Körper zu bilden, um die Ordnung unter sich aufrecht zu erhalten und ihr gestecktes Ziel zu erreichen, sich die- jenigen Gesetze, Verordnungen und Beamte zu geben, welche nützlich und dem Wohle der Colonie angemessen erachtet würden und zu diesem Zwecke Gehorsam zu leisten. Dieser Contrakt ist später in erweiterter und im Einzelnen abgeänderter Form von manchen anderen Colonien, die von Neu-England sich abzweigten, eingegangen worden und er gilt als einer der hervorragenden Marksteine in den Anfängen Nord- Amerikas. n. Geschichtliclier Ueberblick. 55 Er legt Zeugniss ab von einem Geist der Ordnung, der sonst selten über den Coloniengründungen zu walten pflegt. Und die Ansiedler von New Plyraouth hatten noch ganz anderes im Sinn, als in diesem Contrakte niedergelegt ist. Ihr Hauptziel war die Errichtung eines Gemeinwesens, in dem sie nicht bloss ihrem Glauben frei und unbehelligt nachleben konnten, sondern das auch in den weltlichen Dingen den ernsten und strengen Geist ausprägen sollte , von dem sie erfüllt waren. Das ganze Leben, Familie, Gemeinde, Staat, auf die Grundlage ernstester Religiosität zu stellen, war die Aufgabe, die sie sich setzten. Ohne der Unberechenbar- keit des Verlaufes geschichtlicher Ereignisse im geringsten vorgreifen zu wollen, kann man wohl behaupten, dass in dem wenig fruchtbaren Lande, in dem unfreundlichen Klima und beim Mangel alles dessen, was, wie Gold- oder Silberfundc, Menschen auch in drückenden Verhältnissen sich eine neue Heimat bereiten lässt, die Colonien in Neu -England nur schwer und langsam gediehen sein würden, wenn nicht dieser ideale Faktor der Religion über die Schwierigkeiten und Stösse des äusseren Lebens hinweggeholfen hätte. Die erste Gesellschaft von Puritanern kam am 22. December 1620 an der Küste von Massachusetts an. Zum Unglück hatten sie dieselbe Idee wie die Virginier, ihre wirthschaftliche Thätigkeit auf Gütergemeinschaft zu gründen, und es fehlte auch hier wenig, dass dieser verfehlte Anfang den ganzen Ansiedelungsversuch scheitern Hess. Sie waren sicherer auf dem politischen Gebiet, wo sie ebenfalls neuernd, aber aus innerer und äusserster Nothwendigkeit neuernd, auftraten. Die 40 Familienväter der Erstangekommenen, Leute, die fast durchweg dem Mittelstande angehörten, aus denselben Gründen die Heimat verlassen hatten, von demselben Glaubenseifer beseelt waren und das gleiche Schicksal, ob gut oder übel, erwarten mussten, versprachen sich alle die gleichen Rechte und eine reine Demokratie ging aus ihrer Mitte hervor. Ein Governor, durch allgemeines Stimmrecht gewählt, ein Rath von Fünfen, eine gesetzgebende Versammlung, welche alle männlichen und mündigen Glieder der Colonie umschloss — dies war die erste Re- gierung, die die Männer von New Plymouth sich gaben. Erst als die Bürger sich über einen zu weiten Raum ausgebreitet hatten, um unge- stört öfters sich vereinigen zu können, im Jahr 1639, wurde die Ver- tretung durch Abgeordnete eingeführt. 1629 erhielt sie eine Befestigung ihrer bis dahin ohne jedes Recht auf fremdem Boden geführten Existenz durch ein Patent des indessen an Stelle der Nord-Gesellschaft getretenen Grand Council of Plymouth, welches den Genuss aller Privilegien der Gesellschaft auf die Colonie übertrug. Diese Verleihung, welche eine Colonisationsgesellschaft einer anderen machte, Hess diese letztere that- sächlich unabhängig werden. Von Regierungswegen kümmerte sich Nie- mand um die Handvoll Leute in dem fernen Winkel eines als unwirthlich 56 11. Geschichtlicher Ueberblick. verschrieenen Landes. 1690 wurde New Plymouth durch die Charte von Wilhelm und Marie in die Provinz Massachusetts einverleibt. Massachusetts ist die zweite der Colonien, welche Neu-England besiedelten. Die Schenkung des Landes, das sie einnahm, stammt aus der Zeit, in der die ersten Puritaner nach New Plymouth auswanderten. Sie ruhte zunächst auf einer Verleihung des Landes zwischen 40 und 48" n. Br., welche Jacob 1. einer Gesellschaft machte, die sich als Grand Council of Plymouth gebildet hatte; da indessen dieselbe keine An- strengungen machte, um diese Zuweisung durch Coloniengründung aus- zunützen, gab Karl I. 1629 einer Anzahl von Puritanern das Recht sich von der Gesellschaft einen grossen Theil des Landes abtreten zu lassen, das derselben verliehen worden war. Sie erhielten das Gebiet des späteren Massachusetts, Connecticut, Ehode Island, New Hampshire und Maine. Dieser Rechtsbrief Karl's L setzte die Gründung einer Gesellschaft in Eng- land voraus, welcher die Anlegung von Colonien in dem bezeichneten Gebiete übertragen wurde. Indem diese Gesellschaft vollständig nur als eine Handelsgesellschaft betrachtet wurde, überliess man sie sich selbst. Es war zwar festgesetzt, in welcher Form die Colonie durch Governor, Stellvertreter und die von den Freemen gewählten Beisitzer verwaltet werden sollte, aber die Regierung hatte sich in keiner Weise Rechte hinsichtlich der weiteren Einrichtungen oder Veränderungen vorbehalten, welche die Gesellschaft etwa treffen würde. Die Beamten der Colonie sollten in bestimmten in England abzuhaltenden Versammlungen von den Mitgliedern der Gesellschaft gewählt werden. Diese Fernhaltung der Regierung des Mutterlandes von allen inneren Angelegenheiten der Colonie, welche man durchaus nur als eine Art von Handels- oder Ackerbau- gesellschaft betrachtete, ist von den wichtigsten Folgen für die Entwickelung des Colonialwesens in Nord-Amerika geworden. Nur durch sie war es den Colonien möglich, sich wie Freistaaten ganz nach ihrem eigenen Willen und Bedürfniss zu gestalten. In diesem Punkte des Freibriefes der Colonie von Massachusetts haben die amerikanischen Geschichtschreiber mit Recht den Keim der künftigen Republik der V. St. schon erkannt. Auf Grund dieser Verleihung gingen 1629 fünf Schiffe mit 300 Auswanderern nach Amerika ab und landeten in der Massachusetts-Bai in der Nähe eines Punktes, den schon das Jahr vorher eine kleinere Colonie zur Nieder- lassung gewählt und Salem genannt hatte. Es waren ausnahmslos Puritaner, die auch diese Niederlassung gründeten; durch ein privates Ueberein- kommen mit der Colonialgesellschaft in England übertrugen sie 1629 alle Rechte derselben und vor allem die ganze Verwaltung nach Amerika in das Herz der Colonie. Diese wurde auf solche Art schon in den ersten Jahren nach ihrer Begründung ein selbständiges, sich durchaus selbst verwaltendes, im Grunde also republikanisches Staatswesen. Die Delegirten, welche seit 1634 als Vertreter der Colonen zusammentraten, da die II. Geschichtlicher Ueberblick, 57 wachsende Ausdehnung der Ansiedelungen die unmittelbare Vertretung unmöglich machte, zogen nur die Consequenz dieses ersten Schrittes, als sie erklärten, dass sie zusammen mit dem Governor und seinen Beiräthen die oberste gesetzgebende Gewalt der Colonie ausmachten, dass ihre Körperschaft nur durch eigenen Mehrheitsbeschluss aufgelöst werden könne, dass die Vertheilung der öffentlichen Ländereien ihr allein zustelle u. s. f. Rhode Island, Connecticut und New Hampshire, welche dem grössten Theil ihres Bestandes nach als Tochtercolonien von Massachusetts anzusehen sind, folgten diesem Beispiel. „Von diesem Augenblick an sind die Colonicn nicht als Körperschaften zu betrachten, die mit fest umschriebener Macht- befugniss von Seiten der Gesellschaft ausgestattet sind , der sie ihre Gründung verdanken, sondern als unabhängige Staaten, welche aus eigenem Entschluss sich Verfassungen nach dem Muster der englischen gegeben haben" *). In diesen Formen lebte ein entschieden demokratischer Geist, der an den ausgeprägt demokratischen Principicn der Staatskirche dieser Puritaner sich gebildet hatte. Er tritt mit überraschender Entschiedenheit in zahlreichen Ereignissen der Geschichte besonders der ersten Jahre der neuengländischen Colonien hervor, und dass „die politische Frei- heit hier von demselben Datum wie die Einwanderung selbst", ist eine der sichersten Folgerungen, die man aus der älteren Geschichte der neuengländischen Colonien ziehen kann. Unter den Tochtercolonien von Massachusetts ist Rhode Island die älteste. Sie verdankt ihre Entstehung religiösen Zwistigkeiten, wie sie unvermeidlich waren in von religiösen Ideen so fast ausschliesslich er- füllten Gemeinwesen. Indem dieselben durch religiöse Verfolgungen zu fanatischer Ilochhaltung ihres Glaubens gedrängt worden waren, konnten sie unmöglich ihrerseits Meinungsverschiedenheiten in denselben religiösen Fragen dulden, für deren Hochhaltung sie selbst so viel gelitten hatten. 1636 gründete ein Prediger, der für die Freiheit des Gewissens und für die völlige Ablösung der Kirche vom Staat kämpfte, Roger Williams, mit einem Theil seiner Gemeinde im Gebiet der Narragansetts die Stadt Providence. 1637 verliess eine andere Gruppe von Sektirern, deren Meinungen in derselben Richtung sich bewegten, Boston und siedelte sich auf der Insel Rhode Island an. 1644 verschmolzen sich die beiden Ansiedelungen zu einem Gemeinwesen und empfingen die Anerkennung ihrer Selbständigkeit von Seiten des Parlamentes. Diesem kleinen Rhode Island gebülirt zusammen mit Maryland der Ruhm, die Fahne der Religions- freiheit zuerst in Nord-Amerika entfaltet zu haben. Noch lange war es der Zufluchtsort der Fremdgläubigen, welche von den Puritanern aus- gestossen wurden. „Diese Colonie, schrieb ein heftiger Puritaner 1695, ist ein Haufe von Antinomisten, Familisten, Wiedertäufern, Ärminianern, 1) Laboulaye, Hist. des Etats-Unis 1870 S. 156. 58 n. Geschichtlicher üeberblick. Antisabbatisten, Socinianern, Quäkern, Convulsionären , mit einem Wort von allem, nur nicht von wahren Christen. Wenn ein Mensch seinen Glauben verlöre, er wäre sicher denselben in irgend einem Dorfe von Rhode Island wiederzufinden"*). Auch Connecticut verdankt seine Gründung einer Auswanderung aus Massachusetts, aber die Annahme, dass dies eine Auswanderung aus religiösen Gründen gewesen sei, wird nicht von allen getheilt. Thatsache ist, dass ein Priester Namens Hooker sich 1636 mit einem Theile seiner Gemeinde im Thale des Connecticut nieder- liess, wo allerdings schon früher einige zerstreute Ansiedler aus den holländischen Niederlassungen am Hudson sich eingefunden hatten. In derselben Landschaft Hess sich 1638 eine Puritanergemeinde nieder, welche sich eine seltsame, treu den alttestamentlichen Mustern nachgeahmte Ver- fassung gab. 1663 erhielten diese Niederlassungen unter dem gemein- samen Namen Connecticut einen Rechtsbrief, der denselben dieselbe volle Freiheit verlieh, deren Massachusetts und Rhode Island sich erfreuten. In den zwei nördlichen Neuengland-Staaten New Hampshire und Maine sammelte sich die Bevölkerung zum Theil aus Europäern, die direkt herübergesandt wurden, um die Ländereien zu bevölkern, welche einzelne hohe Persönlichkeiten sich in dieser Gegend hatten schenken lassen, zum Theil, und zwar zum grösseren, aus Ansiedlern von Massa- chusetts. Die letzteren sind es, welche sowohl durch ihre Zahl als ihr moralisches Gewicht den beiden Colonien den Stempel von neuengländischen Colonien aufdrückten. 1642 vereinigte sich New Hampshire mit Massachusetts, wurde aber durch Karl II. wieder davon getrennt und zu einer englischen Provinz, der ersten in Neu-England, erklärt. Auch von Maine nahm Massachusetts, auf seinen Rechtsbrief gestützt, 1652 einen grossen Theil in Anspruch und kaufte dem Besitzer dieses Staates 1665 das Besitzrecht um eine Kleinigkeit ab. Maine hat über den Unabhängigkeitskrieg hinaus zu Massachusetts gehört und ist ein eigener Staat nicht eher als 1820 geworden. Zwischen Neu-England und Virginien, in dem breiten und fruchtbaren Striche, der zwischen Gebirg und Meer von den Flüssen Hudson, Delaware und Potomac bewässert wird, entstanden kurze Zeit vor und nach jenen ebenfalls Niederlassungen europäischer Auswanderer, welche die Keime zu den späteren Colonien bezw. Staaten von New York, Maryland, New Jersey und Delaware legten. Die älteste von diesen ist New York. Hudson hatte 1609 den Fluss entdeckt, der nach seinem Namen genannt wurde, und hatte das Land an der Mündung desselben in Besitz genommen. 1614 wurde auf der kleinen Münduugsinsel Manhattan, welche heute zur Hälfte von dem Iläusermeer New Yorks bedeckt wird, eine holländische Faktorei, Neu-Amsterdam, gegründet. 1621 wurde in den Niederlanden 1) Warden, Description of the U. S. I. 519. II. Geschichtlicher Ueberblick. 59 die Westindische Handelsgesellschaft errichtet, welcher unter anderem auch die Colonisation des Striches zwischen Cap Cod und der Delaware- Mündung tibertragen wurde, desselben Striches, der von 1628 an den Namen Nieuw Nederland führte. Die Verwaltung dieser Niederlassung wurde anfangs ohne Vertretung der Colonisten durch einen Director und einen Rath besorgt, welche die richterliche sowohl als die gesetzgebende Gewalt in sich vereinigten. Die für jede beginnende Niederlassung so wichtige Art der Grund- und Bodenvertheilung war in dieser eine dem Wachsthum der bürgerlichen Freiheit wenig günstige. Einige grosse Be- sitzer eigneten kleine Fürstenthümer, deren Grund sie zertheiltcn und an Pächter abgaben. Diese Besitzverhältnisse sind bis auf den heutigen Tag in verschiedenen Theilen des Staates New York noch zu erkennen. Die bürgerliche Freiheit, welche ein Rechtsbrief von 1629 verlieh, kam unter diesen Verhältnissen nur Wenigen zu Gute. 1652 erhielt Nieuw Amsterdam den Freibrief einer niederländischen Stadt, d. h. seine Bürger genossen gewisse Privilegien, besonders wirthschaftlicher Natur, während die Selbstregierung kaum der Form nach bestand. Die Religionsfreiheit war indessen die einzige, die in dieser Colonie mit Bewusstsein geübt ward. Ihr ist es neben der glücklichen Lage zuzuschreiben, wenn der früher sehr vorwiegend niederländische Charakter dieser Colonie immer mehr durch fremde Einwanderung zurückgedrängt ward. Für religiös Verfolgte irgend welcher Art war das duldsame Nieuw Nederland die allgemeine Zufluchtsstätte. Auch viele Puritaner siedelten, durch die Frucht- barkeit des Küstenstriches angezogen, sich hier an, so dass die Gesetze schon bald in niederländischer und englischer Sprache verfasst werden mussten. Die merkwürdig bunt gemischte Bevölkerung, vielseitiger, lebhafter, veränderlicher als ihre puritanischen Nachbarn, gab dieser Niederlassung einen besonderen Charakter, den sie auch späterhin nie verleugnete und der ihr wahrscheinlich nützlich wurde in der Weltbewerbung, in welche sie späterhin mit anderen Küstenplätzen um die Welthandelsstellung ein- treten musste. 1664 wurde Nieuw Amsterdam von einer englischen Flotte genommen und ward als New York den englischen Colonien angegliedert. 1632 gab Karl I. dem Lord Baltimore einen Rechtsbrief für einen Strich an der Chesapeake Bay und an der Susquehanna-Mündung. Das heutige Maryland und Delaware und ein Theil von Pennsylvanien waren in demselben begriffen. Der Name Maryland wurde dieser Colonie bei- gelegt. Bei nur nominellem Tribut an die Krone England wäre der Lord unbeschränkter Herr in seinem Lande gewesen, wenn nicht, wahrscheinlich auf seinen eigenen Antrag, den Colonisten, die seine Provinz besiedeln sollten, ein Antheil an der Gesetzgebung schon im Rechtsbrief vorbehalten und gleichfalls in demselben schon Erhebung von Steuern ohne ihre Ein- willigung verboten worden wäre. Mit dieser Schenkung begann Lord Baltimore das Werk der Coloniengründung in einem umsichtigen und 60 n. Geschichtlicher Ueberblick. vorausschauenden Geiste. Den aus England vertriebenen Katholiken sollte dieselbe in erster Linie eine neue Heimat gewähren, aber sie wurde im Geiste religiöser Freiheit verwaltet. Die Gesetzgebung von Maryland sprach in einem Act concerning Religion 1649 zuerst in der Neuen Welt den Grundsatz der Religionsfreiheit mit bewusster Deutlichkeit aus. In anderer Richtung zeichnete Lord Baltimore die Grundzüge einer neuen Auffassung von Rechtsverhältnissen in seinem Verhalten gegenüber den Lidianern, welchen von Anfang mit Schonung und Redlichkeit begegnet wurde. Es wurde dies ebenso edle als nützliche Princip zuerst 1633 bei der Gründung von Ste. Marie angewandt. William Penn folgte auf dieser Bahn bei der Gründung seiner pennsylvanischcn Colonien. Es ist be- merkenswerth, dass Maryland gleichzeitig die einzige unter den englischen Colonien in Nord-Amerika war, deren innere Verwaltung sich in monarchi- schen Formen bewegte. Dieselben wurden aus dem Eigenthumsrechte der Lords an dem Grund und Boden derselben hergeleitet. Es prägt sich das System der Coloniengründung durch Schenkung deutlich in derselben aus. Das Gebiet der heutigen Staaten New Jersey nebst Theilen von Delaware und Pennsylvania war von Karl IL sammt demjenigen von Nieuw Nederland an denselben Herzog von York gegeben, von welchem später New York seinen Namen erhielt. Der letztere trat diese Schenkung an die Lords Berkeley und Carteret ab und diesem zu Ehren, der früher Governor der Insel Jersey gewesen, wurde der auf dem rechten Hudson- Ufer gelegene Theil des Gebietes New Jersey genannt. Dasselbe war schon früher von Engländern, Niederländern und Schweden bevölkert und nahm, nachdem es als Colonie abgegrenzt worden, durch starke Ein- wanderung aus New York rasch an Bevölkerung zu. Am Ufer des Delaware war eine schwedische Colonie schon gegründet worden. Sie war vom Kanzler Oxenstierna herübergesandt, welcher auf diese Weise einen der grossen Pläne Gustav Adolfs zu verwirklichen suchte. Aber sich selbst überlassen, wurde sie 1655 von den Niederländern in Besitz genommen und fiel zusammen mit ihren Niederlassungen am Hudson 9 Jahre später den Engländern zu. New Jersey blieb auch jetzt eine Provinz für sich, wurde aber 1676 in zwei Gebiete getheilt, ein östliches, das heutige New Jersey, und ein westliches, wesentlich das heutige Pennsylvanien um- fassend. Die beiden erfuhren sehr verschiedene Schicksale. Jenes wurde von Jacob IL 1683 mit New York und Neu-England zu einer königlichen Provinz vereinigt und, nachdem die Revolution von 1688 ihm seine Selb- ständigkeit wiedergegeben, 1702 von seinen Eigenthümern an die Krone abgetreten. Von da an bis zur Revolution blieb dann New Jersey eine königliche Provinz unter der Verwaltung eines Governors und eines könig- lichen Rathes. Dieser Stellung ist es jedenfalls zum Theil zuzuschreiben, wenn New Jersey in dem Unabhängigkeitskrieg mit am thätigsten und entschlossensten auftrat. Seine Bevölkerung bestand zum grössten Theile n. Geschichtlicher üeberblick. 61 aus Puritanern und Quäkern. Der westliche" Theil des alten New Jersey war von Lord Berkeley an die Quäker für 1000 Pf. St. verkauft worden. Auch diese Religionsgesellschaft suchte in Amerika einen ge- schützten Boden für die freie Uebung ihres Glaubens und sie fand ihn in dem grossen und fruchtbaren vom Delaware und Susquehanna bewässerten Gebiete, das zwischen der neuen Provinz New Jersey und Maryland gelegen war. 1681 wurde die Uebertragungsurkunde ausgestellt, welche William Penn, als dem Vertreter einer Gesellschaft von Quäkern, Pennsylvanien, wie diese Colonie nach dem Vater Penn's, einem verdienten Admiral, ge- nannt wurde, übertrug. Seine Leistung an den König bestand wie üblich in einem nominellen Tribut, in diesem Falle in jährlich zwei Biberfellen. Die Urkunde bestimmte gleich der von Maryland neben den Rechten des Eigenthüniers auch die der Gesetzgebung, welche durch Wahl aus den Colonisten hervorgehen sollte. Abweichend von früheren Rechtsbriefen war aber in diesem der Satz, welcher dem englischen Parlamente das Recht zur Besteuerung der Colonie zuerkannte. Bei den späteren Streitig- keiten zwischen dem Mutterlande und den Colonien ist derselbe oft wieder hervorgesucht worden. Aber er fehlte in allen früheren Rechtsbriefen und die älteren Colonien erkannten in Folge davon dieses Recht niemals an. 1G82 kam Penn in Pennsylvania an, um selbst Hand an sein Iwly cxperiment zu legen. Eine der denkwürdigsten Thaten, mit denen er begann, war sein Vertrag mit den Delawares unter der berühmten Ulme von Shakamaxon, jener Vertrag, von dem Voltaire gesagt hat, dass er „der einzige Vertrag zwischen diesen Völkern und den Christen, der nicht beschworen, aber auch nicht gebrochen wurde". Er entschädigte die Indianer für das Land, das sie ihm abtraten, und that, was wichtiger war, alles, um seinen Colonisten die menschliche Behandlung ihrer rothen Mitbürger ans Herz zu legen. Er selbst bethätigte in hundert Fällen sein Wort, sie vollkommen als seinesgleichen zu betrachten und zu behandeln. Penn- sylvanien hat in langdauerndem Frieden die Früchte dieser milden und gerechten Politik geerntet, während andere Colonien fast beständig von Indianerkriegen heimgesucht waren. Dass in der Verfassung, welche Penn sogleich nach seiner Ankunft durch die versammelten Vertreter der Colonisten votiren Hess, die religiöse Freiheit in erster Linie steht als „ein natürliches Recht, welches allen Menschen gehört", ist zwar bei Quäkern nicht erstaunlich, zeugt aber doch von den Fortschritten, zu denen der Geist dieser Menschen sich ermuntert fühlte, unter den zu Neuerungen auffordernden Einflüssen der freien, weit offenen Bahn, die sie in ihrem neuen Lande vor sich sahen. Von dieser Auffassung bis zur Erklärung der Menschenrechte in der Unabhängigkeitserklärung der V. St. ist es nicht mehr weit. Auch in der politischen Einrichtung ging Pennsylvanien unter Penn's Leitung über das bisher Uebliche weit hinaus. Man schaffte das Recht der Primogenitur und den Schwur ab, gab das Wahlrecht und 62 n. Geschichtlicher Ueherhlick. die Wählbarkeit zu Staatsämtern allen Steuerzahlern ohne Rücksicht auf das religiöse Bekenntniss. Pennsylvanien war von Anfang an die am demokratischsten regierte von allen Colonien. Es hatte ausser der Volks- vertretung UrVersammlungen, in denen das gesammte Volk seine Ansicht zur Geltung bringen konnte. Kein Wunder, dass nach diesem Asyl der Gerechtigkeit und Freiheit, welchem gleichzeitig grosse natürliche Vorzüge in Lage, Boden u. s. f. verliehen waren, die Einwanderung in ungewöhn- licher Stärke sich ergoss. Das protestantische Deutschland in erster Linie, daneben England, Schottland und Irland sandten ihre Auswanderer- schaaren, welche Pennsylvanien bald zu der volkreichsten unter den nörd- lichen Colonien machten. Man sagt, dass Philadelphia 3 Jahre nach seiner Gründung schon das 60 Jahre ältere New York überholt habe, und jedenfalls war es schon in dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts die volkreichste Stadt im eigentlichen Nord-Amerika. Die Entwickelung Penn- sylvaniens, auf breiter politischer Grundlage, frei von religiösen Streitig- keiten und Indianerkriegen, war bis zum Unabhängigkeitskriege eine der ruhigsten und glücklichsten, die man in den Colonien findet. Den deutschen Colonisten fällt ein grosser Theil des Verdienstes dafür zu. Im Gebiet der heutigen Südstaaten war Virginien die erste dauernde Niederlassung von englischer Seite. Die Spanier und Franzosen hatten zwar an den noch weiter südlich davon gelegenen Küsten von Carolina und Florida Colonien gegründet, aber die französischen waren nicht ge- diehen und die spanischen blieben auf Florida beschränkt. Erst 1663 wurde von englischer Seite durch Schenkung des südlich vom 36. Breitegrad belegenen Landes an einige mächtige Freunde Karl's IL der Anfang zur Ausdehnung der Colonisation auch nach dieser Seite gemacht. Der Rechts- brief war ähnlich dem von Maryland beschaffen; es fehlte darin weder die Vorschrift, dass die Colonisten oder ihre Vertreter zur Erlassung von Gesetzen herbeizuziehen seien, noch die Verleihung des Rechts, gegen Dissidenten Duldung zu üben und über die Irrlehren der Nonconformisten wegzusehen. Die Lord-Froprietors, 8 an der Zahl, nahmen auch hier die Stellung von Halbsouveränen ein, sie schuldeten der Krone Gehorsam, waren aber mit dem Recht der Kriegführung, der Einsetzung von Beamten, Auflegung von Steuern u. s. f. bekleidet. Die Keime dieser neuen Colonien zauderten nicht, sich zu bilden. Einige aus politischen Gründen aus Virginien Vertriebene hatten schon früher am Albemarle-Sund eine Nieder- lassung gegründet. Sie wurde der Krystallisationspunkt für Nord- Carolina. Wenig später waren Pflanzer von Barbadoes sammt ihren Sklaven am Cap Fear gelandet und hatten begonnen, Pflanzungen anzu- legen. Ihre Gründung wuchs sich später zu Süd-Carolina aus. Diese Niederlassungen hatten sich bereits gefestigt, als die Besitzer, deren Schenkung 1665 ohne Rücksicht auf spanische und französische Besitz- rechte auf alles Land zwischen 36 und 38 " n. Br. und zwischen dem IL Geschichtlicher üeherblick. 63 atlantischen und pacifischen Meere ausgedehnt worden war, an Besiedelung und Organisation derselben gingen. Sie hatten gründliche Absichten. Von ihnen aufgefordert, entwarf Locke, der Philosoph, eine Verfassung, die auf aristokratischen und zugleich liberalen Grundsätzen ruhend, die glück- liche Entwickelung der Colonie zu sichern berufen war. Dieselbe hat leider nie Gelegenheit gehabt, die Frage zu entscheiden, ob es einem Philosophen gegeben sein kann, auf rein theoretischem Wege die Formen zu finden , in denen eine ihm unbekannte und unter unbekannten Be- dingungen lebende Gesellschaft ihre Befriedigung zu finden vermag. Die Ansiedler, welche den Boden im Schweiss ihres Angesichts urbar gemacht und nach ihrer Meinung damit ein gewisses Recht auf denselben er- worben hatten, wollten nichts wissen von einer künstlichen Regierung und von verwickelten Besitz- und Steuerverhältnissen , von einer Aristo- kratie, in der für sie keine Stelle war, und einem Landgrafen, der ihnen unmöglich schien unter den Zuständen, in denen sie lebten. Nach 23 Jahre hindurch dauernden Kämpfen Hessen sich die Eigenthümer herbei, die Verfassung förmlich zu beseitigen, die niemals in ungestörte Wirk- samkeit getreten war. Auch später Hessen religiöse Zwistigkeiten diese Colonie und ihre Lord-Proprictors nicht zu voHer Eintracht gelangen. Die ersteren wurden in dem Bestreben ihre Herren los zu werden mit der Zeit von der Krone unterstützt, die es in ihrem Interesse fand , die Co- lonien unmittelbar durch königliche Governors zu regieren. 1728 über- gaben die Eigenthümer ihre Rechte an die Krone, theils durch Verkauf, theils durch Abtretung; Carolina wurde damit königHche Provinz und erfuhr 1732 die Theilung in Nord- und Süd-Carolina, welche seitdem bestanden hat. Die jüngste der Colonien, Georgia, bietet das einzige Beispiel einer Gründung unmittelbar durch die Regierung. Sie ist auch die einzige, welche von vornherein zu Wohlthätigkeitszwecken gegründet ward. James Edward Oglethorpe, ein Philantrop, fasste den Gedanken eine Colonie zu gründen für Arme, Schuldgefangene und um ihrer Religion willen Verfolgte. Er fand schon 1732 so weit Gehör, dass das Land zwischen dem Savannah- und dem Alabama-Fluss als eigene Provinz unter dem Namen Georgia abgegrenzt wurde. Die Regierung der hier zu gründenden Colonie wurde für 21 Jahre einer Gesellschaft von wohlthätigen Menschen übertragen, die durch eine besondere Klausel im Vertrag jede Landzuweisung oder sonstigen Vortheil ablehnten. Dieser Gesellschaft stand das Recht zu, 19 von den 34 Räthen zu ernennen, welche die ausführende Gewalt bilden sollten, während 15 schon in dem Rechtsbrief aufgeführt waren. Die Einwanderer sollten je 50 Acres Land für nominellen Zins erhalten, grosse Land- schenkungen sollten vermieden werden. Die Sklaverei war verboten und ebenso der Branntwein. Es sollte sogar, um die Branntweineinfuhr hintan- zuhalten, kein Handel mit den Antillen getrieben werden. Unter so 64 II. Geschichtlicher Ueherblick. günstigen Bedingungen floss die Einwanderung der Mustercolonie rasch zu. Ausser Engländern waren es besonders Salzburger und mährische ^ Brüder (unter Zinzendorf), welche hier Zuflucht suchten. Aber die Schranken, welche die menschenfreundliche Vorsicht der Gründer aufgerichtet, wurden durchbrochen, sobald die Bevölkerung sich mit den neuen Bedingungen ihrer Existenz vertraut gemacht hatte. Die überall in der Nachbarschaft eingeführte Sklaverei konnte nicht verboten bleiben, sobald das Bedürfniss nach eingreifenderer Ausbeutung des Bodens sich geltend machte. Der Handel mit Westindien musste gestattet werden, da keine von den Colonien günstiger für denselben gelegen war. Zur Aufrechterhaltung des Brannt- weinverbotes reichten die der Regierung zur Verfügung stehenden Kräfte nicht aus. Die aus einer alten Gesellschaft herübergenommene Bestim- mung, dass nur im Mannesstamm vererbt werden sollte, konnte in diesen erst werdenden Verhältnissen ebenfalls keinen Anklang finden. Das Re- sultat aller dieser Einschränkungen war das Zurückbleiben der Colonie Georgia hinter allen anderen, trotz der Opfer, die das Mutterland für sie gebracht hatte. II. Ueberblickt man zusammenfassend die Geschichte der Gründung und ersten Entwickelung der 13 britischen Colonien, welche im Voran- gehenden aufgezählt sind, so fällt zunächst die Qualität der Ein- wander er ins Auge. Fast überall sind es mit religiösen oder politischen Bedrückungen zusammenhängende Gründe, welche die nach diesen Ge- staden auswandernden Europäer dazu führten, ihre Heimat zu verlassen. Unter ihnen waren gewiss auch zahlreiche Arme, die bloss kamen, um der Noth zu entgehen, welche in der weniger nahrhaften Heimat sie ereilt haben würde, und Glück- und Abenteuersucher, welche die Lust am Wechsel oder der Durst nach rasch zu gewinnendem Reichthum her- beiführte. Aber im Gegensatz zu fast allen anderen Colonien, von denen yman Kunde hat, überwogen die letzteren Elemente hier nicht, sondern traten entschieden zurück hinter jenen, welche von edleren Motiven ge- trieben sich hier zusammenfanden. Es war weder so vorwiegend Schaum, noch so sehr Hefe, was zwischen 1620 und 82 die europäischen Gestade verliess, um in der damals noch bis zum Schrecken unbekannten Neuen We-lt eine neue Heimat zu suchen. Gerade die gesunden, arbeitsgewohnten mittleren Stände waren sehr stark in diesen Schaaren vertreten und mit ihnen materieller und geistiger Besitz, Arbeitsgewohnheit und prak- . tische Kenntnisse. Die für eine erst werdende Gesellschaft nothwendigste Schicht, die mittlere, war hier von vornherein vorhanden, während andere Colonien Jahrhunderte sich um die Schaffung derselben bemühten und aus Mangel derselben ebensolang unfertig und social ungesund geblieben. Die Zeit der Coloniengründungen, welche, wenn das ausnahms- weise verspätete Georgia ausser Betracht gelassen wird, zwischen 1620 und 82 fällt, ist aus zwei Gründen von Wichtigkeit. Es war für England, II. Geschichtlicher Ueberblick. 65 die Heimat der weitaus grössten Mehrzahl der Einwanderer, die politisch lebhafteste Zeit, welche es je erlebt hatte. Die Einwanderer brachten die politische Erregtheit ihres Vaterlandes in die neue Heimat mit und gleichzeitig aber auch eine Aufmerksamkeit auf politische Dinge und eine Fähigkeit, dieselben zu behandeln, welche hervorragend sind. Man ist nicht erstaunt, wenn man unter diesen Umständen das politische Leben der jungen Ansiedelungen sich mit einer sicheren Zweckbewusstheit ent- wickeln sieht, welche am wenigsten diesem Gährungsstadium einer jungen Gesellschaft eigen zu sein pflegt. Auf der anderen Seite half dieser selbe bewegte Zeitcharakter jedenfalls dazu mit, die ersten Jahrzehnte der Entwickelung dieser Colonien für das Mutterland in ein Dunkel zu hüllen, welches in einer ruhigeren Zeit nicht in demselben Masse vorhanden gewesen wäre. Freilich ist dabei nicht zu übersehen, dass die Zahl der Auswanderer von Anfang an nicht sehr bedeutend, dass weder die Natur noch die Bevölkerung Nord-Amerikas geeignet waren, die Aufmerksamkeit von Leuten zu fesseln, die den Massstab von Peru, Mexico oder den Molukken an den Colonialbesitz legten, und endlich dass die Entfernung zwischen Mutterland und Colonien damals mindestens das 5 — 6 fache von der heutigen war. Das alles wirkte darauf hin, die Wichtigkeit des nordamerikanischen Colonialbesitzes in den Augen auch selbst leitender Männer des Mutterlandes zu verringern. Man kann sagen, dass der grosse Werth desselben erst nach dem Verlust der Colonien in Folge des Unabhängigkeitskrieges klar erkannt wurde. Bis dahin wurde Nord- Amerika fast überall unterschätzt. Mit jenen beiden grossen und folgenreichen Thatsachen hängt innig zusammen die Selbständigkeit und Eigen- thümlichkeit der Colonien. Dieselbe wäre nicht möglich gewesen, wenn man von vornherein ein grösseres Gewicht auf die Colonien gelegt hätte. Aber indem man sie sich selbst überliess, gestaltete sich jede einzelne frei nach den Ideen ihrer Führer und nach den politischen Fähigkeiten und Wünschen der Männer, die sie ausmachten. Ohne ein grosses Mass von politischer Einsicht und Uebung wäre diese selbständige Entwickelung nicht zu Stande gekommen. Aber so ist es eine der bemerkens- werthesten Thatsachen in der Geschichte der britischen Colonien in Nord- Amerika, dass sie von ihrer Gründung an fast ganz frei geblieben sind von den inneren Zwistigkeiten, die sonst regelmässig wie Entwickelungskrankheiten des Jugendalters aufzutreten pflegen. Erst auf einer viel höheren Stufe ihrer politischen und wirthschaftlichen Entwickelung sollten auch sie unter das Gesetz fallen, welches eine kampflose Entwickelung den Völkern nicht gestattet. Ebenso ist es bezeichnend für das grosse Mass von politischer Thatkraft, die in ihnen aufgehäuft war, dass sie alle sich in der Richtung entwickelten, welche vor allem ein erhebliches Mass von politischen Pflichten den Einzelnen auferlegte und in welcher man auch nur mit ßatzel, Amerika Tl. r^ 66 n. Geschichtlicher üeberblick. einem grossen Aufwand von politischen Fähigkeiten weiter gehen konnte. Sie führten den Grundsatz der Selbstverwaltung, welchen sie aus dem Mutterlande mitbrachten, in breiterer Weise durch, als dort hergebracht war. Der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze, wenn auch durch gewisse religiöse Unduldsamkeiten in einzelnen Colonien verdunkelt, musste unter politisch denkenden Menschen zu entschiedenster Geltung kommen, sobald dieselben unter den Verhältnissen lebten, die in den Colonien herrschten. Es ist ferner bemerkenswerth , mit welcher Entschiedenheit die für aristokratisch gehaltenen Bevorrechtungen der Eigenthümer be- stritten und aristokratische Regierungssysteme zurückgewiesen wurden. Die Demokratie war der naturgemässe Typus für Staat und Gesellschaft in diesen Colonien, wo so ziemlich alle Bürger von gleicher Grundlage ausgingen, d. h. mit wenig Kapital, aber mit genug Fleiss und Sparsamkeit begannen, und ebenso auch Alle die gleiche Aussicht auf Begründung eines massigen "Wohlstandes hatten. Grundbesitz konnte nicht als ein Anlass betrachtet werden, einem Manne grösseres Gewicht beizulegen, denn Baronien und Grafschaften standen im Urwald Jedem frei, der sich die Mühe nehmen wollte, sie abzustecken und durch Urbarmachung sein Recht auf sie zu sichern. Ansammlung von Geld war nur in geringem Masse möglich, denn die Erzeugnisse der Colonien fanden in Europa zu- nächst nur einen beschränkten Markt, da sie hier ja ebenfalls erzeugt werden konnten, und der später so gewinnbringende westindische Handel entfaltete sich im 17. Jahrhundert nur langsam. Kurzum, die Entwickelung der Colonien in Nord- Amerika, welche später zu dem Bunde der V. St. sich zusammenschliessen sollten, war im ersten Jahrhundert ihres Be- y Standes bürgerliche und wirthschaftliche Gleichheit auf Grund gleicher Einfachheit des Lebens und gleicher Nothwendigkeit der Arbeit. Die einzige Durchbrechung dieser Regel war die Sklaverei, welche ur- sprünglich allen Colonien gemein, aber nur in denen des Südens bis herauf nach Maryland und Delaware von grösserer wirthschaftlicher Be- deutung geworden war. Der Anbau des Tabaks, des Indigos und des Reises wurde hier in steigendem Masse den Negersklaven aufgebürdet, welche zuerst 1620 aus West-Indien nach Virginien eingeführt worden und deren Zahl sich 30 Jahre später in Virginien bereits auf Vso der weissen Bevölkerung gesteigert hatte. Aber es war der grossen Entwickelung der wirthschaftlichen Interessen vorbehalten, welche nach der Beendigung des Unabhängigkeitskrieges eintrat, und der fast gleichzeitigen Klärung der Ansichten über die moralische Verwerflichkeit der Sklaverei, aus einem Unterschied der Wirthschaftsweise einen immer tiefer gehenden Unter- schied fast aller Interessen und Anschauungen zu entwickeln. III. Die stille Entwickelung dieser Ansiedelungen, auf deren vor- wiegend dem wirthschaftlichen Gebiete angehörige Hauptpunkte in den betreifenden Abschnitten des Folgenden zurückzukommen sein wird, war II. Geschichtlicher Ueherhlick. 67 bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur von Indianerkriegen unterbrochen worden. Einzehie Besitzwechsel zwischen den Mächten, die sich an der atlantischen Küste Nord- Amerikas festgesetzt, hatten sich in fast geräusch- loser Weise vollzogen und von allen war endlich nur Frankreich mit einem Besitze übrig geblieben, der den der Engländer an Ausdehnung übertraf, wenn er auch an glücklicher Lage und politisch und wirth- schaftlich selbständiger Entwickelung weit hinter ihm zurückstand. Seit die Franzosen sich 1G08 in Canada und 1699 am unteren Missis- sippi dauernd festgesetzt, waren ihre Ansiedelungen langsam, aber nach wohl ausgedachtem Plane im N. und W. der englischen weiter gewachsen und hatten im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts einen Inlandgürtel um dieselben geschlossen, der zwar noch dünn war, aber die Gefahr der Abschliessung der letzteren von dem Inneren des Continents unverkennbar in sich barg. Zwar hatte Frankreich schon im Frieden von Utrecht (1713) die heutigen Gebiete von Neu-Braunschweig , Neu-Schottland und einige Inseln im Mündungsgolf des S. Lorenz an England abtreten müssen, aber seine Macht in diesem Erdtheile blieb gefährlich, und das um so mehr, je schwankender und unberechenbarer die Neigungen der noch immer mächtigen Indianerstämme waren, bei denen die Franzosen mit ihrer Glattheit und Feinheit mehr Aussicht auf wirksame Bundesgenossenschaften zu haben schienen als die Engländer. Es war natürlich, dass die beiden Mächte hier ebensowenig wie in Indien ruhig sich neben einander aus- breiten konnten. Es liegt in der Natur der Ansiedelungen in solchen weiten Gebieten, dass sie zu wachsen streben, und dieses Wachsthum musste eines Tages zum Zusammenstoss führen. Da dritte Mächte, die den Stüss mildern konnten, hier nicht vorhanden waren, musste er nur um so bälder und heftiger eintreten. Man hat mit Recht gesagt, dass nicht zwei Staaten oder zwei Co- lonien allein, sondern zwei Völker und zwei Principien, deren Träger jene sind, mit einer gewissen Nothwendigkeit hier in den Urwäldern aufein- anderplatzten. England, die Tochter der Reformation und Revolution, „die dem freien Gewissen die freie That zugesellte und die Selbstbestim- mung des Einzelnen nicht bloss auf geistigem, sondern auch auf politi- schem Gebiete in Handlungen und Schöpfungen ausprägte, und das neue Frankreich, das Kind des Katholicismus und Feudalismus, welches die in dem Mutterlande so vortrefflich bewährten Netze weltlicher und geistiger Polizei auch über die neue Welt spannen zu können wähnte. Der blendende Glanz der äusseren Stellung war auf Seiten der Franzosen. Ihre kühnen Generale, weitsichtigen Politiker und unermüdlichen Priester, welche den Staat Ludwig XIV. nach Amerika zu verpflanzen bemüht waren, hatten allerdings ein ausgedehntes Reich gegründet, welches den Lorenz -Strom mit den Grossen Seen und dem Mississippi verbinden und 5* 68 11. Geschichtlicher Ueberblick. diesen entlang bis zum mexikanischen Golf fortlaufend, die englischen Niederlassungen auf den schmalen atlantischen Küstensaum beschränken sollte. Aber so gut für die Spitzen dieses weiten Reiches gesorgt war, so zählte es doch nur wenige Hunderte von Händlern, Geistlichen und Soldaten, so fehlte es ihm an einem arbeitsamen und thätigen Volke. Die englischen Ansiedler dagegen, welche kaum beachtet und ganz un- scheinbar von der Küste aus allmählich ins Innere vordrangen, waren ein nüchtern fleissiges , kräftiges, sich selbst vertrauendes Geschlecht, und befestigten mit jedem Axtschlag, den sie führten, mit jeder Furche, die sie zogen, ihren mühsam errungenen Besitz. Sie standen nicht unter der Leitung von vornehmen Herren, sie verlachten den äusseren Pomp und Schimmer und verliessen sich auf ihre tapferen Herzen, ihre kräftigen Fäuste und Arme. So erwiesen sich denn diese selbstdenkenden und sich selbst bestimmenden englischen Männer schliesslich stärker als die von Priestern und Officieren geleitete denk- und arbeitsfaule französische Heerde, und so siegten in der neuen Welt Protestantismus, Demokratie und Pflugschaar über Katholicismus, Feudalismus und Schwert" '). Den nächsten Anlass zum Entscheidungskampfe boten Grenzstreitig- keiten. Die täglich weiter nach Westen vorrückenden englischen Colonisten waren bereits bis in die Nähe des Ohio gelangt, dessen Gebiet die Fran- zosen ebensowohl als die Engländer sich zusprachen. Als England 1749 der sog. Ohio-Compagnie 600000 Acres Land im Ohio-Thale verlieh, ver- wehrten ihr die Franzosen die Besitzergreifung. Es entstanden Feind- seligkeiten, in welche zunächst die Colonien hineingezogen wurden. G. Washington verrichtete in diesen Kämpfen seine ersten Ruhmes- thaten. 1755 wurde von den Engländern Fort Duquesne (Pittsburg) genommen. 1759 schlug Wolfe die Franzosen unter Montcalme bei Quebek, und diese Stadt fiel im darauffolgenden Jahre in die Hände der Engländer. Der Friede von Paris, welcher 1763 geschlossen wurde, wies England die französischen Besitzungen östlich des Mississippi mit winzigen Ausnahmen zu und schloss damit die Franzosen thatsächlich von Nord- Amerika aus. Ohne Zweifel war diese Thatsache eine der ent- scheidendsten in der nordamerikanischen Geschichte. Es war den Fran- zosen von jetzt an nicht mehr ermöglicht, festen Fuss in diesem Erdtheil zu fassen, und damit war der dortige englische Besitzstand zum ersten Mal vollständig sichergestellt, denn von Spanien, das nur an den äussersten Enden, in Florida, Texas, Neu-Mexico und Californien und seit 1762 in Louisiana, dünnbevölkerte Besitzungen innehatte, war schon damals wenig zu fürchten. Für die innere Entwickelung der bisherigen Colonien hatte dies vorzüglich zweierlei Folgen. Einmal ward von den Colonien ein Druck genommen, der bisher ihr Aufstreben gehemmt hatte; mit der 1) F. Kapp, Aus und über Amerika I. 5. II. Geschichtlicher Ueberblick. 69 Furcht vor gelegentlichen Uebergriffen der Indianer und Franzosen schwand auch ein grosser Tlieil der Unsicherheit, welcher auf den Unternehmungen der jungen Colonien fast immer lastet und welche einer agressiven Macht wie Frankreich gegenüber in diesem Falle doppelt begründet gewesen war. Ausserdem aber zeigte dieser Krieg den Colonien zum ersten Mal die Kraft, deren sie durch Zusammenfassung fähig waren. Ihre Milizen nahmen an mehreren hervorragenden Aktionen desselben rühmlichen An- theil, einige ihrer Führer zeigten militärische Talente und die Colonisten sahen in der Hülfe, die sie der Regierung gewährten, die erste glückliche Bethätigung auf einem grösseren Gebiete als denjenigen, auf welche sie sich bisher beschränkt hatten. Während ihre äussere Sicherheit wuchs, nahm auch ihr Gefühl der Sicherheit, Selbständig- keit und Zusammengehörigkeit im Inneren zu. Diese ein- greifende Veränderung erklärt zum Theil die Entschiedenheit, mit der sie in dem darauffolgenden Jahrzehnt von Neuem in den schon früher auf- genommenen Kampf gegen die Regierung des Mutterlandes eintraten und mit der endlich sogar zum Bruch mit demselben geschritten ward. IV. Grossbritannien hatte seinen Colonien immer viel mehr politische als wirth schaftliche Freiheit zugestanden. Es überliess sie in Verfassungs- und Verwaltungsfragen sich selbst, während in Fragen des Handels und Verkehres eifrig auf den Vortheil gesehen ward, den das Mutterland vollstes Recht zu haben glaubte aus seinen Colonien ziehen zu dürfen. Aber diese beiden Arten von Freiheit bedingen sich gegenseitig. Man kann nicht gleichzeitig politisch frei und wirthschaftlich abhängig sein und für junge Colonien ist jene Freiheit grossentheils leichter zu entbehren als diese. Den Anlass Eur Zer- reissung des Bandes zwischen beiden gaben denn in der That aus- schliesslich Zwistigkeiten über wirthschaftliche Fragen. Es ist hervor- zuheben, dass hier zum ersten Mal die in der Geschichte der V. St. mit gesetzlicher Strenge wiederkehrende Erscheinung des Uebergewichtes der wirthschaftlichen Fragen über alle anderen hervortritt. Man kann dieses Uebergewicht voraussehen in einem Staate oder einer Staaten- vereinigung, wie dieser, deren Bevölkerung sich fast ausschliesslich zusammensetzt aus Menschen, die auf dem Wege sind durch Erwerb von Gütern, die sie sich zu erarbeiten haben, erst die Grundlage für den Wohlstand zu legen. In älteren Gesellschaften ist derselbe in einer grösseren Anzahl von Familien als befestigter Besitz lange vor- handen und entbindet zahlreiche Bürger von der drängenden Pflicht für ihres Leibes Nahrung und Nothdurft zu arbeiten. Durch diese Colonien ging aber ein Zug wirthschaftlichen Neuschaffens und Aufstrebens, der ihr ganzes übriges Leben färbte, und nur die Religion theilte sich mit der Arbeit des Erwerbes in die Interessen der Colonen. Nirgends mussten Hemmnisse der Erzeugung von Gütern und des Verkehres mit denselben uX 70 II. Geschichtlicher Ueberhlick. schwerer empfunden werden als unter diesen Umständen und jeder Fort- schritt in der wirthschaftlichen Entwickelung musste dieselben drückender erscheinen lassen. Schon das. 17. Jahrhundert hatte zahlreiche Versuche gesehen, nicht bloss den Acker- und Bergbau, sondern auch die Gewerbe und den Handel der Colonien künstlich so zu lenken und zu gestalten, wie das Mutterland sie am besten brauchen konnte. In einer Zeit grosser Unsicherheit und Unselbständigkeit mochten dieselben nicht allzu un- erträglich erscheinen, aber unglücklicherweise wurden die Versuche zur Besteuerung der Colonien häufiger und die Methoden, die man bei den- selben befolgte, eingreifender und rücksichtsloser in dem Masse, als die Colonien durch die kräftige Entfaltung ihrer Hülfsquellen ergiebigere Steuerobjekte zu werden begannen und als ihre eigene Industrie zu Un- gunsten der mutterländischen sich breiter entfalten zu wollen schien. "Wenn schon im 17. Jahrhundert häufig die Meinung geäussert worden war, dass bei fortschreitender Entwickelung der nordamerikanischen Co- lonien der wirthschaftliche Nutzen derselben für das Mutterland immer geringer werden möchte, so wurde im 18. Jahrhundert die Annahme, dass man ihre industrielle Entwickelung zurückdämmen müsse, um sie nicht zu Concurrenten der heimischen Industrie werden zu lassen, zu einem politischen Dogma. Eine der ersten amtlichen Bekräftigungen desselben war der Beschluss, den das Parlament im Jahre 1719 fasste, dass durch den Fortschritt der Industrien in den Colonien die Abhängigkeit derselben zu Schaden komme. Die prak- tischen Folgerungen dieser Erklärung waren zahlreich. Als 1732 die Hutmacher Londons sich beklagten, dass die Amerikaner Hüte nach Spanien "und West-Indien ausführten, verbot das Parlament diese Ausfuhr, und zugleich ging es so weit, den intercolonialen Handel mit diesem Artikel zu untersagen und sogar die Fabrikation desselben zu beschränken. Schon damals ging man in kleinen Hinderungen, die man der wirthschaftlichen Regsamkeit der Amerikaner in den Weg stellte, viel weiter als nothwendig war. Man unterschätzte offenbar die Colonien. Wenn man z. B. den Hutmachern verbot, mehr als 2 Lehrlinge zu halten, Neger in dieses Ge- schäft einzuführen, ihr Fabrikat auf Wagen oder Pferden zu verladen, so war die schädliche Wirkung durch die Erbitterung , die man erregte, sicherlich grösser als der Nutzen, den die heimische Wirthschaft aus den- selben zog. Auch auf anderen Gebieten der Industrie suchte man dasselbe System zur Anwendung zu bringen und womöglich noch rücksichtsloser. 1750 wurde z. B. jede Verarbeitung des Eisens, die mit Pressen oder Walzen geschah, sowie die Stahlbereitung untersagt. Andere Fälle der Art werden wir bei der Betrachtung der Entwickelung der amerikanischen Industrie kennen lernen. So viel sei hier hervorgehoben, dass alle diese Einschränkungen, wie man wohl denken kann, in dem weiten, schwer zu übersehenden Lande und bei dieser Bevölkerung voll Freiheits- und II. Geschichtlicher üeberblick. 71 Unabhängigkeitssinn nur sehr vereinzelt die Wirkungen erzielen konnten, welche sie sich vorsetzten. Man umging sie nicht bloss, sondern man trat ihnen selbst offen mit Organisationen entgegen, die Schutz und Förderung der colonialen Industrie auf ihre Fahnen schrieben. Nach- dem der Krieg mit den Franzosen ausgefochten und Canada gewonnen war, erneuerten sich jene Bestrebungen und dieser Widerstand in viel grösserer Schärfe des Gegensatzes. Auf beiden Seiten hatte sich noch das Gewicht der Gründe vermehrt. England hielt sich für berechtigt, nicht bloss die Colonien auf dem Wege des Waarenaustausohes auszu- beuten, sondern es glaubte nach so grossen Opfern, die es in den vorher- gehenden Franzosen- und Indianerkriegen für sie gebracht, auch zur offenen Besteuerung derselben schreiten zu dürfen. Die Colonien anderer- seits fühlten sich seit der Niederwerfung der Franzosen sicherer auf ihrem jungen Boden als je vorher. Von den französischen Nachbarn und der Drohung grosser Indianerkriege befreit, fühlten sie sich fast als die Herren des weiten Gebietes zwischen Atlantischem Meer und Mississippi. Aber gleichzeitig hatten auch diese langwierigen Kriege sie über die Ge- fahr ihrer Zersplitterung belehrt und die Anregungen zur Bildung eines Bundes, welche schon im 17. Jahrhundert von verschiedenen Seiten gegeben worden waren, fielen jetzt auf einen fruchtbaren Boden. Die neuengländischen Colonien hatten bis 1684 einen Bund mit jährlich zusammentretendem Delegirten-Congress gebildet, bei Kriegsgefahr hatten auch andere von den Colonien gemeinsame Beschlüsse gefasst, W. Penn hatte 1697 einen jährlichen Congress der Colonien behufs Regelung der Handelsverhältnisse vorgeschlagen. Die Idee der Vereinigung lag in der Luft. Es war in der That schon 1754 ein Congress der Colonien in Albany N. Y. zusammengetreten, dem der Entwurf einer Verbindung von B. Franklin vorgelegt worden. Dieser Entwurf wurde aber durch den noch in demselben Jahre ausgebrochenen Franzosen- und Indianerkrieg in den Hintergrund gedrängt. Als aber schon 1760 die Eingriffe in den Handel und Verkehr den Colonien wieder lästig wurden, liess die Wieder- belebung der Conföderationsideen nicht auf sich warten. Die Erhebung eines bisher wegen seiner Schädlichkeit bei Seite gesetzten Zuckerzolles, welcher dem bereits zu dieser Zeit sehr beträchtlichen westindischen Handel der Colonien einen schweren Stoss gab, ferner die Ausgabe von Wräs of Ässistance, welche alle Beamten der Colonie den Zollbehörden zur Verfügung stellte und die letzteren zur Untersuchung jedes ihnen verdächtigen Hauses ermächtigte, regte die Gemüther der neuengländischen Bevölkerung auf. Der Advokat James Otis wurde vor der Gerichtsbank und im Saale der Gesetzgebung der Sprecher für die Unzufriedenen. Er war eine revolutionäre Natur und seine Reden und Flugschriften haben eine tiefe Einwirkung auf die dem Geiste des Widerstandes zugänglichen Gemüther geübt. Die Timber Act (1765) und die Stamp Act (1765) ver- 72 11. Geschichtlicher Ueberblick. letzten noch emi^findlicher das Kecht nur mit ihrer Zustimmung besteuert zu werden, welches die Colonien für sich in Anspruch nahmen. Nicht Neu-England allein, sondern auch Virginien, die einfiussreichste unter den Colonien zu dieser Zeit, widersetzten sich. 1765 trat auf Anregung von Massachusetts in New York ein Congress der Colonien zusammen, der der Meinung der Colonien über diese Eingriffe entschiedenen Aus- druck gab. Im darauffolgenden Jahre wurde die Timhcr Act zurück- gezogen, aber dafür schon 1767 kleine Steuern auf Thce und einige andere Gegenstände gelegt. Auch diese Steuern wurden in Amerika mit Entschiedenheit verweigert. Drohungen und Schroffheiten gegen unbeug- same Legislaturen gössen Oel ins Feuer. In Neu-England machte 1768 die Ankunft britischer Soldaten, die zur Unterstützung der königlichen Beamten berufen waren, böses Blut und 1770 wurden von denselben bei einem Volksauflauf mehrere Bürger getödtet. Die Processe, welche folgten, erzeugten eine grosse Aufregung in der Bevölkerung, man erhitzte sich von beiden Seiten immer mehr und die Zurücknahme aller bisher vom Mutterlande aufgelegten Steuern mit Ausnahme der des Thees (1770) genügte nur zu oberflächlicher Beschwichtigung. Die Colonien traten von ihrer Verabredung der Non-Importaüon britischer Waaren zurück, aber in der Bevölkerung im Grossen blieb die Verstimmung am Grunde ruhen. Weitblickende Männer wie Sam. Adams sahen die Unvermeidlichkeit des Bruches schon jetzt voraus. Der Conflikt concentrirte sich jetzt auf Neu-Eng- land, wo die Gesetzgebung über ihr Recht der Besteuerung von Beamten der Krone mit dem Governor im Streit lag und die Bürger sogar ihr Versammlungsrecht bedroht sahen. Am 16. December 1773 warf eine Bande Verkleideter im Hafen von Boston den Thee ins Meer, welcher gegen den Willen der Gesetzgebung besteuert eingeführt werden sollte. Die Antwort von britischer Seite war die Boston IlarJjour Bill, welche diesen Hafen für allen Verkehr schloss, der sehr unkluge Versuch, den bisher aus Volkswahlen hervorgegangenen Rath von Massachusetts vom Könige ernennen zu lassen und einige kleinere, aufreizende Massregeln. In den Colonien aber empfand man die Schläge gegen Boston und Massachusetts als gegen die eigenen Freiheiten gerichtet und die schon 1773 von der Gesetzgebung von Virginien ergangene Aufforderung zu einem Congress der 13 Colonien fand zuerst in Massachusetts und darauf in den übrigen Colonien bereitwillige Folge. 1774 am 5. September traten die Ab- gesandten von 12 Colonien (Georgia hatte sich noch nicht angeschlossen) in Philadelphia zu einem Congress zusammen, wie sie selbst ihre Ver- einigungnannten. G.Washington, Henry, P. Randolph, die beiden Adams, J. Jay u. a. Männer, deren Namen sehr bald einen weithin- schallenden Klang erwerben sollten, waren unter ihnen. Zum Präsidenten wurde P. Randolph von Virginien gewählt. Man einigte sich darüber, dass dieser Congress sich nicht als die Vertretung des amerikanischen IL Geschichtlicher Ueberblick. 73 Volkes, sondern als die der einzelnen Colonien betrachte, von denen jede ihre besondere Stimme erhielt. In dem gemässigten Sinne, welcher diese Auffassung seiner eigenen Stellung bestimmte, fasste er auch seine Be- schlüsse. Er erliess eine Dedaration of EigJits, in welcher er für die Bürger der Colonien dieselben Rechte in Anspruch nahm, welche die des Mutterlandes besassen und welche durch die Auswanderung Jenen nicht verloren gegangen seien. Sie könnten und wollten nicht im Par- lamente des Mutterlandes vertreten sein, aber für alle inneren Fragen müsse ihnen die Beschlussfassung in ihren gewählten Vertretungen frei bleiben, welclie nur durch das Vetorecht der Krone eingeschränkt seien. Sie wollten dem Parlamente nicht das Recht bestreiten, den Handel so zu regeln, dass beide, das Mutterland und seine Colonien, ihre Interessen an demselben gewahrt sehen, wiesen aber jeden Gedanken an Abgaben, innere oder äussere, zurück, welche ohne ihre Einwilligung auf Bürger der Colonien zum Zweck der Besteuerung gelegt wurden. Sie leugneten das Recht der Krone, in Friedenszeiten eine Armee in einer der Colonien ohne Einwilligung von deren Gesetzgebung zu haben. Der Congress erliess noch Ansprachen an den König, die Colonien, das amerikanische Volk und das Grossbritaniens , die Bewohner der Provinz Quebek, in denen er seine Willensmeinung klar und versöhnlich kundgab, und vertagte sich dann am 20. Oktober 1774, indem er die Bevölkerung der Colonien einlud, für das Zusammentreten eines neuen im Mai des folgenden Jahres Für- sorge zu treffen. Die Ereignisse gingen indessen in Massachusetts einen Gang, der den EntSchliessungen des Congresses weit vergriff. Statt einer Versamm- lung, die der Governor berufen, aber nicht zusammenzubringen vermocht hatte, trat in Concor d ein Provincial- Congress zusammen, der die Geschäfte in die Hand nahm, als ob er gesetzlich dazu berufen sei, und einen WoMfahrtsausschuss niedersetzte, den er mit der Ausführung seiner Beschlüsse beauftragte. Er traf zugleich Vorkehrungen zum Widerstände, warb Milizen, bestimmte Anführer für dieselben und sammelte Proviant für 12000 Mann. Als von England die Waffen- und Munitionausfuhr nach den Colonien untersagt worden war, bemächtigte sich das Volk von Rhode Island eines der Krone gehörigen Artilleriezuges und in New Hampshire wurde ein kleines Fort mit 5 Mann Besatzung von Frei- schaaren überrumpelt. Das neue am 29. November 1774 zusammen- getretene Parlament hatte eine so gewaltige Mehrheit für die Regierung, dass seine Reden und Beschlüsse die Flammen des Aufruhrs, die schon zu züngeln begannen, nur höher aufschlagen machen konnten. Die Sendung neuer Truppen nach Neu-England, neue Belästigungen des wirthschaftlichen Lebens der Colonien waren geeignet, hier die versöhnliche Stimmung zu- rückzudrängen, welche bis jetzt die Mehrheit noch von entscheidenden Schritten zurückgehalten hatte. Der Beschluss, den im März 1775 die 74 II. Geschichtlicher Ueberblick. Convention von Yirginien fasste , einen Vertheidigungsausschuss zu er- nennen, war, von der grössten und der Natur ihrer Bevölkerung nach wenigst demokratischen der Colonien ausgehend, das stärkste Zeichen für die Entschlossenheit, mit der die Colonien jetzt Stellung nahmen. Man konnte annehmen, dass die übrigen Südstaaten Virginien folgen würden, das seinerseits Neu-Englands sicher war; nur über die Stellung einiger Mittelstaaten war man im Unklaren. Y. Der Bürgerkrieg entbrannte rascher als die Kühnsten voraus- gesehen. "Am 19. April 1775 stiessen englische Truppen und Colonial- milizen bei Lexington zusammen; die ersteren hatten den grösseren Verlust und mussten sich zurückziehen. Man hatte auf amerikanischer Seite einen Zusammenstoss erwartet; jedenfalls war die Stimmung der Bevölkerung so, dass die Ausnützung des an sich kleinen, aber für einen Anfang allerdings mehr als genügend grossen Erfolges nicht auf sich warten liess. Volkshaufen bemächtigten sich königlicher Befestigungen, Magazine, Arsenale und Gelder, der Congress entband die Bürger des Gehorsams gegen den Governor von Massachusetts und verfügte die Bil- dung einer Continental Army von 30000 Mann, die in den Neuengland- Staaten ausgehoben werden sollten, endlich marschirten die Milizen auf Boston, wo sie Befestigungen errichteten und die Engländer blokirten, bis diese in dem Treffen von Bunker Hill (17. Juni 1775) die Kette durchbrachen, welche um sie sich schliessen wollte. Unterdessen hatte sich am 10. Mai der neue Continental Congress in Philadelphia versammelt und der wenige Tage vorher angekommene Benjamin Franklin wurde sogleich zum Eintritt in denselben bestimmt; besser bekannt mit den Plänen und Entschlüssen des Ministeriums als irgend ein anderer, war er in der Lage, das gewichtigste Wort in die Wagschale zu werfen, und seine für Widerstand abgegebene Stimme war von ent- scheidender Wirkung. Der Congress beschloss, die Colonien in Verthei- digungszustand zu setzen, und wählte am 15. Juni George Washington zum Befehlshaber der colonialen Streitkräfte. Die britische Regierung ihrerseits liess sich durch das Parlament 28000 See- und 55000 Land- truppen verwilligen (darunter die 16000 von ihren Landesherren ver- kauften Deutschen) und allen Handel mit den 13 Colonien verbieten. Nachdem Georgia noch am Ende des zweiten Congresses beigetreten, waren die letzteren vollzählig auf dem Plan. In diesem Jahre noch waren in der Oeffentlichkeit nur erst vereinzelte Stimmen für die völlige Los- reissung der Colonien gehört worden, aber die Entschlossenheit, mit der man auf beiden Seiten sich zum Aeussersten rüstete, liess dem Gedanken immer näher treten, dass man sich auch ein Aeusserstes zum Ziel setzen müsse. Die Schrift Thomas Paine's The Common Sense, welche -im Frühling 1776 erschien und in welcher die Losreissung mit eindringenden Worten empfohlen ward, hatte in dieser Richtung einen gewaltigen Er- II. Geschichtlicher Ueberblick. 75 folg. Die Briten beschleunigten die Katastrophe durch die Entschiedenheit, mit der sie vorgingen. Die Ausschiffung von Truppen in verschiedenen Häfen, die Befestigung von Boston, die Verträge mit den Indianern waren für die Colonisten ebensoviele Kriegsfälle. Am 7. Mai 1776 wurde die Frage der Unabhängigkeit durch R. H. Lee aus Virginien vor den Con- gress gebracht. Dieser Redner forderte Lösung jeder Verbindung mit Grossbritanien, einen Bund der Colonien unter einander und Allianzen mit fremden Mächten. Die Entscheidung über die damit aufgeworfenen Grund- fragen wurde, da einige Colonien noch unsicher waren, bis zum 1. Juli vertagt, aber an diesem. Tage wurde die Unabhängigkeit einstim- mig angenommen und ihre feierliche Erklärung am Abend des 4. Juli von 55 der 56 Vertreter unterzeichnet. Versöhn- liche Botschaften, mit denen wenige Tage später Lord Howe vor New York ankam, waren nach diesem Schritte natürlich ohne Folgen, und konnten es um so weniger sein, als die Feindseligkeiten schon vor der Unabhängigkeitserklärung nicht geruht hatten. Es ist nicht Sache dieser Uebersicht, tiefer in den Verlauf des Unabhängigkeitskrieges einzugehen. Genüge es die wesentlichen Momente hervorzuheben. Im Winter 1775 war von Neu-England aus ein Versuch gemacht worden, Quebek zu nehmen und womöglich Canada für die Sache der Colonien zu gewinnen. Von den Führern der Unternehmung wurde jedoch Montgomery getödtet und Arnold schwer verwundet (31. Dec. 1775), so dass dieselbe zurückgehen musste, ohne ihr Ziel er- reicht zu haben. Im darauffolgenden Frühling zwang Washington die Briten zur Räumung von Boston (17. März) und dieselben wurden auch bei einem Angriff, den sie auf Charleston machten, zurückgeschlagen (28. Juni). Nach geschehener ünabhängigkeitserklärung nahmen die Feind- seligkeiten einen grösseren Charakter an. Die Briten landeten mit starker Macht auf Long Island und schlugen die Amerikaner bei Brooklyn (27. August), wodurch New York in ihre Gewalt fiel. Der erhebliche Vortheil, welchen die Gewinnung dieses wichtigen Platzes gab, wurde nur zum Theil wieder aufgewogen durch die Gefangennahme einer 1000 Mann starken Abtheilung des feindlichen Heeres, meist aus Deutschen bestehend, bei Trenton (26. December). Im darauffolgenden Jahre fiel auch Phila- delphia nach dem für die Amerikaner ungünstigen Gefecht bei Chads Ford (11. September 1777) in die Hände der Briten und ein Versuch Washington's ihnen die damalige Hauptstadt der Colonien wieder zu ent- reissen missglückte in dem Gefecht bei Germantown (4. Oktober). Aber ähnlich wie im vorigen Jahre wurde diese Reihe von Unglücksfällen wieder in etwas gutgemacht durch einige Gefechte am oberen Hudson und Mohawk, durch welche ein britischer Heerkörper von 10000 Mann unter Burgoyne, der von Canada her eingedrungen war, zerstreut und der Rest von o500 bei Saratoga zur Ergebung gezwungen wurde (17. Oktober). 76 II. Geschichtliclier Ueberblick. Das Jahr 1778 verzeichnet den grossen diplomatischen Erfolg des Bünd- nisses mit Frankreich, um welches die Amerikaner schon seit dem Verluste New Yorks mit Eifer sich beworben hatten. Der Vertrag wurde am 6. Februar zu Versailles unterzeichnet. Frankreich erkannte darin die Unabhängigkeit der Colonien an und leistete ihnen seine Hülfe ohne anderes Entgelt als das Versprechen, dass sie mit allen Mitteln und dauernd sich in Unabhängigkeit von Grossbritannien erhalten würden. 1779 trat Spanien diesem Bündnisse bei. Im April 1778 wurde eine französische Flotte den Amerikanern zu Hülfe gesandt, die Briten räumten Philadelphia und auf dem Rückzug wurden ihnen durch Washington in dem Gefecht von Monmouth (28. Juni) erhebliche Ver- luste beigebracht. Die Einnahme von Savannah entschädigte sie nicht für den Verlust Philadelphias. Das Jahr 1779 sah den unglücklichen Versuch der vereinigten amerikanischen und französischen Flotten, sich Savannahs wieder zu bemächtigen. Im Jahre 1780 erfuhren die Amerikaner einen neuen erheblichen Verlust, indem Charleston mit einer Besatzung von 6000 Mann sich nach längerer Belagerung an die Briten ergeben musste (12. Mai). Die Niederlage der Amerikaner bei Camden war ein weiteres Glied in einer Kette von Unglücksfällen, welche viele Freunde der ameri- kanischen Sache entmuthigte. Aber wie schon in früheren Jahren richtete auch jetzt ein unerwarteter und grosser Erfolg die Sache der Colonien im Augenblick des tiefsten Standes wieder auf. Durch die Einschliessung des englischen Generals Cornwallis inYorktown fiel die Hauptmacht der Briten in die Hände der Amerikaner und Franzosen (19. Oktober 1781) und Grossbritannien wurde gezwungen die Feindseligkeiten einzustellen. Die nächstfolgenden Jahre bis zum Friedensschluss (3. September 1788) verflossen ohne bemerkenswerthe kriegerische Zwischenfälle. Die Colonien, welche schon 1781 sich zu einem Bund zusammengeschlossen hatten, wurden in demselben endgültig als unabhängig anerkannt, nachdem die sog. Provisionalartikel vom November 1782 dieselbe Anerkennung bereits vorläufig ausgesprochen hatten. Der schon früher zwischen Holland und Grossbritannien ausgebrochene Krieg (November 1780) hatte die Geneigtheit der letzteren Macht zum Friedensschluss vermehrt und andererseits der amerikanischen Sache einen neuen Verbündeten zugeführt. Dieser siebenjährige Krieg, welcher die denkbar eingreifendste Aen- derung in der äusseren Stellung der 13 Colonien herbeiführte, hatte natürlich ihre innere Lage nicht unberührt lassen können. Er berührte zwar in seiner ganzen Dauer jeweils nur einen beschränkten Theil ihres Gebietes und in allen anderen konnte das öffentliche Leben, politisches wie wirthschaftliches, wenig gestört seinen Fortgang nehmen. So wenig griff er in die Interessen eines grossen Theiles der Bevölkerung unmittel- bar ein, dass Viele waren, die handelten, als ob ein Kriegszustand gar nicht vorhanden sei. Aber die mittelbaren schädlichen Folgen des Krieges II. Geschichtlicher Ueberblick. 77 konnten natürlich um so weniger ausbleiben, je geringer die Thätigkeit war, die der Congress ihnen gegenüber entfaltete. Schon 1779 wurde das vom Congress ausgegebene Papiergeld nur zu Vioo seines Nennwerthes genommen und trotz aller schönen Worte war am Ende des Krieges und noch vor Friedensschluss der Bankerott da. Die Ausrüstung und Ver- pflegung der Armee war eben so ungenügend, als ihre Zahl unter derjenigen blieb, die der Congress verordnete. Gewöhnlich war nur Vs der Soll- stärke wirklich vorhanden. Selbst Aufruhr und Verrath blieben am Ende der Armee nicht erspart. Man versteht bei solcher Schwäche die Un- thätigkeit, in der die amerikanischen Generale sich hielten, und die daraus folgende, im Vergleich zu den ins Spiel kommenden Kräften über- mässig lange Dauer des Krieges. Die Hauptsache war indessen auf amerikanischer Seite vorhanden: energische und richtig urtheilende Männer, welche die oftmals schwankende Sache ihres Landes endlich zu einem glücklichen Ende zu führen wussten und damit den kommenden Ge- schlechtern das unschätzbare Geschenk der Erinnerung an eine grosse, glücklich bestandene Prüfungszeit hinterliessen. VI. Die Jahre unmittelbar nach dem Krieg, 1784 — 87 oder 88, sind dafür sicherlich die trübsten und unerfreulichsten in der Geschichte der V. St. Mit den unvermeidlichen Nachwehen des Krieges verband sich die politische Unerfahrenheit und der kleine Sondergeist Vieler, die beim Abgang der grossen Vorkämpfer sich in die politische Atena gedrängt hatten. Die Masse der Bevölkerung kannte nur ihren jeweiligen Staat, den, in dem sie wohnte, und der schon vor der Unabhängigkeit die ein- zige Form gewesen war, in deren Rahmen ihr öffentliches Leben, soweit es über die Gemeinde hinausging, sich ausschliesslich abspielte. Die ein- zige Aenderung, die nun an ihr eingetreten war, war die wohlthätige der Entfernung der englischen Beamten und die Abwerfung gewisser Abgaben. Im Uebrigen war das Meiste : Grenzen, Hauptstädte, Gesetz, Recht, sogar viele Organe der Regierung und Verwaltung dieselben geblieben. Man schien damit zufrieden sein zu können, zumal die Wechselfälle des sieben- jährigen Unabhängigkeitskrieges ermüdet hatten. Es ist auch zu erwägen, dass das Volk der V. St. zu dieser Zeit ein armes und weitzerstreutes war, dem es an der Menge der Berührungspunkte fehlte, die erforderlich waren, um es rascher in ein Ganzes zu verschmelzen. Die Bundes- regierung, welche man sich gegeben, war fern und neu, man betrachtete sie als ein unentbehrliches Werkzeug, solange es galt den gemeinsamen Krieg gegen England zu führen; aber es würde mehr politischen Fern- blick erfordert haben, als damals in der Masse der Politiker zu finden war, um die Nothwendigkeit ihres nicht bloss gesicherten, sondern auch starken und wirkungsfähigen Bestandes in friedlichen Zeiten einzusehen. „Mit der Bundesregierung war in dem Bewusstsein des Volkes sozusagen gar kein unmittelbarer Begriff verbunden. Die Bundesregierung war ein 78 IL Geschichtlicher Ueberblick. Mittel, dessen sich die Staaten zu einem ganz bestimmten Zwecke be- dienten ; aber sie war nicht, wie die Staatsregierungen, die Verkörperung eines moralischen Begriffs, der in dem Bewusstsein des Volkes selbständiges Leben hatte ^)." In Folge dessen war die einzige lebensfähige Grundlage der Union, das Interesse der einzelnen Glieder an ihrem Bestände, nur in ganz geringem Masse vorhanden und erst jahrelangen Kämpfen mit Wort und Schrift gelang es , dieses Interesse zu der Kraft zu bringen, welche ihm nothwendig innewohnen musste, wenn der Zusammenhang des Bundes nicht in gefährlicher Weise gelockert werden sollte. Die gefähr- lichsten Feinde aber in diesem Kampfe w^aren ausser dem kurzsichtigen Genügen in der bestehenden Form des Sonderstaates die alten Rivalitäten der Staaten unter einander und die Herrschaft der republikanischen Phrase, die gegen die gefährliche Stärke der Centralregierung und gegen die zu fürchtende Tyrannei der am Ruder befindlichen donnerte. Eine in der Heerde vielfach wirklich vorhandene, bei den Führern aber wohl meist fingirte Furcht vor einer monarchischen Reaktion war zumal während der ersten Jahre der französischen Revolution in den V. St. weit verbreitet, und während die Frankomanie die Republikaner auf die Seite Frankreichs selbst in europäischen Conflikten zu ziehen strebte, hatten die Föderalisten Mühe den Ausbrüchen eines blinden Britenhasses, der das Land in ge- fährliche Zwistigkeiten mit der ihm gefährlichsten Macht zu bringen drohte, die Spitze abzubrechen. Bemerkenswerth ist, wie scharf schon in diesen langwierigen Streitigkeiten zwischen den Vertheidigern der Staaten- und denen der Bundessouveränität der Gegensatz zwischen Nord und Süd hervortrat, welcher in wechselnden Formen und mit zu- oder ab- nehmender Kraft die fernere Geschichte der Union bestimmen sollte. Die Bundesfreunde gehörten eben so vorwiegend dem Norden wie die Staatenrechtvertheidiger dem Süden an. Man sprach als von einer fest- gestellten Sache von der Sonderung des Landes in zwei geographisch wohl abgrenzbare Parteigebiete, in denen die einzige Ausnahme von dieser scharfen geographischen Sonderung durch die unteren Classen der rasch anwachsenden Städte des Nordens gebildet wurde, die schon jetzt, aus freilich ganz anderen Gründen, ein und dasselbe Ziel mit den Südstaat- lichen verfolgte, nämlich die Schwächung des Bundes zu Gunsten einer Staatensouveränität. Jene dachten dieselbe für ihre Interessen, in erster Linie für die Sklaverei, diese für die Verwirklichung ihres Phrasenidoles der unbeschränkten Demokratie auszunützen. Schon jetzt erkannten Klar- blickende auch die Unvereinbarkeit des Bundesverhältnisses mit der Sklaverei, die noch in einem grossen Theile der Staaten herrschte und besonders die Südstaaten zu einer Interessenpolitik drängte, welche sich immer schärfer zuspitzen musste, und für welche im Kreise der Union 1) Von Holst, Verfassung und Demokratie der V. St. 1873 I. 24. II. Geschichtlicher Ueberblick, 79 nicht immer Raum bleiben konnte. Erst 1788 gelang es durch die Be- völkerung von 11 Staaten die Verfassung annehmen zu lassen, die 1787 durch einen Delegirten-Congress in Philadelphia entworfen worden war, und damit endlich ein anerkanntes und zur Dauer bestimmtes Band um „Die Vereinigten Staaten von Amerika" zu schlingen. Der erste Präsident war George Washington. Washington's beide Administrationen (1789 — 97) bezeichnen die Periode der Ruhe nach dem Sturm der äusseren und der inneren Kämpfe, der Einwurzelung der Verfassung, welche bald von ihren früheren Feinden mit womöglich noch grösseren Eifer hochgehalten wurde als von ihren Begründern, aber auch der neuen Parteibildung, welche in gemässigterer Fortsetzung der früheren Parteikümpfe auf dem Boden der neuen Verfassung sich vollzogen. Washington's Bestreben den Parteigeist zu ersticken und alle Kräfte zu einträchtigem Zusammenwirken zu vermögen stellte sich aber schon in der Zeit seiner Präsidentschaft als völlig undurchführbar dar. Die Führer der beiden grossen Parteien, Th. Jefferson von der republikanischen (später demokratischen), A. Hamilton von der föderalistischen, welche er in seinem Cabinet mit wichtigen Posten bedacht hatte, waren so wenig zu harmonischer Zusammenwirkung im alleinigen Interesse der Republik zu bewegen, dass Jefferson schon mit Anfang 1794 aus dem Cabinet heraus an die Spitze der sog. republikanischen d. h. antiföderalistischen Partei trat, die nun als Opposition sogar dem äusserlich noch allverehrten Washington mit Schärfe begegnete. Ein Vertrag mit England, der, am 19. November 1794 abgeschlossen, bestimmt war, die letzten Differenz- punkte zu regeln, welche noch zwischen den alten Feinden bestanden, gab den Hauptanlass zum Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den beiden Parteien, doch vermochten die Republikaner, die eben so ent- schieden mit Frankreich sympathisirten wie die Föderalisten einem Bruche mit England abhold waren, denselben nicht zu Fall zu bringen. Am 17. September 1796 erliess Washington seine berühmte Abschiedsadresse, in der er auf die Wiederwahl verzichtete, und bei der darauffolgenden Wahl (1797) wurde John Adams, ein Haupt der extremen Föderalisten, mit knapper Mehrheit zum Präsidenten, Jefferson zum Vicepräsidenten ge- wählt, so dass nun beide Parteien an der Spitze der Regierung vertreten waren. Die Jahre 1798 und 99 brachten in dem Widerstand einiger Staaten gegen die sog. Fremden- und Aufruhrgesetze, welche den Wühlereien Fremder, besonders Franzosen, in den V. St. entgegentreten wollten, eine neue Verschärfung des Parteiconfliktes in Form der sog. Kentucky- und Virginia-Beschlüsse, welche das Recht der Staaten auf Nullifikation von Beschlü ssen der Bundesregierung prokla- mirten, die ihnen nicht genehm waren. In Virginia wurden bereits Mass- regeln getroffen, um unter Umständen mit Gewalt dieses Recht der Nulli- fikation durchzusetzen, dem nun zwar zunächst keine weitere Folge ge- 80 n. Geschichtlicher Ueberblick. geben wurde, das aber von dieser Zeit an in dem Staatrecht der Südstaaten festgegründet stand. 1801 wurde Jefferson zum Präsidenten gewählt, aber erst nach hartem Kampf mit A. Burr, der, von derselben Partei zum Vicepräsidenten bestimmt , die gleiche Anzahl Stimmen erlangt hatte wie er. Von da an herrschte die antiföderalistische oder republikanische Partei unumschränkt für 20 Jahre und ihre Herrschaft war eine grössere Gewähr für die Sicherheit und Ruhe des Bundes als es ihre Opposition gewesen wäre. Am Steuer stehend lernte sie dieselben Institutionen auf- recht erhalten, welche sie in der Opposition immer mehr untergraben haben würde. Ihre bedeutendste, folgenreichste That in dieser Zeit war die Erwerbung Louisianas, das 1800 von Spanien an Frankreich abgetreten worden war und durch den Pariser Vertrag vom 30. April 1803 um 15 Mill. Dollars gekauft wurde. Es bezeichnet einen bemerkens- werthen Fortschritt in der politischen Einsicht, dass Hamilton, ungeachtet die föderalistische Partei entschieden gegen diesen Ankauf war, denselben mit seinem Antipoden Jefferson für eine Massregel von grösster Bedeutung, ja von Nothwendigkeit für die V. St. erklärte und demgemäss mit Eifer verfocht. Man muss in Betracht ziehen, dass es sich dabei um das ganze Mississippi-Thal von der Mündung bis zu den Quellen und um das Gebiet des Missouri und Arkansas bis zu ihren Quellen im Felsengebirge handelte. Es war aber den Nordamerikanern jener Zeit nicht so klar, wie es heute der ganzen Welt ist, dass der Mississippi nicht die Grenze, sondern die natürliche Mittellinie und Lebensader eines grossen nordamerikanischen Staates sein muss ^). Man fürchtete vorzüglich die Vermehrung des Ein- flusses des Südens und theilweise auch des Westens, welch letzterer übrigens noch ganz im staatlichen, gesellschaftlichen und wirthschaftlichen Werdeprocess sich befand. An die Gefahr, welche von der Sklaverei drohte , dachte man zu dieser Zeit weit weniger. Diese Befürchtungen führten sogar die Föderalisten auf denselben Standpunkt der Souveränität der Einzelstaaten, den sie noch kürzlich, als die Republikaner ihn ein- nahmen, mit Leidenschaft bekämpft hatten, und es wurde sogar von neu- engländischer Seite der Anspruch erhoben, dass zur Erwerbung neuen Gebietes oder Zulassung neuer Staaten die Zustimmung jedes einzelnen Staates der Union nothwendig sei. Auch tauchten bei dieser Gelegenheit im Norden dieselben Drohungen auf von Trennung und engerem Zu- sammenschliessen unter sich wie früher im Süden. Das Embargo, das 1807 auf die Ausfuhr gelegt wurde, um als Repressalie zu dienen gegen 1) „Selbst Washington dachte 1784 noch nicht daran, dass der Besitz des Mississippi der Repubhk nützen könne, sondern hegte im Gegentheil die Be- fürchtung, dass derselbe das Westgebiet von den atlantischen Staaten trennen möchte. Seine Gedanken erweiterten sich langsam von der atlantischen Küste bis zu einer continentalen Repubhk." Draper, Hist. of the Am. Civil War I. 201. II. Geschichtlicher TJeberblick. 81 die den neutralen Handel schädigenden Massregeln der kriegführenden Mächte England und Frankreich, diente dazu, denselben Gegensatz zu schärfen. Es waren vorzüglich die Südstaatlichen, welche diese Mass- regel befürwortet hatten, und es stand ausser Zweifel, dass sie weniger unter derselben litten als die Nordstaaten, deren Handel unter ihren Wirkungen darniederlag. Mochte auch die Masse der Bevölkerung, wie man wahrscheinlich mit grossem Rechte geltend macht, keine Gefühle hegen, welche die scharfen Worte von Trennung, Bürgerkrieg u. dgl. rechtfertigten, und solche Worte fielen auch bei dieser Gelegenheit wieder dicht genug, so bleibt doch die eine Thatsache in hohem Grade be- merkenswerth, dass die Parteien, deren Wortführer so bereit schienen zum Aeussersten zu gehen, Jahrzehnte hindurch im Ganzen und Grossen auch territorial so scharf geschieden waren. Die Gefahr, welche man unschwer in einer so lange und über so viele Wechsel der politischen Verhältnisse weg andauernden Sonderung erkennt, dass sie nämlich allen möglichen kommenden Conflikten Anlass gibt, sich ebenfalls an dieser selben Linie zu schneiden, die nun einmal schärfer als alle anderen mar- kirt ist, hat sich späterhin in der Geschichte der V. St. erfüllt. Da die Repressalie des Embargo nichts genützt, sondern nur das Wirthschaftsleben der V. St. geschädigt hatte, wurde dasselbe aufgehoben und dafür nun zum Kriege gerüstet und zwar, wie nicht zweifelhaft war, zum Kriege mit England. Die alten Parteien standen sich jetzt, als Freunde Englands die eine, als Freunde Frankreichs die andere, gegen- über und der Krieg trug im Anfang so sehr den Charakter eines Partei- krieges, dass drei von den Neuengland-Staaten die Aushebung von Miliz für denselben zu versagen versuchten und dass im Allgemeinen der Norden und Osten während des ganzen Verlaufes dieses Kampfes gegen denselben sprachen. Allerdings war der Verlauf des letzteren nicht geeignet, die Nation zu begeistern. Die Indianer, denen erst im vorhergehenden Jahre durch General Harrison bei Tippecanoe eine Niederlage beigebracht y/orden war, welche den Rest von Kraft, der in ihnen geblieben, bis auf sehr wenig herabgebracht hatte (die Meinung, dass englische Emissäre dieselben zu ihren Feindseligkeiten gegen die V. St. aufgereizt hätten, gehörte zu den Gründen, die für den Krieg von 1812 in der Masse des Volkes geltend gemacht wurden), fochten auf der Seite der Engländer und fügten auf der weiten n. und w. Grenzlinie den zerstreuten Ansiedelungen von Anfang an grossen Schaden zu. Im August 1812 ging ganz Michigan, damals noch Territorium, durch die Waffenstreckung des Generals HuU verloren. Während glänzende Thaten zu Wasser verrichtet wurden (See- sieg auf dem Eriesee unter Commodore Perry am 10. September 1813) und in demselben Jahre die Battle of the Thames geschlagen wurde, in welcher der letzte bedeutende Indianerführer, Tecumseh, fiel, wurde ß a t z e 1 , Amerika II. g 82 II- Geschichtlicher tJeberblick, die Bundeshauptstadt Washington am 24. August 1814 von den Eng- ländern eingenommen und zum Theil verbrannt. Noch ehe die Nachricht von dem im December 1814 zu Gent geschlossenen F^rieden, der übrigens die wichtigsten Streitpunkte auf dem alten Stande Hess, die V. St. erreichte, hatte General Jackson, der spätere Präsident, die Engländer, die sich New Orleans' bemächtigen wollten, in der Nähe dieser Stadt entscheidend geschlagen (8. Jan. 1815). Es gehört dieser Sieg zu den am meisten glorificirten in der Geschichte der V. St. 1812 hatten sich die Staaten um Louisiana, 1816 um Indiana ver- mehrt. Der einzige nennenswerthe äussere Handel, den die V. St. in den Jahrzehnten nach diesem sehr ersehnten Frieden hatten, war der Streit mit Spanien über Florida, welcher dadurch entstand, dass General Jackson auf seinem Feldzuge gegen die in Florida wohnenden Seminolen die spanischen Plätze S. Marks und Pensacola besetzte , weil er vernommen hatte, dass von spanischen Unterthanen in Florida jene Indianer zu ihren Raubzügen aufgestachelt worden seien. Nach längeren Verhandlungen trat indessen 1821 Spanien seine Besitzung Florida an die V. St. ab. VII. 1817 wurde James Monroe von Virginien zum Präsidenten gewählt. Derselbe blieb zwei Termine im Amte. Seine Administration ist denkwürdiger durch das Wiederaufleben der Sklaven frage, welche von da an wie eine immer dunkler und schwerer werdende Wolke über den V. St. schwebte, als durch die eben erwähnte Gebietsvergrösse- rung, die übrigens durch den Zuwachs neuer Staaten in dieser Zeit (Mississippi 1817, Illinois 1818, Alabama 1819, Maine 1820, Missouri 1821) sowohl nach Wichtigkeit als Ausdehnung weitaus aufgewogen ward. Der Congress hatte durch die sog. Ordinanz von 1787 verfügt, dass in dem nw. vom Ohio gelegenen Gebiete Sklaverei für immer verboten sein solle, und dieses Verbot strebten die sklavereifeindlichen Nordstaaten auch auf andere Territorien auszudehnen. Aber bei der Neuorganisation aller S.Territorien wurde gerade dieser Artikel derselben ausser Kraft gesetzt und so kamen Mississippi, Tennessee, Alabama, später Louisiana und Arkansas als Sklavenstaaten in die Union. Auch ein früher nicht an- gefochtener Grundsatz, dass dem Congress die Befugniss zustehe, in allen Territorien die Sklaverei zu verbieten, wurde nicht weiter anerkannt. Bei dem raschen Wachsthum der V. St. hing nun offenbar die Frage : ob die sklavenhaltenden oder die freien Staaten endgültig die Mehrheit haben sollten in dem grossen Lande, das hier in der Entwickclung begriffen war? davon ab, dass an jener Ordinanz in möglichst vielen Fällen der Zulassung neuer Staaten festgehalten werde. Schon in dem Falle Indiana's schwebte die Frage, ob Sklaven- oder freier Staat, Jahre hindurch und der Kampf entbrannte 1819 bei der Frage über die Aufnahme von Mis- souri unter die Staaten heftiger als je vorher. Das Repräsentantenhaus II. Geschichtlicher Ueberblick. 83 war für die Aufnahme unter der Bedingung des Aufgebens der Sklaverei seitens des neuen Staates, der Senat wollte die Aufnahme ohne diese Klausel bewilligen. 1820 drang endlich die letztere Ansicht durch und es gab nun einen Sklavenstaat mehr in der Union. Zugleich wurde der südliche Theil von Missouri als Territorium Arkansas constituirt und auch für dieses die Sklaverei gebilligt. In dem-selben Gesetze wurde aber auch festgestellt (gegen nur 5 verneinende nordstaatliche Stimmen), dass „in dem ganzen unter dem Namen Louisiana von Frankreich an die V. St. abgetretenen Gebiete, soweit es n. von 36 " 30' n. Br. liegt und nicht in den Grenzen des in Rede stehenden Staates *) eingeschlossen ist, Sklaverei und unfreiwillige Knechtschaft für immer verboten sein soll". Dieses ist das sog. Missouri- Com promiss, das zum ersten Mal der geo- graphischen Scheidung der feindlichenGrundsätze: Skla- verei und freie Arbeit die Weihe des Gesetzes verlieh. Von jetzt an hiess es allen grossen Fragen gegenüber in erster Linie immer: Hie Nord, hie Süd. Es war dies die Zeit, in der auch der Gegen- satz des Wirthschaftslebens und der Bevölkerungszahl zwischen den beiden Hälften schärfer hervorzutreten begann. Die Sklaverei hielt den Süden bei einem extensiven Ackerbau fest, welcher an Fähigkeit, die Bevölkerung zu bereichern , weit zurückstand hinter dem intensiven Ackerbau des Nordens; ebenso liess sie viel weniger als dieser eine rasche Vermehrung der Bevölkerung und ein damit in enger Verbindung stehendes Wachsthum der Gewerbe und des Handels zu. Ihr Lebens- element war nicht Vertiefung der Arbeit, sondern Ausbreitung. Um immer grössere Plantagen zu gewinnen, mussten immer neue Territorien dem Unionsgebiet zugefügt werden : eine natürliche Folge davon, dass bei dem Grossbetrieb der Landwirthschaft vermittelst der scheinbar so billigen Sklavenarbeit der Boden oberflächlich verbraucht, ausgesogen wurde. Der Landpreis war daher im S. durchschnittlich ein viel geringerer als im N., z. B. nach dem Census von 1850 in Virginia 8, in Pennsylvania 25 D. Die Grossindustrie war im S. so weit zurückgeblieben, dass 1820 der Werth, den die Baumwollindustrie in den Nordstaaten darstellte, 5 mal so gross war als der in den Südstaaten. Dieses Verhältniss hat sich, beiläufig gesagt, bis zum Aufhören der Sklaverei fast genau in derselben Weise erhalten. Indessen verdeckten die grossen und immer wachsenden Er- träge des schon über ein sehr weites Gebiet ausgebreiteten Baumwollen- baues zu dieser Zeit noch das nothwendige wirthschaftliche Uebergewicht, welches der N. mit seiner freien Arbeit erlangte. Es wurde im Gegen- theil noch im Anfang der 20 er Jahre, da der N. in manchen Beziehungen sich noch nicht erholt hatte von den Wunden, die der Krieg von 1812 — 14 geschlagen, von Vielen an ein dauerndes Uebergewicht des S. geglaubt. 1) d. h. Missouri's. 84 II. Geschichtlicher Ueberblick. Doch genügten die Zahlen der Bevölkerungszunahme, um zu ermessen, wie kurzsichtig eine solche Annahme sei. Der N. hatte 1790 nur 7000 Seelen mehr als der S., aber 1820 betfug sein Ueberschuss über 60Ö000, und da dies durchaus freie, vertretungsfähige Bevölkerung war, sah er sich im Repräsentantenhause 1820 von 133 vertreten, während der S. nur 90 Vertreter besass. 1790 war das Verhältniss 57 und 53, noch früher 35 und 30 gewesen. Sah man die Zunahme der Seelenanzahl junger Staaten des N., wie z. B. Ohio's, an und verglich sie mit der nach Lage und Grösse entsprechender Südstaaten, so war der Unterschied augenfällig. So war der führende Sklavenstaat Virginia bereits 1820 von der ersten Stelle in den Censuslisten durch New York verdrängt, dessen Bevölkerung von 1790—1820 von 340120 auf 1372111 gestiegen war, während Virginien, das 1790 schon 747 610 Seelen gezählt hatte, 1820 1065116 besass, wovon zudem Vs Farbige waren. Ohio figurirte 1790 noch gar nicht unter den Gliedern der Union und hatte aber 1820 schon 581 295, während Kentucky 1790 73 677 und 1820 564 135 E. zählte. Kein Vernünftiger konnte zweifeln, dass dieser grosse Unterschied in der Bevölkerungszunahme einen tieferen Grund habe in den Institutionen und dass in dieser Richtung der N. den S. nur immer mehr überflügeln werde. Aber um so mehr warf sich der S. darum auf dasjenige Organ der Re- gierung, welches von diesem für ihn so ungünstigen Faktor unabhängig war, nämlich auf den Senat. Die. Zahl der Senatoren bestimmte sich einfach nur nach der Zahl der Staaten, denn jeder Staat entsandte deren 2, und es handelte sich nun darum, so viel Staaten wie möglich in das Sklaverei-Interesse hineinzuziehen, einerlei wie auch im Uebrigen die Be- völkerungsverhältnisse im N. oder S. sich gestalten mochten. In zweiter Linie strebte der S. darnach, auch die Executive mit Leuten seiner Meinung zu besetzen, und auch dies ist ihm bis zum Vorabend der Secession in solchem Masse gelungen, dass von Jeiferson's Termin an bis zu Buchanan's Abgang nicht ein einziger den Bestrebungen des S. ent- schieden feindlicher Mann die Würde von Präsidenten bekleidete. Von 1820 an ist kein Staat in die Union aufgenommen worden, an dessen Eintritt dieses Bestreben nach Erlangung einer künstlichen Mehr- heit für die Sklavenstaaten an Stelle der immer entschiedener für sie verloren gehenden wirklichen Volksmehrheit sich nicht geheftet hätte. Die politischen Schachzüge, die dabei gemacht wurden und die einige Male die Bevölkerung der V. St. in starke Wallungen versetzten, bilden einen erheblichen Theil der Geschichte der V. St. von diesem Zeitpunkte ab. Hier sind natürlich nur die hervortretendsten zu markiren. Es ist be- greiflich, dass eine so tief in die Rechte von Millionen Menschen ein- schneidende Einrichtung eine unabsehbare Menge von Conflikten erzeugen musste, sobald an ihr gerüttelt wurde, oder aber, sobald sie bewegt wurde zu dem Behufe sie fester einzupflanzen. Sie war wie ein ungemein 11. Geschichtlicher Ueberblick. 85 breitwurzelnder Baum, der droht, einen ganzen Berghang zu Thal gleiten zu lassen, sobald man seine Wurzeln antastet. So gab selbst die Missouri- Frage, die so glatt gelöst schien, noch zu bewegten Discussionen Anlass, als die Nebenfrage aufgeworfen wurde, ob man freien Farbigen das Recht verleihen dürfe, sich im Staate niederzulassen. Nach heftigen Debatten umging man die Grundfrage auch hier durch ein Compromiss. Dieser Abschluss heftiger Streitigkeiten durch ein Compromiss ist, beiläufig gesagt, ein immer wiederkehrender Zug in den Kämpfen um die Sklaverei; er prägt klar die Hülflosigkeit aus, in welcher die Politiker des Nordens sich gegenüber einer Frage wie dieser befanden, welche viele von ihnen weder mit ihrem politischen Verstände noch mit ihrem einfach menschlichen Gewissen bisher vollständig bewäl- tigt hatten, von der man aber zunächst so viel wenigstens verstand, dass sie nicht gelöst werden könne ohne eine Zerreissung der Union herbei- zuführen. Das letztere Gefühl überwog jene noch unklaren Bedenken, weil es zweifellos richtig war. Die Folge war aber ganz natürlich eben jene hinhaltende, zaudernde Compromisspolitik. Auf diesem Standpunkte war es vollständig unmöglich, eine Politik zu verfolgen, welche weitsichtig die in der weiteren Entwicklung dieser Institution gelegenen Gefahren beschwor; es wäre aber, den späteren Ereignissen zufolge, dieses die einzig richtige ohne jeden Zweifel gewesen. VIII. In einer Anzahl von wirthsch aft liehen Fragen, deren Lösung tief eingriff einerseits in die Entwicklung der Hülfsquellen des Landes, andererseits aber auch in die Verschärfung der Interessengegen- sätze der einzelnen Landestheile, machten zu dieser Zeit dieselben geogra- phischen Scheidungen von N. und 0. gegen S. und W. sich geltend und eine von ihnen, die Tariffrage, hat neben der Sklavenfrage wahrscheinlich am meisten dazu beigetragen, dieselben nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Die Nationalbank gab einen der ersten Anlässe zu der Verschärfung politischer Gegensätze durch wirthschaftliche Probleme. 1791 war mit Hülfe Hamilton's eine Nationalbank ins Leben gerufen worden, deren Freibrief 20 Jahre währte. Von republikanischer Seite war dieses Institut als ein Monopol der „Geldnristokraten und Spekulanten" aufs heftigste angefeindet und es würde 1811 aufgehoben, um unter dem Drange einer grossen Finanznoth 5 Jahre später wieder ins Leben gerufen zu werden. Eine zweite Frage betraf die Internal Improvements, d. h. die Bauten zu Zwecken des Verkehrs an Canälen, Wegen, Flüssen und Küsten, Häfen u. dgl. Man warf die Frage auf, ob und wie weit die Bundes- regierung befugt sei, Bauten dieser Art vornehmen zu lassen oder zu unterstützen. Die praktische Nothwendigkeit der Anlage und Verbesserung von Verkehrswegen konnte natürlich nicht bestritten werden in einem so weit ausgedehnten Lande, dessen Culturmöglichkeiten und dessen politische Macht nur entfaltet werden konnten nach Ueberwindung der grossen 86 IL Geschichtlicher Ueberhlick. Räume, welche die Bewohner von einander trennten. Aber es wurde jene Frage nicht von Allen, die diese Nothwendigkeit anerkannten, in unbedingt bejahendem Sinne beantwortet. Die Furcht vor der Stärkung der Central- gewalt und die entsprechende Eifersucht, mit der die einzelnen Staaten auf ihre souveränen Rechte achteten, führte dazu, dem Congress theoretisch das Recht zur Durchführung solcher Arbeiten in demselben Augenblicke abzusprechen, in welchem man ihn praktisch veranlasste, bedeutende Summen für dieselben zu bewilligen. Im S., wo der unvollkommene Stand des ganzen Wirthschaftslebens derartige Hülfsmittel entbehrlicher erscheinen Hess, entwickelte sich auf Grund der alten Staatsrechtsbegriffe die Oppo- sition gegen das Recht der Centralregierung zur Ausführung öffentlicher Arbeiten immer mehr, allerdings mit der von der Macht der Thatsachen auferlegten Inconsequenz , dass man dasselbe für Hafen- und Flusslauf- verbesserungen, die man brauchen konnte, unter der Hand eher zugeben wollte, als für Strassen, deren man eher entrathen zu können glaubte. Aber eine dritte Frage dieser Classe sollte entscheidendere Bedeutung gewinnen, die Tarif frage. Die Zweckmässigkeit einer Schutzzollpolitik zur Entwickelung der Industrie in den V. St. ward in den ersten Zeiten des Bestandes der Union von den verschiedensten Seiten her zugegeben, aber das massige System, welches aus dieser Ansicht hervorging, erfuhr bald von verschiedenen Seiten her Störungen. In dem Kriege von 1812 — 14 nöthigte die Finanznoth zu aussergewöhnlichen Zollerhöhungen und die Industrie der Neuengland-Staaten erfuhr dadurch und durch die Unterbrechung des Verkehres mit Europa, die der Krieg bewirkte, eine starke Förderung. Als der Verkehr wieder auflebte, verfiel manches von dem, was so rasch aufgeschossen war, aber dafür sah die Rhederei, welche damals in den V. St. eine aussergewöhnliche Entfaltung genommen hatte, sich durch die hohen Zölle belästigt, welche auf Waaren gelegt waren. Es entstand also ein Interessengegensatz in Neuengland selbst, das in einigen Theilen eben so grosse Thätigkeit der Industrie als in anderen der Rhederei zuwandte. Ein Tarif mit massigen Zöllen, 1816 aufgestellt, versöhnte diese und andere Gegensätze nur für kurze Zeit. Von 1820 an wurde die Tariffrage nicht mehr von der Tagesordnung abgesetzt und zwar vorwiegend in Folge der nicht rastenden Agitation für Schutzzölle seitens des sich immer mehr der Industrie zuwendenden Nordens. Auch dieser Streit hatte sich seit den heftigen Debatten, welche der schutz- zöllnerischen Tarifrevision von 1824 vorangegangen waren, zu einem vorwiegend regionellen Gegensatz zugespitzt, denn die Pflanzerstaaten standen wie Ein Mann für Freihandel, da sie ausser ihren grossen Stapel- artikeln für die Ausfuhr nichts erzeugten und für den grössten Theil der Gewerbserzeugnisse, theilweise sogar der Nahrungsmittel, die sie ver- brauchten, auf Europa oder den Norden angewiesen waren. Der W. stand ihnen fast eben so einig darin zur Seite, während dagegen im N. II. Geschichtlicher Ueberblick. 87 auch in den bis dahin freihändlerischen Rhedereistaaten die Idee des Schutzzolles immer mehr Boden gewann. Freihandel und Schutzzoll wurden regioneile Schlagworte, die fast überall auf denselben Seiten standen wie Skaverei und freie Arbeit oder wie Staatenrecht und Bundesrecht. Die beiden Parteien der Nationalrepublikaner oder Whigs, die aus den alten Föderalisten hervorgegangen waren, und der Demokraten oder alten Repu- blikaner, welche auf Grund dieser letztgenannten grossen Gegensätze sich fester zusammengeballt und schärfer von einander geschieden hatten als je vorher, nahmen auch in dieser hochwichtigen wirthschaftlichen Frage entsprechend Stellung. Nur trat hier noch als weiteres verschärfendes Motiv die Thatsache hinzu, dass dem S. in wirthschaftlichen Fragen öfters jene Bundesgenossenschaft im N. fehlte, die in rein politischen Fragen zu ihm stand. Man begreift also seine Erbitterung über neue Tariferhöhungen, welche 1828 eintraten. Wie gewöhnlich wurden auch jetzt Drohungen laut, welche auf Secessionsgelüste deuteten, und die Theorie der Nullifi- kation wurde von den Extremsten, wie S. Carolina und Georgia, jetzt nicht minder entschieden verfochten wie zur Zeit der Virginia- und Kentucky-Beschlüsse. Ein Sieg der Freihändler schien die Präsidentenwahl von 1828 zu sein, welche Jackson und Calhoun, von denen der letztere entschiedener Freihändler war und der erstere für einen solchen gehalten wurde, zur Würde des Präsidenten bezw. Vicepräsidenten berief; aber die Erwartung auf Jackson's entschiedenes Eintreten für die Freihandelsprin- cipien sah sich getäuscht. Der Kampf um den Tarif von 1832 erzeugte in S. Carolina eine so grosse Aufregung, dass eine Convention nach Columbia einberufen wurde, die die Tarife von 1828 und 18.32 für null und nichtig erklärte und gegen Zwangsmassregeln des Bundes mit Aus- scheiden drohte. Die Legislatur des Staates erliess Gesetze, welche die Bürger von S. Carolina von der Zahlung von Zöllen nach dem strittigen Tarif entbanden, legte den Eid auf die Nullifikationsordinanz auf, traf Veranstaltung zur Landesvertheidigung u. s. f. Durch ein Compromiss, das seinem Inhalte nach vorwiegend günstig für die Schutzzöllher war, indem es nur eine gradweise Ermässigung der Zölle in Aussicht nahm, das aber im Princip sich wie „eine Prämie auf die Auflehnung eines Einzelstaates gegen die Bundesregierung" darstellte, wurde auch dieser Streit noch im letzten Momente gütlich beigelegt. IX. In ihren Beziehungen zu den amerikanischen Seh westor- re publiken, die nach der Verjagung der Spanier vom Festlande sich in grösserer Zahl in Mittel- und Süd-Amerika gebildet hatten, Hessen die V. St. das Uebergewicht der s., d. h. der Sklavenhalter-Interessen zum ersten Mal auch nach aussen hin deutlich hervortreten. Noch ein Aus- fluss der früheren idealeren Anschauungen von der Stellung der V. St. unter ihren amerikanischen Schwesterstaaten war die viel genannte und missbrauchto Monroe-Doktrin (1823), welche den Intriguen der 38 II. Geschichtlicher Ueberblick. heiligen Allianz gegen diese jungen Freistaaten mit der Erklärung antwortete, dass Amerika in Zukunft nicht mehr der Gegenstand von Eroberungs- oder Niederlassungsversuchen europäischer Mächte bilden dürfe, und dass jeder Versuch einer europäischen Macht, ihr System auf irgend einen Theil Amerikas zu übertragen, als den Frieden und die Sicherheit der Y. St. bedrohend angesehen werden müsse. Ebenso ging der Versuch Clay's, die Einladung Bolivar's zu einem Congresse sämmt- licher amerikanischer Freistaaten in Panama (1825) zu einer engeren Verbindung der letzteren unter einander zu verwerthen und diesen Con- gress denen von Aachen, Laibach und Verona entgegenzusetzen, aus einer stolzeren Auffassung von der Macht und den politischen Aufgaben der V. St. hervor, als den Männern eigen war, die diese Einladung zurück- wiesen. Es wurde geltend gemacht, dass die V. St. nicht mit Staaten zusammen tagen könnten, welche Neger zu Generalen und Mulatten zu Senatoren hätten und deren Principien hinsichtlich der Rassenverschieden- heiten völlig entgegengesetzt seien denjenigen, auf welche die V. St. gegründet seien. Man wies aus demselben Grunde jeden diplomatischen Verkehr mit Hayti zurück. In den Verhandlungen über den Panamä- Congress konnte sogar klar ausgesprochen werden, dass eine Eroberung Cuba's durch England oder Frankreich für die V. St. weniger gefährlich scheinen könne als eine Negerrepublik nach dem Muster von Hayti. Es war damit klar gefordert, dass die auswärtige Politik der Gesammtheit der V. St. von der Rücksicht auf die Sklaverei im S. bestimmt sei. Und diese Rücksicht sollte nicht bei passiver Schonung stehen bleiben, sondern sich in Thaten äussern, wo immer diese empfindliche Institution es ver- verlangte. Die nach innen wie aussen in so hohem Grade folgenreiche Politik der V. St. gegenüber Mexico war in erster Linie von dieser Rücksicht eingegeben. Man kann allerdings nicht leugnen, dass der breite Raum, welchen die Sklavenhalter für ihre den Boden aus- saugende Plantagenwirth Schaft immer von Neuem fordern mussten, zugleich von dem Ausdehnungstrieb geheischt wurde, welcher dem ganzen jugend- kräftigen, unternehmenden Volke eigen ist. In irgend einer Form würde, man kann nicht zweifeln, die pacifische Hälfte Nord- Amerikas doch einmal den V. St. zugefallen sein. Schon aus wirthschaftlichen Gründen würde sich das als nothwendig erwiesen haben, da die Mexikaner nie im Stande gewesen wären, das weite Gebiet auszubeuten. Aber dass diese Erwer- bung so früh gemacht worden ist und gerade in dieser Art und Weise, das gehört zu den Folgen der Richtung, welche das Uebergewicht des S. auch der äusseren Politik ertheilte. Mexico war in den Augen des S. ein Feind von dem Augenblick an, dass es seine Sklaven freiliess (1829), und es wurde besonders mit seinem Territorium Texas, das in weiter Ausdehnung an die vorgeschobensten Sklavenstaaten grenzte, ein gefähr- licher Nachbar. Seit 1821 wohnten Nordamerikaner als Colonisten jenseits II. Geschichtlicher Ueberblick. 89 der Grenze und nach 1830 drängten dieselben in wachsender Zahl nach. Manche brachten Sklaven mit, die sie, entgegen den Staatsgesetzen, auch in Texas beibehielten. In den V. St. wurde diese Ausbreitung selbst an hoher Stelle nicht ungern gesehen. Es ist jedenfalls Thatsache, dass Präsident Jackson 4 — 5 Mill. D. für Texas der mexikanischen Regie- rung anbieten Hess. Unterdessen Hess das reiche und günstig ge- legene Land viele von den Nordamerikanern rasch wohlhabend werden. Gestützt auf wachsende Zahl und Reichthum fühlten sich dieselben immer stärker gegenüber den trägen, stationären Mexikanern. Sie verlangten Rechte, für welche diese kein Verständniss hatten. Als ihre Klagen nicht die Erhörung fanden, die sie wünschten, wurde 1835 in Bahia oder Goliad von 90 Amerikanern eine Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Unter ungehindertem Zufluss von Freiwilligen und Unterstützungen aus den Grenzstaaten der Union wurde der Widerstand gegen die mexikani- schen Behörden organisirt und schon im April 1836 die Schlacht von San Jacinto geschlagen, welche die texanische Unabhängigkeit begründete. Bereits 1 Jahr später wurde letztere von der Regierung der V. St. anerkannt. Texas gab sich nun eine Verfassung nach dem Muster der Sklavenstaaten und suchte im Sommer 1837 um Aufnahme in den Bund nach. Es wurde zuerst abgewiesen, kam aber immer wieder und fand endlich 1845 Gehör. Die Zulassung von Texas war zu einem Stich- wort gemacht worden im Wahlkampf von 1844, und als der demokratische Candidat Polk zum Präsidenten gewählt worden war, erschien die Lösung jener Frage im bejahenden Sinn als eine nothwendige Folge des Wahl- sieges. Natürlich kam Texas als Sklavenstaat; der N. erhielt zur Be- ruhigung eine gesetzliche Neubestätigung des Missouri-Compromisses. Neben der Texas - Frage war es bezeichnenderweise eine zweite Frage der aus- wärtigen Politik, um welche dieser Wahlkampf sich drehte: die Ange- legenheit mit Oregon. Dieses Gebiet an der n. pacifischen Küste wurde von England und den V. St. auf Gründe hin in Anspruch ge- nommen, welche auf beiden Seiten nicht stark waren. Sie hielten das- selbe, da sie sich nicht einigen konnten, gemeinschaftHch bis 1842 besetzt. Schon in diesem Jahre wurden Gesetzesvorschläge im Congress eingebracht, welche auf Organisation des Territoriums Oregon abzielten, aber der Senat und die Regierung hielten die Angelegenheit hin, da England nicht bereit schien zurückzuweichen. Endlich wurde durch einen Vertrag vom 15. Juni 1846 nach vielem leeren Kriegsgeschrei der strittige Gegenstand getheilt, indem die Grenzlinie der V. St. bis zum Meere auf dem 49." verlängert wurde '). Im Jahre 1842 war auch bereits die Grenze zwischen Maine und den canadischen Provinzen in der Weise festgestellt worden, wie sie heute läuft. 1) Eine Uugenauigkeit im Wortlaut dieses Vertrages gab später zu der Streitfrage über die San Juan de Fuca-Strasse Anlass. S. u. III. Abschn. I. 90 II. Geschichtlicher Ueberblick. Die Aufnahme von Texas führte zu dem ersten Eroberungs- krieg, welchen die V. St. gegen ein nichtindianisches und ebenbürtiges Volk führten. Von der Partei, der die Regierung angehörte, wurde die Eroberung des Grossen Westens als das letzte Ziel des zu führenden Krieges offen hingestellt; aber von den entgegengesetzten Parteien wurde der Krieg und dieses sein Ziel eben so offen bekämpft. Indessen waren diese letzteren zur Zeit völlig machtlos, und das um so mehr, als auch viele Männer, die entweder keiner Partei angehörten oder wenigstens nicht mit der Regierung gingen, ein grosses Interesse der politischen und wirth- schaftlichcn Entwicklung des Landes in der Ausdehnung' bis zum Stillen Ocean erblickten. Die Erfahrungen der seitdem verflossenen 3 Jahrzehnte scheinen in der That dieser Ansicht Recht zu geben, so dass hier wie auf anderen Punkten die nach Eroberung und Erweiterung strebende Politik der Südländer das Werkzeug wurde zur Herbeiführung von Zuständen, die nach der Natur der in Frage kommenden Länder und Völker sich so ge- stalten mussten. Die texanisch-mexikanischen Angelegenheiten nahmen einen raschen Verlauf. Am 1. März 1845 bestätigte der Präsident das Gesetz, welches die Aufnahme von Texas verfügte, am 6. protestirte der mexika- nische Gesandte hiergegen und verlangte seine Pässe, am 16. Juni nahm der texanische Congress die Bedingungen der Aufnahme von Texas in die Union an und lehnte gleichzeitig mexikanische Vorschläge ab, welche Unabhängig- keit unter gewissen Bedingungen versprachen. Im Januar 1846 erhielt die Armee Marschbefehl nach dem Rio Grande, am 11. Mai wurde seitens der V. St. der Krieg erklärt, im Lauf des Juli wurden die Plätze Monterey San Francisco und Los Angeles an der californischen Küste von der Flotte der V. St. genommen, am 20. September erstürmten die Land- truppen Monterey (in Coahuila), am 22. Februar 1847 schlugen dieselben die ^Mexikaner bei Buena Vista, am 9. März landete Gen. Scott bei Vera Cruz, am 18. April wurden die Mexikaner bei CerroGordo, am 8. Mai bei Palo alto geschlagen und am 13. fiel Mexico. Der Friede von Guadalupe Hidalgo (2. Februar 1848) beschloss den Krieg mit der Abtretung von Neu-Mexico und Californien und der Annahme des Rio Grande als Grenze von seiner Mündung bis nach Paso del Norte. X. Ueber die spätere Gestaltung dieser Eroberungen entstanden Streitig- keiten zwischen den Parteien schon lange ehe der Krieg beendigt war, und aus ihnen ging 1846 das später noch oft genannte Wilmot Pro- viso hervor, welches festsetzte, dass die Sklaverei von den neuen durch den Frieden zu erwerbenden Gebieten ausgeschlossen bleiben sollte. Die Bestrebungen auf Einführung der Sklaverei in die neuen Gebiete ruhten indessen nicht, wurden aber in Kürze gegenstandslos. Im Frühling 1848 ging die Oregon Bill durch, welche die Sklaverei von diesem Gebiete ausschloss. Sie war eigentlich selbstverständlich, wurde aber dennoch wie ein Zugeständniss der Sklavenhalter aufgefasst. Californien überraschte II. Geschichtlicher Ueberblick. 91 die Politiker durch die Verfassung, welche es sich am 1. September 1849 zu Monterey gal) ; dieselbe schloss die Sklaverei aus. Es wurde als Staat auf- genommen, ohne dass es vorher Territorium gewesen wäre. Am 9. Juli 1850 starb Präsident Taylor, unter dessen Verwaltung die Sklavenhalter-Partei wenigstens nicht entschieden begünstigt worden war. An seine Stelle trat Fillmore, der mehr zu derselben hinneigte und dessen Termin durch nichts so bekannt ist als durch das Compromiss vom 6. September 1850, durch welches als 'Entgelt für die Zulassung Californiens und für die Freiheit der Wahl: ob freier oder Sklaven-Staat, welche Neu-Mexico und Utah gelassen werden sollte, der N. ein Auslieferungs- und Jagdgesetz gegen flüchtige Sklaven gewährte, welches der Sklaverei die Weihe einer nationalen Einrichtung verleihen sollte. In Wirklichkeit hat dasselbe durch die Entwürdigung, die es dem N. zumuthete, und durch die Aufregung, welche die Sklavenjagden dort hervorriefen, sehr viel dazu beigetragen, dieselbe gründlich verhasst zu machen. Zwar fielen 1852 für den Can- didaten derjenigen Partei, welche sich entschieden gegen die Sklaverei wandte, der damaligen Freien Bemohraten, weniger als 1848; aber die Ur- sache lag am wenigsten in einem Rückgang der Antisklaverei-Bewegung innerhalb der Bevölkerung, sondern in einer Anzahl von kleinen, zum Theil sogar nur persönlichen Gründen. Die Ent- und Verwickelungen der nächsten Jahre sollten die Stärke dieser in der Stille herangewachsenen Partei in unzweifelhafter Weise erkennen lassen. 1852 wurde Franklin Pierce zum Präsidenten gewählt, ein dunkler Ehrenmann, der in hohem Grade nur die in dieser Periode der Geschichte der V, St. an einem Präsidenten hochgeschätzte Eigenschaft der Unbe- deutendheit besass. Die Whig-Partei war mit General Scott unterlegen und zerfiel in Folge dieser Niederlage, nachdem schon der Wahlkampf eine Klüftung zwischen den Meinungen der n. und s. Anhänger hatte erkennen lassen. Man trat dort nicht überall so entschieden wie hier für die Sklaverei ein. Es zeigte sich, dass eine Zeit gekommen war, in welcher die Gegensätze nicht mehr zur Vermittelung, sondern nur noch zur Schärfung neigten. Die Mittelparteien lösten sich auf. Die vermittelnden Ideen, welche die verschiedensten Meinungen hatten zusammenknüpfen können, verloren ihre Macht, die ja immer und überall nur in prüfungslosen Zeiten besteht. Die Elemente aber, in die die alte Partei zerfiel, schaarten sich der Mehrzahl nach um neue Banner, welche immer klarer ihre Devisen: Für Sklaverei und Gegen Sklaverei erkennen Hessen. Der Pierce'schen Präsidentschaft war es vorbehalten, den Einfluss der Sklaverei-Interessen in der Bundesregierung als einen so mächtigen hervortreten lassen, dass die Bekämpfung derselben allen nicht in diese Interessen Verflochtenen als die nothwendigste Aufgabe der inneren Politik erschien. Selbst in der äusseren Politik waren dieselben geradezu ausschlaggebend. Schon 1844 waren über 60000 Stimmen für einen Präsidentschaftscanditaten abgegeben 92 11. Geschichtlicher Ueberblick. worden, welche die allmähliche Aufhebung der Sklaverei auf seine Fahne geschrieben hatte. 1848 hatte eine bestimmt ausgesprochene Partei der Freiboden-Männer (Freesoilers) s-ich gebildet, welche an die Spitze ihrer Grundsätze in der Buffalo-Platform das schon erwähnte Wilmot- Proviso gestellt hatte, dass aus jedem neu zu erwerbenden Gebiete die Sklaverei ausgeschlossen bleiben solle, und diese Partei gab in der Präsi- dentenwahl dieses Jahres 291 000 Stimmen ab und in der von 1852, jetzt unter deniNamen der Freien Demokraten, 156000. Der Präsident dieser Wahl zauderte nicht, sich als entschiedenen Mann des S. zu zeigen. Bald nach seinem Amtsantritt wurde durch die sog. Nebraska Bill der Ver- such gemacht, das Missouri-Compromiss zu durchbrechen. Für Nebraska und Kansas, die als n. von 36" 60' gelegen, von der Sklaverei frei bleiben sollten, wollte der S., der in Folge des Zuwachses freier Staaten die Majorisirung selbst im Senat schon herannahen sah, denselben Grundsatz zur Geltung bringen wie für Neu-Mexico und Utah, nämlich die freie Wahl : ob Sklaven- oder freie Staaten. Sie stellten den Grundsatz auf, dass das Compromiss von 1859 das von 1820 vernichtet habe. Am 25 Mai 1854 wurde die Nebraska Bill Gesetz. Als ihren Bestimmungen entsprechend zunächst Kansas sich als Territorium constituiren und damit gleichzeitig über Freier oder Sklaven-Staat entscheiden sollte, traten von Missouri aus be- waffnete Banden über, welche die Wahlen fälschten. Ihnen stellten sich die Freihoden-Männer entgegen und fanden Unterstützung durch Zuzug aus den freien Staaten. 1856 war in Folge dessen Kansas der Schauplatz eines erbitterten kleinen Krieges, den die beiden Parteien sich lieferten und in welchem John Brown, später durch seinen Zug nach Harpers Ferry Märtyrer und volksthümlicher Held der Abolitionisten, eine hervorragende Rolle spielte. Erst 1859 gelang es den Freibodcn-Männern, mit ihrer Mehr- heit Kansas zu einem freien Staate zu machen. Langen Kämpfen mit. der Sklavenhalter-Partei inn- und ausserhalb des Staates und selbst mit der Bundesregierung waren vorausgegangen. Auch nach aussen hin zeigte sich die Politik der V. St. vom Sklavenhalter-Interesse mehr als von jedem anderen geleitet. Die Beschiessung von Greytown in Nicaragua, 1854, die Absichten auf Erwerbung der Samana-Bucht (S. Domingo) oder Cub a's gingen alle in der Richtung der Annexions- und Erweiterungs- politik, welche wohl diesen Interessen, in keiner Weise aber denen der Union entsprach. Ein erster Rückschlag gegen diese im Innern und Aeussern entschieden südstaatliche Politik, welche aber durch ihre Un- geschicklichkeiten die eigene Partei schädigte, war also die Zusammen- schliessung ihrer Widersacher zu zwei grossen Parteien. Die republi- kanische begann im Sommer 1854 die der Sklaverei feindlichen Elemente zuerst im NW. (Wisconsin, Michigan u. a.) und dann im ganzen freien N. zusammenzufassen. Die derKnownothings, welche sich fast gleich- zeitig aus einem Geheimbunde dieses Namens herausbildete, hemmte zwar II. Geschichtlicher Ueberblick. 93 anfänglich ihre Entwickelung, indem sie unter einer dem grossen Kampfe dieser Zeit fremden Devise sich sammelte. Sie nahm von Anfang an die allerverschiedensten, nur durch den Widerwillen gegen die freie Ein- wanderung und die leichte Einbürgerung zusammengehaltenen Elemente in sich auf. Eine solche Partei konnte natürlich in einer Zeit grosser Fragen nicht zusammenhalten. Die Conflikte zwischen den Pöbelmassen der Eingeborenen und der Eingewanderten, zu denen ihr Wahlruf Amerika regiert durch Amerikaner Anlass gab, beschleunigte ihren Verfall. Dagegen erstarkte die republikanische Partei rascher als je vorher eine neue politische Partei es gethan. Die Nebraska Bill hatte die Bundesregierung völlig in der Macht der Sklavenhalter gezeigt und die Gefahr der Ausbreitung der Sklaverei über alle noch freien Territorien unter Beiseitesetzung aller Uebereinkommen und Versprechen als eine so naheliegende aufgewiesen, dass die Sklavenfrage plötzlich zur brennendsten allen Schichten und Kreisen der Nation ward. Die Republikaner organisirten sich zum ersten Mal als grosse Partei für die Präsidentenwahl von 1856 und forderten in ihrem Programm in erster Linie: Nichteinführung der Sklaverei in den Territorien, Befugniss der Bundesregierung, dieselbe dort zu verbieten, Anklage der Regierung wegen ihrer Freiheits- und Rechtsverletzung in Kansas, sofortige Aufnahme von Kansas als freier Staat. In der Wahl von 1856 unterlag der republikanische Candidat General Fremont gegen den Demokraten Buchana n. Die Handelskrisis von 1857 und der verunglückte Feldzug gegen die Mormonen 1857/58 vermochten die immer mehr auf durchschneidende Entscheidung drängende Streitfrage zwischen Süd und Nord nicht zu vertagen. Dagegen schürte der Ueberfall von HarpersFerry (1859) durch den begeisterten Sklavenbefreier John Brown, der mit der Erhängung des von seinen Gesinnungsgenossen hochverehrten Parteigängers endigte, die schon glimmenden Funken des Bürgerkrieges zu einem Feuer des Hasses, dessen Schein den kommenden allgemeinen Brand schon fast sicher voraussehen liess. Es unterlag keinem Zweifel, dass die am Ruder befindliche demokratische Partei in dieser Voraussicht bereits die ihr zu Gebote stehenden Mittel anwandte, um für den un- vermeidlichen Kampf sich zu rüsten. Die Art, wie beim Ausbruch des Bürgerkrieges wichtige Posten besetzt und Truppen, Schiffe und Waffen im S. angesammelt waren, hat erkennen lassen, dass von langer Hand her Vorbereitungen getroffen waren. Das Schädlichste freilich, den Streit im eigenen Lager, konnten die Führer nicht verhüten. Eine extreme Partei stellte den Satz auf, dass das Volk der Territorien kein Recht habe, die Sklaverei aus seinem Gebiete auszuschliessen, da die Verfassung jedem Bürger sein Eigenthum, also auch die Sklaven, garantire. Eine andere verfocht dagegen die allerdings in dieser Frage bis jetzt schlecht bewährte Volks-Souvcränität, die in jedem einzelnen Falle zu entscheiden haben sollte: ob freier oder Sklaven-Staat, Diese Scheidung führte bei der 94 II. Geschichtlicher Ueberblick. Wahl von 1860 zu einer Zersplitterung der Stimmen, die den Demokraten verhängnissvoll ward. Der Candidat der extremen Demokraten, Breckinridge, erhielt 850082, der der gemässigten, Douglas, 1291574, der der Äbolitio- nisten, Lincoln, 1857610, der einer vermittelnden Partei, Cell, 646124. Insofern auch die letztere, die constitutionelle Unionspartei, für Beibehaltung der Sklaverei in ihren jetzigen Grenzen stimmte, zählte auch sie zu den Prosklaverei-Parteien, so dass für Lincoln insgesammt 1 857 000, gegen ihn 2 857000 Urwählerstimmen fielen. Von jenen fielen in den freien Staaten 1831000 und in den Sklavenstaaten 26 430, von diesen dort 1537 000 und hier 1250000. Wenn Lincoln auch von den 302 Wahlstimmen 169 auf sich vereinigte, so war diese Mehrheit doch nur der üblichen Wahl- art durch Mandat zuzuschreiben, welche die Wahlmänner zwingt, willenlos einen ihnen vorgeschriebenen Namen zu nennen. Es w^ar keine natürliche absolute Mehrheit. Dieser Umstand, der übrigens in den politisclien ITeber- lieferungen tief begründet war, hat gleichwohl nur dazu beitragen können, den Antagonismus des S. gegen den N. zu vermehren. Es war das erste Mal, dass ein Theil der Union den Präsidenten fast allein wählte. Nur 1,4 Procent seiner Stimmen waren im S. gefallen. XI. Wir haben gesehen, dass der Begriff Secession den Politikern der V. St. nicht neu war. Die Lehre von der Staaten- Souveränität, welche annahm, dass die Souveränität der Einzelstaaten nicht aufgehoben worden sei durch ihr freiwilliges Zusammentreten zu einem Bunde, zählte noch immer zahlreiche Anhänger und zwar jetzt wie früher vorzüglich im S., hier war man schon immer rasch bei der Hand gewesen mit der Drohung des Ausscheidens. Man erinnere sich an das Vorgehen S. Carolina's in 1832 (s. 0. S. 87). Dieser Staat war auch jetzt der führende. Schon im November 1860 sagte er sich durch versc^liedene gegen die Bundes- gesetze verstossende Akte der Gesetzgebung von der Union los, bildete Freischaren und lud die übrigen Sklavenstaaten zu einem Convente ein, welcher am 8. Februar 1861 zunächst aus S. Carolina, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi, Lousiana und Texas die Conßdcrirten Staaten von Amerika bildete. N. Carolina und Arkansas traten sofort, Virginien, Tennessee, Missouri und Kentucky binnen Kurzem bei. Nur Delaware und Maryland blieben fern, jenes durch seine Kleinheit und n. Lage, dieses durch seine Lage im Rücken der Bundeshauptstadt ausser Stande dem N. entgegenzutreten. Als Missouri und Kentucky kurz nach Beginn des Krieges wieder abfielen, blieben also 11 Staaten in der Conföderation. Zum Präsidenten wurde Jefferson Davis, extremer Sklaverei-Mann und früherer Kriegsminister Buchanan's, zum Vicepräsidenten Stephens ge- wählt. In den Motiven, mit denen die Secession gerechtfertigt ward, findet die Sklavenfrage keine Erwähnung, sie legen vielmehr das Haupt- gewicht auf die Handelspolitik und die centralisirende Tendenz des N. Der Wortlaut und Sinn ihrer Verfassung schlössen sich so eng wie mög- II. Geschichtlicher Ueberblick. 95 lieh an die Bundesverfassung an: ein äusserliches Zeichen der Verfassungs- treue, mit der der S. sich als die rechtmässige, zur Absonderung vom N. gedrängte Union darzustellen liebte. Die bis zum 4. März 1861 noch im Amte belindliche Regierung that alles, um die Conföderation zu unter- stützen, so dass deren Truppen bis zu diesem Termin sich fast aller dem Bunde gehörigen Befestigungen, Zeughäuser etc. innerhalb ihres Gebietes zu bemächtigen im Stande waren. Als Lincoln am 4. März 1861 sein Präsidentenamt antrat, war die Secession vollendete Thatsache'. Der neue Präsident trat ihr in seiner Antrittsbotschaft als einem Bruch des Bundes- rechtes streng entgegen, aber er sprach von der Sklaverei nicht anders als im rein verfassungsmässigen Sinn, d. h. er erkannte sie als zu Recht bestehend an, ebenso das Gesetz über die flüchtigen Sklaven, und ging sogar so weit, den Einzelstaaten das ausschliessliche Recht zuzusprechen, ihre betreHenden Einrichtungen zu ändern. Der Kampf gegen die Sklaverei gehört einem späteren Abschnitt des Bürgerkrieges an. Selbst die ge- mässigten Demokraten standen im Anfang der Mehrzahl nach auf Seite der versöhnlichen Politik des Präsidenten und die ööentliche Meinung des N. hielt den Krieg für vermeidlich im Gegensatz zu der des S., die auf ihn hinarbeitete. Die Beschiessung des Ft. S um t er bei Charleston (11. bis 13. April 1861) durch die Südstaatlichen eröffnete die Feindseligkeiten. Die Conföderirten waren also der angreifende Theil. Kleine unregelmässige Treffen in Maryland führten im April die Unterwerfung dieses Staates unter die Union herbei. In Missouri und West-Virginien wurde den Sommer über von den Milizen in kleinen Treffen gefochten und diese Staaten endlich der Union erhalten. Auch Kentucky wurde durch den Einmarsch der Bundes- truppen der Union wiedergewonnen, während Tennessee den Conföderirten zufiel. Das erste grössere Treffen dieses Jahres fand jedoch auf dem östlichen Kriegsschauplatze statt, wo beim Versuch eines Vorstosses gegen Richmond die Bundestruppen unter Mac Dowell von den Conföderirten unter Beauregard bei Bull Run geschlagen wurden (21. Juli). Zur See hatte die Union schon vom Mai an die Blokade der wichtigsten Häfen der Conföderirten durchgeführt und im Laufe des Spätjahres wichtige Forts an der atlantischen Küste der Südstaaten gewonnen. Ende dieses Jahres w^ar die Armee des N. auf 650000, die des S. auf nahezu 300000 Mann gewachsen. — 1862 wurde Ft. Donelson am Cumberland mit 13000 Mann Besatzung durch die Bundestruppen unter Grant zur Ueber- gabe gezwungen (15. Febr.), letzterer dagegen bei Corinth und Pittsburg Landing (6. u. 7. April) von Beauregard entschieden ge- schlagen. Am 28. April wurde New Orleans an die Bundestruppen unter Farragut und Butler übergeben, nachdem ersterer mit fast beispiel- loser Kühnheit die starken Befestigungen der Conföderirten am unteren Mississippi durchbrochen hatte. Schon früher war den flussabwärts 96 IT. Geschichtlicher Ueberblick. operirenden Bundestruppeii die wichtige Stellung des Island No. 10 und im Mai der wichtige Knotenpunkt Memphis in die Hände gefallen und damit das grosse Ziel der Operationen im W. die Gewinnung des Mississippi seiner Erreichung nahe gebracht. Später im Jahre wurden bei Corinth (4. Okt.) und Perryville (8. Okt.) die Conföderirten besiegt und mussten von ihrer Absicht abstehen, Tennessee und Kentucky wiederzugewinnen. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz fand im März das erste Gefecht eines WiddeTschiffes mit hölzernen Kriegsschiffen statt, welches die Ge- schichte kennt. Bas Panzerboot Merrimack der Conföderirten bohrte eine Fregatte in den Grund und zwang eine andere zu stranden. Im April landete Mc Clellan bei Yorktown in Virginien, welches nach ein- monatlicher Belagerung von den Conföderirten geräumt ward. Den nach Richmond vordringenden Bundestruppen leisteten die letzteren bei W i 1 1 i a m s - bürg (5. bis T.Mai) Widerstand. In unmittelbarer Nähe von Richmond wurde am 31. Mai bei Seven P ine s und Fair Oakes eine unentschiedene Schlacht geschlagen. Aber ein kühner Streifzug Jackson's, der selbst für die Sicherheit Washington's fürchten Hess, bewog die Bundesregierung, von dem Plan eines concentrischen Angriffes auf Richmond abzugehen. Mc Clellan wurde dadurch gezwungen, an den James R. zurückzugehen, was er unter Ttägigen Gefechten vom 25. Juni bis 1. Juli (Schlacht bei Richmond und Gainesville) bewerkstelligte, und im August war seine ganze Armee wieder nach dem Potomac zurückgenommen. Der N. machte neue Anstrengungen, um durch Zahlengewicht den Feind zu erdrücken. Er rief Mitte 1862 300000 Milizen und eben so viele Freiwillige ein und zahlte täglich 2 Mill. D. für die Armee. Im August begannen die Con- föderirten eine Vorwärtsbewegung, die sich zum Ziele setzte, in den Rücken Washington's zu gelangen. Bei Cedar Mountain (5. Aug.), Hagerstown (14. Sept.) und Antietam (17. Sept.) siegten die Bundes- truppen, in der zweiten Schlacht von Bull Run (28. bis 30. Aug.) die Con- föderirten. Die letzteren mussten aus Maryland abziehen, nachdem Jackson noch einen kühnen Streifzug bis nach Pennsylvanien hinein gewagt hatte ; aber weiter hatte der N. keinen Vortheil errungen. Die Bundestruppen, die ihnen folgten, verloren noch einmal bei Fredericksburg am Rappa- hannock eine Schlacht (13. Dec), worauf die beiden Armeen sich wieder halbwegs zwischen den beiderseitigen Hauptstädten gegenüberstanden. Das Jahr 1863 wurde durch die Befreiung der Sklaven eingeleitet, welche als Kriegsmassregel verfügt ward, nachdem die in dem vorher- gehenden Jahre gemachten Versuche, über die Sklavenfrage eine Ver- ständigung mit dem S. zu suchen, unfruchtbar geblieben waren. Der Congress votirte dazu die Bewaffnung der Freigelassenen. Im Januar wurden Vermittelungsversuche der französischen Regierung vom N. mit Entschiedenheit zurückgewiesen und mit England eröffnete sich ein scharfer Schriftenwechsel in Betreff des Auslaufens südstaatlicher Kaperschiffe aus II. Geschichtlicher Ueberblick. 97 englischen Häfen. Ihre damals gemachte Drohung, einst Ersatz fordern zu wollen für den der Union durch dieselben zugefügten Schaden, ist später eingelöst worden (s. u.). Auf dem w. Kriegsschauplatz wurden Vicksburg (4. Juli) und Port Hudson (8. Juli) von Grant genommen und damit war der ganze Mississippi in der Hand des N. In Tennessee gewannen die Nordstaatlichen durch die Schlacht von Murfreesboro (31. Dec. bis 3. Jan.) Raum nach S. hin, wurden aber durch den Verlust der Schlacht am Chicamanga (19. bis 20. Sept.) zum Rück- zug auf Chattanooga gezwungen. Neuerdings wurden bei Chattanooga (23. bis 25.) in einer der blutigsten Schlachten dieses Krieges die Con- föderirten geschlagen. Kentucky und Tennessee fielen jetzt vollständig in die Hände der Union und damit waren die Südstaaten von Virginia bis Georgia im Rücken genommen. Auf dem ö. Kriegsschauplatz ent- wickelten sich die Verhältnisse weniger günstig für den N. Bei Frederiks- b u r g oder C h a n c e 1 1 o r s v i 1 1 e (2. bis 4. Mai) wurde die Potomac- Armee unter Hooker von Lee entscheidend geschlagen. Im Juni fiel Lee aber- mals in Maryland und Pensylvanien ein. Vom 1. bis 3. Juli wurde bei Gettysburg die blutigste Schlacht des Krieges geschlagen. Die Nord- staatlichen siegten, aber ihr Sieg war von keiner Tragweite. Das vierte Kriegsjahr 1864 kennzeichnet sich durch das wachsende Uebergewicht des N. sowohl an Menschenzahl seiner Armeen als an Er- fahrung und Tüchtigkeit der Führer. Die feste Haltung des Congresses, der in dem vergangenen Jahre alle vorzeitigen Vermittelungs- und Friedens- wünsche der Demokraten des N. , die durch Pöbelexcesse in New York und anderwärts unterstützt wurden, entschieden zurückgewiesen und für Fortsetzung des Krieges mit aller Energie gestimmt hatte, gab der Armee einen Rückhalt, den sie bis jetzt grossentheils nicht besessen. An die Spitze der gesammten n. Armee wurde Grant gestellt, der die Potomac- Armee commandirte, während die West- Armee unter Sherman's Befehl gestellt wurde. Letztere rückte im Mai gegen Atlanta vor, wurde aber bei Resaca (15. und 16. Mai) geschlagen. Es folgten weitere Gefechte bei New-hope Church (28. Mai) und Marietta (27. Juni), welche Sherman's Vordringen nicht aufhielten. Bei Atlanta selbst wurden drei Schlachten (20., 22. und 28. Juli) geschlagen, und blieben unentschieden. Am 2. September wurde Atlanta durch Zerstörung seiner Verbindungen genommen. Atlanta war einer der wichtigsten Waffenplätze und Ver- kehrsmittelpunkte des S. Bei Nashville kam es am 16. December zur Schlacht, in welcher die neuerdings gegen N. vordringenden Conföderirten entschieden geschlagen wurden. Sherman, der sich durch diese Diversion nicht hatte abhalten lassen, marschirte direkt von Atlanta nach Sa- vannah (12. Nov. bis 14. Dec.) und nahm diesen wichtigen Platz am 22. December. Charleston wurde am 12. und Wilmington am 22. Eatzel, Amerika II. rr 98 n. Geschichtlicher Ueberblick. Februar besetzt. Auf dem virginischen Kriegsschauplatz leitete Grant den endlichen Stoss auf Richmond in grossartigem Massstabe ein. Er vereinigte 150000 Mann zur Bewältigung der 90000, mit denen Lee bei Frederiksburg ihn erwartete. In der Schlacht in der Wildniss (5. bis 12. Mai) erkämpfte sich Grant eine feste Stellung s. vom Rapidan. Am 16., 17. und 18. Juni vor Petersburg zurückgeschlagen, begann derselbe eine regelmässige Belagerung dieses Platzes. Daneben schritten die Versuche fort, Richmond von allen seinen Verbindungen abzuschneiden. Den 2. April 1865 wurde endlich Petersburg mit Sturm genommen und am 3. Richmond besetzt. Lee zog sich zurück und capitulirte nach heftigen Kämpfen am Appomatox bei Appomatox Court house (9. April). Der Präsident der Conföderirten, Jefferson Davis, wurde am 10. Mai ge- fangen genommen und die letzte Armee des S. capitulirte am 26. Mai in Texas. Der vierjährige Bürgerkrieg konnte damit als beendigt betrachtet werden. Ausser den Schlachtensiegen war kurz vorher ein grosser moralischer Sieg im N. erfochten worden durch die Wiederwahl Lincoln's (8. Nov. 1864), die zur Befestigung der ganzen Stellung der Union nach innen und aussen erheblich beitrug. Lincoln erhielt von den ürwahl- stimmen 2185502, McClellan, der Candidat der Demokraten, 1778 200. Als der neue Präsident, der durch seine gesetzliche und feste Haltung während des Krieges sich immer mehr zum Mann des Vertrauens der Mehrheit der Nation gemacht hatte, am 14. April 1865 von Mörderhand starb, trat der Vicepräsident Andrew Johnson an seine Stelle, dem nun die Arbeit zufiel, die nicht minder schwierig als der Krieg, aber langwieriger und undankbarer war, die Union durch Einfügung der los- getrennten Theile wieder aufzubauen. Es beginnt von da an ein neuer Abschnitt in der Geschichte der V. St., die der Reconstruction , welche auf Grund der durch den Bürgerkrieg geschaffenen Veränderungen die alte Union der Form nach wieder zusammenfügte, im Wesen aber ein vielfach neues Staatswesen erstehen "liess. Als die eingreifenden Veränderungen, die der Bürgerkrieg hervor- brachte, lassen sich folgende bezeichnen: 1. Schwächung des bisher die ganze innere Geschichte der Union bestimmenden regionellen Gegensatzes zwischen N. und S. durch Schwächung der in dem letzteren bis dahin fast allein herrschenden Sklavenhalter-Partei ; 2. Aufhebung der Sklaverei ; 3. Ertheilung der politischen Rechte an die Farbigen, wodurch nahezu 1 Million neuer Wähler geschaffen wurde ; 4. Erhöhung des Ansehens der Union nach aussen und innen durch consequente und energische Führung des Krieges und der diplomatischen Verhandlungen und damit Kräftigung des Nationalbewusstseins; 5. Schaffung einer Bundesschuld von 2800 Mill. D.; 6. Aufhebung der Baarzahlungen und Schaffung eines Papiergeldes, dessen Schwankungen den Spekulationsgeist zu schwindelnder Höhe steigerte; II. Geschichtlicher Ueberblick. 99 7. entschiedenste Durchführung des Schutzzollsystems ; 8. Verschärfung der ohnehin bestehenden Neigung zu einem reinen Parteiregiment und zur politischen Corruption; 9. Verlust von 800000 Menschenleben durch Tödtung und Krankheiten. XII. Die Periode der Reconstruction, welche auf den Krieg folgte, ist diejenige Phase der Geschichte der V. St., aus welcher die Union noch heute nicht ganz herausgetreten ist. Die bedingungslose Unter- werfung des S. bedeutete die Wiederanerkennung der Bundesgewalt. Ein Friedensschluss war mit Rebellen nicht möglich. In diesem Sinne wurde die Reconstruction begonnen. Die Sklavenfrage war im Wesentlichen ge- löst durch die Botschaft des Präsidenten vom 1. Januar 1863 und durch einen Zusatzartikel XIII zur Verfassung, welcher die Sklaverei im Gebiet der V. St. aufhob. Der letztere konnte jedoch nicht eher in Kraft treten, als bis er von ^Z* der Vertretungen der Einzelstaaten angenommen war. Johnson machte von dieser Zustimmung alle anderen Erleichterungen ab- hängig, die in seiner Macht stand dem niedergeworfenen S. zu gewähren. Dieselbe erfolgte schon am 18. December 1865. Aber er erklärte sich gegen die sofortige unvermittelte Ertheilung der politischen Rechte an die früheren Sklaven. Dagegen hielt er fest an den übrigen Bedingungen der vollberechtigten Zulassung, nämlich an der Abwerfung der von der Con- föderation aufgenommenen Schuld und Anerkennung der Kriegsschuld des N. als allgemeiner Nationalschuld, sowie an der förmlichen Nichtigerklä- rung der Secessionsbeschlüsse durch die Gesetzgebungen der Einzelstaaten. Bis zur Erfüllung dieser Bedingungen blieb der S. unter Militärdiktatur, zu deren Stütze daselbst 70000 Mann von der Armee unter Waffen blieben. Nachdem indessen die Gesetzgebungen der Südstaaten jene Bedingungen erfüllt hatten, glaubte Johnson, der sich zu einer versöhnlichen und zu- gleich verfassungs- und rechtmässigen Politik bekannte, ihnen ihre Staaten- rechte wieder zuerkennen zu sollen. Der 39. Congress (1865) aber war in seiner radikalen Mehrheit anderer Meinung und schloss die Vertreter der bereits reconstruirten und vom Präsidenten für vertretungsberechtigt erklärten Südstaaten einfach aus. Es war das der Anfang zu einer Reihe von schweren Conflikten zwischen den beiden Hauptfaktoren der Unionsregie- rung, dem Präsidenten und der Volksvertretung. Die letztere ging mit Entschiedenheit auf der Bahn der gewaltsamen Umformung des ganzen S. voran. Der 39. Congress begann damit, dass er für den Bundesdistrikt die politische Gleichstellung der Weissen nnd Farbigen verfügte, dann dehnte er eine im Krieg geschaffene provisorische halbmilitärische Ein- richtung zum Schutz der Freigelassenen, die sog. Freedmen Bureaus, über die ganzen Südstaaten aus und stattete sie mit Befugnissen aus, die tief in die Rechtspflege eingriffen. Johnson legte gegen diesen Beschluss sein Veto ein, in Erwiderung auf welches das Repräsentantenhaus sich 100 II. Geschichtlicher Ueberblick. formell das Recht zusprach, die politische und gesellschaftliche Neu- gestaltung der Südstaaten zu bewerkstelligen. Zum zweiten Male legte er, aber auch dieses Mal erfolglos, sein Veto ein gegen ein vom Congress beschlossenes Gesetz, das den Freigelassenen die Rechte von Bürgern der V. St. zuerkannte (März 1866), und that den stärksten Zug, der ihm ge- stattet war, indem er den Aufstand der Secessionsstaaten für beendet und fortan als so zu betrachten erklärte (4. April). Ein Verfassungszusatz, der in Betreff der Reconstruction u. a. verfügte, dass den früheren Re- bellen das Wahlrecht für Präsident und Congress bis 1870 und den Häuptern der Rebellion die Wählbarkeit zu Bundesämtern überhaupt ent- zogen bleibe, dass den Negern nicht bloss das Bürgerrecht der Union, sondern auch ihrer Heimatstaaten zukomme u. s. f., wurde ebenfalls vom Präsidenten nicht anerkannt. Aber ebenfalls vergeblich, da die 2. Session des 39. Congresses ihm mit fast derselben Mehrheit gegenübertrat wie die vorige. Am 20. Februar 1867 ging ein neues Reconstructionsgesetz durch, welches eine Diktatur über die Südstaaten in Gestalt von 5 Militär- bezirken schuf, in die dieselben zertheilt wurden, und welches gleichzeitig die bestehenden Staatenregierungen ganz in die Hand des Congresses legte. Schon vorher war eine Anklage gegen den Präsidenten beim Con- gress anhängig gemacht, jedoch von diesem für einstweilen nicht als be- gründet erkannt worden. Der Streit zwischen Volksvertretung und Exe- cutive konnte sich kaum noch weiter verschärfen. Beide hielten fest ihre einander entgegengesetzten Richtungen ein. Johnson machte von seinem Begnadigungsrecht einen so ausgiebigen Gebrauch gegenüber den früheren Rebellen, dass Ende 1867 nur noch 2000 Unbegnadigte übrig blieben; der Congress dagegen verfügte die Aufstellung von Wahllisten durch die Militärbefehlshaber, welche in allen Golfstaaten und in S. Carolina zu farbigen Mehrheiten führten. Als durch die künstliche Hätschelung dieser politisch ganz rohen Elemente, wie nicht anders zu erwarten, die öffent- liche Sicherheit in den Südstaaten bedenklich abnahm und Gewaltthaten der zurückgeschobenen Weissen gegen die Farbigen häufiger wurden, schien diese Diktaturpolitik in den Augen der grossen Menge vollauf ge- rechtfertigt. Die Radikalen konnten es wagen, neuerdings eine Anklage gegen den Präsidenten zu erheben, welche davon ausging, dass die Ab- setzung des Kriegsministers Stanton ungesetzlich gewesen sei. Der 40. Con- gress (1867) machte aus dieser Anklage eine seiner Hauptaufgaben. Es kam zum ersten Mal seit Bestehen der Union dazu, dass der Senat sich zum Gerichtshofe constituirte und den Präsidenten vor seine Schranken forderte. Aber die nöthige Va Mehrheit wurde nicht erlangt, und Johnson freigesprochen (1868). Die letzte bedeutsame Amtshandlung des Präsidenten war seine Botschaft an den Congress, in welcher er Verfassungsänderungen in Bezug auf Wahl und Ersatz des Präsidenten vorschlug. Trotzdem sie neuerdings Zeugniss ablegte von seiner richtigen Erkenntniss der Lücken II. Geschichtlicher Ueberblick. 101 in der Verfassung und vorzüglich der schädlichen Einflüsse des einseitigen Parteiregiments, dessen Bekämpfung sein Widerstand gegen den Congress in erster Linie gegolten, wurden doch diese Vorschläge von letzterem ein- fach unbeachtet gelassen. Sie können als das politische Testament eines der bedeutendsten Staatsmänner bezeichnet werden, welche jemals an der Spitze der Union gestanden sind. XIII. Am 3. November 1868 wurde U. S. Grant mit 206 von 294 Wahlstimmen (unter den Urwahlstimmen hatte er unter 5 Millionen nur 275000 Mehrheit) zum Präsidenten gewählt. Er war der Candidat der Republikaner. Die Demokraten hatten ihm Horatio Seymour entgegen- gestellt. Der leuchtende Punkt des Programmes des neuen Präsidenten war die Versicherung gewesen, dass er „keine eigene Politik habe, die mit der des Volkes im Widerspruch stehen werde". Die Politik des Volkes ist hier die Politik der Partei, der Grant eben so entschieden huldigte, wie Johnson ihr widerstrebt hatte. In der Finanzfrage, die jetzt zum ersten Mal wieder seit Jahrzehnten eine fast entscheidende Rolle in der Plattform der Präsidentenwahl spielte, waren die Republikaner für Baarzahlung, die Demokraten für Ausdehnung der Papiergeldzahlung auch auf die Zinsen der Staatsschuld. In der Frage der Reconstruction war das Programm der neuen Regierung genau übereinstimmend mit dem der Radikalen und die entsprechend rasche und einseitige Durchführung der Reconstructionsgesetze ist der hervortretendste und folgenreichste Zug ihrer Verwaltung, der in den Südstaaten Conflikte ohne Ende, Missregierung und Verarmung zur Folge hatte. Am 30. März 1870 wurde der 15. Zusatz zur Bundesverfassung proklamirt, welcher den 4 Millionen Negern das volle politische Stimmrecht zusprach. Einer der gewaltsamen Rückstösse der misshandelten Weissen gegen diese Gesetzgebung, der gefürchtete Geheimbund des Kuklux-Clan, wurde 1871 mit Gewaltmassregeln unter- drückt, die seinem eigenen gewaltthätigen Auftreten entsprachen. Aber derartige Ausbrüche des Rassenhasses konnten nicht gemindert werden durch den unterschiedslosen, parteiischen Schutz, den die Bundesregierung allen von den Negern und ihren demagogischen Leitern, den mit vollem Recht verachteten Carpet Baggers , angedeihen Hess. Es war nicht nur Parteisucht, die sie dazu trieb, sondern ihre eigene tiefe Corruption. Eine grosse Zahl der leitenden Männer der republikanischen Partei, und am meisten die in der nächsten Umgebung des Präsidenten befindlichen, wurden als bestechlich und diebisch erkannt. Der Aemterhandel und die Unterschlagung öffentlicher Gelder wurde nie so schamlos getrieben. Dem- entsprechend schoss in weiten Kreisen die Corruption in eine bisher un- bekannte Blüthe (Tammany-Ring in New York, Erie-Ring u. dgl.). Die ehrlichen Leute schienen politisch mundtodt. Man kann sagen, dass keine Periode in der Geschichte der Union so beschämend unreine Seiten zeigt wie die der Grant'schen Präsidentschaft. Nur nach aussen, wo diese 102 n. Geschichtlicher Ueberblick. Regierung die Früchte der energischen Politik der Bürgerkriegsjahre und der mit der Wiederherstellung des Bundes wieder gestiegenen Achtung der grossen Staaten ernten konnte, bietet sie einige hellere Punkte. Noch 1865 hatte die Unionsregierung die Zurückziehung der französischen Truppen aus Mexico von Napoleon III. erzwungen. 1867 erwarb sie für 7 200000 Doli, die russischen Besitzungen im nw. Amerika, welche als Territorium Alaska der Union angegliedert wurden. Pläne zur Erwerbung der dänischen Antillen und S. Domingo's wurden vom Congress abgewiesen. 1871 musste sich England bequemen, in "Washington einen Vertrag zu schliessen, durch welchen es genehmigte, dass der den Nordstaaten während des Bürgerkrieges durch in englischen Häfen ausgerüstete Kaperschiffe zugefügte Schaden einem Schiedsgericht unterbreitet werde. Dieses Ge- richt trat 1872 in Genf zusammen und verurtheilte England zu einem Schadenersatz von 15 Mill. Doli. Ebenso wurde die Frage der NW.- Grenze zwischen den V. St. und Britisch-Nordamerika in demselben Jahre durch den zum Schiedsrichter gerufenen deutschen Kaiser zu Gunsten der V. St. entschieden. In den Präsidentschaftswahlkampf von 1872 trat die neue Partei der Liberal - Bepublicans , die im Rückstoss gegen die alles anfressende Cor- ruption sich gebildet, mit dem Ruf nach gesunden Grundsätzen in der Finanzverwaltung, Reform des Civildienstes, Aufhören der militärischen Besetzung des S. und damit Aufgebung der bis dahin vorwiegend durch Dazwischenkunft der Bundesregierung noch gehaltenen Regierungen der Süd- staaten. Diese Partei beging den Fehler, in Horace Greeley, dem Heraus- geber des New York Tribüne, einen Candidaten für die Präsidentschaft sich aufdrängen zu lassen, welcher nicht im Stande war, die Stimmen der unabhängigeren Glieder sowohl der republikanischen als demokratischen Partei auf sich zu vereinigen. Der "Wahlkampf endigte daher mit einem entschiedenen Siege der Republikaner. Indessen bereitete dieser Ausgang seinerseits den Fall der republikanischen Partei vor. Die Unterlegenen wurden zu schärferen Beobachtern und Kritikern der Regierungsmass- regeln als je vorher, während die siegreiche Partei, vom Erfolg berauscht, lässiger gegen die überall hervortretende Corruption und tauber gegen die Stimmen wurde, welche nach Abhülfe der unter der Regierung dieser Partei eingeschlichenen Missstände riefen. Das Ansehen der Regierung und der Partei, auf welche sie sich stützte, nahm reissend ab in Folge einer Reihe von Scandalen, welche ausnahmslos in der politischen Cor- ruption jener ihren Grund hatte. Der Salary-Act, durch welchen der Congress seine, des Präsidenten und einiger anderen höheren Beamten Gehalte erhöhte, und zwar mit rückwirkender Kraft, war eine der hervor- tretendsten Handlungen in dieser Richtung, welche sehr viel that, um die Partei und ihre Regierung zu discreditiren. Die Besetzung wichtiger Plätze im Cabinet mit unsauberen oder unfähigen Persönlichkeiten, der II. Geschichtlicher üeberblick. 103 Druck, der auf jene Südstaaten geübt wurde, welche von ihren Neger- und Carpetbagger-Kegierungen sich loszumachen suchten, erregte in weiten Kreisen Unzufriedenheit. Dass der Präsident, von vielen Seiten gewarnt, auf einzelnen Punkten vor äussersten Akten zurückzuweichen schien, wie z. B. vor der Bestätigung der Inflation Bill B. Butler's (1874), deren Ziel das vollständige Aufgeben der feierlich versprochenen Einlösung des Papiergeldes war, änderte nichts an dem Misstrauen, das einmal Wurzel gefasst hatte. Um so weniger war dies möglich, da im S. gewaltthätige Wahlfälschungen u. dgl. zu Gunsten der Republikaner noch immer durch die V. St.-Truppen geschützt wurden. Die Staatswahlen von 1874 brachten eine demokratische Mehrheit in das Repräsentantenhaus und gaben so wichtigen Staaten wie New York, Massachusetts und Illinois demokratische Governors. Von da bis zu der Präsidentschaftswahl von 1876 änderten sich die Parteiverhältnisse nicht mehr erheblich, wenn auch die Demo- kraten des W. durch ihren Anschluss an die Inflationisten etwas von dem Ansehen einbüssten, das sie bei den Reformern durch ihre frühere Hal- tung gewonnen hatten. Von 1874—76 sank aber andererseits das Ansehen der Regierung immer tiefer. Kurz vor der 1876er Wahl entliess Grant die beiden unabhängigsten Glieder seines Cabinets, Bristow und Jewell; des Kriegssekretärs Belknap Zusammenhang mit gewissen Betrügereien, die an der Regierung verübt wurden, General Babcock's, Privatsekretärs des Präsidenten, Verbindungen mit den Steuerveruntreuern in S. Louis und andere weniger klar bewiesene Verdachte gegen den Marinesekretär, den Präsidenten des Repräsentantenhauses und andere der Regierung Nächststehende Hess selbst viele Elemente der Partei jede Hoifnung auf- geben, dass ohne Reform eine Besserung zu erzielen sei. Auch die anfängliche Unklarheit der Aeusserungen des Präsidenten über einen dritten Präsidentschaftstermin rief Argwohn wach. Der Versuch (Ende 1875), durch Rückweisung gewisser übertriebener Ansprüche der Katholiken ein neues populäres Ziel der Parteipolitik aufzustellen, blieb ohne Erfolg. 1876 wuchs durch den Eintritt Colorado's die Zahl der Staaten auf 39. In demselben Jahre wurde mit Begeisterung das Fest des 100jährigen Bestehens der Union gefeiert und eine für diese Feier veranstaltete Industrieausstellung in Philadelphia wurde von hoher Wichtigkeit für die Verbreitung der Kenntniss von den wirthschaftlichen Hülfsquellen und Fähigkeiten der Union. Auf der Convention der republikanischen Partei zu Cincinnati wurde im Sommer 1876 der Candidat des Reformflügels der Republikaner Hayes nominirt. Die Demokraten nominirten Tilden, den Governor von New York, welcher durch seine Sprengung des Canal- Rings sich einen guten Namen bei den ehrlichen Leuten gemacht hatte. In der Wahl blieb Tilden mit 184 um 1 Stimme hinter Hayes zurück, welcher 185 erhalten hatte. Zwar wurde die Gesetzlichkeit der Stimmen angezweifelt, welche dem letzteren in Süd-Carolina, Florida und Louisiana 104 n. Geschichtlicher üeberblick. zugefallen waren. Aber die Returning Boards enschieden für die Gültig- keit derselben. Das Endresultat zeigte, dass im S. aus 2545000 Stimmen eine Mehrheit von 487 000 dem Demokraten zugefallen war; in Neu- England hatte der Republikaner eine Mehrheit von 64000 bei 668000 Stimmen, in den 3 Mittelstaaten New York, Pennsylvania und New Jersey erhielt er nur 977 000 von 2004000, in den 3 grossen W.- Staaten Ohio, Indiana und Illinois hatte er 827000 von 1639000, in den 4 NW.- Staaten Iowa, Michigan, Wisconsin und Minnesota 540000 von 980000, in Nebraska, Nevada, Colorado und Kansas 133000 von 222 000 und in den pacifi- schen California und Oregon 93 000 von 184000. Von den 9 grössten Städten in der Union stimmten New York, Brooklyn, Cincinnati, Chicago, Boston, Baltimore, S. Louis demokratisch und nur Philadelphia und S. Francisco republikanisch. Die Unsicherheit des Ausganges schien den inneren Frieden zu bedrohen, da die Republikaner darauf bestanden, die Entscheidung dem Präsidenten des Senats, einem ihrer Männer, zu übergeben, während die demokratische Mehrheit des Repräsentantenhauses das gleiche Recht für sich in Anspruch nahm. Die Stimme der öffent- lichen Meinung zwang endlich den Parteien das Compromiss auf, die Ent- scheidung einer Commission aus gleichviel Senatoren, Repräsentanten und Richtern des obersten Gerichtes zu übergeben, aber keine Stimme anders als nach Anhörung beider Häuser des Cogresses für ungültig zu erklären. In dieser Commission sassen 8 Republikaner und 7 Demokraten und so wurde der republikanische Candidät denn kurz vor dem letzten Termin als Präsident anerkannt (5. März 1877). In sein Ministerium nahm er gemässigte Republikaner, "Vertreter des Reformflügels der republikanischen Partei und Demokraten auf; M. A. Evarts trat als Staatssekretär, Karl Schurz als Sekretär des Inneren, als Finanzsekretär John Sherman ein. Das redliche Bemühen um Abstellung von Missbräuchen trat aus den Amtshandlungen des Präsidenten und seines Ministeriums hervor. Im S. wurde durch den Sturz der Negerregierungen die Unterdrückung der Intelligenz und des Besitzes aufgehoben. Reformen im Beamtenthum wurden in grosser Zahl durchgesetzt. Die Baarzahlungen wurden am 1. Januar 1879 trotz der Anstrengungen der Papiergeldpartei aufgenommen, allerdings nicht, ohne dass vorher die Einführung der Silberwährung be- schlossen worden wäre. Der seit 1873 andauernde wirthschaftliche Noth- stand Hess socialistische Parteien auch hier Boden gewinnen und im Sommer 1877 stellte ein mit blutigen Zusammenstössen verknüpfter Strike von Eisenbahnarbeitern die Thatkraft der Regierung und des ordnungs- liebenden Bürgerthums auf eine schwere Probe. Doch ist in den Staats- wahlen von 1878 die auf socialistischer Grundlage in seltsamer Verbin- dung mit corrupten Republikanern neubegründctc National Greenhack and Latour Party sehr entschieden geschlagen worden. II, Abschnitt. Die Bevölkerung. III. Die Indianer. I. Die Rassen zu gehörigkeit 107. Einheitlichkeit der Rasse 108. Die Mongoloiden 108. Die Indianer und die Nord-Asiaten 108. Woher kam die Einwan- derung? 109. — IL Physische Merkmale der Indianer 110. Schwierigkeit allgemeiner Definitionen 110. Der Schädel 111. Weitere Merkmale 111. Die Haut- farbe 112. Der Gesichtsausdruck 112. — III. Psychische Eigenschaften und Entwickelungen 113. Grundstimmung 114. Verschlossenheit 114. Sitt- liche Begriffe 114. Recht und Unrecht 114. Wahrheitsliebe 115. Indianische Uebertreibungen 116. Der Grundzug der Kraft und seine Schattenseite 116. Das Weib und seine Stellung 117. Auffassung der Familie 118. Rechts- und Eigen- thumsverhältnisse 119. Regierung 120. Die Beziehungen zwischen den Stämmen 120. Krieg und Friede 120. Cannibalismus 121. Religiöse Vorstellungen und Cultus 121. Die Zauberer 121. Geistige Begabung 122. Ihr Kampf mit der Sinnlichkeit 123. Phantasie 124. Beredsamkeit 124. Poesie 124. Keime von Wissenschaft 125. Erfindungen 126. — IV. Die äussere Ausstattung des Lebens 126. Jagd 126. Fischfang 127. Canoes 127. Waffen 127. Kleidung 130. Tätto- wirung 130. Schmuck 131. Das Haus 131. Die Dörfer 131. Die Geräthe 131. Die Speisen 132. Ackerbau 133. — V. Die Sprache 133. Allgemeiner Charakter der Indianersprachen 134. Die Eintheilung der nordamerikanischen Stämme in Sprachgruppen 135. — VI. Die Zahl derln dianer 139. Ihre gegen- wärtige Zahl und Vertheilung 139. Schätzungen ihrer Zahl aus der Zeit der ersten Entdecker und Ansiedler 141. Ihr Rückgang 145. Gehen sie dem Aus- sterben entgegen? 145. — VII. Beziehungen zwischen Indianern und Weissen 146. Die unvereinbaren Verschiedenheiten beider 147. Erster Ver- kehr 147. Ursachen der Conflikte 148. Die Indianerkriege 150, Zurückdrängung der Indianer nach Westen 152. Die Indianerpolitik der V. St. 154. Die Reser- vationen 156. Mischlinge 159. I. Die Rassenzugehörigkeit. Die nordamerikanischen In- dianer gehören derselben Rasse an wie die südamerikanischen. Ver- suche, die man gemacht hat, aus der einen schon von Blumenbach deutlich erkannten Rasse der rotlien MenscJien mehrere Menschenarten oder -Varietäten auszusondern, sind von einsichtsvollen Ethnographen nie gutgeheissen worden und die Einheitlichkeit der Rasse der ameri- 108 in. Die Indianer. kanischen Eingeborenen kann als eine sichere Erkenntniss der neueren Völkerkunde bezeichnet werden. Der Begriif der Mongoloiden, wie ihn mit unbedeutenden Abweichungen fast alle neueren Ethno- graphen fassen, greift noch viel weiter und schafft aus den Völkern der auch räumlich einander so nahegerückten Continente Asiens und Amerikas eine ethnographische Einheit. Die Frage des Ur- sprunges" der amerikanischen Ureinwohner wird von zahlreichen Anthropologen, die dieser Eintheilung zustimmen, als gelöst betrachtet. Die geographischen Verhältnisse der einander am nächsten liegenden Theile von Nord-Amerika und Nord-Asien, also der Umgebungen der Behringsstrasse und des südlich von da eine Inselbrücke zwischen den beiden Erdtheilen schlagenden Archi- peles der Aleuten setzen der Annahme einer Wanderung von der einen nach der anderen Seite keine Schwierigkeit entgegen. Dass die Wanderung von Asien nach Amerika geschehen, wird fast allgemein stillschweigend angenommen, weil von Asien auch andere Stämme der Mongoloiden (Malayen und Polynesier) ausgegangen sein müssen, weil hier diese Rasse am zahlreichsten vertreten und zu den höchsten Culturstufen gelangt ist, endlich auch weil, vom Boden der Entwickelungslehre der Schöpfung aus betrachtet, eine grosse Wahrscheinlichkeit dafür zu bestehen scheint, dass Amerika nur durch Einwanderung mit Menschen bevölkert werden konnte. Soweit nämlich der heutige Stand der paläontologischen Forschung erkennen lässt, besass Amerika in vergangenen geologi- schen Epochen so wenig wie heute jene höchstentwickelten menschen- ähnlichen Affen, die den Uebergang von den eigentlich thierischen Säugethieren zum Menschen gebildet haben müssen. Ferner weiss man auch nichts von irgend welchen Bewohnern Amerikas, die, verschieden von den heutigen, diesen vorausgegangen wären und von denen letztere abzuleiten sein würden. Auch hat kaum einer von den schärfer blickenden und vorurtheilsloseren Reisenden, welche Amerika besuchten, die Anklänge an mongolische Rassen- merkmale übersehen, welche dessen eingeborene Rasse aufweist und welche bemerkenswerther Weise gerade da am deutlichsten hervortreten, wo die Trennung zwischen Asien und Amerika am wenigsten scharf ist, nämlich im NW. von Nord-Amerika. III. Die Indianer. 109 Es fehlt aiicli nicht an gemeinsamen Einrichtungen und Sitten, welche die Völker dies- und jenseits des Stillen Meeres mit einander verknüpfen. Die Aehnlichkeit der Schamanen und Medicinmänner ist oft betont; gewisse Waffentänze, Hantierungen der Schamanen, der Bärencultus, Märchen u. a. finden sich in auffallender Ueber- einstimmung bei einzelnen Völkern Nord -Asiens und Amerikas. Die Nomaden gebrauchen Lederzelte hier wie dort. Selbst die Sprachen sind wahrscheinlich nicht so weit verschieden, wie man auf Grund unvollkommener Einsicht früher annahm. Freilich ist es bei allen diesen auffallenden Uebereinstimmungen heute noch immer vollkommen nutzlos, über die Art und Weise der Völkerwanderungen oder Völkerbeziehungen, welche dieselben voraussetzen. Bestimmtes erkennen zu wollen. Die Cultur, zu welcher einige der amerikanischen Völker vorgeschritten waren, war nicht alt und hoch genug, um literarische Denkmale von hohem Alter und irgend einem Grade geschichtlicher Glaubwürdig- keit hinterlassen zu können, wie wir sie von alten Völkern des altweltlichen Orients kennen, die übrigen Völker aber waren ge- schichtslos, d. h. sie besassen keine bestimmten sicheren Ueber- lieferungen ^). Aus den Nachrichten und Spuren, die man von Wanderungen der Indianerstämme besitzt, kann eine bestimmte Richtung nicht gefolgert werden. Diese Züge sind kreuz und quer gegangen und seit der Ankunft der Europäer wog ganz natürlich die Zurück- drängung nach W. vor. Hinter dem Schleier dieser massenhaften Verschiebungen innerhalb der letzten 300 Jahre wird wahrschein- 1) Es ist in dieser ethnographischen Einleitung nicht der Ort tiefer einzu- gehen auf jene merkwürdigen, besonders im Mississippi- und Ohio-Thal häufigen künstlichen Hügel (Mounds), ümwellungen u. dgl. , welche von einer einst dich- teren und zur Herstellung grosser, wenn auch einfacher Denkmale ihres Daseins befähigteren Bevölkerung erzählen, als es die Indianer waren, mit denen die ersten Entdecker und Ansiedler im 16. Jahrhundert zusammentrafen. Indessen ist es nur die Grösse und die grosse Zahl dieser Werke, welche in dieser Be- ziehung auffallen ; die Waffen, Geräthe u. s. f., die man in diesen Bauten findet, sind im Allgemeinen eben so primitiv, wie sie bei den letzteren gefunden wurden. Man findet die ausführlichsten Nachrichten über diese Reste bei Squier and Davis, Ancient Monuments. New York 1848. Squier, Antiquities of the State of New York. Buffalo 1651. 110 III. Die Indianer. lieh die Richtung der ursprünglichen Einwanderung der Indianer gar nicht mehr zu erkennen sein, zumal die Sprachvergleichung bisher nicht im Stande gewesen ist, diesen Forschungen wesentliche Hülfe zu leisten. Die günstige Lage, grosse Fruchtbarkeit und die Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse des Columbia-Thaies haben manche Amerikanologen dazu geführt, hier den Ausgangspunkt der Wan- derungen zu suchen, welche Nord- Amerika mit dem grössten Theil der Stämme bevölkerten, die den Europäern entgegentraten. Lewis H. Morgan hat diese Hypothese ausführlich zu begründen versucht in seinen Indian Migrations (N. Am. Review 1870. L). H. Physische Eigenthümlichkeiten. Die physischen Eigenthümlichkeiten der nordamerikanischen Indianer lassen sich, soweit sie nicht gemeinsame Eigenschaften alt- wie neuweltlicher Mongoloiden sind, nicht in wenige bezeichnende Merkmale zu- sammenfassen. Man muss hervorheben, dass eine so grosse Gleichförmigkeit der Einzelnen, wie sie manchen Beobachtern aufgefallen sein will, in Wirklichkeit nicht besteht. In Körper- grösse und -gestalt, Physiognomie, Färbung, Behaarung gibt es Stammes- und Individuenunterschiede besonders zwischen den atlantischen und pacifischen Stämmen, welche sehr merklich sind. Uebrigens ist jene scheinbare Unterschiedslosigkeit, wenn sie auch nicht oberflächlichen Beobachtern bei vielen anderen sehr wohl differenzirten Völkern (z. ß. Chinesen, Malayen, Mongolen) auf- gefallen wäre, um aber jedesmal bei genauerer Beobachtung sich in Täuschung aufzulösen, schon darum mit Misstrauen aufzunehmen, weil wir in den heutigen nordamerikanischen Indianern gewiss eine sehr vielfach gemischte Rasse vor uns haben. Nicht bloss der Kinder- und besonders Mädchenraub, den alle Stämme des Westens unter einander sowohl als auch gegen die spanischen, englischen, deutschen etc. Ansiedler seit lange geübt haben, sondern auch der in manchen Fällen ganz freiwillige Uebertritt Weisser, die in jahrelangem Waldläuferleben verwildert sind, in die indianischen Stammesgemeinschaften und noch mehr das nicht gar selten zu dauernden Familiengründungen führende Zusammenleben der Wald- läufer, Bergleute, Ansiedler u. dgl. mit indianischen Squaws sind geeignet, die Indianerstämme mit Mischlingsprodukten zu bereichern. HE. Die Indianer. 111 welche die äussere Erscheinung derselben immer mannigfaltiger erscheinen lassen werden. Das Knochengerüst des nordamerikanischen Indianers weicht von dem des Weissen weniger ab als das des Negers; man findet am Rumpfe im Allgemeinen dieselben Proportionen, vielleicht mit einer auch bei anderen nichtkaukasischen Rassen zu beobachtenden Neigung zu längerem Leib und kürzeren Beinen; ein stämmiger, untersetzter Bau waltet vor; der Schädel zeigt bei verschiedenen Stämmen sehr verschiedene Verhältnisse der Breite und Höhe^), welche jedoch für die Rassencharakteristik von minderem Werthe sein dürften, zumal da die Sitte der künstlichen Abplattung bei Indianern in sehr ausgedehntem Masse und in den verschiedensten Richtungen geübt wird; sicher scheint zu sein, dass Langschädel bei den Indianern zu den Ausnahmen gehören und dass Meso- und Brachy- cephalie bei ihnen vorwiegend vertreten sind. Die breiten Joch- bogen der Mongoloi'den kehren bei den Indianern als ein sehr beständiges Merkmal wieder, ebenso die niederen Stirnen, wogegen der hohe Nasenrücken häufig Adlernasen entstehen lässt, die den kleinen abgestumpften Nasen der asiatischen Mongolen stark ent- gegengesetzt sind. Die Kieferbildung erreicht die Prognathie des niedrigsten Negerschädels wohl selten, erhebt sich eben so selten aber bis auf die Stufe der Orthognathie des Kaukasiers. In den Fleischtheilen des Körpers steht der nordamerikanische Indianer, was Muskelentwickelung betrifft, hinter dem bedeutend stärkeren Neger zurück, was indessen weniger ein von Anfang an unter- scheidendes Rassenmerkmal, als vielmehr eine Wirkung des fort- gesetzten Lebens unter ungünstigen .klimatischen und Ernährungs- Verhältnissen sein wird ; auch hinter den geübteren Europäern steht der Durchschnittsindianer an Muskelkraft zurück, während er ihn bekanntlich in früheren Zeiten, wo er noch kampfgeübter war, in Ausdauer und in Schärfe der Sinne übertraf. Es sind das die überall wiederkehrenden Unterschiede des Cultur- und Naturmenschen. 1) Welcker gibt in den Kraniologischen Mittheihmgen (Archiv für Anthro- pologie I. 157) als Breitenindex von Nordamerikanischen Indianern 77, von Mexikanern 76, von Nordwestamerikanern 80, von Flatheads 100, als Höhen- indices derselben Gruppen 75, 78, 7G und 87. 112 III. Die Indianer. In den Fleischtheilen des Gesichtes ist die Liderfalte, welche die Augenöffnung geschlitzt erscheinen lässt, oft eben so scharf aus- geprägt wie bei den schlitzäugigsten Mongolen, aber in der Regel ist das Auge weiter geöffnet und seine Stellung gerader, ohne in- dessen ganz die Erinnerung an dieses sehr beständige Rassen- merkmal der Mongoloiden vermissen zu lassen. Das Auge selbst erscheint eher klein als gross, ist dunkel, sein Weisses trüb. An Mund und Nase tritt die Fleischigkeit hervor, welche besonders in den wulstigen Lippen einen sehr bezeichnenden Ausdruck findet; es ist gewissermassen eine überflüssige, von den Nerven nicht mehr vollständig zu beherrschende Masse, welche hier die Züge ver- gröbernd und verthierend hervortritt : derselbe Zug, der keiner von den nichtkaukasischen Rassen fehlt und selbst in den auf Blut- mischung mit niedrigeren Rassen hindeutenden semitischen und hamitischen Gliedern dieser häufig wiederkehrt. Die Gesichtsform ist durch die starke Entwickelung der Kiefer und Mundtheile und durch die Niedrigkeit der Stirn e meist eine nach unten verbreiterte, umgekehrt birnförmige. Die Ohren neigen zum Abstehen. Die weich anzufühlende Haut ist an den bedeckten Theilen schwach oder gar nicht behaart, ebenso ist der Bart fast immer sehr schwach, kaum merklich. Die Hautfarbe variirt von schmutziggelb durch die verschiedenen Schattirungen von hellbraun bis rothbraun. Dunkle Farben kommen bei Nordamerikanern nicht vor. Das Haar ist schlicht, lang, grob und tiefschwarz. Der Gesichtsausdruck der Indianer Nord- Amerikas hat so viel Anlass zu übertreibenden Schilderungen geboten, dass es nicht überflüssig sein wird, denselben besonders zu beachten. Er gehört auch hier, wie bei allen Völkern , zu den am schwersten zu erfassenden und zu be- schreibenden Eigenschaften. Es ist unrichtig, wenn man glaubt, dass die Gesichtszüge der Naturmenschen viel weniger verschieden und weniger veränderlich seien als die der Civilisirten. Natürhch fehlen diesen Menschen, die fast alle das gleiche Leben führen, die Stempel der Standes- und Beschaftigungsunterschiede, welche unseren Gesichtern allen aufgeprägt sind, aber dafür haben an ihren Zügen Leidenschaften und Strapazen mit schärferen Klingen gemodelt und es fehlen jedenfalls jene zahllosen bis zur Physiognomielosigkeit aufgeschwemmten oder erschlafften Gesichter, wie sie das einförmige Wohlleben besonders bei älteren Gliedern unserer Culturvölker erzeugt. Am häufigsten haben sich heute wohl die durch III. Die Indianer. 113 frühzeitige Ausschweifungen, Entbehrungen und durch Branntweingenuss hervorgebrachten Verzerrungen und Erschlaffungen ausgeprägt; frühes Alter dürfte, wie hei anderen Naturvölkern, die Regel sein, und zwar mehr noch hei den Weibern als den Mannern. Auch in früheren, besseren Zeiten werden die Gesichter der unregelmässig, aber fast immer von der Hand in den Mund lebenden Jäger- und Fischervölker die Spuren zahlreicher Entbehrungen, und bei den Kriegern nocli dazu die der Strapazen ge- getragen haben. Bei den letzteren ist der Ausdruck der Entschlossenheit oft sehr stark gezeichnet und häufig bis zur Wildheit gesteigert. Aber öfter noch drücken die Gesichter nur eine brütende oder lauernde Stumpf- heit aus, welche auch Grundzug der Physiognomie bei den arbeitbeladenen Weibern ist. Meist lässt die starke Entwickelung der Gesichtspartie, vorzüglich der Kinnladen, Kiefer und Lippen, jenen entschlossenen Aus- druck, der besonders in den Augen seinen Sitz hat, nicht zur Ausprägung dessen werden, was wir in unseren kaukasischen Gesichtern als Energie bezeichnen würden, aber die öfters stark vorspringende Nase unterstützt denselben. Eben so selten lässt die vorwaltende verschwommene Trüb- heit des Blickes und die Niedrigkeit der Stirne den Ausdruck hoher Intelligenz zu. Wahrhaft energische und intelligente Gesichter sind selten inmitten der überwältigenden Mehrheit von stumpfen, wilden und sinn- lichen. Der platte, wie verschlafene Gesichtsausdruck der Mongolen kommt, wie es scheint, bei den pacifischen Stämmen häufiger zur Er- scheinung als bei denen des Inneren und des Ostens, welche bisher das Material für die Construktion unseres typischen Indianers ausschliesslich geliefert haben. III. Psychische Eigenschaften und Entwickelungen. Eine kurze Zusammenfassung der psychischen Eigenschaften einer gewissen Zahl von in sich selbst nach inneren Verhältnissen und äusseren Einflüssen sehr heterogenen Volksstämmen, wie es die nordamerikanischen Indianer sind, ist nur möglich, wenn man an der Oberfläche bleibt, wo dann allerdings kaum andere Eigen- schaften zu nennen sein werden, als den Naturvölkern überhaupt unter den verschiedensten Verhältnissen zukommende. Wenn die Beobachter darin übereinstimmen, dass die Indianer trotz ihres gleichmüthigen Aeusseren, von grosser Leidenschaftlichkeit seien, sobald sie aufgeregt würden, so sagen sie damit etwas, das eben so gut von den Australiern und von den Malayen gilt, denn die un- vermittelten Uebergänge vom Zustande der halbschlafenden Trägheit zu leidenschaftlichen Aufregungen sind für alle Naturvölker be- ß a t z e 1 , Amerika II. o 114 III. Die Indianer. zeichnend, wie überhaupt das Schwanken zwischen den Extremen in jeder Beziehung ^). Die Grundstimmung des Indianers ist allerdings weniger heiter als die des Negers, wiewohl man ihn eben so wenig w^ie die Gesammtheit irgend einer anderen Rasse als melancholisch bezeichnen kann. Er hat nicht die übersprudelnde Lebenskraft des Negers, die sich in allen möglichen Tollheiten Luft macht und" an das Wesen aufgeregter Kinder erinnert. Er ist eher geneigt, verschlossen und bis zum Schein von Stumpfsinnigkeit düster zu sein. Die Förmlichkeit, welche in den Verhandlungen der Indianer unter sich oder mit Weissen eine so merkwürdige Rolle spielt, hängt theilweise damit zusammen, ebenso die Lust an Verstellung und die Selbstüberwindung in der Aeusserung der Ge- fühle von Freude und Schmerz. Er ist aber eben deshalb nicht so vollkommen unberechenbar wie andere, kindischere Naturvölker und flösst entschieden mehr Achtung und Zutrauen ein als z. B. der echte Neger oder der Papua. Aber freilich reissen ihn die Leidenschaften zu sehr unberechenbaren Thaten hin und die Spiel- wuth, die Trunksucht, die Rache verändern sein Wesen eben so gründlich wie sie es bei den heissblütigsten Völkern nur vermögen. Der zur Beurtheilung seines eigenen Charakters so wichtige Mass- stab, mit welchem er Recht und Unrecht und überhaupt die ethischen Verhältnisse misst, ist von den religiösen Vorstellungen ganz losgelöst. Der Begriff der Sünde tritt, wie Waitz treffend sagt, hinter dem des Verbrechens zurück, das nur vom Beleidigten oder Verletzten bestraft wird^). Dass dieser Massstab sich im Lauf der Zeit entsprechend dem allgemeinen Niedergang der Rasse in ungünstiger Richtung verändert hat, scheint keinem Zweifel zu unterliegen. Aus Ueberlieferungen und Erzählungen geht hervor, 1) „Wenige Menschen zeigen grössere Wechsel, oder wenn ich mich so ausdrücken kann, grössere Antithesen im Charakter, als der eingeborene Krieger Nord-Amerikas. Im Krieg ist er kühn, ruhmredig, listig, hart, voll Selbstverleugnung und Hingabe an die Sache; im Frieden gerecht, gross- müthig, gastfrei, rachsüchtig, abergläubig, bescheiden und gewöhnlich keusch. Alle diese Eigenschaften kommen nicht allen gleichmässig zu, aber sie sind so sehr vorwaltende Züge dieses bemerken swerthen Volkes, dass man sie als charak- teristisch bezeichnen kann." (Cooper, The Last of the Mohicans. Introd.) 2) Anthropologie der Naturvölker 18G2. III. I. 160. III. Die Indianer. 115 dass Diebstahl, Mord, Zauberei, Grausamkeit, eheliche Untreue, Ungehorsam gegen die Eltern, Ehrfurchtslosigkeit gegen das Alter, Verletzung religiöser Gelübde unrechte Handlungen, die immer ihre Strafe nach sich ziehen ; dagegen erscheinen Selbstverleugnung, Standbaftigkeit, Tapferkeit, Uneigennützigkeit, Geschwister- und Elternliebe, Ehrfurcht vor dem Alter, Freigebigkeit und Gast- freundschaft als lobenswerthe Handlungen, die sich früher oder später belohnen. Es ist dies die Moral einer von Natur mit edeln Trieben nicht unbegabten Rasse, freilich eine Moral, die bei dem niedrigen Stande der allgemeinen Cultur in vielen Punkten nur theoretisch geblieben sein wird. Ueberhaupt ist von Rassen auf niederer Culturstufe nicht jene Standbaftigkeit in moralischer Be- ziehung zu erwarten wie von solchen, die in der Cultur fort- geschritten sind. Es handelt sich hier daher vorzüglich um die Beurtheilung von Anlagen, und auf die Art, wie ein oder der andere Stamm sich bei dißr oder jener Gelegenheit verhalten hat, ist weniger Gewicht zu legen. Muth, Freigebigkeit und Gastfreund- schaft sind nur von Wenigen in Zweifel gezogen, konnten aber natürlich immer nur von denjenigen Beobachtern wirklich in Er- fahrung gebracht werden, welche mit unverdorbenen und nicht zufällig selbst in Mangel versetzten Stämmen in Berührung kamen. Mit der Wahrhaftigkeit steht es etwas anders. Nachdem die Weissen einige Jahrzehnte im Lande verweilt hatten, war der Kampf ums Dasein für die benachbarten Stämme schon so heftig, dass für die Uebung grossmüthigcr Tugenden gegen dieselben kein Raum blieb. Früher kamen ohne Zweifel gewisse noble Charaktere unter den Stammeshäuptern den Europäern mit Vertrauen und Aufrichtigkeit entgegen und Versprechungen wurden gehalten. Später erlaubten die Uebergriflfe der Weissen eine solche Haltung nicht mehr. In- dessen ist wahrscheinlich von vornherein der Boden für die Tugend der Wahrheitsliebe bei den Indianern, gleichwie bei anderen Natur- völkern ein ziemlich lockerer, darauf scheint wenigstens die all- gemein zugegebene Neigung zur Grosssprecherei und Uebertreibung^) 1) Diese Sucht zur Uebertreibung hat auch ihre ethnographischen Resultate gehabt, denn manche der Ueberschätzungen , in welche man mit Bezug auf die Yolkszahl der Indianer in Nord- Amerika verfallen ist, führen auf grossspreche- 8* 116 in. Die Indianer. schliessen zu lassen. Indessen ist das eine bei Wilden (und bei Kindern), deren Geist nicht von der Gewohnheit ruhigen Denkens gezügelt wird, minder bedenkliche Untugend. Um so weniger fällt sie in die Wagschale, als viele und darunter so vortreffliche Beobachter wie Gen. Hariison und Heckewelder^) ihre Treue in der Freundschaft, ihre Anhänglichkeit und ihre dauerhafte Dank- barkeit mit hohem Lobe hervorheben. Dies sind auch Formen von Wahrhaftigkeit, und zwar sehr schwer wiegende. Auch über ihr grosses, den Europäern oft übertrieben scheinendes Ehr- und Selbstgefühl sind die zuverlässigsten Beobachter nicht im Zweifel, nur dass vielleicht gerade hier mehr als in vielen anderen Fällen die günstigen Urtheile sich auf einzelne hervorragende Persönlich- keiten beziehen dürften. Doch wird die grosse Empfindlichkeit gegenüber beschimpfenden Strafen und die Standhaftigkeit bei Martern und Todesdrohungen durch Feinde, und noch im Tode selbst, sehr zuverlässig bezeugt. Fassen wir das über den Charakter des Indianers Gesagte zu- sammen, so lässt sich so viel mit einem ziemlich hohen Grade von Sicherheit feststellen, dass wir in ihm den Hauptgrundzug der Kraft erkennen, welcher Muth auf der einen, Grausamkeit auf der anderen Seite entspringen. Der Indianer ist nicht zu jener über- wiegende q Masse der Naturvölker zu zählen, welche durch Ver- weichlichung in einer übergütigen Natur oder durch den Druck von Despotien oder unter der Einwirkung elender Lebensbedingungen schwach und feige geworden sind, sondern er ist eine von vorn- herein kräftige und inmitten einer freigebigen, aber auch An- strengungen und Entbehrung auferlegenden Umgebung gestählte Natur. Unter ähnlichen äusseren Bedingungen wie unsere Urväter in den alten deutschen Wäldern lebend, erinnern manche ihrer Eigen- rische Angaben der Häuptlinge oder sonstiger Stammesangeliöriger zurück. Als z. B. 1829 in New York einer Ballonsteigung inmitten einer ungeheueren Menschen- masse Nawkaw, ein Winnebago-Häuptling , anwohnte und gefragt wurde, ob er je so viel Menschen beisammen gesehen, antwortete er: „In unserem kleinsten Dorfe sind mehr." Der ganze Stamm zählte aber nur 3000 Köpfe. Neuerdings haben diese Uebertreibungen den besonderen Zweck, sich mehr Rationen von der Regierung zu verschaifen als ihnen gebühren. 1) S. Citate bei Waitz, Anthropologie III. I. 167. III. Die Indianer. 117 Schäften an dieselben und der einst beliebte Vergleich beider ist nicht nur von der Oberfläche hergenommen, wie es überkritischen Beurtheilern scheinen mag, welche mehr den Rassenunterschied als die Uebereinstimmung vieler äusserer Bedingungen, vorzüglich des Klimas, des Lebens in einem weiten Waldgebiete, der kräftigen Naturanlage und der kriegerischen Neigungen betonen. Gerade die Völker gemässigter Klimate, welche von der Natur mit kräftigen Körpern ausgestattet sind, erscheinen in den verschiedensten Rassen auf der Stufe des Ueberganges vom schweifenden Leben des Natur- menschen zu dem des Ackerbauers und Viehzüchters einander ähn- licher als Völker verschiedener Rassenangehörigkeit es sonst auf irgend einer anderen Stufe zu sein pflegen. Wie verschieden auch ihr späterer Beruf in der Weltgeschichte sein mag, hier ist ihnen, gewissermassen wie auf einem gemeinsamen Ruhe- und Durchgangs- punkt, allen gemein die starke Ausprägung der Körper und Seele stählenden Wirkungen, also Kraft und Gewandtheit und der damit eng verbundenen männlichen Tugenden des Muthes, der Stand- haftigkeit, der Ausdauer in erster Linie, und ferner der aus diesen grossentheils sich ergebenden des Ehrgefühles, der An- hänglichkeit, der Dankbarkeit und, mit gewissen Ein- schränkungen, auch der Wahrhaftigkeit und Grossmuth. Als Schattenseiten dieser Eigenschaften sind wohl eben so allgemein die Grausamkeit, die List, die Verstellung gegen Feinde, überhaupt die Anwendung jedweden Mittels, das zur Befriedigung der aufgestachelten Kampfleidenschaften dienlich ist. Ohne Zweifel war der auf dem Kriegspfad wandelnde Indianer ein rücksichts- loserer, weniger grossmüthiger Gegner als der alte Germane. Die zum Schwanken in Extremen geneigte tiefe Leidenschaftlichkeit seiner Natur, das Uebergewicht des Sinnlichen über das Geistige, das eigentliche Wesen des Wilden, das aber z. Th. in der niedreren Rasse liegt, brachte hier sich zur Geltung. Alle bisher erwähnten Eigenschaften betreff'en den Charakter des indianischen Mannes, so wie er sich in denjenigen Beziehungen des Lebens erweist, die man männliche nennen könnte. Was die weibliche Seite anbetrifft, so nehmen die Indianerinnen keine Stellung ein, welche ihnen erlaubte oder geböte aus dem Pfahlkreis 118 III. Die Indianer. des Wigwam hervorzutreten. Die wenigen unter ilmen, welche die Geschichte nennt, sind ausserordentliche Erscheinungen, die aller- dings erkennen lassen, dass grosse und edle Eigenschaften in indianischen Frauen leben können. Man hat Beispiele von Frauen- herrschaft und nicht bei allen Stämmen waren die Frauen von den Versammlungen der Männer ausgeschlossen. Aber im Ganzen ist die Frau des Indianers doch sogar mit Strenge hinausverwiesen aus jeder höheren Lebenssphäre und die gemeinen Arbeiten des täglichen Bedarfes sind ausschliesslich ihr zugewiesen. Gerade diese niedere Stellung des Weibes gehört zu den durchgehendsten Zügen im Charakterbild der nord amerikanischen Indianer. Das Weib ist die Dienerin des Mannes: das zieht sich durch ihr ganzes Leben. Schon das weibliche Kind ist minder geachtet als das männliche. Das Leben hat für sie nur Eine Zeit der Blüthe, die Zeit der beginnenden Jungfrauschaft, zu der sie gefreit wird. Von da an aber geht ihre Lebenslinie rasch abwärts. Die Trauungs- ceremonien sind meist kurz und nicht übermässig feierlich. Auf die Erhaltung der Keuschheit einer Jungfrau scheint kein grosser Werth gelegt zu werden, aber die Treue in der Ehe wird vom Weibe in der Regel gefordert. Die Scheidung ist eben so leicht und mit wenigen Formen verknüpft wie die Ehelichung. Nahe Blut- verwandschaft verhindert bei den meisten Stämmen die Ehe nicht. Polygamie ist allgemein, insoweit sie sich nicht durch die geringe Zahl der Weiber oder durch die Schwierigkeit ihrer Ernährung von selbst verbietet, selbst von Weibergemeinschaft wird berichtet. In früheren kriegerischen Zeiten scheint Mädchenraub eine ihrer Hauptquellen gebildet zu haben. Das Anbieten von Weibern gehörte bei vielen Stämmen zur Gastfreundschaft. Unnatürliche Laster sind weit verbreitet. Die Erbfolge ging wie bei vielen anderen Völkern, die auf derselben niederen Stufe des Familienlebens stehen, der mütterlichen Seite nach. Man erkennt in der Auffassung der Familie und der Stellung des Weibes eine Seite des Charakters des Indianers, welche nichts von dem Grossen und Erfreulichen zeigt, das er im streitenden oder friedlichen Verkehr mit Männern an den Tag legt, das aber der allgemeinen Vorstellung, die wir uns nach diesen III. Die Indianer. 119 Zügen machen, nicht widerspricht. Wie bei allen starken, aber rohen Völkern tritt nur der Mann bestimmend hervor, das Weib steht zurück, weil es schwach ist, und seine Schwäche erzeugt Geringschätzung auf der anderen Seite. Das Resultat ist das für das Volk im Ganzen verderbliche der Brachlegung der Kräfte der ganzen einen Hälfte der Bevölkerung, damit der Abschliessung der Frauen von aller Möglichkeit höherer Culturentwickeluiig, und die einseitige Ausprägung jenes extrem männlichen, d. h. kräftigen, rohen und grausamen Charakters in dem ganzen Thun und Treiben des Volkes. — Es gab bei den Indianern auch in ihren besten Zeiten kein festgegründetes Recht, ausser dem der Erbfolge, das bereits er- wähnt wurde. Die Vergehen und Verbrechen wurden fast nur als Sache deren behandelt, die durch sie geschädigt waren. Glaubte sich die Allgemeinheit geschädigt, wie z. B. durch Zauberei, so nahm sie auch die Verurtheilung in die Hand. Alles Strafrecht lief auf Rache hinaus. Wo etwa Häuptlinge, Räthe oder dergl. Recht sprachen, da geschah es, indem sie der öffentlichen Meinung Ausdruck verliehen. Statt der Sühnung durch Rache war auch Vermittelung bei einzelnen Stämmen, und das sogar bei Mordthaten, durch eine Leistung irgend welcher Art möglich. Häufig ging aus der Einzelschuld die Blutschuld hervor und war z. B. den Irokesen unverjährbar. Die Eigenthumsverhältnisse waren erst in der Entwickelung des privaten Eigenthums aus dem allgemeinen begriffen. Das P^eld gab gewöhnlich für gemeinsame Bearbeitung gemeinsame Ernten, ebenso die Jagd ; daneben konnte nach Bedarf noch Einzelbesitz durch Anstrengung des Einzelnen erworben werden. Die Begriffe vom Eigenthumsrecht waren, wie es bei einer eng zu- sammenlebenden Gemeinschaft in Nothwendigkeit begründet liegt, streng innerhalb des Stammes, locker ausserhalb desselben und bestanden überhaupt selten gegenüber den Weissen. Dass gerade in dieser Richtung der allmähliche Rückgang der Indianer an innerem Halt und äusserer Macht und Ruhe auch eine grosse Corruption der ohnehin noch vielfach unklaren Rechtsbegriffe mit sich geführt hat, ist zweifellos. 120 ni. Die Indianer. Die Regierung der Indianerstämme geschah in den meisten Fällen durch Häuptlinge, deren Würde erblich war. Wahlhäupt- linge werden nur selten erwähnt. Häuptlinge untergeordneterer Art bildeten eine Art erblichen Adels, der entweder gleich allen Gliedern des Stammes dem herrschenden Haupte unterthan oder in Gestalt eines Käthes an der Regierung betheiligt war. Einige politische Organisationen höherer Art bestanden vor der Zeit der ersten europäischen Einwanderungen und kämpften zum Theil noch gegen dieselben. Die einzige, welche von längerer Dauer war, gleichzeitig, allem Anscheine nach, die vollkommenste unter ihnen, war die der 5 (später der 6) Stämme oder der Irokesen (s. u.), welche sich durch einen Bundesrath von 50 Häuptlingen regierten, und an deren Spitze ein Oberhaupt und ein Oberfeldherr standen. Uebrigens sind die meisten Indianerstämme von jeher zu gering an Zahl ge- wesen, um einer complicirten Regierungsmaschine zu bedürfen oder eine solche auch nur entwickeln zu können. Innerhalb der Stämme gab es Geschlechter, die häufig irgend ein Thier (Totem bei den Algonkins genannt) gewissermassen zum Wappen, gleich- zeitig aber auch als unterscheidenden Namen besassen. Einige der charakteristischsten und bekanntesten Sitten der Indianer, wie das imponirende ernste Ceremoniell, die feierlichen Reden, das Herum- gehenlassen der Tabakspfeife, der Austausch von Wampums (d. h. aufgereihten Muscheln, die gleichzeitig Schmuck, Geld und Ehren- zeichen waren) traten in den Verhandlungen der Häuptlinge und Räthe hervor, und es sind vorzüglich die Reden, die mit ihrem bilderreichen, oft schlagenden Ausdruck die Europäer in Erstaunen gesetzt haben. Kriege beschäftigten diese Räthe wohl in den früheren Jahrhunderten am meisten. Sie wurden in bestimmten Formen erklärt, sofern es nicht bloss Streifzüge oder Ueberfälle in Folge un verjährter Fehden sein sollten. Ebenso wurde der Friede durch bestimmte Formen (Begraben der Streitäxte, Aus- tausch von Wampums, gemeinsames Rauchen der Friedenspfeife) besiegelt. Die Kämpfe hatten den Charakter von kleinen Guerilla- kriegen. Rasche Züge, oft von Hunderten von Meilen, Ueberlistungen, Ueberfälle, Belagerung einzelner Dörfer oder Hütten, fast niemals III. Die Indianer. 121 offene Feld schlachten mächten ihr Wesen aus. Menschenleben wurden im Kriege nur geschont, wenn man sie behufs der gräss- lichen Art von Triumph, welcher in ihrer öffentlichen Zutode- quälung bestand, oder für die Sklaverei aufbewahren wollte. Mit der Annahme, dass die Geister der erschlagenen Genossen beruhigt werden müssten, spielt diese grausame Sitte in das religiöse Gebiet hinüber. Auch der Cannibalismus, der sich ihr verband, hat wahr- scheinlich in abergläubischen Vorstellungen seine Wurzel, denn es war vorzüglich das Herz des Feindes, der Sitz seiner Tapferkeit, das man verzehrte. Die religiösen Vorstellungen der Indianer sind uns sehr unklar überliefert. Das Allgemeinste und Sicherste am indianischen Glauben, was überall wiederkehrt, ist die Verehrung böser Geister, die mild zu stimmen man Opfer bringt, und des Schutzgeistes, der den Einzelnen durchs Leben geleitet. Viel ferner steht der Grosse Geist, der über allem Irdischen steht, alles geschaffen hat, was da ist, und den man häufig als ein ungeheueres, riesenhaftes Wesen, z. B. einen Riesenvogel (dessen Spuren an manchen Orten gezeigt wurden) vorstellte. Bei manchen Stämmen war seine Idee eine so allgemeine, verschwommene, gewissermassen nur von entferntem Hörensagen bekannte, dass sie eine Wirkung auf das Denken oder Handeln derselben kaum zu äussern vermochte. Ein Sonnencultus von mehr oder weniger deutlicher Ausprägung gesellte sich bei den südlichen Stämmen dem Cultus des Grossen Geistes. Von einem Jenseits und von jenseitiger Vergeltung finden sich dunkle Ahnungen, die wahrscheinlich nicht selten christlichen Ursprunges sind. Die grösste Einwirkung auf das wirkliche Leben des Indianers übt indessen immer der Geisterglaube. An die Geister richten sich wohl vorzüglich, wenn nicht ausschliesslich, die äusseren Be- thätigungen des religiösen Sinnes: die Tänze, die Zaubereien, von ihnen hängen Wirkungen ab, die ins Leben eingreifen, und die man z. B. durch Amulete, wie besonders den im Leben des In- dianers eine so grosse Rolle spielenden Medicinsack, zu lenken sucht. Allgemein verbreitet ist die Annahme, dass dem Schutzgott jedes Einzelnen eine Thiergestalt zukomme, und Naturgewalten wie Donner und Regen .werden als Geister vorgestellt. Viele Thiere 122 III. Die Indianer. werden mit Ehrfurcht betrachtet, vor allen Biber und Klapper- schlange, und Thiersagen und -fabeln bilden einen grossen Theil dessen, was Literatur der Indianer genannt werden könnte. Cultus- stätten gab es bei den südlichen Stämmen von so grosser Aus- dehnung, dass die Spanier dort von Tempeln sprechen; im Norden beschränkten sie sich auf sog. Zauberhütten, in denen der Medicin- mann sein 'Wesen trieb. Auch auf den Gipfeln von Hügeln, an Quellen und in Höhlen versammelten sich die Männer eines Stammes zu Zwecken, die mit ihren religiösen Vorstellungen zu- sammenhingen, und bei denen wohl auch Brandopfer gebracht wurden. In einzelnen Fällen fanden Menschenopfer, besonders Opfer von Kindern, statt. Gewisse Oertlichkeiten waren vielen Stämmen heilig, die von weither zu ihnen gezogen kamen. Das Christenthum nahmen sie mit dem Misstrauen, welches ein so her- vorti-etender Zug in ihrem Charakter ist, nur langsam auf, und dass sie daneben noch immer am Glauben und den Gebräuchen ihrer Väter festhielten, beweist die Thatsache, dass viele von den Missionsindianern in Neu-Mexico wieder in ihr Heidenthum zurück- fielen, als die Padres nach 2 Jahrhunderten christlicher Unter- weisung sie sich selber überlassen mussten. Einen Priesterstand gab es nicht, wie bei der unvollkommenen socialen Entwickelung der Indianer natürlich ist; aber in jedem Stamme gab es einen oder mehrere Zauberer, die durch Musik, Geschrei, Berauschung, Verzückung sich in Contakt setzten mit den Geistern und sie günstig zu stimmen suchten für Wünsche, welche man jenen zur Besorgung übertragen hatte. Diese Zauberer oder Medicinmänner erinnern sehr an die Schamanen der nordasiatischen Völker. Bestimmte Feiertage waren bei einigen Stämmen von stabilerer Organisation, so bei den Irokesen, festgesetzt; überall scheinen sie sich an die Reifezeit verschiedener Früchte angeschlossen zu haben, von denen jene lebten. Auf die geistige Begabung der Indianer lässt sich aus dem vorstehend Gesagten vor allem der Schluss ziehen, dass sie bei der Ankunft der Europäer auf einer Stufe der Culturentwickelung standen, welche der Erhaltung geistiger Kräfte nicht günstig sein konnte. Die Bedingungen ihrer Entwickelung sind seitdem nur ni. Die Indianer. 123 in einzelnen Fällen günstig genug geworden, um ihnen erhebliche Fortschritte über jenen Zustand hinaus zu erlauben, und sie haben in jedem dieser Fälle denjenigen Grad von Intelligenz gezeigt, welcher nothwendig ist zur selbständigen Ausfüllung europäischer Culturformen. Auch die Sitten und Gebräuche ihres wilden Lebens lassen eine erhebliche Gabe logischen Denkens erkennen, welche z. B. in Fragen der praktischen Politik einige ihrer Führer den Weissen ebenbürtig erscheinen liess. Ueberhaupt sind hervorragende Leute unter ihnen nicht selten aufgetreten, welche im Stande waren, die Faktoren, welche das Leben ihres Volkes bestimmten, die viel- fache Ueberlegenheit der Weissen, die eigene Uneinigkeit, die Ver- derblichkeit gewisser eingewurzelter Untugenden ihrer Stammes- genosssen, wie des Trunkes, der Trägheit, des kurzsichtigen Sonder- geistes u. dgl., klar zu erkennen, und von denen energische Versuche zur Besserung dieser Zustände ausgingen^). Aber sie scheiterten an der Stumpfheit der Rasse. Ganz wie bei anderen Völkern, die man als niedrigerer Kasse angehörend betrachtet, ist es nicht der absolute Mangel bedeutenderer Begabungen, sondern ihre Seltenheit, welche die Inferiorität bedingt. So entscheidet auch bei den In- dianern nicht das Vorhandensein einzelner Hochbegabten gegen, sondern es wirft im Gegentheil die Vereinzeltheit und Unvermittelt- heit dieser Erscheinungen das Gewicht für die Inferiorität der Kasse in die Wagschale. Alles was man weiss, berechtigt zu der Annahme, dass die geistigen Kräfte der Indianer Nord-Amerikas nicht unbedeutend sind, dass sie, was kühles, ruhiges Denken an- belangt, z. B. die Neger entschieden überragen, dass aber auch ihre Gedankenfäden kurz, der Einfluss des Fühlens auf das Denken überwiegend und die Wege zwischen Denken und Handeln in Folge dessen häufig verworren und unberechenbar sind. Während ihre Gelehrigkeit im Jugendalter allgemein hervorgehoben wird, scheint auch bei ihnen mit dem Eintritt der Geschlechtsreife die sinnliche Natur sich auf Kosten der geistigen zu entwickeln und damit die letztere zu einem Stillstand zu bringen. Es scheint, als ob nur wenige geistig robuster angelegte Organisationen über diese kritische 1) S. Beispiele bei Waitz, Anthropologie III. I. 221, 238, 283. 124 ni. Die Indianer. Zeit hinaus sich fortschrittsfähig erhalten. Zwar wird der Indianer von Manchen als geschlechtlich schwach angelegt geschildert ; aber die überwiegende Menge von Beweisen spricht dafür, dass bei den Indianern wie bei anderen unter den Weissen stehenden Kassen ein Hauptgrund der Inferiorität eben das Ueberwiegen des geschlecht- lichen Lebens ist, welches alle mit ihm nicht in Verbindung stehenden Regungen und Thätigkeiten trübt oder hemmt und vorzüglich der freien Entwickelung des Denkvermögens hindernd in den Weg tritt. Es hängt damit zusammen, dass das charakteristische Merkmal derjenigen Produkte ihrer geistigen Thätigkeit, welche uns erhalten sind, der Bilderreichthum ist. Die Phantasie greift der Logik unter die Arme und umgibt den schwachen oder hinkenden Gedanken mit schillernden Bildern, die freilich oft mit vielen Worten sehr wenig sagen ^). Mit Recht hat daher vorzüglich die berühmte Be- redsamkeit der Indianer eine sehr verschiedenartige, keineswegs immer so günstige Beurtheilung gefunden, wie Enthusiasten sie ihr zu Theil werden Hessen^). Ihre Poesie benützt dasselbe Material 1) „Der Bilderreichthum des Indianers, sowohl in seiner Poesie als seiner Beredsamkeit, ist orientalisch, gedämpft und vielleicht verfeinert durch den be- schränkten Kreis seiner thatsächlichen Erfahrungen. Er nimmt seine Bilder von den Wolken, den Jahreszeiten, den Vögeln, Thieren und Pflanzen. Darin thut er vielleicht nicht mehr als irgend eine andere energische und einbildungs- kräftige Rasse thun würde, welche gezwungen ist, ihre Phantasie durch einen engen Erfahrungskreis zu begrenzen; aber der orientalische Charakter des Ge- wandes, in das der Indianer seine Ideen kleidet, so verschieden z. B. von dem des Afrikaners, ist bemerkenswerth. Selbst seine Sprache hat den Reichthum und die sentenziöse Fülle mit der chinesischen gemein." (J. F. Cooper, The Last of the Mohicans. Introd.) 2) Kein Urtheil über die indianische Beredsamkeit finde ich der Wahrheit so nahe kommend als dasjenige, welches Palfrey in der Hist. of New England 1858 I. 31 fällt: „Man hat dem rothen Mann die Gabe der Beredsamkeit zu- sprechen wollen. Niemals ist ein Ruhm leichter geerntet worden. Einige An- spielungen auf bekannte Naturerscheinungen und Gewohnheiten der Thiere machen fast seinen ganzen Schatz von rhetorischen Vergleichen aus. Nimmt man seine Gemeinplätze vom Berg und Donner, vom Sonnenuntergang und Wasserfall, vom Adler und Büffel, vom Vergraben der Streitaxt, dem Rauchen der Friedenspfeife und dem Anzünden der Berathungsfeuer weg, so zeigt sich das Material seines Wortpompes auf eine sehr geringfügige Grösse eingeschränkt. Seine besten Versuche zum Schlussfolgern oder zur Ueberredung bestanden in der einfachen Erzählung von Thatsachen, die allerdings manchmal in sich selbst rührend genug sind," III. Die Indianer. 125 von Bildern, das in der Lyrik, von der wir freilich äusserst wenig zuverlässige Proben besitzen, zu einer losen und kunstlosen An- einanderreihung von Gefühlen führt, und von Bildern, die mit jenen verglichen oder ihnen entgegengestellt werden. In den Sammlungen von Sagen und Märchen, die man veröffentlicht hat, findet man, selbst mit Hinzurechnung alles dessen, was fremd sein mag, nichts mehr als eine beträchtliche Anzahl guter Einfälle, richtiger Sentenzen und treffender Bilder, ebenfalls wieder kunstlos zusammengeordnet, kunstloser als man es bei anderen Völkern findet, die im Uebrigen auf ähnlich niederer Stufe stehen. Am besten gelingt es dieser springenden Dichtungsart beim Märchen. Das Zufällige, Zusammen- hanglose ist ihr wesentlicher Charakter, der nicht einmal das Her- vortreten einer Lieblingsfigur erlaubt, eines nationalen Helden oder Abenteuerers, um den die Mythendichtung ihre Ranken mit Vor- liebe schlänge. Von grösseren Werken ist vollends keine Rede. Man erkennt daraus, das in diesen Völkern die eigentlichen Träger der Dichtung fehlten, welche bei anderen in den Frauen, bei anderen in den Priestern, bei wieder anderen in Sängern von Beruf gegeben sind. Das indianische Leben ist nach dieser Seite hin besonders arm. Dass bei so ungünstigen Bedingungen, welche der andauernden Pflege der geistigen Gaben entgegenstanden, noch weniger die Rede sein konnte von der Entwickelung anderer geistiger Fähigkeiten, ist unfraglich. Sie hatten kaum etwas, was auch nur als Keim von Wissenschaft anzusprechen wäre; das Wissen und Können der Indianer ging über die allernächsten Bedürfnisse nicht hinaus. Man hat über ihre Zahlenkenntniss gestritten, und es mögen Unter- schiede in dieser Beziehung stattgefunden haben ; aber es ist gewiss, dass viele nicht weiterzählen konnten, als die Finger der Hand sie leiteten. Wiewohl sie fast jahraus jahrein unter dem offenen Himmel lebten, waren ihnen nur wenige Sterne mit Namen be- kannt. Die einzige Eintheilung des Jahres, welche mit Sicherheit nachgewiesen werden kann, war die nach dem Reifen verschiedener Früchte; es ist zweifelhaft, ob sie die Monate nach den Monds- phasen, und gewiss, dass sie keine Wochen unterschieden und nicht die Tage zählten. Heilende oder schädliche Wirkungen gewisser Gewächse waren ihnen bekannt, sie waren geübt im Verbinden von 126 ni. Die Indianer. Wunden mit Rinde und erweichenden Stoffen und wandten Schwitz- bäder gegen Fieber und andere Uebel an. Man darf hier indessen nicht die Erfindungen vergessen, die er zum Besten seines täg- lichen Lebens an Jagd- und Fischereigeräthen und Aehnlichem angebracht hatte und von denen einige sehr bald in den Gebrauch seiner v/eissen Nachbarn übergingen ; das Schlagnetz, der cylindrische Korb, das sinnreiche Anlocken der Fische und ihre Tödtung mit dem Speer gehören hierher; ebenso gewisse Fallen für den Fang kleinerer Thiere, die Kunst mit dem Gehirn eines getödteten Thieres seine Haut geschmeidig zu machen, die Schneeschuhe für die Winter- reisen und zahllose kleine Künste und Fertigkeiten, die im be- ständigen Zusammenleben mit der Natur erworben waren und die in jener für den Europäer oft räthselhaften und fast unerreich- baren Schärfung der Sinne gipfelten, welche aus den anscheinend gleichgültigsten Veränderungen und Bewegungen der Umgebung, die Züge der Menschen nicht ausgenommen, das Bedeutungsvolle herauslas. IV. Die äussere Ausstattung des Lebens spielte bei den Indianern Nord- Amerikas keine grosse Rolle, denn sie lebten von einem Tage für den anderen und von der Hand in den Mund. Ansammlung von Besitz, die Grundlage jeder höheren Entwickelung der materiellen Cultur, fand bei ihnen in sehr geringem Masse statt. Was man auch von ihrem Ackerbau sagen mag, so bleibt doch ausser Zweifel, dass von der mexikanischen Grenze bis zu den Polarregionen die Männer haupt- sächlich Jäger waren. Die Jagd war ihre Hauptbeschäftigung, auf sie zielte die ganze Ausbildung ihres Körpers und Geistes ab, ihr dienten, zusammen mit dem in dieselbe Classe zu stellenden Fischfang, die wenigen bemerkenswerthen Erfindungen, sie bestimmte ihre Lebensweise und insofern die Jagd die Schule des Krieges ist, wie sie ihn verstanden, sogar ihre politischen Verhältnisse. Uebrigens führte auch die Natur des Landes mehr als anderswo auf dieselbe hin. Ausser Afrika bietet kein anderes Land der Welt so reiche Jagdgründe wie Nord-Amerika. Der Reichthum an jagdbarem Wild war fast überall, die schwer zugänghchcn Gebirge des fernen Westens vielleicht allein ausgenommen, gross genug, um zahlreichen Menschen zur ausschliesshchen Nahrung zu verhelfen. Der Reichthum an grossen und nahrhaften Fischen in den Flüssen und Seen, besonders am pacifischen Abhang, ist nicht zu vergessen. Diesen günstigen Vorbedingungen entsprach denn auch die Ausbildung des Indianers. Wie sehr auch die Stimmen der Beurtheiler aus einander gegangen sind III. Die Indianer. 127 über alle anderen Gaben und Fertigkeiten der Indianer, über ihre Ge- schicklichkeit in der Jagd und im Fischfang sind sie alle einig. Die Jagdarten waren begreiflicherweise sehr verschieden. Ohne Pferde und Feuerwaffen, sahen sie sich ausser auf Bogen und Pfeil nur auf ihre List, Kraft und Geschwindigkeit angewiesen. Den Bison, der zu den leicht zu überlistenden Thieren gehört, umstellten sie und jagten ihn dann über Abgründe hinab, wo er heerdenweis zerschellte, oder trieben ihn in Umzäunungen, deren Thore sich hinter ihm schlössen ; oder im Winter beschlichen sie die auf den schneefreien Präriehügeln grasenden Heerden auf. Schneeschuhen und jagten sie den Vertiefungen zu, wo die schweren Thiere im Schnee versanken. Ob der Lasso, dieses höchst wirksame Fanggeräth, bei den Indianern der Steppen schon im Gebrauch war, ehe sie Pferde besassen, ist nicht bekannt. Im Fallenstellen für kleinere Thiere waren die Indianer sehr geschickt und sie verstanden auch aus gewissen Pflanzen betäubende Köder für Raubthiere zu bereiten. Unter letzteren war der Bär ein Lieblingsgegenstand der Jagd. Jung einge- fangene Thiere zähmten die Indianer und hielten sie zur Ergötzung in ihren Dörfern. Büffel, Elenthiere, Hirsche werden darunter genannt. Es scheint aber diesen Versuchen nie das Bestreben zu Grunde gelegen zu haben, Hausthiere für dauernden Gebrauch zu gewinnen. Das einzige Hausthier des Indianers, der Hund, war der Jagdgefährte und wurde nur in seltenen Fällen als Zugthier benützt, dagegen ass man ihn in Zeiten des Mangels. Der Fischfang wurde weniger an den Küsten als an den Flüssen und Binnenseen geübt. Die meisten der küstenbewohnenden Stämme gingen nicht einmal mit ihren Kähnen aufs Meer um zu fischen. Sie verstanden nicht zu segeln. Aber die Geschickliclikeit, welche im Bau der Kähne entwickelt wurde, war manchmal bedeutend. Die einfachsten waren über ein Holzgeripp ausgespannte Büffelhäute, wie sie bei den mit nicht furtbaren Flüssen selten in Berührung kommenden Mandanen und anderen Steppenstämmen in Gebrauch waren. Ausgehöhlte Baumstämme werden häufig als Kähne (Einbäume) verwandt. Aber die charakteristisch indianischen Kähne sind die aus Birkenrinde, welche vorzüglich bei den nördlichen Stämmen in Gebrauch waren und wegen ihrer Leichtigkeit und Elasticität die Bewunderung der Europäer erregten. Als Geräthe zum Fischfang dienen ausser dem Kahn, dem Nothwendigsten, Speere aus Holz, mit denen Fische gespiesst werden, nachdem man sie mit Feuer- bränden nächtlicherweise herangelockt, Angeln aus Knochen, Netze und Weidenkörbe. Der Fischfang durch betäubende Mittel wurde ebenfalls geübt. An Waffen besass der nordamerikanische Indianer vor allem Bogen und Pfeil, Speer, eine früher aus Stein, der an ein Holz gebunden wurde, später aus Eisen gefertigte Streitaxt (Tomahawk) und Messer. Schilde 128 III. Die Indianer. Fig. 1. Gerfitlie zur Jagd und Fischerei (Jagdherad, Fischspecre, Fischpfeil mit Bogen, Angel, Schneeschuhe, Kahn). III. Die Indianer. 129 Fig. 2. Waifen und JagdgPiäthe (Lanze und Wurfspeer, Bogen und Pfeile, Holzkcnle, Tomaliavvk (Steinaxt), Schild, Steinmesser). R a t z e 1 , Amerika II. 9 130 ni. Die Indianer. waren nur bei einigen Stammen im Gebrauch. Da die Indianer zur Zeit der Ankunft der Europäer in ganz Amerika, Mexico und Peru ausge- nommen, Metall nicht aus Erzen gewannen, sondern nur da, wo sie es gediegen fanden, wie einen vortrefflichen, leiclit bearbeitbaren Stein be- handelten, so waren auch die Waffen der Nordamerikaner nur aus Stein, Knochen und Holz; sie waren aber in der Verarbeitung dieser Stoffe so weit fortgeschritten, dass man einige von ihren Waffen und Geräthen mit dem Vollendetsten vergleichen kann, was wir aus der prähistorischen Zeit Europas kennen. Sie hatten z. B. geschliffene Steinäxte sogar von man- nigfaltigeren Formen als unser Norden sie bietet, und den Feuerstein bearbeiteten sie mit Meisterschaft. Im Einzelnen zeigen die Waffen der Indianer wenig Besonderes. Ihre Bogen sind meist klein, die Pfeile ge- fiedert. Das Vergiften der letzteren scheinen sie nicht geübt zu haben. Die Pfeilspitzen sind aus Feuerstein oder Knochen; Speere werden von verschiedener Länge gebraucht. Die grösste Mannigfaltigkeit zeigt der Tomahawk, der in früherer Zeit eine oft mächtige Steinaxt (man kennt Exemplare von 30 cm Länge) war , die in einen gespaltenen oder von Natur gegabelten Stock eingesetzt wurde ; gewöhnlich trug sie eine ringsum laufende Rinne behufs leichterer Befestigung. Man hat sogar Steintoma- hawks von gebogener Spatenform gefunden. Das berühmte Skalpmesser bestand früher wohl aus Feuerstein, heutzutage aber ist es ein rohes Metzgermesser, europäisches oder amerikanisches Fabrikat. Die Kleidung hat sich sehr bald der europäischen nachgebildet, so dass in vielen Fällen es unmöglich ist, ilircn ursprüngliclien Charakter festzustellen. Das beliebteste Material waren Thierhäute. Noch heute sind die Steppenjäger des Westens von Kopf bis zu Fuss in Haut und Leder gekleidet. Der Mocassin (Lederstrumpf) scheint von jeher von den jagenden Indianern getragen worden zu sein. Gewebte Zeuge waren nur im Süden, wenn man den spanischen Berichterstattern glauben darf, im Gebrauch. Es sollen verschiedene Pflanzenstoffe und Thierhaare dazu verwandt worden sein. Federmäntel fanden sich bei einigen Stämmen des Südens vor. Federschmuck des Haares, besonders mit einem Büschel Adlerfedern, oder in Gestalt eines über den Nacken herablaufenden Kammes, als Federgürtel u. dgl. kam vorzüglich den Häuptlingen zu, die überhaupt durch auffallendere Kleidung vor dem liest des Volkes aus- gezeichnet waren. Das Haar wurde lang getragen, oder es blieb mindestens eine lange Skalplochc übrig, wenn auch der übrige Kopf rasirt war. Das Haar wurde wohl auch in Zöpfe geflochten. Tättowirung und Bemalung scheinen fast allgemein verbreitet gewesen zu sein, wurden aber von den verschiedenen Stämmen in sehr abweichender Weise auf- gefasst und ausgeführt. Bei einigen Stämmen tättowirten sich nur die P'rauen, bei anderen war es eine Auszeichnung der Kriegshelden. Für Festlichkeiten waren besonders "bunte Bemalun^sweisen üblich. III. Difi Indianer. 131 An Schmuck hatten die Männer, entsprechend ihrer Stellung im Stamm und der Familie, meist mehr aufzuweisen als die Frauen. Als Anhängsel, zu Perlen aufgereiht, wurden Zähne von Menschen und Thieren, Muscheln, natürliche Perlen, seltene Steine oder Metallstücke, Bären- und Pantherklauen getragen. Der Adlerfedernbusch und die Büifelhörner waren Zierden, welche dem Haupte der Helden vorbehalten waren. Hierhin ist auch das schon oben genannte Wampum zu rechnen. Die Pfeife, aus Stein oder Holz gehöhlt und bunt verziert, gehörte zum besten Schmuck des Häuptlings. Später haben europäische Kleidungsstücke, Medaillen, wie sie von den Colonialmächten den Häuptlingen verliehen wurden, Sammlungen von Mctallknöpfen u. dgl. vielfach diese ursprüng- lichen Schmucksachen verdrängt. Das Haus (Wigwam) des Indianers entfernte sich auch bei den hosten Stämmen des Südens weniger weit vom Zelte des Nomaden als von dem, was wir Haus zu nennen pflegen. Es war im besten Falle eine Blockhütte. Gewöhnlich wurde es aber aus Baurazweigen aufgerichtet, welche in den Boden gesteckt zu kreisrunder oder ovaler Kegelform so zusammengebogen waren, dass oben eine Oeifnung für das Entweichen des Rauches blieb, und dann mit Rinden oder Flechtwerk bedeckt wurden. Diese Art war im Osten verbreitet, während im Westen die Prärie-Indianer Lederzclte bewohnten, die aus Büifelhäuten zusammengenäht waren und welche man leicht transportiren konnte. Diese Hütten oder Zelte wurden mit Vorliebe in der Nähe fliessenden Wassers angelegt, und Fluss- terrassen sind daher eine Lage, welche von Indianerdörfern besonders häufig in Anspruch genommen ist. Sie sind selten von nennenswerther Ausdehnung. Palisaden um dieselben oder auch um einzelne Häuser werden oft beschrieben. Eine grössere Hütte im Dorfe ist gewöhnlich für die Versammlungen und Feste bestimmt. — Die innere Einrich- tung einer Indianerhütte oder eines Zeltes besteht aus Schlafstätten, die entweder aus niedrigen Bänken, oder aus Fellen und Matten bestehen, welche auf den Boden gebreitet sind, aus einem Herdplatz in der Mitte und aus wenigen Geräthcn und Walten an den Wänden umher. Trophäen des Krieges und der Jagd, Skalpe, Büffel- und Bärenköpfe u. dgl. sind die einzige Ausschmückung. Von Gefässen waren solche aus Birken- rinde, Zweiggeflecht, Kürbisschalen, ferner irdene, die aus freier Hand geformt und meist ungenügend gebrannt wurden, auch lederne Beutel vorhanden. Man verstand die Häute zu enthaaren und geschmeidig zu machen, nach Einigen auch sie mit Baumrinden zu gerben. Die Zube- reitung der Gefässe, auch der irdenen, meist auch der Häute, die der Kleidungsstücke und Decken, alles Nähen und Flechten war Weiberarbeit. Die Weiber hatten natürlicherweise auch ausschliesslich die Sorge für die Säuglinge, welche sie bei der Wanderung, auf Brettchen gebunden, 9* 132 in. Die Indianer. nebst manchem anderen Geräthe auf ihrem Rücken zu sclileppen hatten. Der Mann trug, wenn es irgend anging, nur seine Waffen, alles andere war den Weibern und Kindern aufgebürdet. Die Art der Ernährung ergibt sich aus der Lebensweise. Man lebte von der Jagd oder dem Fischfang in erster Reihe und überliess es den Weibern und Kindern, durch einen kümmerlichen Ackerbau und durch Beerensuchen die möglichen Lücken im Ertrage der Jagd auszufüllen. Der Bison ernährte noch im 17. Jahrhundert vielleicht V3 aller Indianer. Man verstand die Speisen am Feuer zu bereiten. Bei Ilungersnoth, die nicht selten eintrat, wurde Menschenfleisch verzehrt. Berauschende Getränke wurden erst durch die Europäer eingeführt ; aber das Rauchen von Tabak und anderen Kräutern kannten die Indianer vor ihnen. Eigentliche Ackerbauer oder Hirten fanden sich in Nord-Amerika nicht. Es gab, und zwar vorzüglich in dem Gebiet zwischen Mississippi und dem Atlantischen Ocean und zwischen den Grossen Seen und dem Golf von Mexico, eine Reihe von Stämmen, bei welchen die Weiber und halberwach- senen Kinder ein Stück Boden mit Mais oder Tabak bestellten; aber es gab kein einziges Volk, das auch nur hauptsächlich vom Ackerbau gelebt oder das mit Heerden gezähmter Thiere die weiterstreckten natürlichen Wiesen der Prärieregion beweidet hätte. In der That scheint die sehr vereinzelte und spurenweise Einführung des Ackerbaues bei den Indianern dieser Region keine erhebliche Veränderung bezw. Besserung ihrer Lage und Gewohnheiten herbeigeführt zu haben. Es lässt sich dies erwarten, wenn man erwägt, dass nur der schwächere und ohnehin überbürdete Theil des Volkes, nämlich die Weiber, dem Ackerbau sich widmete, derjenige Theil also, dem gleichzeitig auch die Sorge für die Instand- haltung des Hauswesens, die Bereitung der Nahrung, die Last der Volks- vermehrung, die Rolle des Lastthieres zugewiesen war, dem daher nur wenig Zeit übrig blieb, um das Feld zu bebauen und die Früchte des- selben zu ernten. Der ganze Bedarf eines Stammes an Nahrungsmitteln konnte auf diese Weise nicht befriedigt werden und das Wachsthum der Volkszahl blieb immer wieder abhängig hauptsächlich vom Ertrag der Jagd und des Fischfanges. A. Gallatin hat in seinen interessanten Notes on the semi - civilized Nations of Mexico *) Berechnungen angestellt über die Volksvermehrung , welche ein solcher schwacher Ackerbaubetrieb zulassen kann, und er meint, dass wenn auf 10000 e. Q.M. frucht- baren Landes eine civilisirte Bevölkerung von 1 Million ihre Nahrung zu finden vermag, dies im Stande der Uncultur, bei Angewiesenheit auf Wild und Fische, wohl nur 10000 möglich sein würde. Nimmt man nun an, dass diese durch Ackerbau ungefähr die Bedürfnisse der Hälfte der Bevölkerung zu befriedigen vermöchten, so bleibt doch eine Vermehrung 1) Trans. Am. Ethnological Society 1845. I. 193. in. Die Indianer. 133 über 20000 hinaus nicht möglich; ebenso, wenn es ihnen gelänge Vs der Bedürfnisse auf diese Weise zu befriedigen, würde doch nur eine Ver- dreifachung, bei Befriedigung von 7^ eine Vervierfachung möglich sein. Was nun diesen primitiven Ackerbau selbst betrifft, so wird er fast gleichmassig von den verschiedenen Beobachtern geschildert. Er war den Weibern (Squaws) übertragen. Die Weiber wühlten im Frühling auf Lichtungen (wo nicht von Natur vorhanden, wurden dieselben durch (jlrdling der Bäume ^) oder auch durch Abbrennen des Gestrüppes her- gestellt) den Boden mit krummen Hölzern oder mit dem Schulterblatt des Moose (Elen) um, gruben dann mit einem hakenförmigen Stock oder mit einer an einem Stabe befestigten flachen Muschel Löcher, in welche einige Maiskörner geworfen wurden; in dem Masse als letztere wuchsen, wurde die Erde ringsumher angehäufelt. Im Mai wurden oft Kürbisse zwischen den Mais gepflanzt. Auch eine Art Erbsen und Bohnen, ferner die Sonnenblume wegen ihrer öligen Samen, wurden angepflanzt. Die Hauptfrucht blieb aber Mais. Aepfel, Pflaumen und Kirschen wurden gesammelt und getrocknet für den Winter aufbewahrt. Die Cultur des Tabaks war allgemein und die Bereitung des Ahornzuckers haben die Ansiedler von den Indianern gelernt^). V. Die Sprache. Die Sprachen der nord amerikanischen In- dianer gehören den einverleibenden oder polysynthetischen an. Die einzelnen Worte, die in unseren Sprachen zu einem Satze vereinigt werden, dabei aber ungeachtet der Veränderungen, welche an ihnen vorgenommen werden, ihre Selbständigkeit bewahren, werden in den amerikanischen Sprachen grösstentheils in eine Einheit zusammenge- schmolzen, wodurch anstatt des Satzes ein neues, natürlich sehr ver- grössertes Wort entsteht^). Es treten dabei Verkürzungen einzelner 1) Das Tödten der Bäume durch eine ringförmige Abschälung der Rinde nahe am Grunde, welches man girdling nennt, lässt die Bäume absterben, ohne dass man sie zu fällen brauchte. Durch ihre bald blattlosen und allmähhch herunterbrechenden Zweige und Aeste findet dann Sonne und Regen leichteren Zugang zum Grunde. Diese Methode der Lichtung gehört zu denjenigen Dingen, welche die einwandernden Europäer von den Indianern lernten. 2) Vgl. History of the Agriculture of the U. S. in Rep. Agr. Dep. 1866. 499 f. lieber die Gründe, die dafür sprechen, dass die amerikanischen Völker den Acker, bau selbständig entwickelten s. Gallatin in Trans. Am. Ethnological Society 1845. I. 207 f. 3) Beispiel : „In der Sahaptin-Sprache der Nez Perces im Washington Terr. wird „Er reiste in einer Regennacht vorbei" ausgedrückt wie folgt: „hishap- t a u t u a 1 a w i li n a n k a u n a n i m a. " Mag man nun diesen Wortcomplex graphisch 134 III. Die Indianer. Worte ein oder es gehen in den Wort-Satz nur abgetrennte Theile derselben über. Dass diese Einverleibung der Klarheit des Sinnes der Rede nicht förderlich ist, liegt auf der Hand. Es kommen andere Eigenthümlichkeiten hinzu, die diesen Sprachen den Charakter einer gewissen Unvollkommenheit und Schwerfälligkeit verleihen. Unter- scheidungen, die uns wichtig erscheinen, werden hier oft vernach- lässigt, wie z. B. die von Einzahl und Mehrzahl. Nomen und Verbum sind ebenfalls in einigen nordamerikanischen Sprachen nicht geschieden; Ersatz für das Zeitwort wird dadurch geschaffen, dass das Nomen mit Possessivsuffixen versehen wird. Der Satz gründet sich dann nicht wie bei uns auf das Verhältniss des Sub- jektes zum Prädikat, sondern auf jenes des Objektes zu seinen ver- schiedenen Beziehungen. Auf der anderen Seite wirkt ein unge- gliederter Reichthum verwirrend, z. B. in der grossen Anzahl von Bildungsarten der Mehrzahl, in den wurzelhaft verschiedenen Aus- drücken für ganz ähnliche Begriffe, welche zum Theil auf einen Mangel an Abstraktion zurückführen, wie wenn z. B. einige Idiome kein Zeitwort für fischen, dagegen solche für jede einzelne Art des Fischfangs besitzen, oder in der Kennzeichnung gezählter Gegen- stände durch Veränderung der Zahlwörter, je nachdem dieselben gleich oder ungleich, aufrecht oder an einander gereiht u. dgl. sind. Den meisten Sprachen Amerikas fehlen einzelne der Lautelemente unseres Alphabetes, am häufigsten h, d, f, r\ dagegen sind zahlreiche andere Laute vertreten, vorzüglich Hauch-, Kehl- und Zischlaute, welche wir theilweise gar nicht kennen, und deren Nachahmung dem Europäer oft sehr schwer fällt. Den meisten Stämmen ist eine aus tiefer Brust hervordringende Aussprache eigen, den nordischen Stämmen mehr als z. B. den um den Golf von Mexico wohnenden. durch Zwischenräume in zwei oder in mehrere Wörter abtheilen, immerhin ent- hält w ihn an den eigentlichen Verbal- und Bedeutungsbegriff, dem sich alle übrigen logisch unterordnen, nämlich den des Fussreiseus. hi ist Pronominal- präfix mit der Bedeutung er; shap ist Causativpartikel , tau Verbalpartikel nächtUcJier Weile, tuala JRegen, wihnan ist substantivirter Verbalbegriff von wihnasa zu Fuss reisen, kau Partikel, abgekürzt aus dem Zeitwort ko- kauna vorbeikommen, na Aoristpartikel, die Entfernung von dem Sprechenden anzeigend, ,n im a Partikel, die wieder auf den Sprechenden zurückweist." (A. S. Gatschet, Zwölf Sprachen aus dem SW. Nord-Amerikas. Weimar 1876. 9.) III. Die Indianer. 135 Die Indianer haben keine Schrift im höheren Sinne ent- wickelt. Sie benützen symbolische Zeichen zur Festhaltung be- merkenswerther Begebenheiten, zu Mittheilung von Nachrichten von Stamm zu Stamm, zur Fixirung überhaupt irgend einer Thatsache, welche ihnen merkwürdig genug erscheint, um Anderen mitgetheilt oder der Erinnerung eingeprägt zu werden. Aber dieselben stehen in keiner innigeren Beziehung zur Sprache als solcher und haben sich daher zu einer eigentlichen Schrift nicht entwickelt. Diese Zeichen sind weder Zeichen für Buchstaben noch für Silben oder für Worte, sondern für Begriffe und stehen dabei keineswegs immer für die einzelnen Begriffe durchaus fest^). Die Sprachen, welche von den verschiedenen Stämmen der nordamerikanischen Indianer gesprochen werden, sind innerhalb der angegebenen allgemeinsten Eigenschaften sehr verschieden. Die im Baue ähnlichen Sprachen einer und derselben Sprachgruppe werden von den verschiedenen Stämmen, die einer solchen Gruppe ange- hören, nicht verstanden und sind z. B. die Algonkinsprachen minde- stens eben so weit abweichend von einander wie die verschiedenen Zweige des germanischen Sprachstammes. Da bei der Geringfügigkeit der ethnographisclien Unterschiede die Sprachen das einzige sichere Mittel sind, um die verschiedenen Stämme und Stammesgruppen der Indianer aus einander zu halten, so füge ich hier die Aufzählung aller Sprachstämme der nordamerikanischen Indianer unter Nennung ihrer Wohnsitze an und folge dabei der Aufzählung, wie sie Gatschet in seinem obengenannten Werke „Zwölf Sprachen u. s. f. (1876)" gibt: Algonquin, [von Labrador bis zum Sakatschewan und dem Felsen- gebirge, dem Mississippi entlang bis zum 36.°, an der ganzen atlantischen Küste bis zum 34.° n. Br. herab]. I. Oststärame. Shesatapush und Scoffies, [Labrador]. Micmacs, Etchemins und Abenakis, [Neu-Schottland, Neu- Braunschweig, Maine]. Massachusetts, Naragansetts und Mohicans, [Neu- 1) Richard Andree beschreibt in „Ethnographische Parallelen und Ver- gleiche" (1878) ausführlich die Felsritzungen, Bilder und Inschriften, der nord- amerikanischen Indianer (286—97), sieht aber gleichfalls nichts anderes in ihnen als Ausflüsse des den Menschen allgemein eigenen Nachahmungs- und Ver- ewigungstriebes. Dagegen hebt er die „vielfache Uebereiustimmung" der nord- amerikauischen mit sibirischen Petroglyphen hervor. 136 III. Die Indianer. england-Staaten]. Chinnakoks und Montauks, [Long Island]. Minsi und Delawares, [sw. vom Hudson R.]. Nanticokcs, [Chesapeake Bay]. Powliattans, [Virginien]. Pampticoes, [N. Carolina]. IL Nordstämme. Knistenaux, {s. vom Mississippi und der Hudsons Bay]. Crees, [n. von den Grossen Seen]. Algonquins, [Ottawa R.]. Chippewahs oder Ojibways, [n. und w^ vom Oberen See]. Potawattamies, [Michigan-See]. Missiosigees, [n. vom Ontario- See]. III. Weststämme. Menomonees, [Green Bay]. Miamis, Piankishaws, Illinois, [ö. vom Mississippi]. Saukies, Foxes, Kickapoes, [am Mississippi zwischen 40 und 45*' n. Br.]. Shawnees, [am Cumberland R.]. Blackfcet oder Satsika, [am Saskatchewan und in Montana]. Cheyennes, [Platte R.]. — Huron-Irokesen, [im 17. Jahrhundert von Montreal bis zum Miami R. sich ausdehnend und nebst der Nebengruppe der Tuscaroras überall von der Algonquin-Familie eingeschlossen]. Huronen (Wyandots), Tionontates, Attiwandaronk, [Canada]. Die Fünf Nationen: Senecas, Onondagas, Mohawks, Oneidas, Cayugas, [Staat New^ York]. Tuscaroras, [sassen früher weiter s. und schlössen sich 1714/15 den Fünf Nationen nach einem unglücklichen Kriege an]. Erigas, [Ohio]. Gandastogues, [am unteren Susquehanna]. Meherrins, Nottoways, [Virginien]. — Tinne oder Athapaska, [vom West- ufer der Hudsons Bay quer durch den Continent bis zur pacifischen Küste]. A. Nördliche Tinnes : Eigentliche Tinnes oder Chepeweyans. Taculi (Carriers), [British Columbia]. Hundsrippen-Indianer, [ö. vom Mackenzie R.]. Kuschin (Loucheux). Sussees, [Saskatschewan]. Tlatskanai, Kw^alhioqua, [Mündung des Columbia R.]. Umpquas, [pacifische Küste 43" n. Br.]. Hoopas, [pacifische Küste 41° n. Br.]. Wylackies, [s. vom Trinity R.]. Kenai oder Tnaina, [Süd- und West- Alaska]. B. Südliche Tinnes. Apaches und Navajos. — Dakota oder Sioux, [vom Mississippi w. bis zum Felsen- gebirge und von der Nordgrenze der V. St. bis zum Arkansas]. Sioux (Daköta-Alliirte). Winnebagos (Ochungaras). Iowas. Punkas (Oponkas). Missouris. Osages. Kansas. Otoes. Mandans. Minitaris (Hidatsa). Upsarokas (Crows). Tutelos, [0. Canada]. Quapaws, [am Zusammenfluss des Arkansas und Mississippi]. Arkansas. — Shoshones (Schlangen-Indianer), [Felsen- gebirge, Quellgebiet des Missouri, w. vom Snake R. (oder Lewis Fork of the Columbia). Utahs, [Utah und Colorado]. Pa-Utes, [am oberen Colorado]. Kizh (Tobikhers), [Mission S. Gabriele (S. Californien)]. Netela, [Mission S. Juan Capistrano (S. Californien)]. Kechi, [San Luis Rey (Californien)]. Comanches. Kiowas. Moqui? [Theils im Indian Terr., theils frei auf dem Llano Estacado von Texas. Moqui Pueblos n. vom Colorado Chiquito (Ar.)]. — Arapahoes, [Montana, heute grossentheils im Indian Terr.]. — Selish, [von Montana und Idaho bis zum Stillen Meer]. Shushwaps. Flatheads. Skitsuisuish (Coeurs d'Alene). Piskwaus. Clallam. Lummi. Simiamu. Kowelitsk. Songhus. — Sahaptin, [zwischen Shoshones und Selish am mittleren Columbia und unteren Snake R.]. Sahaptin (Nez Perccs). Walawala (mit den Dialekten dcrYakamas, Palüs, Klikatats, Tairtla III. Die Indianer. 137 und Warm-Spring-Indians). — Küstenstämme von British Columbia (Stamme mit Sprachen, die unter sich wenig oder keine Verwandtschaft zeigen). Wakash. Nutkas. Tlaoquatsch. Chimmesyans. Hailtsa, [Milbanks Sund 52 « n. Br.]. Billechoola, [Salmon R. 53 » n. Br.]. Skittagits, [Queen Char- lotte Islands]. — Kawitschen-Cruppe. Kawitschen, [Vancouvers Island und am Fräser R.]. Aht-Stämme. Squallyamisch, [Nisqually R.]. — Chinook (Tsinuk), [von der Columbia-Mündung bis zu den Grandes Dalles]. Untere Chinooks. Obere und mittlere Ch. oder Watlalas. — Wayilatpus. Wayilatpus (Cayuse), Moleles, [N. Oregon]. — Kitunaha (Kutenis oder Flatbows), [s. vom Kootenay oder Flatbow R.]. — Kalapuya, [am ö. Ufer des Willametto R.]. — Klamath, [am Klamathfluss, jetzt Klamath- Reservation (43° n. Br.)]. Klamath oder Lutuami. Modocs. Shasta oder Saste. Palaiks, [Pit R.]. Totutune, Yakon, [Küste von Oregon]. Tahlewah, [unterer Klamath R.]. Weitspek, [Einmündung des Trinity R. in den Klamath R.]. Ehnek, [Salmon R. (Zufluss des Klamath R.)]. — Digger Indians (Stammesname unbekannt), [am oberen Sacramento]. — Pomos, [Küstenstrich zwischen Eelämd Russion R. (Cal.)]. — Talatui, [am ö. Ufer des unteren Sacramento R.]. — Pujuni und verwandte Sprachen der Secumnes, Tsamak u. a. Stämme, [Westufer des Sacramento und an dessen Zufluss Feather R.]. — S. Raphael, [Bucht von S. Francisco (38" n. Br.)]. — Mutsun (Rumsen, Rumsien, Achastlian), [Mission S. Juan Bautista, am Salinas R. , in S. Carlos (Cal.)]. — Telame (Tatsche), [Mission S. Antonio bei Monterey (Cal.)]. — La Soledad, [gleichnamige Mission 35° n. Br. (Cal)]. — S. Miguel, [gleichnamige Mission bei La Soledad]. — S. LuisOpisbo, [Küstensaum unter 35° 40'. Angesiedelt]. — Kasua, [Mission Sa. Barbara 35° 40' (Cal.)]. — Santa Cruz Island, [gleichnamige Insel (Cal.)]. Zuni, [gleichnamige Pueblos (Neu-Mex.)]. — Queres, [Acoma, S. Domingo u. a. Pueblos (Neu-Mex.)]. — Pueblo- Sprachen in engeren Sinn, [Isleta, Jemes, Taos, Tehua (Neu-Mex.)]. — Tonkawa, [Ft. Griffin (Texas)]. — Caddo, [Red R. des S. und ö. Texas]. — Adayes (Adaize), [n. vom unteren Red R. d. S. (Louis.)]. — Chetimachas, [daselbst]. — Attacapas, [zwischen Red R. d. S. und Golfj. — Natchez, [am ö. Ufer des unteren Mississippi]. — Choctaw, gesprochen von den Choctaws und Chickasaws, [Georgia, jetzt Indian Terr.]. — Muskogee, gesprochen von den Creeks und Seminolen, [Florida und Georgia, jetzt Indian Terr.]. Yamassee. — Cherokee, [N. Carolina, jetzt Indian Terr.]. — Catawba, [N. und S. Carolina]. — Pawnee (gesprochen von den Wichitas, Huecos oder Wacoes, Kichai oder Keechi, Pawnees und Ricarees oder Schwarzen Pawnees), [im Gebiet des oberen Arkansas, Canadian und Red R.]. Man kann sagen , dass die Sprachen das einzige Mittel zu einer einigermassen übersichtlichen Eintheilung und Gruppirung der Indianer Nord-Amerikas bieten. So wenig wie umfassende Staatenbildungen gab es 138 III. Die Indianer. bei den nordamerikanischen Indianern grosse Völker, welche durch ihre Zahl oder ihre Cultur oder durch die Ausdehnung eines zusammenhängenden Wohngebietes oder durch sonstige dauerhafte Eigenschaften ein starkes und nicht bloss vorübergehendes üebergewicht über ihre Nachbarn be- sassen. Es gab dominirende Stämme begreiflicherweise zu allen Zeiten unter ihnen-, aber die vorherrschende Stellung derselben war schon immer von kurzer Dauer und erstreckte sich selten weiter als über die Lebens- zeit eines bedeutenden gefürchteten Häuptlings, mit dessen Tode die Macht zu Boden fiel, die er allein emporgehalten. Gruppen, die grösser als die kleinen, unter sich zusammenhaltenden Stämme, deren Zahl in der Regel zwischen einigen 100 und mehreren 1000 schwankt, sind nur nach Sprachverwandtschaft zusammenzufassen und selten sind die Wohn- gebiete solcher grösseren Gruppen durchaus zusammenhängend. Gewöhn- lich sind sie von zwischengeschobenen Stämmen einer anderen Gruppe unterbrochen. Scharf charakterisirende ethnographische Eigcnthümlich- keiten sind ihnen selten eigen. Man kann sagen, dass im Gegentheil sehr grosse ethnographische Verschiedenheiten zwischen den Stämmen einer und derselben Gruppe fast die Regel sind. Friedlicher Verkehr war selbst zwischen Stammverwandten zu spärlich und zu oft unterbrochen, als dass durchgreifende Uebereinstimmungen der Sprache und Sitte, oder gar ein Zusammenhangsgefühl sich entwickeln konnte, wie sie bei den auf höheren Stufen stehenden Mexikanern und Peruanern uns entgegentreten. Die gelegentUchen Verbindungen zu politischen Zwecken, von denen die der 5 Nationen im jetzigen Staate New York die bekannteste und wohl eine der dauerhaftesten war, sind in dieser Beziehung ohne bemerkens- werthe Folge gewesen. Sie blieben fast ganz auf das Politische beschränkt. Leider ist nun bis heute die Kenntniss der Indianersprachen eine so unzulängliche, dass von einer durchgreifenden Gruppirung und damit einer entsprechenden Zusammenordnung der Stämme nach Sprachverwandt- schaften nicht die Rede sein kann. Eben so wenig genügen die im Ganzen unbedeutenden Culturunterschiede. Der S. war im Ganzen wohl fort- geschrittener als der N., die pacifischen Stämme standen tiefer als die Algonkins und Irokesen, aber die Unterschiede waren nicht schneidend. Am Ende waren sie doch alle Naturvölker. Nur etwa folgende proviso- rische Hauptgruppen lassen sich unterscheiden, in die der grösstc Theil der Sprachen bezw. Stämme eingegliedert werden kann , welche im Vor- hergehenden aufgezählt wurden: I. Indianer östlich vom Mississippi. Im N. die Algonkins und Irokesen, im S. die Catawbas, Choctaws und Cherokees. IL. Indianer zwischen Mississippi und Felsengebirge. Im N. die Sioux oder Dakotas, im S. Theile der Tinne oder Atha- paska, Pawnies, Natchez, Caddos, Tonkawas, Adayes. III. Die Indianer. 139 III. Indianer der Cordilleren und der Küsten des Stillen Meeres. Die Selisli, Sahaptin , Shoshones , Arapahoes und die neumexikanisclien Stämme gehören fast ganz dem Gebirge an, wahrend die Chinook, Wayilatpus, Klamaths, Kitunahas, Kala- puyas in Washington und Oregon, die Diggers, Pomos, Pujani, Mutsun, Telame, sowie die kleinen, aber unter sich sehr verscliicdenen Missionsstämme in Californien ihre Wohnsitze haben. Uebersieht man die Verbreitung dieser Stämme in ihren Hauptzügen, so findet man grosse, zusammenhängende Stammesgruppen ö. vom Felsen- gcbirge in der ganzen n. Hälfte des Landes, während der S. und W. von zahlreichen unter sich verschiedeneren Völkern bewohnt war. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass die Angaben über die Verbreitung für die w. Stämme im Allgemeinen jünger sind als die für die ö., weil die letzteren früher in Berührung traten mit den Europäern als die ersteren. Es ist z. B. ganz glaublich, dass die Steppenregionen, wo heute die Sioux und Pawnies wohnen, vor der Einführung des Pferdes fast menschenleer waren und dass diese Stämme von mehr ö. oder n. gelegenen Wohnplätzen in die- selben vordrangen. Eine Karte der Indianerverbreitung gibt also nie ein Bild vollkommen gleichzeitiger Zustände. Von tieferer Bedeutung ist ausserdem in diesen Verbreitungsverhältnissen die äusserst ungünstige Lage der Irokesen, des zweitgrössten Volkes des 0., das, fast überall von Algonkins umgeben, nicht so völlig seine Gaben zu entwickeln ver- mochte, wie es unter glücklicheren Umständen wohl möglich gewesen wäre. Der durch diese Lage gegebene Grund zu endlosen Streitigkeiten ist vielleicht eine Hauptursache, warum keine von diesen beiden grossen Stammesgruppen selbständig zu höherer Entwickelung gelangte. Dagegen scheinen im SW. die Verbindungen mit den fortgeschritteneren mexikanischen Stämmen leichter gewesen zu sein als heute, da die Einschiebung des räuberischen und bei seinem Nomadenleben uncivilisirbaren Reitervolkes der Apaches ein späteres Ereigniss, das nur mit der Einführung des Pferdes überhaupt möglich war. Der ältere Zustand der Völker des SW. zeigt fast unzweifelhafte Spuren von Einflüssen, die von S. her gewirkt haben müssen. VL Die Zahl der Indianer. Die Indianer werden im Census der V. St. ^) nur so weit berücksichtigt, als sie zu der constitutional xioim- lation gehören, welche die Gesammtbevölkerung mit Ausnahme der 1) Eine hinlänglich genaue ludianerstatistik gibt es erst seit dem Census von 1850, denn erst 1847 bewilligte der Congress zum ersten Male eine Summe von 5000 D., um das Indian Department in den Stand zu setzen , eine Zählung der innerhalb der V. St. lebenden Indianer nebst Untersuchungen über ihre Lebensverhältnisse vorzunehmen. An der Spitze dieses Unternehmens, dessen Resultate in dem 1850 er Census niedergelegt sind, stand R. Schoolcraft. 140 III. Die Indianer. nicht steuerpflichtigen Indianer und der Bewohner der Territorien umschliesst. Früher unterschied man auch noch eine representative Population, welche die Sklaven nicht mit umfasste. Es sind also die- jenigen, welche keinem grösseren, von der Bundesregierung als nicht steuerpflichtig anerkannten Stamme mehr angehören und welche man als zu der Bürgerschaft der V. St. gehörig von dem Augenblicke an betrachtet, wo sie von ihrer Stammesverbindung sich losgelöst haben. Wenn auch die Mehrzahl von ihnen nicht im Stande ist, irgend eine Steuer zu bezahlen, so werden sie doch bei den Zählungen den Non taxed Indians d. h. denjenigen, welche in ihren Stammesver- bindungen auf den Reservationen leben, die ihnen die Regierung eingeräumt hat, als Bürger gegenübergestellt, von welchen Steuern erhoben werden würden, im Falle sie im Besitze steuerbarer Dinge sich befänden. Solcher Indianer, die über alle Staaten und Terri- torien zerstreut sind, gab es 1870 25731 und zwar lebten davon in den Staaten 21228, in den Territorien 4503. Die grössten Zahlen wurden gezählt in Californien mit 7241, in Michigan mit 4926 und in Washington Terr. mit 1319. Die übrige, viel zahl- reichere Indianerbevölkerung zerfällt in solche, welche auf den Reservationen lebt, und solche, welche dies nicht thut; die letztere besteht vorwiegend aus Nomaden. Von jenen gab, theils nach Zählungen der Indian Office, theils nach Schätzungen, der 1870er Census die Gesammtzahl zu 96366, von diesen ausschliesslich nach Schätzung zu 234 740 an. Von der Indianerbevölkerung auf Reser- vationen lebten in Indian Terr. 19067, in Neu-Mexico 14349, in Washington Terr. 13477, in Utah 8195, in Nebraska 6329, in Oregon 6110, in Kansas 5900, in California 5784'), in Wisconsin 4715, in NewYork 4705, in Arizona 4352, in Idaho 3284 und in Pennsylvania 99. Andere Staaten und Territorien als diese haben keine Reservationen. Die grösste Zahl der als nomadiscli 1) Die Indianerbevölkerung von Californien wurde (wahrscheinlich nach aus dem Anfang dieses Jahrhunderts stammenden Angaben der spanischen Missionäre) von dem Sekretär des Staates kurz nach seiner Zulassung unter die Unions- staaten auf 32 000 angegeben , aber jene Angaben bezogen sich nicht bloss auf Neucalifornien, sondern auch auf angrenzende Striche, und sicher in ihnen ist nur die Zahl von 14391 Missionsindianern. III. Die Indianer. 141 aufgeführten Indianer findet sich in Alaska mit 70000^); es folgen Indian Terr. mit 34400, Arizona mit 27 700, Dakota mit 26320, Montana mit 19300, Nevada mit 16220, California mit 13500, Colorado mit 7300, Neu-Mexico mit 5080, Utah 4600, Oregon mit 4200, Kansas mit 3000, Idaho mit 2300, Florida mit 500 und Texas mit 320. Ausserhalb dieser Staaten und Territorien gibt es keine nomadische Indianerbevölkerung und sind also vollkommen frei von derselben sämmtliche Neuengland - Staaten , die Staaten der Mitte, die Mississippi-Staaten und der Nordwesten; in den Süd- staaten finden sich kleine Reste in Florida und Texas. Unter den Staaten sind überhaupt ausser Kansas nur die 3 pacifischen mit beträchtlicher Bevölkerung nomadischer Indianer belastet, während die grosse Masse derselben sich in den Territorien befindet. Der Bericht der Coramissioners of Indian Aifairs gibt die Ge- sammtzahl der Indianer in den V. St. für 1875/76 zu 266151 und die der unter ihnen lebenden Mischlinge zu 40639 an und ver- theilt dieselbe auf die Staaten und Territorien in folgender Weise: Indianer-Territorium 73266 I. u. 26758 M., Dakota 38269 + 960, Neu-Mexico 25144 + 3506, Arizona 20379 + 43, Montana 19827 + 470, Washington Terr. 13801 + 1026, Michigan 10800 + 3420, Wisconsin 8584 + 1097, California 8424 + 133, Nevada 7676 + 40, Oregon 7174 + 572, Idaho 6552 + 18, Minnesota 6283 + 656, NewYork 5034 + 360, Nebraska 4098 + 34, Nord- Carolina, Georgia, Florida, Indiana, Tennessee und Texas 3250 -|- 750, Colorado 2900 + 101, Wyoming 1800 + 40, Kansas 1010 + 43, Utah 784 + 2, Iowa 341 + 25. Die Frage des Aussterbens der Indianerbevölkerung der V. St. , die sich an diese Zählungen und Schätzungen anknüpft, ist wegen der geringen Genauigkeit der letzteren mit grossen Schwierigkeiten um- geben. Die Vorfrage : Wie viel Indianer lebten in diesem Gebiete, ehe es von den Weissen betreten wurde? ist einfach unlösbar, denn die Be- richte der ersten Entdecker und Ansiedler, an die wir uns hier halten müssten, sind ihrer Natur nach ausserordentlich unzuverlässig. Fast 1) Diese Zahl ist nach dem Zeugniss des besten Kenners dieses Territoriums, W. H. Dall's, sehr übertrieben; er findet nach genauer Abschätzung der ein- zehien Stämme 25 704 als die annähernd wahrscheinlichste Zahl (Contr. to N. Am. Ethnologie I.). 142 III. Die Indianer. immer werden dieselben geneigt sein zu übertreiben, denn sie sehen nur kleine Theile eines grossen Gebietes, welche meist an Meeres- oder Fluss- ufern liegen, an welche sich von selbst die Bevölkerungen dichter zu- sammendrangen oder wohin sie auf die Kunde von der Ankunft Fremder von allen Seiten herbeieilen, wogegen die menschenleeren Urwalder und Steppen vorerst von ihnen unbesucht bleiben. Erst später, wenn sie tiefer ins Innere vordringen, erhalten sie die Möglichkeit zu richtigeren Ansichten, aber dann ist auch bereits das Gleichgewicht der Naturvölker gestört, sie haben sich vielleicht zum Theil zurückgezogen, oder haben sich im Gegentheil in der Nähe der Weissen des Handels wegen angehäuft, oder es sind bereits Kämpfe zwischen den beiden ausgebrochen u. s. f. Kurzum, es dürfte kaum ein Problem der Völkerkunde geben, das sclnvieriger wäre als eben das der Abschätzung der Zahl von Naturvölkern, die in einem bestimmten Gebiete wohnen '). Daher auch die ausserordentliche Verschiedenheit der Ansichten und Angaben darüber. Ueber Nord-Amerika sind von Anfang wahrscheinlich mehr und gründlichere Schilderungen ver- öffentlicht als über andere von Naturvölkern bewohnte Gebiete, aber auch hier steht allen weitergreifenderen und bestimmteren Schlüssen über das Zurückgehen der Indianer an Zahl und dementsprechend an Macht, die sie den Weissen entgegenzusetzen hatten, diese vollkommene Unsicherheit der älteren und vieler neueren Nachrichten über die Volkszahlen ihrer Stämme entgegen. Lt. Col. G. Mallery hat aus der Literatur eine Anzahl dieser Schätzungen herausgehoben^), um ihre Unzuverlässigkeit zu beweisen, welche allerdings augenfällig ist, so z. B. die weit aus einander gehenden Angaben De la Hontan's und der französischen Missionare über die Iroquois (Ende des 17. Jahrhunderts), von denen der erstere 70000, diese 11000 als die Kriegsstärke angeben. So schrieben selbst tüchtige Autoritäten wie Adair, Stevens und S. G. Drake den Cherokees, einem so vielbesuchten Stamm, in nicht weit aus einander liegenden Jahren sehr verschiedene Volkszahlen zu. Der erstere gab ihnen 1762 2300, der andere 1774 .3000, der letztere 1721 6000 Krieger, was nach der üblichen Annahme von 5 Köpfen auf jeden Krieger 11500, 15000 und 30000 Seelen ausmacht. Aehnlich war es aber noch in neuerer und neuester Zeit mit derartigen Schätzungen beschaffen. Das Indianer-Committee des Repräsentantenhauses gab 1834 die Zahl der Seminolen zu 5000, während 1) „Eine genaue Zählung derLidianer an irgend einem Punkte westlich vom Missouri ist einfach unmöglich, da sie beständig wandern, gleich dem Wilde, das sie jagen. Es ist auch schwer, von einem Indianer seinen Namen zu or- fragen, wenn Andere dabei sind; und wenn auch der Name in einem Census heute angegeben wird, ist er in einem Monat vergessen oder durch einen anderen ersetzt." (Agent der Lower Brules. Rep. Ind. Com. 187G/77. 435.) 2) Proc. Am. Association f. t. Adv. of Science. Nashville 1877. 340. IIL Die Indianer. 143 Präsident Jackson im darauffolgenden Jahr dieselben auf 2000 und der Kriegssekretär auf 3500 veranschlagt. In einer späteren Congressdebatte wurde auf die Autorität eines Generals sogar von 2000 erschlagenen Kriegern dieses Stammes gleich 10000 Köpfen gesprochen. Der Indian Report 1876 gibt 2553 von diesem Stamme im Indian Terr. an, wälirend 475 in den Everglades von Florida leben und andere nach dem Rio Grande (Mexico) ausgewandert sind. Die Sioux waren 1829 vom Kriegs- sekretär auf 15 000, 183G von einem anderen auf 23000 angegeben worden. Im U. S. - Census für 1870 werden die Indianer von Alaska auf 70000 geschätzt, während Cpt. W. H. Dali im ersten Band seiner Contributions to N. Am. Ethnology ') nicht mehr als 25 704 zusammen- zählt. Dementsprechend sind natürlich auch die zusammenfassenden Zahlen von sehr weit verschiedener Grösse, so die Schätzung aller Indianer, mit denen Weisse bis dahin in Berührung gekommen , 1764 durch H. Bouquet auf 56 500 Krieger (282 500 Seelen), die Th, Hutchins' 1778 auf 129 150 Seelen, ferner die eines Berichtes des Continental Congress, der 60000 annimmt, während der erste annähernd geregelte Census, welcher Ende der 40er Jahre von Schoolcraft ausgeführt ward, zu 383229 und ausserdem zu „25 — 35000 in bisher unerforschten Regionen" kam. Eine sehr einflussreiche Ursache von Täuschungen hinsichtlich der Volkszahl der wilden Indianer liegt in der Unbeständigkeit der Be- nennungen, die sie sich selbst, und der Willkürlichkeit derer, die Andere ihnen geben. Vorzüglich die Namen, welche die Weissen den Indianern geben und welche meist auch vom Indian Department gebraucht werden, sind oft sehr irreführend in Hinsicht auf die Verwandtschaft der Stämme, die sie umfassen; so bemerken Powell und Ingalls, dass der Name Pah- Utes von den Indianern bloss auf den am Mud Creek lebenden Stamm angewandt werde, während die anderen von den Weissen so genannten Paviotsoes genannt werden und eine von der der Pah -Utes sehr ver- schiedene Sprache sprechen, die der der Bannocks nahe verwandt oder vielleicht sogar gleich ist. Offenbar würde man unrecht thun , alle Indianer, die Pah -Utes genannt werden, auf dieselbe Reservation zu bringen. Dieselbe Namenvermengung wird aber auch von den Indianern selbst betrieben und daher solche verwirrende Verschiedenheit der Namen, wie z. B. bei den Comanches herrscht, die auch Kiowas, ausserdem von ihnen selbst Na-unis, von den Caddoes Sawato, von den Osages Pattooku, und den Wacoes Naratah genannt w^erden; bei den weissen Ansiedlern hiessen sie früher Paducas. Für Dakota ist gleichbedeutend Nadowessi und Sioux, ausserdem hatte fast jeder einzelne Stamm unter ihren Nach- barn einen andern Namen für sie im Gebrauch. McKenney und Hall zählen in ihrer „History of the Indian Tribes of N. America" 272 2) U. S. Geogr. and Geol. Siirvey of the Rocky Mts. Region. 187G. 144 III. Die Indianer. Namen auf, die in den älteren Reise- und Geschichtswerken Indianer- stämmen beigelegt werden und von denen die wahren Träger in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr zu ermitteln sind. Hierher gehört auch die Verschmelzung oder Aufsaugung gewisser Stämme, deren Namen damit natürlich verschwunden sind. Die Reste der Natchez sind in den Creeks, die Ontagami in den Kickapoos, die Hitchiti in den Muskoki aufgegangen. Die Uintas der gleichnamigen Reservation setzen sich zusammen aus Utahs, Suivirits, Yampas, Pahvants und echten Uintas *). Die besonnenste Erörterung über die Zahl der Indianer von Nord - Amerika zur Zeit ihrer ersten häufigeren und innigeren Berührungen mit Europäern findet man wohl bei G. Bancroft^), der für die Zeit des ersten und zweiten Drittels des 17. Jahrhunderts den Algonkin-Stämmen 90000, den östlichen Sioux weniger als 3000, den Iroquois und ihren südlichen Verwandten etwa 17 000, den Catowbas 3000, den Cherokees 12000, den Chickasas, Choctas und Muskhotgees 50000, den Uchees 1000, den Natchez 4000 zuweist — zusammen in dem Gebiete ö. des Mississippi und s. des S. Lorenz und der Grossen Seen nicht viel unter 180000. Zwar heftet sich auch an diese Aufzählung der Verdacht, dass bei der grossen Verschiedenheit, welche in der Auffassung der Stammesnamen und -grenzen bei älteren und neueren Reisenden und Forschern herrschte, manche kleinere Gemein- schaften doppelt gezählt worden sein mögen •'') , aber Bancroft ist nach seiner Auffassung der ganzen Lage der Indianer in jener Zeit eher geneigt, geringere als grössere Zahlen im Zweifelsfalle anzunehmen. „Mitten in der Wildniss, sagt er sehr treffend, erschienen einige Hütten wie eine Stadt, und dem Wanderer, der Wochen hindurch gegangen war, ohne ein menschliches Wesen zu sehen, mochte ein Gebiet ziemlich bevölkert erscheinen, in dem er alle Paar Tage einem Wigwam begegnete"''). In der That sind weite Gebiete von den Europäern, die sie unter den Ersten besuchten, als Einöden beschrieben worden, so Vermont, das nw. Massa- chusetts, New Hampshire. Marquette sah keinen Menschen und nicht einmal eine Fussspur in dem ganzen Aveiten Gebiete zwischen der Portage des Fox und Wisconsin R. und dem Des Moines R. So scheinen aucli die gebirgigen Theile der Carolinas menschenleer gewesen zu sein, ehe die von den Cherokees aus Kentucky vertriebenen Shawnces sich dort 1) Vgl. auch Proc. Am. Assoc. Advanc. of Science. Nasliville 1877. 553. 2) History of the U. S. Boston 1840. III. 253. 3) Es gab auch politische Gründe, um die Zahl der Indianer zu übertreiben. Den hochtrabenden Ausdruck Nationen oder Völker legten ihnen z. ß. ihre Alliirten hei, wie J. F. Coope'r von den Iroquois sagt: „Sie bestanden aus den Stämmen, oder wie ihre Alliirten sich auszudrücken liebten, um ihre Wichtigkeit zu steigern, aus Nationen der Mohawks etc." (The Pioneers Cap. VII.) 4) A. a. 0. III. 251. III. Die Indianer. 145 niederliessen, und so ist auf alten Karten das Tiefland von Florida bis Mobile als menschenleer bezeichnet. In derselben Richtung deutet die weite Verbreitung von verhältnissmässig kleinen Stämmen. Die Fünf Nationen, die kaum mehr als 10000 Krieger zählen konnten, streiften von der Hudsons Bay bis zu den Carolinas und vom Kennebec zum Tennessee. Kentucky war der Wildpark der Cherokees und in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts fanden die ersten Erforscher der Steppen jenseits des 98. Längengrades auf Gebieten von der Grösse Deutschlands nur wenige tausend Büifeljäger. Wie triftig indessen auch alle diese Gründe gegen die Ueberschätzung der Zahl der Indianer in den V. St. sprechen, so wenig vermögen sie die Thatsache zu entkräften, dass den Indianern eine grosse Neigung zu Krankheiten innewohnt, welche sie frühzeitig sterben lassen oder aber ihre Vermehrungskraft abschwächen. Jeder Bericht der Indianer-Com- missäre enthält genug Thatsachen, welche in dieser Richtung ganz un- zweideutige Aufschlüsse geben. Die Berichte der 56 Indianer- Agenten für 1874 — 76 geben allerdings nicht einen einzigen Fall von Blatternkrankheit unter den Indianern an, aber dafür sind die Geburts- und Sterbfallziffern um so sprechender. In dem Berichte von 1876 sind 20 Stämme aufge- führt, bei denen die Sterblichkeit grösser als die Vermehrung durch Geburten ist, oder beide einander gleich sind, während das Verhältniss in 28 Fällen das umgekehrte ist. Geburts- und Todesfallziffern, die indessen natürlich nur von beschränkter Genauigkeit sein können, hat nach diesen Listen für über 100000 Indianer (die halbcivilisirten des Indianer -Territoriums ausgenommen) S. N. Clark zusammengestellt. Er findet folgende Verhältnisse: Geburten Todesfälle Zunahme 1874 4,48 2,32 2,15 1875 2,55 1,57 0,98 1876 2,91 2,31 0,6. Der Agent der Round Valley Reservation (Californien) schreibt in seinem Bericht den 1. Sept. 1876: „Es ist eine beklagenswerthe Thalsachc, dass eine grosse Zahl der erwachsenen Indianer so sehr von venerischen Krankheiten inficirt sind, dass sie sich nicht fortzupflanzen vermögen. Da viele alte Leute darunter sind, welche wegsterben, nehmen sie rasch an Zahl ab. Aber es hat eine starke Reaktion eingesetzt. Bei einem Stamm sind in diesem Jahr 14 Geburten gegen 4 im Vorjahr zu verzeichnen. Gesetzliche Heirathen werden häufiger." Auf dieser Reservation lebten 1876 952, 1875 aber 1144. Für diesen Ausfall kann nicht nur die Ent- fernung von 126 von der Reservation Weggezogenen verantwortlich ge- macht werden, der grössere Theil des Restes bleibt entschiedener Verlust an Volkszahl durch Aussterben. Auch Rheumatismus und Lungenkrank- Ratzel, Amerika IL Iq 146 III. Die Indianer. heiten werden als häufig auftretende Todesursachen bezeichnet. Der Sioux- Agent von Devils Lake (Dakota) beklagt sich, dass in Krankheitsfällen die Medicinen zwar nach Hause genommen, aber nicht gebraucht werden. Wenn der Arzt seinen Kranken besucht, findet er den Medicinmann, der singt, tanzt oder trommelt und die kräftigen Speisen verschlingt, die dem Kranken zu seiner Stärkung zugewiesen wurden. Der Agent der Pend- Oreilles nennt als eine Ursache von geringer Vermehrung auch das Aus- peitschen der Ehebrecherinnen (der schuldige Mann wird in der Regel unbestraft gelassen), wie es bei unverdorbenen Stämmen des Westens, z. B. eben den Pend-Oreilles, noch Sitte ist. Es triff't nicht selten schwangere Frauen, die in Folge dieser Strafe fehlgebären oder selbst sterben. Diese Thatsachen und Ziffern heissen so viel wie die Indianer sterben aus, soweit sie sich nicht der Civilis ation soweit genähert haben, um für sich selber sorgen zu können. Den grössten Ueberschuss von Geburten findet man bei den halbcivilisirten Indianern des Indianer- Territoriums, New York's, Michigan's, Wisconsin's und der Südstaaten, den grössten Ausfall dagegen bei den Büffeljägern des w. Indianer-Territoriums, Montana's und bei denen von Californien und Colorado, die in einem elenden Zustande zigeunermässig nomadisiren. Man kann daraus schliessen, dass die der Civilisation weniger zugänglichen Indianer ziemlich rasch absterben werden, während diejenigen, welche sich auf den Reservationen von der Regierung füttern und daneben im Ackerbau und den Handwerken sowie in der Kunst menschenwürdigen Lebens unterrichten lassen, sich langsam vermehren dürften. Aber für die Rasse als solche bleibt das End- resultat im Ganzen und Grossen immer dasselbe, denn mit der Annahme eines gewissen Culturfirnisses geht auch die innigere Berührung mit den Weissen und die davon unzertrennliche Mischung Hand in Hand. Die grösste Zahl von Mischlingen findet man ganz natürlich bei denjenigen Stämmen, welche sich am meisten den Weissen angenähert haben. Die Mischlinge haben aber naturgemäss die Tendenz, in den Weissen aufzu- gehen. Die Rasse wird also wahrscheinlich nicht ganz durch Aussterben, sondern theilweise durch Aus sterben, theilweisc durch Mischung mit den Weissen zu Grunde gehen, das letzere aber sehr langsam. Die Massregeln, welche von der Regierung der V. St. geplant sind (s. u.), können diesen Process nicht aufhalten und selbst nicht wesentlich ver- langsamen. Die Indianer sind an Zahl und moralischem Gewicht zu un- bedeutend geworden, sie müssen willenlos im Strom der weissen Cultur- bewegung treiben. VII. Die Beziehungen zwischen Indianern und Weissen. Die Weissen wurden nicht überall, wo sie zuerst in Nord- Amerika den Boden der Neuen Welt betraten, von den Eingeborenen III. Die Indianer. 147 feindlich empfangen, aber es dauerte in der Regel nicht lange, ehe Feindseligkeiten ausbrachen, über deren Verschulden natürlich nicht mehr zu streiten ist. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass das unberechtigte Eindringen der Europäer, die^ beiläufig gesagt, fast immer den minder guten Classen ihrer Heimatsländer ange- hörten, die rechtmässigen Eigenthümer des Bodens erbittern musste. Es war selten, dass die Weissen von vornherein mit dem Wunsche kamen, das Land, das sie begehrten, von den derzeitigen Besitzern in rechtlicher Weise zu erwerben. Wenn sich aber auch eine Ge- meinschaft, wie z. B. die Puritaner, dazu herbeiliess, solches zu thun , so reichten doch die Rechtsbegriffe Einzelner nicht aus, um sie abzuhalten, wehrlose Indianer in die Sklaverei zu pressen, oder in den Nöthen, die die Anfänge mancher Colonien bezeichneten, sie ihres Eigenthums an Saatkorn u. dgl. zu berauben. Mag das übertriebene Selbstgefühl der letzteren, ihre lockeren Begriffe von Eigenthum und Recht, ihr wilder Jähzorn noch so viel beigetragen haben, um Conflikte zwischen ihnen und den Weissen hervorzurufen : immer waren diese die Eindringlinge, die, als solche, den ersten Anstoss zu Unruhen gaben, welche zuletzt zu einem nie wieder ganz unterbrochenen Rassenkriege sich entwickelten. In kurzer Zeit war das Verhältniss durch zahlreiche Unrechtmässigkeiten und Gewaltthaten zwischen Weissen und Indianern so weit gediehen, dass es wie von Natur feindlich und unheilbar erschien. Sogar in die religiöse Lehre und endlich selbst in die Wissenschaft fand die Ansicht Eingang, dass der rothe Mann bestimmt sei, vom Weissen ausgerottet oder mindestens zurückgedrängt zu werden. Allerdings zeigte es sich mehr und mehr, dass die schweifende und unruhige Lebensweise, die er, mit seltenen Ausnahmen, freiwillig nicht auf- geben wollte, unvereinbar war mit dem Gedeihen der stätigen, auf Ruhe und Ordnung gegründeten Bestrebungen der weissen Bürger des Landes. Es blieb kein Zweifel, dass beide Rassen, vorzüglich weil sie ganz verschiedene Culturstufen und damit sehr weit ab- weichende Sitten und Bedürfnisse darstellten, viel weniger aber wegen der viel zu sehr betonten Verschiedenheit der Farbe und des Blutes und der angeborenen Neigungen, nicht nahe neben einander leben konnten, ohne zu gewaltsamen Zusammenstössen 10* 148 in. Die Indianer. getrieben zu werden. Fast jedes Jahr hat auf der langen Grenz- linie, wo weisse Culturbestrebungen und indianisches Naturleben zusammentreffen, diese Regel bestätigt und die Regierung der V. St. hat zuletzt ihr Hauptaugenmerk darauf richten müssen, die Indianer in gewissen bestimmt abgegrenzten Bezirken zu sammeln und da- durch einerseits die Weissen vor Störung ihrer Arbeit und ihres Erwerbes, andererseits die Indianer selbst vor Ausbeutung und Vergewaltigung zu schützen. Im Verfolge dieses Systems, dessen Idee richtig und wohlwollend, dessen Ausführung aber durch die Hände der damit Beauftragten vielfach hart und ungerecht wurde, ist heute die grössere Zahl der im Gebiet der V. St. lebenden Indianer theils im Indian Territory, theils auf anderen Reservationen untergebracht. Dass übrigens diese Isolirung auch bei der aufmerk- samsten Durchführung nur für eine verhältnissmässig kurze Zeit möglich ist, versteht sich von selbst bei der unwiderstehlichen Ge- walt, mit der der Weisse in alle Winkel des weiten Landes vordringt. Bereits ist die grösste Reservation, das Indian Terr., von Strassen und Eisenbahnen der Weissen durchzogen und zahlreiche Nichtindianer haben sich dort niedergelassen; andere Reservationen, die früher gegeben waren, sind, wenn sich Gold oder Silber oder sonst Werth- volles dort fand, wieder zurückgezogen und ihre Besitzer auf minder werthvoUes Land gebracht worden. Dass dabei die Indianer nicht gedeihen konnten, versteht sich. Es kommt hinzu, dass statt der nützlichen Culturerrungenschaften von ihnen gewisse verderbliche Auswüchse, besonders die ungeregelten und übermässigen Genüsse und Aufregungen, mit Vorliebe und in ihrem Gefolge aber auch verheerende Krankheiten aufgenommen worden sind. Was aber mehr besagt: Sie sind weit zerstreut, von einander getrennt, ihre alten Stammesverbände zerrissen, die Möglichkeit des Lebens von den Gaben der Natur, vorzüglich durch Jagd, wird immer mehr beschränkt, die Mehrzahl lebt von der Gnade der Weissen, und die Ohnmacht der wenigen tausend unabhängigen ist so gross, dass jeder Versuch den Weissen entgegenzutreten seit lange immer am letzten Ende mit einer blutigen Niederlage geendigt hat. Die Indianer haben, mit einem Worte, aufgehört ein thätiges Element in der Geschichte des Landes zu sein, dass sie einst allein besassen. ni. Die Indianer, 149 Sie sind in ihrer grossen Mehrzahl der Cultur fern geblieben, welche die Weissen ins Land gebracht haben ^). Die Geschichte der Beziehungen zwischen Weissen und In- dianern ist innerhalb des Gebietes der heutigen V. St. verschieden je nach der Nationalität, der die darin auftretenden Weissen an- gehören. Es wiederholt sich hier der Gegensatz, der durch die Colonisationsgeschichte des ganzen Erdtheils geht. Ueberall sieht man, dass die romanischen Stämme dem Indianer näher treten, sich mit ihm vermischen, ihn bekehren und schützen, während die germanischen ihn von vornherein schärfer den Gegensatz zwischen Civilisation und Naturleben fühlen lassen, ihn verachten und zurückstossen. Die Folge davon ist, dass im ersteren Fall die Kluft zwischen Weissen und Indianern sich allmählich ausfüllt, während im letzteren die Rassen mit der ungemilderten Schärfe ihrer Gegensätze auf einander stossen. Dort Erhaltung der Indianer, freilich durch Herabsteigen des Europäers, hier starres Festhalten des letzteren an seiner Culturhöhe und in Folge dessen noth- wendiges Zurückdrängen und Herabsinken des Indianers. Dieser Gegensatz hängt zum Theil zusammen mit der Art der Einwanderung, die bei den Angehörigen germanischer Stämme vorwiegend in Fa- milien, bei denen romanischer mehr durch einzelne jüngere Männer sich vollzog. An der atlantischen Küste herrschte mit Ausnahme Florida's der germanische Typus von Colonisation. In Virginien waren die Besuche der Europäer schon zu Raleigh's Zeit mit Feindseligkeiten verknüpft und das Gedeihen der Colonien wurde durch diese Streitigkeiten sehr ungünstig beeinflusst. Nach langen Kriegen ge- lang es erst in den 40er Jahren des 17. Jahrhunderts den Weissen, 1) Schon dem flüchtig Reisenden gibt die Thatsache zu denken, dass man auf dem Wege von der atlantischen nach der pacifischen Seite (New York — S. Francisco) des Continentes 2300 e. M. reisen kann, ohne einem Indianer zu begegnen. „Diese Eisenbahn ist doch nun einmal die Hauptarterie der ameri- kanischen Civilisation, und während sich in ihre nächste Nähe alles gruppirt, was Leben in diese Wüsten bringt : Amerikaner, Deutsche, Neger, Chinesen — reicht sie Tausende von Meilen weit, ohne dass die schweifenden Ureinwohner sich ihr zu nähern, von ihrer Lebenskraft sich etwas zu eigen zu machen wagen." (A. Wernich, Geogr.-Medic. Studien. 1878. 32.) 150 ni. Die Indianer. die in einzelnen Treffen Hunderte verloren hatten, die Macht der Indianer zu brechen. In Süd - Carolina waren die Verhältnisse im Anfang friedlich, indem die Colonisten, ohne Schutz vom Mutter- lande, gezwungen waren, Frieden zu halten. 1712 brach jedoch ein Krieg aus., der die Tuscarora zum Zurückweichen nach N. zwang. In Pennsylvanien hatte Penn das Land für seine Ansiedelungen kaufweise durch jenen berühmten Vertrag erworben, den er 1682 mit den Delawaren schloss, und er wurde nie in dem Besitze des- selben gestört. 1721 kam hier der erste Fall der Ermordung eines Indianers durch einen Weissen vor und in Indianerkriege wurden die hiesigen Ansiedler nicht früher als in den 50 er Jahren des 18. Jahrhunderts durch den Ausbruch des englisch - französischen Grenzkrieges verwickelt. Im heutigen New York hatte schon 1609 Hudson mit den Indianern Handel getrieben, 1626 kauften ihnen die Holländer Manhattan ab, aber 1640 begannen auch hier Feind- seligkeiten. Von da an gab es hier keinen dauerhaften Frieden mehr, bis in den englisch-französischen Grenzkriegen die Macht der Indianer gebrochen wurde. An der Neuengland-Küste wussten die Puritaner im Anfang ein erträgliches Verhältniss mit den Ein- geborenen aufrecht zu erhalten. Als aber die Unruhen in Virginien und ein für die Weissen sehr verderblicher Ueberfall der dortigen Indianer bekannt wurden, erfüllte Argwohn die Gemüther der An- siedler, und indem sie einer Verschwörung zuvorzukommen suchten, begannen sie Krieg mit den bisher im Ganzen freundlich gesinnten Eingeborenen. Auch hier trat dann keine vollständige Ruhe ein, bis die einstigen Herren des Landes von demselben vertrieben waren, wenn auch so gerechte und gemässigte Männer wie Roger Williams Jahrzehnte unangefochten unter den Indianern lebten. Im Pequot- Kriege (1635) wurde ganz Block Island und das Land der Pequots von Indianern gesäubert. Die Geschichte der Beziehungen zwischen Puritanern und Indianern ist von 1640 an wenig anderes als ein Vernichtungskrieg, der dann und wann von friedlichen Intervallen unterbrochen ist, dafür aber wieder zeitweise, wie in dem blutigen Krieg mit König Philipp, zu verheerender Flamme aufloderte. Bei der weiten Verbreitung, welche puritanische Ideen späterhin in Nord-Amerika fanden, ist dieses Verhältniss von Bedeutung. Der- ni. Die Indianer. 151 selbe Hass, Ausfluss energischen Charakters und harten Gemüths, tritt bei den späteren Indianerkämpfen im W. nicht minder scharf hervor. Man kann überhaupt die Geschichte jedes Territoriums und jedes Staates in zwei Hauptabschnitte theilen: der erste ist mit Indianerkämpfen gefüllt und der zweite beginnt in dem Moment, wo die Indianer decimirt sind und das streitige Gebiet verlassen. Die Ansiedler rücken ihnen nach und in wenigen Jahrzehnten voll- zieht sich derselbe Process eine Strecke weiter westlich. Als im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts die Colonien des atlantischen Randes so weit erstarkt waren, dass sie sich ziemlich sicher vor den Indianern in ihrem dermaligen Besitzstande fühlen konnten , waren diese letzteren ihrerseits theilweise doch noch mächtig genug, um als Faktoren der Politik auftreten zu können, welche England und Frankreich im ö. Nord -Amerika machten. Sie vermochten zwar nicht mehr auch nur eine von beiden Mächten zu bestimmen in Bezug auf ihre Ausdehnung, ihre Colonisations- massregeln u. dgl., aber sie warfen ein Gewicht in die Wagschale derjenigen Macht, mit der sie sich verbündeten. Sie waren, mit anderen Worten, noch stark genug, um im Kriege gebraucht werden zu können, und in der That besteht der grösste Theil ihrer äusseren Geschichte von 1665 — 1763 in aufreibenden Kämpfen gegen die eine oder die andere Macht und deren indianische Kampfesgenossen, Kämpfen, aus denen sie selbst geschwächt hervorgingen, während die Europäer sich in Folge derselben immer mehr ausbreiteten. Als die Engländer zu ihren südlicheren Colonien 1763 auch noch Canada erworben hatten, waren es natürlicherweise die Indianer, die alten Freunde so gut wie die Feinde, welche Platz zu machen hatten, um die Herstellung eines zusammenhängenden Colonial- gebietes zu ermöglichen. Die Verschwörung Pontiac's (1763 — 65) suchte diese gefährliche Umarmung abzuschütteln, kam aber, trotz erheblicher Verluste, die den Engländern zugefügt wurden, nicht dazu, ihren Zweck zu erreichen. Ein neuer Krieg, der 1774 seitens der Indianer gegen die Weissen gefuhrt wurde, verlief nicht glück- licher; in ihm traten die einst so mächtigen Stämme der Delawaren und Irokesen zum letzten Mal geschwächt zwar, aber noch immer thatfähig auf. Nach dem Selbständigwerden der V. St. kamen die 152 IIL Die Indianer. Indianer wie früher zwischen Hammer und Ambos. Durch Ver- sprechungen der Engländer verführt, griffen sie schon 1784 und mit grösserer Energie unter der Führung eines ihrer grössten Männer, Tecumseh's aus dem Stamme der Schawanoe, 1811 zu den Waffen (Schlacht bei Tippecanoe 1812). Es war der letzte grosse Indianerkrieg, der wie alle früheren unglücklich für die rothen Männer verlief.. Tecumseh fiel 1813 und die geschlagenen Stämme schlössen 1814 Frieden. Die folgenden Kriege, wenn sie auch einige Male noch Schrecken bis weit in das Herz der V. St. ver- breiteten, glichen doch keinem der vorhergehenden an Machtent- faltung seitens der Indianer. Im S. wurde durch die Seminolen- kriege 1817 — 20 und 1835 — 42 der letzte Rest indianischer Unabhängigkeit in den Sümpfen Florida's erstickt, im NW. drängte der nach dem anführenden indianischen Häuptling genannte Black- Hawk-Krieg die Indianer über das obere Mississippi- Gebiet dem W. zu. Man kann sagen, dass der letzte Seminolenkrieg in Florida überhaupt der letzte Krieg war, in dem nordamerikanische Indianer mit einer solchen Zähigkeit den Kampf mit ihren Gegnern durch- führten, dass ihr Widerstand eine Spur gelassen hat in der Geschichte des Landes. Aber seitdem die Indianer auf ihrem langsamen Rück- zug den Mississippi überschritten haben, hat es nur noch kleine Parteigängerkämpfe gegeben, denn es kam zu keiner kräftigen Vereinigung der Stämme mehr. Im äussersten S. und W., wo Spanier und Franzosen colonisirt hatten, war das Verhältniss zwischen Weissen und Indianern ein anderes als hier auf der germanischen Seite. Auf französischer Seite fiel mehr die Neigung zur Vermischung ins Gewicht und der angeborene geringere Thätigkeitstrieb , welcher nicht so scharf auf die Eingeborenen eindrang, bei den Spaniern der Schutz, den die mächtige Geistlichkeit den letzteren angedeihen liess. Unter diesen milderen Einflüssen hatten sich in Florida und Louisiana die In- dianer im wilden Zustande frei vom Joch der Europäer erhalten, während in den östlichsten und nördlichsten Theilen von Neu-Spanien, in dem heutigen Texas, Neu-Mexico, Arizona und Californien, die bekehrten Indianer sich in den Missionen sammelten, welche von geistlichen Vätern geleitet waren, und in denen sie zu einer III, Die Indianer. 153 massigen Arbeit angehalten, aber mit keinen schwereren Cultur- arbeiten belastet wurden, als sie zu tragen vermochten. Schon vor der Besitznahme dieser Länder durch die V. St. (1848) waren durch die Revolutionen, welche in Mexico den Unabhängigkeits- kriegen folgten, die Missionen aufgehoben worden und die Indianer hatten sich zu zerstreuen begonnen, ehe die wilde Flut der Ein- wanderung, welche von 1848 — 78 mindestens 2 Millionen Weisse und Chinesen nach diesen Ländern führte, viele von ihren Nieder- lassungen über den Haufen warf. Aber noch immer bewahren einige der Mission es von Californien und der Pueblos von Neu- Mexico in der Halbcultur, welche ihre indianischen Bewohner zu nicht ganz unnützen Mitgliedern der Gesellschaft macht, Reste der Einwirkungen jener wohlwollenden Erziehung. Was die Wirkung der Missionen der verschiedenen protestantischen Religionsgesell- schaften anbelangt , so ist nur eine Stimme über die grosse Er- gebnisslosigkeit dieser Bemühungen^). Dieselbe ist gewiss nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, wie sie beständig durchkreuzt wurde von den störenden Einflüssen der wirthschaftlichen und politischen Conflikte zwischen Weissen und Indianern. Einige der hervorragendsten Führer der ö. Indianer, wie Tecumseh und Little Turtle, haben mit bewusster Leidenschaftlichkeit gegen die Ein- führung des Christenthums bei ihren Stämmen gearbeitet. Man kann ungefähr die Ostgrenze des heutigen Colorado, Neu- Mexico und Texas, allgemein gesprochen den 100. Längegrad, als die Grenze betrachten, wo anglo- und hispano - amerikanische Indianer-Politik um das Jahr der ersten genauen Indianer-Zählung 1848 sich berührten, und man findet, dass in diesem Jahre ö. von hier ca. 36000, w. dagegen und in dem hierhergehörigen Texas über 350000 Indianer lebten. Von jenen waren 500, von diesen 234000 als halbcivilisirt , der Rest als wild zu betrachten. Wenn Zahlen irgendwo sprechen, thun sie es hier. Aber um das Bild zu vollenden, darf man allerdings nicht verschweigen, dass gleich- 1) Der amtliche Bericht des Indiauer-Commissärs für 1875/76 gibt für die Indianer, welche einer der christlichen Sekten angehören, die Zahl von 27 215 an, also noch nicht */io der heutigen Indianerbevölkerung. Bis zu diesem Jahre hatten es über 40000 Indianer dahin gebracht, zu lesen. 154 III. Die Indianer. zeitig ö. von dieser Linie die Europäer, 23 Millionen an der Zahl, eine blühende Cultur entwickelt hatten, während w. davon nicht mehr als ca. Va Million auf einer Culturstufe lebten, welche über der der Indianer nur unmerklich erhaben war. Angesichts dieser That- sache ist. es nicht übertrieben zu sagen: es stehe das Gedeihen der Indianer in einem umgekehrten Verhältniss zu dem der Weissen und scheine das eine das andere auszuschliessen. Die jetzige Indianer-Politik wurde von der Regierung der V. St., welche alle Indianer-Angelegenheiten sich vorbehalten hatte, durch die Gründung des Indian Bureau (1786) eingeleitet, das dem Kriegsministerium untergeben war und 2 Superintendenten aufstellte, den einen für die Indianer n. vom Ohio, den anderen für diejenigen s. von diesen Grenzen. Diese sollten die Indianer durch gerechte Behandlung ruhig zu halten und sie vor Uebergriffen der Ansiedler zu schützen suchen. Dass dieses Ziel gerade in jener Zeit des fast fieberhaften Dranges nach W. nicht erreicht werden konnte, ist klar. In der That war nichts anderes zu thun, als die Indianer immer von Neuem von ihrem Grund und Boden wegzuschieben und sie dafür zu entschädigen. Schools, and justice, good faith, and huma- nity to the Indians forderte die Ordinance für die Errichtung des Nordwest- Territoriums und nach ihr noch viele Gesetze. Aber wo lag es in der Macht der Regierung, den breiten Strom der West- wanderer zu dämmen, deren Bestrebungen immer feindlich sein mussten den Lebensinteressen der Indianer? 1790 erliess der Con- gress ein Gesetz, nach welchem Niemand mit den Indianern Handel treiben durfte, der nicht vom Präsidenten dazu berechtigt war, und welches Landverkäufe der Indianer nur vermittelst öffentlichen Ver- trages gestattete. Die erste Reservation wurde 1790 den Creek- Indianern in dem Gebiet s. vom Oconse bewilligt, nachdem sie ihre Wohnsitze n. davon aufgegeben hatten, aber schon 3 Jahre später begannen Jene Feindseligkeiten und 1802, 1814 und 1818 gaben sie einen grossen Theil dieses Gebietes wieder auf. 1804 traten die Sacs and Foxes 80000 e. Q.M. für eine Jahresrente von 1000 D. in Waaren ab. Als 1818 alle Wyandots, Delawares, Senecas u. a. Stämme Ohio's ihre 4 Mill. A. Landbesitz in diesem Staate aufgaben, wurden ihnen verschiedene Landstriche als Reservationen ni. Die Indianer. 155 gewährleistet und damit das erste grössere System von Indianer- Reservationen geschaffen. In demselben Jahre willigten die Dela- wares von Illinois ein, westwärts vom Mississippi zu ziehen, dasselbe that 1819 ein Theil der Cherokees und die Kickapus von Illinois, welche nach dem Osage gingen, und man kann überhaupt diese Periode als diejenige bezeichnen, in der die Versetzung nach W. und den Reservationen systematisch zur Grundlage der Indianer- Politik gemacht wurde. 1826 und 1828 wurden gegen ihren Willen alle Creeks aus Georgia nach dem Arkansas versetzt. 1830 trat ein Wechsel in der Indianer-Politik insofern ein, als die Regierung der in den Staaten lebenden Indianer nicht mehr dem Bunde, sondern dem Staate zugewiesen und gleichzeitig Vorsorge getroffen ward für die Uebersiedelung fast aller Indianer des 0. nach dem W. 1835 zogen die Cherokees ebenfalls nach dem Arkansas, wo später das sog. Indian Territory, eingeschlossen von Texas, Arkansas und Kansas, für sie und die übiigen dahin versetzten Stämme abgegrenzt wurde. Die seitherigen Schicksale der Indianer wiederholen nur immer die hier kurz skizzirte Geschichte : Eindringen der Weissen in ihre Gebiete, Kämpfe, die zuletzt immer unglücklich für sie verlaufen, Verträge, die sie schliessen, ohne ihren Inhalt zu kennen^) und gegen welche sie sich dann auflehnen, Vertreibung nach mehr im W. oder S. gelegenen Wohnsitzen. Die sog. Indianer-Kriege dieses Zeitraumes (Modoc-Krieg 1873, Nez Perces-Krieg 1876) sind kleine Guerilla -Episoden, deren Ursprung oft mehr in der Furcht der Weissen als der Gefährlichkeit der Indianer zu suchen ist^). Nur 1) Der Krieg mit den Nez Perces, der 1877 und 1878 den ganzen NW. in Aufregung versetzte, hatte seinen letzten Grund in einem Vertrag, der 1863 von einer Hälfte des Stammes gegen den Willen der anderen eingegangen war und durch welchen das Waillowa - Thal an die V. St.-Regierung abgetreten wurde. Die unwillige Hälfte blieb in dem Thal und die Regierung bestätigte noch 1871 ihr Recht auf dasselbe. 2) Im Frühling 1873 musste eine Sonder-Commission, bestehend aus Major J. W. Powell und G. W. Ingalls, rasch nach Salt Lake City reisen, um die Gründe zu untersuchen, welche die dortigen Weissen einen allgemeinen Indianer- krieg fürchten liessen. Sie fanden, vorzüglich in Folge des Modoc-Krieges, die Verstimmung der Weissen gegen die Indianer sehr gross und fast eben so gross ihre Furcht vor indianischen Ueberfällen; aber ihre Erhebunjjen unter den 156 III. Die Indianer. der eine Zug ist in der Indianer - Geschichte besonders seit der Erwerbung des pacifischen Gebietes durch die V. St. immer mehr hervorgetreten, das Bestreben nämlich, die Indianer womöglich alle auf Reservationen zu bringen. Man zwang sie zu dahingehenden Verträgen oder sah wenigstens für die Zukunft ihre Versetzung voraus ^). Man sah sich ganz von selbst darauf hingewiesen von dem Augenblick an, wo kein freier unbegrenzter W. mehr vor- handen, sondern die Uferländer des Stillen Meeres sogar der weissen Einwanderung geöffnet waren. Diese Vereinigung der umherziehenden Indianer auf Reservationen, welche es ermögUchten, sie zu übersehen und zu bewachen, war überhaupt das einzig mögliche Ziel, das eine friedliche und menschliche Politik sich stellen konnte. Indem man ihnen sogar für den Lebensunterhalt sorgte, suchte man die Gelegenheit zu bieten, sich mit den friedlichen Be- schäftigungen, in erster Linie mit dem Ackerbau, bekannt zu machen^). Der grosse Fehler war nur von Anfang an die grosse Zahl und die lockere und unvollkommene Organisation dieser Reservationen. Die Reservation ge- hörte einem Stamme oder mehreren, der Boden war Gemeingut, und es fehlte damit jede Anregung zu individuellem Fortschritt. Und doch zeigen Indianern jener Gegend bewiesen ihnen, „dass die Befürchtungen der weissen Ansiedler grundlos und die Indianer selbst noch viel mehr von Furcht besessen waren als die Weissen". Viele Indianer waren sogar aus Furcht in die Berge geflohen. (Report of Spec. Comm. on the Condition of the Utes etc. 1873.) 1) Ein Muster solcher Verträge sind die> welche im Jahre 1863 mit einer ganzen Anzahl von wandernden Indianern, wie Utes, Pai-Utes, Gosi-Utes, W. und NW. Shoshones abgeschlossen wurden, und in denen u. a. gesagt ist: „Der Stamm stimmt zu, dass, wenn immer der Präsident der V. St. es für sie passend erachten wird, das wandernde Leben aufzugeben und als Hirten oder Landbauer sich anzusiedeln, er ermächtigt ist, für sie Reservationen zu bestimmen, wie er sie nöthig halten wird, innerhalb der angegebenen Grenzen; und sie stimmen zu, dass sie dann ihre Wohnsitze nach diesen Reservationen verlegen werden." Die Grenzen, die ein Stamm sich in solchem Vertrage zieht, sind allerdings oft schwer näher zu bestimmen, wie sogar Powell, ein genauer Kenner des Landes, im Spec. Comm. Rep. v. 1873 zugibt. 2) Nur in ungewöhnlichen Fällen ergriffen sie selbst die Initiative, um auf eine Reservation zu kommen. So gaben 1873 die Senarits, ein Stamm der Utes, den Wunsch zu erkennen, auf eine Reservation gebracht zu werden. „Sie gaben an, dass ihr Volk in den letzten Jahren sehr rasch wegsterbe, so dass sie an Zahl stark zurückgegangen seien, und dass sie erschreckt seien durch eine Krankheit, welche kurz vor dem Besuche der Commissare in weniger als einer Wodie 20 von ihnen weggerafft habe." Viele glaubten an Zauber anderer Stämme oder der Weissen, aber welches auch immer die Ursache, sie wünschten III. Die Indianer. 157 die ackerbauenden Stämme des Indianer-Territoriums und die paar Tausend, die ausserdem in den Staaten zerstreut sind, dass diese Anregungen den Indianern eben so nothwendig sind wie irgend einer andern Rasse und auch bei ihnen gute Früchte tragen. Der Schritt über dieses Reservations- system hinaus besteht nun in der Vereinigung der Indianer auf engerem Raum, wo sie angeleitet werden, dass jeder für sich seine Farm bewirth- schafte, sein Haus im Stande halte. Man muss sie dichter zusammen- drängen. In den Reservationen hatten die einzelnen Stämme viel zu viel Land, das aber meistens nur stellenweise gut war. Das hiess sie zum Nomadisiren verleiten, von dem man sie eben entwöhnen wollte. Nach Zusammenlegung der Reservationen könnten die Indianer leichter übersehen und überwacht, Uebelwollende von ihnen fern gehalten und der ungesetzliche Handel mit Waffen und Branntwein mindestens schwerer gemacht werden; die Verpflegung wäre viel leichter zu bewerkstelligen; die Aufgaben der Armee würden vereinfacht. Auch der Wetteifer der Indianer unter einander, welcher durch das Beisammenwohnen civilisirterer und halbwilder entstehen müsste, fällt ins Gewicht. Diesem Grundsatze folgend, hat man in den 4 Jahren von 1872 — 76 1 Superintendenz und 22 Indianer- Agenturen aufgelöst, w^as eine Er- sparniss von CO 000 D. und wahrscheinlich eine noch kostbarere Er- leichterung der Beziehungen zwischen der Regierung der V. St. und den Indianern bewirkte. In seinem Berichte für 1876/77*} betont der Sekretär des Inneren als in der Regierung der Indianer anzustrebenden Grundsatz die Vereinigung aller Indianer auf einigen wenigen Reser- vationen, Annahme seitens derselben von Land in severalty, Ausdehnung der Gesetze und Gerichtsbarkeit der V.St. über dieselben^) und als Folge davon Auflösung der Stammes-Ver- bände. In Bezug auf das erstgenannte Ziel der Indianer-Politik ist also. vor allem ihre jetzigen Wohnsitze zu verlassen. (Spec. Comm. Rep. 1873. 7.) Dagegen erklärte Peah, der Häuptling der Utes von Colorado, als er 1870 auf- gefordert ward, sich mit seinem Stamme nach einer Reservation zu begeben: er lehne dieses Anerbieten ab, da es einstweilen noch genug Büffel gebe; wenn erst die Büffel verschwunden seien, könnten ihre Kinder die Wege der Weissen kennen lernen, jetzt sei es noch zu früh. (Rep. Ind. Comm. for 1870. 12.) 1) Executive Documents 44tii Congr. 2o\ r/7 L_.. 3Sß Oesterreich. 4tZ.7 \m. Oeulschland, RuFsland. \sm^ 3^,^ Erklärung: M? geoarant'iscJiert'Jtfeilin^ JBeoölkeranß nach der 6'eelenAahl. .3Ä^ -'^-^ I nach JfMLynen Hex^ÜLn-. Fr a n k r 6 1 cll . ^^Wi VieJiittimfl nach-JUiVionen^Stüickt. Vereinigle Staaten. K a t z e 1 , Amerika II. 34^ Grofsbrillanien. 18 274 VII. Die Landwirthschaft. VI. Die wichtigsten Erzeugnisse des Ackerbaues der V. St. 1. Getreide. Mais. Der amtliche Erntcbericlit *) nennt als Ertrag der Maisernte im Jahr 1877 1342558000 Busheis, während der Gesammt- ertrag der übrigen Getreidearten: Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Buch- weizen, sowie der Hülsenfrüchte zusammengenommen, weit hinter dieser Summe zurückbleibt. 1860 betrug die Summe der genannten Früchte noch nicht einmal die Hälfte des Maises. Dabei sind die Erträge ungemein regelmässig. In den 7 Jahren vor 1877 waren die Erträge folgende: 1870 . . . 1094255000 B. 1 1874 . . . 850148500 B. 1871 . . . 991898000 | 1875 . . . 1321069000 1872 . . . 1092719000 i 1876 . . . 1283827000 1873 . . . 932274000 I 1877 . . . 1342000000 1870—77 nahm die Zahl der mit Mais bebauten Acres von 38^3 Mill. auf 50 Va Mill. zu, während der Werth des Ertrages p. Acre fast stetig von 15,57 auf 9,54 D. sank. Da nun die Ausfuhr des Maises aus den V. St., im Verhältniss zu dieser Summe, keine sehr bedeutende genannt werden kann — sie betrug im Fiscaljabr 1870/77 70861000 B. — , so kann man sich eine Vorstellung von dem Verbrauch dieser Frucht machen, wobei dann noch in Betracht zu ziehen ist, dass ausser den Körnern auch dem Stroh und den Stengeln der Maispflanze eine hohe landwirth- schaftliche Bedeutung innewohnt. So weit sich der Anbau des Maises oder Welschkorns (Zea Mais L.) seit der Entdeckung Amerikas über die Erde verbreitet hat, nirgends hat er doch grössere Bedeutung erlangt als in seiner amerikanischen Heimat. Besonders in den V. St., deren Land- wirthschaft sonst in vielen Zügen der europäischen sehr ähnlich ist, bedingt gerade die überwiegende Wichtigkeit dieses Getreides wesentliche Unter- schiede, die mit ihren Folgen das ganze wirthschaftliche Leben jener Nation mehr beeinflussen als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist^). Man findet den Mais hier vom Golf bis zur canadischen Grenze und vom Atlantischen bis zum Stillen Meere verbreitet. Durch eine ungewöhnlich ^grosse Variationsfähigkeit passt er sich den verschiedensten äusseren Bedingungen an. Dabei ist ein besonders günstiger Umstand, dass beson- ders variabel diejenigen Eigenschaften sind, welche beim Anbau vorzüglich ins Gewicht fallen: Reifezeit, Höhe der Pflanze, Blattreichthum, Grösse des Kolbens, Zahl der Körnerreihen, Grösse, Form, Härte, chemische Mischung der Samenkörner. In den amtlichen Ernteberichten wird öfters hervorgehoben, dass besonders durch bessere Bearbeitung des Bodens der 1) Rep. of the Commissioner of Agriculture for the Year 1877. Washington 1878. 149. 2) Es ist bezeichnend, dass der Amerikaner den Mais einfach Com nennt. Ebenso heisst in Deutschland, England und Schottland die Brotfriicht, nämlich dort Roggen, hier Hafer, VIT. Die Landwirthschaft. 275 Maisertrag erheblich gesteigert, ja verdoppelt werden könnte. Allein reichere Ernten, als sie jetzt gemacht werden, würden wohl kaum die grössere Arbeit bezahlen, die man dann auf die Maisfelder verwendet. Nicht der geringste Werth des Maises gerade für den amerikanischen Landwirth beruht in der Leichtigkeit seines Anbaues auf frischen Lich- tungen. Er lohnt noch ausgiebig bei der Handbearbeitung und ist daher der erste Lebensunterhalt des in die Wildniss vordringenden Pioniers. Die Praktiker stimmen darin übercin, dass der Boden des amerikanischen W. bis nach Kansas und Nebraska hinein für Maisbau wie gemacht ist, oder wie der letzte Ackerbau-Census sich ausdrückt, dass „Millionen ^ von Acres vorhanden sind, die ganz dazu bestimmt scheinen, diese herr- liche Frucht beim geringsten Aufwand von Zeit und von Arbeit zu er- zeugen" ^). Ein lockerer, feuchter humusreicher Boden wird als der beste für dieses Getreide erachtet; gerade solcher Boden ist aber im S., SW. und Inneren der V. St. weiter verbreitet als irgendwo anders. Gegen- wärtig und wahrscheinlich noch für eine Reihe künftiger Jahre liegt das Gebiet der grossen Maiserzeugung zwischen Missouri, Ohio und der See- region; hier erzeugten 1877 Illinois, Iowa, Missouri, Kansas, Ohio und Indiana zusammen 60 und mit den gleichfalls maisreichen Kentucky, Tennessee , Texas und Pennsylvania 75 Proc. der gesammten , auf 1342 Mill. B. angegebenen Maisernte. An vielseitiger Benützung erreicht den Mais kein anderes Getreide der V. St. Als Grün- und als Trockenfutter wird er jedem anderen vor- gezogen. Die für den Gelderwerb der Farmer so wichtige Schweinemast ' des W. beruht wesentlich auf der Maisfütterung. Für den Menschen ist der Mais von Werth durch sein Mehl, das zu Corn-Brcad verbacken wird, " durch seine Grütze , die als Hominy einen fast unentbehrlichen Bestand- theil des Frühstückstisches des Farmers so gut wie des Feinschmeckers . im W. und S. bildet, durch seine unreifen Kolben, die gesotten eines der beliebtesten Gemüse bilden. Selbst die Schönheit der Maisfclder, die ihre Fahnen im Winde rauschen lassen und deren in den saftigen Böden des W. bis über Manneshöhe wachsende Stengel allerdings einen stolzeren, kräftigeren Eindruck als alle unsere Getreide machen, wird preisend hervorgehoben. — Im Verhältniss zur Grösse der Ernten ist die Ausfuhr des Maises viel geringer als die des zweiten Hauptgetreides, des Weizens; von 1871 — 75 betrug sie durchschnittlich V25 — V30 der ganzen Ernte. Aber sie ist grösser als die irgend eines anderen Getreides und das Verhältniss 1) Jay berechnet in seiner Statistics on American ÄgricuUure (New York 1859 S. 41), dass derselbe Aufwand von Arbeitskraft, menschlicher und thieri- scher, welcher 1 Bushel Weizen in England erzeugt, 10 B. Mais auf gutem Boden der V. St. hervorbringt. 18* 276 Vn. Die Landwirtlischaft. ihrer Menge zu der der Ernte ist in raschem Steigen begriffen. 1877/78 wurde die Ausfuhr auf gegen 120 Mill. B. geschätzt (Vu der Ernte), 1876/77 betrug sie 70 Mill. B. (Vi 9 der Ernte). Weizen. Nächst dem Mais das wichtigste Getreide der Y. St. Er steht weit hinter diesem zurück als Nahrungsfrucht für den einheimischen Bedarf, übertrifft ihn aber weitaus als Gegenstand der Ausfuhr. Weizen ist für die n. Hälfte der V. St. dasjenige Erzeugniss des Ackerbaues, welches am leichtesten seinen Markt findet und Baargeld einbringt. Er gedeiht in den Gegenden mit mehr feuchtem und nur massig warmem Klima besser als Mais, so in Oregon, Minnesota, Wisconsin; aber er ^erzeugt leicht kranke Körner im feuchtwarmen Klima der Mississippi- Niederungen. Den Winterweizen baut man vorwiegend in den ö. und s. Staaten, während ihn aus den Präriestaaten die kalten und austrock- nenden Winde ausschliessen. Die oft sehr dünne oder ganz fehlende Schneedecke erhöht noch diese Gefahr. In den pacifischen Staaten wird N/bloss Sommerweizen gebaut. Die Reifezeit ist im äussersten S. der Mai mit einer mittleren Temperatur von 20 — 21 "C, in Virginien der Juni mit 20—22", in Illinois derselbe Monat mit 21% in New York der Juli mit 18 — 20". Die besten Weizengebiete sind die Gegend um Rochester im w. New York ') und Gettysburg im s. Pennsylvanien , ferner das w. Ohio und ö. Indiana, grosse Theile von Michigan, Illinois, Wisconsin, Minnesota und Iowa, dann im äussersten W. die der See zu gelegenen Theile von Oregon und das mittlere Californien. Was die Grösse der Ernten anbe- ytrift't, so hält man 25 — 30 B. für einen vortrefflichen, 20 für einen guten, 15 für einen genügenden Ertrag. 15 — 20 B. dürften als Durchschnitts- ertrag gelten, Beispiele von 60— 70B. als seltene Ausnahmen zu betrachten sein. — Die gesammte Weizenernte der Y. St. betrug 1870 235884 700, 1877 365 094 800 B. Die durchschnittliche Grösse der Ernte der 8 Jahre 1870—77 betrug 281743 612 B. In gewöhnlichen Jahren wird Ve, in den besten fast Vs der Weizenernte in Korn, ausserdem Vi 2 — Vio als Mehl ausgeführt. Yon dem letzteren werden durchschnittlich 1 Th. als 5 Th. Getreide gleichwerthig betrachtet. Die grössten Exportjahre des letzten Jahrzehnts weisen 95 Mill. B. Weizen (Korn und Mehl) für 1873/74 und 110 Mill. B. für 1877/78 auf. Die Absatzgebiete sind besonders England, wohin 1876 65,5 Proc. aller Getreideausfuhren gerichtet waren, dann Canada, Brasilien und Frankreich. Aber selbst in Deutschland half z. B. 1877 der amerikanische Weizen die Getreidepreise sehr erheblich mitbestimmen. Das Gebiet der grossen Weizenproduktion fällt mit dem Ohio-Gebiet und dem sog. Nordwesten zusammen. Das zusammenhängende 1) Diese auch für die Ohstcultur und Milchwirthschaft wichtige Gegend pflegt als Central New York bezeichnet zu werden. VII. Die Laiidwirtlischaft. 277 Gebiet von Indiana, Ohio, Illinois, Iowa, Wisconsin, Minnesota und Michigan erzeugte 1877 54 Proc. der Gesammternte ^). Roggen ist in den V. St. die wenigst verbreitete von den wichtigen Getreidearten. Er hat keinen Markt. Die eingeborenen Amerikaner ' essen Weizen oder Maisbrot und von den Einwanderern sind nur Nord- deutsche und Skandinavier so an Roggenbrot gewöhnt, dass sie die Frucht anbauen, um sich diesen Genuss zu verschaffen. Nur ein geringer Ueber- schuss kommt auf den Markt und erreicht, wo nicht etwa Brennereien ihn verwenden, oft nur den dritten, selten mehr als den halben Preis des Weizens. Auch die Brennereien verbrauchen jetzt weniger als sonst. Für die leichten Bodenarten, besonders des NO., würde Roggen die passendste Frucht sein, wenn nicht der beschränkte Markt seinem Anbau entgegenstünde. Auf dem leichten sandigen Boden Neu-Englands und einiger Theile von New York gelten 15 B. als ein genügender Ertrag, aber es werden auf besserem Boden bis zu 30 ohne übermässige Düngung gewonnen. Die Roggenernten haben seit 1840 wenig zugenommen. Sie ergaben 1840 18645567, 1870 16918795, 1877 21170100 B. In dem letzteren Jahr wurde am meisten Roggen gebaut in Pennsylvania, diesem folgten New York , Illinois , Wisconsin , Kentucky, Ohio. Seit 1870 hat indessen im S. der Roggenbau zugenommen, wo er zur Gewinnung von Winterfutter betrieben wird. Die Durchschnittsernte von 1870 — 77 betrug 16 890950 B. Das letzte dieser Jahre sah zum ersten Male eine starke Roggenausfuhr, welche über 2 Mill. B. betrug. Gerste. Seit Einführung und Verbreitung der deutschen Bierarten \^ hat der Anbau dieses Getreides sich beständig vermehrt. In den letzten 2 Jahrzehnten hat dasselbe den Roggen überholt. Man baut fast allgemein o^ die vierzeilige Sommergerste; Wintergerste wird wenig gebaut. In New York rechnet man 20 — 25, in Maine 20, in Indiana und Californien 40 B. auf den Acre. 1870 wurden folgende Staaten mit den grössten Erträgen an Gerste verzeichnet : California, New York, Illinois, Iowa, Ohio, Wisconsin, Minnesota. Die Gesammternte der V. St. an diesem Getreide hatte sich 1870 auf 26 295400, 1877 auf 34441400 B. gehoben; die Durchschnitts- ernte der 8 Jahre 1870 — 77 betrug 31 814 724 B. In zu geringer Menge, um in der Statistik berücksichtigt zu werden, oder aber gar nicht angebaut wurde Gerste in den Südstaaten, von Delaware, Tennessee und Arkansas an (einschl.) südwärts. Die Ausfuhr von Gerste schwankte in dem Zeitraum 1868—77 zwischen 59 000 (1868/69) und 1 186000 B. (1876/77). 1) Vgl. nebenstehende Karte. Die wünschenswerthere Vergleichung der Er- zeugimgsmeugen mit der Kopfzahl der Bevölkerung ist für die Jahre nach 1870 wegen des Mangels an zuverlässigen Angaben über die letztere leider nicht durchzuführen. 278 ' VII. Die Landwirthschaft. Hafer folgt unter den Getreidearten nach Menge der Erzeugung und Wichtigkeit unmittelbar hinter dem Weizen. Man baut ihn wenn möglich auf dem ärmsten Land. Besonders geschieht das im 0., wo kein Mangel an letzterem ist. Im W. liebt man ihn als erste Frucht auf Neuland und er erlangt hier einen hohen Werth in den Gegenden, denen es in den ersten Anfängen der Waldlichtung an Heu mangelt. Man rechnet als Durchschnittsertrag 25 — 40 B., aber 70 sind keine Seltenheit. Die Haferernte der V. St. betrug 1870 282 107 157 B. 1877 hatte sich die Haferernte auf 406 394000 B. gehoben und war am grössten in Illinois, New York, Pennsylvania, Iowa, Wisconsin, Ohio, Missouri. Die grösste Ausfuhr von Hafer, welche je erreicht wurde, zeigt 1876/77 mit 2^5 Mül. B. Buchweizen (Buckwheat) wird in allen n. Staaten gebaut, aber hauptsächlich nur als Nebenfrucht. Er hat den Vortheil für Farmer mit geringen Arbeitskräften, dass er erst spät bestellt wird. Er wird grossen- theils nur wegen der starken Nachfrage gebaut, die nach Buchweizen- mehl und -grütze besteht. V3 der Ernte sollen in den Städten zum Consum kommen. Im Verhältniss zur Bevölkerung sind die Buchweizen- ernten heute kleiner als vor 40 Jahren. Die Ernte von 1877 betrug 10177000, die Durchschnittsernte von 1870—77 9010737 und die von 1840 7 291743 B. Der weitaus grösste Anbau, über die Hälfte, findet in New York und Pennsylvania statt. Das Erträgniss p. Acre schwankte von 1870—77 zwischen 20,1 und 14,6 B. 2. Andere Nahrungsgewächse. Hülsenfrüchte. Erbsen (Peas) und Bohnen (Beans) werden zu denselben Zwecken und in derselben Weise gebaut wie bei uns. Das Klima ist ihnen günstig. Der Anbau dieser Früchte ist aber in neuerer Zeit zurückgegangen. Er ergab 1860 15061995 und 1870 5 746027 B. Dieser Ausfall wird ausschliesslich hervorgerufen durch die veränderte Nahrung der Schwarzen, welche als Sklaven jahraus jahrein mit nichts anderem als Porh and Beans, Speck und Bohnen gefüttert wurden, seit ihrer Freilassung aber gleich ihren Herren lieber von Mais und Weizen leben. Linsen werden in ver- schwindend geringer Menge gebaut. Im W. wird die einheimische sog. Oregon-Erbse gebaut, die in Stauden von 1 7« ni wächst. Kartoffeln (Irish Potatoes) gehören ganz wie in Mittel- und Nord- Europa zu den wichtigsten Gegenständen des Ackerbaues, wenn sie auch in einem Lande, wo Mais neben den alten Getreidearten so wohl gedeiht, nicht leicht ein schädliches Ueberge wicht in der Ernährung des Volkes gewinnen können. Die Menge der Kartoffelerzeugung hat mit der Be- völkerung im Allgemeinen Schritt gehalten. Sie betrug 1870 143 337473 und 1877 170092000 B. Die Zahl der mit Kartoffeln bepflanzten Acres hat sich von 1325119 in 1870 auf 1792 287 in 1877 gehoben. Der aus- gedehnteste Kartofl'elbau findet sich in den bevölkertsten Staaten: ein VII. Die Landwirthschaft. 279 deutliches Zeichen für die allgemeine Yerwerthung derselben in der Er- nährung der Bevölkerung. New York, Pennsylvania, Ohio, Illinois und Michigan haben den grössten Kartoffelbau. Verhältnissmässig stark ist dieser Zweig des Ackerbaues im äussersten NW. vertreten, wo das feuchte Klima von Oregon und Washington Terr. ihm ganz besonders günstig sein soll, und auf den jetzt noch erst in den Anfängen der Besiedelung stehenden Hochebenen der Westgebirge, wo die Getreidearten nicht mehr mit Vortheil angebaut werden können. Sie bildet in den dortigen jungen Ansiedelungen die Hauptnahrung. Dagegen tritt die Kartoffel im S. ganz in den Hintergrund, so zwar, dass S. Carolina, Georgia und die Golf- staaten noch nicht 1 Mill. B. davon erzeugen. Hier tritt die sogleich zu erwähnende süsse Kartoffel an ihre Stelle. — Der Durchschnittsertrag p. Acre belief sich in 1870 — 77 auf 88,7 B. und dem Werthe nach auf 52,04 D. Batate, süsse Kartoffel (Sweet Potato), die Wurzelknollen von Convolvulus Batatas, ist die südliche Vertreterin der eigentlichen Kar- toffel. Noch in den Ohiostaaten wird sie in Gärten gezogen. Als nährende und wohlschmeckende Speise findet sie im N. wie im S. eine ausgedehnte Verwendung. Sie bildet einen hervorragenden Gegenstand der Ausfuhr aus den Süd- nach den Nordstaaten. Die südatlantischen und Golfstaaten liefern durchschnittlich *lb aller Bataten. Der Anbau dieser Frucht hat gegen früher abgenommen. Man gewann 1860 42095025 und 1870 21 709824 B. Das Aufhören der Sklavenarbeit und die Vermehrung des mit Mais und BaumwoUe bebauten Landes sind in diesem Rückgange fühlbar. Die Rüben arten (Turnips, Carots, Beets) werden in grösserem Masse bloss zur Fütterung des Viehstandes, dessen Durchwinterung sie erleichtern, und auch nur im N. angebaut. In den Präriestaaten wird ihnen die Neigung des Klimas zur Trockenheit gefährlich. In der Er- nährung der Bevölkerung spielen sie eine geringe Rolle, lieber die Zuckerrübe s. u. Ausser unseren gewöhnlichen Blattgemüsen und Salaten, von denen die Mehrzahl in der amerikanischen Küche eine weniger ausge- dehnte Verwendung findet als in der deutschen, werden noch einige Pflanzen, halb Garten- halb Ackergewächse, vom Amerikaner mit Vorliebe gebaut. Tomate oder Paradiesapfel (Tomato) und die ihr verwandte Eierpflanze (Egg -Plant), Kürbis (Pumpkin, Squash), von denen die letzteren auch zur Nahrung des Menschen dienen, Melone, besonders Wassermelone (Melon), Rhabarber (Rhubarb) fehlen in keinem Farm- garten. Tomaten werden massenhaft genossen, Squash- und Rhubarb-Pie ^^ spielen bei festlichen Gelegenheiten eine so grosse Rolle, dass man sie' fast als Nationalspeisen bezeichnen könnte. 280 VII. Die Landwirth Schaft. 3. Handelsgewächse. Baumwolle. Die in den V. St. ange- baute Baumwolle gehört Spielarten des in der Neuen Welt ursprünglich heimischen Gossypium Barbadense Koyle, einer Unterart von Gossypium herbaceum, an. Die hauptsächlichsten Spielarten sind die schwarssamige v'oder Sea Island, auch Langstapel genannt; die grünsamige, auch High- land und Kursstapel genannt; die LittleGulf und die mexiJcanische. lieber die Grenze des Baumwollenbaues ist oben gesprochen (S. 239). Er findet sein ununterbrochenstes Verbreitungsgebiet an den in der Regel frost- freieren Küsten und in den gleichfalls mit milderem Klima ausgestatteten Thälern der grösseren Flüsse. Die Küstenstrecken gelten überhaupt als die günstigsten 0 ertlichkeiten für Baumwollenbau und zwar nicht, wie die vergleichenden Analysen ergeben , wegen des Salzgehaltes ihres Bodens. Ein Uebermass von Feuchtigkeit wirkt ungünstig auf die Ent- wickelung des Stoffes , behufs dessen Erzeugung diese Staude allein angebaut wird. Man rechnet bei Boden von mittlerer Fruchtbarkeit auf einen Ertrag von durchschnittlich 100 Kg. reiner Baumwolle *). Von allen Zweigen der nordamerikanischen Landwirthschaft ist der Bau der Baumwolle derjenige, welcher am meisten zum Export beiträgt; die Baumwollenausfuhr wird nur von der Gesammtsumme der Getreide- und Fleischausfuhr übertroffen. An Geldwerth übertreffen seinen Ertrag nur Mais und Heu, und Weizen erreicht ihn. Aber es gibt dieser Cultur der Umstand eine besonders grosse Bedeutung, dass bis heute die Süd- staaten der Union ein Monopol für die Erzeugung guter Baumwollen besitzen, und selbst die verwüstende Pause des Krieges von 1861 — 65 hat dasselbe nicht zu beseitigen vermocht. Die Blokade der s. Häfen bewog damals die europäischen Baumwollverbraucher zu den grössten Anstrengungen, um aus anderen warmen Ländern Baumwolle herbeizu- schaffen, und England, der Hauptverbraucher, dessen Einfuhr von Roh- baumwolle 1858 — 60 zu Vö aus den V. St. stammte, führte 1862 2V2, 1863 1, 1864 IV2 Proc. seiner Gesammteinfuhr aus den V. St. ein, dagegen hob sich dieser Antheil schon im ersten Friedensjahr 1866 auf 37 und stand 1876 bei 62 Proc. , während die indische Baumwolle in dem letzteren Jahr auf 18 V« Proc. der Gesammteinfuhr gefallen war'*). 1) Die Angaben über die mittleren Erträgnisse der BaumwoUenfelder be- ziehen sich auf die nicht sehr intensive und aufmerksame Cultur, wie sie im S. noch meistens üblich. Aber bei vorzüglicher Bearbeitung und Düngung sind Er- trägnisse von 4—5000 Samen-Baumwolle (entspr. ungefähr 12—1600 gereinigter) keine Seltenheit. (Vgl. Cotton under high Culture in Rep. Agric. Dep. 1867. 409.) 2) „Die Concurrenz Indiens mit den V. St., welche ihre beherrschende Stel- lung in der Baumwollerzeugung wieder einnehmen, ist geradezu hoffnungslos geworden" schrieb The Times in einem Artikel über den Handel mit Indien (Weekly Ed. Oct. 25. 1878), der einen Hauptantheil an der kritischen Lage flieses Handels der rasch wachsenden I3aumwollerzeugung der V, St, zuschreibt. I VII. Die Landwirthschaft. 281 Der Gang der Preise lehrt dasselbe. Auf dem britischen Markt waren die Durchschnittspreise für je ein e. Pfd. folgende: Baumwolle der V. St. . „ aus Indien. 1872 1873 1874 1875 9,9 9,1 8 7,7 7 6,4 6 5,7 1876 6,4 5,1 Die grosse Leistungsfähigkeit dieses Zweiges der nordamerikanischen Landwirthschaft geht ferner aus der raschen Erholung hervor, welche er nach dem Kriege trotz sehr ungünstig veränderter Vorbedingungen erfuhr. Die durchschnittliche Grösse der Produktion in den 12 Jahren von 1865—76 übertrifft um 2 Mill. Ballen (gegen 900 Mill. e. Pfd.) die einer gleichlangen Periode von 1850—61. Eine Ernte, die zu ihrer Zeit für unerhört galt, die von 1859, ist von der von 1875 bis auf 2 Proc. erreicht. Gründe dieser Thatsache liegen zunächst in dem ausgedehn- teren Raum, auf dem heute die Cultur der Baumwolle betrieben wird; derselbe ist besonders in Texas ausserordentlich gewachsen und hat sich auch in den alten Staaten durch das Hinzukommen zahlreicher kleinerer ^^ Farmer vermehrt, welche früher brachliegende Grundstücke neu bebauen; dann ist es aber ferner eine genau festgestellte Erfahrung, dass der Ertrag p. Acre sich mit der Verkleinerung der Farmen vergrössert hat, wobei indessen die ausgiebigere Verwendung von künstlichen Düngern und die ^ Benützung der Baumwollensamen (Cotton-seed) als Düngmittel besonders in den älteren Staaten als mitwirkende Faktoren mit in Rechnung zu ziehen sind. Der Anbau der Baumwolle in den V. St. hat erst seit 1790 seine grosse Bedeutung gewonnen. 1790 betrug die Ausfuhr 189 316 Pfd., 1800 17 789 803, 1810 93 261462 Pfd. 1840 war die Gesammternte auf 790479 275, 1850 auf 987 637 200 Pfd., 1860 auf 5 387052, 1870 auf 3011996, 1878 auf 4811000 Ballen gestiegen. Zur Ausfuhr kamen von der letzteren 3V3 Mill., zum eigenen Consum IV2 Mill. Flachs spielte vor der Zeit des grossen Baumwollenbaues eine sehr wichtige Rolle in dem Haushalt des nordamerikanischen Ackerbauers, der sammt seiner Familie mit Vorliebe liomespun cloth, hausgemachte Kleidung, trug. Der Census von 1810 gibt 21 Mill. Ellen Leinwand als Erzeugniss der Hausindustrie am, die damals in New York, Virginien und Pennsyl- vanien stark verbreitet war. Gleichzeitig bildete der Leinsamen einen hervorragenden Gegenstand der Ausfuhr. Später hat die Benützung der Flachsfaser so sehr nachgelassen, dass lange Zeit die Pflanze nur um des Leinsamens willen gebaut ward. Erst das Aufkommen einer heimi- schen Leinen-Grossindustrie hat auch dem Flachsbau wieder neues Leben eingehaucht. 1850 wurden 562 312, 1870 1 730444 B. Leinsaat gewonnen. In dem letzteren Jahre wurden aber noch 27« mal mehr davon eingeführt als im Lande selbst erzeugt, 1875 betrug die Einfuhr 6 227012 B, Die 282 VII. Die Landwirthschaft. Haupterzeugung findet in Iowa, Kansas und Minnesota statt. Einer der Gründe der Vorliebe, mit welcher gerade in den jungen Staaten diese Cultur betrieben wird, liegt in dem raschen Reifen und der frühen Ver- werthbarkeit derselben. Sie steht darin allen anderen Erzeugnissen des w. Ackerbaues voran und für den Farmer ist dies natürlich ein schwer- wiegender Vorzug. Die Flachserzeugung wurde 1850 auf 7 709 676, 1870 auf 27133-034 Pfd. angegeben. Für 1877 liegt keine zusammenfassende Statistik vor, aber ausser in den schon oben angeführten w. Staaten ist die Flachserzeugung nicht im Fortschreiten. Die mit der Gewinnung der Fasern verbundene Arbeit wird für zu theuer und mühsam erklärt. In den letzten Jahren erschienen indessen auch Californien und Oregon mit erheblichen Mengen von Flachs auf dem Markte. 1876 wurden l^U Mill. Pfd. Flachs im Werth von 1060437 D. eingeführt, vorzüglich aus Russland und Canada. Hanf. 1850 wurden 34871, 1860 74493, 1870 12 746 T. gewonnen. Dieser Rückgang hängt zusammen mit dem Aufhören der Sklavenarbeit, denn 1860 hatten die Sklavenstaaten Kenntucky und Missouri 80 Proc. der gesammten Hanfernte geliefert. Auch 1870 lieferten sie beide 82 Proc, aber dies machte nur Ve von dem aus, was sie 10 Jahre vorher erzeugt hatten. In den älteren Staaten und bei freier Arbeit ist der Hanfbau immer wenig beliebt gewesen, weil er einen vorzüglichen Boden und dazu noch eben so viel Arbeit verlangt wie die Baumwolle. Sein natürlicher Platz war an der klimatischen Grenze der eigentlichen Baum- wollenstaaten, also in Missouri und Kentucky. Die Einfuhr von Hanf aus England, Deutschland, China und Manila betrug 1876 36 Mill. Pfd. im Werthe von 2 247 540 D. Gespinnstpflanzen von örtlicher Bedeutung sind einige Agaven, besonders Agave sisalana und americana, zu nennen, welche in Florida und S. California in geringer Menge angebaut werden. Die Ranken des Hopfens werden in grosser Ausdehnung zu Bindfaden verarbeitet. Die Korbweiden, welche in Amerika von verschiedenen einheimischen Arten gewonnen werden können, bilden einen Gegenstand des Anbaues in verschiedenen Gegenden des N. Zuckerrohr. Feuchtigkeit und Wärmesumme befähigen den s. vom 34. Breitegrad und ö. von dem Hügelland von Texas gelegenen Theil der V. St. zum Anbau des Zuckerrohrs, aber in Wirklichkeit ist dasselbe in nennenswerther Ausdehnung nirgends n. vom 32. Breitegrad angepflanzt. Nur Louisiana und Florida haben eine bedeutende Zuckererzeugung und selbst in diesen beiden dem tropischen Klima am nächsten kommenden Staaten ist von einer völligen Reife des Zuckerrohrs nicht die Rede. Kaum der halbe Stengel eignet sich zum Mahlen und der Ertrag an Zucker ist in Louisiana nur etwa 10 Ctr. p. Acre, während er in Westindien VII. Die Landwirthschaft. 283 30 — 60 Ctr. erreicht. Von so zahlreichen Ernten aus einem und demselben Wurzelstocke wie in tropischen Gegenden ist hier nicht die Rede. Man gewinnt eine Ernte aus dem Pflanzrohr, wie es im ersten Jahr genannt wird, und zwei weitere aus den Maitoons oder Wurzelstöcken. Dabei ist nur das fruchtbarste Land dieser Cultur zugänglich. Immerhin ist die Rohrzuckererzeugung der V. St. nicht unbedeutend. Sie betrug 1860 230982 Hogsheads; 1870 war sie auf 87043 Hhds. zurückgegangen, und zwar wurden 80 706 in Louisiana, 2020 in Texas, 1410 in Tennessee, 1055 in S. Carolina und 952 in Florida gewonnen. Sie ist seit dieser Zeit wieder im Steigen begriffen. An Syrup wurden 1860 14936693 und 1870 6 593 323 Gallonen erzeugt. Die Gesammterzeugung machte in 1877 nur etwas weniges mehr als V9 des auf 666194 T. angegebenen Verbrauches aus und wurde die Summe des für Zucker an das Ausland abfliessenden Geldes auf 100 Mill. D. veranschlagt. Eine Untersuchung über die Gründe dieses unbefriedigenden Standes, welche der Com- missioner of Agriculture 1877 anstellte*), ergab, dass an demselben vor- züglich der Mangel an hinlänglich grossem Capital und brauchbaren Arbeitern schuld sei, bedingt durch die Aufhebung der Sklaverei und die dadurch herbeigeführte Zerrüttung aller wirthschaftlichen Verhältnisse. Auch die Methoden des Anbaues und der Verarbeitung scheinen nach diesen Ergebnissen der Verbesserung zugänglich zu sein. Endlich sind auch die häufigen Ueberschwemmungen schädlich'^). Selbst bei der optimistischsten Darstellung , wie sie derartigen Schriftstücken leider eigen zu sein pflegt , kann selbst dieser Bericht nicht verschweigen, dass sogar bei weitgehender Unterstützung seitens der Regierung die Rohrzuckererzeugung in den V. St. schwer dazu kommen werde, dem sehr starken und jedenfalls noch zunehmenden Verbrauch allein zu genügen. Dieser Verbrauch betrug 1876/77 31,87 e. Pfd. auf den Kopf der Be- völkerung. Sorghum, ^uckerhirse, Imphee, Guineakorn (Sorghum vulgare in mehreren Varietäten) wird vorzüglich in den mittleren Ohio- und Mississippi- Staaten als eine Art Surrogat des Zuckerrohres und gleichzeitig als Futter- und Körnerfrucht gebaut. Die Anforderungen dieser Pflanze an Klima und Boden sind ungefähr dieselben wie die des Maises, doch entwickelt sie in den nördlichsten Staaten den Zuckergehalt nicht zur Genüge. Der Saftertrag ist dem Gewichte nach 50 Proc. der von den Blättern befreiten Stengel und man braucht 5—10 Gall. Saft zu 1 Gall. Syrup. Der Syrup- ertrag eines Acre wechselt von 150—400 Gall. Die Ernte- und Mahlzeit V^ 1) S. Mittheilungen über dieselbe in Rep. Comm. of Agric. f. 1877. Wash. 1878. 228 f. 2) Die Ueberschwemmungen des Frühlings 1874 zerstörten allein an Zucker- ' Pflanzungen in Louisiana 24713 Acres. 284 VII. Die Landwirtbscliaft. sind August und September. Die Zeit und Art der Pflanzung sind die- selben wie die des Maises. In verhältnissmässig kurzer Zeit bat es eine grosse Verbreitung gefunden ^) , denn erst in den 50 er Jabren wurde es zuerst in grösserer Ausdebnung zu bauen angefangen und lieferte docb scbon 1860 6 749123 Gall. Syrup. Der Census von 1870 verzeicbnet als aus Sorgbum gewonnen 16050089 Gall. Syrup und 24 Hbds. Zucker. Die Haiipterzeugung findet statt in Indiana, Obio, Illinois, Kentucky, Missouri und Tennessee. Sie ist in der Zunabme begriffen. Zuckerrübe (Beet). Die Zuckergewinnung aus der Zuckerrübe bat trotz mancber Anläufe bis jetzt keine Erfolge aufzuweisen. Die klimatiscben Verbältnisse sind ibr im S. entscbieden nicbt günstig, und im N. sind in manchen Jabrgängen die unzulänglicben Regen des Früb- sommers ein ernstbaftes Hinderniss. Die z. Tb. grossartig angelegten k/ Fabriken für Kübenzuckererzeugung in Cbatwortb 111., Sank Cy. Wisc. und Sacramento Cal. sind nacb kurzer Wirksamkeit wieder eingegangen. Mais als zuckerliefernde Pflanze ist neuerdings eindringend empfoblen worden^). Der Zuckergebalt der Stengel wird als l—Vh Proc. unter demjenigen des Sorgbum und 4 — 7 Proc. unter dem des Zuckerrohrs stabend angegeben. Die anerkannte Angepasstbeit des Maises an Boden, Klima und Arbeitsweise Amerikas und die daraus folgende Gefahr der Ueberproduktion dieses Getreides werden u. a. als Gründe geltend gemacht, welche für die Verwendung des Maises zur Zuckerbercitung sprechen. Ahorn Zucker, durch Abzapfen und Abdampfen des Saftes von Acer saccharinum im Spätwinter gewonnen, bildet in der rohen braunen Form oder als Syrup mit etwas stechend-aromatischem Nebengeschmack bei der Landbevölkerung einen nicht unwichtigen Ersatz des gewöhnlichen Zuckers. Am meisten gewinnen Vermont, New York, Ohio und Michigan. 1870 wurden 28 Mill. Pfd. Zucker und über 900000 Gall. Syrup ge- wonnen 3). 1) Ein Hauptgrund, warum der Sorghumbau sich so rasch Bahn brach, dürfte in der Geschichte der Culturpflanzen ziemlich vereinzelt dastehen, nämlich ^ die Agitation , welche zu seinen Gunsten von den Autisklaverei-Parteien und -Gesellschaften ins Werk gesetzt wurde. Man wollte seinen Thee nicht mehr mit Zucker versüssen , der von Sklavenhänden gewonnen war, und nicht mehr aus eigenem Beutel die Sklavenhalter unterstützen. Aus demselben Grunde war schon früher der Ahornzucker den Nordischen aus Herz gelegt worden. 2) F. L. Stewart, Maize and Sorghum as Sugar Plants. In liep. Comm. Agric. Wasb. 1878. 236 f. 3) Für die Indianer des NW. ist die im ersten Frühling eintretende Mög- lichkeit, die Ahornbäume anzuzapfen, oft die letzte Bettung von Hungersnoth. Saft und Zucker sind Nahrungsmittel bei ihnen. Eine Familie kann 1000 bis 1500 Pfd. Ahornzucker machen. (Owen, Rep. Geol. Wisconsin 1852. 432.) I YII. Die Landwirthschaft. 285 Tabak. Der Tabak gilt noch immer wie vor 250 Jahren, wo der Anbau in Virginicn wegen seiner Einseitigkeit beschränkt werden musste, für eines der lohnendsten Erzeugnisse des amerikanischen Ackerbaues, aber der Tabaksbau ist unter den Verhältnissen, welche nach der Auf- hebung der Sklaverei in den alten Tabakgegenden der Y. St. herrschen, ein anderer und im Allgemeinen wahrscheinlich praktischerer geworden als er früher war. Die Kleinwirthschaft einzelner Farmer ist dieser Cultur heute günstiger als die Plantagen wirthschaft der Sklavenhalter, denn nur der sorgfältig behandelte Tabak, den die letztere viel weniger zu liefern vermag, findet gegenwärtig einen guten Markt. Uebrigens nöthigt aucli die weitgediehene Aussaugung der alten Tabakländereien zu einer intensiven Cultur. Am meisten Tabak baut gegenwärtig Kentucky, durchschnittlich 3 mal mehr als Virginien, dann folgen der ebengenannte Staat, Tennessee, Ohio, Maryland, Missouri, N. Carolina, Indiana und Connecticut. In neuester Zeit hat Missouri die grössten Fortschritte ^y gemacht, die ihm z. B. 1875 seine Stelle unmittelbar hinter Tennessee anwiesen. Florida baut seit lange cubanischen Tabak, von dem 1875 350000 Pfd. geerntet wurden. Der Bericht des amtlichen Erntestatistikers spricht ihm eine Güte zu , die der des cubanischen nicht nachstehe *). Der Rückgang in der Tabakserzeugung Virginiens hängt übrigens nicht bloss mit der Aussaugung des Bodens, sonder mindestens eben so sehr mit dem allgemeinen Verfall des dortigen Wirthschaftssystems zusammen. Uebrigens gab es 1870 nach den Censusausweisen nur 4 Staaten oder Territorien, in welchen gar kein Tabak, und weiter nur 8, in denen weniger als 1000 Pfd. geerntet wurden. Er findet in der That über das ganze Gebiet hin überall Gedeihen. Im Ganzen scheint er dieselben Wachsthumsbedingungen wie Mais zu haben. Aber aus den Ernteberichten geht hervor, dass ihm übermässige Feuchtigkeit und frühe Herbstfröste häufiger schaden. Die n. Grenze seines Verbreitungsgebietes wird durch die Linie mittlerer Juliwärme von 17 " C. bestimmt. Hopfen (Hops). Die Ilopfenerzeugung ist in den V. St. stark in der Zunahme begriffen , woran ausser dem eigenen immer noch zu- nehmenden Verbrauch die Ausfuhr einen bedeutenden Antheil hat. 1840 wurden 1238 502, 1870 25 45GG69 Pfd. geerntet. Die Hopfenernte von 1878 wurde auf 22000000 Pfd. (etwa Va der normalen europäischen Ernte) veranschlagt. Der Verbrauch beträgt erheblich weniger. Zur Ausfuhr kamen im Jahr Juni 1877/78 185000 Ctr. im Werth von 2V6 Mill. D. Man schreibt dem Hopfen dieselben Wachsthumsbedingungen zu wie dem Mais und Tabak. Die leichte Beschaffung der Stangen, zu denen man die dauerhaften jungen Cedern auszuwählen pflegt, hat die Ausbreitung des Hopfenbaues begünstigt. 1000 Pfd. p. Acre werden als 1) Rep. Comm. Agriculture for 1875. Washington 1876. 55. 286 * VII. Die Landwirthschaft, eine schöne Ernte betrachtet. Der grösste Hopfenbau wird in New York betrieben, wo nahezu 70 Proc. der Gesammternte von 1870 gewonnen wurden. Ausserdem ist nur noch Wisconsin zu nennen. Indigo*), der einst einen der Stapelartikel des Plantagenackerbaues in den atlantischen Südstaaten bildete, wird gegenwärtig in so geringer Menge erzeugt, dass er seit 1840 selbst nicht mehr in den Censusberichten aufgeführt wird. Während die Ausfuhr nach 1794 sich auf V/z Mill. Pfd. belief, war sie 1841 auf 2200 und 1850 auf 2740 D. gesunken. Wenn heute noch Indigo irgendwo in den Südstaaten angebaut wird, geschieht es in so geringem Masse, dass derselbe für die grossen wirthschaftlichen Verhältnisse ohne Bedeutung bleibt. In Georgia und S. Carolina findet vornan die Indigopflanze verwildert. 1876 wurden 999 139 Pfd. Indigo im Werthe von 794990 D. in die V. St. eingeführt und zwar hauptsächlich aus Ostindien, Grossbritannien und Colombia. Reis (Rice). Diese tropische oder subtropische Frucht wurde in den V. St. immer nur auf einem verhältnissmässig beschränkten Räume gebaut, nämlich in den sumpfigen Küstenstrichen von S. Carolina, Georgia und Louisiana; auch in einem kleinen Strich in N. Carolina am Cape Fear R. wird Reis gebaut. Aber er hat lange Zeit einen der Stapel- artikel des südlichen Ackerbaues gebildet. Er bildete mit Indigo zusammen im ganzen 18. Jahrhundert den Hauptausfuhrgegenstand von S. Carolina und Georgia. Der erstere Staat führte in günstigen Jahren bis zu 50 Mill. Pfd. aus. 1791/92 wurden von ihm sogar 55 Mill. Pfd. aus- geführt. 1850 betrug die Ernte 215 313497, 1860 187167032, 1870 73 635021, 1876 gegen 90000000 Pfd. Die Abnahme des Ertrages ist nicht bloss eine Folge der Veränderung, die in der ganzen südlichen Wirthschaftsweise nach 1864 eingetreten ist, sondern hat ihre tieferen Gründe. Dies zeigt nicht bloss die Thatsache, dass sie schon vor 1860 v" eintrat, sondern auch die, dass unter den neuen Verhältnissen Louisiana, das früher als Reisstaat kaum in Betracht kam, sich zu einer bedeuten- deren Reiserzeugung aufgeschwungen hat als sowohl S. Carolina wie Georgia, und zwar in stetigem Fortschreiten und im Wettstreit mit dem Zuckerrohrbau, dessen Gebiet von dem des Reises immer mehr in Anspruch genommen wird. Reis wird in einigen Thcilen von Louisiana für einen gewinnreicheren Anbau gehalten als Zucker. Dass man in den Mississippi- Niederungen die Hochwasserstände dieses Stromes für die Bewässerung verwenden kann und fast immer fliessendes Wasser über den Pflanzen hält, wird als ein Vortheil angesehen, den dieses Gebiet im Vergleich mit dem von Carolina und Georgia bietet. Bei geringerer Sorgfalt ist indessen auch die Güte des Louisiana - Reises nicht auf der Höhe derjenigen des Carolina-Reises. 1877/78 kamen 616050 Pfd. Reis zur Ausfuhr. 1) Vgl. den betr. Artikel in Rep. Comm. of Agriculture f. 1873. 255 — 61. VII. Die Landwirthschaft. 287 4. Obstbäume. Nach einer Zusammenstellung von Mitte 1878 nahm der Obstbau 47« Mill. A. Land ein und wurden 112 Mill. Apfelbäume, 28 Mill. Birnbäume, 113 Mill. Pfirsichbäume und 142 Mill. Rebstöcke gezählt. Der Werth einer mittleren Obsternte wurde auf 138 Mill. D., also nahezu die Hälfte einer guten Weizenernte, geschätzt. Der Apfelbaum ist der wichtigste und verbreitetste von den nord- amerikanischen Obstbäumen. Man sagt, dass der erste 1629 von England -" nach Neu -England verpflanzt worden sei. Ob nicht einige von den ein- heimischen Arten gewissen besonderen Spielarten Ursprung gegeben haben, welche man besonders im S. gezogen hat, ist eine strittige Frage. Sicher ist nur, dass diese Wildäpfel ausgezeichnete Stämme zum Veredeln liefern. Das vortreffliche Gedeihen des Apfelbaumes und seine frühen und regel- mässigen Erträge haben ihn zum bevorzugten Obstbaum des amerikanischen Farmers gemacht. Er ist in alle Theile der Union verpflanzt worden. Ausser den besseren Früchten für den Tisch des Menschen liefert er den unschädlichen und allgemein beliebten Cider, der im Interesse der '^ Massigkeit so viel wie möglich propagirt wird. In den Neuengland-Staaten rechnet man durchschnittlich 400 B. im Werth von 240 D. auf den Acre. In Maine, wo die Veredelung weit vorgeschritten ist, hält man Apfel- bäume für die ertragreichste Cultur überhaupt. Ein wahres Aepfel- paradies ist das mittlere New York in der Gegend von Geneva, Rochester ^ und Syrakus. Die Aepfelernte von 1873 wurde hier auf 3 Mill. D. Werth geschätzt. Von hier flndet auch eine starke Ausfuhr von Aepfeln nach Europa statt. Der S. versorgt den N. massenhaft mit Frühäpfeln. 1877/78 wurden 279 372 B. frische und 418G719 Pfd. getrocknete Aepfel aus- ^ geführt. Der Birnbaum kommt im wilden Zustande in den V. St. «icht vor und die Anpflanzung des zahmen hat bisher nur in beschränktem Masse stattgefunden. Die Ursache davon liegt vorzüglich in der sorg- fältigen Pflege, die dieser Obstbaum erfordert, in seinem späteren Tragen und in der geringen Verwerthbarkeit und Haltbarkeit seiner Früchte. Er ist jedenfalls für den Farmer nicht so bequem wie der Apfelbaum. In neuerer Zeit hat sich übrigens Californien durch die Zucht edler Birnen- vX arten ausgezeichnet. Der Birnbaum ist früher häufiger angepflanzt worden als jetzt. Der Birnmost (Perry) war einst das beliebteste Getränk der -^ Colonisten. Wahrscheinlich war der Hauptgrund seines Rückganges die häufige Zerstörung der Blüthe durch Nachtfröste. Der Pfirsichbaum ist nächst dem Apfelbaum der verbreitetste Obstbaum in dem grössten Theil der V. St. Er ist nur aus den nörd- lichsten Staaten ausgeschlossen, kommt dagegen am häufigsten in den mittleren Staaten vor. Die Leichtigkeit, mit der man ihn aus Fruchtkernen ^ zieht, und die Schnelligkeit, mit welcher er seine volle Tragfähigkeit er- reicht, machen ihn zum Liebling des Farmers. Die Pfirsiche sind überall 288 VII. Die Landwirthschaft. in den V. St. so begehrt, dass sie massenweise für den Versandt gezogen werden. Die grösste Erzeugung dieser Frucht findet in den Staaten Delaware, Maryland und Virginia statt, ferner im s. Theil von New Jersey, in Long Island und an der Südküste des Erie-Sees. In den Lagen, die nicht vorzüglich geschützt sind, nimmt man an, dass von 5 Jahren nur 3 volle Ernten bringen. Der Pfirsichbau ist übrigens auch dadurch beliebt, dass er mit minder gutem Boden vorlieb nimmt. Erträge im Werth von 200 D. p. Acre sollen nicht selten sein. Der Pflaumenbaum ist dem Klima der V. St. ganz angemessen. Verschiedene wilde Pflaumen kommen in den Wäldern vor, und auf diese ^ pfropft man die europäischen Arten. Dieser Baum ist besonders im NO. und vorzüglich in Maine mit Erfolg gezogen worden und wurden von dort Erträge von 3 — 400 D. p. Acre gemeldet. Unsere Zwetschge soll merk- würdigerweise viel weniger leicht fortkommen als die gewöhnliche Pflaume, doch ist sie von Deutschen in Pennsylvanien u. a. mit gutem Erfolg an- gepflanzt worden. Kirschen und Aprikosen scheinen diejenigen altweltlichen Obst- arten zu sein, denen das amerikanische Klima am wenigsten zusagt. Die Frühjahrsfröste schädigen sie im N., während ihnen der S. schon zu heiss ist. In s. Theilen von Ohio und in Kentucky dürfte noch das beste Klima für den Kirschbaum zu finden sein. Die Aprikose wird fast nur am Spalier gezogen. Die Maulbeere ist einheimisch in den Mittel- und Südstaaten und gedeiht hier auch vortrefflich. Die zahme Kastanie ist als Baum und Strauch einheimisch (s. o.) und beide geben geniessbare Früchte. -Von den besonderen Fruchtbäumen des S. hat sich die Orange mehr und mehr zum wichtigsten entwickelt. Ihre Cultur wird besonders in Florida mit Eifer betrieben, ausserdem im s. Louisiana und in Süd-Cali- fornien. Von dieser Frucht wird in den V. St. eine viel grössere Menge consumirt als bei uns und der dortige Markt bedarf noch erheblicher Zufuhren aus Westindien, Südeuropa u. s. f. Die Cultur hat sich haupt- sächlich wegen ihrer grossen Einträglichkeit und der geringen Mühe, die sie nach Ueberwindung der ersten Schwierigkeiten bereitet, rasch aus- gebreitet, findet aber selbst in Florida und Louisiana ein Hinderniss an der zeitweiligen Zerstörung der Ernten oder sogar der ganzen Pflanzungen durch Fröste (s. o. S. 237). Die Orangenernte von Louisiana wurde 1876 auf 32 Mill. Orangen, entsprechend etwa 70000 Bäumen, die von Californien auf 7 Mill. von gegen 50000 meist noch jungen Bäumen an- gegeben ; die von Florida dürfte das 5 fache von diesen betragen. Ausserdem kamen noch 200 Mill. Orangen und Citronen im Werth von etwa GOOOOO D. 1876 zur Einfuhr und zwar vorzüglich von Westindien, den Azoren, aus Südeuropa, Mexico und Tahiti. VII. Die Landwirtiischaft. 289 Die Citrone und andere Abarten des Citrus -Geschlechtes treten hinter den Orangen zurück. Sie erlangen jedenfalls keine Bedeutung als Handelsartikel. Die Mandel gewährt keinen sicheren Ertrag in den. mittleren Staaten und ist in den südlichen bis jetzt nur wenig verbreitet. Die Olive gedeiht in den atlantischen Südstaaten nicht gut, wahrscheinlich wegen übermässiger Feuchtigkeit, kommt dagegen, wie auch die Kork- eiche, in Süd-Californien vortrefflich fort. Zu den vorzüglich im S; ge- deihenden Früchten ist auch die Erdnuss (Pea-Nut, Arrhachis hypogaea) zu zählen, von der z. B. Virginia 1876 allein 40000 B. erzeugte, 5. Der Weinbau. Nord- Amerika hat einheimische Reben, die zum Theil reiche und sehr geniessbare Früchte tragen, aber der Weinbau ist im ö. Nord -Amerika nicht eher betrieben worden, als bis die Colonie Virginien gegen 1620 Reben und Winzer aus Frankreich und Deutschland kommen iiess. Er ist aber trotz aller Aufmunterungen der Behörden nur in ganz vereinzelten Fällen gediehen. Bis zu den Versuchen, welche seit Anfang unseres Jahrhunderts im Ohio-Thal von deutschen und schweizeri- schen Einwanderern mit Anpflanzung der Reben gemacht wurden, kam der Weinbau nicht über die Stufe einer Liebhaberei hinaus und in grossem Massstab ist er auch seitdem nur in beschränkten Theilen von Missouri, Ohio und Kentucky betrieben worden. Dagegen hat die Erwerbung Cali- forniens ein grosses, schon bewährtes Weinland den V. St. zugefügt. Hier wie in den übrigen Colonien der Spanier im SW. Nord -Amerikas ist der Weinbau schon lange üblich und man hat dort anfangs mit den schon bestehenden Pflanzungen einfach weiter wirthschaften können. Endlich ist seit ungefähr 20 Jahren auch in den Südstaaten der Weinbau, besonders in S. Carolina und Georgia, zu besserer Entfaltung gelangt als früher, wenn er auch noch nicht, wie in Califomien,* im Grossen betrieben wird. Es ist die Aussicht vorhanden, dass bei der naturgemäss zunehmenden Richtung auf kleineren und sorgfältigeren Betrieb der Landwirthschaft auch dieser Zweig eine grössere Pflege finden wird. Die grösste Wein- erzeugung weist der Census von 1870 folgenden Staaten zu: California 1814656, Missouri 326173, Ohio 212912, Illinois 111882, Pennsylvania 97165, New York 82 607, Kentucky 62360, N.Carolina 62 248, Iowa 37 518 Gall. ^). Was die Reben anbelangt, aus denen dieser Wein ge- wonnen wird, so sind es in der ö. Hälfte des Landes gegenwärtig vor- wiegend einheimische und zwar in den Südstaaten die dort ursprünglich wildwachsende Scuppernong oder Muscadine Grape (Vitis rotundifolia), in Ohio und Missouri die Catawba und Isabella Grape (Varietäten der Fox Grape, Vitis labrusca). Die europäischen Arten haben sich trotz der grossen Auswahl und Sorgfalt, mit der man sie zu acclimatisiren suchte. 1) Als gar keinen Wein erzeugend sind im Census nur Dakota, Montana und Wyoming aufgeführt. Batzel, Amerika IL 19 290 YII. Die Landwirthschaft. nicht auf die Dauer bewährt. Die grossen Extreme der Witterung und vielleicht auch der Niederschlagsreichthum des amerikanischen Sommers setzen ihnen zu. Dagegen arbeitet Californien, trotzdem es ebenfalls einheimische Reben hat, ausschliesslich mit solchen, die entweder ganz oder grösstentheils europäischen Ursprunges sind. Die sehr wohl ge- deihende Mission Grape, so genannt, weil sie in den spanischen Indianer- Missionen zuerst gebaut wurde, ist ein Abkömmling spanischer Spielarten, die unter dem californischen und neumexikanischen Himmel sich wenig verändert haben. Die grosse Masse des californischen Weines wird noch immer aus ihr gewonnen. Daneben sind deutsche, französische und ungarische Reben in Californien in grosser Ausdehnung angepflanzt worden und scheinen zur Zufriedenheit zu gedeihen. -Die deutschen scheinen aber eine Neigung zu reichlicherer Zuckerbildung bzw. grösserer Schwere des Weines zu besitzen. In Californien findet der Weinbau seine Grenze ungefähr bei 38", in der ö. Hälfte der V. St. bei 4IV2 " n. Br. (auf den Inseln am s. Rande des Erie-Sees) , also 8 — 10 Grade südlicher als in Europa. 1877/78 bewerthete die Weineinfuhr nahezu 4 Mill. D. , die Ausfuhr nur 38 000 D. 6. Die Beeren fruchte spielen, wie einst bei den Eingeborenen, auch bei den civilisirten Bewohnern Nord -Amerikas eine sehr grosse Rolle und werden hier vielleicht in grösserer Menge und in mannigfaltigeren Zubereitungen gegessen als sonst irgendwo auf der Erde. In erster Linie stehen die Kronsbeeren, Cranberrys (Oxycoccus macrocarpus) , das Erzeugniss einer Sumpfpflanze, welche weit verbreitet ist und sehr reiche Erträge liefert. Die Beeren sind gross wie kleine Kirschen, im Uebrigen nach Aussehen und Geschmack am ähnlichsten unseren Preisseibeeren. Am massenhaftesten kommen die Cranbferrys in der Seeregion vor. Es wird behauptet, dass Michigan mehrere Millionen Acres habe, die mit den- selben bewachsen seien. Ein grosser Theil des Bedarfes wird durch die Früchte künstlich angepflanzter Sträuche gedeckt. Ein Reinertrag von 150 D. p. Acre gilt für massig. Derselbe kann sich bis zu 450 D. er- heben *). — Die Erdbeere ist, was Menge des Verbrauches anbetrifft, die zweite unter den nord amerikanischen Beerenfrüchten und nach der Beliebtheit die erste. Auf Long Island bei New York und in anderen Theilen des N. findet ihre Cultur bereits in grossartiger Weise statt. — Von anderen Beeren kommen Brombeere und Heidelbeere wild in verschiedenen Arten und weit verbreitet vor und tragen Früchte, die die 1) 1874 waren in zwei Grafschaften von N. Jersey 1200 Acres mit Cranberrys bepflanzt, im ganzen Staate 4970. 100 Busheis p. Acre ist ein nicht seltenes Erträgniss und der Durchschnittspreis kann zu 3 D. p. Bushel veranschlagt werden. Von ihren Heidelbeerpflanzungen ziehen einzelne Farmer, die 6 — 10 Acres davon besitzen, bis 3000 D. VII. Die Landwirthschaft. 291 entsprechenden europäischen an Wolilgeschmack und theilweise auch an Grösse übertreffen. Die ersteren sind denn auch in Amerika viel beliebter als bei uns und werden in reichlicher Menge angepflanzt. — Die Him- beere kommt in mehreren Arten massenhaft wild vor, aber nicht mit so vortrefflichen Früchten wie unsere Rubus Idaeus; sie wird gleichfalls angebaut. — Die Stachel- und Johannisbe eren sind beide in mehreren Arten einheimisch, aber die erstere hat Früchte, die durch ihre stachelige Haut schwer geniessbar sind, während die wildwachsende rothe Johannis- beere sehr saure Früchte bringt. Nur die wildwachsende schwarze Johannisbeere ist geniessbar. Indessen gedeiht die europäische Johannis- beere vorzüglich, während merkwürdigerweise die europäische Stachel- beere in hohem Grad dem Mehlthau unterworfen ist. 7. Wiesenbau. Die V. St. besitzen in ihren ausgedehnten Prärie- regionen ein natürliches Wiesenland von ca. 30000 Q.M. Ein Vorzug der nordamerikanischen Prärien vor anderen Steppen beruht gerade in ihrem Reichthum an nahrhaften Gräsern (s. Bd. I. 380). Das werthvoUste von ihnen ist wahrscheinlich das Bunch- oder Buffalo-Grass (Festuca t^ : scabrella), das eine sehr weite Verbreitung besitzt, sehr nahrhaft ist und den grossen Vorzug hat, unter der heissen Sonne und der Dürre der Steppenregionen seine Nährbestandtheile auch im trockenen Zustande zu bewahren. Die beste Varietät dieses Grases, die einen dichten Rasen- teppich bildet, wächst in Neu-Mexico, wohin wegen der vorzüglichen '^ mästenden Eigenschaften dieses Grases in neuerer Zeit sehr viel Rinder ^ und Schafe getrieben werden, die dann in fettem Zustand auf die Märkte Californiens gehen. Ein anderes bemerkenswerthes Gras ist der sog. Bergreis (Oryzopsis asperifolia, Mountain Rice), welcher den ganzen Winter ^ über grün bleibt und unter der Schneedecke den Wiederkäuern der Plains oft das einzige Futter bietet; seine Samenkörner sind fast so gross wie Weizenkörner. Im SW., besonders in Texas, bedeckt der sog. Wilde -v Hafer, eine Uniola-Art, zusammenhängend meilenweite Strecken in den Niederungen des Brazos u. a. Flüsse mit seinen wogenden, getreideähnlich hohen Halmen und Rispen. Man hat die Zahl der Präriegräser auf 70 angegeben, wovon viele nahrhaft sind. Aber bei dünnerem Stand und schwächerem Wuchs ist das von ihnen gemachte Heu viel leichter als das von künstlichen Wiesen gewonnene. Wiesenheu, vorzüglich von , Timothy (Phleum pratense), der beliebtesten Wiesengrasart, bezahlt sich selbst im W. fast doppelt so hoch als Prärieheu. Die Bodengestaltung des Landes ö. der Alleghanies und besonders Neu-Englands ist der Ent- stehung natürlicher Wiesen günstig, einestheils durch die breiten Thal- bildungen, in denen zeitweilige Ueberschwemmungen die Tieflandwälder lichten, anderentheils durch die Mannigfaltigkeit der Bodengestaltung, - welche grossen Sumpf- und Tief landwäldern , wie man si« am unteren 19* 29^ VII. Die Landwirttschaft. Mississippi und überhaupt im Golfgebiet findet, keinen Raum gewährt. Auf die merkwürdige wiesenerzeugende Thätigkeit der Biber ist schon oben (Bd. I. 292) aufmerksam gemacht. Aber an Nutzgräsern ist Nord- Amerika nicht ganz so reich wie Mittel-Europa, was sich schon daraus schliessen lässt, dass alle die beliebtesten Wiesengräser, wie der eben V. genannte Timothy, das Knaulgras (Orchard Grass, Dactylis glomerata), tdas Rispengras (Blue Grass, Poa pratensis) u. a. aus Europa eingeführt sind. Diese Gräser sind in grossem Masse verwildert und vorzüglich das >yBlue Grass ist so eingebürgert, dass es gegenwärtig zu den am frühesten auf Lichtungen erscheinenden Gräsern gehört und den weissen Ansiedlern weit vorauseilt. Im S. lassen die heissen Sommer nur Winterwiesen zu und für diese ist die bevorzugteste Grasart eine Uniola-Art, die die Sommerhitze sehr gut aushält, und daneben das aus Europa eingeführte N^Bermuda-Gras (Cynodon Dactylon). Im S. ist ausserdem das sog. Natchez-Gras besonders verbreitet; auchPanicum sanguinale (europäisch) ist sehr häufig. Am pacifischen Abhang sind ebenfalls vorzüglich europäische Gräser angebaut, wiewohl unter den zahlreichen dort einheimischen (nach Bolander beherbergt Californien 140 verschiedene Arten von Gräsern) mehrere Arten vorzügliche Wiesengräser abgeben sollen. Besonders ein Wildhafer (Danthonia?), der ähnlich wie der texanische meilenlange natür- liche Wiesen bildet, wird als ertragreich hervorgehoben. Uebrigens lässt der milde Winter dieser Gegenden den Weidegang fast überall das ganze Jahr hindurch zu und dementsprechend ist die Heuerzeugung derzeit noch unbedeutend. Nur für den Bedarf der zahlreichen Zug- und Reitthiere in den weidearmen dürren Hochebenen des W. werden grössere Mengen Heu von Californien ausgeführt. — Die Heuerzeugung der V. St. belief sich 1877 auf SlVsMill. T. New York, Illinois, Pennsylvania, Iowa und Ohio stehen in der ersten Linie der heuerzeugenden Staaten. In diesen Erträgnissen ist auch das Heu von Klee (Clover) mit inbegriffen. Unser y^rother Klee ist die meist angebaute Kleeart. Im S. kommt Luzerne und weisser Klee hinzu. Der grösste Kleebau findet sich im Allgemeinen in denselben Gebieten wie die grösste Heuerzeugung. Die Heuausfuhr der V. St. betrug 1877/78 9514 T. VII. Die Viehzucht. Rindvieh (Cattle). Die ersten Rinder wurden nach Nord-Amerika von den Spaniern gebracht, sie kamen aus Spanien und Westindien und verbreiteten sich von Mexico aus in domesticirtem und mehr noch in halbwildem Zustand über weite Gebiete des W. und SW. Wo spanische Ansiedelungen bestanden, findet sich auch diese Rasse, welche natürlicherweise eine sehr ge- mischte und in vielen Beziehungen, vom Standpunkt des Züchters aus, verkommene* ist. Auch die Colonisten des 0. und N. brachten VII. Die Landwirthschaft, 293 Rinder aus den Ländern mit, denen sie entstammten, vorzüglich englische, niederländische und französische. Aus der Vermischung dieser höchst verschiedenen Rassen entstand das, was man den Native StocJc von Amerika nennt, eine Rasse, welche bei den ausser- ordentlichen localen Verschiedenheiten, welche sie aufweist, schwer zu charakterisiren ist und in der That gegenüber anderen Rassen vorzüglich nur durch die Mannigfaltigkeit ihrer Erscheinung und den Mangel grosser durchgehender Rasseneigenschaften charakterisirt ist. Die Einfuhr von Short-Horns aus England nach Virginien im Jahr 1793 kann als die erste Zufuhr von Rassenthieren bezeichnet ^ werden, welche beglaubigt ist und auf welche Stammbäume zurück- geführt werden können. Später führte man auch Devons, Herefords, Ayrshires u. a. ein, welche jedoch hinter den Short-Horns als der beliebtesten, den Verhältnissen der mittleren und n. Staaten der Union am besten angepassten Rasse zurücktreten. Diese Rinder gehen heute von Neu -England bis S. Carolina und hinüber bis Minnesota und Oregon ; ausgeschlossen sind sie nur aus den echten Gebirgsgegenden. Ihre Eigenschaften werden voraussichtlich den grössten Einfluss auf die Rassen üben, welche in den V. St. sich herausbilden. Die Art der Rindviehzucht ist je nach den örtlichen Bedingungen natürlich auch in Amerika sehr verschieden. Der Neu- ansiedler, dem es in erster Linie darauf ankommt, sich einen Grund- stock von Vieh gewissermassen als Capitalstock und auch für den eigenen Gebrauch zu schaffen, lässt im Anfang alles ohne Ausnahme aufwachsen und achtet es nicht besonders, wenn die Heerde in den ersten Wintern aus Mangel an Winterfutter hungert und herunter- kommt. Er berechnet die Zeit der Winterfütterung gewöhnlich zu kurz, aber für die n. Staaten sind 180 Tage eine massige Schätzung. Von Frühling an lässt er sie im Wald oder auf der Prärie ihre Nahrung suchen. Aber die Prärie gibt doch nur im Juni und Juli \y genügend nahrhafte Weide, später wird das Gras rasch trocken und bei etwas fortgeschrittenerer Landwirthschaft haben die Kleeäcker in diese Lücke einzutreten. Dem Futtermangel im Winter hilft der Waldfarmer dadurch ab, dass er Ahorn- und Lindenbäume ^ umhaut, von deren Knospen das Vieh sich gerne nährt. Der geringe Ertrag von 100 Pfd. Butter, den man von einer gewöhnlichen 294 VII. Die Landwirthschaft. Weidekuh im W. rechnet, entspricht dieser* geringen Sorgfalt der Wartung. Im 0., wo man in dieser Beziehung mehr Zeit und Mühe aufwendet, ist das Doppelte dieses Erträgnisses keine Selten- heit. Wo noch genug Raum zu weiten Weidegründen ist, wie im W., lässt man die Heerden zu 4 — 500 Stück von einem berittenen Hirten austreiben, dem unter Umständen auch die Aufgabe zufällt, eben so grosse und noch grössere Heerden hunderte von Meilen nach den Verkaufsorten zu treiben. Wie viel sich indessen in den Ost- und zum Theil auch den älteren Weststaaten in dieser Hin- sicht schon verbessert hat, zeigt die erstaunliche Leistungsfähigkeit, welche die Milchwirthschaft erreicht und selbst auf den europäischen Märkten schon sehr entschieden zur Geltung gebracht hat. y Die erste grosse Käserei wurde 1851 in Oneida Cy. N. Y. gegründet und noch heute steht der Staat New York mit gegen 1000 Käsereien und Buttereien an der Spitze dieser Industrie. Ohio hat etwa 100 solcher Anstalten und in geringerer Menge sind sie in Illinois, Vermont, Massachusetts, Pennsylvania und Wisconsin vorhanden. Gelegentlich einer Molkereiausstellung, welche in der ^ersten Decemberwoche 1878 in New York abgehalten, wurde die Gesammterzeugung von Käse in den V. St. auf 3^'2 und die von Butter auf 15 Mill. Ctr., ihr Werth auf 350 Mill. D. und die Aus- fuhr von 1878 auf IVs Mill. Ctr. für Käse und 250000 Ctr. für Butter angegeben^). 1876/77 bewerthete die Ausfuhr von lebendem Rindvieh aus . den V. St. l^/s Mill. D. für 50000 Stück, welche fast alle nach Westindien, Canada und Mexico gingen, mit Ausnahme von 4091 nach Grossbritannien gesandten. An Produkten der Rindviehzucht, welche in demselben Fiscaljahre 31 Proc. sämmtlicher Ausfuhren thierischer Natur ausmachten, kamen für 44745518 D. zur Ausfuhr, und zwar in erster Linie Käse, wovon für 12 V2 Mill. D. nach Grossbritannien gingen, Talg für 7,8 Mill., Leder 6 Mill., frisches Rindfleisch ausschliesslich nach Grossbritannien für 4 V2 Mill., Butter 4V2 Mill., Häute und gesalzenes Rindfleisch je 3 Mill. Der grösste Abnehmer für alle diese Produkte ist Grossbritannien mit 75 Proc, 1) S. Bericht in der Times W. Ed. 2S. Dec. 1878. VII. Die Landwirthschaft. 295 Deutschland folgt mit öVa, Frankreich mit S^k, Canada und West- indien mit je 3. Die Censusberichte geben für 1870 23^/5 Mill. Werkochsen, Milchkühe und andere Rinder an. Die Milchkühe betragen etwa Vs der gesammten Rinderzahl und sind am stärksten vertreten in New York, Pennsylvania, Ohio und Illinois, während das gewöhn- liche Rindvieh in der grössten Zahl in Texas (2,9 Mill.), Ohio, Illinois, Missouri, New York, Indiana und Iowa vertreten ist. Nach einer Zählung von 1877 gab es in diesem Jahre 19 V* Mill. Rinder und Ochsen und llVs Mill. Milchkühe, zusammen über 3IV2 Mill., welche in ähnlichen Verhältnissen wie 1870 vertheilt waren. Die Zahl der Pferde in den V. St. wurde Januar 1878 auf IOV3 Mill. geschätzt ; die amtliche Zählung von 1870 hatte l^j-, Mill. ergeben. Man rühmt sich in Nord - Amerika , V« aller Pferde der Welt zu besitzen. Aber mit dieser grossen Masse geht eine Viel- artigkeit der Rassen Hand in Hand, welche mit geringerer Befrie- digung betrachtet wird. Ein Kenner, Col. Ringwalt, nennt sie eine unprecedented variety^). Seit der Verschmelzung der jenseits des Mississippi gelegenen Theile mit den alten Staaten ist das Pferd spanischer Abstammung, das die Zwischenstufe des verwilderten Präriepferdes durchgemacht hat oder noch auf derselben steht, der Grundstock geworden durch absolutes Ueberwiegen der Anzahl und durch bestimmt ausgeprägten Charakter. Schon die Indianer züch- teten vortreffliche Pferde dieser Rasse, welche zwar klein, aber in hohem Grade ausdauernd ist und in der Schlankheit und Sehnigkeit der Formen manchmal an den Tropfen des arabischen Blutes er- innert, der noch von Andalusien her in ihren Adern fliesst. Bei den Indianern von Washington Terr. sind jährlich wiederkehrende v^ Pferderennen ganz gebräuchlich^) und selbst bei armen Stämmen sind einzelne vorzügliche Pferde vollständig unverkäuflich. Unter den Rassen des 0. sind die Conestoga-Pferde, deren Heimat Deutsch- ^ Pennsylvanien, eine der wenigen scharf charakterisirten ; die Deutschen dieser Gegend züchteten mit Vorliebe schwere Zugthiere, welche 1) Rep. Agric. Dep. 1866. 322. 2) Pacific R. R. Report I. 296 . VII. Die Landwirthschaft. den flämischen und dänischen Pferden nahestehen und die einzigen Vertreter dieser Gattung in Nord -Amerika sind. Eine scharf aus- geprägte Rasse ist der amerikanische Traher (Trotter oder Roadster), in seiner Art unübertroffen. Aber die grosse Masse der nordameri- kanischen Pferde ist ein buntes Mischlingsvolk, in welchem englisches und spanisches Blut um den Vorrang streiten. Die Erfahrungen im Secessionskriege, in welchem der Reiterei und Artillerie eine so hervorragende Rolle zufiel, haben dem englischen Pferde überall, wo es auf Schnelligkeit und Ausdauer ankam, den Vorrang zuerkennen lassen, während die rein amerikanischen Traber sich als unüber- treffliche Artilleriepferde auswiesen. Für den Train griff man zu Maulthieren, welche an Ausdauer die Pferde schlugen, aber an Kraft durchschnittlich nur ^/s von der der Pferde aufzuwenden hatten^). Das nordamerikanische Mittel- oder Durchschnittspferd ist von mittleren Qualitäten und vielseitig verwendbar. Die unvollkom- menen Strassen haben sich der ausgedehnteren Zucht schwererer Schläge fast überall ungünstig erwiesen und die Neigung der Züchter war stets mehr den zierlichen, schnellen und ausdauernden, wenn auch kleineren Rassen zugewendet, welche aus der Kreuzung der sog. französischen (canadischen) und indianischen Ponies mit engli- schen Pferden hervorgingen. Die Abgehärtetheit gehört zu den Vor- zügen des nordamerikanischen Pferdes, dem beim Reichthum an Weideland von vornherein eine natürlichere Lebensweise gestattet ist als der Mehrzahl der unserigen. Man rühmt ihm auch eine ganz besonders grosse Sanftmuth und Gelehrigkeit nach, was zum Theil besonders darum richtig sein mag, weil der Amerikaner im Allgemeinen sehr gut mit Pferden umzugehen versteht, da er Interesse an ihnen findet und stolz auf gute Eigenschaften derselben ist. Selbst ärmere Farmer füttern ihr Reitpferd vortrefflich und lassen ihm fast eben so viel Sorgfalt angedeihen wie einem ihrer Kinder. Gute Reitpferde stehen besonders in dem im Ganzen doch noch immer sehr wegarmen Westen in hoher Schätzung, da sie zu den ersten Nothwendigkeiten gehören. Gerade hier ist auch die Pferdezucht am verbreitetsten und leichtesten, weil genug Land vorhanden ist, 1) Rep. Agric. Dep. 1866. 326. VII. Die Landwirthschaft 297 das noch werthlos genug, um als Weide liegen bleiben zu können. Die pferdereicbsten Staaten waren nach der oben erwähnten Zählung Illinois, New York, Ohio, Texas, Iowa, Indiana, Missouri, Pennsyl- vania. Im Verhältniss zu seiner Bevölkerungszahl ist bezeichnender- weise das dichtbevölkerte Massachusetts am ärmsten, das junge, y^ weite Californien am reichsten an Pferden. Die Schafe sind in den V. St. erst in den letzten 2 Jahr- ^ zehnten in grosser Ausdehnung gezüchtet. Erst Californien mit seinen ausgedehnten Weiden und seinem günstigen Klima hat den Anstoss gegeben zu einer Ausdehnung dieser Zucht, welche Nord- Amerika die dritte bis vierte Stelle unter den wollerzeugenden Ländern anweist. In den waldreichen Staaten des atlantischen und Mississippi - Gebietes war nicht viel Raum für grosse Schafzucht, doch wurde sie für den eigenen Bedarf betrieben. Das hiesige Schaf, eine sehr gemischte Rasse, die noch heute als Native oder Common Stock weit verbreitet ist und allen neueren Züchtungs- versuchen zur Grundlage gedient hat, ist eine sehr zähe und frucht- bare, aber kleine und im Flies mangelhaft ausgestattete Zucht. Die Verbesserungen haben in den vielverzehrenden atlantischen Staaten vermittelst zahlreicher Kreuzungen mit englischen Thieren die Fleischschafe und anderwärts die für den Hausbedarf günstigsten, zugleich Wolle und Fleisch liefernden mit Vorliebe züchten lassen, während die Merinos und ähnliche zurückgegangen. Die Zucht von reinen Wollschafen ist vor dem Emporkommen der californi- ^ sehen Schafzucht nur in den Gebirgsgegenden der Alleghanies und besonders auf ihren trockenen , kalkreichen Westabhängen in grösserer Ausdehnung betrieben worden. Besonders in den Mittel- und Südstaaten bieten diese Gebirgsgegenden mit ihrem verhältniss- mässig milden Klima, reichen Weiden, guter Bewässerung und nahe- gelegenen Absatzpunkten- günstige Bedingungen. Auch die Prärie- region und ihre Uebergangslandschaft im Ohio- , Missouri- und Kansas- Gebiet, sowie in Texas sind durch Weidereichthum, mildes Klima und günstige Absatzverhältnisse für diese Zucht passend und in der That hat sie sich hier, besonders in den letzten 30 Jahren, stärker entwickelt als in irgend einem anderen Theil der Union, Californien allein ausgenommen. Die V. St. führten 1877/78 3478 Ctr. 298 VII. Die Landwirthschaft. Rohwolle im Werth von 93000 D. und ausserdem für 438000 D. Wollfabrikate aus. Die Einfuhr von Rohwolle betrug in derselben Zeit 485000 Ctr., von Wollfabrikaten für 24 Mill. D. — zusammen einen Werth von gegen 32 Mill. D. darstellend. Allerdings genügt also die eigene Wollerzeugung in den V. St. dem Bedürfnisse noch ynicht und bei einer Annahme von 6 Pfd. Wollverbrauch p. Kopf, die nach den bisherigen Erfahrungen zulässig, scheint es auch noch ziemlich weit bis dahin zu sein. Man begreift aber, dass in einem für den Ackerbau so günstig gearteten Lande wie dem 0. und dem älteren W. der V. St. die grosse Zahl der Landwirthe sich nur allmählich einem Zweige der Viehzucht zuwendet, welcher Capital, Rassen- kenntniss und weiten Raum verlangt. Im pacifischen W., wo von Anfang an die grossen Capitalien und der durchgreifende Unter- nehmungsgeist der älteren Staaten nach Anlage in grossartig be- triebenen Schafzüchtereien strebten, hat sich dieser Zweig ganz anders entwickelt und von kleinen Anfängen im Jahr 1853 sich zu einer Wollerzeugung von 300000 Ctr. in 1874 aufgeschwungen. Die Zahl der Schafe ist jahrzehnteweis von 1840 — 70 von 19 V3 auf 2r/io, 22 V2 und 28 V2 Mill. gestiegen. Anfangs 1878 stand sie bei 35'/io Mill., wovon nahezu V5 in Californien. Die Wollerzeugung hob sich von 525000 Ctr. in 1850 auf 630000 in 1860 und 1 Mill. in 1870. 1878 standen an Zahl der Schafe und Grösse der Wollerzeugung Californien, Ohio, Texas, die Territorien, New York, Michigan, Pennsylvania, Indiana und Illinois in erster Linie. Californien, Ohio und Texas betheiligten sich zu V3 an der gesammten Woll- erzeugung der V. St. Die Schweine, welche in den V. St. gezüchtet werden, sind ebenfalls aus der Vermischung der verschiedensten Rassen unter vorwiegender Betheiligung von Schweinen englischer und irischer Herkunft hervorgegangen. Die grösste Zahl besteht noch immer aus einer mittleren unbestimmten Rasse, der sog. Landrasse, welche genügsam, aber in keiner Beziehung vorzüglich ist. Dieselbe ist in neuerer Zeit vorzüglich mit Suffolks und Berkshires gekreuzt worden. Kein Zweig der Viehzucht passte besser zu den Lebensbedingungen und den Bedürfnissen der Ansiedler als dieser und keiner hat sich in Folge dessen so rasch ausgebreitet. Für den ersten Ansiedler Vn. Die Landwirthschaft. 299 ist das Schwein nützlicher als irgend ein anderes Hausthier, den Hund etwa ausgenommen. Man lässt es frei laufen in den noch ungelichteten Wäldern, welche ihm so reichliches Futter bieten, ^y dass es unter nicht ganz ungünstigen Verhältnissen bis zum Spät- herbst einen vollständigen Mästungsprocess durchmacht. Die Aus- gabe der Winterfütterung ist nicht gross, wenn man erwägt, dass in den jungen Ansiedelungen oft schon im 2. oder 3. Jahr ein Ueberschuss an Getreide und besonders an Mais vorhanden ist, für den beim Mangel naher Städte und guter Wege keine Verwendung besteht. Durch die Schweinemast wird derselbe in eine marktbare Form gebracht^) und der Farmer erhält nicht nur Fleisch und Fett, sondern auch das Oel (Lard Oil), welches aus dem Speck des Schweines bereitet wird und vor der Petroleumzeit das verbreitetste ^ Leuchtmaterial in den ländlichen Distrikten des W. war, ferner Material zur Seifenbereitung. Vor der weiten Verbreitung der Schweinezucht waren nur die Schnapsbrennereien erhebliche Ab- nehmer des Getreideüberflusses, aber auch diese immer nur in der Nähe brauchbarer Transportwege^). Die Ausfuhr kam so wenig in Betracht, dass ihr ganzer Betrag sich 1860 auf 2 Proc. des Ernte- ertrages belief. Es bleibt nur die Schweinezucht übrig als ein Hauptmittel, um diesen fast unbewältigbaren üeberfluss in gewinn- bringender Weise zu verwerthen. Für diesen Zweck erntet man vielfach den Mais nicht erst, sondern treibt die Schweine in die Maisfelder, die man ihnen abtheilungsweise einräumt und die sie auf diese Weise dann nach und nach abfressen. Wenn nöthig überlässt man ihnen auch schon im Frühsommer den grünen Mais 1) Freilich sind auch die Schweinepreise in den neubesiedelten Gegenden des W. oft ausserordentlich niedrig gewesen. 75 Cts. bis 1 D. für den Centner frischgeschlachteten Schweinefleisches war zu einer Zeit ein annehmbarer Preis. (Rep. Dep. Agric. 1866. 382.) Entsprechend gering pflegten allerdings auch die Preise des Maises zu sein. In den holzarmen Präriegegenden von Illinois, Iowa u. s. w. wurde Mais als Heizmaterial verwandt. Sogar 40 Km. vom Ohio ent- ^ fernt wurden im s. Illinois noch in den 50 er Jahren Massen zu 6 Cts. der Bushel vergeblich angeboten. 2) Die weite Verbreitung der Trunksucht im W. der V. St. hängt jedenfalls vX zu einem guten Theile mit der Billigkeit und Vortrefflichkeit des Kornbrannt- weins in jener Zeit zusammen. 300 VII. Die Landwirthschaft. oder Hafer. Man berechnet, dass auf diese Art 100 A. Maisland 350 Schweine mästen. Die Zahl der Schweine betrug 1870 25134569 und 1878 32262500. 1878 folgten nach der Grösse ihres Schweinereichthums Iowa, Missouri, Indiana, Ohio, Illinois, Tennessee, Texas nach einander. 1877/78 kamen I2V3 Mill. Schweine überhaupt zur Schlachtung und das Schlachten der Schweine und die Bereitung der Dinge, die aus ihrem Fett und Fleisch und aus den Abfällen hergestellt werden, ist eine der grössten und merk- würdigsten Industrien der V. St.^). Sitz derselben bleibt immer vXder W., wo Chicago, Cincinnati, S. Louis, Milwaukee, Louisville und Indianopolis 70 Proc. des ganzen Geschäftes besorgen. Im Winter 1877/78 schlachtete Chicago 2 501285, Cincinnati 632302, S.Louis 509540, Milwaukee 371 382, Louisville 279 414, Indianopolis 270150. Vom Sommer 1877 kommen noch hinzu für Chicago 1508026, Cincinnati 134416, S.Louis 148 277, Milwaukee 54785, Louisville 19 800, Indianopolis 204264 — zusammen also im Sommer und Winter 1877/78 in diesen sechs Städten 6 634241. Ausserdem sind noch an verschiedenen Orten der Staaten, denen diese Porcopolen angehören, und in Iowa, Michigan, Tennessee, Nebraska, Kansas und Minnesota grössere Mengen zwischen 23000 und 486000 ge- schlachtet worden. In den grossen atlantischen Städten New York, Philadelphia, Boston, Baltimore wurden in demselben Jahr 2578355, in den pacifischen Staaten 310000, in Buffalo und Albany 200000 geschlachtet. Die Erzeugnisse dieser Schlächtereien machten 1876/77 60 Proc. aller Gegenstände thierischer Natur aus, welche von den V. St. ausgeführt wurden. Dem Werthe nach stehen am höchsten Schinken und Speck mit 49V,, das Schmalz mit 25%, das Salz- fleisch mit 6V3 Mill. D. Der Werth der gesammten Ausfuhr von schweinernen Gegenständen belief sich in diesem Jahr auf 81% Mill. D. An lebenden Schweinen kamen 65107 zur Ausfuhr. v/ 1) Man gibt folgende Mengen als das Ergebniss der Verarbeitung von 354000 Schweinen an: 180000 Fässer Salzfleisch, 250000 Ctr. Schinken, 165000 Ctr. Speisefett, 6000 Gall. Specköl, 500 Gall. Rothöl, 480 Gall. Olein, 39 000 Ctr. Kerzen, 31 500 Ctr. Stearin, 6000 Ctr. Glycerin und 35 750 Ctr. Seife ^). Im Allgemeinen rechnet man auf 60 Proc. Fleisch 24 Proc. Fett und 16 Proc, Verlust. 1) Rep. Agric. Dep. 1866. 389, VII. Die Landwirthsctaft. SOl Nicht zu vergessen sind unter den Hausthieren die Hunde, die gerade in einem Lande mit weit vertheilter und grossentheils in einzelnen Gehöften und kleinen Weilern wohnender Bevölkerung besonderen Werth erlangen. Ein Bericht über die Zahl der von Hunden getödteten oder verletzten Schafe schätzte . 1866 die Zahl der Hunde in den V. St. auf 5 Mill. und ihre Unterhaltungskosten auf das 10 fache dieser Zahl. In ^ demselben Jahr sollen 130000 Schafe von Hunden getödtet und 300000 verstümmelt worden sein*). Ueber den ursprünglich amerikanischen Truthahn, welcher noch immer eine sehr wichtige Stelle unter den Bewohnern der Hühnerhöfe ein- nimmt, ist bereits oben (S. 32) gesprochen. Die Seidenzucht war, wie oben hervorgehoben (S. 267), einst bedeutender als jetzt; sie hatte ihren Sitz vorzüglich in den Südstaaten, wo sie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zu nicht unerheblichen Ergebnissen führte. Die einseitige Entwicklung des südlichen Ackerbaues hat im Laufe unseres Jahrhunderts die Seidenzucht in diesem Gebiete zurückgedrängt. Ihr Ertrag fiel von 61552 Pfd. Cocons in 1840 auf 3937 in 1870. Sie hat also aufgehört, eine Industrie von Bedeutung zu sein. Sie gehört zu denjenigen, welche sich den früheren Ansiedlern ganz natürlich darboten , solange dieselben noch nach der Auffindung der lohnendsten Betriebe umherexperimentirten. Sobald sie sich entschieden auf bestimmte Culturen geworfen hatten, blieben ihnen keine Arbeitskräfte für die sehr anspruchsvolle Pflege der Seidenwürmer übrig. Auch die Krankheit der Seidenwürmer hat zum Verfall der Zucht beigetragen. Bienenzucht. Die Bienen, welche in den V. St. gezüchtet werden, sind europäischen Ursprungs (vgl. B. I. 411). Man hat allerdings einige amerikanische Bienen aus den Gattungen Melipona und Trigona zu züchten versucht, aber nicht mit Erfolg. Die Honig- und Wachserträge, welche 1870 auf 14702 815 Pfd. für jenen und 631129 Pfd. für dieses angegeben wurden, stam.men ausnahmslos von unserer Apis mellifica. Die Bienenzucht war in dem genannten Jahre am ertragreichsten in Illinois, N. Carolina, ^ Kentucky, Missouri und Tennessee. Die Erzeugung von Honig und Wachs belief sich 1860 auf 25^3 Mill. Pfd. Sie ist besonders in New York und N. Carolina, ausserdem in allen Südstaaten zurückgegangen. Dagegen ist es gewiss, wenn auch keine zusammenfassenden Zählungen für die letzten Jahre vorliegen, dass sie sich seit 1870 wieder gehoben hat. Ende 1878 wurde die Honigerzeugung der V. St. auf 350000 Ctr. jährlich geschätzt. In demselben Jahr begann zuerst die Ausfuhr desselben nach Europa grössere Masse anzunehmen. Im November und December 1878 wurden allein in England 180 T. davon eingeführt. 1) Rep. Agric. Dep. 1866. 80. VIII. Die Wälder und ihre Ausbeutung. Verbreitung der Wälder in dem Gebiet der V. St. 303. Ihre Vertheilung über die einzelnen Staaten 304. Neuanpflanzungen von Wäldern 305. Anfänge von Forstschutz und Waldwirthschaft 306. Waldverwüstung und Waldbrände 307. Der Holzverbrauch und Holzhandel 307. Die wichtigsten Nutzhölzer 308. Das Waldland der V. St. wird zu 25 Proc. der Gesammtfläche geschätzt. Die V. St. stehen also an Waldreichthum hinter Skan- dinavien, Russland und Deutschland zurück, aber allen anderen Ländern Europas voran ^). Die Zusammensetzung und Vertheilung der Wälder über das weite Gebiet ist schon im ersten Bande (S. 366) besprochen worden und die ebendort gegebene Wälderkarte der V. St. lässt die allge- meinen Umrisse derselben erkennen. Hier sei so viel wiederholt, dass der 0. bis etwa zum 96. Längegrad eben so waldreich, wie das w. davon gelegene Gebiet waldarm ist. Es entspricht dieser Unterschied der ungefähr in dieselbe Grenzlinie fallenden Scheidung von Wald- und Steppengebiet. Nach einem für die ganze Erde gültigen Gesetze sind die Gebirge waldreicher als die tiefer ge- legenen Striche, die wohlbewässerten Tieflandstrecken waldreicher als die zur Dürre hinneigenden Hochebenen. Maxima der Bewal- dung finden sich im NO., NW. und im SO. Im NO. das reich- bewässerte und dünnbevölkerte Innere des Staates Maine und das Adirondack- Gebirge, im NW. die Theile von Michigan und Wisconsin, welche um den L. Superior liegen, im SO. die Halb- insel Florida sind die waldreichsten Gebiete im 0. der Union. 1) Norwegen . . . . 66 Schweden . . . . 60 Russland . . . . 31 Deutschland . . . 26,6 Proc. Belgien .... 18,5 Proc. Frankreich . . . 16,8 „ Schweiz .... 1,5 „ Grossbritannien . 5 „ VIII. Die Wälder und ihre Ausbeutung. 303 Kleinere Regionen dichterer Bewaldung finden sich in den mittleren Alleghanies, im Dismal Swamp und anderen Küstensümpfen an der atlantischen und Golfküste. Man sieht aus dem Vergleich mit der Regenkarte, dass die niederschlagreichsten Gegenden im Allgemeinen auch die waldreichsten sind. Minima der Bewaldung finden sich dagegen in den dichtbevölkerten und gewerbthätigen Gegenden, wo die Ausrottung des Waldes am- weitesten vorgeschritten, wie in Neu -England und den Mittelstaaten, ferner auf den Hochebenen am w. Abfall der Alleghanies und in der Seenregion. Aber die grösste Lücke im Waldkleide der Union wird durch die Prärien und Steppen hervorgerufen, welche das Gebiet zwischen dem mitt- leren Missouri und dem Red R. of the N. auf der einen und dem Stillen Ocean auf der anderen Seite mit Ausnahme der höheren Gebirge erfüllen. In den gebirgigen Regionen des W. findet sich wenigstens ein Ansatz von Wald überall, wo die Höhe über 2000 m hinausgeht. Mit der Feuchtigkeit nimmt im Allgemeinen der Wald- reichthum von N. nach S. ab. Die einzige nicht von grossen Lücken unterbrochene Waldzone findet sich hier an der Nordgrenze der V. St. in den Territorien des n. Felsengebirges : Montana, Idaho und Washington, der eine der dichtest bewaldeten Gegenden der V. St. in dem Westabhange des Cascadengebirgs gelegenen sehr feuchten Theilen von Washington Terr. und Oregon angehört. Ein weiterer Unterschied zwischen 0. und W. beruht, in der vorwiegenden Zusammensetzung der Wälder des W. aus Nadelhölzern. Sog. harte Hölzer sind dort in so geringer Menge und Grösse vertreten, dass sie für den industriellen Bedarf gar nicht in Betracht kommen. Was die Vertheilung des Waldes in den verschiedenen Staaten anbelangt, so ergaben die amtlichen Erhebungen, welche 1875 für die Zwecke der Centennial -Ausstellung in Philadelphia angestellt wurden^), folgende Zahlen. Procente des Areals sind mit Wald bedeckt: in Maine 46,9, New Hampshire 37,2, Vermont 36,5, Massa- 1) Der erste Anfang einer Waldstatistik wurde im 1870 er Census mit der Scheidung der unmiproved Farmlands in Waldland und waldloses Land gemacht. Die Methode der genannten späteren Erhebungen und ihre Resultate sind ausführ- lich dargestellt in Statisticfi of Foresty (mit 31 Kärtchen) in Rep. Comm. Agric,- f. 1875. 244—359. 304 Vin. Die Wälder und ihre Ausbeutung. chusetts 29,2, Rhode Island 24,2, Connecticut 21,2, New York 27,6, New Jersey 28,1, Pennsylvania 38,9, Delaware 29,2, Maryland 38,4, Virginia 49,4, N. Carolina 24,2, S. Carolina 60,6, Georgia 60,2, Florida 50,6, Alabama 63,5, Mississippi 65,9, Louisiana 59,1, Texas 26,7, Arkansas 58 , Tennessee 59,9 , W. Virginia 54,9 , Kentucky 49,1, Ohio 28,4, Michigan 47,1, Indiana 34,8, Illinois 16,9, Wis- consin 20,9, Minnesota 17,1, Iowa 14,1, Missouri 45,4, Kansas 5,6, Indian Terr. 8, Nebraska 5,2 j Colorado 10, Wyoming 8, Neu- Mexico 6, Arizona 6, Montana 16, Idaho 15, Nevada 5, Washington Terr. 33, Oregon 25,2, Californien 7,9. Von den für den Menschen wichtigeren Waldbäumen ist der Zuckerahorn im N. ungefähr eben so weit verbreitet wie der Mais, indem er von den Höhen am Südrand der Grossen Seen bis zum Winnipegsee hinaufgeht, während er ö. von den Alleghanies nach S. nur wenig über die Mittelstaaten hinausgeht. Dagegen geht er im Tbal des Mississippi und an seinen Zuflüssen bis zum 32. Grad und ist besonders häufig in /Kentucky und Tennessee. Die übrigen Ahornarten sind mehr feuchtigkeits- liebend und besonders die weichholzigen stehen nur hinter den Populus- arten in ihrer Vorliebe für feuchte Niederungen zurück. Sie gehen eben so weit nach N. und im 0. auch weiter nach S. als der Zuckerahorn. Die Nordgrenze des letzteren ist im Allgemeinen auch für die Buche und Ulme gültig. Die grössten Wälder der ersteren stehen auf den steifen Tertiärthonen am Westabhang der Alleghanies, von denen sie nicht in die Ebenen hinabsteigt. Die Linden gehören zu den vorwiegend n. Bäumen, gehen eben so weit nach NW. wie der Zuckerahorn. Von den Eichen geht die Mehrzahl bis Massachusetts und Wisconsin, während sie den n. Neuengland - Staaten und Minnesota grossentheils fehlen. Nur die immergrünen Eichen sind entschieden südlich und finden ihre Nord- grenze am James R. Tulpenbaum und Schwarzkirsche finden ihre Nordgrenze ungefähr bei der Breite von New York. Die Kastanie gehört dem ganzen N. an und geht südwärts über Maryland und Kentucky in den Ebenen nur vereinzelt hinaus. Walnuss und Hickory sind vorwiegend Bäume der Mittelregion, sie gehören weder dem n. Neu- England noch dem äussersten S. an. Von den Nadelhölzern ist das werth- vollste von allen, die Weiss- oder Weymouthsföhre, vorzüglich einem Strich eigen, der in der Gegend des 45. Breitegrades nach W. bis Minnesota zieht. S. vom Potomac treten die Gelbföhre und die lang- nadelige Föhre, zwei Hauptbestandtheile des Waldwuchses der Ebenen, hervor. Taxodium wächst in den Sümpfen von Maryland und Tennessee südwärts. Die verwandte Sequoia gehört nur Californien an. Die VIII. Die Wälder und ihre Ausbeutung. 305 Tannen sind auch in der Neuen Welt Bäume des N. , deren Haupt- verbreitungsgebiet Neu-England, das n. New York, Wisconsin und Minne- sota umfasst. Nur in den Gebirgen ziehen sie weiter nach S. und zwar sowohl in den Allcghanies als in den Westgebirgen, in welch letzteren sie in einer Anzahl von eigenthümlichen und hochwachsenden Arten auftreten. Auch die Lärche ist ein Nordbaum, der seine grösste Häufigkeit in den feuchten Regionen von Maine, Wisconsin und Minnesota findet. Die Pflege des Waldes hat bisher nur geringe Beachtung in den V. St. gefunden. Es war die regellose Ausbeutung so ziemlich die einzige Richtung, in der man sich mit den Wäldern beschäftigt hat. Da wo es wirklich Wälder gibt, ist ihr Schutz erst in der allerjüngsten Zeit mindestens ins Auge gefasst, wenn auch noch sehr vereinzelt. Nur in den von Natur waldarmen Staaten des W. hat man auch der Neuschaffung vonForsten Aufmerksamkeit geschenkt. Nachdem verschiedene Staaten, vor allem die waldarmen Präriestaaten wie Illinois, Missouri, Iowa, seit 1868 auch Californien, Gesetze zur Förderung und zum Schutz von Baum- anpflanzungen erlassen haben, folgte 1875 die Bundesregierung selbst mit einem Gesetz , dessen Ziel das gleiche ist. Durch dasselbe wird Regie- rungsland demjenigen zugesprochen, der einen Theil desselben in bestimmt vorgeschriebener Weise mit Bäumen bepflanzt haben wird. Nach 8 Jahren soll es ihm anheimfallen. Es sind darin Vorschriften gegeben, wie die Bäume gepflanzt werden müssen, 12 Fuss von einander entfernt u. s. f. Ueber die Art der Bäume, welche verlangt werden, ist keine Andeutung gegeben. Zu demselben Zweck hat der Staat Nebraska für jeden mit \^ Waldbäumen bepflanzten Acre einen bestimmten Theil des Grundeigenthums steuerfrei gegeben. Auch die grossen Eisenbahngesellschaften des W. haben seit mehreren Jahren begonnen längs ihrer Linien und um ihre Stationen herum Waldbäume anzupflanzen. Ueber die Erfolge, welche bei allen diesen zahlreichen Versuchen erreicht wurden, liegen sehr viele Berichte vor*), denen sich als zweifellos festgestellt entnehmen lässt, dass in den Prärie- staaten, wo der Wald von Natur nicht ganz fehlt, die Anpflanzungen in grosser Ausdehnung gediehen sind, während in den Steppen die dem Waldwuchs durchaus ungünstigen natürlichen Faktoren wie Dürre, Stürme, Schneewehen u. dgl. nur an den geschütztesten Stellen, vorzüglich in feuchten Einsenkungen, die Bäume aufkommen Messen. Jedenfalls ist es noch nicht sicher, ob man jemals einen wirklichen Wald in diesen Gegenden sehen wird. Sind doch selbst die natürlichen Wälder, wie sie, auf die Flussniederungen beschränkt, im Thal des Platte R. , Arkansas etc. vor- kommen, schon einförmig und dünn genug. Die Berichte aus den Steppen- staaten stimmen darin überein, dass die nicht einheimischen Bäume, vor- züglich die Nadelhölzer, durchaus schlecht gediehen sind. 1) Statistics of Forestry. Rep. Comm. Agric. 1875. 334. ßatzel, Amerika II. 20 306 Vni. Die "Wälder und ihre Ausbeutung. Dem eigentlichen Wald schütze hat die Centralregierung ebensowohl im Interesse des Nationalvermögens, das sie in den grossen Waldländereien zu verwalten hat, als auch des allgemeinen Besten künftiger Geschlechter seit einigen Jahren mehr Aufmerksamkeit gewidmet als früher. Die Wälder, welche noch Bundeseigenthum sind, stehen unter der Verwaltung des Ministeriums des Inneren (Secretary of the Interior). Die Vorsteher dieses wichtigen Zweiges der Regierung stellten sich früher, als ob es bei diesen Ländereien nur auf den Boden ankomme, nicht auf das Holz, das er trage. Sie Hessen die Regierungsforste meilenweise niederschlagen, ohne sich um die Folgen zu kümmern, die das für den Boden, für die Staatskasse und für den künftigen Nationalwohlstand haben musste^). Seitdem K. Schurz das Ministerium des Inneren angetreten hat, ist auch in dieser Richtung reformirend vorgegangen worden. Mit Recht nannte der Bericht des Sekretärs des Inneren für 1876/77^) die Zuweisung von Nadelholz und besonders Föhrenbeständen (Pine Lands) unter dem Heim- stättengesetz eine „missverstandene Wohlthätigkeit, welche grossen Schaden bringen muss". Dieselben sind für Ackerbau und dauernde Niederlassung, also für die Grundbedingungen, welche das Heimstättengesetz erfüllt sehen will, meist nicht passend. Sie sind grösstentheils von der Natur zur Wald- wirthschaft bestimmt, aber nicht zum Ackerbau. Dies gilt vorzüglich von den Föhrenwäldern am Oberen See und in der Region des Oberen Mississippi, und von denen der pacifischen Staaten und der Territorien des Felsengebirgs. Auf Hunderttausenden von Q.Kil., die dort unter dem v/ Heimstättengesetz von Privaten erworben wurden, ist keine Spur von Ackerbau zu finden. Das Gesetz wird vielmehr benützt, um die Wälder um so leichter ausbeuten d. h. zerstören zu können. Zur Steuerung dieses Uebels schlägt der Bericht vor, dass der Staat dieses waldbestandene Land genau vermessen lasse, dass er es baar verkaufe, soweit er es ent- waldet sehen wolle, und dass er aber diejenigen Strecken, welche er im Interesse einer gesunden Waldwirthschaft erhalten zu sehen wünsche, von geeigneten Beamten verwalten und vor den lawless trespassers and hogus- homesteaäers schützen lasse. Sehr treffend hebt der Bericht den Mangel an Folgerichtigkeit hervor, der darin liegt, dass man in den waldlosen Steppengebieten jedem eine Anzahl von Acres zuweise, der dieselben mit Espen oder anderen werthlosen Bäumen bepflanze, während man die besten Forste an sog. Ansiedler verschleudere, die in Wirklichkeit nichts als Speculanten sind. ^ 1) 1877 berichtete z. B. der U. S. Surveyor Major Camp, dass im Winter 76/77 in den Fichtenwäldern des n. Minnesota 127 Mill. e. F. geschlagen wurden, 16 Mill. waren vom vorhergehenden Winter übrig, so dass also 143 Mill. auf Verarbeitung oder Verschiffung harrten. 2) Exec. Docum. 2^1 Sess. 44tii Congress. Vol. IV. 1. VIII. Die Wälder und ihre Ausbeutung. 307 Eine grosse und schwer zu beseitigende Ursache des Rückganges der Wälder sind die Waldbrände. Das Abbrennen des Unterholzes oder Hazelton und Beaver Meadow im mittleren, Wilkesbarre, Scranton, Pittston, Carbondale, Providence, Plymouth und Nanticoke im n. Becken. in. Das Appalachische Kohlenfeld. 2810Q.M. Dieses aus- gedehnte Kohlenfeld zieht, wie schon hervorgehoben, vom w. Pennsylvanien an am ganzen nw. Rande der Alleghanies entlang bis zu deren s. Ende im Staate Alabama. Es zeigt die grössten Faltungen in der Nähe des Gebirges und verflacht sich in seichten Wellen gegen den Ohio hinaus, in dessen Thal es eine nahezu flache Lage einnimmt. Acht grössere der- artige Falten sind zwischen Alleghanies und Ohio von den amerikanischen Geologen nachgewiesen und jede ist durch besondere Kohlenbecken be- zeichnet. Dieselben Falten sind in der Fortsetzung nach W. Virginia und Kentucky bekannt. An der Nordgrenze ist dieses Feld durch Erosion in kleine Splitter zcrtheilt, die durch Nord - Pennsylvanien hin zerstreut sind. An dem den Alleghanies zugewandten Rande scheinen durch starke Hebungen und Senkungen grosse Massen von Kohlen verschwunden zu sein. Am Südende zeigt sich eine dreifache Bcckenbildung in Alabama, in den Becken von Coosa, Cahawba und Black Warrior. — Der Flötz- reichthum dieses grossen Kohlenfeldes ist nicht bedeutend. Man hat in den verschiedenen Thcilen 9 — 13 nachgewiesen, wovon indessen nicht alle bauwürdig sind. Die Mächtigkeit der abbauwürdigen wechselt zwischen 1 und 2,5 m und es kommt in den verschiedenen Bergwerken in der Regel nur eines für den Abbau in Betracht. Man überschätzt gewöhnlich den Kohlenreichthum dieses Feldes, indem man nicht erwägt, dass seine ge- 1) Broja, Der Anthracitbergbau in den V. St. Z. für Berg- und Hüttenwesen 1877. 41. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 331 waltige Flächenausdehnung theilweise aufgewogen wird durch die geringe Zahl und die nur mittelstarke Mächtigkeit der Flötze, durch die geringe Dicke des produktiven Kohlengebirges, sowie durch die meist flache Schichtenlagerung des appalachischen Feldes. In sich selbst ist nach Güte der Kohle das appalachische Kohlenfeld ausserordentlich verschieden. Im Ganzen walten die mageren Kohlen der unteren Schichten vor über die fetten Backkohlen der oberen; erstere sind in den südlichen Theilen des appalachischen Feldes ausschliesslich vertreten, so dass man in Ken- tucky, Tennessee und Alabama nur magere Kohlen fördert; dagegen werden die backenden Kohlen am ausgiebigsten im oberen Ohio-Thale gefördert und erlangen dort hauptsächlich wegen ihrer günstigen Verkokung eine grosse Bedeutung für die Eisenindustrie. Die Gesammterzeugung des appalachischen Kohlenfeldes belief sich in 1877 auf ca. 22,5 Mill. T., ist also im Begriff, diejenige der Anthra- citbecken, deren Grösse oben S. 329 angegeben ist, zu überflügeln. 1875 betheiligten sich die verschiedenen Staaten, in deren Gebiete Theile dieses Kohlenfeldes fallen, an dieser Erzeugung mit folgenden Zahlen (in T.): Pennsylvania mit 11500000, Ohio mit 4868 259, Maryland mit 2 342 773, W. Virginia mit 600000, Tennessee mit 425000, Kentucky mit eben soviel, Alabama mit 60000. Während die Kohlenerzeugung im Anthracit- gebiete seit Jahren auf einer Höhe angekommen ist, die sie unter ge- wöhnlichen Umständen nicht mehr überschreiten wird, ist diejenige des appalachischen Kohlenfeldes in einer Ausdehnung begriffen, nach der Breite wie der Tiefe hin, der eine Grenze noch lange nicht gezogen sein dürfte. Allerdings werden die Haupterzeugungsgebiete trotz der grossen Erwartungen, die sich mit Recht an Alabama knüpfen *), noch für lange an den durch die Bodenverhältnisse, die Nähe der Industriemittelpunkte, die dichtere Bevölkerung begünstigten Stellen um Pittsburg am Mononjiahela und Youghiogheny, dann im ö. Ohio und um Cumberland im Flussgebiete des Potomac geknüpft sein. 1) Die vorzügliche Lage des Kohlenfeldes von Alabama dürfte in nicht ^ ferner Zeit aus demselben eines der wichtigeren Kohlenreviere der V. St. machen. Man findet Genaueres über dasselbe, wie auch über die dortigen Eisenerze in einem Aufsatze von E. P. Rothwell (Trans. Am. Inst, Mining Engineers II. 444 — 158), in welchem die Zahl der brauchbaren Flötze auf 10 — 12 mit einer Gesammtmächtigkeit von 6 — 10 m angegeben wird. Die Vertheilung der Flötze in eine obere und untere Gruppe entspricht ganz derjenigen im pennsylvanischen Kohlengebiet. Die Güte der Kohle soll hervorragend sein. Während des Bürger- krieges wurde sie in grösserer Menge gefördert und u. a. ähnlich wie die Indiana-Blockkohle roh im Hochofenprocess verwandt. Die besten scheinen die des Cahaba-Beckens zu sein , die Raymond hervorhebt als ausgezeichnet durch ' „Trockenheit, Armuth au Asche und Reichthum au festem Kohlenstoff ". 332 IX. Mineralreiclitlium und Bergbau. IV. Das Kohlenbecken von Michigan enthält eine Ablagerung, deren Längenaxe nahezu mit der der Saginaw-Bai zusammenfällt. Bedeckt ca. 320 Q.M., ist aber, wiewohl ein Flötz 1 — IVam mächtig durch die ganze Mulde streicht, weder an Menge noch Güte bedeutend. Die Kohle ist unrein und die Gesammtmächtigkeit der Flötze beträgt noch nicht 4 m. Die Förderung (am lebhaftesten in der Gegend von Lansing) betrug 11487 T. in 1875. Früher ist sie bedeutender gewesen, aber Michigan bezieht seine Kohlen mehr und mehr aus Pennsylvanien und Ohio. V. Das Kohlenfeld von Illinois. Ausser in Illinois auch im s.o. Indiana und in geringer Ausdehnung im w. Kentucky vertreten. Am wichtigsten ist der Antheil von Indiana, der 300 Q.M. bedeckt. Zwei Zonen, eine im 0., die andere im W., treten hier auf, die theilweise in den Schichten übereinstimmen, ,aber in der Art der Kohlen verschieden sind. In der Ostzone kommen die Blockkohlen vor, welche für Eisen- schmelzereien besonders ausgezeichnet sind, jedoch hinter der gleich- namigen Varietät des Ohio -Beckens zurückstehen. Die w. Zone enthält backende Kohlen in mächtigen Flötzen. Beide sind von hoher Bedeutung, weil weiter westlich keine Kohlen mehr vorkommen, die, zum Eisen- Schmelzen brauchbar sind. Leider steht ihr Schwefelgehalt manchen An- wendungen entgegen. Indiana erzeugte 1875 IV« Mill. T. Hauptpunkt der Gewinnung: Brazil. Illinois ist zu V* von Kohlenformation unterlagert und die Kohlen sind bei ihrer fast ungestörten Lagerung leicht zu ge- winnen. Ihre Gesammtmächtigkeit ist 10 m, während sie in Indiana noch 13 m beträgt. Aber sie sind schwefelreich, weshalb viele Kohlen aus Pennsylvanien, Ohio und Indiana in Chicago eingeführt werden. Die Masse der Förderung belief sich 1875 auf 3750000 T. Hauptgegenden die Big Muddy - Region, nicht weit von S.Louis und den grossen Missouri -Eisen- lagern, und der X^asalle-Distrikt mit Wilmington. Der Antheil Kentucky's an diesem Kohlenfelde ist unbedeutend. VI. Das Kohlenfeld von Missouri findet seine Entwickelung in Iowa, Nebraska, Missouri, Kansas, Arkansas und Indian Terr. Von dem von Illinois ist es nur durch das Mississippi -Thal getrennt. Die Breitenausdehnung ist die grösste, die Mächtigkeit die geringste von allen Kohlcnfeldern der V. St. Die Gesammtmächtigkeit der Flötze erreicht in den besten Theilen nicht 6 m. Die produktive Formation weicht hier gegen W. zu gleich den anderen älteren Formationen zurück. Man unter- scheidet drei Flötzgruppen, wovon die unterste die wichtigste. Im äussersten W. liegt im Gebiete dieses Feldes noch das ö. Nebraska. Gerade hier, in der baumlosen Prärie , würden die Kohlen von unschätzbarem Werthe sein. Die Kohlenformation erreicht aber hier ihr Ende und nur die oberen kohlcnleeren Schichten (harren measiires des Ostens) sind vertreten. — Missouri hat hingegen über 1000 Q. M. Kohlenfeld im n. und nw. Theil mit IX. Mineralreich thum und Bergbau. 333 den zahlreichsten Flötzen, die man in diesem Felde kennt; es kommen welche bis zu 1,3 m Mächtigkeit vor. Man förderte in den letzten Jahren durchschnittlich 800000 T. In unmittelbarer Nähe von S. Louis findet sich ein ziemlich ergiebiges Vorkommen, dessen Abbau leicht ist und dessen Bedeutung durch die Lage im Winkel zwischen den beiden Strömen Missouri und Mississippi und an der Grenze des brennstoffarmen W. trotz der ge- ringeren Güte der Kohlen erheblich ist. In Kansas fallen die Schichten der Kohlenformation nach NW. ein und liegt die Grenze des grossen Beckens im SO. In letzterer Region finden sich starke Flötze, die zum Theil in der Prärie selbst durch Tagbau ausgebeutet werden (z. B. Cherokee Cy.). Das Ilauptflötz von durchschnittlich V2 m Dicke streicht in das Indian Territory hinein. Uebrigens tritt auch Braunkohle im w. Kansas in 1 — 2 m dicken Schichten auf längs des Thaies der Smoky Hills. Arkansas hat nur die unteren Schichten der Kohlenformation, aber es liegen darin zwei Flötze, von denen das untere sich abbauwürdig gezeigt hat. Die Kohle soll halb anthracitartig sein und kommt neuerdings als Spadra-Coal bis nach S. Louis. Die Lage zu beiden Seiten des Arkansas R. dürfte vielleicht diesem Vorkommen einst eine grössere Bedeutung für das untere Mississippi - Gebiet verleihen. Die Kohlen formation nimmt in Ar- kansas insgesammt 450 Q.M. ein. Das Indianer -Territorium enthält hinüberstreichende Stücke der Kansas-, Arkansas- und Texas-Kohlenfelder. Man kann also die Gegenwart von Steinkohlenlagern wenigstens ver- muthen. VII. Das Kohlenfeld von Texas. Die Kohlenformation nimmt hier zwischen dem Oberlauf des Texas - Colorado und des Red R. einen sehr weiten Raum ein und es ist zweifellos nachgewiesen, dass sie stellenweise vier Flötze führt, deren Mächtigkeit bis V/zm betragen soll. Indessen soll die Gcsammtmächtigkeit 100 m nicht überschreiten *). Die Gewinnung der Steinkohlen aus Schichten des sekundären Zeitalters, die von J. D. Dana der Trias zugerechnet werden, hat gegenwärtig nur in einer 9 Q.M. grossen Ablagerung bei Richmond Va. statt, wo vier Flötze von 6—12 m Gcsammtmächtigkeit in Wechsellagerung 1) Alle Kohlenfelder w. vom Mississippi scheinen auch nicht den Vorzug der östlichen zu besitzen, dass grosse Eisenerzlager in ihrer Mitte oder doch in grosser Nähe von ihnen gefunden werden. Die wenigen Eisenerzlager, welche bis jetzt in diesem Gebiet eine wirthschaftliche Bedeutimg gewonnen haben, liegen fern von den Kohlen. „TJeberhanpt, sagt J. D. Whitney im Geol. Survey of Iowa I. 422, ist es erstaunlich, wie wenig Eisen in diesem Theil des Missis- sippi-Thaies durch die paläozoischen Gesteine zerstreut ist. Selbst die kleinen Antheile Eisen, welche in den Kalksteinen nicht zu fehlen pflegen, sind hier noch kleiner als gewöhnlich. Perioden der Schichtenstörung und die Anwesen- heit von massigen, eingedrungenen Gesteinen scheinen die Vertheilung des.Eisens befördert zu haben." 334 IX. Mineralreichthiim und Bergbau. mit Schieferkohle vorkommen. Die Erzeugung schwankte in den letzten Jahren zwischen 60000 und 80000 T. Kohlenlager desselben Alters, die in N. Carolina am Deep R. in einer Ausdehnung von 15 Q.M. vorkommen, werden nicht abgebaut. Braunkohlen, welche sehr verschiedenen geologischen Horizonten angehören, sind in fast allen Staaten des W. gefunden, haben aber bis jetzt noch nirgends zu einem Bergbau Anlass gegeben, der auch nur von ferne dem im 0. auf wirkliche Steinkohlen betriebenen verglichen werden könnte. Die Förderung genügt selbst dem heutigen Bedarfe nicht. Von den am meisten consumirenden Staaten verbraucht Californien grosse Mengen von australischen und chilenischen Steinkohlen und erhält Braun- kohlen aus Brit. Columbia, während die Kohlen des unteren Missouri- Gebietes bis nach Colorado gehen. 1875 wurde die Gesammtförderung in Wyoming und Utah auf . . . 600000 T. Californien 250000 Colorado 120000 Neu-Mexico, Texas etc. . . 30000 zusammen 1000000*) veranschlagt, was ungefähr dem 50. Theil der gesammten Kohlenförderung der V. St. entsprechen würde. Da indessen in diesen baumarmen Gegenden mineralische Brennstoffe jeder Art ein hohes Bedürfniss sind, nicht bloss für die Maschinenheizung, sondern auch für den häuslichen Bedarf, so ist eine bedeutende Steigerung vorauszusehen. Eine ganze Anzahl von jüngeren Kohlenablagerungen, die geologisch sicher nachgewiesen sind, konnte bis heute wegen Mangel an Verkehrswegen und zum Theil auch wegen Mangel an hinreichender Nachfrage nicht aufgeschlossen werden, und die in Ausbeutung befindlichen arbeiten zunächst nur für den örtlichen Bedarf. Leider sind gerade für dieses grosse und interessante Gebiet die statistischen Angaben wenig ausgiebig. Man hat sich mit Schätzungen zu begnügen, und die für die Braunkohlenförderung der V. St. im Jahre 1877 gegebene Zahl von 1,2 Mill. T. ist hier eben nur als annähernde Schätzung zu nennen. Steinkohle der eigentlichen Steinkohlenformation ist bis jetzt w. von den oben angegebenen Vorkommen^ in Kansas und Nebraska nicht nach- 1) Diese Zahl gibt C. Mosler in seiner üebersicht über Die Bergwerks- und Hütten-Industrie der V. St. von Nord- Amerika (Z. f. Berg- und Hüttenwesen 1876. 279). Dagegen setzt R, P. Rothwell in seiner neueren Statistik der Kohlen- erzeugung der V. St. (Trans, of the Am. Inst, of Min. Engineers V. 376) für die gesammte Förderung von Post-Carboniferous Coals nicht mehr als 827000 T. oder 1,74 Proc. der ganzen Kohlenförderung der V. St., während G. Rolland für das Jahr 1876 allein die Braunkohlenförderung Colorados auf 300000 T. schätzt (Ann. d. Mines 1878. 177). IX. Mineralreichthum und Bergbau. 335 gewiesen. Es scheint zwar der marine, aus Kalksteinen bestehende Theil derselben im W. weit verbreitet zu sein, aber er ist kohlenleer*). Die Braunkohlen, welche am Ostabhang der Felsengebirge in Colorado ge- wonnen werden, gehören dem Eocän oder, wie neuerdings behauptet wird, einer Uebergangsformation zwischen Tertiär und Kreide an. Hauptorte ihrer Gewinnung sind Golden City, Ralston Creek und Marshalls. In Wyoming Terr. wird dieselbe Formation bei Carbon, Hallville, Rock Springs u. a. 0. kohlenführend gefunden. In Utah Terr. sind bei Evanston und Coalville Kohlenlager desselben Alters aufgeschlossen und soll das von Evanston nicht weniger als 8 m mächtig sein ^). Vereinzelt wie diese Ablagerungen sind, muss es schwer sein, aus ihrem Vorkommen Schlüsse zu ziehen auf andere von ähnlichem Alter und entsprechender Lagerung. Sie sind wahrscheinlich keine von der Erosion verschonte Reste eines einstigen grossen Kohlenfeldes, das nach Prof. P. Frazier's Berechnung 800 Kil. lang und breit gewesen wäre ^), sondern ursprünglich selbständige, von Anfang an weitgetrennte Gebilde. Das geologische Alter der Braun- kohlen von Californien und Oregon ist ein jüngeres als das der Felsen- gebirgkohlen. Sie sind miocän. Der ergiebigste Abbau findet statt in den Mount Diablo Mines bei San Francisco, dann in Coos Bay (sw. Oregon), bei Seattele im Pudget Sound und in Bellingham Bay im nw. Washington Terr. Die grösste Förderung weisen die erstgenannten Werke am Mt. Diablo auf, deren Erzeugung für 1877 auf 185 000 T. angegeben wird. Folgende Aufzählungen nach R. P. Rothwell (Trans. Am. Inst, of Mining Engineers V. 376) zeige^n, wie die im Jahre 1875 gewonnenen Kohlenmengen sich auf die einzelnen Staaten vertheilen. Mengen in T. und Proc: Alabama 60000 [0,13], Arkansas 9000 [0,02], California 166100 [0,35] Braunkohle, Colorado 150000 [0,32] Braunkohle, Illinois 3500000 [7,37], Indiana 800000 [1,69], Iowa 1500000 [3,16], Kansas 275000 [0,58], Kentucky 375000 [0,79], Mary- land 2 342773 [4,94], Michigan 12000 [0,02], Missouri 750,000 [1,58], Nebraska 1300, Nevada 1000 Braunkohle, Ohio 4 346 653 [9,15], Oregon 28800 [0,06] Braunkohle, Pennsylvania 31 143 509 [65,54] davon 20643 509 Anthracit, Rhode Island 11000 [0,02] Anthracit, Tennessee 360000 [0,76], Utah 35000 [0,07] Braunkohle, Virginia 79 200 [0,17] Braunkohle, Washington 88 900 [0,19] Braunkohle, West Virginia 1100000 [2,32], Wyoming 278000 [0,59] Braunkohle, North Carolina, Georgia und Indian Terr. 100000 [0,21]. 1) Eine anthracitartige Kohle, wahrscheinlich Braunkohle, die durch spätere Eintiüsse umgewandelt ist, wird als in den San Lazaro Mts. N. M. vorkommend, von Frazer beschrieben. (S. Hayden Report 1871.) 2) Mac Farlane, Coal-Regions of Am. 1873. 554. 3) Hayden Report 1871. 336 IX. Mineralreichtlmm und Bergbau. Gold. Eine officielle Statistik der Goldgewinnung in den geradezu zahllosen Goldwäschereien und Goldbergwerken, welche seit 1878 in den V. St. bearbeitet worden sind, kann es nicht geben, da kein Umstand vorhanden ist, der es irgend einer Behörde nothwendig erscheinen Hesse, die Mengen zu controliren, welche gewonnen werden. Man ist auf Schätzungen angewiesen, welche allerdings in einigen Richtungen erleichtert werden durch die Nach- weise der Expresscompagnien, welche den Versandt von ungemünztem Gold besorgen, die Berichte des U. S. Mining Commissioner, die Berichte der Münzvorstände und ähnliche Zeugnisse; immer sind es aber nur ganz allgemeine Schätzungen, zu denen man auch mit Benützung aller dieser Hülfsmittel gelangen kann. Unter diesen, wie begreiflich, weit auseinandergehenden Schätzungen dürfen wohl die des U. S. Commissioner of Mining Statistics noch als die zu- verlässigsten gelten, da sie am freiesten sind vom Verdacht will- kürlicher Ueber- oder Unterschätzungen, welcher den Angaben interessirter Privatleute oder Gesellschaften in der Regel anklebt. Schätzung der Golderzeugung in den V. St. von 1848 an: Jahr Cali- fornien Mill. D. Andere Staaten und Terr. Mill. D. Zusammen Mill. D. Jahr Cali- fornien Mill. D. Andere Staaten und Terr. Mill. D. Zusammen Mill.D.i) 1848 10 10 1863 30 10 40 1849 40 40 1864 26,6 19,5 46,1 1850 50 50 1865 28,5 24,725 53,225 1851 55 55 1866 25,5 28 53,5 1852 60 60 1867 25 26,725 51,725 1853 65 65 1868 22 26 48 1854 60 60 1869 22,5 27 49,5 1855 55 55 1870 25 25 50 1856 55 55 1871 20 23,5 43,5 1857 55 55 1872 19 17 36 1858 50 50 1873 18 17 35 1859 50 50 1874 — — 42,150 1860 45 1 46 1875 — — 42 1861 40 3 43 1876 — — 48,85 1862 34,7 4,5 39,2 1877 — — 51 1) Diese Tabelle stimmt mit der von F. v. Richthofen G. M. Erg.- Heft 14.15 gegebenen bis zum Jahr 1859 genau zusammen. Von da an gibt Richthofen etwas geringere Zahlen, die sich auf den geschätzten Gesammtwerth der Ausfuhi- IX. Mineralreichthum und Bergbau. 33t Die Verbreitung des Goldes ist in den V. St. eine sehr weite. Man wird wohl ohne Uebertreibung sagen können, dass es keinen Staat und kein Territorium in denselben gebe, die sich nicht schon einmal für goldreich gehalten haben. Es findet sich nicht bloss in den Gebirgen des W. und 0., sondern selbst in der Seeregion, wo sein merkwürdiges Vorkommen als Geschiebe in der eiszeitlichen Drift im vorigen Bande erwähnt worden ist (S. 122). Aber in erheblichem Masse goldführend sind nur die Gebirge des W. sammt deren Flussbetten und von Flüssen herstammenden Schwemmgebilden. Aus ihnen allein sind jene gewaltigen Mengen von Gold gewonnen worden, die in den letzten 30 Jahren von tiefgreifendstem Einfluss nicht nur auf die wirthschaftliche Entwicklung dieser Gegenden, sondern auch auf die der ganzen V. St. und überhaupt auf die ganze Weltwirthschaft gewesen sind. Wir schildern im Folgenden die hauptsächlichsten Goldregionen in der Reihenfolge der Bedeutung, welche denselben heute zukommt. Californien*). Die goldreichen Gegenden von CaHfornien sind nicht scharf zu scheiden von den goldarmen, aber man kann sagen, dass diejenigen Goldmassen, welche für CaUfornien den Ruhm des Goldlandes gewonnen haben, ausschUesslich am unteren Theile des Westabhanges der Sierra gewonnen worden sind. Hier zieht vom Tejon-Pass bis zur Nord- grenze des Staates der Goldstreif, the Auriferous Belt. Die metamor- beziehen: 1860 42325 916; 1861 39176 758; 1862 36061761; 1863 33011 920 D., zu denen er indessen selbst bemerkt, dass der Werth des im Lande gebliebenen Goldes und des in den Silberbarren ausgeführten nicht mit inbegriffen ist. Der Unterschied zwischen seinen und Raymond's Angaben für die Jahre 1860 — 63 scheint darauf zurückzuführen, dass den ersteren nur die officielle Edelmetall- ausfuhr minus Silber zu Grunde gelegt ist, während die letzteren ähnlich wie vor 1860 auch die Goldausfuhr durch Private mit in Rechnung ziehen. Das Gold, das als Beimengung in Silberbarren ausgeführt wurde, schätzt v. Richthofen zu 9500000 — 1150000 für die vier Jahre 1861 — 64. 1) Die erste Goldeutdeckung in Californien wurde durch J. W. Marshall am 19. Januar 1848 bei der Sägmühle eines deutsch-schweizerischen Ansiedlers Namens Sutter am Südarm des American R. in dem späteren Eldorado Cy. gemacht. Am 15. März 1848 wurde diese Entdeckung zum ersten Mal in einer Zeitung von S. Francisco an die Oeffentlichkeit gebracht. Die Goldfunde im s. Oregon wurden 1852 gemacht, in Idaho 1852, in Montana 1858, in Arizona 1858, in Colorado 1859. In Nevada und Utah ist Gold in Mengen, welche die Anlage von Wäschen lohnte, nie gefunden worden, aber es kommt in nicht unbedeutender Menge in Silbererzen vor. Ratzel, Amerika II. 22 338 IX. Mineralreichthum und Bergbau. phischen Schiefer und Sandsteine, die hauptsächlichen Träger des hiesigen Goldreichthums, sind in dieser Region am breitesten entwickelt und am wenigsten verhüllt durch überlagernde goldleere Schichten. Hier ist es auch, wo die Bedingungen gegeben waren zur Ansammlung des Goldes im Geröll und Sand und seiner verhältnissmässig leichten Gewinnung. Diese günstigen Bedingungen der Lagerung werden oft unterschätzt. Aber wenn man "bedenkt, welche Summen eine durchaus ungeschulte, kenntnisslose Masse von Goldwäschern aus diesen Goldlagern rasch gewann, wird man nicht umhin können, ihre Bedeutung anzuerkennen. Innerhalb dieses Auriferous Belt sind einige Abschnitte zu unterscheiden, die in ihrem geologischen Verhalten und dementsprechend in ihrem Goldreichthum verschieden sind. Von der Gegend des King River bis zum Tejon-Pass sind die goldführenden Schiefer nur schwach entwickelt und damit ist auch der Goldreichthum geringer. Das ertragreichste und am meisten durchgearbeitete, man kann sagen das dassische Goldgebiet liegt erst zwischen King River und Willa- mette River, wo es die w. Hälften der Counties von Mariposa, Tuolumne, Calaveras, Amador, Eldorado, Placer, Nevada, Sierra und Plumas, sowie die ö. Theile von Yuba und Butte Cy. umfasst. Der Goldreichthum findet in den beiden letzteren Counties nicht sein Ende durch Ausdünnen und Aermerwerden der Schichten, sondern durch Bedeckung der goldführenden Schichten mit Lavabetten. Einen grossen Theil von Nord-Californien bedecken diese Lavabetten und erstrecken sich noch über die Nordgrenze des Staates hinaus. Nur im W. haben sie einen ziemlich breiten Strich goldführender Schiefer unbedeckt gelassen, und in der That gehört der Nordwestwinkel des Staates zu den Mining Begions. Die Ergiebigkeit ist aber hier um vieles geringer als in der eigentlichen Goldregion. Das Küstengebirge selbst ist arm an Gold, noch ärmer die Schuttabhänge desselben gegen das Sacramento-Thal zu. — In den Terrassen und den sanfteren Abhängen am Westrand der Sierra stellen die goldhaltigen Ablagerungen Ausfüllungen der Betten eines grossen, später von vulka- nischen Tuffen und jüngeren Schwemmgebilden fast überall bedeckten und endlich an vielen Punkten durch tief einschneidende Querthäler wieder blossgelegten alten Flusssystemes dar. Diese alten Fluss- und Bachbetten sind in die Granite und die sehr jungen, meist der Kreideformation ange- hörigen metamorphischen Schiefer eingeschnitten, welche den Westabfall der Sierra bilden. In dem Sand liegt der aus dem Quarz herausgeriebene Goldstaub und in den QuarzgeröUen ist das Gold in Adern und Klumpen eingesprengt. Die bläuliche Farbe dieses Flussschotters hat demselben '^den Namen Blue Lead (blauer Gang) beilegen lassen, unter welchem diese goldführenden Schichten in ganz Californien bekannt sind. Dieses Flusssystem wurde am Ende der Diluyialzeit von mächtigen Schichten vulka- nischer Gesteine, theils Lava-, theils Schlammströmen entstammend, bedeckt, und zwar zu solcher Höhe, dass die darunterliegenden Thäler und Hügel IX. Mineralreichthum und Bergbau. 339 fast überall ausgeelBnet wurden. Erst auf diesem Boden entwickelten sich dann die heutigen Flusssysteme Californiens, welche theils aus dem Material der vorher vorhandenen Schotterablagerungen, theils durch neu beginnende Zerstörung der Schiefer sich mit Gold bereicherten und in denen Gold und Goldquarz nun vorwiegend in den engeren Canälen, tiefen Schluchten, kesselartigen Austiefungen u. a. derartigen günstigen 0 ertlichkeiten, am reichsten aber natürlich immer unmittelbar unter den goldführenden Quarzgängen gefunden werden. Dies sind die jüngeren goldführenden Schuttlager, welche, da die neuen Flusssysteme wahrscheinlich in keinem Falle die Betten der übrigens auch ganz anders gerichteten älteren benützt haben, ohne Schwierigkeit von diesen zu unterscheiden sind. — Was die goldhaltigen Quarze betrifft, so bilden diese „eine schmale Zone in der Mitte des Westabfalles der Sierra Nevada in 1000 — 1600 m Meeres- liöhe und streichen gleich dem Gebirge im Allgemeinen von NNW. nach SSO. Ihr Complex ist einer der ausgedehntesten und regelmässigsten Gangzüge der Welt. Einzelne Gänge treten innerhalb 1 D.M. des Haupt- zuges auf, andere begleiten ihn, zu parallelen Gangzügen von geringerer Ausdehnung gruppirt, in grösserer Entfernung zu beiden Seiten. Die Zahl der Gänge ist oft in kleinem Raum ausserordentlich gross, dann wieder sind sie sparsamer und liegen weit aus einander. Die durch- schnittliche Mächtigkeit ist nicht mehr als ^3 — 1 m, obwohl sie häufig 2 — 4 m beträgt und einzelne Gänge stellenweise zu mehr als 6 m anschwellen" ^). Diese goldhaltigen Quarzgänge kommen am häufigsten vor in den meta- morphischen Schiefern. Das Gold ist seltener gleichmässig in ihnen ver- theilt, meist nesterartig eingesprengt, es ist meist nur metallisch in der Nähe des Ausgehenden, verbindet sich dagegen mit Kiesen in den tieferen Theilen. Jedenfalls hat die gründlichere Aufschliessung dieser Gänge nicht den Aberglauben bestätigt, auf welchen hin im Beginn ihrer Entdeckung sogar officielle Berechnungen veröffentlicht wurden, dass nämlich das Gold in diesen Gängen nach der Tiefe zu immer häufiger werde, bis dieselben am Ende ganz und gar in Gold übergingen. — Die Gewinnung des Goldes aus diesen beiden Arten seines Vorkommens hat sehr rasche Entwickelungen durchgemacht. Das im Schotter und Sand liegende Gold wusch man zuerst einfach im Schütteltrog, später mit Maschinen aus, und zwar wählte man bei der ausgedehnten Aufgeschlossenheit und leichten Zugänglichkeit dieser Ablagerungen die reichsten Stellen zuerst und beutete sie, wenn auch unter grossen Verlusten am Goldgehalt, doch so bis auf den Grund aus, dass schon in wenigen Jahren selbst ein vielfach grösserer Aufwand von Capital, Arbeitskraft und Scharfsinn die Erträgnisse nicht mehr auf ihrer anfänglichen Höhe zu halten vermochte. Die wirksamste Weise der Ausbeutung goldführender Sedimente, nämlich der hydraulisclic 1) F. V. Richthofen a. a. 0. 23. 22 Mo IX. Mineralreichthum und Bergbau. JProcess (Hydraulic Mining), bei welchem grosse Wassermassen von starkem Gefäll auf bestimmte Schuttmassen geschleudert und dadurch Sand und Geröll in geneigten Canälen (Sluices) weggeführt werden, während das Gold zurückbleibt, vermochte nur kurz nach seiner Einführung im Jahr 1853 die Ausbeute zum höchsten Punkte zu steigern; dagegen sind alle anderen Verbesserungen in der Gewinnung des Waschgoldes nicht im Stande gewesen, den beständigen Rückgang des Ertrages, diese natürliche Wirkung der Erschöpfung einer sowohl nach Breite als Tiefe beschränkten Ablagerung, aufzuhalten. Sogar die gewaltigen Stollen, mit denen, oft über 1 Kil. weit, man unter die Decke ging, die den pai^ dirt, den gold- haltigen Schutt verhüllt, und eben so wenig der ruhige Ameisenfleiss der Chinesen, die den öfters gewaschenen Schutt immer von Neuem wieder durchwaschen, haben den Ertrag auf der Höhe zu halten vermocht. Am zukunftreichsten ist gegenwärtig der Bergbau auf goldhaltige Quarze, welcher natürlicherweise später begann als das Wäschen. Er trug am meisten bei zu der grossen Steigerung des Goldertrages in 1852 und 53, aber er hat nicht weniger enttäuscht als die Goldwäschen, da er ebenfalls die ergiebigsten Lager zuerst in Angriff nahm, um dann sehr bald nicht bloss grössere Schwierigkeiten der Gewinnung, sondern auch geringeren Gewinnen sich gegenüber zu sehen. Man musste sich mit der Zeit mit Erzen von 5—20 D. Goldgehalt p. Tonne begnügen, während man im Anfang welche von 80 — 200 D. abgebaut hatte. Das Erträgniss der Goldquarzminen ist in den Statistiken nicht getrennt von dem der Gold- wäschen, doch nimmt v. Richthofen schätzungsweise an, dass es wahr- scheinlich nie mehr als 15 Mill. D. im Jahr betragen und 1863 sogar auf weniger als 8 Mill. herabgesunken sei *). Dennoch sind die Aussichten dieses Bergbaues günstiger als die der so viel leichter durchzuführenden Goldwäscherei. Der Metallreichthum ist hier, der Natur des Vorkommens nach, nicht so leicht zu erschöpfen, die zahlreichen Querthäler der Sierra erleichtern den Zugang zu den Quarzadern und an Holz für Zimmerung und Dampfmaschinenheizung ist in dieser Gegend zunächst kein Mangel. — In Colorado wurde das erste Gold 1852 entdeckt, aber der Zufluss von Goldgräbern begann erst 1858 in ähnlich stürmischer Gestalt wie ihn Cali- fornien in den ersten Jahren nach 1848 gesehen. Im Frühling 1860 sollen sich bereits 20000 Ansiedler in Colorado befunden haben. Die Entdeckungen von Silbererzen führen auf 1861 zurück. Nächst Cahfornien hat keine Gegend durch die Ausbeutung ihrer Mineralschätze einen so raschen und für die ganze Culturentwickelung des W. bedeutungsvollen Aufschwung genommen wie Colorado, das schon 1874 die dritte Stelle unter den Edelmetalle erzeugenden Staaten und Territorien einnahm. 1876 hatte Colorado eine Golderzeugung von 2700000 D. , die seit einigen 1) F. V. Richthofen a. a. 0. 23. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 341 Jahren im Steigen begriffen war, so dass dieser Staat nicht wie alle anderen mit einziger Ausnahme von Nevada eine rückgängige Bewegung seiner Erzeugung von Edelmetallen aufwies. Dieselbe war von 1872 — 76 von 4V5 auf 6V5 Mill. D. gestiegen. In den ersten Jahren nach der Ent- deckung wurden grosse Mengen Gold hier gewaschen und zwar vorzüglich in den Bächen des Ostabhanges der Front Range. Gegenwärtig ist das Goldwäschen fast aufgegeben und an seine Stelle die Gewinnung von gold- haltigen Quarzen und Kiesen getreten, welche vorzüglich (gegen 70 Proc. der Gesammtförderung) in den unweit Denver in dem eben genannten Theile des Felsengebirges gelegenen Counties Clear Creek und Gilpin gewonnen werden. — Nevada fällt bei der Goldgewinnung vorzüglich durch den Goldgehalt seiner Silbererze ins Gewicht. Von diesen abgesehen ist seine Goldgewinnung durch Wäschen oder Quarzbergbau nicht bedeutend. Seine Golderzeugung bewerthete 1876 19 340704 D., davon 18 Mill. aus dem Comstock-Lode (s. u. S. 343), also ca. Va der Silbererzeugung. 1877 wird mit dem gesammten Betrag der Edelmetallerzeugung Nevadas auch der des Goldes gestiegen sein, wir haben aber für dieses Jahr keine Aus- scheidung desselben. — Montana. Gold wird in diesem Territorium sowohl durch "Wäschen der Schwemmgebilde als aus dem anstehenden Quarzfels gewonnen. Die Goldwäschen haben bereits an Ertrag abgenommen, wogegen der Quarzbergbau auch hier seit Jahren eine vielversprechende Glcichmässigkeit des Ertrages zeigt. Die wichtigsten Bezirke sind im w. Montana um Virginia City, bei Helena und Bozeman. Der Gold ertrag betrug 1877 ca. 2 Mill. D. — In Idaho ist der hauptsächlichste Minen- distrikt Atlanta im Winkel zwischen Middle Boise R. und Yuba Fork, wo im Granit Quarzadern mit gediegenem Gold und Silber und mehreren Silbererzen auftreten. Die Goldgewinnung betrug im ganzen Territorium 1877 ca. 1 V2 Mill. D. In trockenen Jahrgängen bildet der Wassermangel ein erhebliches Hiuderniss der Goldgewinnung. — Von den übrigen Gold- gebieten waren 1876 Utah mit 2V5, Oregon und Washington mit IVaMill., Arizona mit 900000, Wyoming und Dakota mit 700000 D. vertreten. — Abgesehen von den seltenen und zufälligen Vorkommen von Gold in dem Drift des oberen Mississippi- und des Seen-Gebietes (s. Bd. I. 122) ist Gold in dem weiten Gebiete zwischen Felsengebirge und Alleghanies nicht gefunden. Dagegen ist es in dem letzteren Gebirge weit verbreitet, wenn auch nirgends so massenhaft wie in den goldreichen Westgebirgen. Die huronischen Urschiefer sind es vorzüglich, welche durch Goldreichthum ausgezeichnet sind, und zwar sind sie besonders reich in Georgia, wo Dahlowega, einst sogar Münzstätte, eine berühmte Fundstätte war. Die südatlantischen Staaten sollen bis 1870 40 Mill. D. an Gold ergeben haben *). 1) R. Credner in Geogr. Mitth. 1871 S. 47. 1851—67 wurden aus den ö. Staaten insgesammt nur noch 4^5 Mill. Gold abgeliefert. 342 IX, Mineralreichthum und Bergbau, Im N. liegen die reichsten Fundstätten jenseits des Gebietes der V. St am Chaudiere R. in Canada und in Neuschottland. Aber vereinzelt kommt Gold in allen Neuengland-Staaten vor und wird auch im Kleinen gewonnen. Besonders im Staate New Hampshire wird Gold im Thal des Ammoonosuc, eines Zuflusses des Connecticut, gefunden. Die ersten Funde wurden 1854 gemacht. Zahlreiche Versuche zur Ausbeutung dieser Goldlager sind fehlgeschlagen, aber einige sind gelungen. So hat z. B. die Dodge Mine (Lyman Cy.) von 1866 — 68 16000 D. ergeben. Silber. Die Silbererze finden sich im Gebiet der V. St. vor- züglich reichlich am Ostabhang der Sierra Nevada, in den Gebirgs- zügen des Grossen Beckens und im Felsengebirge. Viel weniger reich daran ist das goldreiche Gebiet am Westabhang der Sierra, wo das Silber bisher fast nur als Gemengtheil des Goldes gewonnen wurde, dessen Feinheit es manchmal bis auf 0,60 erniedrigt. Der Abbau silberhaltiger Bleierze ist nur in geringer Ausdehnung ver- sucht. Das Küstengebirg ist nicht arm an Silbererzen, aber die Gewinnung derselben lohnt sich dort bei dem heutigen Preis der Arbeit noch nicht. Die gesammte Silbererzeugung der V. St. ist bis 1851 zu unbedeutend' gewesen, um in der Statistik verzeichnet zu werden. Erst mit der Einverleibung der Gebiete im Felsengebirge und am Stillen Meere stieg sie, erst langsam, dann sehr rasch und übertrifft heute die aller anderen Silberländer der Erde*). Sie betrug: -58 ca. 50 000 p. Jahr = 0,55 Hill. D. 1859 0,1 1860 0,15 1861 2 1862 4,5 1863 8,5 1864 11 1865 11,25 1866 10 1867 13,5 1868 12 1869 13 Mill. D. 1870 16 1871 18,1 1872 18,6 1873 25,1 1874 25,4 1875 30,2 1876 38,2 1877 47,2 1878 38,7 Zusammen 344,05 Mill. D Das grösste Silbergebiet der V. St. ist Nevada und hier wieder ist die reichste Region die von Washoe mit dem berühmten Comstock-Lode, einem der grössten Silbergänge der Welt, dessen erste ernsthafte Inangriff- 1) Bis zu 1871 nach R. W. Raymond (Stat. Atlas U. S. I. 10). Die übrigen Jahre nach Del Mar (bei Soetbeer, Edelmetall-Production. G. M. Erg. -Heft 57. 1879). IX. Mineralreichthum und Bergbau. 343 nähme mit den sofort erfolgenden ausserordentlich reichen Gewinnen (die erste Tonne Erz, die im Herbst 1859 nach S. Francisco gebracht wurde, ergab 3500 D.) für das Land ö. der Sierra eine Thatsache von nicht geringeren Folgen gewesen ist, als die Goldentdeckung es für Californien war. Die Bevölkerung von gegen 300000 Weissen und Chinesen, welche die Gebiete zAvischen Sierra Nevada und Felsengebirg heute aufzuweisen haben, datirt ihre Einwanderung grossentheils erst von dieser Entdeckung. Auch die Ausbeutung seiner Mineralschätze ist erst seit der Entdeckung des Com Stock-Ganges in Angriff genommen werden, dann aber freilich in Kürze so rasch vorgeschritten, dass Nevada 1876 ungefähr ^/4 der Silber- erzeugung in den V. St. trug. Dieser Gang liegt 3 g. M. vom Ostabfall der Sierra Nevada am ö. Abhang des Mt. Davidson vorwiegend in diori- tischem Gestein und hat eine Gesammtlänge von 5 — 6000 m. Es besteht aus mehreren Trumen, welche sich nur selten im Streichen oder nach der Teufe schaaren. Das Erz ist vorwiegend graues Schwefelsilber *). lieber die neuere Entwickelung dieses wichtigen Bergbaues, der von 1860 — 77 ca. 264 Mill. D. Edelmetalle geliefert hat, gibt Koch in der Z. f. Berg- und Hüttenwesen (Berlin 1878 I. 43) folgende Thatsachen : Seit 1874 ist Virginia City durch eine 87 Kil. lange Eisenbahn über Carson City und Reno mit der Central Pacific R. R. verbunden. Der höchste Durchschnitts- ertrag der vorzüglichsten Minen war in den letzten Jahren 55 D. p. Tonne Erz, die ineisten standen aber mit 15 D. so ziemlich an der Grenze der Bauwürdigkeit, welche auf 15 — 18 D. angegeben zu werden pflegt. Viel- leicht bezeichnen 56 D. p. Tonne ziemlich richtig den gegenwärtigen durchschnittlichen Edelmetallgehalt, von welchem ungefähr 70Proc. wirklich gewonnen werden. Der Goldgehalt der Erze beträgt */* — V2 des Silber- werthes und stellt sich zuweilen dem letzteren sogar gleich. Die einzelnen Gruben hatten ursprünglich so viel Antheile (Shares) als ihr Feld (Claim) Linearfusse im Streichen hatte, aber die Zertheilung ist gegenwärtig so weit gegangen, dass z. B. Consolidated Virginia, die reichste Grube, 540000, Imperial 500000 Antheile hat; bei jener kommen 760, bei dieser 1068 Antheile auf jeden Fuss streichender Länge. Dass die Dividenden dieser Antheile meistens monatlich ausgezahlt, ebenso aber auch die Ein- zahlungen monatlich verlangt werden, belebt natürlich ungemein den Ver- kehr in diesen Werthen, welche die schwankenden Aussichten des Berg- baues zu den gesuchtesten Spekulationsobjekten machen. Hauptmarkt für dieselben ist S. Francisco, das durch dreifache Telegraphenleitung mit Virginia City verbunden ist. Virginia Consolidated hat seit Beginn ihres Betriebes 27 Mill. D. Dividenden gegen 411,200 D. Zubusse, California 14 Mill. 1) Bei den Amerikanern kurzweg Sulphuret, das eine grosse Rolle spielt, da es auch in den Silberregionen von Utah und Colorado weit verbreitet ist. Es kommt bereits als Orts- und sogar als Personenname vor. 344 IX. Mineralreichthum und Bergbau. und noch im Mai 1877 auf jeden ihrer mit 25 — 30 D. notirten Antheile 2 D. Dividende ergeben. Die Zahl der in den Gruben und Mühlen des gesammten Washoe-Minen-Distriktes beschäftigten Arbeiter wird auf 8000 geschätzt. Die Hauptschwierigkeit des Abbaues bildet die Beschränktheit der Ausbreitung der Erzgänge, welche ihre stärkste Entwickelung nach der Tiefe zu haben ; aber das Vordringen in die Tiefe wird in erheblichem Masse erschwert durch die in dem jungen vulkanischen Gestein (Trachyt- Varietät) ausserordentlich rasch zunehmende Hitze. Bei Tiefen über 500 m beobachtet man Temperaturen bis 45, in schwer zu lüftenden Gesenken sogar von 50® C. Erhebliche Erleichterung dieses Uebelstandes erwartet man von dem grossartigen Werke des Sutro-StoUens, der ca. 610 m tiefer als das Ausgeh-Ende des Comstock - Ganges in denselben vordringt. Er wurde 1878 in der Länge von 4700 Kil. vollendet ^). Südlich von Washoe folgen Sil V er Mt., unmittelbar am Ostabfall der Sierra gelegen, und Esmeralda, ö. vom Monosee, deren Erze in tertiärem Grünstein vor- kommen, ferner das Minengebiet am 0 w e n s R., das in den Gebirgszügen Ow^ens R. Mts. , Slate Range und Coso Range silberreiche Quarzgänge in metamorphischen Schiefern und Granit umschliesst. Nach 0. zu, schon im Inneren des grossen Beckens liegen die Distrikte Humboldt und Reese R. , von denen ersterer in den West und den East Humboldt Mts. zahlreiche ergiebige Quarzgänge in Grauwacke und Keuperkalk, diese in den Reese River Mts. in Granit und paläozoischen Gesteinen umschliessen. — Neben Nevada sind Colorado und Utah die reichsten Silbergebiete der Union. In Colorado ist die Caribou Mine in Boulder Cy. das Gegenstück in kleinerem Massstabe der Comstock-Lode. Caribou Mt., ein 3000 m hoher Vorberg der Front Range aus Granit und Gneiss, ist nach allen Richtungen von Quarzgängen mit gediegenem Silber und schwarzem Schwefelsilber durchzogen und hat seit 1870, wo er zum ersten Male auf Silber in Angriff genommen wurde, jährlich zwischen V2 — 1 Mill. D. er- geben ^). Ausserdem findet sich grosser Silberreichthum vorzüglich in Park- und Clear Creek Cy., wo Tellursilber und silberhaltiger Bleiglanz häufig sind. 1) Da die Erze dieses Ganges sich nur stellenweise und uuregelmässig zu bauwürdigen Massen zusammenhäufen, die stockförmig im Gangkörper auftreten, aber ausgedehnt genug sind, um Jahre hindurch abgebaut werden zu können, kommt unerwartetes Vordringen in sehr lohnende Regionen des Berges nicht selten vor. Die Bergwerke, wo dieses eintritt, heissen dann Bonanza Mines CAusbeutegruben), vom spanischen Wort bonanza, Gedeihen. 2) Das Schicksal der Caribou Mine ist typisch für die Wechselfälle des Silberbergbaues im W. 1870 von einigen Prospectors entdeckt, die durch ihren Verkauf innerhalb eines Jahres Millionäre wurden, gehört sie mehrere Jahre zu den berühmtesten Werken in Colorado; 1873 für 3 Mill. D. an eine nieder- ländische Gesellschaft verkauft, lag sie nach deren Fall brach, bis sie 1877 für 70000 D. wiederverkauft wurde. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 345 Colorado hat an Silber 1876 ca. 3 Mill., 1877 gegen 3V3 Mill. gewonnen. Utah besitzt Silberminen vorzüglich im S., in dem Oquirrha Mts. (Arsenial Sulplmret), in den Sevier Mts. (Hornsilber), in der Gegend des auch durch sein goldhaltiges Kupfervorkommen berühmten Tintic u. s. f. 1876 hat Utah 3 351520 D. Silber erzeugt, 1877 soll die Summe sich über 4 Mill. erhöht haben, wie überhaupt Utahs Erzeugung von Edelmetallen derzeit noch zu den fortschreitenden gehört. Von den minder reichen Silber- gebieten haben 1876 Californien 1,8, Montana 0,8, Arizona 0,5, Neu-Mexico 0,4 und Idaho 0,3 Mill. D. ergeben. — Im 0. der V. St. sind geringwerthige Silbererze, meist Bleiglanz, häufig abgebaut worden, doch ist ihr Silberertrag geringfügig. Gegenwärtig wird nur beiNewbury- port Mass. ein Bleiglanz von 30 D. Silberwerth p. T. in grösserem Mass- stabe gewonnen. Auf der bei Isle Royale im Oberen See gelegenen kleinen Insel Silver Islet wird z. Th. unterseeisch ein Bergban auf Silber und Kupfer betrieben, welcher angeblich bereits eine Förderung von 2V2Mill. D. Silber geliefert hat (Z. f. Berg- und Hüttenwesen 1877. 211). Ueber die Menge des in den Kupfergruben des Oberen Sees zusammen mit dem Kupfer gediegen vorkommenden Silbers liegt keine Zusammenstellung vor. Mit Unrecht werden diese kleineren Vorkommen in den Zusammenstellungen der Edelmetallerzeugung der V. St. z. B. bei Soetbeer (P. G. M. Erg.-Heft 57. 1879) übersehen. Quecksilber. Die Quecksilbergruben Californiens liegen sämmtlich im Küstengebirge zwischen 36 und 39 ^ n. Br. , also s. und n. von S. Francisco. Als Erz und gediegen tritt das Queck- silber daselbst in mehreren der Küste parallelen Zügen meta- morphischer Gesteine der Kreideformation auf. Vorzüglich drei Züge sind von Gruben besetzt; der westlichste durchzieht die Gegend von S. Luis Obispo und Sa. Barbara; auf dem nächst- östlichen in Sa. Clara Cy. sind die Gruben von Neu-Almaden an- gelegt und er setzt sich bis S. Francisco fort, wo man Spuren von Zinnober selbst innerhalb des Stadtgebietes gefunden bat; den östlichsten beuten die Gruben von Neu-Idria aus. Ausserdem ist Quecksilber auch vereinzelt am Westabbange der Sierra gefunden. Die ergiebigsten Gruben sind die von Neu-Almaden, die ungefähr ^2 der Gesammterzeugu ng geben, dann die von Fresno (oder Neu- Idria) und von Napa. Quecksilber wurde schon 1845 gefunden, aber der erste Bergbau wurde 1848 in Neu-Almaden eingeleitet. Die Erträge sind sehr ungleich. Man kann rechnen, dass von 1850 — 76 nahezu 1 Mill. Flaschen (zu 75 e. Pfd.) in Californien 346 IX. Mineralreichthum und Bergbau. gewonnen worden sind. 1877 wurden 78 000 Flaschen gewonnen, ungeflilir ^/s der gesammten Quecksilbererzeugung der Erde. Kupfer. Die V. St. liefern gegenwärtig ungefähr Vd der gesammten Kupfererzeugung der Erde. 1873 wurde die letztere auf 60 — 70000 T. geschätzt, wovon 16000 auf den Antheil der V. St. entfielen^). Der Hauptsitz dieser grossen Erzeugung, der mit 88 — 90 Proc. an derselben theilnimmt, ist der sog. Native Copper District am Oberen See, ein Theil der oberen Halbinsel Michigan, das reichste Kupfervorkommen der Erde. Derselbe wird gebildet durch eine fast parallel dem nw. Uferrande der Halbinsel laufende Zone kupfer- und silberführender Sand- steine und Conglomerate silurischen Alters, welche mit zwischen- lagernden Melaphyren, Melaphyr - Mandelsteinen und Dioriten ab- wechseln und bei einer Länge von 26 g. M. ^/s — 1 g. M. durch- schnittliche Breite aufweisen. Das Kupfer kommt sehr vorwiegend gediegen vor (schon die Indianer nützten es aus) und, was diesem Vorkommen noch einen besonderen Vorzug verleiht, frei von Schwefel, Arsen, Antimon, Nickel und Eisen und enthält als häufigere Beimengungen nur Silber, Silikate und Erden. Silber kommt vielfach ebenfalls gediegen und vermengt, aber nicht legirt mit dem Kupfer, vor. Massen gediegenen Kupfers von mehr als 100 T. sind zu verschiedenen Malen gefunden^). Kupfererze nehmen nur geringen Theil an der Metallerzeugung, welche 1845 100, 1855 3000, 1865 6250 und 1875 15737 Gr. T. betrug. Ein zweites Kupfervorkommen von grosser Ausdehnung, aber viel geringerem Reichthum ist das der Alleghany-Region, wo Kupferkiese und kupferhaltige Schwefelkiese theils auf der Berührung von Gneis und Silur, theils auf der von Diorit und Sandstein der Trias- formation auftreten. Gleich dem Magneteisenauftreten bilden diese Kupfererze einen Gürtel, der von Nova Scotia bis Georgia verfolgt werden kann. Man baut die reicheren Theile desselben ab in Vermont, Connecticut, New Jersey, Virginia, Tennessee und 1) Schätzung Kupelwieser's im österr. Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia IV. 284. Der nächste bedeutende Producent, Deutschland, lieferte 1876 etwas über 8000 T. 2) Als die grösste Masse wird ein zu 420 — 470 T. angegebener 14 m langer Block genannt, der in Minnesota-Grube 1857 gefunden wurde. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 347 Georgia. Wenig bekannte Vorkommen sind in Neu-Mexico, Utah, Colorado und Californien, sowie in Missouri und Montana im An- fang der Ausbeutung. Der Gesammtertrag dieser Werke belief sich 1875 auf 2120 Gr. T., also nicht ganz 12 Proc. der ganzen Erzeugung in den V. St., und kamen davon ungefähr je Vs auf Tennessee und Vermont. In Colorado wurde 1876 für 90000 D. Kupfer gewonnen. Am mächtigsten ist indessen von diesen in zweiter ßeihe stehenden Vorkommen wahrscheinlich das von Cali- fornien, wo Malachit u. a. Kupfererze in einer 30 — 40 g. M. langen Zone am Westfuss der Sierra in metamorphischen Schiefern und ausserdem in zahlreichen, weit zerstreuten und wenig mächtigen Lagern in den metamorphischen Kreideschichten des Küstengebirges gefunden werden. Blei findet sich in den V. St. vorzüglich in drei grösseren Vorkommen: 1. im oberen Mississippi- und Missouri-Gebiet; 2. in den Silberregionen der Westgebirge; 3. in den Alleghanies. Das erstgenannte Vorkommen ist das am längsten bekannte und meisten ausgebeutete und war bis zum Aufkommen der Bleigewinnung in den w. Silberregionen auch das erträgnissreichste. Es zerfällt in zwei grössere Gruppen von geologisch einander entsprechenden Vorkommnissen, ist begrenzt vom Mississippi im W., vom östlichen Arm der Peccatonica im 0., von Wisconsin im N. und vom Apple River (111.) im S. Ein kleines Stück produktiven Gebietes liegt indessen noch am Westufer des Mississippi. Das Grundgestein dieser Region sind untersilurische Kalksteine. Im sog. Galena Limestone wird der grösste Theil des Bleierzes gewonnen und eine weniger bedeutende Gewinnung findet in dem Trenton Limestone statt, welcher jenen unterlagert. Das Erz besteht fast überall aus Bleiglanz, an wenigen Orten wird daneben eine geringe Menge kohlensaures Blei gewonnen. Der Silbergehalt ist durchaus so gering, dass er nicht die Sonderung lohnt; dagegen ist das Blei dieser Region freier von Verunreinigung durch andere Metalle als in der Mehrzahl der Vorkommen in anderen Gegenden. Die Erze kommen vorzüglich in senkrechten Spalten und deren Verzweigungen vor; in geringer Menge auch oberflächlich in Lehm, wo Zer- setzungen der bleiführenden Schichten stattgefunden haben. Als 348 IX. Mineralreichthum und Bergbau. Auskleidung von Höhlen fand es sich ebenfalls und sollen z. B. aus der Levin's Cave (lo.) 1700 T. Erz im Werth von 90000 D. herausgenommen worden sein. In den Silber gebieten des W. ist das Blei z. Th. ein wichtiges Nebenprodukt überall da, wo silberhaltige Bleiglanze auftreten. Dies ist vorzüglich in Colorado und Utah der Fall. Nur von Colorado besitzen wir eine neuere Zusammenstellung, welche für 1876 die Bleierzeugung zu 75000 D. Werth veranschlägt. Die Bleigewinnung in der AUeghany-Region ist unbedeutend. Man kann wohl sagen, dass der grösste Theil der Bleierzeugung der V. St. noch immer auf die erstgenannten Vor- kommen von Missouri, Iowa, Wisconsin und Illinois, der Best fast ganz auf die w. Silbergebiete entfällt. Von 1870 an hat die Blei- erzeugung sich folgendermassen vermehrt: 1870 . . . 1080000 D. 1874 . . . 3800000 D 1871 . . . 2100000 1875 . . . 5100000 1872 . . . 2250000 1876 . . . 5040000 1873 . . . 3450000 1877 . . . 5085250. Die Zinkerze der Y. St. finden sich vereinigt mit den Bleierzen in der grossen Bleiregion des Oberen Mississippi und im s. Missouri; als Blende in den Silurschichten von Bethlehem Penn, und als Rotlizinkerz, Franklinit u. a. in krystalhnischem Kalk bei Franklin und Stirling N. J. 1875 wurden 14817 Gr. T. Zink und 3600 Gr. T. Zinkweiss hergestellt und betheiligten sich die verschiedenen Erzeugungsgebiete an der Metall- erzeugung mit folgenden Zahlen : Illinois (La Salle u. a. 0.) 6510, Missouri (S.Louis) 4055, New Jersey (Newark) 1637, Pennsylvania (Bethlehem) 1559, Kansas 1056 Gr. T. — Nickel und Kobalt werden zusammen in Penn- sylvanien zu Gap und Camden aus Schwefel- und Kupferkiesen gewonnen. 1864—74 wurden durchschnittlich jährlich 8Vii Mill. Pfd. Roherz mit 2 — 2,9 Proc. Nickel und Kobalt gewonnen. — Zinn ist adernweise im Granit und körnigen Kalk von Winslow, Hebron und Paris (Maine), in unbedeutenden Vorkommen in New Hampshire und Massachusetts, in wahrscheinlich nicht abbauwürdiger Menge in Missouri, als Zinnsand von angebUch bedeutendem Reichthum in Idaho und als Zinnerz in S. Bernardino Cy. im s. Californien nachgewiesen. Yerwerthet hat man alle diese Vor- kommnisse bis jetzt nicht. — Antimon, öfters in Mischung mit Wis- muth, ist an einer Reihe von Oertlichkciten w. der Felsengcbirge nach- gewiesen , wo die Ausbeutung lohnend sein würde , wenn der Bedarf dieselbe hervorriefe. Im Inneren ist ein grösseres Vorkommen im sw. Arkansas (Sevier Cy.) bekannt. — Graphit lag er sind in der atlanti- schen Gneiszonc der Alleghanies häufig vorhanden. Sie werden u. a. bei IX. Mineralreichthum und Bergbau. 349 Sturbridge und Worcester Mass., bei Peapack, Mendham, Bloomingdale N. J., Raleigh N. Car. und zahlreichen anderen Punkten bereits in kleinem Massstabe ausgebeutet. — In schwarzen Sauden (meist durch Titaneisen und Chromeisen gefärbt) aus Goldwäschen Oregons und Californiens sind mikroskopische Diamanten von Wöhler und von B. Silliman nachge- wiesen (Trans. Am. Inst. Min. Eng. I. 372). Sie sind ebenso wie das Vorkommen von Diamanten im Itakolumit der Süd-Alleghanies bis jetzt bloss mineralogische Merkwürdigkeit geblieben. Dasselbe gilt von den reichen Vorkommen von Molybdän und Tellur in dem Silbergebiet des Felsengebirges von Colorado. Dagegen werden Chromerze der Alleghany- Region seit einigen Jahren im s. Pennsylvanien ausgebeutet. Salz. Das Salz wird in vierfacher Form gewonnen : als Soole aus Salzquellen, aus Meerwasser, aus salzigen Binnenseen und als Steinsalz. Das Soolsalz liefert die weitaus grössten Mengen für y den Verbrauch, welcher heute auf ungefähr 675 Mill. Kgr. (15 p. Kopf) veranschlagt werden kann. Die ergiebigsten Quellen gehen auf die grossen silurischen Salzlager im w. New York (Onondaga) und auf Salzlager devonischen Alters in den Thälern des Ohio, Kanawha und Saginaw. New York, Ohio, W. Virginia und Michigan erzeugen am meisten Soolsalz. Seesalz wird an der Golfküste in unbedeutender Menge gewonnen; die grösste Masse desselben, als ^' Düngmittel vorzüglich verwendet, kommt von den Turks Islands. Steinsalz kommt in Virginien, Louisiana (besonders rein und mächtig v^ auf Avery Island), Texas und allen Staaten w. vom Felsengebirg vor. Salz aus Salzseen oder Salzsümpfen wird bis jetzt in Nebraska, Colorado und Utah gewonnen, aber die Gelegenheiten zu seiner Gewinnung finden sich nur allzureichlich in allen Steppenstaaten zwischen 100 und 150 " w. L. , wo an Salztümpeln Ueberfluss ist. Ueber die ganze Gewinnung besitzen wir nur zerstreute und un- vollständige Zahlen ^). Ausser Kochsalz wird aus den Salzseen in Colorado (bei Denver) Soda und in Californien und Nevada an verschiedenen Orten Borax ge- wonnen (s. Bd. I. 276). Brom ist in gewissen Salzquellen von Ohio so stark vertreten, dass dieser Staat allein heute mehr Brom erzeugt als ganz Europa. Schwefel kommt mit Gips und Kochsalz im w. Louisiana vor und wird in Californien als Nebenprodukt bei der Quecksilber- 1) Die Onondaga-Quellen, die noch immer zu den ergiebigsten gehören, er- gaben 1875 ÖVs Mill. Busheis, die im Sagiuaw-Thal 980000 B. 350 IX. Mineralreichthum und Bergbau. bereitung gewonnen. Schwerspath bildet den Gegenstand eines be- trächtlichen Bergbaues, besonders in dem Buntsandstein von Connecticut. Phosphorit wird in S. Carolina, und Grünsandmergel von z. Th. 40 m Mächtigkeit an der Küste von New Jersey abgebaut ; beide liefern vorzügliche Düngmittel ^). An Bausteinen ist die Union in ihren ö. und n. Theilen reich. Ausgedehnte Verwendung finden vorzüglich Granit, Brown - stone (chocoladebrauner feinkörniger Sandstein, der den Strassen- fronten der Städte Boston, New York und Philadelphia einen grossen Theil ihres Charakters aufprägt) und Marmor. Weisse Marmore von grosser Schönheit sind in der Alleghany-Begion , besonders in Vermont und Pennsylvania, so verbreitet, dass sie zum Hausbau Verwendung finden. Der Marmor für plastische Werke wird jedoch grossentheils aus Europa eingeführt^). Die grossen Städte der Union lassen durch die Menge ihrer Marmorbauten alle europäischen hinter sich. In Pennsylvania wird sogar der dort häufig vorkom- mende Serpentin als Baustein verwendet. Vor allem ist aber der Reichthum an guten Bausteinen und an Kalk, den die Prärie- regionen an vielen Punkten in der felsigen Grundlage aufweisen, um so weniger zu unterschätzen, als die Natur im Uebrigen diese Regionen stellenweis sehr kärglich bedacht hat. So unterlagern z. B. den Boden der Osthälfte von Iowa in geringer Tiefe Gesteine der Silur- und Kohlenformation, die fast alle als Bausteine Ver- wendung finden können, und Kalke, die z. Th. selbst zur Cement- bereitung dienlicb sind, finden sich, über ganz Iowa verbreitet. Es ist ein nicht minder glücklicher Umstand, dass der Lehm, welcher den Hauptbestandtheil der Prärieschichten bildet, sich durchgängig gut zur Herstellung von Ziegeln eignet. Steinöl. Das produktive Steinölvorkommen Nord - Amerikas ist an eine langgestreckte Zone von Silur-, Devon- und Steinkohlen- schichten gebunden, welche sich am Westrand des Alleghany- y' 1) Seit kurzem wird in den Südstaaten der Fledermaus -Guano, der in Tausenden von Tonnen in den Höhlen besonders von Alabama, Tennessee und Texas vorkommt, als Düngmittel verwandt. Während des Krieges wurde Sal- peter aus demselben gewonnen. 2) 1877/78 bewerthete die Einfuhr von Marmor und ähnlichen Steinen roh und verarbeitet 865133 D. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 351 Gebirges von dem canadischen Ufer des Erie-Sees durch die Staaten New York, Pennsylvanien, Ohio, West-Virginien, Kentucky und Ten- nessee in wesentlich nö. und sw. Richtung hinzieht. Die Länge der Zone von Canada bis Tennessee beträgt ungefähr 1600, die Breite durchschnittlich 30 Km. Kleinere Vorkommen finden sich in Arkansas, Utah und Californien. Das ölführende Gestein besteht dort der Hauptsache nach aus wechsellagernden Schiefer- und Sandsteinschichten, welche sehr allmählich von N. nach S. hin ab- fallen. In dem reichsten Steinölgebiet, dem von West-Pennsylvanien, ist es ein grober Sandstein der oberen Silurformation, bis zu 40 m mächtig (der dritte Sandstein genannt), in welchem das Oel massen- haft vorkommt ; auch ein 20 m tiefer liegender vierter Sandstein ist noch ölreich. In minderer Menge findet sich Steinöl auch in den unteren Devonschichten und nach H. E. Wrigley *) sind über- haupt die Schichten zwischen dem Liegenden der Devon- und dem der Steinkohlenformation alle mehr oder weniger stark mit Steinöl durchsetzt. Die Art des Vorkommens ist entweder Durch tränkung des Gesteines oder Ansammlung in Hohlräumen und Spalten. Da im letzteren Fall gewöhnlich auch Gas mit dem Steinöl in dem- selben Kaume vergesellschaftet ist, treibt es beim Anbohren das letztere nicht selten springbrunnenartig heraus oder erzeugt selbst- fliessende, manchmal intermittirende Quellen. Gewöhnlich muss aber die Pumpe zu Hülfe genommen werden. Die Vorkommen in Hohlräumen sind vereinzelt und ihre Form pflegt am häufigsten eine flach-linsenartige zu sein ; die Breite dieser Linsen ist 200 bis 500 m. Im Allgemeinen finden sich die mächtigsten Vorkommen verbunden mit der grössten Mächtigkeit des umschliessenden Ge- steines. Wie anderwärts sind auch hier Soolen in der Nähe des Steinöles sehr häufig. Bei Pittsburg verwendet man sie zur Salz- gewinnung ; aber in den meisten Fällen schaden sie nur der Steinöl- gewinnung, indem sie diesen leichteren Stoff in die Poren des Ge- steines zurückdrängen. Die Gewinnung des Steinöles ist in dem angegebenen Verbreitungsgebiet nicht neu, da einige an die Ober- fläche tretende Steinölquellen schon von den Indianern und den 1) Spec. Rep. on the Petroleum of Pennsylvania. Phil. 1874. 352 IX. Mineralreichthum und Bergbau. frühesten Ansiedlern zu nebensächlichen Zwecken ausgebeutet wurden. Dennoch war es ein Zufall, der zu der Ausbeutung im Grossen führte. 1859 wurde bei Titusville im w. Pennsylvanien ein gegen 20 m tiefes Bohrloch eingeschlagen behufs der Aufsuchung von Salz und bei dieser Gelegenheit fand E. L. Drake aus Connecticut zum ersten Mal das Steinöl in solchen Massen, dass es die Gewinnung zu lohnen versprach. Sehr rasch verbreitete sich die Steinöl- gewinnung von hier nach S., wo dasselbe überall genügend schwer und ohne viel Gas- und Soolebeimengung aufgefunden ward. In jüngster Zeit haben aber auch die Bohrungen in den n. Theilen des Steinölgebietes gute Ergebnisse geliefert und lieferte z. B. der Steinölbezirk von Buffalo N. Y. schon Mitte 1876 kurz nach der Aufschliessung monatlich 5 — 8 Mill. Liter. Uebrigens sollen von den etwa 8000 Q.Kil., auf welche man allein das pennsylvanische Steinölgebiet schätzt, bisher nicht mehr als 100 Q.Kil. wirklich Steinöl geliefert haben. Im Verlauf der Steinölgewinnung , die also heute noch nicht 20 Jahre alt ist, ist ihr gewerblicher und Handels- Mittelpunkt allmählich südwärts gerückt. An die Stelle des ein- stigen Hauptortes Titusville ist in neuerer Zeit Parker getreten. Titusville liegt am Oil Creek , einem Zuflüsse des Alleghany H., Parker an dem Zusammenflusse des Clarion R. mit dem Alleghany R. Immer ist der Schwerpunkt in den pennsylvanischen Bezirken ver- blieben, die auch heute noch gegen 80 Proc. der Gesammtförderung liefern ^). Neben ihnen kommen mit geringen Antheilen Ohio, W. Virginia, Kentucky und Tennessee in Betracht und seit den oben erwähnten Aufschliessungen bei Buffalo auch New York. 1) Gleichwie bei den Steinkohlen ist auch beim Steinöl die Aussicht auf möglicherweise nicht sehr fernliegende Erschöpfung der jetzt in Ausbeutung be- griffenen Vorkommen in der Natur der letzteren begründet. Es ist Thatsache, dass viele Brunnen sehr erheblich nachgelassen haben, dass das Oel der unteren Schichten viel leichter ist und damit leuchtschwächer als das der früher ausgebeuteten oberen und dass mit grösserer Tiefe die Kosten der Ausbeutung zugenommen haben. Aber andererseits ist nur ein geringer Thcil der ver- mutheten Ilorizontalaushreitung des Oelgebietes bis jetzt in Angriff genommen und ist die Gesammtcrgiebigkeit bisher nur immer gewachsen. Der Zeitpunkt der Erschöpfung dieses reichen Vorkommens ist natürlich nicht zu bestimmen, liegt aber gewiss noch zu ferne, um schon discutirt zu werden. IX. Mineralreichthum und Bergbau. 353 Seit 1859 hat sich die Förderung des Steinöles jährlich folgender- massen gestellt ^) : Barrels zu 163,5 Liter. 1859 . . . . 3200 1869 . . . . 4215000 1860 . . . . 650000 1870 . . . . 5659000 1861 . . . . 2113600 1871 . . . . 5 795000 1862 . . . . 3056606 1872 . . . . 6539103 1863 . . . . 2611359 1873 . . . . 9879455 1864 . . . . 2116182 1874 . . . . 10910303 1865 . . . . 3497 712 1875 . . . . 8787506 1866 . . . . 3597527 1877 . . . . 13140 000 1867 . . . . 3347301 1878 . . . . 14 395 510 1868 . . . . 3715746 Bas Steinöl wird nach Art artesischer Brunnen erbohrt. Dieselbe Dampfmaschine, welche das Bohrgeschaft besorgt, wird nach vollendeter Bolirung zum Pumpen gebraucht und ihre Heizung geschieht mit dem Gas, das zugleich mit dem Steinöl entquillt^). Im dem pennsylvanischen Oelgebiet sind seit 1859 etwa 10000 Bohrlöcher angelegt worden, von denen Ende Mai 1876 3572 im Betrieb waren. Die grösste Tageserzeugung eines einzigen Brunnens wird auf 3000 Barrels angegeben. Die grösste Menge des Steinöles wird unmittelbar vom Gewinnungsort nach den Plätzen abgeführt, an denen sich die Vorrichtungen zur Raffinirung befinden. Es sind dies (in der Reihe ihrer Wichtigkeit) Cleveland 0., New York, Pitts- burg, Philadelphia, Baltimore, Boston. Cleveland erhielt 1875 27, New York 26, Pittsburg 21, Philadelphia 10 Proc. des Gesammtversandtes. In den Oelbezirken selbst wurden 18 Proc. raffinirt. In der Nähe der Brunnen wird das Oel in Sammelbecken, zuerst von 2500, dann von 10000 Barrels geleitet. Der Transport von hier bis zur Eisenbahn geschieht vermittelst Röhrenleitungen, deren Gesammtlänge 1878 auf gegen 3500 Km. beziffert wurde. Der Hauptstrang ist 59 Km. lang. Es besteht die Idee , durch grosse Röhrenleitungen die Oelgebiete unmittelbar mit Baltimore und New York zu verbinden ; sie würden durch Pumpen , die alle 25 Km. zwischengeschaltet sind, das Rohöl direkt in die dortigen Raffinerien leiten. Die bis dahin im Durchschnitt auf IV4 D. p. Barrel zu beziffernden Transportkosten sollen damit auf Va herabgesetzt werden. Begreiflicher- 1) Die Preise haben in derselben Zeit ausserordenthche Schwankungen er- fahren. Sie standen p. Barrel: 1859 13, 1860 6,7, 1861 2,7, 1862 1,7, 1864 9,6, 1867 3,2, 1869 5,8, 1871 4,3, 1874 1,1, 1875 1,5 D. 2) Bei Pittsburg hat man eigene BohrlöcheT angelegt, um dieses Gas zum Betrieb der Schweiss- und Puddelöfen zu benützen; ausserdem wird es zur Ver- siedung der Soolen und zur Strassenbeleuchtung in vielen Plätzen der Oelregion ''Verwendet. R a t z e 1 , Amerika II. oq 354 IX. Mineralreichthum und Bergbau. weise sind die Eisenbahnen und die Besitzer von Petroleum -Raffinerien in Amerika diesem Projekt wenig geneigt. Bei den Verhandlungen, welche 1878 über dasselbe in der pennsylvanischen Legislatur geführt wurden, führten die Gegner u. a. gegen dasselbe an, dass 260000 Menschen allein in der Petroleum -Industrie beschäftigt seien. Die Fipe Line Bill wurde am 30. Januar 1878 auf unbestimmte Zeit zurückgelegt. — Die Ausfuhr begann 1861, in welchem Jahre sie sich auf 27 000 Fässer im Werthe von rund 1 Mill. D. belief. Von 1861—77 betrug der Werth der Petroleum -Ausfuhr 442 698968 D., im Jahr 1877 allein erreichte sie einen Werth von 62 Mill. D. * X. Die Gewerbtliätigkeit. I. GeschichtlicheEntwickelung. Die Anfänge 355. Ziirückdrängung durch das Mutterland 358, Aufschwung seit der politischen Selhständigkeit 359. Heutiger Stand 362. — II. Die Art des Betriebes. Mangel an Arbeits- kräften 362. Maschinenarbeit 363. Werkzeuge 364. Der Erfindungs- und Unternehmungsgeist 364. Patente 365. Credit 366. Die Arbeitslöhne 369. Leben und Stellung der Arbeiter 371. — III. Die Hauptzweige der Ge- wer bthätigk e it. Textilindustrien 373. Metallindustrien 375. Maschinen- bau 377. Landwirthsch. Geräthe 379. Lederverarbeitung 381. Waffen 382. Uhren 383. Chemische Industrien 384. Brauereien 385. Keramik 385. Ver- vielfältigende Industrien 386. I. Geschichtliche Entwickelung. Die Industrie der V. St. war von geringem Belang in der ganzen Zeit, welche vor dem Un- abhängigkeitskrig verfloss. Die Verhältnisse, welche die Gründung einer Colonie begleiten, sind niemals der Industrie günstig. Jagd jUnd Ackerbau, im günstigsten Falle auch Bergbau, sind die natür- lichen Nahrungszweige junger Ansiedelungen. Für die Industrie, die über den täglichen Bedarf hinaus erzeugt, fehlen Geld, Kennt- nisse , Fertigkeiten und Arbeitskräfte. Gewöhnlich bilden die Industrieerzeugnisse des Mutterlandes den Hauptgegenstand des Austausches für die Erzeugnisse des Ackerbaues der Colonien. In dem Falle der englischen Colonien in Nord -Amerika kam hinzu, dass das Mutterland mit Absicht ihre industrielle Entwickelung hintanhielt, um in ihnen ein Absatzgebiet für seine Fabriken zu behalten. Erzeugnisse von Industrien, die mit der Wald- und Feld- wirthschaft und dem Bergbau zusammenhängen, sind allerdings schon früh von den Colonien zur Ausfuhr gebracht worden. Schon im zweiten Jahre der virginischen Colonie zu Jamestown (1608) wurden einige Deutsche und Polen eingeführt, um die Erzeugung von Pech, Theer, Pottasche und Glas zu bewerkstelligen. 1609 bestand hier bereits eine Glashütte. 1620 wird berichtet, dass die 23* 356 X. Die Gewerbthätigkeit. Eisenerze der Colonie gewonnen und verarbeitet würden, dass die- selbe das Salz für ihren eigenen Bedarf darstelle, dass Sägemühlen errichtet seien. 1621 werden unter den Ausfuhren der Colonie Eisen, Rohseide, Tauwerk, Pottasche, Pech und Harz genannt. Im ganzen Laufe des 17. Jahrhunderts wurde die Entwickelung jeder Art von" Gewerbthätigkeit in Virginia wie in den übrigen Colonien nicht nur geduldet, sondern sogar unterstützt. In den Neuengland- Staaten erwuchs von 1624 an der Schiffsbau zu einer sehr blühenden Lage, ebenso in New York und später in Baltimore und Philadelphia. Der Holzreichthum wurde ausserdem in den verschiedensten Rich- tungen ausgebeutet. Sägemühlen sollen in Nord -Amerika früher ^ \/aufgekommen sein als in England. 1633 wurden von den Hollän- dern deren drei in ihrer Colonie am Hudson gebaut. Man glaubt, dass sie durch die am Delaware angesiedelten Schweden aus Skan- dinavien herübergebracht worden seien. Es scheint, dass auch die ersten Mahlmühlen in Nord -Amerika Windmühlen waren, welche von den Holländern gebaut wurden ; die englischen Einwanderer ahmten ihnen nach und soll 1628 die erste Windmühle Neu -Englands bei Watertown Mass. gebaut worden sein. Da man trotz des Ueber- flusses an Holz, welcher mit der Zeit zu einer ausgedehnteren Ver- wendung desselben als irgendwo sonst Anlass gab, der Bausteine nicht ganz entrathen konnte, wurden schon 1612 Ziegel in Virginien gemacht und 1629 ein Ziegelofen bei Salem Mass. gebaut. 1638 wurde in Boston das erste steinerne Haus gebaut. Uebrigens scheinen auch in der Ziegelei und überhaupt in der Verwendung des Thones die Holländer die Führung gehabt zu haben, denn Albany und Umgebung, eine ihrer ältesten Niederlassungen, war schon im 17. Jahrhundert und ist noch heute Mittelpunkt dieser Industrien^). 1639 machte man auch in Massachusetts Glas. Die Papierbereitung hat mit die langsamste Entwickelung unter den nordamerikanischen / 1) Es ist überhaupt wahrscheinlich, dass die Holländer eine viel fruchtbarere Wirkung auf die Entwickelung der Hülfsquellen von Nord- Amerika geüht haben, als gewöhnlich angenommen wird. Sie waren damals in den meisten Gewerben den Engländern überlegen, ebenso wie in der Schiffahrt und dem Handel. Als das in allen diesen Beziehungen hervorragendste Colonialvolk Nord-Amerikas haben /Sie den Neuengländern und Virginiern manches lehren können. Eine künftige Culturgeschichte Nord-Amerikas wird sie sehr ernsthaft zu behandeln haben. X. Die Gewerbthätigkeit. 357 Industriezweigen gehabt, entsprechend dem anfänglich geringen Bedarf und der geringen Schwierigkeit des Transportes. Zu Rox- borough bei Philadelphia ist durch Holländer 1692 die erste Papier- fabrik gegründet worden. Die erste Druckerpresse war 1631 in Cambridge Mass. errichtet. Die erste Zeitung wurde 1684. in Boston gedruckt und die ersten Lettern wurden von Christoph Sauer in ^ Germantown Penn, gegen 1728 gegossen. Derselbe hat auch die erste deutsche Bibel in Amerika gedruckt. Die Bierbrauerei scheint schon frühe von den Hausfrauen geübt worden zu sein, in Plymouth schon so früh wie 1623 ; aber es ist zweifelhaft, ob die Kenntniss der Verwendung des Maises zu diesem Zweck von den Indianern gelernt worden ist. Der Weinbau war schon 1612 in Virginia be- gonnen und wurden später, um ihn zu heben, sogar aus Deutsch- land und Frankreich Winzer und Reben eingeführt. Auch in allen anderen Colonien wurde der Weinbau mit Vorliebe betrieben, aber nirgends mit dauerndem Erfolg. 1682 kam der erste Carolina- / Wein nach England. Die Web-Industrien bedienten sich im Anfang für gröbere Arbeiten gewisser einheimischer Gewächse, besonders des Apocynum cannabinum. 1638 wurde zu Bowley Mass. Tuch gemacht und eine Walkmühle errichtet. Baumwolle ward 1621 in ;Virginien zum ersten Mal angebaut, nahm aber vor dem Ueber- wiegen des viel begehrteren Tabaks im Anfang nur eine unbe- deutende Stelle ein. Erst am Ende des Jahrhunderts begannen die Versuche, die Spinnerei und Weberei der Colonien zu Gunsten derjenigen des Mutterlandes einzuschränken. 1611 führte Virginien Gerber und Lederarbeiter in die Colonie ein. Um die Gewinnung einheimischen Leders zu fördern, wurde 1682 die Ausfuhr von Roh- häuten verboten. Der Gebrauch des einheimischen Sumachs zur ^ Gerberei soll schon 1630 in Massachusetts empfohlen worden sein. Virginien erzeugte schon 1619 eigenes Eisen, aber die Eisengewinnung entwickelte sich sehr langsam. In den 40er Jahren des 17. Jahr- hunderts war besonders durch die rasche Entwickelung des SchifFs- baues in den n. Staaten die Nachfrage des Eisens bedeutend ge- stiegen und führte zur Errichtung einer ganzen Anzahl von Eisen- hütten zu Lynn Mass., Pequod Conn. u. a. 0. Ein gewisser Jenks in Lynn war zu dieser Zeit der beste Metallarbeiter in den Colonien 358 X. Die Gewerbthätigkeit. und ein Erfinder, wie die V. St. später so viele aus ihrem Gewerbs- stande hervorgehen sahen. Er verbesserte die altübliche englische v^Sense durch Verstärkungsrippe und Verlängerung und gab ihr die Form, die sie dann im Wesentlichen bis heute behalten hat. Er fertigte 1652 die Stempel für die Colonialmünzen , baute ferner für Boston eine Feuerspritze, errichtete die erste Drahtzieherei und Kratzenfabrik. — Das beginnende 18. Jahrhundert sah in den Colonien die Keime aller Industrien, die es damals in den fortgeschrittensten Ländern Europas gab. Die jungen Staaten waren zwar noch in sehr hohem Grade dem Mutterlande tributär in so ziemlich allen Erzeugnissen der Gewerbthätigkeit, aber sie waren im Stande, das Nächste und Nothwendigste aus eigener Kraft und mit den dem Lande eigenen Mitteln zu erzeugen. Aber schon diese Stufe der Entwickelung der colonialen Industrien schien dem Mutterlande zu hoch. Englands Colonialpolitik stand, wie diejenige aller Völker, zu jener Zeit unter der Herrschaft des Grundsatzes, dass die Colonien nur das erzeugen sollten, was das Mutterland brauchen konnte, also vorzüglich Eohstoffe, da dieses in der Industrie weiter fortgeschritten war. Zu dieser Zeit schienen sich die Colonien in industrieller und überhaupt in jeder wirthschaftlichen Beziehung mehr als vorher auf eigene Füsse stellen zu wollen. Aber England verbietet nun ganze Industrien. 1699 verbot in der That eine Parlamentsakte den Handel mit Wolle, Garn und Wolltuch innerhalb der Colonien. 1719 wurde die Herstellung von Gegenständen aus Guss- und Schmiedeeisen verboten. 1732 wurde der intercoloniale Handel mit Hüten verboten, 1750 die Errichtung von Maschinen zum Spalten und Walzen des Eisens. Im letzteren Jahre besagte eine Ordonnanz, dass die Errichtung von Manufakturen angesehen werden müsse als Versuch und Mittel, um die Abhängigkeit der Colonien vom Mutterlande zu vermindern. Ebenfalls in diesem Jahre wurde die Ausfuhr von Werkzeugen und Geräthschaften zur Woll- und Seidenmanufaktur untersagt. Die Colonien blieben hierbei nicht unthätig. Ihre Behörden unterstützten durch Prämien die Industrien, welche in Folge der Massnahmen des Mutterlandes gefährdet waren; man gründete Schulen für Spinner; die Non- Importation Societies wirkten der Einfuhr englischer Manufakturwaaren X. Die Gewerbthätigkeit. 359 entgegen. Man ging sogar so weit, das Schlachten von Schafen zu vermindern, um der einheimischen Wollweberei nicht den Rohstoff zu entziehen. In New York setzte sich eine Society for tJie Pro- motion ofArts hauptsächlich die Förderung der Hanf- und Leinen- verarbeitung zum Ziel. Die Erforschung der Naturschätze des Landes und die Entwickelung des Erfindungsgeistes der Bevölkerung empfingen mächtige Anregungen. Man kann wohl sagen, dass in diesen Jahren des Kampfes die Industrie der Colonien mehr Fort- schritte machte als in den ruhigeren Zeiten, die vorausgegangen waren. 1771 wurden 7500 T. Roh- und Stabeisen ausgeführt. Die Noth des Krieges von 1776 — 83 zwang zu weiteren Fortschritten auf diesem Wege. Aber nun war es der Mangel an Arbeitskräften und Capital, welche hemmend eingriffen. Immerhin führt auf diese Zeit eine Anzahl von Erfindungen und die Einbürgerung wichtiger Industrien zurück, besonders solcher, die auf Schiffsbau und Kriegs- wesen Bezug haben. Die Eisenindustrie machte unter der Wirkung der grossen Anforderungen, welche an sie gestellt wurden, die grössten Fortschritte. Die neuen Erfindungen, welche in dieser Zeit vorzüglich in den Textilindustrien gemacht worden waren, suchten die Amerikaner, oft auf unvollkommene Angaben hin, sich anzueignen. So ahmte Slater die Arkwright'sche Spinnmaschine in einer Weise nach, welche fast das Recht gibt ihn als Nach -Entdecker dieses epochemachenden Werkzeuges zu bezeichnen. Aehnlich fanden zu dieser Zeit die neuen Krempelmaschinen, Schnellschützensysteme, Calander, Druckmaschinen in Amerika ihre Nachahmer und oft auch Verbesserer. 1787 wurde zu Beverley Mass. die erste Baum- "^ Wollspinnerei errichtet. Am einflussreichsten waren auch für Europa unter diesen Erfindungen die der Cotton-Gin durch Whitney, 1793, welche die Herrichtung der Rohbaumwolle ungemein erleichtert, ferner die auf das Mühlwesen Bezug habenden von Oliver Evans (1785 — 93). Demselben Erfinder verdankt man die erste Hoch- druck-Dampfmaschine. 1790 wurde die erste Dampf - Mahlmühle ^ gebaut und 1797 bereits ein Patent für ein Dampfboot gelöst. Uebrigens waren schon 1782 in Amerika Versuche mit Dampf- schiffahrt gemacht worden , aber erst 1807 schwamm Fulton's - Dampf boot, der Ausgangspunkt aller brauchbaren Construktionen, 360 X. Die Gewerbthätigkeit. auf dem Hudson und 1808 wurde von New York nach Philadelphia die erste Fahrt zur See gemacht. Dem Aufhören der Kriegszeit folgte die Blüthe der Industrie nicht so rasch auf dem Fusse wie die des Ackerbaues und des Handels. Abgesehen von der Ungunst des herrschenden Zollsystems, bedurfte sie von vornherein grösserer Capitaliefi und eines allgemein höheren Culturstandes der ganzen Bevölkerung und einer höheren Bevölkerungszahl überhaupt, welche ja noch 1790 nicht ganz 4 Mill. erreicht hatte. Beim Friedens- schluss bestanden keine besonderen Handelsverträge mit England und eines der ersten Zeichen des wiedergekehrten Friedens war die Ueberschwemmung des Landes mit englischen Manufakturen. Den amerikanischen Gewerbtreibenden blieben fast nur noch die rohesten Artikel und die Ausbesserung. Die allgemeine Geldnoth kam hinzu, und wenn auch 1790 der Werth aller Erzeugnisse der Hausindustrie, die damals noch sehr produktiv war, auf 20 Mill. D. gestiegen war, so erzeugten die Gewerbe dafür in den wichtigsten Zweigen weniger als vor dem Kriege. A. Hamilton legte 1790 dem Hause eine Zusammenstellung der Einfuhren des Jahres 30. September 1789 — 90 vor, soweit sie aus England stammten. Sie betrugen 13*/5 Mill. D. 1789 war ein Schutzzoll aufgelegt worden, der für ^/lo der Einfuhr nicht mehr als 5 Proc. betrug, und theilweise Erhöhungen fanden in den folgenden Jahren statt. Doch war es erst der Krieg von 1812, welcher, zusammen mit den vorangegangenen Erschwerungen des Verkehrs in Folge der europäischen Missver- hältnisse, der amerikanischen Industrie einen grösseren Anstoss gab. Als nach dem Ende des Krieges die Einfuhren zunahmen und dazu niedrigere Zollsätze wieder eintraten, wurden 1816 40 — 60000 Arbeiter brotlos. Man gibt an, dass die Baumwollindustrie allein -^1812 100000 Menschen beschäftigt und für 24 Mill. D. Waaren erzeugt habe: ein Massstab für die Entwicklung der Industrie in den vorhergehenden Jahren. Man schätzte die englischen Einfuhren vor dem Kriege auf 16 Mill. D. Mit zu den mittelbaren Wirkungen des Krieges ist auch die Errichtung der ersten mechanischen Weberei zu Waltham Mass. zu zählen (1813). Mit dem Schutzzoll- tarif von 1824 erfolgte ein neuer Aufschwung, der nun von grösserer Dauerhaftigkeit war. Die Entwickelung der Verkehrswege kam X. Die Gewerbthätigkeit. 361 kinzu. 1825 wurde der Erie-Canal vollendet und 1826 die erste Eisenbahn gebaut. P. Cooper baute 1829 die erste amerikanische Locomotive und Morse erfand 1832 den ersten praktischen Elektro- Telegraphen. Die Industrie derV. St. weist von dieser Zeit an im Grossen und Ganzen keine Rückschwankungen in ihrem Entwicklungsgänge auf. Der Tarif blieb zwar nicht immer in dem Masse Schutzzolltarif, wie es der von 1824 und 28 gewesen. Die widerstreitenden Interessen des vorwiegend ackerbauenden S. und des immer mehr der Industrie sich zuwendenden N. erlaubten keine vollständige Stetigkeit. In den Jahren 1832 — 41 und 1846 — 60, in denen der Triumph der Frei- händler zu grossen Ermässigungen der Zollsätze führte, litten einige Industrien, und vor allen die des Eisens, grosse Einbussen. Aber 1860 wurde trotzdem der Werth aller Erzeugnisse der Industrie auf 3804 Mill. D. geschätzt. Der Zufluss von Einwanderern*) und die Vermehrung der Bevölkerung, die Fortschritte der landwirth- schaftlichen und bergbaulichen Erzeugung und die rasch fort- schreitende Ausdehnung des Verkehrsnetzes, zusammen mit dem Steigen des Credites der V. St., welches grosse Summen fremden Capitales ins Land lockte, hielten trotz der Schwankungen der Zollpolitik die Welle im Steigen. Die Internationale Ausstellung von 1851 in London brachte den amerikanischen Erfindungsgeist mit Neuerungen wie Cormick's Nähmaschinen, Bigelow's Teppich- ^ stuhl, Dick's Antifrictionspresse u. a. auch in Europa zu Ehren. 1853 fand die erste Internationale Industrieausstellung Amerikas zu New York statt. 1851 hatte Stevens den Bau des ersten Panzer- schiffes begonnen. Die Monitors, welche zuerst im Bürgerkriege der V. St. zur Verwendung kamen, haben bekanntlich das Signal zu einer grossen Umwälzung im Seekrieg gegeben. Der Sieg der republikanischen Partei von 1860 brachte neuerdings einen Schutz- zolltarif, der ohne Zweifel das Aufkommen vieler Industrien be- günstigt hat. 1870 soll der Werth der Gewerbserzeugnisse über 7 Milliarden, nahezu das Doppelte von dem von 1860, erreicht 1) Um zu ermessen, welche Kräfte für die Industrie unter denselben sich befanden, braucht man nur zu erinnern an die einer früheren Zeit angehörigen Rittenhaus und Voigth in Pennsylvania, an den 1839 eingewanderten Preussen Roebling, den grossen Brückenbauer, an Ericsson, der 1839 aus Schweden kam. 362 X. Die Gewerbthätigkeit. haben. Es fällt in diese Zeit der gewaltigste Ruck, den die amerikanische Industrie nach vorwärts gemacht hat. Die Vollendung zahlreicher Eisenbahnen und der gesteigerte Zufluss von Einwanderern und von Capital haben daran einen grossen Antheil. Unleugbar ist auch der mächtige Einfluss des während und nach dem Bürger- kriege hobhgesteigerten Spekulationsgeistes. Aber die Arbeitsamkeit, der Unternehmungsgeist und die grosse natürliche Befähigung des Amerikaners für alles Wirthschaftliche haben mindestens ebensoviel gethan. Als 1876 die Weltausstellung von Philadelphia zum ersten Mal den Europäern die Industrie der V. St. in ihrer ganzen Be- deutung zeigte, waren die Urtheilsfähigen nicht im Zweifel, wo sie die Ursachen dieser ungeahnt hohen Entwickelung hauptsächlich suchen sollten, und die Nordamerikaner sind als eines der grössten Industrievölker der Erde anerkannt. Seitdem verfolgt man mit gespannter Aufmerksamkeit jeden industriellen Fortschritt, den sie machen, und fühlt das Anwachsen ihrer Concurrenz nicht bloss auf den aussereuropäischen Märkten, sondern sogar in Europa selbst. II. Die Art des Betriebes. Nach allem was vorhergehend über die natürlichen Bedingungen der Culturentwickelung, über die Bevölkerung, über Land- und Forstwirthschaft und über den Berg- bau und seine Erzeugnisse gesagt worden, bedarf es keiner An- deutung mehr, um zu zeigen, dass die V. St. günstige Bedingungen für die Entwickelung aller Gewerbszweige bieten, die in anderen Ländern blühen. Es fehlen nicht nur keine von den nothwendigen Daseinsbedingungen der letzteren, die man z. B. in Europa findet, sondern es sind einige der wichtigsten, wie z. B. Intelligenz und Arbeitsamkeit der Bevölkerung, leichter Absatz, Kohlen- und Eisen- reichthum, im höherem Masse zur Verfügung. Wohl gibt es aber eine Anzahl von Umständen, die diese Richtung menschlicher Thätigkeit in manchen Beziehungen zu anderen Mitteln greifen, andere Wege betreten lassen, als die sind, welche sie bei uns be- nützen, und die daraus entfliessenden Eigenthümlichkeiten der nord- amerikanischen Industrie zu skizziren, ist hier von Interesse. — Der Mangel an Arbeitskräften ist in jungen Ländern immer die grösste Schwierigkeit, welche jede Unternehmung findet, die zu ihrer Ausführung fremde Kräfte in Anspruch zu nehmen hat. Sie X. Die Gewerbthätigkeit. 363 wird nur in geringem Masse dadurch aufgewogen, dass unter den Einwanderern verhältnissmässig viele tüchtige, geschickte und arheits- lustige Männer im hesten Alter sich befinden. Dieser Mangel treibt zur Anwendung von Maschinenarbeit in allen Richtungen, um Menschenkräfte zu sparen, regt dadurch die Erfindungsgabe an, führt aber auf der anderen Seite auch zur Vernachlässigung aller feineren, nur mit geduldiger Handbarbeit auszuführenden Vollendung, an deren Stelle die Maschinenarbeit mit Erfolg einzutreten vermag. Wir werden nicht erstaunen, wenn wir in der unten folgenden Einzelaufzählung der amerikanischen Industrien der weitestgehenden Anwendung der Maschinenarbeit als beständig wiederkehrendem Charakterzug begegnen. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass die Ersparung von Menschenkräften nicht das alleinige Ziel derselben ist, sondern dass dieselben auch an manchen Punkten die geringere Schulung der Arbeiter theilweise ersetzen sollen. Amerikanische Schienenwalzwerke verwenden z. B. Maschinen zur Bedienung, wo bei uns Menschenkräfte eintreten, brauchen aber nicht weniger, sondern 1 V2 bis 2 mal mehr Arbeiter, deren Fertigkeit und organi- sirende Thätigkeit indessen „die Merkmale des Fortschrittes an sich tragen" ^). Dass diese Bevorzugung der Maschinenarbeit für viele Erzeugnisse ihre Nachtheile hat, versteht sich, aber ihre Vortheile sind ohne Zweifel überwiegend. Die Nachtheile treten besonders stark hervor auf den ersten Stufen ihrer Anwendung, sie schwinden immer mehr in dem Masse als die Maschinen selbst vollkommener werden und es wird dann in vielen Industriezweigen ein Punkt er- reicht, auf welchem die feinste Handarbeit nicht mehr die Leistung der vervollkommneten Maschine zu ersetzen vermöchte. So ist z. B. die Ueberlegenheit der amerikanischen Uhrenfabrikation vor- wiegend auf die anders unerreichbare Gleichförmigkeit der Uhren- bestandtheile zurückzuführen, welche durch die Maschinen erreicht wird. Die Arbeit wird aber, wenn man so sagen kann, überhaupt vergeistigt durch die geringere Zahl mechanischer Leistungen, die auf den einzelnen Arbeiter fallen. Er wird mehr Beaufsichtiger der Maschinen und sucht seinerseits durch eigene kleine Erfindungen v^ 1) F. Reuleaux, Briefe aus Philadelphia lb77. 20. 364 X. Die Gewerbthätigkeit. Zeit und Arbeit zu sparen, wo es gehen mag. Nirgends zeigt sich das mehr als bei den Werkzeugen, in denen der amerikanische Erfindungsgeist sich unerschöpflich zeigt und die durch vollendete An- passung an alle nur denkbaren Möglichkeiten häufig zu Halbmaschinen von weit über den einfachen Begriff Werkzeug hinausgehender Schärfe und Ausgedehntheit der Leistung ausgearbeitet werden. Vom Einfach- /Sten, der Axt (s. o. S. 241) und dem Hammer, bis zu den complicirten Halbmaschinen, dem Bohrer mit Universalgelenk oder den endlosen Variationen von Sägen und Hobeln, gilt dieses. Die Ursache liegt nicht nur in dem angeborenen Erfindungsgeist der Amerikaner, sondern vielleicht ebensosehr in den Anregungen, welche ihre sehr vernünftige Arbeitsweise ihnen bietet, und zwar vorzüglich in der Selbständigkeit, die dem einzelnen Arbeiter gelassen ist, der nach dem Stück arbeitet und in der Regel für sein Handwerkszeug selbst zu sorgen hat. Es liegt also in seinem Interesse, an Zeit und Kraft zu sparen^). Aber das amerikanische Publikum ist auch viel eher bereit, weniger vortheilhafte Geräthe und Werkzeuge oder Maschinen gegen verbesserte umzutauschen. Daher die weite und rasche Verbreitung, welche jede Verbesserung findet. Kein Wunder, wenn unter solchen Verhältnissen die ihrer Natur nach der weitesten Verbreitung und Anwendung zugänglichen Maschinen und Werk- zeuge zur Holzbearbeitung eine „unbestrittene Domäne der amerikani- schen Industrie" ^) genannt werden. Die Buchdruckerpressen, die Heft- und Buchbindermaschinen und mehr noch die kleinen Drucker- pressen für den Einzelgebrauch sind vollendet. Von Arbeits- maschinen für die Erzeugung eines ganz bestimmten Gegenstandes, wie Briefcouverts, Propfenzieher, Nadeln, Uhrbestandtheile, Schrift- zeug u. s. w., sind fast in jedem Gebiete die amerikanischen Er- findungen die ersten auf dem Platze gewesen. Auf Sägen, Hobel, Aexte, Bohrer und tausend grosse und kleine Nothwendigkeiten der Werk- 1) Reuleaux meint a. a. 0. S. 22, dass vielleicht Deutschland am meisten Talent habe, mit den hiesigen Werkzeugbauern zu wetteifern. „Es gehört zum Werkzeugmaschinenbau eine Gabe und ein Interesse, den technologischen Vor- gängen zu folgen, welches dem deutschen Charakter sehr zusagt." Trotzdem sind die Amerikaner in einer Anzahl von Werkzeugen und Werkzeugmaschinen uns so weit voraus ! 2) Berichte d. D. Preisrichter f. d. Philadelphia-Ausstell. 1877. 24. X. Die Gewerbthätigkeit. 365 statt, des Hauses, der Küche, bis auf die Methoden des Thür- und Fensterverschlusses , die Schürhaken, die Federn und Tintenzeuge, die Esshestecke u. s. w. erstrecken sich die Verbesserungen und es ist wohl glaublich, was man von Amerikanern und mehr noch von dort angesiedelten Fremden oft hört, dass diese zahllosen Ver- besserungen von Dingen, mit denen man tagtäglich in Berührung kommt, einen wesentlichen Einfluss auf die Behaglichkeit und Be- quemlichkeit des Lebens üben. Bei der ausserordentlichen Vorliebe, die der Amerikaner für die Erzeugnisse seiner heimischen Industrie an den Tag legt, ist diese allgemeine Hülfsbereitschaft derselben jedenfalls mit wirksam. Sie zeigt sich ihm in einer so grossen Anzahl von Fällen dienstbar, bietet ihm so wesentliche Vortheile wie keine andere es dem Volke thut, dem sie angehört, und vor allem die deutsche nicht. Die Güte des Materials fällt unter den Vorzügen dieser nützlichen Dinge stark mit in die Wagschale. „Die Agriculturhalle, sagt ein deutscher Bericht von der Ausstellung in Philadelphia, bot eine Menge Handgeräthe für den Ackerbau, als Gabeln, Rechen, Hacken, Schaufeln etc. vom besten Stahl, so leicht, dass die Vortheile der Benützung derselben in die Augen fallen. Verfolgt man die Fabrikation in den Werkstätten, welche sich hauptsächlich in dem n. Theile des Staates New York finden, so kann man die Grossartigkeit der Einrichtungen, die Zweck- mässigkeit der zur Herstellung derselben verwendeten Apparate nur bewundern. Diese landwirthschaftlichen Stahlwerkzeuge, mit Aus- nahme jedoch der Sensen, welche Deutschland unverhältnissmässig viel besser herstellt ^) , bilden sammt den Stielen aus dem treff- lichen amerikanischen Eschenholz schon seit Jahren einen Export- artikel der amerikanischen Industrie, besonders auch nach Deutsch- land, obgleich der Stahl zu ihrer Herstellung wenigstens theilweise aus Deutschland bezogen wird^)." — Das Patentwesen ist in dieser Richtung natürlich von hohem Nutzen. Nirgends werden so 1) Auch Messerwaaren und Klingen werden in den V. St. bei maschinen- mässiger Erzeugung nicht so gut verfertigt wie in Sheffield oder Solingen. 2) Reg.-Rath Diefenbach in Berichte der Deutschen Preisrichter 1877. 48. Eine ganz rationelle Massenfabrikation allein, setzt er hinzu, scheint es möglich zu machen, den hohen Eingangszoll des deutschen Stahles zu bestreiten und doch noch auf dem deutschen Markte concurrenzfähig zu erscheinen. 366 X. Die Gewerbthätigkeit. viele Patente genommen wie hier. 13619 Patente wurden 1876/77 in den V. St. gewährt. Davon gehörten 590 Fremden an. Unter den einheimischen stehen New York, Pennsylvania, Massachusetts und Illinois oben an. Die verhältnissmässig grösste Zahl von Patenten hat Connecticut, 1 auf je 885 Köpfe , während kein anderer Staat mehr als 1 auf 1000 löste. Schon im 17. Jahrhundert wurden hier Patente ertheilt. In die Verfassung wurden Bestimmungen über Patente aufgenommen und 1790 wurde unter ihnen das erste Patent der V. St. ertheilt. Gegenwärtig gibt man Patente auf 14 Jahre. Einheimische zahlen eine geringe Taxe für dieselbe (30 D.), Aus- länder 300 — 500 D. Einführungspatente werden nicht ertheilt. Seit 1836 ist auch der Musterschutz eingeführt. Das Patentamt steht unter dem Staatssekretär des Inneren. Bei der hohen Ent- wickelung des Patentwesens in den V. St. begreift man, dass das- selbe selbst wieder Gegenstand einer ganzen Anzahl von Industrien geworden ist. Patentagenten, Patentzeichner, Modellmacher, Heraus- geber von Patentzeitungen leben ebenso vom Erfinden wie die 352 Erfinder, welche der Census von 1870 aufführt. Manche von diesen fachmässigen Inventors -haben ihr Leben lang noch keine nützliche Erfindung gemacht, sondern eilen von einem unfrucht- baren Entwurf zum anderen, die Meisten aber treffen doch ge- wöhnlich auf irgend etwas Verwerthbares ^). — Neben dem Trieb und der Gabe für Erfindungen ist der Unternehmungsgeist und die Leichtigkeit des Creditnehmens ein Hauptgrund der hohen Entwicklung der nordamerikanischen Industrie. Jener ruht zunächst auf einem unerschütterlichen Vertrauen in die schranken- lose Entwickelungsfähigkeit der Hülfsquellen des Landes, das in seiner Kühnheit geradezu traumhaft wird ^) und das selbst durch 1) Einer der bemerkenswerthesten Typen dieser eigenthümlichen Classe ist William H. Towers, der als Erfinder eines sehr vortheilhaften Schnellgerb- processes auch in Europa bekannt ist. Derselbe hat ausserdem Hufeisen, Heiz- apparate, Eiszangen, Austernbrecher, Wagen, Besen, Nähnadeln, Kork- und Korkzieher, Gasheizer und vieles andere erfunden und viele von seinen Patenten haben bedeutenden Erfolg gehabt. Edison, der Erfinder auf elektro-technischem Gebiete, ist ein anderes gutes Beispiel der Erfinder höheren Stiles. 2) Nur ein Beispiel. Die sonst für besonnen gehaltene New York Tribüne vom 28. Oktober 1863 stellte folgende Berechnung der wahrscheinlichen Zu- X. Die Gewerbthätigkeit. 367 die heftigen Krisen, die das Geschäftsleben alle 15 — 20 Jahre durchmacht, nicht erschüttert worden ist. Warum in der That sich scheuen, irgend eine Unternehmung ins Werk zu setzen, da doch immer, wenn sie misslingt, das berühmte Go West, Young Man als letzte Hoffnung übrig bleibt? Und warum am Gang der Geschäfte verzagen, da eine einzige gute Ernte wieder einen Ueberschuss von ein paar 100 Mill. D. ins Land bringen muss? Aber der thatkräftige Charakter dieses Volkes hat auch in sich selber Hülfsquellen, die ihm den Muth des Wagens in einer Schärfe ver- leihen, wie er bei keinem europäischen Volke sich findet. Es ist als ob von dem Selbstvertrauen, das die Fülle der äusseren Mittel erzeugt , von Geschlecht zu Geschlecht immer mehr ins Blut über- gegangen sei. Man möchte mit M. Chevalier sagen: „Wenn es wahr wäre, dass der Handel und Verkehr den Krieg verdrängen, dann würden die Amerikaner uns weit überholt haben. Sie haben einen neuen Muth gefunden, der befruchtet, während wir noch immer durch jenen glänzen, der tödtet oder sich tödten lässt^)." Dieser waghalsige Unternehmungsgeist zeigt sich aber natürlicher- weise am stärksten dort, wo bei reichen Hülfsquellen und dünner Bevölkerung der Einzelne die grösste Freiheit der Bewegung sich gestatten kann, also im W. Hier sind die Beispiele riesiger Ent- wickelungen so nahegelegt und so häufig (man denke an Chicagos Entwickelung aus einem Dorfe zur Grossstadt in Zeit einer nähme des Ertrages der Minen und der Steuern in den V. St. für die Zeit von 1864 — 98 auf: Jahre Jährl. Ertrag Steuersatz Betrag der Steuern 5 156 000 000 8 Proc. 60000000 5 300000000 8 „ 120 000000 5 450 000 000 8 „ 180000 000 10 900 000 000 7 « 630 000 000 10 1800 000000 6 „ 1 050 000 000 Auf diese Weise wäre zuletzt der ganze Staatshaushalt der V. St. bloss aus dem Ertrag der Bergwerke zu bestreiten! 1) Lettres de l'Amerique d. N. I. 385. Ebendort schätzt er für 1834 das Verhältniss des wirklich vorhandenen Capitales zu demjenigen, mit welchem operirt wurde (le capital moral) , zu 1:5 oder 1 : 6 für New York , wobei aber sogar Verhältnisse von 1:10 oder 20 nicht selten sind, zu 1:2 — 3 für Paris. y 368 X. Die Gewerbthätigkeit. einzigen Generation oder an das Aufblühen Californiens) , dass sie allein schon zu den gewagtesten Unternehmungen immer wieder anregen müssen. Dabei fehlt hier jedes geschichtliche Element, ^das an die Vergänglichkeit menschlicher Werke mahnen könnte. <^elbst die Pietät kommt nicht ins Spiel. Alles ist Wachsthum auf neuem Boden. Ein Kenner Californiens hat drei Stadien ge- nannt, die jede neue Unternehmung im W. durchlaufen müsse: „Das erste ist ein stolzes Ueberheben mit Hintansetzung aller Er- fahrungen durch andere Nationen, das Einschlagen eines selbst- gewählten Weges. Das zweite ist gekennzeichnet durch endlose Verluste und Geldopfer, das dritte durch ein energisches Empor- ringen aus diesem Zustand und ein Zurückkehren zu denselben Einrichtungen, die in anderen Ländern längst bestehen, mit einzelnen Verbesserungen und landesgemässen Abänderungen. " Freilich muss man sich den Rücken gedeckt wissen, um mit solcher Kühnheit und Energie arbeiten zu können, und der Credit ist neben der Gewissheit, irgendwo und irgendwie die Mittel des Lebensunter- haltes schaffen zu können, das wichtigste Deckungsmittel dieser Art. Er ist das erste Lebenselement des wirthschaftlichen Ge- ^deihens in den V. St. Sie leben vom Credit. Ohne ihn wären diese volksreichen Städte, die auf allen Seiten wie durch Zauberwort entstehen, diese reichen Staaten, die man fern vom Atlantischen Meere am Westabhang der Alleghanies, den Ohio und Mississippi entlang findet, noch immer nichts Besseres als Urwälder und grundlose Sümpfe. Eine allgemeine Erschütterung des Credits, so kurz sie dauere, ist hier mehr zu fürchten als das heftigste Erd- beben. Man hat mit Recht gesagt, dass man bei uns den Credit haben könne, wenn man ihn nicht brauche, während er versage, wenn er am nothwendigsten sei. In den V. St. zeigt sich im Gegen- theil der Credit am unerschöpflichsten, wenn er am nothwendigsten ist. Wenn auch manchmal seine natürliche Funktion übertrieben wird, so erfüllt er dieselbe doch andererseits nirgends so vollständig. Jedes öffentliche Unglück, das irgend einen Theil der Bevölkerung der V. St. betraf, hat ihn zu den wunderbarsten und heilsamsten Wirkungen aufgerufen. Als 1835 ein grosser Brand in den Ge- schäftsstrassen von New York über 60 Mill. RM. Werthe zerstörte, X. Die Gewerbthätigkeit. 369 lieh die Stadt den Versicherungsbanken 25 Mill. , um deren Zu- sammensturz zu verhüten, der Congress verlängerte die Termine für die Zollgebühren , die U. S. Bank in Philadelphia lieh den Be- schädigten 8 Mill. u. s. w. und das Resultat war, dass kein einziges bedeutenderes Haus fallirte. Aehnlich war es beim Brand von Chicago 1871 und bei hundert anderen Gelegenheiten. Nicht bloss die öffentliche Wohlthätigkeit, die hier grösser ist als irgendwo in der Welt, sondern der gesunde Sinn, die Berechnung der Mög- lichkeiten wird bei solchen Gelegenheiten ins Spiel gebracht. Man sieht den innigen Zusammenhang aller Verhältnisse und hilft dem Nachbar, um nicht mit ihm leiden zu müssen. „New York, der senior Partner der Firma, Hess Chicago, den junior Partner, nicht fallen , es stundete die Zahlungen und schickte Waarenladungen auf Waarenladungen, die vom Feuer zerstörten zu ersetzen'' ^). Dass man sich indessen nicht auf das Creditiren verlässt, sondern eigene Rückhalte zu schaffen sucht, beweist die Ausdehnung des Sparbankenwesens. Um nur ein Beispiel zu geben, betrugen die Depositen der Sparbanken des Staates New York Ende 1878 313 Mill. D. , also ca. 63 D. auf den Kopf der Bevölkerung. In Rhode Island gab es Anfang 1878 bei einer Bevölkerung von 260000 99 646 Sparbankeinleger, 38 Proc. der Bevölkerung, mit 49 568000 D. Einlagen, d. h. mit 170 D. auf den Kopf 2). lieber den Stand der Arbeitslöhne liegen folgende Zusammen- stellungen aus 1874 vor ^) : Wochenlöhne in den Baumwollmanufakturen: Für Aufseher: in den Neuengland - Staaten 18,35 bis 20,97, Mittelstaaten 13,25 — 16,50, Südstaaten 14,69 — 20,09; für erwachsene Arbeiter und Arbeiterinnen: in den Neuengland - Staaten 4,56. — 12,06, Mittelstaaten 3,25 — 9, Südstaaten 3,01 — 8,88. In den Eisen walz werke n erhielten die Puddler: in Massa- chusetts 22,56, im Durchschnitt der Mittelstaaten 19,75, im Durchschnitt der Weststaaten 25,87 ; die Maschinisten : in Massachusetts 17,25, in den Mittelstaaten 14,70, in den Weststaaten 22,05 ; die Handlanger und unge- übten Arbeiter: in Massachusetts 9,38, in den Mittelstaaten 8,31, in den Weststaaten 9,86. In den Eisengiessereien und Maschinenfabriken 1) E. Seeger, Chicagos Entwiclielung, Zerstörung etc. 1872. 117. 2) Ueber das Bankwesen in den V. St. s. u. Cap. XII. 3) Young, Statistics of Labour. 1876. ßatzel, Amerika H. 04 1/ 370 X. Die Gewerbthätigkeit. erhielten die Foremen: Neuengland -Staaten 22,16, Mittelstaaten 23,12, Weststaaten 23,78, Südstaaten 26,85, Pac. Staaten 42,83; die einfachen Arbeiter, Handlanger u. dgl. : Neuengland-Staaten 9,53, Mittelstaaten 9,49, Weststaaten 9,40, Südstaaten 8,02, Pac. Staaten 18,44. — Die verschiedenen Eisenbahngesellschaften, deren Linien in Illinois und Missouri liegen, bezahlten 1874 folgende Jahresgehalte: Direktoren 2400 — 3000, Ingenieure 900 — 1200, Condukteure 800 — 1200, Bremser 460 — 624. — Taglöhne von Handwerkern standen sich in den Mittelstaaten 1874 folgen- dermassen: Schmiede 2,65, Maurer 3,32, Zimmerleute 2,59, Schreiner 2,82, Steinhauer 2,86, Wagner 2,49, Schuhmacher 2,20, Schneider 2,27, Gerber 2,05. In den Weststaaten waren gleichzeitig die Löhne etwas geringer, in Neuengland etwas höher, in den pacifischen Staaten dagegen stellten sie sich um 50 — 80 Proc. höher als in den Mittelstaaten ^). — Die durch- schnittlichen jährlichen Ausgaben und Einnahmen von besseren Arbeiter- Familien mit 1 — 4 Kindern wurden 1874 folgendermassen berechnet^): Ein- nahmen A Q s g a b e n bo a f3 r 1 1 1 Er- ziehung, Kirche etc. S a> CO 11 Neuengland-Staaten . 787 361 47 107 112 42 4 673 Mittelstaaten .... 985 434 52 114 159 35 25 794 Südstaaten .... 837 450 50 128 160 27 4 819 Weststaaten .... 946 354 50 155 105 36 18 718 Pacific-Staaten 1 Territorien / 1352 665 117 221 256 62 unbek. 1321 Durchschnitt der V. St. 923 431 61 133 151 40 14 830 \ 1878 gab man folgende wöchentliche Durchschnittslöhne für die ganzen V. St, an: Ackerbau und Handarbeiter (ohne Kost und Wohnung) 7,50 D., Bäcker 8, Tischler und Zimmerleute 10,50 D., Fleischer, Schmiede 12, Schuhmacher 14, Maurer, Buchbinder, Schneider 15. 1) Eine seltsame Eigenthümlichkeit ist der herkömmliche 25 Proc, höhere Lohn für alle Regierungsarbeiten. Man beabsichtigte diese Ungleicliheit zu be- seitigen. April 1878 machte eine Abordnung von Arbeitern der Schiffswerk- stätten dem Marine-Sekretär ihre Aufwartung j um ihn um Aufhebung einer diesen Missbrauch beseitigenden Verordnung zu bitten. Er erklärte nichts zu- rücknehmen zu können, liess aber die Möglichkeit offen, dass der Congress dieselbe ändern könne. Dies geschah in der That, so dass also die Regierung ganz wie vorher vollen Taglohn (10 stündigen) für 8 Arbeitsstunden zahlt! 2) Young, Labour in Europe and America 1876. 811 f. Die Cts. sind von 50 auf- und abwärts abgerundet. X. Die Gewerbthätigkeit. 371 Die Stellung der Arbeiter in den V. St. ist zwar mit der Zeit eine nicht minder verschiedenartige, vielgliedrige geworden als in irgend einem anderen Lande mit hochentwickelter Industrie, und es ist kein Zweifel, dass sie mit zunehmender Dichtigkeit der Bevölkerung sich immer mehr den europäischen Verhältnissen an- nähern wird; aber doch zeigt sie gewisse Besonderheiten, welche zu tief theils in den politischen, theils in den wirthschaftlichen Zuständen der Nation wurzeln, um so bald sich verwischen zu können. Zunächst ist der Unterschied zwischen Arbeitenden und Nichtarbeitenden ein sehr viel geringerer, weil die Zahl der Ar- beitenden grösser ist. Allerdings beträgt nach der 1870er Zählung die Zahl der in dem Bergbau und der Industrie Beschäftigten nur 2,7 Mill., aber der Beschäftigten überhaupt sind es 12 V2 MilL, also Vs der damaligen Bevölkerung. Eigentliche Müssiggänger gibt es noch immer sehr wenig. Wenn auch das Bild nicht mehr so ganz zutreffen dürfte, welches einst M. Chevalier von der allgemeinen Arbeitsatmosphäre entwarf, in welcher eine ganze Stadt wie Cin- cinnati vor 40 Jahren lebte ^), so ist doch der Grundzug geblieben. Man kann heute freilich nicht mehr behaupten, dass es undenkbar sei, müssig in einer solchen Stadt zu leben, aber es ist sicher, dass 1) Die moralische Physiognomie von Cincinnati ist reizend in den Augen Malier, die die Arbeit vor allem lieben und denen sie Ersatz gewährt für alles. Wer aber Geschmack an Vergnügen und Luxus hat, wer die Nothwendigkeit fühlt, um sich mit voller Hingebung der Arbeit widmen zu können, sich in fröhlichen Kreisen zu zerstreuen und erholen, wird diese hübsche Stadt sammt ihren pittoresken Umgebungen für unerträglich erklären. Noch schlimmer würde tsich der Mann von Müsse befinden, der einen guten Theil seines Lebens der ■Kunst und den Rest dem Vergnügen zu widmen wünscht. Ein solcher fände |;es unmöglich hier zu leben; er würde sich verachtet sehen von der Politik, ^denn man fühlt hier sehr wohl, dass jede solche Existenz ein Ansatz von ^Aristokratie ist, und verflucht von der Religion, deren verschiedene Sekten alle jdarin einig sind, Vergnügen, Luxus, verfeinerte Sitten, die Kunst selbst zu ^verdammen. Und die V. St. gleichen nicht jenen Ländern Europas, und vor- jzüglich Frankreich, wo man ungestraft den religiösen Ideen und den Kanzel- ^einflüssen Trotz bieten kann. Isolirt durch die arbeitsamen Gewohnheiten, die [politischen und religiösen Grundsätze seiner Umgebung, würde er sich genöthigt [sehen, ein ähnliches Leben zu führen wie die Menge, oder aber einen Boden, rder seinen Neigungen etwas mehr entgegenkäme, in den grossen Städten der [atlantischen Küste, in Philadelphia, New York, New Orleans oder selbst in 24* ^ 372 X. Die Gewerbthätigkeit. ein solches Leben selbst in der besten Gesellschaft als ein ziemlich wenig respektables erscheinen würde. Das ganze Volk ist ein arbeitendes und der Grundsatz, dass Arbeit adelt, ist bis zur Er- tödtung des Körpers und Geistes durchgeführt. Dass dadurch der einzelne Arbeiter gehoben wird, versteht sich von selbst. Das Gefühl einer niedrigeren Stellung und eines schwereren Schicksals wird auch heute noch bei einer grossen Zahl von amerikanischen Arbeitern aufgewogen durch das Bewusstsein, dass im Grunde Alle Arbeiter sind und dass bei möglichster socialer und politischer Gleichheit dem Tüchtigen alle Wege zum Erfolg offen stehen. Die ^ socialistischen Lehren , die in den jüngsten Jahren auch drüben viel von sich reden machten, sind weder den Köpfen amerikanischer Arbeiter entsprungen, noch vorwiegend von ihnen gepredigt und aufgenommen worden. Sie sind von deutschen und französischen Arbeitern aus Europa eingeführt worden und haben allerdings in einer Zeit unerhört schlechten Geschäftsganges rascher Wurzel ge- schlagen und weitere Verbreitung gefunden als man in Amerika selbst erwartete. Aber sie , haben bisher noch nicht zur Geltung gebracht werden können in der politischen Arena. Nur in Cali- fornien, wo die Chinesenfrage (s. o. S. 215) mit hereinspielte, hat ein neuer Verfassungsentwurf weitgehende Forderungen zu Gunsten der arbeitenden Classen aufgenommen, es ist aber schon jetzt ziemlich sicher, dass dieselben nicht zu dauernden Einrichtungen führen können, nachdem allein der Versuch schon, die hohen Pro- gressivsteuern zu erheben, die Unmöglichkeit derartiger Einrich- tungen nachgewiesen hat*). Europa zu suchen. In der That fehlt in Cincinnati ganz die Classe der Müssigen, die ohne bestimmte Beschäftigung von dem Einkommen leben, das ihre Väter ihnen hinterlassen oder das sie sich selbst in früheren Jahren erworben haben, ohne dass es doch an Reichthum fehlte. Ich begegnete hier einem jungen Mann, der Erbe von mehreren Millionen sein wird und der, nachdem er in West Point studirt und ein Officierspatent erworben, die Kriegsschule verlassen hatte, um in den Schoss seiner Familie zurückzukehren. Hier hat er, ermüdet von seiner Vereinsamung und unter dem Drucke seiner eigenen Persönlichkeit, kein anderes Mittel finden können, um sich aus der Langweile herauszureissen, als ein Modenmagazin zu eröffnen. Lettre de l'Am, 1) Ueber die neue Arbeiterpartei s. u. Cap. XIV. X. Die Gewerbthätigkeit. 373 III. Die Hauptzweige der Gewerbthätigkeit. Die Textil- industrien der V. St. sind von besonderer Bedeutung in der Her- stellung von Wollen- und Baumwollenwaaren. Die letztere ist die wich- tigste. Die Seidenindustrie ist noch jung und die Leinenindustrie wenig hervorragend. Die Baumwollenindustrie der V. St. ist ausserordentlich rasch gewachsen und zwar besonders in den letzten 20 Jahren.- Für 1877 wird ihre Spindelzahl auf über 10 Mill. (14 Proc. aller auf der Erde vor- liandenen) und der Verbrauch an Baumwolle auf 5 764000 Ctr. angegeben. Die Zunahme der Spindeln ist folgende gewesen: 1805 9000, 1810 123000, 1820 250000, 1841 2300000, 1860 5 200000, 1875 9530000. Die Baum- wollenindustrie der V. St. ist heute eine der ersten. Und nicht bloss der Menge nach. Die amerikanischen Webstühle leisten, was Schnelligkeit anbelangt, mehr als die englischen. Auch die Druckerei wird gelobt. In neuerer Zeit zeichnen sich die amerikanischen Erzeugnisse vor den englischen durch grössere Solidität aus und haben dadurch z. B. selbst auf den ostasiatischen Märkten einen Vorsprung gewonnen. Der Werth der Ausfuhr von bedruckten, gefärbten und anderen Baurawollwaaren hat sich von 2,3 Mill. D. von 1872/73 auf 10,2 Mill. in 1876/77 gehoben '). Die amerikanische Spinnerei leistet „nichts Nennenswerthes in der Her- stellung von feinen Garnnummern, besonders Zwirnen, und importirt fast ihren ganzen Bedarf an Webegarnen dieser Art aus Europa. Weit günstiger ist die Situation der nordamerikanischen ßaumwollenindustrie in der Produktion starker und mittlerer Nummern. Das Klima des Landes mit seinen plötzlichen Temperaturdifferenzen und starken Kälten erfordert kräftige Waaren und auf ihre Erzeugung ist die Industrie trefflich ein- gerichtet" ^). Der Betrieb der Baumwollenindustrie ist in den V. St. der grossartigst denkbare. Die Fabriken sind zum Theil von ausserordentlicher Lusdehnung. Die grösste hat 130000 Spindeln und 370 Webstühle. Die Behausung und Ernährung der Arbeiter ist häufig von den Fabrikanten in die Hand genommen. Die Arbeitercolonien werden mit Häusern ver- v^ 3hen, die nach unseren Begriffen selbst für Wohlhabende bequem genug raren; Fleisch wird unmittelbar aus dem W. kommen gelassen, ebenso [Kleidung geliefert; Schule, Lesezimmer, Bäder sind umsonst. Die [aschinen sind gegenwärtig vorwiegend heimischen Ursprungs. Wasser- kraft wird ungefähr zum doppelten Betrag der Dampf kraft benützt. — >ie Baumwollenindustrie ist dem grössten Theil nach auf gewisse Staaten joncentrirt. Die Neuengland - Staaten besitzen allein Va derselben und 1) Allerdings ist auch zu beachten, dass diese Ausfuhr schon 1860 10934796 D. bewerthet hatte und durch den Krieg und, wie Freihändler glauben, lurch die in diesem Jahre eingeführten Schutzzölle zurückgegangen war. (Vgl. [. Weigert a. a. 0. 38.) 2) M. Weigert in Berichte der D. Preisrichter a. d. K. Comm. für die Welt- lusstellung in Philadelphia 1877. 35. 374 X. Die Gewerbthätigkeit. hier ist wiederum Massachusetts am hervorragendsten mit 4 Mill. Spindeln, welche grösstentheils auf die drei Haujitmittelpunkte Lowell, Fall River und Lawrence vertheilt sind. Dann folgt Rhode Island mit V/z Mill. Spindeln (Providence, Pawtucket). Nach den Neuengland- Staaten kommen Penn- sylvanien und New York mit zusammen ca. 900000 Spindeln. Die Süd- staaten sammt Tennessee und Kentucky haben nicht mehr als 400000 Spindeln zusammen. — Die Einfuhren europäischer Baumwollengarne und -Stoffe haben in den Jahren bis zur Krisis immer zugenommen: 1868 11, 1870 17,7, 1872 28,5, 1874 22,4, 1876 22,9 Mill. D. Die Preise ameri- kanischer Baumwollwaaren sind in geringeren Sorten 15—25 Proc. theuerer als unsere entsprechenden deutschen Artikel. In besseren Sorten betragen die Preisunterschiede aber über 100 Proc. — Die Wollindustrie stützt sich nicht so vorwiegend wie die der Baumwolle auf einheimischen Rohstoff, obwohl dessen Erzeugung sich seit 30 Jahren vervierfacht hat. 1870 gab es 2891 Fabriken (1850 1559) mit 80051 Arbeitern und 98 Mill. D. Anlagecapital, dieselben verbrauchten 172 Mill. Pfd. Wolle und erzeugten Waaren im Gesammtwerth von 155 Mill. D. Insgesammt gehört die Woll- industrie zu den entwickeltsten Fabrikationszweigen der V. St. Auf der Ausstellung von Philadelphia bildete sie „den grössten und geschmack- vollsten Theil der amerikanischen Ausstellung" ^). In einer Anzahl von Erzeugnissen übertraf sie die deutsche Industrie, in anderen erreichte sie dieselbe. Das erstere trifft ohne Zweifel für die Teppiche, Flanelle und Shawls zu, in welchen die grosse einheimische Nachfrage in hohem Grade fördernd gewirkt hat. In Teppichen ist die Einfuhr fast ganz zurückge- drängt. In den Maschinen für diese Industrie sind die Amerikaner ebenso selbständig vorgegangen wie in denen für die Baumwolle und einige davon werden zu den hervorragenden Verbesserungen auf diesem Gebiete gezählt. Die Pferdestärke der verwendeten Wasserkräfte ist fast doppelt so gross als die der Dampfkraft. Die räumliche Verbreitung der Wollindustrie ist eine sehr ausgedehnte, wenn auch nicht in dem Masse wie die der Baum- wollindustrie. Die Neuengland- Staaten, und in erster Linie wieder Massa- chusetts, dann Pennsylvania und New York sind Hauptsitze. Für Teppich- industrie ist Philadelphia am bedeutendsten und ausserdem neben den ebengenannten auch noch New Jersey hervorzuheben. 1878 zählte man 700 Teppichwebereien mit einem Jahreswerth ihrer Fabrikate von 24 Mill. D., wovon ^U auf Philadelphia und Vi 2 auf Lowell entfallen. — Die Leinen- industrie wird im Gegensatz zu der der Baumwolle und Wolle weder durch sehr erheblichen einheimischen Verbrauch noch durch starke Er- zeugung des Rohstoffes gefördert. Von Flachs sind 1870 27 Mill. Pfd. erzeugt worden. Der Verbrauch von Linnen ist in den V. St. sehr gering. Baumwolle zu Hemden, Bettwäsche, Tischzeug u. s. f. ist bis in die 1) Berichte d. D. Preisrichter 1877. 7. X. Die Gewerbthätigkeit. 375 höchsten Classen üblich. — Die Einfuhr fremder Webstoffe zeigte von 1874 — 77 folgendes bezeichnende Verhalten: 1874 Baumwolle . . 22Mill. D. Wolle ... 34 Seide .... 26 Leinen ... 15 Versch. ... 9 875 1876 1877 21 . . 17 . . 16Mill.D. 31 . . 22 . . 19 26 . . 23 . . 22 13 . . 12 . . 12 - 9 . 7 . . 7 106 . . 100 . . 81 . . 76 Die Seidenindustrie geht in ihren ernsthafteren Anläufen kaum über das Jahr 1860 hinaus und heute ist diese Industrie unter den meist- versprechenden zu nennen. Sie setzte schon 1875 gegen 27 Mill. D. um. Ein deutscher Seidenfabrikant urtheilt von ihr 1876 folgendermassen : „Die Anwendung des Rohmaterials wie die genaue Fachkenntniss lässt in manchen Fällen noch viel zu wünschen übrig; es darf indess behauptet werden, dass die Seidenindustrie Nord-Amerikas heute bereits auf einer erheblich höheren Stufe steht als dies in Europa und namentlich in Deutschland angenommen wird" und weiter: „Die Leistungen der Fabri- kanten von Paterson und New York dürfen, was Gehalt und Fabrikation der Waaren wie deren äussere Herrichtung anbetrifft, als wahrhaft ausser- ordentliche bezeichnet werden, namentlich wenn man berücksichtigt, dass die eigentliche Aera des Aufgreifens dieses Industriezweiges vor kaum 10 Jahren begann" ^). Es wurde ebenfalls gelegentlich dieser Ausstellung die Solidität der amerikanischen Erzeugnisse in Gewichtsangaben, Qualität u. s. f. besonders hervorgehoben und der ebengenannte Fachmann macht besonders darauf aufmerksam , „dass ein Vergleich der Verkaufspreise zeigte, dass mit Rücksicht auf die grössere Haltbarkeit das amerikanische Fabrikat den Consumenten nicht erheblich höher zu stehen kommt wie dasjenige der europäischen Concurrenz". 1877 wurden (nach dem Rep. Silk Association d. May 1878) Seidenfabrikate im Werth von 21411436 D. hergestellt und für 19 734972 D. eingeführt. — Die übrigen Gespinnst- fasern nehmen neben den vorgenannten eine mehr nebensächliche Stellung ein. Von Hanf, der bedeutendsten von ihnen, wurden 1870 ca. 30 Mill. Pfd. erzeugt und 1877 wurden 36 Mill. Pfd. eingeführt und diese nicht unbe- deutende Menge kam zur Verarbeitung. Die Zollfreiheit der Jutegespinnste ist bis jetzt der Einbürgerung der Jute -Industrie hinderlich gewesen. Bcmerkenswerth ist die ausgedehnte Anwendung der Ranken des in immer grösserer Ausdehnung angebauten Hopfens als Bindefaser. — Metall- industrien. Die äusserst reiche und glückliche Ausstattung der V. St. mit den für die Gewinnung und Verarbeitung der wichtigsten Metalle nothwendigen Rohstoffen hat das Aufkommen einer grossen Metallindustrie 1) Consul G. Gebhard in Berichte d. D. Preisrichter 1877. 144. 376 X. Die Gewerbthätigkeit. schon früh begünstigt. Ausserdem hat gerade in dem für diesen Zweig so wichtigen Maschinenwesen der Erfindungsgeist der Amerikaner sich energischer als sonst irgendwo bethätigt. In Folge dessen ist die Metall- industrie diejenige unter den grossen Industrien, in welcher die Amerikaner sich am unabhängigsten vom Ausland gemacht haben und in welcher sie die nächste und sicherste Aussicht auf erfolgreiche Wettbewerbung mit der europäischen auch ausserhalb der Grenzen ihres Landes haben. la erster Linie steht natürlich die Eisenindustrie. Das Wachsthum und den Betrag der Roheisenerzeugung haben wir kennen gelernt. Es gab 1876 713 Hochöfen mit 5,48 Mill. T. Fassung, 332 Walzwerke mit 4,2 T., 4475 Puddelöfen, 11 Bessemer-Werke, 24 Converter, 16 Herdstahlwerke, 39 Tiegelstahlwerke, 39 Rennöfen, 59 Herdfrischwerke. Die Erzeugung von Walzeisen hat sich von 872000 T. in 1864 auf 1839 560 in 1874 gehoben. Daran nahmen Eisen- und Stahlschienen mit 335 369 T. in 1864, 792 512 in 1874 Theil. Wie bedeutend gerade dieser letztere Zweig sich entwickelt hat, mag folgende Zusammenstellung der Erzeugung und Einfuhr zeigen. Die Einfuhr von Eisen- und Stahlschienen in die V. St. von Nord- Amerika hat vom 1. Juli 1868 bis 30. Juni 1878 in folgender Weise ab- und gleichzeitig vom 1. Januar 1868 bis 31. December 1877 die ein- heimische Erzeugung wie angegeben zugenommen: Erzeugung Einfuhr Tonnen Tonnen 1868 .... 506714 ... . 151097 1869 . 593 586 . 266 228 1870 . 620 000 . 313 338 1871 . 775 733 . 513 023 1872 . 1000 000 . 595 321 1873 . 890 077 . 400 546 1874 . 729 413 . 166 790 1875 . 792 512 . 47132 1876 . . 879 629 . 5 273 1877 . . 764 709 . 12 1878 . -x 1. j-.- TT rii •i__ -1^ 12 7 -_- i«-- Die Stahlbereitung ist in den V. St. durch den für diesen Zweck ausgezeichneten Rohstoff der Magnet- und Rotheisensteine vom Oberen See begünstigt. Die Erzeugung von Bessemer-Stahl hat sich nirgends so rasch entwickelt wie hier. Das erste Bessemer-Werk begann 1867 zu arbeiten und 1875 wurden schon 375 000 T. erzeugt *). Das zum Bessemer- verfahren nothwendige Spiegeleisen wird zu ungefähr ^U aus dem Aus- land (Deutschland, England, Frankreich) eingeführt, da die Eisenlager der V. St. ungemein arm an manganhaltigen Erzen. Die Gesammtmenge der übrigen Stahlerzeugung, d. h. mit Ausnahme des Bessemer-Stahles, 1) C. Mosler in Z. f. Berg- und Hüttenwesen 1876. 310. X. Die Gewerbthätigkeit. 377 betrug 1875 611158 T.; von 15262 in 1865 hat sie diese Höhe durch allmähliche Zunahme erreicht. Die Preise für Roheisen , Stabeisen und Schienen sind im Vergleich zu Deutschland und England sehr hoch und zwar beträgt in einzelnen Gattungen der Unterschied bis zu 100 Proc.*). Der Verbrauch von Roh- und Walzeisen und Schienen in den V. St. ist 1875 auf 47* Mill. T. veranschlagt worden. Davon wurden 98 Proc. im Inlande erzeugt. Die hauptsächlichsten Gebiete der Eisen- und Stahl- erzeugung s. im Capitel über Bergbau und Hüttenwesen S. 325. Die Anwendung des Eisens und Stahles ist in den V. St. wegen des noch immer ergiebigen Holzreichthums der Wälder zwar keine so allgemeine wie in England, aber sie ist wahrscheinlich ebenso mannigfaltig und aus- gedehnt. Man hat sich in den V. St. jedenfalls geneigter gezeigt neue Verwendungen für dieses Metall aufzufinden als in Europa. Eine Anzahl von Neuerungen in dieser Richtung sind sogar von dort ausgegangen. Zunächst bilden einen Hauptgegenstand des Eisen- und Stahlverbrauches die Eisenbahnschienen, welche 1875 Vs der ganzen Eisen- und Stahl- erzeugung der V. St, in Anspruch nahmen. Daneben ist besonders noch der Bedarf für den Schiffsbau und den Bau eiserner Brücken bedeutend. Der Maschinenbau ist unstreitig derjenige Industriezweig der V. St., welcher der eigenthümlichen Begabung des Volkes am meisten entspricht ^ und der deshalb auch als der charakteristischst amerikanische anerkannt wird. Kein anderer Zweig der Industrie hat gleichzeitig so mächtig auf alle übrigen und auf das Gesammtleben der Nation eingewirkt, lieber den Einfluss der Maschinenarbeit auf das Leben und die Bereicherung des Volkes ist in der Einleitung hingewiesen (S. 363). Während alle anderen Leistungen der Amerikaner ihre Zweifler und Bemäkler gefunden haben, ist die Genialität und der Scharfsinn ihrer Erfindungen im Ma- schinenwesen, die Tüchtigkeit ihrer Arbeit in demselben und die grossen Erfolge, die sie mit derselben erreichen, allseitig anerkannt. Kühnheit des Gedankens, Scharfsinn der Anpassung, Feinheit und Solidität in der Ausführung sind Merkmale der amerikanischen Arbeit auf dem Gebiete des Maschinenbaues. Man kann ohne jede Uebertreibung behaupten, dass kein anderes Volk seit 50 Jahren die Entwickelung der Gesammtwirth- schaft der Welt so gefördert habe durch Erfindung und Verbesserung der Maschinen und Ausbreitung der Maschinenarbeit auf fast alle Gebiete menschlichen Schaffens wie die Nordamerikaner. Die V. St. besassen 1879 40191 Dampfmaschinen, feststehende und bewegliche, mit 1215 711 Pferdekräften, und 51018 Wassermotoren mit 1130431 Pferdekräften. Sie sind schon in früheren Stadien ihrer gewerblichen Entwickelung mit der Anwendung der Dampfmaschinen rascher vorge- 1) S. vergleichende Zusammenstellungen in Z. f. Berg- und Hüttenwesen 1876. 320. 378 X. Die Gewerbthätigkeit. schritten als die continentalen Europäer und neuerdings haben sie in dieser Richtung selbst England überflügelt. Die praktische Anwendung der Dampfmaschine zur Fortbewegung von Schiffen ist amerikanische Er- findung, ebenso ist es die der Dampfpumpen und der Dampffeuerspritze und die Mehrzahl von Anwendungen des Dampfes in Verbindung mit Ackerbaumaschinen und zahlreiche wichtige Verbesserungen im Bau der Dampfmaschinen selbst sind ihnen zu verdanken. Die Erfindungen von G. H. Corliss (Trennung des Ein- und Auslassschiebers; seit 1849) und Porter and Allen (Ermöglichung erhöhter numerischer Leistung durch Kolbenschnelligkeit bei einem gegebenen Maschinenvolum; seit 1870 in die Praxis übergegangen) gehören zu den bedeutendsten, die überhaupt gemacht worden^). Zahlreiche Verbesserungen in Einzelheiten sind hier nicht zu nennen, aber sie sind von den sachkundigsten Fachmännern anerkannt^). Die Wassermotoren sind trotz dieser hohen Entwickelung des Dampfmaschinenbaues in einem an fliessenden, fallkräftigen Wassern so reichen Lande wie den V. St. natürlich noch immer von der grössten Bedeutung. Nach der Zahl der Pferdekräfte halten Dampf- und Wasser- motoren sich noch immer ziemlich das Gleichgewicht. Der Erfindungs- geist hat sich auch hier so rege gezeigt, dass von 1806, dem Jahre des ersten Turbinenpatentes, bis 1876 etwa 600 Patente allein für Turbinen gelöst waren. Man sagt, dass in allen Ländern der Welt zusammen- V genommen nicht so viel Turbinen im Gange sind wie in den V. St. Man baut welche bis über 1200 Pferdekräfte. Behufs möglichster Ausnützung der Wasserkräfte sind grosse Wasserbauten ausgeführt, welche es erlauben die verfügbare Kraft in möglichst kleine Fäden zu zerlegen und sie möglichst gleichmässig und dauernd zu machen. Die Gesellschaften, welche diese Arbeiten ausführen und im Stand halten, gehören zu den einfluss- reichsten Körperschaften der Industriegegenden; so z. B. die des Merri- mack R. , welche die 10000 Pferdekräfte dieses Flusses an Lowell und die Umgegend vertheilt, oder die der Hadley Falls Cy. , welche den 1) Vgl. F. Reuleaux, Briefe aus Philadelphia 1877. 22. 2) „Zunächst hat Nord -Amerika die Dampfmaschine in gewissen Details weiter entwickelt und sodann ihrem Aeusseren eine Formvollendung zu geben gewusst, welche bewundernswürdig ist. Ein bedeutsames Zeichen. Denn wo die Formeuschönheit schon zur Entwickelung gebracht, zum Gegenstand be- sonderer Pflege, ja Kritik gemacht ist, da müssen die Schwierigkeiten für den blossen Nutzbegriff bereits tiberwunden sein. Zum wenigsten muss sich Zuver- sicht und Ruhe hinsichtlich derselben eingestellt haben. Auch ist die Her- stellungsweise der Dampfmaschine sehr vervollkommnet worden. Mehrere Firmen stellten nämlich Dampfmaschinen in verschiedenen Grössen aus, deren Theile sämmtlich auf der Maschine automatisch hergestellt sind und demnach aus- gewechselt werden können. Und diese Fortschritte beschränken sich nicht auf die kleinen Motoren, für welche Amerika schon früher berühmt war." (Ebendas. 21.) X. Die Gewerbthätigkeit. 379 wasserreichen Connecticut in ähnlicher Weise ausnützt. — Die Luft- motoren verschiedenster Art haben in Amerika grosse Verbesserungen erfahren, besonders im Bau der Flügel und in der Uebertragung der Bewegung. Diese Windmühlen, die allerdings sehr wenig Aehnlichkeit mehr mit unseren bekannten steifen Staffagen flacher Landschaften auf- weisen, erfreuen sich in den V. St. einer Verbreitung und mannigfaltigen Anwendung, von der man sich in Europa gar keine Vorstellung macht. Besonders von den Farmern sind sie zum Wasserheben und zum Betrieb von landwirthschaftlichen Maschinen verschiedenster Art herangezogen. In den letzten Jahren sind durchschnittlich 60 Patente jährlich allein für ^ die Flügelconstruktion bei Windmühlen gelöst worden. Von den Heissluft- maschinen ist die berühmteste, die Ericsson'sche, in Amerika erfunden. Von Gasmaschinen wird eine grosse Anzahl in der Nähe der Petroleum- quellen benützt, wo man natürliche Kohlenwasserstoffe in sogar unbequem grosser Menge hat. ■ — Die Kraft, welche in diesen Motoren erzeugt wird, findet nun ihre Verwendung in zahllosen Maschinen, zunächst in land- wirthschaftlichen Maschinen. Schon in die Urbarmachung des Landes, die Grundarbeit des Ackerbaues, tritt die Maschine in Form des Äwp Puller, welcher die lästigen Baumstrünke auszieht. Für die erste Ackerung des noch unebenen und sehr ungleichen Bodens sind eigene grosse und starke Pflüge erfunden. Nicht weniger als 500 Patente waren seit der Eröffnung des Patent -Office bis zum Jahre 1857 auf Pflüge ge- nommen worden. 1859 wurde der erste Dampfpflug patentirt. In noch höherem Grade findet die Verwendung von Maschinen beim Säen, Ernten und Dreschen statt. Da keine Classe der Bevölkerung in den V. St. so sehr an Arbeitermangel leidet wie die der Landwirthe, hat diese mit der Erfindung arbeitsparender Maschinen schon sehr früh vorgehen müssen. 1791 wurde das erste Patent auf eine Dreschmaschine ertheilt und fast in jedem der folgenden Jahre wiederholte sich dasselbe. 1803 wurde eine Getreidemähmaschine patentirt. Von 1852 — 76 wurden gegen 3000 Patente ^ auf Mähmaschinen ertheilt. Die kleinen Rasenmähmaschinen haben sich von Amerika aus über die Welt verbreitet. Maschinen zum Garbenbinden sind seit 1874, solche zum Heuladen schon länger in Anwendung. Für Dreschmaschinen sind bis 1857 300 Patente genommen worden. Hunderte von kleineren Maschinen und Werkzeugen verdanken wir den Amerikanern. Man kann sagen, dass kaum ein einziges Werkzeug der Landwirthschaft, so unbedeutend es auch sei, nicht in Amerika praktischer oder solider hergestellt werde als es bei unseren deutschen Bauern im Gebrauch ist*). — 1) Der Erfindungsgeist der Amerikaner überschlägt sich freilich manchmal geradezu auch auf diesem Gebiete. So bildet Grothe, Die Industrie etc. S. 348 einen Pflug ab, „der als Kanone in Kriegszeit gegen Streifcorps und Indianer dienen kann". 380 X. Die Gewerbthätigkeit. Das Mühlenwesen der V. St. hat sich durch die Erfindungen von 0. Evans 1780 — 89 zuerst von dem bis dahin in Europa und Amerika ziemlich allgemein gültigen deutschen System emancipirt. Er wandelte das bisherige Mahlsystem fast in allen Theilen um. Seine Neuerungen bürgerten sich in auffallend kurzer Zeit auch in Europa ein. Sein Buch über das Mühlenwesen (1795) erschien schon 1821 in 4. Auflage in Paris und die preüssische Regierung liess 1830 durch Delegirte das amerikanische Mühlenwesen studiren^). Mit der Ausbreitung des Ackerbaues über ein weites dünnbevölkertes Gebiet wurde es nothwendig, die Mühlen so leicht und transportabel wie möglich herzustellen und sie in ihren einzelnen Theilen im kleinsten Format womöglich den Farmern zugänglich zu machen. Daneben bestehen aber grossartige Mahlmühlen mit 20 — 30 Mahlgängen. Der 1870 er Census gibt die Zahl der Mühlen in den V. St. auf 22 573 mit 48051 Mahlgängen und einer täglichen Fasskraft von 3V4 Mill. B. an. Ihre Triebkraft gründete sich auf 407 950 Pferdekräfte von Wasser- und 168736 von Dampfmotoren. Im Zusammenhange mit dem Mühlengewerbe ist hier auch die Stärkefabrikation zu nennen, welche 1876 in über 210 Fabriken betrieben wurde. — Von den Maschinen der Textilindustrie ist oben (S. 359, 373) hervorgehoben worden, dass sie in Amerika zahlreiche Verbesserungen erfahren haben. Die bekannte Cotton Gin Eli Whitney's, 1793 erfunden, ohne welche die sofort viel rascher anwachsende Baumwollenerzeugung nicht möglich gewesen wäre, ist sogar rein amerikanisch. Die grundlegenden Erfindungen sind jedoch in diesem Falle, wo es sich um Maschinen handelt, welche nicht dem täglichen und allgemeinen Bedarfe des Ackerbauers oder Handwerkers, sondern einer hochentwickelten Industrie dienen, europäisch. Dagegen gehören andere bemerkenswerthe Erfindungen , wie die Spindeln von Danforth (1824), Jenks (1829), Sawyer (1852), ausschliesslich Amerika an. Die Selfstripping Card's (1860) haben von Amerika aus sich überallhin in den Karderien verbreitet. Von den amerikanischen Baumwolleweb- stühlen sagt H. Grothe : „Im Allgemeinen leisten die amerikanischen Stühle mehr als die englischen, zumal sie geringere Triebkraft beanspruchen" 2) und von den Maschinen der Baumwollenindustrie im Allgemeinen sagt M. Weigert: „Die Maschinen sind vorwiegend heimischen Ursprungs. In der Spinnerei finden sich jedoch noch häufig englische Maschinen. Die Webstühle sind gut gebaut, von schnellem Gang Die Druckwaaren- industrie ist sehr entwickelt und erzeugt zum Theil gute Artikel" ^). Ganz ursprünglich und eigenthümlich sind aber wieder die amerikanischen 1) Selbst Einzelheiten, wie z. B. die Schärfecurve, wie Evans sie herstellte, haben ganz allgemeine Verbreitung gefunden. 2) Die Industrie Amerikas 1877. 311. 3) Berichte d. D. Preisrichter 1877. 37. X. Die Gewerbthätigkeit. 381 Leistungen auf dem Gebiete der weiteren Verarbeitung der Erzeugnisse der Textilindustrie. Hier macht sich, wie bei den landwirthschaftlichen und Handwerksmaschinen, ein starker Drang geltend, nothwendige, täglich wiederkehrende Arbeiten in möglichster Ausdehnung an Maschinen zu übertragen. Das Resultat sind die unzähligen Näh-, Strick-, Stick- etc. Maschinen, Erfindungen, die fast alle in Amerika zuerst gemacht und meist auch hier durch die ersten Stufen der Vervollkommnung durchgeführt wurden, um von da aus ihren Weg über die ganze Welt anzutreten. 1831 wurde die erste Strickmaschine gebaut. Elias Howe verfolgte von 1835 an die Idee der Nähmaschine, welche er 1846 patentiren Hess. Von 1854 an nahm der Nähmaschinenbau eine solche Entwickelung , dass heute in den V. St. mehr als 2000 Patente für dieselben genommen sind. ^ Fast alle wesentlichen Verbesserungen dieser Maschinen führen auf ameri- kanische Erfindungen zurück. Es genügt, ausser dem des Erfinders die Namen von Singer, Wheeler & Wilson, Grover & Baker, Wilcox und Gibbs zu nennen. Schon 1870 gab es in den V. St. 49 Fabriken, die 578919 Nähmaschinen oder die dazu nöthigen Geräthe im Gesammtwerth von 14 Mill. D. herstellten. Aehnlich hervorragend sind die Leistungen in allem, was auf die Lederverarbeitung sich bezieht. Durch den grossen Reichthum an Rohstoifen begünstigt, hat sie sich früh entwickelt. Es wurde schon 1651 Leder ausgeführt. Die Verwendung des Sumach und der Rinde von der Hemlock- oder Schierlingstanne zum Gerben führen vielleicht sogar auf die Indianer zurück. Eine grosse Anzahl von Schnell- gerbprocessen ist seit 1852 versucht worden und Maschinen sind für fast alle Theile der Gerberei im Betrieb. Einstweilen ist aber nur die Aus- fuhr von Sohlleder aus den V. St. bedeutend, während feinere Leder noch aus Europa eingeführt werden. In 1877/78 kamen zur Ausfuhr 7093020 D. Leder und 984 639 Lederwaaren, und zur Einfuhr 3 784 729 Leder und 3 684 630 Lederwaaren. Die fabrikmässige Herstellung von Schuhen und Stiefeln hat durch die Erfindung der Pflockmaschine und der Vorschnitt- maschine (1850 und 51) einen grossen Aufschwung genommen *). Sie ist heute eine der grössten Industrien der V. St. Beiläufig sei erwähnt, dass die ersten Gummischuhe in Amerika und zwar 1825 in Boston hergestellt worden sind. Die Verarbeitung des Kautschuks geschieht in den V. St. in so ausgedehnter Weise, dass man berechnet, es verbrauche allein ungefähr die Hälfte des gesammten Rohprodukts, von welchem 1877/78 für 4V4 Mill. D. eingeführt wurde. Die wichtige Erfindung des Vulkani- sirens des Kautschuks wurde 1839 durch Goodyear in New York gemacht. 1) 3500 Firmen in Massachusetts befassen sich (1878) mit Schuh- und Stiefel- fabrikation und der Werth ihrer ICrzeugnisse wird auf 70 Mill. D. angegeben. Sie beschäftigen über 50 000 Arbeiter , aber 80 Proc. der Arbeit werden von Maschinen verrichtet. 382 X. Die Gewerbthätigkeit. Gummituch wurde zuerst 1845 von demselben Erfinder hergestellt. — So bedeutend und folgenreich die Leistungen der Amerikaner auf den vor- genannten Gebieten, so werden sie doch noch übertroffen von den Werk- zeugmaschinen. Reuleaux sagt von ihrer Vertretung auf der Phila- delphia-Ausstellung: „Hier gebührt der amerikanischen Industrie die Palme nicht nur auf der Ausstellung, sondern wahrscheinlich auch überhaupt. Reichthum "an neuen, praktischen Ideen, überraschend geschickte An- passung an besondere Arbeitszwecke, eine in der Steigerung begriffene Genauigkeit in der Ausführung der zusammenarbeitenden Theile und eine zunehmende Eleganz der äusseren Erscheinung der Maschine charakteri- siren die amerikanische Produktion auf diesem Gebiete"^). Ueber Werk- zeuge ist oben (S. 364) schon gesprochen. Bemerkenswerth ist in dieser Richtung noch die maschinenmässige Herstellung der Metallwaaren für die Ausrüstung der Häuser, der sog. Building-Hardware s. So wie es zu der Billigkeit und verhältnissmässigen Vortrefflichkeit der amerika- nischen Häuser gehört, dass alle ihre einzelnen Theile, Fenster, Thüren, Läden u. s. f., im Grossen fabrikmässig hergestellt und dadurch zwar durchaus einförmig, aber in ungleich höherem Masse genau passend und zweckmässig sind als unsere entsprechenden Handarbeiten, so sind auch alle Beschläge, Schlösser, Schrauben, Nägel u. s. f. nach gewissen allgemein anerkannten Regeln im Grossen hergestellt. Schlösser stehen unter diesen Dingen in erster Linie; sie sind fast alle aus Gusseisen angefertigt, für gutschliessende Thüren und kleine Schlüssel berechnet, was natürlich eine entsprechende Genauigkeit der Arbeit voraussetzt. In der Fabrikation jsAon Nägeln und Schrauben ist Amerika längst unübertroffen^). Die feuer- und diebssicheren Kassen verdanken wenigstens den grössten Theil ihrer heutigen Vollendung den Erfindungen der Amerikaner auf diesem Gebiete; in den Schliessvorrichtungen derselben hat sich ihr Scharfsinn bis zur Phantasie und sogar zum Komischen gesteigert. Von grosser Bedeutung ist in den V. St. auch die Industrie der Schusswaffen, besonders der kleineren, von denen Revolver und Repetirgewehre ameri- kanische Erfindungen sind. S. Colt construirte 1834 den ersten Revolver als 15jähriger Schiffsjunge. Mit Torpedos haben amerikanische Fabriken im letzten Orientkrieg europäische Mächte versorgt. Die Panzerung der Schiffe hat zum ersten Mal im amerikanischen Bürgerkrieg Anwendung gefunden. Die Verarbeitung der Edelmetalle zu Luxusgeräthen und Gegenständen des Kunstgewerbes ist in den V. St. weit vorgeschritten. Die Ausstattung der Wohnhäuser mit Dingen, die Reichthum verkünden und Behagen um sich verbreiten, ist ein im Leben der Nordamerikaner besserer Classe tief begründetes Bedürfniss. Aber die künstlerische Fort- 1) Briefe aus Philadelphia 1877. 22. 2) Diefenbach a, a. 0. 49. X. Die Gewerbthätigkeit. 383 gesclirittenlieit der Leistungen in Edelmetall erregte dennoch Erstaunen. „Was die Formen dieser Arbeiten betrifft, lautet der Bericht des deutschen Preisrichters in dieser Abtheilung, so ist zunächst auffällig, wie der Zweck des Gegenstandes und dessen praktische Handhabung und Solidität in erster Linie ins Auge gefasst ist. Leichte, zerbrechliche Dinge sind dem Amerikaner vollständig zuwider.... Es soll ausschliesslich 15,51<)thiges Silber verarbeitet werden, daher der krystallene Glanz der polirten Flächen. Die Metallstärke ist auf einen langjälirigen täglichen Gebrauch berechnet; weder mit Kitt ausgefüllte, noch zerbrechliche, den Gebrauch hindernde Anhängsel sind vorhanden, die Ausführung ist eine hochvollendete. Wo ornamentaler Schmuck zur Anwendung kommt, zeigt er in Folge der höheren Geschmeidigkeit des besseren Metalles eine Schärfe der Aus- führung, welche bewundernswürdig ist" *). Auch in der Verarbeitung der Edelmetalle finden Maschinen die ausgedehnteste Anwendung. „Man glaubt mehr in einer Maschinen- als in einer Silberwaarenfabrik zu sein." In der eigentlichen Schmucksachenfabrikation wird in den V. St. bei sehr grossem Bedarf Erhebliches geleistet in der Masse, aber der Geschmack desjenigen Publikums, das am meisten Schmuck zu tragen liebt, ist der Entfaltung in künstlerischer Richtung weniger günstig. Auch in diesem Zweige kommt die Maschinenarbeit in viel ausgedehnterem Masse zur Geltung als bei uns. Am hervorragendsten ist Providence R. L in der Schmucksachenerzeugung; es sollen dort gegen 400 Fabriken dafür im Betrieb stehen. Amerikanische Specialitäten auf diesem Gebiete sind die Goldfedern und die in Aluminiumbronze hergestellten Gegenstande. Auch die ausgedehnte Anwendung der Vernickelung sei hervorgehoben ; sie bietet einen der Fälle, in denen Amerika für den Rohstoff zwar auf Europa angewiesen und dennoch in der Verwendung desselben weit über Europa hinaus fortgeschritten ist. — In der Herstellung von Uhren und wissen- schaftlichen Instrumenten sind die Amerikaner noch jung, aber sie leisten auch hierin bereits so Bedeutendes, dass sie sogar in europäischen Absatzgebieten concurrirend auftreten. Die Massenerzeugung vermittelst Maschinen ist es vorzüglich, welche der Uhrenindustrie der V. St. eine so grosse Leistungsfähigkeit verliehen hat. Der Mittelpunkt der ameri- kanischen Uhrenindustrie ist Waltham Mass., wo die Fabriken der grossen American Watch Cie. und einige andere für IV2 Mill. D. Uhren im Jahre herstellen. In der Erzeugung von W^aagen sind die Mechaniker der V. St. denen Europas durch sinnreiche Erfindungen vorausgeeilt. Die optischen Apparate, deren Amerika für seine zahlreichen und theilweise so reich ausgestatteten wissenschaftlichen Anstalten viele bedarf, werden jetzt theilweise schon im Lande hergestellt. Die Kugellinse der Photographen ist eine amerikanische Erfindung. Die chemische Industrie hat sich v^ 1) Diefenbach a. a. 0. 57. 384 X. Die Gewerbthätigkeit. in den V. St. erst seit 1860 in theilweise sogar grossartiger Weise zu entwickeln begonnen. Sie ist von Belang nur in den ö. Staaten. Da es bei dieser Industrie mehr auf gründliche wissenschaftliche Kenntnisse als auf Scharfsinn und mechanische Fertigkeiten ankommt, so ist dieselbe viel mehr als irgend eine andere noch abhängig von der europäischen Unterweisung. Die Leiter der chemischen Fabriken sind mit sehr geringen Ausnahmen in Europa und zwar vorzüglich in Deutschland herangebildet und erst die jüngere Generation kann eines höheren chemischen Unter- richtes in den Laboratorien einiger besseren technischen Schulen sich erfreuen. Keine Industrie ist so innig mit der Wissenschaft verschwistert wie die chemische und der Stand der chemischen Industrie Nord -Amerikas steht naturgemäss in Beziehung zu dem der chemischen Wissenschaft daselbst. „Die in den chemischen Fabriken der Oststädte der Union befolgten chemischen Processe sind von denen der europäischen Schwester- anstalten nicht verschieden, doch sind zahlreiche Methoden und Apparate verbesserter Art, die in Deutschland seit Jahr und Tag eingeführt sind, jenseits des Oceans häufig noch unbekannt. Die Verwerthung der Roh- stofle geschieht im Allgemeinen nicht mit der Sorgfalt, welche den deutschen Fabrikbetrieb charakterisirt, und vollends die Regeneration aus den Fabri- kationsrückständen und Abfallprodukten und dessen Rückführung in den chemischen Kreislauf findet meines Wissens in den transatlantischen Fabriken nirgends statt" *). Von hervorragender Bedeutung ist besonders die Herstellung der Alkaloide. Brom wird aus bromreichem Kochsalz in Ohio in solcher Menge dargestellt, dass die europäische Bromindustrie daneben fast gänzlich unthätig geworden ist. Dem beispiellosen Seifen- ^ verbrauch der Bevölkerung entsprechend, ist die Seifenindustrie in gross- artiger Weise entwickelt. Der grönländische Kryolith wird gegenwärtig fast ausschliesslich in Philadelphia und Pittsburg auf Soda und Alaun verarbeitet. Die Herstellung von Anstrichfarben wird ebenfalls in grossem Massstabe betrieben. Speciell amerikanisch ist die grosse Industrie der v^ Backpulver , welche anstatt der Hefe verwandt werden. In der Photo- graphie führen die Trockenplatten auf amerikanische Erfindung zurück. In Philadelphia hatte Amerika in Bezug auf Chemikalien für den photo- graphischen Gebrauch „glanzvoll exponirt" ''). Landwirthschaftliche Industrien. Ueber Mahlmühlen s. 0. S. 380. Anfang 1878 bestanden im Süden 25 Oelmühlen, junge Anstalten, in denen Oel aus Baumwollsamen gemacht wird. 1877/78 wurden für über 2 Mill. D. von demselben ausgeführt. Ausserdem wird nur noch Leinöl in grösserer Menge erzeugt. — Die Brauerei ist in den V. St. erst seit wenigen Jahrzehnten eine bedeutende Industrie geworden und zwar vor- 1) R. V. Wagner in Berichte d. D. Preisrichter 1877. 66. 2) H. Vogel ebendas. 1877. 167. X. Die Gewerbthätigkeit. 386 züglich durch den Eiiifluss der zahlreichen Deutschen. 1876 wurde die Zahl der Brauereien auf 2783 angegeben, in denen zusammen mit den Mälzereien 113 Mill. D. angelegt waren. Jene ebengenannte Zahl von Brauereien erzeugte verhältnissmässig 4 mal so viel Bier als die 7 mal zahl- reicheren Deutschlands. Ebenso ist die Zahl der Arbeiter eine viel geringere. Durch Anwendung der Maschinenarbeit in der grösstmöglichen Ausdehnung und durch zahlreiche Verbesserungen und Erfindungen in fast allen Zweigen des Geschäftes ist die amerikanische Brauindustrie längst über die deutsche hinausgegangen. Porter- und Ale-Brauereien sind in den letzten 10 Jahren gegenüber den Lagerbierbrauereien im Rückgang begriffen. 1875 betrug in den V. St. die Biererzeugung 0,35 hl p. Kopf, gegen 0,9 im deutschen Reich und 2,34 im Königreich Bayern. Im Fiskaljahr 1876/77 wurden 9 074.306 Fass Bier mit 9V2 Mill. D. versteuert. New York steht unter den bierbrauenden Staaten in erster Linie mit Va der Gesammterzeugung; ihm folgen Pennsylvania mit 'Ao, Ohio und Illinois. — Der Zucker- industrien sind es in den V. St. verschiedene. Im S. wird Zucker bzw. Melasse aus Zuckerrohr, in den Mittelstaaten aus Sorghum, im N. aus dem Zuckerahorn, in Californien aus der Zuckerrübe gewonnen (s. 0. S. 282 f.). — Fleisch- und Milch extrakt (oder condensirte Milch) sind amerikanische Erfindungen und zwar von G. Borden in New York Anfangs ^ der 50er Jahre gemacht. Liebig hat das Verdienst, bessere Bereitungs- arten angegeben zu haben. In grossem Massstabe wurden beide Erzeugnisse zuerst im amerikanischen Bürgerkriege in den Verbrauch übergeführt. Ueberhaupt ist wahrscheinlich der Verbrauch von Conserven jeder Art "^ beim Amerikaner verbreiteter als bei uns. Ein Theil derselben, wie die von californischen Früchten, von Oregon-Lachs, von Sardinen und Hummern, das Canned ^ee/' haben einen Weltmarkt erworben. — In den kerami- schen Industrien hat Amerika durch die Güte und Billigkeit des Rohstoffes fast in allen Zweigen einen beträchtlichen Vorsprung vor den- jenigen Europas. Indessen ist auch die Arbeit eine geschickte und saubere, wenn sie auch häufig nicht von feinerem Geschmack geleitet erscheint. „Bemerkenswerth dürfte der Umstand sein, dass die amerikanischen ge- wöhnlichen Ziegel sich durch ausserordentlich saubere Form, grosse Dichtigkeit und Härte hervorthun, gute Eigenschaften, welche bei den häufigen Rohbauten angenehm auffallen" '). Die Porzellanindustrie ist nur erst im Werden, 1876 gab es nur eine einzige Porzellanfabrik (Greenpoint N. Y.). Soweit nicht eingeführtes Porzellan seine Stelle vertritt, ist ein einheimisches Steingut, Ironstone China genannt, zu Tischgeräthe allgemeinst verbreitet. Trenton N. J. ist für diese Industrie der Hauptplatz. „Die Glasindustrie Nord -Amerikas steht unzweifelhaft auf einer sehr hohen Stufe der Vollkommenheit. In technischer Hinsicht vielleicht nur von 1) Seelhorst in Berichte d. D. Preisrichter 1877. 115. K a t z e 1 , Amerika II. 25 386 X. Die Gewerbthätigkelt. der englischen erreicht, steht sie in kunstgewerblicher Beziehung den europäischen nicht gleich" ^). Die Yorzüglichkeit des Kohstoffes ist es hauptsächlich, welche sie diesen Grad von Vollkommenheit so früh erreichen Hess. Es ist das vorzüglich der Berkshire Sandstone in Penn- sylvanien, ein fast reiner Quarzsandstein, der 600 m mächtig mehrere Meilen weit sich erstreckt. Ausser dem Rohstoff ist aber auch hier die Arbeit hervorzuheben, welche in den amerikanischen Hütten weit über die altweltlichen Methoden hinausgeschritten ist, vorzüglich durch die viel aus- giebigere Anwendung der Presse. Nach Seelhorst's Meinung könnten schon jetzt amerikanische Massenartikel mit Vortheil nach Europa eingeführt werden. Im Ganzen, glaubt derselbe Gewährsmann, lasse sich bei so grosser Gunst im Vorkommen des Rohstoffes und des Brennmaterials eine riesige Entwicklung der Thon- und Glasindustrien in den V. St. mit Be- stimmtheit voraussagen. — Unter den vervielfältigenden Industrien ist die der Buchdruckerei die erste. Eine rotirende Cylinderpresse, Vor- gängerin der König'schen Schnellpresse, soll schon 1790 von Nicholson erfunden worden sein''). In den V. St. wird wahrscheinlich mehr ge- >yäruckt als irgendwo sonst. Nirgends wird mit Papier und Drucker- schwärze ein solcher Luxus getrieben. Die auf allen Strassen und Plätzen, in Eisenbahnwagen und Dampfschiffen zerstreuten Geschäftsreklamen, Pamphlete, Zeitungsblätter u. s. f. gehören zu den charakteristischsten Zügen in der Physiognomie des öffentlichen Lebens. An Massenleistung dürfte die amerikanische Buchdruckerei nicht übertroffen werden. Neuer- dings wird auch die Qualität ihrer Leistungen im Buchfach zusehends höher. Amerikanische Bücher sind durchschnittlich besser ausgestattet als deutsche, im äusseren Gewand folgen sie den englischen Mustern. Heften und Binden wird in grosser Ausdehnung von Maschinen besorgt. Hochentwickelt ist die Kunst des Banknotendruckes, für welchen im Schatzamt zu Washington eine eigene Abtheilung besteht. Für Litho- graphie gröberer Art passende Steine sollen in Missouri und Canada vorkommen. Die Photographie in Amerika hat nach Prof. Vogel's Urtheil „mehr empfangen als gegeben und wenig dauernden dominirenden Einfluss erlangt" *). Die vorzüglichsten Porträtphotographen sind bis jetzt noch Fremde. Aber in Stereoskopen „nimmt, nach demselben Gewährs- mann, Amerika den ersten Rang ein. Dieses Genre erfreut sich drüben ^iner allgemeinen Beliebtheit. Fast in jedem Hause findet man ein Stereoskop und eine Sammlung zugehöriger Bilder". Bedeutendes leistet Amerika auch in dem dort sehr populären Farbendruck. 1) Seelhorst a. a. 0. S. 123. 2) Grothe, Die Industrie in Amerika 1877. 372. 3) Berichte d. D. Preisrichter 1877. 165. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. I. Geschichtliche Entwickelung. Anfänge 387. Periode der Canal- bauten 388. Gallatin's Entwurf 389. Erie-Canal 390. Die Eisenbahn-Aera 392. Wettkampf zwischen Canälen und Eisenbahnen 393. Eisenbahnmonopole 395. — II. Die natürlichen Grundlinien des Verkehres. Die Verkehrs- gebiete 396. Die Naturstrassen des Inneren 397. Die Stromwege 398. Um- gehung derselben durch die Eisenbahnen 399. — III. Die schiffbaren Flüsse. Aufzählung 401. Mississippi 401. Ohio 404. S. Lorenz 404. Hudson 405. Kleinere schiffbare Flüsse von Bedeutung 406. Die Binnenseen 407. — IV. Die Canäle. Canäle und Eisenbahnen 408. Das Canalsystem des Staates New York, von Pennsylvanien, New Jersey, des Ohio und Mississippi 411. Illinois- und Michigan-Canal 416. Weitere Canäle in den Süd- und Weststaaten 417. — V. Die Eisenbahnen. Statistik 419. Begünstigung durch die Naturverhält- nisse 420, Besonderheiten im Bau und Betrieb 421. Aufzählung der grossen Linien und Complexe 425. — VI. Strassen und Brücken 430. Strasseneisen- bahnen 432. — VIL Rhederei und Schiffsverkehr. Zahl der Schiffe 434. Der Schiffsbau 438. Abnahme der Kauffahrteiflotte und ihre Ursachen 440. Die Fischerfiotte 441. Schiffsverkehr in den Häfen der V. St. 441. — VIII. Post und Telegraphen 447. I. Geschichtliche Entwickelung. Bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus bewegte sich der Verkehr in den eng- lischen Colonien Nord- Amerikas genau in derselben Weise wie er es noch heute in einem grossen Theile von Britisch-Nordamerika thut. Die Flüsse und Seen waren fast die einzigen Wege. Man wandte Schiffe von beträchtlicherer Grösse da an, wo sie tiefes Wasser haben, während man sich in den Bächen mit indianischen Rinden - Canoes begnügte. Der einzige Canal, welchen die Colonien vor der Er- werbung Canadas durch England besassen, war bei Philadelphia in der Länge von 1200 m angelegt. Die erste Landstrasse (nach europäischen Begriffen) wurde 1790 von Philadelphia nach Lancaster eröffnet. Man kann aber sagen, dass es vorzüglich die Abtretung Canadas an England war, welche den Colonisten erlaubte, ihre Aufmerksamkeit Werken von öffentlicher Nützlichkeit und damit 25* 388 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. in erster Linie den Verkehrswegen zuzuwenden. Weitschauende Geister beschäftigten sich von da an eingehend mit der Frage der inneren Schiffahrt. 1768 machte H. Moore, Governor von New York, der General Assembly dieser Colonie den Vorschlag, die Canalisi- rung des Mohawk vermittelst Schleusen in Erwägung zu ziehen. 1769 legte K. Lee der Versammlung der Vertreter von Virginia einen Gesetzentwurf vor über die Schiffbarmachung des Potomac auf 300 Kil. 1773 veröffentlicht J. Ballendine aus Virginien in London den Plan einer Strassenverbindung über die Alleghanies vom äussersten Ende der Schiffbarkeit des James R. und des Po- tomac bis zu der des Monongahela und des Kanawha. Nach der glücklichen Beendigung des Unabhängigkeitskrieges tauchten ähn- liche Pläne in Menge auf. Ausgeführt wurden zunächst, auf An- regung einer 1784 unter dem Vorsitze Washington's von Virginia und Maryland niedergesetzten Commission, einige Bauten am Po- tomac und dessen Nebenflusse Shenandoah. In Pennsylvanien ver- lieh 1791 die Gesetzgebung das Recht zum Bau eines Canales zwischen Schuylkill und Susquehanna und 1792 dasjenige zum Bau eines Seitencanales des Schuylkill. In New York wurden 1792 zwei Gesellschaften gebildet, die sich die schiffbare Verbindung des Hudson mit dem Ontario- und dem Champlain-See zum Ziele setzte. Was aber von diesen und anderen Entwürfen zur Ausführung ge- langte, hat im Ganzen weder dem Lande noch den Unternehmern nennenswerthen Gewinn gebracht. Man hatte zu wenig Erfahrung und zu wenig Capital. Die Canäle wurden von vornherein zu klein angelegt. Ebenso ging es noch in späteren Unternehmungen. 1817 war von allen diesen Werken im Betriebe übrig nur der Middlessex-Canal, welcher von Boston zum Merrimack führt. Man hatte 19 Jahre an ihm gebaut, wiewohl er nur 43 Kil. lang und leicht anzulegen war. Die lange Zeit, welche man aus Kenntniss- und Geldmangel für diese Arbeiten brauchte, war eine der Ursachen ihres verhältnissmässig geringen Nutzens. Im Anfang unseres Jahrhunderts fing man an einzusehen, dass vereinzelte und zersplitterte Kräfte nicht im Stande seien, die grosse Arbeit der Schaffung von Verkehrswegen für ein so aus- gedehntes und von so verschiedenen Interessen bewegtes Gebiet in XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 389 die Hand zu iiehmeu. 1807 stellte der Senat die Anforderung an den Finanzminister, Gallatin, ihm einen Bericht zu erstatten über die Mittel, die die Bundesregierung für Verkehrswege aufzuwenden im Stande sei, und über diejenigen Verkehrswege, deren Bau am nothwendigsten sei. Der Bericht, den Gallatin darauf hin an den Senat erstattete (4. April 1808), geht über diese Anforderung hin- aus, indem er ein ganzes System von Verkehrswegen für das Ge- biet zwischen Atlantischem Ocean, Mississippi und den Grossen Seen entwirft. Er ist ebenso dadurch als durch die Rückblicke auf das bisher Geleistete das werthvollste Document für die ältere Geschichte des Verkehrswesens in den V. St. Für die Canäle schlug Gallatin folgende Grundlinien vor: 1. einen Parallel - Canal des atlantischen Ufers von Massachusetts bis Georgia, unter Durchschneidung der zwischenhegenden Landengen. 2. Linien für die Verbindung der atlantischen Küste mit dem Mississippi: a) vom Delaware R. durch den Alleghany nach dem Ohio, b) von Susquehanna durch den Monongahela nach dem Ohio, c) vom James R. durch den Kanawha nach dem Ohio, d) von Charleston oder Savannah nach dem Tennessee und dem Ohio. Gallaton dachte hier zunächst nicht an durch- gehende Canäle, sondern an Strassen , welche die obersten Punkte der Schiffbarkeit der genannten Flüsse mit einander in Verbindung setzen sollten. Die Hauptarbeit würde in der Beseitigung aller Schiffahrts- hindernisse in den letzteren bestanden haben, a) und b) sind später ganz, c) ist zum Theil ausgeführt worden. Den längst ausgeführten Canal, der die Stromschnellen des Ohio bei Louisville umgeht, schlug Gallatin eben- falls vor. 3. Linien für die Verbindung der atlantischen Küste mit dem S.Lorenz-Gebiet: a) Hudson — Ontario-See, b) Hudson — Champlain-See. Zur Vervollständigung des ersteren sollte ein Canal um die Niagara-Fälle geführt werden. Alle drei sind längst ausgeführt. 4. Linien zur Verbindung des Mississippi und dem S.Lorenz-Gebiet: a) Erie-See — Pittsburg durch den Alleghany R., b) Erie-See — Ohio durch CuyahogaR., c) Erie-See — Ohio durch Maumee und Wabash R., d) Erie-See — Ohio durch Sandusky R., e) Michigan-See— Mississippi durch Illinois R., f) Michigan-See— Mississippi von Green Bay durch Fox und Wisconsin R. Mit Ausnahme von d), an dessen Stelle schon früher eine Eisenbahn gebaut wurde, sind alle diese Linien später ausgeführt worden. Dagegen ist man dem Gedanken eines Parallel- Canales des Golfes vom unteren Mississippi bis Georgia, den Gallatin ebenfalls in diesem Bericht, zwar nur andeutungsweise, nieder- gelegt, praktisch nicht näher getreten. Von den grossen Hauptstrassen, die Gallatin ausserdem vorschlug, ist die Parallel-Strasse der atlantischen 390 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Küste grossentheils schon vor der Zeit der Eisenbahnen vollendet worden, ebenso die 1808 begonnene von Washington nach S. Louis. Diejenigen von Washington nach Detroit und New Orleans bestanden grösstentheils schon zu seiner Zeit in Bruchstücken, die man nur stellenweise zu ver- binden und zu erweitern brauchte. — Dieser Bericht Gallatin's enthält die meisten der Ideen, welchen später bei der Ausführung der grossen Ver- kehrswege gefolgt wurde. Man sieht aus dem Vorhergehenden, dass in allen Richtungen, die er angab, wenn nicht Canäle, so Eisenbahnen später ausgeführt wurden. Es liegt darin ebensowohl ein Beweis für den Scharf- blick des Ministers, als für die Klarheit und Deutlichkeit, mit der die Bodengestaltung und die Bewässerungsverhältnisse der V. St. die Haupt- linien des Verkehres als natürlich gegebene hervortreten lassen. Dieser Bericht Gallatin's hat das grosse Verdienst, eine ganze Anzahl von fruchtbaren Ideen über das Verkehrswesen in der Bevölkerung der V. St. verbreitet zu haben. In demselben Jahre, in welchem er erschien, wurden bereits in der Gesetzgebung von New York Vorschläge zum Bau eines Canales zwischen Hudson R. und Erie-See gemacht. Dass man die Idee der billiger herzu- stellenden Verbindung mit dem Ontario-See von Anfang an be- seitigte, beweist für den Scharfblick und Unternehmungsgeit der Männer, welche an der Spitze dieser Anregung standen. Ebenso be- zeugt ihre Förderung, dass der Staat oder die Union das Werk in die Hand nehmen müsse, dass dieselben aus den Erfahrungen der bisherigen Canalbauten gelernt hatten. Die 1810 begonnenen Vor- arbeiten wurden durch den Krieg mit England unterbrochen, aber 1817 wieder aufgenommen und 1825 glücklich zu Ende geführt. Ebenfalls 1817 wurde der Champlain-Canal in Angriff genommen und 1823 dem Verkehr übergeben. Andere folgten in den 30 er Jahren, so dass der Staat New York 1839, zu einer Zeit, welche man so ziemlich als den Abschluss der Canal-Aera bezeichnen kann, 1064 Kil. schiffbare Canäle besass. Der Werth der Waaren, welche 1836 auf den Canälen dieses Staates Beförderung fanden, wurde auf 67 Mill. D. geschätzt. 1835 begann man den Erie-Canal zu ver- tiefen und zu verbreitern, da er sich dem gesteigerten Verkehre nicht völlig gewachsen zeigte. 1838 hatte der Staat New York für Bau, Erweiterung und Instandhaltung seiner Canäle 32 971 314 D. ausgegeben, wovon 11916446 auf den Erie-Canal kamen. Dafür ist aber zweifellos ein nicht geringer Theil der Fortschritte, welche XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 391 nicht nur der Staat New York, sondern auch seine n. und w. Nach- barn in dieser Zeit und späterhin gemacht haben, der verkehrs- fördernden und befruchtenden Wirkung dieser Canalanlagen zuzu- schreiben. Vorzüglich der Erie-Canal hat Ausserordentliches in dieser Richtung genützt. Wenn die Stadt New York von 1820 — 40 von 124000 auf 313 000, Rochester von 1500 auf 15000, Buffalo von 2000 auf 16000 anwuchs, so liegt der Grund dieses Aufschiessens hauptsächlich in dem regeren Verkehr zwischen 0. und W. des Staates, den dieser Canal ermöglichte. Der Verkehr desselben hatte 1826 306 000 und 1835 587 000 T. betragen i). 1815 wurde der Reich- thum der Einwohnerschaft von New York auf 87 Mill. D., 1835 auf 233 Mill. geschätzt und man erkannte allgemein* an, dass den die Besiedeluug und den Absatz erleichternden neuen Verkehrswegen der grösste Antheil an dieser Verdreifachung zukomme. Penn- sylvanien, das neben Neu-England im vorigen Jahrhundert für den mit Verkehrsmitteln am besten versehenen Staat der Union galt 2), wurde durch den Erie-Canal von New York in den Schatten gestellt. Erst 1824 begann man den Bau von Canälen, welche Philadelphia mit Pittsburg und den Seen des w. New York, ferner Pittsburg mit dem Erie-See und den Susquehanna mit dem Potomac verbinden sollten. 1830 waren 653 Kil. von diesen Linien fertig gestellt und 1834 besass der Staat 1158 KiL Canäle und Eisen- bahnen. In Neu-England sind die Canalanlagen durch die Boden- beschaffenheit so wenig begünstigt, dass nur wenige zur Ausführung gelangten. Der Middlessex-Canal ist bereits genannt worden. Den Merrimack machte man schon am Ende des vorigen Jahrhunderts schiffbar bis Concord N. H. (177 Kil.). Den Connecticut machte man in den 20 er und 30 Jahren auf 434 Kil. seines Laufes schiffbar. 1) Vergleichsweise sei angeführt, dass auf der Seine, Marne und den Ca- nälen zusammen 1835 in Paris 1782430 T. ankamen. (M.Chevalier, Hist. des Voies de Comm. I. 219, wo dieser Vergleich weiter ausgeführt ist.) 2) Nach einer Zusammenstellung in Connected View of the Internal Navi- gation (1830, S. 279) verausgabte der Staat Pennsylvania von 1791 — 1828 11019495 D. für Canäle, Flussverbesserungen, Strassen und Brücken. In der- selben Zeit wurden von Bezirken und Gesellschaften 3800 Kil. Strassen und 49 grössere Brücken mit einer Auslage von 10 991 059 D. gebaut — zusammen also mindestens 22 Mill. D. für Verkehrswege ausgegeben. 392 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. Dem Baue der Eisenbahnen^ hat sich Neu - England dagegen früher als alle anderen Staaten der Union zugewandt. Freilich bedurfte von dem in wirthschaftlicher Beziehung ins Gewicht fallen- den Theile der Union keiner so sehr derselben wie Neu -England. Der Anlage der damals zur Nothwendigkeit, aber auch fast zur Leidenschaft gewordenen Canäle kam seine Bodengestaltung nicht ent- gegen, nur mit den grössten Kosten würden sie herzustellen gewesen sein. Aber auf der anderen Seite verlangte kein anderer Landes- theil so gebieterisch nach raschen und billigen Verkehrsmitteln wie diese in Industrie und Handel thätigste Staatengruppe Neu- England. Der Board of Liternal Improvements von Massachusetts liess schon 1827 die Bodengestaltung zwischen Boston und dem Hudson behufs Anlegung einer Eisenbahn untersuchen. Die erste Eisenbahn wurde in der That in Massachusetts noch in demselben Jahre zu bauen angefangen und zwar von Quincy nach dem Neponset R. Zwischen 1827 und 30 folgten dieser noch zwei kurze Linien zwischen dem Lehigh R. und Manch Chunk und zwischen Albany und Schenectady N. Y. und das erste Glied jener nach- mals zu einer der grössten Verkehrsadern der damaligen V. St. erwachsenden Baltimore- und Ohio-Eisenbahn, die Linie Baltimore — Endicott Mills Md. Aber im Jahre 1830 zählten diese drei Linien zusammen nur 66 Kil. und nur die letztere war Lokomotiv-Bahn. Aber schon in der darauffolgenden Dekade wurden durchschnittlich p. Jahr 528 Kil. Eisenbahnen gebaut und eine ganze Anzahl von Verkehrslinien, welche ursprünglich als Canäle entworfen worden waren, fanden nun als Eisenbahnen ihre Ausführung. Die letzteren eroberten sich so rasch das grosse Gebiet, das hier nur auf billige und rasche Verkehrsmittel wartete, um den Reichthum seines Bodens zu Markte zu bringen, dass von 1840 an grosse neue Canalanlagen nicht mehr gemacht, sondern nur die bereits begonnenen fertig ge- stellt und durch Abzweigungen vervollständigt wurden. Die Eisen- bahnen dagegen entwickelten sich in so gewaltiger Progression, dass die V. St. gegenwärtig fast ebensoviel zählen wie das ganze übrige Europa. Von 66 Kil. in 1830 und 5868 in 1840 haben sie sich auf 135000 in 1878 erhoben. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 393 Die Vortheile, welche die Eisenbahnen dem Verkehre boten, wuchsen natürlicherweise mit der Vervollkommnung, die sowohl ihre eigene Ein- richtung, als auch der Bau der Bewegungsmittel erfuhr, welche auf ihnen benützt werden. Wir werden im Nachfolgenden bemerkenswerthe Beispiele für das wachsende Uebergewicht der Eisenbahnen über die Canäle kennen lernen. 1873 hob es Harket Derby in einer dem Statistischen Congress von St. Petersburg vorgelegten Denkschrift „Ueber die Einwirkung der Eisenbahnen auf den Fortschritt der V. St." hervor: „Vor einem halben Jahrhundert wurden Canäle angelegt, um die Chesapeake Bay mit dem Delaware R., den Hudson R. mit den Grossen Seen, die letzteren mit dem Ohio und Hlinois R., Kohlenbergwerke mit Philadelphia zu verbinden, aber die Kälte unserer Winter und die Hitze unserer Sommer unterbrachen ihre Benützung. Unterdessen haben unsere Ingenieure ihre Schienen und Lokomotiven mit Stahl gepanzert und dadurch die Geschwindigkeit ver- grössert, indem sie gleichzeitig die Kosten verminderten. Der grösste Theil unseres Fluss- und Canalverkehres ist damit den Eisenbahnen zuge- leitet worden. Weniger als Vio unseres Binnenverkehres bewegt sich jetzt auf Canälen, weniger als Vs auf den Flüssen, der Rest benützt die Eisen- bahnen. Wir haben in den V. St. eine grosse Anzahl von schiffbaren Flüssen, aber die Eisenbahnen schneiden die Krümmungen derselben ab, vermeiden die Verzögerungen durch Eis oder niederen Wasserstand und erlangen damit ein Uebergewicht über Flüsse und Canäle. Einige Canäle sind ganz verlassen und keine sind gegenwärtig in Bau begriffen. Ihre Hauptaufgabe wird in Zukunft darin bestehen, die Grossen Seen und die Meereseinschnitte durch Schiffahrtscanäle unter einander zu verbinden" *). Ohne Zweifel sind in Amerika die Eisenbahnen in demselben Masse noth- wendiger gewesen als in Europa, als die Entfernungen bedeutender waren, welche durch sie überwunden werden sollten. Auch ist, wenn man ihre grosse Zahl in Betracht zieht, die Leichtigkeit nicht zu übersehen, mit der so grosse, hindernisslose Flächen zu überschienen sind, wie sie an der atlantischen Küste und mehr noch im Inneren sich ausbreiten. Auf diesen Vorzug ist oben schon hingewiesen. Nur Russland kommt durch seine einfache Bodengestaltung in ähnlichem Masse der Anlegung von Verkehrswegen entgegen. Aber wenn ein einziger Staat wie Massachusetts, dem es sowohl an dem Antrieb durch grosse Entfernungen, als auch der Erleichterung durch günstige Bodengestaltung mangelt, 1875 im Verhältniss zu seiner Grösse 10 mal mehr Eisenbahnen besass als die ganzen übrigen V. St., so sieht man, dass noch andere Ursachen thätig gewesen sind bei der gewaltigen Entwickelung, die das Eisenbahnwesen hier genommen hat. Der Unternehmungsgeist, die rücksichtslose Wettbewerbung, die 1) Travaux presentes an VIII mc Congres Internat, de Statistique. S. Peters- bourg 1874. 30. 394 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. Capitalvermehrung , die Leichtigkeit, vom Ausland geborgt zu erhalten, und nicht zuletzt auch die Geschicklichkeit, Kühnheit und Billigkeit, mit der man die Eisenbahnen baute und sie betrieb, sind mit in erster Linie zu nennen, wenn man die Thatsache zu erklären wünscht, dass (1876) auf 10000 E. in den V. St. 28,47, in Grossbritannien und Irland 8,14, in Deutschland 6,82, in Frankreich 6,23 und in demjenigen europäischen Staate, in welchem die den Eisenbahnbau begünstigenden und bedingenden Verhältnisse denjenigen Nord -Amerikas am ähnlichsten gelagert sind, gar nur 2,70 Kil. Eisenbahn entfallen. Die Energie, mit der in den V. St. von 1840 an im Eisenbahnbau vorgegangen wurde, ist jedoch ohne Zweifel in vielen Fällen nicht von der nöthigen Vorsicht begleitet gewesen. Beweis dafür die Thatsache, dass 1877 in 12 Staaten (Vermont, Florida, Mississippi, Louisiana, Texas, Arkansas, Missouri, Nebraska, Kansas, Colorado, Oregon), die zum Theil reich an Eisenbahnen sind, keine Bahn ihre Zinsen zu \/zahlen vermochte und dass es der Bahnen, welche eine normale Verzinsung ihres Capitales aufbringen, überhaupt nur wenige sind *). Die Dividenden, die 1877 bezahlt wurden, beliefen sich auf durchschnittlich 7 Proc. Aber noch gefährlicher ist vielleicht die übermässige Wettbewerbung der ver- schiedenen Gesellschaften, welche dazu führt, dass die Zahl der selbstän- digen Linien immer geringer wird und dafür die Monopole einiger capitals- mächtigen grossen Gesellschaften, immer unbedingter sich entwickeln, um zuletzt mit drückender Uebermacht auf der ganzen Gemeinschaft zu lasten. 1) Die bis Ende 1873 gebauten Bahnen stellen ein Capital von 4000 Mill. D. dar; der Bauaufwand für die e. M. wurde bis dahin auf 55 000 D,, die Brutto- Einnahme auf ca. 7000 D. p. M. , die gesammte Brutto-Einnahme daher auf 526 419 935 D. veranschlagt. Nach einer Tabelle des Board of Trade Report von Grossbritannien stellten sich die finanziellen Verhältnisse der Eisenbahnen in Grossbritannien, Deutschland - Oesterreich und den V. St. am Schluss 1873 folgendermassen dar (in Doli. p. e. M.) : Angelegtes Capital . . . Brutto-Einnahmen .... Einnahmen von Passagieren „ „ Frachten . . Betriebs-Ausgaben . . . Netto-Einnahmen .... Grossbrit. 180 440 17 531 7 365 9 469 9 649 7 882 Deutschi. - Oesterr. 95 422 11360 3 278 7 520 6 572 4 788 V. St.. 45 394 6 678 1809 4 869 4 246 2 432 Am 31. December 1877 war das Anlagecapital der Bahnen in den V. St. auf 4570 Mill. D. gestiegen, während die Reineinnahmen 171 Hill., also 3,7 Proc. betrugen. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 395 welche ihre Dienste nicht entbehren kann*). Das nach amerikanischen Anschauungen unantastbare Recht auch dieser Körperschaften, innerhalb der vom Gesetze gezogenen Schranken zu handeln wie es ihnen gefällt, ist gelegentlich des Druckes, den ihre Monopole auf die wirthschaftlichen Verhältnisse einzelner Theile des Landes übten, von vielen Seiten in Frage gestellt und in einigen der transportbedürftigsten - Weststaaten geradezu aufgehoben worden: ein Zeichen, dass derselbe sehr stark sein muss. Aber man ist bis jetzt nicht im Stande gewesen, ein Mittel zu finden, das die Vortheile der freien Wettbewerbung von den Nachtheilen derselben zu trennen vermöchte und das zugleich nicht gegen den frei- v^ staatlichen Grundsatz der möglichst geringen Staatsmacht und möglichst in Schranken gehaltenen Staatseingriffe Verstösse. Seit 1877 hat z. B. die Mehrzahl der in Chicago ausmündenden Bahnen eine Vereinbarung ge- troffen, deren Zweck es ist, alle Transportgeschäfte zwischen Chicago und dem Osten gemeinsam vorzunehmen, d. h. keine Specialcontrakte einzu- gehen, die bisherigen Frachtsätze womöglich zu erhalten und die Einkünfte auf die einzelnen Bahnen nach Massgabe ihrer Betheiliguiig zu vertheilen. Einige Staaten des NW. antworteten auf diese und ähnliche Abmachungen auf Anregung der zu den Granger-Bünden zusammengetretenen Farmer ^ mit den sog. Granger-Gesetzen, welche dem Staate die Befugniss gaben, die Frachtsätze der Eisenbahnen festzustellen. Aber die Unausführbarkeit dieser jedes Rechtsbodens baren Gesetze trat bald zu Tage, als die Eisen- bahnen einfach Verkehrssperre verfügten. März 1878 widerrief der stärkste Granger-Staat Iowa diese Gesetze, nachdem Ohio und Wisconsin voran- 1) Kein geringeres Gleichniss als das der römisch-katholischen Hierarchie bot sich dem Politiker, der Betrachtungen anstellte über die möglichen Einflüsse der grossen, immer mehr zur Verschmelzung drängenden Eisenbahnen auf die Geschicke der V. St.: „Verbunden durch das Gefühl gleicher Interessen und gleicher Gefahr, wie die einzelnen Glieder unseres Eisenbahnsystems aller Wahr- scheinlichkeit nach einst sein werden, wird dasselbe denselben grossen Einfluss üben, den die römisch-katholische Kirche von ihrem Reichthum zog, obwohl es an Stelle der religiösen und moralischen Herrschaft dieser Körperschaft nur den mächtigen Einfluss besitzen wird, welchen ihm der Drang nach materieller Entwickelung überträgt, dem es so wirksam entgegenkommt. Ein Vortheil, den die Kirche besass, wird ihnen freilich wohl immer fehlen, nämlich die Zusammen- fassung aller Macht in den Händen eines einzelnen Individuums." (Charles F. "^ Adams jr. in N. Am. Review 1870. I. 125.) Mit Recht hat man aber immer hervorgehoben, dass man diese Concentration, welche die Kraft von mindestens 10 Milliarden M. und die Thätigkeit von^.i/^ Millionen Angestellter in die Hand eines Einzelnen legen würde, nicht zu fürchten hat, solange die Eisenbahnen sich selber tiberlassen bleiben, dass dieselbe aber sogleich sich zeigen würde, wenn der Staat die Verwaltung der Eisenbahnen übernehmen wolle. Unver- meidlich würde die leitende Stellung an der Spitze dieser Capital- und Menschen- masse der grosse politische Siegespreis werden. 396 XT. Verkehrswege und Verkehrsmittel. gegangen waren. Die öffentliche Meinung ist noch nicht mit sich selber über diesen Punkt ins Klare gekommen, wie scharf auch durch die communistische Agitation unter den Eisenbahnbediensteten eine andere eng damit zusammenhängende Frage in den Vordergrund gerückt worden ist, nämlich die chronische Unsicherheit der Existenz von Tausenden von Menschen, deren Lebensunterhalt bei der beständig auf und ab schwan- kenden Wage des Erfolges in diesen wirthschaftlichen Wettkämpfen rück- sichtslos in Frage gestellt wird. Es scheint erst den nächsten Jahrzehnten vorbehalten zu sein, den Widerstreit der Interessen der Einzelnen oder der Körperschaften mit denen des wirthschaftlichen und politischen Ganzen zu schlichten. II. Die natürlichen Grundlinien des Verkehres. Bei der Anlage der Verkehrswege in den V. St. stellte sich von selbst eine Reihe von Aufgaben, die aus der Bodengestaltung und aus der Lage der hauptsächlichsten Culturmittelpunkte sich ergeben und die denn in der That auch von Anfang an ganz klar ver- standen worden sind. Wir haben versucht, sie im einleitenden Gapitel ganz im Grossen zu skizziren. Solange die Cultur und die Staatenbildung der Amerikaner ö. vom Mississippi stand, zerfiel ihr Gebiet selbstverständlich in zwei grosse von der Natur ge- schiedene Hälften, nämlich: 1. den 0., das Land ö. der Alleghanies, und 2. den W., das Land w. derselben oder das ö. Mississippi- Gebiet. Im N. legte sich querüber als drittes das Becken des S. Lorenz-Stromes und der Grossen Seen. Von der Seite der Boden- gestaltung her stellten sich also drei Gruppen von Aufgaben: 1. Verbindungen zwischen dem atlantischen Abhang und dem ö. Mississippi- Gebiet; 2. Verbindungen zwischen dem S.Lorenz-Becken und dem Mississippi- Gebiet; 3. Verbindungen zwischen dem atlan- tischen und dem S. Lorenz - Gebiet. — Die Lage der Culturmittel- punkte im N. und S. musste 4. zu einer durchgehenden Verbindung zwischen New York und New Orleans nöthigen und 5. mussten zahl- reiche kürzere Wege von 0. und W. her in das Alleghany-Gebirge eindringen, um das grosse Gebiet, w^elches dasselbe bedeckt, mit dem Atlantischen Ocean einer- und der grossen Verkehrsader des Mississippi andererseits in Verbindung zu setzen. Das Vordringen der Cultur nach W. stellte den Wegebahnern neue Aufgaben, denen freilich erst die Erwerbung der weiten Gebiete auf der pacifischen XT. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 397 Hälfte des Continentes eine ganz bestimmte Begrenzung gab. Die grosse Seenkette erlaubte tiefgehenden Schiffen das Vordringen in nw. Richtung bis zum Meridian des Mississippi und bot damit eine nördliche Ergänzung der Mississippi-Strasse , welche mit dieser zu- sammen die ganze ö. Hälfte des Continentes vollständig zugänglich machte. Nur einige Längengrade weiter w. führt der Obere Mississippi, welcher bis S. Paul Minn., also bis ungefähr zum 45.^ n. Br. schiffbar ist, in eine Region, wo der Verkehr sich ähnlich wie im Hudsonsbai- Gebiet zahlreicher Seen und sie verbindender Flüsse zu bedienen vermag, und wo vermittelst des Red R. of the N. auf diese Weise eine oftene Strasse in jenes Gebiet und zwar zunächst in den be- lebtesten Theil desselben, in die Niederlassungen am Winnipeg-See, bildet. Vom Mississippi nach W. benützte man naturgemäss dessen Zuflüsse, zunächst den Missouri, von dessen Verkehrsbedeutung man sich allerdings in der ersten Zeit nach seiner Entdeckung einen viel grösseren Begriff machte als die Thatsachen bis jetzt gerechtfertigt haben; man geht nw. , wenn man sein Thal verfolgt, und hatte dadurch niclit nur den Nachtheil, die Steppenregion, deren unwirth- liche Dürre und Menschenleere der Verkehr scheut, in einer langen Diagonale zu durchschneiden, sondern auch den, dass man die einzige Richtung verfehlte, welche zu verfolgen bis zur höheren Entwickelung des pacifischen NW. von grossem Interesse sein konnte, nämlich die der spanischen Niederlassungen dies- und jenseits der grossen Gebirge des W. und zwar in erster Linie^ Santa Fe in Neu- Mexico und San Francisco in Californien. Der einzige Vortheil, den der Missouri -Weg einstweilen bot, war der der möglichst kurzen Landverbindung mit den Niederlassungen an der Mündung des Columbia, eine Verbindung, die sehr erleichtert wird durch das nahe Zusammentreten des Missouri und des Columbia in ihren Quellgebieten. Es ist auf diesem im Grunde natürlichsten und nächstliegenden Wege, dass der Continent zum ersten Mal von wissenschaftlichen Reisenden im Auftrag der V. St. gequert wurde. Aber die wenigen Tausend Emigranten, welche nach den Columbia- Niederlassungen zogen, benützten fast immer nur die See; jener war ihnen zu lang, zu beschwerlich und wegen der Indianer zu gefährlich. Noch heute ist er wenig vom Verkehr gesucht, wird aber ohne 3Ö8 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Zweifel dereinst zum Bette einer Mississippi-Columbia-Balin werden. Viel praktischer sind indessen für jetzt die Wege, welche den grossen s. Nebenfluss des Missouri, den Platte oder Nebraska E,., und den Arkansas K. benützen. Sie führen in soviel wie möglich gerader o.-w. Richtung vom Mississippi bis an den Fuss des Felsengebirges, wobei der erstere noch den Vortheil bietet, ziemlich in derselben Richtung auf das Gebirge hinzuführen, in welcher einige praktikable Pässe über das Felsengebirg weg- und hinter ihnen die einzige durch eine Oasenkette (Green R., Grosser Salzsee, Humboldt R.) bezeichnete Naturstrasse durch das Grosse Becken hindurchführt. Arkansas R. führt in ähnlich direkter Weise weiter s. an den Fuss der Cordilleren und lässt durch seinen Nebenfluss Canadian R. Santa Fe, den Hauptort von Neu-Mexico und früheren Stapelplatz des nordamerikanisch - mexikanischen Steppenkarawanenhandels, in fast gerader o.-w. Richtung erreichen. Die zum Behuf des Eisenbahn- baues angestellten Untersuchungen lassen es wahrscheinlich er- scheinen, dass eine Bahn von hier in das Thal des Gila und in demselben abwärts bis zur Mündung des Gila in den Colorado keinen unüberwindlichen Terrainschwierigkeiten begegnen wird. Der Weg von Santa Fe im Rio Grande - Thal hinab nach dem n. Mexico schliesst sich natürlich an die Arkansas - Strasse an und ist die älteste der grossen natürlichen Verkehrsstrassen in der Union, da sie schon seit der spanischen Besitznahme Neu-Mexicos den Verkehr mit Mexico zu vermitteln hatte. Dass endlich entlang der pacifi- schen Küste ein von der Natur des Landes gebotener, wenn auch nicht immer erleichterter Weg zur inneren Verbindung der Plätze an der steilen, an vielen Punkten für Wege irgend welcher Art unzugänglichen Küste sich von selbst in den Thälern des S. Joaquin, Sacramento und Willamette bahnen musste, ist selbstverständlich. Auch er ist heute grösstentheils schon mit Schienen belegt. Wir haben also zu den vier genannten ö. noch folgende Naturbahnen des Weltverkehrs im W. zu fügen : 5. die Seenkette ; 6. den Oberen Mississippi sammt seiner Fluss- und Seenverbindung zum Red R of N. hinüber; 7. Thal des Missouri; 8. Thal des Platte oder Nebraska R.; 9. Thal des Arkansas und Canadian R. : diese drei als Wege bis zum Ostfuss des Gebirges; 10. Thal des Columbia; XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 390 11. über Grand Ji., Grossen Salzsee und Humboldt K. in das Thal des Sacramento; 12. Santa Fe zum Unteren Colorado; 13. Thal des Rio Grande von Santa Fe nach Paso del Norte ; 14. Thäler des S. Joaquin, Sacramento und Willamette R. zur Verbindung der s. und n. Niederlassungen an der pacifischen Küste. — Dies sind gewissermassen die in der Natur gegebenen Grundlinien des Netzes der grossen Verkehrswege im Gebiet der V. St. ; einige davon sind bis heute noch nicht ausgenützt, andere dagegen haben schon zahl- reiche Parallel- oder Ergänzungsstrassen gefunden, sind gewisser- massen vervielfältigt worden, während wieder andere sich bei weitem nicht in dem Masse entwickelt haben, wie die Gunst ihrer Natur- verhältnisse es erwarten Hess. Wie überall hat auch hier der Eisenbahnverkehr die natürlichen Bahnen manchmal verschmäht, um die kürzesten Wege in Richtungen zu suchen, wo die Natur des Landes grosse Verkehrswege nicht zu begünstigen schien, und so ist z. B. die Mississippi - Strasse bei weitem nicht so wichtig geworden, wie man es einst vermuthete. Die Seenkette sammt dem S. Lorenz und das bei New York mündende Canal- und Eisenbahn- system, welches den Erie-See direkt mit dem Atlantischen Ocean verbindet, sowie auch Eisenbahnlinien, welche weiter s. gehen, haben kürzere Wege nach dem Atlantischen Ocean geboten, welcher dem Bestimmungsorte vieler Waaren des Inneren, Europa, hier näher liegt als der Golf von Mexico. Diese Erscheinung hängt indessen theilweise zusammen mit einem ganzen Complex anderer ähnlicher, die alle darauf hinweisen, dass das Innere und der W. der V. St. , deren Verkehr mit einer gewissen Naturnothwendigkeit in den grossen Sammelcanal des Mississippi fliessen zu müssen schien, seit der Entwicklung des Eisenbahnnetzes mit Umgehung dieses grossen Stromweges nach den direktesten Verbindungen mit dem 0. und dem Atlantischen Ocean streben. In Folge dieser Entwicklung ist ein erheblicher Theil des S. nicht sowohl ein Durchgangsland für die Waaren aus dem Inneren und dem W., als vielmehr ein abgesondertes Verkehrsgebiet geworden, dem das im W. durch ein schlechtes Hinterland und ungünstige Bodengestalt abgeschlossene Texas sich anschliesst. In diesem gegen N. zu etwa durch Ohio und Arkansas R. abgegrenzten Gebiet gehen die Verkehrs- 400 Xl. Verkehrswege und Verkehrsmittel. wege vorzüglich in radialer n.-s. Richtung zum Meere, während n. von der genannten Grenze die w.-ö. Richtung entschieden vorwiegt. Was s. dieser Grenze liegt, gehört dem Golf von Mexico, was n., dem Atlantischen Ocean an; ein pacifisches Verkehrsgebiet macht sich vom Fuss des Felsengebirges an geltend. III. Die schiffbaren Flüsse. Die schiffbaren Flüsse der V. St. haben neben der glänzenden Entwickelung der Canäle und Eisenbahnen eine bescheidene Rolle zugetheilt erhalten. Einseitig auf die Schnelligkeit des Transportes bedacht, hat man sie über denselben stellenweise geradezu vergessen. Selbst die natürliche Lebensader des ganzen Inneren, der Mississippi, der mit seinen Zuflüssen ein volles Drittel des Gebietes der V. St. bewässert und dem eine Schiffbarkeit von 25000 e. M. zugeschrieben wird, ist seit der Anlage von Eisenbahnen, die von seinen Ufern oder selbst über ihn weg in möglichst gerader Linie nach dem Atlantischen Ocean führen, von seiner Stellung als Grundlinie wenigstens der Waarenausfuhr aus dem Inneren verdrängt und Jahrzehnte ist seine Mündung versumpft gewesen. Es scheint, dass nur die Entwickelung des direkten Verkehres mit Mittel- und Süd-Amerika durch den Golf von Mexico, diesem mächtigen Strom etwas von der Bedeutung für den Verkehr zurückgeben wird, die er vor der Zeit des über- mässigen Eisenbahnwettstreites besass. Die Schiffbarkeit der übrigen Flüsse der V. St., welche insgesammt auf 55000 e. M. geschätzt werden kann, hat heute nur noch grösseren Werth da, wo Canäle in dieselben münden, wie beim Hudson, oder wo die Wasser- tiefe sehr grossen Schiffen den Zugang gestattet, wie gleichfalls beim Hudson, oder wo ein grosses schiffbares Süsswassermeer im Hintergrund den Verkehr anlockt, wie beim S. Lorenz, oder wo die dünne Bevölkerung andere Verkehrswege noch zu kostbar erscheinen lässt, wie am Colorado in Arizona, oder endlich wo die Boden- beschaffenheit der Anlage von Eisenbahnen entgegensteht, wie am S. Johns R. in Florida. Man kann überhaupt sagen, dass die Schiffbarkeit der Flüsse seit dem Aufkommen der Eisenbahnen am wenigsten Verwerthung gefunden hat in den wirthschaftlich fortgeschrittensten Theilen des Landes, weil man sich da am XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 401 raschesten und ausschliesslichsten den Eisenbahnen zuwandte, während dagegen ihre Ausnützung am grössten, im Verhältniss zur Bevöl- kerung, in den wirthschaftlich rückständigsten Theilen, nämlich im S. und W. gewesen ist. In einer interessanten unter dem Titel: „Connected View of the whole Internal Navigation of the U. S. (Phil.)" 1826 erschienenen Zusammenstellung, welche die schiffbaren Gewässer innerhalb der damaligen Grenzen der V. St. ausführlich beschreibt, ist die Länge der natürlichen und künstlichen Wasserstrassen im Lande ö. vom Mississippi auf 50 536 e. M. angegeben und auf die natürlichen Abschnitte des Landes in der Weise vertheilt, dass Neu-England 1886, New York 3659, die Mittleren Staaten (mit Mary- land und Ohio) 6126, Virginia 3215, Indiana 2000, die Oestlichen Mississippi- Staaten 11080, die Carolina's und Florida 6255 e. M. erhalten. Zu derselben Zeit und überhaupt in den ersten Jahrzehnten unseres Jahr- hunderts bildete die Schiffbarkeit der Flüsse des Transmississippi-Gebietes einen wichtigeren Gegenstand der öffentlichen Erörterung als heute, wo man über die Hülfsquellen des ganzen von ihnen bespülten Gebietes nicht mehr so optimistisch denkt. D. B. Warden theilt aus jener Zeit in seiner „Description des Etats-Unis" (Paris 1820. 1. 162) folgende Tafel der Schiff- ^ barkeit dieser Flüsse mit: Missouri 3096 e. M., Gasconnade 200, Grand- Osage 600, Mine 50, Charaton 30, Grande-Riviere 600, Debert 30, Blue- Water 50, Arkansas 1200, Nodowa 100, Nemoa 40, Platte R. und Nebenflüsse 2000, Petit Sioux 60, Floyd 40, Big Sioux 200, Jacques 300, White R. 600, Teton 100, zusammen 9296 e. M. Von all diesen Flüssen sind die wenigsten zu Verkehrswegen von dauernder wirthschaftlich er Bedeutung geworden. Der wirklich bedeutenden Flussschiffahrtslinien gibt es auch heute bloss vier und es sind dies die folgenden: Mississippi. Nach den Windungen des Stromes gemessen, kann die schiffbare Länge des Mississippi von der Mündung bis zu dem höchsten Punkte am Missouri auf 8000 und bis zu dem höchsten Punkte am Arkansas oder am Tennessee auf 4800 Kil. berechnet werden. Die Schiff- fahrt auf dem Oberen Mississippi, d. h. zwischen S. Paul Minn. und S. Louis Mo., ist aus verschiedenen Gründen erheblichen Schwankungen unterworfen. N. von Keokuk lo. kann man auf Eisbedeckung in 4 — 5 Monaten des Jahres rechnen. Die Stromschnellen von Keokuk lo. (13 Kil.) sind zwar durch einen Canal auf dem Iowa-Ufer umgangen und die von Rock Island 111. sind durch Tieferlegung des Strombettes zu einem 60 m breiten und selbst bei Niederwasser 1,2 m tiefen Fahrwasser verbessert. Letzteres ist die für die grosse Schiffahrt hier nothwendige Wassertiefe, welche indessen nur 4 — 5 Monate anhält, während zu anderen Zeiten des Jahres sie bis auf 1 und sogar 0,9 m zurückgeht. Abwärts S. Louis ß a t z e 1 , Amerika II. gr» 402 XI. Verkehrswege und Terkehrsmittel. Mo. ist die Schiffbarkeit fast ununterbrochen vorhanden, auch für Dampfer und Segelschiffe von bedeutendem Tiefgang. Der durchschnittliche Wasser- stand ist auf dieser Strecke sehr günstig. Die Zahl der Tage, an denen er unter 1,2 m herabgeht, beträgt durchschnittlich 3 — 4, an 137 geht er über 3 m hinaus. Erhebliche Schwierigkeiten bereiten der Mississippi- Schiffahrt in dieser Gegend die Baumstämme (Snags), die sich im Grunde festgerammt haben und den Fahrzeugen ihre oft gefährlich spitzen Aeste entgegenstrecken, ferner die sehr oft wechselnden Sandbänke, Treibholz- und Gestrüppanschwemmungen u. dgl. Unterhalb New Orleans ist die Tiefe des Mississippi stellenweise nahezu 30 m , nimmt aber sehr rasch ab jenseits des Beginnes der Delta -Arme, an deren Ausmündung durch die sich absetzenden Massen von Schlamm jene Bänke (Bars) gebildet werden, über welchen nur noch 3 — 5 m Wasser steht. Diese Wassertiefe genügte für die Schiffe von durchschnittlich 4 m Tiefgang und 4 — 500 T., welche sonst den Handel von New Orleans mit fremden Häfen vermittelten ; seitdem aber in den letzten Jahrzehnten Fahrzeuge von 5 — 7 m Tiefgang und bis zu 5000 T. in immer grösserer Zahl New Orleans besuchen, sind jene Schlammbänke ernsthafte Hindernisse des Verkehres geworden, die eine Zeit lang sich so schwer erwiesen, dass man schon lebhaft von dem ^ Verfalle des Handels von New Orleans sprach. Durch eine Congressakte vom 3. März 1875 wurde, als die. schreienden Uebelstände endlich durch- greifende Abhülfe verlangten, dem Ingenieur James B. Eads die Aufgabe übertragen, den einen der Mündungsarme des Mississippi so einzudämmen, dass das zusammengedrängte Wasser zu einem rascheren Fliessen ge- zwungen und dadurch in den Stand gesetzt werde, sich seine Wege selber zu vertiefen. Die Dämme sind heute schon bis in das tiefe Wasser an der Mündungsbarre fortgeführt und schon 1876 war die Tiefe von 2,5 m, die vor der Eindämmung über der Barre dieses Armes bestanden hatte, auf mehr als 6 m gestiegen und die amtlichen Prüfungen dieser Arbeit ergaben, dass die Erreichung einer Wassertiefe von 9 m nur eine Frage der Zeit sei*). — Die Mississippi -Schiffahrt hat ihre eigene interessante Geschichte. Vor der Zeit der Dampf boote und der Eisenbahnen ging die ganze Ausfuhr des W. sammt den Reisenden den Mississippi hinab nach New Orleans auf Flachböten, deren Bauart nicht fester und deren Bequem- lichkeit nicht kostspieliger sein durfte als vereinbar war mit ihrer Bestim- mung, nach der Ankunft in Stücke zerschlagen und verkauft zu werden. y 1) Die letzte Mittheilung über diesen Canal lief im Oktober 1878 durch \/die Zeitungen der V. St. Cpt. Eads behauptete in derselben, dass die Einfahrt in den Mississippi durch den Jetty-Canal nun fast so gut sei wie die des Hafens von New York und dass durch das hieraus sich ergebende Sinken der Frachten New Orleans im vergangenen Jahr allein 1 600 000 D. am Baumwolltransport erspart habe. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 403 Denselben Weg machte mit Segeln und Rudern und unter Gefahr und Mühen die Einfuhr nach Ohio, Indiana, Kentucky u. s. f., aber die Schiffe brauchten von Cincinnati oder Louisville bis New Orleans in der Regel 100, manchmal auch 200 Tage. Es gab um 1810 10 Schiffe, die gewöhnlich 1 mal im Jahr die Fahrt zwischen den genannten Städten auf- und abwärts machten; sie luden 100 Tonnen und die Fracht von New Orleans nach Louisville oder Cincinnati betrug 6 — 9 Cents das e. Pfund (550 — 870 RM. die m. Tonne). Schon 20 Jahre nach der Einführung der Dampfschiffahrt auf dem Mississippi war die Dauer der Thalfahrt auf 8 — 9, der Bergfahrt auf 10—12 und die Fracht auf 47 RM. p. m. T. gesunken. 1811 war es, dass das erste Dampf boot, von Fulton gebaut, den Ohio und Mississippi hinab von Pittsburg bis New Orleans fuhr. Es trug den Namen der letzteren Stadt. Die nächsten 6 Jahre ruhten die Versuche, theilweise in Folge der unruhigen Zeiten, und erst 1817 kam ein Dampf boot von New Orleans bis Louisville herauf und zwar in 25 Tagen. Schon 1818 zählte man 20 Dampfer mit 3642 T., 1821 72, 1829 200 mit 35000 T. Ihr Bau war nicht für die Dauer, man construirte sie ganz aus Holz; auch die Dampfmaschinen waren nicht die besten, und man schätzte ihre Dauer im Allgemeinen nicht über 4 — 5 Jahre; dafür waren sie aber 2 — 3 mal so billig wie die europäischen Boote von derselben Grösse und Tragkraft. Gleichzeitig hatte aber trotz diesem rapiden Anwachsen des Dampferverkehrs der Verkehr mit Flachböten nicht ab-, sondern zuge- nommen, denn die Schiffer machten jetzt die Reise zu Berg in 1 — 2 Wochen und hatten so die Möglichkeit, die Thalfahrt mit ihren grossen Frachtböten 3 — 4 mal, statt wie früher 1 mal, im Jahr zu machen, und in der That wurde 1835 der Betrag des direkten Verkehres per Dampfboot von New Orleans mit seinem Hinterland auf 14000 und per Flach- boot auf 160— 180000 T. geschätzt»). — Von den Nebenflüssen des Mississippi ist der Arkansas 1300, der Red R. d. S. 800 Kil. bis Shreve- port, aber nur in den 8 wärmeren Monaten des Jahres, bis Alexandria aber bei jedem Wasserstande schiffbar; der White R. ist bis zur Black R.- 1) Die grössten Boote, die jetzt auf dem Mississippi gehen, sind 104 m lang und 27 breit. Auf den Werften von Jeffersonville Ind. sollte 1878 der grösste Mississippi -Dampfer (96 m lang, 29 m breit, 12 m Schaufeldurchmesser, 10 000 Ballen Baumwolle Tragfähigkeit) fertig gestellt werden. Der Transport von schweren Massen, vorzüglich Kohle und Eisenerz, wird auf dem Ohio und Mis- sissippi in grossen Flachbooten besorgt, die in grösserer Zahl (bis zu 32) mit einander fest verbunden sind und von einem hinter ihnen angebrachten starken Dampfer (Tug-boat) vorwärts gestossen werden. Diese zusammengeketteten Massen sind bis über 120 m breit und lang und es sind deshalb für die neueren Brücken über den Ohio und Mississippi Bogen von 150 m Spann und darüber angenommen worden. Uebrigens sind auch auf dem oberen Mississippi Flösse von 90 m Breite und 150 m Länge häufig. 404 XI. "Verkehrswege und Yerkehrsmittel. Mündung (500 Kil.), Francis R. ca. 450Kil., der Yazoo die ganze Länge seines Laufes bis zur Mündung (gegen 500 Kil.) zugänglich. Der Missouri wird von Dampfern, meist nur im Interesse der Yerproviantirung der Militärposten, bis Ft. Benton Dak. befahren, aber nicht regelmässig. Seit der Erbauung der Pacificbahnen wird seine Schiffbarkeit nicht mehr für den grossen Waarenverkehr benützt. Oberhalb Omaha ist schon wegen der geringen Anzahl der Anwohner der Verkehr gering. Ohio. Das grossartigste und wohlthätigste System von Strassen der Binnenschiffahrt ist neben dem des Mississippi und des Erie-Canals das des Ohio, welches nur einige kurze Canalstrecken und eine geringe Länge canalisirten Flusslaufes umschliesst, in seiner grössten Ausdehnung aber aus im natürlichen Zustande befindlichen Flusslaufe besteht. Es beginnt dieses System in seinem wichtigsten östlichen Abschnitt mit dem in einer Erstreckung von 139 Kil. von New Geneva Penn, bis Pittsburg canalisirten Monongahela, welcher die natürliche Verkehrsader des Alleghany- Kohlenbeckens ist; ausser ihm ist noch ein kleiner Zufluss, der You- ghiogheny, canalisirt, welcher in den Mittelpunkt der Cokserzeugung, Connelsville Penn., führt. Von den über 4 Mill. T. Kohlen und Coks, die 1875 nach Pittsbürg kamen, wurde trotz concurrirender Eisenbahnen die Mehrzahl auf diesem Wasserwege verschifft. In Pittsburg schliesst sich derselbe an die Ohio- und Mississippi-Schiffahrt an, mit der zusammen auf diese Weise zwischen W. Pennsylvania und New Orleans ein ununter- brochener Wasserweg von 3500 Kil. hergestellt wird. Der Ohio bietet bei veränderlichem und im Ganzen überhaupt nicht grossen Wasserstande der Schiffahrt einige Schwierigkeiten, aber regelmässig unterbrochen wird dieselbe doch nur durchschnittlich 14 Tage des Jahres durch Eisgang und Hochfluten. Unterbrechungen in Folge zu niedrigen Wasserstandes kommen in Ausnahmsjahren vor. Man spricht davon, das ungleiche, bald schlam- mige, bald felsige Bett des Ohio durch Parallelwerke und Buhnen zu reguliren. — Von den Ohio -Nebenflüssen ist Tennesse e in zwei Ab- schnitten unterhalb und oberhalb der Muscle Shoals schiffbar, dort 480, hier gegen 320 Kil. Der höchste Punkt der Schiffbarkeit ist Knoxville. Der Cumberland ist nur bei gutem Wasserstande bis Nashville zu be- fahren (320 Kil.) , Green R. bei hohem Wasser und mit Hülfe von Schleusen bis Greensburg (330 Kil.), Licking bis Falmouth (80 Kil.). S. Lorenz und die Grossen Seen. Der S.Lorenz-Strom, der mit seinem klaren grünen Wasser und der sich immer gleich bleibenden Fülle desselben — die Sammelbecken der Grossen Seen reguliren ihn so, dass sein höchstes und tiefstes Niveau gewöhnlich nicht über 50 cm aus einander liegen — und mit seinem lebhaften Fliessen in mächtigem Felsen- bett als der schönste unter den nordamerikanischen Flüssen gilt, besitzt für den Schiffer viel weniger Reize ; dieses Felsenbett bedingt eine Masse von Klippen, welche als die Thousand Islands ebensosehr das Entzücken XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 405 des Naturfreundes als durch ihre engen Passagen und späterhin durch die Stromschnellen, zu denen sie Veranlassung geben, der Schrecken der Schiffer sind. Dazu kommen die Niagara-Fälle, welche den Eingang in den Eric -See und damit in die grosse obere Seeregion ebenso verbarri- kadiren wie jenes Klippengewirr den in den Ontario, ferner noch die Schwierigkeiten der Schiffahrt in den Canälen, welche die verschiedenen Seen verbinden. So sehr dieser natürliche Wasserweg durch seine Grösse und äusserst günstige Lage und Richtung den Verkehr zwischen dem für europäischen Verkehr günstigst gelegenen Theil von Nord -Amerika und dem Herzen des Continentes ermuthigt, so sehr scheint er ihn auf der anderen Seite durch gehäufte Schwierigkeiten abzuschrecken. Indessen ist die Mehrzahl derselben heute so weit beseitigt, dass sogar Schiffe von dem verhältnissmässig beträchtlichen Tiefgang von 2V2 m bis in die hinterste Secregion, bis Chicago und Fond du Lac zu gelangen vermögen. Die Canalisirungen, durch welche dieses wichtige Ergebniss erreicht ist, sind vorzüglich die des S. Lorenz selbst, die Umgehung der Niagara - Fälle durch den Welland-Canal und die Vertiefung des S. Mary's R. Was den Fluss selbst anbetrifft, so hat die Untersuchung der Hindernisse gezeigt, dass dieselben für Schiffe von 2,7 m Tiefgang nur auf verschiedenen kleineren Strecken von zusammen 8 g. M. in Betracht kommen. Kleinere Schiffe überwinden dieselben bei der Thalfahrt mit so wenig Schwierig- keiten, dass für sie der gerade Weg vom Eintritt des Niagara R. in den Ontario-See bis ans Meer offen steht; nur bei der Bergfahrt benützen sie ^ einen Canal, der die Stromschnellen zwischen Montreal umgeht. Bei der weit n.ö. Lage bleibt nach all diesen Verbesserungen das einzige grosse Hinderniss des kalten Klimas. S. Lorenz (und der in seinem Stromgebiet liegende Champlain-See) ist 5 Monate des Jahres wegen Eis unbeschiffbar. Ueber die Grossen Seen s. u. S. 407 f. Der Hudson erhält seine grosse Wichtigkeit für den Verkehr vor- züglich durch die Verbindung mit wichtigen Canälen, die von ihm aus- strahlen. Er ist zwar an und für sich ein für die Schiffahrt ungemein günstiger Fluss. Gehen doch die Gezeiten in ihm bis nach Troy *), also 235 Kil., und ebensoweit wird er von grossen Dampf booten befahren. Nur von Van Wye Point bis Albany, Troy und Waterford erstrecken sich auf einer Länge von 22 Kil. Sandbänke, welche im Sommer nicht mehr als 1,5 — 1,8 m Wasser haben und daher den Schiffen, welche der Mehrzahl nach mehr als 1,8 m Tiefgang besitzen, gefährlich sind. Im Uebrigen ist der Hudson tief und breit genug, um Dampfer von mehreren 1000 T. bis nach Troy hinaufzutragen und daneben ohne Schwierigkeit die ganze 1) Man begreift, dass sein Entdecker Hendricks Hudson in ihm einen Meeresarrn vermuthete, da er mit seinem Schiff bis in die Nähe von Albany ungehindert heraufkommen konnte. 406 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Menge von Schleppern und Canalbooten aufzunehmen, welche aus den Canälen des W. mit Getreide u. a. Massengütern nach New York gehen. Die mittlere Dauer seines Geschlossenseins durch Frost ist 91 Tage, die ge- wöhnlich zwischen das letzte Va des December und den halben März fallen. Einige kleinere schiffbare Flüsse von Bedeutung^). An der s. atlantischen Küste münden einige Flüsse, die durch ihre Schiffbar- keit erhebliche Bedeutung für den örtlichen Verkehr gewinnen. In der Chesapeake Bay wird wichtig durch die Lage von Baltimore der Patapsco, der bis Baltimore (23 Kil. oberhalb seiner Mündung) grosse Seeschiffe trägt. Der Potomac ist bis Washington (320 Kil.) für Linienschiffe zu- gänglich und bis Harpers Ferry für kleinere Boote. James R. ist 160 Kil. bis Richmond schiffbar. Auf den Flüssen N. Carolinas können Dampf boote 130 Kil. den Neuse bis Kingston, 160 den Tar bis Tar- borough, 200 den Roanoke bis Halifax hinaufgehen. Denen S. Carolinas wird eine gesammte Schiffbarkeit von ca. 4000 Kil. zugeschrieben, aber nur auf den Santee, Great Pedee (bis Cheraw) und Wateree (bis Camden) ist dieselbe von Bedeutung. Der Savannah ist für See- schiffe, bis Savannah und für Flussdampfer bis Augusta (370 Kil.) gangbar. Ocmulgee ist bis Macon, Chattahoochee bis Columbus (gegen 500 Kil.) schiffbar. Der S. Johns in Florida ist bei dem für Eisen- bahnbau wenig geeigneten sumpfigen Charakter dieser Halbinsel und seinem grossen Wasserreichthum , der ihn noch 250 Kil. oberhalb der Mündung 2 Kil. breit sein lässt, einer der für den Verkehr wichtigsten Flüsse des S. Dampf boote gehen bis Enterprise (370 KU.), Seeschiffe yhis Jacksonville (40 Kil.) und sammt seinen Nebenflüssen soll er 1600 Kil. schiffbare Länge darbieten. Von den Golfflüssen ist der Alabama 760 Kil. bis Wetumpka schiffbar. Auf (fieser Strecke sind gegen 200 Landeplätze. Im Black Warrior gehen Schiffe bis Tusca- loosa (660 Kil.). Von den texanischen Flüssen bietet der Rio Bravo nur kleinsten Dampfern Zugang bis Kingsbury Rapids (720 Kil.), im B r a z o s gehen Dampfer bis Columbus (65 Kil.) und nur bei Hochwasser 500 Kil. weit bis Washington. Im Texas-Colorado gehen Dampfer bis zur ^ Staatshauptstadt Austin (480 Kil.), im Nueces 160 Kil. Der Colorado des W. ist bei der Menschenleere seiner Ufer für die Schiffahrt von geringem Werth. Es gelangen Boote von ca. 0,5 m in 10 Tagen bis Hardyville, ca. 700 Kil. oberhalb der Mündung, die Schiffahrt ist jedoch möglich bis Callville (ca. 900 Kil.). Im Sacramento gehen Dampfer von Im bis Sacramento, kleinere bis Red Bluff. Der S. Joaquin ist für Dampfer von 1,5 m bis Stockton (200 Kil. oberhalb S. Francisco), bei Hochwasser aber für kleinere Schiffe sogar bis Fresno schiö'bar. ) 1) Unter schiffbar ohne nähere Erläuterung verstehen wir zugänglich für Dampfboote von ca. 1,5 m Tiefgang. XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 407 Die Flussdampfer des W. sind sehr flache, mit dem Unterdeck wenige Zoll bis 10 Fuss aus dem Wasser hervorragende Boote. Das Unterdeck trägt die Maschine (Hochdruck), das Heizmaterial und den schweren Theil der Ladung. Wenig hoch darüber folgt das Boüer-decJc, auf welchem die Passagierräume in Form eines langen Häuschens sich erheben, darüber das Ilurricanc-dcck, welchem entweder noch der Wohnraum für die Mannschaft oder nur das Steuerhäuschen aufgesetzt ist. Diese Boote sind sehr leicht gebaut, oft geradezu roh zusammengeschlagen. Ihr Preis ist durch- schnittlich die Hälfte eines eben so grossen Flussdampfers in Deutschland oder Frankreich. Die Unglücksfälle sind zahlreich. 1876/77 gab es auf diesen Flüssen 1048 Dampfer mit 226000 T.^). Schiffahrt auf Binnenseen. Als 1818 das erste Dampfboot Walk in tJie Water auf dem Erie-See erschien, betrug der gesammte Tonnengehalt der Schiffe auf den vier oberen der Grossen Seen nur 1000 T. 1825 fanden sich neben dem einen Dampf boot nur 30 — 40 kleine Segelschiffe von zusammen 2500 T. Der Weiland - C anal (1829) und der Ohio-Canal (1832), welche die Grossen Seen in Verbindung setzten mit dem S. Lorenz und Ohio - Mississippi, die in dieselbe Zeit fallende Vollendung der ersten grösseren Hafenbauten, welche die V. St. an ihren Küsten ausführte, endlich die Zunahme der Bevölkerung in der ganzen Seeregion hatte schon 1836 die Zahl der Dampfer auf 45 mit 9017 und die der Segelschiffe auf 211 mit 1503 T. gebracht. 1839 waren auf den auf 286 angewachsenen Schiffen der Grossen Seen 3000 Menschen be- schäftigt. Dampfboote gab es zu dieser Zeit auf dem Oberen See noch nicht, da nicht bloss seine Ufer fast noch ganz von Indianern bewohnt waren, sondern auch der Zugang durch S. Mary's R. durch dessen Schnellen für alle grösseren Schiffe unmöglich gemacht war. 1840 gab es schon 11 Dampfer mit je über 400 T. Gehalt auf diesen Gewässern und seitdem ist das Wachsthum ein fast stetiges gewesen. Im Fiskaljahr 1876/77 zählte man auf den Seen des Nordens 1643 Segelschiffe (331479 T.), 921 Dampfer (201742 T.), 441 Canalboote (34 386 T.) und 188 Barken (45 584 T.). (S. Näheres unter „Rhederei".) Fast alle diese Schiffe gehören den fünf Grossen Seen an. Und dabei hat die Natur in dieser Gegend nur wenig in Hinsicht der Häfen gethan und sind die Witterungsverhältnisse für die Schiffahrt keineswegs die günstigsten 2). 1) Für 1876 wurde der Verlust an Gütern und Menschenleben durch y^ Dampfschiffunfälle auf den Flüssen des W. der V. St. auf 5 Va Mill. D. und 70 Seelen angegeben. (D. Allg. Polytechn. Z. 1878.) 2) Aus einem Verzeichniss der Schiffsunfälle auf den Grossen Seen für die 8 ersten Monate des Jahres 1872, welches im Annual Rep. of the Chief Signal ' Officer for 1872 mitgetheilt ist, geht hervor, dass durch Sturm 3 Unfälle im März, 10 im April, 12 im Mai, 3 im Juni, 7 im Juli und 15 im August, durch 408 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel Die Küsten der Grossen Seen sind ungemein arm an Häfen, die für den grossen Verkehr überhaupt nutzbar sind. Die 40 Häfen, die jetzt dort sich finden, sind alle erst seit den letzten 50 Jahren entweder angelegt oder doch vertieft und erweitert worden und werden heute von Dampfern besucht, die 1500 — 2000 T. haben. Die Schiffahrt der Binnenseen im D, New York , vor allen des Champlain-See, ist ganz in das Canalnetz hineingezogen und wird dort zu erwähnen sein. Im W. ist der Grosse Salzsee der einzige, der hier in Frage kommen könnte, er trägt kleine Dampfer, die indessen nur dem örtlichen Verkehre dienen. — Auf den Grossen Seen ruht Februar und März die Schiffahrt völlig, aber aus dem Hafen von Chicago liefen aus z. B. im December 1874 noch 86, im darauf- folgenden Januar und April 2 und 179 Schiffe. In den kleineren Häfen ruht die Schiffahrt oft die ganzen 4 Monate December bis März hindurch. IV. Die Oanäle. Der grösste Theil der Canäle der V. St. gehört der Vor-Eisenbahnzeit an. Die letzten drei Jahrzehnte haben nur noch Vollendungen und Ausbesserungen, aber keine grossen An- lagen mehr gesehen, denn die Eisenbahnen erwiesen sich schon früh als so mächtige Concurrenten der Canäle, dass die Hoffnung, das ganze Land mit einem grossen Canalnetze zu überziehen, welche man in den 20 er und 30 er Jahren nicht bloss gehegt, sondern auch schon auszuführen begonnen hatte, schon im zweiten Jahrzehnt der Eisen- bahnen nicht mehr mächtig genug war, um die Capitalien zur Vollendung auch nur einiger Fäden in diesem grossen Netze auf- zubringen. Bis 1840 monopolisirte z. B. der Erie-Canal in seinem Gebiete allen durchgehenden Verkehr, aber von dieser Zeit an gab er mit jedem Jahr eine Anzahl Procente von demselben an die Eisenbahnen ab, bis er 1876 auf einen Antheil von 15 Proc. ge- sunken war. Und doch ist er bis heute der einzige, welcher das Ideal transalleghanyscher 0. und W. verbindender Wasserstrassen verwirklicht ; alle anderen sind am Fuss der Berge stehen geblieben. Welche Wandlungen das Verhältniss von Eisenbahnen und Canälen in den V. St. durchgemacht, zeigt sehr gut eine Zusammenstellung des Erie C. mit den beiden concurrirenden Eisenbahnlinien New York Central und New York and Erie , von denen die erstere in Eis 1 im Januar, 6 im Februar, 4 im März, 1 im April und 13 im Mai, durch Nebel 5 im Mai und je 1 im April, Juni, Juli und August erzeugt wurden. Im Mai fanden 2 Unfälle durch starken nebelartigen Rauch statt, der von Wald- oder Präriebränden herrührte. XI, Verkehrswege und Verkehrsmittel. 409 der hier in Betracht kommenden Hauptlinie eine Länge von 714, die andere von 688 Kil. (Erie-Canal 562, mit Hudson 806 Kil.) besitzen : Frachtmenge in T. 1856 1860 1872 1876 Erie C. und Hudson . . 2 141 400 2 789 589 3 619 560 ca. 1950 000 New York Central R. R. 788 029 1 044 633 4 964 263 - 6 803 680 New York and Erie R. R. 958 306 1 157 786 5 653 302 5 922 966 Der Erie-Canal und Hudson nahm also 1856 55, 1860 56, 1872 25, 1876 aber nur noch 15 Proc. des Gesammtverkehres dieser drei Hauptlinien in Anspruch. 1878 kamen von Eröffnung der Schiffahrt bis zum 30. November in Buffalo 73 Mill. B. Getreide an. 8130 Canalboote verliessen in derselben Zeit den Hafen. Nach dem Getreide war Bauholz mit 87 Mill. F. der wichtigste Versandt- artikel. Die Menge der Fracht auf den Canälen ist nahezu um die Hälfte herabgegangen, diejenige auf den Eisenbahnen hat sich fast ver- doppelt, während gleichzeitig die Frachtkosten sich auf diesen erheb- lich vermindert haben und dagegen auf jenen sich gleich geblieben sind ^). Und doch handelt es sich hier noch um die günstigst gelegene und durch grossartige Anlage zur Concurrenz mit den Eisenbahnen in hervorragendem Masse befähigte Canalstrecke des bevölkertsten und verkehrsreichsten Staates. In anderen Gegenden haben sich die Verhältnisse viel ungünstiger für die Canäle gelagert, z. Th. weil die Anlagekosten bedeutender waren, z. Th. auch wegen un- zulänglicher Anlage, welche durch geringe Tiefe und Breite die Möglichkeit grösserer Entwicklung des Verkehres von vornherein 1) Der geringe Frachtüberschuss auf Seite der Eisenbahnen, welcher noch bleibt, fällt hierbei nicht ins Gewicht wegen der viel grösseren Pünktlichkeit der Ablieferungen per Eisenbahn und weil keine Umladung früher stattzufinden braucht als im Hafen, wo die grossen Eisenbahngesellschaften alles gethan haben, um die Umladung auf die Schiffe zu beschleunigen. Besondere Verträge mit den Dampferlinien sichern billige Oceanfracht. Dass bei den Summen, um die es sich besonders beim Ti'ansport des Getreides aus dem Inneren nach den Häfen handelt , eine Ersparung von Wochen mehr bedeutet als von ebensovielen Vio Cents, liegt auf der Hand. Dazu nehme man die Unterbrechung in der Gefrierzeit. Die Eröffnung des Erie - Canals fand von 1846 — 78 am frühesten am 1. April, am spätesten am 18. Mai, der Schluss am frühesten am 25. November, am spätesten am 20. December statt. Die durchschnittliche Zeit des Offen- bleibens sind 7 Monate. 410 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. beschränkte*), vorzüglich aber wegen der Concurrenz der Eisen- bahnen, die bei weniger grossen und zusammenhängenden Canal- systemen sich leichter zur Geltung bringen konnte. Heute ist selbst der Erie-Canal nicht mehr rentabeP) und in Kürze wird die Re- gierung, die noch heute ihn, wie auch den Oswego-, Champlain- und Chemung-Canal besitzt, von der Erhebung einer Canalgebühr ganz absehen müssen^). Andere werden gar mit Verlust betrieben, so die in den Besitz einer Bergwerksgesellschaft übergegangenen Lehigh- und Delaware-Division- Canäle, oder sind von Eisenbahngesellschaften ihrem Bahnnetz eingegliedert worden , in welchem sie meist eben- falls keine Erträge abwerfen, wie die Schuylkill- und Susquchanna- Canäle, welche von der Philadelphia -Reading- Eisenbahngesellschaft gepachtet oder fest erworben sind, oder wie das grosse System des Pennsylvania-Canales , das in den Händen der Pennsylvania-Eisen- bahn gegenwärtig fast ohne Bedeutung ist, oder wie einzelne Strecken der grossen Canäle von Ohio, die gänzlich verkehrslos oder sogar zur Unterlage von Eisenbahnen umgeschaffen sind. Allerdings ist hierbei auch nicht ausser Acht zu lassen, dass die am unrentabelsten gewordenen und ihrer ursprünglichen grossen Bestimmung am 1) Es ist nicht zweifelhaft, dass eine rechtzeitige Verbreiterung der Canäle ihr Unterliegen gegenüber den Eisenhahnen verzögert haben würde. Bei Buffalo lagen die Canalboote bei dem grossen Verkehr der 50er und 60 er Jahre oft in einer über IV'2 g. M. langen Reihe, um auf die Möglichkeit der Durchfahrt ydurch die Schleusen zu warten. Verzögerungen von Wochen waren gerade in der verkehrsreichsten Zeit des Jahres häufig. 2) An einem Theil des Ausfalls von 14789848 D., den er von 1869/74 bei 15 Mill. Brutto-Einnahmen, 9 Mill. ordentlichen und 11 Mill. ausserordentlichen Ausgaben , sowie 8,8 Mill. Zinsen und Nebenausgaben aufwies , war allerdings auch einer jener Betrüger - Rings schuld, welcher den Canal bzw. die Staats- finanzen ausbeutete. „Aber die Rentabilität des Erie - Canals war nie gross." (F. Kapp's Bericht über die Canal -Frage im D. Canal -Verein. Z. d. V, D. Eisenbahn -Verwaltungen 1878. 223.) 3) Schon jetzt hat man mit der Verminderung der Boote auf demselben begonnen, indem statt 500, die nothwendig wären, 1875 und 76 nur je 88 gebaut wurden, und vielleicht wird man noch weiter gehen. Der Sekretär der Handels- kammer von New York, Stevens, sagt wenigstens in seinem Bericht von 1877 : „Wir verdanken unsere ganze Blüthe und Bedeutung im Handel dem Erie-Canal, unsere Grösse hat 1825 mit diesem Canal angefangen; aber jetzt ist es damit vorbei, wir müssen uns umsehen, wie wir den übrigen Häfen Concurrenz macheu können. Das geht mit dem Canal nicht, wir haben deshalb anderweitig erleichterte Verkehrsbedingungen zu schaffen." (Cit. bei Kapp a. a. 0.) XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 411 meisten entfremdeten Canäle, die von Pennsylvanien und dem Ohio-Gebiet, von Privatgesellschaften gebaut und unterhalten und daher nie mit dem grossen Aufwände und der Planmässigkeit wie die Staatscanäle von New York oder Illinois den steigenden Anforde- rungen des Verkehres angepasst und nicht ganz ohne Rücksicht auf den Ertrag betrieben werden konnten. Es scheinen am Ende nur noch so wichtige und mit der grössten Sorgfalt ausgebaute und unterhaltene Canäle wie Erie- und Illinois - Michigan , oder tiefe Küstencanäle , welche die Küstenschiffahrt erleichtern*), von dem einst so weit ausgedehnten Canalnetz der V. St. als bedeutende Verkehrswege übrig bleiben zu sollen, während alle übrigen zuletzt nur noch dem örtlichen Verkehr dienen oder sogar ganz aufgegeben sein werden. Das Canalsystem des Staates New York ist durch Lage und Grösse das wichtigste. Es umfasst 3 Caiialgruppcn von zusammen 1498 Kil. (931,2 e. M.) und verbindet Erie-, Ontario- und Champlain -See mit dem Hudson und damit die ganze Seeregion mit dem Emporium Amerikas, New York. Hauptcanal ist der im Jahre 1825 eröffnete Eric-Canal, welcher bei Buffalo am Erie-See und nahe beim Niagara -Fluss beginnt, bis Lock- port zu 115 m über den See ansteigt, bei Rochester am Ontario-Sce den Genesce-Fluss überschreitet, dann von Rome an in dem Thal des Mohawk R. über Schenectady zum Hudson R. führt, den er bei Albany erreicht. Der grössere Theil der Canalspcisung geschieht aus dem Erie-See, ein geringerer Theil des Wassers wird den kleineren Hochebenenseen des n. New York, vorzüglich dem Seneca- und Cassenovia-See, sowie künstlich angelegten Reservoirs entnommen. Die Oberflächenbreite betragt 21,3, die Sohlenbreite 17 und die Wassertiefe 2 m. Die Zahl der Schleusen beträgt 72. Die Canalboote, welche alle nach Einem Typus, der Grösse und Gestalt der Schleusenkammern entsprechend, gebaut sind, laden 4—5000 Centner und machen den Weg von Buffalo nach Albany in durchschnittlich 243 Stunden unter Benützung von Zugthieren. Den Hudson hinab werden die Canalboote von Dampfern geschleppt, wobei ein Dampfboot bis 80 derselben ins Schlepptau nimmt und damit doch noch 3,2 Kil. p. Stunde macht. Die ursprüngHchen Anlagekosten des Erie- Canals betrugen 32 680000 RM. (7 600000 D.), mit den späteren Er- weiterungen, Vertiefungen, den Ladeeinrichtungen u. s. f. sollen sich die 1) Etwa so wie der jetzt projektirte Chesapeake - Delaware - Canal, welcher den Wasserweg von Baltimore nach New York um 225 e. M. abkürzt und 17 e. M. lang werden und 4 Mill. D. kosten soll. 412 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Gesammtkosten auf 187 647 700 M. (43 639 000 D.) belaufen, canälen sind besonders hervorzuheben : Von Zweig- Länge Verbindet Kil. Flüsse, Seen, Canäle Städte Genesee-Valley C. 195 Erie S.— Alleghany R. Rochester — Olean Cayuga and Seneca C. 37 Erle C— Cayuga L. und Seneca L. Montezuma — Elmira Crooked L. C. . . . 13 Seneca und Crooked L. — _ Chemung C. . . . . 37 Seneca L. — Tioga R. Elmira — Corning Oswego C 61 Ontario S.— Erie C. Oswego — Syracuse Black R. C 57 ErieC— Ontario-S. Rome — Lionsfalls Chenango C. ... 158 Erie C. — Susquehanna Utica — Binghamton Champlain C. . . . 104 Erie C. — Champlain-S. Cohoes — Whitehall Von diesen Zweigcanälen haben als Schiffahrtstrassen Bedeutung nur noch Oswego- und Champlain- Canal, beide von gleichen Grössenverhält- nissen wie der Erie-Canal selbst. Jener verbindet mit Hülfe des Oswego- Flusses den Ontario-See mit dem Erie-Canal. Die Salzlager in der Nähe des Oswego -Sees tragen erheblich zu den Frachten dieses Canales bei. Champlain- Canal verbindet durch den bei einer nutzbaren Wassertiefe von 1,2 m nur für Schiffe von 100 Tonnen zugänglichen Champlain -See und durch den aus diesem fliessenden Richelieu R. den mittleren S. Lorenz mit dem Hudson R.; er mündet 16,4 Kil. oberhalb Albany in den Erie-Canal. Von den übrigen Zweigen des Erie- Canals sind Genesee-, Chenango- und Black R.-Canal seit einigen Jahren in den Besitz der benachbarten Eisen- bahngesellschaften übergegangen, von welchen sie als Wasserstrassen auf- gegeben worden sind. Die Frachtgüter des Erie - Canales sind vor- züglich Bretter, Schwellen, Schindeln, Getreide, Leder, Felle, Salz; des Champlain-Canales Holz, Hausteine, Eisenerze ; des Oswego-Canales Holz, Getreide, Salz. Das Canalsystem von Pennsylvanien und New Jersey, vor- züglich zu dem Zwecke der besseren Aufschliessung der Anthracitbecken in der ö. Hälfte des ersteren Staates angelegt, besteht nicht wie das New Yorks aus einer Hauptlinie und deren Abzweigungen, sondern aus einer grösseren Anzahl von besonderen Canälen, die im Inneren die Um- gebungen der Anthracitregion umgürten, z. Th. auch mit dem Erie-Canal in Verbindung treten, und zumeist an der atlantischen Peripherie des Staates zugleich mit dessen Flüssen Delaware, Schuylkill und Susquehanna, also z. Th. bei Philadelphia, z. Th. in der Chesapeake Bay, oder aber, in einem Falle, in den Hudson oder dessen Mündungsgebiet ausmünden. Nur zwei von ihnen sind durch einen Längscanal verbunden, dessen Bette das Grosse Thal der Alleghanies bildet, die drei anderen finden ihren Endpunkt am oder im Gebirge, welches die canallose Westhälfte des Xl. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 413 Staates (das Ohio -System ist mit dem Canalnetz des ö. Pennsylvaniens nur durch Eisenhahnen oder Strassen verbunden) von der Osthälfte trennt. 1875 betrug das Canalnetz Pennsylvaniens 1264 Kil. (790 e. M.) mit einer Schleusenzahl von 569 und setzte sich aus folgenden Hauptcanälen zusammen : Länge Verbindet ■ Kil. Flüsse, Seen, Canäle Städte Lehigh C 114 Lehigh R. — Anthracit- hecken v.Mauch Chunk Easton— Coalport Delaware-Division C. . 99 Parallel canal des Dela- Philippsburg—Phila- ware R. delphia Delaware-Raritan C. . 68 Delaware R.—Rari tan R. Trenton— Brunswick Morris-Essex C. . . 161 Delaware R.— Hudson R. Easton— Jersey City SchuylkyllC. . . . 176 Schuylkill R.— Anthra- Port Carbon— Phila- citbecken von Pottsville delphia Union C 126 Delaw. R.— Susqueh. R. Reading— Middletown Susquehanna . . . 73 Parallelcanal des unteren Columbia— Havre de Susquehanna R. Grace Pennsylvania C. . . 549 Juniata R.— Chemung C. Petersburg— Elmira Chesapeake and Dela- ware C 22 Chesapeake Bay — Dela- ware-Mündung Baltimore — Philadelphia Delaw. and Hudson C. 175 Lackawanna R. — Plud- son R. Honesdale— Eddyville Im Süden schliessen an dieses System sich als weitere Verbindungen z. Th. zwischen Gebirge und Meer, z. Th. zwischen Meerestheilen an: Chesapeake-Ohio C. . 300 Parallelcanal des Po- Georgetown— Cumber- tomac land James R. and KanawhaC. 322 Parallelcanal des Richmond Va.— Cowing- James R. tou Albemarle Chesapeake C. 70 Albemarle Sound — Che- Norfolk Va. — zahlreiche sapeake B. Plätze am Albemarle und Pamlico Sound Von den vorstehend aufgeführten Canülen haben drei den besonderen Zweck, die Küstenschiffahrt zu verkürzen; es sind Delaware and Raritan, Chesapeake and Delaware und Albemarle and Chesapeake C, welche ebensoviele zwischen Hudson- und Delaware -Mündung, Chesapeake Bay und Pamlico Sound gelegene Halbinseln durchschneiden und so ein grosses System von Küstencanälen bilden, welche den Verkehr zwischen New York und den südlicher gelegenen atlantischen Regionen und vorzüglich deren Hauptplätzen Philadelphia und Baltimore, sowie zwischen diesen und den übrigen Küstenplätzen und den aus dem Inneren herausführenden 414 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Canälen und Schienenwegen in hohem Grade erleichtern. Die Anlage aller dieser Küstencanäle ist ohne grosse Schwierigkeit zu bewerkstelligen gewesen und sie gehören auch dem Verkehre nach zu den bedeutendsten in den V. St. Der Delaware and Raritan C, die kürzeste Wasserstrasse zwischen Philadelphia und New York, beförderte 1875 1989332 T., wovon ^3 Steinkohlen (von dem Delaware and Chesapeake C, welcher Philadelphia und Baltimore auf dem kürzesten Wege verbindet, liegt die Verkehrs- statistik nicht vor), der erst 1860 angelegte Albemarle and Chesapeake C. 1873 305000 T. Gemeinsam ist diesen Canälen die grosse Wassertiefe (beim letztgenannten 3,8 m) und die Einrichtung für Dampfboote und Tauerei. Unter den übrigen Canälen dieser Region sind folgende besonders hervor- zuheben: Der Lehigh C, der schon 1820 eröffnete älteste Canal Pennsyl- vaniens, der von Eastport am Zusammenfluss des Lehigh und des Delaware nach dem Anthracitb ecken von Mauch Chunk führt. 1875 wurden auf ihm 868 372 T., wovon ^4 Anthracit, verfrachtet. Der Morris -Ess ex C, welcher Eastport am Delaware mit Jersey City am Hudson (New York gegenüber) verbindet und einst von grösster Bedeutung war für die Entwickelung der Eisengewinnung im Staate New Jersey, da er die Magneteisenstein-Züge des Hochlandes von New Jersey durchschneidet und in Verbindung setzt mit den Kohlenlagern von Pennsylvanien. Der Schuylkill C. (1826 eröffnet) führt parallel dem gleichnamigen Flusse in das s. Anthracitfeld Pennsylvaniens , das er in Mt. Carbon bei Pottsville erreicht. 1875 wurden auf ihm 888884 T., wovon Vs Anthracit, ver- frachtet. Der Pennsylvania C. umfasst den Parallelcanal des oberen Susquehanna R., welcher bei Wilkesbarre in das Anthracitfeld von Wyoming hineinführt, den Parallelcanal des Juniata R., der bis Petersburg geht, und den Canal im Monteur - Thale bis Lockhaven. Diese Canalanlage war dazu bestimmt, über die Alleghanies geführt und einer Western Section angegliedert zu werden, welche aus Parallelcanälen des oberen Ohio, Alleghany und anderer Ohiozuflüsse bestand, nun aber grossentheils auf- gegeben ist. Diese Verbindung ist nie zu Stande gekommen und der ge- sammte Verkehr dieser grossen Canalanlagen belief sich 1875 auf 709 180 T., wovon Va Anthracit. Der Delaware and Hudson C. , welcher aus dem Anthracitbecken von Wyoming, z. Th. im Lackawanna-Thal, nach dem Hudson R. führt, den er bei Eddyville unweit Kingston erreicht, ist die Hauptabflussader der pennsylvanischen Anthracitregion nach dem Hudson ; seine Fracht betrug 1875 1 638 669 T., fast ausschliesslich Anthracit. Der Chesapeake-Ohio C. sollte die Chesapeake Bay mit Pittsburg verbinden, ist aber, wiewohl schon 1828 begonnen, bis jetzt nur bis zu dem Kohlen- becken von Cumberland Md., etwa Hälfte Weges von seinem Ziele, ge- langt. Er dient fast ausschliesslich dem Kohlenverkehr und trug 1875 893915 T. Kohlen. James R. andKanawhaC. hatte, 1836 begonnen, gleichfalls eine Verbindung mit dem Ohio im Auge, die ö. der Alleghanies XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 415 den James R., w. derselben den Kanawha benätzen sollte; es ist aber gegen- wärtig nur der ö. Theil, nicht ganz V4 des Ganzen, fertiggestellt, nämlich das parallel dem James R. von Richmond über Lynchburg nach Buchanan führende Stück; der Rest dürfte kaum vollendet werden, nachdem die concurrirenden Eisenbahnen schon den Verkehr des jetzt fertigen Ab- schnittes erheblich einschränken ^). Das Canalsystem des Ohio und M i s s i s s i p p i , das ursprünglich den Zweck hatte , die Grossen Seen und besonders Erie- und Michigan- See mit dem Mississippi-Becken in Verbindung zu setzen, das aber theil- weise nicht nach der ursprünglich grossen Conception ausgebaut, theils durch die Concurrenz der Eisenbahnen lahmgelegt und stellenweise geradezu ausser Thätigkeit gesetzt ist, umfasst folgende Hauptstrecken: V Länge Verbindet KiL Flüsse, Seen, Canäle Städte OhioC 502 Erie-See— Ohio Cleveland 0.— Ports- mouth 0. Miami C 215 Erie-See-Ohio Toledo 0.— Cincinnati 0. Wahash-Erie C. . . 304 Miami C— Ohio Defiance 0.— Terre Haute Ind. Illinois-Michigan C. . 157 Michigan-S.— Illinois R. Chicago 111.— La Salle 111. Diese vier Canäle stellen, wie man sieht, ebensoviele im Wesentlichen ns. verlaufende Verbindungen zwischen den Grossen Seen und dem Ohio und Mississippi, also zwischen S.Lorenz- und Mississippi - System oder, noch allgemeiner gesprochen, zwischen Zuflüssen des Atlantischen Oceans und des Golfes von Mexico dar. Der Ohio C. ist der älteste dieses Systems, wurde im Jahre 1832 eröffnet und war damals von sehr hoher Bedeutung für den Verkehr der in der ersten jugendlichen Entfaltung stehenden inneren Staaten Ohio, Indiana und Illinois mit den Abnehmern und Verschift'ern ihrer Erzeugnisse in den atlantischen Staaten. Der Hauptcanal führt von Cleveland 0. nach Portsmouth 0. mitten durch die Kohlen- und Eisenregion Ohios, mit Abzweigungen nach dem Blockkohlen- und Eisenrevier des Mahony-Thales (Akren 0. — Warren 0.) , nach dem Hocking R. (Carroll 0. — Athens 0., 114 Kil.) und nach Columbus, der Hauptstadt des Staates (15 Kil.). " Der Miami C, 1830 fertiggestellt, verbindet durch Parallelcanäle des Maumee und Miami R. nebst einer 1) Nachdem im Sommer 1878 die Aktien des James R. und Kanawha-Canals (Richmond -Buchanan) auf 2 Proc. des Pariwerthes gesunken waren, wurden sie von einer Gesellschaft gekauft, die die Absicht hat, eine Eisenbahn in seinem Bette zu legen. 416 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Verbindung über die Wasserscheide zwischen Erie-See und Ohio weg Toledo 0. mit der Metropole des Ohio-Gebietes, Cincinnati; der Seiten- canal des Little Miami von Lawrence am Ohio nach Connersville , ein selbständiger kleiner Canal, schliesst als zu Cincinnati gehörig an diesen sich an. Wabash - Erie C. (1827 begonnen) zweigt vom Miami C. bei Defiance ab und führt quer durch Indiana über Ft. Wayne Ind. und Wabash Ind. nach Terre Haute am Wabash R., wo der von Terre Haute Ind. an den Ohio nach Evansville Ind. führende, jetzt zugeschüttete und als Eisenbahnkörper benützte Canal sich anschliesst. Den drei genannten grossen Canälen des Ohio-Gebietes fiel einst eine wichtige Funktion zu in der Entwickelung der Hülfsquellen dieser reichen Theile der V. St. und es waren grosse Pläne zu ihrer Erweiterung gemacht, die allmählich das ganze Gebiet zwischen den Seen und dem schiffbaren Theil des Ohio mit einem dichten Netz von Canälen überziehen sollte. Der durchgehende Verkehr mit Ackerbauprodukten, die vorzüglich nach dem Erie-See gingen, um von dort den Canalweg nach New York zu gewinnen, war einst sehr bedeutend, ist aber allmählich ganz den Canälen entzogen und den Eisen- bahnen zugeleitet worden, so dass gegenwärtig alle drei nur noch in einzelnen Strecken dem örtlichen Verkehre dienen, als durchgehende Verkehrsstrassen- aber alle Bedeutung verloren haben. — Eine bedeutende Stellung nimmt neben ihnen der Illinois and Michigan C. ein, welcher 1836 — 48 angelegt wurde, vom Südende des Michigan-Sees bei Chicago ausgeht und mit Benützung des Chicago R. über die niedrige Wasser- scheide hinüberführt zum Des Piaines R. , einem Zufluss des Illinois R., um durch diesen den Oberen Mississippi zu gewinnen. Er stellt damit eine ununterbrochene 543 Kil. lange Wasserstrasse zwischen Chicago und S. Louis bzw. zwischen Michigan-See und Mississippi her, eine der wich- tigsten Verbindungen, die sich überhaupt denken lassen. Der Höhen- unterschied, den er mit 16 Schleusen zu überwinden hat, beträgt 44,2 m, die Normaltiefe 1,83 m, die Breite der Wasserfläche 18,3 m. Eine Tiefe von 2,13 m, wie sie erforderlich für die die Grossen Seen befahrenden Schiffe, ist in Aussicht genommen. Die Gesammteinnahmen betrugen 1876 113 293 D., die Ausgaben 91585 D. und die ersteren sind seit 1872 um mehr als Vs gefallen. Der Verkehr ist noch gering, beschränkt sich auf Getreide, Holz, Bausteine (von den 1,6 Mill. T. Steinkohlen, die Chicago 1875 verbrauchte , kamen per Canal nicht mehr als 7900 T. , also noch nicht Va Proc), doch hofft man bei der ausserordentlich günstigen Lage des Canals mit Hülfe eingreifender Verbesserungen, besonders bezüglich der Wassertiefe und der Einführung billigerer Transportmittel (1876 befuhren 22 Dampfboote den Canal), der Cpncurrenz der Eisenbahnen zum Trotz denselben erhalten zu können. Seit 1871 ist der ursprünglich von einer Gesellschaft mit Unterstützung des Staates Illinois und der V. St. gebaute Canal an ersteren zurückgefallen. 1 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 417 Von kleineren Canalanlagen im Mississippi-G-ebiet sind noch zu nennen: der4Kil. lange Canal von Portland nach Louisville, welcher die Ohio-Stromschnellen bei Louisville umgeht, und der Des Moines C. zur Umgehung der Mississippi-Stromschnellen bei Keokuk. Der Seeregion ge- hören an: der erst 1877 fertiggestellte Cfanal zwischen Michigan-See und Oberem Mississippi, welcher durch Benützung des Fox R. und Wisconsin R. den Oberen Mississippi mit S. Lorenz und Hudson R. in Verbindung setzt. Ebenfalls kürzlich erst vollendet ist die Durchstechung der Landzunge, welche Green Bay vom eigentlichen See trennt, durch den Sturgeon-Bay-Ship C. , der mit 4,25 m Tiefe den grössten Seeschiften Durchgang gewährt. Die Anlage von Schiffahrtscanälen, welche mit Seeschiffen befahren werden können, in der Seenregion und der des S. Lorenz hat, besonders nach Anlage des die Niagara-Fälle umgehenden Weiland C. (44 Kil. lang und 3,12 m Tiefe ; der S. Mary's Ship C, welcher Huronen- und Oberen See verbindet, hat sogar 4,88 m Wasser- tiefe) , eine ununterbrochene Wasserstrasse von Duluth bis Belle Isle in der Länge von 4140 Kil. hergestellt, während die des Erie C, bei Buffalo durch Umladung unterbrochen, von Chicago bis New York 2325 Kil. lang ist. Immer noch empfängt indessen New York 7 mal mehr Getreide als Montreal aus dem W. und seine Strasse ist durchschnittlich um 2 — 4 Cts. p. Bushel billiger als die canadische. — In den eigentlichen Süd- staaten überholte die Eisenbahnidee die der Canäle. In S. Carolina wurde die Linie Charleston-Cincinnati schon Anfangs der 30 er Jahre mit Eifer discutirt und 1836 waren die Vorstudien für dieselbe gemacht und die Trace gelegt. Hier wie in Georgia und Florida ist es begreiflich, wenn der Drang nach grossen Canalanlagen nicht so heftig war wie in Penn- sylvania oder New York, denn es galt hier nicht ein mineral- oder getreide- reiches Hinterland aufzuschliessen , sondern die Culturaufgabe war in diesen Gegenden die einfachere der Ausbeutung des Bodenreichthums eines Tieflandes, das breit zwischen Meer und Gebirge hingelagert und von einigen bis zu beträchtlicher Höhe hinauf schiff" baren Flüssen durch- strömt ist. Hier waren auch zunächst noch die Landstrassen so schlecht und so gering an Zahl, dass man eher an sie als an Canäle denken musste, und überhaupt ist ein Land mit Plantagenwirthschaft, dünner Bevölkerung und nur einem einzigen grossen Stapelprodukt — Baumwolle — , dessen Ernte in wenigen Wochen verfrachtet ist, der wenigst günstige Boden für grosse Verkehrswege; ist doch sogar die Eisenbahn in diesen Gegenden nur sehr langsam vorgedrungen. Nur gegen Florida zu, wo das im W. vorgelagerte Gebirge der Alleghanies zurückgetreten und an seiner Stelle das Tiefland vom Atlantischen Meer bis zum Golf von Mexico ausgebreitet ist, werden die Bedingungen einer grossen Canal- anlage günstiger, indem hier zwei Flüsse, S. Mary's und Suwanee R., von E a t z e 1 , Amerika TT. 27 418 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel, denen jener in den Ocean, dieser in den Golf mündet, ohne grosse Schwierigkeiten schiffbar gemacht und durch Canal mit einander verbunden werden könnten. Auch an eine Durchstechung der Halbinsel Florida in ihrer Mitte durch einen Canal, der Indian R. mit Tampa Bay verbände, hat man gedacht und noch im letzten Frühjahr (1879) sind von der Regierung der V. St. Messungen in diesem Betreff angestellt worden. Auch vor einigen Jahren, besonders 1874, als die Eisenbahnen durch ihre Differentialtarife den öffentlichen Unwillen erregt hatten, be- schäftigte sich der Congress mit Canalprojekten für den Süden; dieselben haben aber keine praktischen Folgen gehabt. Es gibt ausserdem noch einige wenige Canäle im Mississippi - Delta , abgesehen von den einge- dämmten Mündungsarmen, von denen aber für den grossen Verkehr kein einziger Bedeutung hat'). — Im W. verbietet die vorwiegend gebirgige Bodengestaltung in den meisten Fällen die Canalisation für Zwecke des grossen Verkehres, während die klimatischen Verhältnisse dieselbe im Interesse der künstlichen Bewässerung erheischen. Was von nennens- werthen Canalanlagen vorhanden, dient dem letzteren Zweck. Im W. gab es Canäle für die künstliche Bewässerung schon zur spanischen Zeit und dieselben werden theilweise noch heute von den dort wohnenden Acker- bauern: Weissen oder Indianern benützt. 12000 Indianer (Pimas und Maricopas) leben am Gila R. vom Ackerbau, den ihnen ein System von Bewässerungscanälen ermöglicht. Man spricht sogar von einem 40 e. M. langen Canal, der von dem Zusammenfluss des Salinas und des Verde, Nebenflüsse des Gila R., landeinwärts ziehen soll. In der Nähe der Pima- Dörfer in Arizona führten lange Canäle, die jetzt trocken liegen, das Wasser des Gila-Flusses in eine dürre Ebene. In einem grossen Theile des Thaies des Rio Grande ist der Ackerbau nur durch die künstliche Bewässerung ermöglicht, deren Canäle zur Zeit der spanischen Herrschaft angelegt wurden. Die Acequia von Paso del Norte bewässert auf der mexikanischen Seite einen Strich von 25 — 30 e. M. und 15000 Ein- wohnern. In Californien findet man bei jeder Mission Meilen Landes von Bewässerungscanälen durchfurcht. Von amerikanischer Seite sind die ausgedehntesten Bewässerungsanlagen in Utah gemacht worden, wo die Menge des künstlich bewässerten Landes schon 18G6 sich auf 134000 Acres belief. Auch Californien besitzt bereits Hunderte von Kil. von Bewässerungscanälen, vorzüglich im Thal des S. Joaquin. 1) 1831 — 35 ward der Pontchartrain-Canal (8 Kil.) von New Orleans zum Pontchartrain-See mit 1 V^ Mill. D. Unkosten angelegt ; aber schon im April 1831 war eine Eisenbahn parallel mit ihm gebaut worden, welche in Kürze zu den einträglichsten Linien des Staates gehörte. Während der Canal in den Jahren 1836 — 40 durchschnittlich nicht mehr als V2— 1 Proc. Brutto - Ertrag abwarf, gab die Bahn, deren Kosten nur die Hälfte von denen des Canals betragen hatte, 1831 — 38 durchschnittlich 12 Proc. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 4l9 V. Die Eisenbahnen. Die Verhältnisse der Eisenbahnen in den V. St. sind mehrmals berührt worden (s. o. S. 392 f.). Folgende Aufzählung mag ihr gewaltiges Wachsthum nochmals versinnlichen. 1830 gab es in dem ganzen Gebiet der V. St. 66, 1840 5868, 1850 14965, 1860 50854, 1870 71382, 1875 114814, 1878 131682 Kil. Am 31. December 1878 betrugen ihr Anlagecapital 4580, ihre Brutto -Einnahme 490, ihre Netto - Einnahme 187, ihre bezahlten Dividenden 54 Mill. D. Ende 1877 betrug die Länge des Eisenbahnnetzes der V. St. 86 Proc. von demjenigen des ge- sammteuropäischen und 43 Proc. von dem der ganzen Welt^). Nach- dem die mit 1874 eingetretene Stockung im Eisenbahnbau gehoben ist und 1878 allein wieder 4610 Kil. neu eröffnet wurden, wird die Zeit nicht fern sein, in der die V. St. die Länge der Eisenbahnen Europas erreicht haben werden. Auf die Staatengruppen vertheilten sich die Eisenbahnen am 1. Januar 1878 folgendermassen : W. und SW. -Staaten 40 743, Mittelstaaten 14459, Südstaaten 13 744, Neu-England 5750, Pacif. Staaten 2266 e. M. Die Pacific-Bahnen, die mehreren von diesen Gruppen angehören, kommen hinzu mit 2246. Die meisten Eisen- bahnen haben folgende Staaten: Illinois 9027, Ohio 5795, New York 5684, Pennsylvania 5541, Missouri 4352, Indiana 3704, Michigan 3300. In Neu-England ist Massachusetts mit 2010, in den Südstaaten Alabama mit 2399, in den pacifischen Staaten Californien mit 1375 e. M. am eisenbahnreichsten. Die wenigsten Eisenbahnen finden sich im 0. in dem kleinen Rhode Island (138) und dem ge- birgigen W. Virginia (147), ferner in den Staaten Mississippi (324) und Florida (459). Im W. sind eisenbahnarm Arkansas (474) und das Territorium Dakota (295). Durchgängig arm an Eisenbahnen sind dann alle pacifischen Staaten, ausser Californien, wenn man die Pacific -Bahn in Abzug bringt: Utah hat 283, Oregon 247, Washington Terr. 191, Nevada 189 e. M. Ganz eisenbahnlos waren 1) In der regsten Zeit des Eisenbahnbaues, der im Jahr 1872 seine Culmi-^^ nation erreichte, von 1869 — 73, also in 5 Jahren, wurden 47402 Kil. angelegt mit einem Aufwände von 1381850000 D. , dazu kamen noch jährlich für Ver- grösserung und Verbesserung bestehender Bahnen 75 Mill., was in dieser Zeit ca. 351 Mill. D. jährlich für Eisenbahnbau ergibt. 27* 420 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Anfangs 1878 Idaho, Montana und Neu -Mexico. Begreiflicherweise ist das Wachsthum sehr ungleich. In den 13 Jahren 1866 — 77 haben die Eisenbahnen der Neuengland - Staaten von 3834 auf 5822, die der Mittelstaaten von 8539 auf 15 166, die der Südstaaten von 9129 auf 13 840, die der Weststaaten von 13 350 auf 41224, die der pacifischen Staaten von 233 auf 3156 e. M. zugenommen. Das grosse und rasche Wachsthum der Eisenbahnen in den V. St. und die Bedeutung, die sie für das ganze öffentliche Leben des Landes gewonnen haben, werden zum Theil erst verständlich, wenn man ihre ganz eigenartigen Einrichtungen in Betracht zieht, durch welche sie sich in vielen Beziehungen scharf von den europäischen und ganz besonders den deutschen Eisenbahnen unterscheiden. Was die Gunst der Naturverhält- nisse beigetragen hat, wurde schon berührt. Im atlantischen Tiefland- und im Mississippi -Gebiet ist die Einförmigkeit der Bodengestaltung von förderlichstem Einfluss gewesen. Wenn die Trace der Pennsylvania- Eisenbahn zwischen New York und Philadelphia nur 10 Kil. von der Luft- linie abweicht, so ist dies vorzüglich diesem günstigen Umstand zuzu- schreiben. Man merkt den Einfluss davon an den Baukosten, die in S. und N. Carolina, Georgia, Mississippi durchschnittlich 2,3 — 2,6 Mill. D. für 100 e. M. betragen und in den flachen Prärie- und Steppenstaaten zwischen 2 und 3 Mill. schwanken , während sie in New Jersey 9,G, in Massachusetts, Pennsylvania, New York, Maryland, Cahfornia zwischen 7 und 8, in Ohio 6,5 Mill. betragen. Es ist wahr, dass man im Allge- meinen billiger und schlechter gebaut hat in den armen, erst werdenden Süd- und Weststaaten als in den verkehrsreichen Mittel- und Neuengland- Staaten, aber der Boden kam dem entgegen *). — Das Klima übt nur im Gebirgsland des W. einen entschieden hinderlichen Einfluss aus. Die Union Pacific R. R. wird jeden Winter durch Schnee blockirt und ist in Folge dessen in der Regel einige Tage, öfters, wie z. B. 1871/72, sogar einige Wochen hindurch unfahrbar. Im 0. und dem Inneren ist davon nicht mehr zu fürchten als in Nord- und Ost-Europa. Vor der Erbauung der Erie-Bahn fürchtete man selbst für sie grössere Unterbrechungen durch Schneewehen ; ein Bericht , der damals der Gesetzgebung von New York erstattet wurde, gab indessen 2 Tage als die mittlere Zeitdauer an für die Unterbrechung des Verkehres durch Schneewehen auf den Eisenbahnen der n. V. St. (Vgl. Chevalier, Voies de Commun. I. 287.) 1) Hindernisse wie Alpen, Pyrenäen, Karpathen gibt es nicht zwischen dem Atlantischen Ocean und dem Felsengebirge. Ueberhaupt ist der höchste Punkt, den eine Eisenbahn in den V. St. überschreitet, der Laveta-Pass im Sangre de Christo-Gebirge, den die Denver — Rio Grande-Linie überschient hat, 2850 m hoch. XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 421" Was nun den Bau und Betrieb selbst betrifft, so werden die Concessionen von den Legislaturen der Einzelstaaten verliehen und ist dabei der Grund- satz der grösstmöglichen Freiheit in Wahl der Trace, in der Ausführung und im Betriebe festgehalten*). Diesem Umstände verdanken die Amerikaner wesentlich mit die ungeheuere Ausdehnung ihres Eisenbahnnetzes, denn nur so vermochte es den verschiedensten örtlichen Verhältnissen sich leicht anzupassen und der private Unternehmungsgeist mochte nur so unbelästigt und ungebunden sich auf den Eisenbahnbau mit jener Energie zu werfen, welche daraus nicht nur Gehülfen , sondern Bahnbrecher der Cultur gemacht hat. Mit Ausnahme der Union und Central Pacific- Bahn (die Strecken zwischen Omaha und Sacramento) ist vor 1865 keine Eisenbahn der V. St. von der Union unterstützt w^orden. Dennoch sind sie nicht so schlecht gebaut und unsicher, wie ein in Europa weit verbreitetes Vorurtheil will. Wir haben dafür die Stimme deutscher Beamten: „Auf die Haupterfor- dernisse für jede lebensfähige Bahnanlage : guten Oberbau, gutes vollendetes Material und ein umsichtiges und wohldisciplinirtes Beamtenpersonal wird in den V. St. ein eben so grosser, in letzterem Punkte gar noch ein grösserer Werth gelegt als in Europa. Man vermisst auf den amerika- nischen Bahnen manche Einrichtungen, die nach europäischen Begriffen zur Vermeidung von Gefahren unentbehrlich sind, es sind indessen nur solche Einrichtungen, welche durch Umsicht, Geistesgegenwart und Vorsicht des Eisenbahnpersonals ersetzt werden können. Da die amerikanischen Bahnverwaltungen gegenüber den deutschen in der Lage sind, ihr Personal vollständig frei wählen zu dürfen , so können sie auch , abgesehen von einer wesentlich besseren Bezahlung, mehr für die Ausbildung desselben thun und grössere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit und Selbständigkeit jedes Einzelnen stellen"*). — Die Verwaltung der weitaus meisten nord- 1) Ein Eingreifen des Staates findet nur dann statt, wenn Thatsachen in die Oeffentlichkeit dringen, welche geeignet erscheinen, das Interesse der Aktio- näre, des Staates oder des Publikums zu schädigen. Conflikte der Art, sowie solche in Folge von Unglücksfällen werden richterlich ausgetragen. In Bezug auf das Recht der Staatsbehörde zur Untersuchung der Bücher einer Gesell- schaft antwortete man Kupka auf seine betr. Anfrage, „dass man wohl keinen Anstand nehmen werde, dieselbe zu gewähren, dass es aber kaum einen Beamten gebe, der im Stande wäre, aus den Büchern den Nachweis unredlicher Gebahrung zu führen" (a. a. 0. 69). 2) Aus dem Reisebericht des Kgl. Baumeisters Schröder. Mitth. des Kgl. Preuss. Handelsministeriums. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens 1878. IL 51. So erstaunt z. B. beständig der auffallend kleine Controllapparat der amerika- nischen Bahnen unsere Beamten, aber „der Schwerpunkt liegt darin, dass jeder auch noch so niedrig gestellte Beamte das volle Vertrauen seiner Vorgesetzten besitzt, aber auch die ganze Verantwortlichkeit seiner Handlungen selbst trägt" (Bericht des österr. Comm. P. F. Kupka. Org. f. d. Fortschr. d. Eisenb. 1877. 69), 422 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. amerikanischen Bahnen liegt in den Händen eines von den Aktionären gewählten Direktoriums (Board of Directors), an dessen Spitze ein Präsident steht. Unter demseben funktioniren gewöhnlich zwei Hauptbeamte, ein finanzieller Leiter (Treasurer oder Secretary) und der Betriebsdirektor (General Manager oder Superintendent). Für die einzelnen Zweige des Betriebsdienstes sind besondere Beamte angestellt, so für das Transport- geschäft ein Master of Transportation (oder auch zwei, ein General Freight Agent für Fracht und ein General Passenger Agent für Passagiere) , für die Unterhaltung der Bahn ein Chief Engineer, für die Wagen- und Lokomotivreparatur ein Superintendent of Motive Power and Rolling Stock, für die Beschaffung des Materials ein Purchasing Agent und für den Telegraphendienst ein Superintendent of Telegraphs. Bei grösseren Bahnen steht dem Treasurer ein Jurist, der SoUicitor, zur Seite. Die Direktoren sind meist Industrielle oder Kaufleute mit bedeutendem Aktienbesitz. Die nicht technischen Beamten arbeiten sich in der Regel vom Clerk herauf, die technischen haben entweder von der Pike auf bei der Eisenbahn gedient oder sind aus den Bureaux der Civilingenieure hervorgegangen. Für die Linien selbst ist in erster Reihe bezeichnend die geringe Sorgfalt, welche dem Unterbau zugewandt ist. Um an Zeit und Kosten für den- selben zu sparen, schmiegen sich die amerikanischen Bahnen den be- stehenden Terrainverhältnissen aufs engste an, wo immer es möglich ist, weshalb lange Umwege zur Umgehung von Hindernissen nicht selten sind. /Bei dem geringen Werth des Holzes errichtete man Holzbauten von gewaltiger Länge und Kühnheit an Stelle von Dämmen und Viadukten. Auf Einfriedigungen ist wenig Werth gelegt. Wo Eisenbahnen mitten durch Städte führen, ist dieser Mangel der Einfriedigungen etwas zu weit- gehend , denn die Geleise liegen da im Niveau der Strasse und trotz ermässigter Geschwindigkeit und des unaufhörlichen Läutens der Loko- motivglocke sind Unglücksfälle hier nicht selten. Das Publikum verlangt seit lange Abhülfe dieses Missstandes und ist derselbe z. B. in New York in der That abgestellt. Schranken bei den Niveau - Uebergängen finden sich selten. Gewöhnlich lässt man es bei grossen Warnungstafeln : „Beware of Engines and Cars", „Look out for Locomotives", oder einfach: „Rail- way Crossing" bewenden. Der grösste Theil der amerikanischen Bahnen ist bis jetzt eingleisig, zweigleisig sind nur die allerbefahrensten; die New York Central R. R. ist sogar viergleisig. Die Spurweiten waren ursprünglich sehr verschieden (Erie-Bahn 1,83, Great Western 1,68, Grand Trunk J,44 m) , neuerdings ist 1,435 m als Normalspurweite angenommen. Die • Schwellen sind meist dichter gelegt und dadurch eine grössere Niedrigkeit der Schienen ermöglicht; die Curven, für welche in den Ausführungs- bedingungen der Minimalradius von 122 m jetzt gewöhnlich vorgeschrieben vwird, bestehen fast nur aus geraden Linien, deren Winkel von den Passa- gieren beim Durchfahren nicht eben wohlthuend empfunden werden. Als XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 423 Minimalsteigung ist jetzt meist 1 : 45 vorgeschrieben. Die Geschwindigkeit beträgt nur 41 — 50 Kil. p. Stunde. Die niederen Beamten sind nicht uniformirt, sondern nur durch eine Aufschrift an der Kopfbedeckung kenntlich gemacht. Indem man eben die Bahnen einfach als Transportmittel be- trachtet *) und als nichts mehr und weniger, gibt man ihnen überhaupt ein praktisches, zweckdienliches Aeussere, wie es gerade in Nord- Amerika allen Dingen zukommt, welche geschäftlichen Zwecken dienen. Daher sind auch die Bahnhöfe viel einfacher als bei uns, die Wartsäle äusserst j^ einfach, oft selbst an grösseren Plätzen nichts als Holzschuppen zum Schutz vor Regen und Sonne; aber man ist meistens nicht gezwungen in ihnen zu verweilen, sondern begibt sich in seinen Wagen, der gewöhnlich einige Zeit vor der Abfahrt rangirt dasteht^). — Die Personenwagen der Eisenbahnzüge sind fast ohne Ausnahme durchgehende^), von bedeutender, 15m und mehr betragender Länge; sie fassen 48 — 68 Passagiere. Ab- gesehen von ihrer Angepasstheit an die demokratischen Formen des nord- amerikanischen Volkes, auf welche, wenn auch nicht immer auf das Wesen, dasselbe eifersüchtig achtet, bieten diese Wagen grosse Vorth eile, welche ohne Zweifel das Reisen erleichtern. Die grössere Selbständigkeit, welche dieses System dem Reisenden gewährt, die Möglichkeit gleichmässiger Erleuchtung 1) „Der Amerikaner benützt überhaupt seine Schienenstrassen wie bei uns der Fuhrmann die Fahrstrassen; man weicht sich aus, schiebt zurück, fährt vor, wartet auf einen anderen Zug je nach Bedarf, und dank der ausgezeichneten v Bremsmittel ist der Verkehr ein sicherer als man bei uns zu glauben geneigt ist." (P. F. Kupka a. a. 0. 98.) 2) Indessen muss man hervorheben, dass diese allgemeine Beschreibung heute auf eine Anzahl von grösseren und besonders von durchgehenden Bahnen des 0. nicht mehr so ganz passt; sie umfasst wohl alle Bahnen w. von Chicago und S. Louis, auch nahezu alle s. vom Ohio und Potomac, aber in dem von den alten dichtbevölkerten Neuengland- und Mittel - Staaten erfüllten Winkel im 0. und N. dieser Linien haben sich Eisenbahnen entwickelt, welche manche Vorzüge mit den besten europäischen theilen und in mehr als einer Hinsicht selbe hinter sich zurücklassen. Dort findet man starken Ober- und Unterbauj schwere Stahlschienen, definitive eiserne Brücken, steinerne und in allerdings noch seltenen Fällen auch grossartig angelegte Bahnhöfe (z. B. der der New York Central R. R. in New York) ein sehr gutes Signalwesen, das meist dem englischen nachgeahmt ist, uniformirtes Personal, eine Fahrgeschwindigkeit von 50 — 60 Kil. p. Stunde und endlich Fahrpreise, die von der riesigen Concurrenz bis zu V2 — 1 Ct. (2 — 4 Pf.) und zeitweilig noch tiefer herabgedrückt sind. Sobald man aber von den Hauptlinien abgeht, findet man in den Landestheilen, die ent- fernter sind von den grossen Strassen des Verkehres, unabänderlich jenen oben beschriebenen Typus der eigentlich amerikanischen Eisenbahn. 3) In den letzten Jahren sind auch Coupe-Wagen auf der Fall R. Line u. a. t versuchsweise eingeführt worden, scheinen sich aber keinen Beifall erworben zu haben. 424 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. und Erwärmung und der Anbringung von Aborten und von Wasch- und Trinkwasser, die Erleichterung der Communication zwischen Reisenden und Zugpersonal und der Ortsveränderung kommen den Reisenden, eine grössere Sicherheit und Bequemlichkeit dem Zugpersonal, eine grössere Raumaus- nützung den Gesellschaften zu gute. Die Leichtigkeit, mit der der y Amerikaner reist, beruht gewiss zum Theil auch auf diesen Einrichtungen, die den unseren im Ganzen sehr weit vorzuziehen sind. In der Theorie gab es früher nur Eine Wagenclasse, wie es das demokratische Princip verlangt. Man ist aber wegen der Neger zuerst im S. zur Errichtung einer nur für Farbige bestimmten 2. Wagenclasse geschritten, hat dieselbe dann auch, besonders im W., für die zunehmenden Raucher und auch für die Auswanderer eingeführt, welche sehr billige Fahrpreise zahlen (der normale Fahrpreis ist 2 — 3 Cts. p. e. M.), und so ist nun mit der Zeit eine etwas schlechter ausgestattete, aber ebenfalls mit Trink- und Wasch- wasser versehene Classe geschaffen worden, die etwas billiger ist und ^gleichzeitig den Reisenden der I. Classe als Rauch- Coupe dient. Noch weiter, und eigentlich bis zu unserer Dreitheilung, hat die Einführung der Drawing - Room- oder Parlor - Cars (Salonwagen) und der Sleeping - Cars (Schlafwagen) geführt. Anfangs auf die durchgehenden Züge der grossen Linien beschränkt, haben diese Luxuswagen sich in Kürze sehr weit ver- breitet, so dass die besondere Classe, die sie über den beiden anderen herstellen, bereits zu den Institutionen des nordamerikanischen Eisenbahn- wesens gehört. Es ist charakteristisch für die einfache Natürlichkeit der Entwickelung socialer Unterschiede zu schärferem Hervortreten , dass diese Sonderung der ursprünglichen Einen Classe, auf deren Einzigkeit demokratisches Gewicht gelegt wurde, in drei sich ganz von selbst aus einem weitverbreiteten Bedürfnisse heraus vollzogen hat. Ein Zuschlag von 3 D. p. 24 Stunden für die Benützung dieser Luxuswagen schliesst natürlicherweise die grosse Menge fast vollständig von denselben aus *). — Was die Sicherheit des Reisens auf nordamerikanischen Bahnen anbetrifft, so ist dieselbe, wie man voraussehen kann, minder gross als auf unseren von allen denkbaren Sicherheiten umgebenen Bahnen. Ueber ihren wirk- lichen Betrag liegen keine Berichte vor. Eine der wenigen Unfallstabellen, die den Eisenbahnberichten beigegeben sind, die der 1250 Kil. langen Philad. and Reading R. R., gibt folgende Zahlen: 1) 1858 wurden die ersten Schlafwagen auf einigen grossen Linien eingeführt, 7^ doch wurde das Institut erst populär seit 1867, wo G. M. Pullman in Detroit zuerst sehr praktische Schlafwagen baute, von denen heute gegen 700 Stück auf 50000 Kil. Bahn laufen. Die Gesellschaften erhalten diese Wagen leihweise und haben sie im Stande zu halten, sie erheben von den Insassen die gewöhn- lichen Taxen, während die 3 D. für 24 Stunden, 2 für die Nacht, 1 für den Tag, dem Unternehmer gehören. Gewöhnlich sollen 60 — SOProc. der Plätze in denselben besetzt sein, Die grosst hrslinien. (Zu Seite 425.) XL Verkehrswege und Verkehrsmittel, 425 Jahr Menschen Vieh getödtet verwundet getödtet 1870 27 ^ 33 118 1871 38 26 116 1872 44 63 114 1873 56 79 140 1874 42 67 110 1875 59 79 149 Unter den 1875 Getödteten waren 44, unter den Verwundeten 33 durch eigene Unvorsichtigkeit getödtet. Unter den grossen und für den grossen Verkehr wichtigen Linien sind die bemerkenswerthesten die folgenden : Die Pacific-Bahn, welche in 2 Abschnitten 1918 e. M. lang von Omaha Nebr. (am Missouri) nach San Francisco führt, a) Union Pacific führt von Omaha Nebr. über Cheyenne Wyom. nach Ogden Ut. (1034 e. M.). Der Bau dieser Bahn wurde vom Congress ermächtigt durch Acte von 1862 und 64. Die erste Acte gewährte ausser 100' Breite Land für die Strecke selbst eine Schenkung von 12800 A. (zusammen ca. 12 Mill. A.) für jede e. M. der Bahn und eine Bundesanleihe in Form erster Hypothek von 27 Mill. D. Die zweite ermächtigte zur Aufnahme einer weiteren Anleihe und setzte das Guthaben der V. St. an zweite Stelle. Das letztere wird durch Zurückhaltung von der Hälfte aller für die V. St. erwachsenden Trans- portkosten und aus einer Tilgungskasse bezahlt, die 5 Proc. aller Rein- einnahmen aufnimmt*). Die Bahn wurde 1869 dem Verkehr übergeben. Sie besass Anfangs 1878 168 Lokomotiven und 3676 Wagen, beförderte 1877 79 323 Reisende im durchgehenden (217 p. Tag) und 106 368 im lokalen Verkehr, 716112 T. Fracht, nahm 3,5 Mill. D. für Reisende, 7,6 für Güter, 1 für Post und Expressdienst ein. Die Einnahmen betrugen brutto 12,5, netto 7,2, der Aufwand 5,3 Mill. D. b) Central Pacific führt von Ogden Ut. nach S. Francisco (884 e. M.). Mit Seitenlinien zusammen besitzt sie 1213 e. M. Die ursprüngliche Hauptlinie wurde unter ähnlichen Bedingungen wie die Union Pacific mit Unterstützung der V. St. (Darleihen von 27 Mill. D. und Landschenkung von 12 Mill. A.) von 1863 — 69 gebaut und an demselben Tag wie diese eröffnet. Heute umfasst sie eine ganze Anzahl californischer Linien, vorzüglich die frühere Western Pacific von Sacramento nach S. Francisco. Sie besass 1858 228 Lokomotiven, 4921 Wagen und 23 Flussdampfer. Ihre Einnahmen 1) Ein im Frühjahr 1878 erlassenes Gesetz ermächtigte die Regierung zur Einhaltung von Zahlungen an die Union und die Central Pacific E. B. zum Zweck der Zinszahlung für die Subsidien und der Bildung eines Tilgungsfonds. 426 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. waren 1877 für Passagiere 5,6 Mill. D. (durchgehend 2,5), Fracht 10,1, Post und Express 0,5, ihr Aufwand 8,3, Netto-Einnahmen 8,6. Die rück- wärtige Verbindung mit Chicago wird durch die Linie Chicago, Rock Island and Pacific gebildet, die von Chicago nach Omaha führt (500 e. M., mit Nebenlinien 1003), beförderte 1877 1,5 Mill. Reisende und 1,6 Mill. T. Fracht. Reineinnahmen 3,6 Mill. D. Kansas Pacific führt von Kansas City Mo. nach Denver City Col, ist also eine s. Parallel- strecke der grossen Pacific-Bahn. An ein direktes VS^eiterführen durch das Gebirge nach dem Stillen Meer ist auf diesem Wege für jetzt nicht zu denken. Die Linie ist hauptsächlich zur Verbindung Colorados mit dem Mississippi wichtig. Die Bundesregierung überwies ihr zugleich mit der grossen Pacific-Bahn eine Unterstützung von 16000 D. p. e. M» und eine Landschenkung von 6 Mill. A. Seit 1873 werden keine Zinsen bezahlt. 1877 wurden 143117 Reisende und 337 520 Fracht be- fördert. Einnahmen 3,3, Aufwand 1,9 Mill. D. Atchinson, Topcka and Santa Fe führt s. von der ebengenannten Linie gleichfalls durch Kansas auf Neu-Mexico zu, das man in diesem Jahre erreichen will. Northern Pacific. Soll über 1800 e. M. vom Oberen See nach dem Puget-Sund am Stillen Ocean führen. In Betrieb ist a) Duluth Minn. — Bismarck Dak. Terr. (449 e. M.) von der ö. Hälfte und b) Kalama Wash. Terr. — Tacoma Wash. Terr. (136 e.. M.), also nicht ganz Vs. Der schwierigste Theil durch das Gebirge wird sobald nicht gebaut werden, denn die Rein- einnahmen betrugen 1877 nicht mehr als 393 000 D. ; Zinsen werden seit 1874 nicht bezahlt. Vom Bund hat diese Linie eine Landzuweisung von 47 Mill. A. (!) erhalten. 1877 wurden 30538 Reisende und ca. 50000 T. Fracht befördert. Southern Pacific zur Verbindung von Californien und Texas über Arizona. Die Hauptlinie S. Francisco Cal. — Yuma Ar. (729 e. M.) ist fertig und soll nach El Paso fortgeführt werden , um dort mit der Texas Pacific zusammenzutreffen. Vom Bund durch Ueberlassung von 20 Sektionen Land für jede e. M. Strecke unterstützt. Texas and Pacific. Ursprünglich als Linie von 1600 e. M. von Marshall Tex. bis San Diego Cal. über El Paso geplant. Wird mit der californi- schen S. Pacific die Verbindung zwischen dem Golf von Mexico und dem Stillen Ocean herstellen. Mit 18 Mill. A. Land vom Bunde unterstützt. 1877 0,7 Mill. D. Reineinnahme. Linien, die das Innere mit dem Atlantischen Ocean in Ver- bindung setzen: Lake Shore and Michigan Southern. 540 e. M. von Chicago 111. bis Buffalo N. Y., mit Seitenlinien 1176 e. M. 1869 durch Vereinigung einer grösseren Zahl von Linien zu einem der mächtigsten Eisenbahnmonopole erhoben. Beförderte 1877 2,7 Mill. Reisende und 5,5 Mill. T. Fracht. Reineinnahmen 4,5 Mill. D. In inniger Verbindung mit ihr steht Erie (Jersey City N. J. gegenüber New York — Dunkirk N. Y. 460 e. M.), die 1877 3,8 Mill. D. Reineinnahme hatte von 4,9 Mill. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 427 Reisenden und 6,2 Mill. T. Fracht und 1859 und 75 fallirte, und die New York Central and Hudson River (Buffalo N. Y. —New York 442 e. M., zusammen 1000 e. M.), welche 1877 aus 8,9 Mill. Reisenden und 6,4 Mill. T. Fracht 11,6 Reineinnahme hatte. Atlantic and Grreat Western, die in Salamanca N. Y. an die Erie-Bahn anschliesst und von da nach Dayton 0. führt, ist eine südlichere Verbindung zwischen New York und dem W. Seit 1874 fallit. Beförderte 1877 0,8 Mill. Reisende und 2,8 Mill. T. Fracht. Als nördliche Verbindung führt Michigan Central von Chicago 111. nach Detroit Mich. (284 e. M., mit Nebenlinien 803; hatte 1877 2 Mill. D. Reineinnahme von 1,4 Mill. Reisenden und 3 Mill. T. Fracht). Die noch nicht vollendete Chicago and Canada Southern hat dieselbe Verbindung (250 e. M.) durch Ohio. Die Linien, welche die Verbindung von Chicago nach dem Atlan- tischen Ocean in der Richtung auf Pennsylvania vermitteln, sind seit 1870 in der Ausdehnung von 1091 e. M. in den Händen der Pennsylvania R. R. Cy., deren Hauptlinie die Strecke Pittsburg, Ft. Wayne and Chicago (468 e. M.; 1877 befördert 2,1 Mill. Reisende und 2,7 Mill. T. Fracht). In Concurrenz mit diesem Complex steht der noch mächtigere der Baltimore and Ohio R. R. , dessen Grundlinie die Strecke Baltimore — Wheeling Va. Der Gesammtbesitz dieser Gesellschaft beträgt 1500 e. M., worunter die wichtige Industrielinie, welche die Kohlenlager von Cumberland Md. mit Pittsburg verbindet. Beförderte 1877 auf der Hauptlinie 1,04 T. Durchfracht, 16 Mill. B. Getreide u. s. f. und hatte 8,2 Mill. D. Einnahmen. Noch weiter s. führen direkte Ver- bindungen aus dem W. nach dem Atlantischen Ocean über die Atlantic, Mississippi and Ohio, die den Hafen von Norfolk Va. mit Bristol Tenn. (408 e.M.), also mit dem Ohio-Gebiet verbindet. Beförderte 1877 152000 Reisende und 339000 T. Fracht. Seit 1873 fallit. In derselben Richtung gehtCh esapeake and Ohio, die Richmond Va. mit Huntington W. Va. verbindet (428 e. M.) und 1877 160000 Reisende und 472 000 T. Fracht beförderte. Die direkte Linie von Charleston S. C. nach W. wird durch die S. Carolina R. R. gebildet (243 e. M.), welche nach Hamburg S. C. führt und 1877 104000 Reisende und 245000 T. Fracht beförderte. Unter den grossen Linien, die den Golf von Mexico mit dem Inneren verbinden, also gleichsam rechtwinklig das Netz der ebengenannten durch- schneiden, sind am hervorragendsten: Louisville and Nashville (zusammen 651 e. M.), verbindet Louisville Ky. mit den Hauptplätzen Tennessees, Nashville und Memphis, und beförderte 1877 5280(30 Reisende und 1,6 Mill. T. Fracht. Mobile and Ohio verbindet Mobile, den Hafen von Alabama, mit Columbus Ky. in 472 e. M., beförderte 1877 211000 Reisende und 251000 T. Fracht. Die Chicago, S. Louis and New Orleans verbindet New Orleans La. mit Fillmore Ky. (567 e. M.). Nähere Berichte fehlen. Weiter w. kommen dann die schon 428 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. genannte Texas and Pacific hinzu, welche durch die Missouri, Kansas and Texas (787) sich an die Missouri-Bahnen anschliessen. Im fernen W. bildet die Denver and Rio Grande (Denver Col. — Garland Col. 265 e. M.) den Anfang einer auf 850 e. M. veranschlagten Hauptbahn, welche am ö. Rand des Felsengebirges von Denver bis El Paso gehen soll. Von den aus dem Inneren nach N. zu ihre Verbindungen suchenden Linien ist eil icago and Northwestern mit einem Netz von 1993 e. M. die unbedingt herrschende. Ihre Hauptlinien sind Chicago IlL — Ft. Howard Wisc. (242 e. M.) und Winona Minn. — Minnesota- Grenze (288 e. M.). Auf den Linien dieser Gesellschaft wurden 1877 3,3 Mill. Reisende und 3,4 Mill. T. Fracht verschifft. In einem grossen Theile des nw. Verkehres concurrirt mit ihr die Linie Chicago, Mil- waukee and S. Paul (1412 e. M.; 1,1 Mill. Reisende, 1,7 Mill. T. Fracht)^). Von weiteren grossen Complexen und Linien, die, ohne die grosse, meist sogar internationale Wichtigkeit der vorigen zu haben, doch von erheb- licher örtlicher Bedeutung sind, dürften noch folgende hervorzuheben sein: Verzeichniss der grossen Eisenbahncomplexe der V. St.^) Name Länge des Netzes H a u p t 1 i n i e Maine Central 355 e.M. Pörtland Me.— Bangor Me. Old Colony 278 Boston Mass. — Newport R. J. Boston-Albany 250 Boston Mass.— Albany N. Y. New York and Oswego Midland 344 Oswego N. Y.— Middletowu N. Y. Rome, Watertown and Ogdens- burg 380 Rome N. Y.— Ogdensburg N. Y. , Alleghany Valley 259 Pittsburg Pa.— Oil City Pa. Philadelphia and Reading . . 327 Philadelphia— Pottsville Pa. Philadelphia and Erie . . . 288 Sunbury Pa. — Erie Pa. Washington City, Virginia Mid- land and Great Southern . . 359 Alexandria Va.— Danville Va. Carolina Central 242 Wilmington N. C— Shelby N. C. North Carolina 223 Charlotte N. C.-Goldsboro N. C. East Tennessee, Virginia and Georgia . ' 272 Bristol Va.— Chattanooga Tenn. Nashville, Chattanooga and S. Louis 349 Hickman Ky.— Chattanooga Tenn 1) Nach den Nachrichten von August 1878 hoffte man Anfang 1879 die Bahn von S. Paul Minn. nicht bloss bis Winnipeg, sondern bis Selkirk, 35 Kil. weiter n. an der Canadian Pacific R. R. gelegen, ausgebaut zu haben. 2) Die von den Gesellschaften gepachteten Linien sind in die. Netze der- selben mit eingerechnet. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 429 Name Länge des Netzes H a u p t 1 i n i e Atlantic and Gulf 350 e. M. Savannah Ga.— Bainbridge Ga. Georgia Central 311 Savannah Ga.— Atlanta Ga. Southwestern 310 Macon Ga.— Eufaula Ga. Georgia 231 Augusta Ga.— Atlanta Ga. Alabama Great Southern . . . 296 Chattanooga Tenn.— Meridian Miss. Memphis and Charleston . . . 292 Memphis Tenn.— Stevenson AI. Baltimore, Ohio and Chicago . 262 Chicago Junction 0. — Chicago Cleveland, Columbus, Cincinnati and Indianapolis 391 Galion 0. — Indianapolis Ind. Cleveland and Pittsburg . . . 225 Cleveland 0.— Pittsburg Pa. Columbus, Chicago and Indiana Central 580 Bradford 0.— Chicago 111. Mill Creek Bridge 0.— Scotts Lan- Marietta and Cincinnati . . . 276 ding 0. Ohio and Mississippi .... 608 Cincinnati 0.— East S. Louis 111. Pittsburg, Cincinnati and S. Louis 200 Pittsburg Pa.— Columbus 0. Wabash 690 Toledo 0.— Quincy 111. Chicago and Lake Huron . . 232 Port Huron Mich. — Chicago 111. Chicago and Michigan Lake Shore 246 New BulFalo Mich. — Pentwater Mich. Chicago and Alton 365 Joliet 111.— East S. Louis 111. Chicago, Burlington and Quincy 1270 ChicagoIU.— East Plattsmouth Ind. Flint and Pere Marquette . . 283 Monroe Mich.— Ludington Mich. Grand Kapids and Indiana . . 332 Fort Wayne Ind.— Petosky Mich. Illinois Central 1108 Cairo 111.— Dunleith 111. Indianapolis, Bloomington and Western 333 Indianapolis Ind. — Pekin 111. Jeffersonville, Madison and In- dianapolis 225 Louisville Ky. — Indianapolis Ind. Louisville, New Albany and Chicago 288 NewAlbany Ind. Michigan City 111. S. Louis, Alton and Terre Haute 263 Terre Haute Ind.— East S. Louis 111. S. Louis and South Eastern . . 353 East S. Louis 111. — Evansville Ind. S. Louis and Indianapolis . . 267 S. Louis— Indianapolis. Toledo, Peoria and Warsaw . 247 Warsaw 111. — Grenze von Indiana Green Bay and Minnesota . . 214 Green Bay Wis.— Winona Minn. Western Union 213 Racine Wis.— Rock Island Junc- tion 111. Wisconsin Central 449 Menasha Wis.— Ashland Wis. Burlington, Cedar Rapids and Northern 415 Burlington lo. — Manly Junction lo. Chicago, Clinton, Dubuque and Minnesota 223 Clinton lo.— La Crescent Minn. 430 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Name Länge des Netzes H a u p t 1 i n i e S. Paul and Pacific 387 e. M. S. Anthony Minn.— Breckenridge Minn. Winona and S. Peter .... Cedar Rapids and Missouri R. 272 Central of Iowa 206 Albia lo.— North wood lo. Hannibal and S. Joseph . . . 292 Hannibal Mo.— S. Joseph Mo. Hannibal, Kansas City and Coun- cil Bluffs 252 Kansas City Mo.— Council Bluffs lo. Missouri Pacific 294 S. Louis Mo.— Grenze von Kansas S. Louis, Iron Mt. and Southern G84 Bismarck Mo. — Texarkana Tex. — Kansas City and Northern 380 S. Louis Mo. — Hannibal and S. Jo- seph R. R Junction — and San P'rancisco . . 326 Pacific Station Mo. — Vinita Ind. Terr. Quincy, Missouri and Pacific . 230 Quincy 111.— Brownsville Nebr. Galveston, Harrishurg and S. Antonio . , 215 Harrishurg Tex.— S. Antonio Tex, Houston and Texas Central. . 516 Houston Tex.— Red. R. City Tex. International and Great Northern 519 Longview Tex.— Houston Tex. S. Joseph and Western . . . 227 West S. Joseph Kans — Hastings Nebr. Oregon and California . . . 200 Portland Or.— Roseburg Or. In den letzten Jahren ist eine erhebliche Anzahl von schmalspurigen Bahnen gebaut worden. Ihre Zahl ist leider in den Statistiken nicht ausgeschieden. Auch dieses System soll, wie es scheint, seine grösste Entwickelung in Nord- Amerika finden, nach der Nachricht zu urtheilen, dass man 1877 den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Norfolk Virg. nach Cincinnati begonnen habe, welche hofft, die Erzeugnisse des W. halb so theuer verfrachten zu können wie die jetzigen grossen Linien. Einige dieser Bahnen, die man in grösserer Zahl z. B. in den Minengebieten von Colorado findet, sind Wunder von Kühnheit. Eine der kühnsten ist die von Parker Penn, nach Karns City Penn, durch die Oelregion führende 16 Kil. lange Linie, an der auch Petrolia Penn, gelegen ist. Diese Bahn hat 20 m Steigung p. Km. an einigen Punkten und 16 m Durchschnitts- steigung. Ihre Curven haben bis 37 m Radius. VI. Strassen und Brücken. Ueber die verhältnissmässig geringe Entwickelung der Verkehrsmittel in den V. St. zu der Zeit, in welcher bei uns in Europa die grösste Sorge auf den Bau von Landstrassen ver- wandt wurde, ist oben gesprochen. Man baute dort keine Kunststrassen für Jahrhunderte, sondern Fahrwege für die erste Nothwendigkeit, wobei als eine durch den Holzreichthum des Landes bewirkte Eigenthümlichkeit XI. "Verkehrswege und Verkehrsmittel. 431 die ausgedehnte Verwendung des Holzes hervortritt. An Stelle der Be- schotterung tritt noch heute die Belegung des geebneten Grundes mit,^ Planken (Plank Road), die wie Eisenbahnschienen an einander gelegt sind, oder mit quergelegten Prügeln oder Faschinen (Corduroy Road). Heute baut man wenig Strassen, höchstens kleine Strecken bis zur nächsten Eisenbahn. Wo indessen in unwegsamen Gebirgen transportlohnende Lasten zu bewegen sind, wie z. B. in den Minengebieten von Colorado und Californien, sind eben so gute und bessere Strassen als wir sie z. B. " in Tirol oder Salzburg finden, in die wildesten Canons hineingebaut. Und dieselben sind in der Regel in sehr kurzer Zeit hergestellt worden. Gerade in dieser Gegend kommt nun die Natur der Anlage von Strassen nicht entgegen. Aber in den Minengebieten von Nevada, wo die Anlage von Eisenbahnen ebenfalls nicht lohnt und die vor dem Bau der Pacific- Bahn sogar ganz eisenbahnlos waren, ist es umgekehrt; ihre Steppennatur, der Mangel an Strauch- oder Baumvegetation wie an fliessendem Wasser hat diese Wüstenländer in seltener Weise zum Verkehr geeignet gemacht. Es gilt das nicht nur von den Steppengebieten des Grossen Beckens, sondern noch mehr von denjenigen, welche ö. vom Felsengebirg bis an den Mississippi hinziehen. Hier waren die berühmten transcontinentalen Aus- wandererstrassen (s. 0. S. 397) nichts weniger als gebahnte Wege, sondern ein- fach getretene Pfade, die gleich den Karawanenwegen in den Wüsten ausser durch Wagenspuren noch durch die Reste der umgekommenen Menschen und Thiere bezeichnet waren. Ausser diesen ans Stille Meer führenden Wegen waren von den grossen Steppenstrassen besonders noch berühmt und ziemlich verkehrsreich die beiden grossen Karawanenwege vom Mississippi nach Santa Fe ; der erste und wichtigste führte von S. Louis Mo. über Independence , Caches und Cool Spring unter Kreuzung des Arkansas nach S. Miguel, während ein später eingeschlagener von Van Buren an der Westgrenze von Arkansas im Thal des Canadian eine fast genau westliche Richtung nach San Miguel beschrieb '). Später erwies sich auch Californien durch sein mildes trockenes Klima zur Anlage von Strassen wohl geeignet. In den mittleren und südlichen Gegenden ist der Boden der Plains zwischen den beiden Gebirgen oft so eben und durch den dichten verfilzten Wuchs der Haidepflanzen so fest zusammen- gehalten, dass er ohne alle Vorbereitung mit Eilwagen befahren werden kann, und so vielbefahrene Strecken wie z. B. der Weg von Merced nach ^ Colterville, der weiterhin in das Yosemite-Thal mündet, führen bis an die Sierra einfach über diesen natürlichen Boden weg. Die Entwickelung des Frachtfuhrwesens war in diesen Gegenden eine grossartige vor der Zeit der californischen Bahnen , wo die sog. Stockton - Schooners , Wagen v^ 1) S. Karte und Beschreibung dieser Wege in J. Gregg, Karawanenzüge durch die w. Prärien. 1845. Uehcr den hier betriebenen Handel s. S. 474. 432 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. von 200 — 250 Ctr. Tragkraft, von 6 — 12 der stärksten Maulthiere ge- zogen, den Waarenverkehr zwischen S. Francisco und den Bergwerksgebieten besorgten. — Von den Strassen des 0., die durch die Eisenbahnen und Canäle grossentheils alle Bedeutung für den grossen Verkehr verloren haben (nur gewisse Gcbirgsstrassen der Alleghanies machen davon eine Ausnahme), ist hier wenig zu sagen. Historisch bemerkenswerth ist vielleicht, dass es erst die Gründung einer Poststrasse von Falmouth Mass. bis Savannah Ga. war (durch den Congress 1775 schon beschlossen), welche dem Strassenbau den grössten Anstoss gab. Die Erträge der Post, welche zur Angelegenheit des Bundes erklärt ward, wurden ausschliesslich auf Neuanlage von Poststrassen und Stationen verwendet und bei Portis von 10 — 25 Cts. für Briefe, welche weiter als 50 Kil. gingen, waren dieselben nicht unbedeutend. Der Verkehr war schon 1794 so weit er- leichtert , dass man die Strecke von New York bis Buffalo (988 Kil.) in 80 Fahr- und 20 Ruhestunden, zusammen 100, zurücklegte. Von Philadelphia bis Pittsburg (515 Kil.) fuhr man quer durch das Gebirge, wobei die Nächte geruht ward, in 57« Tagen. 1813 wurde die Länge der Poststrassen der V. St. auf 66000 Kil. angegeben; aber es sind darunter nicht eigentliche Strassen, sondern überhaupt Wege zu verstehen, welche von den Posten befahren bzw. geritten wurden. Von eigentlichen Strassen war damals die von Robbinstown Me. bis St. Mary's Fl. die grösste und auch ver- kehrsreichste. Ihre Länge betrug 2680 Kil. Zur Entwickelung dieses Strassennetzes würden die Verkehrsbedürfnisse ohne die Eisenbahnen gewiss sehr bald geführt haben. Passirten doch schon 1813/14 4055 Frachtwagen den Weg von Philadelphia nach Pittsburg und war unmittelbar vor der Eisenbahn -Aera der Verkehr in Neu-England so lebhaft, dass z. B. 1832 die Zahl der jährlich zwischen Boston und Worcester verkehrenden Menschen auf 84000 und der Waaren auf 30000 T. geschätzt wurde. Da der Amerikaner gern und rasch fährt, sind trotz des Ueberwiegens der Eisenbahnen noch heute seine Leistungen auf dem Gebiet der Fahr- post hervorragend. Die grösste Fahrpostlinie ist zwar mit der Vollendung der Pacific-Bahn aufgelassen worden; es war dies die früher täglich von Atchinson Mo. über Denver und Utah nach S. Francisco abgehende Post, welche die 635 d. M. lange Strecke in 17 — 18 Tagen zurücklegte. Sie -Chatte 260 Wagen und 6000 Pferde und man zahlte 500 1). für die ganze Reise. Aber im W. sind noch immer grosse Strecken mit Pferden zu durchfahren, wobei Bewunderung erregt die Kühnheit, mit der das nach mexikanischer Art meist mit 5 Maulthieren oder Pferden bespannte Fahr- zeug über Stock und Stein getrieben wird. Die Strasse neisenbahnen sind in den V. St. durch die weite Anlage der Städte, die Theuerung der Einzelfuhrwerke, die Neigung, möglichst in der Peripherie zu wohnen, während die Geschäfte im Mittel- punkt der Städte gemacht werden, endlich überhaupt in Anwendung des XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 433 alles beherrschenden Grundsatzes der Zeit- und Arbeitersparung zu einer sehr weit verbreiteten Einrichtung geworden. Den Grossstädten haben sie nicht einmal genügt, sondern diese haben daneben noch besondere Dampf- eisenbahnen , die in New York die merkwürdige Form der sog. Elevated v^ Rail Roads, d. h. auf einem Säulenlager hoch über der Strasse hinführenden Eisenbahn, angenommen haben. Für die Staaten New York und Massa- chusetts zählt Poor's Rail Road Manual für 1878 (New York 1878) 71 bzw. 34 Strasseneisenbahn - Gesellschaften auf. Die grösste von diesen, die Metropolitan R. R. in Boston, hat 47 e. M. Linien ^). — Der Zustand ^^ der städtischen Strassen ist in allen Städten der V. St., einige feine Haupt- strassen abgerechnet, ein wenig guter und dasselbe gilt von der Strassen- reinigung. Es wird in dieser Beziehung nur das Nothwendigste gethan. Eigentliche Steinpflasterung ist selten, Holzpflaster oder Macadam sind vorwiegend. Die Grossstadt Philadelphia ist so gepflastert wie es in alten deutschen Städten üblich war, wie Reuleaux sich ausdrückt, mit Bach- Meseln. Brücken. Der amerikanische Brückenbau ist durch die Grossartig- keit und Kühnheit seiner Leistungen wohlbekannt. Der Natur der Ver- hältnisse entsprechend, unter welchen gebaut wird, sind es grosse und zugleich billige, wenn auch weniger dauerhafte Construktionen, die man mit Vorliebe herstellt. Dass man jedoch vor kostspieligen Bauten nicht zurückscheut, beweist die New York-Brooklyner Brücke über den East R., für welche Ende 1878 die Gesammtkosten auf 13 Mill. D. veranschlagt wurden. Es wird dies die grösste bis jetzt gebaute Hängebrücke von 493 m Länge und 26 m Breite sein. Die Pfeilerthürme werden 85 m hoch. Ueberhaupt sind Hängebrücken in den V. St. mit grösserer Vorliebe v^ gebaut worden als bei uns und sind es vorzüglich die Werke deutscher Ingenieure, in erster Linie des Erbauers der Niagara - Hängebrücke, -A . Röbling's, welche dabei zum Muster genommen wurden. Ausser diesen sind es die hölzernen Fachwerkbrücken, welche in grosser Menge und Mannigfaltigkeit erbaut wurden. Man hat sie in Europa vielfach nach- geahmt. Sie finden ihre grösste Entwickeiung in den sog. Trestlcv-- Works, brückenartige Holzgerüste von oft gewaltiger Höhe und Länge, die bei den Eisenbahnen grosse Bodeneinschnitte übersetzen, Sümpfe über- brücken u. s. f. — Ueber den Mississippi führten am 1. Januar 1878 feste Brücken bei Winona, La Crosse, Prairie du Chien, Dubuque, Clinton, Rock Island, Burlington, Keokuk, Quincy, Hannibal und Louisiana Ms. 1878 wurde im Congress der Antrag gestellt, eine 12. feste Brücke bei Memphis Tenn. bauen zu lassen. 1) Vgl. über diese Einrichtungen: Dietrich, Reiseskizzen ges. auf einer Studienreise nach Nord-Amerika. Berlin 1879. 36 f. K a t z c 1 , Amerika II. oo 434 XI, Verkehrswege und Verkehrsmittel. VII. Rhederei und Schiffsverkehr. 1. Zahl der Schiffe. Im Beginn des Fiskaljahres 1876/77 wurden in den V. St. folgende Zahlen und Tonnengehalte von Segelschiffen, Dampfern, Canalbooten und Barken gezählt: Segelschiffe Z. T. Dampfer Z. T. Atlantische und Golfküste . . . Pacifische Küste Seen des Nordens Flüsse des Westens 15 678 936 1643 2 115 762 161 430 331 497 2 081 270 921 1048 4 320" 665 879 78 439 201 742 226 311 18 257 2 608 691 1 172 372 Canal Z. boote T. Barken Z. T. Atlantische und Golfküste . . . Pacifische Küste ..:... Seen des Nordens Flüsse des Westens . . . .• 1140 441 83 321 34 386 685 86 188 817 147 375 13 525 45 584 174 200 1581 117 708 1776 380 686 Auf die wichtigeren Zollbezirke vertheilten sich dieselben fol- gendermassen : New York . . . Philadelphia . Boston u. Charlesto\\ Baltimore . . . S. Francisco . . Ostdistrikt von Mary land .... Waldoborougti Me. Gloucester Mass. Portland und P'al mouth Me. . . Cherrystone Va. . New Orleans . . Bridgeton N. J. . I. Segelschiffe^). Z. , 2 713 , 956 n 872 . 846 . 815 , 683 520 510 378 363 361 359 T. 606 303 162 004 291 895 78 543 140 012 18 516 81027 33194 101 745 5 775 35 945 17 746 Castine Me. . v/Chicago . . . Norfolk Me. . Norfolk Va. Portsmouth Va. Frenchmans Bay Me. Perth Amboy N. J. . v^ilwaukee . . . . Belfast Me. Bath Me Sag Harbour N. Y. . New Bedford Mass. . Machias Me. . . . Bangor Me, Z. 331 322 309 309 298 284 283 263 240 237 236 210 205 T. 20 969 75 186 7 003 19 601 14 275 51025 59 661 112 744 11063 42 174 26 327 31639 1) Nur die Orte mit über 100 Segelschiffen sind gezählt. XI. Verkehrswege nnd Verkehrsmittel. 435 Z. T. Z. T. Passamaquoddy Me 204 25 444 Key West Flor. . 120 3178 Fairfield Conn. . 201 9 041 Michigan Mich. . 121 10 608 Galveston Tex. . 191 10 531 Newport R. I. . 117 4 303 Detroit Mich. . . 182 28 981 Yorktown Va. 116 2 359 New London Conn. 180 9 280 Fall R. Mass. . . 114 12 405 Cuyahoga Ohio . 163 48 562 Stonington Conn. il4 9 714 Wiscasset Me. . 162 10 887 Annapolis Md. . 105 1986 Delaware Del. 159 11337 Pearl R. Miss. . 102 3 921 Charleston S. C. . 145 7 030 Buffalo Creek N. Y 102 45 367 New Haven Conn. 139 15 385 Pamlico N. C. . 101 2 065 Great Egg Harb. 131 15 900 Middleton Conn. . 100 9 679 Huron Mich. . . 128 12 833 Man sieht aus dieser Uebersicht, dass die V. St. unter ihren Zolldistrikten (die mit Hafenplätzen in den meisten Fällen zusammen- fallen) 46 haben, in denen mehr als 100 Segelschiffe gezählt werden. Die Reihenfolge, in der vorstehend diese Distrikte nach der Zahl ihrer Segelschiffe aufgeführt sind, ist natürlich nicht als mit der Reihen- folge ihrer Bedeutung für die Rhederei des Landes zusammenfallend zu erachten, denn die Grösse der Schiffe ist in dieser Beziehung ein einflussreicherer Faktor, der aber zur Zahl derselben in sehr ver- schiedenen Verhältnissen stehen kann. Bloss nach der Grösse, wie der Tonnengehalt sie ausdrückt, geordnet, folgen die Distrikte mit Schiffen von mehr als 50 000 T. in folgender Weise auf einander : New York, Boston-Charlestown, Philadelphia, San Francisco, Bath Me., Portland - Falmouth Me., Waldoborough Me. , Baltimore, Chicago, Belfast Me. Die Staaten folgen sich nach der Grösse des Tonnengehaltes ihrer Segelschiffe in folgender Reihe: I. An der atl an ti sehen und z. T. Golfküste. Rhode Island . . 228 20 264 z. T. Georgia . ,. . . 81 14 295 New York .... 2 950 617 367 Texas .... 267 12 680 Maine . . 2 878 497 141 Florida .... 251 12 631 Massachusetts 2 463 450 720 New Hampshire . 71 11809 Pennsylvania 956 162 004 Delaware . . . 159 11 337 Maryland . 1 634 99 046 Alabama . . . 72 10 584 New Jersey 920 59 359 S. Carolina . . . 167 8 645 Connecticut 734 53101 N. Carolina . . 278 8 089 Louisiana . 413 37 352 Mississippi . . , 102 3 921 Virginia 971 22 296 District of Columbia i 83 28* 3147 436 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. IL An der pacif ischen Küste. Z. T. Z. T. Ohio 276 65 331 California . . . . 828 141 029 Michigan . . . 458 55 368 Washington Terr. 71 18 562 Wisconsin . . . 283 51025 Oregon 29 1739 Pennsylvania . . 17 7191 Alaska 8 99 Vermont . . . 10 544 HL Die Seen d es Nor dens. Minnesota . . . 2 78 New York . . . . 275 76 761 18 257 2 608 691 Illinois 322 75186 II . Dampfschiffe ^). Z. T. Z. T. New York . . . 800 347 197 Superior Mich. . 43 2 943 Philadelphia . . 306 83 501 Providence R. I. . 38 19 353 San Francisco 166 53 790 Newark N. J. . . 34 3 038 Pittsburg . . . 162 35 862 Portland Me. . . 33 9 373 S. Louis 159 61723 Galveston Tex. . 32 4 447 New Orleans . . 156 44 9362) Dubuque lo. . . 32 2 555 Detroit Mich. . . 128 39 218 La Crosse Wisc. . 32 3153 Huron Mich. . . 124 20 758 Mobile AI. . . . 31 5 454 Buffalo Creek N. Y 122 52 823 Puget W. T. . . 31 4 200 Baltimore . . . 118 41607 Mittleton . . . 28 6 152 Chicago .... 100 13 031 S. Johns Flor. . 28 2 721 Michigan Mich. . 96 6 683 Nashville Tenn. . 27 4 290 Cincinnati . . . 96 30 598 Sandusky 0. . . 25 3 249 Wheeling W. V. . . 96 11632 New London Conn. . 24 10 788 Boston .... 81 19 154 Oswego N. Y. . . 24 948 Milwaukee Wisc. 74 13 333 Erie Penn. . . 23 14 499 Cuyahoga 0. . . 73 23 240 Galen a 111. . . . 23 3 534 Memphis Tenn. . 61 10 068 Fall E. Mass. . 22 14 963 Evansville Ind. . 55 6 510 Charleston S. C. . 22 3 806 Norfolk and Ports Omaha Nebr. 22 4 621 mouth Va. . . . 53 5 627 Teche Louis. . . 21 1352 Minnesota . . . 49 4 780 Vicksburg Miss. . 21 3 213 Williamette Or. . 48 18 214 Cairo 111. . . . 21 3134 Perth Amboy N. J 43 9 904 Miami 0. . . . 20 1543 Louisville Ky. 43 10 145 Savannah Ga. 20 9 087 Die Distriki .e bzw. Hafenplä tze mit einem Ges ammt-Tonnen- gehalt der Dampfschiffe von mehr als 25000 T. folgen in dieser Ordnung auf einander: New York, Philadelphia, S. Louis, San Francisco, Buffalo, New Orleans, Baltimore, Detroit, Pittsburg, Cincinnati. 1) Nur die Distrikte mit 20 oder mehr Dampfschiffen sind gezählt. 2) Davon 138 mit 29 899 T. Flussdampfer. XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. 437 Die Staaten folgen sich nach der Grösse des Tonnengehaltes ihrer Dampfboote in folgender Reihe: I. An der * atlantischen und m. Staater i an den Seen des Golfküste. Nordens. Z. T. Z. T. New York .... 804 348 016 Michigan .... 391 69 603 Pennsylvania 306 83 501 New York . 207 60 271 Maryland . 119 41652 Ohio .... 118 28 032 Massachusetts 127 39 679 Pennsylvania 23 14 499 Connecticut 80 26 117 Wisconsin . 74 13 333 Rhode Island 51 21806 Illinois . . 100 13 013 Maine . . 96 19 563 Minnesota . 3 449 New Jersey . 99 18 424 IV. Staaten an den Flüssen Louisiana . 39 16 390 des Westens. Georgia . . 31 10101 Missouri .... 159 61732 Florida . . 61 7 303 Pennsylvania 162 35 862 Virginia . . 83 7 012 Ohio . . . 96 30 598 D. Columbia 28 5 683 Louisiana . 138 29 899 Texas . . 37 5 476 Tennessee . 88 14 358 Alabama . 31 5 454 W. Virginia 96 11632 S. Carolina . 35 4 236 Kentucky . 43 10145 Delaware . 16 2 569 Illinois . . 44 6 669 N. Carolina 22 1950 Indiana . . . 55 6 510 N. Hampshire 8 508 Minnesota . 49 4 780 Mississippi . 8 429 Nebraska . 22 4 621 IL An der pacifischen Küste. Mississippi 24 3 345 California .... 172 54 773 Wisconsin . 32 3153 Oregon 66 19 419 Iowa . . . 40 3 009 Washington Terr. . 31 4 200 4 320 1 172 372 Alaska 1 45 TTT. Cana Ibootei). Z. T. Z. T. Baltimore .... 565 33 990 Burlington N. J. . . 79 6 505 Champlain N. Y. . . 419 31783 Philadelphia ... 20 2 559 New York .... 393 31370 Oswego 18 2183 Perth Amboy N. J. . 81 8 690 Die Staaten folgen in dieser Reihe auf einander: I. An der atlantischen und Z. T. Golfküste. Pennsylvania ... 20 2 559 Z. T. Connecticut ... 1 120 Maryland .... 565 33 990 D. Columbia ... 1 85 New York .... 393 31370 1140 83 321 New Jersey 160 15196 1) Nur die Distrikte mit mehr als 1000 T. sind angeführt. 438 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel, II. An den Seen des Nordens. Z. T. New York 439 34196 Vermont 2 189 441 34 386 In demselben Fiskaljahr 1875/76 wurden in den V. St. gebaut: 698 Segelschiffe mit 118 672, 338 Dampfschiffe mit 69252, 28 Canalboote mit 3111 und 48 Barken mit 13511 T., zusammen 1112 mit 203 584. Die grösste Thätigkeit im Schiffsbau entfalten folgende Zollbezirke: Bath Me Philadelphia . . . Portland-Falmouth Me, New York .... Delaware .... Boston-Charlestown . Z. 40 57 25 100 24 25 T. 20 745 16 028 14176 12 646 11212 10 943 Waldoborough Me. San Francisco . . S. Louis Mo. . . Newburyport Mass. Belfast Me. . . Machias Me. . . Z. 15 63 18 8 8 13 T. 10 843 8 556 8 354 6 910 6 444 5 275 Der Schiffsbau vertheilte folgender Weise: sich auf die Staaten bzw. Territorien in I. An der a itl an tischen und Z. T. Golfküste. Washington Terr. . 2 2 309 Z. T. Alaska 3 31 Maine 153 69 119 III. An den Seen des N Ordens. Massachusetts . 70 20 570 Pennsylvania . 57 16 028 Michigan 54 6 262 New York . 108 12 742 New York . 50 5 735 Delaware . . 24 11 212 Ohio . . '. 15 2 616 Maryland 76 4 445 Illinois . . 11 776 New Jersey , 47 4 263 Wisconsin .... 10 733 Connecticut , 50 3 766 IV. An den Flüssen des New Hampshir( 5 1703 Westens. Virginia . . 34 1200 Missouri 18 8 354 N. Carolina . 27 410 Kentucky . . 23 4 566 Florida . . 17 387 Ohio . . . 17 3 620 Louisiana . 14 296 W. Virginia 19 2 012 S. Carohna . 12 241 Indiana . . 11 1151 Texas . . 11 231 Tennessee . 17 1012 Georgia . . 9 137 Pennsylvania 3 829 Rhode Island 8 130 Minnesota . 4 599 Mississippi . 6 55 Illinois . . 5 543 D. Columbia 5 44 Louisiana . 10 492 Alabama . . 3 22 Iowa . . . 3 292 IL An der pacif i s c h e n Küste. Nebraska 3 64 California . . . . 63 20 8 557 5 926 Wisconsin . 1 9 Oregon .... 1112 203 586 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 439 Von den Segelschiffen wurde die grösste Zahl in den Neuengland- Staaten (259 mit 99 898 T.), von den Dampfbooten in Pennsylvania, Delaware, New York, Missouri und Californien gebaut. Unter den Segel- schiffen sind 424 als Schoner, 193 als Schaluppen, 35 als Ships, 26 als Barken, 15 als Brigantinen und 5 als Briggen bezeichnet. Unter den Dampf- booten sind 292 Flussdampfer mit zusammen 43481 T. (144 Schrauben-, 98 Hinterrad-, 50 Seitenrad - Dampfer) , 24 für die Seen mit 5192 T. (22 Schrauben- und 2 Seitenrad-Dampfer) und 22 Meerschiffe mit 20578 T. (21 Schrauben- und 1 Seitenrad -Dampfer). Von diesen Dampfern sind 25 mit 21 347 T. aus Eisen. Eiserne Segelschiffe sind nicht gebaut worden. In den vorhergehenden Jahren wurden gebaut: Z. T. T. p. Jahr 1815- -19 . . 5 223 . 53 420 10 680 1820- -29 . . 7 490 . . 861 100 86110 1830- -39 . .. 8 630 . . 1085 270 108 527 1840- -49 . . 11355 . . 1 666 900 166 690 1850- -59 . . 14 834 . . 3 713 600 371 360 1860- -69 . . 15 990 . . 2 931 760 293 176 1870- -76 . . 11847 . . . 2 052 390 293 198 Die Zeit der grössten Blüthe des Schiffsbaues war die von 1852—57, in welchen 6 Jahren 10012 Schiffe mit 2 744 310 T., also 457 285 T. p. Jahr gebaut wurden. Seit Jahren ist der Schiffsbau in den V. St. im Rückgang. 1873/74 wurden 433000, 1874/75 298000 T. gebaut. Aehn- liche Schwankungen zeigt überhaupt die Handelsflotte der V. St. Von 1789 an hat sich die Kauffahrtei - Flotte der V. St. von 10 zu 10 Jahren in folgender Weise entwickelt: 17-89 . T. . 201 562 1830 . T. . 1191766 . Davon Dampfer . 64 472 1790 . . 478 377 1840 . . 2180 764 . . 202 309 1800 . . 972 492 1850 . . 3 535 454 . . 525 434 1810 . . 1 424 783 1860 \ . 5 353 868 . . 867 937 1820 . 128 167 1870 . 1876 . . 4 246 507 . . 4 279 458 . . 1075 095 . 1172 372 Die tiefsten und höchsten Punkte der Wellenlinie, welche diese Ent- wicklung bezeichnet, fallen in folgende Jahre: T. 1789 201 562 1792 564457 1793 520 764 1800 972 492 1802 892 106 1807 1268 548 1808 1 242 595 1810 1814 1817 1818 1828 1830 T. 1 424 783 1 159 209 1 399 912 1 225 185 1 741 392 1 191 776 1855 1856 1861 1869 1875 1876 T. 5 212 001 4 871 653 5 539 813 4 144 641 4 853 732 4 279 458 440 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel, Viel ist gesprochen worden über die Ursachen, welche dem Sinken zu Grunde liegen, das seit 1861 die Handelsflotte der V. St. fast stetig verkleinert hat. In die Jahre zwischen 1861 und 69, welche den grössten Rückgang gesehen haben, fällt der Bürgerkrieg, in welchem durch die südstaatlichen Kreuzer den vorwiegend dem N. angehörenden Kauffahrtei- schiffen ungeheurer Schaden zugefügt wurde. Gleichzeitig fällt aber in diese Zeit -die erste Wirksamkeit des schutzzöllnerischen Tarifes, der besonders dem Bau eiserner Schiffe durch Erschwerung des Bezuges der Bau- und Ausrüstungsstoffe schwere Hindernisse schuf. Dann kommt die Entziehung eines Theiles der besten Mannschaften hinzu, welche auf den Gebieten der Industrie, des Ackerbaues u. s. f. minder schwierige und gefährliche, manchmal auch lohnendere Beschäftigung fanden als bei der Schiffahrt. Endlich ist , da in der Schiffsstatistik der V. St. auch die Fahrzeuge der Flüsse und Binnenseen mitzählen, die Verminderung der Canalboote und z. Th. sogar der Stromfahrzeuge durch die Concurrenz der Eisenbahnen nicht zu übersehen. Noch andere Ursachen hebt der National Board of Trade (s. u.) hervor, welcher bei mehrfacher Be- handlung dieser Frage den Hauptgrund in den Gesetzen der V. St. ge- sehen hat, die das Recht zur Führung der amerikanischen Flagge nur denjenigen Fahrzeugen gewähren, welche im Inland gebaut und zu Va mit Amerikanern bemannt sind. Derselbe hat sich ferner im Interesse der amerikanischen Rhederei für den Lotsenzwang und den Prüfungszwang der Steuerleute und Capitäne, ferner für Einführung des englischen Schiffslehrjungen-Systems (Apprentice System) ausgesprochen. Soweit die Verdrängung der Schiffe der V. St. aus dem Verkehr ihrer eigenen und der übrigen amerikanischen Häfen bei diesem Rückgang in Betracht kommt % hat sich in neuester Zeit eine lebhafte Bewegung für Förderung der heimischen Schiffahrt vorzüglich durch Schaffung neuer Dampfer- linien und Staatsunterstützung der bestehenden geltend gemacht. Am meisten wird aber in dieser Richtung ganz von selbst der allgemeine Auf- schwung der nordamerikanischen Industrie thun. Von amerikanischen Dampfschiff- Gesellschaften sind nur Pacific Mail S.S.Co, mit 250000 (vor 1876 mit 500000) und U.S. and Brazil S.S. Co. mit 37 500 von Seiten der Regierung unterstützt. Gleichzeitig zahlten aber die V. St. 1876 182863 D. an fremde Dampfschiff- Gesellschaften für Beförderung der amerikanischen Post. — Auf die verschiedenen amtlich festgestellten Classen der Kauffahrtei-Flotte vertheilten sich die Schiffe folgendermassen am 30. Juni 1876: 1) Nach Zusammenstellungen des Vorstandes des Statistischen Amtes der V. St. wurden 1821 in amerikanischen Schiffen Waaren für 113 201 462, in fremden für 14 358 235 D., also 88,74 Proc. in amerikanischen befördert. 1877 wurden 829 920 536 in fremden, 316 660 281 in amerikanischen Schiffen befördert, also 26,9 in amerikanischen. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 441 1. Registrirte Schiffe (Registered Vessels), zum Verkehr mit dem Auslande berechtigt, 1592 821 T. 2. Eingetragene Schiffe (Enrolled Vessels) von über 20 T. für den Küstenhandel 2 547 490 T. 3. Licensirte Schiffe (Licensed Vessels) von unter 20 T. für den Küstenhandel 51 344 T. Also im Aussenhandel beschäftigt 1592 821, im Küstenhandel 2598834. Von den ersteren entfallen 198 227, von den anderen 974145 auf Dampfboote. Ende Juni 1876 vertheilte sich die Walfischfänger-Flotte der V. St. auf folgende Häfen bzw. Zolldistrikte : z. T. Z. T. New Bedford Mass. . 132 34 614 Edgartowu Mass. 2 333 Barnstable Mass. . . 21 2 036 2 049 S. Francisco Cal. . 2 132 New London Conn. . 14 ~171~ ~3¥l64 Die mit Stockfisch- und Makrelenfang beschäftigten Schiffe vertheilten sich zur selben Zeit folgendermassen '): Z. T. Z. T. Gloucester Mass, . . 413 22 399 Frenchmans Bay Me 67 2 404 Barnstable Mass. . . 286 17 222 Salem -Beverly Mass . 37 2 388 Boston - Charlestown Marblehead Mass. 50 1718 Mass 121 5 268 Stonington Conn. . 75 1610 Waldoborough Me. . 191 4 385 San Francisco Cal. 25 1574 Sag Harbour N. Y. . 149 3 942 Belfast Me. . . . 54 1544 Wiscasset Me. . . . 96 3 934 Plymouth Mass. . 40 1409 Portland-FalmouthMe. 121 3 817 Passamaquoddy Me. 34 1371 Castine Me 97 3 482 Newport R. L . . 69 1208 New London Conn. . 114 2 470 Newburyport Mass. 24 1040 Auf die Staaten vertheilt sich di ese Flotte folgenderm assen : z. T. Z. T. Massachusetts . . 1 061 53 030 Rhode Island . . . 100 1505 Maine ..... 735 22 215 New Hampshire . . 22 1143 New York .... 163 4190 4 081 Pennsylvania . ; . 3 16 Connecticut '. . . 189 2 311 87 803 California .... 29 1623 2. Schiffsverkehr. Aus fremden Häfen kamen an Schiffe: Aus fremde ameri- kanische Aus fremde ameri- kanische Grossbr. u. Irland Dominion of Ca- nada .... Deutschland . . 3 389 009 2 373 699 721 693 427 036 981 713 34 090 Frankreich . . Cnba .... Belgien . . . Italien .... 391 890 257 167 230 635 167 797 72 788 771 596 19 625 48 256 1) Nur die Zolldistrikte mit 1000 T. und mehr sind angeführt. 442 XL Verkehrswege und Verkehrsmittel. Aus fremde ameri- Aus fremde ameri- kanische kanische Brasilien . . . 156 719 64 328 Kussland . . . 4 734 9 113 Brit. -Australien 119 522 29 620 Französ. -Afrika 4 653 1266 Brit.-V/estindien 100 281 123 502 Honduras . . . 4 021 8 811 Spanien . \ . 98 689 40 963 S. Domingo . . 3 871 10 620 Brit.- Ostindien . 88 749 39 580 Dänemark . . 3 554 284 Schweden und Aegypten, Tunis Norwegen . . 63 576 2 285 und Tripolis . 3 375 Mexico . . . 49 737 79 922 Hawaiischeinsein 3 002 17 331 Colombia. . . 44 445 175 692 Brit. -Honduras . 2 584 1496 Dänisch-W.-Ind. 39 719 18 977 Holländisch- Hongkong . . 36 989 17 246 Guiana . . . 2 455 2 676 Japan .... 35 446 69 109 Spanische Bes. Brit- Columbia . 33 841 235 291 in Afrika und Portugal . . . 33 067 6 201 Canar. Inseln 2135 1359 Französ.-W.-Ind. 30 080 26 204 Nicaragua . . 1462 987 Gibraltar . . . 27 344 Costarica . . . 1384 1950 Portoricc . . . 27 093 40 261 Bolivia . . . 1354 China .... 26 676 2 497 Britische Bes. Peru .... 25 834 11912 ausser den ge- Azoren, Madeira nannten . . 1317 u. Cap Verde- Afrika ausser Inseln . . . 25 685 7 813 den Colonien 1073 3 685 Hayti .... 22 359 29 126 Französ. Bes. I^rit.-Guiaua 14 651 11 024 ausser den ge- Philippinen . . 13 710 42 562 nannten . . 1058 Venezuela . . 12 242 19 585 Europ. Türkei . 520 440 Oesterreich . . 11 280 1973 Ecuador ... 249 Holländisch- Walfischfänger Westindien . 7 549 13 427 a. d. n.-atlant. Holländisch- Ocean . . . 3 827 ostindien . . 7 535 11 258 Walfischfänger » Britisch -Afrika 7 282 7 157 a. d n.-pacif. Chili .... 7 244 3 254 Ocean . . . - 1633 Uruguay . . . 6 211 7 988 Walfischfänger Argentinien . . 6177 16 129 aus anderen Grönland, Island Meeren . . 4 417 und Faröer . 5 964 Aus nicht be- Griechenland . 5 530 2 033 sonders aufge- Asiatische Türkei 5 335 2 269 führten Häfen 404 562 Neufundland 8 899 312 3 611 436 und Labrador 4 777 7 221 Hiiisiclitlich Länder mit mehr des Schiffsverkehres mit den V. St. folgen sich die als 100 000 T. in dieser Reihe : Grossbritannien XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 443 und Irland, Dominion of Canada, Cuba, Deutschland, Frankreich, Britisch-Columbia, Belgien, Britisch-Westindien, Brasilien, Colombia, Italien, Britisch-Australien, Spanien, Britisch-Ostindien, Mexico, Japan. Von fremden Dampfern liefen in Häfen der V. St. ein, kom- mend von: Z. T. Z. T. Grossbritannien und Brasilien . . . 28 43 782 Irland .... 642 2 045 765 Mexico .... 27 43 086 Deutschland . . . 141 444 493 Colombia . . . 29 41862 Frankreich. . . . 52 174 595 Brit.-Westindien 38 39 899 Belgien 41 97 829 Japan .... 11 29 306 Cuha 45 56 641 Spanien ... 16 27 978 Dominion of Canada 71 53 888 Brit.-Australien . 11 25 462 Niederlande . . . 25 50 916 Gibraltar . . . 13 24 034 Aus allen übrigen Ländern kamen weniger als 20000. sammtzahl 1323 mit 3319053 T. Ge- Den Verkehr der Haupt häfen bzw. Zollbezirke der V. St. zeigt folgende Liste (in T.): Zollbezirk Eingelaufen Ausgegangen Küsten- * vom Küsten- nach fahrt Ausland fahrt Ausland 113 463 7 252 136 210 7 640 33 27 774 33 422 1482 699 1717 2 586 734 10 310 506 2194 1134 9 899 477 3 232 1008 9190 894 70 207 139 351 133 358 150 571 448 347 1657 2145 1959 2 258 3 932 3132 21 128 6 010 2 664 3 979 1825 4 450 8 789 74173 1954 74 801 2 432 1420 3 955 1422 24 128 7 357 2 410 8176 2 050 5 741 1962 5 203 70 2 778 70 2 254 252 773 384 965 194 425 383 090 83 251 138 172 174 493 75 Passamoquoddy Me. . . Machias Me Frenchmans Bay Me. . Castine Me Waldoborough Me. . . Wiscasset Me Bath Me Portland -Falmouth Me. Saco Me Belfast Me Bangor Me Portsmouth N. H. Vermont Newburyport Mass. . . Gloucester Mass. . . . Salem-Beverly Mass. Marblehoad Mass. . . Boston-Charlestown Mass. Plymouth Mass. . . . Fall R. Mass 444 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Eingelaufen Ausgegangen Zollbezirk Küsten- vom Küsten- nach fahrt Ausland fahrt Ausland Barnstable Mass 2 069 New Bedford Mass 12 099 1174 14 939 1171 Edgartown Mass 183 183 Providence R. I 5 387 8 293 2 720 6 697 Newport R. I 330 622 330 New London Conn 3 615 2182 771 1 227 New Haven Conu 13 828 3 646 5 311 1277 Middleton Conn 160 131 Fairfield Conn 480 2 805 2 084 Stonington Conn 783 64 Genesee N. Y 23 906 80 568 1775 84 966 Oswego N.,Y 70 094 251 188 38 631 254 688 Niagara N. Y 3 440 65 826 1655 65 557 BuflFalo Creek N. Y 15 819 43 367 9 897 40 265 Oswegatchie N. Y 9 573 25 889 13 876 24 713 Champlain N. Y 106 702 3192 111 909 3 965 Cap Vincent N. Y 8 779 52 438 4 665 55 345 Dunkirk N. Y 583 1985 589 2184 New York 1 065 689 3 401 450 904 939 3 377 438 Perth Amboy N. J . 564 711 640 1272 Newark N. J. ...... . 2 255 2 381 283 4 250 Philadelphia Penn 264 566 579 728 269 870 556 184 Erie Penn. ... 6 599 358 12112 2 725 3 859 583 9145 Delaware 271 Baltimore 100 580 ö67 277 98 739 586 887 Georgetown D. C 478 1487 Richmond Va 2 739 7 472 10 743 14 866 Petersburgh Va 246 77 Norfolk -Portsmouth Va. . . . 4 719 13 212 32 415 29 035 Alexandria Va 9165 684 Pamlico N. C 1181 73 1467 Beaufort N. C Wilmington N. C 2 945 59 135 10190 60 256 Charleston S. C 11898 101 272 23 598 103 276 Georgetown S. C 231 116 1387 116 Beaufort S. C 145 47 415 796 49 556 Savannah Ga 39 904 169 685 49 483 119 698 Brunswick Ga 3 463 77 805 13155 93 444 S.Marys Ga 155 7 925 4 224 9 784 Pensacola Fla 28 250 233 149 21484 247 150 Key West Fla 41162 12 842 37 500 8 914 S. Marks Fla 2 361 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 445 Z 0 1 1 b e z i r k Eingelaufen Küsten fahrt vom Ausland Ausgegangen Küsten- fahrt nach Ausland S. Johns Fla. . . Fernandina Fla. . . Mobile AI Pearl R. Miss . . . New Orleans . . , Teche La Galveston Tex. . . Saluria Tex. . . . Brazos de S. Jago Tex. Corpus Christi Tex. . Paso del Norte Tex. Miami Ohio .... Sandusky Ohio . . . Cuyahoga Ohio . . . Detroit Mich. . . • Huron Mich. . . . Superior Mich. . . Michigan Chicago 111 Milwaukee Wisc. . . Duluth Minn. . . . Minnesota Minn. . . Oregon Willamette Or. . . Puget Sound Wash. T. S. Francisco Cal. . . S. Diego Cal. . . . Alaska 4 083 13 261 35101 16 028 171 318 6104 22137 33 457 4 955 9 056 9 803 2 656 6 355 56 975 284 015 57 298 3 865 3 629 853 276 13 450 1509 9 297 138 550 342 318 997 7 614 357 7 615 52 651 25 802 428 264 66 399 19 790 36 476 8 027 83 457 663 366 516 059 97 294 11847 30 618 12 290 41016 6 389 12 797 17 740 279 064 441 7135 5 325 8 428- 43194 14 902 183 160 22 27 438 44142 6179 12 722 9 794 5 870 8 336 65 947 281 748 56 243 2 433 539 50106 21067 633 13 321 12191 19 056 141 718 430 862 1822 7 566 524 8 015 55 280 27 336 452 213 78 315 7 263 34127 10 821 90 563 661 732 516 430 97 239 10 761 25 236 16 450 41 615 21007 35 460 25141 234 787 1024 7 004 Die fremden Schiffe, welche aus fremden Häfen in die der V. St. einliefen, verth eilten sich folgendermassen auf die verschiedenen Flaggen : Zahl Tonnen Be- mannung Britische 13 480 6 350 301 183 516 Deutsche 756 816 039 23 135 Norwegische . . . . . 1334 623 808 16 247 Italienische 586 297 490 7 843 Französische 127 192 507 6 932 Oesterreichische .... 279 159 599 3 886 Spanische 253 122 754 4 253 446 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. Be- Zahl Tonnen, mannung Belgische 46 92 504 2 422 Russische . . 135 76 009 1961 Schwedische . 157 72122 1939 Niederländische 58 63 621 1567 Portugiesische 51 21748 674 Dänische . . 48 16 811 516 Nicaraguanische 13 9 832 201 Argentinische . 11 5106 141 Costaricanische 5 4 974 100 Mexicanische . 22 3 984 208 Hawaiische . . 10 3 522 97 Guatemaltekische 4 2 506 60 Peruvianische . 2 2 412 38 Haytianische . 7 2 291 68 Colombianische 4 1124 39 Tahitianische . 4 892 50 Chilenische 1 825 16 Liberianische . 5 685 31 Dominikanische 2 454 14 Griechische . 1 428 13 Die wichtigsten der grossen Dampferlinien, welche die V. St. mit anderen Ländern in Verkehr setzen, sind die atlantischen, welche den Verkehr mit Eropa besorgen. Der Dampfschiffahrtsv erkehr zwischen Europa und den V. St. im Jahre 1877 wurde durch 182 Dampfer mit einem Gesammtgehalt von 556 850 T. vermittelt. Nach ihrer Flagge participirten : Deutschland . 32 V n 97 395 „ Frankreich )i 10 ^ „ 39 334 „ Holland . . „ 10 ,^ n 26 427 „ V. St. . . . n 5 „ n 15 798 „ Total: 128 Dampfer mit 556 850 T. Es sind besonders die Häfen Boston, New York, Philadelphia und Baltimore auf amerikanischer, Glasgow, Liverpool, Queenstown, London, Hamburg, Bremen, Rotterdam, Antwerpen, Havre auf europäischer Seite als Endpunkte der bedeutendsten Linien zu nennen. Dieser Verkehr ver- mittelt sich gegenwärtig durchschnittlich in der kurzen Zeit von 8V2— 13 Tagen je nach der Entlegenheit der Häfen. Die deutschen Dampfer brauchen durchschnittlich 13 Tage für ihre Reisen zwischen New York XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 447 und Hamburg bzw. Bremen ^). Wichtig sind ausserdem im Atlantischen Ocean noch die Linien New York — Havana (4 Tage), New Orleans — Veracruz (3 T.) und New York — Colon oder Aspinwall (9 T.). Im Stillen Ocean beherrschen die nordamerikanischen Dampfer den Ver- kehr zwischen S. Francisco — Yokohama (18 — 20 T.), der von der Pacific Mail Steam Ship Co. besorgt wird ^). Dieselbe Gesellschaft betreibt die Küstenfahrt zwischen S. Francisco und Panama mit Ausschluss anderer Linien, sowie den Verkehr mit Honolulu und mit den australischen Plätzen via Fidschi -Archipel. Der regelmässige Dampferverkehr von S. Francisco mit den Plätzen an der südamerikanischen Westküste ist in Privathänden. VIII. Post und Telegraph. Das Postwesen war von Anfang an in der Verfassung der V. St. als Sache des Bundes betrachtet, wie alle Er- leichterungen des Verkehres. Unter den Funktionen, die der Bundes- regierung zugetheilt sind, hat es immer eine hervorragende Stelle ein- genommen, theils aus Gründen, die mit dem Wunsche nach möglichster Förderung seiner Zwecke zusammenhängen, theils weil es dasjenige Bundesamt ist, welches mit einer grossen Zahl von Beamten am weitesten in alle Theile des Landes sich verzweigt und dadurch sowie durch die innige Berührung mit der Bevölkerung einen grossen politischen Einfluss übt. Der Generalpostmeister hat demgemäss einen Sitz im Cabinet. Wir haben oben bei den Strassen gesehen, dass die Post einen erheblichen Einfluss auf die Entwickelung der Verkehrswege der V. St. in der vor- eisenbahnlichen Zeit geübt hat. Ihrerseits ist sie der Presse verpflichtet, deren Vertreter in den dünnbevölkerten Gegenden durch reitende Boten ihre Blätter zu versenden pflegten und dadurch naturgemäss sich aucli am besten dazu eigneten, die Post zu besorgen. Die Zeitungen nahmen manchen Fortschritt zuerst auf, den dann die Post nachthat. So war z. B. 1) A, J. Maginnis gab in einem Vortrag vor der Liverpool Engineering Society als die rascheste Fahrt von Europa nach New York die Reise des Dampfers Britannic von Queenstown nach New York in 7 T. 10 St, 53. M. Die mittlere Dauer der Fahrten von New York nach Europa (d. h. Queenstown) waren in den ersten 9 Monaten 1877 9 T. 7 St. 7 M. bei der Cunard-Linie, 8 T. 20 St. 36 M. bei der Inman -L., 8 T. 10 St. 30 M. bei der White Star-L., durch- schnittlich um Vs — \^4 weniger als vor 25 Jahren. Im Vergleich zu den An- fängen um 1840 transportirt man heute "15 mal soviel Fracht in der Hälfte Zeit und mit 1 V2 mal weniger Kohlenverbrauch (Engineer. 1878 N. 16). Von 1840 bis Ende 1877 sind 34 Dampfer auf der Fahrt zwischen Nord- Amerika und Europa verloren gegangen und mit ihnen 4780 Menschenleben. 2) Ende 1878 bildete sich in New York eine Gesellschaft für die Errichtung einer directen Dampferlinie New York — Suezcanal — Schanghai, vorzüglich mit dem Zweck, dei) Absatz nordamerikanischer ludustrieerzeugnisse auszudehnen 448 XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. der Expressdienst, welchen der New York Herald in der aufgeregten Zeit des mexikanischen Krieges 1845 — 48 zwischen New Orleans und New York eingerichtet hatte, die erste Ueberland -Verbindung beider Städte, welche bedeutend schneller als die Post beförderte. Die Einnahme von Mexico soll die V. St.- Regierung in Washington erst durch den Express- boten dieses newyorker Blattes erfahren haben ^). Für die Postverbindung mit Europa u. a. überseeischen Ländern, welche mit zunehmendem Handel und Verkehr immer wichtiger geworden sind, ist natürlich die Entwickelung der Dampfschiffahrt von der grössten Bedeutung geworden. Selbst heute braucht ein Segelschiff zur Reise von New York nach Southampton im Durchschnitt 32 Tage, also fast 3 mal soviel wie ein Dampfer. Heute gehen allein von New York mehrere Male in der Woche Postdampfer ab, oft 4 an einem Tag^). Die erste transatlantische Postdampferlinie (Cunard Line), eine zweiwöchentliche, wurde 1840 zwischen Liverpool — Halifax — Boston eröffnet. Aber der erste transatlantische Dampfer war schon am 23. April 1838 in New York gelandet. — Nach dem letzten Jahresbericht des Generalpostmeisters stellten sich die Verhältnisse des Postwesens im Jahre Juni 1877/78 folgendermassen : Das Personal zählt 54 847 Köpfe, worunter 39 258 Postmeister, 5996 Contraktoren für den Posttransport, 4651 Unterbeamte, 2275 Briefträger. Es sind in Benützung 9917 Post- routen, wovon 1000 Eisenbahnen, in der Gesammtlänge von gegen 260 Mill. Kil. Die Zahl der ausgegebenen Marken, Postkarten und Couverten be- trägt 1161 Mill. im Werthe von 28 Va Mill. D. Die Zahl der beförderten registrirten Briefe beträgt 4Vjo Mill., die der Geldanweisungen 5^/5. Die Einnahmen beliefen sich auf 29 V4, die Ausgaben auf 33 Vs Mill. D. Die Zahl der Postämter in den V. St.. sollte am 1. Januar 1879 bis auf 40000 gesteigert werden. Die Inland-Brieftaxe ist 3 Cts. Der elektrische Telegraph zählt einen Amerikaner, Morse, zu seinen praktisch fruchtbarsten Erfindern, aber die Erprobung der neuen Erfindung fand in den V. St. später statt als in Europa. Am 4. Juni 1844 brachten die newyorker Blätter die Nachricht von der ersten gelungenen Correspondenz , welche auf der vom Staate versuchsweise hergestellten Linie Washington — Baltimore stattgefunden hatte. Man knüpfte die aus- schweifendsten Hoffnungen daran. Vernichtung des Raumes war damals ein beliebtes Stichwort. Die Telegraphenleitungen nahmen nun in den Händen 1) F. Hudson, Journalism in America 1873. 477. 2) Als Beispiel sei angeführt: Allein im Monat März 1879 verliessen den Hafen von New York 37 Postdampfer, wovon 17 nach Queenstown (Ijiverpool), je 5 nach Bremen und Glasgow, 4 nach Hamburg, 3 nach Rotterdam, je 2 nach Antwerpen und Havre. Davon kamen 18 auf englische, 8 auf deutsche, je 3 auf nordamerikanische und niederländische, je 2 auf belgische und französische Linien. XI. Verkehrswege und Verkehrsmittel. 449 verschiedener Privatgesellschaften einen sehr raschen Aufschwung. 1862 wurde die grosse Ueberlandlinie New York — S. Francisco (865 d. M.) vollendet. 1854 wurde zuerst das Problem eines atlantischen Kabels ins Auge gefasst und 1857 die erste Legung versucht. Dieselbe gelang 1858, aber nur wenige Wochen blieb die Leitung offen. Nach mehreren anderen misslungenen Versuchen kam man endlich 1866 dazu, ein Kabel zu legen, welches dauernd thätig zu sein vermochte und dem in demselben Jahr ein schon früher gelegtes und zerrissenes hinzugefügt wurde. Beide gehen von Valentia (Irland) ab und berühren den amerikanischen Boden in Neufundland. 1873 wurde in derselben Richtung ein drittes, 1874 ein viertes und seitdem noch zwei weitere gelegt. Die ersten fünf Kabel gehören der Anglo -American Co., das letzte (Irland — Neuschottland) der Direct U. S. Cable Co. Ausserdem liegen zwei Kabel zwischen den V. St. und Cuba, eines an der Westküste und zahlreiche kleinere verbinden einzelne Theile der V. St. mit einander und mit Britisch-Nordamerika. — Die Landtelegraphen der V. St. zahlten Juni 1878 156200 Kil. Leitungen mit 385 370 Kil. Drähten und ihre Depeschenzahl betrug in jenem Jahr 27 Mill. Bei Annahme von 42 Mill. E. macht dies ca. 643 Depeschen p. 1000 der Bevölkerung im Jahr. Die entsprechende Zahl ist im deutschen Reichstelegraphengebiet 286, in Frankreich 275, in Grossbritannien und Irland 638. Die Telegraphen sind Privateigenthum einer grossen und einiger kleinen Gesellschaften, deren Zahl immer mehr zusammengeschwunden ist*). Die erstere, die Western Union Co., zählte Juni 1878 140 000 Kil. Leitung mit 332 000 Kil. Drähten und 8014 Stationen. Wie rein kaufmännisch auch diese hochwichtige öffentliche Einrichtung be- handelt wird, mag aus der Thatsache hervorgehen, dass die W. Union Telegraph Co. sich März 1879 laut Abkommens mit einer pennsylvanischen Telegraphengesellschaft aus dem 900 e. Q. M. grossen Verkehrsgebiet der Philadelphia and Reading E. B. zurückzieht und jener das ganze Tele- graphengeschäft übergibt. Man würde den mancherlei Unzukömmlichkeiten dieses Systems wohl schon früher durch Vereinigung des ganzen Complexes in Staatshänden vorzubeugen gesucht haben, wenn nicht die Furcht zurück- hielt, ein neues Machtmittel, unter Umständen noch grösser als die Post, und ein neues Corruptionsmittel der jeweils herrschenden Partei in die Hände zu geben. Der Tarif der W. Union Co. setzt Zonen von 100 zu 200, 400 etc. e. M. mit Preisen von 40 zu 50, 75, 100 Cts. fest. Ueber 1000 e. M. hinaus gilt die sog. State Tax, die 2 — 3 D. für 10 Worte beträgt. 1) In dem Falle der Peusacola Telegraph Co., welcher unter Staatsgesetz das ausschliessliche Recht des Telegraphirens im Staate Florida verheben war, entschied das Oberbundesgericht 1878 zu Gunsten der Western Union Tele- graph Co., dass Telegraphiren eine Form zwischenstaatlichen Verkehrs, deren Regelung keinem Einzelstaat gestattet sein könne, K a t z e 1 , Amerika II. 29 XII. Der Handel. I. Allgemeines. Geschichtliche Notizen 450. Streben nach Ausdehnung des Ausfuhrhandels 452. Verbreitung des kaufmännischen Sinnes 454. Der Store- keeper 455. Rückwirkung des Handels auf die Bevölkerung. 457. Bankerotte 458. Handelskammern 459. Banken 4(30. Versicherungswesen 460. — II. I) i e Zölle 461. — HI. Der innere Handel. Grösse desselben 463, Haupt- punkte 463. Die Zufuhr von Getreide und Baumwolle nach den Haupthafen- plätzen 464. Der Durchverkehr und der direkte Handel der Binnenplätze 465. — IV. Der Aussenhandel. Hauptgegenstände der Einfuhr und der Ausfuhr 467, nach Handelsgebieten und nach dem Werthe geordnet 469. Betrag des Gesummt- handels der Haupthandelsgebiete mit den V. St. 468. Der canadische Durchgangs- handel 473. Der mexikanische Landhandel 474. I. Allgemeines. Von dem Beginn der genauen Statistik bis 1878 war der Gang des Handels der V. St. mit fremden Ländern folgender : Einfuhr Ausfuhr Einfuhr Ausfuhr 1790 22 460 844 19 666 000 1860 335 233 232 373 189 274 1800 52 121 891 31 840 903 1870 431950 428 420 500 275 1810 61 008 705 42 366 675 1875 431 472 529 598 737 753 1820 56 441971 51 683 640 1876 476 677 836 644 956 501 1830 88 251 207 59 462 029 1877 492 097 540 676 115 592 1840 163 186 510 113 895 634 1878 482 000 000 740 000 000 1850 124 526 639 136 946 912 (Schatz.) (Schätz.) Wir haben in den vier vorhergehenden Capiteln verschiedencmal Gelegenheit gehabt, Blicke zu werfen auf die Entwickelung des Handels im Zusammenhang mit der der übrigen Zweige des Wirth- schaftslebens. Wir haben dabei hauptsächlich bemerkt, dass die englischen Colonien in Nord -Amerika schon früh einen beträcht- lichen Handel mit den Erzeugnissen ihrer Wälder und Felder haupt- sächlich nach England und West -Indien trieben. Theils einzelne, XII. Der Handel. 451 tlieils zusammenfassende Zahlen für, denselben sind S. 266, 268 u. a. gegeben. Es stellen sich dabei die zwei Grundthatsachen heraus, 1. dass die Ausfuhr zuerst aus Gegenständen der Waldwirthschaft (Holz, Theer, Pech, Felle) und dann in zunehmendem Masse aus Er- zeugnissen des Ackerbaues bestand und dass 2. dementsprechend in der Einfuhr die Erzeugnisse der Industrie in erster Linie standen. Es entspricht das dem natürlichen Gange der wirthschaftlichen Entwicke- lung einer Colonie in wohlbewaldeter Gegend und unter gemässigtem Klima. Man tauscht die Erzeugnisse einer mit primitiven Mitteln, aber in einer reichen Natur arbeitenden Wirthschaft, der Mehrzahl nach wenig veredelte Naturerzeugnisse, gegen Hervorbringungen eines hochentwickelten Gewerbebetriebes. Das einzige Erzeugniss des Ge- werbfleisses, welches schon früh zur Ausfuhr gelangte und ein be- deutendes Gewicht zu derselben hinzubrachte, waren die hölzernen Schiffe, welche in den Colonien aus vortrefflichem und billigem Holze gebaut wurden, um mit Fracht beladen nach dem Auslande zu gehen. Neben ihnen stand Theer und Pottasche und später kamen auch Taue und gewisse besondere Erzeugnisse der Hausindustrien hinzu. Aber noch in den ersten 2 Jahrzehnten unseres Jahrhunderts waren die Erzeugnisse des Ackerbaues mit 78 — 83 Proc. an der Gesammt- ausfuhr betheiligt, und da Forstwirthschaft und Fischerei mit bis zu 16 Proc. hinzutraten, blieb für Erzeugnisse des Gewerbfleisses nur wenig Raum. Noch 1850 kamen 90,4 Proc. auf Erzeugnisse des Ackerbaues, 1877/78 82 Proc, und es trägt also trotz der allmählich wachsenden Procentzahl der Erzeugnisse des Gewerb- fleisses der Handel der V. St. noch immer den colonialen Stempel und er würde es noch mehr, wenn nicht die Schutzzölle die ein- heimische Gewerbthätigkeit nach allen Richtungen gefördert haben würden. Zu keiner Zeit hat er freilich grössere Anstrengungen gemacht zu einer stärkeren Ausfuhr von Gewerbserzeugnissen zu gelangen als gerade jetzt und die Erfolge sind bereits zu sehen und grössere noch zu erwarten ; aber der Ackerbau steht noch so entschieden im Vordergrund nach Leistung, Ausbreitungsfähigkeit, Zahl der Menschen, die er beschäftigt, dass er für eine lange Reihe von Jahren fortfahren wird, dem Aussenhandel der V. St. seinen charakteristischsten Zug zu verleihen. Es genügt, die unten folgende 29* 452 XII. Der Handel. Aufzählung der Hauptgegenstände der Ausfuhr zu betrachten, um denselben noch in seiner ganzen Schärfe wahrzunehmen. Und noch heute kann man trotz jener Anstrengungen zweifelhaft sein, ob nicht die Erzeugung von Getreide, Baumwolle, Fleisch u. s. f. bei dem ausgezeichneten Markte, den sie vor allem in Europa findet, noch rascher fortschreiten werde als die von Baumwollenstoffen, Maschinen u. dgl. Wir haben freilich gesehen, dass auch für diese die Ver- hältnisse ungemein günstig liegen und dass der Durchschnitts- Amerikaner sogar mehr Neigung und Befähigung zu den Gewerben als zur Landwirthschaft haben dürfte. Wenn man aber die riesigen Flächen ansieht, die jedes Jahr der letzteren neu eröffnet werden ^), und die Verbesserung des Betriebes, der bei aller räumlichen Aus- breitung auch immer intensiver zu werden strebt, und damit die Ungunst vergleicht vieler Verhältnisse, unter denen die im härtesten Wettkampf mit Europa stehende Industrie noch leidet, so ist jene Wahrscheinlichkeit nicht so ganz gering. Man muss sich nicht täuschen lassen, wenn die Ausfuhr von Gewerbserzeugnissen der V. St. sogar in Europa sich immer mehr bemerklich zu machen scheint. Es handelt sich dabei doch zunächst mehr nur um kleinere Maschinen, Werkzeuge u. dgl., die eine weite Verbreitung erlangen und viel von sich reden machen; aber diese Dinge verdanken ihre Concurrenzfähigkeit unserer Zurückgebliebenheit in der Maschinen- anwendung mehr als irgend einer anderen Ursache. Uebersieht man die Aufzählung aller gewerblichen Ausfuhren in den amtlichen Berichten der letzten Jahre, so folgt (dem Werthe nach) der Haupt- gegenstand derselben immer erst in 12. — 15. Reihe, alle vorangehen- den Artikel sind Erzeugnisse der Land- und Waldwirthschaft. Der Ausfuhrhandel der V. St. wird noch für viele Jahre hauptsächlich von dem Ausfall der Ernten abhängig sein. Es gibt indessen zwei wichtige Handelsgebiete, auf denen die Y. St. früher als irgendwo anders auch mit ihren Gewerbserzeugnissen siegreich aufzutreten, im Stande sein werden: Süd- und Mittel -Amerika und Ost- 1) Ergänzend zu den o. S. 173 f. gegebenen Zahlen sei hier angeführt, dass 1878 15 — 18 Mill. A. Land im W. an Neuansiedler verkauft wurden. Dies waren 375 000 — 42.5 000 Farmen zu 40 A. Nähere Angaben s. N. Y. Ilandelszeitung 1879 N. 1560 u. 63. XII. Der Handel. 453 Asien. Polynesien wird sich vielleicht mit der Zeit diesen anreihen. Hier kommen die kürzeren Wege in Betracht: von New York nach Havana 4, nach S. Tomas 6, nach Colon 9 Tage, von S. Francisco nach Acapulco 7, Panama 13, Callao 22, Honolulu 9, Yokuhama 18 — 20, Auckland 27, Hongkong 32 Tage ! Schon heute nehmen die V. St. den weitaus grössten Theil der Erzeugnisse von Cuba, S. Domingo, Mexico und den'Hawaiischen Inseln, fast allen Thee Japans u. s. f. und es ist natürlich, dass sie ihre eigenen Erzeugnisse dort abzusetzen streben. Nun waren sowohl Mittel- und Süd -Amerika als Ost -Asien bisher für den Bezug der Gewerbserzeug- nisse hauptsächlich auf Europa angewiesen, aber es bestand doch insofern eine Abhängigkeit von Nord-Amerika, als New York (und z. Th. für das pacifische Gebiet auch schon S. Francisco) der grosse Geldplatz nicht nur, sondern der leuchtende Mittelpunkt der geistigen Interessen, der Politik, selbst des Geschmackes für Amerika ist. Was im romanischen Amerika sich über das Niveau der spanischen und portugiesischen Cultur erhebt, strebt wenigstens nach dem Firniss der Sitten, der Bildung, die von dort ausgehen. Von dem unbedingt vorherrschenden politischen Ein- fluss der V. St. wollen wir hier gar nicht reden. Er ist jedenfalls ein grosser Faktor in dieser Richtung. Man gewöhnt sich nicht bloss in Havana oder Mexico, wo das am Ende natürlich, sondern mehr oder weniger auch im übrigen Mittel- und Süd -Amerika und noch rascher in Japan daran, New York als die geistige Hauptstadt der westlichen Welt anzusehen. Schon heute wird ja sogar ein guter Theil des Bedarfes an Büchern und Zeitschriften, von Ideen zu schweigen, von dort aus befriedigt und newyorker Moden machen dönen von Paris in Rio und Callao den Rang streitig. Unter manchen anderen Folgen, die das haben muss, ist die Ebnung der Wege für den nordamerikanischen Handel als eine der sichersten hervorzuheben. Auch hat man sich in den V. St. bereits daran gewöhnt, jene Gebiete als die natürliche Domäne des nordamerikanischen Handels zu betrachten. Der Präsident der V. St. selber klagte in einem Briefe, der im Jahre 1878 veröffentlicht wurde, dass vor allem die Rhederei der V. St. einen so unverhältnissmässig kleinen Antheil an dem Verkehr mit' dem übrigen Amerika habe. Die Unterstützung der neuen brasilia- nischen, mexikanischen u. a. Linien, die in jüngster Zeit in New York und Philadelphia ins Leben gerufen wurden, wird das Ihre thun, um dieser Klage abzuhelfen. Die grössere Güte nordamerikanischer Waaren, besonders der Baumwollgewebe, Waffen und Metallwaaren , welche z. B. in den deutschen Consularberichten aus verschiedenen mexikanischen Plätzen in den letzten Jahren beständig hervorgehoben wird, die ebenso auch aus Argentinien, Peru, sogar China beglaubigt wird, wird die Ver- breitung derselben fördern. Hinderlich scheinen aber noch die kurzen Zahlungsfristen zu sein, an die die Kaufleute der V. St. gewohnt sind, dann der Mangel an amerikanischen Kauf leuten an den betr. Plätzen, die 454 XII. Der Handel. geringe Platz- und Sprachenkenntniss. Es wird sich auch noch zu zeigen haben, ob die Nordamerikaner sich jene Gefügigkeit werden aneignen können, welche dazu gehört, um unter diesen nicht leicht zu behandelnden Völkern Boden zu gewinnen. Sie haben sich bis jetzt als sehr gute Kauf- leute bei sich zu Hause erwiesen, es bleibt nun noch zu sehen, ob sie es auch im -Ausland sein können. Ihre gemischte Nationalität dürfte ihnen auch hier zu gute kommen. Jedenfalls hat das Streben nach Ausdehnung ihres Ausfuhrhandels jetzt jene Stufe der fast epidemischen Ausbreitungs- kraft erlangt, zu welcher neue Ideen in Nord-Amerika manchmal gelangen. Man begegnet ihm überall, in allen Blättern wird es erörtert, als Sache des Nationalstolzes selbst von den Politikern aufgegriffen ^). Für Europas südamerikanischen und ostasiatischen Handel wird es ohne Zweifel von wachsend ungünstigen Folgen sein. Die Bürger der V. St. sind so oft als Krämerseelen und Dollargötzen- diener bezeichnet worden, dass man schon deswegen nicht zu zweifeln braucht an ihrer kaufmännischen Befähigung. Was hierüber in dem Capitel über Industrie gesagt ist (S. .366 f.) könnte genügen. Nur ganz im Allgemeinen sei hier noch darauf hingewiesen, dass die eigen- thümliche Art des wirthschaftlichen Lebens in den V. St. mit Nothwen- 1) Präsident Hayes sagt in einer Botschaft, welche im December 1878 an den Senat gelangte: „Der Handel mit dem Ausland hat uns Jahre lang wegen des durch denselben bewirkten Abflusses der Edelmetalle Sorge gemacht. Während voller 20 Jahre, bis 1877, war die Verschiffung von Gold gleichmässig bedeutend, und zwar in dem Masse , dass während der ganzen Periode der Suspension der Baarzahlungen die Hoffnung auf Wiederaufnahme der letzteren völlig aus- geschlossen lag. Den im Jahre 1876 gemachten Anstrengungen unternehmender Bürger unseres Landen, die seitdem unermüdlich fortgesetzt sind, ist es gelungen, unseren auswärtigen Handel im Allgemeinen, besonders aber in Fabrikations- Artikeln, in bedeutendem Masse auszudehnen. Zu gleicher Zeit nahm der Import in demselben Verhältniss ab, so dass hieraus ein vollständiger Umschwung der so lange obwaltenden Verhältnisse erzielt und dem Goldabfluss ein Ende gemacht wurde. . . Die Mittel und Wege , durch welche dieser Umschwung her- beigeführt wurde, müssen in Zukunft aufrecht erhalten und befestigt werden, da eine Rückkehr zu weitgehendem Import oder zu einer beträchtlichen Ab- nahme im Export die Rückkehr in die frühere Lage der ungünstigen Handels- bilanz ermöglichen würde, woraus als natürliche Folge ein Wiedereintreten des Goldabflusses resultiren müsste. Alles was nur irgend zur Einführung unserer Boden- und Industrieerzeugnisse auf fremden Märkten dienlich sein kann, sollte in Ausführung gebracht werden. Im Augenblick erfreuen sich viele von unseren Erzeugnissen eines derartigen Vorzugs, dass sie überall lohnenden Absatz finden trotz der Nachtheile, die in unserer im Argen liegenden Schiffahrt und der Un- vollkommenheit unserer Einrichtungen im Verhältniss zu denen unserer Concur- renten am Weltmarkte liegen. Wenn wir erst gleiche Erleichterungen in Handel und Wandel haben, können wir es überall mit der Conciirrenz aufnehmen." XII. Der Handel. 455 digkeit ein Uebergewicht des Handels hervorruft und demselben eine hervorragendere Stelle anweist als wir z. B. bei uns in Deutschland kennen. So wie der einzelne Mensch sind auch die Güter dort beweg- v^ lieber. Die Waaren und das Geld pulsiren rascher durch die Adern dieses rasch wachsenden wirthschaftlichen Organismus und die Kaufleute sind die ersten Vermittler und Förderer dieses Lebens. Dies zeigt sich nirgends klarer als bei den ersten Anfängen dieses Kreislaufsystemes, bei den Kaufleuten auf dem Lande, den Storekeepers, die eine bei uns \^ nach Art und Grösse ganz unbekannte wirthschaftliche Rolle spielen. Wo in einer neuen Ansiedelung sechs Häuser bei einander stehen, ist eins sicherlich Store^ d. h. Kaufladen für alles, Branntweinkneipe, Versamm- lungsort für alle Gesprächslustigen und Geschäftstreibenden, Bureau für Agenturen und Maklereien aller Art, für Frachtbesorgungen, Dampfboot- fahrkarten und noch vieles andere. Ein solcher Store steht ebensoweit , über unserii ländlichen Kramläden wie ein amerikanisches Landstädtchen an Regsamkeit über seinem deutschen Repräsentanten, dem Marktflecken. Der Storclxcepcr handelt nicht bloss mit den gewöhnlichen Lebensbedürfnissen seiner Nachbarn, der Farmer, sondern man findet bei ihm alles, was Noth- wendigkeit und Luxus in diesen jungen Lebenscentren erheischt. Landwirth- schaftliche Werkzeuge und Maschinen, fertige Kleider, alle Wagenbestand- theile, Pferdegeschirr jeder Art, Waffen, Schmuck, Zeitungen, Bücher, Branntwein, Medicinen sind hier zu haben. Dabei ist er nicht bloss Ver- käufer gegenüber seiner Kundschaft, sondern häufig auch Käufer für die ^ Produkte derselben, die er entweder im Austausche für seine Waaren oder gegen Geld, und in diesem Falle meistens als Agent eines Gross- handelshauses, aufkauft. In sehr vielen Fällen ist er überhaupt gewisser- massen die Unruhe, das Schwungrad einer solchen jungen Ansiedelung. Indem er civilisirte Bedürfnisse weckt und befriedigt, Arbeit anregt und ^ verwerthet, schützt er dieselbe vor Verwilderung und Versumpfung. Er hält eine gewisse Bewegung aufrecht und bildet die unentbehrliche und wohlthätige Vermittelung zwischen der letzten Urwaldhütte und den kleinen und grossen Culturmittelpunkten des weiten, dünnbevölkerten Landes. Diese eigenthümliche Institution der ländlichen Stores geht durch die ganze Union*). Die Rolle, die sie in der wirthschaftlichen und socialen Geschichte der Besiedelung Nord-Amerikas spielen, ist besonders deshalb sehr bedeutend, weil sie durch ihre Vielseitigkeit die Industrie, welche auf dieser Stufe als Handwerk auftreten würde, fast ganz ausschliesst und 1) In seinem Buch Texas (Bonn 1849) sagt F. Römer treffend von den / Stores, deren Repräsentanten in dem damals erst aufwachsenden Neubraunfels er vorher drastisch heschrieben hat: „Diese Stores sind überhaupt bezeichnend, für das Eigenthümliche der amerikanischen Ansiedelung, welche gleich mit der ganzen Errungenschaft der Civilisation und zum Theil selbst mit den Bedürf- V 456 XII. Der Handel. neben den Ackerbau unmittelbar den Handel als zweitgrössten Faktor in der Besiedelung des Landes hinstellen. Wie die Farmer die Pioniere der Civilisation überhaupt, so sind die Storekeepers die Pioniere des Handels, auf dessen rascher und ausgedehnter Entwickelung jenes wunderbar schnelle und dabei doch ganz naturgemäss gesunde Aufwachsen grosser Handels- und Industriecentren in den neubesiedelten Gebieten beruht. An der Bildung grosser Städte und an der Ausbreitung städtischen Lebens über das Land hat kein Theil der nordamerikanischen Bevölkerung grösseren Antheil wie die Storekeepers. Hiermit ist schon ein Theil der grossen socialen und Culturbedeutung des Handels in diesem jungen Lande bezeichnet. Dieselbe ist aber auch auf den höheren Stufen noch eine sehr bedeutende. Dieses kleine Räder- werk würde nicht die Bewegung hervorrufen und erhalten können, die es fortpflanzt. Dazu gehören die mächtigen Schwungräder der kaufmännischen Phantasie und Berechnungsgabe, welche die grossen Pläne ersinnt, des Unternehmungsgeistes, der sie mit Kühnheit ins Werk setzt, der grossen Auffassung der Verhältnisse, welche nicht in den Uebergängen stecken bleibt, sondern Anfang und Ende im Auge behält. Wenn oben gesagt werden konnte, dass die Allgemeinheit der Arbeit einer der Charakter- züge des nordamerikanischen Lebens sei, so ist als nothwendige Ergän- ^. zung dem hinzuzufügen, die Allgemeinheit des kaufmännischen Sinnes. Wir haben gesehen, wie z. B. alle Verkehrseinrichtungen rein aus dem kaufmännischen Gesichtspunkt betrieben werden, und werden noch weitere Beispiele dafür finden. Derselbe Zug findet sich beim Land- wirth, beim Viehzüchter, beim einfachen Arbeiter wieder. Schon die so allgemeine Verbreitung und Benützung der Banken in allen Formen, die grossen Schwankungen des Arbeitsmarktes u. dgl. nöthigen zu einem Masse kaufmännischen Denkens, welches überall anderwärts viel kleiner ist, wenn es nicht überhaupt fehlt. Es liegt darin einer der Gründe der Ueberlegenheit, welche der Amerikaner, welchen Standes er sei, in Ge- schäftssachen über andere Völker hat. Die häufige Anwendung von I calculate ist charakteristisch. Der Jude und zum Theil auch der Deutsche übertrifft ihn an Sorgfalt im Kleinen, Geduld, Sparsamkeit, vor allem Bedürfnisslosigkeit, und sie heben ihn wohl auch einmal mit diesen kleinen Hebeln aus dem Sattel; aber sie sind ihm in den grossen Unternehmungen jr nicht gewachsen. In Canada so gut wie in Mexico und Peru wartet man auf ihn, wenn es sich um Indiehandnahme irgend eines neuen Planes nissen eines verfeinerten Lebens in die Wildniss vordringt und diese dadurch gewissermassen überrumpelt und im Sturme nimmt, zugleich jene oft merkwür- digen Contraste zwischen roher Ursprünghchkeit und den Zeichen tausendjähriger Gesittung hervorrufend, welche den Europäer in den Wäldern des westlichen Nord-Amerika überraschen." (S. 122.) XII. Der Handel. 457 handelt, vor dessen Verwirklichung die anderen zurückschrecken. Männer wie Cyrus Field, der Durchführer der Idee der unterseeischen Telegraphie, Henry Meiggs, der Erbauer der peruanischen Eisenbahnen, sind Beispiele dieser Classe, von der es in jedem einzelnen Lande Amerikas genug Vertreter gibt. Es ist in keiner Weise möglich, den Antheil zu berechnen, welchen die Nordamerikaner mit diesen Eigenschaften an der wirthschaft- lichen Entwickelung des ganzen Continentes gehabt haben. Er steht nur dem politischen nach. Man denke an die ebengenannten Werke oder an die Panamabahn! Freilich steht am anderen Ende dieser stolzen Reihe der gewissenlose Bankerottirer, oder gar der Bösewicht vom Typus Thomson's, der ein ganzes Dampfboot in die Luft zu sprengen sucht, um eine elende Summe für Versicherung einzustreichen. Der richtigen Ver- werthung der Kräfte des Einzelnen und unter Umständen seiner Bereiche- rung kommt dieser zugleich berechnende und unternehmende Sinn ohne Zweifel zu gut. Er richtet sein Leben ganz nach Soll und Haben ein und lebt daher rationeller. Das hat viele gute Wirkungen auf die Einzel- existenzen, aber es fragt sich, wie die Gesammtheit dabei fährt? Es ist zu fürchten, dass der Egoismus obenauf komme. Und in der That, die Wahrheit des Satzes, dass „der Handel als ausschliessliche Beschäftigung eines Volkes schädlich wirke", wird in den V. St. durch eine ganze Reihe von Erscheinungen bekräftigt. Nach der Zählung von 1870 beschäftigten Handel und Verkehr 1 191238 Personen und 1875 gab es 680072 Firmen; aber wenn man im Sinne unserer obigen Aeusserungen dem Worte Handel hier den weiteren Begriff des raschen und mit Energie verfolgten Geld- erwerbes unterlegt, so leben 7io der Bevölkerung der V. St. vom und im Handel. Es ist bei jeder der Krisen, an denen die Wirthschaftsgeschichte der V. St. so reich ist, hervorgehoben worden, dass eben deshalb die Zer- störungen, welche durch Stockung im Handel und Wandel hier wie überall entstehen, so viel allgemeiner und tiefgreifender sind als sonst irgendwo. Allerdings gelingt es in der Regel dem an Hülfsquellen reichen und an Be- völkerung noch immer hinreichend armen Lande rasch, sich wieder zu er- heben, aber die moralischen Uebel solcher Katastrophen sind nicht eben so schnell geheilt wie die wirthschaftlichen. Ein verlorenes Vermögen wird mit doppelter Rücksichtslosigkeit wieder zu gewinnen gesucht und das Tempo, welches beim erstmaligen Erwerb zulässig war, muss beim wiederholten ver- vielfältigt werden, wenn das Ziel noch einmal erreicht werden soll. Da es nur erst die Anfänge von Ständen und Gesellschaftsschichten gibt, die durch eigenen festen Besitz (Grossgrundbesitzer, Capitalisten) oder durch An- gewiesensein an die nicht so leicht zu erschöpfenden Hülfsquellen des Staates (Officiere, Beamte) von den periodischen Erchütterungen der Wirthschafts- verhältnisse nicht mit ergriffen zu werden brauchen, so wirkt jede derartige Erschütterung bis auf den Grund. Welche Quelle von Corruption damit geöffnet wird, sieht man ein. Die V. St. sind seit dem Anfange dieses 458 XII. Der Handel. Jahrhunderts von drei grossen Handelskrisen heimgesucht worden : 1837, 1857, 1878 — 78. Jedesmal lag das Heilmittel an einer guten Ernte und / in der Abfuhr der Schiffbrüchigen nach W. und S. , wo sie Raum und guten Glauben für neue Unternehmungen fanden. Der Credit ist nicht auf lange Dauer von diesen Krisen gemindert worden, denn das Vertrauen auf die Hülfsquellen des Landes und die Leistungsfähigkeit seiner Be- wohner blieb unter den härtesten Schlägen unverändert. Aber jede Erho- lung von diesen grossen Schlägen ist in eine Periode des Schwindels ^ ausgelaufen, deren Uebertrcibungen bereits wieder eine neue Krise vor- bereiteten. Es lässt sich nicht erwarten, dass die alten Hülfsmittel der Ernteüberschüsse und des Westwanderns sich immer wieder bereit finden werden, wenn man sie eben braucht. Aber das Schlimmste ist die mora- lische Nachwirkung dieses Wechsels von fieberhafter Ueberspannung des Unternehmungsgeistes und jähem Zusammenbruch. Wir kennen sie zur Genüge bei uns, aber sie sind hier um vieles schlimmer. Der leichtere Erwerb und Credit, die grössere Kühnheit, der raschere Wechsel der Güter, die grössere Möglichkeit sich vom Sturze zu erholen ziehen viel mehr Menschen in diesen Strudel hinein und zersetzen viel mehr Gewissen. Wir wollen v nicht sagen, dass wir besser sind, aber wir sind weniger Versuchungen ausgesetzt. — Welches müssen mit der Zeit die politischen Folgen einer immer weiteren Verbreitung dieses Erwerbsfiebers in der Bevölkerung sein? Die politische Corruption, welche, wenig gesagt, die Hälfte aller politisch Thätigen mindestens verdächtig macht, hängt aufs engste damit zusammen, denn bei den Fachpolitikern artet der kaufmännische Sinn nicht selten bis zu jenem Grade aus, wo der Mensch, der ihn hegt, sich und andere als Waaren taxirt, die man zu bestimmten Geldpreisen haben kann, wie alles andere. Dass Zeiten geschäftlicher Depression bei diesem grossen Uebergewicht des Handelstreibens auch sehr leicht Zeiten politi- scher Unzufriedenheit werden, hat man in der letzten Krisis gut genug gesehen, denn sie ist es gewesen, welche dem Volke der V. St. zuerst die Socialisten als politische Partei und sogar in der blutigen Beleuchtung von Arbeiterstrassenkämpfen vorführte. Aber es würde natürlich eitel sein zu erwarten, dass die Rücksicht auf solche Folgen dem Erwerbstrieb Zügel anlegen sollte. Man erwartet alles von besseren Zeiten, von denen ^/ man doch gut genug weiss, dass sie wohl die Geschäfte, nicht aber die Menschen besser machen. Wie sehr übrigens dieses fieberhafte Treiben doch zum Theil zu den Entwickelungskrankheiten des Volkes gehört, beweist klar die eine Thatsache, dass es seinen Höhepunkt nicht etwa an den Punkten der grössten Geschäftsthätigkeit, d. h. in den Staaten der Mitte und den Neuengland-Staatcn, sondern in dem sowohl gewerblich als kaufmännisch viel weniger entwickelten W. findet. Den besten Mass- stab dafür geben ohne Zweifel die Bankerotte, von denen z.B.- im ersten Vierteljahr 1878 insgesammt :3355 mit 82 Mill. D. Passiven angemeldet XII. Der Handel. 459 waren. Von diesen entfielen 1218 auf die w., 950 auf die mittleren, 539 auf die Ncucngland-, 483 auf die s. und 165 auf die pacifischen Staaten. Uebrigens war die Zahl der Bankerotte entsprechend dem besseren Ge- schäftsgang im ersten Quartal 1879 auf 2524 mit 43 Mill. D. herunter- gegangen. — Wenig entsprechend der allgemeinen Wichtigkeit des Handels ist die politische Vertretung desselben. Es gibt weder einen Handelsminister noch hält die Regierung direkte Fühlung mit dem Handelsstande. Die privaten Vereinigungen der Handelskammern (Boards of Trade) sind in den V. St. trotz der grossen Interessen, für die sie die Vertretung bilden, nicht von der Bedeutung wie z. B. in England oder Frankreich. Es liegt das grösstentheils darin, dass sie vom unmittelbaren Einfluss auf die Gesetzgebung, sei es auch nur durch Berathung, abgeschnitten sind durch die Fachpolitiker, welche begreiflicherweise keine Freunde von selbständigen und vorwiegend conservative Interessen vertretenden Kör- perschaften sind. Die älteste von den Handelskammern der V. St. ist die von New York, 1768 gegründet, welche bei der beherrschenden Handels- stellung New Yorks gleichzeitig auch die wichtigste von allen ist. Die Einführung von Handelsgerichten (1873) ist ein wesentliches Verdienst, das sie sich erworben. Durch die Gründung eines National Board pf Trade, der auf Anregung der bostoner Handelskammer zuerst 1868 zu- sammentrat und eine Wanderversammlung nach Art etwa des deutschen Handelstages darstellt, ist der Einfluss der Handelskammern, wenn nicht der unmittelbare und augenblickliche, so doch der moralische ohne Zweifel gestiegen. Die Beschlüsse dieser Versammlung sind z. B. in der Währungs- frage nicht ohne Einfluss auf die endgültig dem Hartgeld günstige Ent- scheidung geblieben. Von anderen Anregungen , welche sie in ihren Beschlüssen niedergelegt haben, ist die auf Gründung eines Ministeriums für Handel, Schiffahrt und Industrie hervorzuheben; aber die Verwirk- lichung gerade dieser wird begreiflicherweise vorwiegend Sache der Politik sein. Bei der grossen Verbreitung der Handelsinteressen durch die ganze Bevölkerung ist es begreiflich, dass wichtige Fragen kaufmännischer Natur wie z. B. in der jüngsten Zeit das Streben nach Ausdehnung des Süd- und mittelamerikanischen Handels nicht durch jene Organe des Handelsstandes, sondern durch grosse Volksversammlungen ihre Erörterung finden, in denen die Angelegenheiten des Handels als nationale betrachtet werden. Von der direkten Einflussnahme auf die Politik ist aber von allen Ständen in den V. St. der Kaufmannstand am weitesten entfernt. Er bildet keine grosse Masse, die schon durch ihr Schwergewicht wirkt, wie die Arbeiter oder Landwirthe, und er umschliesst gerade in seinen besseren, zu solcher Wirksamkeit am ehesten berufenen Schichten eine überwiegende Zahl von Männern, die die Berührung mit den Massen und mit dem Schmutz der Politik absichtlich vermeiden. Insofern ver- 460 XII. Der Handel. dienen die V. St. in keiner Weise den Namen einer Krämerrepublik, der ihnen von unwissenden P]uropäern wohl noch beigelegt wird. Die Erleichterung des Geld verkehr es durch ein der bekannten londoner Einrichtung nachgeahmtes Clearing House in New York und durch das Checksystem der Banken trägt zur Beschleunigung der Ilandcls- bewegung sehr erheblich bei. Die Zahl der Banken ist sehr bedeutend, wie schon früher hervorgehoben. Nach dem Jahresbericht des ComptroIJcr of tJtc Currency gab es in dem am 31. Mai 1878 endigenden Halbjahr Staats- und Sparbanken und Privatbankiers: Zahl Capital MiU. Einlagen Mill. Unter den Gesetzen der Einzelstaaten Organ isirte Banken (Staatsbanken) . Aktien-Sparbanken Sparbanken ohne Aktiencapital . . . Privatbankiers ... 853 23 668 2 856 2 056 124 3 78 470 229 26 803 184 Nationalbanken 677 6 459 675 1959 Im Jahr 1877/78 wurden 28 neue Banken mit 2^/4 Mill. D. Capital gegründet, während 15 mit ebensoviel Capital Zahlung einstellten und 41 mit 5V5 Mill. D. ihre Geschäfte freiwillig aufgaben. Von diesen Banken entfallen auf die Mittelstaaten 44, die Neuengland-Staaten 34, die West- staaten 10, die pacifischen Staaten und die Territorien 8 und die Süd- staaten 4 Proc. Nicht weniger ist das Versich erungs w es en entwickelt. Bei dem häufigen Wechsel der Glücksumstände sind die Lebensversicherungen eine ungemein weitverbreitete Einrichtung. Es nahm z. B. im Staate New York ihre Zahl von 1860—75 von 17 auf 45, die Zahl und der Werth der Versiche- rungen von 56000 und 164 Mill. auf 775 000 und 1922 Mill. zu. Eine gleich wichtige Rolle spielen die Feuerversicherungen. Die Feuersbrünstc sind bei der noch immer weiten Verbreitung des Holzbaues, bei der herrschenden Sorglosigkeit und, wie man sehr allgemein behaupten hört, auch als Mittel zur bequemen Liquidation unbequemer Geschäfte von sehr weiter Verbreitung ^). 1878 arbeiteten im Staate New York 95 Feuer- versicherungen mit Gesammtaktiven von 56,5 Mill. D., welche 19,3 Mill. an Prämien einnahmen und 10 Mill. D. für Feuerschäden auszahlten. 1) Die Höhe der Feuerschäden eines Jahres veranschlagte jüngst ein Statistiker in der New Yorker Handelszeitung (30. Nov. 78) auf 100 Mill. D., d. h. auf ^/s — Ve der Summe, um welche in einem Jahr der Nationalreich thum wächst. Xlt Der Handel. 461 IL Die Zölle. Der erste Zolltarif der V. St. erschien im Jahre 1789. Bis dahin hatte die Frage der Zölle einen Gegenstand heftiger Discussionen gebildet. Waren es doch schon Zölle und zollartige Auflagen gewesen, welche den Bruch der Colonien mit dem Mutterlande herbeigeführt hatten. Erst die stürmische Zwischenzeit von der Beendigung des Unabhängig- keitskrieges bis zur Gründung des Bundes hatte es vermocht, die einzelnen Staaten zu überzeugen, dass die Auflage von Zöllen ein Recht sei, das der Union und nicht jedem einzelnen von ihnen besonders zustehen müsse. Entsprechend dem noch immer wie in der Colonialzeit fast ausschliesslich auriculturellen Charakter der damaligen Y. St., war der Tarif von 1789 fern davon, scliutzzöllnerisch zu sein. Die leitenden Grundsätze waren, dass das finanzielle Erträgniss der erste Gesichtspunkt sein müsse, neben welchem nur in Bezug auf bereits im Inlande erzeugt werdende Gegen- stände oder Dinge des feineren Lebensgenusses höhere Zölle Platz greifen sollten. Indessen wurde schon dieser Tarif von den Südstaaten als schutzzöllnerisch bekämpft. Die rasch steigenden Ausgaben, welche die Erweiterung der Grenzen gegen Westen hin verursachte, brachten indessen schon von selbst Zollerhöhungen mit sich, die fast periodisch eintraten. 1792, 1796, 1797, 1800 erfolgten umfangreiche Zollerhöhungen und sogar zur Abwehr der Seeräubereien der Barbaresken - Staaten im Mittelmeer wurde 1804 durch Erhöhung des allgemeinen Zollsatzes um 2'/? Proc. eine eigene Einnahme, der sog. Mittelländische Fond, gegründet. In Erwiderung gewisser Eingrifi'e, welche England in die Rechte der neutralen seefahrenden Nationen sich erlaubte , wurde 1806 die Einfuhr gewisser englischer Erzeugnisse gänzlich verboten und 1807 das Embargo auf den Schiffsverkehr gelegt. Dieser Zoll- und Verkehrskrieg fand sein Ende erst in der Kriegserklärung, welche 1812 gegen England erlassen wurde. Da während dieses Krieges sich die junge Industrie der V. St. sehr gehoben hatte, blieben die erhöhten Zölle durch den Einfluss der industriellen Nordstaaten bestehen. 1816 kam ein neuer Tarif, welcher ein entschiedener Scliutzzolltarif war und welcher zudem noch 1818 und 1820 erheblich erhöht wurde. Neue Revisionen fanden 1823 und 1828 statt, durch welche auf so wichtige Artikel wie Eisen, Blei, Wolle, Hanf, Glas wahrhaft prohibitive Zölle gelegt und für Baumwollwaaren der Minimalzoll so erhöht wurde, dass alle wohlfeilen Waaren vom Verkehre ausgeschlossen waren. Die Baumwoll- pflanzer vermerkten es unwillig, dass man sogar den Zoll auf die für die Emballirung der Baumwolle unentbehrliche Packleinwand zu Gunsten weniger inländischen Fabriken erhöht hatte. Eine neue Revision von 1828 erhöhte die Zölle derartig, dass sie durchschnittlich 48 Proc. des Werthes der Waaren erreichten. Aber nun erhoben sich die Südstaaten, zum Theil unterstützt von den seefahrenden Staaten Neu-Englands, mit geharnischten Protesten. Als die Ueberschüsse im Staatsschatze anwuchsen, so dass der hohe Ertrag der Zölle geradezu als eine Verlegenheit für den Staats- 462 XII. Der Handel. schätz erschien, ermässigte man 1830 nicht die Schutz-, sondern die Finanzzölle auf Kaffee, Thee, Salz u. dgl. Einen milderen Tarif verwarf der Congress 1832 zu Gunsten eines anderen, der die hohen Zölle von 1828 bestehen liess. Dieser Tarif war es, welcher von Seite Süd-Carolinas mit der Drohung des Austrittes aus der Union beantwortet und nullificirt wurde. Der Präsident Jackson liess 1833 eine Compromissbill Gesetz werden, welche bestimmte, dass alle Zölle über 20 Proc. bis 1841, jedes zweite Jahr um 10 Proc. des Mehrbetrages, Ende 1841 um weitere 25 Proc. desselben und Mitte 1842 um den Rest ermässigt werden sollten ; dagegen sollten zu dieser Zeit die Zollcredite aufhören. Einige specifische Minimalzölle wurden schon jetzt ermässigt und auf der anderen Seite den Schutzzöllnern nur einige geringe Erhöhungen zugestanden. Aber dieses Compromiss kam nicht zur Vollendung in Folge der Erschütterungen, die das ganze Wirthschaftsleben der Union in Gestalt sehr heftiger Krisen 1837 und 1839 heimsuchten. Bei geringem Verkehr sanken die Einnahmen und statt der Ermässigungen folgten 1842 Erhöhungen vieler Zölle, die aber 1846 nach dem Präsidentschaftswahlsiege des Südens und Westens neuerdings heruntergesetzt wurden. In dem darauffolgenden Jahrzehnt fielen nun noch mehr als bisher die Gründe für hohe Zolleinnahmen, denn das rasche und allgemeine Aufblühen des Landes steigerte die Zollein- nalimen in solchem Masse, dass die Partei des Freihandels, noch immer auf den S. und theilweise auf den W. sich stützend, nach drei in ihrem Sinne vollzogenen Präsidentenwahlen 1857 den massigsten Zolltarif auf- stellte , der seit 1808 in Geltung gewesen war. 19 und 24 Proc. des Werthes waren die Durchschnittssätze. Ein unglückliches Zusammentreffen liess das Jahr der Aufstellung dieses Tarifes zusammenfallen mit dem einer exneuten heftigen Handelskrisis, welche die Zollerträgnisse ungewöhn- lich, in 1857 und 1858 um 78,3 und 22,1 Mill. D., herabdrückte. Um so weniger zögerten die Nordstaaten, nach der Wahl von 1860 zum Schutz- zollsystem zurückzukehren. Nachdem die Südstaaten ihre Abgeordneten aus dem Congresse zurückgerufen , erfolgte 1861 ein neuer entschieden schutzzöllnerischer Tarif mit specifischen Minimal- und gemischten Zöllen, schwierigen Unterscheidungen nach der Feinheit, Fadenzahl, dem Preise u. s. w. Der zunehmende Geldbedarf der Union zur Kriegführung rief in den folgenden Jahren in erster Linie immer Zollerhöhungen hervor und zwar in solcher Zahl, dass jedes einzelne der Kriegsjahre von 1861 — 65 durch eine derartige Massregel, das erstgenannte Jahr sogar durch drei derselben bezeichnet ist. Gleichzeitig wurden die Fristen für zollfreie Einlagerung verkürzt, die Bestimmungen über Werthermittelung und über Bestrafung der Zollvergehen verschärft, die Massregeln zur Ueberwachung vervielfältigt. Sogar zum Nachtheil der eigenen Staatsfinanzen wurde z. B. die Verwendung fremden Hanfes und Hanferzeugnisses auf den Flotten der Union und fremden Eisens beim Bau der Pacificbahn ver- XII. Der Handel. 463 boten, deren Baukosten zunächst die Union bestritt. 1865 wurde sogar im Widerspruch mit jener Bestimmung der Verfassung, welche die Er- hebung eines Ausfuhrzolles auf irgend ein Erzeugniss der V. St. untersagt, Ausfuhrzölle auf Rohbaumwolle, Quecksilber, rohes Steinöl und einige andere Gegenstände dadurch auferlegt, dass die auf denselben im inneren Verkehr ruhende Steuer als bei der Ausfuhr nicht zurückstellbar erklärt ward. Im Jahr 1867 wurde der Tarif im Ganzen so gestaltet, wie er heute ist, entschieden schutzzöllnerisch. Kleine Abänderungen wie z. B. die 1879 beliebte Aufhebung des Chininzolles u. dgl. sind kaum erwähnens- werth. Zwar hat Präsident Hayes in seiner Jahresbotschaft für 1878 eine Revision des Tarifes empfohlen, die in vielen Richtungen zu einer Herab- setzung füliren könnte, und eine Vereinfachung desselben (Abschaffung der Werthzölle, Reduktion der taxirten Gegenstände auf 500 etc.) ist darauf dem Cöngress 1878/79 von seinem Finanz-Committee vorgeschlagen worden. Die letztere setzt aber immer noch eine Zolleinnahme von 155 Mill. D. als nothwendig voraus und verringert andererseits die Erhebungskosten auf 4 Mill. D. Da die jetzt im Cöngress herrschende Partei der Demo- kraten den Freihandel in ihrer Platform an vorderer Stelle trägt, wird sich eine Umänderung des Zollsystems zunächst darnach richten, 1. ob sie in der nächsten Präsidentenwahl den Sieg davonträgt und 2. ob sie ihrer Platform wird treu bleiben können. III. Der innere Handel. Die Grösse des inneren Handels der V. St. misst sich am sichersten an der Grösse des inneren Verkehres, wie sie nach verschiedenen Beziehungen im vorigen Capitel angegeben wurde, aber die Eisenbahnen, Dampf boote u. s. f. befördern auch die Waaren des Aussenhandels. Eisenbahnen, Flüsse und Canäle beförderten 1876 für 28125 Mill. D. Waaren. Es kann sich bei solchen Zahlen nur um Ver- deutlichungen handeln. Die Zufuhren der Haupthandelsstädte des Inneren und der Küste können für denselben Zweck Verwerthung finden. Chicago, dass unter den Plätzen des Inneren die hervorragendste Stellung einnimmt, empfing z. B. 1878 30 Mill. B. Weizen, 63 Mill. B. Mais, 18 Mill. B. Hafer, 3,12 Mill. Fässer Weizenmehl, 6,34 Mill. Schweine und 1,08 Mill. Rinder. Milwaukee, das als Getreideplatz mit Chicago wetteifert, empfing 22 Mill. B. Weizen und 2,26 Mill. Fässer Weizenmehl, dazu u. a. 133000 Ctr. Käse. S. Louis, der Hauptplatz des Mississippi-Handels, empfing und versandte 1875 auf dem Flussweg 1,3 und p. Bahn 4,5 Mill. T. Waaren, davon 2,4 von S., 1,8 von 0., 1,06 von W. und 0,5 von N. Es ist der bedeutendste Platz im W. für den Handel mit Colonialwaaren und Südfrüchten und versendet die Erzeugnisse der Landwirthschaft des W. Cincinnati empfing 1875 7,5 Mill. B. Getreide, wovon 1,5 Mill. wieder ausgeführt wurden. Es wurden ihm überhaupt für 311 Mill. D. Waaren zugeführt. Die verhältnissmässige Theilnahme dieser Plätze und einiger anderen wie Louisville, Indianopolis u. a. an dem Schweinepökel- 464 XII. Der Handel. geschäft (S. 0. S. 300) gibt ebenfalls einen Massstab für ihre Stellung im Binnenhandel. — Der grossartigste Zweig des inneren Handels der Union ist gegenwärtig der Getreidehandel, der seinen grössten Markt in Chicago, dem jetzt wichtigsten Getreidemarkt der Welt, findet. Chicago hat durch vortreffliche Lager- und Ladeeinrichtungen (18 Getreidespeicher mit Raum für lÖVzMill. B. Getreide, eigene Eisenbahnen, Dampf-Elevatoren, Ven- tilatoren etc.) und durch seine herrliclie Verkehrslage sich geradezu ein Monopol für den Getreidehandel im W. geschaffen. Es versandte z. V>. 1874 45 Proc. des Weizens, der zur Ausfuhr kam. Gegenwärtig kann man sagen, dass die Verschiffung von Getreide und Mehl aus den Mittel- punkten des W. und NW. nach den atlantischen Plätzen reichlich die Hälfte des durchgehenden Verkehres bildet, welcher überhaupt in dieser Richtung sich bewegt. Diese Stoffe sind es daher, welche auch die Ilandelsbedeutung der atlantischen Plätze, auch für den inneren Umsatz, in erster Linie bestimmen. 1876 wurden 193 Mill. B. Brotstoffe nach den atlantischen Häfen verschifft und davon empfing New York 96 Mill., Baltimore 38, Philadelphia 36 und Boston 23. Vergleicht man diesen Antheil mit denen von 1873, so ist Baltimore um 97, Philadelphia um 47, Boston um 28 und New York um 40 Proc. gewachsen. Die Ausfuhren verhalten sich ähnlich wie die Zufuhren. 1876 führte New York 276, Baltimore 58, Philadelphia 42 und Boston 15 Mill. B. aus. Philadelphia und Baltimore haben seit 1873 ihre Ausfuhr am meisten, New York am wenigsten gesteigert. Geht man in die Ursachen dieser Veränderungen näher ein, so findet man sie hauptsächlich in der veränderten Richtung, welche die Maisausfuhr genommen hat. Mais als die billigste und schwerste von den Getreidearten, die in Frage kommen, ist nämlich am meisten beeinflusst worden von den kleinen Frachtherabsetzungen, durch welche die Pennsylvania und die Baltimore and Ohio E. B. den Durchverkehr zwischen W. und den atlantischen Häfen nach Philadelphia bzw. Baltimore abzulenken versuchen. — Sieht man vom Getreideverkehr ab, so ist allerdings das Uebergewicht New Yorks noch grösser. Folgende zwei Zahlen- reihen lassen es in seiner ganzen Grösse erkennen. Der Aussenhandel zeigt in Ein- und Ausfuhr 76 Proc. in New York, 9 in Boston, 8 in Phila- delphia, 7 in Baltimore. Der Umsatz im Clearing House belief sich im Januar 1877 auf 89 Mill. D. für diese vier Plätze, wovon kommen auf New York 81 Proc, Boston 9, Philadelphia 8, Baltimore 2 Proc. Andere Massstäbe gibt der Schiffsverkehr (s. o. S. 443). — Aehnlich wie Getreide für die n. gibt Baumwolle für die s. Häfen einen Massstab ihrer Be- deutung. In Frage kommen dabei überhaupt fünf derselben, welche 1876 nach der Menge der ihnen zugeführten Baumwolle in folgender Reihe standen: New Orleans 44 Proc, Savannah 17, Galveston 14, Char- leston 13, Mobile 12. Norfolk Va. kommt für einen geringen Betrag in Betracht. Von der Ernte von 1875/76 gingen 49 Proc. nach den Golfhäfen, XII. Der Haiidcl. 465 34 nach den atlantischen, 14 nach N., während 3 im S. verarbeitet wurden. — Von der Bedeutung des inneren Verkehres der Union haben wir im vorigen Capitel einen Begriff zu geben versucht. 1877 nahmen die Eisen- bahnen für Fracht 343 Mill. D. ein. Nimmo in seinem amtlichen Berichte über den inneren Handel von 1878 nimmt an, dass der Werth der auf den Hauptbahnen im Innenhandel beförderten Waaren den Gesammtbetrag des äusseren Handels weit übertreffe. Dem oben über den Verkehr Gesagten fügen wir mit besonderem Bezug auf den Innenhandel noch einige Bemerkungen über den Durchverkehr hinzu. Das Streben der grossen Eisenbahngesellschaften ist darauf gerichtet, TJirough Freight-Lines, direkte Frachtlinien, zwischen den grossen Plätzen an den Küsten im Inneren, hier vorzüglich Chicago und S. Louis, zu gewinnen. Den beiden grössten Complexen, der Pennsylvania und der Ohio and Baltimore Co., ist dies bis zu solchem Grade gelungen, dass sie eigene Linien von ihren atlan- tischen Ausgangspunkten bis nach Chicago, und die letztere seit 1876 sogar bis S. Louis, besitzen. Von Seiten der weniger mächtigen Gesell- schaften wird der Zweck des möglichst ungehinderten Durchverkehres in der Weise erreicht, dass eine Anzahl von ihnen zusammentritt und dass jede eine der Grösse ihres Verkehres entsprechende Anzahl von "Wagen abgibt, welche nur dem durchgehenden Verkehre dienen und deren Be- nützung einer gemeinsamen Leitung unterstellt wird. Den Gewinn ver- theilen sie unter einander. Nach einem amtlichen Bericht ^) wird z. B. die New York Central E. B. von neun derartigen Gesellschaften benützt, die zusammen über ca. 20000 Fahrzeuge verfügen. Die Privaten oder Gesellschaften, welche früher in ähnlicher Weise mit eigenem Wagenpark den grossen Verkehr besorgten, sind durch diese Vereinigungen fast alle verdrängt worden. Historisch ist dieses System dem der Verschmelzung einer Anzahl von Eisenbahnlinien zu einem grossen Complexe vorherge- gangen. Nach dem eben angeführten Berichte sollte man aber glauben, dass die Zeit auch dieses letzteren Systemes vorbei sei, indem die finan- ziellen Resultate der Aufnahme einer Menge von wenig ertragreichen Seitenlinien, bloss der Monopolisirung wegen, sich für die grossen Linien keineswegs durchaus vortheilhaft angelassen haben. Auch ist schon vor einigen Jahren eine andere Schwierigkeit in dem Berichte einer der grössten Monopolgesellschaften, der Pennsylvania E. B., klar hervorgehoben worden, nämlich die ganz bestimmte Grenze, welche der Möglichkeit der Verwaltung eines grossen Complexes von Eisenbahnlinien gezogen ist. Wenn diese Grenze überschritten werden kann, so ist es höchstens auf Grund der grossen Fähigkeiten irgend eines Eisenbahngenies, aber auf 1) Ith Ann, Report on the Internal Commerce of the U. S. Washington 1877. Dieser Bericht gibt überhaupt die ausführlichste Darlegung des heutigen Zu- standes des inneren Verkehres der V. St. Katzel, Amerika IL OA 466 XII. Der Handel. eine so individuelle, zufällige Bedingung kann das Gedeihen einer grossen Unternehmung nicht begründet werden. — Eine der wichtigsten Folgen dieser Burclilinien ist der unmittelbare Yerkehr zwischen Plätzen des Inneren der Y. St. und der Küste, den sie gestatten. „Die Hauptstädte des W. sind Seehandelsstädte geworden" pflegt man zu sagen. Das ist nun zwar übertrieben, aber so viel ist wahr, dass die grossen Eisenbahn- gesellschaften soviel wie möglich im Interesse der P'örderung des Ver- kehres, der ja wieder ihr Interesse ist, auf die Beseitigung aller Reibungen hinarbeiten, welche sonst untrennbar waren von dem Uebergang der Waaren von Land- zu Seefracht. Die DurcJilinien setzen sich in Verbindung mit den grossen Dampferlinien, welche ihre Frachtagenten in Chicago und S.Louis haben und von da aus, oder sogar von noch weiter w., direkte Lade- scheine ausfertigen. Chicago, das auch hier an der Spitze steht, hat auf diese Weise 1876 314000 T. Waaren, meist Getreide, Häute und Oel- kuchen, versandt, S. Louis 1875 27000 T. Zu einem regelmässigen Ge- schäft ist dieser Durchhandel erst seit Legung der europäisch -amerika- nischen Kabel geworden, aber die ersten Versuche führen bis 1859 zurück. Aehnlich hat sich der direkte Einfuhrhandel im letzten Jahrzehnt ent- wickelt, nachdem 1870 durch Congressakte die Vorschrift aufgehoben worden, dass vom Ausland eingehende Waaren nur in den Seeplätzen verzollt werden können. Einige Waaren wie Wein, Branntwein u. a. sind von dieser Vergünstigung ausgeschlossen. Zu direkter Einfuhr ermäclitigt v^ wurden von Binnenstädten: Chicago, S. Louis, Cincinnati, Buffalo, Mil- waukee, Louisville, Evansville, Cleveland, Detroit, Toledo, Pittsburg, Memphis. Chicago führte schon 1876 für 3,4, S. Louis für 3,1 Mill. D. fremde Waaren direkt ein. IV. Der Aussenhandel. Der äussere Handel der V. St., wiewohl derselbe weit hinter dem inneren zurückstellt an Grösse des Umsatzes, ist die für die ganze übrige Welt wichtigste Aeusserung des wirthschaftlichen Lebens der V. St. Der innere hat nur eine vegetative, erhaltende Funktion, während auf dem äusseren ein grosser Theil der Welt- und Culturstellung des Landes beruht. Die V. St. nahmen mit einer Ausfuhr von 740 und einer Einfuhr von 482 Milk D., zusammen 1222 Mill. D., im Jahre 1878 die vierte Stelle im Welthandel ein (hinter England, Deutschland, Frankreich). Die unten folgende Aufzählung nach Ländern lässt erkennen, mit welchen fremden Handelsgebieten die V. St. den grössten Handel treiben. Die europäischen Länder nehmen noch immer die weitaus bedeutendste Stelle ein, dann folgen die amerikanischen, asiatischen, polynesisch - australischen und afrikanischen. Von den Ausfuhren XII. Der Handel. 467 der V. St. gehen nacli Europa fast 82 Proc, nach Amerika 15, nach Asien 2, nach Australien und Polynesien 0,7, nach Afrika 0,5. Die Gregenstände der Ausfuhr sind nach der Reihenfolge desWerthes, den sie im Fiskaljahr 1877/78 erreichten, folgende (nur die von mehr als 1 Mill. D. Betrag sind aufgeführt): Rohbaumwolle 180031484 D., Weizen 96872016, Speck und Schinken 51750205, Mais 48030358, Erdöl 41513676, Schmalz 30014023, Weizenmehl 25092 826, Tabak 24803165, Silber 20201051, Holz und Holzwaaren 16 776 381, Käse 14 103 529, Baumwollenwaaren 11435 688, Eisen und Eisenwaaren 10481314, Rind- fleisch 7983090, Talg 6695377, Gold 6625670, präservirtes Fleisch 5099 918, Oelkuchen 5095169, Schweinefleisch 4913 646, Zucker und Melasse 4878008, präservirte Fische 3 965 032, Butter 3 930310, lebendes Vieh 3 896 818, Tabakfabrikate 3 681017, Stahl und Stahlwaaren 3485 579, Munition 3357094, Roggen 3051739, rohes Petroleum 2694018, Pelz- werk 2 616 730, landwirthschaftliche Maschinen 2 575 198, Gerste 2 565 736, Gel aus Baumwollensamen 2 514323, Kohlen 2 359467, Droguen und Chemikalien 2 302 967, Kupfer 2102 455, Sämereien 2085 887, Harz 2 329 319, Terpentinöl 2 323 569, präparirtes Mehl 1709 639, Düngstoffe 1435 377, Naphtha 1411812, Maismehl 1335 892, Hafer 1 277 920, Queck- silber 12.30008, Häute 1286 840, Hanffabrikate 1202752, Papier 1086819, Buchweizen u. a. Getreide 1077 289. In derselben Reihenfolge sind die Gegenstände der Einfuhr: Zucker und Melasse 77537 569, Kaffee 51914 605, Wolle und Wollwaaren 25 594169, Seidenwaaren 19 837 972, BaumwoUwaaren 19081035, Häute und Pelzwerk 17 223 363, Silber 16 591099, Thee 15 660168, Leinenwaaren 14423 600, Gold 13300 215, Zinn 9750327, Früchte 9 738 546, Eisen- und Stahlwaaren 9057 611, Roh- seide 5103084, Kautschuk 4711102, Holz und Holzwaaren 5 736 756, Leder und Lederwaaren 4273657, Galanteriewaaren 4200737, Chemi- kahen, Droguen etc. 4194810, Gerste 4105 748, Tabak 4102782, irdene Waaren 4051786, zollbare Chemikahen 3 596 973, Lumpen u. a. Papier- material 3993 693, Soda 3 385569, Knöpfe 3362085, Handschuhe 3195 702, Edelsteine 2 975 512, lebende Thiere 2 664676, Artikel von den Hawaii- schen Inseln unter dem Gegenseitigkeitsvertrag von 1875 eingeführt 2 522254, Jute 2438198, Palmblätter und -Fabrikate 2 296 266, Tabak- fabrikate 2 337086, Pelzwaaren 2 230204, roher Hanf 2 221166, Rohzinn 2183034, Flaschenweine 2123 254, Gewürze 1936 217, Kohlen 1936187, Leinsamen 1883333, Opium 1874 815, Wein m Fässern 1838891, Salz 1632165, Bücher 1612229, Spirituosen 1555 282, Weizen 1549084, Indigo 1537 680, Jutefabrikate 1510744, Chinarinde 1417695, Farbhölzer 1396 485, Papiermache -Fabrikate 1331138, Gummi 1297 855, Kleider 1275419, Schwefel 1188098, Geräthe von Einwanderern 1185942, Reis 1136 327, Aetznatron 1076008. 30* 468 XII. Der Handel. Ordnet man die Länder, mit denen die V. St. Handel treiben, nach der Grösse des Umsatzes, so ergibt sich folgende Liste für das Jahr 1876/77: Einfuhr Ausfuhr Gesammthandel Grossbritannien 124 711 964 361 536 424 486 288 388 Frankreich 51 507 064 45 993 647 97 500 711 Deutschland 35488117 51 107 147 86 595 264 Cuba 58 717 688 13 716 058 72 433 746 Brit.-Nordamerika 30 930 607 38 583 231 69 513 838 Brasilien 45 453173 7 253 218 52 706 391 Belgien 5 442 048 16 093 747 21 535 795 Japan 15 508 170 .1098 457 16 506 627 Mexico 12 505 753 4 706 778 16 212 531 Italien 7 628 772 2 438 257 7 770 470 12 185 355 15 399 242 Niederlande 14 623 612 China 12 360 851 3 400 946 1 390 360 10138 320 13 751 210 Spanien 13 539 266 Brit. -Indien 12 809 937 356 564 13 166 501 Kussland 1 112 152 11 922 285 13 034 437 Brit.-Westindien 3 479 291 8 197 042 11676 333 Hongkong 493 690 9 167 702 9 661 692 Colombia 5 497 646 3 946 442 9 444 088 Venezuela 5 875 715 3 424 278 9 299 993 Hayti. 3 076199 4 732 724 7 808 923 Niederl. -Indien 5 989 628 873 546 6 863 174 Portorico 4 305 824 2 099 076 6 404 900 Philippinen 5 469 397 114 004 5 583 401 Australien 1 455 649 3 884 866 5 340 515 Argentinien 3 602 736 1 519 190 5 121 926 Portugal 573 688 3160 027 3 733 715 Europ. und Asiat. Türkei . . 395 828 3 101 074 3 496 902 Französ.-Westindien .... 1 857 668 1 486 925 3 344 593 Uruguay . 1 804 552 1 126 123 2 930 675 Brit.-Guiana 1 172 119 1 750 452 2 922 571 Chile 755 222 2 157 752 2 912 974 Brit.-Afrika 1 071 803 1 687 978 2 759 781 Mittel-Amerika 1 819 120 938 102 2 757 222 Peru 1440 973 1 176 922 2 617 895 Hawaiische Inseln 1 382 592 754 267 2 136 859 Oesterreich 449 896 1554 319 2 004 215 Schweden und Norwegen . . 347 945 1460 087 1 808 032 Niederl.-Westindien .... 697 172 873 546 1 570 718 Gibraltar 4 270 1 565 054 1 569 324 Xn. Der Handel. 469 Einfuhr Ausfuhr Gesammthandel Versch. Häfen in Afrika . . . Dänisch-Westindien .... S. Domingo Dänemark Griechenland Andere Brit. Besitzungen . . — Französ. Besitzungen . Französ, -Afrika Spanisch-Afrika Liberia Miquelon, S. Pierre etc. . . . Andere Häfen in S.-Amerika . Alle anderen Häfen .... 750 136 393 612 405 363 1224 560 646 8 897 173 384 81624 169 111 78 251 127 987 311 774 288 805 309 695 850 781 375 143 235 687 120 350 419 273 943 114 094 155 112 222 134 25148 1524 424 1 198 921 1 101 213 782 599 703 646 696 017 523 803 355 567 283 205 233 363 25 459 Folgendes waren 1875/76 die Hauptgegenstände der Einfuhr aus den wichtigsten der Gebiete, mit denen die V. St. Handel treiben'): 1. Grossbritannien. WoUwaaren 19 998 527, BaumwoUwaaren 13 742 583, Leinenwaaren 13 691558, Zinn und Zinnwaaren 10892101, Eisen und Stahl und Eisen- und Stahlwaaren 8042 533, Seidenwaaren 3593095, Wolle 3426 994, Soda 3025258, irdene Waaren 3001641, Chemikalien 2981 Ö26, Häute 2299414, Früchte 2295722, Felle und Pelzwaaren 1483244, Gold 1479 683, Salz 1340497, Bücher 1292 657, Opium 1246995, Jutewaaren 1220604, Glaswaaren 1074 396, Theo 1058717, Aetznatron 1058300, Kurzwaaren 1049107, Leder und Leder- waaren 1006463, Edelsteine 1006432, Bier 918 255, Lederhandschuhe 816072, Lumpen 720996, Büder, Photographien etc. 627314, Wein 626821, Seide 576038. 2. Frankreich. Seidenwaaren 14518631 , WoUwaaren 8762 821, Wein 2800586, Leder und Lederwaaren 2701834, BaumwoUwaaren 2346578, Kurzwaaren 1941921, Lederhandschuhe 1701382, Chemikalien 1535891, Branntwein 998580, Früchte 993 760, Edelsteine 971138, Stroh- geflechte 879 377, Felle und Pelzwaaren 865510, Knöpfe 702 926, irdene Waaren 638728. 3. Deutschland. BaumwoUwaaren 6 526 681, Seidenwaaren 5091190, WoUwaaren 4125273, Glas 1365008, Modewaaren 1129566, Leder- handschuhe 1195 991, Uhren und Uhrenbestandtheile 1056476, Chemi- kalien 1008120, Früchte 910990, Knöpfe 890067, Leder und Lederwaaren 1) Es wurden in der Regel nur die Posten mit mehr als 500 000 D. Werth berücksichtigt, nur für Deutschland ist auf 200 000 heruntergegangen. Dasselbe Verhältniss wurde bei der Zusammenstellung der Ausfuhrgegenstände festge^ialten. 470 XII. Der Handel. 776130, Kleider 757 730, Bücher 567 829, musikalische Instrumente 558 948, Borsten 531503, Papier mache 507162, Felle und Pelzwaaren 461813, Leinenwaaren 445 661, Edelsteine 430032, Bilder und Photo- graphien 380 779, Lumpen 364388, feinere Holzwaaren 290657, Wein 278345. 4. Cu.ba. Zucker, Melasse und Melado 49182 848, Tabak und Cigarren 4282809, Gold 2690226. 5. Dominion of Canada. Gerste 7885782, Plankenholz 3669914, Gold 1565 861, lebende Thiere 1611107, Weizen 1606077, Wolle 1083 911, Pelzwerk 723128, Makrelen 702412, Hülsenfrüchte 646095, Eier 620 276, unbearbeitetes Holz 614319. 6. Brasilien. Kaffee 40516609, Kautschuk 2141562, Zucker 1329 938. 7. Belgien. Glas 2025907, Eisen und Stahl 773497. 8. Japan. Thee 10426 530, Rohseide 3 787417. 9. Mexico. Silber 7019013, Häute 1812 567, Jute 542756. 10. Italien. Früchte 2 692439, Schwefel 1439 839, Lumpen 854638, Chemikalien 668392, Marmor 506596. ^ 11. China. Thee 7917092, Reis 1134853, Opium 535942. 12. Spanien. Früchte 2417221. 13. Brit.-Ostindien. Leinsaat 3803151, Jute 1709424, Gewürze 1210399, Häute 1093804, Gummi 907568, Zinn 824038. 14. Brit. -West in dien. Zucker und Melassen »1436 698. 15. Colombia. Häute 1118333, Kautschuk 1253243, Chinarinde 954690. 16. Venezuela. Kaffee 4581745. 17. Hayti. Kaffee 2 070618, Farbholz 621998. 18. Niederl.-Indien. Kaffee 4714645, Zucker 1052953. 19. Portorico. Zucker und Melassen 3 973274. 20. Philippinen. Zucker 3572400, Hanf 1706550. 21. Australien. Wolle 596386, Kohle 458939. 22. Argentinien. Häute 1969 923, Wolle 1030278. 23. Franz. -Westindien. Zucker 1751478. 24. Uruguay. Häute 1543614. 25. Brit.-Guiana. Zucker 912101. 26. Central-Amerika. Kaffee 1169203. 27. Peru. Salpeter 728238, Guano 692146. 28. Hawaiische L Zucker 1051987. In demselben Jahre waren die Hauptgegenstände der Aus- fuhr folgende: 1. Grossbritannien. Baumwolle 114281729, Weizen 52815124, Schweinefleisch 33 884 619, Mais 28 793 943, Gold 20292 912, Käse 11619927, Silber 9 856 486, Weizenmehl 7907 410, Schmalz 6673507, XII. Der Handel. 471 Leder 6193 769, Oelkuchen 5634669, Tabak 5169288, Talg 4561638, Zucker und Melasse 4171532, Holz und Holzwaaren 4099045, Rauchwerk 2 907405, Baumwollwaaren 2508133, Ochsenfleisch 2192 990, Speck 1516058, Harz 1492948, Wallrath 1358352, Häute 1309 327, Hopfen 1306 387, Terpentinöl 1127 937, Fische 1 123730, Eisen und Eisenwaaren 1 089 318, Tabakfabrikate 1 010342, landwirthschaftliche Maschinen 913479, Düngmittel 800884, Nähmaschinen 699 016, Droguen und Chemikalien 614404, Fleischpräserven 584404, Stahl und Stahlwaaren 521112. 2. Deutschland. Baumwolle 13316053, Erdöl 8559859, Schmalz 6242432, Tabak 5111148, Schweinefleisch 1959757, Silber 1895395, Leder 1700770, Rauchwerk 1409602, Holz und Holzwaaren 822962, Kupfer 784379, Eisenwaaren 676517, Weizen 615651, landwirthschaftliche Maschinen 535 321, Farbstoffe 527 780, Mais 502109, Roggen 416 299, Talg 384405, Zucker und Melasse 369 671, Nähmaschinen 367369, rohes Erdöl 351842, Häute 284657, Harz 261930. 3. Frankreich. Baumwolle 26035344, Gold 4167026, Silber 2 803 792, Tabak 2 640530, Kupfer 1766146, rohes Erdöl 1691068, Schmalz 1346 504, Weizen 682477, Häute 629 786, Holz und Holzwaaren 588 216. 4.Dominion of Canada. Weizen 6299 874, Mais2349461, Kohle 2 310216, Gold 2006 216, Holz und Holzwaaren 1567 395, Weizenmehl 1225133, Speck 1081087, Eisen und Eisenwaaren 1062 674, Schmalz 846073, Tabak 638103, Baumwolle 621395, lebende Thiere 535321, Schweinefleisch 528 905, Maismehl 518580. 5. Belgien. Erdöl 4182963, Leder 3456521, Weizen 2860259, Schmalz 2025272, Baumwolle 1949804, Schweinefleisch 1106128, Tabak 1 068 769. 6. Cuba. Holz und Holzwaaren 3156 391, Schmalz 1654486, Gold 1557825, Schweinefleisch 1086 898, lebende Thiere 577194, Weizenmehl 559 410. 7. Niederlande. Baumwolle 4284110, Weizen 2948607, Erdöl 1589142, Tabak 1198502, Schmalz 551149. 8. Russland. Baumwolle 10185 788, Erdöl 584892. 9. Spanien. Baumwolle 6400524, Tabak 1816 796, Erdöl 1065088. 10. Brit.- Westindien. Weizenmehl 2 665101, Speck 636888, Holzwaaren 720147. 11. Italien. Baumwolle 2990772, Tabak 2611067, Erdöl 1 590911. 12. B r a s i l i e n. Fett 743 073, Baumwollenstoffe 571518, Erdöl 498 294. 13. Hayti. Speck 1071043, geräucherte Fische 467486. 14. Mexico. Baumwolle 890574, Maschinen u. a. Eisenwaaren 557 274, Quecksilber 365097. 15. Colombia. Fett 640243. 16. Australien. Erdöl 467950. 472 XII. Der Handel. 17. Venezuela. Gold, gemünztes, 578854. — 18. Türkei. Waffen 1562943. 19. Chile. Raffinirter Zucker 435 522. 20. Portori CO. Silbermünze 322542, Mehl 303953. 21. Brit.-Guiana. Mehl 546194. 22. Brit.-Afrika. Rum 380974. 23. 0 esterreich. Steinöl 696051. 24. Uruguay. Raffinirter Zucker 490434. 25. NiederL-Indien. Steinöl 619891. 26. Dänemark. Steinöl 651446. Von den grossen Handelsstädten der V. St. kommen hier zunächst nur die Seestädte in Betracht. Der direkte Aussenhandel der Binnen- städte ist erst im Werden. Den Namen von Welthandelsstädten verdienen die folgenden sechs: Boston hat den Vorzug der n. Lage, ist daher näher bei Europa^) und Britisch - Nordamerika. Hervorragend in der Ausfuhr sind Gewerbs- erzeugnisse, Fleischwaaren und Fett, Rohbaumwolle, BaumwoUwaaren, Mehl, lebendes Vieh — in der Einfuhr Zucker, Häute und Leder, Wolle und WoUwaaren, Chemikalien. Es hatte 1877 43,6 Mill. A. und 47,7 Mill. E. = 8 Proc. des Gesammthandels. New York ist durch centrale Lage, Hinderlandverbindungen, gross- artigen Hafen und durch seine herrschende Stellung als volk- und capital- reichste Stadt der Union die grösste Handelsstadt der letzteren. Ausfuhr : Getreide, Petroleum, Fleisch und Fett, Käse, Rohbaumwolle, Tabak, Leder, raffinirter Zucker, Baumwollwaaren 326,9 Mill. D. ; Einfuhr : Zucker, Kaffee, Thee, Baumwoll-,Woll-, Seide- und Flachswaaren, Metallwaaren 335,8 Mill. D. = 57 Proc. des Gesammthandels. Philadelphia steht gegen New York durch ungünstige Hinterland- verbindungen und weniger guten Hafen (dem Zufrieren ausgesetzt) zurück. Ausfuhr: Brotstoffe, Fleisch, Petroleum 37,8 Mill. D.; Einfuhr: Metall- waaren, Woll- und Seidewaren, Zucker, Südfrüchte 20,1 Mill. D. = 5 Proc. des Gesammthandels. Baltimore hat den Hauptvortheil des um 500 Kil. kürzeren Weges nach dem Ohio- und Mississippi - Gebiet vor den n. Häfen voraus. Aus- fuhr: Getreide und Mehl, Steinöl, Tabak, Rohbaumwolle, Fett; Einfuhr: Kaffee, Zucker, Salz. A. 40 Mill. D., E. 23,3 Mill. D. = 5,5 Proc. des Gesammthandels. 1) Die Entfernungen von Liverpool, dem nächsten grossen europäischen Hafen, sind für die Hauptplätze Nord-Amerikas nach den Mittheilungen des U. S. Coast Survey folgende (in naut. Meilen) : Montreal via Belle Isle Strait 2766, via Süd- küste von Neufundland 2936, Portland 2770, Boston 2930, New York 3075, Philadelphia 3260, Baltimore 3400, New Orleans 4766, S. Francisco 14 400. Die Entfernung zwischen S. Francisco und New York zur See ist 13 900. XII. Der Handel. 473 New Orleans, Hauptplatz des Golfgebietes, an der Mississippi- Mündung central und in geringer Entfernung von den mexikanischen und cubanischen Häfen gelegen, mit guten Hinterlandverbindungen versehen, aber für den Europahandel mit dem Naclitheil des Umweges um Florida behaftet. Ausfuhr: Baumwolle, Tabak, Mais, Oelkuchen 69,7Mill. D.; Einfuhr: Kaffee, Zucker 7,6 Mill D. = 6,5 Proc. des Gesammthandels. San Francisco. Hauptstadt des ganzen pacifischen Nord-Amerika. Ausgangspunkt der Verbindungen mit dem pacifischen Mittel- und Süd- Amerika, Ostasien und Polynesien. Ausfuhr: Edelmetalle, Weizen, Mehl, Quecksilber, Wolle, Lachs 87,7 Mill. D.; Einfuhr: Kaffee, Zucker, Thee, Tabak, Eisenwaaren, Steinkohlen 75,7 Mill. D, = 14 Proc. des Gesammt- handels. Von dem Aussenhandel über die Binnengrenzen ist der canadische Transit und der mexikanische Landhandel bemerkenswerth. Die eigenthümliche Lage Canadas um den Unterlauf und die Mündung des S. Lorenz, dieses grossen Auslasscanales für eines der produktivsten Gebiete der Union, bedingt einen sehr erheblichen canadischenDurch- gangshandel von und nach den V. St. Die Grand Trunk E. J5., die gegenwärtige Haupteisenbahnlinie von Canada, dient als kürzester Weg zwischen Neu-England und der Seeregion. Sie hat eine Linie nach Port- land Me. und steht durch die Vermont Central E. B. in unmittelbarer Ver- bindung mit allen neuengländischen Plätzen. Die Linien durch die ober- canadische Halbinsel verbinden die Staaten New York und Michigan über Buffalo — Detroit und bilden damit Glieder in dem grossen Netze west- östlicher Eisenbahnlinien. Der Welland-Canal verbindet auf canadischem Boden Erie- und Ontario-See. Andererseits bilden die von N. nach S. vom canadischen Seen- und S. Lorenz -Gebiet nach New York, Boston, Portland führenden Eisenbahnen und Canäle unter gewissen Umständen die bequemsten Wege für den canadischen Ein- und Ausfuhrhandel. Es ist nur natürlich, dass die mannigfach verschlungenen Wechselbeziehungen, welche hierdurch entstehen, so leicht wie möglich gemacht sind. Es sind Verträge zwischen den V. St. und Canada abgeschlossen, welche zollfreien Waarenverkehr auf gewissen vorgeschriebenen Linien*) unter bestimmten sichernden Vorkehrungen gestatten. 1870 war derWerth der von Canada durch die V. St. verschifften Güter 23 Mill. D., 1876 42. Ueber den jedenfalls viel grösseren Verkehr, der von und nach den V. St. durch Canada sich bewegt, fehlen die genaueren Daten. Doch ist so viel zur Genüge bekannt, dass Montreal ein starker Concurrent der Häfen der V. St. für die Verschiffung der Brotstoffe ist, die ihm aus W. zu- kommen. Trotzdem sein Hafen 5 Monate durch Eis geschlossen und ausserdem noch eine unbestimmte Anzahl von Wochen der Stromweg zu 1) Nähere Ausführungen hierüber s. Rep. Internal Commerce. Wash. 1877. 126, 474 XII. Der Handel. und von demselben durch Nebel und Treibeis gefährdet ist, empfing Montreal 1876 19 Mill. B. Brotstoffe aus dem W. der V. St. und führte davon 16 Mill. aus. Es ist das Vi« der Menge, die überhaupt zur Aus- fuhr kommt ^). Der Landhandel mit Mexico, zuerst ausschliesslich in der Form des Karawan^nhandels mit Santa Fe betrieben , schreibt seine kräftigere Entwickelung von 1824 her, in welchem Jahre zum ersten Mal an Stelle v/^der Packthiere gedeckte Wagen benützt wurden^). Bis dahin waren nur vereinzelte Unternehmungen gemacht worden, die theils in den. Ge- fahren des Weges, theils in den Plackereien der Regierungsorgane grosse Hindernisse gefunden hatten. Die letzteren wurden um diese Zeit durch die Errichtung der Republik gemindert, die ersteren verringerten sich mit häufigerer Benützung dieses Handelsweges. Vor der Annexion Neu-Mexicos an die Y. St. hatte sich die Zahl der in dieser Richtung alljährlich ab- gehenden Frachtwagen auf über 200 und der Werth der nach Santa Fe geführten Waaren auf 4 — 500000 D. erhöht. Mit der Zunahme der direkten Einfuhren zur See nach dem Inneren Mexicos hatte aber schon seit Anfang der 30 er Jahren der Gewinn dieses Handels über Santa Fe abgenommen und Chihuahua, das von Matamoros, Mazatlan und Guaymas aus versehen wurde, ersetzte Santa Fe in der Stellung eines Stapelplatzes für das n. Mexico ^j. Seitdem hat der Landhandel, aber vorzüglich nur in Gestalt des Schmuggels, fortgedauert und vielleicht noch zugenommen. Sonora und Chihuahua empfangen die Hälfte ihres Imports auf diesem Wege. In den letzten Jahren sind die Handelsberichte der europäischen Consuln in mexikanischen Grenzplätzen immer mehr mit Klagen angefüllt über den Schmuggelhandel nordamerikanischer Waaren nach Mexico und die Frage des Mala fide - Handels beschäftigt Regierung und Kaufleutc jenes Landes in steigendem Masse, ohne dass sie jedoch Abhülfe fänden*). 1) Im Winter tritt Portland Me. in die Lücke, das mit derselben Eisenbahn- linie verbunden ist und dessen Hafen nur 2 Monate eisbedeckt ist. 2) Indessen wurde dieser Handel schon 1812 von S. Louis aus in grösserer Ausdehnung betrieben. 1821 ging z. B. eine Karawane von 81 Menschen, 156 Pferden und Maulthieren und 23 Frachtwagen ab, welche über Ft. Osage nach Taos ging und zu dieser Reise hin und zurück 4V2 Monate brauchte. Sie führte vorzüglich Baumwollwaaren und daneben zahlreiche andere Gebrauchsgegen- stände ein und empfing dafür vorwiegend Silber und zwar in der Regel das 10 fache des Werthes ihrer Waaren. (Hertha 1825. 91.) 3) Lebensvolle Schilderungen dieses auch für die geographische Kenntniss des fernen W. nicht unwichtigen Handels in J. Gregg , Karawanenzüge durch die w. Prärien. 1845. 2 Bde. 4) Vgl. z. B. Preuss. Handelsarchiv 1878. II. 244. IV. Abschnitt. Staat und Gemeinden. Kirche und Schule. Das geistige Leben. Die Gesellschaft. Gebiet der IS alten Staaten. Französ. Louisiana (1808); ^ Im Westen: Gadsden Pitrchase (18S3). Wachsthum. (Zu Seite 477.) r Von den 18 alten Staaten an die Union (1785—1802) abgetreten. Florida (1810). Im Westen: Mexikanische Abtretung (1848). XIII. Der Staat. Die Gremeinden. Das politische Leben. I. Das Staatsgebiet. Seine Entwickelung und Grenzen 477. — II. Die Verfassung. Union und Einzelstaaten 481. Der Cougress 484. Der Präsi- dent 485. Die Bundesgerichte 486. — III. DieVerwaltung. A. Staats- amt 486. Consulatswesen 487. B. Inlandamt 488. C. Schatzamt 489. Zölle und Steuern 490. Oeflfentliche Schuld 490. Geld 491. Masse und Gewichte 492. Leuchtthürme und Rettung SchiAHbrüchiger 492. Finanzlage der Union in 1877/78 493. D. Das Kriegsamt 493. Armee 494. Miliz 498. E. Marine- amt 498. Flotte und Küstenvertheidigung 499. — IV. Die Einzelstaaten 500. Gruppirung 503. Politische Rolle 504. Partikularismus 505. Ihre Verwaltung 506. Territorien 509. — V. Gemeinden. Town und County 509. Die Städte 511. Ihre Finanzen 511. Wachsthum 513. — VI. Das politische Lehen. Der Geist desselben 513. Die Parteien 517. Die Wahlen 520, Corruption 524. — Flagge und Wappen 527. I. Das Staatsgebiet. Die Vereinigten Staaten von Amerika (United States of America) bilden einen Bundesstaat von 169 599 g. Q. M. ^), welcher gegenwärtig 38 Staaten und 10 Terri- torien, sowie den Distrikt von Columbia, d.h. das Weichbild der Bundeshauptstadt Washington umfasst. Lage, Ausdehnung und Be- grenzung ihres Gebietes sind im I. Bande S. 17 — 27 beschrieben. Hier folgen nur einige Ausführungen des dort Gesagten. Der Flacheninhalt der V. St. hat sich seit ihrem Bestände als politische Einheit folgendermassen vergrössert: Er betrug 1783 820680 e. Q.M. Der Ankauf von Louisiana (1805) fügte 899579 hinzu, der von Florida (1819) 66 900, die Aufnahme von Texas (1845) 318000, der Oregon-Vertrag (1846) 308052, die Verträge mit Mexico (1849 und 1853) 522 955 und der Ankauf von Alaska (1867) 582 867 e. Q.M. Die Grenzen der V. St. haben mehrmals zu Streitigkeiten mit den Nachbarstaaten Anlass gegebeaund sind noch heute nicht an allen Punkten so sicher festgelegt, um Aehnliches für die Zukunft auszuschliessen. In dem Friedensvertrage von 1783 war die Grenze gegen das britische Nord- Amerika in folgenden Worten niedergelegt: „Um allen Streitigkeiten zu- 1) gleich 9 933 680 Q. Kil. oder 3 603 884 e. Q. M. 478 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. vorzukommen, welche in Zukunft über die Grenzen der V. St. entstehen könnten, wird hiermit übereingekommen und erklärt, dass Folgendes ihre Grenzen sind und sein sollen: Vom nw. Winkel von Nova Scotia, d. h. dem Winkel, welcher gebildet wird durch eine von der Quelle des S. Groix gerade nach N. gezogene Linie, die darauf auf dem Hochlande, welches die Zuflüsse des S. Lorenz von denen des Atlantischen Oceans sclieidet, bis zur nw. Quelle des Connecticut, von da in diesem Flusse bis zum 45." n. Br., dann auf diesem Breitegrad geradeaus w. bis zum Iroquois oder Cataraqui, in dessen Mitte bis zum Ontario-See verläuft. Von da geht sie durch die Mitte dieses Sees und die Wasserverbindung zwischen ihm und dem Erie-See, durch die Mitte des Erie-Sees, bis sie die Wasser- verbindung desselben mit dem Huronen-See erreicht, durch die Mitte dieses bis zu seiner Wasserverbindung mit dem Oberen See, durch diesen n. von den Inseln I. Royale und I. Philippeaux zum Long L. ; durch dessen Mitte und die Mitte der Wasserverbindung zwischen ihm und dem Lake of the Woods bis zu dem letzteren und in diesem bis zu seinem nordwestlichsten Punkte; von da geradeaus w. zum Mississippi und in der Mitte des Laufes dieses Stromes, bis die Linie den nördlichsten Theil des 31." n. Br. schneidet. Im S. durch eine Linie, die gerade ö. von der eben genannten in 31."n.Br. bis zur Mitte des Apalachicola oder Catahouchc, in dessen Mitte bis zu seiner Verbindung mit dem Flint R., dann gerade auf die Quelle von S. Mary's R. und in dessen Mitte hinab zum Atlan- tischen Ocean. Im 0. durch eine Linie mitten im S. Croix R. von seiner Mündung in der Fundy Bay bis zu seiner Quelle , und von dieser bis zu dem Hochland, das die Zuflüsse des S. Lorenz von denen des Atlantischen Oceans scheidet. Die atlantische Seegrenze schliesst alle Inseln ein, welche 20 Leagues von dem Ufer der V. St. entfernt liegen, und liegt zwischen Linien, die geradeaus ostwärts von den Punkten gezogen werden, in welchen die vorhin genannten Grenzen gegen Nova Scotia auf der einen und Ost -Florida auf der anderen Seite die Fundy Bay, bzw. den Atlan- tischen Ocean berühren, mit Ausnahme solcher Inseln, welche jetzt oder früher innerhalb der Grenzen der vorgenannten Provinz Nova Scotia ge- legen sind oder waren." — Im Vertrage von Gent wurde eine Commission niedergesetzt, um die Streitfragen zu schlichten, welche über gewisse Inseln in der Mündung des S. Croix und im S. Lorenz entstanden waren. 1818 wurde durch Vertrag die Grenze zwischen dem Lake of the Woods und dem Felsengebirge bestimmt, welche von dem nordwestlichsten Punläe dieses Sees bis zum 49. Breitegrad und von da diesem entlang läuft. Vermessen ist diese erst seit 1872. Jener Punkt war bis dahin unsicher gewesen. Er liegt 26 e. M. n. vom 49." n. Br. Eine andere Un- klarheit, welche dadurch entstand, dass der Mississippi keineswegs weit genug nach N. reicht, um, wie der Vertrag von 1783 annimmt, von einer vom Lake of the Woods gerade nach W. gehenden Linie geschnitten zu XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 479 werden, wurde durch Uebereinkunft von 1794 der Entscheidung durch eine von beiden Theilen vorzunehmende Aufnahme des in Frage kommenden Landes vorbehalten. Endlich blieb auch die Südgrenze unklar, denn England hatte in dem Frieden von 1783 auch Ost-Florida an Spanien abgetreten und zwar so wie es unter seiner, des ersteren, Herrschaft bestanden hatte, nämlich bis zum Yazoo. Spanien weigerte sich nun mehrere Jahre lang das offenbar den V. St. zugehörende Stück zwischen diesem Fluss und dem .31." n. Br. an die letzteren zurückzugeben. Aber durch einen Ver- trag von 1819 trat es gegen 5 Mill. D. ganz Florida ab und wurden als Grenzen des Territoriums angenommen: Sabine R. bis zum 32." n. Br. Von da ein Meridian n. zum Texas-Red R., diesem entlang bis 100." ö. L. Gr. und auf diesem zum Arkansas R., diesem entlang zu seiner Quelle und von da auf dem 42.° n. Br. bis zum Stillen Meer. Eine grosse, aber durchaus unklare Hinausschiebung der Grenzen der V. St. entstand durch die Abtretung Louisianas von Seite Frankreichs. Louisiana hatte nie- mals feste Grenzen gehabt. In der Schenkung von Louis XIV. an Crozat ist unter Louisiana alles Land begriffen, das bewässert wird von Flüssen, die mittelbar oder unmittelbar in den Mississippi sich ergiessen. Frankreich gab diese Colonie an die V. St., so wie es dieselbe in dem Vertrag von S. Ildefonso 1800 von Spanien erhalten, nämlich „in derselben Gebiets- ausdehnung, welche diese Provinz unter Spanien und unter Frankreich gehabt hatte und welche sie nach später von Spanien und anderen Mächten geschlossenen Verträgen haben werde". Nun war zunächst die Grenze zwischen Louisiana und der neuspanischen Provinz Texas von jeher strittig gewesen. Die Spanier besassen Texas thatsächlich , aber die Franzosen Hessen ihre Ansprüche darauf nicht fahren. Beide Nationen hatten Ansiedelungen an diesem Theile des Golfes von Mexico gegründet, die später z. Th. verfielen, aber nach den Anschauungen der Zeit dauernde Besitzrechte erzeugten. Als Louisiana an die V. St. abgetreten worden war, kam man von beiden Seiten überein, den Sabine R. nicht zu über- schreiten, und die V. St. Hessen zunächst alles Land w. vom Meridian von Natchitotches unvermessen liegen. In den späteren Conflikten zwischen den V. St. und Mexico trat derselbe Streitpunkt neuerdings wieder hervor und wurde erst endgültig entschieden durch den Vertrag von Guadalupe Hidalgo (2. Februar 1848), welcher, ergänzt durch den Ankauf eines Striches von 27500 e. Q.M. (Gadsden Purchase 1853), den Rio Grande und die Gila- Depression zur Grenze zwischen den V. St. und Mexico machte (s. Bd. I. 18, 20). Im NW. waren die Grenzfragen wegen Oregon seit dem Vertrag von 1827 offen geblieben. Der 49. Breitegrad war schon bei der Abtretung Louisianas als Nordgrenze angenommen und die V. St. hatten 1819 von Spanien alles Land n. vom 42. Grad überlassen bekommen. Aber in den Verträgen zwischen den V. St. und England von 1818 und 27 wurde die Frage der Verlängerung der 49" -Grenze bis zum StiHen Ocean — 480 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Bas politische Leben. dieselbe würde die Vancouvers-Iusel geschnitten haben — offen gelassen. Als aber die Besiedelung Oregons fortschritt, drängten die V. St. zur Entscheidung und ein Vertrag von 1846 liess die Vancouvers-Insel bei England. Die Grenzlinie sollte „fortgeführt werden längs des 49.° n. Br. bis zu der Mitte des Canals, welcher das Festland von der Vancouvers- Insel trennt, und von da nach S. durch die Mitte des gedachten Canals und der Fuca-Strasse bis zum Stillen Ocean". Aus dieser letzteren Be- stimmung wuchs neuer Streit heraus über den Besitz der Inseln, welche in diesem Canal gelegen sind. Unser Kaiser entschied 1872 als Schieds- richter diesen Streit dahin, dass die Grenze im Haro-Canal zu verlaufen habe und demgemäss der sog. S. Juan-Archipel den V. St. zufallen solle. Die letzte Hinausschiebung der Grenze der Y. St. geschah durch den Ankauf Russisch- Amerikas, der 30. März 1867 für 7 Mill. D. voll- zogen wurde. Nach amerikanischer Berechnung kamen damit 577 390 e. Q.M. (27158 d. Q. M.) neues Gebiet an die V. St.^), die also jetzt, vor- behaltlich genauerer Vermessungen, 3 603 884 e. Q.M. oder 169509 d. Q.M. oder 9 933 680 Q.Kil. umfassen. Eine Grenzfrage, die gegenwärtig noch schwebt, ist eigentlich keine Frage der politischen Grenze. Sie beruht auf verschiedene Auslegung gewisser Bestimmungen des Vertrages von 1818 über das Recht amerikanischer Fischer an den canadischen Küsten zu fischen. — Die Grenzlinie zwischen dem Gebiete der V. St. und denen der Indianer wurde von Jefferson in seinem Berichte an den Congress (d.d. 8. Nov. 1791) folgendermassen angegeben: Vom Erie-See den Cuyahoga aufwärts bis zur Wasserscheide, dann den n.ö. Arm des Muskingum hinab bis zum Great Miami, von hier gerade w. bis zum De la Pause und an diesem abwärts bis zum Wabash. „So weit, sagt Jefferson, ist das Land ganz frei von indianischen Ansprüchen." W. vom Wabash, wurde angenommen, seien die Besitztitel der Indianer schon durch die Franzosen abgelöst worden, aber über ihre s. Grenze zwischen Wabash und Illinois wusste man nichts. Das den Indianern abgekaufte Land betrug 1791 innerhalb der Grenzen des damaligen NW. oder Ohio- Territoriums etwa 55000 e. Q.M. , also nicht mehr als 7-» des Gebietes. Die Indianer des nw. Gebietes wurden damals auf 6500Ö geschätzt. Hin- sichtlich der Landerwerbungen von Indianerstämmen haben die V. St. ^mmer den Grundsatz festgehalten, dass die letzteren das Recht haben, im Besitz der Ländereien zu bleiben, welche sie besitzen, und sie nur zu vorkaufen, wenn es ihnen beliebt. Natürlich wurde aber dieser Grundsatz nur in der Theorie anerkannt, denn wenn man ihn ^l)raktisch befolgt hätte, würde die Herrschaft der V. St. über den nordaperikanischen Continent sich nicht so rasch hab^n ausbreiten können, w^ sie es in Wirklichkeit ^ i» 1) Als Ergebniss einer anscheinend genaueren Berechnung nannten die G. M. 1869 S. 420 582 867 e. Q. M. oder 27 415 d. Q. M. XIIl. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 481 getlian hat und nach der Lage der Dinge musste. Theoretisch und praktiscli wurde dagegen der andere Grundsatz festgehalten, dass den V. St. das ausschliessliche Kaufsrecht auf die Ländereien der Indianer zusteht und dass jeder andere Verkauf, sei es an eine fremde Nation oder an Bürger der V. St., null und nichtig ist. Die Preise, welche den Indianern für ihre Ländereien bezahlt wurden, sind lächerlich gering. Von ameri- kanischer Seite kaml man wohl sagen, dass die Verkäufer immer mehr erhalten hatten, als das Land für sie werth war. Aber der Werth des Landes ist sehr veränderlich und kann oft durch eine noch so hohe Summe Geldes nicht aufgewogen werden. Wenn sie reiche Jagdgründe für öden Steppenboden eintauschten, was in letzter Instanz fast allen Stämmen geschehen ist, so verloren sie doch immer und zwar war ihr Verlust unersetzlich. Es liegt also in dieser Form des Kaufes, welche ängstlich in allen Verträgen von den V. St. festgehalten wurde , nicht weniger Grausamkeit, als in der einfachen, rohen Verdrängung. Auch ist keine Frage, dass das Baargeld, die Nahrungsmittel und Kleider, welche die Indianer erhielten, sie sorglos, üppig und verschwenderisch machten. Im Grunde ist es nur die äussere Form, welche diese Land- v^ crwerbung durch Kauf von der durch Eroberung unterscheidet. Die Folgen sind im Wesentlichen dieselben. Die hauptsächlichsten Landverkäufe der Indianer an die V. St. führen auf die Verträge von 1784 und 95 zurück. (Uferländer des Ohio bis zum Mississippi und Illinois in 200 Kil. durch- schnittlicher Tiefe, Uferland des Mississippi vom Illinois bis zum Uis- cusing R. , ein Stück des Terr. Michigan am Huronen- und Erie-See, Uferland des Mississippi und Alabama von der Yazoo-Mündung bis Mobile, endlich ein Stück im Great Bend of the Tennessee — zusammen 62 Va Mill. Acres). n. Die Verfassung. Die V. St. bilden einen Bundesstaat, dessen amtlicher Name United States of America ist^), während in Amerika selbst der Gesammtstaat gewöhnlich kurzweg als Union bezeichnet wird. Dieser letztere Name bezeichnet deutlicher die Einheit in dieser Vereinigung vieler einzelnen Staaten als das deutsche Bundesstaat. Man könnte ihn eher mit Eeich vergleichen. Auch mit dem Worte RepuhUh, wenn es ohne nähere Erklärung auf 1) In der Verfassungsurkunde heisst es im Eingang: „Wir das Volk der Vereinigten Staaten |IV errichten diese Constitution für die Vereinigten Staaten von Ameriki" Die beiden Namen scheipen hier gleichbedeutend gebraucht zu sein. Aber^ire Anwendung an dieser £telle ist so zu erklären, dass der erstere gleichbedettend ist mit Vereinigte Einzelstaaten, während erst im zweiten der formale Titel des durch sie gebildeten Bundesstaates her- vortritt. Indessen wird der erstere Namen abkürzungsweise überall gebraucht E a t z e 1 , Atne)-ika H. o-i 482 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. die V. St. angewandt wird, verbindet der Amerikaner einen be- sonderen Sinn, denn Kepublik ist nach der normgebenden Erklärung des Hauptschöpfers der Bundes - Verfassung der Gegensatz von Demokratie. Ueberlassung der Staatsleistung an eine kleinere An- zahl gewählter Männer und möglichste Ausdehnung auf ein weites Gebiet bezeichnen die Republik, die in diesem Sinne also eigentlich das ist, was man repräsentative Demokratie nennt. Als Namen für Parteien sind allerdings die Worte republikanisch und demo- Jcratisch zu Gefässen von ganz anderen Begriffen gemacht worden, aber ursprünglich lag auch diesen Parteibeziehungen der Gegensatz zu Grunde zwischen dem Staat der Republikaner und Staatenbund (Conföderation) der Demokraten. In diesem Sinne entspricht es der republikanischen Auffassung, wenn die Verfassung nicht als ein Vertrag der Sonderstaaten, sondern als ein Grundgesetz des Einen amerikanischen Volkes betrachtet wird. Dieses Verhältniss Avird gekennzeichnet durch die Eingangsformel der Gesetze: „Wird ver- fügt vom Senat und Haus der Repräsentanten der Vereinigten Staaten von Amerika im Congress versammelt." Andererseits ist die Verfassung erst Grundgesetz geworden, nachdem die Einzel- staaten sie jeder für sich angenommen hatten, und Abänderungen sind nicht dem Congress anheimgestellt, sondern müssen von ^U aller Staaten genehmigt werden. Der Einzelstaat führt ein Leben für sich und seine Organe stehen in keiner unmittelbaren Beziehung zu denen des Gesammtstaates. Seine Beamten und Vertreter gehen aus einer anderen Wahl, meist sogar nach anderer Wahlart, hervor als die der Union. Aber es können begreiflicherweise Verschieden- heiten der Meinungen über die Befugnissgrenzen beider nicht fehlen und wir haben gesehen (vgl. o. Abschn. I Cap. II), dass Streitig- keiten über dieselben die ganze Geschichte der V. St. durchziehen. und sogar amtlich seine Anfangsbuchstaben U. S. In anderen Theilen von Amerika und in Europa gebraucht man aber auch zum Unterschied von den verschiedenen anderen Vereinigten Staaten, die es noch in Amerika gibt, den Ausdruck Vereinigte Staaten von Nord - Amerika. Er ist bezeichnender als jene beiden amtlichen Benennungen, zumal man ihm entsprechend der Be- völkerung dieses Staates den Namen Nordamerikaner heilegen kann, der weniger missverständlich ist als Amerikaner, wie sie sich selbst kurzweg dem amt- lichen Namen ihres Staates entsprechend nennen und wie sie merkwürdigerweise auch z. Th. von den Hispano-Amerikanern genannt werden. Xlll. Der Staat. Die Gemeinden. Bas politische Leben. 483 Es entspricht vollständig der Natur der Dinge, wenn die Grenze zwischen den Befugnissen der Einzelstaaten und der Union so gezogen ist, dass alles was die gemeinsamen Interessen angeht, der letzteren, alles Lokale, nur die Verhältnisse der Einzel- staaten Betreifende diesen zufällt, dass ferner die äusseren Ange- legenheiten (Diplomatie, Handel, Krieg) Sache der Union, die inneren (Wirthschaft , Unterricht, bürgerliche Rechte) Sache der Einzelstaaten sind. Auf manchen Gebieten ist aber diese Ausschei- dung schwer durchzuführen. Es gibt wirthschaftliche Interessen, die die Gesammtheit in hohem Grade berühren (Hafenanlagen, schiff- bare Flüsse, Poststrassen, Eisenbahnen durch unbewohnte Gegenden u. dgl.) und andere, welche dem Gebiet der äusseren Beziehungen angehören, ohne doch die Gesammtheit zu berühren. Dort tritt die Union für die Einzelstaaten ein, hier lässt sie denselben Unter- handlungen und Verträge mit fremden Mächten zu, behält aber die Zustimmung des Congresses vor. Dahin gehört auch, dass die Einzelstaaten ohne Zustimmung des Congresses keine Truppen oder Kriegsschiffe unterhalten dürfen. Für Entscheidung von Befugniss- streiten auf diesen Gebieten gibt es keine in der Verfassung vor- gesehene oberste Instanz, doch einigte sich man in der Praxis ge- wöhnlich dahin, die Frage vor das Oberste Bundesgericht zu bringen und seiner Entscheidung zu folgen. Das Bürgerrecht des Einzelstaates verleiht auch das der Union. Ausser durch Vererbung wird es, wenn anderes Bürger- recht nicht geltend gemacht wird, durch Geburt auf dem Boden der V. St. erworben. Die Naturalisation von Eingewanderten ge- schieht auf Verlangen der letzteren nach 5 jährigem Aufenthalte in den V. St. Aufgegeben kann das Bürgerrecht nur werden durch Verzichtleistung unter Uebergang in einen anderen Staatsverband. Die Trennung der öffentlichen Gewalt ist soweit als möglich durchgeführt in: 1. gesetzgebende Gewalt (Congress), 2. vollziehende Gewalt (Präsident), 3. richterliche Gewalt (Bundes- gerichte). Entsprechend sind in den Einzelstaaten Legislatur, Governor und Richter aus einander gehalten. Dass jedoch die Praxis hierin nicht immer mit der Theorie in Einklang zu bringen ist, wird die Aufzählung der Funktionen der einzelnen Gewalten zeigen. 31* 484 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. A. Der Congress der Union theilt sich in Repräsentantenhaus und Senat, von denen jenes mehr das Gesammtvolk, dieser die Einzel- staaten vertritt. Das Repräsentantenhaus geht aus unmittelbaren Wahlen hervor, durch welche aus bestimmten Wahlkreisen nach Wahl- arten, die der betreifende Einzelstaat zu bestimmen hat, Vertreter entsandt werden. Wenige Staaten halten noch an einem Wahlcensus fest, aber das allgemeine Stimmrecht ist stark in der Ausdehnung begriffen. Be- dingungen der Wählbarkeit sind: Alter über 25 Jahre, Bürgerrecht seit 7 Jahren, Wohnort in dem Staate der Wahl, Entkleidetsein von jedem Bundesamte. Die Amtsdauer beträgt 2 Jahre. Jeden 1. December tritt das Haus zusammen, wählt seinen Präsidenten (Speaker) und die übrigen Beamten und entscheidet selbständig über die Gültigkeit der Wahlen seiner Mitglieder. — Der Senat wird aus den Gesetzgebungen der Einzelstaaten mit je zwei Vertretern gewählt ohne Rücksicht auf die Bevölkerungszahl. Die Senatoren müssen über 30 Jahre alt, 9 Jahre Bürger und im Wahl- staate ansässig sein. Ihre Amtsdauer beträgt 6 Jahre, alle 2 Jahre scheidet V3 aus. Der Vicepräsident der Union ist Präsident des Senates und wird nicht von diesem, sondern vom Volke selbst zugleich mit dem Präsi- denten gewählt. Abstimmung geschieht nicht nach Staaten. Instruktionen der letzteren sind verboten. Die Befugnisse des Congresses sind hauptsächlich folgende : Er übt die gesetzgebende Thätigkeit ausschliesslich , erlässt Kriegs- erklärung, Verträge mit auswärtigen Staaten hat der Senat zu genehmigen, ebenso Friedensschlüsse; er hat das Recht des Imj^eachment , d. h. der Versetzung in Anklagestand der Bundesbeamten (ausgenommen der mili- tärischen) bis zum Präsidenten hinauf und ihrer Entfernung vom Amte; dabei steht dem Repräsentantenhaus das Recht der Anklage zu, während der Senat sich in einen Staatsgerichtshof verwandelt, der über die Anklage richtet; das Recht, durch Resolutionen seine politische Meinung zu äussern; endlich stillschweigend verliehene Gewalten kraft seiner rechtsordnenden Gesammtbefugniss, das für die gemeine Wohlfahrt der Union Nöthige an- zuordnen. Seine einzelnen Mitglieder erhalten Entschädigung in Form einer festen Besoldung (7500 D. p. Jahr)^), haben das Recht der freien Rede, können nicht wegen Schulden, sondern nur in Folge eines Straf- processes verhaftet und von ihren Wählern nicht abberufen werden. B. Der Präsident vereinigt die ganze Regierungsgewalt in seiner Hand, nur er ist verantwortlich, nicht seine Minister. Die letzteren sind nur Beamte. Dementsprechend ist bei ihm der Entscheid über alle Be- schlüsse und nur die Vorbereitung derselben ist Sache der Minister. Die 1) 1873 beschloss der Congress eine auf 2 Jahre rückwirkende Erhöhung der Gehälter des Präsidenten (auf 50 000), des Vicepräsidenten und der Minister auf 10 000, der Senatoren, Repräsentanten und Delegirten auf 7500 D. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 485 Wahl des Präsidenten macht denselben durchaus unabhängig vom Congress, denn er geht aus mittelbaren Wahlen hervor, zu welchen jeder Staat so viel Wahlmänner abordnet, als er Repräsentanten und Senatoren im Congress hat, aber andere Personen als diese. Am ersten Mittwoch im December treten sie zusammen, wählen Präsident und Vicepräsident und im darauffolgenden Februar öffnet der Congress die Wahlprotokolle und verkündet als Präsidenten denjenigen, dem die absolute Stimmenmehrheit zufiel. Ist diese von keinem der Kandidaten erreicht, so wählt der Con- gress unter den dreien, die die meisten Stimmen hatten, wobei er nach Staaten abstimmt. — Die Amtsdauer eines Präsidenten ist 4 Jahre. Wiederwahl ist nicht ausgeschlossen und von den bisherigen Präsidenten sind Washington, Jefferson, Madison, Monroe, Jackson, Lincoln und Grant in zwei auf einander folgenden Terminen gewählt worden. Zur Wählbarkeit gehört Alter von 35 Jahren, Bürgerrecht seit der Geburt, Aufenthalt in der Union seit 14 Jahren. Die Befugnisse des Präsidenten sind hauptsächlich : Repräsentation des Staates nach aussen, Ernennung (unter Zuziehung des Senates) und Entlassung der Gesandten und Consuln, Empfang der fremden Gesandten *) und Ertheilung des Exequatur, Ver- tragsschliessung mit fremden Staaten unter Zustimmung einer Vs-Mehrheit des Senates, Handhabung des Völkerrechtes (Beobachtungskreuzer, Schieds- gerichte, Repressalien, ausgenommen die Kriegserklärung). Im Inneren ernennt er die Bundesbeamten entweder selbständig oder zusammen mit dem Senat; wenn der Senat nicht versammelt ist, ernennt er vorläufig; er kann den Beamten Befehle und Aufträge crtheilen, Berichte von ihnen einfordern und Verordnungen erlassen ; er sorgt für den Vollzug der Bundesgesetze auch in den Einzelstaaten; er kann militärische Mass- nahmen ergreifen, aber die Milizen nicht ohne Ermächtigung des Con- gresses einberufen; er hat die ganze Militärgewalt im Kriege, ernennt und entlässt Generäle; er kann den Congress zu ausserordentlicher Sitzung versammeln, wenn nöthig auch den Senat allein, aber er kann ihn nicht auflösen; er erlässt Botschaften an den Congress, in welchen er dessen Aufmerksamkeit auf Verbesserungen lenken kann ; sein Begnadigungsrecht erstreckt sich auf alle Fälle, in denen die Bundesgerichte auf Strafe erkannt haben, aber nicht auf die Urtheile des Senats, in Strafprocessen ; er kann Proklamationen an das Volk erlassen ; er ernennt seine Minister (Staatssekretäre) , deren es jetzt 7 sind (Aeusseres [Department of State], Krieg, Marine, Finanz, Inneres, Post, Justiz); weder er noch die Minister erscheinen vor dem Congress, der keine eigentliche Controle über 1) Indem der Empfang die Anerkennung einschhesst, hat der Präsident die sehr wichtige Befugniss, einen fremden Staat anzuerkennen oder unanerkannt zu lassen. Die letztere wurde 1865 gegenüber dem Kaiserthum Mexico in sehr folgenreicher Weise ausgeübt. 486 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben, sie hat; der Präsident übernimmt in der Regel die Verantwortlichkeit nach aussen •). C. Bundesgerichte. Diese stehen vollkommen selbständig neben den einzelstaatlichen Gerichten, kein Instanzenzug geht von den einen zu den anderen, sogar ein gemeinsamer Kassationshof fehlt. In der Regel gehört die bürgerliche und Strafrechtspflege den Einzelstaaten zu, die Bundesgerichtsbarkeit bildet die Ausnahme. Die Bundesgerichte zer- fallen in ein Bundesobergericht mit 1 Präsidenten und 9 Richtern mit Sitz in Washington, in 10 Kreis- und eine grössere Zahl von Distrikts- gerichten. Letztere haben 1 Richter, erstere werden 2 mal jährlich abgehalten, in jedem Distrikt durch 1 Oberrichter und den betreffenden Distriktsrichter. Alle Richter werden vom Präsidenten unter Zustimmung des Senates ernannt. Unter dem Schutz der Bundesgerichte steht das Bundesrecht. Völker- und staatsrechtliche Streitigkeiten, Civilprocesse, in denen der Bund oder ein Einzelstaat Partei ist, gehören in seine Competenz, ebenso See- und Handelsrecht. III. Die Verwaltung. Die Verwaltung wird durch folgende Staats- ämter ausgeübt : das Staatsamt, Schatzamt, Ministerium des Inneren, Kriegs- amt, Marineamt, Postamt. A. Das Staatsamt (State Department), an dessen Spitze der Staats- sekretär steht, welcher nächst dem Präsidenten der höchste Beamte der Executive ist, entspricht unserem Auswärtigen Amt. Derselbe hat aber auch die Gesetze zu verkünden und das Siegel der V. St. beizudrucken. Die V. St. haben .3 Classen von diplomatischen Vertretern im Auslande : 1. Envoys Extraordinarp and Ministers Plenipotentiart/ in England, Deutschland, Frankreich, Russland, Spanien, Oesterreich, Italien, China, Mexico, Bra- silien, Peru und Chile; 2. Ministers Besident in Dänemark, Schweden- Norwegen, Niederlande, Belgien, Portugal, Schweiz, Hawaiische Inseln, Hayti, Türkei, Griechenland, Japan, Nicaragua, Guatemala, Honduras, Salvador, Columbia, Venezuela, Ecuador, Argentinien, Bolivien, Paraguay, Uruguay, Liberia. Consulate. Der Satz der Verfassung, welcher dem Präsidenten das Recht beilegt, „unter Rath und Zustimmung des Senates Gesandte, andere öffentliche Vertreter und Consuln" zu ernennen, ist mehr als 60 Jahre nach der Begründung der Union in Bezug auf die letzteren in der Art ausgeführt worden, dass die Consuln der V. St. unbesoldet, auf Zeit ernannt, entweder Fremde oder Bürger der V. St., fast immer Kaufleute, 1) Die gemeinschaftliche Verantwortlichkeit besteht aber für alle Beamten, d. h. jeder, auch der Präsident, kann von einem Bürger, der durch eine Amts- handlung sein Recht verletzt erachtet, beim bürgerlichen Richter auf Ent- schädigung verklagt werden. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 487 die die Consulatsgeschäfte nebenbei versahen. Die Gebühren waren nur an wenigen Plätzen so bedeutend wie z. B. in Liverpool, wo sie sich 1853, als der Dichter Nathaniel Hawthorne mit dem dortigen Consulats- posten belehnt wurde, auf 20000 D. beliefen, aber doch führten sie zu einer grossen Ungleichheit dieser Stellungen. Mit der Zeit hatte sich auch die Zahl der besoldeten Consuln so vermehrt, dass es- 1853 deren 10 gab, während 214 ohne Besoldung waren. Es war längst Sitte, dass der Präsident die besoldeten oder sonst einträglichen Posten an Günstlinge von sich oder von irgend einem einflussreichen Senator verlieh, während die minder lohnenden oft an sehr unbefähigte Leute fielen. Es wurde daher durch Gesetz vom 18. August 1858 der Consulardienst in der Rich- tung umgestaltet, dass feste Besoldungen an die Consuln aller wichtigeren Plätze gezahlt wurden, während diese dafür verbunden waren, den Ertrag ihrer Gebühren an die Staatskasse abzuführen; auf die Gebühren statt Besoldung sollten bloss die Consuln der minder wichtigen Plätze ange- wiesen bleiben, an denen wenige Gebühren fielen. Im Allgemeinen ist der Consulardienst der V. St. noch heute auf dieses Gesetz begründet, (las nur in Einzelheiten abgeändert ist. Man zählte 1876, wo diese Ver- hältnisse zum letzten Mal im Congress eingehend besprochen wurden, 17 Generalconsuln und 168 Consuln. Die Generalconsuln von Hayti und Liberia sind hierbei nicht mit inbegriffen, da sie zum diplomatischen Dienste gehören. Unter den Consuln sind sechs, deren Titel Consular- Agent ist, die aber im Uebrigen dieselbe Stellung einnehmen wie Consuln, nur dass sie nicht des Exequatur von Seiten der Macht bedürfen, in deren Gebiet sie angestellt sind. Mit Ausnahme der mindest besoldeten Classe, der sog. Consulate 7. Classe, die nur 1000 D. Besoldung erhalten, ist allen Consuln der Betrieb kaufmännischer Geschäfte verboten. Ausserdem sind 13 Consular - Clerks angestellt, welche in der Stellung von Hülfs- arbeitern bei grösseren Consulaten sich die Erfahrungen sammeln, welche sie zu späterem Eintritt in den Consulardienst befähigen. Dies sind im Ganzen 198 besoldete Consularbeamte , die zusammen einen Gehalt von 411500 D. jährlich erhalten. Davon erhalten die Generalconsuln*) von 6 — 2000 und die Consuln von 6 — 1000 D. Ausserdem gibt es 59 Con- suln und 14 Consular-Agenten, welche keine Besoldung empfangen. Ferner 200 Deputy- Consuln und Viceconsuln, die ebenfalls nicht besoldet werden, sondern, wenn überhaupt, ihre Bezahlung von dem vorgesetzten General- consul oder Consul empfangen, als dessen Stellvertreter sie handeln. Endlich gibt es 347 Consular-Agenten, welche von dem Staatssekretär 1) Die Generalconsulate der V. St. (nach der Höhe der Besoldung gereiht) sind: London, Paris, Havana, Rio Janeiro, Calcutta, Shanghai, Melbourne, Berlin, Kanagawa, Montreal, Kairo, Constantinopel, Frankfurt, Rom, Wien, S. Petersburg, Mexico. 488 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politiscli6 Leben. auf Vorschlag eines Consuls an Orten ernannt werden können, die in dessen Bezirke gelegen sind. Auch diese sind unbesoldet. Mit Dol- metschern, Consulatsrichtern u. dgl. zählt der Dienst insgesammt 854 Köpfe. Die Consuln und Consular - Agenten der V. St. haben im Allge- meinen denselben Thätigkeitskreis wie die entsprechenden Beamten anderer civilisirten -Länder. Aber ausserdem liegen ihnen Pflichten ob, welche mit gewissen Besonderheiten in dem Zollsystem der Y. St. zusammen- hängen. Vorzüglich gehört dahin die Ausstellung von dreifachen Ver- zeichnissen (Invoices) über alle aus irgend einem fremden Hafen nach einem Hafen der V. St. gesandten Güter und die Mittheilung derselben an die Zollbehörden des Bestimmungshafens. B. Das Inland am t (Department of the Interior) hat folgende Stellen unter sich: das Landamt (General Land Office), Pension Bureau, Indian Office, das Unterrichtsamt (Bureau of Education), Patent Office und das Ackerbauamt (Department of Agriculture). Das Landamt, welches die öffentlichen Ländereien zu verwalten und den Verkauf derselben zu besorgen hat, ist eines der wichtigsten. Gegenwärtig besitzen die V. St. noch 1600 Mill. Acres oder 2,5 Mill. e. Q.M. Land, nachdem 200 Mill. A. allein an Eisenbahnen*) und andere grosse Complexe zu verschiedenen Zeiten an die Einzelstaaten verschenkt worden. Ueber den Verkauf derselben s. o. S. 173, "233, 306. Nicht der kleinste Theil der Lasten dieses Amtes erwächst aus den Ansprüchen, welche von Privaten und Körperschaften auf grosse Theile der öffentlichen Ländereien erhoben wurden. Michigan, Indiana und Illinois z. B. hatten erst Frankreich und dann England, der s. Theil von Mississippi und Alabama erst Frank- reich, dann England, dann Spanien, Louisiana endlich einmal Spanien und zweimal Frankreich gehört. Jede dieser Mächte hatte Schenkungen, Verkäufe und Tausche von oft sehr ausgedehnten Ländereien vorgenommen, die sich zum Theil unter einander aufhoben oder mit thatsächlicher Besitznahme durch Ansiedler zusammenstiessen. Natürlicherweise ward auch eine grosse Zahl von ganz unbegründeten Ansprüchen erhoben. Acht Commissionen der V. St. hatten eine lange Reihe von Jahren hindurch an der Entwirrung aller dieser Ansprüche zu arbeiten, Avobei als Grundsatz ihres Verfahrens aufgestellt ward, dass alle amtlich bekräftigten Ansprüche und ebenso alle auf thatsächlichen Besitz in dem Augenblick der Erwer- bung durch die V. St. begründeten aufrecht zu erhalten seien. Dieser Grundsatz ist auch späterhin bei ähnlichen Entwirrungsgeschäften in den einst spanischen Landestheilen des W. und SW. der V. St. als der leitende aufgestellt worden. Noch heute sind z. B. in Californien nicht alle Privat- 1) Nach einer Entscheidung des Staatssekretärs C. Schurz v. 23. Juli 1878 fällt übrigens das einer Eisenbahn verwilligte Land, wenn es 3 Jahre nach Vollendung der Bahn nicht verkauft ist, an die V. St. zurück. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 489 ansprüche entschieden. — lieber die Geschäfte des Indian Com ml s- sioner s. o. S. 154 f.*). Ueber das Patent Office s. o. S. 365. Die Leistungen des Ackerbauamtes sind o. S. 252 beschrieben. Das Unterrichtsamt wurde 1872 gegründet mit dem Zweck, „die That- sachen zu sammeln, welche den Zustand und Fortschritt des Unterrichts- wesens in den Staaten und Territorien erkennen lassen, und Belehrung zu verbreiten über Einrichtung und Leitung von Schulen, über Unter- richtssysteme und -methoden, welche dem Volk der V. St. nützlich sein können in der Einrichtung und Durchführung wirksamer Schulsysteme, und überhaupt die Sache des Unterrichtes im ganzen Lande zu fördern". Dieses Amt besteht aus 1 Commissioner of Education und 8 Clerks. Dasselbe veröffentlicht zahlreiche statistische u. a. Berichte über das Unterrichtswesen in den V. St. und anderwärts. C. Das Schatzamt (Treasury Department) hat ausser den Geld- srochen des Bundes auch die Angelegenheiten des Handels, der Schiffahrt, der Küstenaufnahme und -beleuchtung unter sich. Die hauptsächlichsten Unterbeamten bzw. Stellen desselben sind : U. S. Treasurer, Commissioner of Customs, Comm. of Internal Revenue, Comptroller of the Currency, Light House Board, Coast Survey. Die Einnahmen der V. St. fliessen hauptsächlich aus Zöllen und Innensteuern. Die Zölle sind theilweisc schon oben S. 461 besprochen. Für ihre Erhebung sind die Grenzen der V. St. in 62 Collection Distrids getheilt, deren jedem ein Colledor vor- gesetzt ist. Derselbe hat die Zölle zu erheben, Manifeste (Bill of Lading) zu bescheinigen, über Ein- und Ausfuhr und die Rhederei seines Bezirkes zu berichten. An höheren Zollbeamten gibt es in den grösseren See- plätzen Naval Officers und Survcyors. Die Kosten der Zollerhebung sind für 1879/78 auf 5,8 Mill. D. veranschlagt. Die zweitwichtigste Einnahme- quelle sind die Innen steuern, für deren Erhebung das ganze Gebiet der V. St. in Internal Bcvenue Distrids getheilt ist, deren jedem ein Collector vorsteht. Zu der Besteuerung einer Menge von steuerbaren Gegenständen griff man in den V. St. in Zeiten grossen und raschen Geldbedarfs immer in erster Linie. Das ungewöhnlich bewegte Wirth- schaftsleben dieses Landes macht dieses System zu einem ertragreichen; andererseits wird es aber als doppelt lästig empfunden und musste immer schon bald wieder eingeschränkt werden. Während des Krieges von 1812/13 besteuerte man 30 Gegenstände, aber von 1817—62 keinen. Aber die Jahre des Bürgerkrieges sahen einige der grössten und merk- 1) Die Missbräuche, die lange Zeit gerade in diesem Gebiete der inneren Verwaltung herrschten, Hessen den Plan erwägen, das Indian Office der Armee anzugliedern, die ohnehin die häufigsten Berührungen mit den Indianern hat. Die jetzt im Zuge befindlichen Reformen dürften diese Aenderung überflüssig machen. 490 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. würdigsten Versuche zur Entwickelung der inneren Besteuerung ^). Seit 1873 hat man die steuerbaren Gegenstände auf 4 beschränkt: Brannt- wein, Tabak, Bier, Banken. 1877/78 lieferte Branntwein 50,4, Tabak 40,1, Bier 9,9, Banken 3,4, Strafgelder etc. 7,1 Mill. I). Im Voranschlag für 1879/78 erscheinen diese Steuern mit 121,7 Mill. D. lieber den Betrug, der zur Umgehung dieser Steuern ins Werk gesetzt wird, s. u. S. 525. Andere Einnahmquellen, wie der Verkauf öffentlicher Ländereien (s. 0. S. 488), Patentgebühren u. dgl., fallen nicht mehr ins Gewicht neben Zöllen und Steuern, die 96 — 97 Proc. der Gesammteinnahmen ausmachen. — Von den Ausgaben nimmt die Oeff entliche Schuld durch Zinsen und Tilgung im 1880 er Anschlag mit 49 Proc. die erste Stelle ein. Sie hat merkwürdige Schwankungen durchgemacht. 1786 stand sie auf 126 Mill. D. , deren Zinsen trotz des damaligen elenden Zustandes des Landes pünktlich bezahlt wurden. 1812 war sie auf 45 Mill. gesunken und 1836 lag ein Ueberschuss von 36 Mill. im Schatz, von dem sogar ein Theil an die Staaten vertheilt ward. 1857 betrug sie 27 Mill. Aber in Folge des Bürgerkrieges erhob sie sich 1865 zu dem höchsten Stande von 2783 Mill. D. Von diesem ist sie wieder langsam gesunken und am 1. Juli 1878 stand sie bei 2036 Mill., wovon 363 Mill. Papiergeld. - - Das Geld 2) der V. St. ist auf die Einheit des Dollar (4,197 R.M.) gegründet. 1) 1864/65 gab es geradezu kein Lebensbedürfniss, ausser Brot und Wasser, das nicht der Besteuerung unterworfen war. Folgende Gegenstände ergaben . in diesem Jahre mehr als ^ 2 Mill. D. : Geistige Getränke 19 Mill., Tabak 11, Steinöl 3, Zucker und Zuckerwaaren 2^/2, Steinkohlen 0,8, Leuchtgas 1,3, Seife 0,8, Rohbaumwolle 1,7, Baumwollwaaren 7,3, Wollwaaren 8, Leder und Leder- waaren 4,3, Kautschukwaaren 0,6, Kleider und Putzwaaren 7, Schuhe und Stiefel 3, Papier 1,2, Wagen 0,9, Eisen und Stahl 9, Glas 0,6, Juwelen 0,6, verschiedene Waaren 16. Die gesammten Verbrauchssteuern gaben 1863/64 75, 1864/65 104 Mill. D. Ausserdem ergab noch im letzteren Jahr die Steuer auf den Verkehr 8 ^'2, die Licenzen für Grosshandlungs- und Vermittelungsgeschäfte je 3V2, für Kleinhandlungen 3,8, Luxussteuern (Wagen, Billards, Silbergeschirr u. dgl.) 0,8 Mill. D. Der Gesammtertrag der inneren Steuern, sammt Einkommen und Erbsteuer, bezifferte sich überhaupt in 1863/64 auf 102, in 1864/65 auf 153 Mill. D. 2) Das Geld der V. St. drang nur spärlich bis an die Grenzen der Civili- sation vor und der Mangel an demselben führte zum Tauschhandel zurück. In den 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts war z. B. der Preis der Vermont Gazette as far north as Branton 4 Bushel Weizen jährlich, darüber hinaus je nach der Entfernung steigend, so dass er in Jericho 8 B. betrug. (F. Hudson, Journalism in America 1873. 431.) In Missouri verfügten Anfangs der 30 er "^ Jahre Richter die Zahlung von Geldstrafen in Bärenfett oder Honig, die beide ganz bestimmten Werth hatten. — Featherstonehaugh gibt folgende Zusammen- stellung der Münze, die ein Ansiedler in Missouri 1834 50 D. für ein Pferd XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 491 Münzen wurden innerhalb des Gebietes der Union schon unter englischer Herrschaft geprägt, aber die erste selbständige Regelung des Münzwesens erfolgte durch ein Gesetz von 1792. Der Dollar, die durch die Spanier überall in der Neuen Welt verbreitete Silberniünze (Peso), wurde als Münzeinheit erklärt und in 100 Cts. getheilt; der Eagle (Adler) zu 10 Dollars wurde als Einheit des Goldgeldes aufgestellt. Nach dem Vor- gange Englands wurde als Werthverhältniss von Gold zu Silber 15 zu 1 aiigcnoninicn. Silber und Gold galten anfangs als gleichberechtigt, später entwickelte sich das letztere zunächst ohne gesetzliche Bestimmung von selbst zur Währung. Was die Zusammensetzung der Münzen anbelangt, 80 bestehen sowohl die Gold- als die Silbermünzen aus Vio reinem Metall und Vio legirendem Zusatz ; der letztere besteht bei den Goldmünzen aus Silber und Kupfer, bei den Silbermünzen bloss aus Kupfer. Aus Gold prägte man nach einem Gesetze von 1837 10,5 und 2V2 Dollarstücke, aus Silber 1, 72, Vio und V20 Dollar und wurden damals als Goldgewicht des 10-Dollarstückes 258 und als Gewicht des Dollars 412 V2 Gran festgesetzt. 1849 wurde ein 2- und 1-Dollarstück aus Gold, 1853 ein 3-Dollarstück aus Gold und V» und 7-» Dollar aus Silber eingeführt. In dem letzteren Jahre wurde auch festgestellt, dass alle Theilstücke des Dollars fortan in einem niedrigeren Gewicht als der Dollar selbst, nämlich zu 93,15 Proc. desselben ausgeprägt werden sollten. Kleine Scheidemünze, zu 1 und 2 Cts., war früher Kupfer, seit 1857 verfertigte man sie aus einer Kupfer- und Nickellegirung, 1864 setzte man Bronze- und 1865 neue Nickelmünzen zu 3 Cts. in Umlauf. Während des Bürgerkrieges wurden Massen von Papiergeld geschaffen, deren Einlösung in Gold durch das Besumptlons- gesets von 1875 verfügt und nach harten Kämpfen am 1. Januar 1879 durchgeführt ward. Unterdessen war aber das bis dahin nur als Scheide- münze betrachtete Silber *) wieder zu einer höheren Rolle berufen worden. zahlte : „Um Weihnachten hat er 15 Gallonen Bar Oil (Bärenfett) a 1 D. und 12 Rehfelle zu 75 Cts. abzuliefern ; vorher muss er mit einem Neger nach einem Orte gehen, wo im Frühling junge Pferde zur Weide getrieben wurden, die nun aufgesucht und heimgebracht werden sollen, und erhält dafür 1 D. den Tag. Was den Rest bestrifft, „he is to get along with it somehow or other" (a. a. 0. I. 339). 1) Hauptsächlich in Folge der Steigerung des Verhältnisses von Gold zu Silber im Jahr 1837 auf 16 : 1 an Stelle desjenigen von 15 V2 : 1, welches in der übrigen Welt damals und später galt, floss das billig gewordene Silber ab. Die Goldmünzen sollten nun das einzige Zahlungsmittel bilden, genügten aber nicht eher als bis die hochgesteigerten Ausfuhren der europäischen Hungerjahre 1846 und 47 und die californischen Goldfunde grössere Massen dieses Metalles in die V. St. brachten. In Folge des höheren Preises, der dem Golde in diesem Lande beigelegt wurde, entwickelte sich praktisch das Gold zur Münze des ganzen Landes, trotzdem das Silber gesetzliches Zahlungsmittel blieb. 492 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 1872 wurde im Repräsentantenhaus ein Gesetz eingebracht, das die Ent- münzung des Silbers zum Zwecke hatte, und aus ihr ging die Demonetizing Act von 1873 hervor, welche das Silber von seinem Range als gesetzliches Zahlungsmittel vollständig absetzte. Man schrieb diese Massregel den Intlationistcn zu, welche hofften, das Gold in derselben Versenkung ver- schwinden zu lassen. Dieselben aber riefen nach Silber - Dollars, als der Preisrückgang dieses Metalles 1875 den Silber-Dollar von 412 V2 Gran um 6 Proc. entwerthet hatte.. 1876 wurde die Bland'sche Silber-Bill ein- gebracht, welche bestimmte, dass „von Zeit zu Zeit in den V. St. -Münz- stätten Silber-Dollars im Gewicht von 4127« Oran reinen Silbers auf den Dollar nach Gesetz vom 18. Januar 1837 geprägt werden und dass dieselben als gesetzliches Zahlungsmittel für alle Schulden, öffentliche oder private, gelten sollen mit Ausnahme derjenigen, deren Bezahlung in Gold festgesetzt ist". Ob sich die Versicherung der Freunde dieser Massregel bewähren wird, dass allein der grosse Silberbedarf, welcher durch dieselbe erzeugt wird, demselben wieder zu einem festen Verhältniss zum Golde verhelfen werde, ist einstweilen eine offene Frage. Für jetzt ist die Silberprägung nicht über 50 Mill. D. ausgedehnt worden. Hauptmünzstätte ist Philadelphia. — Die Ordnung der Masse und Gewichte ist ebenfalls dem Schatzamte und zwar unmittelbar dem Vorstand des Coast Survey zugewiesen. Masse und Gewichte sind ursprünglich die englischen und nur in kleinen Einzelheiten sind einige allmählich von denselben ab- gewichen. Avoiräupois-Gemcht ist das allgemeine Gewicht. 1 Pfund = 16 Ounces zu 16 Drachmes. 2000 Pfd. = 20 Htmdrcdiveight = 1 Ton^). Gold, Silber und Edelsteine werden nach I>-o^-Gewicht gewogen : 1 Pfund = 12 Ounces = 240 Fennyivcights zu 24 Grains. — Die Gallon ist die Einheit des Flüssigkeitsmasses. 1 Gallon = 4 Quarts = 8 Fints = 32 Gills, 1 Hogslieaä (Oxhoft) = 286,2 Lit. — Für trockene Gegenstände ist die Einheit des Hohlmasses der Bushel. 1 BusJiel = 4 Pecks = 32 Quarts = 64t Pinfs. Der Rauminhalt des Bushel ist 2150,4 Cub.-ZoU. — Das Längenmass ist praktisch dasselbe wie das englische: 1 Statute Mile = 8 Furlongs = 1760 Yards =z 5280 Feet. 6 Feet sind 1 Fathom, h'h Yards 1 Pole oder Bod. Aber durch einen Zufall ist das amerikanische Normalmass, das in London angefertigt wurde, sehr unbedeutend länger als das englische, dem es gleichen sollte. Der Unterschied beträgt nicht mehr als 0,00001769 m auf den Fuss, ist also praktisch unmerklich, aber er ist als Eigenthümlichkeit des amerikanischen Fusses anerkannt. — Einheit des Flächenmasses ist der Acre. 640 Acres = 1 Square Mile oder 1 Seetion. 1) Es begreift die Ton noch wie in England 2240 Pfd. und der Centner 112 Pfd. überall bei Angabe von Waarenpreisen und auch allgemein an vielen Plätzen des S. und W., Philadelphia u. s. f. Eine Ton Heu = 100 Cub. F., 1 T. Holz = 40 C. F., 1 Register Ton = 100 C. F. Aber in der Regel versteht man XlII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 493 Ueber die Arbeiten des C o a s t S u r v e y s. u. Cap. XV. 1865 wurde vom Con- gress der Gebrauch der metrischen Masse und Gewichte gestattet, die seit- dem sogar in amtlichen Anstalten wie z. B. dem Marine - Hospital eingeführt worden sind. — Die Abtheilung für Küstenbeleuchtung zählte 1878 an den Küsten bzw. Flüssen der V. St. 660 Leuchtthürme, 630 Fluss- lichte, 22 Leuchtschiffe, 55 Dampf-Nebelsignale, 471 Banken und 3002 Bojen. Diejenige für Rettung Schiffbrüchiger gibt die Zahl von Schiffsunglücken an den Küsten der V. St. in 1877/78 zu 169 an, wobei 390 Personen und 1,1 Mill. D. Güter gerettet wurden. — Merkwürdiger- weise fällt auch die Verwaltung des Territoriums Alaska dem Schatz- amte zu. Es zog aus der Verpachtung des Robbenschlages 1878/79 317 000 D. — Der Bericht des Finanzministers für 1877/78 (1. Juli bis 30. Juni) gibt folgendes Bild der Finanzlage der V. St.: Haupt ein- nahmen: Zölle 130,2 Mill. D., Bundessteuern 110,6, Steuern auf Umlauf und Einlagen der Nationalbanken 6,9, Consulats- und Patentgebüliren 2,1 , Zinszahlung der Pacificbahnen 1,4 , Prägungsgewinn 1,7, Verkauf öffentlicher Ländereien 1,1, Strafgelder 1 Mill. D. Summe der Einnahmen 257 763 879 D. Hauptausgab en: Zinsen der Schuld 102,5 MilL D., Oeftentliche Gebäude, Leuchtthürme, Steuererhebung 35,4, Kriegswesen einschliesslich Fluss- und Hafenverbesserungen 32,2, Pensionen 27,1, Flotte 17,4, Civilausgaben 16,6, Indianer 4,6, Auswärtige Angelegenheiten 1,2. Summe der Ausgaben 236 964327 D. Von dem Ueberschuss von 20,8 Mill. D. wurden 17 für Papiergeld-Einlösung verwandt. Die December 1878 ver- öffentlichten Voranschläge nahmen 264,5 Mill. in Einnahme vor und 275 Mill. D. in Ausgabe (davon 95 Mill. für Zinsen und 39 für den Tilguugsfond). D. Das Kriegsamt hat an seiner Spitze den Secretary of War, welcher in der Regel kein Militär ist. Es umfasst folgende Hauptstellen : Office of the Commanding General, früher in Washington, jetzt in S. Louis. Office of the Adjutant General: Musterrolle der Armee, Correspondeuz mit anderen Verwaltungszweigen; die Verfügungen des Kriegssekretärs gehen von dieser Stelle aus. Quartermaster Generals Office: Ausrüstung und Transport der Truppen. Com- missary Generals Office: Verpflegung. Paymaster Generals Office: Löhnung. Ordnance Bureau: Waffen und Munition. Engine ers Office: Landesvertheidigung, Flussverbesserungen, Militär- unter Ton 2000 Pfd. Sehr wechselnde Masse sindBale für Baumwolle (333 bis 504 Pfd.), Barrel als Hohlmass für Mehl 196 Pfd., Reis 600 Pfd., Petroleum 40 Gall.j andere Flüssigkeiten 30 Ciall. Quintal (span. Centner) = 101,4 e. Pfd. Die Verhältnisse dieser Einheiten zu den unserigen sind die bekannten : 1 Pfd. = 453,6 Gramm, 1 Gallon = 4,04 Lit., 1 Bushel ^ 36,35 Lit., 1 Mile = 1609,3 m = 0,205 g. M., 1 Fuss = 0,305 m, 1 Acre = 40,47 Aren. 494 Xlll. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Akademie West Point. Surgeon Generals Office: Militär-Medirinal- wesen. Bureau of Military -Justice: Militärgerichtsbarkeit. Signal Office s. u. S. 497. Die Armee. Die Verfassung der V. St. enthält folgende Bestim- mungen über die Vertheidigung des Landes und die Armee : Abschn. YIIL 11. Der Congress hat die Macht, Krieg zu erklären. 12. Armeen auszu- heben und zu verpflegen ; doch soll für diesen Zweck keine Geldbewilligung für einen längeren Zeitraum als 2 Jahre gemacht werden. 13. Eine Kriegsflotte zu errichten und zu unterhalten. 14. Vorschriften für die Verwaltung und Disciplin der Land- und Seemacht zu machen. 15. Vor- sorge zu treffen für den Aufruf der Miliz zur Ausführung der Gesetze der Union, zur Unterdrückung von Aufständen und Abwehr feindlicher Ein- fälle. 16. Vorsorge zu treffen für Organisation, Bewaffnung zur Einübung der Miliz, sowie für die Leitung derjenigen Theile derselben, welche im Dienste der V. St. verwendet werden; wobei jedoch den Einzelstaaten das Recht vorbehalten bleibt, die Officiere zu ernennen und die Einübung der Miliz nach den vom Congress vorgeschriebenen Regeln zu vollziehen. Abschn. X. 2. Kein Staat soll Truppen oder Kriegsschiffe in Friedens- zeiten halten . . . oder sich in Krieg einlassen, ausgenommen im Fall eines thatsächlichen feindlichen Einfalles, oder wenn die Gefahr so drohend ist, dass sie keinen Verzug gestattet. Art. II Abschn. IL 1. Der Präsident soll Oberbefehlshaber der Armee und der Flotte der V. St. sein, sowie der Miliz der Einzelstaaten, falls dieselbe zum aktiven Dienst der V. St. berufen wird. In den Amendments finden sich dann noch folgende Bestimmungen: Am. IL Da eine gehörig regulirte Miliz noth- wendig für die Sicherheit eines freien Staates ist, so soll kein Eingriff' in das Recht des Volkes statthaft sein, Waffen zu halten und zu tragen. Am. III. Kein Soldat soll in Friedenszeiten in ein Haus ohne Zustimmung des Eigenthümers einquartiert werden und auch nicht in Kriegszeiten, ausgenommen in einer vom Gesetz vorgeschriebenen Art und Weise. — Unter diesen Bestimmungen wurde eine stehende Armee behufs der Grenzbewachung geschaffen, die vorwiegend in demselben Masse gewachsen ist als die Grenze sich ausgedehnt hat. Nach dem Frieden von 1783 wurden als stehendes Heer beibehalten 800 Mann; 1796 zählte dasselbe 3000, 1812 während des Krieges mit England 100000, 1821 6000, 1847 im Krieg mit Mexico 90000, 1860 15 800, 1861—65 im Bürgerkrieg höchster (wirklicher) Bestand über 600000, 1866 zum Zweck der Reconstruktion 50000, 1870 22081, nach dem amtlichen Bericht des Kriegsministers vom 15. Oktober 1878 24761. Bei der Nothwendigkeit , beständig kleinere Abtheilungen auch in den Küstenbefestigungen am Atlantischen Meere und dem Golfe, sowie in den Arsenalen, Commandostellen u. dgl. des Inneren zu haben, genügt die jetzige Zahl nicht einmal zu einer wirksamen Grenzbewachung und jeder Indianer-Krieg liefert immer wieder den Beweis, XlII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 495 dass nie an einem Orte die genügende Menge von Truppen verfügbar ist, wenn man ihrer bedarf, und dass immer eine übermässig lange Zeit ver- geht, bis man so viel beisammen hat als nöthig ist, um einen kräftigen Schlag zu führen. Würden die Indianerstämme nicht schon der Mehrzahl nach bis zur Feigheit demoralisirt , uneinig und undisciplinirt sein, so wäre die Nothwendigkeit einer besseren Grenzbewachung längst mit noch viel blutigerer Schrift der Regierung der V. St. vorgezeichnet worden, als es ohnehin geschehen ist. Man rechnet aber auf die Heruntergekommen- heit der Indianer und auf ihr allmähliches Zurückgehen an Zahl und räumlicher Ausbreitung und lässt sich durch kleine Striche durch diese Rechnung, wie sie fast jeder Sommer in einem Modoc-, Sioux- oder Apache- Krieg bringt, der dann in der Regel mit einer Niederlage der ungenügenden und exponirten Truppen beginnt, nicht irre machen. Wie schwer auch die Armee diese Stellung empfinden mag, die ihr die herkömmliche Eifer- sucht eines republikanischen Volkes bereitet, und wie laut die Klagen so verdienter Männer wie Sherman's, auf die man in anderen Fragen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit hören würde, über dieselbe auch seien, man ist in den Kreisen der Politiker und der Presse dem Gedanken einer erheblichen Vermehrung des stehenden Heeres erst von dem Augenblicke an nähergetreten, wo die blutigen Strike-Aufstände des vergangenen Jahres die Unfähigkeit der Milizen zur raschen Bewältigung eines Angriffes oder Aufstandes klar erkennen Hessen. Damals erörterte man eingehend in der einsichtigeren Presse die Nothwendigkeit eines grösseren stehenden Heeres, die man aber heute wahrscheinlich schon wieder vergessen hat. Dieses stehende Heer ergänzt sich durch Werbung, was bei den gesell- schaftlichen und wirthschaftlichen Verhältnissen der Union besagen will, dass es aus einer Mehrzahl von Taugenichtsen besteht. Der Soldat vom Officier abwärts nimmt eine der wenigst geachteten Stellungen ein und selbst auf die Officiere, die grossentheils guten Familien entstammen und oine vorzügliche Bildung erhalten, fällt ein, wenn auch leiser, Schatten dieser republikanischen Missachtung des Waffenhandwerks. Man betrachtet das stehende Heer als eine unangenehme Nothwendigkeit und hat es in der That mit der Zeit fast zu nichts anderem als einer Indianer - Polizei herabgedrückt. Selbst im Kriege sollte es hinter den aus der Volks- bewaffnung hervorgehenden Truppenkörpern zurücktreten, statt ihnen als Kern zu dienen. Die Gewalt der Thatsachen lässt aber freilich diesen Widersinn im Ernstfalle nicht zu vollem Durchbruch kommen. Aber selbst ihre Friedensarbeit sollte dieser kleinen Legion, meint man, zu einer besseren Schätzung verhelfen. Hören wir ihren obersten Befehlshaber, General W. T. Sherman, der in einem Berichte vom September 1876 an den Secretary of War J. D. Cameron folgendes Bild von der Thätigkeit der Armee der V. St. entwirft: „Es ist ein sehr verbreitetes populäres Vorurtheil, sagt er, dass eine Armee in Friedenszeiten aus Nothwendig- 496 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. kcit faulenzt, und einflussreiclie Familien streben aus diesem Grunde ihre Söhne und Verwandten vom Eintritt in dieselbe abzuhalten. Keine Armee verrichtet mehr wirklich harte Arbeit im Krieg wie die unsere es im Frieden thut. Sie baut Forts und Wachthäuser entlang unserer beständig wechselnden Grenzen, baut Strassen von Hunderten und Tausenden von Meilen Länge, hat Transporte und Erforschungs- Expeditionen zu be- gleiten, welche ihren Abtheilungen Märsche von Tausenden von Meilen auferlegt. Dazu kommen noch besondere Gründe, von denen ich die folgenden nennen will: Die Kriegs- Akademie zieht jederzeit 30 Officiere aus den Regimentern ; das Gesetz ermächtigt die (Civil-) Universitäten zu ebensoviel; das Rekrutirungsgeschäft erfordert 40; daneben gibt es Kriegs- gerichte, Erforschungs- und Vermessungs-Commissionen, Commissionen zur Prüfung neuer Waffen und Ausrüstungsgegenstände , Centennial-Boards *) u. s. f. Gegenwärtig sind 335 Officiere auf diese Weise fern von ihren Abtheilungen und ausserdem noch viel mehr, die Urlaub von ihren Vor- gesetzten erhalten haben." Die gegenwärtige Organisation der Armee ist folgende : Es bestehen 25 Infanterie-Regimenter, wovon 23 aus weissen und 2 aus schwarzen Soldaten gebildet sind. Jedes Regiment hat 10 Compagnien, deren Sollstärke 60, deren thatsächliche Stärke aber 40 — 50 beträgt. Diese Regimenter sind in der Regel compagnienweise in die Forts und grösseren Plätze des W. und S. gelegt und auf diese Weise so zersplittert, dass an Uebungen in grösseren taktischen Körpern nicht gedacht werden kann. Die Compagnien eines Regimentes kommen oft jahrelang nicht zu- sammen*). Die Reiterei besteht aus 8 weissen und 2 schwarzen Re- gimentern zu je 12 Compagnien, deren jede 40 — 50 Mann stark ist, und die womöglich noch mehr zerstreut ist als die Infanterie. An Artillerie gibt es 5 Regimenter zu 12 Compagnien mit 60—70 Mann, die als Infanterie ausgebildet sind und sehr häufig auch als solche Verwendung finden. Nur 1 Compagnie p. Regiment hat bespannte Geschütze, 4 an der Zahl, mit 70 Pferden, und deren Stärke beträgt gewöhnlich 80 Mann. Die übrigen Compagnien sind in den Forts an den Grenzen, 3 an der atlantischen, 1 an der pacifischen und 1 an der Nordgrenze vertheilt. Von dem Ingenieur - Bataillon von etwa 350 Mann und 100 Officieren sind 4 Compagnien bei New York stationirt, w^o sie ausser ihren technischen Dienstzweigen besonders das Torpedo -Wesen üben, während die 5. der Militär -Akademie von West Point zugetheilt ist. Von den Officieren ist 1) Anspielung auf die Inanspruchnahme der Armee durch das im Jahr 1876 gefeierte Fest des 100 jährigen Bestandes der Union. 2) Im Sommer 1877 war z. B. das 3. Infanterie-Regiment längs der ganzen Kansas Pacific E, B. in der Weise vertheilt, dass die einzelnen Abtliei hingen oft mehr als 50 Kil. von einander entfernt waren. Aehnlich stand des 1. Regi- ment in einem langen Cordon an der Nordgrenze über mehrere 100 Q. M. zerstreut. XIII. Der Staat, Die Gemeinden. Das politische Leben. 497 die Mehrzahl bei Hafen- und Flussbauten, sowie bei Vermessungen be- schäftigt. — Die Bewaffnung der Infanterie besteht aus Springfield- Gewehren mit metallenen Centralf euer - Patronen, ausserdem bei einem Theil aus dem dreikantigen, bei einem anderen aus dem Spaten-Bajonett, welches letztere auch zum Holz- und Strauchfällen benützt werden kann. Die Cavallerie hat krumme Säbel, Springfield-Carabiner und Colt-Revolver. Die Feldgeschütze sind 10 und 20 pfundige vorderladende Parott-Kanonen. Unter den Festungsgeschützen sind sehr verschiedene Construktionen und Kaliber, vorwiegend gezogene Kanonen mittleren Kalibers vertreten. Das schwerste Geschütz ist gegenwärtig das 20 zöllige Rodman-Geschütz, das mit 200 Pfd. Ladung eine 1080 Pfd. schwere Granate schiesst. — Eine merkwürdige Specialtruppe ist das Signal-Corps, etwa 400 Mann stark, eine Art erweiterten Telegraphen -Bataillons, das im Bürgerkrieg behufs des Signaldienstes gebildet wurde und auch heute noch in Ft. Whipple bei Washington in diesem , wie im Telegraphendienst geübt wird. Die grösste Zahl ist aber in den 147 meteorologischen Stationen ^ des Landes vertheilt, denen der Chef des Signal -Corps als Chief of the Signal Department vorgesetzt ist. Das Wetteramt (Signal Department) steht unter einem Brigade -General, dem zu seiner Hülfe 18 Officiere von der Armee beigegeben werden. Es ist nur aus der zufälligen Ursache, dass früher beim Mangel anderer zuverlässiger Beobachter es die Officiere, besonders bei den Grenzabtheilungen waren, welche die Witterungsbeobachtungen anstellten, dass man diesen hervorragend fried- lichen Beruf des Wetterbeobachters und des Wetterprophezeiers der Armee überweisen musste. Uebrigens wird diese Verbindung als eine wenig natürliche besonders von der Armee empfunden, der sie werthvolle Kräfte entzieht. Die Länge der Militär - Telegraphenlinien betrug Ende 1878 3200 e. M. Grössere taktische Abtheilungen, zu denen diese ver- schiedenen Truppengattungen zusammengefasst würden, gibt es bei dem zersplitternden Berufe und der aus demselben folgenden Vertheilung der- selben nicht ; doch sind sie in drei Territorial-Divisionen (Missouri, Atlan- tischer und Stiller Ocean) eingeordnet. — Ihre Unterkunft findet die Armee derV. St. fast ausschliesslich in den Forts und Küstenbefestigungen. Die letzteren sind an den Eingängen aller wichtigeren Häfen und Fluss- mündungen angebracht und bestehen vorwiegend aus Erdbatterien mit Hohltraversen und Magazinen. Die Forts sind grössere oder kleinere Blockhäuser, welche fest genug gebaut sind , um etwaigen Angriffen der Indianer Trotz zu bieten; natürlich gehört dazu nicht viel und ausser Palisaden, Gräben und Erdaufwürfen findet man deshalb nichts von Be- festigungen um dieselben; sie machen im Gegentheil gewöhnlich nur den Eindruck von recht geräumigen Baracken mit solider, flintenkugelsicherer Holz- Architektur. Ratze 1, Amerika. II. o« 498 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Von Militär-Bildungsanstalten sind die Military Aeademy in West Point, die Ingenieur- Schule in Willets Point und die Artillerie-Schule in Monroe zu nennen. Virginien unterhält ausserdem auf seine eigenen Kosten ein militärisches Erziehungsinstitut, eine Art von militärischem Gymnasium, in Lexington Va. West Point, im Jahr 1809 gegründet, ist eine Bildungsanstalt nach Art der besseren Colleges; es wird auf allgemeine Ausbildung und auf Unterricht in den Hülfswissenschaften der Kriegskunst mehr Betonung gelegt als auf die Einführung in das Tech- nische des militärischen Dienstes. „Der Cadett soll, wie ein älterer Prüfungsbericht sich ausspricht, so erzogen werden, dass er Liebe und Geschmack gewinnt für alle freien Studien und dass ihn der Wunsch durchdringt, jeden Augenblick der Müsse zu benützen für die Veredlung seines Geistes und die Verbreitung einer höheren Bildung." Man findet diesem Grundsatze entsprechend ausser Kriegswissenschaften, Taktik und Geschützkunde, Allgemeine Naturlehre, Mathematik, Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Sittenlehre, Neuere Sprache unter den Lehrgegen- ständen aufgezählt, und nicht bloss Officiere, sondern eine ganze Anzahl hervorragender Naturforscher, Ingenieure u. a. sind aus dieser Schule hervorgegangen. Das Milizheer der V. St. wurde im amtlichen Berichte von 1877 auf 3 734693 Mann angegeben. Dieselbe ist nur zum kleinsten Theile organisirt. Man zählt allerdings in der Miliz 127 Generale, 1017 General- stabsofficiere , 1240 Stabsofficiere , 4460 Compagnieofficiere , aber nur 86 853 Unterofficiere und Gemeine. Dabei befindet sich unter den letzteren noch eine unverhältnissmässig grosse Zahl von Musikanten, so dass höchstens 12 Mann auf 1 Officier kommen. Das Milizwesen dient mehr zum Zeitvertreib als zum ernsten Zwecke. Aus den obigen Zahlen ist auch kein anderer Schluss zu ziehen, als dass so stark die Zahl der Waffen- fähigen im Lande ist. Indem sich die Miliz, mit Ausnahme der californi- schen, ganz lossagt von dem stehenden Heere, fehlt ihr jeder militärische Halt, und Ernst und Präcision ihrer Hebungen stehen sogar hinter denen unserer deutschen Bürgerwehren 1848 er Angedenkens zurück. Uniform und Bewaffnung sind ganz willkürlich, die Officiere, welche von der Mann- schaft gewählt werden, ohne gründliche Autorität. Gerade in den Fällen, wo diese freiwilligen Bürgerwehren einzig etwas leisten könnten, wie z. B. bei Volksunruhen, wie den Eisenbahnstrikes von 1877 in Pittsburg und Baltimore, haben sie sich mehrmals nicht zuverlässig gezeigt. E. Das Marineamt (Navy Department). An der Spitze dieses Amtes steht der Secretary of the Navy, der in der Regel kein Seemann ist. Die Hauptstellen sind ähnlich wie im Kriegsamt vertheilt. Bemerkens- werth ist jedoch dsis Bureau of Navigation, unter welchem das Astronomi- sche Observatorium von Washington, das Hydrographische Bureau, die XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 499 Naval Academy (in Annapolis Md.) stehen und welchem die Lieferung von Karten und Chronometern, die Herausgabe des Nautical Almanac u. ähnl. obliegt. — Die Kriegsflotte der V. St. ist seit dem Bürger- krieg, wo sie eine so hervorragende, ehrenvolle Rolle spielte, auf- fallend vernachlässigt worden. Theils das Sparsystem, theils Unent- schiedenheit über die Richtung, in der fortgeschritten werden sollte, sind davon die Ursachen. Der Präsident sagte in seiner Botschaft an den Congress vom 15. December 1876: „Es ist natürlich nicht möglich, mit dem alten Material unserer Marine die kostspieligen Fortschritte der grossen europäischen Mächte nachzuahmen; seit dem Bürgerkriege ist unsere Flotte zu keinem Zuwachse ermächtigt worden, mit Ausnahme von 8 kleinen Kreuzern, die an Stelle von ausrangirten Schiffen traten. In- dessen ist eine Anzahl unserer alten Schiffe mit dauerhaften Materialen erneuert und die Monitor-Flotte ausgebessert worden, so dass unsere Flotte jetzt in einer schlagfertigeren Verfassung sich befindet als jemals seit dem Bürgerkriege, wenn sie auch die ihr gehörige Stellung unter den grossen Flotten der Welt noch nicht einnimmt. December 1878 gab der Marine- minister einen Bestand von 33 dienstfähigen Schiffen an und dieser sollte bloss durch Ausbesserung 1879 auf 47 Dampfer und 5 Segelschiffe erhöht werden. Dazu kommen im Nothfall 14 Monitors. Die Gesammtstärke könnte in Kürze auf 83 Schiffe erhöht werden. 1 Thurmschiff und 4 Doppelthurmschiffe sind im Bau. Dagegen sind 35 noch in den Listen geführte Schiffe unbrauchbar. Die bleibenden Stationen der in Dienst befindlichen Schiffe sind folgende mit den Durchschnittszahlen der dazu gehörigen Schiffe: Nord atlantische 11, Südatlantische 3, Europäische 6, Asiatische 11, Nordpacifische 5, Südpacifische 5. — Der Voranschlag des Flottenbudgets für 1878/79 betrug 14,6 Mill. D. *). — Die Anstalten zur Küsten-Vertheidigung sind nach dem Bürgerkrieg durchaus neu gestaltet worden, wie es ganz natürlich durch die Anwendung gepanzerter Schiffe und entsprechend schwerer Geschütze bedingt war. Die in dieser Richtung angestellten Versuche wurden 1869 abgeschlossen. In dem gleichen Jahre wurde von dem 41. Congress ein neues System gutgeheissen, welches sich auf schwere Barbette-Erdbatterien mit Parados and Traverses, schwere Mörser -Batterien und elektrische Torpedos stützt. Nach dem 1) Die Leistungen der Flotte in den Seekriegen der V. St. gehören zu den glänzendsten Punkten in der Geschichte der letzteren. In dem Kriege von 1812/13 machte sie sich sogar den Engländern gefürchtet. Unerreicht steht aber auch die Neuschaffung einer Kriegsflotte für den Bürgerkrieg da. 1864 hatten die Nordstaaten 671 Schiffe mit Va Mill. T. und 4610 Geschütze: fast^ alles aus dem Nichts geschaffen. Es wurden von dieser Seite 1506 feindliche Schiffe weggenommen. 32* 500 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. letzten ausführlichen Bericht des Chief of Engeneers ^) vom 21. Oktober 1876 waren in diesem Zeitpunkt diese Werke überall in Angriff genommen, aber nirgends vollständig fertiggestellt. Am meisten fehlte es an genügend schweren und weittragenden Geschützen. Das schwerste Geschütz, von dem etwa 325 in den verschiedenen Küstenbefestigungen zerstreut sind, ist der glatte 15-Zöller von über 25 T. Gewicht, welcher gegen die 9 — 14 zölligen Geschütze der heutigen Panzerschiffe nicht aufkommt. IV. Die Einzelstaaten. Zu den 13 alten Staaten, die die Unabhängigkeits-Erklärung unterzeichnet hatten (die 4 Neuengland- Staaten Massachusetts, New Hampshire, Connecticut, Rhode Island, die 4 Mittelstaaten New York, New Jersey, Pennsylvanien, Delaware und die 5 Südstaaten Maryland, Virginia, N. Carolina, S. Carolina^ Georgia) sind bis heute 23 weitere in folgender Reihenfolge gekommen: Vermont 1791, Kentucky 1792, Tennessee 1796, Ohio 1802, Loui- siana 1812, Indiana 1816, Mississippi 1817, Illinois 1818, Alabama 1819, Maine und Missouri 1820, Michigan 1837, Florida und Texas 1845, Arkansas und Iowa 1846, Wisconsin 1848, Californien 1850, Minnesota und Kan- sas 1858, Oregon 1859, W.Virginien 1863, Nevada 1864, Nebraska 1868, Colorado 1877. Dazu kommen als Terri- torien: Neu -Mexico, Utah, Indian Terr., Alaska, Washington, Montana, Idaho, Dakota, Arizona, Wyo- ming; ferner der District of Columbia. Der Flächeninhalt der Staaten beträgt 2088 967, der der Territorien 1514917 e. Q.M. Die Bevölkerung war 1870 in jenen 38205598, in diesen 720000. Folgende Tabelle zeigt Flächeninhalt und Bevölkerung der Staaten, letztere nach der 1870 er Zählung. Staaten und Territorien der V. St. von Nord-Amerika. D. Q.M. Bevölkerung (1870) Jahr der Colonisation bzw. Auf- nahme D. Q.M. Bevölkerung (1870) Jahr der ! Colonisation hzw. Auf- 1 nähme Maine .... New Hampshire . Vermont . . . 1 646 436 480 626 915 318 300 330 551 1820 1623 1791 Massachusetts . Rhode Island . Connecticut . . 367 61 223 1 457 351 217 353 537 454 1620 1636 1635 1) Report of the Secretary of War. 2. Session, 44. Congress. Vol. II. 3 Bde Washington 1877. XIII. Der Staat. Die (jemeinden. Das politische Leben. 501 D. Q.M. Bevölkerung (1870) Jahr der Colonisation bzw. Auf- nahme D. Q.M. Bevölkerung (1870) Jahr der Colonisation bzw. Auf- nahme New York . . . 2 211 4 382 759 1624 Missouri . . . 3 073 1 721 295 1820 New Jersey 391 906 096 1665 Iowa .... 2 589 1 194 020 1846 Pennsylvani i 2 164 3 521 951 1681 Wisconsin . . 2 536 1 054 670 1848 Delaware 100 125 015 1638 Minnesota . . 3 929 439 706 1858 Maryland 523 780 894 1634 Kansas . . . 3 825 364 399 1858 Virginia . 1 920 1 225 163 1608 Nebraska. . . 3 618 122 993 1868 N. Carolina 2 386 1 071 361 1665 Colorado . . . 4 917 39 864 1877 S. Carolina 1 600 705 606 1660 Nevada . . . 4 019 42 491 1864 Georgia . 2 728 1 184 109 1733 California . . 8 889 560 247 1850- Florida . ,2 795 187 748 1845 Oregon ... 4 769 90 923 1859 Alabama . 2 386 996 992 1819 Distr. Columbia 3 131 700 1790 Mississippi 2 224 827 922 1817 Indianer Terr. . 3 338 68 152 1835 Louisiana 1 945 726 915 1812 Dakota . . . 11 353 14 181 1861 Texas . . 12 931 818 579 1845 Neu-Mexico. . 5 700 91 874 1850 Arkansas . 2 462 484 471 1846 Arizona . . . 5 360 9 658 1863 Ohio . . , 1880 2 665 260 1802 Wyoming . . 4 606 9 118 1865 Indiana , . 1590 1 680 637 1816 Idaho .... 4 060 14 999 1863 Michigan. . 2 655 1 184 059 1837 Montana . . . 6 766 20 595 1865 Illinois . . 2 606 2 539 891 1818 Utah .... 3 975 86 786 1850 W. Virginia . 1082 442 014 1863 Washington. . 3 152 23 955 1853 Kentucky . 1772 1 321 011 1792 Alaska . . . 22 715 70 461 1867 Tennessee . 2 145 1 258 520 1796 In politischer Beziehung ist die Bevölkerungszahl der Staaten in erster Linie wichtig, weil dieselbe die Grösse der Repräsentation derselben im Congress und bei den Präsidentenwahlen, also über- haupt ihren unmittelbaren politischen Einfluss bestimmt. Durch Gesetz von 1862 wurde die Zahl der Repräsentanten der Staaten auf 241 festgesetzt. 1850 war dieselbe zu 233 bestimmt und zugleich die Methode der Zutheilung derselben an die Staaten angegeben worden : Die Bevölkerung der V. St. soll durch 233 getheilt und die so ge- wonnene Zahl als Grundlage für die Bildung der Congressdi strikte in der Weise genommen werden, dass die Bevölkerung der Staaten durch sie getheilt wird. Der Quotient ist die Zahl ihrer Repräsentanten. Der Verlust durch Reste, die bei dieser Theilung bleiben, soll aus- geglichen werden, indem man den Staaten mit den grössten Resten je 1 Repräsentanten mehr gibt, bis die Zahl 233 voll ist. Nach der Vertheilung von 1862 ergab der 1870 er Census folgende Zahlen der Repräsentanten für jeden einzelnen Staat : New York 28, Penn- sylvania 22, Ohio 17, Illinois 16, Indiana, Missouri je 11, Massa- chusetts 9, Kentucky, Tennessee und Virginia je 8, Georgia, Iowa, 502 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Michigan, N. Carolina, Wisconsin je 7, Alabama, New Jersey je 6, Louisiana, Maryland, Mississippi, Texas je 5, California, Maine, S. Carolina je 4, Arkansas, Connecticut, Minnesota, W. Virginia je 3, Kansas, New Hampshire, Vermont je 2, Delaware, Florida, Nebraska, Nevada, Oregon, Rhode Island je 1. Nach den historischen Gruppen (s. u. S. 503) stellt sich das Verhältniss folgendermassen : Neu- england 21, Atlantische Mittelstaaten 57, Mittelstaaten des Inneren 85, N. Südstaaten 39, Südstaaten (Baumwollenstaaten) 33, Staaten der pacifischen Hälfte 6 ^). Von diesen Stimmen fallen auf die 13 alten Staaten heute geradeaus 103 und auf die Staaten, die 1860/65 den Sonderbund bildeten, 59, auf die Staaten diesseits des Missis- sippi 206 und die jenseits desselben 35. — Ein Theil der Staaten ist aus Gebieten entstanden, die früher den älteren Staaten gehörten, so Maine aus Massachusetts, Vermont aus einem zwischen New York und Connecticut strittigen Gebiete. Das Gebiet zwischen Ohio, Mississippi und Nordgrenze der V. St., das spätere Ohio, Indiana und Illinois, wurde ganz oder zum Theil von Virginien, Massachusetts, Connecticut und New York beansprucht. Indem diese 4 Staaten ihre Rechte an die V. St. abtraten , behielten sie sich gewisse Strecken zur Ablohnung von Milizen u. dgl. vor. Diese Reservationen sind in der Besiedelungsgeschichte der V. St. von praktischer Bedeutung geworden, indem sie in der Regel die un- mittelbaren Zielpunkte der Auswanderung aus den betreffenden Staaten und damit die Kerne neuer Staaten bildeten. So z. B. ein Gebiet am Südrand des Erie-Sees, welches Connecticut, und ein anderes zwischen Scioto und Little Miami, das Virginien beanspruchte. Ebenfalls Nord-Carolina hat an die V. St. ein grosses Gebiet ab- getreten, nämlich den Strich w. der Alleghanies zwischen 36 V2 und 35^ n. Br., welcher in seinem Charter ihm zugewiesen war. Aus demselben entstand der Staat Tennessee. Kentucky war von Virginien beansprucht worden. Ferner wurden aus den Gebieten s. vom 35.^ n. Br., welche Süd-Carolina und Georgia abtraten, das Mississippi- Territorium zwischen 35 und 31^ n. Br. gegründet. 1803 wurde dann dieses Gebiet in die zwei Theile Alabama und Mississippi, 1) Zu den letzteren ist 1877 Colorado gekommen, so dass es jetzt 7 sind. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 503 die späteren Staaten, zerlegt. Die Territorien w. vom Mississippi sind aus den Gebieten hervorgegangen, welche durch den Kauf Louisianas., die Aufnahme von Texas und die Erwerbung der n. Ge- biete von Neuspanien an die V. St. kamen. Historisch sind eigent- lich nur ihre Namen, ihre Grenzen dagegen durchaus willkürlich. Waren doch die von den Spaniern hier unterschiedenen Gebiete nach binnen zu ganz unbestimmt. Nur der Staat Californien fällt mit dem geschichtlichen Begriff AUa California zusammen. Uebrigens waren die geometrisch regelmässigen Grenzlinien schon bei den Staaten ö. des Mississippi beliebt. Selbst von den alten 13 Staaten hat keiner eigentlich natürliche Grenzen. Natürlich ! Wurden doch schon die ersten Landverleihungen der Krone nach Breitegraden und Meridianen zugeschnitten^). Durch diese unnatürlichen Abgrenzungen und auch durch die grosse Zahl der Staaten bzw. Territorien wird es nothwendig, natürliche Grup- pirungen vorzunehmen, welche theils auf geschichtliche, theils auf natür- liche oder wirthschaftliche Unterschiede begründet werden. Am bekann- testen und öftesten angewandt ist die Unterscheidung zwischen Nord- und Südstaaten, die indessen seit der Aufhebung der Sklaverei, die den Haupt- unterscheidungsgrund bildete, unsicher geworden ist. Man nahm früher den Potomac als eine gewissermassen schematische Grenzlinie zwischen S. und N., denn wiewohl der immer zum S. gerechnete Staat Maryland n. von demselben lag, begann doch erst s. von ihm echt südliche Cultur in intensiver Form. Aber mehr und mehr schliessen sich Maryland und Virginien den Mittelstaaten an, während in N. Carolina der Uebergang stattfindet. Statt Südstaaten sagt man jetzt ganz treffend oft Baumwoll- staaten und versteht hierunter die Staaten von den Carolinas südwärts, also ausser diesen beiden Georgia, Alabama, Florida, Louisiana, Mississippi, Texas. Die n. davon gelegenen früheren Sklavenstaaten kann man als die n. Südstaaten oder Uebergangsstaaten bezeichnen. Es sind: Maryland, 1) Diese unsinnigen Meridian- und Parallelgrenzen, welche gleichzeitig sehr viel geodätische Arbeit und beträchtliche Kosten erfordern, haben trotz der Regelmässigkeit die Staaten, welche durch sie geschieden werden, nicht immer zufrieden gelassen. Es sind unnatürliche Grenzen im übelsten Sinn des Wortes. Dass die Grenze zwischen Ohio und Michigan die Mündung des Maumee, dessen Lauf ganz im ersteren gelegen, auf das Gebiet des anderen verlegte, führte in den 30 er Jahren zu förmlichen Feindseligkeiten zwischen den beiden damals noch kleinen Mächten, denen der Congress endlich nur dadurch vor- beugen konnte, dass er unter Verletzung der Geometrie gelegentlich der Staat- werdung des Territoriums Michigan den fraglichen Zipfel zu Ohio schlug. 504 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Virginien, N. Carolina, Kentucky, Tennessee, Arkansas. Die Gruppirung der Neuengland -Staaten (Maine, New Hampshire, Vermont, Massa- chusetts, Connecticut, Rhode Island) ist die historisch berechtigtste, auch aus natürlichen und wirthschaftlichen Gründen sehr wohl zu rechtfertigen. Dasselbe gilt von den Atlantischen Mittelstaaten: New York, New Jersey, Pennsylvanien, Delaware. Zu diesen könnte auch der grösste Theil von Maryland gerechnet werden. Im Inneren lassen sich als Innere Mittelstaaten die um die Seen, den Ohio und im Mississippi- Becken liegenden jungen Staaten: Ohio, Indiana, Michigan, Illinois, Ken- tucky, Missouri, Iowa, Wisconsin, Minnesota, Kansas und Nebraska zusammenfassen. Es sind dies die eigentlichen Ackerbaustaaten, die Staaten der Mais- und Weizenregion. Da die Gruppe jedoch sehr um- fassend, macht man auch Unterabtheilungen. Vorzüglich im Hinblick auf die gemeinsame Eigenschaft der gewaltigen landwirthschaftlichen Pro- duktion und des erleichterten Verkehres über die Binnenseehafen fasst man alle in der Seeregion grenzenden Weststaaten: Ohio, Indiana, Michigan, Illinois, Wisconsin, Minnesota als die Seestaaten zusammen. Oder man dreitheilt den ganzen Westen in den Alten Westen: Ohio, Indiana, Ken- tucky, Tennessee, Illinois, Missouri; den Nordwesten: Michigan, Wisconsin, Iowa, Minnesota; den Südwesten: Texas, Arkansas, Ind. Territorium, denen sich dann die pacifischen Staaten w. vom Felsengebirge anschliessen. Der Neue Nordwesten wird seit dem Vorrücken der Besiedelung nach dem w. Minnesota und nach Dakota wohl auch das Land im W. von Wisconsin genannt. Für die Staaten von Illinois westwärts bis zum Felsengebirge hat man den Begriff Präriestaaten aufgestellt. Das Gebiet zwischen Felsengebirg und Sierra Nevada wird derzeit noch am passendsten als das der Territorien bezeichnet, wiewohl der Staat Nevada in dasselbe fällt. Man kann aber aus oro- und hydrographischen und culturellen Gründen es als das Pacifische Gebiet bezeichnen. In noch weiterer Ausdehnung gebraucht F. v. Richthofen in seiner Arbeit über „die Metallproduktion Californiens" (Geogr. Mitth. Erg.-Heft 14) den entsprechenden Ausdruck Californische Staaten für alle diejenigen, welche in Export und Import auf S. Francisco angewiesen sind, demnach für Ober-Californien, Oregon, Washington, Idaho, Nevada, Arizona, Neu- Mexico, ferner die nördlichen mexikanischen Provinzen Sonora, Sinaloa, Chihuahua und Unter-Californien. Der politischen Stellung und Gestaltung der Einzelstaaten wird in der Verfassungsurkunde vorwiegend nur in negativem Sinne gedacht, d. h. indem die Verfassung Befugnisse der Union zuspricht, welche sie selbstverständlich damit gleichzeitig jenen abspricht. Diese Befugnisse und der damit ausgesprochene Charakter des Bundesstaates sind oben näher bezeichnet (S. 481). Man sieht, dass der Bund nur das Nothwendigste Xni. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben, 505 sich zugesprochen, und noch liegen Dinge von so grosser öffentlicher Bedeutung wie Telegraphie und Eisenbahnen ganz ausserhalb seiner Machtsphäre. Die Eifersucht, mit der die Einzelstaaten dem Bunde so wenig Rechte wie möglich abtreten wollten, hat in manchen Richtungen den normalen Ausbau der Bundesverfassung gehindert*). Diese eigene Art von Partikularismus hatte anfänglich einen doktrinären Charakter, der unschädlich zu sein schien. Man begreift übrigens seine Existenz, wenn man erwägt die Geringfügigkeit des damaligen intercolonialen Ver- kehres, die dünnen Bevölkerungen und die weiten Entfernungen. „Ich betrachte es fast als ein Wunder, schrieb Washington, die Abgesandten von so vielen Gemeinwesen, die verschieden sind durch Sitten, Lage und Vorurtheilen , sich vereinigen zu sehen zum Zwecke der Gründung einer nationalen Regierung'-* 2). Andererseits war aber diese Gesinnung noch eine sehr jugendliche, da doch von den damaligen Colonien einige der partikularistischsten noch nicht ein Jahrhundert hinter sich hatten. Man konnte hoffen, einen in der Natur der Dinge so wenig begründeten Par- tikularismus sich vor der Macht der Verhältnisse bald verflüchtigen zu sehen. Aber er wurde scharf von dem Augenblicke an, wo tiefe Unter- schiede der Interessen sich ausbildeten, und gewann in den wirthschaft- lichen Gegensätzen zwischen N. und S. eine nur zu breite thatsächliche GiTindlage. Der S. fühlte sich vom N. bedroht und ging naturgemäss in das Extrem der Sonderrechte, als er jenen mit grosser Entschiedenheit sich in den Bundesgedanken vertiefen sah. Wir haben im geschichtlichen Ueberblick die Theorie der Nullifikation, des Secessionsrechtes u. dgl. kennen gelernt. Sogar der Ausführung der grossen öffentlichen Arbeiten, die verfassungsmässig dem Bunde zustehen, setzte man sich partikularistisch entgegen^). Es ist kein Zweifel, dass in den Nordamerikanern ein gutes Theil von der individualistischen, auf staatlichem Gebiete partikularisti- schen Anlage sich vorfindet, die allen Germanen eigen ist. Dieselbe zeigt 1) Die berühmte Streitfrage, ob die 13 Colonien bereits als souveräne Staaten den Bund schlössen und in Folge dessen das Recht haben, denselben wie einen anderen Vertrag zwischen souveränen Staaten wieder zu lösen, oder ob ihnen durch die Zusammenfassung zum Bundesstaate erst die Souveränität in Gestalt der Gemein-Souveränität der V. St. zugewachsen sei, ist hier nicht zu erörtern, sondern als Ausgangspunkt grosser Zwiste innerhalb der Union nur zu erwähnen. Auf die erstere Ansicht stützten sich alle Secessionsversuche. (Vgl. 0. S. 78, 79 f.) 2) Sparks, Works of Washington II. 243. 3) Einen Beweis, wie weit die Selbständigkeitssucht der Staaten selbst im verletzlichsten Punkt, dem der materiellen Interessen, ging, gibt die eine That- sache, dass der Staat Pennsylvanien 1834 entgegen dem allgemeinen Gebrauch, das Gewicht einer Tonne auf 2000 statt 2240 Pfd. avoirdupois festsetzte. (M. Chev. Lettres de l'Am. L 133.) 506 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. sich auf dem Gebiet der Gemeinde noch mehr als auf dem des Staates. Aber jener Partikularismus, der zuletzt zum Krieg zwischen S. und N. führte, hat wie gesagt seine Wurzeln hauptsächlich in anderen Gegensätzen. Ein wirkliches Nationalbewusstsein, wenn es erlaubt ist dies etwas zu viel sagende Wort hier anzuwenden, findet sich aber natürlicherweise nur dort, wo eine geschlossene, sehr eigenartige staatliche Entwickelung Ersatz bot für die mangelnde historische Keife. Man kann sagen, dass nur Massachusetts, der Puritanerstaat, und Virginia, The old Dominion der Cavaliere, ein derartiges Bewusstsein in ihren Bürgern entwickelte. Bis heute sind dies diejenigen unter den Staaten, welche die ausgeprägteste, eigenartigste Physiognomie aufweisen. In abgeschwächter Form hat Aehn- liches hervorgebracht in New York das seit Jahrzehnten herrschende Gefühl, der wirthschaftlich und politisch führende Staat zu sein, in S. Carolina das auf die Spitze getriebene Sklavenbaronenthum , in Californien die räumliche Abgesondertheit, die pacifischen Beziehungen, der Reichthum des Landes. In Pennsylvanien, wo das Quäkerthum einen sehr eigen- artigen Kern bildete, hat die starke deutsche Einwanderung und später die grosse gewerbliche Entwickelung der Herausbildung eines ähnlichen scharf ausgeprägten Charakters entgegengewirkt. Eine gewisse Hoch- schätzung des eigenen Staates findet man bei den Bürgern eines jeden einzelnen, sogar der minder begünstigten wie Floridas und Nebraskas, und es gehört zu den Lieblingsgesprächen nicht bloss der gemeinen Leute, die Vorzüge ihrer Staaten gegenseitig anzupreisen, wobei es ohne ungeheuere Uebertreibungen nicht leicht abgeht. Dies beruht indessen fast ausschliesslich auf der Erwartung, dass dieser gute, reiche etc. Staat sich seinen Bürgern gegenüber recht freigebig an Gaben des Bodens, des Ackers u. s. w. erweisen werde. Thut er es nicht, so setzt man ohne grosse üeberwindung auf die Karte eines anderen. Dass es aber ein ^wohlthuendes Gefühl ist, das sich sogar zu einer wärmeren Gemüthssache auswachsen kann, sein Lebensgeschick mit dem eines so hoffnungsvollen und seinen Bewohnern gegenüber so freigebigen Landes wie z. B. Californien zu verknüpfen, versteht sich leicht. Hier kommt dazu die Eigenart der natürlichen Lage, des Klimas u. s. f. Wie wenig aber doch im Ganzen natürliche Momente bei der Entwickelung .derartiger Neigungen für engere Vaterländer ins Spiel gekommen, wurde schon früher hervorgehoben (s. o. S. 12 f.). Gesetzgebung in den Einzelstaaten. Die Volksvertretung ist gegenwärtig in allen Staaten nach dem Zweikammersystem geordnet. Beide gehen aus Wahlen hervor, bei denen fast überall ein Census die passive, selten die aktive Wählbarkeit einschränkt. Die Senatoren haben einen höheren Census und höhere Altersgrenze, werden von einem grösseren Bezirke und für längere Zeit gewählt als die Glieder des Repräsentanten- XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 507 hauses. Die Gesammtheit der beiden Häuser heisst gewöhnlich Gesetz- gebung (Legislatur). Die vollziehende Gewalt ist bei einem Governor (Excellenz), dem ein Lieutenant-Governor zur Seite steht. Der Governor wird von den Wählern unmittelbar gewählt, der Council oder die Minister (Secretary's) , die ihm zur Seite stehen, in der Regel von der Gesetz- gebung. Nur den ersten Minister, den Secretary of State, ernennt der Governor selbst. Die Befugnisse der Governors sind gegenüber der Gesetz- gebung ähnlich abgegrenzt wie die des Präsidenten gegenüber dem Con- gress, insbesondere steht ihm das Suspensivveto gegen Gesetze zu, die aus derselben hervorgehen. Die richterliche Gewalt steht gewöhnlich bei einem Obergericht (Supreme Court, C. of Appeals), dessen Mitglieder nach älterem System vom Governor und seinem Rath ernannt, nach neuerem aber entweder von der Gesetzgebung oder selbst durch allgemeine Volkswahlen ernannt bzw. gewählt werden. Gleichzeitig ist auch in vielen Staaten die Amtsdauer auf 5—7 Jahre verkürzt worden , so dass die Rechtspflege durch diesen sog. Fortschritt keineswegs gewonnen hat. Die Kreis- (Circuit Courts) und Distriktsgerichte (C. of District) werden in der Regel 2 mal des Jahres gehalten, wobei unter Beiziehung von Geschworenen ebensowohl civil- als strafrechtliche Fragen entschieden werden. Die unterste Instanz sind die Friedensrichter (Justice of Peace), welche für kurze Termine gewählt, meist unbesoldet, aber doch in Civilsachen bis zu 100 D. und in Strafsachen bis zu 3 Monaten Gefängniss competent sind. — Das Recht, nach welchem gerichtet wird, ist das englische, das jedoch humanisirend gemildert und vereinfacht ist. Es sind in dieser Richtung vorzüglich die berechtigtere Stellung der Frauen vor dem Gesetz, die Erleichterung der Ehescheidung, die in mehreren Staaten eingeführte Aufhebung der Todesstrafe, dann die Codificirung des Rechtes hervorzuheben. Bei der Beschränkung der Staatenregierungen auf die Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten ist die Finanzfrage für sie überall die wichtigste. Durch allzueifrige Förderung der öffentlichen Arbeiten *) haben sich fast alle Schuldenlasten aufgebürdet, die bei vielen, besonders im S., noch vergrössert wurden durch die diebischen Carpethagger - Regierungen. Die Schulden sämmtlicher Staaten wurden Anfangs 1878 auf 369 Mill. D. angegeben') und betragen jedenfalls, wenn auch diese Summe zu hoch 1) Als die Legislatur von Massachusetts 1836 zum ersten Mal durch eine Subskription von 1 Mill. D. eine öffentliche Arbeit in Gestalt der Western R. R. (Boston — Albany) unterstützte, wurde dies wie eine Auflehnung gegen alles Her- kommen betrachtet und man meinte, einige Jahre vorher würde solches Beginnen als Thorheit gebrandmarkt worden sein. 2) Nach R. P. Porter's Vortrag in Social Science Association Boston Jan. 1878, In der u. folgenden Einzelbeschreibung der Staaten und Territorien sind 508 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. gegriffen ist, nicht unter 200 Mill. D. Es ist charakteristisch, dass in den reichsten und blühendsten Staaten die Schulden durchaus geringer als in den schlecht regierten Staaten des S. Die grösste Schuldenlast findet man in Virginien und N. Carolina, während die reichen Weststaaten Illinois, Michigan, Iowa u. dgl. unbedeutend verschuldet sind. Indessen haben fast alle stark verschuldeten Staaten die kritischen Zeiten seit 1873 benützt, um mit der Repudiation ihrer Schulden vorzugehen, über welche unten in dem Abschnitt über Corruption noch einiges zu sagen sein wird. Für ihre Einnahmen sind die Staaten auf jene Quellen verwiesen, welche von der Bundesregierung offen gelassen sind, d. h. vorwiegend auf die der direkten Steuern. Art. I. Abschn. X. der Verfassung untersagt den Einzelstaaten die Erhebung von Aus- oder Einfuhrzöllen und von Tonnengeldern, sowie die Geldprägung und Ausgabe von Papiergeld. Die Steuern werden in der Regel nach den verschiedenen Hauptausgabeposten vertheilt. So erhob der Staat New York 1878 8,7 Mill. Staatssteuern nach dem Verhältniss von 37« p. Mille, wovon IVs für Schulen, Va für die Canäle, 'A für öffentliche Gebäude und Vh für General Purposes. Taucht eine neue Ausgabe auf, so wird eine neue Steuererhöhung genau für diesen Zweck gemacht. So erhob Indiana 1875 Vs p. Mille für ein neues Staats- haus. Die Steuern setzen sich aus Steuern auf Grund- und bewegliches Eigenthum und Kopfsteuern (Poll Tax) zusammen und schwanken zwischen 1 und 5 p. Mille und betrugen z. B. in Indiana 1878 jene 1,3 p. Mille und diese 50 Cts., in Missouri jene 4 p. Mille. Von Körperschaften sind besonders die Eisenbahn- und Versicherungsgesellschaften hoch besteuert. In Pennsylvanien ist z. B. die ausgiebigste Steuer diejenige auf Corporation Stocks, welche 1877 2,08 Mill. D. , d. i. 36 Proc. der Staatseinnahmen, ergab, während die auf persönliches Eigenthum nur 0,57 Mill. eintrug. Für Schulzwecke werden überall ausser den Steuern erhebliche Einnahmen aus Schenkungen an Geld oder liegenden Gütern gezogen. Nächst den direkten Steuern sind die Licenses für Verkauf geistiger Getränke die ergiebigsten Einnahmequellen in vielen Staaten. Nur unbedeutend sind dagegen die aus öffentlichen Werken, die Staatseigen thum. Als Beispiel eines ziemlich normalen Einnahmebudgets möge das von Maryland für 1877 hier seinen Platz finden (in 1000 D.): Steuern 1064, Licenses 489, Verkauf von State Stock 219, Zinsen der N. Central R. R. 90, Dividenden der Baltimore and Ohio R. R. 61, Vergütung für im Krieg zerstörtes Eigen- thum 51, Susquehanna-Canal 30, Tabak - Inspektion 16. Der Rest der Einnahmen beträgt ca. 68000 D. Zusammen 2,1 Mill. die Schulden nach den detaillirteren Angaben zusammengestellt, die in H. V. Poor, Manual of the Rail Roads of the U. S. für 1878 gemacht sind. Derselbe gibt 191 Mill., wobei aber die Schulden ganz bankerotter Staaten wie Mississippis unberücksichtigt bleiben. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Bas politische Leben. 509 Die Ausgaben beziehen sich vorwiegend auf die Erhaltung und den Ausbau der Verkehrswege und Brücken (so erscheint z. B. der Erie- Canal in den Ausgaben des Staates New York für 1878 mit 1,05 und mit den Zinsen einer Bauschuld von 8,6 Mill.), auf Unterstützung von Eisen- bahn-, Canal- u. dgl. Gesellschaften, auf Schulen (der Staat New York zahlte 1878 3,5 Mill. D. für Unterrichtszwecke, wovon 3,1 durch direkte Schulsteuer erhoben wurde), öffentliche Bauten, Irrenhäuser u. dgl., und nicht zum wenigsten auf Schuldzinsen. Die Einnahmen und Ausgaben betrugen in einigen der bedeutenderen Staaten 1878 : Pennsylvanien E. 5,7, A. 5,6 Mill. D.; Massachusetts E. 4,1, A. 4,5; Maryland E. 2,5, A. 2,2; Iowa (für 1877 und 78) E. 2,13, A. 2,12; Wisconsin E. 1,88, A. 1,82; Missouri E. 2,4, A. 2,2; Alabama E. 0,92, A. 0,85; Californien E. 4,5, A. 3,7. üeber die Finanzlage der Einzelstaaten s. Näheres in der Einzel- beschreibung derselben (V. Abschn.). Territorien. Heute zerfällt das Gebiet der V. St. ausser in Staaten noch in Territorien. Alle Staaten sind aus Territorien hervorgegangen ausser den 13 alten Colonien. Art. XIV Abschn. III der Verfassung besagt: „Neue Staaten mögen vom Congress in die Union aufgenommen werden; doch soll kein neuer Staat innerhalb der Gerichtsbarkeit eines anderen noch durch Vereinigung zweier oder mehrerer Staaten noch Theilen von Staaten gebildet oder errichtet werden, ohne die Einwilligung der Legislaturen der betreffenden Staaten sowohl als des Congresses." Durch besondere Festsetzung ist dann bestimmt worden, dass sobald ein Gebiet innerhalb der Grenzen der V. St. 5000 E. hat, es sich zu einem Territorium mit Governor, Legislative Council und Repräsentantenhaus abschliessen kann. Die Territorialregierung hat dieselben Befugnisse wie die eines Staates, nur ist die Rechtspflege ihr entzogen und ihr Governor wird vom Präsidenten ernannt. Sie wählen einen Delegaten ohne Stimmrecht für das Repräsentantenhaus. Ist die Bevölkerung hinreichend gross (in der Regel so gross wie die der Congressdistrilite), so kann ein Territorium als Staat aufgenommen werden, sofern seine Verfassung nichts enthält, was der der V. St. widerspricht. V. Die Gemeinden. Die Gemeinde (Township) ist gewisser- massen der Elementarorganismus des politischen Aufbaues. Sie kehrt in den Städten ebenso wie auf dem Lande wieder und ist unter wechselnden Benennungen in allen Staaten dieselbe. Ihr Organ sind die Town Meetings (Gemeinde - Versammlungen), welche von den Select Men ausgeschrieben werden und an denen, nach den neuengländischen Einrichtungen, die für die Mehrzahl der anderen Staaten als Muster dienen, stimmfähig theilnehmen alle 510 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Bürger über 21 Jahre, die 1 Jahr anwesend und steuerzahlend sind und nicht aus der Armenkasse unterstützt werden. Die Forderung der Steuerzahlung ist aber in neuerer Zeit in vielen Gemeinden auf- gegeben. Die Select Men (Gemeinderäthe) werden auf 1 Jahr in diesen Versammlungen gewählt. In den Städten theilen sie sich häufig in zwei Gruppen: Aldermen und Council, von denen die erstere mit engeren Vorschriften über Census, Ansässigkeitsdauer u. s. w. gewählt wird. In allen inneren Angelegenheiten ist die Gemeinde durchaus selbständig. Die Verwaltung der Township wird von einer grösseren Anzahl von Beamten ausgeübt, welche alle der Gesammtheit der Einwohner unmittelbar verantwortlich sind. Die Seledmen nehmen indessen keine selbständige Stellung ein wie ein Gemeinderath , sondern führen nur das Mandat aus, das ihnen übertragen ist. Sie können ohne unmittelbare Berufung an die Einwohnerschaft keine Ausgabe beschliessen. Eine grosse Anzahl von Beamten (die Gesamratzahl der Township - Beamten ist in der Regel 18 — 20), welche gleich ihnen unmittelbar verantwortlich der Einwohnerschaft sind, schränkt ihre unmittelbare Thätigkeit ein. Ein Assessor vertheilt die Steuern, ein Treasurer verwaltet die Kasse, ein Surveyor sorgt für die Wege, die Overseers für die Armen, der ScJiool Board für die Schule, die Registers of Beeds (Hypothekenwesen) stehen unter einem Beamten u. s. f. Die Behörden der Gemeinden sind für die Steuererhebung zugleich die Organe der Staaten. Ebenso wird es mit den Steuern ge- halten, welche von Seiten der Grafschaft (County) erhoben werden. Mit Steuer wird der ganze Betrag des Eigentbums jedes Bürgers belegt, dem man die Angabe über den Betrag desselben überlässt. — Die Gemeinden sind von sehr verschiedener Grösse. In den dünnbevölkerten Gegenden bestehen sie oft aus ein paar Dutzend weitzerstreuter Höfe, während andere zu Städten von Tausenden von Einwohnern ausgewachsen sind. Auf ihr eigenes Verlangen erhalten sie dann vom Staat ihr CJiarter als Städte. — Die nächsthöhere politische Zusammenfassung wird gebildet durch die Counties (Grafschaften), welche mit eigenen Namen (Essex Cy., Jefferson Cy. etc.) vom Anfang des Bestandes eines Staates ab abge- grenzt sind. Die Counties haben keine eigenen Wahlversammlungen, sondern die Wahlberechtigten wählen unmittelbar einen Theil der Beamten, die für die Steuern, Strassen, Armenhäuser, Gefängnisse etc. nothwendig sind, ebenso die Sherifs (Friedensrichter), Coroners (Gerichtsärzte) XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 511 und Constables (Polizei), welche früher vom Governor ernannt wurden. — Die Städte (Cities) sind nach englischer Anschauung Corporationen, denen gegen bestimmte I^eistungen durch staatlichen (königlichen) Frei- brief (Charter) bestimmte Befugnisse beigemessen werden. In allem, was über diese Befugnisse hinausgeht, sind sie Theile des Staates wie jede andere Gemeinde. Sie sind in Wards (Stadttheile) zerlegt, welche in den grösseren 30000 und mehr Einwohner haben können. Jeder von diesen wählt jährlich einen bestimmten Antheil von den Mitgliedern der Käthe (A 1 d e r m e n , in grösseren Städten auch noch Assistant Alder- men), sowie den Major (Bürgermeister). Früher war ganz allgemein die Beschränkung eingeführt, dass nur die Steuerzahler wählen durften, jetzt ist eben so allgemein das Wahlrecht an keine derartige Bedingung geknüpft und geschieht es auf diese Art, dass die Verwaltung gerade der grössten Städte ganz in die Hände des Pöbels gegeben ist. Von jenen ist keiner besoldet und keiner sollte an einträglichen Unternehmungen der Stadt theilnehmen. Der Major erhält eine Besoldung. Er hat die Verwaltung zu führen und die Beschlüsse der Aldermen zu prüfen und zu genehmigen. Legt er sein Veto ein, so können dieselben durch Beschluss des Rathes dennoch rechtskräftig werden. Wie in den Staaten geht auch in den Gemeinden die Tendenz dahin, den Major so machtlos wie möglich zu machen und dagegen der Masse der Wähler und dem Stadtrath die ausgedehntesten Rechte zu geben. Im Einzelnen finden sich Abweichungen von dieser Form der Stadtverwaltung, wie denn an manchen Orten die Aldermen aus mittelbarer Wahl eines Gemeindeausschusses hervorgehen u. dgl. ; im Ganzen wiederholen sich aber die ebengenannten Einrichtungen überall, gerade wie die Staatseinrichtungen. Die finanzielle Seite der Gemeinde- und vor allem der Städte- verwaltungen ist von hoher Bedeutung für das ganze öffentliche Leben, politisches wie wirthschaftliches , der V. St. Man hat den Betrag der Communalschulden der V. St. auf mehr als die Hälfte des Betrages der Staatsschuld, auf 1100 Mill. D., geschätzt. Begreiflicherweise sind es vor- züglich die grossen Städte mit ihren kostspieligen Werken, die dabei ins Gewicht fallen. Die 20 grössten Städte der Union, welche 100000 E. und darüber zählen, haben nach Porter's Schätzung 492 Mill. D. Schulden. Aus dem letzten Finanzausweis der Stadt New York geht hervor, dass die Schuld der Stadt New York, soweit sie durch Obligationen repräsentirt wird, am 31. December 1878 146 Mill. D. betrug. Die der Stadt Baltimore hatte zur selben Zeit die Höhe von 34, die von Philadelphia 71, von Chicago, welches die geringste Schuld unter allen Grossstädten der Union hat, ISVz Mill. erreicht*). Verhältnissmässig noch grössere Schulden finden 1) Diese und die meisten folgenden Angaben über die Finanzen von Ge- meinden und Einzelstaaten sind der Mehrzahl nach aus den Fonds- und Aktien- 512 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. sich aber in den kleineren Städten, welche manchmal geradezu unsinnige Ausgaben für Eisenbahnen u. dgl. machen. In den 9 grössten Städten von New Jersey, von denen nur Newark über 100000 E. zählt, bezifferte sich z. B. Ende 1878 die Schuld auf 36,5 Mill D., während die Schulden des ganzen Staates nur 2,2 Mill. betrugen. In Rahway kamen 243, in Elizabeth 224 D. städtische Schulden auf den Kopf. In Illinois betrugen die Gemeindeschulden zur selben Zeit 52, wovon 30 Proc. für Eisen- bahnen aufgebracht waren, in Ohio 41, in Massachusetts 81 Mill. D. Für den Staat Ohio gilt folgende Vertheilung derselben auf die verschiedenen Classen von Gemeinden : Schulden der Städte 35,8, der Counties 3,2, der Schuldistrikte 1,1, der Dörfer 0,9, der Townships 0,16. Auch hier ist es ganz besonders die Unterstützung der Eisenbahnen, die man heranzieht, um die Stadt zu heben, welche die städtischen Ausgaben so sehr an- schwellen lässt^). Thatsächlich sind es überall die Gemeindesteuern, die am meisten die Steuerkraft des Volkes in Anspruch nehmen. Die Steuer- rate schwankt in den Städten von New Jersey zwischen 15 und 35,6 p. Mille , in Iowa wurden 1877 an Steuern insgesammt 10,7 Mill. D. erhoben, ca. 8 D. p. Kopf, wovon 90 Proc. auf die Gemeindesteuern kommen. Dies sind mittlere Zahlen, es gibt aber viel extremere Steuer- sätze in den grossen Städten, wie man aus den oben angeführten Summen entnehmen kann, die sie verbrauchen. New York erhebt z. B. durch- schnittlich 20 — 25 D. p. Kopf. Wir werden sehen, welcher Antheil von diesen gewaltigen Summen durch corrupte Verwaltung in falsche Canäle geleitet wird. — Allerdings ist an und für sich der Haushalt einer nordameri- kanischen Stadt sehr kostspielig. Es wird in viel grossartigerem Masse gewirthschaftet und für ihre hohen Steuern haben die Newyorker, Bostoner, Philadelphier u. s. f. wenigstens noch den Genuss von einer Anzahl von grossartigen Einrichtungen von öffentlichem Nutzen, deren Schaffung in so jungen, raschwachsenden Gemeinwesen natürlich nur mit grossen Opfern möglich ist. Aber unter den Städteverwaltungen, wie sie jetzt sind, werden berichten der N. Y. Handelszeitung 1878 u. 79, theil weise auch dem Jahrbuch American Cyclopedia (New York 1879) entnommen. Die entsprechenden Zahlen in verschiedenen deutschen Werken, besonders Kolb's Statistik 8. Aufl. (1879), sind stellenweise sehr übertrieben, 2) Dass allerdings dabei noch andere Ursachen mitwirken, lehrt u. a. die Ermahnung , mit der der Governor von New Jersey seine Darlegung der oben angeführten Verhältnisse schliesst: Die Bürger möchten an den öffentlichen An- gelegenheiten ihrer Städte regen Antheil nehmen und namentlich dafür sorgen, dass nur gute und fähige Männer zu den Aemtern gewählt werden, die sie dann nach Kräften unterstützen sollten. Nur hierdurch sei es möglich, die drückenden Lasten von den Schultern des Volkes abzuwälzen, die dasselbe jetzt zu tragen hat. (Ann. Message d. 14. Jan. 1879. Vgl. u. S. 525) XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 513 derartige grosse Dinge oft nur geschaffen, um die Politiker zu bereichern. So hat New York für sein auf 800000 D. geschätztes Stadthaus 12 Mill. bezahlt und sein Central Park hat bis heute ca. 15 Mill. D. gekostet. Die Sorge für die öffentliche Gesundheit nimmt einen hervor- ragenden Platz unter den Aufgaben der städtischen Behörden ein. Die grossen Städte haben eigene Gesundheitsräthe mit reichen Mitteln; der- jenige New Yorks verausgabte in den letzten Jahren durchschnittlich 240000 D. Die Sterblichkeitszahlen sind geringer als die der meisten europäischen Städte, aber sie haben das Unzuverlässige, dass keine ganz genaue Bevölkerungsstatistik ihnen zu Grunde liegt. Für New York werden 25, für Philadelphia 22, für S. Louis 13 p. Mille und Jahr ange- geben. Das im Allgemeinen gesundere Leben und Wohnen und die geringeren Kinderzahlen müssen indessen doch in diesen Zahlen zur Gel- tung kommen. Ueber die verhältnissmässige Vertheilung der Bevölkerung an die Städte und das flache Land, über die Zunahme der städtischen Bevöl- kerung, sowie über die Stellung der Städte zu den kleineren Wohnplätzen ist 0. S. 191 f. gesprochen. Das pilzartige Wachsthum amerikani- scher Städte ist eines der bezeichnendsten Symptome des amerika- nischen Lebens. Von 1810 — 70 hat New York seine Bevölkerung verzehn- facht, Philadelphia die seine versiebenfacht, Boston die seine verachtfacht, Baltimore die seine versechsfacht, New Orleans die seine verelffacht. Chicago ist von 1840—70 von 4500 auf 300000, S.Louis von 1820—75 von 4600 auf 450000, Cincinnati von 1810—70 von 2540 auf 216000, S. Francisco von 1860 — 75 von 66000 auf 190000 gewachsen. Der unvergleichlich rasche und reiche Verkehr ist es hauptsächlich, welcher dieses Wachsthum bewirkt. In seinem Wesen liegt die Tendenz nach Zusammenstreben in einige bedeutende Punkte mit Uebergehung minder bedeutender und nach Zusammenziehung des vielen kleinen Geäders in wenige, aber wirksame Hauptadern. Die nordamerikanischen Grossstädte sind in solchem Masse Erzeugnisse der Eisenbahnen, dass ihr Wachsthum stets in einem nachweisbaren Bezug zu der Zahl und Bedeutung der Linien steht, die in ihnen zusammenlaufen. VI. Die politischen Fähigkeiten. Die Parteien. Die Wahlen. Corruption. Das Volk der V. St. hat Talent für die Politik. Dies ist theils ein Erbtheil des angelsächsischen Stammes, theils ein Ergebniss des auf sich selber angewiesenen colonialen Lebens, das auf diesem wie auf so vielen anderen Gebieten schulend gewirkt hat. Die Betrachtung der Geschichte der einstigen Colonien und späteren Staaten (s. o. Cap. II) lässt eine Anzahl von historischen Momenten erkennen, welche günstigen Ein- fluss auf Entwickelung des politischen Charakters der V. St. geübt haben. Allen voran steht die Abstammung der grossen Mehrzahl der Colonisten R a t z e 1 , Amerita II. oo 514 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. von dem in jener Zeit, wie noch heute, politisch geübtesten und fort- geschrittensten Volke, dem englischen. Die Selbständigkeit und Selbst- verwaltung der kleineren Verwaltungsgruppen, der Gemeinden und Graf- schaften, ist aus England herübergebracht. Eine zweite Grundthatsache liegt darin, dass diese Colonisten in der grossen Mehrzahl mit dem Wunsche der freien- Religionsübung kamen, die das Mutterland ihnen versagte. Die Verkümmerung der politischen Freiheit würde sich nicht vertragen haben mit der Erfüllung dieses Wunsches. In dritter Reihe steht der glückliche Zufall, dass diese Colonien sich in einer Epoche entwickelten, wo nicht bloss das Ansehen, sondern auch die Macht des Königthums tiefer gesunken waren als je vorher. Sie würden zu keiner anderen Zeit so ungestört sich nach ihren eigenen Ideen von Freiheit und Selbstän- digkeit haben einrichten können. Neben diesen geschichtlichen Gegeben- heiten sind aber die Verhältnisse der Colonisten selbst nicht minder thätig gewesen in der Herausbildung der Fähigkeiten zu eigener Ver- waltung und Regierung. In allen Colonien beobachtet man die Neigung zu selbständigem, freiem Leben. Der freie Raum, den der Mensch zur Verfügung hat, das auf sich selbst Gestelltsein in jeder Hinsicht, er- zeugen einen bis zur Trotzigkeit gehenden Freiheitssinn. „In Colonien muss das Individuum wieder selbständiger werden, ähnlich wie es im An- fang jeder menschlich*en Cultur der Fall ist"*). Diese selbe Tendenz schafft aber auch eine grössere Gleichheit. Alle jungen Gesellschaften sind in ihrem Wesen demokratisch. Nirgend anders wird dem Ideal von Gleichheit Aller so nahe gekommen. Ihre Lage, Besitz, die Art und Menge ihrer Arbeit, ihre Bildung, ihre Sitten, ihre ganze Lebenslage ist möglichst gleichartig. Es ist nicht mehr als natürlich, wenn wir in der älteren Geschichte der Colonien eine, man möchte sagen, naturgesetzliche Abneigung gegen alle Ständescheidung wahrnehmen. Einige von ihnen waren aristokratisch angelegt, aber in der Regel wurden sie in Kürze wie von selber immer demokratischer. Wie bezeichnend, dass beim Beginn der Revolution fast in allen diesen jungen Staatswesen das englische Erb- wesen mit seiner aristokratischen Zusammenhaltung des Besitzes zu Gunsten eines Haupterben aufgegeben war! Man würde sich indessen irren, wenn man glaubte, dass dieser demokratische Zug der nordameri- kanischen Colonisten das sei, was der Franzose unter Egalite versteht. Die letztere begreift ein theilweises Aufgeben der Rechte des Individuums zu Gunsten seiner Nebenmenschen in sich, welches dem Nordamerikaner keineswegs sympathisch ist. Derselbe ist im Gegentheil streng indivi- dualistisch gesinnt. Die Gleichheit besteht für ihn darin, dass jedem in seiner Sphäre das gleiche Mass von Freiheit und Selbständigkeit zu- gestanden wird. Er mag sich im Uebrigen entwickeln wie er will. Es 1) Röscher, Colonien 1856. 79, XlII. Der Staat. t)ie Gemeinden. Das politische Leben. 515 ist wie wenn eine stillschweigende Uebereinkunft bestände, die grösste Schonung und Rücksicht den Schranken angedeihen zu lassen, welche der Einzelne um sich aufrichtet. Es spricht sich darin die politisch so hoch- werthvolle Achtung vor dem Rechte Anderer und vor dem Ge- setze aus, welche in dem wildbewegten Treiben dieses Yolkes oft von Willkürlichkeiten durchbrochen werden kann, aber noch immer in der Mehrzahl der Gemüther fortlebt, wenn sie auch in neuester Zeit sich immer mehr von dem politischen auf das Gebiet der gesellschaftlichen Be- ziehungen zurückgezogen hat. Aber die Herabdrückung Aller auf Ein Niveau ist eine spätere Importation und vor allem ist die politische Gleichberechtigung Aller ohne Rücksicht auf ihre Leistungen ein im Grunde mehr französi- scher ais nordamerikanischer Grundsatz, den man in Form des all- gemeinen Wahlrechts leider in der Mehrzahl der Staaten und Ge- y^ meinden durchgeführt hat. Die Folgen sind für das wahre Wesen des Freistaates die verderblichsten, die man sich denken kann (s. ju. S. 250 f.), und wenn irgendwoher die Gefahr eines Umsturzes der freistaatlichen Einrichtungen droht, so ist es von der Pöbelherrschaft, die durch diese missverstandene Anwendung eines demokratischen Grundsatzes beigeführt wird. Die eigentlichen Träger der stetigen Entwickelung eines vernünftig freien Staatswesens, die besitzenden und verständigen Bürger, sind durch die Massenherrschaft aus der politischen Arena hinausgedrängt und es wird schon als ein grosses Glück betrachtet, wenn an die Spitze der Geschäfte wieder einmal ein fähiger und ehrlicher Mann kommt. Dazu kommt, dass auch in den V. St. jenes alte Uebel der Freistaaten grassirt, die politische Undankbarkeit, das Beiseitewerfen, die rasche Ab- und Ausnützung der besten Kräfte. Heute sind diese Beispiele seltener ge- worden, da die Uneigennützigen sich in der Mehrzahl fern halten von den öffentlichen Angelegenheiten und den Anderen die Gelegenheit nicht fehlt sich zu bereichern. Aber noch vor 40 Jahren waren die Beispiele arm gebliebener oder im Dienste des Landes arm gewordener Staats- männer nicht selten. Man gewann damals den Eindruck, dass die Ameri- kaner ihre Privatdiener mit viel grösserer Rücksicht behandelten als sogar einige ihrer bedeutendsten öffentlichen Diener, denen man so oft wie möglich zu verstehen gab , dass sie nichts Besseres als jeder andere be- liebige Bürger und vom guten Willen des Volkes vollkommen abhängig seien. Als Präsident Monroe seinen eigenen Besitz im Dienste des Landes y^ verausgabt hatte, musste er bittend vor dem Congress erscheinen ; Präsident Jefferson hatte in seinem Alter die Legislatur um die Vergünstigung zu bitten, seine Güter verlosen zu dürfen; Gallatin würde in Armuth ver- , fallen sein, wenn ihm nicht seine Freunde eine Bankdirektorstelle an- geboten haben würden, und General Harrison, der Besieger der Engländer 33* 516 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. und der Indianer, der Held von Tippecanoe, musste als Greis eine Stelle als Clerk im Court of Common Pleas zu Cincinnati annehmen. — Wenn man sagt, dass dieses Beiseitewerfen verbrauchter oder auch nur miss- liebig gewordener Staatsmänner eine natürliche Folge der Souveränität des Volkes sei, so gibt man damit zu, dass dieser vielköpfige Souverän an einem gefährlichen, organischen Fehler krankt, der seiner Herrschaft eine bedenkliche Aehnlichkeit verleiht mit orientalischen Despotien. Die Unlust die Ueberlegenheit bedeutender Menschen anzuerkennen ist beiden gleich und beide scheinen gleich unsichere Begriffe zu haben von dem Werthe geleisteter Dienste. Auch die Folgen sind nicht unähnlich'. In den despotischen Monarchien sind es die Unredlichkeiten, Hintergehungen oder offenen Empörungen, in der Republik der Y. St. ist es der Betrug des Volkes und der Diebstahl derselben Rechte, auf welche es so eifersüchtig zu sein pflegte, welche die wegwerfende Undankbarkeit rächen, der der öffentliche Diener sich ausgesetzt sieht. Durch diese Auswüchse hindurch und zum Theil sie stützend macht sich aber eine weitere politisch wirksame Gabe der I^ordamerikaner geltend, der Ordnungssinn und die Fähig- keit zu gehorchen. Sie scheint dem Selbständigkeitssinn zu wider- sprechen, aber sie begreift sich aus dem grossen praktischen Verstände, der unter diesem Volke sehr weit verbreitet ist und der Jedwedem ein so bestimmtes Urtheil über das eingibt, was er thun und lassen soll, dass Schwanken und Widersprüche selten aufkommen. Die Fähigkeit der Unter- ordnung ist ausserordentlich. Die Massen gewinnen durch dieselbe eine Organisationsfähigkeit, die wunderbar ist. Man sieht mit Staunen die freiwillige und sehr weit gehende Unterordnung unter die Handhaber materieller Ordnungen, als da sind Schiffskapitäne, Zugführer, Kutscher, Wirthe u. dgl. Es ist etwas Instinktives darin. Diese Leute sind noth- wendig, man muss sich ihnen fügen, und das geschieht mit einem hohen Masse von Vertrauen in die Richtigkeit dessen, was sie thun. Man vertraut sich ihnen an wie einer Maschine, von der bestimmte Leistungen mit einiger Sicherheit erwartet werden können und welche man so wenig wie möglich in ihren geordneten Verrichtungen stören darf. Es liegt hier ein tief durch- gehender Zug des amerikanischen Charakters vor. Die ruhige, gleichmässige Pflichterfüllung, welche dem maschinenmässig Sicheren in allen Bewegungen zu Grunde liegt, würde nicht möglich sein ohne das Gefühl des Ver- trauens, mit dem Einer an die Leistung des Anderen herantritt. Es wird ohne Weiteres verlangt und gegeben. Auf diese Weise wird die all- gemeine Erfahrung zur Lebensregel, dass man einem Manne, der seine Sache versteht, nicht dreinreden soll. Es kommt noch jenes wunder- bare Talent des Amerikaners zur raschen Organisation einer Masse hinzu, welches 1000 neuigkeitsgierige Menschen an einem Postschalter sich ohne alle Unordnung in Reih und Glied stellen und geduldig warten lässt, bis die Reihe an jeden kommt, und welches jede Bande turbulenter Gold- Xin. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 517 gräber oder Waldläufer im Moment einer gemeinsamen Niederlassung sofort zu einer wohlgeordneten Republik krystallisiren lässt. Jeder fühlt sich in solchen Fällen nicht bloss gleichberechtigt, sondern auch gleich- verpflichtet gegenüber der Gesammtheit, Jeder fühlt sich als Glied eines Organismus und sucht vieles zu unterlassen, was ihn aus dem Rahmen einer solchen Eingliederung herausrücken könnte. Diese Leichtigkeit der Unter- und Einordnung lässt eine erziehende Wirkung des Gleichheits- gefühles erkennen, welche neben den vorhin erwähnten weniger angenehmen Consequenzen desselben nicht übersehen Averden darf. Setzen wir hinzu, dass in dem Charakter des Amerikaners Ruhe und Stetigkeit vor- wiegen, welche nicht leicht zu leidenschaftlichen Ueberstürzungen die Hand bieten, dass ein guter Theil conservativer Neigungen noch vorhanden ist, die alle Gleichmacherei überdauern, dass seinem Ver- stände die praktischen Erwägungen näher liegen als die philo- sophischen Gedankenflüge, ohne dass er doch allgemeinen Ideen so schwer zugänglich wäre wie etwa der des Engländers, dass er opferfähig für Zwecke der Allgemeinheit ist, dass er mit seinen Meinungen nicht hinter dem Berge hält und dass Beredsamkeit bei ihm eine weitverbreitete Gabe, so erhalten wir den Eindruck eines Volkes, welches für das poli- tische Leben reich ausgestattet ist. Welchen Gebrauch macht es nun aber von diesen Gaben und wieweit geht der Missbrauch derselben? Die Parteien sind nothwendige Werkzeuge der Regierung in einer Demokratie. In ihnen sammeln sich die Meinungen, welche im Volke über die Art und Weise bestehen, wie es zu regieren und regiert zu werden wünscht. Aber nicht bloss die Meinungen. Das Ziel jeder Partei ist, an die Regierung zu gelangen. Es gibt daher in der Regel nur 2 grosse Parteien : eine regierende und eine, die Widerpart hält. Zeitweilig gibt es Mittelparteien, aber dieselben verschmelzen sich immer rasch mit den Hauptparteien. Man muss den Unterschied nicht ausser Augen lassen zwischen solchen und dem, was wir in Deutschland so nennen. Unsere Parteien können auch Einfluss auf die Regierung erlangen, aber nur in sozusagen platonischer Weise durch guten Rath, Ueberredung, durch den Sieg ihrer besseren Einsicht. Darum dürfen sie auch zersplitterter und zahlreicher sein. Eben darum ist aber überhaupt das . politische Leben ein matteres. Wir geben an der Wahlurne mit unserer Stimme der Re- gierung höchstens einen Rath, den sie nicht einmal zu befolgen braucht, während der Bürger der V. St. an der Wahlurne zusammen mit seinen Parteigenossen eine Schlacht für oder wider die Regierung schlägt. Und da diese nichts über dem Volke Thronendes, sondern aus ihm Hervorgehendes ist, da die Regierung, wenn gefallen, mit ihrem ganzen Gefolge von Beamten etc. das Feld räumt, das dann von der Gegenpartei eingenommen wird, so hängt auch eine Masse materieller Interessen mit dem Sieg oder der Niederlage der Parteien zusammen : Alles Gründe, die ihre Bedeutung, 518 XIII. Der Staat Die Gemeinden. Das politische Leben, ihren Zusammenhalt und ihre Dauer vermehren müssen. — Es ist nur auf Umwegen, dass man die Parteien von heute von den Parteien der Föderalisten und Republikaner ableiten kann, welche die politischen und wirthschaftlichen Kämpfe der noch jungen Republik fochten. Man pflegt zu sagen, dass die letzteren, welche später den Namen Demokraten annahmen, Jn der Wahl Jackson's und während seiner 8 jährigen Präsident- schaft ihren Höhepunkt erreichten, während die ersteren erst von 1834 an wieder in neuer Organisation als eine Partei, welche den Demokraten gewachsen war, Whigs sich nennend, auf den Kampfplatz traten. Einige Jahre hindurch mächtig, wurden sie durch inneren Streit zerklüftet und zerfielen als Partei im Präsidenten -Wahlkampf von 1852. Unter Pierce's Verwaltung entstanden die 2 neuen Parteien der Free Soilers, deren Ziel die Einschränkung der Sklaverei, und der Knoivnothings, deren Ziel die Zurückdrängung des Einflusses der fremdgeborenen Bürger war. Im Congress 1857 — 59 trat zum ersten Mal die aus der ersteren hervorgegangene neue Partei der Republikaner hervor, zunächst als Minorität. In der Wahl von 1860 stimmten die Demokraten des N. und S. für verschiedene Candidaten, während die Republikaner, jetzt die eigentliche Antisklaverei-Partei, geschlossen für Lincoln eintrat. Die Miss- regierung der Republikaner rief im ersten Termin Grant's die Bildung einer unabhängigen Partei , die man als Independents oder als Liberais bezeichnete. Dieselbe erlitt jedoch in der Wahl von 1872 eine so ent- schiedene Niederlage, dass sie grossentheils wieder mit einer gemässigten Schattirung der Republikaner sich verband und 1876 mit diesen zusammen stimmte. Man kann sagen, dass gegenwärtig ein rechter Flügel der Republikaner zusammen mit den Unabhängigen die Regierung führt. Eine National GreenbacJc and Lahour Party, Papiergeld- und Arbeiter- Partei, bildete sich 1877/78 unter grossem Lärm aus be- schäftigungslosen oder sonst missvergnügten Arbeitern, fanatischen Papier- geld-Freunden und Demagogen. In einigen der grossen Städte des W. zog sie die dort schon früher vorhandenen social-demokratischen Vereinigungen in ihren Kreis. Ihr erster grösserer Erfolg war die Erwählung einer Anzahl von Delegaten für eine Staats - Convention von Californien. Als der Führer dieser Partei, Kearney, nach Neu-England herüberkam, um den grössten Demagogen der V. St. , Benjamin Butler, für seine Sache zu gewinnen und dieser Millionär sich in der That zum Candidaten der Arbeiter für den Governor-Posten in Massaclmsetts aufstellen liess, schien die Gefahr, dass eine halbsocialistische Mittelpartei sich bilden könnte, nahe genug. Dieselbe ist aber für die nächste Zeit wieder geschwunden durch den Ausfall der Novemberwahlen von 1878, in welchen nicht bloss Butler, sondern die ganze neue Partei auf allen wichtigen Punkten ge- schlagen wurde. Ganz beseitigt ist sie nicht und es liegt auf der Hand, wie gefährlich ihr Wachsthum werden kann; denn sie ist die erste mehr XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 519 auf dem Gegensatz des Besitzes und Standes als der politischen Ansichten beruhende Partei und die Geschichte lehrt, dass solche Parteien oft der Anfang des Verfalles der freistaatlichen Einrichtungen gewesen sind. Vor dem Ausbruche der allgemeinen Geschäftskrisis in 1873 war von einer Arbeiter-Partei oder einer Arbeiter-Bewegung in den V. St. überhaupt nicht die Rede. Socialistische und communistische Ideen fanden ihren Boden hier weniger in der eigentlichen Arbeiterbevölkerung als bei einzelnen religiös oder politisch Neuerungssüchtigen, denen es [nur selten gelang, eine Gemeinde Gleichgesinnter um sich zu vereinigen. Diese Ideen waren Blasen, die in der gährenden Masse eines unternehmenden, selbstdenkenden, für Neues sehr zugänglichen Volkes immer aufsteigen werden. Aber sie waren in ihrer Vereinzeltheit weit davon entfernt, eine grosse Schicht der Bevölkerung in Gegensatz zu drängen zu den anderen Theilen der Nation. Es fehlte ganz der Boden hierzu, weil es einen festen, abge- grenzten Arbeiterstand damals in Nord -Amerika noch nicht gab. Bis zu dem grossen Aufschwung des nordamerikanischen Wirthschaftslebens und besonders der Industrie nach dem Bürgerkrieg war der Arbeiterstand nur eine Uebergangs- und Durchgangsstufe von abhängigem zu selb- ständigem Erwerb. Hing es doch nicht von den Mitteln, sondern nur von dem Willen des Einzelnen ab, ob er eine unselbständige Arbeiterstellung im 0. mit der eines Landwirthes auf dem vortrefflichsten Boden des W. vertauschen wolle. Trat er aus seiner Abhängigkeit nicht heraus, so konnte er unter diesen Umständen nur mit sich selber unzufrieden sein. Ein nach oben revolutionäres Classengefühl konnte sich unmöglich ent- wickeln. Aber von 1860 an änderte sich die Sachlage sehr rasch zum Schlimmeren. Es begann die Aera der Agio-Schwankungen, der Speku- lationen, des Luxus, der übermässig raschen Entwickelung des Eisen- bahnnetzes und der Industrie. Während des Bürgerkrieges und der auf ihn folgenden Periode gewerblicher Exaltation befand sich der ameri- kanische Arbeiter im gedeihlichsten Zustande, und dass er von der all- gemeinen Tendenz raschen und leichten Erwerbes sich ebenfalls nicht frei erhielt, muss als eine der Hauptursachen eines auch unter den tüch- tigsten Arbeitern jetzt (1878) hier und da herrschenden wirklichen Noth- standes betrachtet werden. Dieser Nothstand und die ihm zu verdankende heftige Tagesagitation ist jedoch jetzt noch wesentlich auf die grossen Städte, auf die Fabrikbevölkerung und auf die von der Eisenbahn- und Minenspekulation abhängige, rohere Handarbeit beschränkt. Ein Urtheil über ihre Zukunft wird erst gefällt werden können, wenn man ihr Ver- halten in einer Zeit günstigen Geschäftsganges beobachtet haben wird. Eine Thatsache ist hervorzuheben, als eine der bezeichnendsten und zugleich ehrenvollsten in der Geschichte der politischen Parteien der V. St. : , Stets hat die geschlagene Partei dem Spruch der siegreichen !/ sich unterworfen. Die einzige Ausnahme ist der Aufstand des S. 520 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. gegen die in Folge der Wahlen von 1860 eingesetzte Regierung der Re- publikaner. Abgesehen von diesem Falle ist nie die Gefahr eines Bruches dieser friedlichen Ueb erlief erung so nahe gelegen wie bei den Wahlen von 1876, wo die Demokraten und Republikaner sich genau die Wage hielten und die endgültige Mehrheit ganz von der Auslegung einiger zweifelhaften Wahlen abhing (s. o. S. 104). Dass auch dieser gefährliche Zwist friedlich beigelegt wurde, gibt einen hohen Begriff von der republi- kanischen Tugend der Unterordnungsfähigkeit, die trotz aller Corruption noch vorhanden ist. Allerdings ist sie auch der allernothwendigste Grund- und Eckstein im politischen Aufbau des Freistaates. Die Wahlen zu den verschiedenen Vertretungskörpern der Union, der Einzelstaaten und der Gemeinden bilden natürlicherweise den grossen Kampfplatz der Parteien. Durch die Wahlen allein ist es möglich, dass sie Besitz zu ergreifen vermögen von jenen Aemtern, in deren Ausbeutung der Lohn für die politischen Anstrengungen gesucht wird. Dabei ist wohl zu beachten, dass es sich nicht bloss um moralische Anstrengungen handelt, sondern die Leute, welche zu einer Stellung im Staate gelangen wollen, haben immer auch materielle Opfer zu bringen, die bei den höchsten Beamtungen sich zu Millionen steigern können. Wenn schon bei uns, wo in der Regel bloss Ehren- und Nebenämter durch Wahl vergeben werden, diese ganz ohne kleine Mittelchen zur Antreibung der Lässigen, Ein- schüchterung u. dgl. selten abgeht, so kann man sich denken, welcher Aufwand von Arbeit und Geld für eine Wahl gemacht wird, die für Viele über das tägliche Brot entscheidet. Der berühmte Grundsatz von der Botation der Äemter ist mit der Zeit, man kann sagen, unter die politi- schen Glaubensartikel aufgenommen worden und eine Partei, die in den Wahlkampf eintreten wollte, ohne ihren Anhängern die Beute, d. h. die Stellen zu versprechen, welche jetzt noch von ihren politischen Gegnern eingenommen werden, würde des Misserfolges ihrer Bemühungen gewiss sein. Die Aussicht auf den Sieg würde so gering sein bei einer ehrlichen Partei, welche die Oivil Service Beform, d. h. die Abschaffung des bestän- digen Wechsels der Beamten, wenigstens für die Bundesämter mit Ernst durchführen möchte, dass man eine solche Reform wenigstens für jetzt für unmöglich hält. Selbst dort, wo man einsieht, dass sie das ganze politische Leben vergiftet und den Geist der Nation anfrisst, ist man rathlos , wie ihre Beseitigung erreicht werden könnte. Bei solchem Stand der Dinge erlangen die Wahlen eine ganz andere Bedeutung als sie in Staaten mit durch Wahlen unangreifbarem Beamtenstande be- sitzen. Ihr Ausgang wird so wichtig, dass alles daran gesetzt wird ihn zu sichern, und der Scharfsinn, durch den die Nordamerikaner auf industriellem Gebiete eines der erfindungsreichsten Völker geworden, zeigt sich auch hier in glänzenden Leistungen. Eine Wahl zu machen ist für einen Politiker ebenso ein Geschäft, das alle Fähigkeiten in Be- XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 521 wegung setzt, wie ein Brücken- oder Eisenbahnbau. Und der Politiker ist in seiner Art ebenso Fachmann wie der Ingenieur oder sonst ein Industrieller. Er macht Entwürfe, stellt Kostenanschläge auf, hält sich einen Stab von Gehülfen hoher und niedriger Gattung, beherrscht (controls) so und so viel Tagesblätter, zieht Weiber und Pfaffen in sein Interesse, die auch in Amerika zu den wichtigsten Triebfedern der Politik gehören, reist im Lande umher oder lässt reisen u. s. f. Dass diesem seltsamen Handwerk eine eigene Sprache nicht fehlt, versteht sich, und dieselbe ist nicht ohne Geist erfunden und hat einen pikanten Zug von Selbstironie. Diese Politiker haben alles gethan, um die Wahlen ihrem eigentlichen Zwecke zu entfremden; dieselben werden nicht mehr gemacht, um der Stimmung und Ansicht des Volkes möglichst treuen Ausdruck zu geben, sondern um einer von zwei Parteien zum Siege zu verhelfen. Daher die starke Strömung, womöglich alle Aemter des Bundes, der Staaten, der Gemeinden zu Wahlämtern zu machen, um die Parteiherrschaft möglichst weit auszudehnen, ferner so viele Erwählungen wie möglich mit einem einzigen Wahlakt durchzuführen, um die Parteikraft und die Mittel nicht in kleinen Aktionen zu vergeuden, und endlich die Massen des Volkes ohne Unterschied schrankenlos wahl- berechtigt zu machen, um mit imposanten Heerden willenlosen Stimmviehs an der Urne auftreten zu können. Stimmenfälschung und Bestechung spielen eine verderbliche Rolle in diesen politischen Feldzügen*). Es gehört ferner dazu der Gehorsam, welcher dem Leiter der Partei gezollt wird, und die fast autokratische Stellung, die innerhalb eines jeden Staates die jeweiligen Parteiführer einnehmen , überhaupt die Parteidisciplin, welche bei jeder Wahl nur mit ganz sicheren Faktoren rechnen will 1) F. Kapp sagt z. B. von der Stimmenfälschung: „Die newyorker demo- ^^, kratischen Politiker haben dieselbe zu einem Industriezweige, zu einem zahlenden Geschäfte ausgebildet, zum Rang einer Wissenschaft erhoben; sie haben die politische Arithmetik in ihren Dienst genommen, um ihre Gegner unschädlich zu machen, sie füttern ganze Banden verschmitzter und gewissenloser Werk- zeuge auf Tagelolm, um sich im Besitz der Herrschaft zu behaupten. Bei der Präsidentenwahl des Jahres 1868 wurde gerichtlich bewiesen, dass auf dem Falschenstimmen-Markte von New York der Engrospreis einer Stimme 2 Doli, und der Detailpreis 2V2 — 3Doll. betrug," Er sagt weiterhin, dass bei der eben- genauuten Wahl im Staate New York 50 000 falsche und in der Stadt New York 8 Proc. mehr Stimmen abgegeben wurden als Wähler darin waren. Die Mittel zu diesen Betrügereien finden die Politiker in Fälschung der Wählerlisten, Stimm- abgabe derselben Individuen an mehreren Wahlplätzen, ungesetzliche Naturalisation von Leuten, die sich zu Stimmvieh eignen u. s. w. (Aus und über Amerika 1877. II. 27 f.) Im wilden W. u. S. geht man noch nicht einmal so fein vor. Das Einbrechen berittener und bewaffneter Banden, welche die Wahllokale besetzen, um bloss ihre Freunde wählen zu lassen, die Entwendung ganzer Wahlurnen mit ihrem Inhalt u. dgl. sind Dinge, die kein Erstaunen erregen, wenn sie von dort berichtet werden. 522 XlII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. gleich einem Feldherrn, der auf seine Truppen unfehlbar zählen kann. — Am stärksten kommt das alles bei dem entscheidungsvollsten Wahlkampf zum Ausdruck, der Präsidentenwahl, welche für 4 Jahre über die Regierung des Landes entscheidet und bei welcher einige 100000 Kampf- preise, von den Botschafterposten bei europäischen Höfen bis zu Post- und Zolldienerstellen, an die Sieger vertheilt werden. Indem die Ver- fassung die Art und Weise der Erwählung der Wähler (Electors) für die Präsidentschaft den Legislaturen der Staaten freistellte, wurde einem der schlimmsten Schäden des politischen Systems der V. St. die Thüre geöffnet. Zuerst war allgemein die Gewohnheit eingebürgert gewesen, diese wichtigsten Wahlstellen durch die Legislaturen ausfüllen zu lassen. Aber in den meisten Staaten machte das Volk sein Recht auf allgemeine und unmittelbare Wahl der Präsidentenwähler schon frühe geltend. Es wurde Sitte, da man ebensoviele Wähler zu wählen hatte als man Sena- toren und Abgeordnete zusammengenommen zum Congress sandte, in jedem Abgeordnetenwahlbezirke auch einen Präsidentenwähler, und die zwei übrigen, welche den beiden Senatoren eines jeden Staates entsprechen, at large d. h. durch die Gesammtabstimmung der Bevölkerung des Staates zu wählen. Es blieb aber nicht bei dieser Methode, welche ein gutes Mittel bot, auch die Minderheiten zum Worte kommen zu lassen. Den handwerksmässigen Politikern entsprach es mehr, die ganze Zahl der Präsidentenwähler durch das ganze Volk vermittelst eines einzigen allge- meinen Stimmzettels wählen zu lassen. Dies erlaubte eine leichtere Beein- flussung der Massen, gab denselben grösseres Gewicht und befähigte besonders die Sammelpunkte der grössten Massen von Stimmvieh und der wirksamsten Demagogen , die grossen Städte , manchmal dem ganzen übrigen Staat die Möglichkeit zu benehmen, seiner Stimmung Ausdruck zu geben. Man hat diesem Wählen nach General Tichet einen grossen Theil der Verderbniss der politischen Sitten und des Machtzuwachses der Handwerkspolitiker zugeschrieben. Ohne Zweifel hat dasselbe auch eine der besten Handhaben zu den Wahlbetrügereien geboten, denn eine Mehrheit von ein paar Hundert Stimmen durch Fälschung der Stimm- zettel je nach Bedarf zu erzeugen oder wegzuschaffen musste um so ver- lockender erscheinen, je grösser die Wirkung war, die dadurch erzielt werden konnte. Das ungesunde Uebergewicht weniger grosser Staaten wie New Yorks, Pennsylvanias und Ohios in den Präsidentenwahlen, deren 30 — 40 Stimmen jeweils ungetheilt auf Eine Seite fallen, ist ein Ausfluss dieser Wahlmethode. 1856 gab der Ausfall der Staatswahlen in Penn- sylvanien den Ausschlag für die Präsidentenwahl in der ganzen Union. Pennsylvanien wählte nach alter Sitte seine Staatsbeamten kurz vor dem Termin für die Präsidentenwahl und man bemass nach dem Ausfall der- selben den Ausgang der letzteren. „Die fast unzweifelhafte Gewissheit, dass Pennsylvaniens 28 Stimmen für Buchanan fallen würden, hatte eine • XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 523 solche Wirkung auf das hocherregte und allen Eindrücken offene Volk, auf die Befürchtungen der einen und die Hoffnungen der anderen Seite und auf die Unsicheren und Anlehnungsbedürftigen im ganzen Lande, dass die Wahl in den anderen 30 Staaten im Kern der Sache aufgegeben wurde"*). Auf diese Weise ist es dahin gekommen, dass die Entschei- dung bei der Erwählung des Präsidenten, statt eine so weit und gleich- massig wie möglich über das Land verbreitete Funktion zu sein, sich auf eine kleine Anzahl von Mittelpunkten beschränkt hat, an denen der politische Apparat der grossen Staaten in Wirksamkeit ist. „Aus einer Aktiengesellschaft, in der jeder Aktienbesitzer eine Stimme hat, ist diese Wahl zu einer Lotterie geworden, wo einige grosse Gewinne das ganze Geschäft bestimmen und absorbiren." Man begreift unter diesen Ver- hältnissen, wenn bei der letzten Präsidentenwahl der häufig gehörte Aus- spruch, dass die Entscheidung gegeben werde „in einem Kreis, dessen Radius 10 Meilen von dem Stadthaus von New York abstehe", als eine der Wahrheit ziemlich nahe kommende journalistische Trope verstanden wurde. Dass aber mit einem solchen Missbrauche nicht aufgeräumt wird, trotzdem seine übeln Folgen und selbst seine praktische und logische Unberechtigtheit klar vor Augen liegen, wird damit erklärt, dass in den grossen Staaten die Fachpolitiker zu stark sind, als dass eine solche Massregel, die scharf gegen ihre Interessen läuft, durchgesetzt werden könnte; die kleineren wünschen nicht, eine Waffe aus der Hand zu geben, wie sie in diesem ungemischten einseitigen Votum liegt. Wie bei der Frage der Entwaffnung weigert sich Jeder, den Anfang zu machen. In dem Geiste selbst besonnener Politiker hat deshalb der Gedanke Raum gewonnen, das bisherige Wahlsystem überhaupt fallen zu lassen und an seine Stelle die direkte Wahl des Präsidenten durch das Volk zu setzen ^). Es scheint aber nicht, dass eine so radikale Neuerung in den nächsten Jahren Platz greifen wird. Mit den Wahlen für die Gesetzgebungen der Einzelstaaten steht es in keiner Weise besser. Die Wahl in die Legislatur hängt nicht von den guten Eigenschaften des Kanditaten, sondern von der erfolgreichen Führung der Wahlversammlungen und der Kunst ab, deren Beschlüsse den Wählern aufzuzwingen. Das Ziel der Politiker ist, jedes mögliche Amt zu einem Wahlamt zu machen und dann die Aemter zum Stimmenkauf zu benützen. In den meisten Staaten ist man schon so weit gekommen, dass man sogar die Richter wählt. Ausserdem ist derjenige Faktor der Regierungs- maschine, welcher vielleicht einmal hemmend in den falschen Gang der- selben eingreifen könnte, nämlich der Governor, mit Geflissentlichkeit so 1) Richard H. Dana a. a. 0. I. 5. 2) Neuerdings wieder durch Maish's Constitutional Amendment am 7. Febr. 1877 im Repräsentantenhaus verlangt. ■* 524 XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. gestellt, dass er nichts als das blinde Organ für die Ausführung der Beschlüsse der gesetzgebenden Körperschaften und durch den gewählten Rath, der ihn umgibt, in seiner freien Bewegung allerseits gehemmt ist. Die Folge ist, dass dies einst so wichtige Amt heute nur noch von Solchen gesucht wird, denen Titel und Jahresgehalt verlockende Dinge sind. Es liegt also die letzte Entscheidung bei den Legislaturen. Mit Unrecht gelten sie für Vertreter des Staates. Sie repräsentiren ihrer ganzen Grundlage nach nur einzelne Stücke desselben. Aus der auf die Spitze getriebenen Vertretung der Interessen der Staatsbruchstücke entsteht nichts weniger als eine Staatsvertretung. Sehr richtig charakterisirt daher Bagehot die Legislaturen als „gierig und habsüchtig, geneigt so viel zu erwerben wie möglich und so wenig zu geben wie möglich. Die Leiden- schaften ihrer Glieder beherrschen sie; die gesetzgeberische Macht, die umfassendste aller Herrschermächte, ist ihr Werkzeug; sie eignet sich die Verwaltung an, wo immer sie es vermag" ^). Es ist bei diesem Stand der Dinge thöricht, irgend etwas im Staatsleben reformiren zu wollen, so- lange nicht die Legislatur zurückgewiesen wird auf ihre natürliche Aufgabe der Kritik, welche mit der Macht über den Staatsseckel bewaffnet ist. Wie mächtig die politische Corruption unter solchen Verhält- nissen um sich fressen muss, begreift sich leicht. Sie erscheint in mehreren Hauptformen, ist aber ihrem Weseii nach proteusartig und allgegenwärtig. Zunächst ist die Wirkung der Aemterjagd auf die Charaktere eine in hohem Grade verschlechternde. Das Amt, das man fast immer nur kurze Zeit besitzt, muss ausgebeutet und es muss zugleich womöglich ein anderes gewonnen werden, sobald der Ausfall einer Wahl dieses aus der Hand schlüpfen macht. Welche zerrüttende Unsicherheit der ganzen Existenz! Welche Verführung zur Anwendung aller möglichen schlechten Mittel!*) 1) Cit. bei G. Bradford, The Charter of the City of Boston 1876. 7. 2) Wir entnehmen der deutsch-amerikanischen Zeitung Cincinnati- Volksblatt (Juni 1879) folgende drastisch-wahre Schilderung der Schicksale eines Aerater- jägers : Wird er nicht erwählt, so ist all das schöne Geld hinausgeworfen und er kann von Glück sagen, wenn er sich nicht vollständig ruinirt hat. Selbst im besten Falle hat er oft lange an den Folgen der erlittenen Verluste zu leiden. Wird er erwählt, so beginnen die Verluste aufs Neue. Sein Gehalt oder seine Gebühren entschädigen ihn für die Kosten seiner Erwählung nicht. Dazu kommt, dass er als Amtsinhaber nicht allein für alle möglichen Parteizwecke, sondern auch für alle möglichen wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecke gebrandschatzt wird. Die Prominenz seiner Stellung richtet die Blicke aller Bettelexpeditioneu auf ihn. Hat er während des Wahlkampfes Schulden gemacht, so muss er sie ebenfalls aus seinen Amtseinnahmen zu decken suchen. Und leben will er auch. Auch muss er fortfahren ein good fellow zu sein, wenn er sich für die Zukunft nicht unmöglich machen Avill. Denn wer einmal an dem Aemterkelch genippt» hat, der wird ^gewöhnlich im Leben nicht mehr satt davon. Dass XIII. Der Staat, Die Gemeinden. Das politische Leben. 526 Dies ist eine Quelle der Corruption. In der Tiefe hängt innig mit ihr zu- sammen eine zweite, deren Dasein nur möglich ist unter der Voraussetzung, dass die Beamten gerade so schlecht sind, wie sie unter dem Systeme der Rotation der Aemter sein müssen. Es ist der Diebstahl und Betrug an Staats- und Gemeindegeldern. Es bilden sich zu diesem Zwecke grosse Verschwörungen, Ringe, die oft Tausende in ihr Interesse zu ziehen wissen. Der Whiskey-Krieg von 1875/76 zeigt die Macht solcher Binge in ihrer ganzen Furchtbarkeit. Staatssekretär Bristow , der die Branntweinsteuer-Unterschleife im W. entdeckt hatte, fühlte durch die Anstrengungen des Ringes schon 4 Monate nachdem er den ersten Schlag ^ethan, seine Stellung so erschüttert, dass er um seine Entlassung bat. Gefälschte Briefe wurden dem Präsidenten vorgelegt, um ihm zu beweisen, dass dieser Kampf ihn und nicht die Steuerdiebe blossstellen solle. Man brachte es dahin, dass der Präsident den bittersten Feind der Diebe, Gen. Henderson in S. Louis, entliess. Als der Privatsekretär des Präsi- denten, General Babcock, als ein Mitschuldiger des Ringes erkannt worden war und verurtheilt werden sollte, machte der Generalstaatsanwalt den Versuch, die ganze Verhandlung vor ein militärisches Ehrengericht zu bringen, dessen Vorsitzender ein Freund des Angeklagten. Ein Heer von Contreminirern war in Arbeit, um dem Staatssekretär Bristow nachzu- weisen, dass er selbst Branntweinsteuern eingesteckt, seiner Familie Vor- theile auf Staatskosten zugewendet, Staatsgeheimnisse zum Zwecke von Geldspekulationen verrathen habe u. s. f. Briefe wurden gestohlen und mit gefälschten Zusätzen dem Präsidenten vorgelegt. Im Ministerium war eine Partei heftig gegen den Whiskey-Krieg eingenommen und der Präsident brach aus Aerger über denselben jeden gesellschaftlichen Verkehr mit Schlimmste aber ist, dass ihn das Amt unlustig und unfähig macht zur regel- rechten Arbeit zurückzukehren. Dies gilt hauptsächlich von den niedrigeren Aemtern. Wer einmal Constabler oder Polizist gewesen ist, der Avill sich nicht mehr an die Drehbank oder an die Maschine stellen. Da man aber unter unserem System nicht zeitlebens Constabler oder Polizist bleiben kann, so be- ginnt die Noth und das Elend nachträglich. Es ist sehr leicht, eine Beschäf- tigung aufzugeben, aber sehr schwer, sie wieder zu bekommen. Und wenn man einmal eine Zeit lang politisch gelungert hat, fällt es sehr schwer, wieder pro- fessionell zu arbeiten. Das kleine politische Beamtenthum erzeugt und befördert Hang zum Müssiggang, und was aus dem Müssiggang entsteht, ist bekannt. Wir sagen daher nicht zu viel, wenn wir behaupten, dass die Politik im Grossen und im Kleinen Jahr aus Jahr ein ihre Opfer fordert, wie irgend eine physische Krankheit, und dass das Wenige, was die Aemterseuche, auch wenn sie erfolg- reich ist, bringt, das Viele nicht werth ist, was darüber zu Grunde geht. Wir rathen daher Jedem, den nicht die Noth dazu zwingt, die Finger von der politi- schen Aemterbewerbung zu lassen. Es wird besser für ihn und seine Familie sein. -Bleibe zu Hause und ernähre dich redlich!" 526 XIIl. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. Bristow ab. Als im Herbst 1875 auch in S. Francisco ein Branntwein- steuerbetrug von IV2 Mill. D. entdeckt wurde, gesellten sich zwei Sena- toren und ein Mitglied des Repräsentantenhauses zu den Gegnern des Staatssekretärs, fast alle Bundesbeamten in S. Francisco machten Front gegen die Untersuchungscommission, welche von Washington abgesandt worden war, und nach vielen vergeblichen Anstrengungen, um eine Anzahl der schuldigen oder verdächtigen Beamten abzusetzen, wurde das Ver- hältniss zum Präsidenten und den übrigen Gliedern des Cabinets so kühl, dass Bristow endlich seine Entlassung gab ^). Es wurden in diesem Feldsug 227 Geschäftsleute und 11 Beamte des Betrugs überwiesen. Die Summe, um welche der Whiskey-Ring in S. Louis die V. St. - Regierung jährlich prellte, wurde auf 3 Mill. D. geschätzt. Auf die riesige Verschuldung der Gemeinden ist oben S. 512 hingewiesen. Sie ist zum Theil die Folge, zum Theil aber auch die Ursache der Corruption im Gemeindewesen. Mit Recht hob Präsident Hayes in einer Rede zu Detroit (Sept. 1879) hervor, dass das Borgen der Städte die Wurzel der Verschwendung und Corruption sei. „Wenn die Behörden soviel Geld bekommen als sie ""wollen, sagt er, geben sie mehr aus als nöthig ist und bezahlen für Dinge mehr als sie werth sind. Die Verschuldung der Städte ist eine entsetz- liche. Manche zahlen ebensoviel für die Zinsen der öffentlichen Schulden als sie für ihre eigene Verwaltung brauchen". Der Präsident schlägt vor, dass es den städtischen Behörden verboten werden soll, neue Schulden zu machen und Gelder zu verwilligen, bevor sie eingenommen sind. Das grossartigste Beispiel von Unterschleif mit städtischen Geldern s. bei Kapp, „Aus und über Amerika 1867. IL" (Newyorker Stadtverwaltung 3. f.) — Eine dritte Quelle ist die Beeinflussung der Vertretungskörper durch die grossen materiellen Interessen der Eisenbahnen, Dampferlinien, Baugesellschaften u. dgl. Die weise Einrichtung, dass die Staatshauptorte nicht mit einer der geschäftlichen Hauptstädte zusammenfallen, hindert diese Beeinflussungen nicht, so dass ganze Legislaturen in feindliche Lager gespalten erscheinen durch die Parteinahme ihrer Mitglieder für eine oder die andere Eisenbahngruppe u. dgl. Dazu kommt, dass die Finanzlage der meisten Einzelstaaten eine keineswegs glänzende ist. Während bis heute alle Anstrengungen der bankerottfreundlichen Parteien es nicht zu einer Zinsenherabsetzung der Schuld der V. St. bringen konnten, weil hier in Re- gierung und Vertretungskörper doch immer noch die anständigen Leute in der Mehrzahl sind, hat, wie wir gesehen, eine ganze Reihe von Einzelstaaten offen die Bahn der Zinsenreduktion beschritten und so hat z. »B. selbst Virginien, dieser einst ehrgeizigste und stolzeste von allen Staaten, die Zinsen seiner Staatsschuld um nahezu CO Proc. vermindert und es hielt in den letzten Wahlen schwer, einem Kanditaten des unverhüllten Bankerotts 1) Vgl H. V. Boyuton, The Whiskey Ring. N. Am. Rev. 1876. II, 301. XIII. Der Staat. Die Gemeinden. Das politische Leben. 52? die schon fast sichere Nomination zum Governor zu entreissen. Aehnlich haben Städte wie Memphis und Mobile ihre Schulden dadurch abgeworfen, dass sie erklärten, sie hörten auf Städte zu sein ; andere Gemeinden haben dasselbe noch einfacher durch die Erklärung gethan, ihre Zahlungen einstellen zu wollen. — Bis in die Gerichtsstuben erstreckt sich die Fäulniss. Klagen über die schlechte Rechtspflege, meistens unter Ueberschriften wie „Macht des Geldes" oder ähnlichen, gehören zu den stehenden Artikeln nordamerikanischer Blätter. Selbst der höchste Gerichtshof ist nicht frei geblieben von Verdacht. Wenn die Presse irgendwo von Uebertreibung frei erachtet werden kann, ist es hier, wo es sich um tieferliegende Mängel handelt, die nicht von den Parteien, sondern von den Anschauungen eines grossen Theiles der Nation abhängen. Auch der boshafteste Reporter meldet nur mit Widerwillen Scenen, wie die, wo der Richter unter Thränen (und der Staatsanwalt weint mit) es für „die schwerste Pflicht seines Lebens" erklärt, einen Fälscher wie Gilman (Januar 1878 New York) ins Zuchthaus schicken zu müssen. Der letztere war ein Frömmler. Die Unregelmässigkeiten, die in den Gefängnissen durch Bestechung der Aerzte hervorgerufen werden, sind so gewöhnlich, dass es kaum eine Strafe gibt, welche nicht durch sie umgangen werden könnte. So gab es z. B. ge- legentlich der Verurtheilung des politischen Schwindlers Tweed kaum irgend einen urtheilsfähigen Mann in New York, der an eine wirkliche Durchführung der Strafe geglaubt hätte. Vielleicht wird die gründliche Vernichtung der angeblich unerschütterlichen bürgerlichen Gleichheit durch die Macht des Geldes durch nichts so krass illustrirt wie durch die Un- gleichheit des Loses reicher und armer Spitzbuben. Flagge und Wappen der Union sind folgende. Die Flagge ist für alle Zw^ecke das Sternenbanner (The Stars and Stripes), das aus 7 rothen und 6 weissen abwechselnden Streifen besteht, in deren oberer Ecke ein blaues Viereck mit so viel Sternen als die Union Staaten zählt. Das Wappen ist eia brauner Adler (s. 0. S. 31), der in der einen Klaue ein Bündel Blitze, in der anderen einen Oelzweig hält. Auf der Brust trägt er ein zwei- getheiltes Schild, dessen oberes Feld blau und dessen unteres silbern und von 6 senkrechten Balken durchzogen ist. Im Schnabel hält er ein Band mit der Inschrift E Plurihus unum und 13 Sterne umgeben ihn. XIV. Die Kirche. Religiöse Anlagen 528. Kirche und Staat 529. Eigenthümlichkeiten des religiösen Lebens in den V. St. 530. Wohlthätigkeit 533. Temperenz 533. Sta- tistik der Religionsgesellschaften 535. Die Hochkirche 536. Die Congregationa- listen 536. Die Presbyterianer 537. Die Methodisten 538. Die Baptisten 539. Die Lutheraner und Deutsch -Reformirten 539. Die Römisch-Katholischen 539. Die Juden 54L Wenn wir oben (S. 513) sagen konnten, dass die Bevölkerung der V. St. ein Talent für Politik habe, so kann dem hinzugefügt werden, dass sie nicht minder ein Talent für Religion besitze. Die Nordamerikaner sind zu den religiöseren Völkern zu zählen. Ihre grosse Mehrzahl hat als angelsächsisches Erbtheil diese Gabe mitbekommen, welche eng verknüpft ist mit dem Lebensernste, der Pflichttreue und dem praktischen Sinne, durch welche sie ausge- zeichnet sind. Der Nordamerikaner britischer Abstammung hat neben seinem politischen Freiheitssinn eine grosse Achtung vor allem, dessen Hochachtung allgemein anerkannt ist. Verstärkt wird dieses Gefühl durch die geschichtlichen Ueberlieferungen aus der Zeit der flüchtigen Puritaner, Deutsch-Reformirten, Quäker, Katholiken u. s. f., welche die Keime einer grossen Anzahl von Colonien in Nord-Amerika legten. Ausgewandert, um sich ihre Religion zu erhalten, pflegten sie dieselbe mit um so grösserem Eifer, sobald sie sich auf diesem freien Boden nach ihrem Sinne einrichten konnten. Ferner kommt hinzu der verinnerlichende Einfluss des arbeitsvollen und genussarmen Colonistenlebens in einsamer, menschenarmer Umgebung. Das puritanisch Einfache, aber Innerliche war wie gemacht für solche Zustände und hat in der That weit über die Grenzen der presby- terianischen Kirche hinaus auf andere Sekten gewirkt. Der grosse Einfluss der Frauen im amerikanischen Leben ist nicht zu ver- gessen. Und endlich ist der praktische Sinn hervorzuheben, der XlV. Die Kirche. 529 die Nothwendigkeit des religiösen Elementes im Leben ahnt und es vorzieht, den Verstand auf die lösbaren Fragen des Lebens statt auf unlösbare Zweifel zu richten. Es würde wunderbar sein, wenn die Bevölkerung der V. St. verschont geblieben wäre von der Auf- klärung und Zweifelsucht unserer Tage, dieselben dringen sicherlich mit zunehmender Bildung immer mehr ein, aber noch immer ist in der Mehrheit des Volkes und bis hoch hinauf ein stark religiöses Leben. Dasselbe mag vielfach äusserlich sein, die Hauptsache für uns ist, dass es besteht und einen starken Faktor im Leben des Volkes bildet. Die grosse Zahl von Sekten, von milden Stiftungen, von Kirchenbauten, das gewaltige Kirchenvermögen, die Achtung vor den Dienern der Religion sind Beweis dafür. Der mittelbare Ein- fluss der Kirche ist bedeutend*). Nichtsdestoweniger ist die Trennung der Kirche vom Staat formell vollkommen. Sie ist ein Erzeugniss der letzten 100 Jahre. Wir haben gesehen (z. B. o. S. 57), wie die älteren Colonien geradezu theokratisch angelegt waren, und noch in den Verfassungen der 13 alten Staaten war die Verbindung zwischen Staat und Kirche eine sehr innige. In den Verfassungen der Einzelstaaten erhielten sich die sogenannten Religious Tests (For- derung eines bestimmten vorgeschriebenen Glaubens für öffentliche Aemter) eine lange Reihe von Jahren. Ein Gesetz über die staat- liche Unterstützung des öffentlichen Gottesdienstes wurde in Mas- sachusetts erst 1833 aufgehoben. Aber kein Statute - Boolz irgend eines Staates enthält heute mehr Bestimmungen zur Regelung der öffentlichen Stellung der Religionsgesellschaften, zur Unter- stützung der Geistlichen, zum gebotenen Besuch des Gottesdienstes, 1) Ein wahrscheinlich sehr unverfänglicher Beobachter, Rev. Dale, sagt von den Neueugländern : Die gebildeten Christen, die ich traf, schienen weniger berührt von dem Confiikt zwischen Christenglauben und moderner Spekulation als die meisten Leute von ähnlicher Bildung bei uns (in England). Es war in ihrer Frömmigkeit eine Einfachheit und Tiefe, welche mich an die Ueberlieferungen erinnerte, die wir von früheren Geschlechtern haben. Auch schien es mir, als ob sich Männer von allen Kirchen vorwiegend in einer gewissen conservativen Ge- sinnung der Betrachtung von Fragen der Lehre oder der Philosophie zuwandten. Sie waren vorsichtig und ehrfurchtsvoll . . . Die Luft war nicht ganz dieselbe wie zu Hause : sie war weniger scharf und athmete weniger Sturm. (Ninet. Cent. 1878. II.) Katzel, Amerilca II. 04^ 630 XiV. Die iCirche. zur Einschränkung der freien Religionsübung oder des freien Aus- druckes religiöser Meinungen. Nicht bloss der Grundsatz wiegt vor, dass das Gesetz des Staates keine besondere Form von Religion zu schützen habe, sondern es herrscht das umfassendere Princip, dass Staat und Kirche ihrem Wesen nach geschieden sind. Es sind die an Zahl und Macht gerade im letzten Viertel des vorigen, Jahrhunderts stark zunehmenden Sekten auf der einen und die Aufklärungsideen des 18. Jahrhunderts auf der anderen Seite, welche dieses Ergebniss erzielten^). Aber noch im Unabhängigkeitskrieg war der Einfluss bestimmter Kirchen auf die Staaten sehr stark gewesen, und wenn man den Gegensatz des neuengländischen Presbyterianismus zur mutterländischen Hochkirche erwägt, versteht man, wie der ältere Adams den Abbe Mably warnen konnte, die Geschichte des nord- amerikanischen ünabhängigkeitskampfes nicht eher zu schreiben, als bis er die kirchlichen Verhältnisse von Neu-England zu über- schauen vermöge. Das religiöse Leben in den V. St. ist in hohem Grade eigenthümlich gefärbt durch seine Ausdehnung, seine Kraft und die Mannigfaltigkeit seiner Aeusserungen. Man findet dieselbe fieber- hafte Energie wie auf allen anderen Lebensgebieten hier wieder. Es nimmt reichlich Theil an dem Zug von Originalität, der das Leben in den V. St. überhaupt auszeichnet. In keinem europäischen Lande durchdringt die Kirchlichkeit, wenigstens soweit die Erfüllung 1) Als der grosse Vertreter derselben kann T. Jefferson betrachtet werden, der sie in dem berühmten Virginia Act von 1785 zuerst niederlegte. Mit anderen Lehren, denen dieser Staatsmann folgte, gehört sie einer Gruppe von Sätzen an, die auf dem Boden der revolutionären Europa ursprünglich ge- wachsen und nach dem viel conservativeren Klima der nordamerikanischen Frei- staaten erst verpflanzt worden waren. So grosse Fortschritte hatte seit dem Beginn eines regen Bewusstseins von Freiheit und Selbständigkeit der öifentliche Geist in diesen jungen Staaten gemacht, dass die Anrufung der Gottheit, welche in der Unabhängigkeitserklärung an hervorragender Stelle erscheint, in der Bundesverfassung, die nur wenige Jahre später geboren ist, völlig fehlt. Die einzige Erwähnung der Religion in dieser letzteren findet sich in dem Abschnitt, welcher in der Besetzung aller Beamten - oder Vertrauensstellungen der V. St. jedwede Rücksicht auf die Confession, also den religious test ausschliesst, während das berühmte Erste Amendement bestimmt, dass „der Congress kein Gesetz über das Establishment der Religion noch zur Verhinderung der freien Uebung der- selben machen solle". XIV. Die Kirche. 531 der Formen in Betracht kommt, so sehr alle Schichten der Bevöl- kerung wie in Amerika. Die besseren Classen sind mindestens so kirchlich gesinnt wie in England. Nach dem Census von 1870 gab es in den Kirchen der V. St. Plätze für 21,6 Mill., d. h. 55 Proc. der Bevölkerung, genau soviel wie in England. Man nimmt an, dass 58 Proc. irgend einer Bevölkerung die Möglichkeit haben, Kirchen zu besuchen. Von 1850 — 70 haben die Kirchenplätze sich nicht so rasch vermehrt wie die Bevölkerung, jene sind um 50, diese um 60 Proc gewachsen. Das Kircheneigenthum hat sich aber von 1 850 — 70 etwas mehr als vervierfacht. Die Kirche ersetzt in den höchsten Schichten manche Genüsse geistiger und gesellschaftlicher Art. Der Kirchenbesuch wird guter Ton und nimmt dementsprechend einen aristokratischen und luxuriösen Charakter an. Die reichen Gemeinden der Hochkirchlichen und Presbyterianer in den Gross- städten haben ihre prächtig ausgestatteten, teppichbelegten, durch- wärmten Kirchen, bunte Fenster, Bilderschmuck, und auf der Kanzel die Beredsamkeit eines geistvollen, nicht allzustrengen Predigers vom Typus Henry W. Beecher's. Es werden Plätze in diesen Kirchen für Tausende von Dollars verkauft^). In den ärmeren Gemeinden sucht 1) Man hat deshalb die gegenwärtige Phase der religiösen Entwickelung in den V. St. als eine ästhetische bezeichnet. Das ist einseitig, aber sicher ist nie so viel Gewicht auf das gelegt worden, was in den Kirchen und ihren Umgebungen zu den Sinnen spricht , als in den 50 Jahren , welche verflossen sind , seitdem die ersten gemalten Kirchenfenster hier aufgestellt wurden (1827), seitdem das Crucifix als Kirchenschmuck allgemein angenommen und der Altar nach katho- lischer Weise auf Stufen in den Hintergrund der Kirche gerückt wurde. Be- merkenswerth ist die weite Verbreitung alles dessen, was in dieser Richtung zum Gefühle, wenn auch nicht immer zum Schönheitsgefühl, so doch zum Gefühl für das Ungewöhnliche, Auffallende, spricht. Man sieht in den Grosstädten des ^ 0. bald mehr alterthümlich aussehende Kirchen gothischen oder romanischen Stiles als in unseren alten europäischen Städten. So sehr durchdringt dieses Streben alle Sekten, dass sogar die puritanischen, deren Lebenselement einst der Kampf gegen alles Sinnliche und allen Schmuck in den Kirchen gewesen, heute demselben folgen. Es ist der Zwang der Mode darin. „Mittelalterliche Archi- tektur, sagt ein Mann, der diese Dinge aus der Nähe kennt, ist länger nicht, wie sie es früher war, eine Frage des Princips, sondern einfach eine Frage des Geldbeutels"^). Diese Sucht könnte vielleicht einmal der Kunst zu gute kommen. 1) J. L. Diman, Keligion in America. N. Am. Review 1876. I. 45. 34* 532 ' XIV. Die Kirche. man das entweder nachzuahmen, oder wirft sich in das Extrem der äussersten Einfachheit, wo aber dann verzückte, aufregende Predigten, Erweckungen innerhalb der Gemeinde, Gottesdienste in Wald und Feld, in ihrer Art nicht weniger sinnenerregend, an die Stelle jenes Pompes treten, lieber die Mauern des Gotteshauses hinaus wirken die Kirchen mit Missionen aller Art, inneren und äusseren, wozu ihnen reichliche Mittel zufliessen. Die Methodist Episcopal Church nahm z.B. 1877 629 000 D. für ihre Missionen ein und man hat berechnet, dass jährlich mindestens 5 Mill. D. von den Religionsgesellschaften für diese Zwecke ausgegeben werden. Grosse politische Agitationen, wie einst diejenige gegen die Sklaverei, dann die für Temperenz, theilweise auch für Frauenrechte, wurden zu einem grossen Theile von den Kirchen getragen. Die Sonntagsschulen für Kinder und Erwachsene sind ein wichtiger Zweig der kirchlichen Thätigkeit nach aussen. Jünglingsvereine spannen ihr Netz über das ganze Land. Dazu kommt eine religiöse Presse, die 1878 über 900 Organe zählte und neben der politischen die erste Stellung in der Tages- literatur einnimmt. Bemerkenswerth ist die grosse Zahl der Sekten, die Leichtigkeit, mit der dieselben entstehen und unter günstigen Verhältnissen sich vergrössern. Deutlich spricht sich hier eine \/gewisse Unruhe, ein Unbehagen in den alten Geleisen zu bleiben, die Lust zu experimentiren aus, zugleich aber auch die fanatische Energie, mit der das für wahr Erkannte ausgebreitet und vertreten wird. Man denke an die Geschichte der Mormonen. Indessen muss man hinzusetzen, dass der Sektengeist vorzüglich eine Sache der unteren Classen ist, während die höheren im Gegentheil einen con- servativen Zug zeigen in der Innigkeit ihres Festhaltens an dem Glauben, den sie einmal aufgenommen. Wie auch die Religion in den Herzen der Menschen beschaifen sein möge, soviel ist sicher, dass sie grössere äussere Wirkungen als hier nicht wohl irgendwo zu erzeugen vermöchte. Während sie von der Politik mit ängstlicher Strenge getrennt wird, ist sie neben dieser der mächtigste Faktor des öffentlichen und privaten Lebens, das hier mindestens ebenso sehr ihren Stempel trägt wie in Eng- / land. Die Sonntagsheiligung ist überall eine strenge, wo nicht etwa der deutsche Einfluss wie im W. oder der französische wie in XIV. Die Kirche. 533 Louisiana etwas von unserer heiteren Auffassung dieses Tages ge- bracht hat. Alle Staaten haben Gesetze in Betreff der Sonntags- heiligung und in der Regel werden sie auch zur Ausführung ge- bracht, oft sogar mit starker Uebertreibung. Innig mit ihnen verknüpft sind die Mässigkeitsvereine (Temperence Societies), eine andere Form des religiösen Lebens, das nach aussen sich geltend macht. Sie spannen ihre Organisation über das ganze Land und suchen überall nicht bloss dem Missbrauch, sondern auch selbst dem nicht - medicinischen Gebrauch geistiger Getränke ent- gegenzuwirken. Die Temperance Society ist 1826 zu Boston ge- gründet worden. Sie hatte im Jahr 1835 bereits 6000 Tochter- gesellschaften in allen Staaten der Union mit mehr als IV2 Mill. Mitglieder und hatte bereits die Schliessung von 8000 Schenken und 4000 Destillerieen erzielt. In den deutschen Kreisen sucht man sie lächerlich zu machen, aber es liegt ihnen eine gute und richtige ^ Idee zu Grunde und wie sie in dem Charakter und den Sitten des Amerikaners ihre Begründung (s. Cap. XVI) finden, so wirken sie auch zweifellos in einer sehr heilsamen Weise auf denselben zurück. Die Heuchelei, zu der sie Anlass geben, ist nicht so schlimm wie die rückhaltlose Hingabe an Lagerbier und Cons., welche die deutsche Gesellschaft herunterbringt. In den grossartigen milden Stiftungen zeigt sich eine weitere Seite der praktischen Religiosität der Amerikaner. Auch hier kommt eine grossartige Seite ihres Charakters ins Spiel. Sie geben gern, ^ viel und rasch. Daher das gewaltige Wachsthum aller Arten von wohlthätigen Anstalten, die allerdings zum Theil auch darum soviel wirken können, weil die Zahl der Unterstützungsbedürftigen noch immer nicht übermässig gross ist. Zwar hat die Zahl der Armen mit der Vermehrung der Bevölkerung, vorzüglich der städtischen, der Industrie u. s. f. rasch zugenommen. 1835 wurde dieselbe in den V. St. auf Vi 00 der Bevölkerung geschätzt, während sie zur selben Zeit in England ^k , in Belgien V? , in Frankreich und Deutschland V20 der Bevölkerung ausmachte. (Berghaus, Annalen XII. 320.) Damit sind natürlich die Lasten gewachsen. So wurden z. B. für das Jahr 1877/78 die Gesammtausgaben für Armenpflege in Massachusetts auf 1,8 Mill. D. veranschlagt, wovon 1,45 von den 534 XIV. Die Kirche. Gemeinden gezahlt wurden. Die Gemeinden hatten 8671 Arme in Armenhäusern und Familien untergebracht, und ausserdem erhielten ca. 63 000 Personen zeitweilig Unterstützungen. Das sind 5 Proc. der Bevölkerung. Eine grosse Hülfe ist begreiflicherweise in der Möglichkeit gegeben, das Proletariat nach den unbesiedelten Gegenden des W. und S. abzuschieben. Schon vor Jahren wurde mit vollem Bewusstsein das Problem „den importirten Pauperismus unserer "^Städte nach den Prärien des W. zu verpflanzen und eine gefähr- liche und immer wachsende Grundlage von municipaler Corruption in ein gesundes Element nationalen Gedeihens zu verwandeln" als Frage von der grössten praktischen Bedeutung betrachtet ^). Von New York u. a. grösseren Städten des 0. werden seit 1866 von den Ghildrens Äid Societies regelmässige Sendungen verwaister Kinder nach den dünnbevölkerten Gegenden des W. veranstaltet, wo sie durch Agenten diesen Gesellschaften vorwiegend als Farmarbeiter angestellt werden. Die Durchschnittskosten p. Kopf betragen 15 bis 20 D. Diese Gesellschaft nahm in New York allein 1870 gegen 200000 D. an Almosen, Armehsteuer-Antheilen u. dgl. ein. Bei der frühen Selbständigkeit der Jugend ist die Fürsorge für sie eine der Hauptsorgen der öffentlichen Wohlthätigkeit. 1854 wurde in New York ein eigenes Lodging-House zum Uebernachten für obdachlose Knaben, besonders für die Zeitungsjungen, gegründet. Im Anfang ausschliesslich durch Wohlthätige erhalten, zahlten die Knaben schon 3349 D. für Nachtlager, Essen u. s. f. und legten 2588 D. in den dort aufgestellten Sparbüchsen nieder. Aehnlich ist für Mädchen vorgesorgt und es ist vorzüglich der Wirksamkeit solcher Wolthätig- keitsanstalten zuzuschreiben, wenn in der Stadt New York die Zahl der vagirenden Frauenzimmer von 1861 — 71 von 2161 auf 914, die der wegen Diebereien bestraften Mädchen in dem gleichen Zeit- raum von 880 auf 572, die der wegen gleichen Vergehens bestraften Knaben von 1860 — 70 von 2575 auf 2168 gesunken ist «). Ein anderer grosser Zweig der öffentlichen Wohlthätigkeit be- schäftigt sich mit der Verbesserung der Trunksüchtigen und jeder 1) S. z. B. Jay's Adress to the Am. Geogr. und Stat. Society. New York 1859. (Vgl. auch o. S. 175.) 2) The Daugerous Classes of New York. 437. XIV. Die Kirche. 535 Staat hat ein oder mehrere Inehriate Äsyluns, ebenso ist der Blinden- und Taubstummenunterricht überall von Staatswegen or- ganisirt und einige von den amerikanischen Anstalten scheinen musterhaft zu sein ^). In grossem Masse betheiligen sich überall die Frauen an den Werken der Wohlthätigkeit. Ein 1876. erstatteter Bericht (Catalogue of Charities Conducted by Women. Phil. 1876) gab folgende Zahlen für die Wohlthätigkeitsanstalten , welche von Frauen geleitet werden : In Neu-England 148, in den Mittelstaaten 320, in den Südstaaten 63, in den Weststaaten 106, in den Pacifi- schen Staaten 39. Der Census der V. St. von 1870 gibt 72 459 kirchliche OrganisationeD, 63082 Kirchen und ein Kirchenvermögen von 354 Mill. D. an. Die Mit- ghederzahl jeder Denomination wird aus der Zahl der Plätze (Sittings) geschätzt, die in den Kirchen zu finden sind. Diese Plätze und das Kirchenvermögen verhalten sich bei den verschiedenen Kirchen bzw. Sekten folgendermassen : Baptisten (Regulär) 3997116P., 39Mill.D. ; Baptisten (Andere) 363019 P., 2,4 Mill. D.; Christians 865602 P., 6,4 Mill. D.; Congregatioualisten 1117212P., 25Mill.D.; Episcopale 991051P., 36,5 Mill. D. ; Evangelical Association 193 796 P., 2,3 Mill. D.; Quäker (Friends) 224664 P., 3,9 Mill. D.; Juden 73265 P., 5,1 Mill. D.; Lutheraner 977332 P., 14,9 Mill. D. ; Methodisten 6528209 P., 69,8 Mill. D.; Mährische Brüder 25 700 P., 0,7 Mill. D.; Mormonen 87838 P., 656 750 Mill. D.; Swedenborgianer 18755 P., 0,9 Mill. D.; Presbyterianer (Regulär) 2198900 P. , 47,8 Mill. D. ; Presby- terianer (Andere) 499344 P., 5,4 Mill. D.; Reformirte (Niederl.) 277 228 P., 10,3 Mill. D.; Reformirte (Deutsch) 431 700 P., 5,7 Mill. D.; Römisch-Katholische 1990514 P., 60,9 Mill. D.; Second Adven- tists 34555 P., 0,3 Mill. D.; Shakers 8850 P., 0,08 Mill. D.; Spiri- tualisten 6970 P., 0,01 Mill. D.; Unitarier 155471 P„ 6,3 Mill. D.; United Brethren 265025 P., 1,8 Mill. D.: Universalisten 210884 P., 5,7 Mill. D.; Unbekannte 153202 P., 0,9 Mill. D. Unter der Abthei- lung „Verschiedene" finden sich Folgende aufgeführt: Chinesische Götzendiener mit 7 Tempeln in Californien, Griechisch-Katho- lische mit 2 Tempeln ebendaselbst, Bibelchristen, Bibelcommu- nisten, Hugenotten (in S.Carolina), Katholisch-Apostolische, Sandemanianer, Schwenkfelder u. a. m.'^). 1) Vgl. z. B. das über dieselben von Dickens in American Notes Cap. II. Gesagte, wo Amerika sonst nicht eben die günstigste Beurtheilung findet. 2) Als letzte Auswüchse des Sektengeistes seien die Communisten-Gemeinden hier angefügt. Sie sind der Mehrzahl nach aus der Alten Welt eingeführt, 536 XIV. Die Kirche. Die Hochkirche (Church of England in the Colonies, wie^sie sich officiell benannte) umschloss ausserhalb Neu -Englands die Mehrzahl der Familien von Einfluss , sie war die älteste protestantische Kirche in Amerika und hatte die Gunst der Regierung des Mutterlandes für sich. Ihr Wachsthum litt indessen unter der Nothwendigkeit , die Geistlichen in England- ordiniren zu lassen und seit der Zeit des Aufwachsens des revo- lutionären Geistes unter politischen Verdachten. Die Revolution schien diese Kirche fast zu erdrücken, doch erhob sich mit dem Aufschwung, den das Land nach Abschluss derselben nahm, auch sie und wusste den neuen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen die nothwendigen Concessionen zu machen. Auf der anderen Seite wurden aber die Lehr- unterschiede von den anderen Kirchen sehr scharf betont, und es ist bemerkenswerth, dass das entschiedene Wachsthum dieser Kirche da begmnt, wo sie versöhnlichen Neigungen mit Bewusstsein widerstrebte und sich als Vertreterin einer besonderen Seite des protestantischen Christen- thums den Schwesterkirchen gegenüberstellte. 1877 zählte sie 302069 Bekenner, 3272 Geistliche und 2900 Kirchspiele. Sie ist am stärksten in New York und in den Südstaaten vertreten^). An Einfluss auf die Geschichte derV. St. steht die Kirche der Con- ^''gregatio na listen allen voran. Selten hat eine blosse Sekte eine solche culturhistorische Bedeutung erlangt. Ihre innige Verbindung mit dem staatlichen Leben in jenen n.ö. Staaten, die als Neuengland - Staaten bekannt sind, gab ihr bis zur Revolution eine sehr grosse politische Be- deutung und die Einflussnahme auf die geistige und sittliche Bildung der Bevölkerungen war tief begründet in jener ernsten Weltanschauung, welche die calvinistischen Lehren überall zu Förderern strenger Sitten gemacht haben. Diese Lehre war wie gemacht, das Aufkommen junger mit Schwie- rigkeiten jeder Art kämpfender Colonien zu erleichtern, sie vor den Ge- fahren des rasch anwachsenden Reichthums und vor der Verführung zum Missbrauch des grossen Masses individueller Freiheit zu bewahren. Die Congregationalisten waren die spartanische unter den Sekten und sie haben mit ihrer harten Zucht die stahlharten Männer geschaffen, die als Neu -Engländer das Ideal des Colonisten und des Republikaners in der Neuen Welt geworden sind. Gleichzeitig haben sie aber mit ihrer Hoch- haben aber in diesem Boden kein grosses Wachsthum aufzuweisen. Eine 1878 in Oueida erschienene Zusammenstellung American Communities gibt die Zahl der in den V. St. bestehenden Communisten-Gemeinden auf 27 an, wovon sich 9 in den Neuengland-, 6 in den Mittel-, 10 in den West- und 2 in den pacifi- schen Staaten befinden. Der Mitglieder mögen es 4000 sein. 1) Das Kircheneigenthum in der Stadt New York betrug Ende 1877 56 Mill. D., wovon 24 auf episkopale, 11 auf katholische, 6 auf presbytcrianische Kirchen kommen. XIV. Die Kirche. 637 achtung für die Wissenschaft, welche schon in der sehr schweren ersten Entwickelmigszeit der Colonien es bei ihnen als Regel feststehen Hess, dass womöglich jeder Prediger eine College - Bildung besitzen solle, und welche sie die ältesten Universitäten der V. St. schon im 17. Jahrhundert gründen Hess, aus den Bekennern ihres Glaubens die Träger höherer Bildung mitten in einer Bevölkerung gemacht, welcher ohne diesen Anstoss im Drang der materiellen Tagesgeschäfte wenig Blick nach dieser Seite hin übrig geblieben sein würde. In den letztverflossenen 100 Jahren konnte das noch im Beginn der Revolution über allem Zweifel stehende üebergewicht dieser Kirche nicht festgehalten werden. Mit 350658 Glie- dern, 3333 Geistlichen und 3509 Kirchen stehen heute die Congregatio- nalisten in 7. Reihe. Die Ursachen des Rückganges Hegen grossentheils in inneren Zwistigkeiten, welche zum Zerfall in zwei Kirchen führten, dann in der weit getriebenen Entwicklung des rein Theologischen, das dem praktischen Bedürfniss der Menge ferne liegt, endlich in der von früher her in Neu -England üblichen Vermengung politischer und kirch- licher Fragen, welche zu einer Zeit den neuengländischen Clerus wie ^ Einen Mann gegen T. Jefferson und die demokratische Partei stehen Hess, um beim Rückprall der Woge zahlreiche, politisch anders denkende GHeder aus den Kreisen ihrer Gemeinden ihnen zu entführen. Aehniich wirkte späterhin das Einstehen der neuengländischen Geistlichen für die Sache der Abolitionisten. Aus einer grossen Kirche wurde so eine enge, abge- schlossene Partei. Die Presbyterianer, Leute von ursprünglich schottischer oder irisch-schottischer Abkunft bildeten erst seit dem Beginn des 18. Jahr- hunderts eine organisirte Kirche in Nord- Amerika. In Bezug auf theolo- gische Lehrmeinungen den Congregationalisten eng verwandt, schied sie von ihnen die äussere Form ihres kirchlichen Gemeinwesens und ihres Gottesdienstes — Dinge, an denen sie mit schottischer Zähigkeit hingen. Auf wissenschaftliche Bildung ihrer Geistlichen legten sie denselben Werth, aber einen viel grösseren als Jene auf freie Beredsamkeit, und sie haben v^ damit der hohen Entwickelung amerikanischer Kanzel- Beredsamkeit einen starken Impuls gegeben. In der Revolution waren sie für die mittleren Staaten, was die CongregationaHsten für Neu -England: die begeisterten Vorkämpfer für die Uebertragung des republikanischen Princips, das in ihrer Kirche längst verwirkHcht war, auf die politischen Einrichtungen. In den letztverflossenen 100 Jahren , die Zeugen so grosser und uner- warteter Verschiebungen in Grösse und Bedeutung der einzelnen Kirchen gewesen sind, hat von allen alten Kirchen die der Presbyterianer sich am kräftigsten entwickelt. Sie ist heute die drittmächtigste unter den , Kirchen der V.St. Ihre verschiedenen Zweige zählten 1876 849 519 Glieder. Die Ursache ihres gesunden Wachsthums ist vorzügHch darin zu suchen, 538 XIV. Die Kirche. dass sie in der für den Bestand der älteren Kirchen gefährlichen Zeit unmittelbar nach der Revolution die erste war, welche durch eine neue y Verfassung sich in die neuen Staatsformen zu passen suchte; sie stellte sich gleichzeitig mit Bewusstsein die Aufgabe der Missionsthätigkeit im W., wo sie grossen Anhang gefunden hat. Auch sie verdankt den Boden, den sie gewonnen, nicht weitherzigen Auffassungen, sondern dem Fest- halten an einmal angenommenen Satzungen. Damit kam sie einem grossen Bruchtheil des amerikanischen Volkes entgegen, einem einflussreichen und intelligenten , dem eine festgeschlossene conservative und consequente kirchliche Gemeinschaft um so mehr Bedürfniss ist, je weniger von diesen Eigenschaften im Staatswesen gefunden werden kann ^). An Zahl der Bekenner und der Kirchen, sowie an Besitz steht heute der Methodismus unter allen Sekten der V. St. in erster Reihe. Bei der ersen Conferenz (1784 Baltimore) hatte er 80 Prediger aufzuweisen, während ihm eine Schätzung, die von ihm selbst 1876 ausging, 26000 Prediger und 90 Mill. D. zuwies. 1877 hatte er 1 671 608 Glieder. Das Wachsthum der Sekte ist ohne Zweifel die hervorragendste Thatsache der Geschichte der amerikanischen Christenheit im verflossenen Jahrhundert. Man hat in ihr eine Erscheinung von ähnlicher Natur zu erkennen, wie sie in der Ablesung und dem raschen Wachsthum der Baptisten und anderer Sekten der Low Cliurch vorliegt. Ganz wie dort rief ein Appell an das Gefühl alle diejenigen zusammen, welche mit der nothwendig fortschreitenden Verstandesmässigkeit und wissenschaftlichen Ausbildung, kurz dem theo- logischen Charakter der älteren Kirchen sich nicht befreunden, keine Be- friedigung in ihr finden konnten. Der visionäre Charakter seiner älteren Prediger und noch vieler neueren, die Erweckungen, die Camp-Meetings (Zusammenkünfte in Wald oder Feld), das lowly preaching der Brüder, die . in den Conventikeln begeistert und begeisternd zu ihren Glaubens- genossen redeten, machten den Methodismus zu der Religion des Volkes. Er hat freilich sein Princip, dass Religion keine logische Ueberzeugung sei, ebensowenig festhalten können wie die Zurückweisung aller Theo- logie; indem er gross und reich geworden, hat der Methodismus seine Universitäten, seine Professoren, seine Presse, seine grossen, geschmückten Kirchen gefunden, auch höher gebildete Anhänger, welche etwas mannig- faltigere und gewürztere Nahrung verlangen als die grosse Menge. Aber 1) Eine Beziehung zwischen den Tendenzen zu streng zusammengeschlos- senen Gemeinschaften auf kirchlichem und zu Auflockerung aller Verhältnisse auf politischem Gebiet ist in Nord-Amerika öfters bemerkt worden. Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass mit dem Wachsen der Schwankung und Un- sicherheit im politischen Leben eine Zunahme der Neigung zu festen Grundlagen im kirchlichen Hand in Hand gehe. XIY. Die Kirche. 53^ noch immer ist er die Kirche der Massen. Seine Verbreitung lässt das klar erkennen. Die Baptisten sind die zweitzahlreichsten und mächtigsten unter den Sekten, welche gewissermassen den demokratischen Protest gegen die ^ aristokratischen Kirchen der Bischöflichen und der Congregationalisten darstellen. Sic zählte schon am Ende der Colonialzeit mehr Kirchen als die ersteren. Ihr Wachsthum hängt eng zusammen mit ihrer Lehre von dem allgemeinen Beruf zum Predigtamt, die den Bedürfnissen junger und \/ in der Wildniss und Armuth zerstreuter Gemeinden mehr entgegenkommt als die von Anderen festgehaltene Forderung höherer wissenschaftlicher Ausbildung der Geistlichen. Ebenso war ihr Bestehen auf der persönlichen Erfahrung der Ileilswahrheiten als einer Bedingnng der Zulassung in ihre Gemeinschaft ein Zug, der in seiner individualistischen Schärfe den Armen ^ und Einsamen vor allen zusagen musste. Den Baptisten fielen besonders in Neu-England zahlreiche Separatisten zu und sie sind so stetig gewachsen, dass sie heute die zweitbedeutendste christliche Sekte in den V. St. sind. Sie zählten 1876 1032 385 Bekenner, 13 779 Pfarrer und 22 924 Kirchen. Wenn auch eine Tochterkirche des Calvinismus, stehen sie doch mit ihrem Princip: Nur die Bibel ganz auf der Seite der volksthümlichen demokra- ^ tischen Sekten , wie denn die concreto Einfachheit ihres Glaubens und der breite Zug ihres Gemeindeaufbaues sie mit dem Methodismus zu der breitest wurzelnden der Sekten macht. Von den Kirchen, denen vorwiegend die Deutschen angehören, zerfällt die Lutherische in fünf Gruppen, von denen jede ihre eigenen Ver- sammlungen, Kassen u. s. w. hat: General Council (724 Geistliche, 201174 Communicanten), Synodische Conferenz (1079 G., 279 954 Comm.), Generalsynode des Südens (96 G., 14667 Comm.), Generalsynode des Nordens (794 G. , 116484 Comm.), Unabhängige Synoden (221 G., 43 253 Comm.). Nach dieser Aufzählung (die Brobsts liUtheran. Kalender, AUentown 1877, entnommen) zählt also diese Kirche 2914 Geistliche und 655532 Communicanten. Sie hat 16 Seminare mit 41 Professoren und gegen 600 Studirende, ausserdem 7 Seminare für Lehrerinnen, Für die lutherischen Gemeinden werden 74 religiöse Zeitschriften (davon 31 in deutscher Sprache) herausgegeben. Unter den milden Werken dieser Kirche sind die Einwanderermission und das Einwandererhaus in New York zu nennen. — Die Deutsche Reformirte Kirche nennt sich Beformed Church in the U. 8. und hat 680 Geistliche, 1368 Gemeinden und 287 978 Glieder. Die Mehrzahl ihrer Glieder ist englisch, wie aus den Veröffentlichungen hervorgeht, von welchen 7 englisch und 3 deutsch gedruckt sind. Die Römisch-Katholische Kirche ist nach dem Census von 1870 die vierte an Zahl der Gemeinden, aber die zweite an Grösse des 540 XIV. Die Kirche. Besitzes. 1776 schätzte man die Zahl ihrer Geistlichen auf 26 und die der Gemeinden auf etwa das Doppelte; ein öffentlicher Gottesdienst fand damals nur in Philadelphia statt. 1876 war die katholische Bevölkerung auf 6V2 Mill. mit 56 Bischöfen, 5358 Priestern, 5046 Kirchen und 3711 Bethäusern und Missionsstationen gestiegen. 1800 gab es bloss 1 , 1876 über 400 katholische Mädchenschulen. In derselben Zeit ist die Zahl der katholischen Collegien von 2 auf 64 gestiegen. Von 1855 bis 1871 hat ferner die Zahl der Klöster sich von 50 auf 225 ^) und die der katholischen Gesellschaftshäuser für Männer von 15 auf 95 erhöht. Man rechnet, dass jieute über ^/a dieser katholischen Bevölkerung und 80 von ihren Bischöfen ^irischer Abstammung sind. Dieses starke Wachsthum erklärt sich wahr- scheinlich fast ganz aus der Einwanderung Römisch - Katholischer , vor- züglich aus Irland und Süd -Deutschland. Die Zahl der Proselyten, die diese Kirche hier macht, wird dagegen wohl aufgewogen von den Verlusten, die sie vorwiegend durch die sehr thätigen Missionen der Low Church- Sekten erleidet. Die Thatsache, dass ihre Bekenner in einigen grösseren Städten wie New York , Cincinnati , New Orleans u. a. sehr compakt beisammensitzen, gibt ihr den Schein grösserer Bedeutung als sie in Wirklichkeit besitzt. Ohne Zweifel hat der Katholicismus hier eine sehr grosse Fähigkeit zur Ausnützung der Vortheile gezeigt, welche ihm in einem Lande geboten sind, wo keine Schranken der Staatsgewalt seine Aussichten beschränken, und an Eifer und materiellem Wachsthum hat ihn keine von den protestantischen Sekten übertroffen. Er hat sich klug im Hintergrunde zu halten gewusst, bis er durch die Annexion vorwiegend katholischer Bevölkerungen in Louisiana und Florida und durch die starke katholische Einwanderung sich gekräftigt fühlte. Das Jahr 1840 bezeichnet /Seinen Eintritt in den politischen Kampf, und das Ziel, das er damals mit seiner Forderung der Entfernung der Bibel aus den Volksschulen im Sinne hatte, nämlich die Umformung der weltlichen Volksschulen in con- fessionelle Anstalten, ist er seitdem nicht müde geworden zu verfolgen. Aber seine Agitationen hatten bis heute keinen Erfolg und haben den Anderen noch keinen Schrecken einzujagen vermocht trotz der Alarmrufe, die über die wachsende Ausbreitung des Katholicismus dann und wann ausgestossen worden sind. Man muss indessen gestehen, dass eine so grosse und fest zusammengehaltene Macht wie die katholische Kirche zu einer Zeit von erheblicher politischer Bedeutung werden könnte und dies um so mehr, als der Protestantismus sich durch Sektirerei immer mehr zersplittert und jene dem unruhigen religiösen Bedürfniss und der Phan- 1) Ende 1878 ging eine Notiz durch die amerikanischen Blätter, dass ein drittes Trappisten - Kloster in den V. St. und zwar im vv. Pennsylvanien in Gründung begriffen sei. Zwei ältere bestehen in New Haven Ky. und New Meileray lo. XIV. Die Kirche. 541 tasie vorzüglich der hier so einflussreichen Frauen in höherem Masse entgegenkommt *). Die Zahl der Juden in den V. St. ist sehr verschieden geschätzt worden. Wir haben oben die Censuszahl von 1870 gegeben. Eine neuere und wahrscheinlich zutreffendere Schätzung, die der Board of Delegates of American Israelües 1877 anstellte, ergab als wahrscheinlichste Zahl 3rX)000. Die Zunahme ihrer Synagogen und ihres Kirchenvermögens seit 5850 ist erstaunlich. Schon 1870 zählte man 152 Gotteshäuser und 1,1 Mill. Vermögen gegen 36 und 0,4 Mill. in 1850. 1877 wurden von der genannten Vereinigung 300 Gemeinden gezählt. Ihre weitaus grösste Zahl ca. 500(X) wohnt in New York. Für die Heranbildung der Rabbiner haben sie 2 Schulen in New York und Cincinnati. 1) Diesen Befürchtungen gegenüber ist hervorzuheben, dass die Katholiken selbst nicht immer so hoffnungsvoll sind, wie sie sein müssten, wenn jene be- gründet wären. Die Stimmen hoher Kirchenfürsten dürften hier entscheidend sein. Zu einem irischen Missionar sagte der Bischof von Charleston 1851 : „Ihr würdet der Religion einen Dienst leisten, wenn Ihr nach Euerer Rückkehr von Kirch- spiel zu Kirchspiel ginget und dem Volke sagtet, dass es nicht seine unsterbliche Seele verlieren möge, indem es hierherkomme". Und zur selben Zeit der Erz- bischof von New York: „Das Volk in Irland versteht nicht die Lage der Aus- wanderer. Tausende gehen in den grossen Städten verloren und auf dem Lande ist der Glaube in Vielen ausgestorben". Noch 1870 klagte der Erzbischof von Cincinnati darüber, dass die katholische Kirche Hunderte von Deutschen verliere, welche deutsche protestantische Predigt der englischen katholischen vorziehen. Vgl. Barnum, Romanism in the U. S. 1876. XV. Das geistige Leben. I. Hemmungen und Förderungen. Der coloniale Typus des geistigen Lebens 542. Nothwendige Mängel 543. Vorzüge 545. Begabung 546. — IL D i e Unterrichtsanstalten. Der Lerntrieb bezeichnend für die Nordameri- kaner 546. Aufwand für die Schulen 548. Staatliche Fürsorge 550. Die Volks- schule 551. Der Lehrerstand 553. Die Mittelschulen und Colleges 554. Die Fachschulen 557. Die Bibliotheken 559. Oeff. Vorträge 559. — IIL Die Wissenschaftspflege. Werth der amerikanischen Wissenschaft 561. Ihre Entwickelung 562. B. Franklin 563. Rittenhaus 563. Die Surveys 565. Die Naturwissenschaften 567. Die Medicin 568. Andere Wissenschaften 568. Wissen- schaftliche Körperschaften 569. — IV. Literatur. Abhängigkeit von der eng- lischen 572. Eigenthümlichkeiten 573. Dichter 574. Geschichtschreiber, Redner u.a. 575. — V. Kunst. Malerei 580. Baukunst 582. Bildhauerei 583. Musik 583. Theater 583. — VL Die Presse 584. I. Hemmungen und Förderungen des geistigen Lebens. Im geistigen Leben der Nordamerikaner hat lange das Lehren es über das Forschen, das Aufnehmen und Anwenden über das Selbstschaffen davongetragen ; es hat so viel nach innen wirken müssen, sah sich so viel Zwecke von praktischer Bedeutung nahe vor Augen gesetzt, dass Zeit und Lust verloren ging zu grossen Leistungen in Kunst und Wissenschaft, die ihren Zweck in ihrer eigenen möglichsten Vollendung sehen. Es fehlte auch der befruch- tende Verkehr der Geister in unseren Bildungsmittelpunkten und es fehlten diese Mittelpunkte selbst. Uns alten Völkern, die wir nicht wissen, wie es um uns stand, als wir im Werden waren, ist solche Unfruchtbarkeit um so befremdlicher, als die Leistungen dieses Volkes in Staat und Gesellschaft, in Industrie und Handel, sein Reichthum, seine bei allem raschen Wachsthum sehr schwer wiegende Bedeutung uns gern vergessen lassen, wie jung es ist. Aber gerade hier ist dies nicht zu übersehen. Wenn auch politisch und wirth- schaftlich selbständig, sind die Nordamerikaner doch in den geistigen Beziehungen noch Colonialvolk. Die Merkmale eines solchen hat XV. Das geistige Lebeü. 54^ W. Röscher am treffendsten gezeichnet^): Aus dem üppigen mate- riellen Wachsthum geht eine hohe geistige Bedeutsamkeit hervor, aber dieselbe wird in ganz besondere Richtungen getrieben. Der Erfindungsgeist wird vor allem entwickelt (vgl. o. S. 269, 320 u. S. 363), und da dem Einzelmenschen eine fast erdrückend grosse Selbständigkeit aufgenöthigt wird , richtet sich sein Denken auf praktische Gegenstände fast ausschliesslich : Alles günstige Be- dingungen für die Pflege der technischen Künste. Die geschicht- lichen Fäden sind zerrissen, der Boden, auf dem man lebt, ist ohne Tradition. Kein Wunder, wenn die Poesie der Oertliehkeiten beim Nordamerikaner weniger stark ist als bei uns eingewurzelten Exi- stenzen. Es fehlen also viele von den Grundbedingungen, welche unserer Gemüthlichkeit zu Grunde liegen, und man muss allerdings, wohl oder übel, die Wahrheit der Phrase anerkennen, mit der man von duseligen Deutschamerikanern fast todtgefüttert wird: Die Amerikaner haben nicht einmal ein W^ort für „gemüthlich" in ihrer Sprache, wie könnten sie die Sache haben! Dass sich aber dieser Mangel nicht auf das Naturgefühl erstreckt, haben wir schon einmal stark hervorgehoben (s. o. S. 50). Dagegen wird man sich nicht viel historischen Sinn vermuthen und damit ist man ganz auf dem richtigen Weg. Es wäre nicht zu begreifen, woher er kommen und wo er Wurzel fassen sollte. H. Martineau nennt einmal mit Bezug auf staatliche Einrichtung die Verwirklichung des noch nicht Dagewesenen und für uns sogar Unwahrscheinlichen die grosse geschichtliche Aufgabe der V. St. Sie trifft damit ganz das Richtige. Die V. St. sind mit allem, was sie von der Cultur der Alten Welt ererbt haben, etwas nie Dagewesenes. Eine Republik fast so gross wie Europa und mit 45 Millionen aus allen Enden der Erde zu- sammengewürfelter Bewohner ist an und für sich ein Ding, das schnurstracks den Lehren der Schule zuwiderläuft. So sind es die meisten Einrichtungen des staatlichen, religiösen, materiellen, geistigen Lebens, Ein Geist der Neuerung ist beständig an der Arbeit, er ist ganz unhistorisch, völlig rational. Dürfen wir es anders erwarten ? Aber er ist an und für sich nicht unvereinbar mit dem geistigen \^ 1) Coloiiieii, Colouialpolitik u. Auswanderung, Berlin 1856, Abth. I. Cap. V. 544 XV. Das geistige Leben. Schaifen. Im Gegentheil , er zeigt sich fruchtbar in zahllosen Neuerungen, die manchmal Zeugniss ablegen von hohem idealen Schwung. Ist nicht die innere Ausgestaltung des grossen Freistaates mindestens in den ersten 60 Jahren seiner Existenz, vor der Zeit der grossen politischen Corruption, eine grosse ideale That? Und ist es minder die Befreiung der Sklaven? Es würde falsch sein, dem Amerikaner Mangel an Begeisterung vorzuwerfen; er ist ihrer in vielen Beziehungen in höherem Grade ftlliig als z. B. der kritischere, reflektivere Deutsche. Wir sehen, dass diese colonialen Eigenthümlichkeiten nicht an und für sich dem geistigen Leben und Schaffen hinderlich sind. Sie leiten es nur in etwas andere Bahnen als bei älteren Völkern. Grossentlieils schädlich muss dagegen eine weitere Thatsache wirken, die ebenfalls innig zu- sammenhängt mit der colonialen Entwickelungsstufe. Es ist die Jagd nach Geld, welche den Sinn vieler Hochbegabter abwendig macht von der Verfolgung rein idealer Ziele auf geistigem Gebiete. In dieser Hinsicht erhält man das Hecht, von einem weitverbreiteten ^Mangel an Idealität zu sprechen , den übrigens Niemand leugnet, der die Amerikaner kennt. Er liegt nicht in ihrer Natur, aber in ^^hren Verhältnissen. Ich habe sogar L. Agassiz, der sonst so viel von den Bürgern seines Adoptiv -Vaterlandes hielt, diesen Fehler bitter tadeln hören. Sogar in die Studien trägt man den kauf- männischen Geist, von dessen weiter Verbreitung schon gesprochen wurde (s. S. 456). Es gibt noch viel zu Wenige, die bloss studiren um zu wissen, nicht um zu erwerben. Die geräuschvolle, haschende, kurzathmige Lebens- und Thätigkeitsart kann der stillen Arbeit- des Geistes nicht förderlich sein. Wenn neunundneunzig Procent einer Bevölkerung von einem Wirbel erfasst sind, der sie rastlos herumtreibt, wird es dem Hundertsten selten vergönnt sein, sich y die Sammlung zu bewahren, in der sich Gedanken schöpfen und wissenschaftliche Probleme ausspinnen lassen, auch wenn er am Ufer stehen bleibt. Wer das amerikanische Leben mitgemacht hat, wird eher geneigt sein, sich zu wundern über die grosse Zahl der- jenigen, die Kraft gehabt haben, den Lockungen materieller Lebens- ziele nicht zu folgen, und entschlossen sind, vom Geräusch des dortigen Lebens sich nicht stören zu lassen. Die Zahl der feiner XV. Bas geistige Leben. 545 Empfindenden ist im Wachsen, aber ihr Einfluss auf die Klärung der geistigen Atmosphäre ist bis jetzt noch ein sehr geringer. — Dass diese Geldsucht, die so schädlich solange sie dauert, mit einem Theile dessen, was sie zusammengetragen, den Wissenschafton und Künsten wieder zu Nutzen wird, mildert nur wenig den Schaden, den sie dem Geiste des Volkes zufügt. Zwar macht der R.eich- t h u m der Nordamerikaner sich bereits auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft dadurch geltend, dass prächtige Sammlungen an- gelegt werden, deren Benützung aber leider immer nur eine sehr beschränkte ist und die oft schlecht unterhalten werden'). Die besten Bilder moderner Maler wandern nach Nord -Amerika, die Einfuhr alter kunstgewerblicher Gegenstände ist bereits sehr er- heblich, die Resultate ganzer wichtiger Ausgrabungsunternehmungen, wie z. B. die Cesnola's auf Cypern, sind bereits in New York vereiijigt. Musiker und Maler heimsen dort die reichsten Ernten ein. Die einheimische Kunst und Kunstindustrie sind vollauf beschäftigt und die Vorliebe für monumentale Bauten 2) gibt besonders den Bau- meistern reichliche Gelegenheit zur Entfaltung ihrer Kunst. Nicht weniger empfindet die schöne Literatur diese Förderung, die Werke populärer Dichter erfahren eine ungemein weite Verbreitung, sie haben nicht über Vernachlässigung zu klagen. Trägt das auch oft mehr den Stempel der Protzenmunificenz als den eines feinsinnigen und verständnissvollen Mäcenatenthums , so nützt er doch. Nach allen Anzeichen ist es die Förderung derjenigen Zweige geistigen Schaffens, die mehr auf Reproduktion, Ausbreitung, Massenher- 1) Es gab eine Zeit, in der der wissenschaftliche Luxus eben so primitiv war wie der künstlerische. Daraals waren die Museen Raritätencabinete. Einige Krystalldrusen , Mammuthknochen , die man in beliebiger Menge haben kann, indianische Waffen und Trachten, Büffelfelle, ausgestopfte Vögel und in Spiritus gesetzte Schlangen, Wachsstatuen Washington's und Jackson's, schlechte Stiche nationaler und lokaler Berühmtheiten setzten ein solches Museum zusammen, (S. M. Chevalier's Beschreibung des Museums von Cincinnati im Jahr 1835 in '^ Lettres de FAm. I. 316.; 2) Der Wunsch monumentale Bauten zu errichten hat sich mit der Zeit geradezu zur Leidenschaft gesteigert und von vielen Seiten wird geklagt, dass die reichen Stiftungen zu Unterrichts- und Forschungszwecken in der Regel zur , Hälfte oder noch mehr von den Baukosten verschlungen werden. (Vgl. Lyell, ^ Travels 1845. I. 110.) Ratzel, Amerika II. ok 546 X^- I^^s geistige Leben. Stellung ausgehen, also der Unterrichtsmittel und -anstalten aller Art, der Architektur und des Kunstgewerbes, was als nächste und bedeutendste Frucht des goldenen Thaues sich zeigen wird. Die congeniale Atmosphäre für höchste Schöpfungen des Genies kann dieselbe natürlich nicht erzeugen, doch vermag sie durch Ver- feinerung der Sitten und des Geschmackes mit auf die Herbei- führung derselben hinzuwirken. Wie steht es aber mit dem, was die Grundbedingung ist einer fruchtbaren Wirksamkeit aller dieser begünstigenden Faktoren, mit der Begabung? Die Antwort ist in den folgenden Ausführungen zu suchen. Hier ist so viel vorauszuschicken, dass die Nordameri- kaner als Sprösslinge der begabtesten Völker Europas nach den Gesetzen der Vererbung mindestens ebenso begabt sein werden wie ihre altweltlichen Vorfahren. Es könnten aber die Lebensverhält- nisse, unter denen sie sich seitdem befunden, einen hindernden oder fördernden Einfluss auf die Entfaltung dieses Erbtheils gewirkt haben. In dieser Beziehung ist Folgendes zu bemerken: Es sind immer die Unternehmenderen, Intelligenteren, die politisch, religiös oder wirthschaftlich Regsamsten und Denkendsten gewesen, die aus- wanderten. Man kann also eher erwarten, dass durch diese unwill- ^ kür liehe Auswahl eine Steigerung des Grades der Begabung statt- gefunden habe, als eine Minderung. Dasselbe lässt sich von der Mischung angelsächsischen, deutschen, keltischen, romanischen Blutes erwarten. Dass der Einfluss der Naturumgebung und der Lebens- bedingungen mindestens kein ungünstiger war, ist bereits nach- gewiesen (s. 0. S. 45 f.). Die körperliche wie geistige Constitution des Nordamerikaners ist im Vergleich zu der der Europäer eine verfeinerte und beweglichere. Er selbst hält sich für viel intelli- genter. Die Leistungen haben zu zeigen, was wahr daran ist. So viel ist zuzugeben, dass er rascher denkt und handelt als der germa- ^ nische Europäer, dass er mit Phantasie reich begabt ist und dass in sehr geringem Grade seine geistige Thätigkeit Hemmung erfährt durch die sinnliche Seite seiner Natur. IL Die Unterrichtsanstalten. Der Nordamerikaner ist ganz vor- züglich ein lernender und zwar ein viel lernender Mensch. Sein offener Sinn lässt ihn auf Schritt und Tritt den Werth der Kenntnisse für das XV, Das geistige Leben. 547 praktische Leben richtig erkennen. Von Natur regsam, im reichen öffent- lichen Leben tagtäglich zum Denken angeregt, wird sein Geist von einer Menge von Eindrücken bestürmt. Er ist aber zugleich von den besten Gelegenheiten umgeben, denselben zu nähren und zu bilden: Unentgeld- ^y^ liehe Schulen und Bibliotheken, billige Bücher und Zeitungen, die sich ihm geradezu aufdrängen, Vorträge über alles, leichtere Möglichkeit des Um- ganges mit Höhergebildeten kommen seinen Wünschen entgegen. Das ganze Leben fordert mehr als in der Alten Welt und bietet aber auch mehr. Sogar der Staat nimmt sich des Unterrichtes mit Kraft an, selbst die Bundesregirung hat gewagt, eine der allgemeinen Angelegenheiten in ihm zu erblicken, auf die sie ihre Sorge erstrecken darf. Der Elementar- unterricht ist überall umsonst zu haben und zum höheren ist der Zutritt leicht. Einige Staaten haben sogar den Schulzwang eingeführt. Man hat die Nordamerikaner als den Typus eines Volkes bezeichnet, bei dem die Unwissenheit der grossen Masse gering und dafür die Leute von hoher und verfeinerter Bildung verhältnissmässig selten sind, wo also ein möglichst gleichmässiges Niveau erreicht ist , was das Wissen betrifft *). In der Berechtigung dieser Charakterisirung, die man zugeben muss, liegt der beste Beleg für die grosse Rolle des Unterrichtes in diesem Volke und gleichzeitig ein Zeugniss für seine Erfolge. Aber es würde nicht dem regen, selbstthätigen Charakter des Amerikaners entsprechen, das was er wissen will, bloss in der Schule zu suchen. Er glaubt ebenso- viel ausserhalb derselben lernen zu können wie in ihr, und dementsprechend wird ihm auch vielerlei geboten. Fortbildungsschulen jeder Art, Vor- lesungen und eine grosse Masse von populärer Literatur kommt seinem Trieb entgegen. Dafür sind aber regelmässige Bildungsgänge, die von den Elementen bis hinauf zu den höchsten Wissenschaften die Schulen durchmachen, seltener. So vorzüglich daher die Leistungen der Volks- schule, so lückenhaft sind grossentheils diejenigen der höheren Unterrichts- anstalten. Natürlich spielt dabei eine Rolle die Schwierigkeit, diese mit den Kräften zu besetzen, welche geeignet sind, die höheren Unterrichts- zwecke zu fördern. Nun ist zwar der Nordamerikaner das beste Material zu einem Seifmade Man und ist das öffentliche Leben der V. St. ein Boden, auf dem solche kräftigen Pflanzen gut gedeihen, aber dennoch schlägt die Erkenntniss durch, dass auch der höhere Unterricht eine nicht zu verachtende Mitgabe fürs Leben sei und dass er aber auch sorg- fältig gepflegt sein wolle. Diese Einsicht ist in den älteren Staaten ver- hältnissmässig leicht zu gewinnen, da es hier gute höhere Schulen gibt, die in einigen vortrefflichen Beispielen sogar fast an unsere Hochschulen heranreichen. Aber in den jüngeren Landestheilen ist dies noch nicht 1) H. Th. Bukle, Gesch. d. Civihsation in England. (L Cap. V.) 35 548 XV. Das geistige Leben. erreicht und hier ist die Schätzung einer wirklich gediegenen Bildung noch weit zurück und ihre Erlangung ist keineswegs leicht. Aber die Fürsorge für die Schulen ist auch hier eine achtunggebietende: Es ist überall für die Dotation derselben eine gleiche Grundlage geschaffen durch die Zuweisung für Schulzwecke seitens des Bundes von 1 Sektion (GIO A.) Land an jede Township. Es sind auf diese Weise ca. 12 Mill. A. für diesen guten Zweck bei Seite gesetzt und hat dadurch jeder Staat bzw. Territorium von vornherein einen Schulfonds, in den dazu noch Stiftungen u. a. Zuweisungen fliessen. Später sind noch andere Schenkungen von Seiten des Bundes zum Besten des technischen Unterrichtes gemacht worden*). Die Einzelstaaten und Gemeinden ihrerseits haben jedoch den grössten Theil des Aufwandes, den sie für Unterrichtszwecke machen, durch Steuern zu decken (s. o. S. 509) und die Opfer, die von den Staaten, Gemeinden und Privaten für Schulsachen gebracht werden, sind beträcht- lich. So wurden im Staat New York 1877 7,9 Mill. D. für Lehrerbesol- dungen und 1,4 Mill. für Instandhaltung der Schulhäuser u. s. f. aus- gegeben. Die Zahl der Schulhäuser betrug 11833, der Lehrer 49 898, der Schüler 1146 914, der Personen zwischen 5 — 21 Jahren 1586 234. Es besuchten also von diesen letzteren 65 Proc. die Schulen. In Privat- schulen waren 11 Proc. der schulbesuchenden Kinder. In Massachusetts gab es 1876/77 5556 Volksschulen (staatl.) mit 7544 weiblichen und 1176 männlichen Lehrern und 307 832 Schülern, ausserdem 216 Mittel- schulen (High Schools) mit 19160 Seh., 92 Abendschulen mit 5305 Seh., 44 Academies mit 3939 Seh. und 285 Privatschulen mit 15 228 Seh. Die Gesammtkosten des Unterrichtes sind auf 5,6 Mill. D. zu schätzen, also 3,4 Doli. p. Kopf der Bevölkerung. Ohio zahlte 1876/77 für seine Staats- schulen 8 Mill. D., beschäftigte 23 003 Lehrer, baute 490 neue Schulhäuser und schätzte den Gesammtwerth der Staatsschulen auf 21,1 Mill. D. Wis- 1) Der Congress genehmigte am 2. Juli 1862, dass jedem Staat ein Theil ■ des in seine Grenzen fallenden Oeffentlichen Landes übergeben werden solle zu dem Zweck, mit dem Ertrage desselben Anstalten für den Unterricht in y/jickerbau und Industrie zu gründen oder zu unterstützen. Die Staaten sollten nach der Zahl ihrer Vertreter bedacht werden und zwar nach dem Massstab, dass für jeden Senator oder Kepräsentanten einem Staate 30 000 A. zuzuweisen seien. Von den Erträgnissen sollte nichts auf Gebäulichkeiten irgend welcher Art, sondern alles nur auf die innere Ausstattung der Schule verwandt und es sollte die letztere innerhalb 5 Jahren nach Erlass dieses Gesetzes begründet sein. Unter anderen technischen und Ackerbauschulen wurden unter diesem Gesetz gegründet oder erheblich erweitert : Cornell University in Ithaka N. Y., Sheffield Scientific School in New Haven Conn., Delaware State College in Newark Del., Illinois Industrial University in Urbana Hl, Massachusetts Institute of Technology in Boston und Massachusetts Agricultural College in Amherst, University of Wisconsin in Madison Wisc. XV. Das geistige Leben. 549 consin gab 1876 2,1 Mill. D. für seine Schulen aus, Californien 2,7 Mill. Man kann sagen, dass in den n. und w. Staaten durchschnittlich 3—4 D. p. Kopf der Bevölkerung für Staatsschulen ausgegeben werden. Aus dem S. liegen wenig neuere Zahlen über die Schulausgaben vor, doch leiden dieselben ohne Zweifel wie alle anderen Verpflichtungen des Staates unter der schlechten Finanzlage. Dazu kommt die Last, welche der Unterricht der Farbigen diesen Staaten aufbürdet. Im Vergleich zu diesen Schwie- rigkeiten sind ihre Bemühungen für den Volksunterricht höchst achtungs- werth. S. Carolina, einer der bedrängtesten von diesen Staaten, machte Nov. 1877 einen Zusatz zur Verfassung, durch welchen eine Steuer von Vi 000 auf jeden D. steuerbaren Besitzes für Schulzwecke erhoben werden sollte. Dieser Zusatz wurde mit 169 000 gegen 7000 Stimmen genehmigt. Es wird damit eine Summe von 350 000 D. jährlich flüssig gemacht. Hier war freilicli Hülfe nöthig, denn von der schulfähigen weissen Bevölkerung des Staates (84000) besuchten 46000 und von der der farbigen (144000) 57 000 die Schule. Dabei waren die Schulen durchschnittlich nur 3 Monate im Jahre offen. In Alabama ist ebenfalls 1877 das Volksschulwesen neu geordnet worden. Hier ist ausser kleineren Zuweisungen eine Kopfsteuer von 1,5 D. auf jeden männlichen Einwohner von 21 — 45 Jahren gelegt, die an die Counties für Schulzwecke vertheilt wird. Es wurde ein Super- intendent des Schulwesens für den ganzen Staat, entsprechende Beamte für jede County gewählt. In allen Südstaaten sind die Schulen für Weisse und Farbige selbstverständlich getrennt und selbst der Ertrag der Kopf- steuern wird in Alabama gesondert an beide Rassen vertheilt. Die Fürsorge für das Schulwesen hat im Allgemeinen seine erste Grund- lage in der local responsihiUty der einzelnen Gemeinden, so wie sie in dem neuengländischen Township-System verstanden wird. Man betrachtete es als natürlich, dass jede Gemeinde für den Unterricht ihrer Jugend in der gebührenden Zahl von Schulen Sorge trage. Die Aufbringung der Kosten, der Bau der Schulhäuser, die Wahl des Lehrers und der Schulbücher und alles Aehnliche war der Gemeinde vorbehalten, welche Schulen er- richtete. Aber der Staat verlangte von jeder Gemeinde, dass sie dies thue. Der grosse Vortheil dieses Systems war die Erweckung einer grossen Theilnahme, aber auf der anderen Seite war es natürlich nur im Stande sehr ungleichartige Anstalten zu schaffen. Während in reicheren und älteren Gemeinden Schulen in grosser Zahl entstanden, blieben ärmere Gemeinden ohne dieselben und das vorzüglich in jener weiten Zone der jungen vorrückenden Cultur. Diese Ungleichheit rief der Staatshülfe, welche auf anderen Gebieten mit Eifersucht zurückgewiesen, hier aber mit Eifer gesucht wurde. Das Gefühl für die Nothwendigkeit des Unterrichts womöglich aller Bürger konnte nicht fehlen in demokratischen Ge- meinwesen wi« diese, wo Alle ihren Antheil an (ier politischen Verant- 550 XV. Das geistige Leben. wortlichkeit haben *). Aus diesem Gefühl heraus und ferner aus der Erkenntniss des Nutzens, welchen jedem Einzelnen der Unterricht in der Verfolgung seiner Lebensziele bietet, widmeten die Staaten der Volks- schule steigende Beachtung. Es wurden Schulfonds, Erziehungsämter, Schulinspektionen gegründet. Die Fürsorge und Oberaufsicht der Unter- richtsangelegenheiten blieb immer Sache des Staates. Der Bund griff in dieselben nur durch seine Landschenkungen und seit 1867 auch dadurch ein, dass er es unternahm, durch ein Board ofEducation eine berathende Behörde einzusetzen, die zugleich die Statistik des Unterrichtes zu be- sorgen hat. Bis 1870 hatte der Congress 79,5 Mill. A. (124000 e.Q.M.) für Schulzwecke gegeben. (Adams, Free Shools 1874. 59.) Zu weiterem Eingreifen besteht keine Lust und sind noch 1871 und 72 Anträge auf Einführung eines gemeinsamen Systems des öffentlichen Unterrichts und Gründung eines Bundes-Schulfonds im Congress entschieden abgelehnt worden. Das Mass der Theilnahme des Staates an dem Unterricht seiner künftigen Bürger ist ein sehr verschiedenes. Unter allen Umständen stellt er das Unterrichtssystem fest, bildet die Schulbezirke und bestimmt das schulpflichtige Alter. Während in den älteren Staaten, vorzüglich denen Neu-Englands, vielfach der Grundsatz befolgt wird, dass der Staat bloss für die ersten und einfachsten geistigen Bedürfnisse des Volkes zu sorgen und keineswegs das Recht habe, darüber hinauszugehen, sind von den /jungen Staaten des Westens sogar die höchsten Unterrichtsanstalten ge- gründet und unterhalten*). 1) Schulzwang besteht jetzt in den Neuengland - Staaten , New York , New Jersey, Michigan, Texas, Nevada und Californien. Aber er scheint nicht recht ernst durchgeführt. 1870 war Vß der über 10 Jahre alten Bevölkerung des Lesens und Schreibens unkundig. In Georgia waren 56, in Maine 4 Proc, dieser Be- völkerung auf dieser Stufe. Wo Schulzwang ist, sollen die Wähler lesen können ; aber 1870 konnte Vs der Stimmfähigen nicht lesen. Missouri war bis 1877 der einzige von den früheren Sklavenstaaten, in welchem diese Forderung auch an die farbigen Wähler gestellt ist. Leider wurde vom Bunde bei der politischen Berechtigung der Farbigen die Abhängigmachung der Ausübung der politischen Rechte von den elementarsten Kenntnissen vom Congress nicht beliebt. Eben- sowenig ging derselbe auf den zu öfteren Malen von farbigen Repräsentanten gestellten Antrag ein, für den Unterricht der farbigen Bevölkerung des S. Fonds in Gestalt von Landschenkungen, ähnlich denen in den Weststaaten, zu schaffen. 2) Ein gutes Beispiel dieser spontanen Entwickelung gibt die Geschichte des Educationcd Board der Stadt New York , der heute ca. 500 Schulen ver- waltet. Bis 1795 waren alle Schulen im Staate New York Unternehmungen von Privatleuten oder von Körperschaften, am öftesten natürhch von Kirchen; in diesem Jahre aber bewilligte die Legislatur zum ersten Male 50 000 D. für Schulzwecke und zehn Jahre später wurde für dieselben Zwecke der Ertrag aus dem allmählichen Verkauf von 500 000 A. Staatsländereien bestimmt. Zu XV. Das geistige Leben. 551 In den Volksschulen (Public Schools) ist der Lehrgang folgender: In den Kinderschulen (Primary Schools), die unseren einfachen Volks- schulen entsprechen, ist der Unterricht in sechs halbjährige Abschnitte getheilt ; schon im dritten Halbjahre beginnt das Kopfrechnen, im sechsten sollen sie die vier Species vollkommen kennen, fangen Geographie an, werden die Masse und Gewichte gelehrt und wie mit denselben zu han- tiren. Dieser ganze Unterricht geht überhaupt klar darauf aus, die praktisch nothwendigsten Dinge möglichst einzuprägen, wie denn z. B. im letzten Halbjahre jeder Schüler unter jede Seite, die er mit seinen Schreibübungen füllt, seinen Namen zu setzen hat und wie in dem Lehr- plane für die drei letzten Halbjahre die Einübung dieser Unterschrift und des Ortes und Datums immer wieder besonders aufgeführt ist. Der An- schauungsunterricht erfreut sich in diesen Schulen einer hervorragenden Pflege. Zimmerturnen ist vorgeschrieben und eine Classe soll nicht über 75 Schüler umfassen. Die Knaben- und Mädchenabtheiluugen, die nach dieser einfachen Volksschule folgen und Grammatikschulen (Grammar Schools) genannt werden, haben ihren Lehrgang in acht halbjährige Abschnitte getheilt und stehen nach ihren Zielen und Leistungen etwa zwischen unseren erwei- terten Volksschulen und höheren Bürgerschulen. Sie fügen in den ersten zwei Jahren den elementaren Fächern das Bruchrechnen, die Geographie v- von Nord- Amerika und Anfänge der Naturgeschichte zu, so dass sie in dieser Zeit das erreichen, was unsere besseren Volksschulen vor sich zu bringen pflegen, gehen dann zur englischen Grammatik, Vaterlands- geschichte, angewandtem Rechnen, Physik über, rühren in den zwei letzten Halbjahren auch an Astronomie, Chemie, physikalische Geographie und ^ lehren noch die Verfassung der V. St., einiges aus der allgemeinen Ge- schichte und Buchführung kennen ; in der Mathematik kommen sie zu den einfachen Gleichungen und zu den Anfangsgründen der ebenen Geo- metrie. In den Mädchenabtheilungen darf daneben auch Nähen gelehrt dieser Zeit entstanden in der Stadt New York verschiedene Gesellschaften , die sich die Erziehung der Armen, der Farbigen u. dgl. vorsetzten, wie denn schon 1787 eine Schule für Farbige, 1802 eine Mädchenschule für Arme, später zahl- reiche Kinderschulen auf diesem Wege gegründet wurden, und unter ihnen wurde der Freie Schulverdn, später Volksschulverein der Stadt New York, durch tüchtige Leitung und rege Thätigkeit so bedeutsam, dass er bald zu einer Art obersten Schulbehörde wurde, in deren Hände Staat und Stadt die Mittel nieder- legten, mit denen er dann Schulen schuf und erhielt. Erst 1842, nachdem dieser Verein sein hohes Amt 37 Jahre zur Zufriedenheit der Bürger verwaltet hatte, wurde ein amtlicher Erziehungsrath bestellt, der 11 Jahre neben jenem arbeitete, bis beide sich vereinigten; bei dieser Gelegenheit gab der erstere ein Capital von GOO 000 D. in die Kasse. Er hatte in den 49 Jahren seines Bestehens weit über einer halben MiUion Kinder zu Unterricht und Erziehung verholfen. 552 XV. Das geistige Leben. werden. Dort wo eine nicht- englische Bevölkerung in grösserer Zahl vertreten ist, wie z. B. im W. die deutsche, kommt häufig noch deren Sprache als obligatorischer Lehrgegenstand hinzu. — Man sieht, dass eine grosse Menge von Gegenständen gelehrt wird. Es ist diese Mannigfaltigkeit dadurch möglich, dass man auf Gründlichkeit im Ein- zelnen verzichtet und soviel wie möglich sich auf das Lehrbuch verlässt, welches womöglich ganz auswendig gelernt wird. Diese Methode ist den deutschen Lehrern ein Gräuel, und auch in Amerika findet sie genug Widerspruch. Im Bericht des Board of Education für 1875 heisst es: „Die Schüler lernen bis zum Ueberfluss auswendig, aber sie studiren nicht genug. . . Die Schüler gehen in die Schule, um Aufgaben herzusagen, und die Lehrer, um dieses Hersagen anzuhören." Auf der anderen Seite fehlt es nicht an Verfechtern, die ihr eine tiefe Begründung in dem Charakter und den Bedürfnissen des Amerikaners zumessen. Sie bezeichnen als das amerikanische Princip des Unterrichtes, dass der Zweck desselben nicht so sehr in dem zu suchen sei, was er für den Schüler leiste, als in dem, wozu er denselben befähige. „Je eher wir den Knaben dazu bringen, dass er seinen Bildungsgang selbständig verfolge, desto bälder mögen wir ihn aus der Schule entlassen; darum ist der Hochschulunter- richt in unserem Lande weniger verbreitet als in Europa. Die gedruckte Seite ist das Mittel, und die Fähigkeit dieselbe zu lesen und zu ver- stehen die Vorbereitung zum Eintritt in das Reich des Geistes. Wir geben dem Schüler den Vortheil einer beständigen Selbsterziehung. Mit diesem Grundstock kann er seine schlummernden Kräfte ins Endlose entfalten. Daher wird die Bibliothek bei uns, was die Universität vor Alters war. Der Stolz Amerikas sind seine selbstgebildeten Männer. So gross die Uebelstände des Lehrbuchsystems sein mögen, so wenig sind sie zu ver- gleichen mit denen der mündlichen Methode. Nach Selbstbestimmung streben wir in unseren Schulen, nicht bloss in den theoretischen Dingen, sondern auch in der Sphäre des Willens" *). Man muss übrigens dabei auch die Eigenthümlichkeiten der Schüler und Lehrer mit in Betracht ziehen. Jene machen den Stoff, der dem Lehrer in die Hand gegeben wird, zu einem von einer deutschen Schuljugend sehr verschiedenen. In den unteren Abtheilungen sind Kinder der verschiedensten Altersstufen vereinigt, da nur das grössere oder geringere Interesse der Eltern an der Bildung ihrer Kinder es bedingt, ob und wann und wie regelmässig sie dieselben die Schule besuchen lassen wollen. Die Mehrzahl besucht die Schulen nicht lange genug, viele arbeiten ein paar Monate für ihre Eltern, um dann wieder eine Zeit lang sich unterrichten zu lassen, und es kommt die Leichtigkeit, mit der Familien hier den Wohnsitz ändern, hinzu, um 1) Dr. Harris cit. in N. Am. Review 1876. L 210. XV. Das geistige Leben. 553 die Schuljugend zu einem sehr veränderlichen Faktor des Unterrichts zu machen, ferner die nachlässige Familienerziehung oder der völlige Mangel aller Erziehung bei den ärmeren amerikanischen Kindern, dann ihre Frühreife. Unter diesen Verhältnissen hat das Textbook -System ohne Zweifel eine grössere Berechtigung als bei unserem viel gleichmässigeren Material von Schülern. Es erklärt sich aus diesen Verhältnissen auch die ungemein stramme Disciplin, welche in den Volksschulen gehalten wird und die in einem sehr auffallenden Gegensatze steht zu der Lockerheit der Familienerziehung. — Die Mehrzahl der Volksschullehrer sind Frauen. Li Massachussetts sind 84 Proc. der Lehrstellen mit Frauen besetzt. Bei der verhältnissmässig geringen Bezahlung *) ist es nicht häufig, dass ein Mann den Elementarunterricht zum dauernden Berufe macht, meist ist er nur Durchgangspunkt für Aufstrebende und bildete als solcher allerdings einen bedeutsamen Abschnitt im Leben manches hervorragenden Mannes in diesem Lande. Natürlich muss bei diesem System die Voraussetzung einer unter allen Umständen bis ans Ende gleichmässigen Pflichterfüllung sowie eines in durchschnittlich gleicher Zahl und Güte jederzeit vorhandenen Lehrkörpers aufgegeben werden. Während manche in ihrer Lehrwirksamkeit noch dadurch gehemmt sind, dass sie erst lernen müssen, wie sie lehren sollen, erlahmen andere bald in ihrem Eifer, weil sie ihr eigentliches Lebensziel weit über die Mauern eines Schulhauses hinaus versetzt haben. Höhere Schulen leiden freilich hierunter weniger, weil sie durch die hohen Löhne, welche sie bieten, in den Stand gesetzt sind, sorgsamer zu wählen und die Fähigen an ihre Zwecke zu fesseln, aber ganz ausgenommen sind sie von den Einflüssen des Systems der freien Wettbewerbung nicht und vor allem werden sie den Mangel eines einheitlichen Geistes in ihrem Lehrkörper, den Mangel überhaupt eines einheitlichen Lehrerstandes mit seinen festen Tradi- tionen und Bestrebungen vermissen. Wenn dennoch, wie die Ergebnisse erkennen lassen, Genügendes geleistet wird, so scheint es, als habe auch hier Amerika sich nicht am wenigsten darum so frei entwickeln können, weil es der Früchte langer und mühseliger Arbeiten, die in der Alten Welt gezeitigt wurden, sofort als es ihrer bedurfte, in voller Reife theil- haftig wurde. Oder würde je eine Wissenschaft der Pädagogik im Kreise eines so bunten, ungleichen und immer fluktuirenden Lehrerstandes vom 1) In New York sind die Besoldungen nach einer jüngst stattgehabten Er- höhung jetzt für Vorsteher von Grammatikschulen auf 3000, für Vorsteherinnen auf bis 2000, für Vorsteher von Primarschulen (fast durchaus Frauen) auf bis 1800 D. festgesetzt. Männliche Lehrer erhalten 1400 , weibliche von 600 bis 850 D. im Jahre. In Massachusetts sind die durchschnittlichen Monatslöhne für Volksschullehrer 82, für Lehrerinnen 34, in S. Carolina für jene 28, für diese 27 D. v^ 554 XV. Das geistige Leben. Keime an heraufgepflegt und zu oft so vollkommener Entwickelung ge- bracht worden sein können, wie es in der Ruhe unserer befestigten Zu- stände geschah? Würde ein solcher Lehrerstand das Nöthige haben leisten können, wenn Europa ihm nicht die Mittel an die Hand gegeben und die Wege gewiesen hätte? — Immerhin ist aber auch zu bedenken, dass ein so praktisches und schnelllebendes Volk wie die Amerikaner viel tiefer als wir den bedeutenden Sinn beherzigt haben wird, der in einem unserer guten alten Sprichwörter liegt: „Mit vielem kommt man aus, mit wenig hält man Haus." Es tritt einem hier als die Grundlage so vieler Einrichtungen der Trieb entgegen, das Nothwendige aus den zufälligen Hüllen herauszuschälen, in die Gewohnheit es gehüllt hat, in jedem Wirken nur das Erforderliche, dieses aber entschieden und rasch zu thun, dass man es ohne weiteres auch in den Schulcinrichtungen ver- muthet. Sie verlangen in der That vom Lehrer kein anderes Wissen, als man zum Lehren nöthig, und ob einer das A-b-c und Einmaleins kräftig eini)rägen könne, gilt ihnen bei der Wahl desselben für eine wichtigere Frage, als wo, wie und wann er es gelernt und was er etwa ausserdem noch weiss. Der mittlere und höhere Unterricht wird von Lehranstalten besorgt, welche ungefähr mitteninne stehen zwischen unseren Gymnasien und Hochschulen, aber meist erheblich näher den ersteren als den letzteren. Man kann hierhin zählen die High Schools und Academies, eine Art Gymnasien, die Normal Schools (Seminarien) und die Colleges und Universities. Letztere sind höhere Schulen nach englischem Muster, in denen das vorgeschriebene Lernen unter der Aufsicht von Rektoren v^und Tutoren mehr betrieben wird als das freie, selbständige Studium. Sie sind nicht bloss Unterrichts-, sondern immer auch bis zu einem gewissen Grade Erziehungsanstalten, ihre Disciplin ist wenigstens in der Theorie überall stramm. Verbreitung allgemeiner Bildung in grösseren Mengen von Schülern ist ihr Ziel; viel weniger ist es die Förderung specieller Studien und selbständiger Forschung bei Wenigen. Sie stehen häufig in enger Beziehung zu einer der vielen Sekten , in welche das Christenthum drüben zersplittert ist, und bei den ehrwürdigsten und besten von ihnen ist eine oder die andere christliche Denomination nicht bloss Pathen gestanden, sondern es war auch der Bedarf an classisch gebildeten Geistlichen überhaupt der erste Grund ihres Inslebentretens. Aber freilich haben die Gemeinwesen ganz wie bei der Volksschule auch bei diesen von Anfang an unterstützend und ordnend mit eingegriffen, bis vielleicht, wie es bei den von den betreffenden Colonialbehörden mit Gesetzen und Rechten begabten Colleges Harvard und Yale der Fall war, die eigenen Einkünfte jede Unterstützung überflüssig erscheinen Hessen. In den neuen Staaten des W. sind derartige Anstalten nicht selten von vornherein von XV. Das geistige Leben. 555 Staatswegen gegründet und vorwiegend mit Staatsmitteln unterhalten worden. Dennoch ist eine grosse Zahl von dem, was dort sich College oder University nennt, auch heute dem Sondergeist der Sekten zu ver- danken, welcher unterstützt wird durch reiche Stiftungen, und der nicht ruht, als bis er seine Geistlichen und sein Publikum in eigenen höheren Schulen herangebildet hat. Wenn dabei auch manchmal jede unmittelbare confessioncUe Färbung des Unterrichtes fehlt, so muss doch mindestens die grosse Mehrzahl der Lehrer der betreffenden Denomination angehören und Propaganda wird in einer oder der anderen Form gemacht. Die Zahl dieser Anstalten betrug vor dem Unabhängigkeitskrieg 9, um 1800 26, aber 1875 hatte der Commissioner of Education über 374, und wenn man die Rechts- und Medicinschulen und die Colleges für Frauen hinzuzählt, 545 zu berichten ^). Die Concurrenz dieser zu übergrosser Zahl ange- wachsenen Colleges und die durch sie bedingte Zersplitterung der Mittel und Kräfte kann natürlich dem Gedeihen der einzelnen von ihnen in keiner Weise förderlich sein. Wenn Oregon mit 120000 E. 7 Colleges hat und wenn Ohio 36 und Iowa 18 aufweist, so fühlt man die Achtung schwinden, welche in der Erinnerung an die classischen Institute dieser Art, wie sie in England und selbst in den älteren unter denY. St. einen sehr ehrenvollen Platz behaupten, denselben gezollt wird^). Glücklicher- weise wird ihnen eine bedeutende Concurrenz gemacht von den meist von Anfang an besser ausgestatteten Staatsanstalten (gewöhnlich State -Uni- versities genannt), welche entstanden sind auf Grund einer für den Zweck der Errichtung eines Seminary of Advanced Learning von Seite der V. St. an jenen Staat gemachten Landschenkung. Unter ihnen nehmen einige bereits eine geachtete Stellung ein. Uebrigens scheint der Eifer für Errichtung neuer Colleges in den letzten Jahren einigermassen nachgelassen zu haben und jedenfalls ist derselbe auf Seite der verschiedenen Denominationen bei weitem nicht mehr so stark wie er war. Auch in dieser Beziehung schälen sich die V. St. aus den Schalen ihrer Geschichte rasch heraus. Die einst als Sekten-Hochschulen gegründeten Universitäten von Harvard (Cambridge) und Yale (New Haven), die bedeutendsten der Y. St., haben den Sektencharakter gänzlich aufgegeben, ebenso die Mehrzahl der State- Universities im Westen. Das bedeutendste unter den jüngeren Collegien, Cornell University, ist grundsätzlich nicht sektirerisch. Yielleicht 1) Das Kriterium eines College ist die gesetzlich ihm ertheilte Befugniss, Grade und gelehrte Titel, wie Magister Artium, Bachelor of Science, Doctor u. dgl. zu verleihen. Man fasst sie daher auch im Gegensatz zu anderen höheren Schulen, die diese Befugniss nicht besitzen, als Degree-giving Institiitions. 2) „Some of them have little more than a name, a charter and a bias" sagt von diesen kleinen Colleges IC.I D/ Gilman (Education in America 1776 to 1876. 216). \^ 556 XV. Das geistige Leben. wird mit dieser Zurückdrängung confessioneller Einflüsse auch eine^esuiide Zusammendrängung der höheren Unterrichtsanstalten in einzelne grosse Mittelpunkte der Geistesbildung verknüpft sein. Achtungswerthe Stimmen arbeiteten bereits in der Oeifentlichkeit diesem löblichen Bestreben vor ^). Die Entwickelung der nordamerikanischen Collegien in der Richtung ^des freien üniversitätsstudiums nach deutschem oder schottischem Muster ist seit einigen Jahrzehnten nicht zu verkennen und machte besonders in der jüngsten Zeit grosse Fortschritte. Das typische CoUeg mit seinem vorgeschriebenen Lehrgang, in welchem Latein, Griechisch und Mathe- matik die grösste Rolle spielen, während der Unterricht in den übrigen Wissenschaften nur in einer kurzen Einführung besteht, hat an vielen Punkten freieren Ideen Eingang verstattet. Durch Einführung der sog. Wahlfächer, d. h. Unterrichts- oder Yorlesungsstunden, welche nicht obli- gatorisch sind , sondern aus welchen den Schülern eine entweder ganz freie oder durch bestimmte Regeln beschränkte Auswahl freisteht, wird der starre Unterrichtszwang unterbrochen. Man legt auf Prüfungen in manchen Gebieten mehr Werth als auf beständige zwingende Anleitung zum Lernen. Der Kreis der Gegenstände, in denen unterrichtet wird, hat sich in den meisten Anstalten sehr erheblich erweitert und es haben vor- züglich die Naturwissenschaften eine immer grössere Geltung in den Unter- richtsplänen der Collegien erlangt. Mit ihnen hat sich die Anleitung zu freier und selbständiger Forschungsarbeit in den Laboratorien oder in der Natur selbst Eingang verschafft. Die Anzahl der Lehr- oder Studien- gegenstände und die Freiheit ihrer Wahl ist in den fortgeschrittensten Anstalten wie Harvard College (Cambridge) so weit gediehen, dass die Aehnlichkeit mit der Universität im deutschen Sinne nachgerade überwiegt. Was den in einem Lande wie Nord- Amerika so hochwichtigen Faktor der öffentlichen Meinung anbelangt, so möchte es scheinen, als ob die Schenkungen an die Collegien genügsamen Beweis für das Vertrauen ablegten, welches man ihnen entgegenbringt. Der U. S. Commissioner of Education, der amtliche Unterrichtsstatistiker, hat für 1871 8V2, 1872 nahezu 10, 1873 über 11, 1874 über 6 Hill. D. Stiftungen und Schen- ^ 1) So Präsident White von Cornell University, einer der erfahrensten Schul- männer von Amerika: „In den älteren Staaten sollten öffentliche und private Unterstützungen auf eine kleine Zahl der breitest und festest begründeten An- stalten concentrirt werden. In den jungen Staaten lasse man regelmässig und ohne zu knausern staatliche Unterstützung den Staatsanstalten für die höhere literarische, wissenschafthche und techniche Heranbildung angedeihen, damit sie vollständig ausgestattet und von den confessionellen Einflüssen freigehalten werden können." Dr. McCosh, der Vorstand von Princeton College, machte in seiner Einführungsrede (1875) den Vorschlag, die Collegien jedes Staates in eine einzige Universität zu vereinigen. XV. Das geistige Leben. 557 kungen für Unterrichtszwecke zu verzeichnen gehabt. Aber ein anderer Zweig der Statistik hat bewiesen, dass trotz des gewaltigen Wachsthums der Collegien an Zahl ihr Besuch seit Ende der 60 er Jahre bis 1875 (weitere Erhebungen scheinen nicht vorzuliegen) allmählich abgenommen habe, statt zuzunehmen, wie die Zunahme des Reichthums und der Be- völkerung zu bedingen scheinen. Dass im Congress und den Legislaturen in neuerer Zeit die Zahl der Coli ege-bred, der der Collegebildung sich erfreuenden Mitglieder, als eine unvorhältnissmässig geringe sich auswies, ist jedenfalls eine Sache, die weniger mit der Güte dieser Anstalten zu thun hat, als man zu glauben sich den Anschein gibt. Es liegt in der Natur der politischen Versammlungen, dass sehr oft andere Faktoren als Wissen und überhaupt geistige Bildung den Zugang zu ihnen bestimmen. Auch ist seit Jahren das allgemeine Urtheil über die geistige und mora- lische Hölie dieser Versammlungen ein so ungünstiges, dass es zunächst jedenfalls nicht gegen die Colles^ien spricht, wenn sie nicht viele von ihren Leuten in dieselben entsenden. Bemerkenswerth scheint ein anderer Vor- wurf, der der College-Erziehung nicht selten gemacht wird, dass dieselbe nämlich eine gewisse Scheu vor den rauhen Kämpfen des Lebens, „eine Abneigung gegen die Politik, einen Schrecken vor dem Caucus" erzeugen. Verdient hier die Politik den Vorwurf oder die Schule? Der Unterricht in den verschiedenen Fächern und Wissenschaften war im Anfang auf das Verhältniss von Meister zu Lehrling gegründet und eigent- liche Fachschulen sind vorwiegend erst im Laufe unseres Jahrhunderts entstanden. Noch heute genügt in den entlegeneren Staaten und Territorien für den Geistlichen die Anleitung eines Amtsbruders und die Anerkennung von Seiten der Profession, und ähnlich ist es beim Rechtsanwalt und Arzt. Aber überall, wo die Möglichkeit eines besseren Unterrichtes besteht, sind auch die Massstäbe gewachsen, welche an Kenntnisse und Fertig- keiten gelegt werden. 1784 wurde die erste nennenswerthe Rechtsschule zu Litchlield (Conn.), 1794 der Lehrstuhl für Rechtskunde am Columbia College zu New York gegründet. Harvard College ernannte erst 1816 einen juristischen Professor. 1782 wurden an dem letzteren die ersten Schritte zur Gründung einer Medicinschule gethan; New York erhielt die seine 1807, NewHaven 1813. Eigene Fachschulen für Geistliche wurden 1791 in Baltimore von den Katholiken, 1817 in Cambridge von den Presby- terianern gegründet, wiewohl die Graduates an dem letzteren Colleg, dem von Yale u. a. schon früher theologischen Unterricht, aber nicht in eigener Schule, erhalten hatten. 1876 gab es in den V. St. 38 Rechtsschulen»), 1) Begreiflicherweise zieht das Studium der Gesetze die grösste Zahl der intelligenten und strebsamen Jünglinge an. Die Rechtskunde ist die fast un- vermeidliche Vorstufe zur Bühne des politischen Lebens und die Ausübung des Auwaltberufes ^ gilt als die beste Schule der Redner. Sogar die berühmten 558 XV. Das geistige Leben. 113 theologische, 74 medicinische, 11 für Zahnärzte und 14 für Pharm a- ceuten. Polytechnische Fachschulen sind ebenfalls verhältniss- mässig jung. Die Militär- Akademie zu West Point (New York), gegründet 1802, war von Anfang an nicht bloss eine Kriegsschule, sondern bildete auch Topo- und Hydrographen und Ingenieure (s. o. S. 498). 1826 wurde '^das Bensselaer FoJyteclmic Institute in Troy (New York) gegründet und wurde bald zu einer Schule, die zahlreiche Sprossen in anderen Theilen des Landes trieb und einen starken Einfluss auf die Ausbildung der höheren Techniker übte. Nach und nach fügten die älteren Colleges sich Schools of Science, gewissermassen kleine naturwissenschaftliche Fakultäten, an, in welchen auch technische Fächer zum Theil gelehrt wurden. Den grössten Ruhm von allen diesen Anstalten hat Lawrence Science School in Cambridge (Mass.) durch die Wirksamkeit von Louis Agassiz, dann Sheffield School of Science in New Haven (Conn.) erlangt. Stevens Institute in Hoboken (bei New York) ist eine grössere, ausschliesslich dem höheren technischen und physikalischen Handwerk gewidmete, vor- wiegend praktische Schule. Immerhin gibt es noch heute in keinem anderen industriell gleich hoch stehenden Lande so wenige wirklich metho- disch geschulte Techniker wie in Nord-Amerika. Die zahlreichen ameri- kanischen Erfindungen lehren, dass die Geschicklichkeit viel ersetzt ; aber auf der anderen Seite scheinen die hohen Stellungen, zu welchen euro- päische, in erster Linie deutsche Ingenieure, Architekten, Bergleute u. dgl. in den V. St. gelangt sind, zu bezeugen, dass die technische Erziehung daselbst nicht für alle Bedürfnisse aufzukommen vermag, welche gerade auf diesen Gebieten die rasche Entwickelung des Landes hervorruft. Der Unterricht der Taubstummen begann in den V. St. im Jahre 1817 in Hartford Conn. Rev. Thomas H. Gallandet war sein Hauptförderer. Gegenwärtig gibt es 45 Schulen für Taubstumme mit durchschnittlich 5000 Schülern. Ein den V. St. eigenthümliche Einrich- tung ist das National Beaf Mute College, welches 1864 von Bundeswegen in Washington D. C. gegründet wurde. Man gibt in demselben den Taub- Selfmade Men, welche eine Rolle auf dieser Bühne spielten, haben fast alle diese Stufe überschreiten müssen. Der Anwaltstand ist natürlich sehr zahlreich, aber wenn man klagt, dass derselbe die Processe vermehre und verlängere, darf man nicht vergessen, dass die grosse Wettbewerbung die Kosten verringert und somit das Rechtsuchen bilhger macht. Nach einer Mittheilung des Albany Law Journal 1877 gibt es in den V. St. 33 000 Advokaten, etwa 6 mal soviel als in Deutschland. Auf jeden Advokaten kamen 1180 Köpfe der Gesamrat- bevölkerung. Am zahlreichsten sind sie in den Staaten New York (5913), Mis- souri (3452), Pennsylvanien (3253), Illinois (2683), Ohio (2563) und in den Städten New York (1286), Philadelphia (992), Chicago (629), St. Louis (564), S. Fran- cisco (433). • XT. Das geistige Leben. 559 stummen den höheren Unterricht der CoUegien und ertheilt die Grade wie an einer Universität. Das erste Blinden-Institut der V. St. war das 1829 gegründete Perkins Institute in Boston Mass., in welchem Dr. S. G. Howe seine berühmte Erziehung der armen Laura Bridgeman ausführte. Gegenwärtig gibt es 21) Blindeninstitute im Lande. Die Bibliotheken erfreuen sich besonderer Aufmerksamkeit seitens derer, die die Volksbildung zu fördern streben. Man hat die Schätzung aufgestellt, dass 1800 alle Colleges zusammen 50000 Bände besassen, während heute die Bibliothek von Harvard College allein 240000 zählt. Die Zahl der Bände in öffentlichen Bibliotheken zu Boston Mass. und Cambridge Mass. wurde 1875 von der amtlichen Unterrichtsstatistik auf 880000 angegeben, während 1817 etwa der 15. Theil anzunehmen war. Die National Library in Washington wurde im Anfang unseres Jahrhunderts gegründet und zählte Ende 1877 331000 Bände. New York ging 1835 mit einem Gesetze vor, welches Besteuerung zu Gunsten von Bezirks- Schulbibliotheken vorsah, und 10 andere Staaten sind ihm hierin gefolgt. In Massachusetts, Connecticut, Illinois und Wisconsin sind die Gemeinden durch Gesetz ermächtigt, Steuern aufzulegen zum Zweck der Gründung von Bibliotheken. 1870 zählte man 164815 Bibliotheken mit 45,5 MiU. Bänden. 56015 davon sind öffentlich. Die Einrichtungen sind meistens sehr praktisch. Selbst in unseren grösseren Städten bleibt viel zu thun, bis dem Wissbegierigen Bücherschätze und Räume zu deren Benützung zugänglich gemacht werden, wie sie Boston, New York, Cincinnati, S.Louis und andere Städte der V. St. oft in mehrfacher Zahl dem Publikum dar- bieten. Man geht an diesen Orten einfach hin, verlangt die und die Zeitung, dieses oder jenes Buch und erhält es ohne jede Bedingung und For- malität zur Benützung. Bei ihrer Auswahl scheinen weder religiöse noch nationale Engherzigkeiten sich geltend gemacht zu haben. In Boston mit seiner verhältnissmässig geringen und einflusslosen deutschen Bevölkerung fand ich z. B. Adalbert Stifter's Werke in der öffentlichen Bibliothek und in der Astor-Bibliothek zu New York zählte ich ein paar Dutzend Gesammt- und Einzelausgaben Goethe'scher Werke in deutscher Sprache. Sach- kenner beloben die praktische Aufstellung der Bücher und die Kataloge, in deren Anfertigung jede mögliche Rücksicht auf die leichte Aufiindbar- keit der Bücher genommen ist. Neben den Bibliotheken kommen zahllose öffentliche Vorträge dem Bildungsbedürfniss aller Schichten der Bevölkerung entgegen. Sie zu hören ist eines der Gebote der Sitte, dem sich nicht leicht eine Familie entzieht, die Anspruch darauf macht, sich einen geistigen Luxus gönnen zu können. Wie bei uns auf einer gewissen Stufe von Wohlstand oder socialer Stellung ein Theater- oder Concert -Abonnement zu den nothw en- digen Anschaffungen gehört, so tritt hier an Jeden, der nicht als roh oder arm angesehen werden will, allwinterlich die unabweisbare Forderung 560 XV. Das geistige Leben. heran, einen Cursus von Vorlesungen mitanzuhören. Der amerikanische Unternehmungsgeist hat diese Sitte schaifen helfen, indem er dem Be- dürfniss nach Vorlesungen schon vor Jahren mit einer Bereitwilligkeit entgegenkam, welche das Vorleserthum zu einer der Institutionen der Gesellschaft stempelte. Europa ist noch heute im Vergleich zu den V. St. . im Stadium des Dilettantismus, was das Vorlesungswesen anbetrifft. Hier gründete man Bureaux, deren Zweck und Einrichtung den Bureaux für Arbeitsuchende zu vergleichen ist. Diesen Bureaux schickt Jeder, der sich hierzu berufen glaubt, seinen Namen und sein Repertoire von Vorlesungen nebst Preisverzeichniss ein und an sie wendet sich jede Gemeinde oder jede Gesellschaft, welche etwas vorgetragen haben will. Dieselben zeigen an, was gegenwärtig zu haben sei und wie die Preise stehen; man wählt nach Wunsch, Bedarf und Mitteln und zahlt den Betrag an das Bureau, welches seinerseits dem Vortragsreisenden nach Abzug von Commissionen , Provisionen, Procenten und anderen schwerverständ- lichen Technical ities die Summe ausbezahlt, welche ihm vertragsmässig zu- kommt. Nachdem einmal diese Organisationen ins Leben getreten waren und sich bewährt hatten, wurde es natürlich durch ihre Vermittelung leicht, einerseits Vorträge irgend einer Art an den Mann zu bringen und andererseits jedem Kreise, der die nöthige Summe aufbrachte, Vortragende zu sichern, welche anders ihr Licht bloss in engeren Bezirken leuchten /liessen. Der Amerikaner ist ans Redenanhören gewöhnt und ist nicht leicht zu übersättigen. Er ist aber leider auch ans Reden gewöhnt, das er ja schon in den Schulen zu lernen pflegt, und hält es, wenn er nicht unter dem Mittelmass von Intelligenz steht, nicht leicht für eine Schwie- ' rigkeit, zu irgend einer Zeit über irgend einen Gegenstand eine Speech loszulassen. Es fehlte daher weder an Publikum noch an Vortragenden und die Bureaux sammt den Rednern und Vorlesern machten gute Ge- schäfte, zumal jene nicht verfehlten, der ganzen Einrichtung bald den anfänglich rein belehrenden Charakter zu nehmen und an dessen Stelle vielfach ein sensationelles Element hineinzubringen, das mehr an die Neugier und Skandalsucht als an die Wissbegier des Publikums appellirte. Irgend Jemand, der sich berühmt oder berüchtigt gemacht hatte, wurde zu einer Vortragsreise eingeladen und sagte jeden Abend vor einem anderen Publikum, was er meinte oder wusste, bis er herum war. Der unternehmende Mann aber, der das Risico des Geschäftes auf sich ge- nommen, begleitete ihn als eine Art Impresario, sorgte für das Praktische des Geschäftes, für die Marktschreierei, die übliche Musik, welche den Vortrag einleitet u. s. f. Auf diese Weise sind alle Art Leute mit Vor- trägen durchs Land gereist und haben oft viel Geld gemacht; Frauen- zimmer, an die sich irgend ein Skandalinteresse knüpft, spielten dabei eine grosse Rolle; aber die Vorträge selbst verloren an Werth, denn da so viele geboten wurden, entstand eine grosse Concurrenz, welche am XV. Das geistige Leben. 561 Ende denn auch die besseren Geister, wie einen Wendell Philipps, zu jener übermässigen Betonung des Anziehenden und Fesselnden in der Form verleitete, welche doch meistens nie ohne eine entsprechende Ab- schwächung des Gehaltes zu erzielen sein wird. Die Popularitätshascherei und der Phrasencultus, überhaupt jener unwahre Ton, den die ernsteren Leute hier an so vielen Aeusserungen des öffentlichen Lebens als Senti- mentalism bezeichnen, drängte sich in der unangenehmsten Form als ein fast unentbehrliches Element in diese Vorträge ein und nahm ihnen viel von dem Werthe, den sie für die Anregung gebildeter oder in ernstem Suchen nach Bildung begriffener Kreise unter gewissen Einschränkungen immer werden beanspruchen dürfen. Man spielte mit den ernstesten Stoffen, um zu gefallen, und man entwürdigte mit der Zeit ernste For- schung und fleissiges Lernen in den Augen eines Publikums, das nur zu bereit war, an die schmeichelnde Lehre zu glauben, dass Bildung nicht erkämpft und erarbeitet zu werden brauche, sondern von da und dort je nach Bedarf en detail aus literarischen Fabriken bezogen werden könne. Für jene flachen Plaudereien , die man hier small talk nennt und in denen besonders die amerikanischen Frauen Meisterinnen sind, ist die Art von Bildung, welche in solchen Vorlesungen zu gewinnen ist, von grossem Werthe. Für jedes ernstere Bildungsstreben ist sie von geringer Bedeutung geworden. IIL Die Wissenschaftspflege. In der Alten Welt wird den Nord- amerikanern häufig der Vorwurf gemacht, dass sie in der Wissenschaft der idealen Ziele entbehren, dass sie vom Abfalle leben, den sie bei den Tischen der europäischen Wissenschaft sammeln , dass ihre eigenen Schöpfungen unbedeutend seien und die grossen Summen, welche frei- gebige Männer ihren Hochschulen zur Verfügung stellen, grossentheils ver- schwendet würden. Damit stimmt aber schlecht ein Ausspruch, den 1876 ein Forscher ersten Ranges, Sir William Thomson, nach seiner Rückkunft von Philadelphia vor den in Glasgow versammelten britischen Naturfor- schern that. „Ich bin mit tiefen Eindrücken von dem zurückgekehrt, was ich innerhalb und ausserhalb der Weltausstellung gesehen habe und was mich mit dem echtesten Forschertrieb, Hingebung, Originalität, Er- findungsgeist , geduldiger Durchführung der Arbeiten , Fähigkeit , die Leistungen anderer zu schätzen, grossmüthiger Offenheit und Sympathie — den Quellen der grossen Dinge in der Wissenschaft bekannt gemacht hat." Man kann gewiss nicht mehr von der Wissenschaft irgend eines Volkes sagen. Man bedenke, dass hier die Rede ist von Leistungen auf keinem leicht abzuerntenden Gebiete, auf dem Felde der mathematischen Physik, Meteorologie, Astronomie und Geophysik. Indem sich dieser Beurtheiler über Einzelheiten verbreitete, zollte er besonderes Lob den grossartigen wissenschaftlichen Instituten, wie Coast Survey, Smithsonian, Signal Service, ß a t 7. e 1 , Amerika II. o/? 562 XV. Das geistige Leben. Harvard University, Boston Technolog. Institute u. a. Das Bild, das er von amerikanischer Wissenschaft entwarf, war hell und erfreulich. Wenn man aber vielleicht glauben möchte, er habe aus irgend einem Grunde über- trieben, so frage man unsere Geologen, was sie von Hall, Whitney, Owen, unsere Paläontologen, was sie von Cope, Meek, Marsh, unsere Botaniker, was sie von Asa Gray, Parry, Watson, Engelmann, unsere Meteorologen, was sie von Henry, Blodget, Loomis, unsere Zoologen, was sie von Audubon, Baird, Allen, Packard denken. Ich wage zu behaupten, dass die wissen- schaftlichen Leistungen der Amerikaner gering anschlagen heute nichts anderes heisst, als mit dem Stand der wissenschaftlichen Arbeiten unserer Zeit überhaupt nicht vertraut sein *). Dass die Wissenschaft drüben die Spuren der Jugend vielfach an sich trägt, ist nur natürlich. Sie konnte in Nord-Amerika überhaupt erst von dem Augenblicke an gepflegt werden, wo eine genügend grosse Menge von Menschen über ihre ersten materiellen Lebensziele hinaus zu einem Zustande gelangt war, welcher ihnen die Müsse gab, sich mit Dingen zu beschäftigen, welche mit diesen Zielen nichts zu thun hatten. Indessen tritt damit erst die Möglichkeit wissen- schaftlicher Beschäftigung ein und es hängt dann noch von sehr verschie- denen Umständen ab, ob jene nun auch unter den sehr verschiedenen Dingen, welche sie anlocken, gerade der Wissenschaft den Vorzug geben. Dies hängt von den geistigen Neigungen ab und der Richtung, in der die Begabung eines Volkes liegt, sowie von den Zeitströmungen und den ört- lichen Verhältnissen. Nun scheint Ein beachtenswerther Grund dafür zu sprechen, dass für abstrakte Wissenschaften die Nordamerikaner keine so hervorragende Neigung und Begabung zeigen wie einige ältere Völker. Man würde nämlich erwarten dürfen, dass sie in den mit der Religions- übung zusammenhängenden theologischen Wissenschaften um so früher selbständig arbeitend aufgetreten seien, als schon in den ersten kampf- reichen Jahrzehnten, die sie in der Neuen Welt verlebten, es eine ihrer Hauptsorgen war, zur Heranbildung von Geistlichen höhere Schulen zu gründen, deren Lehrern durch reichliche Dotation Müsse zu wissenschaft- 1) De CandoUe hat in seiner Histoire des Sciences et des Savants depuis deux Siecles (1873) die Procentzahlen berechnet, mit denen die Nordamerikaner nnter den auswärtigen Mitgliedern der grossen europäischen wissenschaftlichen Akademien vertreten sind. Im Zeitraum von 1G66 — 1870 nahmen sie Theil mit 2,2 Proc. (ebensoviel wie Russland und Polen) an der Pariser, 1869 mit 2 Proc. an der Londoner (ebensoviel wie Niederland, Belgien, Italien und Russlandj, 3 Proc. an der Berliner (ebensoviel wie Niederland und Italien), 4,6 Proc. an der Petersburger (ebensoviel wie Schweiz, Skandinavien). Die Bemerkungen über y die Bedingungen der Wissenschaftspflege in den V. St. , welche De Candolle in diesem Werke S. 234 f. macht, sind die besonnensten, die ich in irgend einem europäischen Buche kenne. XV. Das geistige Leben. 563 lichem Arbeiten gegeben war. Diese Fürsorge hat nie nachgelassen und heute gibt es sicherlich kein Volk, das so grosse Mittel für die wissen- schaftliche Bildung seiner Geistlichen aufwendet wie eben das der V. St. Aber merkwürdigerweise steht zu diesem Aufwand in einem sehr schwachen Verhältniss die wissenschaftliche Arbeit, welche sowohl die zahlreichen für alles Religiöse tief interessirten Laien als auch die Geistliclien leisten. So bedeutende Leistungen die Nordamerikaner auf allen Gebieten der praktischen Religion aufzuweisen haben , so arm ist ihre exegetische, kirchengeschichtliche, kritische, linguistische Thätigkeit auf theologischem Gebiete. Man ist berechtigt hieraus den Schluss zu ziehen, dass Thätig- keit in praktischer Richtung ihnen mehr entspricht als rein wissenschaft- liche. Allerdings erfährt aber dieser Schluss sofort eine Einschränkung durch eine Gabe , die dem Geiste des Nordamerikaners in besonders reichem Masse verliehen ist und auf anderem Wege als dem gründlich wissenschaftlichen ihn zu hervorragend wissenschaftlichen Leistungen be- fähigt hat. Es ist der Erfindungsgeist (s. o. S. 363). Die Anzahl der Erfindungen, welche von Nordamerikanern gemacht sind, ist geradezu er- staunlich, und wenn auch die Mehrzahl derselben technisch ist, so liegt doch auch von solchen, die die Entwickelung der Wissenschaft beschleunigt haben, vielleicht ohne gerade das in erster Linie zu erstreben, eine ganz bedeutende Zahl vor. Lässt sich doch überhaupt das Erfinden von dem wissenschaftlichen Entdecken nicht trennen. B. Franklin, der erste hervorragende Naturforscher, den Nord -Amerika aufweist, ist in dieser Richtung ein charakteristischer Vertreter seines Geistes. Seine Identifici- rung des Blitzes mit dem elektrischen Funken ist eine grosse wissen- schaftliche Entdeckung, sein Blitzableiter eine ausgezeichnete Erfindung. Er ist kein Gelehrter gewesen und hat doch höchst förderlich auf die Wissenschaft eingewirkt. Man wird ihn immer in erster Reihe nennen unter den hervorragenden Naturforschern des 18. Jahrhunderts. Ihm ähnlich war in manchen Punkten sein Zeitgenosse Rittenhaus in Phila- delphia, ein mechanisches Genie, das vortreffliche Uhren verfertigte und dessen Beobachtung des 1769 er Venusdurchganges daneben genauer war als die der geschulten Astronomen seiner Zeit. Rumford kann als der dritte genannt werden mit seinen wichtigen Untersuchungen über die Wärme und seinen praktischen Erfindungen. Das waren keine Büchergelehrten, aber Leute von grossem praktischen Geschick und in hohem Masse mit der combinirenden Phantasie ausgestattet, welche man Erfindungsgabe nennt. Ihnen fehlte nichts als die ruhige Vertiefung und die gründliche Ausbildung nach einer bestimmten Richtung hin, um sie zu grossen Natur- forscliern zu machen. Da ihnen beides abging, zersplitterten sie ihre Kräfte auf einer Anzahl von Gebieten menschlicher Thätigkeit. Sie standen beide in so hoher Achtung, dass sie mit öffentlichen Aemtern geradezu 36* 564 XV. Das geistige Leben. überladen wurden, was viel von ihrer Zeit der Wissenschaft entzog. Es ist auch das Jahrzehnt der Revolution, welches einen so grossen Theil ihres Lebens mit unruhe erfüllte, in dieser Beziehung nicht zu vergessen. Und doch war dieses Jahrzehnt, das den Staaten so grosse Opfer auferlegte, nicht geräusch- und opfervoll genug, um der philosophischen Gesellschaft von Philadelphia jene erste Beisteuer von 400 D. verweigern zu lassen, welche die Legislatur von Pennsylvanien ihr 1783 bestimmte. 10 Jahre später erbaute dieselbe Gesellschaft sich ein eigenes Haus für ihre Sammlungen und Vorträge, ein Beweis von Gedeihen, wie ihn nicht viele europäische Gesellschaften jener Zeit aufweisen konnten. Merkwürdigerweise folgte nun ein Zeitraum von einem halben Jahrhundert, in dem sehr wenig ge- leistet wurde. Die Arbeiten von Franklin und Rittenhaus fanden nicht nur keine Fortsetzer, sondern auch auf anderen Gebieten der Naturforschung, die in diesem jungen Lande tausend Aufgaben stellte, in Botanik, Zoologie, Geologie trat nichts Bedeutendes hervor. Das Volk im Ganzen war zu sehr in Anspruch genommen von der hohen materiellen Entwickelung, welche auf die Zeit der Revolution folgte. Man hatte einige sehr tüchtige ^Reisende wie Pike, Long, Lewis, Clarke, Schoolcraft, welche den Schleier lüfteten, der den fernen Westen jenseits der grossen Steppen des Missouri-Gebietes verhüllte, aber diese kühnen Erforscher trugen, wie sehr sie auch die Kenntniss des Landes förderten , wenig bei zur Förderung der Wissenschaft. Die Naturforscher, welche einigen von ihnen beigegeben waren, standen nicht auf der Höhe der gleichzeitigen europäischen For- schungsreisenden und die naturwissenschaftliche Kenntniss des Landes blieb daher hinter der geographischen noch lange zurück. Die Zoologie der höheren Thiere jener Westgebiete ist z. B. erst seit Maximilian v. Wied's Reise (1828) besser bekannt geworden. Nur vereinzelte Grössen ragen in dieser Zeit hervor. Bowditch, der die M^canique Celeste Laplace's mit einem Commentar übersetzte, der sie dem Vei:gtändniss vieler nahe brachte und sie zu einem gesuchten Buche werden liess; Henry (f 1878), der mit seinen Entdeckungen im Gebiete der Elektricitätslehre die Grund- lage schuf für die späteren so fruchtbaren Arbeiten von Morse; Bache (t 1867), der spätere Direktor der Küstenaufnahmen (U. S. Coast Survey), eines der besten Institute dieser Art. Die beiden ersteren waren Auto- didakten, der letztere ein Schüler von West Point, der Militär-Akademie, die auch später noch hervorragende Männer der Wissenschaft in grösserer Zahl geliefert hat. Aber allen drei ist gemeinsam eine auffallende Ver- einzeltheit ihrer Stellung unter den Zeitgenossen und ein Mangel an innerem Zusammenhang ihrer Arbeiten. Man wird nicht fehl gehen, wenn man in dem letzteren eine Wirkung der ersteren sieht. Es bedarf einer geistigen Atmosphäre von grosser Intensität, um jene bei europäischen Gelehrten häufige Vertiefung in einen bestimmten Gegenstand zu erzeugen, welche sie ihr ganzes Leben demselben widmen lässt. Sogar die Lehr- XV. Das geistige Leben. 565 thätigkeit an irgend einem CoUeg bringt in Amerika weniger Anregung zu forschender Thätigkeit, mehr Zerstreuung und Zersplitterung mit sich als bei uns. Die Schüler wollen den Lehrer benützen, um zu lernen, nicht aber geduldig ihm zur Seite stehen, um sich an ihm selbst heran- zubilden, indem sie ihm in seiner Forschungsarbeit behülflich zu sein streben. Selbst L. Agassiz, dem man die Pflicht seiner Stellung von vornherein leicht machte, hat, wie er oft klagte, unter dem Drucke der praktischen Arbeit seine rein wissenschaftliche Thätigkeit immer mehr sich beschränken sehen. Ebenso ward Bache von den Pflichten der Küsten- aufnahme, die 1832 unter Hassler's Leitung ins Werk gesetzt wurde, und Henry von denen eines Leiters des Smithsonian Institute in einer Weise absorbirt, die ihr Leben für die Wissenschaft weniger fruchtbar werden Hess, als es nach ihrer Begabung hätten werden können. Aller- dings ist die Küstenaufnahme (Coast Survey) der V. St. eines der grössten und vollendetsten Werke ihrer Art und ebenso steht die gross- artige Thätigkeit des Smithsonian Institute ganz einzig da in der Greschichte der gelehrten Gresellschaften (s. u. S. 571). Was die Amerikaner auf astronomischem und nautisch- physikalischem Gebiete geliefert haben: die Herstellung der Fernröhre von Fitz und Clark, die Entdeckung zahlreicher kleiner Planeten und die der Marsmonde , die Untersuchungen über den Golfstrom, mit denen der Name Maury's unvergänglich verknüpft ist, ^ ihre Nordpolforschungen u. a. lehnen sich vorwiegend an diese beiden Anstalten an und sind von Schülern Henry's und Bache's ausgeführt. — Eine bedeutende Anregung wurde der Pflege der Wissenschaften in den V. St. durch die Survey s gegeben, welche von Seiten des Bundes und der. Einzelstaaten seit 1830 in wachsender Zahl und Ausdehnung und mit wachsenden Mitteln *) veranstaltet wurden. In erster Linie steht hier immer der Coast Survey unter Hassler und Bache, der eine Masse werth- voUen Kartenmaterials geschaffen und in seinen jährlichen Berichten zahl- reiche Beiträge zur Hydro- und Geographie, zur Physik und Meteorologie gegeben hat. Die' Anwendung der Telegraphie zur Längenbestimmung, eine epochemachende Neuerung, ist von dieser Seite zum ersten Mal in ausgedehnter Weise erprobt, geübt und zu einer wissenschaftlichen Methode von hoher Vollendung ausgebildet worden. Die Surveys der Staaten und Territorien haben sich erst später zur Höhe wahrhaft wissenschaftlicher Leistungen erhoben, denn die Ansprüche, die die Auftraggeber an dieselben stellten und die Ausführenden an ihre eigene Arbeit machten, stehen in einem leicht zu erkennenden Verhältniss zu dem allgemeinen Stande der 1) Pennsylvanien zahlt seit einer Reihe von Jahren 50 000 D. jährlich für seinen topographischen und geologischen Survey und in New York ist seit 1877 ein neuer Survey, zunächst rein topographisch, in Thätigkeit, mit einer jährlichen Zuweisung von 20 000 P. 566 XV. Das geistige Leben. Wissenschaftspflege. Die früheren Landaufnahmen waren rein geodätisch und Hessen selbst in dieser Beschränkung viel zu wünschen übrig. Irrthümer von 5—10 Graden sind in den älteren Karten keine Seltenheit '). Die erste grosse geologische Aufnahme eines bedeutenderen Gebietes war die des Staates Massachusetts von Ed. Hitchcok (1835). An wissenschaft- lichem Werthe stand aber diejenige New Yorks vorzüglich durch die schönen paläontologischen Arbeiten von James Hall (1847 — 52) lange Zeit in erster Linie. Man kann wohl sagen, dass das Gesammtwcrk der Natural History of New York erheblich beitrug zu der grösseren Schätzung, deren die Arbeiten amerikanischer Forscher sich allmählich in Europa erfreuten. Sehr viel trug indessen dazu auch die Werthschätzung bei, welche so grosse europäische Autoritäten wie A. v. Humboldt und Charles ^ Lyell, letzterer aus wiederholter eigener Erfahrung auf grösseren Reisen im Lande, den Bestrebungen der Amerikaner entgegenbrachten. Unter den späteren Staats -Surveys ragen durch wesentliche Bereicherung, die sie der Wissenschaft brachten, besonders derjenige von Pennsylvanien unter Rogers (1858), von Michigan unter Whitney und Fester (1851), Ohio unter Newberry (1870), Illinois unter Lesquereux, Wisconsin unter ^ Owen und Whitney (1852 und 62), Iowa unter J. Hall und Whitney (1858) und Californien unter Whitney (1864) hervor. Zu den reichsten Quellen für Geographie, Naturgeschichte und Völkerkunde des Landes gehören aber die Berichte der von Bundeswegen in die w. Territorien entsandten Expeditionen, von denen ältere, vorzüglich durch wichtige geographische Entdeckungen berühmte, schon früher genannt wurden. Fremont's Exploring Expedition (1843 — 44) vermittelte der Welt die erste eingehende Kenntniss des Felsengebirges, Emory's Mexican Boundary Survey (1858) ergänzte ^dieselbe im Süden, wie Stansbury's Expedition es in der Region des Grossen Salzsees und die von Verschiedenen gelieferten Berichte, welche ^ in den Pacific Rail Road Reports (1851 f.) vereinigt sind, es vorzüglich für den N. und NW. thaten. Hayden's Expedition arbeitete im Auftrag des Landamtes, die Wheeler's in dem des Kriegsamtes und die PowcU's in dem des Inlandamtes, bis 1879 der Congress eine einzige Stelle für Landaufnahmen schuf unter der Leitung des Geologen Clarence King. Im Verfolg dieser Arbeiten sind die Geologie und Paläontologie in so erheblichem Masse gefördert worden, dass die V. St. auf keinem anderen Gebiete gegenwärtig so bekannte und glänzende Namen zählen wie hier. Dana^), James Hall, J. D. Whitney, Gl. King, S. Newcomb, R. Hayden, 1) Nach James T. Gardner (Rep. of the Board of Commiss. of the New York State Survey 1877) sind noch auf den bisher gebräuchlichen Karten Städte wie Al- bany, Buffalo, Syracuse u. a. um I1/2 — 3 e. M. von ihrer wahren Lage entfernt. 2) In einem geographischen Werke heisst es nicht über die Grenze schreiten, wenn man die Verdienste Dana's für die physikalische Geographie, welche in XV. Das geistige Leben. 567 0. Marsh, D. Cope gehören unter ihren Fachgenossen in die erste Linie. Während also auf diesen Gebieten eine von aussen kommende Anregung, nämlich der natürliche Wunsch aller intelligenten Bewohner des Landes nach Kenntniss des Bodens und seiner Schätze, zu grossen wissenschaft- lichen Ergebnissen führte und eine ganze Anzahl höchst achtenswerther, auch nach europäischen Begriffen hervorragender Forscher erstehen liess, war es auf einem anderen, den praktischen Bedürfnissen fernerliegenden, fast nur die reine Liebe zur Wissenschaft, welche zu ähnlich bedeutenden Leistungen den Anstoss gab. Auf biologischem Gebiete gab das Auftreten des im Jahr 1845 nach Amerika berufenen !>. Agassiz den Studien einen bemerkenswerthen Aufschwung. Naturfreunde von scharfer und flcissiger Beobachtung, wie Audubon, Bachmann (Deutschamerikaner), Gould, hatten im beschreibenden Fach, in demjenigen, welches freilich erst das Material für die denkende Vergleichung liefert, schöne Arbeiten geliefert. Aber die vergleichende Anatomie, wie Cuvier sie lehrte, erhielt erst durch L. Agassiz eine Heimat in Amerika. Die Gründung des Museum of Comparative Zoology, die Herausgabe der Contributions to the Natural History of the U. S., die zoologischen Tiefseeforschungen sind nicht bloss Denkmale, welche dieser bedeutende Mann sich gesetzt , sondern ebensoviele Beispiele zur Nacheiferung. Sehr fruchtbar ist auch Agassiz's Thätigkeit als Vortragender im populären Stile geworden. Man rühmt ihm mit Recht nach, dass er durch seine anregenden Belehrungen nicht wenig beigetragen habe zu der grösseren Ächtung, welche alle Wissenschafts- pflege heute in Amerika geniesst. Zahlreiche Schüler von ihm, unter denen sein Sohn A. Agassiz, dann Packard, Pourtales, Verrill auch euro- päischen Ruf haben, wirken an verschiedenen Hochschulen. Wenn man L. Agassiz den Vorwurf machte, dass er durch sein allzuconservatives Festhalten an den Cuvier'schen Anschauungen von dem Werden und den inneren Beziehungen der organischen Natur der fruchtbaren neuen Idee der Entwickelung den Eingang in die weiten Kreise verwehrt habe, welche er in Amerika beherrschte, so widerlegen diese Ansicht so werth- ^ volle Beiträge zur darwinistischen Literatur, wie sie von Asa Gray und Wright in den letzten Jahren erschienen sind. Ausserhalb des engeren Gebietes der Vergleichenden Anatomie hat die Thierkunde noch rege Förderung gefunden im Smithsonian Institute, aus dessen reichen Samm- lungen vortreffliche Arbeiten über höhere Thiere hervorgegangen sind, ferner durch die Conchyliological Society, deren Veröffentlichungen viel Europa nicht genügend gewürdigt zu werden scheinen, besonders hervorhebt. Seine Behandlung phys.-geogr. Probleme im XL Bde. der Report son Wilke's Exploring Expedition stellt ihn in die erste Reihe der Geographen unserer Zeit und in der Geologie und Mineralogie nimmt er eine hochgeachtete Stel- lung ein. 568 XV. Das geistige Leben. Wertlivolles enthalten, und auf dem Gebiet der Entomologie durch die Einzelarbeiten von Leconte, Behr, Hagen, Riley u. v. a. In dieser Rich- tung sind besonders die Arbeiten über schädliche Insekten hervorzuheben, die durch eigens hierzu vom Bunde und von einzelnen Staaten angestellte Entomologen ausgeführt und veröffentlicht werden. In der Pflanzenkunde sind floristische Arbeiten von Werth schon im Anfang unseres Jahrhunderts von Michaux, Nuttall, später auf breiterer Grundlage von Torrey, Engelmann, Asa Gray, Brewer u. a. ausgeführt worden. In Asa Gray besitzen die V. St. einen der geistvollsten Biologen unserer Zeit. In jenen Zweigen der biologischen Wissenschaften, welche als Hülfswissenschaften der Medicin auftreten, wie Physiologie und Ana- tomie, hat bis heute die Thätigkeit amerikanischer Forscher vielleicht am wenigsten Hervorragendes geleistet. Es liegt dies daran, dass überhaupt die medicinischen Studien in den V. St. durchaus auf einer viel tieferen Stufe stehen als bei uns. Man weiss dort nichts von den strengen Prüfungen und dem vorgeschriebenen langen Studiengang unserer Aerzte. Die Ausübung der Heilkunst ist frei wie jedes andere Gewerbe, und man begreift, dass gerade in ihr, wo das Können neben dem Wissen eine so hervorragende Rolle spielt, die amerikanische Befähigung zu dem ersteren oft bedeutende Erfolge erzielen kann , wenn auch das letztere sehr mangelhaft ist. In einzelnen Zweigen, wo es mehr auf sinnreiche Vor- richtungen und geschickten Handgriff ankommt als auf gründliches Wissen, , also z. B. in der Zahnheilkunde, sind die Amerikaner uns weit vorange- schritten, ebenso sind sie wie auf anderen Gebieten auch hier in hohem Grade erfinderisch gewesen und haben in verbesserten chirurgischen Werk- zeugen und Methoden, in praktischen Krankenbetten und -stuhlen und vorzüglich in Lazaretheinrichtung manches Neue hervorgebracht, das man >^in Europa sich rasch aneignete. Die Chloroformirung ist eine amerikanische Entdeckung. Auch mit ihren Feldlazarethen in den Jahren des Bürger- krieges haben sie uns Muster gegeben, welche wir nicht zauderten anzu- nehmen. — Wenig hervorragend sind bis heute ihre Leistungen auf dem Gebiete der reinen Chemie. Man verdankt ihnen dagegen eine An- zahl von werthvoUen Anwendungen in der Metallurgie (s. o. S. 320) und Technologie (s. o. S. 384) , wogegen entsprechend der bis jetzt noch >/ geringen Intensität des Ackerbaues die Ackerbauchemie weniger ge- pflegt wird. Die Geschichtsforschung wird in zahlreichen historischen Vereinen gepflegt und ein lebhafter Sinn für die, wenn auch manchmal junge, Vergangenheit der Staaten , Counties u. s. f. bis zu den leitenden Familien herab gibt sich kund, lieber die Geschichtschreibung s. u. S. 575. Für die Geschichte und Volkskunde der Indianer ist durch Regierungen und Einzelne Bedeutendes geschehen. Die Arbeiten von Gallatin, Schoolcraft, Squier, Dali, Powers über die indianischen XV. Das geistige Leben. 569 Alterthümer (Mouiids, Befestigungen u. dgl.) und über die lebenden Indianerstammc sind hervorragend. Musterhaft sind diejenigen Hecke- welder's (Deutschamerikaner), dessen Vertiefung und Treue in der ganzen amerikanischen Literatur nur von wenigen Werken erreicht sind. Die Indianersprachen, deren Kenntniss früher von den Missionären gepflegt wurde, sind erst neuerlich wieder in den Vordergrund des Interesses ge- treten. Dass allgemeine Philologie den Amerikanern fernliegt, begreift man, aber ihr Webster hat das vcrbreitetste Wörterbuch der englischen Sprache nach Johnston geschaffen. In den politischen und Rechts- wissenschaften sind als Schriftsteller über Völkerrecht William H. Lawrence und Franz Lieber (Deutschamerikaner) nennenswerth. Das englische Recht ist in den V. St. vorzüglich praktisch nach der Seite der Einfachheit und Menschlichkeit (Abschaffung der Todesstrafe, grössere Berechtigungen der Frauen) entwickelt worden. Die Codifikation ist hier früher durchgeführt worden als in England. Als die besten juristischen Werke der Amerikaner gelten die Commentaries von Josep Story und Chancellor Kent. Die Volkswirthschaft hat vielleicht durch die einzige, in wirthschaftlicher Beziehung so neue und überraschende That- sache der Entwickelung der V. St. mehr gewonnen als durch die wissen- schaftlichen Arbeiten, die sie den Bewohnern derselben verdankt. Die Staatsmänner der älteren Schule, in erster Linie Hamilton, Jefferson und Gallatin, haben über volkswirth schaftliche Gegenstände geschrieben, aber man verdankt ihnen keinen neuen Gedanken, so treffend manche ihrer Anwendungen sein mögen. Erst von 1820 an erschienen zusammenfassende Werke über Volkswirthschaft. Die meisten wiederholten bloss die Lehren der Engländer und Franzosen. Nur Henry C. Carey macht mit seinem 1858 veröffentlichten Principles of Social Science eine Ausnahme. Er ist vielleicht ausserhalb Amerikas noch einflussreicher gewesen als in seinem eigenen Lande. Ob er ein wirklicher Förderer seiner Wissenschaft als solcher gewesen, steht noch dahin. Ueberblickt man die Leistungen der Nordamerikaner auf wissenschaft- lichem Gebiete, so muss man nicht vergessen, dass bis heute in Amerika keine wissenschaftliche Körperschaft sich entwickeln konnte, in der die Wissenschaftspflege eine so sichere und förderliche Stätte fände, wie hier in Deutschland in unseren Universitäten, in England in den gelehrten Gesellschaften, in Frankreich durch die Regierung. In Amerika sind die Universitäten noch zu jung, die gelehrten Gesellschaften zu gemischt und zu arm, die Regierungen zu wenig überzeugt von dem Wcrth und der Ehre, welche der Förderung rein geistiger Arbeit entfliessen. Das gebildete Publikum ist die einzige Instanz, an die die Wissenschaft sich um Förderung ihrer Ziele wenden kann, und ohne Zweifel ist von dieser bisher mehr geschehen als bei uns auch nur denkbar wäre. Aber auch in diesem Publikum ist das Verständniss für die Bedeutung der Wissen- / 570 XV. Das geistige Leben. Schaftspflege nur erst individuenweise vertreten. Es ist ganz natürlich, dass die Zahl derjenigen, welche eine richtige Anschauung von der Thätig- kcit der Arbeiter auf wissenschaftlichen Gebieten haben, sehr gering ist. Man schätzt ganz im Allgemeinen die Arbeit der Gelehrten wie man andere nicht ganz niedrige Arbeiten schätzt, aber man versteht selten ihren wahren- Werth, der weit hinausliegt über gewisse praktische Zwecke oder über die Funktion eines Schmuckes am Gebäude der Gesellschaft, welche der Wissenschaft wohl auch noch zuerkannt wird. Es gehört längere Erfahrung als das amerikanische Volk besitzt dazu, um die viel tiefer greifende Wirkung zu erkennen, welche der Wissenschaft in jedem Volke zukommen muss, das überhaupt lernfähig ist. Der Wissenschaft liegt es ob, ihre bewährten Methoden des Denkens und Schliessens in das prak- tische Leben zu übertragen, damit sie auch hier in immer weiteren Kreisen zur Anwendung gelangen. „Kein Mangel, an dem unser Volk leidet, ist so empfindlich wie der einer weiteren Verbreitung der Ideen und Denk- methoden der exakten Wissenschaften, und nichts ist täuschender als in den Resultaten dieses Denkens nichts anderes zu sehen als Sache der Zierde, als Arabeske. Ein grosser Theil der Arbeit in unserem öffent- lichen Leben besteht in der Prüfung und Besprechung von socialen Er- scheinungen, in welcher ein sicheres Ergebniss nicht erzielt werden kann ohne die logische Schärfe der Ueberlegung, welche dem täglichen Leben gänzlich fremd ist. Was nothwendig ist, um uns vor Fehlern in dieser Richtung zu bewahren, ist nicht die blosse technische Untersuchung der Dinge, sondern die Unterweisung unserer denkenden und einflussreichen Classen in einer Disciplin, wie Mill's Logik sie enthält. Diese Logik ist verkörpert in den Methoden der wissenschaftlichen Untersuchung. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint die Wissenschaft als ein System freier Volkserziehung, welches aufrecht erhalten werden soll aus denselben Gründen wie die Erziehung des Einzelnen. Die Pflege der Wissenschaft im breitesten Sinn soll für die Zukunft unseres Volkes dasselbe leisten, was die Mathe- matik für den Ingenieur, die Chemie für den Arzt, die Mechanik für den Architekten" *). Die verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung , des Bundes sowohl als der Einzelstarten , leiden vielleicht am meisten unter dem Alleskönnenwollen und Nichtswissen. Die Klage ist sehr oft ausge- sprochen, dass man in diesen Regionen sich am schwersten von der Noth- wendigkeit besonderer Vorbildung oder Uebung für irgend einen Thätigkeits- zweig überzeugen will. Die Stärke der Papiergeldpartei im Senat und Reprä- sentantenhaus z. B. ist ein sprechender Beweis für die mangelnde wissen- schaftliche Bildung der betreffenden Politiker. Die Regierung der V. St. hat nur ein Mal die Nothwendigkeit gefühlt, sich einen wissenschaftlichen ßerathungskörper beizugesellen, der eine ähnliche Funktion wie die Aka- 1) S. Newcomb, Abstract Science in America. 1876. 123, XV, Das geistige Leben. 571 demien Europas ihr gegenüber erfüllen sollte. Es war dies im Anfang t^ des Bürgerkrieges, als eine Menge von Erfindungen neuer Kriegsmaschinen ihr vorgelegt wurde, die nicht kurzer Hand zu bewältigen waren und welche man auch nicht ungeprüft zurückweisen konnte. Damals kam man auf die Idee, eine ständige wissenschaftliche Körperschaft zu gründen, welche jede Frage aus dem Gebiet der Wissenschaften und Künste, welche die Regierung ihr vorlegen werde, zu prüfen und darüber zu berichten habe. So entstand die National Academy of Sciences, welcher 1863 vom Congress ein Rechtsbrief ausgestellt wurde. Leider war diese Organisation von vornherein nicht von der Art, um eine wirkliche Aka- demie der Wissenschaften aus ihr erwachsen zu lassen. Die Mitglieder sind so weit über das Land hin zerstreut, dass mehr als 1 — 2 Sitzungen im Jahr unmöglich sind. Eine geradezu unsinnige Bestimmung der Charter lautet ferner, dass die Akademie nie irgend eine Art von Unterstützung oder Belohnung von der Regierung für ihre Dienste erhalten solle, und sie wird so streng aufrecht erhalten, dass vor einigen Jahren sogar der Druck einer der Schriften der National Academy, der in einer Regie- rungsdruckerei bereits angefangen war, unterbrochen wurde, um diese Bestimmung nicht zu verletzen. Man begreift, dass eine Akademie, deren Mitglieder nur der geringsten Zahl nach am Orte leben, und welche keine Unterstützung von der Seite empfängt, für deren Nutzen sie gestiftet ist, bis jetzt keine erhebliche Thätigkeit zu entfalten vermochte. Eine ganz merkwürdige wissenschaftliche Anstalt, in eigenartiger Thätigkeit vortrefflich sorgend für die besonderen Bedürfnisse der jungen Wissenschaftspflege in den V. St., ist die Smithsonian Institution,^/ durch Stiftung eines Engländers geschaffen und unter Verwaltung des Bundes stehend. Ihre Hauptarbeit wird im Austausche wissenschaftlicher Veröffentlichungen und wissenschaftlichen Lehr- und Forschungsmaterials und in der Veröffentlichung werthvoller wissenschaftlicher Arbeiten ge- leistet. Es ist vor allem gewissermassen eine Vermittelungsstelle zwischen den wissenschaftlichen Vereinen, den Behörden und Privatpersonen in Europa, welche ihre Veröffentlichungen an Vereine, Behörden, Privat- personen in Amerika senden und umgekehrt. Auf diese Art knüpft es Tauschverkehr zwischen erst entstehenden gelehrten Gesellschaften und den älteren Schwestern in Europa an, und es hatte z. B. die junge Akademie der Wissenschaften in Califomien 1875 bereits eine Bibliothek von 3000 Bänden durch das Smithsonian Institute erhalten. Dies ist die Hauptthätigkeit der vortrefflichen Anstalt, aber die Veröffentlichung ihrer Berichte und Schriften ist für Amerika insbesondere gleichfalls von Bedeutung. Sie veröffentlicht jedes Jahr einen Report, in welchem mehrere monographische Arbeiten zusammengefasst sind, Arbeiten zumeist, für die der Verfasser keinen Verleger oder doch keinen gefunden hätte, der sie so schön aus- gestattet, zu so billigem Preise und in solcher Zahl verbreitet haben 572 XV. Das geistige Leben. würde, wie das Smithson'sche Institut. Wo es uöthig, zahlt es auch^Hono- rare und ist dadurch schon manchem aufstrebenden Gelehrten sehr nütz- lich geworden. Unter den Veröffentlichungen sind mit die besten mono- >/ graphischen Arbeiten über naturgeschichtliche und völkerkundliche Zustände in Amerika. An wis-senschaftlicheu Zeitschriften besitzen die V. St. in erster Linie Silliman's Journal of Science and Arts (früher von Silliman, jetzt von Dana u. A. herausgegeben) und daneben eine Anzahl von Zeit- schriften für Chemie, Metallurgie, medicinische Wissenschaften. Den Charakter einer Zeitschrift tragen auch in gewissem Sinne die Smith- sonian Contributions, welche jährlich erscheinen, dann die verschiedenen jährlich erscheinenden Reports wie der des Smithsonian Institute, der Regierungs-Surveys u. ähnl. Die Akademieschriften, deren Zahl gross, sind im Allgemeinen von geringer Bedeutung, entsprechend dem Vor- wiegen des Dilettantenelementes unter ihren Mitgliedern und den ge- ringen Mitteln, welche zu ihrer Verfügung stehen. Am bedeutendsten sind die der Boston Natural History Society. Reich vertreten sind da- gegen populär- naturwissenschaftliche Zeitschriften, die viel verbreiteter, reicher an Stoff und Ausstattung und in dem Falle des Populär Science Monthly, des Artisan u. ähnl. auch besser gemacht sind als die unserigen. Selbst Tagesblätter bringen ziemlich regelmässig populär-wissenschaftliche Aufsätze und oft aus sehr guten Federn. Eine hervortretende Eigenthümlichkeit der amerikanischen Wissen- schaftspflege ist die geringe Menge ihrer literarischen Hervorbringnisse. Man hat z. B. gesagt, dass „nicht ein Jahr vergeht, ohne dass die deutsche Presse eine ausgedehntere philosophische Literatur über Darwinismus her- vorbringt als die amerikanische in allen den Jahren aufzuweisen hat, welche seit dem Anslichttreten des Origin of Species verflossen sind" *). Es ist auch hierin ein Beweis für die noch wenig in die Breite gegangene Ent- wickelung des wissenschaftlichen Lebens in den V. St. zu sehen. Aber die Frage wird erlaubt sein, ob es als ein Mangel anzusehen sei, wenn die paar Tausend, auf deren schreibfertigen Händen und meist ziemlich hohlen, eben deshalb aber sehr leicht producirenden Geistern die grosse Masse unserer hypertrophisch angewachsenen literarischen Produktion beruht, in Amerika einem nützlichen bürgerlichen Berufe sich zuwenden? Jedenfalls ist die Armuth der Büchererzeugung der Amerikaner gerade auf diesem darwinistischem und speculativ- philosophischem Gebiet keines der uner- freulichsten Zeichen ihres geistigen Lebens. IV. Literatur. Der Ausspruch eines französischen Reisenden in den ^V. St.: Les J^tats-Unls manquent de perspective, pas de grandeur"^) findet 1) S. Newcomb, Abstract Science in America 1876. 110. 2) Ph. Chasles, Etudes sur la Litt, et les Mceurs des Anglo-Americains 1851. 6. XV. Das geistige Leben. 573 nirgends eine deutlichere Bestätigung als in der Literatur, besonders in der schönen. Der Mangel an der Perspektive einer langen Geschichte macht sich hier vielleicht mehr geltend als auf irgend einem anderen Gebiete, denn nicht bloss die Traditionen der literarischen Arbeit, sondern auch der Stoff der literarischen Darstellungen leidet unter demselben. Eine Literatur konnte nicht diesem Boden entwachsen wie -eine Pflanze, die ihre Keime in demselben hat, sondern sie konnte nur aus fremder Erde hierher übertragen und mit viel Sorge und Kunst allmählich an denselben gewöhnt werden — ganz wie die Sprache, in der sie sprechen sollte, nicht hier geworden, sondern eingeführt und ganz wie die Sitten, Anschauungen, die ganze Cultur künstlich verpflanzt, nicht selbständige, natürliche Entwickelung ist. Indem der Haupttheil der Colonisten aus Grossbritannien kam, war die englische Literatur der Stamm, welcher die Zweige lieferte, die hier eingepflanzt wurden. Bis zum Unabhängigkeits- krieg waren die Colonien in jeder geistigen Beziehung abhängig von Eng- land und dieses Band hat nur in kleinen Absätzen sich zu lösen begonnen und ist noch heute ein sehr festes. Im ersten Jahrhundert trugen die letzteren wenig Früchte und diese wenigen waren nicht schmackhaft. Die Paar Leute die sich literarische Genüsse verschaffen konnten und ^ wollten, lasen englische Bücher, und Nachahmungen von diesen waren es ausschliesslich, die im Lande selbst erzeugt wurden. Man hat leider keine Ahnung von der Zahl der englischen Bücher, die im 17. und 18. Jahrhundert eingeführt wurden, aber es ist kein Zweifel, dass die schöne Literatur zu den letzten Luxusgegenständen gehörte, die die Ansiedler zur Zierde ihres Daseins nöthig erachteten. Es ist daher auch ganz charakteristisch, dass die ersten Werke ihrer Nationalliteratur, die diesen Namen verdienten, die von Benjamin Franklin, nichts weniger als poetische Ergüsse, sondern nüchterne, didaktische Abhandlungen, aller- dings von erstaunlich gesundem Verstand, sehr klar und nützlich, waren. Es waren die Werke eines praktischen, scharfsinnigen und wohlwollenden ^ Mannes, eines Typus von gesundem Menschenverstand. Sie wurden die Muster für eine ganze Literatur von aufgeklärten, nach dem Nützlichen strebenden Schriften, welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts die Lieblingslektüre des Amerikaners waren. Jedes Spiel der Einbildungskraft war aus ihnen verbannt, ebenso jedes allzutiefe Eingehen in Fragen, die jenseits des Kreises des täglichen Lebens und der Interessen des Landes lagen. Franklin und Washington , die berühmtesten Nord- amerikaner des 18. Jahrhunderts, sind Geister von diesem massvollen, aber phantasielosen Typus. In der Literatur fand derselbe noch einen bedeutenden Ausdruck in Sir John Crevecoeur's Letters of an Ame- - rican Farmer (1772), einem Werke, das durch frische einfache Dar-' Stellung sich den Franklin'schen an die Seite stellt und mit ihnen die weitreichende Verbreitung und Volksthümlichkeit theilte. Derselbe Typus 574 XY. Das geistige Leben. ist allen den hervorragenden Nordamerikanern dieser Zeit eigen und ver- leiht ihren Briefwechseln, Denkschriften, politischen Pamphleten einen eigenthümlichen Charakter und zugleich den Vorzug der Klarheit und Sachlichkeit. So gehören die Briefe des Governor Morris und Ph. Jefferson's aus dem Paris der Revolution, die Reden und Staats- schriften T. Hamilton 's zu den hervorragenden Werken ihrer Zeit, die ebensowohl um ihrer Form als ihres bestimmten, sicheren ürtheils willen noch heute mit Interesse und Nutzen zu lesen sind. Aber sie haben nichts original Amerikanisches, sondern könnten ebensowohl von Lands- leuten und Nachahmern Addison's, Goldsmith's und Burke's geschrieben .sein. Es gilt dasselbe von Washington Irving, von dem man mit Recht gesagt hat, dass er der unamerikanischste aller bedeutenderen amerikanischen Schriftsteller sei. Er hat freilich in seinen Essays und in seinen historischen Werken amerikanische Stoffe behandelt, aber sein Herz gehörte dem England Addison's und Goldsmith's. Man lese seine Biographie des letzteren oder seine Schilderungen des englischen Land- ^ lebens im Sketch Book und man wird ganz den feinfühlenden, wohlwol- lenden, massvollen Gentleman Altenglands, aber nichts finden, was als entschieden amerikanisch hervorträte. J. Fenimore Cooper ist im ^ Gegensatz zu ihm ausgeprägt amerikanisch. Er hat zum ersten Mal die junge Geschichte der Union zum Hintergrund historischer Romane ge- macht. Er ist der erste, der das eigenthümlichste Element der ameri- kanischen Dichtung zur Geltung gebracht hat, die Anlehnung an die / Natur, die oft nur zu innig wird. Er ist ein ausgezeichneter Schilderer der Natur, ebenso treu wie packend, seine Bilder beruhen auf einer Beob- V achtung von naturwissenschaftlicher Schärfe. In seinen Erzählungen, deren Stoff meist der älteren Colonialgeschichte entnommen ist, hat die amerikanische Lesewelt einen Ersatz gefunden für den Mangel der Epopöe. Aber seine echt amerikanischen Typen aus dem Indianer-, Waldläufer- und Seemannsleben haben auch nicht unwesentlich dazu beigetragen, die Alte Welt einige der Quellen von Poesie kennen zu lehren, welche in der für poetisch öd und unfruchtbar gehaltenen Neuen fliessen. Im Gegensatz zu dieser Klarheit und Wahrheit stehen Nathanael Hawthorne's Er- zählungen und Schilderungen, die nie ohne einen mystischen Schimmer sind und bei aller Feinheit der Beobachtung etwas Blutloses haben. Ihre reine Gesinnung und vortreffliche Sprache und eine melancholische Poesie, die sie durchweht, haben H. zum Lieblingsschriftsteller besserer Leser sowohl in Nord-Amerika als in England gemacht. Mehr Kraft, aber weniger Feinheit und Durchbildung zeigen die Erzählungen von Bret ^ Harte, die übrigens gezeigt haben, dass mehr Poesie auch im modernsten amerikanischen Leben steckt als man in Europa glauben will. W. CuUen Bryant hat auf lyrischem Gebiet den charakteristisch amerikanischen Zug der einseitigen Naturliebe bis zur religiösen Naturverehrung gesteigert. XV. Das geistige Leben. 576 Sein melancholischer Ton kehrt bei Henry WadsworthLongfellow wieder, dem berühmtesten Lyriker Amerikas, der mit einer ruhigen und milden Wärme des Gefühls und mit Einfachheit und Wohlklang der Sprache eine geistige Höhe verbindet, welche ihn über die Tausende melancholischer Lyriker erhebt, deren beständiger Gesang an die mild- tönenden, aber einförmigen Froschconcerte in den Sümpfen des atlanti- schen Tieflandes erinnert. Eine schärfere geistige Physiognomie trägt indessen Ralph Waldo Emerson, der Essayist, Fragmentist und prophetisch-dithyrambische Lyriker, ein Gemisch von Denker und Dichter, beides in hohem Stil, in dessen Zeilen sich tiefe Gedanken drängen, die -^ in oft glänzender, oft barocker, aber immer anziehender und blendender Form auftreten. Er ist der kühnste und originellste v^n allen ameri- kanischen Dichtern oder Denkern; ein neuer Typus in der Literatur, der höchstens mit Carlyle zusammengestellt werden könnte. So wie er ist, ist Emerson nur in Amerika möglich, dessen Scharfsinn und prakti- >^ scher Blick in ihm seltsam zusammengehen mit den mystischen Träumen des Orients und der philosophischen Kühnheit des Occidents — ein echtes Mischprodukt der Alten und Neuen Welt. In seiner Art ist Henry David Thoreau nicht weniger amerikanisch : ein bis zur bizarren Einsiedelei leidenschaftlicher und einseitiger Naturfreund, ein praktischer - Rousseau, in der Schilderung oft von wunderbarer Feinheit, Vertiefung und Glut, aber wie im Leben, so im Stil dem Seltsamen oft zu eifrig nach- jagend. Edgar A. Poe ist als Schilderer des Gespenstischen und Räthselhaften ausserordentlich wirksam. Er hat einige der besten Cri- minalgeschichten geschrieben, die es gibt. Als Lyriker ist er an Kraft seines Ausdruckes in einigen der besten Sachen unerreicht. Sein Baren ist eines der öftest deklamirten und citirten Gedichte der Amerikaner. John G. Whittier und James R. Lowell sind als politische Lyriker vorzüglich in der Zeit des Kampfes gegen die Sklaverei von grosser Wirk- samkeit gewesen. Beide haben als Essayisten sich hervorgethan. Es gehört zu den Erscheinungen, die man erwartet, dass der Geschicht- schreibung eine bedeutende Rolle zugetheilt ist in dem geistigen Schaffen eines politisch so begabten und thätigen Volkes. Man besitzt zeitgenös- sische Aufzeichnungen aus den beiden ersten Jahrhunderten ihrer Ge- schichte, die Seitenstücke zu den spanischen Conquistadoren-Geschichten bilden. Auf die theilweise sehr feinen und geistreichen Memoiren aus der Revolutionszeit wurde schon hingewiesen. Aber die Geschichtschreibung als Kunst ist erst in unserem Jahrhundert zu pflegen begonnen. William n. Pr esc Ott (1716 — 59) hat die nordamerikanische Geschichtschreibung durch seine Werke über das Zeitalter der Entdeckung, Eroberung und Besiedelung Mittel- und Südamerikas zuerst in Europa bekannt gemacht. George B an er oft (1800—1877) hat die vollständigste und quellen- mässigste Geschichte der V. St. geschrieben (10 Bde. 1834 — 74). George 576 XV. Das geistige Leben. Ticknor (1791 — 1871) verdankt man die beste Geschichte der spani- schen Literatur. John L. Motley (1814—77) ist in seinen Werken über den niederländischen Unabhängigkeitskrieg durch Geist und warme, glänzende Darstellung ausgezeichnet. Unter den Geschichtswerken über . die Staaten oder Staatengruppen der Union steht Palfrey's History of New England allen voran. Die Kunst der Beredsamkeit findet in den Staatseinrichtungen ^ der V. St. volle Gelegenheit sich zu bilden und zu entfalten. Sie wird als Lehrgegenstand in den Schulen gepflegt und die jungen Männer üben sich in den Behating Clubs im ölfentlichen Reden. Aber Beredsamkeit ist ebensosehr Naturgabe wie jede andere Kunstbegabung und die Nord- amerikaner zeigen durch die Flüssigkeit ihrer Rede, durch ihre thatsäch- liche, bestimmte Redeweise und andererseits durch den oft sogar ins Lächerliche gehenden Flug der Phantasie, zu dem sie sich bei Gelegen- heiten erheben können, dass diese Gabe nicht selten bei ihnen ist. Dagegen lässt sich voraussehen, dass jene Zierden des Redners, welche einerseits nur aus dem gründlichsten Wissen und andererseits nur aus der Ver- feinerung der Sitten hervorgehen können : der Reichthum und die Auswahl der Thatsachen, das Masshalten sowohl in den Behauptungen als in den Mitteln der Einwirkung auf seine Hörer, am ehesten den Rednern dieses Volkes fehlen werden. Ebenso kann man erwarten, dass die Verführung zum Vielsprechen und Sichwiederholen bei dem so sehr regen politischen Leben häufig sein und manche Begabung in die Breite und Verflachung führen werde. Unter den Rednern der Revolutionszeit werden Patrick Henry und James Otis als die grössten genannt. Unter den Späteren gilt Daniel Webster mit seiner gediegenen, zusammengefassten und doch feurige^ Rede für den eigentlich classischen Redner. Durch feine /Form, geistvolle Gedanken und Dialektik glänzte John C. Calhoun. Als Meister in der vielgeübten Kunst der Denkreden gilt Edw. Everett. Als Kunstredner vom Fach, die öffentliche Vorlesungen für alle möglichen Zwecke halten, sind Wendeil Phillips und Henry W. Beecher berühmt. Unter den politischen Rednern der neueren Zeit wird die Palme Charles Sumner und Karl Schurz gereicht. Von den zahlreichen hervorragenden Kanzelrednern ist Channing auch als origineller Denker und feiner Stilist bemerkenswerth , der durch seine moralphilosophischen Schriften einen grossen und heilsamen Einfluss auf die nordamerikanische Gesellschaft geübt hat. Unter den theologischen Schriftstellern sind noch Edwards (1703 — 58) und Theod. Parker zu nennen. An politischen Schriftstellern weisen naturgemäss die V. St. den grösstmöglichen Reichthum auf. Aber mehr noch als bei anderen Völkern hat die Tagesschriftstellerei diesen Zweig der Literatur geschädigt, indem sie zu Eintagserzeugnissen drängt und den politischen Geistern die Ruhe nimmt, die zu classischen Hervorbringuugen nöthig. Der grösste XV. Das geistige Leben. 577 auf diesem Gebiet ist AI. Hamilton, der den grössten Theil der Auf- sätze für den berühmten Federalist lieferte, ein origineller Denker und feiner Stilist, ein Staatsmann, „der zu denen gehört, welche die leitenden Gedanken und die Grundbedingungen einer Regierung, die ihres Namens und ihrer Aufgabe würdig ist am besten verstanden". (Guizot). Sein Gegner Thom. Jefferson hat mehr geschrieben als er, aber- als Schrift- steller erreichte er ihn nicht. Bei einem Rückblick auf den Gesamm tcharakter der Literatur der V. St. fällt vor allem die im Vergleich zu anderen Colonien (man denke an die geistige Unfruchtbarkeit Brasiliens, Mexicos u. s. f.) grosse '^ Menge der literarischen Werke auf. Wir denken dabei nicht an die ungezählten Tausende von Lyrikern (wohl meist Frauen), die kaum ein einziges Zeitungsblatt gedichtlos in die Welt wandern lassen, sondern an die wirklich hervorragenden. Die Dichter und Schriftsteller, die wir im Vorangehenden skizzirt haben, besitzen eigenartige literarische Physiogno- mien und ihre Namen und theilweis auch ihre Werke (man denke an Irving, Cooper, Longfellow, Prescott, Motley) sind im Ausland wohl bekannt. Diese Thatsache ist neu in der Geschichte moderner Colonien und ist daher der literarischen Begabung nnd Empfänglichkeit des Volkes der V. St. zuzuschreiben. Kann man aber schon von einer Nationalliteratur sprechen? Nicht mit vollem Recht. Die nordamerikanische Literatur entbehrt nicht gewisser gemeinsamer Züge, die den meisten ihrer Grössen eigen sind: die bis zum Naturgottesdienst sich erweiternde Liebe für die "^ Natur (Thoreau, Bryant, Emerson, Cooper), welche in prächtigen Natur- schilderungen Ausdruck findet; eine weiche melancholische Stimmung, die, unzufrieden mit der prosaischen Welt, in das Reich der Träume, flüchtet (Bryant, Ha\\ifaiorne, Poe, Longfellow) auf der einen, ein begeistertes Er- fassen alles Modernen, bis auf die Maschinen und Eisenbahnen, um es poetisch zu verklären (Emerson, die politischen Dichter, Bret Harte) auf der anderen Seite, sind solche kennzeichnenden Züge. Der vielgenannte amerikanische Humor zeigt sich bei seinen besten Vertretern wie Washington Irving und Oliver W. Holmes in warmherzigen, mitfühlenden Schilderungen von Personen und Zuständen , denen nur eben soviel leise Ironie beigemischt ist, um die Grenze zwischen Sentimentalität und Humor nicht nach der Seite der ersteren zu überschreiten. Es ist ein drolliger Humor. Aber bei den sog. echten amerikanischen Humoristen, die in ihrem Lande sich einer gewaltigen Popularität erfreuen, wie Artemus Ward, Mark Twain u. V. a., ist mehr Wortwitz und Uebertreibung als wahrer Humor. Ihr einziger Zweck ist lachen zu machen und diesen suchen sie unter Umständen sogar durch orthographische Schnitzer u. dgl. zu erreichen. Das beliebteste Mittel ist aber die Uebertreibung, die dem amerikanischen Geist überhaupt sehr naheliegt. Man kann ihnen K a t z e 1 , Amerika II. nn 578 XV. Das geistige Leben. wohl ein starkes Vorwalten des epigrammatisch zugeschärften Verstandes (Emerson, die Humoristen, die Redner) zugesellen. Aber alle diese Gaben sind noch nicht in hochclassischen Werken zum Ausdruck gebracht und sind bei den hervorragendsten Vertretern der Literatur mit mehr oder weniger deutlicher Abhängigkeit von altweltlichen Mustern vermischt. Im originellsten von allen, Emerson, kehrt Carlyle und mancher Anklang an Deutsches Wieder, in Cooper W. Scott, in Poe Balzac, in Irving Addison und Goldsmith, in Longfellow Tennyson, Uhland u. a. Auch ist die nord- amerikanische Literatur noch zu arm, um der Nation zu genügen. Man ist zweifelhaft, ob Scott oder Cooper zu ihrer Zeit populärer waren, aber nicht zweifeln kann man, dass die Geschichten Dickens' und Thackeray's populärer waren als die Hawthorne's und Poe's. Ganze Gebiete liegen brach. Von dramatischer Dichtung ist nichts Nennenswerthes vorhanden, ebenso ist das Gebiet des Epos unangebaut. Von Volksliedern kann man kaum reden ^). Aber auf der anderen Seite ist im Vergleich zur Jugend der Nation ihre Literatur eine achtungswerthe. Man kann von der Welt- literatur sprechen und dabei alles auslassen, was in der Neuen Welt s. vom 30. Breitegrad gedichtet und gedacht worden ist, aber man würde unvollständig sein, wenn man dabei vermiede auf die V. St. einzugehen. Was die Stellung der Literatur zum Volke anbetrifft, so erfreuen sich die Dichter und Schriftsteller trotz des alles beherrschenden Geschäftsgeistes wohl nicht geringerer Achtung als irgendwo in der Alten Welt. Man mag in Nord- Amerika das praktisch Nützliche über alles halten, aber es wird viel gelesen und das Schöne findet auch hier seine Schätzer. Sogar mit Staatsämtern sind Dichter wie Hawthorne, Lowell, Bret Harte und Geschichtschreiber wie Bancroft und Motley ausgezeichnet oder belohnt worden. Auch ist es für die Literatur nicht unwesentlich , dass der Amerikaner nicht bloss liest, sondern auch kauft ^), und jedenfalls lässt die Nation keinen ihrer grossen Geister am Hungertuch nagen. Das materielle Geschick der amerikanischen Dichter ist kein ungünstiges. Man sieht nach alledem keinen Grund, warum nicht die V. St. eine Literatur von wachsender Bedeutung entwickeln sollten. Es fehlt, wie 1) Die Nationalhymne Hau Cölumhia ist noch künstlicher als solche Gedichte überhaupt zu sein pflegen und der wohl mehr gesungene Yankee Doodle ist eine geschmacklose Burleske. Ein volksthümliches choralartiges Lied auf John Brown (s. 0. S. 92) begeisterte die Nordstaatlichen im Bürgerkrieg. 2) Von Prescott's Conquest of Mexico sind nach Lyell's Angabe (Travels v^l845. L 264) 4000 Exemplare zu 6 D. im ersten Jahr nach dem Erscheinen abgesetzt worden — ein bei einer vorwiegend hart arbeitenden Bevölkerung von ca. 20Mill. fast unglaubliche Thatsache, die allerdings dadurch' einigerraassen erklärlich wird, dass auch bestimmte Bücher fashion werden und dann noth- wendig von einem anständigen Mann besessen oder mindestens gekannt sein müssen. XV. Das geistige Leben. 579 wir sehen, weder an den Gaben, noch an den nothwendigen äusseren. Bedingungen. Was aber die schon erwähnte Klage wegen des dem ameri- kanischen Leben angeblich innewohnenden Mangels an Poesie betrifft, so lassen wir hier noch einen amerikanischen Dichter sprechen, der aller- dings in seinen eigenen Werken den besten Beweis geliefert hat, dass dieser Mangel, wo er auftritt, nur subjektiv ist. John G. Whittier sagt in seinem reizenden Essay über den schottisch - amerikanischen Natur- dichter Dinsmore (Prose Works 1866. L) Folgendes : „Wir (Neuengländer) haben keine Lieder. Amerikanisches Stillleben hat nie die Weihe und Ver- klilrung der Poesie erfahren. Wir haben keine Yankeepastorale. Unsere Bäche und Flüsse drehen Mühlräder und führen Flösse zu Thal und sind auch in mancher anderen Hinsicht ganz so nützlich wie die schottisclien, aber keine Ballade, kein einfachstes Lied erinnert uns, dass Männer und Frauen auch an ihren Ufern sich fanden, liebten, aus einander gingen, dass unter jedem Dach in ihren Thälern Lust und Leid des Lebens empfunden wurde. Unsere Poesie ist kalt, eine Nachahmungspoesie, erscheint mehr wie das Produkt eines überspannten Geistes als wie der unwillkürliche Erguss von Herzen voll Liebeswärme, von Herzen, die tief mitfühlen, was Menschliches um sie webt, was die Menschen empfinden und leben, die alle Tage um uns sind. Ihre Aeusserungen sind dunkel wie Orakelsprücke, sie will prophetisch sein, sie .spricht von seltsamer, unbestimmter Sehnsucht und Empfindung. Schaut sie nach den ge- wöhnlichen Zuständen und Erscheinungen in der Natur, so ist es nur, um irgend eine unbestimmte Analogie zwischen ihnen und den inneren Erfahrungen herauszufinden. Sie gibt thatsächliche Kenntniss und Be- greiflichkeit auf, um geistergleich um die ewig verschlossenen Thore der Geheimnisse zu schweben. — Wie sollen wir nun diese Tendenz in der Literatur eines praktischen, vielgewandten Volkes erklären? Entbehrt das Leben in Neuengland jener Grundbedingungen der Poesie, welche vielleicht Zeit, Ehrfurcht, Aberglaube in der Alten Welt geschaffen haben? Kann in unseren Thälern kein Tempe noch Arcadien gefunden werden und sind sie nur gut, um Mais, um Kartoffeln zu tragen? Ist unser Volk zu kühl, zu vorsichtig, zu verschlossen, um den Stoff zu Gesängen und Geschichten zu liefern, und sind seine mundartlichen und bildlichen Rede- weisen nicht das Medium, um Gefühl mit Pathos auszusprechen? Es mag so sein. Aber immer ist der Yankee ein Mensch und als solcher muss in seiner Geschichte, könnte man ihn erfassen, mehr oder weniger poetischer Stoff verborgen sein und am Ende, ob er es weiss oder nicht, hebt er sich doch immer vom Hintergrund einer schönen und grossen Natur ab. Dem Alltäglichsten in seinem Leben und Weben muss eine poetische Seite abzugewinnen sein und wer ihn näher studirt, wird an seiner anscheinend so prosaischen Existenz eine Idylle finden. Als Volk im Ganzen rühmt man uns die Fähigkeit nach, rasch den Kern der Dinge 37* 580 XV. Das geistige Leben. zu erfassen, aber unseren Poeten scheint sie zu fehlen. Können sie nichts aus unserem Ernt- und Dankfest, dem alljährlich wiederkehrenden Tag des Wiedersehens lang getrennter Verwandten und Freunde, machen? Finden sie nichts für sich in den ländlichen Festen, im Beerensuchen, Maisschälen, Aepfelernten, in den Sommerausflügen und den winterlichen Schlittenfahrten ? Ist denn nichts für sie in Klima, Landschaft, Sitten und Gesetzen dieses Landes ? Tritt der Yankee hart, schlau, voll Speculations- geist ins Leben, pallasgleich für alle Kämpfe und Prüfungen gewappnet? Haben wir nicht Buben und Mädchen, Schulfreundschaften und Liebeleien, Freien und Geloben, Furcht und Hoffnung und alles Spiel menschlicher Leidenschaften — Gewinn- und Ehrsucht, Sünde und Strafe, Reue und Läuterung? Wer kann sagen, dass wir nicht allen Kern der Poesie hier haben? Es ist nur ein ungeöffneter Schacht, ein ungeerntetes Saatfeld." V. Kunst. In den ersten 100 Jahren der Colonien trat hinter der gebieterischen Forderung der ersten Nothwendigkeiten des Lebens alles zurück, was auf die Ausschmückung desselben Bezug hatte. In denjenigen Colonien, welche den grössten Einfiuss auf die Richtung des öffe«ntlichen Geistes in Nord-Amerika übten, den neuengländischen, galt die Verschö- nerung des Lebens durch Kunsterzeugnisse irgend welcher Art sogar als unberechtigt. In diesen starren Reformern zitterte noch etwas vom Geist der Bilderstürmerei nach. Selbst Portraits wurden selten gesehen. „Die Kraft und Energie dieser alten Puritaner hat allerdings ihre Spuren dem Lande aufgedrückt, aber wir zweifeln, ob irgend welche andere von ihren Eigenschaften so lange das Uebergewicht behauptet haben, wie ihre ent- schiedene Abwendung vom Schönen und ihre vollständige Vernachlässigung der Kunst. Bis auf den heutigen Tag sind die Spuren ihres vorherr- schenden Einflusses in dieser Richtung in manchen Theilen des Landes noch zu erkennen"*). Was die Malerei anbetrifft, so wird 1715 als das Jahr genannt, in welchem zum ersten Mal ein Maler, John Watson, in Perth Amboy seine Werkstätte aufschlug. Gleich allen Malern von Copley und West war er nichts anderes als ein besserer Schildermaler. Wenn Fähigkeiten vorhanden waren, fehlten doch die guten Muster und die Käufer. Copley soll bis zu seinem 30. Jahr kein gutes Bild gesehen haben und Trumbull rieth einem Schüler, „lieber Schuhe zu machen oder Kartoffeln zu hacken als in diesem Lande Maler zu werden". In der That gingen die wenigen künstlerischen Talente, die Nord-Amerika im 18. Jahrhundert erzeugte, dem Lande verloren. Copley, West, Stuart, die bedeutendsten von ihnen, verliessen das Land, sobald sie einen Ruf gewonnen hatten. An ihre Stelle treten im Anfang unseres Jahrhunderts einige Landschaftsmaler, welche die vorher fast unbeachtet gebliebenen Reize der amerikanischen Landschaft: die glühenden Sonnen- / 1) The Progress of Painting in America, N. Am. Rev. 1877. CXXIV. 452. XV. Das geistige Leben. 581 Untergänge, die Herbstfärbungen, die Urwaldscenen in einer Weise malten, welche einheimische Landschaftsbilder zu einer Leidenschaft des Publikums werden Hessen. Doughty ist der erste, der diese Stoffe mit grossem Geschick auffasste. Gifford, Inness, Johnson werden in erster Reihe unter seinen Nachfolgern genannt. Diese landschaftliche Richtung be- ^^ herrschte die amerikanische Malerei bis vor etwa 20 Jahren. Wenn sie sehr viel Mittelmässiges geliefert hat, so ist doch unter allen Umständen die Anregung hochzuhalten, welche sie dem Naturgefühl gegeben hat. Auch war sie die berechtigste Kunstform in einem Volke, dessen junge Ge- schichte arm ist an grossen , zu malerischer Darstellung begeisternden Momenten. Mit der gesellschaftlichen Gährung durch rasches Anwachsen des Reichthums, stärkeres Eindringen europäischer Sitten und Anschau- ungen, zunehmende Corruption im politischen und Ueberspeculation im wirthschaftlichen Leben, änderten sich auch diese ruhigen idyllischen Neigungen. Man kann die Krise von 1857 und die ihr folgenden Jahre sammt der Kriegszeit von 1861 — 65 als die Zeit bezeichnen, in der diese Umsetzung sich stärker zu zeigen begann, und ihr entsprach eine gleich- zeitige starke Aenderung des künstlerischen Geschmackes, die in ihrem engeren Bezirke auch nicht viel weniger als eine Umwälzung bedeutete. Die Summen, die für Kunstgegenstände ausgegeben wurden, verzehnfachten sich in Kurzem, Kunstsammlungen schössen nur so auf und wurden Specu- lationsgegenstände wie alles andere. Die Einfuhr von Kunstsachen aller Art aus Europa gewann dabei am meisten *), aber auch die einheimischen Künstler w'urden viel mehr beschäftigt als früher. Diese zwang die Vor- liebe ihrer Kundschaft für Europäisches zur Nachahmung von Mustern, die man bisher kaum gekannt hatte, und es datirt von dieser Zeit jene Mannigfaltigkeit der Stile und Versuche, welche, sehr unähnlich der Einseitigkeit der früheren landschaftlichen Richtung, der amerikanischen Kunst plötzlich einen vielseitigen, aber auch schwankenden Charakter auf- prägt. Optimisten nennen denselben die Renaissance der amerikanischen Kunst. So viel lässt schon heute sich sagen, dass die für das amerika- nische Volk im Ganzen, bezeichnende Mischung der Rassen sich auch hier zur Geltung bringt, denn nicht bloss deutsche (Bierstadt, Leutze) franzö- ^ sische, spanische etc. Namen haben die Museen und Ausstellungen von New York und Boston aufzuweisen, sondern es entsprechen denselben auch offenbar die i^harakteristischen Begabungen der betreffenden Völker. Nach allen Analogien wird diese Mischung der Begabungen und Bestrebungen sich vorwiegend zunächst in grosser Vielseitigkeit der Bestrebungen äussern, aus der im günstigen Falle unter Ueberwindung der Besonderheiten der verschiedenen Muster, die man sich vorhielt, eine neue Richtung hervor- , 1) An Gemälden, Statuen, Farbendrucken und Photographien wurden 1877 im Hafen von New York 625 930 D. eingeführt. 582 XV. Das geistige Leben. gehen kann, für die vielleicht die Erfinderischkeit der Amerikaner im Technischen eine eigenthümliche neue Grundlage schaffen könnte. Von allen bildenden Künsten ist die Baukunst durch die Masse öffentlicher Bauten, welche an allen Regierungssitzen errichtet wurden, die Kirchen u. dgl. am meisten gefördert worden. In den ersten Jahr- zehnten der "Republik baute man die ersteren fast nur in griechischem > und römischem Stil (das grossartigste Beispiel dafür, das Kapitol in Washington, ist nicht ohne edle Grösse, wenn auch stellenweise entstellt), während für Kirchen der gothische in allen denkbaren Abwandlungen immer der beliebteste blieb *). Der herrschende Natursinn prägt sich in der Vorliebe für einen gewissen pittoresken, lebhaften, landschaftlichen Charakter aus, den man den Bauten zu gehen sucht. So ist bei vielen ,/ Kirchen der idyllische Charakter alter englischer Landkirchen nachgeahmt, so gleicht das Smithsonian Institute in Washington einem grossen pitto- resken Complex von Klostergebäuden u. s. f. In den grossen Parkanlagen gibt sich entschiedener Geschmack kund. Ein See von 1 e. Q. M. inmitten einer Stadt, wie in Providence R. I. , die alten Ulmen in den Strassen v/ von Portland Me. oder Cambridge Mass. sind sehr nach dem Geschmack des Amerikaners. An reizenden Landhäusern ist in der Umgebung grösserer Städte nirgends Mangel.. Mit dem Hereinbrechen des Luxus v/in das öffentliche und Privatleben seit etwa 30 Jahren hat für repräsen- tative Zwecke auch ein üppigerer Stil Eingang gefunden. Regierungs- gebäude, Banken, grosse Handelshäuser u. dgl. werden jetzt mit Vorliebe 1) Leider sind die Kirchen in den V. St. durchschnittlich ebenso klein als zahlreich. Mächtige Dome, wie man sie in den katholischen Ländern und vor y allen auch in den grösseren Städten Mittel- und Süd- Amerikas findet, sind eine ganz seltene Erscheinung. Nur New York rühmt sich , seit Kurzem in seiner von den Katholiken erbauten 334' langen und hohen Kathedrale aus weissem Marmor eine Kirche zu besitzen, die an Pracht und Grösse mit jenen gross- artigen Werken wetteifern kann. Aber die Kirchen der vorherrschenden Con- fessionen, also die grosse Masse, sind von Einzelnen oder Gesellschaften für kleinere Kreise erbaut, bleiben ihr Eigenthum und sind zum grössten Theil von ^ den geschlossenen Sitzen (Pews) eingenommen, welche den einzelnen Familien gehören, Miteigenthümern der Kirche oder für dieselben Bezahlenden. Für das grosse nicht bezahlende Publikum wird ein je nach dem Reichthum der be- treffenden Gemeinde, Sekte oder Gesellschaft grösserer oder kleinerer Raum auf den Galerien oder im Hintergrund angewiesen. Jene geschlossenen Sitze werden verkauft wie jedes andere Eigenthum und ihre Preise schwanken je nach der Gemeinde, der Sekte, der Nähe bei der Kanzel, der Beliebtheit des Geistlichen, der in der Kirche predigt u. s. f. In vielen Fällen gehören diese Sitze der Kirche , welche sie vermiethet. Ihre Inhaber zahlen eine jährliche Steuer für die Bestreitung der oft sehr behaghchen Ausstattung, Erwärmung und Beleucli- tung der Kirclie und des Gehaltes des Geistlichen. XV.. Das geistige Leben. 583 in irgend einem späteren Renaissancestil gebaut, möglichst reich und kräftig gegliedert. Die französischen Mansardenbauten haben sich epide- misch in allen jüngeren Stadttheilen von Boston bis San Francisco ver- breitet. Wie sehr die vorzüglichen Materialien der Baukunst zu gute kommen, bedarf keiner Hervorhebung. Das Eisen findet sehr häufige An- wendung. Für die Bildhauerei ist sicherlich ein guter Boden in einem Lande, wo die Denkmalmanie wahrscheinlich stärker grassirt als irgendwo in Europa. Auch scheint etwas Sentimentales, Abstraktes im gewöhn- lichen amerikanischen Kunstgeschmack sich sehr zu den Marmorbildern liingezogen zu fühlen. Leider sieht man bis jetzt wenig gute Denkmäler ; die meisten grossen Männer, die man in Erz oder Marmor auf den Plätzen der amerikanischen Städte stehen sieht, haben eine fatale Familien- ^ - bzw. Fabrikähnlichkeit, und eine gewisse sentimentale, neuerungssüchtige Unruhe ist gerade der Kunst der schönen Ruhe am wenigsten günstig. Unter den zahlreichen Bildhauern werden R. Ball Hughes, LR. Rogers, Miss H. Hos m er am häufigsten genannt Bei manchen schönen Leistungen soll eine gewisse Unselbständigkeit, die übrigens begreiflich ist, ihnen allen gemein sein. Die Musik als Kunst und als populäre Kunst hat, man darf wohl sagen, erst durch die Deutschen Eingang in den V. St. gefunden. Die Amerikaner haben offenbar den englischen Mangel an musikalischer Begabung in reichem ^ Masse mitbekommen und die neuen Einflüsse des Landes und der Rassen- mischung haben bis jetzt nichts Eigenartiges auf diesem Kunstgebiete entspriessen lassen. Es müssten denn die Riesenconcerte mit Kanonen und tausendfachen Hammerschlägen sein. Auch ist die gute öffentliche Musik noch vorwiegend deutsch und die Verbreitung des Geschmackes für gute Musik gehört zu den allseitig anerkannten Verdiensten der Deutschen'). Es hängt diese Rückständigkeit zum Theil mit der Ab- neigung zusammen, mit der man das Theater behandelte. Theater-^ spielen war bis 1794 in Massachusetts verboten. 1793 sah eine Gesellschaft, die einen Stall zum Theater umgewandelt hatte, in Boston sich gezwungen, ihre Stücke als Moral Ledures anzukündigen, um nicht straffällig zu werden. Die Einführung der Oper in den V. St. wird von der ersten Darstellung der „Lucia" in New York (1844) datirt. Trotzdem hat Nord- Amerika einige hervorragende Schauspieler erzeugt und Shakespeare ist in Boston eben so heimisch wie etwa in Liverpool. Aber es entspricht ganz dem Wesen des Volkes, dass bei den Vorstellungen selbst classischer Stücke nicht der harmonische Gesammteindruck das Anziehende ist, sondern die Leistung irgend eines berühmten Schauspielers, der dabei- ' 1) M. Wagner gibt in seinen Reisen in Nord-Amerika (1854. H. Cap. XV) w^ eine interessante Schilderung dieser Kunstmission der Deutschen in Amerika. 584 XV. Das geistige Leben. nur Coulissenreisser zu sein braucht. Daher das sog. Star Systmn, nach v/ welchem alle Theatergruppen zusammengesetzt sind: eine oder zwei Be- rühmtheiten und alle Uebrigen Stümper. Zu eigenen dramatischen Her- vorbringungen haben sich unter diesen Verhältnissen die Dichter natürlicli nicht begeistern können. Man spielt Anpassungen von europäischen Stücken. VI. Die Presse. Die erste Zeitung in Nord- Amerika waren die Publick Occurences, welche 1690 in Boston monatlich erschienen. Benjamin Franklin, der dem Zeitungswesen zuerst geistigen Halt gab, veröffentlichte 1728 — 65 die Pennsylvania Gazette. In Philadelphia erschien 1784 die erste tägliche Zeitung. Der Federalist von Hamilton, Madison und Jay, drei der grössten Redner und Staatsmänner ihrer Zeit, entfaltete in der Verfassungskrise von 1787 eine Wirkung von solcher Grösse, dass ihm ein hervorragender Platz in der Geschichte jener Zeit gebührt. 1816 erschien das erste von jenen religiösen Wochenblättern, die jetzt eine. so hervorragende Rolle in der Tagesliteratur spielen. In den 30er Jahren kam das System der Pennyblätter auf, die durch massenhafte Verbreitung gewaltig auf die tieferen Schichten des Volkes wirkten, dadurch aber die Gefahr nur verstärkten, die aufklärehde Aufgabe der Presse in eine demagogisch aufwühlende zu verwandeln. In den 40 er Jahren gab es schon eine ganze Anzahl von grossen Blättern, welche vorzüglich in der Schnel- ligkeit ihrer Nachrichten wetteiferten. Der Vertrag von Guadalupe Hidalgo (1849) wurde z. B. durch den N. Y. Herald früher veröffentlicht als er sogar in Regierungskreisen bekannt war. Die Erfindung des interviewen v^am Mitte der 50er Jahre und wurde bald eine lästige Manie*). 1848 wurde die Vereinigung der N. Y. Associated Press begründet zum Zweck billiger Beschaffung rascher Nachrichten. Dieselbe hat heute ihr Netz über die ganze Erde gespannt. Sie zahlte 1872 200000 D. für Kabel- telegramme. Ueberhaupt hat der Telegraph die Thätigkeit der Presse in den V. St. ungeheuer gesteigert. Ihre Leistungen in den aufgeregten Zeiten des Bürgerkriegs sind als so bedeutend für die Sache der beiden kämpfenden Theile anerkannt worden, dass die Presshyperbel fast wahr- scheinlich klingt, „die Zeitungen seien nur hinter den Armeen selbst au Thätigkeit, Aufopferung und Erfolg zurückgestanden". Seitdem sind sie aber auch in den ausseramerikanischen Angelegenheiten von einer erfolg- gekrönten Thätigkeit gewesen, welche man nicht mit Unrecht den europäi- schen Blättern als Muster empfohlen hat. Man braucht nur an die Berichte vom deutsch -französischen und orientalischen Kriegsschauplatz, . 1) Der erste regelmässig intervieivte soll Gerrit Smith gewesen sein, der- selbe, welcher 1859 in das John Brown'sche Unternehmen gegen Harpers Ferry verflochten war. Der im Conversationston abgefasste Bericht des interviewenden Correspondenten des N. Y. Herald machte eine sensationelle Wirkung , welche rasch zur Nachahmung anspornte. (F. Hudson, Journalism in the U. S. 563.) XV. Das geistige Leben. 585 an die Leistungen H. E. Stanley's, des Afrika-Forschers, an die Thätig-^ keit amerikanischer Journalisten in dem von ihren europäischen Fach- genossen nie besuchten Mittel-Asien u. dgl. zu erinnern. Ueber ilir quan- titatives Wachstlium hat zuletzt F. Steiger ') verlassliche Notizen gegeben, der für Ende 1872 8081 periodische Blätter in den V. St. namentlich verzeichnet 1878 wurde ihre Gesammtzahl auf 818:> angegeben. Die nordamerikanische Presse ist in hohem Grade verschieden von dem, was man in Europa und besonders in Deutschland mit diesem Namen belegt. Aeusserlich haben die amerikanischen Tagesblätter durch die ge- schickte Mache, vorzüglich was den Reichthum, Mannigfaltigkeit und die möglichst abwechselnde Zurichtung des Stoffes anbelangt, ferner in dem Streben nach lebliafter, unterhaltender, selbst sensationeller Form am meisten Aehnlichkeit mit den pariser und wiener Durchschnittsblättern. ^ An Reichhaltigkeit, an lebhafter, unterhaltender Schreibweise und manch- mal auch an Gediegenheit des Inhaltes stehen selbst die Lokalzeitungen, welche nur ein- bis dreimal die Woche erscheinen, der entsprechenden deutschen Presse weit voran. Aber an Gehalt und Ziel sind sie trotzdem weit von jenen verschieden. Und der Unterschied läuft vorzüglich auf folgende Punkte hinaus: Innigere Beziehung zu dem politischen Leben und folgerichtig zu den Parteien; ausserordentlich weite Gelesenheit, besonders nach der Tiefe der Volksmasse hin; Streben nach möglichst rascher Vermittelung der Neuigkeiten und möglichst grosser Menge der- selben. Die nordamerikanische Tagespresse will mit der energischen \^ Einseitigkeit, die so bezeichnend für jedes Wirken des Nordamerikaners, auf welchem Gebiete es sei, demTage dienen. Rasch zu verbreiten, ix was der Tag verlangt und was er bietet, nicht mehr und nicht weniger, das ist ihr Ehrgeiz. Von Unparteilichkeit könnte unter diesen Ver- hältnissen keine Rede sein, auch wenn nicht das politische Leben in dem Kampfe der Parteien fast restlos aufginge. Aber die Tagesblätter sind mit verschwindenden Ausnahmen Parteiorgane und selbst diejenigen, denen ein bedeutender Redakteur den Stempel seines Geistes aufprägt, werden dadurch nur weniger schablonenhaft, bleiben aber ganz so entschieden Parteiblätter wie alle anderen. Es schliesst dies nicht aus, dass Tages- blätter daneben auch anderen Interessen dienen und sogar in viel weiterer Ausdehnung als bei uns. Einige vertreten Confessionen oder Sekten, andere Nationalitäten, andere Classen und Stände (Farmers, Gross- industrielle, Geldleute), andere sogar Rassen; aber die Parteischeidung greift so tief ein, dass ein Lossagen von derselben im Allgemeinen nicht möglich ist. Finden wir doch selbst in Zeitungen, die nur der religiösen Erbauung dienen wollen (meist Wochenschriften) fast in jeder Nummer Abschweifungen ins politische Gebiet, ebenso in landwirthschaftlichen und ' 1) The Periodical Literature of the U. S. 1873. 586 XV. Das geistige Leben. technischen, ja fast in allen periodisch erscheinenden Blättern. l)ass es an Geist in dieser Presse und selbst an Charakter nicht fehlt, geht schon daraus hervor, dass sie die Schule aller Politiker ist. Untadelhafte ^'Charaktere selbst der jüngsten Zeit, wie Greeley und Schurz, sind Jour- nalisten gewesen und mancher bedeutende Staatsmann wurde wieder Editor, wenn er von seinem Amte zurücktrat. Der geistig bedeutendste Amerikaner des 18. Jahrhunderts, Benjamin Franklin, war Zeitungsmann! Aber diese Leute ändern die Methode des amerikanischen Journalismus nicht und in der Regel sind nicht ihre Blätter die geschäftlich erfolgreichsten. Dazu kommt, dass es eine grosse nicht nur unabhängige, sondern beherrschende Zeitung, wie es in Europa häufig die Blätter der Hauptstädte sind, in den V. St. schon der grossen Entfernungen wegen nicht geben kann. Sie sind alle mehr oder weniger Lokalblätter. Selbst die new-yorker Blätter sind ausser der Stadt nur noch im Staate von Bedeutung und nur einige ganz hervorragende erhalten in ihren Sonntags- und Wochenausgaben eine weitere Verbreitung. Es ist eine oft erwähnte Thatsache, dass die Sitte des N/ Zeitungslesens hier in viel tieferen Schichten hinabreicht als irgendwo in Europa') und es erklärt daher schon der bedeutende Absatz, den dieselben finden, ihr massenhaftes Auftreten. Nach statistischen Mitthei- lungen aus dem Jahre 1869 (denen man natürlich nur eine annähernde Richtigkeit zuschreiben wird) existirten damals in den V. St. 63 Zeitungen 1) Einen merkwürdigen Beweis für die ünentbehrlichkeit der Presse bei den Nordamerikanern liefern die Armeezeitungen welche bei keinem Feldzuge fehlten; so wurden z. B. 1846 — 48 ein Pioneer in Monterey, eine American Flag in Matamoros, ein Sentinel in Tampico, ein Eagle in Veracruz, ein Star in Jalapa, ein Anglo-Saxou in Chihuahua und noch manche andere heraus- gegeben. So erschienen unmittelbar nach der Einnahme von New Orleans durch Banks. (1863) Zeitungen der Eroberer auf die Rückseite von Tapeten gedruckt. Sogar eine Excursionsgesellschaft von Boston nach S. Francisco via Pacific R. R. s/ aus etwa 150 Köpfen bestehend , liess sich im Jahr 1870 während der ganzen Reise ein Tagblatt drucken, und führte für diesen Zweck eine vollständige Druckeinrichtung mit sich. Der Journalismus breitet sich dabei auf Gebiete des Lebens, und nicht bloss des öffentlichen aus, wo wir ihn noch lange nicht kennen. Die regelmässig erscheinenden Wochenschriften der Studenten und- Studentinnen der Colleges — sogar die Schüler des Taubstummeninstituts von n/ Louisiana haben ihren Deaf Mute Pelikan — deren manclie dieser höheren Schulen mehrere besitzen, sind keine Kneipzeituugen wie bei uns, sondern zum grössteu Theil ernstgehaltene Repertorien des studentischen Lebens, in denen mancher Artikel Zeugniss ablegt von der frühen Reife des Geistes und der früherworbenen Fähigkeit, öffentliche Fragen zu behandeln, Dass dabei manches Jugendliche mit unterläuft ist nur zu natürlich, aber im Allgemeinen überwiegt auch hier ein Lebensernst, den wir auf dieser Stufe bei uns nicht zu suchen ptiegen. Staatsmänner wie D. Webster haben in solchen Collegeblättern ihre journalistischen Sporen verdient. XV. Das geistige Leben. 587 die mehr als 20000 Abnehmer zählten. In New York gab es 6 Blätter, die zusammen eine Auflage von über 1 Million hatten, in Philadelpliia . hatten 3 Blätter zusammen 857 000 Abnehmer. Diese weitverbreiteten Blätter waren Wochenblätter, aber von den hervorragenden new-yorker Morgenzeitungen hatte die Tribüne eine Auflage von 43000, die Sun von 47 000, die News von 48000, der Herald von 68000, und von jenen 63 Zeitungen waren überhaupt 12 tägliche Ausgaben. Aber dieses Ent- gegenkommen des Publikums würde die Presse nicht so üppig gedeihen lassen, wenn nicht aus anderen Quellen ihr beträchtliche Nahrung zuflösse. Das Anzeigewesen ist hier bedeutend höher entwickelt als in Deutsch- u^ land, wie sich bei dem ungemein energischen regsamen Handelstrieb von selbst versteht*). Viele Artikel finden ja nur Abnehmer, wenn sie ohne Unterlass in der auffallendsten Weise angezeigt werden; die Patentmedi- cinen, welche in dieser Gruppe eine hervorragende Stelle einnehmen, bringen manchem Blatte tagtäglich zwei bis drei Spalten voll Anzeigen ; v^ jüngere Aerzte und Anwälte, die nicht dauernd annonciren, Eisenbahn- und Dampferlinien, die nicht tagtäglich ihre Fahrtenpläne bekannt machen, Wirthe, die nicht sehr oft in den Anzeigespalten ihre Freunde zu häufigem Besuch ermahnen, existiren für das grosse Publikum gar nicht. Bis zu einem gewissen Grade herrscht hier in dieser Beziehung eine Anschauungs- weise, die der deutschen geradezu entgegengesetzt ist. Es schadet einem Geschäfte nicht, wenn es sich in einer marktschreierischen Weise anzeigt, ^ welche bei uns sofort Misstrauen erwecken würde. Dass die grossen Geschäfte jahraus jahrein bestimmte Spalten des Anzeigetheils für ihre Anzeigen gepachtet haben und ihre Empfehlung zum Ueberfluss noch auf jeden Zaun und Stein im Lande pinseln lassen, gereicht ihnen in den Augen der Amerikaner nur zum Lob und Vortheil. Es ist erstaunlich, wie gefüllt mit Anzeigen selbst die Winkelblättchen in den kleineren Städten sind. Viele würden sich ohne dieselben gar nicht halten können. Grosse Anzeigeagenturen wie in Deutschland und anderwärts gibt es hier nicht. Die grösseren Blätter halten Reisende für diesen Zweck und die kleineren setzen die Geschäftsleute ihrer näheren Umgebung in Contri- 1) Das System mit Geschäftsanzeigeu sogar die freie Natur zu verunstalten, welches zuerst in England zum Zweck der Ersparung der Einrückungskosten aufgebracht wurde ist in den V. St. zu einer wahren Landplage ausgewachsen. ^^ Jeder Fels, jede Klippe, jeder Zaun, sogar Punkte, an die schwer hinzugelangen / ist, sind mit fusslangen Lettern, meist Geheimmittelanzeigen, bekleckst. Ausser- dem sind in den Städten selbst Mauern, Säulen, das Innere der Wagen, die Gänge der öffentlichen Gebäude mit Plakaten tapezirt und in den Zeitungen ist das Anzeigewesen zu einer Massenhaftigkeit und gleichzeitig einer fast wissen- schaftlichen Gliederung und Methodik entwickelt wue selbst in England nicht. Man behauptet, dass die nordamerikanischen Zeitungen 5 mal soviel Anzeigen enthalten als die englischen. 588 XV. Das geistige Leben. butioii. Gewöhnlich ist der Country Editor kein sehr zartfühlendem Mann v-Tind weiss sein Blattchen gefürchtet zu machen; würde ihm einer den Tribut einer Anzeige verweigern, so könnte er schlecht dabei wegkommen, zumal der Herr Editor in fast allen Fällen aussichtsreicher Candidat für dieses und jenes Amt ist. Im 41. Congress gab es 8 Journalisten im Senat und 26 im Kepraseutantenhaus , und dass aus diesem Element oft schon mehr als die Hälfte einer Staatslegislatur sich zusammensetzte, ist That- sache ^). Da an die Zeitungen sehr oft die Versuchung herantritt, von einem Mann oder einer Gesellschaft für Zwecke gekauft zu werden, welche nicht ganz und gar mit den öffentlichen Interessen zusammenfallen, denen die Zeitungen naturlich alle zu dienen vorgeben, und da die weitaus meisten besonders von den grösseren Blättern diesen Versuchungen erliegen, denkt man von der Moral der Redakteure im Ganzen nicht sehr hoch, lässt sich aber mit der charakteristischen Unbekümmertheit von derartigen Bedenken nicht im mindesten stören, wenn es an die Wahlen geht. Manchmal bringt ein günstiger Zufall einen ehrenhaften und fähigen Mann gerade an die Spitze eines solchen kleineren Blattes, der aus mehr als blossem Geschäftsinteresse sich anstrengt, den Lesern etwas Ordentliches zu bieten. Hier, wo ein politisches Leben, das tief in die Interessen aller Bürger eingreift, den Zeitungen einen grossen Einfluss und dem, was sie sagen, Kraft und Saft thatsächlicher Bedeutung verleihen, haben sie einen viel präciseren, praktischeren Zweck. Es ist nicht immer gut und schön, was sie sagen und noch weniger ist es die Art und Weise, wie sie es sagen, v/aber es hat einen Zweck. Da unser politisches Leben natürlicherweise den kleineren Zeitungen nicht so viel Stoff und Anregung bietet, ergibt sich ganz von selbst für sie die Aufgabe mannigfaltigerer Stoffzusammenstellung, interessanterer Schreibweise, vor allem gediegener, ernsthafter Haltung. ^/Man kann sie als ein Volkslesebuch ansehen, von dem jährlich ein Band Blatt für Blatt veröffentlicht wird, während die amerikanischen Lokal- blätter Mittel zum Zweck der politischen Aufrüttelung und Wachhaltung des Volkes sind. Dieser Unterschied beschränkt sich aber nicht auf die Lokalblätter. Die Idee einer Zeitung, welche sich den politischen Ereig- nissen gegenüber, statt Agitator und Agitationsmittel zu sein, wesentlich referirend verhält, ist den Nordamerikanern durchaus fremd; ein Blatt, das grossen Werth auf gute Correspondenzen aus dem In- und Auslande legen würde und dessen Leiter dem Leser nicht ihrUrtheil, sondern nur v 1) 1861 ernannte Lincoln nicht weniger als 6 Journalisten zu Gesandten bzw. zu Generalconsuln und zwar wurden die Posten in Paris, Rom, Coustanti- nopel, Rio, La Paz und Kairo mit denselben besetzt. Der Eigenthümer des N. Y. Herald hatte die pariser Gesandtenstelle abgelehnt. 1872 war Greeley vom Präsidenten Grant zum Gesandten in London bestimmt gewesen und 1878 wurde der berliner Posten dem Herausgeber der N. Y. Times angeboten. XV. Das geistige Leben. 589 die Materialien zur unabhängigen Bildung desselben darbieten, würde hier gewiss keinen Beifall finden. Das innere politische Leben in der Gemeinde, dem Staate und der Union gibt immer Stoff genug zu pikanten Leitartikeln und über die Zustände der fremden Völker hält man sich für ganz genügend informirt, wenn man über die wichtigsten Vorkommnisse dann und wann ein Telegramm vorfindet. Nur die grössten Blätter haben in letzterer Richtung sich entschieden gebessert. Die Mache einer nordamerikanischen Zeitung ist immer die folgende : Kurze Leitartikel und Leitartikelfragmente, die in der Regel sehr ge- schickt, witzig, pikant, aber in den Fällen, die ausserhalb des Gebietes der Parteipolitik liegen , meist ohne p]rnst und nicht mit hervorragender Sachkenntniss geschrieben sind ; sehr ausgedehnte Lokalberichte ; eine Masse kurzer Notizen als Mannigfaltiglceitcn, Vermischtes etc.; zahlreiche Telegramme und endlich eine Masse Reclamen, die diesen bevorzugten Platz bezahlen, nehmen den Raum einer Zeitung über dem Redaktions- strich ein. Theater- und Concertberichte, Auszüge aus Predigten und Vorlesungen und in seltenen Fällen eine Correspondenz aus irgend einem europäischen Lande schieben sich zu Zeiten dazwischen. Handels-, Schiff- fahrts- und Börsenberichte nehmen stets einen grossen Raum ein und Anzeigen sind auf allen den vier oder acht Seiten zu finden. Ein Feuil- leton im europäischen Sinn ist nicht vorhanden, aber in den Sonntags- nummern, und bei grösseren Blättern auch in anderen Nummern, finden sich sehr mannigfaltige Mittheilungen belletristischer und populärwissen- .^chaftlicher Gattung. An Achtung, die man ihr zollt, steht die Presse hier bei aller Freiheit, deren sie geniesst, und die man praktisch unbeschränkt nennen kann, thatsächlich weit tiefer als die deutsche, englische oder französische. Unter den grossen und einflussreicheu Tagesblättern der V. St. sind nur wenige, von denen ein anständiger und einigermassen gebildeter Mensch irgend eine Nummer mit voller Befriedigung lesen könnte. Keines stellt sich die Aufgabe möglichst objektiv, wahrheitsgetreu und gründlich zu sein und in seiner Haltung jene gewisse Würde zu wahren, die wir am wenigsten bei einem Diener der öffentlichen Interessen missen möchten. Jedes dient rückhaltlos einer Partei, jedes will so rasch als möglich seinen Leserkreis ^ erweitern und thut dies, indem es zu den Vorurtheilen der Masse oder zu Classenvorurtheilen herabsteigt; jedes will so viel als möglich und so rasch als möglich berichten und wird durch den Wetteifer in dieser Richtung von jeder Rücksicht auf Wahrheit ui;d Gründlichkeit weggedrängt. Die Cor- ruption der Presse ist eine nicht minder complicirte Erscheinung als die des ganzen politischen Lebens. Nicht ihre Käuflichkeit allein oder vorzüglich bedingt diese Corruption; dieselbe ist nur eine Seite von ihr und nicht die wichtigste. Der Mangel an Anstand und Ehrgefühl ist in der Presse wie im ganzen politischen Leben die verdächtigste und häss- 590 XV. Das geistige Leben. lichste Erscheinung und dass das Publikum im Ganzen ihn nicht fühlt, dass es sich so wohl behagt bei der Lektüre der Gemeinheiten, die ihm Tag für Tag geboten werden, und an diesen Blättern noch etwas Rechtes zu haben glaubt, macht diesen Mangel doppelt empfindlich. Man muss sich am Ende doch sagen, dass die popuLären Blätter mehr oder weniger das bieten, was dem Volk gefällt. Wendet man sich den periodischen Erscheinungen zu, welche über das alltägliche Lese-, Aufregungs- und Antreibungsbedürfniss hinausgehen , so bemerkt man eine Besserung sowohl in Form als Gehalt. Der Reiz nach Sensation, der Wunsch Auf- sehen zu machen, fehlt auch hier gar nicht, aber der Ton ist ruhiger, die Prüfung gründlicher, das Urtheil abgewogener. Schon die zahlreichen v^Wochenausgaben der Tagesblätter machen in der Regel einen besseren Eindruck als die Tagesausgaben. Einige politisch - literarische Wochen- blätter sind sehr gut geschrieben und anständig. Merkwürdig tief stehen aber überall noch die Witzblätter, von denen trotz des so regen politischen Lebens bis jetzt kein einziges grössere Bedeutung gewonnen hat. Die Literatur der illustrirten Montlüys ist reich und weist einige gut bediente ^und gut geleitete Organe auf. Das Atlantic Montlily ist die Revue des Deux Mondes des feineren Lesepublikums in den V. St. Die englischen ,/Quarterlys sind achtungswerth vertreten in der North American Bevieiv (seit 1815). Von aussergewöhnlicher Verbreitung sind Fachzeitschriften aller Art, besonders landwirthschaftlicher und industrieller Gattung. Einige wissenschaftliche Zeitschriften, vor allen das American Journal of Science and Arts (seit 1818) gehören zu den auch in der europäischen Gelehrten- welt wohlangesehenen Erscheinungen ihrer Art. 1) Gewisse, sehr einflussreiche Blätter wie Horace Greeley's New York Tribüne verdankten die hohe Stellung, die sie einnahmen, fast ausschliesslich \/ihrer Wochenaiisgabe , die 6 mal so verbreitet war wie die täghche. Während der moralische, sogar oft ideale Ton des Blattes der Handels- und Industrie- atmosphäre von New York sehr wenig entsprach, sagte er dem hart arbeitenden Farmer des Inneren um so mehr zu. Durch ausserordentlich niedrige Preise (2 Doli.), den sehr hohe Anzeigegebühren aufwogen, erreichte diese Wochenzeitung zeitweihg Auflagen von über 200 000, allerdings nur in der besten Zeit, als Greeley das officielle Haupt einer grossen Partei, einer der populärsten Männer der Union und ein geschickter Redner war, der in ausgedehnten Lecture Trips persönlich Reklame für sich und sein Blatt machte. XVI. Das Volk •und die Gesellschaft. I. Das Volk. Schwierigkeit, den Begriff H^ordauierikaner zu bestimmen 591. Die zwei historischen Schichten 592. Die Zusammensetzung des Volkes der V. St. 592. Aneignung und Aufsaugung der fremden Elemente 595. Stellung . der Deutschen 596. Volkstypen 598. — IL Der Einzelmensch. Anthro- pologische Merkmale 600, Körperlicher Verfall 601. Geistige Merkmale 603. Die Frühreife und das frühe Altern 604. Freier und gebundener Geist 605. Volksstimmung 606. Geistige Bereitschaft, Beweglichkeit, Reiselust, Liebe zum eigenen Herd 606. Die Ermüdung im Aeusseren. Die Höflichkeit und Frauen- verehrung 607. Die Frau 608. Sittlichkeit 610. Familie 612. — IIL Die Ge- sellschaft. Die 3 Culturzonen 614. Die Gesellschaft des W. 615 Die gesellschaftliche Gleichheit 617. Die Aristokratie 621. Gleichartigkeit der Sitten 622. Einfluss von New York 622. — IV. Die Physiognomie des äusseren Lebens. Zerstreutheit der Culturmerkmale 622. Rascher Wechsel 623. Schönheit 624. Charakter der Städte und des städtischen Lebens 625. Das flache Land 629. Ruinen 630. Die Neigung zum Grossen 630. I. Das Volk. Ein Mann, der viel über Nord-Amerika geschrieben und neuen Vorurtheilen über dasselbe Nahrung gegeben hat, indem er die alten zu zerstreuen suchte, hat das geflügelte Wort in die Welt gesandt : „Die V. St. sind ein neues Reich, aber ein altes Volk" ^). Den Vordersatz ^ versteht man,, aber den Nachsatz muss man dahin erläutern, dass er die Ilerübernahme altweltlicher Lebensformen, Anschauungen, Bildungselemente u. s. w. meint. Ist es aber darum gerechtfertigt, das Volk der V. St. alt zu nennen? Nur Gründe der rhetorischen Wirkung vermöchten dies, mit denen die kühle Erwägung der Dinge nichts zu thun hat. Wahrer ist jedenfalls der Ausruf eines anderen Franzosen: „Man beruft sich auf Amerika; ich kenne nichts widerwärtigeres als diese Lobsprüche, die man einem kleinen Kinde ertheilt. Lasst es erst wachsen" ^). Will man die Völker classificiren , so sind jedenfalls die Nordamerikaner als junges Volk unter die jüngsten zu stellen. Sie selbst weisen sich diese Stel- lung zu. Jung sind sie als Bewohner ihres Landes, von welchem sie weite Strecken kaum ein Menschenalter inne haben; jung in ihrer 1) Laboulaye, Hist. des Etats Unis. 1870. I. 35. 2) J. de Maistre, Consider. sur la France 1797. 65. 592 XVI. Das Volk und die Gesellscliaft. ethnographischen Zusammensetzung aus zahlreichen Völkern und Rassen, deren Verschmelzung noch lange nicht vollzogen sein wird ; jung in ihren gesellschaftlichen, wirthschaftlichen und politischen Einrichtungen, die voll Neuerungen sind, welche theilweise sich selbst und allesammt ihre Rück- wirkung auf das werdende Volk noch zu erproben haben; jung in ihrer Armuth an denjenigen Besitzthümern, die naturgemäss nur im Lauf einer langen Entwickelung erworben werden: geschichtliche, literarische, künst- lerische, wissenschaftliche Grösse. Wir haben in allen diesen Richtungen ernste Anläufe kennen gelernt, die Grosses versprechen, aber es sind v/ Anläufe und man kann nicht sagen, was dieses Volk noch werden und leisten wird. Nord -Amerika hat bis jetzt nur zwei Schichten in seiner Geschichte und in der zeitlichen Aufeinanderfolge seiner Bevölkerungen aufzuweisen. Die unterste, die indianische, haben wir kennen gelernt; sie ist grossen- theils von der rasch anwachsenden europäisch- amerikanischen bei Seite gedrückt oder wird Avenigstens so dicht von derselben bedeckt, dass sie nur noch im W. an einigen Punkten hervorsieht, wo jene noch dünn ist. Inwieweit sie sich erhalten oder verdrängt oder aufgesogen werden wird, haben wir oben Cap. III zu bestimmen gesucht. In der Cultur des Landes ist sie gegenwärtig ohne Bedeutung, aber auf die Zusammensetzung der Bevölkerung des W. übt sie eine nicht unbedeutende Wirkung, wie die 40000 Mischlinge anzeigen, welche ihre Statistik verzeichnet (s. o. S. 160). Was die zweite Schicht anbetrifft, die noch im Wachsen ist, so haben wir ihre Zusammensetzung bereits als eine sehr bunte kennen gelernt. Wir haben die Landesangehörigkeit der von 1820 — 76 Eingewanderten verzeichnet (S. 163) und haben gesehen, dass, wenn man die Bevölkerung der V. St. in ihre Elemente £erlegt, 54 Proc. auf den britischen (wovon 46 Proc. ursprünglicher Stamm), 16 auf den irischen, 13 auf den deutschen, 12 auf den afrikanischen Antheil entfallen (S. 169). Der Rest von 5 Proc. vertheilt sich auf die Franzosen, Spanier, Chinesen etc. Der letzteren dürfte es ca. 0,13 sein. An Indianern kommen ca. 0,5 Proc. hinzu. Wir haben den verschiedenen Werth dieser Bestandtheile zu bestimmen gesucht (S. 167 f.), dabei aber hervorgehoben, dass der unbe- dingt herrschende derselben immer der angelsächsische bleibt. Dieser macht englische Sprache, Sitten und Anschauungen herrschend in den V. St. und jenen Bruchstücken ist es nur gegönnt, leichte Aenderungen dieses herrschenden Typus nach einer oder anderen Richtung hervorzu- rufen. In dieser Beziehung kommen am meisten ins Spiel: ihre Verthei- lung, ihre Beschäftigung, ihre Bildung und der Grad ihrer Verwandtschaft mit dem anglo- amerikanischen Charakter. Suchen wir diese kurz zu überschauen : ^ 1. Die Irland er. Sind am stärksten in NewYork, den s. Neuengland- Staaten und Californien; in allen grossen Städten sind sie in erheblicher u XVI Das Volk und die Gesellschaft. 593 Zahl vertreten. Ihre Beschäftigungen suchen sie mit Vorliebe in den Gewerben, der Fabrikarbeit, der niederen Taglöhnerei in den Städten. Einflussreich sind sie in den höheren Beschäftigungen, in der Presse und im Anwaltstand und dadurch in der Politik, üeber ihre Bildung und Beziehung zu den Amerikanern s. o. S. 167 und 169: 2. Die Deutschen. Am stärksten vertreten im W.: Wisconsin, Missouri, Illinois, Minnesota, Nebraska, Texas umschliessen grosse Massen von Deutschen. Kleinere Gruppen finden sich in Ohio, Pennsylvania und Indiana. Auch sind sie in den Grossstädten sehr stark vertreten, vor allem in New York. Ihre Hauptbeschäftigung ist Landwirthschaft, besseres städtisches Gewerbe und Handel. Ein bedeutender Theil des Grosshandels in den Seestädten ist in ihren Händen. Für alle höheren Beschäftigungen, die gründliche Vorbildung verlangen, Aerzte, Apotheker, Ingenieure, Che- miker, Bergleute, Lehrer, liefern sie das beste Material und ihre Cultur- bedeutung wird dadurch eine hervorragende. Dagegen macht sie ihre mangelhafte Bemeisterung der Landessprache sowie die ihnen mit dem germanischen Individualismus angeborene Uneinigkeit wenig geeignet zur v- politischen Thätigkeit, allerdings mit einigen hervorragenden und ehren- vollen Ausnahmen. Vgl. o. S. 163 f. und u. S. 596 '). 3. Von Franzosen linden sich Reste der in den früher französi- schen Theilen von Nord-Amerika Angesiedelten noch am stärksten in Louisiana und gehen von da in die Nachbarstaaten hinein; dann in Illinois und Missouri. Aufgesogen sind längst die an Zahl nicht erheb- lichen französischen Ansiedler von Florida und S. Carolina (Hugenotten). Neuer Zufluss von franko-amerikanischer Bevölkerung ist in neuerer Zeit in Gestalt von Tausenden von Fabrikarbeitern aus den französischen y Theilen von Unter -Canada und Neubraunschweig nach den Neuengland- Staaten gekommen. Alle diese französischen Elemente zeichnen sich aus durch die geringe Stärke ihres Unternehmungsgeistes, durch ihre geringe Beweglichkeit, ihr Festhalten am Alten, Gewohnten. Sie sind in keiner Weise dem germanischen Amerikaner gewachsen im geschäftlichen Leben, xiber sie erwerben andererseits eine gewisse Widerstandskraft durch ihren >/ Zusammenhalt. Sie fühlen sich nur in Massen behaglich. Ihre Lieblings- beschäftigung ist der Ackerbau. Die Franzosen, welche seit der Zeit eingewandert sind , dass Frankreich seinen politischen Halt in Nord- Amerika verloren (es wanderten von 1820 — 76 300000 Franzosen ein), sind wohl zu Va Elsässer und Lothringer, die sich meist dem Landbau 1) Nach der neuesten Zusammenstellung besassen die Deutschen 1879 in den V. St. 451 Zeitschriften, worunter 79 Tageszeitungen. Die deutsche Presse ist am stärksten vertreten in New York, Pennsylvania, Illinois, Ohio, Wisconsin und Missouri. Ganz ohne deutsche Blätter sind die Territorien und die Staaten N. Carolina, Florida, Alabama, Mississippi, Maine und New Hampshire. R a t z e 1 , Amerika II. qq 594 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. im W. zugewandt haben. Die eigentlichen Franzosen haben sich zu einem grossen Theile den bekannten Lieblingsbeschäftigungen in den Städten zugewandt, wo man sie als Gastwirthe, Haarkräusler, Schneider, Sprach- und Musiklehrer u. s. f. nicht selten findet. Der Versuch einer französi- schen Communistensekte eine französische Ansiedelung im W. zu gründen ist misslungen. 4. Die spanische und portugiesische Einwanderung ist gering. Sie betrug von 1820 — 76 34000. Dafür ist ein nicht geringer Rest von altangesiedelten Hispano -Amerikanern und hispanisirten Indianern und Mestizen in den früher spanischen Landestheilen, hauptsächlich in Neu- Mexico, Californien und Texas zu finden. Mehr noch als in den anderen spanisch - amerikanischen Ländern ist in diesen bis vor Kurzem zu den entlegensten und wenigst einladenden Provinzen zählenden Theilen das Mischlingsthum überwiegend. Reine Spanier sind selten. Es ist ein ganz besonderes Geschlecht: „Unter den reicheren (bzw. älteren) Familien ist der indianische Zug fast ganz verschwunden. Die Züge sind etwas dick, aber der Gesichtsausdruck ist mild. Die Farbe ist dunkel, meist bronze- artig, dr.s Haar ist schwarz und straft'. Von den Männern sind viele hübsch, hochgewachsen, breitschulterig, starkknochig, gesund und lang- lebig. Männer und Weiber w^erden im Alter fleischig. Sie sind gut- müthig, mild und gefällig gegen ihre Freunde, aber ganz out of i^lace unter den Amerikanern, welche besonders im Geschäft zu schlau für sie sind. Statt mit der Entwickelung des Landes an Reichthum zuzunehmen, sind die Spanisch - Californier rasch ärmer geworden und besitzen nicht mehr V20 von dem Grund und Boden, den sie 1848 hatten. Damals besassen sie fast alles, jetzt ist kein einziger leitender Kaufmann unter ihnen. ... Sie bilden jetzt eine kleine ohnmächtige Minderheit in einem Volke, das ihnen weit überlegen ist in Geschick für Ackerbau und Gewerbe und in Geschäftskenntniss , das ihren Reichthum aufsaugt und sie als Untergeordnete betrachtet und behandelt. Viele hassen die Nordameri- kaner. In den Grafschaften, wo die spanische Bevölkerung stark war, herrschte zu mancher Zeit in den Jahren 1853 und 54 fast der Zustand offenen Bürgerkriegs. Die meisten Spanisch-Californier leben am Lande; ihr Hauptbesitz besteht in Land und Heerden und die Hauptbeschäftigung der niederen Classen ist das Hüten der Heerden" *). Diese Beschreibung, welche zunächst die Spanisch-Californier im Auge hat, findet eben so gut Anwendung auf die spanischen Texaner, Neumexikaner etc. Man hat mehrere verächtliche Ausdrücke für sie. In Californien nennt man sie Greasers, in Neumexiko Gringos. Wie man aus dieser Schilderung sieht, ist ihre Culturbedeutung gleich Null. Dagegen ist ihr Einfluss auf die Rasse nicht unbedeutend. Ihre schönen und gesunden Weiber erzeugen 1) Hittell, The Resources of California 1874. 40 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 595 mit Amerikanern zahlreiche Kinder und es ist dies einer der Wege, auf denen nicht nur spanisches, sondern auch indianisches Blut in die Adern des neuen nordamerikanischen Volkes eingeführt wird. Auch scheinen sie sich in die englische Sprache rascher hineinzufinden als die Franzosen. Andererseits sind aus der ihrigen zahlreiche Wörter in das amerikanische Englisch übergegangen, vorzüglich Ausdrücke für topographische, bergbau- liche, landwirthschaftliche Dinge. Von den zahlreichen kleineren Volk er splittern, die ausser diesen der immer noch unfertigen Masse der Bevölkerung der V. St. durch die Ein- wanderung zugeführt werden, haben wir o. S. 163 die bedeutendsten namhaft gemacht. Sie verlieren sich natürlich noch rascher im Ameri- kanerthum als jene durch Zahl oder Beharrungskraft stärkeren Elemente. Aber auch diese zerfallen vielleicht nirgends so rasch in ihre Einzel- existenzen, die sich so bald als möglich der amerikanischen Nationalität anzuschliessen suchen, als hier. Das raschere, rücksichtslosere amerika- nische Leben tritt mit starken Forderungen an den europäischen Ein- wanderer heran, die dieser nicht gewöhnt ist. Wir haben es als ein in hohem Grade fortreissendes, aneignendes kennen gelernt. Er wird vom Strudel des fremden Lebens erfasst und für einige Zeit in die Tiefen gerissen, aus denen emporzutauchen nur nach geraumer Zeit gelingt. Wie viele gehen dabei ganz unter! Dieses unfreiwillige Untertauchen ist fast v ' nothwendig mit dem Aufgeben manches Bandes verknüpft, das der Ein- wanderer aus seiner Heimat mit hinübergebracht hatte. Mit mancher Zurückgebliebenheit, Ungeschicklichkeit, falschen Auffassung der Dinge u. s. f. legt er auch schon in dieser ersten Feuerprobe manches von dem ab, was ihn zum Deutschen, Franzosen etc. macht. Es ist die Vorschule des Amerikanerthums , die er hier durchmacht, und gewöhnlich entlässt ihn die harte Nothwendigkeit nicht eher aus derselben, als bis er sich vorgenommen, heimische Sprache und Sitte so rasch wie möglich abzu- '" streifen und mit grösster Geschwindigkeit den Process der Amerikanisirung an sich zu vollziehen. Es imponirt ihm so vieles, er muss bei so manchen P>scheinungen des alltäglichsten Lebens die Ueberlegenheit der Ameri- kaner gerade in den zum praktischen Leben nothwendigen Dingen aner- kennen , dass er allzuleicht Pessimist der Vergangenheit und Optimist der Zukunft gegenüber wird. Dies gilt am meisten von jenen, die durch Intelligenz und Charakter zu voller Theilnahme an der Culturbewegung des amerikanischen Volkes befähigt sind, während die minder Fähigen, vor allem die Franzosen, sich instinktiv abschliessen und (wie sich in Canada, Louisiana, Missouri so trefifend zeigt) durch die Abschliessung zwar ihr Volksthum bewahren, aber gleichzeitig so ohne alle Rückwirkung ' auf die umgebenden Völker bleiben, so gründlich versteinern und herunter- kommen, dass man sich fragen muss, ob diese zähe Bewahrung ihrer • 38* 596 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. Sprache und Sitten, die für sie ohne Zweifel einen Nachtheil, ein Zurück- gehen bedeutet, für ihr Volk im Grossen noch von irgend welcher Bedeu- tung ist. Jeder, der diese Völkerfossile kennt, muss die Frage verneinen. Und am Ende werden doch auch sie vom Strome zersetzt und fort- geführt *). 1) Was speciell unsere Landsleute betrifft, für welche von optimistischer, oder besser, phantastischer Seite sogar die Aufgabe eines transatlantischen Neu-Deutsch- land gestellt ward, so möge es hier gestattet sein, einige Worte zu wiederholen, die ich 1875 nach unpartheiischer Betrachtung ihrer Lage und Aussichten nach Deutsch- land schrieb: Unsere Landsleute bauen das Feld eines fremden Volkes. Mit allen Schulen, Zeitungen, Dichtern, Lehrern, Rednern und was sie alles aufbieten, geht ^uns die zweite Generation zum grossen Theil, die dritte vollständig und rettungslos verloren. Nie wird deutsche Sprache und Gesittung in den V. St. eine feste, sichere Stätte finden, nie sich einwurzeln können. Die kräftigen, gesunden deutschen Naturen werden das Blut des Yankeevolkes zwar auch in Zukunft auffrischen helfen, und herablassend verleiht ihnen dieses die Gnade, sich als Amerikaner betrachten zu dürfen, und die Söhne des grössten europäischen Volkes schmeicheln sich, dass diese unvergohrene Nation sie gar unter gewissen Einschränkungen als ihres Gleichen ansehen will. Hohe Ehre! Ich behaupte nicht zu viel, wenn ich sage : Es ist heutzutage für einen Deutschen, der etwas v^ auf sein Volk hält, die Reise durch die V. St. eine Kette von traurigen Er- fahrungen, von Demüthigungen und Enttäuschungen. Aeusserst wenig Licht- punkte sind in dieselbe eingeflochten. Die Sache ist so höchst betrübend, man muss nach den Ursachen forschen, ob vielleicht dort etwas Tröstliches zu finden ist. Leider findet man bald, dass es nur die Schattenseite eines unläugbaren Vor- zuges, der unsere Landsleute zu der raschen Ablegung der heimischen Sprache und Sitten disponirt. Sich in das Wesen eines fremden Volkes so zu schicken, dass man aus den Culturerrungenschaften desselben nicht geringeren Vortheil zieht, als seine eigenen Angehörigen, erfordert Verstand, Fleiss und Ausdauer und eine Fähigkeit, alte Ideen und Anschauungen mit neuen zu vertauschen, welche einer gewissen geistigen Beweglichkeit entfliesst, die unter den geistigen Gaben einen höheren Rang einnimmt als man gewöhnlich ihr zuzuweisen geneigt ist. Die Deutschen haben diese Gaben und sind durch sie ein colonisirendes Volk geworden, dessen Leistungen in Europa von keinem anderen Volke erreicht werden. Aber der Deutsche schickt sich nicht allein in fremde Zustände, er fügt sich ihnen leider auch viel mehr als nöthig, bückt sich und kriecht selbst in vielen Fällen, wenn es nicht anders geht, um sich an sie anzupassen. Es bleibt abzuwarten, in wie weit sich dies durch die hohe Stellung ändern wird, welche wir jetzt unter den aktiven Völkern einnehmen. Diese unschöne Gabe hilft ihm indessen keineswegs soviel als er meint; auf den untersten Stufen kann sie nützlich werden, aber weiterhin schadet sie, zumal sie sich mit Zwie- tracht und Neid paart, die wie ein Fluch auf allen Unternehmungen ruhen, welche die Deutschen in der Fremde mit vereinten Kräften anstreben. Die verhältnissraässig ungemein geringe politische Bedeutung der Deutsch-Amerikaner erklärt sich aus dieser Thatsache, eben so ein grosser Theil der Verachtung, XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 597 Die Mischehen zwischen Einheimischen und Ausländern sind schon in der ersten Generation häufiger, als sich erwarten lässt. Der Census von 1870 gibt in einer Bevölkerung von 38 558371 als im Ausland geboren 5 567 229, als Kinder von zwei im Ausland geborenen Eltern 9 734845 mit der der Amerikaner (wenn er nicht mit Absicht den Angenehmen spielt) noch immer auf den Diitchman herabschaut. Natürlich ist damit nicht geläugnet, dass letzterer auch ungerechte Vorurtheile, Verständnisslosigkeit, Missgunst u. dgl. zu Grunde liegen, denn der Durchschnittsamerikaner ist in vielen Beziehungen national noch hornirter als der Franzose. Bei alledem müsste der Deutsche bei seiner Zahl, seinem Wohlstande, seinen grossen natürlichen Gaben hier in den V. St. schon längst eine ganz andere Stellung einnehmen, wenn ihm nicht eine Apathie gegenüber den allgemeinen Interessen, den höheren Interessen der Gesammtheit eigen wäre, welche ihn fast überall, wo er nicht heerdenweis auf- tritt, zu einer politischen Null macht. Er erweitert nicht gern seinen Horizont über den Kreis der Gemeinde hinaus, in der er lebt, wo möglich nicht einmal über die Grenzen seiner vier Pfähle. Er liebt viel weniger als der Amerikaner die Phrasen, das Schaumachen mit Gesinnungen und edeln Absichten, das ruhe- lose und zwecklose Agitiren, ohne das hier zu Land weder im Kleinen noch im Grossen ein politischer Erfolg zu erzielen ist. Seine bedeutendsten Grössen stehen dem sogar feindlich entgegen. Der Amerikaner kann sehr gescheit sein und doch die Dinge nicht sehen wie sie sind, sondern wie sie sein sollen oder wie er sie haben möchte, der Deutsche ist seiner Natur nach realistisch, forschend, grübelnd. Er sieht zu viel vom wirklichen Wesen der Dinge, um auf den Schein AVerth zu legen, der für die Politik hier alles ist. Nichts scheint mir den Deutschen, gerade wie er dem Anglo -Amerikaner, dem feurig aber oberflächlich denkenden und handelnden gegenübersteht, schärfer zu charakterisiren, als die Eigenschaft einer certain probity, jener gewissen gründlichen Ehrlichkeit, welche der geistvolle R. W. Emerson in seinem Essay über Goethe uns nachrühmt. Aber diese macht keine guten Politiker in Amerika. Dann ist auch nicht zu ver- gessen, dass die Deutschen hier keinen vollkommenen gesellschaftlichen Orga- nismus bilden. Die weitaus grösste Zahl kommt arm herüber und bemüht sich sorgfältig, Geld zu machen, wobei die, welche an Bildung und Geist und an Vaterlandsliebe hervorragen, in der Regel am wenigsten Erfolg haben. Wer reich wird oder eine einflussreiche Stellung erlangt, findet seine Standesgenossen in den fast ausschliesslich anglo -amerikanischen besseren Kreisen; denn selbst in den grossen Städten sind wohlhabende Famihen, die an deutschem Wesen fest- halten, sehr dünn gesäet. Auf einer gewissen gesellschaftlichen Stufe ist Ver- schwägerung mit amerikanischen Familien keine Seltenheit. Der Baum deutschen Volksthums bildet also keine Krone; seine Wurzeln und sein Stamm sind kräftig, aber so wie er das Ziel seines Wachs- thums zu erreichen beginnt, knickt eine rauhe Strömung die Zweige und reisst sie fort wie ein Sturm die Baumzweige. Im Ganzen und Grossen ist deutscher Sinn nur in den besseren Elementen der unteren Schichten und bei denen zu finden, die drüben schon der gebildeten Gesellschaft angehört haben. — Mit 598 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. und als Kinder aus Ehen, wo nur eines von beiden Eltern im Ausland geboren, 1 158 170, so dass also die Sprösslinge solcher gemischten Ehen doch fast genau 3 Proc. der Bevölkerung ausmachen. Unabhängig, wenigstens zu einem grossen Theile, von den Einflüssen der Mischung mit diesen Fremdlingen, haben sich in den V. St. zwei oder drei Volkstypen herausgebildet, an deren Entwickelung klimatische und sociale Einflüsse den grössten Antheil gehabt haben dürften. Früher sprach man nur von zwei Typen, dem Neuengländer oder Yankee und dem Südländer, den man imVirginian am charakteristischsten verkörpert fand. Geschichtlich ist diese Scheidung wohl begründet, denn Virginien und die 4 alten Neuengland - Staaten sind gleichsam die Krystallisatious- kerne der älteren Colonisation gewesen (s. o. S. 52 f.) und ausserdem auch die wichtigsten Ausgangspunkte neuer Westwanderungen (s. o. S. 172), welche ihren Einfluss und immer auch einen guten Theil ihrer Art und ihrer Sitten und Einrichtungen in das weite Land hinein trugen. Die Verschiedenartigkeit der Abstammung der Virginier und Neuengländer, ihre verschiedenen politischen, wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen und Zwecke, nicht zuletzt auch der Unterschied ihres religiösen Bekenntnisses (Hochkirche und Puritanismus) , hat zwei sehr verschiedene Volkstypen aus ihnen gemacht. Es ist übertrieben, zu sagen, dass Virginier und Yankee dieselben Menschen sind, welche sich in Alt- england unter dem Namen Cavaliere und Bundköpfe bekämpften, aber sicherlich ist in jenem mehr aristokratisches Wesen, in diesem mehr demokratisches. Später hat der allgemeine Gegensatz von Nord und Süd, von freier und Sklavenarbeit diesen Typenunterschied theils verschärft, theils auch, indem er ihn in jenem allgemeineren Gegensatz aufgehen liess, verdeckt. Aber das mehr offene, heitere, ritterliche, feiner gesittete, freigebige und gastfreundlicheWesen vielerVirginier steht dem verschlossenen, misstrauischen, geschäftsbrütenden, eckigen, geldscharrenden Wesen vieler Neuengländer oder Yankees^) noch immer mit ganz bestimmten Merkmalen gegenüber und nicht bloss in den alten Staaten, wo diese Typen sich geringen Aenderungen kann Vorstehendes von allen nicht englisch redenden Nationalitäten in den V. St. behauptet werden. Sie unterscheiden sich haupt- v/Sächlich durch die verschiedene Zeit, welche sie brauchen, um in der Masse der Anglo -Amerikaner aufgenommen zu werden. 1) Yankee findet in Nord -Amerika selbst nur auf den Neuengländer Anwen- dung. Man hat verschiedene Herleitungen dieses Namens aufgestellt, von denen keine befriedigend zu sein scheint. Die bekannteste ist folgende: Yankee bedeutet in der Massachusetts - Sprache „stiller Mann"". Die in New York ansässigen Niederländer nannten so die eingewanderten englischen Puritaner wegen ihrer Geschwätzigkeit. W. Irving, History of New York I. 102. XVI. Das A^olk und die Gesellschaft. 599 entwickelt haben, sondern kaum minder entschieden auch in den jüngeren, wohin die Einwanderung aus jenen sich richtete. Bis an den Mississippi,^- hin lassen sich die vorwiegend von Neu-England aus colonisirten Gebiete unterscheiden von denen, welche ihre Bewohner aus Virginien empfingen, und viele wollen z. B. selbst in dem Unterschiede, der sich hinsichtlich des Unternehmungsgeistes und der geschäftlichen Regsamkeit zwischen dem nördlichen Chicago und dem mehr südlichen S. Louis herrscht, den Gegen- ^■^ Satz dieser beiden Volkstypen erkennen. Sie sind gleichzeitig die bis jetzt noch am wonigsten mit fremdem Blut versetzten, die am reinsten englisch gebliebenen Theile der Bevölkerung der V. St. Dagegen tritt in der Bevölkerung der mittleren atlantischen Staaten , die zwischen sie sich einschiebt, das nichtenglische Element von Anfang an einflussreich auf: in New York das niederländische, in New Jersey das schwedische, in Pennsyl- vanien, Maryland und West-Virginien das deutsche. Wie sehr auch englische Sprache und Sitte ihre Hülle um diese Nationalitätenunterschiede gezogen haben mögen, das Volk ist doch ein anderes. Die Abkömmlinge der Niederländer in New York (die Knkkcrbockers), die Pennsylvania Dutchmen haben die schärfsten Ecken des angelsächsischen Wesens abgeschliffen. Die newyorker ist mit der Zeit die kosmopolitischste unter den Bevölke- rungen der V. St. geworden, aber im Pennsylvanier ist am meisten deutscher Charakter ; er ist durch seine Ruhe , seine mehr gemässigten *'^ Ansichten und Handlungen vom ächten Anglo-Araerikaner weit verschieden. Philadelphia ist neben New York, Boston, Chicago u, dgl. arm an Unter- w nehmungs- und Geschäftsgeist. Dieser selbe gemischte Typus findet sich nun im W. wieder und zwar ist er am stärksten vertreten in dem mitt- leren Strich, durch den der Ohio zum Mississippi fliesst. Hier sind Cin- cinnati und S. Louis die Hauptstädte der deutschen Bevölkerung. Nö. von hier wiegt der neuengländische, s. der virginische Typus vor. Hier entwickelt sich wie in den atlantischen Mittelstaaten ein Mischvolk, dessen starker Antheil deutschen Blutes unter der Hülle der englischen Sprache und Sitte sich zur Geltung bringt. Nirgends ist die Reaktion gegen das eng- herzige Neuengländerthum stärker als hier. In diesem Strich scheint also eine neue deutsch gefärbte Mischbevölkerung sich zu entwickeln, während in den Staaten am atlantischen Rand die dort in Massen einwandernde und mit Vorliebe in den Städten sitzen bleibende irische ^ Bevölkerung alle anderen Mischungselemente mit der Zeit verdecken dürfte. Von Maine bis hinunter nach Florida ist das irische Element in jedem Staate das unter den Fremdgeborenen am stärksten vertretene, in allen Staaten des Inneren ist es das deutsche. Der ferne W. und vor- züglich Californien ist bis jetzt noch zu jung, um bereits einem besonderen Typus Ursprung geben zu können. Doch lässt sich schon jetzt voraus- - sagen, dass nirgends mannigfaltigere Mischungselemente vereinigt sind wie hier. Indianische, spanische und vielleicht auch mongolische dürfteii 600 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. den künftigen pacifischen Zweig des nordamerikanischen Völkerstammes stärker beeinflussen als irgend einen anderen. II. Der Einzelmensch. Der Europäer- Amerikaner in der Fassung des Begriffes, die wir eben zu bestimmen suchten, ist bis jetzt nicht Gegenstand eingehender anthropologischer Studien gewesen und es ist deshalb nicht möglich, ihn nach den etwaigen Eigenthümlichkeiten seines Skelets und sonstigen Körperbaues anthropologisch zu beschreiben. Für den Grundstock, die Anglo -Amerikaner, kann man noch nicht hinausgehen über die Definition, welche Morton vor Jahren gab: „Die Anglo -Ameri- ^ kaner gleichen in allen charakteristischen Eigenschaften ihren Stamm- eltern. Sie haben gleich ihren englischen Ahnen einen längeren Schädel als die ungemischten Deutschen. . . Das Mittel ihres Schädelinhaltes von 90 Cub. Zoll entspricht dem der Teutonic Bace^^^). Diese Definition ist in der That ganz zufriedenstellend, wenn man unter charakteristischen Eigen- schaften die bekannten Grundmerkmale der germanischen Stämme versteht und es ist insofern keinem Zweifel unterworfen, dass alle von Germanen abstammenden Nordamerikaner der Teutonic JRace Morton's zuzurechnen sind. Ebenso zweifellos sind sie aber in manchen Eigenschaften von dem europäischen Typus dieses Zweiges der kaukasischen Rasse abgewichen und es ist möglich, dass mit der Zeit eine bestimmte Yarietät derselben hier zur Ausbildung kommt. Einige Anthropologen haben von den germanischen Nordamerikanern wie von einer neuen Rasse gesprochen, die von ihren europäischen Anfängen in der kurzen Zeit von 2 — 300 Jahren sich so weit entfernt haben soll, dass sie mit deutlich erkennbaren Unterscheidungsmerk:- malen derselben gegenüber gestellt werden könne. Aber die Eigenthüm- lichkeiten, welche dieselbe charakterisiren sollen, sind keineswegs allgemein verbreitet. Vorzüglich die Bewohner der Neuengland-Staaten, welche von ^ allen Nordamerikanern die reinste englische (nicht irische) Abstammung auf- weisen können, zeigen in der Mehrzahl jene Merkmale des sog.Yankee-Typus, welche irrthümlich für die Merkmale des Nordamerikaners überhaupt ge- nommen werden : Schlanker Bau mit Neigung zur Hagerkeit, lange Glieder, schmales regelmässiges Gesicht, scharfe Züge, weitgeöffnete, sprechende Augen, blasse Gesichtsfarbe. Man spricht auch von einem allgemeinen Zurücktreten der Drüsen- und Fettentwickelung, von Verkürzung der Kiefer und daraus folgender Unregelmässigkeit der Zahnstellung, und davon, dass das Zahnsystem im Allgemeinen schwächer sei als bei den europäischen Voreltern. Nach manchen Schilderungen ist der Nordameri- kaner überhaupt seinem körperlichen V^^esen nach nichts anderes als ein körperlich heruntergekommener Europäer. Dass die Constitution eines grossen Theiles der nordamerikanischen Bevölkerung von dem, was man bei uns als Ausdruck der Gesundheit und Kraft anzusehen pflegt. 1) Morton Mscr. in Nott and Gliddon, Types of Mankind. 1854. 309. XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 601 weit entfernt ist, dürfte bekannt sein. Die gestreckten, hageren, lang- halsigen Gestalten der eigentlichen Yankees sind keine Typen von Dauerhaf- tigkeit, wie es die in der alten Welt vorherrschenden, gedrungenen, mehr ebenmässig gebauten Männer sind. Sie erkennen das auch selbst an und möchten, dass „der immer grösser werdenden Schlankheit der Formen, wenn möglich , ein Ziel gesetzt werde". Ch. Dilke , der Verfasser von \y Greater Britain, welcher der angelsächsischen Rasse die Weltherrschaft in Aussicht stellt, kann demnach nicht ohne Bedenken die heutigen Nord- amerikaner betrachten: „Die hohen Schultern und die bleichen Gesichter der Bostonmänncr sind sicherlich nicht unvereinbar mit mächtiger Gehirn- entwicklung und mit dem schärfsten Verstand, aber es ist nicht wahr- scheinlich, dass Talent und Energie sich auf jene Generationen vererben werden , denen die ausgemergelten (worn out) Männer und Frauen von heute Ursprung geben . . . Jahr für Jahr werden die Amerikaner leichter, dünner, kurzlebiger, die Frauen noch mehr als die Männer". — Dr. Nott, der bekannte Anthropolog konnte aus den Beobachtungen, die er in den älteren Unionsstaaten des Nordens anstellte, keinen anderen Schluss ziehen, als dass die gemässigte Zone Nordamerikas der Entwickelung der ger- manischen Stämme viel weniger günstig sei, als diejenige Europas; was aber die Südstaaten anbetrifft, so meint er, dass in diesen eine dauernde Akklimatisation derselben nicht Statt habe. Bob. Knox ging in seiner Ueberzeugung von dem Mangel an Lebensfähigkeit der Amerikaner so weit, dass er im Geiste bereits den rothen Mann wieder in seine an- gestammten Jagdgründe einziehen sah. Dasselbe wird von den Frauen noch entschiedener behauptet. Die nordamerikanischen Frauen ^ sind ohne Zweifel viel zarter als ihre nord- und mitteleuropäischen Schwestern. Sie sind schwächlicher, nervöser, mehr Krankheiten unter- worfen, ertragen schwerer das Mutterwerden. Dem scharfsinnigen Be- obachter. Hepworth Dixon, sagte man: „Aus Mangel an Müttern geht Amerika zu Grunde" und er erhielt Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass diese Klage nicht übertrieben sei. Unter den fashionablen Frauen fand er sowohl im frommen Boston und Philadelphia als im weltlichen New York und New Orleans eine Art mysteriöser Verschwörung gegen das Mutterwerden, und er bezeichnet ihren Widerwillen gegen den Besitz von Kindern als eine jener unbestreitbaren Thatsachen, die man bloss hin- nehmen könne. Allein woher kommt dieser unnatürliche Widerwille? Wir meinen, dass derselbe Sittenschilderer einen deutlichen Fingerzeig gibt, wenn er von den Töchtern des Landes sagt: „Sehe ich diese süssen ^ Kinder, so kann ich das Gefühl nicht unterdrücken, dass dieser zarten Blässe, so reizend und poetisch sie in der weiblichen Schönheit einem Künstler erscheinen mag, ein Mangel gesunder Lebenskraft sich verbinden muss. Ich könnte unseren liebenswürdigen Stammverwandten recht leicht eine Spur von Röthe auf ihren Wangen verzeihen, denn so wie sie sind, 602 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. muss man fürchten, dass sie beim ersten Worte, das man zu ihnen spricht, unserem Blick entschweben." — Von einem Amerikaner hörte er ein noch schärferes ürtheil, als er selbst zu fällen wagen konnte : „Unsere Mädchen haben keine Knochen und keine Sehnen, ihnen mangelt Kraft und Saft, dafür haben sie nur Nerven. Solche Geschöpfe sind überhaupt gar nicht fähig zu leben, und man darf sich nur freuen, dass Aussicht vorhanden ist, es werde in hundert Jahren kein Nachkomme mehr von ihnen vorbanden sein." Alle unbefangenen Urtheile stimmen mit dem überein, was hier berichtet ist, alle bezeichnen die zunehmende Zartheit der Constitution als ein offenbares, allgemeines Uebel, das nicht ohne schlimme Folgen bleiben könne. Jene Pest der Kinderabtreibung, die selbst den massigsten Berichten nach in den V. St. viel verbreiteter ist als irgendwo in der Alten Welt und seit Jahren öffentlich besprochen und zu bekämpfen gesucht wird, hat in solcher Schwächung des körperlichen Lebens wohl ihre Hauptursache. Wägt man alle Angaben, die über die im Obigen berührte Frage der Degene- ration des nordamerikanischen Volkes vorliegen, gegen einander ab, so wird kaum ein Zweifel bestehen bleiben an der Wahrscheinlichkeit eines Verfalles im Körperbau eines grossen Theiles desselben. Der Geist kann hierbei sich frei entwickeln, obwohl auch er eine fast zu einseitig regsame, fieberhafte Thätigkeit entfaltet und besonders in der durch eigenthümliche Erziehungsweise noch geförderten Frühreife des jungen Nachwuchses eine für Völker gemässigter Zone und germanischer Abstammung nicht natür- liche Entwickelung zeigt. Fragt man nach den Ursachen dieser Erschei- nungen, so wird in erster Reihe das vom europäischen weitverschiedene Klima, vielleicht aber auch die immer weiter fortschreitende Würfelung der verschiedensten Nationen und Rassen anzusprechen sein. Wir wissen von den Hausthieren her, welche Wirkungen ungeregelte, gehäufte Kreu- zungen üben, wie sie zuletzt zur Entstehung untüchtiger Rassen hinleiten und die besten Eigenschaften untergraben können, und es ist unwahr- scheinlich, dass der menschliche Körper in dieser Hinsicht ganz anderen Gesetzen folge. Dass die V. St. eine so grosse Menge von Negern um- schliessen und eine rapid anwachsende Einwanderung von Chinesen er- halten, ist ein Umstand, der in dieser Richtung sicherlich auch nicht veredelnd wirken kann. Jedenfalls wird man sich daran zu gewöhnen haben, in den Spekulationen über die Zukunft der Nordamerikaner auch der Erwägung der körperlichen Verhältnisse eine Stelle einzuräumen und vorzüglich in Betracht zu ziehen, dass die Akklimatisationsfähigkeit des Menschen, selbst für Regionen, die ähnliches Durchschnittsklima aufweisen, in keiner Weise als unbeschränkt nachgewiesen ist. Dabei ist aber keines- wegs von vornherein jener pessimistischen Anschauung beizupflichten, welche die Nordamerikaner auf die Aussterbeliste stellt. Sie haben zweifellos jetzt einen Akklimatisationsprocess durchzumachen. Aber wer dürfte behaupten, dass derselbe nicht zu günstigen Ergebnissen fähren XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 603 könne, wenn erst die Organisationen sich hinreichend den neuen Be- dingungen angepasst haben werden? Vielleicht wird gerade die Mischung sich günstig erweisen, wenn erst dieser Process von der Mehrzahl der Bevölkerung überwunden ist. Rein culturell ist sie ja schon heute als Erzeugerin vielseitigster Gaben von V ortheil. Geistige Merkmale. Bei der Beurtheihmg der neuen Erschei- nungen im Leben und Wesen der Nordamerikaner, welche manchmal ganz entschiedene Fortschritte selbst über die europaischen Cultui errungen- schaften hinaus zu bezeichnen scheinen, ist also sein körperliches Wesen am wenigsten ausser Acht zu lassen. Wenn, wie man drüben oft zu sagen liebt, eine neue höhere Culturentwiekelung in der Neuen Welt sich vor- bereitet, so kann dies nur auf Grund einer stärkeren körperlichen und geistigen Beanlagung geschehen. Das Mass beider ist schwer zu be- stimmen. Was die körperliche Seite betrifft, so haben wir darüber soeben gesagt, was gesagt werden kann. Es konnten nach der Lage der Dinge nur Andeutungen sein. Die geistige Seite ist im vorigen Capitel (vgl. be- sonders S. 546, 577) und zum Theil schon in früheren besprochen (z. B. S. 318, 362 f., 456). Ohne Zweifel ist der germano-keltische Nordameri- kaner, wie er uns in den V. St. entgegentritt, in einigen Beziehungen den verschiedenen europäischen Völkern überlegen, aus denen seine Elemente gezogen sind. Schon der oft hervorgehobene Gegensatz in der langsamen Entwickelung Canadas und der so viel rascheren der von der Natur im Ganzen ähnlich ausgestatteten Neuengland- Staaten lässt mindestens eine geschäftliche Ueberlegenheit auf der Seite der Yankees erkennen. In der That gelten dieselben überall in Canada als die Unternehmenderen und Erfolgreicheren und doch sind die Naturbedingungen ganz ähnliche. Dasselbe Zeugniss stellt ihnen überhaupt ihre ganze wirthschaftliche Entwickelung aus, welche eben so sehr auf ihrer eigenen Tüchtigkeit als der Grossartigkeit ihrer Hülfsquellen beruht. Ihre geschäftliche Ueber- legenheit wird von fast allen europäischen Beobachtern anerkannt, welche von dieser Seite her sie kennen lernten. Zweifellos sind rastlose Thätigkeit, Unternehmungsgeist, Fähigkeit grosse Ent- würfe zu ersinnen und durchzuführen in ihnen vorhanden. Ohne eine hohe geistige Begabung sind diese Eigenschaften nicht denkbar. Ob aber eine höhere geistige Begabung vorhanden ist als durchschnittlich bei den europäischen Völkern , sei es nun nach der Tiefe (einzelne geniale Begabungen) oder nach der Breite (allgemein höheres geistiges Niveau der Masse), ist für jetzt nicht zu entscheiden. Was die Nord- amerikaner bis heute Bedeutendes geleistet , würde ein europäisches Volk wohl ebenfalls zu leisten vermocht haben, wenn es in die Nothwen- digkeit versetzt worden wäre, alle seine Fähigkeiten aufzubieten. Bis jetzt scheint es uns, dass die Nordamerikaner keine Ausnahme von der Regel der Beurtheilung der Völker machen, welche lehrt, dass die scheinbaren Unter- 604 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. schiede ihrer Begabung weniger in der Grösse ihrer geistigen Kräfte als ^in der verschiedenen Ausnützung und Anwendung derselben zu suchen sind. In diesem Sinne kann man die Nordamerikaner als ein Volk be- zeichnen, das mehr als alle anderen seine Geisteskraft auf die Probleme des praktischen, vorzüglich des Erwerbslebens, concentrirt und in welchem ^ zugleich die -günstigen Lebensverhältnisse der Einzelnen eine grosse Masse von Geist für alle möglichen Zwecke verfügbar machen, in welchem also das Verhältniss des freien Geistes zum gebundenen ein sehr günstiges ist. Unzweifelhaft überlegen ist es allerdings in Einem Punkte, der be- y zeichnet ist durch die grössere Frühreife seiner Jugend. Indem der Einzelne zu einer Zeit in das Leben hinaustritt, wo er bei uns noch auf der Schulbank sitzt oder von der Familie abhängig ist, gewinnt er eine frühe Schulung in den Fähigkeiten und Kenntnissen des praktischen öffentlichen Lebens, die vielleicht wenig fruchtbar für seinen Geist, aber sehr förderlich ist für die Bildung seines Charakters und die Erringung seiner Lebensziele. In den Biographien hervorragender Amerikaner ist ^die frühe praktische Bethätigung ihrer Gaben ein fast immer wieder- kehrender Grundzug. Aber auch bei denen, welche nicht von der Noth- wendigkeit früh ins Leben hinausgezwungen werden, ist die Entwickelung des Charakters eine viel frühere als bei uns. Im Allgemeinen darf man wohl sagen, dass der durchschnittliche Amerikaner mit 20 Jahren ebenso fertig ist wie der durchschnittliche Deutsche mit 30. Wenn unsere Sta- tistiker den Beginn des produJäken Alters, d. h. desjenigen, wo der Mensch sich aus eigener Kraft zu ernähren beginnt, auf das 25. Jahr ansetzen, so darf man für den Nordamerikaner die Zahl um 5 — 8 herunterrücken. Es liegt hierin ohne Zweifel ein grosser wirthschaftlicher Gewinn : Die Familien werden bälder von der Last der Kinderernährung befreit und die jungen Leute treten früher in die Reihen derer ein, die an der Förderung des Nationalreichthums mitarbeiten. Aber es ist auch ein Gewinn für den Charakter damit verbunden, der vielleicht werthvoUer ist: Es wird hintan- ^ gehalten die Schlaffheit und das unselbständige, unentschlossene Wesen, welche dadurch entstehen, dass die Jugend mit ihrer Unklarheit und Ab- hängigkeit zu weit in das Mannesalter hinein verlängert wird. Das frühe Altern der Nordamerikaner, welches oft behauptet wird, darf, wie es scheint, nur körperlich genommen, nicht aber auf Geist und Energie übertragen werden. Wenn man die Völker eintheilen wollte — und dieser Eintheilungsgrund wäre mindestens zulässig — in solche, deren Greise durch Frische des Geistes und des Charakters im Stande sind, durch ihre Lebenserfahrungen ihrem Volke bis ans Ende nützlich zu werden (Typus der Engländer) und in solche, wo das Greisenthum den Stempel der Verlebtheit in Schlaffheit des Geistes und Charakters trägt (Typus der Spanier), so würden die Nordamerikaner sicherlich der ersteren Classe beizuzählen sein. Tliatkräftige , frische Greise spielen eine her- XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 605 vorragende Rolle in ihrer Geschichte. Man braucht nur an Washington und Jackson zu erinnern. In rein körperlicher Beziehung dagegen gehört frühes Verblühen der Jugendreize zu den Merkmalen der Xordamerikaner und noch mehr im weiblichen als im männlichen Geschlecht. Die mittlere I.ebensdauer scheint jedoch von der durchschnittlichen europäischen nicht merklich abzuweichen (s. o. S. 184). Die politischen Fähigkeiten, als welche o. S. 516 f., vorzüglich der Ordnungssinn und die Fähigkeit zu gehorchen und die Achtung vor dem Rechte Anderer und dem Gesetze, sowie ein starkes Nationalgefühl genannt worden sind, haben natürlich ihre geistigen Grundlagen, deren Uebereinstimmung mit den vorhin angegebenen Grundlagen der wirth- schaftlichen Befähigung in den meisten Beziehungen sofort einleuchtet. Man kann geradezu behaupten, dass die politischen Einrichtungen der V. St. nicht denkbar sein würden, ohne das hohe Maass freier Intelligenz, welches in allen Classen der Bevölkerung vorhanden ist. Die Schicht der Bevölkerung, in welcher überhaupt nicht politisch gedacht wird, eine ^'^ Schicht, die überall in Europa, einerlei wie auch sonst die geistige Be- gabung liege, sehr weit verbreitet ist, ist in den V. St. sehr gering. Fast jeder hat von dem Verstand und der Energie, die er besitzt, etwas für politische Zwecke übrig. Dies hängt zusammen 1. mit der Gewöhnung an reges politisches Leben, wie es die Republik mit sich bringt, aber auch 2. mit der Grundstimmung des Volkes, die nicht übersehen t^ werden darf. Dieselbe ist hoffnungsvoll bis zum Optimismus, kühn, unter-, nehmend und ein entschiedenes Wohlbefinden drückt sich in ihr aus, das zu politischer Thätigkeit, wie zur Thätigkeit in jeder Richtung anregt. Niemand wird in diesem Wohlbefinden eine unmittelbare Wirkung der demokratischen Verfassung, des allgemeinen Stimmrechtes oder gar der religiösen Freiheit sehen wollen, sondern der letzte Grund bleibt immer, die Weite des unbesiedelten Landes, das nur Arbeit verlangt, um reich- "^ liehen Lohn zu geben, die daraus folgende geringe Dichtigkeit der Be- völkerung, der Ellhogenraum, den der Einzelne findet, die Jugend des ^' Volkes ^). Dass aber freilich selbst dieser grosse Vorzug durch schlechte 1) „Jene Achtung der Menschenwürde, welche in Amerika wenigstens der weissen Rasse gewonnen ist, jenes stolze und freie Selbstgefühl, welches dort alle Bürger der Republik, vom ersten Beamten derselben bis zum ärmsten Tag- löhner, der ihm seine Stimme gegeben, sittlich adelt, und für alle Mühseligkeiten des Lebens entschädigt, ist in einer gealterten Gesellschaft nicht möglich, wo die historische Gewohnheit sich dagegen stemmt. Man mag Gesetze macheu und Verordnungen erlassen, welche gleiche Justiz und gleiche Behandlung gegen jeden Staatsbürger, von welchem Stande und Vermögen er immer sei, vor- schreiben, man wird nicht hindern können, dass der Richter und der Beamte sich anders benehmen gegen den armen Mann als gegen eine Person der höheren Gesellschaft." (Wagner und Scherzer, Reisen in Nord.- Amerika. 1854. I. 12.) 606 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. Gesetze oder durch anders geartete Tendenzen des Volks-Charakters auf- gehoben werden könnte, bedarf keines Beweises. Man braucht nur andere Colonien zu sehen, die gleiche oder ähnliche Vorzüge besitzen, um zu erkennen, dass auch hier der Mensch mindestens ebensoviel wie das Land für seine Entwickelung thun musste. Man denke sich die V. St. von Spanien aus colonisirt! Insofern hat das Volk selbst allerdings wieder durch seine eigenen Gaben einen grossen Antheil an seinem Schicksal und seiner Stimmung. Mit dem Vorhandensein einer grossen Masse von freiem Geist, das in dieser Stimmung seinen Ausdruck findet, hängt innig zusammen die be- ständige Bereitschaft des Geistes und Willens der Nordamerikaner, welche zu seinen hervortretendsten Merkmalen gehört und zunächst sich ausspricht in jener grossen und ausdauernden Beweglichkeit, welche der Ruhe und Erholung in unglaublich geringem Maasse zu bedürfen scheint. Hierin ist der Nordamerikaner vom typischen Germanen weit verschieden. vMan hat ihn einer stets aufgezogenen Uhr verglichen: „Vertraut mit der Anstrengung, stets, selbst in den gewöhnlichsten Verrichtungen seines Be- rufes, eilfertig; gewohnt grosse Entfernungen in wenigen Stunden zurück- zulegen, seine Mahlzeit in 10 Minuten einzunehmen, immer und überall vzu laufen, besitzt er das Monopol der Ortsveränderung. Reisen ermüdet v Und langweilt ihn nicht ^). Für die weitere Entwickelung dieser Gabe ist allerdings Amerika, das Land riesiger Entfernungen, eine vortreffliche Schule und nirgends wird so viel gereist. Nahmen doch die Eisenbahnen der V. St. 1877 allein 130 Mill. Doli, für Beförderung von Reisenden ein. Die hohe Entwickelung alles dessen, was mit dem Reisen zusammenhängt, vor allem der Verkehrswege, Wagen, Dampfschiife u. s. f. zeugt für die grosse Rolle, die die Ortsveränderung spielt. Man hat gesagt, der Voll- blutamerikaner habe das mit dem Tartaren gemein, dass er nicht wohne, sondern campire auf dem Boden, den er betritt, und allerdings kann dies ^ mit einem gewissen Recht von den Bewohnern der jungen Ansiedelungen gesagt werden, für deren erstaunliche Beweglichkeit wir mehrfach Belege zu geben hatten (s. o. S. 247, 316). Uebrigens liegt diese Art von Be- weglichkeit, wie wir dort gezeigt haben, zu einem guten Theile in der Bewirthschaftungsweise der nordamerikanischen Landwirthe begründet. Im 0., wo stabilere Verhältnisse Platz gegriffen haben, zeigt sie sich wohl vereinbar mit der altgermaniscben Liebe zum eigenen Heim. Neigung zu selbständigem Wohnen ist einer der gesunden Züge germanischen Wesens, welcher in der Natur des Nordamerikaners tiefe Wurzeln behalten hat. Wenig scheint mit dieser kühnen, hoffnungsvoll gespannten Stimmung die anscheinende Verdrossenheit und Verschlossenheit zu vereinigen, welche dem Beobachter des nordamerikanischen Lebens wenigstens bei 1) Hübner, Spaziergang um die Welt. 1875. I. 81, XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 607 den Männern so ausgeprägt entgegentritt. Viele sehen überarbeitet, er- müdet aus. „Wir sollten eigentlich glücklicher sein als die Engländer, aber wir sehen nicht so aus,'* sagte ein Neuengländer zu Lyell > (Second Visit. I. 128) und der letztere findet wie alle Beobachter einen abgearbeiteten Zug in ihrer Physiognomie, den er aber zum Theil dem Klima zuschreibt. Manches von diesem Aussehen hängt mit der nervösen Ueberreizung zusammen, die ihre natürlichen Rückschwankungen hat, manches damit, dass der Geist beständig mit Geschäften, Entwürfen u. dgl. beschäftigt ist, die ihm selten Zeit zur Ausspannung geben. Dahin gehört das, was deutsche Beobachter DoUarbrüten genannt haben. In der That ist die laute P>öhlichkeit des Franzosen oder Süddeutschen oder auch die unveränderliche behagliche Vergnügtheit der Plattdeutschen dem Nord- amerikaner fremd. Seine beste Stimmung ist die gespannte , gleichsam j^ elastische, in der alle Kräfte auf irgend ein Ziel energisch gerichtet sind, aber seine Lustigkeit ist fieberhaft aufgeregt und nur sporadisch. Des- halb findet er auch die dauerhafte Fröhlichkeit rasch als eines der auf- fallendsten Merkmale des Deutschen und Franzosen heraus. Er scherzt, lacht, singt und i)feift viel weniger als diese. Während aber gerade die Deutschen unvortheilhaft dadurch ausgezeichnet sind, dass sie sich nicht scheuen , ihren Stimmungen auch im geselligen Verkehre Ausdruck zu ,^- geben , und am offensten leider den Übeln , ist der Nordamerikaner im Gegensatz zu ihnen der Mann der vielleicht kalten, aber ruhigen, gleich- massigen Höflichkeit. Er hat mehr ritterliche Anlage als die anderen. Es ist in ihm nicht das neidische, verdrossene Wesen, welches sich am Nebenmenschen reiben muss und nicht aufliört, nach allen Seiten zu knurren und kläffen, sondern er hat im Gegentheil ein gutes Bewusstsein ebensowohl des Werthes als der Grenzen seiner Persönlichkeit; so wie er sie von Anderen geachtet sehen will, achtet er sie auch selbst. Darin zeigt sich wieder jene im Politischen hoch bedeutsame Anerkennung des Rechtes und Werthes der Individualität. Soviel man auch vom Protzen- thum der Nordamerikaner sprechen mag, unzweifelhaft ist gerade in dieser Eigenschaft etwas Aristokratisches, das ihm vorzüglich dem Deutschen -^ gegenüber eine entschiedene gesellschaftliche Ueberlegenheit verschafft. Die ritterliche Verehrung der Frauen, erscheine sie noch so äusser- lich, krönt diese höchst achtungswerthe Seite seines Wesens in einer erfreulichen Weise. Einer der schönsten Züge germanischen Wesens bricht hier glänzend durch die Farblosigkeit des Geschäftscharakters und wenn es uns Deutsche auch schwer ankommt, wir müssen doch zugestehen, dass jene Hochhaltung des Weibes, welche Tacitus als eine der schönsten unter den Tugenden der Germanen rühmt, bei diesem jungen Zweige viel ächter und reicher zur Erscheinung kommt als bei uns, dem alten Stamme. Für die weibliche Hälfte dieses Volkes erweckt dieser schöne Zug seiner Männer von vornherein ein günstiges Vorurtheil. In der That ist 608 XYI. Das Volk und die Gesellschaft. , die Nordamerikanerin eine in vieler Beziehung bevorzugte Ver- treterin ihres Geschlechtes. Schönheit des Gesichtes , geistiger Aus- druck , edle Haltung sind bei ihnen weiter verbreitet als bei- den Frauen irgend eines andern germanischen Stammes. Die Magerkeit und Sehnigkeit, die den Mann oft unschön macht, thut allerdings auch ihren Formen Eintrag, aber nur in geringerem Maasse. Jedenfalls sind sie in sehr entschiedener Weise das schönere Geschlecht. Mangelhaft sollen aber Haare und Zähne sein. Leider hat diese Schönheit sehr oft nicht die Grundlage eines gediegen gesunden Körpers (s. o. S. 601) und frühes Verblühen ist viel häufiger ihr Schicksal als bei uns. Die geistigen Gaben sind bedeutend. Die Nordamerikanerin ist mit mehr kühlem Verstand begabt als die durchschnittliche Europäerin, ebenso mit grösserer Willens- kraft, Entschlossenheit und Unternehmungsgeist. Keine Frau tritt so sicher auf, wendet sich unbefangener an die Oeifentlichkeit, als sie. Was wir Weib- lichkeit nennen, ist daneben weniger entwickelt, wenn es auch zum Theil durch acht weibliche Grazie, Sanftmuth und Reinheit der Gesinnung er- setzt ist. Die Gemüthsseite ist am schwächsten vertreten. Man hat mit Recht gesagt, dass die Amerikanerin mehr Feuer als Wärme, mehr Aeusserliches als Innerliches habe. Indessen ist sie nicht en masse zu beurtheilen. Wo sie mit Charakter sich verbinden, sind jene nach aussen hin gewandten Gaben nur geeignet, den Eindruck und die Wirkung der Gesammtpersönlichkeit zu erhöhen, wo aber jene nur allein vorhanden sind , ist der Eindruck eher abstossend. Man könnte darnach zwei Gruppen unterscheiden. Doch ist etwas Gemeinsames in beiden: das starke Streben nach einer höheren Stellung, als die einfache Erfüllung der Mutter- und Hausfrauenpflichten ihnen zuweist. Die Minderheit sucht aber durch ehrliche Arbeit in Selbstbildung des Geistes und Gemüthes jene Schranken zu erweitern, während viele von den natür- lichen Pflichten so viel abwerfen als möglich und die Lücke mit imponiren sollenden Nichtigkeiten auszufüllen suchen. Jene sind es, deren ausge- zeichneter Charakter vollauf die bevorzugte Stellung der amerikanischen Frauen rechtfertigt, welche von diesen anderen dann oft unerträglich missbraucht wird, und auf ihren bedeutenden Einfluss in Familie und Gesellschaft ist so manche oasenhafte Erscheinung in der Oede des ge- schäftigen Treibens zurückzuführen. Sie sind vielleicht nicht häufiger wie ähnliche Frauen es bei uns sind, nur treten sie energischer und mit mehr äusserlichem Geschick mit ihren Gaben hervor, wissen sich und was sie erstreben besser zur Geltung zu bringen. Es ist hier nicht der Ort, in die sehr dunklen Tiefen der Frauenfrage auch nur ganz ober- flächlich leuchten zu wollen, und ich will nur die Beobachtung anknüpfen, ydass hier fast ausnahmslos die Frau in allem, was man Bildung zu nennen pflegt, sehr weit über dem Manne steht. Ein amerikanischer Mann mit Sinn für unverwerthbare Wissenschaft, Literatur oder irgend eine Kunst XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 609 ist selten, gewöhnlich hat er nicht genug von dem gelernt, was diesen Sinn entwickeln und nähren könnte, und in den Fällen, wo ihm in der Jugend Zeit und Lust hierzu nicht fehlten, ist das Gelernte über den Geschäften vergessen. Bei den Frauen ist das Entgegengesetzte der Fall. Bei ihnen ist es Erforderniss , gebildet zu sein, und da die Sitte des Landes ihnen in jeder nicht ganz gedrückten Lebensstellung viel mehr Müsse zukommen lässt als bei uns, würden sie sich etwas Erkleck- liches aneignen können, wenn sie den rechten Ernst und Liebe mit- brächten und genug gute Schulen hätten. Immerhin kann lernen, wer lernen will, und Manche benutzen die Gelegenheit aufs beste, und das allgemeine Resultat ist dann eben doch, dass die Frauen mehr von den Dingen wissen, die idealen Sinn und edle Gesinnungen nähren, die den Gesichtskreis erweitern, die sie auch dazu berechtigen, in besserer Ge- sellschaft über Manches zu reden , was den Männern gar nicht verständ- lich. Wie aber dieses abnorme Yerliältniss die Frauen vielfach unzufrieden in der Ehe macht , zur Selbstüberschätzung anleitet, ihre natürliche Stel- lung verkennen lässt, ist leicht zu denken. Die hochgeachtete und ein- flussreiche Stellung der nordamerikanischen Frauen ist indessen damit nur zum Theil erklärt. Ein anderer, oft angeführter Grund, die anfänglich geringe Zahl der Frauen in den Colonien, welche natürlicher- weise ihren Werth steigern musste, übt ohne Zweifel noch immer ihren Einfluss da, wo dieses Missverhältniss wirklich besteht (s. o. S. 185) und ist noch wirksamer durch die Art, in welcher es auf die Gestaltung der Sitte und Anschauungen einwirkte. Die wichtigste Ursache ruhte aber oft'enbar in den Frauen selbst, vorzüglich in ihrer geistigen Begabung und ihrem selbstbewussten , würdigen Auftreten, in ihrer Erziehung zur Selbständigkeit und in der hohen Schätzung, die das Recht jedes Indi- viduums in seiner Umgebung findet. Nicht bloss im Innern des Hauses zeigt sich diese höhere Stellung, wo der Frau viele Leistungen nicht zu- gemuthet werden, die sie anderswo zu verrichten hat, sondern auch in mancherlei Dingen in der Oeffentlichkeit. Man sieht keine Frau schwere Arbeit verrichten, man sieht sie überall mit ritterlicher Zuvorkommenheit behandelt, Hunderttausende von ihnen sind in den Schulen thätig, die ohne ihre Wirksamkeit schon gar nicht denkbar sein würden, als Schriftstelle- rinnen und Rednerinnen erzielen sie grosse Wirkungen, in den Kirchen- und Schulvorständen entfalten sie grosse Wirksamkeit. Sie haben die Ehegesetzgebung in fast allen Staaten günstiger für sich gestaltet, als sie nach englischem Muster war. Nun fehlen nur noch zwei Dinge : Die politische Gleichberechtigung mit den Männern und das Recht auf ein gleiches Maass von Unterricht. Für die erstere wird kräftig agitirt, aber bisher sind es nur einige entlegene Territorien, welche den Versuch ge- macht haben oder machen, den Frauen die Wahlrechte zu geben. Kansas, ß a t z e 1 , Amerika IL qq 610 XVI. Bas Volk und die Gesellschaft. welches früher damit vorgegangen war, hat es wieder aufgegeben und das Territorium Wyoming ist gegenwärtig das einzige Gebiet, wo die Frauen wählen und gewählt werden können; bei seiner dünnen Bevölke- rung will indessen dieses Experiment nicht viel besagen. Die Zusammen- Erziehung der Frauen und Männer (Coeducation), welche den ersteren gleiches Maass und gleiche Art von Bildung gewähren soll wie den letzteren, ist vereinzelt versucht worden. Sie könnte, wenn irgendwo, hier Boden gewinnen, es scheinen aber die natürlichen Hindernisse auch hier nicht zu beseitigen. Die Sittlichkeit eines Volkes ist in allen Fällen der am schwersten zu beurtheilende Zug seines Wesens. Er ist dies doppelt bei den Nord- amerikanern, welche als junges Volk mit Fehlern behaftet sind, welche wahrscheinlich ihrem jugendlichen Zustande mehr als dem Kern ihres Wesens zuzuschreiben sind. Zudem fehlt für eine etwaige Sittenstatistik fast jeder Anhalt. Man darf freilich keinen grossen Werth legen auf die Zahl der unehelichen Geburten, der Verbrechen jeder Art, der Selbst- morde und anderen Handlungen, die gestörten sittlichen Anschauungen entspringen, aber immerhin erschwert ihr Mangel noch die Fällung eines Urtheiles über die sittlichen Eigenschaften eines Volkes^). Um so mehr müssen wir uns beschränken, hier nur andeutend zu verfahren. Vor allem ist hervorzuheben, dass schon die innere Ungleichheit des viel ge- mischten Volkes von scharfem Urtheil zurückhalten muss. Wir werden nicht nur die Indianer und Neger auszuschliessen haben, die unter den Bedingungen einer ganz anderen Naturanlage stehen, sondern auch die- jenigen Volksbestandtheile , welche die herrschende Sprache und Sitte 1) Der Census von 1870 gab unter „Aeeidents and Injuries" 2057 (4 von y 1000 Todesfällen) durch Tödtung (Homicide) und 31 (0,006 p. 1000) durch Hin- richtung. Es ist nicht möglich, den Grad von Richtigkeit zu schätzen, der der ersteren Angabe zukommt, wahrscheinlich ist sie zu niedrig, da die verhältniss- mässig zahlreichsten Morde in den jungen Staaten und Territorien des W. und ferner im S. vorkommen, wo die Genauigkeit der statistischen Erhebungen am geringsten sein dürfte. An und für sich ist dies übrigens keine Zahl, die in der Sittenstatistik ohne Zergliederung in gewisse Gruppen von Fällen Verwen- dung finden kann. Man denke an die in jedem Jahre und in ziemlich grosser Zahl vorkommenden Ermordungen von Weissen durch Indianer, welche hier mitgezählt sind. Von Selbstmorden wurden für 1870 1145 aufgeführt. Am wichtigsten ist aber vielleicht die Zahl 1410, welche für durch Alkobolgenuss Gestorbenen angegeben wird. Sie deutet zweifellos auf eine starke Verbreitung der Trunksucht hin, welche denn in der That als eines der eingewurzeltsten und verbreitetsten Laster dieses Volkes erscheint. Die Folgen fehlen nicht. Unter 49423 Verbrechern, welche 1870 die Gefängnisse der Stadt New York bevölkerten, waren 30507 Trinker, von 1093 Insassen des Zuchthauses von Albany in 1869/70 893. XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 611 noch nicht angenommen haben, wie z. B. die Spanier und Mestizen Cali- forniens, die Creolen Louisianas und die Deutschen Pennsylvaniens , die Irländer der Grosstädte des 0. Nur den form- und massgebenden Stamm, den anglo-amerikanischen und die in ihm bereits völlig tibergegangenen fremden Bestandtheile können wir hier ins Auge fassen. Auf manches, was zu sagen war über seine geistige und Charakteranlage, kann als seine sittliche Anlage beeinflussend zurückverwiesen werden. Der Einfluss der Naturumgebungen ist S. 48 berührt, das mächtige Herrschen des Er- werbs- und Geschäftsgeistes S. 363, des kaufmännischen Sinnes S. 456, der politische Rechts- und Ordnungssinn S. 516, die geistige Anlage S. 546, der religiöse Sinn S. 528, die Wohlthätigkeit S. 532, und zusammen- fassend sind andere Anlagen des Charakters und Geistes auf den vorher- gehenden Seiten dieses Abschnittes behandelt. Für die Beurtheilung seines sittlichen Charakters ist von dem allem besonders wichtig die Erkennt- niss, dass der Anglo-Amerikaner theils aus Anlage, theils aus geschicht- licher Nothwendigkeit vorzüglich Verstandesmensch ist; er neigt dadurch *^ zum Kalten, Berechnenden und zur Rücksichtslosigkeit im Anstreben seiner Zwecke; in Verbindung mit der Sucht zu erraffen, machen ihn diese Neigungen leicht gewissenlos in allen Dingen, wo Geld ins Spiel kommt. Andererseits neigt er aber mehr zum Verschwenden als zum Geizen. Es ist ferner ein grosses Maass von Selbständigkeit ihm eigen, das aber wieder gemildert wird durch eine tief eingewurzelte Achtung vor denjenigen Dingen, die von der Gesammtheit seiner Mitbürger geachtet werden, vor- züglich vor dem Selbstbestimmungsrecht und den Meinungen Anderer, sowie vor Allem, was in das religiöse Gebiet einschlägt. Das letztere wird ihn ebenso oft zum Heuchler werden lassen, wie das erstere ihn zur Selbstüberhebung und Gewaltthätigkeit geneigt macht. Es ist bemerkens- werth das offenbar mit dem Vorwiegen des Verstandes verbundene Zurück- treten der Sinnlichkeit, welches die Motive einer ganzen Anzahl von Ausschreitungen vermindert; vorzüglich in Verbindung mit der Selbstän- digkeit der Frauen lässt dasselbe die geschlechtlichen Verhältnisse und Missverhältnisse viel mehr in den Hintergrund treten als bei allen euro- päischen Völkern. Selbst in der Jugend leben die beiden Geschlechter u^ so frei zusammen wie nirgends sonst und die Frauen könnten gesellschaft- lich nicht freier sein. Dafür hat aber die kühlverständige Art der letz- teren lockernd auf das Band der Ehe gewirkt, und die Zahl der geschie- denen Ehegatten oder der getrennt lebenden ist sehr gross. In demjenigen Staate, wo die Statistik des Familienstandes am genauesten durchgeführt wird, in Massachusetts , zählte man 1875 2617 Geschiedene und 2307 unbekannten Familienstandes. Nach der Ansicht des Statistikers sind die letzteren grösstentheils zu den Geschiedenen zu rechnen. Die erstere Zahl allein beträgt schon 0,4 Proc. der Verehelichten. Bei der Erwägung dieser 39* 612 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. Thatsachen sind die oft unglücklichen Folgen der für die Sittlichkeit des Volkes im Uebrigen gewiss günstigen sehr frühen Eheschliessungen nicht ausser Betracht zu lassen. Auch erfordert es die Gerechtigkeit hervor- zuheben, dass jene Sekten, welche die Verneinung der Ehe oder wenigstens der Monogamie in ihre Satzungen aufgenommen haben, wie die Mormonen und gewisse Communistengemeinden, immer zu einem grossen, oft über- wiegenden Theil aus Nichtamerikanern bestehen. Die Familie ist diejenige Erscheinung des gesellschaftlichen Lebens, welche bei uns in der Alten Welt bei allen Völkern sich am ähnlichsten bleibt. Dass nun gerade sie es ist, welche bei den Nordamerikanern die grössten Unterschiede erkennen lässt, gibt sich sofort als eines der auf- fallendsten Zeugnisse kund für den tiefen Unterschied , welcher die Gesell- schaft der Alten "Welt von der der Neuen trennt. Man findet in der nordamerikanischen Familie viel mehr Selbständigkeit der einzelnen Glieder, der Gatten sowohl als der Kinder, welche ihren Grund theils in den Charaktereigenschaften der Weiber und der Frühreife der Kinder findet, theils in dem tiefgewurzelten Begriff von persönlicher Freiheit und Ver- antwortlichkeit, welcher jedem Lebensalter seinen eigenen Rechtskreis zuweist. Wenn die Kinder der nordamerikanischen Familien mehr Frei- heit in der Wahl ihrer Berufe , der Verehelichung u. s. w. gemessen als bei uns, so ist dies nicht sofort als Aufhebung der gemüthlichen Bezieh- ungen anzusehen, welche die Familienglieder verbinden sollten. Man wird gut thun vorher die Frage zu beantworten: Was leistet die Familie? Wo es schwer ist, ins Lmere zu sehen, da wird der in aller Völker- beurtheilung werthvolle Satz: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, doppelt beherzigenswerth. Die werthvollste der materiellen Früchte eines gesunden Familienlebens ist aber der Zusammenhalt der Glieder einer Familie zu erspriesslicher Thätigkeit. Die Familie muss in einem Volke sehr gut fundirt sein, wenn nicht die Verlockung zur Absonderung, zur Loslösung von allen Rücksichten der Pietät und Sitte, zur Trägheit, zur Missachtung der Heimat und des häuslichen Herdes, welche bei der seit zwei Jahrhunderten fast unbeschränkten Ausbreitung über ein reiches, noch unausgebeutetes Land, wie bei aller Colonisation, so nahe liegt, zu einem Rückfall in halbcivilisirte Zustände führt, wie man sie in Mexico, Mittel- und Süd-Amerika bei Spaniern und Portugiesen findet. Die Colo- nisation kann mit ihren schweren Aufgaben und mit ihren nicht minder schwer zu ertragenden Verlockungen als der härteste Prüfstein eines Volks- charakters bezeichnet werden. Wir finden, dass von unseren colonisirenden i/Völkern kein anderes als das Britische sammt dessen amerikanischen Abkömmlingen die Probe bestanden hat. Nur Grossbritannien hat Colonien gegründet, die in normaler Entwicklung zu Culturstaaten ausgewachsen sind oder im Begriffe stehen , es zu thun. Die V. St. machen seit den XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 613 250 Jahren ihrer Existenz eine Colonialgeschichte durch , deren Schauplatz sich durch neue Ansiedelungen beständig erweitert hat, und sie sind noch heute ihren wesentlichsten Merkmalen nach Colonien. Sie haben bis heute die Probe bestanden, welcher man weder Franzosen, noch Spanier, noch Niederländer, noch Portugiesen widerstehen sah. Sie und ihre^X Colonien sind gediehen. Es gehört noch kein sehr tiefer Blick in das Innere ihres Lebens dazu, um die Rolle zu würdigen, die die Familie in diesem Gedeihen spielt. Man könnte die gelungene nordamerikanische Colonisation als eine familienhafte der familienlosen, misslungenen süd- und mittelamerikanischen gegenüberstellen. Dort eine Verpflanzung der europäischen Cultur durch ein Volk, das bei allen Berührungen mit den rohen Eingeborenen sich wesentlich rein und seinen Aufgaben gewachsen erhielt , hier der Untergang der Europäer sammt ihrer Civilisation in einer Mischlingsbevölkerung, die über die Halbcultur nicht hinauskommt. Das günstige Resultat in Nord - Amerika , wäre ohne die Hochhaltung der .- Familie und ohne einen darausfolgenden, tiefgehenden Einfluss derselben auf das private und öffentliche Leben der Einzelnen nicht möglich gewesen. Der Rückschluss auf die Sittlichkeit in den Beziehungen der Geschlechter liegt nahe. Man ist darüber einverstanden, dass die Literatur eines Volkes ein wesentliches Gewicht in der Beurtheilung seiner Neigungen sei. Zugegeben, dass sie in so weit täuschen kann, als die verschiedenen Völker nicht alle gleich offenherzig in dem literarischen Ausdruck ihrer Gefühle und Gedanken sind, gibt sie doch immer und unter allen Umständen interessante Einblicke in die Volksseele. Die nordamerikanischen Dichter theilen mit den englischen die Keuschheit der Phantasie. Wie würde ein Franzose das sittliche Problem behandelt haben , das Hawthorne in seinem ^ berühmten Scarlet Letter darstellt? Selbst E. A. Poe, der geniale Ver- ^ kommene , ist in seinen Werken rein. Wie bemerkenswerth die Umgehung jener faulen Stellen am socialen Körper, in denen man anderwärts mit Vorliebe wühlt, durch so fruchtbare Romanschriftsteller und Novellisten wie F. J. Cooper, 0. W. Holmes, Bret Harte! Nur die gesunde Ab- neigung des Publikums gegen die Ehebruchsromantik und ähnliche Zweige der schönen Literatur kann dieselbe erklären und es ist unmöglich, nicht ein günstiges Zeichen hierin zu sehen. Wenn im Breitschlagen des Skan- dals durch die Presse ein Widerspruch hiergegen zu liegen scheint, so bleibt zu erwägen, dass der Skandalklatsch, gesprochen oder gedruckt, bei allen Völkern und in allen Schichten seinen Reiz behält. Es entspricht der grossen Macht der Presse in den V. St., wenn sie auch die sonst züchtig verhüllten Schäden der Gesellschaft zum Gegenstand ihrer sensa- tionellen Berichterstattung macht. Aber man muss hinzusetzen, dass jede grössere Stadt ihr gewissermassen professionelles Skandalblatt besitzt, - das man in keinem anständigen Hause trifft wie weit es auch in den tieferen Schichten verbreitet sein mag. Die besseren Blätter suchen 614 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. ^ dagegen den Anstand zu wahren, soweit es mit dem allerdings sehr starken Neuigkeitsbedürfniss zu vereinigen ist. — Man pflegt auch die häus- liche Erziehung als eine der Früchte zu bezeichnen, an denen man die Güte der Familie messen kann. Wir untersuchen hier nicht den etwas zweifelhaften Werth dieses Massstabes. Aber es verdient Hervor- hebung, dass die Nordamerikaner, an denen in der Jugend so viel weniger erzogen wird, als z. B. an den Deutschen, die letzteren durchschnittlich an dem übertreffen, was man im gesellschaftlichen Sinn Wohlerzogenheit nennt. Auch kann kaum anders als günstig auf die Familie und die Kindererziehung der Umstand zurückwirken , dass das Kneipensitzen selbst in den mittleren Schichten der amerikanischen Bevölkerung nicht für anständig gilt und der Vater in Folge dessen mehr Zeit mit seiner Familie verbringt als da, wo die Begriffe hierüber lockerer sind. Dass der Grundsatz der Selbständigkeit des Einzelnen hinsichtlich der Kinder häufig zu weit ausgedehnt wird, unterliegt keinem Zweifel. Aber die weitgehende Selbständigkeit der Jugend dieses Volkes sogar in den wich- tigsten Dingen, wie Eheschliessung, Berufswahl u. s. f., dürfte in ihren Ausschreitungen kaum verderblicher sein, als die bei uns herrschende Abhängigkeit, welche sogar die schon selbständig sein sollenden Kinder noch immer von den Eltern zehren lässt und welche jedenfalls weniger geeignet ist, Charaktere zu bilden; Zuzugeben ist jedoch, dass das Vor- walten der Verstandessphäre dem amerikanischen Familienleben vielfach einen ärmeren und kälteren Ton gibt. Die noch immer geringe Pflege der Musik u. a. künstlerischer und geistiger Interessen im Schosse der echt amerikanischen Familie kann denselben nur noch tiefer stimmen. III. Die Gesellschaft. Man könnte es als einen der Unterschiede zwischen der Neuen und Alten Welt bezeichnen, dass dort die verschie- denen Schichten der Gesellschaft neben, hier über einander gelagert sind. Wenn es möglich wäre, die verschiedensten Culturmassstäbe wie Bildung, Sitte, Reichthum, Arbeitsth eilung u. s. f. für das Gebiet der V. St. graphisch darzustellen, so würde man in der That mit ziemlich grosser Deutlich- keit drei Culturzonen neben einander gelagert finden, welche von 0. nach W. in der Weise auf einander folgen, dass die Zone höchster Cultur im äussersten Osten, eine zweite oder mittlere Zone im Seen-, Ohio- und Mississippi - Gebiet und eine dritte der erst werdenden Cultur im fernen Westen sich ausbreitet. Es bestehen Beziehungen zwischen diesen Culturzonen und den Zonen der Bevölkerungsdichtigkeit (s. o. S. 187 f.), sowie den Wirthschaftsgebieten (s. o. S. 43). Das 1. Wirth- schaftsgebiet und die 4. und 5. Stufe der Bevölkerungsdichtigkeit ent- sprechen der östlichen Culturzone, die Wirthschaftsgebiete 2 und 3 und die 2. und 3. Bevölkerungsstufe der mittlem, die Wirthschaftsgebiete 4 und 5 und die 1. Bevölkerungsstufe der w. Culturzone. Natürlich ist diese dreifache Zoneneintheilung nur ganz allgemein gedacht und so gut XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 615 es dünnstbevölkerte Striche in Maine, New York oder Florida gibt, finden sich Bezirke niederster Cultur in die fortgeschrittensten Gebiete ein- geschaltet. Was nun die wirthschaftlichen Grundeigenschaften dieser Zonen anbetrifft, auf denen so viel von ihren Culturentwickelungen beruht, so sind sie o. S. 43 genügend gekennzeichnet. Auch manche Merkmale ihrer allgemeinen Culturstellung waren im Vorhergehenden zu berühren. So vor allem die Verhältnisse der landwirthschaftlichen Bevölkerung, welche der mittleren Zone ihren Stempel aufdrückt, im VII. Capitel und viele von denen, welche für die oberste bezeichnend sind in den Cap. X bis XIV und XV*). Hier mögen nun noch die hervortretendsten Merk- male der amerikanischsten von allen diesen Zonen, der westlichen, kurz hervorgehoben werden. Mag in den älteren Staaten des Ostens, vor allem in den Neuengland- Staaten, mancher freundliche Zug vorhanden sein, der anheimelnd sogar an die besten Seiten europäischen Lebens erinnert, so wird die ameri- kanische Gesellschaft doch, je weiter man sich von diesen Mittelpunkten von Bildung und Reichthum entfernt, immer fremdartiger ; und zwar nimmt diese Fremdartigkeit von Stufe zu Stufe einen unangenehmeren, roheren Charakter an. Immer mehr tritt die Jugendlichkeit der Staaten und Gemeinden, der Mangel eines altangesammelten Reiiihthums und damit der Mangel an Menschen hervor, die nicht Charakter, ruhige Entwickelung, ideale Hingebung an die allgemeinen Interessen dem leidenschaftlichen Wunsche reich zu werden, zum Opfer bringen. • Im Süden, wo der Bürger- krieg die in manchen Beziehungen von sehr guten Traditionen erfüllte^ Pflanzeraristokratie zertrümmert hat , welche dem Lande bis in die neueste Zeit die besten Staatsmänner und Generale gab, sind die Gebil- deten verarmt und ist eine Classe von Menschen in den Vordergrund gerückt, welche der Amerikaner treffend FortuneseeJcers d. h. Vermögen- sucher nennt ; auf den Ruinen der alten guten Gesellschaft macht es sich ein Geschlecht von Menschen bequem, das kein anderes Interesse kennt, als seine zum Theil nicht unbedeutenden Gaben und die selten fehlende rücksichtslose Energie zum möglichst raschen Zusammenscharren von Reichthümern zu verwenden. Im Westen ist dieser Zug noch schärfer ausgeprägt. Staaten und Territorien wie Kansas, Iowa, Arkansas, Texas, Colorado u. s. f. sind im Anfang ihrer Entwickelung regelmässig die Zufluchtsstätten der Vielen, denen die Gesetze und Sitten der geregelten 1) Es ist in dieser Beziehung auch von Interesse, die Staaten nach ihren Schulausgaben zu classificiren. Man findet da z. B. in einer Gruppe mit 2,5 D. p. Kopf der Bevölkerung die Neuengland- und Mittelstaaten sammt den Staaten des alten Westens und Californien, während eine Gruppe mit weniger als ID. p. Kopf alle Südstaaten sammt Tennessee, Kentucky, Texas und Arkansas und den meisten Territorien umschliesst. In der Mitte stehen mit IV'2 — 2 D. die jungen Weststaaten, Oregon und einige Territorien. 616 XVL Das Volk und die Gesellschaft. Staaten des Ostens unbequem werden. Verbrecher aller Grade sehen in diesen weiten Gebieten , wo kein Gesetz herrscht , als das , welches sie sich selber geben, ihre natürliche Heimat. Andere, die sich vielleicht noch nicht conipromittirt haben, aber zu unruhig und herrenlos sind, um irgend eine Schranke anzuerkennen, gesellen sich ihnen und als dritter Stand drängt, sich in diese feine Gesellschaft das Heer der Handelsleute und Trödler^ denen der grössere Gewinn die Unannehmlichkeiten und häufige Unsicherheit des Besitzthums und selbst des Lebens an den Grenzen der Civilisation aufwiegt. Auch sie sind durchschnittlich nicht von der besten Sorte. Ohne Zweifel bessert das bewegte, entbehrungs- reiche Treiben manchen, den die Nothwendigkeit jetzt zum erstenmal hart und mit Geduld arbeiten lehrt und mit der Zeit wird doch auch manches gute Element hierher verschlagen. Gegen die schlimmsten Ver- brecher hilft sich die Gesellschaft durch Gesetze, die oft mehr als dra- konisch, und allmählich schleifen sich dann aus Furcht und Interesse die schärfsten Ecken der Gesetzlosigkeit ab. Bei so vielen Mängeln und Unschönheiten hat diese Gesellschaft v/aber doch immer den Vorzug jung zu sein. Das will viel sagen und schliesst viel bedeutsames in sich. Am Rande des atlantischen Meeres, der Europa so nahe gerückt ist, erscheint Amerika schon viel älter als im Innern und der Altersunterschied alt- und neuweltlichen Lebens wird sich bald nur noch westlich vom Mississippi so fühlbar machen, wie er vor 50 Jahren im ganzen Lande war. Man hat treffend gesagt: Hier haben die Leute noch Lebensgeschichten. Die meisten sind nicht an dem Orte geboren wo sie leben, sondern sind erst in reiferen Jahren zugewandert und ihr Leben ist dadurch in gewissem Sinn ein zwiefaches geworden, v/denn Auswanderung ist Verpflanzung : die neue Heimat heischt ein neues Wurzelschlagen, sie bietet andere Aufgaben als die alte und entwickelt andere Kräfte. Ein begonnenes Leben wird abgebrochen und ein neues angefangen. Aber der Zwischenzustand, der bis zur völligen Befestigung in den neuen Verhältnissen dauert, ist für viele Menschen der Beginn eines Lebensabschnitts, in welchem Auswandern und Ansässigmachen sich oft viele Jahre hindurch ablösen, bis er durch die Auswanderung nach einem Lande beschlossen wird, von dem man sagt, dass selbst die Ruhe- losesten dort Ruhe finden. Vor Allen die, welche aus Europa nach diesen Gebieten kommen, finden sich selten in die neuen Verhältnisse ohne eine ^^ Prüfungszeit voll wechselnder Geschicke durchgemacht zu haben. Es ist in dieser Richtung ganz charakteristisch, dass man als Regel aufstellt, es fange einem fremdländischen Einwanderer erst von der Zeit an in Amerika wohl- zuergehen, wenn er sein mitgebrachtes Geld verlaborirt habe und dadurch gezwungen sei, seine Lehrzeit ganz von unten anzufangen. Durch die grosse «• Masse derer, die hier im Westen noch in die Schule des Lebens gehen und keinen bestimmt (}u Entschluss gefasst haben über den Weg, den sie end- I XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 617 gültig einschlagen wollen, bekommt die ganze Gesellschaft einen gewissen unruhigen schlecht fundirten Charakter und es sind jene Naturen, von denen berichtet wird, dass sie vor der anrückenden Cultur immer weiter in die Wildniss zurückweichen, um dem gefahrvollen Pionirleben nicht entsagen zu müssen, keine Gebilde der Phantasie. Dieses wechselvolle Leben, das sich um so weniger Schranken angelegt glaubt, je weiter der Raum, in dem es sich bewegen kann, ohne mit fremden Rechten in Conflikt zu kommen, dieses Hinterwald- und Prärieleben hat in der That ^ einen grossen Reiz, und nicht bloss für die, welche es leben. Manche Leute können ihre Vorliebe für Amerika nicht besser begründen als durch den Hinweis auf die Poesie dieses schrankenlosen Daseins, das viel edlere Kräfte in Thätigkeit rufe als das gedrängte Zusammenleben in unseren älteren, höher cultivirten Staaten, wo keiner sich bewegen könne, ohne an engherzigen Gesetzen , Vorurtheilen und Herkommen sich wund zu stossen. Darin ist viel Richtiges, doch muss man sich hüten, in den Trappern und Holzhauern des Hinterwaldes Wiederholungen alter Ger- manen oder Grieclien zu sehen. Die Heroenzeitalter wiederholen sich nicht, wie heroisch auch Einzelne sich zu jeder Zeit erweisen mögen. Moderne Anschauungen und Bedürfnisse sind hier in wunderbarer Weise mit alter- thümlicher Einfachheit und roher Kraft verquickt ; aber diese Heroen sind meistens mit den Genüssen der Civilisation gar nicht so unbekannt, wie^ es scheinen mag und viele lieben moderne Dinge wie Geld, Schnaps, Tabak u. a. in einer Ausdehnung, die ihrem heroischen Charakter einigen Eintrag thut. Ueberhaupt ist die Waldursprünglichkeit nur geniessbar, wo sie so viel wie möglich unverfälscht ist, sobald sie sich dagegen mit der Cultur mischt, wird sie unangenehm und wo mit viel Cultur und besonders mit den vielen Schattenseiten der Cultur die gesetzlose Rohheit und Rücksichtslosigkeit des Hinterwaldes und der Prärie sich mischt, entsteht ein sehr unschmackhaftes Zwitterprodukt. Es tritt dies besonders unange-»^ nehm in den Bergwerksgebieten und Pilzstädten des fernen Westens hervor. Die coloniale Entwickelungsstufe einer Gesellschaft ist der bürger-^/ liehen Gleichheit günstiger als irgend eine andere. Man kann voraus- setzen, dass die ersten Colonien in Nord-Amerika, vor allem die privaten und rein bürgerlichen in Neuengland, zu den in sich gleichartigsten gesell- schaftlichen Entwickelungen gehört haben, die es je gegeben hat. Die That- sachen bestätigen das. Die Colonisten fühlten die Gleichartigkeit ihrer Anfänge selbst so klar, dass in einigen Colonien von vorn herein eine communistische Organisation versucht wurde (s. o. S. 55). In der That waren sie alle im Allgemeinen auf derselben Stufe von Besitz und in den ersten Jahrzehnten waren die Bedingungen der Erwerbung von Reichthum und Ehren für alle so gleichartig, dass nur geringe Standesunterschiede sich zur Geltung bringen konnten. Erst in dem Maasse als Reichthum sich mehr und mehr ansammelte, entstanden grössere Verschiedenheiten. Der erste Ql^ XVI. Das Volk und die Gesellschaft. Stand, der sich in (iiesen fast durchaus ernst religiösen Gesellschaften entschieden absonderte, war der der Geistlichen. Man lese die .Geschichte einer neuenglandischen Colonie, um die Macht zu begreifen, die derselbe besass. Wie sehr er aber dem Geiste der Gleichheit wider- sprach, welcher in dem Gross der Bevölkerung lebte, bezeugt die That- sache, dass .alle jene Kirchen, in denen der Stand d^r Geistlichen sich als ein höher gebildeter und einflussreicher der Gemeinde gegenüberstellt, vor allen die congregationalistische und episkopale, schon früh in Still- ^stand, theilweise sogar in Rückgang geriethen, während viel mächtigere Sekten auf demokratischerer Grundlage sich neben ihnen und auf ihre Kosten entwickelten (vgl. o. S. 537). Neben den Geistlichen war höchstens noch die geringe Anzahl königlicher Beamten, bürgerlicher und militärischer, die den Anspruch erheben konnten, einen besonderen Stand zu bilden. Indessen wurden viele davon aus den Colonien genommen und ihre Zahl Avar immer zu gering, um eine deutliche gesellschaftliche Schicht zu bilden *). Die Ständegliederung konnte in allen übrigen Theilen der Gesell- schaft nur auf Unterschiede des Besitzes sich gründen und diese konnten natürlich in einer so thätigen Bevölkerung nicht zaudern, sich einzustellen. Doch gab es einige Gründe, die ihrer Geltendmachung entgegenwirkten. Im S., wo die Sklaverei rasch anwuchs, erlaubte diese zunächst nur die Scheidung von Freien und Sklaven. Gegen diesen Unterschied traten alle anderen zurück. Im N. war die in allen Verfassungen durchgeführte politische Gleichberechtigung der Steuerzahler in dieser Richtung thätig und in kaum geringerem Grade die Ungewohntheit derjenigen Dinge, welche die Besitzunterschiede nach aussen hin zu zeigen bestimmt sind. Man erinnert sich der republikanischen Einfachheit der vorzüglichsten und höchststehenden Männer aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges. Noch 1795 konnte Winterbotham sagen: „Es ist wahrscheinlich, dass alle v^Juwelen und Diamanten, welche von Bürgern der V. St., ihren Frauen und Töchtern getragen werden, einen geringeren Werth besitzen als die- jenigen, welche in einigen Ländern Europas Bestandtheil der Kleidung eines einzelnen Menschen bilden" (View of the U. S. III. 308). Die Einfachheit gehört zu den politischen Tugenden. Das Volk verlangte damals noch nicht, dass ein leitender Politiker im« Stande sei to tap the harrel, d. h. das Geldfass anzuzapfen für Wahlbestechung u. dgl., sondern es wachte eifersüchtig auf den Republikanismus seiner Vertreter auch im 1) Die Worte Gentleman und Lady konnten hier nicht anders, als eine viel breitere Bedeutung annehmen, als die ist, welche sie in engeren und befestigteren Gesellschaftszuständen haben. In vielen Kreisen bezeichnen sie thatsächlich nichts mehr als männliches bzw. weibliches Individuum, Im aristokratischeren Süden behielten sie mehr von ihrem Werthe und die Pflanzer von S. Carolina liebten es, sich mit dem stolzen Titel The Gentlemen of America zu bezeichnen. XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 619 Aeusserlichen. Die Ueberwachung der öffentlichen Charaktere geht im Interesse dieses demokratischen Gefühles (dem aber, denn es handelt sich um Menschen, der Neid häufig nicht fremd ist) sehr weit. Gründe der Religion, der Philanthropie, des öffentlichen Interesses, der bürger- lichen Gleichheit werden ins Feuer geführt, um die Einbürgerung ver- meintlich unchristlicher oder republikanischer Gewohnheiten zu verhindern. Vor 50 Jahren paradirte ein Billard, das John Quincy Adams im Weissen Hause hatte aufstellen lassen, unter den ernsthaften Gründen, welche man gegen seine Wiederwahl geltend machte! Die Zeiten haben sich sehr geändert. Der Reichthum ist eine anerkannte Macht geworden und der Luxus ist schon tief eingedrungen. Die V. St. rühmen sich, einige der reichsten Männer der Erde zu den ihrigen zu zählen. Von einem der angestauntesten von diesen Mächten, dem jüngstverstorbenen Eisen- bahnkönig Vanderbilt, ist das Vermögen auf 130 Mill. D. angegeben worden. Das demokratische Gefühl der Gleichheit hat in den unteren Classen etwas weniger unschädlichen Tendenzen Platz gemacht. Man kann sich wohl denken, dass bei der vorwiegend auf einer schon sehr erheblichen Verschiedenheit der Grösse des Besitzes beruhenden Ständegliederung in den V. St. die Eifersucht der Aermeren auf die Reicheren natürlicher- weise ein sehr verbreitetes und tiefgehendes Gefühl ist. Dass ein Mann nicht für irgend ein Amt gewählt wird, weil er reich ist, oder dass Jemand unpopulär wird, weil seine Tochter bessere Kleider trägt als die anderen Misses, ist nicht selten. Diese Gefühle existiren in der ganzen Welt, aber nur hier sprechen sie sich ganz klar aus. Einstweilen hält ihnen aber immer noch die Hoffnung und das Bestreben die Wage, es einst den Reichen gleichthun zu können. Eine interessante Aufgabe, welche aber an dieser Stelle nicht zu lösen ist, würde der Nachweis des Einflusses sein, der in der Einführung des Luxus und in dem immer merklicheren Hervortreten der Ständegliederung je nach der Möglichkeit grösseren Aufwandes den Frauen zufällt. Er ist zweifellos sehr gross gewesen. Das goldene Zeitalter des gleichen Wohlergehens Aller hat sich in die luftigen Regionen der Hoffnung zurückgezogen^). Ausser 1) Dieses goldene Zeitalter bestand, ist es nöthig zu sagen ? in Wirklichkeit nie, aber die Verhältnisse lagen zeitweise so, dass optimistische Geister es wenigstens vermuthen konnten. Einen geradezu typischen Ausdruck gab diesem Optimismus Harriet Martineau in ihrem Society in America (1837. I. 15): „In alten Ländern bleibt die Frage offen, ob nicht die Menge wegen ihrer Unwissenheit in einem Zu- stand von politischer Knechtschaft gehalten werden solle, wie Einige wollen, oder ob sie gradweise für politische Freiheit vorzubereiten sei, wie Andere denken, durch Verbesserung ihrer Lage und durch Schulunterricht; oder ob, wie Dritte meinen, die Ausübung der politischen Rechte und Pflichten nicht die einzig möghche Art der politischen Erziehung sei. In der Neuen Welt bleibt keine solche Frage zu erörtern. Sie besitzt keine grosse, unterdrückte, gereizte, gefährliche Classe 620 XYI. Das Volk und die Gesellschaft. der Hoffnung, es einst eben so weit bringen zu können, welche in den Aermeren durch immer neue Beispiele von erfolgreichen Seifmade Men genährt wird, gibt es aber glücklicherweise noch ein anderes kräftiges Mittel gegen allzuwucherndes Wachsthum des Ciassenneides. Es liegt im Charakter des Amerikaners selbst, der sogar als GeJdmensch weit entfernt von, dem entsprechenden Typus der alten Gesellschaft. Er scharrt allerdings auch zusammen , aber womöglich nicht mit ängstlichen Mitteln, sondern im Grossen. Er kauert nicht als furchtsamer Geiz- hals über seinen Schätzen. Moliere's „L'Avare" würde selbst noch heute vor einem echt amerikanischen Publikum wenig Verständniss finden. Man liebt drüben den Besitz nicht um seiner selbst willen, sondern weil ^^er Macht gibt und Annehmlichkeiten verschafft. Es liegt darin ohne Zweifel eine höhere Entwickelung des Geldmenschenthums und dieselbe hat einen gesunden Grundzug. Sie spornt zur Arbeitsamkeit und Unter- nehmung an und lässt dann die sauer erworbenen Früchte auch Andere mitgeniessen. Selbst wo sie in die Uebertreibung der waghalsigen Speku- lation oder der fieberhaften Geschäftshast übergeht, versöhnt noch der Zug der Grossartigkeit, der dem amerikanischen Wesen immer innewohnt. Man fragt sich, ob sie nicht mit allen Auswüchsen doch noch viel besser sei als die lendenlahme Enthaltsamkeitsphilosophie, welche die europäische Jugend die Missachtung des Besitzes lehren will und ihr damit den schärfsten Antrieb zur Thätigkeit nimmt*). Mit Recht hat ein neuerer (von Weissen), welche bei der geringsten Gelegenheit über Agrarianisinus schreit. In der ganzen wunderbaren Weite dieses Landes sah ich keine armen Leute mit Ausnahme einiger Bettler. Ich sah einige sehr arme Frauen, aber Gott und Menschen wissen, wie wenig die Zeit gekommen ist, in der Frauen auch nur Gehör finden. Ich sah keine Bettler ausser zwei professionellen, die ihr Glück in den Strassen von Washington zu machen suchen. In den ärmsten Häusern sah ich keinen Tisch gedeckt, auf dem nicht Brot und Fleisch erschienen. Jedes Fabrikkind hat seinen Regenschirm, und Schweinetreiber tragen Brillen. Mit Ausnahme des fremden Proletariats in den Landungsstädten und den in sinn- lichen Lastern Begrabenen, von denen weder die Einen, noch die Anderen politisch gefährlich sind, gibt es Niemanden, der nicht dasselbe Interesse an der Sicherheit des Eigenthums hätte, wie der reichste Kaufmann von Salem oder der Pflanzer von Louisiana . . . Gesetz und Ordnung sind ebenso wichtig für den Mann, der das Land baut, um seine Familie zu erhalten oder der um Lohn arbeitet, damit er einst auf eigenem Boden sterbe, wie für irgend ein Mitglied des präsidenthchen Cabinets." 1) „Man muss Amerika die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass, wenn v/ auch der Wunsch sich zu bereichern allgemein , man doch in den wichtigeren und nicht ganz jungen Handels- und Verkehrsmittelpunkten mehr Gewissen und vor allem weniger Engherzigkeit findet als bei uns. Der amerikanische Egoismus ist breiter als der unsere, er erniedrigt sich selten zu elenden kleinlichen Mitteln, er schöpft aus dem Vollen." (M.Chevalier, Lettres L 272.) XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 021 Reisender gesagt: Wenn es in irgend einem Lande der Erde als unver- nünftig bezeichnet werden kann, gegen die Geldaristokratie und gegen die Gemeinheit des Goldes und Silbers zu predigen, so ist es hier, denn hier mehr als irgendwo anders ist es der Fall, dass jedweder sein Geschäft hat. Wer Capitalien hat, bringt sie zur Geltung und kann dieselben weder vermehren noch auch selbst erhalten ohne sehr viel Thätigkeit und Wachsamkeit. Der Reichthum eines Mannes steht daher hier ziemlich allgemein im Verhältniss zu seiner Wichtigkeit und dasselbe gilt von seiner Fähigkeit auf dem Gebiete des Ackerbaues, der Gewerbe oder des Handels. Die Geldmänner haben ihre Fehler, sie sind gewohnt alles mit ihren Goldwagen zu wägen, man würde sicherlich ein Volk beklagen müssen, das nur von Kaufleuten regiert würde. Aber ein Volk, dessen Regierer nichts anderes als Advokaten oder Soldaten wären, würde weder glück- licher noch freier sein. Wenn in der Alten Welt die alten Interessen, die militärischen, die buroaukratischen, jene alten Interessen, welche unter allen Formen jedem letzten Winkel ihren Stempel aufgedrückt haben, sich gezwungen sehen, zu transigiren mit den neuen Interessen der Industrie, mit der Macht des Geldes, wie wäre es denn möglich, dass in der Neuen Welt, wo die Institutionen der Vergangenheit nie tiefe Wurzeln gefasst haben, wo alles auf den Handel, auf das Geld hin gerichtet wird, diese Macht nicht dazu gelangte, eine Rolle auf der politischen Bühne zu spielen trotz all ihrer Neider und Gegner? Indessen bei allem so natürlich begründeten Uebergewicht der Geldaristokratie fehlt nicht die Werth- schätzung des Geburtsadels, die ganz natürlich aus dem Wunsche besserer Familien sich erklärt, inmitten des allgemeinen Strebens nach Gleichheit, irgend einen Grund der Absonderung von der grossen Masse, der Auszeichnung zu finden. Die genealogische Wissenschaft, freilich nicht über die Anfänge des 17. Jahrhunderts hinausgehend, wird in den V. St. ganz so ernst betrieben wie in Alt -Europa und die Stammbäume, welche zu den Cavalieren der ersten Jahrzehnte der Old Dominion oder den Puritanern der May Flower hinaufreichen , erfreuen sich hohen Ansehens. Jeder Staat hat seine alten Familien, seine Aristokratie. „Ich habe," sagt Hübner, „nie mit jemand dieser Classe Bekanntschaft gemacht, ohne sogleich zu hören: „„Meine Familie ist sehr alt, meine Vorfahren kamen vor 200 Jahren nach Amerika, wir haben in England Verwandte, die in der Pairskammer sitzen, oder wir stammen von hugenottischen Edelleuten, welche vor dem Widerruf des Edikts von Nantes gut gesehen waren am französischen Hofe."" Und dieselben Personen zeichneten sich durch Erziehung und feine Sitte aus*)." Eine stark entwickelte Titel- sucht entspringt demselben Grunde. Es gibt eine Masse betitelter Existenzen wie in jedem Freistaat und wer einen Titel hat, wird immer 1) Spaziergang um die Welt. 1875. I. 51. 622 XVI Das Volk und die Gesellschaft. bei demselben genannt. Nur die Lächerlichkeit der ellenlangen Titel und ^ der Mittitulatur der Frauen ist bis jetzt nicht eingedrungen. Man ist versucht anzunehmen, dass der nordamerikanischen Gesell- schaft jene gewisse äussere Gleich mässigkeit der Sitten fehle, welche das Ergebniss der Herrschaft zu sein pflegt, welche auf diesem Gebiete die- Grossstädte üben. Aber es ist dem nicht so. So gross die Zersplitterung in jeder politischen und religiösen Hinsicht sein mag so stark ist ■ der Trieb der Nachahmung gewisser Muster in allen Aeusserlichkeiten. Es ist kein Volk zu denken, bei dem eine Mode, auch die bizzarste, so rasch und allgemein zu verbreiten wäre wie bei den Nordamerikanern. Ein starker Nachahmungstrieb ist ihnen eigen, ein anglo- keltisches Erbtheil allem Anschein nach, das hier aber sich noch bedeutend vermehrt hat durch die in Demokratien den niederen Classen eigene Sucht, es den höheren so viel als möglich gleich zu thun. Die Stimmung grosser Theile der Bevölkerung, ganzer Staaten, Parteien, Stände, Landschaften, Städte nimmt in gewissen Zeiten bestimmte gleiche Formen an, welche den Namen Geistesepidemien wohl verdienen würden. So wie alle Geräthe des Hauses, alle Kleider u. s. f. durch die ganze Union gleich sind, weil sie von gleichen Maschinen in gleichen Fabriken hergestellt sind, so werden auch die Aeusserlichkeiten im Benehmen u. dgl. en gros bezogen. Keiner hat Zeit sich speciell damit abzugeben, jeder wählt dasselbe Muster. Die ganze amerikanische Gesellschaft nimmt sich ^/ New York zum Muster. Die Empire City bestimmt die Sitten und die Moden, wie es in ihren Sphären Paris, London oder Wien thun. Einige Städte haben ihre gesellschaftlichen Vorzüge vor New York, wie Washington, welches eine kosmopolitische, politisch angeregte, Boston, welches eine literarisch feiner gebildete und geistig regsame, Richmond, Baltimore und Charleston, Avelche (wenigstens in Resten) eine aristokratischere, traditionenreichere, oder New Orleans, welches eine freiere, heiterere Gesellschaft hat. Aber New York übertrifft an Volkszahl, Geschäftsthätig- keit, Reichthum, finanziellem und politischem Einfluss, Luxus alle anderen. Vielleicht wird sie einst ihre Herrschaft an eine von den neuen Haupt- städten abtreten, die im W. in der Entstehung begriffen sind. Heute ist sie aber noch in jedem anderen Sinne als dem formal - politischen die Hauptstadt der V. St. und vorzüglich die gesellschaftliche. IV. Die Culturphysiognomie der V. St. Jedes Land trägt Spuren des Daseins und des Wirkens des Menschen in seinem Aeusseren und diese Spuren haben erheblichen Antheil an dem allgemeinen landschaft- lichen Charakter des Landes. Diesen Antheil zu bestimmen ist im L Bande versucht (L Bd. S. 429), hier soll die etwas speciellere Frage beantwortet werden, welches die eigenthümlichen Züge sind, die das Cultur- bild der V. St. von dem der Länder der alten Welt unterscheiden. Drei Merkmale treten uns dabei als die hauptsächlichsten entgegen : 1. Grössere XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 623 Seltenheit der Zeugnisse der Cultur, welche besonders dadurch sich äussert, dass dieselben überhaupt weiter zerstreut, dann aber in gewissen, wenig besiedelten Gegenden noch kaum vorhanden und von der Natur überragt sind. 2. Geringere Dauer und Stetigkeit der meisten Schöpfungen des Menschen, die selbst auf seine eigenen Wohnplätze sich ausdehnt, und damit zusammenhängend zahlreiche Belege für einen rascheren Ablauf aller Lebens- und Thätigkeits-Aeusserungen. 3. Mangel der Spuren des Alters der Cultur in diesem Lande. Die grössere Seltenheit der Culturschöpfungen zeigt sich nicht überall im Einzelnen, aber sie gehört zu den entschiedenst sich aufdrängenden Eindrücken einer allgemeinen, zusammenfassenden Betrach- tung des Landes. Sie entspricht der noch immer dünnen Bevölkerung, die selbst in den dichtestbevölkerten Theilen noch fern ist von der Dich- tigkeit der Bevölkerung in den volkreicheren Theilen von Europa. Sie wird gefördert durch die zwei entgegengesetzten Tendenzen der länd- lichen und der städtischen Bevölkerungen : Das zerstreute Wohnen der ^ ersteren unter möglichster Vermeidung der Dörfer und das Zusammen- drängen der letzteren in möglichst grossen Städten. Die Mittel- und Kleinstädte, Marktflecken und grossen Dörfer, in ihrer Häufigkeit so bezeichnend z. B. für Deutschland , treten viel mehr zurück in den V. St. Strassen und Eisenbahnen, auf denen mau Hunderte von Meilen menschen- armen Landes durchfliegt, um von einer Grossstadt nach der andern zu gelangen, gehören zu dieser weiten Zerstreuung der Culturschöpfungen. Nicht minder tritt dieselbe, und noch unverkennbarer, hervor in dem Ueberragen der Natur über die Werke des Menschen. Die letzteren ver- schwinden in den Urwäldern, Hochgebirgen und Steppen fast vor der Macht einer noch ungezähmten Natur. Aber selbst in den bevölkertsten Theilen des 0., wo fast jeder Wald gelichtet, jeder Bach überbrückt, jeder Fluss eingedämmt ist, ist die Natur noch nicht so weit zurückgedrängt wie bei uns. Sobald sie an einem Höhenzug, einem sumpfigen Thal, einem Moor Halt zu gewinnen vermag, erscheint sie viel ursprünglicher. Noch immer gibt es in Staaten wie New York und Pennsylvania Hunderte von Quadrat- meilen Urwald und in dem altbesiedelten Neuengland ist noch immer Maine der echteste Urwaldstaat. Dass man in einem einzigen Tage von einem so vollkommen weit- und grossstädtischen Platz wie New York in eine^^ menschenleere Urwaldregion , wie die der Adirondacks zu gelangen vermag, gehört zu den scharfen Würzen des amerikanischen Lebens. Wie diese Naturnähe auf den Yolksgeist wirkt und u. a. in der Literatur zum Aus- druck kommt ist auf S. 51 angedeutet. Dauer und Stetigkeit sind den Schöpfungen der Cultur hier X häufig in geringem Grade eigen. Der Grund liegt hauptsächlich in der ' Beweglichkeit der Bevölkerung selber und diese entspringt ihrerseits theils einer angeborenen Raschheit und Rastlosigkeit, theils der geringen 624 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. Dichtigkeit. Indem der einzelne sich noch nicht in eine dichte Masse eingezwängt findet, hat er mehr Lust und Grund zur Bewegung und Veränderung. Seine Werke nehmen daran Theil. Ganze Dörfer und Städte werden versetzt und Tausende sind im Stande auf einmal heerden- weise ihren Wohnplatz zu ändern (s. o. S. .316). Man hat mit einiger UebertreibuHg die Nordamerikaner als Culturnomaden bezeichnen können. Noch etwas Anderes kommt hinzu: das Streben nach möglichst rascher \/und gewinnreicher Ausbeutung der natürlichen Reichthümer des Bodens, sei es an Erzen oder an Fruchtbarkeit. Man schöpft von einer Unter- nehmung den Rahm ab, um schnell nach einer anderen zu eilen. Das eine Unternehmen zerfällt, während ein anderes aufblüht. Daher die Menge von „Cultur-Ruinen" (s. u. S. 630), die über das Land zerstreut sind. Daher auch die Leichtigkeit und Flüchtigkeit, mit der man in den jüngeren Gegenden nicht bloss Häuser, sondern Städte baut, Brücken errichtet , Eisenbahnen anlegt. Alles ist nur für ein paar Jahre bestimmt, "^^dann wird es entweder abgebrochen, oder sich selbst überlassen, oder aber es treten etwas dauerhaftere Schöpfungen an seine Stelle. Im 0. baut man in den grossen Städten bereits viel mehr für die Dauer, herrliche Marmor- und Granitpaläste gehören zu ihren Merkmalen, aber in den kleineren Orten und selbst in den Vorstädten grosser Plätze überwiegen noch die Holzbauten ^). Es schiebt sich hier noch eine andere Eigenthümlickeit ein , das minder scharfe Hervortreten der Sonderung von Stadt und Land, das oben schon hervorgehoben wurde (S. 191). Dieselbe entspringt zum Theil demselben Mangel an befestigtem , durch Generationen eingelebtem Dasein, an dem historischen Hauch, der bei uns die Städte vom Lande scheidet, zum Theil entspricht sie dem jugendlichen Charakter des hie- sigen Lebens, das es noch zu keiner so entschiedenen ständischen Scheidung zwischen städtischer und ländlicher Bevölkerung gebracht hat. s/Der Unterschied von Dorf und Stadt schrumpft hier zu dem von grösserer und kleinerer Wohnstätte zusammen. Das Dorf hat unter Umständen grosse Kaufläden, Banken, Zeitungen u. dgl. und ist in Wirklichkeit eine kleine Stadt. Der flüchtige Bau der Eisenbahnen, Brücken, Dämme u. s. w. schliesst sich hier an. Die Hauptsache ist, dass alle diese Dinge y dem augenblicklichen Zwecke entsprechen ; ihre Dauer ist erst in weiterer Reihe zu suchen und ihre Schönheit kommt zuletzt. Der Schönheitssinn möge in den Zügen der Culturphysiognomie der V. St. nicht seine Befriedigung suchen. Man sieht sich an vielen Punkten umgeben von einer schönen Natur und häufig begegnet man schönen Menschen, aber die Werke dieser Menschen machen den Eindruck 1) Die Zählung von 1875 wies im Staat New York 598013 Häuser aus Holz, 98298 aus Backstein und 19 718 aus Stein nach. Selbst in der Stadt New York besteht V4 der Häuser aus Holz. XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 625 der Beschränkung auf das Nothwendigste , wie denn z. B. unsere Bahnhof- Paläste oder unsere künstlerisch verzierten Brücken dem Amerikaner als ein heller Unsinn erscheinen. Man schätzt den Luxus, aber auch dieser macht sich wenigstens im Aeusseren des Lebens mehr nach der Seite der bequemen als der schönen Ausschmückung des Lebens geltend. Das wahrhaft VIonumentale ist selten. Der Mangel zahlreicher hoher Kirch- tliürme, an die wir in unseren grossen Städten gewöhnt sind, macht sich überall geltend, wo man eine der Grossstädte der V. St. übersieht. Die überaus grosse Zahl der Gotteshäuser kommt erst zur Wahrnehmung, wenn man in die Strassen herabsteigt, wo man freilich oft Mühe hat, die Kirchen von beliebigen Privathäusern zu unterscheiden. ^Yie überall verdichtet sich das gesammte Culturleben in den Städten und hier ist es, dass dasselbe die schärfste Ausprägung erlangt. Im Gesammteiudruck der grössern amerikanischen Städte wiegen, von unwesentlichen örtlichen Besonderheiten abgesehen, vier Erscheinungen unbedingt vor. Es sind die geraden und breiten Strassen, der starke v Verkehr, die durchschnittlich geringe Grösse der Häuser, die scharfe,^ Sonderung der Geschäfts- und Wohnstrassen. Die grosse Zahl und geringe Grösse der Häuser ist besonders auffallend in wirklichen Grosstädten wie Philadelphia, das in dieser Hinsicht einzig unter den Grossstädten der Welt "^ dasteht, und New York. Sie beruht auf der gesunden Vorliebe für ge- schlossene Häuser, Familienhäuser, und trägt gewiss viel zum körperlichen und geistigen Wohlsein der Bewohner bei. Aber das System ist auf die,^ Dauer nicht in der Ausdehnung haltbar, welche es jetzt einnimmt; in New York nehmen grosse Miethshäuser , welche das Boden- und Baukapital besser ausnützen, von Jahr zu Jahr mehr überhand '). Auch die Sonderung der Geschäftshäuser und Wohnhäuser nach besondern Strassen, welche oft weit von einander entlegen sind, muss zum Wohlsein der Bevölkerungen beitragen, den Handelsverkehr erleichtern und bequemes, gesundes und billiges Wohnen fördern. Diese Sonderung ist so praktisch, dass sie selbst in kleinern Städten durchgeführt erscheint, setzt aber allerdings die zahl- reichen und guten Verkehrsmittel voraus, die in Gestalt von Dampf- und Pferdeeisenbahnen keiner mittlem oder grössern Stadt fehlen. Ihrerseits setzen die Pferdeeisenbahnen breite und gerade Strassen voraus, wenn sie ihren Zweck gehörig erfüllen sollen. Gasleitungen und Kanalisationen, v- die schon in viel weitere Kreise gedrungen sind als bei uns, ferner die ebenfalls sehr häufigen Wasserleitungen, auf welche der Amerikaner so >/ hohen Werth legt, werden gleichfalls durch die regelmässige Anlage der Städte erleichtert. 1) In gewissen Distrikten von New York ist aber schon jetzt die Bevölkerung dichter zusammengedrängt als selbst in London. Nach dem 1868er Bericht des Board of Health waren im 17 th Ward in 4210 Häusern 95091 Menschen, worunter 14016 Kinder unter 5 Jahren. Patze 1, Amerika II. 40 B26 XVI. Das Volk und die Gesellschaft. In kleinem Städten wiegt durch die Niedlichkeit und Reinlichkeit der Häuser, welche mit Vorliebe aus weiss getünchtem Holz erbaut oder mit solchem verschalt sind, und durch die Gärtchen, welche dieselben aus- nahsmlos umgeben, ferner durch die Reihen der Schattenbäume, welche ^^selten in einer Strasse fehlen, der freundliche, ländliche Charakter vor. Ein Schatten dieser Idylle ist durch die Baumreihen in den Strassen, die Rasenplätzchen vor den Häusern und die Schlingpflanzen an ihren Bal- ^ konen selbst noch mitten in New York oder Boston und in ganz hervor- ragender Weise in Philadelphia festgehalten. Selbst in S. Francisco hat man trotz des trockenen Dünenbodens wenigstens begnügsame Eucalypten angepflanzt. Blumen an den Fenstern sind hingegen viel seltener als bei uns. Mehr noch als diese grünen und schattigen Säume an den Strassen hin lassen uns die schönen Parke und öifentlichen Gärten die Naturnähe der hiesigen Cultur und die Naturliebe der Amerikaner empfinden , welche man kaum hinter ihnen suchen würde, wenn sie nicht auch als der aus- geprägteste Zug in ihrer jungen Literatur wiederkehrte. Man hat gewal- tige Summen in den bedeutendem Städten für Parke und Volksgärten ausgegeben, und selbst den Europäer, der den Prater oder, das Bois de Boulogne kennt, wird die Grösse und Pracht der Fairmountanlagen in v/ Philadelphia oder des Centralparks in New York in Erstaunen setzen. Aber auch die jungen Städte Cinciimati und S. Louis u. v. a. haben bereits schöne Parkanlagen. Wie diese öffentlichen Parke und Gärten sind auch die Kirchhöfe in allen einigermassen bedeutenden Städten Nordamerikas grossartig, reich und zum Theil mit Geschmack angelegt und gehalten. Man sieht in ihnen allgemein das Streben wirksam , den melancholischen Charakter des Grabfeldes durch allen möglichen landschaftlichen und künstlerischen Schmuck zu verwischen , und der einfache Zweck , den Todten eine unge- störte Ruhestätte zu bieten, tritt weit hinter dem Bestreben zurück, die Kirchhöfe zu tröstlichen Erholungsstätten der Lebenden zu maclien. In den grössern Städten sind , wenn auch nicht , wie in New York , alle , so doch einige Kirchhöfe auf den schönsten Punkten angelegt. Von dem berühmten Greenwoodkirchhofe in der Nähe New Yorks geniesst man einen Blick auf New York, Brooklyn und das Meer, Avelchem wenige Grossstädte etwas ähnlich Schönes zur Seite stellen können. In Boston ist der Mount-Auburnkirchhof viel schöner in Lage und Bepflanzung als Stadtpark und Public-Garden , in Washington und Richmond bieten die ./Kirchhöfe die schönsten Aussichtspunkte und Parkanlagen. Und eine Fülle reicher Denkmale ist vorhanden — zu viel vielleicht, um nicht den Eindruck des Gehäuften und des Anspruchsvollen zu machen. Jeden- falls ist diese Art von Kirchhöfen eine eigenthümlich anziehende Einrich- tung, welche vor allem als Aufhellung und Bereicherung des dumpfen Grossstadtlebens erfreulich wirkt. XVI. Das Volk uiul die Gesellschaft. 027 Minder anziehend als diese Rulie- und Erholungsstätten , mit welchen die amerikanischen Städte ohne Zweifel ihre altern europäischen Schwestern zum grossen Theile weit hinter sich lassen, sind ihre grossen und gross- artig oder schön sein sollenden öffentlichen Bauten. Lange Zeit zierte man die öffentlichen Gebäude nur mit griechischen und römischen Säulen- hallen. wie man noch an den meisten Bauten, die mehr' als dreissig Jahre zurückdatiren, besonders in Philadelphia, Boston und Washington, sieht. Selbst für Kirchen war dieser echt republikanische Styl beliebt, v- Aber seit dieser Zeit hat man in allen möglichen und unmöglichen Stylen experimentirt und mit besonderer Vorliebe ganz neue Combinationen auf- gesucht. Unruhe und Uebertreibung gehen durch die meisten Bauwerke, die etwas vorstellen sollen, und das einfach Schöne und Edle muss man an bescheidenen, anspruchslosen Werken suchen. Den in Wahrheit gross- artigsten Eindruck machen hier die Werke der Brückenbaukunst, welche bekanntlich in Nordamerika einige ihrer grössten Triumphe gefeiert hat. Die neue Mississippibrücke zu S. Louis und die Ohiobrücken von s^ Louisville und Cincinnati sind unbedingt erfreulicher in der Gesammt- ansicht dieser Städte als alle ilire Kirchthürme und Prachthäuser. Die Riesenbrücke, an deren Pfeilern man gegenwärtig in New York und Brooklyn baut, wird dem längst schon prachtvollen Bilde des new- yorker Hafens einen neuen Zug hinzufügen, der an Grossartigkeit alle andern , wie überhaupt alles in dieser Art Bestehende , übertreffen wird. Die geringfügige Thatsache , dass alle grossen und kleinen Flussdampfer hier weiss getüncht sind, ist auch erwähnenswerth. In der Nähe Verkehrs- ^ " reicher Städte, die an grossen Flüssen liegen, geben diese blanken Fahr- zeuge, welche in Menge vorhanden zu sein pflegen, der Flussscenerie einen heitern Charakter, — das Gegentheil von der Wirkung, welche unsere schwarzen, verrauchten und verstaubten Dampfer hervorbringen. Anscheinend ebenfalls geringfügig ist der Umstand, dass man in diesen grossen Städten des Ostens vorzüglich nur pennsylvanische Anthracitkohlen brennt, welche nicht russen. Es ist dies aber der Grund, weshalb trotz seiner grossen Industrie selbst Philadelphia nicht im mindesten geschwärzt ist. Cincinnati, das stark russende Kohlen brennt, sieht dagegen schon ^ viel älter und düsterer aus als irgend eine der östlichen Grossstädte, und in noch höherm Grade gilt dies von Pittsburg (vgl. o. S. 329). Die Bevölkerung aller amerikanischen Städte, mit Ausnahme der südlichen, in denen die Neger ihre Faulheit spazieren tragen, ist aus- gezeichnet durch ihr bewegliches , thatkräftiges , arbeitsames Wesen. Man kann nicht durch eine Strasse gehen, ohne diesen Charakterzug wahrzu- nehmen, und die kleinen Städte nehmen in kaum miiiderm Grade an dem- , selben theil als die grössten. Es fällt ferner ein bedeutendes Mass von Wohlanständigkeit in Kleidung und Benehmen auf. Man wird auch nicht 40* 628 XVI. Bas Volk und die Gesellschaft. fehlgehen, wenn man der Bevölkerung der grossen Städte eine inh allge- meinen jugendlichere Physiognomie zuschreibt als der der kleinern und des flachen Landes, und das Zuströmen zahlreicher jüngerer Einwanderer aus Europa und aus dem Innern erklärt diese Erscheinung zur Genüge. — Für ein weitverbreitetes mittleres Mass von Bildung spricht der grosse Absatz von billigen Zeitungen , Zeitschriften und Büchern , welche an allen Ecken und Enden feilgeboten werden. Dies hindert aber nicht, dass die Kirchen sich reger Theilnahme und Besuches erfreuen. — Die Schulhäuser aller Art zeigen durch ihre Zahl, Grösse und schöne Ausstattung, dass der Volksunterricht sich einer guten Pflege erfreut. In den grössern Städten fehlt nie eine öffentliche Bibliothek, welche entweder Privat Stiftung oder von der Gememde errichtet und Jedermann zugänglich ist. Hingegen sind mit Ausnahme New Yorks und New Orleans', der auch in dieser Beziehung am meisten europäisirten Städte, die Theater unbedeutend, sowohl im Aeussern als in den Darstellungen. Die Musik erfreut sich in der Oeffent- lichkeit einer massigen, aber in rascher Zunahme befindlichen Pflege. v/Oeffentliche Yergnügungsorte , wie Bier- und Kaffeegärten, sind nur in denjenigen Städten zu finden, wo eine starke deutsche Bevölkerung vor- handen. Auf dem Lande erhöhen die Farmhäuser, da sie in den meisten Gegenden nicht dorfartig zusammengebaut, sondern nach altsächsischcr Weise zerstreut sind, zwar den Culturcharakter nur wenig, aber sie geben gerade durch dieses vereinzelte Auftreten manches hübsche Landschafts- bild. Die verschiedenen Arten von Farmhäusern sind o. S. 243 geschildert. Die Blockhäuser finden sich nur noch in jungbesiedelten Theilen des W. häufig und selbst hier schreiten die Frame Houses, die verschalten oder Plankenhäuser, begünstigt durch die Arbeit der mit zuerst in die tiefsten Urwälder dringenden Sägmühlen rasch voran. Aber ihrer angenehmen Eigenschaften halber werden sie auch selbst im 0. und im alten W. noch von conservativen Naturen den letzteren vorgezogen. In der That sind die Blockhäuser, wenn gut aufgeschlagen, immer comfortabel: kühl im Sommer, warm im Winter, leicht warm zu halten und dazu nicht unschön. Ihre Farbe stimmt sehr gut zum Boden und zur Vegetation. In vielen v/ Theilen, wie z. B. in Michigan, lässt man die Rinde an den Baumstämmen, aus denen ein solches Haus gebaut wird und erreicht damit einen pitto- resken Beiz. Die bereits viel häufigeren verschalten Häuser, die selbst in den ödesten Theilen von New York und Neu-England die Blockhäuser fast ganz verdrängt haben, glänzen ihrerseits durch weissen Kalkanstrich /und grüne Fensterläden. Eine Veranda (Piazza genannt) fehlt wenigen von ihnen. Bei aller Einfachheit sind diese Farmhäuser, weil aus Holz gebaut, das leicht in angenehme Formen zu bringen und, wenn beschädigt, leicht zu ergänzen und zu erneuern ist, meist niedlich in ihrem Aeussern XVI. Das Volk und die Gesellschaft. 629 und die meisten stehen wie Gartenhäuser inmitten der Mais- und Hafer- . felder. An deutsche Scenea gewöhnt, vermissen wir nur den Schmuck der Baumgärten und der Obstbäume um die Häuser; es ist, wie es scheint,'^ hier nicht häufig Sitte, wie es bei uns ist, Bäume vor die Häuser zu pflanzen, und wo man welche pflanzt, gibt man oft den grossen Schatten- bäumen, Ulme, Ahorn, Eiche den Vorzug. Freundlich ist aber der ^ Anblick dennoch , und nicht am wenigsten durch die weisse Farbe , mit der man hierzulande auch die Häuser mit Vorliebe anzustreichen liebt. Im Mittelpunkte einer i^nzahl solcher Niederlassungen erhebt sich, womöglich erhöht, das Schulhaus und eine oder mehrere Kirchen, die ebenfalls in der Regel aus Holz gebaut sind und kleinen Kapellen ähnlich sehen. Dass natürlich das Bild einer ländlichen Ansiedelung erheblich anders in den holzarmen Präriegegenden, wo man mit Bruchsteinen oder Ziegeln baut, versteht sich. Es ist in diesem Fall viel reizloser. Geradezu elend und unschön sind aber die Bug-outs, die halb in die Erde ver- grabenen engen Hütten, in denen die spärlichen Bewohner der Steppen sich vor den Stürmen zu schützen suchen. Die Ruinen sind zwar Amerika in einem schönen Verse Goethe's abgesprochen worden. Zum Unterschied von „Europa, dem alten", soll es ihrer ebenso entbehren wie der Basalte. Dies trifft heute nicht mehr so ganz zu. Wenn die Cultur hier auch jung an Jahren, so hat sie um so rascher .gelebt. Die Züge, die sie da und dort in die Physiognomie des Landes gegraben hat, mögen weniger die Spuren wirklichen Alters als früher oder verfrühter Schicksale sein: sie sind nichtsdestoweniger ergreifend, oft nicht minder als unsere Ruinen. Wie viele Ruinen bergen nicht die Gold- und Silbergebiete von Californien und Colorado, die Oel- gebiete von Pennsylvanien und so mancher andere erzreiche Distrikt! Mit dem Reichthum der Gruben schwand die Bevölkerung und hat oft ganze Städte zurückgelassen. So hat das Riesenwerk der Pacific -Bahn eine Menge vergänglicher Eisenbahnstädte geschaffen, die mit dem Bau entstanden und mit dem Fortschreiten der Linien wieder verschwunden sind. Im S. sind zerfallene Pflanzerwohnungen, verödete Kirchen und Kirchhöfe keine seltenen Erscheinungen. In den einst spanischen Theilen des S. und W. liegen die Reste spanischer Adobe- (Lehmziegel-) Häuser, Klöster und Kirchen in Ruinen. Und dazu noch die Masse der indiani- schen Grabhügel, Schutzwälle u. s. f. Man kann in der That nicht vom^^ Mangel der Ruinen sprechen. Das Land hat für sein Alter deren mehr als genug. Wenn in vielen Beziehungen das Kleine , Zerstückte , nur für den Augenblick Geschaffene unter den Culturschöpfungen , besonders denen , des idealen Gebietes, überwiegt und hierin ein Merkmal theils der der Jugendlichkeit der Cultur entsprechenden Zerstreuung der Kräfte, theils des eingeborenen Individualismus der Bevölkerung, auf gesellschaftlichen^ 630 XVI. Das A^olk und die Gesellschaft. wie politischem Gebiete, zu erkennen, ist, so tritt dagegen in allem was geschäftliche Unternehmung ist, eine Neigung zum Grossen, Zusam- mengefassten hervor, welche Zeugniss ablegt für die Fähigkeit gross zu entwerfen und mit gewaltiger Energie zu handeln. So schwer es bis jetzt zu sein scheint, in diesem Lande eine Summe von Kräften auf Ein Ziel zu vereinigen, so leicht scheinen dem Einzelnen die grössten Ent- würfe und die ungewöhnlichsten Kraftanstrengungen zu fallen. Und das beschränkt sich nicht auf Eisenbahnen, Brücken und ähnliche Einrich- tungen, von welchen Nord -Amerika die grössten und kühnsten mit Stolz sein nennt, sondern erstreckt sich selbst auf den gewöhnlichen Geschäfts- betrieb. Als natürliche Folge des külmen Unternehmungsgeistes und der Rastlosigkeit der amerikanischen Geschäftsleute tritt uns in allen Zweigen /des Handels und Verkehrs die Erscheinung riesenhaft ausgedehnter Geschäfte entgegen, von denen man schwer begreift, wie sie nur von Einem Punkte aus geleitet werden können. Auch Europa hat seine mer- kantilen und industriellen Grössen, aber es ist die Grenzenlosigkeit der Unternehmungslust nicht so allgemein und wird das Bedeutende nicht so rasch erreicht. Aber hier lässt das Fieber der Spekulation die meisten nicht ruhen, bis sie entweder das Möglichste erreicht haben oder bei all- zuktihnem Wagen auf den Anfang zurückgeworfen sind. So kommt es, dass gegenwärtig z. B. in New York nächst der katholischen Kathedrale das grossartigste und prächtigste Marmorgebäude ein riesiges Schnitt- waarengeschäft ist. Am meisten scheinen aber Gasthäuser diesem Gross- yhetrieb günstige Aussichten zu bieten, vorzüglich weil gewisse Einrichtungen, welche die Menschen anziehen , im Kleinen nicht leicht zu schaffen sind und weil bei ihnen der Ruf, der mit der Grösse wächst, ein so bedeutender Faktor des Erfolges ist. Es sind nicht nur in den Städten, sondern auch an beliebten Punkten im Gebirge, an der Seeküste, überall, wo grössere y Mengen von Gästen erwartet werden, riesige Gasthäuser, wahre Karawan- serais entstanden. Hier ist nun das Grossartige geschäftlich berechtigt. Aber in anderen Dingen wird das Streben nach dem hlgyest thing fast kindisch, wie denn überhaupt das Interesse an dem Aussergewöhnlichen, Ungeheuerlichen, Aufsehenerregenden beim Amerikaner in beneidens- werther Jugendlichkeit vorhanden ist. Wir kritischeren Naturen sind viel . mehr gefeit gegen riesige Plakate, Wundermittel, barnumsche Sehenswür- digkeiten u. dgl. als der Amerikaner es mit all seiner Geschäftsklugheit ist. Diese Dinge gehören für ihn zu den angenehmen Aufregungen und ihre reichliche Vertretung — z. B. die riesenhaft hingepinselten Geschäfts- anzeigen in den fernsten Urwald- und Gebirgseinsamkeiten — ist einer von den hervortretenden Zügen des nordamerikanischen Lebens. Das- yselbe erhält dadurch etwas Groteskes , welches , wie alles Originelle, die Amerikaner selbst nicht unangenehm berührt. V. Abschnitt. Einzelbesehreibung der Staaten und Territorien. Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. Die Neuengland-Staaten nehmen den NO. der V. St. ein zwischen dem atlantischen Ocean und dem Long Island Sund im S.., der Provinz Quebek im N., dem Staat New York im W. , der Provinz Neubraun- schweig und dem atlantischen Ocean im 0. Sie liegen zwischen 48 und 41" n. B. und 74 und 67° w. L. , bedecken 65 (XK) e. Q.M. und zählen 3 487924 E. (1870). Rauhes Klima und wenig ergiebiger Boden begün- stigen den Ackerbau nur in geringem Grade, aber der Schiffahrt, Fischerei und dem Handel kommt die lange Küstenlinie von 700 e. M. und der Hafenreichthum zu Gute, während im Inneren die Industrie in hoher Blüte steht. Im N. ist der Waldreichthum noch bedeutend. Die Be- völkerung (Yankees im engeren Sinne s. o. S. 598) ist reiner englisch als anderswo in den V. St., körperlich und geistig eigenartig (s. o. S. 600), sehr intelligent und regsam. Neuengland hat die dichteste, industriellste und gebildetste Bevölkerung in Amerika. Seine geschichtliche Rolle s. o. S. 57, 71. Den Namen erhielt diese Landschaft von Capitain John Smith 1614; vorher hiess sie North Virginia. L Maine (M.), 1657 d. Q. M. (35 000 e.), 626 915 E. (1870). Grenzen: Im S. der Atlantische Ocean, im N. Quebek, im 0. Neubraimschweig, im W. New Hampshire. liänge am Meer 278 e. M., durch die zahlreichen fjordähn- lichen Einbuchtungen zu einer Küstenlinie von 2500 e. M. ausgedehnt. Zahl- reiche Küsteninseln, deren grösste Mt. Desert (60000 A.). Boden vorwiegend gebirgig und felsig durch die N. Alleghanies, die die ganze Breite des Staates einnehmen, um erst gegen N. hin nach dem Thale des S. Johns R. abzu- dachen, höchster Berg Mt. Katahdin (1642 m). ^'lo mit Wasser bedeckt. Flüsse : Penobscot, Kennebec, S. Croix, die ins Meer münden. Seen: Moosehead, Chesuncook. Khma: Wärme: Eatport 6, Portland 6 ^C. Niederschläge dort 1002, hier 1215. 46,9 Proc. der Oberfläche ist Wald, wovon noch viel im Ur- zustand. Landwirthschaft : Ernte von 1877 (in 1000 B.): Kartoffeln 7000, Hafer 2412, Mais 1680. Gerste 650, Weizen 350, Buchweizen 400, Heu 1138000 T., Werth 21 Mill. I). Viehstand (in 1000) : Rinder 360, Schafe 526, Schweine 62, Pferde 82. Werth 16 Mill. I). ^A des Staates in Farmen angelegt. Berghau gering: Granit, Marmor, Schiefer. Gewerbe: Man berechnet, dass 2,6 Mill. Pferdekräfte in den Flüssen von M. gegeben seien, aber es sind bis jetzt nur ca. 80000 ausgenützt. Haupterzeugnisse: Sägholz ca. 12, Baumwollenwaaren 11, 634 Erste Gruppe. Die Neuenglaud-Staaten. WoUwaaren 8 Mill. D., Kaff. Zucker, Seeschiffe, Leder. Gesammtwerth ca. 96 Mill. D. (1874). Haudel und Verkehr: M. ist mit 2878 Segel- und 96 Dampf- schiffen (517000 T.) (1876) der zweite seefahrende Staat. In seine Häfen liefen 1876 196000 T. in der Ktistenfahrt und 154000 vom Ausland ein. Es hatte (1877) 997 e. M. Eisenbahn. Ausfuhren : Holz , Fische , Getreide. Finanzen (1878): Steuerwerth 164, Schuld 5,8, Einn. 1,20, Ausg. 1,27. Sparkassen 64 mit 25 Mill. D. Einlagen. Schulen (1876) 4261, Ausg. 1,1 Mill. D. Schulbesuch ca. 45 Proc. der Schulfähigen. Die Bevölkerung ist zu 87 Proc. im Staat geboren, zu 8 Proc. Ausländische. Unter letzteren sind 54 Proc. Canadier, 32 Proc. Irländer, 1,4 Proc. Deutsche. — Bis 1651 war M. der Schauplatz verschiedener, meist wenig gedeihender Ansiedelungen der Engländer und Franzosen In die- sem Jahr kam es an Massachusetts, bei dem es blieb, bis es 1820 als Staat in die Union eintrat, in welcher es 4 Congressstimmen hat. Die Verfassung be- stimmt, dass der Governor, die Senatoren und Repräsentanten für 1 Jahr, die Richter für 7 Jahre vom Volk gewählt werden. Portland, 30000 E., Haupthandelsstadt von M., auf hoher Halbinsel am SW. Ende der Casco Bay. Tiefer Hafen mit 3 Forts zwischen Hügeln von 50—55 m. Rhederei. Handel am bedeutendsten mit Grossbritannien und West- indien. Steuerwerth 31 Mill. Augusta, 7815 E., Regierungssitz, am Ende der Schiffbarkeit des Kennebec. Grosse Wasserkräfte. In der Nähe Kennebec Arsenal der V. St, Bau gor, 20000 E., zweite Handelsstadt von M., am Ende der Schiffbarkeit des Penobscot , 60 e. M. vom Meer , durchflössen vom Kenduskeag, Hauptmarkt für Holz. Von Langholz werden jährlich durchschnitt- lich 250 Mill. Fuss über liier versandt. 11 Banken, 2 Tagblätter, 43 Schulen, 14 Kirchen. Sitz eines Theological Seminary der Congregationalisten. — Von weiteren Seeplätzen sind folgende zu nennen: Biddeford, über 10 000 E. und Saco, 5757 E., einander gegenüber am Saco R. Grosse Wasserkräfte. Baum- wollenfabriken. 4 Banken, 3 Zeitungen, 13 Kirchen. Brunswick, 4727 E. Am Ende der Gezeiten im Androscoggin R. , der hier einen Fall von 12 m hat. Sägemühlen. In der Nähe Bowdoin College. Bath, 11000 E., am Kennebec, 12 e. M. vom Meer, vorzüglicher Hafen, der selten vereist. In den 50 er Jahren die vierte schiffebauende Stadt in den V. St., ist es durch den Rückgang der Rhederei in neuerer Zeit mehr zur Industrie gedrängt. Steuerwerth 6,4 Mill. 7 Banken, 1 Tagblatt, 11 Kirchen. Wiscasset, 1978 E., am Sheepscot R., 12 e. M. vom Meer. Breiter Hafen von 12 — 20 Faden, selten vereist. Einst be- trächtlicher Handelsplatz, jetzt unbedeutend. Pemaquid, verlassene Ansiede- lung und Fort auf einem Felsen Vorgebirge, Schauplatz von Indianer- und Piraten- kämpfen im 17. und 18. Jahrhundert. Waldoboro, über 4000 E., 1753/54 von 1500 Deutschen gegründet, deren Nachkommen noch in der Stadt leben. Lebhafter Hafen. Thomaston, Sitz des Staatsgefängnisses von M. Rock- land, 8000 E., an Owls Head Bay. 4 Banken, 4 Zeitungen, 8 Kirchen. Schiffs- bau, Kalkbrennerei. Belfast, 5278 E. , im SW. Winkel der Penobscot Bay. Schiffsbau. 2 Banken, 2 Zeitungen, 6 Kirchen. Castine, Dorfgemeinde auf schmalem Vorgebirg in der Penobscot Bay. Schauplatz von Kämpfen mit In- dianern und Franzosen im 17. und 18. Jahrhundert. Niederlage der Flotte der V. St. 1779 durch die Engländer. Schiffsbau. Mt. Desert, Insel n. von Pe- nobscot Bay, 4000 E., einer der malerischsten Punkte der V. St. Machias, Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. 635 2530 E. , Dorf am gleichen Fluss. Gewerbtliätig. S. von hier Ma chiasport, Hafen, Schiffsbau. Eastport, 3738 E., Gemeinde an der Passamaquoddy Bay, der nördlichste von den Seeplätzen von M. , nahe bei Quoddy Head , dem östlichsten Punkt der V. St., in der Nähe das ü. S. Fort Sullivan. — Binnenplätze: Lewiston, 20000 E., Fabrikstadt am Fall des Androscoggin, 8000 Fabrikarbeiter. 5 Banken, 1 Tagblatt. Skowhegan, Gemeinde, 4000 E. 3 Banken, 1 Zeitung, 5 Kirchen. An einem 9m hohen Fall des Kennebec. Gewerbthätig. H a 1 1 o w e 1 1 , 3000 E. , am Kennebec bei Augusta. Berühmte Granitbrüche. II. New Hampshire (N. H.), 436 d.Q.M. (9280 e.), 318300 E. (1870). Liegt zwischen Quebek im N., Massachusetts im S., Maine und dem Ocean im ü. und Vermont im W. Boden vorwiegend felsig. An derlSe.M. langen Küste ist ein bis 30 e. M. breiter flacherer Strich, der Rest ist gebirgig. Berge: Mt. Washington in den White Mts., der höchste Berg Neuenglands, Monadnoc, Kearsarge. Flüsse : Connecticut, Merrimak, Androscoggin, Ammonoosuc. Seen : Winnipiscogee, Umbagog. Klima : Wärme zwischen 3,3 (in den White Mts.) und 9 " C. Wald : 37,2 Proc. Landwirthschaft : Boden wenig fruchtbar. Haupt- erzeugnisse: Mais, Hafer, Kartoffeln, Ahornzucker, Butter und Käse, Wolle; Werth derselben (1870) 22,5 Mill. D. Bergbau: Nicht sehr bedeutend, Magnet- eisen, Blei, Silber, Glimmer, Graphit. Gewerbe : Begünstigt durch starke Wasser- kraft, von der über 80000 Pferdekräfte in Benutzung. 1870 wurden Baum- wollenwaaren für 16,9, Wollwaaren für 8,7, Schuhe für 6,1, Leder für 3,7 Mill. D. erzeugt. Handel: Portsmouth, der einzige Hafenplatz, hatte 1876 einen Schiffs- verkehr von 6643 T. und der Staat besass 71 Segel- und 8 Dampfschiffe mit 12317 T. Die Fischerflotte zählte 22 Schiffe mit 1143 T. Bevölkerung: 76 Proc. im Staate geboren, 9 Proc. Ausländer, von denen 43 Proc. Canadier, 40 Proc. Ir- länder und 1,4 Proc. Deutsche. Reichthum (1877): Steuerwerth 193 Mill. D., Sparkassen 67 mit 31 Mill. Einlage. Staatsschuld 3,5, Einnahmen 0,49, Aus- gaben 0,44 Mill. D. 1870 gab es 2452 Volksschulen, die von Va der schulfähigen Jugend besucht wurden. Die Presse zählt 8 Tagblätter und 42 andere Zeit- schriften. Governor, Senat und Repräsentanten (hier General Court genannt) werden für 1 Jahr gewählt, ebenso 5 Councilors zur Seite des Governor, aber die Richter werden vom Governor ernannt und der Staatssekretär von den Ver- tretungskörpern gewählt. — Dover und Portsmouth wurden 1623 gegründet, 1641 mit Massachusetts vereinigt, seit 1741 besondere Provinz. Concord, 14ÖÖ0 E., Staatshauptstadt, am Merrimak, der 4 fach überbrückt ist, zugleich Gewerbestadt mit 2500 Arbeitern. Steuerwerth 12 Mill. 12 Kirchen, 2 Tagblätter, 2 Banken und 5 Sparkassen. Portsmouth, 9221 E. Alter Platz auf einer Halbinsel. 5 Kil. von der Mündung des Pistaqua. Hafen vor- züglich, fast stets eisfrei, 25m tief. Schiffsverkehr in 1876 6643 T. Gegenüber P., auf Continental Isl. ist ein U. S. Navy Yard. Manchester, 23509 E., am Merrimak. S. von hier Hampton Beach, Seebad. Gewerbreichster Platz in N. H., ca. 8000 Fabrikarbeiter. Die Baumwollfabriken erzeugen durchschnitt- lich 70 Mill. Ellen jährlich, Baumwollconsum 40000 Ballen. Ausserdem Loco- motiv-, Waagen- u. u. Fabriken. 14 Kirchen, 45 Schulen, 3 Banken und 4 Spar- banken, 3 Tagblätter. Hooksett, Dorf am Merrimak mit grossen Baumwoll- fabriken und Ziegeleien. Nashua, 12000 E., an demselben, Wasserkraft des 636 Erste Gruppe. Die Neuenglancl-Staaten. Nashua R., ca. 3000 Arbeiter, wovon 2000 in Baumwollfabriken. Grosse Eisen- werke. 11 Kirchen, 2 Tagblätter. Dover, 9000 E., Baumwollen- und Schuh- fabriken, älteste Ansiedelung des Staates (1633). Von den im Inneren und N. des Staates gelegenen Plätzen, die wegen ihrer Landschaft besucht werden, sind Centre Harbor und Wolfboro (Dorf mit 2000 E., 2 Banken und 3 Kirchen) am Winnepiscogee , North Conway und G o r h a m Ausgangspunkte für die Besucher der White Mts. III. Vermont (Vt.), 481d. Q.M. (10212 e.), 330551 E. Liegt zwischen Ca- nada im N. , Massachusetts im S., New Hampshire im 0. und New York nebst Lake Champlain im W. Boden hügelig und gebirgig. Die Green Mts., die dem Staate den Namen geben, durchziehen ihn in der Mitte. Am L. Champlain ist ein schmaler Streifen Flachland. Der Hauptfluss ist der Connecticut, aber ein kleines sw. Stück des Staates gehört bereits dem Flussgebiet des Hudson an. Seen: Der Champlainsee ist für diesen einzigen binnenländischen von allen Neuengland-Staaten als Wasserstrasse hochwichtig. Der Memphramagog reicht von Canada herein. Klima: Die Wärme schwankt zwischen 4,4 und 8"C., der Regenfall zwischen 36 und 44e.Z. Ackerbau: Vt. ist der in landwirthschaft- licher Beziehung begünstigste von den Neuenglandstaaten. Hochentwickelt ist die Viehzucht. Die feinste Wolle der V. St. wird hier erzeugt (Merinos). 1877 Zahl der Schafe 441,000. Werth der Ackerbau-Erzeugnisse 35 Mill. D. Haupt- erzeugnisse: Mais, Hafer, Buchweizen, Kartoffeln, Hopfen, Ahornzucker. Berg- bau : Marmor, Granit, Schiefer. Gewerbthätigkeit geringer als in irgend einem anderen von diesen Staaten. 1870 verwandte man 51 000 Pferdekräfte und der Werth der Erzeugnisse betrug 32 Mill. D. Dieselben bestanden hauptsächlich aus Mehl, Leder, Sägholz und Wollwaaren. Handel: Canada ist das einzige ausländische Gebiet, mit dem Vt. unmittelbar Handel treiben kann. 1876 hatten die Hafenplätze von Vt. einen Schiffsverkehr von 82 962 T., wovon 74123 vom Ausland. Seine Flotte zählte 12 Schiffe mit 733 T, Bevölkerung: 74 Proc. im Staate geboren, 14 Proc. Ausländer; unter denen 60 Proc. Canadier, 29 Proc. Irländer, 0,8 Proc. Deutsche. Steuerwerth 102 Mill, D. (1870). Sparkassen 20 mit 8,3 Mill. Einlage (1877) ; Staatsschulden 0,03 Mill. D. Einnahmen 0,39, Aus- gaben 0,38 Mill. D. (1879). Schulen 2979, Zeitungen 47, wovon 3 Tagblätter. — Der Boden Vt.'s ist zuerst 1535 von Jacque Cartier betreten worden , 1609 von Champlain explorirt. Französisch-canadische Colonien hielten sich nicht. Nach 1760 wurde Vt. von New York in Anspruch genommen, trat aber 1791 als 14. Staat in die Union. Governor, Senatoren und Repräsentanten (als General Ässembhj zusammengefasst) werden für 2 Jahre vom Volk, ebenso die niederen Richter, dagegen Staatssekretär und die Oberrichter von der General Assembly gewählt. Burlington, 15000 E., grösste Stadt von Vt., am L. Champlain gelegen. Der oben angegebene Schiffsverkehr von 82962 T. gehört fast ganz B. an. Haupthandel in Holz, von welchem jährlich 40—50 Mill. Fuss versandt werden. Universität, 15 Kirchen, 2 Banken, 3 Zeitungen. Montpelier, Staatshaupt- ort, Dorf von 4000 E., am Winooski R. 7 Kirchen, 2 Banken, 5 Zeitungen. In der Nähe Waterbury, Ausgangspunkt für den Besuch der Green Mts. und besonders Mt. Mansfield's. S. AI bans, Dorf mit 7000 E,, Mittelpunkt des Butter- und Käsehandels von Vt., grosse Eisenbahnwerkstätten der Vt. Central Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. 637 R. R., Marmorbrüche. 6 Kirchen, 3 Banken, 3 Zeitungen. Park in Mitte des Dorfes. In der Nähe mehrere Heilquellen: Sheldon Springs, Vermont Springs, Alburgh Springs. Brattleboro, 4000 E., am Connecticut, der hier überbrückt ist. Orgelwerke. Staatsirrenhaus. In der Nähe von Whiting- ham ist der Geburtsort Brigham Young's. IV. Massachusetts (Mass.), 367 d. Q. M. (7800 e.), 1457 351 E.') (1875). Zwischen Vermont und New Hampshire im N., Connecticut und Rhode Island im S., New York im W. und dem Atlantischen Ocean im 0. Küste hafenreich. Grössere Inseln: Nantucket, Marthas Vineyard, Penikese. Boden grossentheils felsig, von geringer Fruchtbarkeit. Die fruchtbarsten Strecken in den Thälern des Connecticut und Housatonic. Gebirge: Taconic und Hoosac Range im W. des Staates. Flüsse: Merrimac, Housatonic, Connecticut. Klima: Mitteltempe- ratur 7 — 10 ®C. Ackerbau erzeugt hauptsächlich Mais, Hafer, Roggen, Kar- toffeln, Tabak. Werth der Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht 42 Mill. (1875). Wald 29,2 Proc. Fischerei erzeugte 1875 einen Werth von 7JMill. D. Bergbau geringfügig: Granit und Marmor. Die Gewerbthätigkeit von M. die hervorragendste in den V. St. 1875 waren 233252 männliche und 83207 weibliche Personen gewerblich beschäftigt. In Gewerben angelegtes Kapital 267 Mill. D. 3859237 Baumwoll- und 15 606 Leinenspindeln. In den Baumwoll- fahriken 80964, in den Wollfabriken 8412 Arbeiter. Haupterzeugnisse: Schuh- waaren, Baumwoll- und Wollenwaaren, Eisenwaaren, Papier. Werth der Erzeug- nisse in 1875 592 Mill. D. Handel und Schiffahrt sind bedeutend. Seeschifte (ein- schliesslich Fischerboote) 2274 mit 423000 T. Der Aussenhandel von Mass. ist nach dem von New York der bedeutendste. Bevölkerung zu 75 Proc, aus Ein- geborenen des Staates bestehend, 0,9 Proc. Deutsche, 15 Proc. Irländer. Staats- schuld 34 Mill. D., Einnahmen 4,12, Ausgaben 4,54, Gemeindeschulden 89 Mill. (1878), Hauptsekte die Congregationalisten. Das Unterrichtswesen ist in sehr blühendem Zustand. Die beste Hochschule der V. St., 5 Colleges, 4 Normal- schulen, 5556 öflentliche Schulen sorgen für den Unterricht. 1877 gab es 176 Sparbanken mit 245 Mill. D. Einlagen. Steuerwerth 1872 1700, Staats- schuld 33, Einnahmen 7,2, Ausgaben 5,8 Mill D. Governor, Staatssekretär, Treasurer , Attorney General , sowie die 40 Senatoren und 240 Repräsentanten, werden jährlich gewählt, die Richter der zwei oberen Höfe von Governor und Senat für Lebenszeit ernannt. Das Wahlrecht steht jedem 21 Jahre alten Bürger der V. St. zu, der 1 Jahr im Staate verweilt. Zahl der Repräsentanten im Congress 9. — Mass. ist aus 2 der ältesten englischen Colonien in Nordamerika, New Plymouth (1620) und Massachusetts (1628 und 30) durch Vereinigung 1692 entstanden. Es war im 18. Jahrhundert die leitende Colonie im N. wie Vir- ginien im S. Der Anstoss zum Unabhängigkeitskrieg und später zur Antisklaverei- Bewegung wurde vorzüglich von hier aus gegeben. Durch Reichthum, Thätigkeit, Bildung und Intelligenz seiner Bevölkerung steht es noch immer in erster Reihe unter den Staaten der Union. Boston, 342 000 E. (1876), Hauptstadt und Haupthandelsstadt von Mass. (2, Handelsstadt der V. St.). Seine Vorzüge für den Handel s. o. S. 472. An tiefer P^inbuchtung der Massachusetts Bay gelegen, auf 3 Halbinseln (Boston, 1) Auch die Stüdtebevöltertingen sind in diesem Staat für 1875 angegeben. G38 Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. East Boston, South Boston) besitzt es einen geräumigen Hafen, in welchem 1877 2196 Schiffe mit 868(XX) T. einliefen. Einwanderung 1877 8044. Regelmässige Dampfer- Verbindung mit Liverpool und Antwerpen. Es ist im Inneren weniger regelmässig angelegt als andere nordamerikanische Grosstädte (ein grosser Theil ist seit dem verheerenden Brand von 1872 neu aufgebaut) und enthält eine grössere Anzahl von historischen Denkmalen: Faneuil Hall (The Cradle of American Liberty), wo in der Revolutionszeit die Volksversammlungen gehalten wurden, Old South Church, gleichfalls durch ihre Volksversammlungen aus jener Zeit berühmt, das alte State House, Christ Church (1723 gebaut); das neue State House (1795) überschaut die Stadt. Boston ist eine der reichsten Städte der Union. Der Gesammtwerth des Areals und der Gebäude wurde 1877 auf G87 Mill. D. geschätzt. 197 Kirchen, 8 Tagblätter und 167 andere periodische Blätter. Der Stadttheil South Boston liegt jenseits eines Armes des Hafens. Die frühere Stadt Charlesto wn (34000 E.) wurde 1873 zu Boston geschlagen. Hier ein Werft der V. St. Li der Nähe Bunker Hill mit Denkmal des be- rühmten Gefechtes von 1775. Ebenfalls Roxbury wurde 1868 zu Boston ge- schlagen. Li den Umgebungen Bostons: Cambridge, am Charles R., 3e. M. von Boston, 47838 E., Sitz der Harvard University, der ältesten und vorzüg- lichsten Hochscliule der V. St. (gegründet 1638), die gegenwärtig von durcli- sclmittlich 1200 Studenten besucht wird. 1637 wurde hier die erste Presse in Nordamerika aufgestellt. Bibliothek von 200000 Bänden. Steuerwerth 60Mill.D. Chelsea, 20737 E. , IVs e.M. von Boston, für welches es Wohnvorstadt ist. U. S. Marine Hospital bei Lexington, Dorf, 15 e.M. nw. von Boston und Concord, Dorf von 2500 E., 20 e.M. nw. von Boston, Schauplatz eines folgen- reichen Gefechtes in 1775. Im letzteren Orte lebten R. W. Emerson, H. I). Thoreau und Nath. Hawthorne (s. o. S. 575). Lynn, 32 600 E., 9 e.M. n.ö. von Boston. Mittelpunkt der Schuhwaarenfabrikation, die von ca. 20000 Arbeitern betrieben wird und jährlich 13—15 Mill. Paar erzeugt. Rhederei. Dedham, stille Stadt, 12 e.M. sw. von Boston. In Massachusetts Bay liegen vor dem Hafen von Boston Castle Island und Governors Island, beide stark be- festigt. — Weitere Küstenplätze : S. von Boston: New Bedford (Whaling City genannt), 25875 E. , Hauptplatz der nordamerikanischen Walfischfänger. 1876 gehörten hierher und in die nächste Umgebung von denselben 132 Schiffe mit 34614 T. Grosse Gewerbthätigkeit , 1600 BauniAvollarbeiter. Nahebei Pen i- kese Isl. zoologische Station von Harvard University. Edgartown auf der Insel Marthas Vineyard, Gemeinde von 2000 E. Schiffahrt. Bester Hafen auf der Insel Vineyard Haven oder Holmes Hole. N a n t u c k e t auf der gleich- namigen Insel , welche 30 e. M. von Marthas Vineyard entfernt ist. 4200 E. Verfallendes Schifferstädtchen. P r o v i n c e t o w n , 6000 E., Fischerdorf bei Cape Cod. Dieses und die anderen Orte auf der Landzunge (B a r n s t ab 1 e, T r u r o etc.) haben eine Fischerflotte von 286 Schiffen mit 17 222 T. Plymouth, 6370 E., hier landeten die ersten Puritaner in der Mayflower (1620). Schiffahrt (70 Segel). Salem, 25958 E., eine der ältesten (1628 gegründet) und alter- thüralichsten Städte Neuenglands, im vorigen Jahrhundert hervorragend im Ost- indienhandel. Schift'sverkehr 1876 7700 T. Fall River, 45 340 E. Sehr glücklich am Zusammentreffen grosser Wasserkraft des Taunton R. und der Schiffbarkeit gelegen. Baumwollenfabriken mit 15000 Arbeiter. Rhederei (136 Schiffe mit Erste Gruppe. Die Neuengland-Staaten. ' 639 27 000 T.). Maiblehead, Gemeinde von 8000 E., früher bedeutend durch Fischerei, neuerdings durch Schuhfabrikation. Fischerflotte 50 Schüfe mit 1718 T. Gloucester, 1H754 E. Auf der kleinen Halbinsel Cape Ann. Grösste Fischer- tiotte der V. St. 1876 413 Schiffe mit 22 399 T. Rockport, Gemeinde von 4000 E. Grosse Granitausfuhr. Newburyport, 13 323 E. Verfallende Seestadt. 1876 hatte der Hafen einen Verkehr von ca. 5000 T. Fischerflotte v.on 24 Schiffen mit 1040 T. — Plätze des Inneren: Worcester, 49 317 E. , an Bevölkerung, Gewerbthätigkeit und Reichthum die 2. Stadt von Mass. am Blackstone R., im fruchtbarsten Theil des Staates. Knotenpunkt der Linie Boston- Albany und der von Providence und New London nordwärts führenden. Haupterzeugnisse: Baumwoll- und WoUwaaren, Waffen, Eisenbahnraaterial. Die Am. Antiquarian Society hat hier ihre Sammlungen und Bibliothek in eigenem Gebäude. 5 Tag- blätter. Lowell, 49 688 E., im N. 0. des Staates an der grossen Wasserkraft des Merrimak R., Hauptplatz für Baumwoll- und Wollindustrie. 800000 Spindeln, 15000 Arbeiter, 19000 Pferdekräfte. Es sind hier 36 Schulen und 27 Kirchen. Gleichfalls am Merrimak unterhalb Lowell liegen Lawrence, 34916 E., und Ilaverhill, 14628 E., jenes durch Baumwollenfabriken (ca. 400000 Spindeln und 11000 Arbeiter), dieses durch Schuhfabriken (8000 Arbeiter) berühmt, in denen es nur Lynri nachsteht. Springfield, 31038 E. , am Connecticut R., Waffenwerkstatt der V. St. (1500 Arbeiter), Waffen- und Papierfabrikation. Steuerwerth 39,5 Mill. 20 Kirchen, 2 Tagblätter, 7 Banken. Taunton, 30445 E., am gleichnamigen Fluss. Grosse Wasserkräfte. Metallverarbeitung, Locomotivbau , Kupferhämmer, Nägelfabriken. 12000 Arbeiter. An der von Boston durch den Hoosak-Tunnel westwärts führenden Bahn Waltham, Ge- meinde von 8000 E. Baumwollen- und Uhrenfabriken. Fitchbury, 12289 E., durch die Wasserkraft des Nashua R. ein blühender Fabrikplatz. 10 Papier- mühlen. Holyoke, 14000 E., am Connecticut R. Reiche Wasserkraft. Papier- mühlen. Am Connecticut liegt noch Northampton, 11108 E., Gewerbstadt in fruchtbarer Umgebung, einer der Eingangspunkte in die Gebirgswelt des w. Massachusetts. Amherst, 3937 E. , Dorf mit berühmtem College, in welchem ausgezeichnete naturwissenschaftliche Sammlungen, V. Connecticut (Conn.), 223 d. Q.M. (4750 e.), 537 454 E. Liegt zwischen Massachussets im N., Long Island Sund im S., Rhode Island im 0. und NewYork im W. Boden vorwiegend gebirgig, nur das Connecticut -Thal enthält ausge- dehnte Flachlandstrecken. Man kann 3 Regionen unterscheiden: hügeliges Hochland von 200 — 250 m Höhe, das Connecticut-Thal, durchschnittlich 30 Kil. breit, in der Mitte, endlich ein zweites Hügelland im 0. Die unbedeutenden H()henzüge von Conn. sind nur die Ausläufer der grösseren Erhebungen im N. der Green Mts. und White Mts. Küste: Ohne grosse Einschnitte; der bedeu- tendste die Bucht von New Haven. Flüsse : Connecticut, Farmington, Thames und Housatonic. Klima: Temperatur zwischen 6 und 9*^ C. Niederschläge 41,7 bis 47,7". Landwirthschaft: Die Fruchtbarkeit ist im Ganzen gering. Nur im Thale der Connecticut ist der Ackerbau in grosser Ausdehnung möglich. Ernte von 1877 (in 1000 B.) : Kartoffeln 2100, Mais 1950, Hafer 1220, Roggen 420, Heu 580000 T.; Gesammtwerth 15 Mill. D. Bedeutend auch der Tabaksbau. Vieh- stand (in 1000): Rinder 225, Schafe 92, Schweine 59, Pferde 51; Werth 13 Mill. D. Wald : 21,2 Proc. der Oberfläche. Gewerbe : Conn. ist vorwiegend gewerbthätig, 640 Erste Gruppe. Die Neuenglaud-Staaten. es steht an Mannigfaltigkeit seiner Gewerbserzeuguisse allen anderen Staaten voran (s. o. S. 366). Haupterzeugnisse : Eisenwaaren, Maschinen, Waffen, Uhren, Wagen ; der Gesammtwerth ist ca. 200 Mill. D. , etwa 7 mal so gross als der der landwirthschaftlichen Erzeugnisse. 1870 gab es 80000 Pferdekräfte und 90000 Arbeiter. Handel: Der Handel mit dem Ausland, einst besonders mit West -Indien bedeutend, geht immer mehr an New York über. 1876 liefen in die Häfen von Connecticut ein: Vom Ausland 8700 T., in Küstenfahrt 18 700 1. In demselben Jahre zählte Conn. 734 Segelschiffe mit 53 101 T. und 80 Dampf- schiffe mit 26 117 T. Eisenbahnen (1877) : 1475 Kil. Finanzen (1878) : Steuer- werth 533 Mill. D., Staatsschuld 4,9 Mill. D., Einn. 3,5, Ausg. 2,7 Mill D., Sparbanken 86 mit 77 Mill. D. Einlagen. Volksschulen (1878) 1629, 70 Proc. der Schulpflichtigen besuchen Schulen. Schulausgaben : 1,5 Mill. D. Yale College, zweite Universität der V. St. Bevölkerung: 20 Proc. Ausländer, worunter 62 Proc. Irländer und 10 Proc. Deutsche; 45 Proc. der Bevölkerung sind mit Gewerben beschäftigt. — Die Ansiedelung begann 1633 gleichzeitig durch Niederländer und Engländer. 1636 Hessen sich hier dissentirende Puritaner aus Massachusetts nieder, 1638 wurde New Haven gegründet. Die beiden getrennten Colonien New Haven und Hartford wurden 1665 zu Conn. vereinigt. Conn. hat 3 Reprä- sentanten im Congress. Governor, Senatoren (21) und Repräsentanten (237) werden für ein Jahr gewählt, die Richter von der Gesetzgebung ernannt. New Haven, 50840 E. (1870), an der gleichnamigen Bucht des Long Island Sound, in der Nähe der Mündung des Quinnipac R. Berühmt durch seine mannigfaltige Industrie (Wagen, Orgeln, Corsetten) und seine Hochschule Yale College (gegründet 1701), welche von durchschnittlich 700 Schülern besucht wird. Aehnlich wie Cambridge, das es in manchen Beziehungen sogar überragt, ist es bereits mehr Universität als College. Hervorragender Seeplatz. 1876 liefen hier 3646 T. vom Ausland und 13828 in Küstenfahrt ein. Am stärksten der Dampferverkehr mit New York. 5 Tagblätter. Hartford, 45000 E., Staats- hauptstadt, am Einfluss des Park R. in den Connecticut, wo letzterer aufhört für grosse Schiffe zugänglich zu sein. Gilt für eine der reichsten Städte in den V. St., Sitz einiger Versicherungsgesellschaften, stark in Papier-, Wolle-, Waffen- und Eisenwaarenindustrien. 37 Kirchen, 17 Banken, 5 Tagblätter. Küsten- plätze: New London, 12000 E., an der Thames, Hafen von 5 Kil. Länge (Pe(iuot Harbour), Seestadt mit 180 Segelschiften (9280 T.) und 24 Dampfern (10 788 T.). Von der Walerflotte gehören hierher 14 Schiffe mit 2049 T., von der Stockfischflotte 114 Schiffe mit 2470 T. 1876 liefen hier 2182 T. vom Aus- land ein. Bridgeport, 25000 E., Hafen nur 4 m tief. Grosse Thätigkeit in Nähmaschinen und Waftenfabrikation. 24 Kirchen, 2 Tagblätter. In der Nähe Fairfield, Gemeinde von 5600 E." , in dessen Bezirk 201 Segelschifte mit 9041 T. gehören. Middletown, Städtchen mit 6923 E. , am Connecticut, 100 Segelschifte mit 9679 T., Sitz einer Wesleyan University. Stonington, Dorf, 1561 E. Zu seinem Zollbezirk gehören 114 Schiffe mit 9714 T. — Plätze im Inneren: Nor wich, 16700 E., an der Thames, die hier noch schiffbar ist und zugleich stai'ke Wasserkraft hat, welche von Baumwoll-, M oll- u. a. Fabriken ausgenützt wird. Waterbury, 10826 E. , am Naugatuck R., Wasserkraft. Draht-, Uhren-, Knopf- u, a. Fabriken. Danbury, Flecken von 10000 E. am Still R. Grosse Hutfabriken. 9 Kirchen^ 4 Banken. Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. 641 VI. Rhode Island (R. L), 61 d. Q.M. (1306 e.), 258239 E. (1875). Im N. und 0, von Massachusetts, im S. vom Meer, im W von Connecticut umschlossen. Der kleinste Staat der Union. Küste tief eingezackt durch Narragansett Bay, welche 50 Kil. tief einschneidet. Verschiedene Inseln, Canonicut, Prudence, Aquitneck (das eigentliche Rhode Island) u. a. liegen in dieser Bucht. Boden hügelig, entsprechend den ö. Theilen von Connecticut. Flüsse: Pawtucket R. Klima: Wärme 9 — 10«C. Niederschläge 800 — 900 mm. Wald: 24,2 Proc. der Oberfläche. Ackerbau : Boden massig fruchtbar, am meisten auf den Inseln in der Narragansett Bay. Ernte 1877 (in 1000 B.) : Kartoffeln 750, Mais 270, Hafer 127, Roggen 22, Heu 120000 T.; Werth 3,1 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 37, Schafe 24, Schweine 18, Pferde 16; Werth 3,4 Mill. Bergbau : Etwas Anthracit in Newport Co. und Graphit. Gewerbe : Im Verhältniss zu seiner Bevölkerung ist R. I. der gewerbthätigste Staat der Union, nach dem Werth seiner Erzeugnisse der 10. Haupterzeugnisse : BaumwoU- und Wollstoffe, Spinn- und Webmaschinen, Gold-, Silber-, Kautschukwaaren, Leder. 1875 wurden 48000 Pferdekräfte benützt. Handel und Verkehr: Eisenbahnen (1877) 326 Kil. Rhederei (1876) 228 Segelschiffe mit 20264 T. und 51 Dampfer mit 21806 T. In den Häfen von R. I. liefen (1876) 8623 T. vom Ausland und 5387 in Küstenfahrt ein. Steuerwerth (1878) 256 Mill. D. Staatshaushalt (1878) : Schuld 2,5 Mill, Einnahme 1,2, Ausgabe 1,02 Mill. D. 39 Sparbanken mit 49 Mill. Einlagen. Oeftentliche Schulen (1878) 789. Schüler 40000. Schulausgabe 725000 D. Bevölkerung: 56 Proc. im Staat geboren, 25 Proc. Ausländer, worunter 57 Proc. Irländer, 19 Proc. Canadier und 2 Proc. Deutsche. — Pro- vidence wurde 1636 von dem wegen religiösen Zwistigkeiten aus Massachusetts auswandernden Roger Williams gegründet (s. o. S. 57), gesinnungsverwandte Colonisten gründeten 1638 Newport, 1642 Warwick. 1663 vereinigten sich diese Ansiedelungen zur Colonie R. I. Providence, ca. 90 (XX) E, (1877), an der Mündung des Providence R, in Narragansett Bay. An Bevölkerung und Reichthum die zweite Stadt in Neu-England. Send - Capital des Staates *). Sicherer, aber nicht tiefer Hafen, in den 1876 8293 T. vom Ausland und 5387 in Küstenfahrt einliefen, 38 Dampfer mit 19353 T. gehören hieher. Grosse Gewerbthätigkeit in Gold- und Silber- waaren (s. o. S. 383), Waffen, Maschinen, Baumwoll- und Wollwaaren. 44 Banken, 21 Zeitungen. Sitz von Brown's University. Newport, 12521 E. , auf der Insel Rhode Island. Seehafen. Rhederei (1876) 117 Segelschiffe mit 4303 T. Von der Stockfiscliflotte gehören hieher 69 Schiffe mit 1208 T. Am öftesten genannt als einer der beliebtesten Seebadeplätze der Union. Bristol, Dorf und Hafen auf einer Landzunge der Narraganset Bay. In der Nähe Graphitminen. Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. New York, Pennsylvania, New Jersey, Delaware und Maryland bilden einen breiten Streif, der vom Atlantischen Ocean an zwischen Potomac und Connecticut 1) Der Sitz der Regierung wechselt zwischen hier und Nowport, was der Amerikaner durch Settti- Capital ausdrüclit. Uatzel, Auierilia II. 41 642 Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. hinüberzieht nach dem Ontario- und Erie-See und die ganze mittlere Alleghanie- Region in sich fasst. Derselbe nimmt 5400 d. Q. M. ein und umschliesst über 10 Mill. E. (1870 9,7 Mill.). Das atlantische Küstenland verbreitert sich stetig von N. nach S. zu und der w. Theil zwischen den Alleghanies und den Seen ist ein sanft abgedachtes Plateau. Es findet also hier bei Weitem nicht jenes Vorwiegen des Gebirgigen und Felsenhaften statt wie in Neu-England und tritt in Folge dessen der Ackerbau als gleichberechtigter Zweig der Volkswirthschaft neben die Gewerbthätigkeit und den Handel. Der Wcrth der Ackerbauerzeugnisse ist etwa */4 von dem der Gewerbserzeugnisse. In Gewerbthätigkeit stehen (nach dem Werth der Erzeugnisse gemessen) New York und Pennsylvania allen anderen Staaten voran. Ihr Reichthum an Kohlen und Eisen ist unübertroifen. New York ist die grösste Geld- und Handelsstadt, Philadelphia und Baltimore ge- hören zu den ersten Handelsstädten der Union. Die meisten Canäle und über Vö der Eisenbahnen der V. St. gehören diesem Gebiete an. Nach der Bevölke- rungsdichtigkeit stehen sie vorwiegend auf der zweithöchsten Stufe, wiewohl die grösste Dichtigkeit von manchen industriellen Bezirken erreicht wird. Gemein- same geschichtliche Erinnerungen halten diese Staaten, die sich sämmtlich als besondere Provinzen bzw. Colonien entwickelt haben , nicht zusammen. Das zusammenhaltende Element ist die Lage und der Wirthschaftscharakter. In der Bevölkerung sind fremde Elemente, zumeist Irländer, dann auch Deutsche, stark vertreten. VII. New York (N.Y.), 2217 d.. Q.M. (47000 e.), 470o208 E. (1875), be- grenzt vom Ontario-See und Canada im N., vom Meer und den Staaten Pennsyl- vanien und New Jersey im S., von Vermont, Massachusetts und Connecticut im 0. und vom Niagara R., dem Erie-See und Pennsylvanien im W. Die grosse Insel Long Island, der Küste vorgelagert, gehört zu N. Y. Oberfläche vorwiegend hügelig und gebirgig. Die Einsenkungen des Hudson- und Champlain- und des Mohawk -Thaies sondern den Staat in einige natürliche Abschnitte. Der ö. vom Hudson liegende Abschnitt gleicht in der Bodengestaltung den s. Neuengland- Staaten, ist gleich ihnen von den Ausläufern der White und Green Mts. durch- zogen. Der Theil w. vom Hudson besteht aus einem hügeligen Hochland, welches allmählich zum Ontario- und Erie-See hinabsinkt. S. vom Mohawk sind diesem Hochland die Catskill Mts., n. die Adirondacks aufgesetzt. Flüsse: Hudson mit Mohawk, Oswego, Genesee, Niagara, kleine Theile des Susquehanna, Delaware, S. Lorenz. Seen: Erie und Ontario, Champlain, Seneca, Cayuga, Oneida. Klima: Mittelwärme: New York 11, West Point 10,5, Albany 9, Utica 7,5, Potsdam 6,5 » C. Regenmengen- West Point 1290, New York 1072, Utica 1027 , Albany 1016 , Potsdam 715 mm. Wald 27,6 Proc. der Oberfläche. Urwälder noch in der Gebirgs- und Seeregion n.-ö. vom Mohawk. Landwirth- schaft: Ernte 1875 (in 1000 B.): Hafer 48000, Kartoffeln 39 300, Mais 22 700, Weizen 12 800, Gerste 6200, Roggen 3300, Aepfel 23118; Heu 5250000 T., Hopfen 13,8 Mill. Pfd., Tabak 3,1 Mill. Pfd. Viehstand (1875) in 1000: Rinder 2100, Schafe 1518, Schweine 975, Pferde 890; Werth 150 Mill. D. 1874 wurden 111 Mill. Pfd. Butter, 98,7 Mill. Pfd. Käse und 7,3 Mill. Pfd. Wolle erzeugt. Der Werth der Farmen wurde auf 1221 Mill. veranschlagt. 16 Mill. Acres Land waren unter Cultur. Bergbau: Grosse Eisenlager am Champlain-See und in den Adirondacks (s. o. S. 323, 325), Salz in der Genesee- und Onondoga- Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. G4-J Kegion (jäliiiich 12^15 Mill. Ji.), Gyps ebendaselbst, neuerdings Erdöl in der Gegend von Buffalo (s. o. S. 352)^ Blei in dem Theil ö. vom Hudson, wird wenig gewonnen. Gewerbe : N. Y. steht hierin nur hinter Pennsylvanien zurück. 1870 wurden 335000 Pferdekräfte benützt und waren 352000 Arbeiter beschäftigt. Haupterzeugnisse : Maschinen , Mehl , Sägholz , raffinirter Zucker, Woll- und Baumwollwaaren, Cigarren, Eisen waaren, Bleiröhren, Ackerbauwerkzeuge, Schuh- waaren und Kleider. Handel: Die Stadt N, Y. ist der erste Handelsplatz von ganz Amerika, wichtigster Ein- und Ausfuhrhafen der V. St. Ein zweiter Seehafen von Bedeutung ist nicht vorhanden, dagegen mehrere verkehrs- reiche Orte am Erie- und Ontario-See. 187G liefen in die Häfen von N.Y. 1302000 T. in der Küstenfahrt und 3 923000 T. vom Ausland ein. Rhederei 187Ö: 2950 Segelschilfe mit 617367 T. und 804 Dampfer mit 348016 T. Ueber die Oanäle von N.Y. und die Hudson-Schiffahrt s. o. S. 405, 411. Eisenbahnen gab es 1878 8115 Kil. Finanzen 1877: Steuerwerth 2756, Schuld 8,7, Ein- nahme 25, Ausgabe 26,2 Mill. D., Schulden der Gemeinden 216 Mill. D. 11 833 Schulen, schulbesuchende Kinder 1,02 Mill. (64 Proc. der Schulfähigen). Bevöl- kerung : 68 Proc. im Staat geboren, 28 Proc. Ausländer. Unter letzteren 42 Proc. Irländer, 30 Proc. Deutsche, 10 Proc. Engländer und 6 Proc. Canadier. — Die Bucht von N.Y. wurde zuerst 1609 von Hendrick Hudson besucht. 1613 wurde eine Handelsstation auf der Insel Manhattan gegründet und 1614 die Ansiedelung Neu-Niederland benannt. 1664 nahmen die Engländer N.Y. weg, 1674 wurde es endgültig an dieselben abgetreten. Im jetzigen Bundesstaat nimmt N.Y. durch die Grösse seiner Bevölkerung, seine Hülfsmittel und seinen Reichthum und nicht am wenigsten dadurch, dass es die grösste und reichste Stadt umschliesst, eine leitende Stellung ein, der es den Namen The Empire State verdankt. Das Wahlrecht steht jedem 1 Jahr im Staate weilenden Bürger der V. St. zu, welcher 21 Jahre überschritten. Der Governor, die Beamten der Executive, die Senatoren (32) und Repräsentanten (128), werden für 2, die Richter für 15 Jahre vom Volk gewählt. Im Congress hat N. Y. die grösste Zahl von Repräsentanten mit 28. New York, 1041886 E. (1875), am Ausfluss des Hudson auf dessen Mün- dungsinsel Manhattan in 40» 52' n. Br., 74« Ol' w. L. Manhattan ist 13 M. lang und ^2 — 2'/2 breit, enthält 22 e. Q. M. Sie ist umschlossen im 0. vom East R., im W. vom Hudson oder North R,, im N. vom Haarlem R. Das Süd- Ende ist 17 e. M. von der offenen See entfernt. Die Stadt nimmt die s. 6 e. M. der Insel ein und ist durch deren schmale Gestalt zu starkem Längenwachsthum gezwungen. Die Bucht von N.Y. ist 1 — 5 e. M. breit und 15 — 20 m tief, einer der schönsten Häfen der Welt. Sie umschliesst mehrere Inseln : Staten Island, Governors I., Blackwells I. u. a., wovon mehrere befestigt sind. 20000 Schiffe mit 3,5 Mill. T. laufen jährlich hier ein. 30 regelmässige Dampferlinien, l'eber die Vorzüge der Lage von N.Y. und seinen Handel s. o. S. 472. Rhederei: 2713 Segel- und 800 Dampfschiffe mit 954000 T. Steuerwerth 1100 Mill. D Banken (1870) 111, wovon 32 Sparbanken mit 114 Mill. Einlagen. Städtische Schuld (1877) 132, Steuern (1870) 25 Mill. D. Kirchen (1876) 370. Schul- besuchende 277310. 5 Colleges, wovon Columbia und Free Academy bedeutend. Die Länge der Strassen ist 400 (Hauptstrasse Broadway), die der Wasserleitung 340, der Strasseneisenbahnen 1250 e. M. Die Polizei zählt 2400 Köpfe. Die 41* 644 Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. Bevölkerung umschliesst 43 Proc. Ausländer, worunter 44 Proc Iren und 37 Proc. Deutsche. 1870 waren von 350556 Beschäftigten 145000 in Gewerben. Es wurden 29000 Pferdekräfte beschäftigt und der Werth der Erzeugnisse betrug 333 Mill. D. Haupterzeugnisse: Kleider, Möbel, Schuhe, Eisenguss, Schmuck- sachen, raffinirter Zucker, Bleiröhren, Nähmaschinen. Mit der Stadt N. Y. gehören nach allen Beziehungen zusammen, wenn auch politisch getrennt, einige Städte : Brooklyn auf Long Island, Jersey City und Hobokeu in New Jersey. Die letzteren s.u. S. 651. Brooklyn, 482493 E., am AVest-Ende von Long Island, von N. Y. durch den East R. getrennt, drittgrösste Stadt der V. St. haupt- sächlich Wohnstadt von N. Y., mit dem es in Kürze durch Brücke verbunden sein wird. Grosse Docks und Schiffsbauanstalten, worunter die Hauptwerft der V. St. -Flotte, 40 A. bedeckend, Zuckerraffinerien etc., die Kirchhöfe von N. Y. (Greenwood Cemetery), 2A0 Kirchen (City of Churches), 12 Banken, 17 Zeitungen. Hauptstrasse Fulton Street. Ausser Brooklyn ist auf Long Island noch Sag Harbour, Hafendorf, 1723 E., zu nennen. Auf Staten Island (58\2 e. Q.M.), welche Insel als ländliche Dependenz N. Y.'s angesehen werden kann (The Ame- rican Isle of Wiyht), ist kein nennenswerther Platz. Befestigt. — Plätze am Hudson undMohawk: Albany, 86541 E., 144 e. M. von N. Y., Staatshauptstadt. End- punkt des Erie - Canals und einer Anzahl w. Eisenbahnen. Grosse Holz - und Viehmärkte (drittgrösster Holzmarkt der V. St.), Brauereien, Eisenbahnwerk- stätten. Stehende Hudsonbrücke. 62 Kirchen, 15 Banken, 8 Tagblätter. T r o y , 48531 E., am Ende der Schiffbarkeit des Hudson R., 6 e. M. von Albany. Grosse Wasserkraft, welche in Papier-, Woll- und Baumwollfabriken, Mahlmühlen u. a. ausgenützt wird. Erzeugnisse der Gewerbe: 28 Mill. D. (1870). 45 Kirchen, 14 Banken, 3 Tagblätter. C oho es, 17493 E., an der Mündung des Mohawk und am Erie-Canal, 3 e. M. von Troy. Starke Wasserkraft in Woll- und Baum- wollfabriken benützt. (Werth der Erzeugnisse 10 Mill. D.) Water ford, Fabrik- dorf, ca. 4000 E., 4 e. M. von Troy. Zwischen N. Y. und Albany: Yonkers, 17237 E., Villenstadt für N.Y. 9 Kirchen, 1 Tagblatt. Sing -Sing, 4696 E. (1870), Dorf. Staatsgefängniss. West Point, Militär - Akademie der V. St. (s. 0. S. 498). Newburgh (Neuburg, deutsche Gründung 1709), 17322 E. 23 Kirchen, 3 Tagblätter. Grosser Kohlenverkehr von Pennsylvanien her. Poughkeepsie, 20022 E., enthält mehrere höhere Erziehungsanstalten, darunter Vassar College, Frauenuniversität. 24 Kirchen, 3 Tagblätter. Hudson, 8784 E., 13 Kirchen, 2 Tagblätter. Hochöfen. Oberhalb Albany führt das Hudson- Thal in das dünnbevölkerteHochland des n. N.Y. (Adn-ondacks). N. von Albany das Dorf Saratoga, ca. 9000 E., Heilquelle und fashionabler Badeplatz. In nächster Verbindung mit Albany-Troy stehen die Plätze am L. Champlain und am Champlain-Canal: Glens Falls, Dorf, 8000 E., an 15m hohen Fällen des Hudson, und Whitehall am Champlain-Canal, 4500 E., Holzplätze. Handel. Cald- well, Sommerfrische am malerischen L. George. Im N. des Staates liegen w. von hier Ogdensburgh, 10358 E. , am Zusammenfluss des Oswegatchie und S. Lorenz. Durchganspunkt für den Getreidetransport nach Boston. 1876 liefen in den hiesigen Zollbezirk 35 300 T. ein. Malone, 4000 E., gewerb- thätiges Dorf. Am L. Champlain: Port Henry, sehr wichtige Eisenwerke (s. 0. S. 325). Plattsburgh, 6000 E., an der Mündung des Saranap R. Aus- gangspunkt des Verkehres mit der Adirondack - Region. — Am Mohawk: Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. 645 Scheuectady, 12 759 E., in fruchtbarer Gegend. 14 Kirchen, 2 Tagblätter. Zwischen hier und Utica eine der reichsten Gegenden des Staates, besonders durch ihre Käsefabrikation berühmt (Amsterdam, Little Falls, Frankfort). Utica, 32496 E., Endpunkt des Chenango-Canals, Hauptmarkt des fruchtbaren Central N. Y. 34 Kirchen, 7 Banken, 2 Tagblätter. Starke wallisische Bevölkerung. Von hier in der wichtigen niedrigsten Einsenkung der Alleghanies nach Rome, 12251 E., an der Verbindung des Black R. mit dem Erie-Canal. In fruchtbarer Umgebung. Holzhandel. Wasserkräfte. 14 Kirchen. — An den Kleinen Seeti: Syracuse,®48255 E. Treffliche centrale Lage am Süd-Ende des Onondaga- Sees, am Erie- und Oswego - Canal, in der Nähe reiche Soolen, 5000 Arbeiter, Jahreserzeugniss 8 — 9 Mill. B. Gewerbthätig. 40 Kirchen, 9 Banken, 3 Tag- blätter. Auburn, 19649 E. , am Ausfluss des Owasco-Sees, reiche Wasser- kräfte, Gewerbe, Staatsgefängniss. 17 Kirchen, 5 Banken, 2 Tagblätter. Am Seneca-See: Waterloo, 4000 E., und Geneva, 3521 E.; an den Fällen des Seneca R. : Seneca Falls, 6000 E. ; gewerbthätige Dörfer. Am oberen Ende des Cayuga-Sees: Ithaca, 12000 E. Wasserkraft. Cornell University. 19 Kirchen, 5 Banken, 4 Zeitungen. Oneida, 4000 E., am Oneida Creek. ~ Im Susquehanna-Gebiet: Bingharaton, 15 518 E., am Einfluss des Shenango- Sees. Grosses Kohlen- und Eisengeschäft. 12 Kirchen, 6 Banken, 3 Tagblätter. Owego, 9715 E. 7 Kirchen, 4 Banken, 3 Zeitungen. Elmira, 20436 E., am Chemung R. und Seneca-Canal. 12 Kirchen, 6 Banken, 3 Tagblätter. In der Nähe Corning, 6811 E., Fabrikdorf am Chemung. — Am Delaware: Middletown am Hudson-Delaware-Canal, 8000 E. 7 Kirchen. Kohlentransport aus Pennsylvanien nach New York. In der Nähe, zwischen Delaware und Hudson, Je r vis, 6049 E. 8 Kirchen, 3 Banken, 5 Zeitungen. Eisenbahnknotenpunkt. — Im Gebiet des Ontario-See : Watertown, 9992 E., an den Fällen des Black R. 10 Kirchen, 10 Banken, 4 Zeitungen. Gewerbthätigkeit. Oswego, 22428 E., an der Mündung des Oswego R. und -Canals, Markt für Holz und Getreide, grosser Hafen (1876 liefen 322000 T. ein), 11 Elevatoren. Stärke- u. a. Fabriken. Heilquellen. 16 Kirchen, 8 Banken, 2 Tagblätter. Rochester, 81 722 E., 7 e. M. vom See, am Genesee R., dessen Wasserkraft zahlreiche Fabriken und 30 Mühlen nährt (Erzeugung jährlich 1 Mill. B. Mehl, Floiii' City). Grosse Handelsgärtnereien , die jährlich für 2,5 Mill. D. ausführen. 56 Kirchen , 28 Schulen, 6 Banken, 15 Zeitungen (2 deutsche). University. Charlotte ist der Hafen von Rochester. Lockport, 12553 E., der Erie-Canal steigt hier in zahlreichen Schleusen, Locks, die Lake Ridge herab. 14 Kirchen, 3 Banken, 3 Tagblätter. Niagara Falls, Dorf an den Fällen des Niagara R., 3006 E. Am Erie-See: Buffalo, 134557 E., am Ausfluss des Niagara, Wasserseite von 5 e. M., trefflicher Hafen, in den 1876 49000 T. einliefen, w. Endpunkt des Erie-Cauals (s. o. S. 409f.), 1878 verliessen 8130 Canalboote den Hafen und kamen 73 Mill. B. Getreide an. 31 Elevatoren. Fort. Grosse Mühlen- und Eisenindustrie. 76 Kirchen (16 deutsche), 10 Banken , 9 Tagblätter (3 deutsche). Dunkirk, Gemeinde von 5231 E. , zurückgekommener Hafen, in den 1877 1600 T. einliefen. Vm. New Jersey (N.J.), 391 d. Q. M. (8320 e.), 906096 E., begrenzt n. von New York, s. von der Delaware Bay, ö. von New York und dem Meere und w. von Pennsylvanier^. Oberfläche: In diegep^ Staate tritt zuerst 646 Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. die atlantische Küstenebene als besonderer Theil hervor^ die hier als sandiges, föhrenbewachsenes Flachland und als Sumpfmarsch erscheint. Aus ihr erhebt sich das Land zu einem welligen Hügelland in der Mitte des Staates, um im NW. in eine Gebirgsregion überzugehen, welche dem AUeghany-System angehört. Die Küste bildet eine flach halbinselartige Auswölbung zwischen den Mündungs- buchten des Hudson und des Delaware, deren w. beziehungsweise ö. Theile zu N. J. gehören. Vorwiegend Dünen- und Marschküste mit Haffen, die für die Küstenschiffahrt zu verwerthen. Buchten: Delaware B., Newark B., Raritan B., Sandy Hook B. Flüsse: Hudson und Delaware an den Grenzen, Hackensack, Raritan. Klima vorwiegend oceanisch mild. Mittelwärme 10— 130 C. Nieder- schläge 1000—1300 mm. Landwirthschaft : »/s des Staates Farmland. N. J. gehört in allen ö. vom Gebirge liegenden Strecken zu den fruchtbareren Staaten. Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 9800, Kartoffeln 5800, Hafer 5250, Weizen 2200, Roggen 525, Heu 610000 T. Werth 22,2 Mill. D. Viehstand 1877 in 1000: Rinder 233, Schafe 128, Schweine 154, Pferde und Maulthiere 128. Werth 23,8 Mill. D. Bergbau bedeutend: Eisen (s. o. 323), Zink, Quarzsand, Mergel. Gewerbe (1870): 58000 Pferdekräfte, 76 000 Arbeiter. Werth der Erzeugnisse 169 Mill. D. Haupterzeugnisse: Eisen und Eisenwaaren, Leder, Seidenwaaren, Gusstahl, Thon- und Glaswaaren, Zink- und Bleifarben, Kautschukwaaren. Handel und Verkehr: In den Häfen des Staates liefen 1876 3100 T. vom Aus- land, 2800 in Küstenfahrt ein. Die Rhederei umfasste 920 Segel- und 99 Dampf- schiffe mit 78000 T., so dass in dieser Beziehung N. J. die 7. Stelle einnimmt, 1878 hatte es 2660 Kil. Eisenbahnen. Finanzen (1878) : Steuerwerth 715, Schuld 2,7, Einnahmen 3,4, Ausgaben 2,8 Mill. D. (Die Gemeindeschulden und -Steuern s. 0. 512) Bevölkerung: 63Proc. im Staate, 20Proc. im Ausland geboren, unter letzteren 46 Proc. Iren und 28 Proc. Deutsche. — N. J. wurde zuerst von Schweden besiedelt, ging dann an die Niederländer über und gehörte zu New York bis es 1738 eine selbständige Colonie wurde. Es sendet 6 Repräsentanten in den Congress. Die General Ässemhly besteht aus 21 für 2 Jahre gewählten Senatoren und 60 für 1 Jahr gewählten Repräsentanten. Der Governor wird für 3 Jahre gewählt und ernennt den Staatssekretär für 5 Jahre und die oberen Richter für 7 Jahre. Den Treasurer wählt die General Assembly. Newark, 105 059 E., am Passaic, 7 Kil. vom Meer, 15 Kil. von New York, mit dem es durch zahlreiche Geschäftsinteressen verbunden. Grösste Stadt von New Jersey, 13. an Volkszahl in der Union, in gewissen Gewerben (Seiden- weberei, Kautschukwaaren, Schmucksachen) allen anderen voranstehend, auch stark in Mühlenindustrie, Brauerei, Maschinenbau. 93 Kirchen (14 deutsche), 11 Banken, 9 Zeitungen. Trenton, 32874 E. , Staatshauptstadt am oberen Ende der Schiffbarkeit des Delaware, am Raritan und Delaware Canal. Thon- waarenindustrie mit 2000 Arbeitern und ca. 2,2 Mill, D, Jahreserzeugung. ~ Am Hudson Jersey City, 82546 E., und Hoboken, 20297 E., gegenüber New York, Vorstädte von dieser Metropole. Beide als Endpunkte der von W. nach New York führenden Eisenbahnen wichtige Verkehrsplätze, zugleich Wohn- städte dieser Stadt, Werfte für transatlantische Dampfer, vorzüglich der beiden deutschen Linien. Die Bevölkerung von J. C. hat sich seit 1850 vervierzehn- facht. In J. C. sind 8 Proc, in H. ca. 20 Proc. der Bevölkerung Deutsche. 22 Kirchen, 9 Zeitungen (2 deutsche). In H. Stevens Technological Institute. Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. 647 Elizabeth, 25000 E., 5 km. von Newark Bay, 22 von New York, theil- weise Wohnstadt für letzteres. 15 Kirchen; 8 Zeitungen. In der Nähe Rah- way, Dorf^ 2658 E. Grosse Wagenfabriken. — Im Hudsongebiet: Paterson, 33579 E. Die Wasserkräfte der Passaic Falls nähren eine starke Baumwoll- Leinen- und Seidenindustrie. Die grösste Seidenfabrik der V. St. findet sich hier. 34 Kirchen, 2 Banken, 2 Tagblätter. In der Nähe Hackensack, Dorf, 2000 E., Villendorf der New-Yorker, bekannt aus dem Unabhängigkeitskrieg. New Brunswick, 19000 E., am Raritan R., wo dieser aufhört schiffbar zu sein und am Delaware und Raritan Canal. Grösste Kautschukindustrie der V. St. 17 Kirchen, 2 Tagblätter. In der Nähe Princeton, 3000 E., mit Princeton College, einer der besseren hohen Schulen der V. St. — Auf der Halbinsel N. J. und an der Küste: Bridgeton, 8000 E., zahlreiche Fabriken. 359 Segel- schiffe mit 17 746 T. gehörten 1876 hierher. Perth Amboy, 2861 E., Mittel- punkt eines beträchtlichen Küstenhandels und starker Rhederei. 284 Segel- schiffe und 43 Dampfer mit zusammen 24 000 T. gehörten 1876 hierher. Atlan- tic City, eines der besuchtesten Seebäder (40000 Gäste). An der Spitze der Halbinsel Cape May, Seebad. Little Egg Harbour und Great Egg Harbour, 2 günstig gelegene Häfen. IX. Pennsylvania (Pa.), 2166 d. Q. M. (46 000 e.), 3521791 E. (1870). Der 2. Staat der Union an Bevölkerung und Reichthum; der 1. an Mineral- schätzen, Industrie. Liegt zwischen Erie-See und New York im N., Delaware, Maryland und West-Virginia im S., dem Meer, New York und New Jersey im 0., Ohio und West- Virginia im W. Seine Küste umschliesst wenig mehr als die Delaware-Mündung. Oberfläche: Pa. zerfällt in 3 Abschnitte: Küstentiefland im 0., 200 e. M. breites Gebirgsland in der Mitte, und ein Tafelland im W. In dem Küstentiefland findet sich ein geringer Flachlandstrich am Delaware, aber im Ganzen steigt es allmählich zu 300 m bis am Fuss der Kitatinny Mts. an. Das Gebirgsland besteht aus den Mittel-Alleghanies, die hier 200 e. M. Breite erreichen und in der Mitte von dem bis 30 e. M. breiten Great Valley durchzogen sind. Oe. von diesem Thal liegt die Anthracitregion, zwischen ihm, dem Delaware und Lehig die Poco Wilderness, ein sumpfiges Hochland von 600 bis 700 m., w. von demselben die Juniata-Region, deren Berge von fruchtbaren Thälern durchbrochen sind. Das w. Tafelland, welches V2 des Staates umfasst, bildet den Abfall von den Alleghanies zum Erie-See und Ohio. Flüsse: Dem atlantischen Gebiete : Delaware, Susquehanna-Juniata (V2 des Staates drainirend), dem Ohio-Gebiete angehörend : Monongahela-Alleghany, die bei Pittsburg den Ohio bilden. Klima: Mittel wärme von 11 — 7" C, Niederschläge 875 — 1120 mm. Wald: 38,9 Proc. der Oberfläche. Ackerbau: Ernte von 1877 (in 1000 B.) : Hafer 42 400, Mais 41120, Weizen 18200, Kartoffeln 13500, Roggen 3400, Gerste 625, Heu 3Mill. T. Werth 99,1 MiU. D. Viehstand (in 1000): 1529 Rinder, 1607 Schafe, 937 Schweine, 614 Pferde. Werth 100 Mill. D. 39 Proc. des Staates sind unter Cultur. Bergbau: Für Anthracit, Steinkohlen, Eisen und Petroleum ist Pa. der weitaus erste Staat. Vgl. über Lagerung und Ertrag derselben das 0. S. 322, 323, 329, 352 Gesagte. Pa. fördert */6 der Kohlen der V. St. und hat 70 Proc. der Hochöfen. Seine Erzeugung von Eisen und Eisen waaren beträgt mehr als die aller anderen Staaten und Territorien zusammen. Auch seine Salz- und Marmorlager sind reich. Es erzeugte 1870 Anthracit für 38,4, Erdöl für 18, (i48 Zweite Gruppe. Die atlantisclien Mittelstaaten. Steinkohlen für 13,9, Eisen für 3,9^ Stein und Schiefer für 1,6, Zink für 0,2 Mill. D.; daneben noch Nickel, Zink und 1,7 Mill. B. Salz. Der AVerth seiner Bergbauerzeugnisse betrug gegen 80 Mill. D. Gewerbe: Pa. ist der gewerb- reichste Staat, lieber ^/s seiner arbeitenden Bevölkerung lebt von Bergbau und Gewerbe. Wasserkräfte, Kohle und Eisen vereinigen sich mit günstigen Ver- kehrsbedingungen. 1870 wurden 364000 Pferdekräfte benützt und der Werth der Erzeugnisse auf 712 Mill. D. geschätzt. Haupterzeugnisse: Guss- und Schmiedeisen, Woll- und Baumwollwaaren, Teppiche, gereinigtes Erdöl, raffinirter Zucker, Leder, Chemikalien. Handel und Verkehr : Philadelphia ist der einzige Seehandelsplatz des Staates, in Ein- und Ausfuhr der 6. der V. St. Dazu kommt Erle am Erie-See. Beide zusammen hatten 1876 einen Schiffsverkehr von 863000 T. Pa. hat 956 Segel- und 306 Dampfschiffe mit 206 000 T., ferner 9540 Kil. Eisenbahnen und 1536 Kil. Canäle (1878). Bevölkerung (1870) ist zu 85 Proc. im Staate geboren, zu 15 Proc. ausländisch. Von letzteren sind 43 Proc. Irländer und 29 Proc. Deutsche. Doch ist eine grössere Zahl von Deutschen im Staate altansässig. Finanzen (1877) : Steuerwerth 1808, Schuld 22,9, Einnahmen 5,7, Ausgaben 6,4 Mill. D. Schulen: 17 783, Besuch: 74 Proc, Ausgaben: 8,6 Mill. D. 30 Universities und Colleges. 670 Zeitungen. — Das Gebiet von Pa. wurde von Carl H. an Penn verliehen und 1681 durch Quäker besiedelt, empfing im Laufe das 18. Jahrhunderts eine starke deutsche Besiedelung und war im Anfang unseres Jahrhunderts der volkreichste Staat der Union, bis er von N. Y. überflügelt wurde. Das Wahlrecht steht jedem 21 Jahre alten Bürger der V. St. zu, der 1 Jahr im Staat wohnhaft. Der Governor, Lt. Governor u. a. Beamte der Executive werden für 4, Senatoren für 4, Repräsentanten für 2, die oberen Richter für 21 Jahre gewählt, Staatssekretär und Attorney General vom Governor und Senat ernannt. 22 Stimmen im Congress. Philadelphia, 674022 E. (1870), liegt in 39» 57' n. B. und 75^ 10' w. L. zwischen Delaware und Schuylkill R., 6 e. M. vom Zusammenfluss derselben, die grösste Industriestadt der Union und die zweite an Bevölkerung. Delaware R. ist hier tief, 1 Kil. breit, doch leidet Ph. als Hafen durch Eis. Es liefen 1876 in denselben 579 728 T. vom Ausland und 264,566 in Küstenfahrt ein. In beiden zusammen ist Ph. der 2. Seehafen der Union. Die Hauptbedeutung Ph.'s liegt in seiner Industrie. Es wurden hier 1870 44 000 Pferdekräfte benützt mit 188000 Arbeitern. Der Werth aller Gewerbserzeugnisse betrug 322 Mill. D. Die für den Staat angegebenen Gegenstände stehen auch bei Ph. in erster Linie. Ueber den Handel s. o. S. 472. Die Anlage Ph.'s ist eine ungemein weitläufige und regelmässige. Während in N. Y. 14,7 Personen auf ein Haus kommen, v/sind es in Ph. nur 6; letzteres hat trotz seiner geringeren Bevölkerung 112 336 Häuser, während jenes deren nur 64044 aufweist. Strassenlänge 600 e. M. Haupt- strasse Market Str. Schuld (1878) 61,4 Mill. D. 1871 gab es 437 öffentliche Schulen und die Schulausgaben betrugen 1,19 Mill. D. Höhere Lehranstalten: Girard College, University of Pennsylvania und mehrere Medicinschulen. Die Academy of Natural Sciences (s. o. S. 564) hat prachtvolle Sammlungen. Die Hauptmünzstätte der V. St. befindet sich hier. 146 Zeitungen. Die Bevölkerung umschloss 1870 27 Proc. Fremdgeborene, worunter 52 Proc. Irländer und 27 Proc. Deutsche. Bemerkenswerthe Plätze und Gebäude : Fairmount Park, im Thal des Schuylkill, 5 e. Q. M. gross, der grösste Stadtpark in den V. St. Independence Hall, Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. 649 wo der Continental Congress tagte, U. S. Naval Astflum, Femif^iflvania University (7—800 Studierende), Eaatern Penitentiary, eines der ersten Zellengefängnisse, Girard College, prachtvolle Stiftung (500 Studierende), Old Swedish Church schwedische Kirche von 1700, Laurel Hill Cemetery, Hauptkirchhof von Pli. — In der Umgebung Ph.'s Germantown, n. Vorstadt von Ph. (Schlacht 1777). Am Delaware Frankfort Arsenal, ein Waffenplatz der V. St. und Fort Mifflin auf Mud Island hart unterhalb Ph. Weiter abwärts ehester, 12000 E., Werfte für den Bau eiserner Schiffe. Harrisburgh, 24796 E, Staatsliauptstadt , am Susquehanna. Stahl- und Walzwerke. 30 Kirchen, 6 Banken, 10 Zeitungen. Norristown, 10753 E., am Schuylkill-Canal, gewerb- thätig. — Am Delaware aufwärts von Ph.: Euston, 12000 E., an der Mündung des Lehigh. 18 Kirchen. 4 Banken, 6 Zeitungen. Lafayette College. Am Lehigh: Betl ehern, 10600 E., Hauptsitz der mährischen Brüder in Amerika. Allen - town, 17061 E., 21 Kirchen, 3 Banken, 2 Tagblätter. Die Bevölkerung gehört zu einem grossen Theil den Deutsch - Pennsylvaniern an. Mühlenberg College, pjiner der Mittelpunkte der Eisenindustrie. Grosse Tabakfabriken. Catasouqua, 6(X)0 E., Hokendauqua, Copley. Eisenindustrie. Slatington, 2000 E., Mittelpunkt der Schiefergewinnung. Manch Chunk, Dorf von 3841 E. am Lehig R. und -Canal. Mittelpunkt der Anthracitgruben. Mahanoy City, 6000 E. In der ('Umgebung zahlreiche Anthracitgruben. Ebenso bei Delano, Hayleton u. a. — Im Schuylkill Gebiet: Read in g, 38156 E. 30 Kirchen, 4 Banken, 11 Zeitungen. 3. Stadt von Pa., ein Sitz der Eisenindustrie und ausserdem begünstigt durch die Lage in sehr fruchtbarer und wohlbebauter Gegend. In R. und Umgebung zahlreiche alte pennsylvanisch - deutsche An- siedelungen. Pottsville, 14 516 E., Hauptort des Schuylkill - Kohlenreviers. Es werden jährlich durchschnittlich 5 Mill. T. Kohlen von hier versandt. T am aqua, 5960 E. Minenplatz in derselben Region. — Im Susquehanna- Gebiet: York, ca. 11003 E.. 18 Kirchen. Markt für eine zahlreiche deutsche Farmerbevölkerung der fruchtbaren Landschaft Lancaster, 20 233 E., 21 Kirchen. 8 Zeitungen (2 deutsche), am schiftbaren Conestoga, 28 Kil. vom Susquehanna, gewerbthätig in Waffen, Locomotiven, Wagen u. a. Columbia, 6461 E., Hauptholzmarkt des Suquehanna-Gebietes, Eisenwerke. Harrisburg s. 0. Williamsport, 16030 E., 24 Kirchen, 4 Zeitungen (2 deutsche), Haupt- holzmarkt im Staate mit Schwellung für 300 Mill. Fuss Holz. Jährlich werden durschnittlich 250 Mill. Fuss Holz von hier versandt, meist Föhre und Tanne. Lock Haven, 70(X) Einwohner, Holzhandel, Sägmühlen. Die beiden letzteren Orte am w. Arm des Susquehanna. Am ö. : Danville, 8436 E., Eisenwerk, 7 Hochöfen. Wilkesbarre, 25000 E., 18 Kirchen, 5 Banken, schön gelegene Wohnstadt reicher Industriellen aus den nahen Kohlen- und Eisengebieten. Pittston, 16000 E., (1876), Mittelpunkt eines Kohlenbezirkes, der jährlich 2,5 Mill. T. erzeugt. Sc ran ton, 35092 E., 31 Kirchen (5 deutsche), 3 Tag- blätter. 7 Banken. Eisenwerke (70000 T. Jahreserzeugung) und Maschinenbau. Carbon dale, 6393 E., inmitten reicher Kohlengruben. Towanda, 3(KX) E., Mittelpunkt eines von Neuengländern besiedelten Ackerbaubezirkes. — Im Potomac- Gebiet: Carlisle, 6500 E., in der Nähe von Eisenlagern und den Heilquellen der Carlisle Springs und Perry Warm Springs. Chambersbury, 70(X) E., Woll- und Baumwollfabriken. Beide Städte im fruchtbaren Ciimher- 650 Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. land Valley. Gettysburg, 3300 E. Schlachtfeld von 1863. In der Nähe die Heilquellen der Katalysine Springs. — Im Ohio- und Seegebiet: Pittsburg h, 125000 E, (1876), am Zusammenfluss des Monongahela und Alleghany R., am Ende der Ohio-Schiffahrt. Die Nähe von Eisen, Kohle und Erdöl machen P. zu einer der gewerbsamsten Städte der Union. Für Eisen und Stahl ist P. der Markt des Landes, ausserdem bilden die Reinigung des Erdöls und die Glas- fabrikation Hauptzweige der hiesigen Gewerbthätigkeit. Es gibt 60 Eisen- giessereien, 30 Walzwerke, 6 Stahlwerke, 10 Nagelfabriken, 60 Oelraffinerien etc. Auch der Schiffsbau ist bedeutend, 1876 erzeugte P. für 106 Mill. D. Waaren. P. hat 205 Kirchen (wovon 16 deutsch), 22 Banken, 10 Tagblätter (3 deutsche). Zu P. gehört die jenseits des Allegheny R. gelegene Vorstadt Allegheny, 55000 E., sowie die Vorstadt Birmingham. — In der Oelregion die jungen Städte: BradysBend in der Modoc Oil Region, 1869 gegründet, heute 5000 E., 6 Kirchen, 2 Zeitungen. Oil City, am Eintiuss des Oil Creek in den Allegheny, 2276 E. Hauptpunkt des Handels mit Erdöl, von dem jährlich 2 Mill. Fässer versandt werden. Titusville, Hauptstadt des Gebietes, 8630 E., 9 Kirchen, 4 Banken, 2 Tagbätter. Corry, am Eingang in das Oildorado, 1866 gegründet, 6809 E. — In der Seeregion Erie, einziger Hafen von Pa. am Erie-See, 20000 E., 1876 liefen hier 19000 T. ein und es gehören hierher 23 Dampfer mit 14500 T. Einfuhren: Holz, Eisenerz, Weizen. Der Hafen ist durch die 7 e. Meilen lang vorgelagerte Insel Presquile geschützt. X. Delaware (Del.), 100 d.Q.M. (2120 e.), 125 015 E. Liegt zwischen Pennsylvanien im N., Maryland im S. und W., dem Delaware und seiner Mün- dungsbucht im 0. und nimmt also den ö. Theil der Halbinsel Delaware ein. Oberfläche: Küstentiefland mit leiser Schwellung nach der Mitte der Halbinsel. Flüsse und Seen: Delaware R. , der Haffsee Rehoboth Bay. Klima: Mildes Seeklima. Mittelwärme 11 — 12 <> C. Waldland 29 Proc. Ackerbau: Del. ist vorwiegend Ackerbaustaat. Boden im N. fruchtbar, im S. mehr sandig, ^/i Farmland. Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 3950, Weizen 950, Hafer 415, Kartoffeln 405, Roggen 12, Heu 40000 T.; Werth 4,2 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 55, Schafe 35, Schweine 48, Pferde 23; Werth 3,8 Mill. D. Bemerkenswerth ist noch die ausgedehnte Pfirsichzucht, welche dem Staate den Namen The Peach State zugezogen hat. Gewerbe: 8500 Pferdekräfte, Werth der Erzeugnisse 17 Mill. D. Baumwoll- und Wollwaaren, Eisenguss. Bedeutendster Gewerbebetrieb in und um Wilmington. Handel und Verkehr: In den Hafenplätzen von Del. liefen 1876 3083 T. ein und es gehörten den- selben 159 Segel- und 16 Dampfschiffe mit 13800 T. Eisenbahnen (1878) 696 Kil. Finanzen (1877): Steuerwerth 69, Schuld 1,2 Mill. D. Schulen 350. Vs der Schulfähigen besuchten Schulen. Werth des Schulbesitzes 451000 I). 220 Kirchen. Bevölkerung : 18 Proc. Farbige, 7 Proc. Ausländer, wovon 65 Proc. Irländer und 12 Proc. Deutsche. — Del. wurde 1638 von den Schweden besiedelt, 1655 von den Niederländern und 1664 von den Engländern erobert, 1682 an Pa. gegeben, 1701 als besondere Provinz wieder von Pa. getrennt. Bis 1865 ein Sklavenstaat, ist Del. dennoch der Union treu geblieben. Del. hat 1 Congress- Repräsentanten. Sein Senat hat 9, sein Repräsentantenhaus 21 Mitglieder, für 2 Jahre gewählt, sein Governor wird für 4 Jahre gewählt und ernennt den Staatssekretär, während die Gesetzgebung den Treasurer und Auditor wählt. Zweite Gruppe. Die atlantischen Mittelstaaten. 651 Wilmington, 40000 E., 3 Kil. vom Delaware R. Hauptindustrie der Bau eiserner Schiffe, daneben Mühlen, Woll- und Baumwollfabriken. Von den 24 Schiffen mit 11212 T., welche 1876 in Del. gebaut wurden, entfallen Vs auf W. 36 Kirchen, 12 Zeitungen. Dover, Staatshauptort, Dorf von 2231 E. XI. Maryland (Md.), 523 d.Q.M. (11 124 e.), 780894 E. (1870). Der südlichste von den atlantischen Mittelstaaten. 1634 gegründet, bis 1863 -Sklavenstaat. Zerfällt in 3 natürliche Abschnitte: 1) Easteni Shore, Halbinsel zwischen Susque- hanna R. und Chesapeake Bay; 2) Western Sharc, Halbinsel zwischen Chesa- peake Bay und Potomac R.; 3) Momitainous District, die Gebirgsregion. Die letztere nimmt 36 Proc. des Areales ein, der Rest besteht vorwiegend aus flachem, sandigem Schwemmland. Chesapeake Bay schneidet 120 e. M. tief in das Gebiet von Md. in s. n. Richtung ein und ist 7 — 25 e. M. breit. Nach ihr gehen die Hauptflüsse: Susquehanna, der den n. Theil des Staates in 12 e. M. Länge schneidet, der Potomac, der die S. Grenze bildet, der Patapsco, (s. Baltimore). Klima: Mitteltemperatur in den n. Theilen des Staates 12, den mittleren 13 ® C. Boden : Sand und Thon. Im Allgemeinen nicht sehr fruchtbar , am meisten noch in den höheren Thalstrecken. Mergel stark vertreten. Erze : Kohle und Eisen (s. o. S. 330), Kaolin, Nickel, Kobalt und Zink in kleinen Mengen. Ackerbau: Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 13360, Weizen 6780, Hafer 4550, Kartoffeln 1525, Roggen 310, Heu 240 000 T. und Tabak. Werth 21,6 Mill. D. Viehstand (1877) in 1000: Rinder 321, Schafe 151, Schweine 259, Pferde 120. Werth 17 Mill. D. Die Industrie beschäftigte 1870 32 000 Pferdekräfte und 44000 Arbeiter. Handel und Verkehr: Im Zollbezirk Baltimore liefen 1876 668060 T. ein und es gehören hierher 1634 Segel- und 119 Dampfschiffe mit 141000 T. Eisenbahnen (mit D. Columbia zusammen) 1878 1510 Kil. Schulen (1877): 11 Colleges, 1827 Elementarschulen. Ausgaben über 1,5 Mill. D. Staats- haushalt (1877): Einnahmen 2,11, Ausgaben 2,18, Schuld (1878) 10,7 Mill. D. Steuerwerth (1876) 547 Mill. D. Md. wurde 1631 von Katholiken besiedelt und empfing 1649 den Tolerations-Akt. War Sklavenstaat bis 1863. Von der Be- völkerung sind 22 Proc. Neger, 80 Proc. im Staat geboren, 13 Proc. Ausländer, von welchen 57 Proc. Deutsche und 28 Proc. Irländer. Governor, Attorney General und Senatoren (24) sind für 4, Repräsentanten (86) für 2 Jahre ge- wählt, Staatssekretär, Comm. of the Land Office und höhere Richter vom Go- vernor ernannt. Md. hat 5 Congress-Repräsentanten. Baltimore in der gleichnamigen County, am Aestuar des Patapsco, 20 km von dessen Vereinigung mit dem Susquehanna und 320 vom offenen Meere. 390 17' n.B., 76 » 37' w. L., 267 354 E. (1870), 1878 auf 300000 geschätzt. Ge- gründet 1729, zum Hafen erhoben 1780. 1876 verkehrten hier Schiffe von über 600000 T. und gehörten hierher 846 Segel- und 118 Dampfschiffe von 120000 T., so dass B. in der Rbederei der V. St. die 7. Stelle einnimmt Ueber die Stellung B.'s als Handelsstadt s. o. Mehrere bedeutende Bahnlinien aus dem W. laufen hier zusammen, der Hafen ist vortrefflich (der Chesapeake und Delaware Canal erleichtert die Verbindung mit dem Meere). Zur Einfuhr von Binnen her ge- langen hier u. a. jährlich durchschnittlich 1 Mill. T. Kohlen, 10 Mill. B. Getreide, 1 Mill. T. Mehl, 50000 Hogsh. Tabak. Grosse Austerfischereien. Auf hüge- ligem Boden malerisch gelegen, durch die Hauptstrasse, Baltimore Street, in 2 Hälften getheilt. Reich an öffentlichen Gebäuden und Denkmalen (City of 652 Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. Monuments). 230 Kirchen. Druid Hill Park 650 A. Wissenschaftliche Anstalten: Hopkins University, Un. of Maryland, Peabody Institute. 75 Elementarschulen. Industrie: Eisen-, Stahl- und Kupferschmelzen, Tabak und Cigarren, Leder, Maschinen. 20 Banken, 9 Sparbanken, 5 Tagblätter, — Staatshauptstadt ist Annapolis, 5744 E., am Severn R., 3 Kil. von der Chesapeake Bay. Sitz der U. S. Naval Axademy. 6 Kirchen, 3 Zeitungen. Cumberland, 8000 E., am Endpunkt des Chesapeake and Ohio Canals. Mittelpunkt des Kohlenfeldes von Md. (s. 0. S. 331). 1876 wurden von hier 2,4 Mill. T. Kohlen verschifft. 8 Kirchen, 3 Zeitungen. Freder ick, 8526 E., am Monocacy R., einem Zufluss des Po- tomac. 11 Kirchen, 3 Banken, 5 Zeitungen. Gewerbthätig. Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. Die Verbreiterung des Küstentieflandes (Tidewoter, Country, Gezeitenland), welche s. vom Hudson begonnen, schreitet nach S. hin immer weiter fort und lässt den zwischen den Alleghanies und dem Meere gelegenen Landstrich zunehmend bedeutsamer werden. Die s. vom Potomac gelegenen Staaten sind sämmtlich dadurch ausgezeichnet, dass sie durch diese Verbreiterung einen breiten Tiefland-Antheil an ihrer Ostseite erhalten, welcher in den südlichsten von ihnen, in Florida, sogar den ganzen Staat einnimmt. Der grösste Theil ihrer wirth- schaftlichen Bedeutung ruht bis jetzt in demselben, und in dem w. daran an- schliessenden Hügelland, denn er ist es hauptsächlich, der jene ungemein ertrag- reichen Culturen des Tabaks, der Baumwolle, des Reises und Indigos zuliess, welche die Grundlage des Rteichthums, der politischen und socialen Bedeutung, zugleich aber auch der verderblichsten Einrichtung, der Sklaverei, bildete. Ein sehr günstiges Klima hommt hinzu, hinreichend warm und feucht, um subtropische Culturen zu begünstigen. Ist auch durch z. Th. jahrhundertelange Ausbeutung der Boden an vielen Punkten verarmt, so dass alle diese Culturen ihren SchAver- punkt westwärts verlegt haben (s. o. S. 243), so erzeugen doch immer noch diese Staaten 25 Proc. der Baumwolle, 70 Proc. des Reises und den besten Tabak der V. St. Ihre reichen Föhrenwälder tragen in zunehmendem Masse zur Hebung ihres Wohlstandes bei. Dieselben sind die Stätten der grössten Harz- und Terpentin- Erzeugung der V. St. In den südlichsten Theilen erlangt die Kultur der Süd- früchte wachsende Bedeutung, und in den gebirgigen Theilen schreitet der Getreidebau und die Viezucht vorwärts. Die Gewerbthätigkeit ist noch in ihrer Jugend, aber schon steht am Austritt der Flüsse aus dem Gebirge eine Anzahl von Baumwollfabriken, welche die reichen Wasserkräfte ausnützen. Das Canal- und EisenbahnAvesen ist noch wenig entwickelt, s. von Virginien findet man keine Canäle für den grossen Verkehr, und die Eisenbahnen dieses Gebietes machen (1878) nur 9 Proc. derjenigen in der ganzen Union aus. Dafür ist eine grosse Zahl von schiffbaren Flüssen und von theils guten, theils genügenden Seehäfen vorhanden. Die Rhederei ist gering. Vom Tonnengehalt der Segelschiffe kommen 2,5 Proc. und von dem der Seedampfer 2,6 Proc. diesem Gebiete zu. Keine von den grössten Handelsstädten der Union fällt in dieses Gebiet; diejenigen, welche vorhanden, sind von mehr örtlicher Bedeutung, z. Th. weil sie der günstigen Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. 653 Hinterland -Verbindungen entbehren. Alle Staaten dieser Kegion gehörten einst zu den Sklavenstaaten, haben deshalb einen starken Autheil farbiger Bevölkerung und leiden neben den Folgen des Bürgerkrieges, der hier am heftigsten wüthete, au der Schwierigkeit, dieses ungleichartige Element wirthschaftlich und politisch zu assimiliren. Grossentheils dadurch sind die Staatsfinanzen in zerüttetem Zu- stande. Die Volksbildung ist aus demselben Grunde mit auf dem niedrigsten Stande, der überhaupt in der Union zu finden ist. Da diese Staaten erst in jüngster Zeit Zielpunkt einer stärkeren Einwanderung geworden, ist keiner von den Bevölkerungsbestandtheilen europäischer Abstammung in grösserer Zahl vorhanden. Am häufigsten davon sind die Irländer. Alle diese Staaten mit Ausnahme Floridas gehören zu den 13 alten Staaten. In den Congress senden dieselben 27 Repräsentanten. XII. Virginia (Va.), 38348 e. Q.M., 1225163 E. Grenzen: Im N. Mary- land und West- V'irginia, im S. N.Carolina und Tennessee, im 0. der Atlantische Ocean, im W. Kentucky und West- Virginia. Der Oberflächengestalt nach theilt man den Staat herkömmlicherweise in 6 Regionen, die paiallel neben einander zwischen dem Meere und der W. -Grenze liegen. 1) Tidewater Country, 160 Kil. breites Tiefland, durchschnitten von den ästuarartigen Unterläufen der grösseren Flüsse. Ausgedehnte Sümpfe (Dismal Swamp) und Föhrenwälder, auch Dünenstrecken sind in demselben vertheilt. Umfasst 12000 e.Q.M. 2) Middle Country, ein Hügelland, von 12000 e. Q.M., welches w. an das vorige sich an- scliliesst, vorwiegend fruchtbar, von sehr wechselnder Gesteins-Zusammensetzung. 3) Piedmont Country, den Saum der näheren Vorberge der AUeghanies von 150 bis 400m Meereshöhe umfassend. Fruchtbare, mit Laubwald wohlbestandene Region, sehr gebrochenes Terrain mit zahlreichen breiten Thaleiuschnitten (Coves). 4) Blue liidge^ der ö. Zug des Alleghany-Gebirges, 400 — 1500 m hoch, 5 — 30 Kil. breit, 3000 e.Q.M. bedeckend. Laubwälder überall bis zum Kamm. 5) The Valley of ^'irginia, w. von der Blue Ridge, 510 Kil. lang, 40 breit, eine Fort- setzung des Great Valley of the AUeghanies, 300 — 600 m hoch, 8000 e. Q.M. bedeckend; der wenigst angebaute Theil des Staates. 6) Appdlachian Country, bedeckt 6000 Q. M. und umfasst den ö. Theil der AUeghanies, zahlreiche parallele schmale Gebirgszüge mit engen Thälern, 1000 — 1200 m hoch, eine für Viehzucht passende Region. Die Bewässerung von Va. geht hauptsächlich nach der Chesa- peake Bay. Der Grenzfluss Potomak mit dem Shenandoah, der Rappahannock, James und York R. gehören dahin. Chowau und Roanoke gehen in den Albemarle- Sund. Das Äppalachian Country ist von oberen Armen des Tennessee bewässert. Klima : Die Mitteltemperatur des Tieflandes ist 13 — 15 "^ C, sie sinkt in der Blue Ridge auf 9, im Äppalachian Country auf 11^. Der Regenfall ist 800 — 1000 mm. Von Mineralschätzen wird gegenwärtig nur Kohle (s. o. S. 333) und Eisen in geringer Menge gefördert. Der Ackerbau ist in Va. älter als irgendwo in den V. St. und hat einen grossen Theil des Landes ausgesogen, '/'s desselben ist unter Anbau. In der Erzeugung des Tabaks, dieses alten Haupt-Erzeugnisses des Staates ist seit 1860 ein Rückgang eingetreten, theils durch Aussaugung des Bodens, theils durch Zerrüttung der Arbeiterverhältnisse. 1877 wurde hier ca. V^ der Gesammternte der V. St. erzeugt. Die Getreideernte (in 1000 B.) betrug 1876/77: Mais 19400, Weizen 9450, Hafer 8000, Roggen 585. Werth 23 Mill. D. Der Viehstand betrug 1877 (in 1000) : 671 Rinder, 422 Schafe, 759 Schweine, 235 Pferde und Maulthiere. ß54 Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. "Werth 31 Mill. D. 1870 war der Wertli der gesammten Erzeugnisse des Acker- baues 52 Mill. D. Der Walti nimmt in Va. 49 Proc. des Bodens ein. Die Ge- werbthätigkeit ist in Va. nicht bedeutend. Ihre hervorragendsten Leistungen sind unten bei Richmond erwähnt. Haupterzeugniss : Mehl, Sägholz, Tabakfabrikate. 1870 betrug der Werth ihrer Gesammt-Erzeugnisse 38 Mill. D. und waren 50000 Pferdekräfte in Verwendung. Eisenbahnen gab es Anfangs 1878 2620 Kil. Von Canälen sind in Thätigkeit nur die Küstencanäle. Die Rhederei umfasste 1877 971 Segel- und 83 Dampfschiffe mit 39 308 T. In die Häfen von Va. liefen in demselben Jahre 17000 T. in Küstenfahrt und 21000 vom Auslande ein. Haupt- gegenstände der Ausfuhr: Weizen, Mehl, Tabak, Bauholz. Finanzen (1. Oct. 1878) Steuerwerth 322, Staatsschuld 29,3, Einnahmen 3,02, Ausgaben 2,99, Staatssteuer 2,5, Schulausgaben 1,05 Mill. D. Schulbesuch 42 Proc. Zahl der T unterrichteten über 10 Jahren 445893. Colleges 7 mit 966 Schülern. 129 Zeitungen. Die Be- völkerung von Va. bestand 1879 zu 42 Proc. aus Farbigen. 95 Proc. waren im Staate (und in dem 1863 abgetrennten West-Va.) geboren. Unter den 13,754 Ausländern waren 5191 Irländer und 4050 Deutsche. — Va. ist die älteste Colonie der V. St. 1607 gegründet, war sie im 17. und 18. Jahrhundert als die Old Dominion das bedeutendste von den Gemeinw'esen, die am atlantischen Rande des Continentes gegründet worden waren ; noch im Unabhängigkeitskrieg galt es für den ersten der 13 alten Staaten. Aber von da an w^urde es erst an Bevölkerungszahl und Reichthum, dann auch an politischem Einfluss schwächer gegenüber Massachusetts, New York und Pennsylvania. 1861 sagte es sich von der Union los und wurde das Haupt der conförderirten Staaten, die Richmond zu ihrer Hauptstadt machten. 1869 wurde eine neue Verfassung angenommen und 1870 ward Va. wieder zur Vertretung im Congress zugelassen, wo es heute 8 Repräsentanten hat. Wahlberechtigt ist jeder Bürger der V. St. von 21 Jahren, der 12 Monate im Staat gewohnt hat. Die Oberbeamten werden für 4, z. Th. für 2, die Glieder der General Assembly (43 Senatoren von den 40 Distrikten, 138 Repräsentanten) für 2 Jahre , die Richter durch die General Assembly für 12 Jahre gewählt. Richmond, 51038 E., wovon 45 Proc. Farbige, Stadt und Hauptort von Henrico Cy., am Endpunkt der Schiffbarkeit des James R., auf Hügeln am linken Ufer des Flusses gelegen. Das Capitol steht auf dem Shockoe Hill in- mitten von Parkanlagen, in der Halle desselben eine 1788 aufgestellte Statue von Washington. Andere öffentliche Gebäude von Bedeutung sind City Hall, Governors House, State Armory. R. wurde 1742 als Stadt incorporirt und 1779 zur Hauptstadt erhoben. Damals war sie als Hauptstadt des leitenden Staates eine der bedeutendsten Städte der Union. Eine noch hervorragendere Rolle spielte R. im Bürgerkrieg, wo es seit 1861 Hauptstadt der Conföderation und damit Zielpunkt der Bewegungen der Armeen der Union war. Die wirthschaft- liche Rolle von R. besteht hauptsächlich in dem Vertrieb der Erzeugnisse des Staates (Ausfuhr 1877: 35442 Fässer Tabak, 66 566 Fässer Petroleum, 1476 B. Baumwolle, 138204 Fässer Mehl; Gesammtwerth derselben gegen 3 Mill. D. Einfuhr, direkte, ca. 0,2 Mill. D.) und in einer blühenden Gewerbthätigkeit, die mit Mehlerzeugung, mit Verarbeitung des Tabaks (ca. 3000 Arbeiter), mit Maschinenfabrikation und Wollwaaren hauptsächlich sich beschäftigt. Oberhalb R.'s hat der Fluss starke Wasserkräfte, bis nach R. ist er für Schiffe von 4,6 m Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. 655 zugänglich. 5 Eisenbahnen treffen hier zusammen. Rhederei gering. 30 Kirchen, 33 Zeitungen. Norfolk, 19 299 E., Stadt und Hauptort von N. Cy., am Elizabeth R., gegenüber Portsmouth, 51 Kil. vom Meere, 260 Kil. von Richmond, wo der 1,6 Kil. breite Fluss einen trefflichen Hafen bildet. N. ist Endpunkt der wichtigen Atlantic -Mississippi -Ohio- Eisenbahn, welche eine direkte Verbindung mit dem Ohio-Thale herstellt und steht mit dem Albemarle - Sund durch den Dismal Swamp Canal in Verbindung. Bedeutendste Hafen- und Handelsstadt von Va. 1876 liefen hier in Küstenfahrt 4719, vom Ausland 13,212 T. ein. 7 Zeitungen. Portsmouth, 10492 E. , Stadt in Norfolk Cy., gegenüber Norfolk am Eli- zabeth R. gelegen, Fährenverbindung mit diesem, täglich Dampferverbindung mit Richmond. Ausgezeichneter Hafen. In Gosport, Vorstadt von P. ist ein Werft, Trockendock und Seespital der V. St. H a m p t o n , 2300 E,, am Hampton Creek und James R. , nahe bei dessen Einmündung in die Chesapeake Bay, 152 Kil. so. von Richmond. Die im Bürgerkrieg vielgenannte Veste Monroe ist 4 Kil. (). von hier. Williamsburgh, 1392 E., Hauptort von James Cy., zwischen York R. und James R. , 98 Kil. ö. von Richmond. 1632 gegründet, bis 1779 Staatshauptstadt. Sitz des William and Mary College und eines Staats- irrenhauses. Alexandria, 13570 E., amPotomac, 11 Kil. unterhalb Washington. 3 Eisenbahnen. 1877 liefen hier 9165 T. in Küstenfahrt ein. 6 Zeitungen. Frede- ricksburgh, 4046 E., Hauptort von Spottsylvania Cy., am Rappahannock, 98 Kil. n. von Richmond. Landstadt in fruchtbarer Umgebung. 4 Zeitungen. Schlacht am 13. Dec. 1862 und 2.-4. Mai 1864. 20 Kil. von hier Spottsylvania Courthonse und Chancellorsville, bekannt durch die Schlacht vom 24. Mai 1863. Petersburgh, 19 850 E., Stadt und Hauptort von Dinwiddie Cy., am ApomattoxR. , der bis hier schiffbar, Eisenbahn-Kreuzung, 35 Kil. s. von Richmond. Wasserkraft. Tabakshandel. 6 Zeitungen. Suffolk, 930 E., 37 Kil. sw. von Norfolk, Knotenpunkt der von Norfolk und Portsmouth nach dem Inneren führenden Bahnen, Hauptort von Nansemond Cy. — Plätze im Inneren: Lynch- burgh, 6825 E., Stadt in Campbell Cy., am oberen James R. , 220 Kil. von Richmond, mit dem es durch den Kanawha-Canal verbunden. Eisenbahnkreu- zung. Tabaksfabriken, Mühlen, Tahaks- und Weizenhandel. 9 Zeitungen. Staunton, 5120 E., in schöner Lage an einem Arm des Shenandoa R., an der Chesapeake -Ohio -Eisenbahn. Sitz einer Staats-Irren- und Taubstummen- Anstalt. Fabriken , Erziehungsanstalten. 3 Zeitungen. Covington, Eisen- bahnkreuzung, in Alleghany Cy., 1268 E. Danville, 3463 E., in Pittsylvania Cy., am Dan R., Wasserkraft. Fabriken. Grosse Tabakscultur in der Umgebung. Xm. North Carolina (N. C), 2386 d. Q.M. (50704 e)., 1071361 E. Liegt zwischen Virginia im N. , Süd-Carolina und Georgia im S., dem Ocean im 0. und Tennessee im W. Oberfläche: N. C. zerfällt in die 4 natürlichen orogra- phischen Abschnitte, die bei allen diesen südatlantischeu Staaten hervortreten: 1) Das Küstentiefland ist hier bereits 90 — 125 Kil. breit, reich an Sümpfen, die zusammen ca. 3 Mill. A. bedecken (der s. Theil des Dismal Swamp und der sog. kleine Dismal Swamp gehören hierzu) und an sandigen Strecken, die be- sonders in den Nehrungen vorwiegen, welche Pamlico und Albemarle Sund vom Meere trennen. 2) Mittelland. Welliges Hügelland, das den grössten Theil des Staates einnimmt. 3) Piedmont District umfasst in 30 — 50 Kil, Breite die Vorberge der Blue Ridge und erhebt sich bis 600 m. 4) Blue Ridge. Gebirgs- 656 t)ritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. land mit breiten kesselartigen Thälern von 6—800 m Höhe, umschliesst die grössteu Erhebungen des Alleghany-Systems. Flüsse: Chowan und Roanoke in den Albemarle Sd., Tar und Neuse in den Pamlico Sd., Cape Fear R., der Ober- lauf des Great Pedee. Klima: Die s.o. Hälfte des Staates hat 15—18^ Mittel- wärme, der Piedmont District 11, die Blue Ridge 9. Regenmenge 1000—1200 mm. Wald 64,2 Pfoc. Dicht bewaldet sind die Gebirgsgegenden, wo es grosse Bezirke mit 80 Proc. Wald gibt, und die sumpfigen Tieflandstrecken. Vorwaltend Föhren und Sumpfcederu. Harz- und Theergewinnung ist ein Hauptgewerbe von N. C. Ackerbau: \6 des Staates ist angebaut, fast ^,3 in Farmland. Ausser den Sümpfen und Sandböden des 0. und den höheren Gebirgsregionen des W. ist N. C. vorwiegend fruchtbar. Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 22800, Hafer 3980, Weizen 3900, Kartoffeln 853, Roggen 385, Heu 126 000 T. Dazu kommen ca. 3 Mill. B. Bataten, 150000 Ballen Baumwolle und 10—12 Mill Pfd. Tabak. Der Gesammtwerth der landwirthschaftlichen Erzeugnisse betrug 1877 ca. 55 Mill. D. Yiehstand 1877 (in 1000) : Rinder 650, Schafe 420, Schweine 1180, Pferde 197. Werth 27 Mill. D. Bergbau : Wenig entwickelt. Eisen, Kohle, Kupfer, Gold, Seifen- stein. Gewerbe (1870): 33000 Pferdekräfte und 13 600 Arbeiter. Werth der Erzeugnisse 19 Mill. D. Haupterzeugnisse: Mehl, Sägholz, Harz und Terpentin, Baumwollwaaren. Handel und Verkehr : In den Zollbezirken Pamlico und Beau- fort liefen 1876 1254 T. in Küstenfahrt ein, in dem von Wilmington 2945 in Küstenfahrt und 59 135 vom Ausland. Eisenbahnen (1877) 1426 e, M. Rhederei (1876) 278 Segel- und 22 Dampfschiffe mit 10000 T. Gebaut wurden 27 Schifte mit 410 T. Finanzen: Schuld (1877) 42, Steuerwerth 148, Einnahmen 0,53, Ausgaben 0,57 Mill. D. Steuerwerth 1870 130 Mill. D. Dürfte sich seitdem kaum erhöht haben. Schulen: 1872 ca. 1800. Nur etwa ^'a der schulfähigen Be- völkerung besucht dieselben. Ausgaben 0,33 Mill. D. Bevölkerung: 37 Proc. Farbige, 96 Proc. im Staate geboren, 0,2 Proc. Ausländer. — N. C. wurde von Virginien aus 1650 besiedelt, zur Provinz erhoben 1663, Sklavenstaat bis 1865, wieder in die l nion aufgenommen 1868. Nach der neuen Verfassung von 1868 werden Senatoren (50) und Repräsentanten (120) 2 jährig gewählt, die oberen Beamten 4 jährig, die Richter 8jährig. Im Congress hat N. C. 7 Repräsen- tanten. Wilmington, 13446 E., am Cape Fear R., 55 Kil. vom Meer. Hafen für Schiffe von 4,2 m Tiefgang zugänglich. Ausfuhrplatz für die Erzeugnisse des Landes hauptsächlich Harz, Terpentin und Sägholz. 1877 wurde ausgeführt: 113 733 B. Baumwolle, 537 696 F. Harz, 101832 F. Terpentinöl, 69991 F. Theer und 17 024 061 Fuss Holz. Einfuhr gering. Es liefen hier 1876 2945 T. im Küsten- handel und 59135 vom Auslande ein. 1877 verkehrten hier 249 fremde Schifte, worunter 56 Deutsche. Rhederei wenig bedeutend, ca. 3000 T. Die farbige Be- völkernng überwiegt. 6 Zeitungen. Raleigh, 7790 E., Staatshauptstadt. In der Nähe des Neuse R. und im Mittelpunkt der Baumwollenregion. 12 Zeitungen. New Berne, 5849 E., am Zusammenfluss des Neuse und Trent R. Terpentin- Destillerien und Verschiffungsplatz für Baumwolle und Holz. Fayette ville, 4650 E. Am oberen Ende der Schiftbarkeit des Cape Fear R. In Mitten einer grossen Föhrenregion gelegen, deren Produkte hier verarbeitet und versandt werden. Charlotte, 4473 E., Hauptort von Mecklenburg Cy. Grösster Platz im W. des Staates. Knotenpunkt von 3 Eisenbahnen 11 Zeitungen. Beaufort, Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. 657 2430 E., am Newport R. Washington, 2094 E., Hauptort von Beaufort Cy. am Pamlico-Sund. XIV. Süd-Carolina (S. C), 1600 d. Q. M. (34000 e.), 923447 E. Im N. von Nord-Carolina, im S. und W. von Georgia, im 0. vom Meere begrenzt. Ober- fläche: Dem Küstentiefland gehört etwa \'2 des Staates, dem hügeligen und ge- birgigen Theil die andere Hälfte an. Zu dem Küstentiefland gehören die sog. Sea Islands, welche durch die verflochtenen Mündungsarme der Tieflandflüsse vom Festland getrejint sind. Eine Linie von Hamburg am Savannah R. bis Chesterfield an der N. Grenze bildet ungefähr die natürliche Scheide zwischen beiden Regionen. In das Innere der Alleghanies greift S. C. nur im äussersten NW,, wo eine Strecke weit die Blue Ridge die Grenze bildet. Flüsse: Die viel verzweigte und mit weiten Aestuarmündungen versehenen Santee, Great and Little Pedee, Cooper, Ashley, Edisto, Coosawhatchie; Grenzfluss im S. Savannah. Klima: Im 0. 20", nach NW. zu im Hügelland auf 15° herabsinkend. Nieder- schläge 12 bis 1500 mm. Wald 60 Proc. Vorwiegend Föhreuwald. Landwirth- schaft: Das Sumpf land nimmt etwa den 15. Theil des Staates ein und ist das übrige Land im ganzen fruchtbar, am wenigsten das sog. Pine Land in den hügeligen Gegenden, welches etwa Ve des Staates einnimmt. Die grösste Frucht- barkeit findet sich auf den Sea Islands der Küste, wo die beste Baumwolle ge- baut wird (s. o. S. 280). Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 11200, Weizen 1210, Hafer 1020, Roggen 46, Kartoffeln 105, Heu 21. Bataten wurden 1870 1342 000 B., Reis 32Mill. Pfd., Baumwolle 225000 Ballen erzeugt. 1876 erzeugte S. C. 7 Proc. der Baumwollenernte der Union. Der Gesammtwerth der Ackerbauerzeugnisse betrug (1870) 42 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 320, Schafe 175, Schweine 450, Pferde und Maulthiere 108. Werth 15 Mill. D. Bergbau : Gering. Nur Phosphorite werden in grösserer Menge gewonnen. Gold kommt bei Abbeville und Edgefield, Eisen in den Alleghanies bei Spartanburg und Greenville vor. Gewerbe (1870): 15000 Pferdekräfte, 8100 Arbeiter, 10 Mill. D. Werth der Er- zeugnisse, unter welchen Mehl, Baumwollwaaren und Terpentin die beträch tlichtsen waren. Handel und Verkehr: 1876 liefen in den Häfen der 3 Zolldistrikte Charleston, Georgetown und Beaufort 12274 T. in Küstenfahrt und 148803 T. vom Ausland ein. Ausfuhren: Baumwolle (13 Proc. dieser Ausfuhr gehen über Charleston), Reis, Holz, Harz und Terpentin. Rhederei : S. C. hatte 1876 167 Segel- und 26 Dampfschiffe mit 8900 T. Eisenbahnen (1878) 2250 km. Finanzen (1877): Steuerbarer Besitz (unamtliche Schätzung) 136 Mill. Einnahmen 755886, Ausgaben 232829, Schuld 7 Mill. D. Schulen (1877): 2163 mit 2674 Lehrern. Schulbesuch nicht ganz ^2 der schulfähigen Bevölkerung. Ausgaben 189 353 D, Bevölkerung: 1870 waren 55 Proc. farbig, 96 Proc im Staate geboren, 1,1 Proc. Ausländer. Unter letzteren 40 Proc. Irländer und 34 Proc. Deutsche. Die beiden Carolinas kamen 1665 durch Schenkung des Striches zwischen 36 und 38°n. B. an eine Privatgesellschaft, welche 1728 ihre Rechte an die Krone abtraten, worauf dieselben eine kgl. Provinz bildeten bis 1732 die Scheidung in N. und S. C. beliebt wurde. S. C. war der erste Staat, der 1860 die Fahne der Se- cession erhob. 1868 gab es sich eine neue Verfassung, welche alle Rassenunter- schiede beseitigte und das Stimmrecht allen Bürgern über 21 Jahre gab. Die General Assemhly besteht aus 124 zweijährig gewählten Repräsentanten und 33 Senatoren, je 1 aus jeder Grafschaft, Die Beamten sind für 2—4 Jahre Katze 1, Amerika IL 42 658 Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. gewählt, die Richter von Governor und der Assembly ernannt. S. C. hat 4 Re- präsentanten im Congress. Charleston, 48956 E. (1870), grösste Stadt des Staates, Haupthandels- stadt der atlantischen Süd-Staaten, liegt auf einer flachen Halbinsel zwischen den Küstenflüssen und Aestuarien Cooper und Ashley R. 1672 gegründet. Der Hafen ist eine natürliche Einbuchtung, deren Eingang durch die befestigten Inseln Sullivan's Is, und Morris Is. geschützt ist (Ft. Sumter, Ft. Moultrie u. a.) und lässt Schiffe von 5,5 m Tiefgang zu. Hauptausfuhr-Gegenstand Baumwolle. 1876 wurden 13 Proc. der Ernte über Ch. verschifft; Werth des Handels (1878) 44Mill. D. 1877 liefen hier 11898 T. in Küstenfahrt und 101 272 T. vom Aus- land ein. Rhederei unbedeutend. 145 Segelschiffe mit 7030 und 22 Dampfer mit 3806 T. Drei grosse Eisenbahnlinien laufen hier zusammen. Ch. war vor dem Bürgerkriege der Sitz einer reichen Pflanzer- Aristokratie und strebte der Bil- dungsmittelpunkt des Staates zu werden. Seitdem ist die Stadt durch Ueber- wiegen der farbigen Bevölkerung (53 Proc.) zurückgegangen, ist aber in den besseren Theilen noch immer eine der schönsten Städte des S. 14 Zeitungen. Co- lumbia, 9228 E., Staatshauptstadt und Hauptort von Richland Cy., am Endpunkt der Schiffbarkeit des Congaree R. , unterhalb der Einmündung des Saluda und BroadR. Knotenpunkt der Eisenbahn Charlotte - Augusta und Charleston - Ham- burgh. 1865 auf dem Zuge Shermans nach Atlanta vom Feuer zerstört, hat C. viel von seiner einstigen Schönheit verloren, blüht aber neuerdings vorzüglich durch die industrielle Ausnützung seiner reichen Wasserkraft wieder auf. Aikeu, 780 E., im SW. des Staates , Hauptort des gleichnamigen Bezirkes, klimatischer Kurort. Greenville, 2756 E., Hauptort des gleichnamigen Bezirkes, grösster Ort des hügeligen, halb gebirgigen Ackerbaugebietes im NW. des Staates. Beau- fort, 1739 E., Hauptort des gleichnamigen Bezirkes, im S. des Staates auf Port Royal Island gelegen. Guter Hafen, in welchen 1877 47560 T. (47 415 vom Ausland) einliefen. Hauptausfuhr Föhren- und Cedernholz. Port Royal, Dorf am Eingang in den Hafen von Beaufort. Georgetown, Hauptort des gleich- namigen Bezirkes, 2080 E., wenig besuchter Hafenplatz (1877 347 T. Einlauf), Mittelpunkt des Reisdistriktes. Spaitanburg Courthouse, 1080 E., im N. /des Staates, in Mitten einer einst ergiebigen Goldregion. Walhalla, 760 E., Hauptort des Oconee-Bezirkes, deutsche Colonie in den S. Alleghanies. XV. üeorgia (Ga.), 2735 d. Q. M. (58 000 e.), 1 184 109 E. (1870). Begrenzt im N. von Tennesse und N. Carolina, im S. von Florida, im 0. vom Meer und von S. Carolina, im W. von Alabama und Florida. Der Küste (205 Kil.) sind ähnlich wie bei S. Carolina zahlreiche kleine Küsteninseln vorgelagert. Ober- fläche: Das Küstentiefland ist hier bereits zwischen 160 und 250 Kil. breit. Zahlreiche sumpfige Strecken sind in dasselbe eingeschaltet. Dann folgt ein langsam ansteigendes, vorwiegend sandiges Land, etwa 30 Kil. breit, welches nach seiner fast ausschliesslichen Bewachsung mit P'öhren die Region der Pine Barren genannt wird. Dann folgt die Hügelregion, welche die bis 700 m an- steigenden s. ö. Ausläufer des Alleghanysystems in sich fasst. Flüsse: Savannah, Grenzfluss gegen S, Carolina, Altamaha, aus Ocmulgee und Oconee entstehend, Flint und Chattahochee , die den zum Golf abfliessenden Appalachicola bilden. Ein kleiner Theil des Staates gehört dem System des Tennessee an. Klima in der Tieflandregion 18—20, im Hügelland 17" C. Niederschläge 12— 1300 mm. Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. . 659 Wald 60,2 Proc. der Bodenfläche. Vorwiegend Föhren. Bergbau: Grosse Eisen- lager in Cass und Cherokee Cy., Kupfer im sog. Cherokee Country (Norden des Staates), Gold, einst in beträchtlichen Mengen bei Dahlonega. Landwirthschaft : 2,3 des Landes in Farmen, Vß angebaut. Im Allgemeinen von grosser Frucht- barkeit. Ga. erzeugte 1876 11,3 Proc. der Baumwollernte mit fast 500000 Ballen. Getreide-Ernte 1877 (in 1000 B.) : 22400 Mais, 5300 Hafer, 3800 Weizen, Heu 21800 T. Gesammtwerth 24,2 Mill. D. Ausserdem ist die Reisernte bedeutend (1870 22 Mill. Pf.). Viehstand 1876 (in 1000): Rinder 677, Schafe 383, Schweine 1586, Pferde und Maulthiere 215. Gesammtwerth 35 Mill. D. Gewerbe: 1870 waren 18000 Arbeiter beschäftigt und der Wcrth der Erzeugnisse betrug 32 Mill. D. .Haupterzeugnisse : Mehl, Sägholz, Baumwollenwaaren. Handel und Verkehr: 1876 liefen in den Zollbezirken Savannah, Brunswick und S.Marys 43522 T. in Küstenfahrt und 255415 T. vom Ausland ein. Rhederei 1876: Ga. hat 81 Segel- und 31 Dampfschiffe mit 24400 T. Ausfuhren: Baumwolle, Holz, Reis. Eisenbahnen 1878: 3745 Kil. Finanzen: Steuerfähiger Besitz (1878) 236, Schuld 10,6 Mill. D. Schulen (1870) : 3 Universities, 18 Colleges, 123 Aca- demies, 1717 Volksschulen. Schulausgaben 1,07 Mill. D. Bevölkerung: 46 Proc. Farbige, 87 Proc. im Staat Geborene, 9,4 Proc. Ausländer, von denen 46 Proc. Irländer und 25 Proc. Deutsche. — Ga. wurde 1632 als philanthropische Colonie gegründet, war bis 1865 Sklavenstaat und wurde 1868 wieder in die Union auf- genommen, nachdem eine neue Verfassung allen Bürgern das Stimmrecht ver- liehen. Die Beamten werden 4 jährig gewählt, ebenso die Senatoren (44) und 2jährig die Repräsentanten. Die Richter ernennt der Governor zusammen mit dem Senat. Ga. hat 7 Repräsentanten im Congress. Savannah, Haupthandelsstadt und grösste Stadt des Staates, 28234 E. (47 Proc. Farbige), liegt am s. Ufer des Savannah-Flusses, 30 Kil. von der See, auf einem 12 m über dem Wasserspiegel sich erhebenden sandigen Plateau, hat breite, schattige Strassen. Hauptausfuhr Baumwolle, von welcher 1877 486000 B. zugeführt und für 26 Mill. D. ausgeführt wurden. Es kamen ferner Bauholz für 590000 D., Harz für 250000, Terpentinöl 224000 D., Reis für 600000 D. zur Aus- fuhr. Die Einfuhr (Kaffee, Guano u. a.) übersteigt um wenig 1 Mill. D. In Küsten- fahrt liefen 1877 39904 T. ein, vom Ausland 169 684, so dass S. der verkehrs- reichste von den südatlantischen Häfen ist. Von deutschen Schiffen verkehrten hier 40. E hederei gering. Dampf boote 20 mit 9087 T. Der Hafen für Schiffe von 6 m. Tiefgang zugänglich. 3 Eisenbahn-Linien von Jacksonville, Charleston und Augusta laufen hier zusammen. 11 Zeitungen. Atlanta, 21789 E., 10 Kil. vom Chattanooga R., 1878 mit grosser Mehrheit (gegen Milledgeville) als Haupt- stadt des Staates bestätigt. Hauptort von Fultou Cy. Wichtigster Knotenpunkt der Eisenbahnen des SO.; es laufen hier zusammen Atlantic-Western, Macon- Western, Atlanta-Westpoint. A. hat beträchtlichen Inlandhandel und Gewerbe. 13 Zeitungen. Augusta, 15389 E. , am Endpunkt der Schiffbarkeit des Sa-r vannah R , 520 Kil. von der See, Hauptort von Richmond Cy. An der Kreuzung von 4 Eisenbahnen. Grosse Wasserkraft. Baumwollfabriken. 5 Zeitungen. Columbus, 7401 E. , am Chattahoochie R. , Hauptort von Muscogee Cy. , an der Grenze von Alabama, wo die Eisenbahnlinien nach Mobile und Opelica AI. mit denen von Augusta und Atlanta zusammentreffen. 4 Zeitungen. Für die Versendung der reichen Baumwollernten des w. Georgia der Hauptplatz. Macon, 42* 660 Dritte Gruppe. Die atlantischen Südstaaten. 10 810 E., Hauptort von Bibb Cy. am OcmulgeeR. , der bis hieher schiffbar. Knotenpunkt von 4 Eisenbahnlinien. 7 Zeitungen. Grosser Baumwollhandel. Baumwollfabriken. Brunswick, 2348 E., Hauptort von Glynn Cy. Trefflicher Hafen an S. Simons Sound. 1877 wurden von hier 14700 B. Baumwolle aus- geführt. Darien, Hafendorf am Altamaha R. 1877 kamen 74 Mill. Fuss Bau- holz zur Ausfuhir. S. Marys am gleichnamigen Fluss, 702 E. Milledge ville, 2750 E., am Oconee R. , früher Hauptstadt. Grosse Wasserkräfte und Baum- wollfabriken. Dahlonega, 471 E., Hauptort von Lumpkins Cy., Mittelpunkt der früher ergiebigen Goldbergwerke und einst Sitz einer Münzstätte. Gaines- ville, 472 E. , Hauptort von Hall Cy. Mittelpunkt der Gebirgsregiou von Ga. XYI. Florida (Fla.), 2795 d. Q.M. (59268 e.), 187 748 E. Umschliesst die Halbinsel Florida, die sich 550 Kil. zwischen dem Atlantischen Meer und dem Golf erstreckt und das sog. West-Florida, einem schmalen Streifen, der sich an der Golfküste bis an den Perdido R. erstreckt. Die Binnengrenze im N. und "W . wird von Georgia und Alabama gebildet. Oberfläche; Durchaus Tiefland und zwar grossentheils sehr niedriges, das sich um eine 40 — 50 m hohe Backbone- Ridge anlegt, welche die Mitte durchzieht. Viele Tausende Q.M. davon sind schilfiges Sumpf land (Everglades 4000 e. Q. M.), anderes ist ein seichter See (Okeechobee ca. 1000 e. Q.M.), anderes mit Sumpfcedern bewachsen. An anderen Stellen waltet dünenhafter Sandboden vor und die einzige Felsformation ist die der Korallenriffe, aus denen die Halbinsel offenbar wenigstens in der Südhälfte zusammengewachsen ist. Die Keys an der Südküste sind Koralleneilande und ähnliche erheben sich als Hammochs aus den Tieflandsümpfen. Flüsse und Seen: S. Johns mit Oklawaha, Suwannee, Appalachicola. Lake Okeechobee, Kissimee, George, Orange, Fla. ist sehr wasserreich. Klima: P'la. umschliesst die wärmsten Theile der V. St. Mittelwärme im N. 20—21, an der Südspitze 24,5° C. Niederschläge dort 12 — 1300, hier gegen 1000mm. Wald: 50,6 Proc. der Oberfläche. In der Nordhälfte Föhren, im S. tropische Ur- und Sumpfwälder. Landwirthschaft : Durch sumpfigen und sandigen Boden wenig, sehr dagegen durch das Klima begünstigt. Die besten Böden die sog. Hummock- Böden an Flüssen und Seen. Charakteristischste Cultur die der Apfelsinen, die ca. 300000 Bäume zählt. In geringerer Menge werden auch andere Südfrüchte gezogen. An der Baumwollenernte nimmt Flo. nur mit 1,13 Proc. Theil. Ebenso wird eine geringfügige Zuckerernte gewonnen. Getreideernte 1877 (in 1000 B.): Mais 3050, Hafer 140; Werth 2,3 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 531, Schafe 56, Schweine 190, Pferde und Maulthiere 34; Werth 8 Mill. D. Gewerbe: Nur Sägholz und Mehl kommen in Betracht. Von jenem wurden 1870 für 2,2 Mill. D. erzeugt. Handel und Verkehr: In den Zollbezirken S. Johns, Fernandina, S. Marks, Key West und Pensacola liefen 1876 89717 T. in Küsten- fahrt und 252383 vom Ausland ein. Rhederei : 251 Segel- und 61 Dampfschiffe mit 20000 T. Eisenbahnen 776 Kil. Finanzen: Schuld 1,3, Einnahmen 0,31, Ausgaben 0,13, Steuerwerth 30 Mill. D., Steuern 496 000 D. Schulen (1874) 377 mit 10132 Schülern. Bevölkerung: 48 Proc. Farbige, 97 Proc. im Staate ge- boren, 2,7 Proc. Ausländer, worunter 15 Proc. Irländer und 12 Proc. Deutsche. Fla. kam 1821 durch Kauf von Spanien an die V. St. Es schloss sich 1861 der Secession an und wurde 1868 nach Annahme einer neuen Verfassung wieder in die Union aufgenommen. Nach derselben sind Governor und Lieutenant Vierte Gruppe. Die Golf Staaten. 661 Governor für 4 Jahre gewählt und ernennen die übrigen Beamten, sowie die Richter, letztere zusammen mit dem Senat. Die 53 Glieder der Assembly werden 2 jährig, die 24 Senatoren 4jährig gewählt. Fla. hat 1 Repräsentanten im Congress. Tallahassee, 2083 E., Hauptstadt des Staates und Hauptort von Leon Cy., in N. Florida auf einer ßodenschwelle gesund gelegen. Eisenbahn nach Jackson- ville und S. Marks. Jackson ville, 6912 E., Stadt und Haupthandelsplatz von Fla. am S. Johns R. Dampferverb, auf dem Fluss, nach Savannah und Fernandina. Zahlreiche Sägmühlen. Klimatischer Kurort. 6 Zeitungen. S. Augustine, 1717 E., am Matanzas R., eine alte spanische Gründung. Handel mit Südfrüchten. Klimatischer Kurort. Pilatka, 720 E., Volusia, minorkanische Ansiedelung, Enterprise, alle 3 Dörfer am oberen S. Johns R. in Dampferverbindung mit Jacksonvnlle. Fernandina, 1722 E., Dorf und Hauptort von Nassau Cy. auf Amelia Island nw. von den Mündungen des S. Johns und S. Marys R, Eisenbahn- Endpunkt. Hafenplatz. Baumwollausfuhr, Baldwin, Kreuzung der von Jack- son ville nach Tallahassee und Cedar Keys führenden Bahnen. Cedar Keys, 440 E., auf einer Landspitze in der Nähe der gleichnamigen Inseln. Endpunkt einer quer durch die Halbinsel nach Fernandina führenden Eisenbahn. Key West, 5016 E., Stadt und Hauptort von Monroe Cy., liegt auf der westlichsten der Florida Keys. Befestigter Hafenplatz, an dessen Eingang Ft. Taylor. Schwammfischerei, Schildkrötenfang, Cigarrenfabrikation. Starker Schmuggel-' handel nach Westindien. New York — New Orleans, Baltimore — Havanna u. a. Dampferlinien berühren K.W., dessen Hafen 1877 einen Einlauf von 44000 T. hatte. Pensacola, 3347 E., Stadt und Hauptort von Escambia Cy., am West- ufer der gleichnamigen Bucht, Endpunkt der Pensacola und Louisville Eisen- bahn, sicheistej Hafen an der Golfküste mit 7 m Wasser am Eingang. Kriegs- hafen und Werft der V. St. Starker Holzhandel, der 1877 für 2,3 Mill. D. zur Ausfuhr brachte. Einlauf: 590 Schüfe mit 279000 T. Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. Alabama, Mississippi, Louisiana und Texas, in seiner Westhälfte auch Florida liegen um den Golf von Mexico und bilden dadurch eine natürliche Staaten- gruppe, welche schon ihrer räumlichen Grösse nach, besonders durch die grosse Territorialausdehnung von Texas, dem weitaus grössten aller Staaten der Union, ein grosses Gewicht erhält. Sie umfasst mit der Hälfte von Florida 21 Proc. des Gebietes der V. St. , aber nur 9 Proc. ihrer Bevölkerung. Indem zu dem südalleghanyschen Tiefland hier das Tiefland des unteren Mississippi und das texanische Küstentiefland kommt, Avird dieses Gebiet, das ausgedehnteste eigent- liche Tieflandgebiet der V. St. und nur das Innere von Texas gehört in weiter Erstreckung einem theils welligen, theils hügeligen Hochland an, welches aber seine, wenn auch leichte, Anschwellung schon nahe bei der Küste beginnt, so dass alle texanischen Flüsse geringe Schiffbarkeit haben. Dagegen sind Louisiana und Mississippi die ausgeprägtesten Tieflandstaaten. Die Bewässe- rung ist reichlich, so weit Flüsse in Betracht kommen. Oestlich vom Mississippi 662 Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. sind auch die Niederschläge ausgiebig und es liegen dort sogar die nieder- schlagsreichsten Strecken der V. St. Aber im w. Louisiana und in Texas werden sie spärlicher und der grösste Theil des w. und n. Texas ist Steppe, stellen- weise sogar Wüste. Die Vegetation erreicht dagegen in Florida und im Missis- sippi- Delta die grösste, fast tropische üeppigkeit. Was die Wärme anbetrifft, so umschliesst dieses Gebiet die Orte mit der grössten mittleren Jahreswärme in den V. St. Die Hauptgegenstände des Ackerbaues sind Baumwolle, von welchen dieses Gebiet den grössten und noch immer wachsenden Antheil liefert (1876 53,1 Proc. der Gesammternte , 1869 46,9 Proc. ohne Florida). Ausserdem wird fast aller Rohrzucker der V. St. und fast die Hälfte des Reises hier gebaut. Texas ist daneben einer der bedeutendsten Weizen- und Viehzuchtstaaten. Mit Kohle und Eisen ist Alabama und wahrscheinlich auch Texas reich gesegnet. Gewerbe bis jetzt unbedeutend. Das Eisenbahnnetz bedarf vorzüglich, in Texas noch grosser Ausdehnung. Nur Vis der gesammten Meilenlänge der V. St. ist hier vertreten und ein grosser Theil des naturgemäss der Golfküste gehörigen Handels ist dadurch nach der atlantischen Seite abgelenkt. Die Rhederei dieser Staaten (ausser Florida) beträgt 122000 T. Eine Anzahl bedeutender Handels- plätze, worunter New Orleans, Mobile, Galveston, Pensacola, liegen an dieser Küste. Von Grossstädten ist nur New Orleans zu nennen. Die Bevölkerung ist stärker mit Negern durchsetzt als in irgend einem anderen Theil der Union und ausserdem sind in Louisiana und Mississippi französische und spanische Elemente noch stark vertreten. In New Orleans und in Texas sind auch die Deutschen zahlreich. Der Bildungsstandpunkt ist niedrig, die Gesittung im ganzen nicht minder. Die Sklaverei und die auf sie folgende Periode corrupter Regierung haben keinen günstigen Einfluss auf die Bevölkerung geübt. XVIL Alabama {AD, 2386 d. Q. M. (50 722 e.), 996 992 E. Im N. von Ten- nessee, im S. vom Golf von Mexico und von Florida, im 0. von Georgia und im W. von Mississippi begrenzt. Oberfläche: Alabama umschliesst ein weites Gebiet des Tieflandes neben den äussersten s. Ausläufern der Alleghanies und zerfällt dadurch in 2 natürliche Abschnitte, welche getrennt werden durch eine Linie von Tuscaloosa bis Girard am Cattahochee R. S. von dieser Linie findet man ein an der Küste in der Breite von 30 — 40 Kil. nahezu flaches Tiefland, das nach dem Inneren zu allmählich wellig und hügelig wird ; n. von derselben findet man die Alleghany- Ausläufer in Gestalt zahlreicher vorwiegend nö. — sw. ziehender Bergketten von 3 — 400 m. In der Mitte dieser Region liegt das Kohlen- becken des Black Warrior R. Hervorragend unter diesen sind die Züge der Racoon und Lookout Mts. Der nördlichste Theil des Staates gehört dem eben- falls noch gebirgigen oberen Tennessee-Thale an. Hauptfluss ist Mobile R., der aus der Vereinigung des Alabama und Tombigbee entsteht und in die 48 Kil. tief von S. her einschneidende Mobile Bay mündet. In den Golf münden noch Chattachochee , Escambia und Perdido, während im n. Theil des Staates der Tennessee fliesst, der keine bemerkenswerthen Nebenflüsse erhält. Klima: Mo- bile hat 200 Mittelwärme und 1610 mm Niederschläge, in der Mitte des Staates hat Auburn 17 ^ und 630 mm Niederschläge. Bergbau : Eisen und Kohlen in grosser Menge (s. o. S. 326 f.) aber noch wenig entwickelt. 1875 nur 60000 T. Kohlen gefördert. Wald : 63,5 Proc. der Bodenfläche. Im Tiefland Föhren, im Gebirg Eichen , vorzüglich Chestnut Oak. Landwirthschaft : Etwa 64 Proc. Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. 663 der Oberfläche sind Farmland; Werth der Erzeugnisse ca. 70 Mill. D. Getreide- ernte in 1877 (in 100 B.). Mais 23000, Hafer 1750, Weizen 1400, Heu 23500 T. ; Werth 18,8 Mill. D. 1876 erzeugte AI. 12 Proc. der Baumwollenernte. 1878 wurden ca. 380000 Ballen geerntet. Viehstand: Rinder 483, Schafe 270, Schweine 952, Pferde und Maulthiere 214; Werth 24 Mill. D. Gewerbe 1870: 7740 Pferdekräfte und 8248 Arbeiter. Gesammtwerth der Erzeugnisse 13 Mill. D. 14 Baumwollfabriken, eben so viel Wollfabriken. Sägholz und Baumwollwaaren sind die Haupterzeugnisse. Handel und Verkehr: Im Zollbezirk Mobile liefen 1876 35101 T. in Küstenfahrt und 52651 vom Ausland ein. Rhederei: 72 Segel- und 31 Dampfschiffe mit 16000 T. Eisenbahnen 2885 Kil. Finanzen 1877: Schuld 9,7, Einnahmen 1,03, Ausgaben 0,88, Steuerwerth 117 Mill. D. Schulen: Es gibt keinen genauen Bericht. Ueber die Hälfte der schulfähigen Bevölke- rung ist ohne Unterricht. Universität in Tuscaloosa. Bevölkerung : 50 Proc. Farbige, 1 Proc. Ausländer, wovon 40 Proc. Irländer und 26 Proc. Deutsche. AI. ist ein Theil des früheren Mississippi-Gebietes, das in die Territorien AI. und Mississippi getheilt wurde. 1819 in die Union aufgenommen, 1861 aus- geschieden, bis 1865 Sklavenstaat, 1868 wieder aufgenommen. Nach der Ver- fassung von 1868 sind alle Aemter Wahlämter; die Richter werden für 6, die Oberbeamten, Senatoren und Repräsentanten für 2, Auditor u. a. Beamte für 1 Jahr gewählt. In den Congress sendet AI. 6 Repräsentanten. Mobile, 32 034 E., wovon 44 Proc. farbig, Haupthandelsstadt von AI. am w. Ufer des Mobile R. bei seiner Einmündung in die Mobile Bay. Der Hafen ist für Schiffe von über 4,3 m Tiefgang nicht zugänglich. Tiefergehende ankern 50 Kil. abwärts in der Bay. Hauptgegenstand der Ausfuhr Baumwolle , von welcher 1878 nach dem Auslande 164093 und nach den Nordstaaten 255 712 B, versandt wurden. Ausserdem wurden in diesem Jahr an Holz 11,5 Mill. Fuss, Harz 49 257 Fässer, Fassdauben 131435 Stück verschifft. In der Einfuhr ist nur der Kaffee bedeutend (1878 51 400 Säcke). Handel, Verkehr und Rhederei s. 0. das für den Zollbezirk M. Angegebene. 1878 legten 52 Schiffe mit 4 — 4,3 m Tiefgang direkt bei der Stadt an. 9 deutsche Schiffe gingen in diesem Jahre ein. 8 Zeitungen. Montgomery, 10588 E., am Alabama R., 570 Kil, oberhalb Mobile, Hauptstadt des Staates und von Montgomery Cy. Endpunkt der Louis- ville, Nashville und Gr. Southern R. R. und Kreuzungspunkt der Mobile und Montgomery und der Western Alabama R. R. Bedeutender Platz für die Ver- frachtung der Baumwolle aus dem Inneren. 6 Zeitungen. Selma, 6484 E., Stadt und Hauptort von Dallas Cy. , am Alabama , 840 Kil. von der Mündung. 3 Zeitungen. In Mitten der Baumwollenregion Cahawba, 471 E., in derselben Cy., 12 Kil. von Selma. In der Nähe grosse Eisen- und Kohlenlager. Tusca- loosa, 1689 E., Hauptort der gleichnamigen Cy. am Endpunkt der Schiffahrt des Black Warrior R. und an der Alabama und Chattanooga-Eisenbahn. War bis 1847 Hauptstadt von AI. Sitz der Universität von AI. Decatur, 671 E., Dorf am Tennessee. An der Memphis und Charleston und der Nashville und Decatur Eisenbahn. Der n. Eintrittspunkt der Gebirgsregion von AI. Hunts- ville, Stadt mit 4967 E. im Tennessee-Thal und an der Memphis Charleston- Eisenbahn. XVIII. Mississippi (Miss.), 2124d. Q.M. (47156 e.), 827,922 E. Im N. von Tennessee, im S. von Louisiana und dem Meere, im 0. von Alabama und im W. 664 Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. von Louisiana und Arkansas begrenzt. Oberfläche : Fällt ganz in das Tiefland- gebiet des U. Miss. Von NO. her fällt das Land erst sanft und wellig gegen W. ab, um gegen den Miss, hin mit steilem Abfall (Bluffs) in das Anschwem- mungsland dieses Stromes überzugehen. Das letztere nimmt bald einen breiten Raum, bis zu 150 Kil. ein, bald treten die Bluffs, wie bei Vicksburg und Natchez, dicht an den Fluss heran. Ausgedehnte Sümpfe, wie der 7000 e. Q. M. grosse Yazoo Bottom, sind in das Anschwemmungsland eingelagert. Flüsse: Der Miss, und seine Tiefland -Nebenflüsse Yazoo und Big Black. In den nö. Theil des Staates greift derTombigbee herüber. Klima: 18 — 19*^ Mittelwärme, 12 bis 1400 mm Niederschläge. Wald : 66 Proc. der Bodenfläche. Meist Laubwald. Landwirthschaft : Der Boden gehört zu den fruchtbarsten mit Ausnahme eines sandigen Küstenstriches im SO. Etwas über ^,'3 waren 1870 Farmland. Miss. ist gegenwärtig der am meisten Baumwolle erzeugende Staat, er brachte 1876 17 Proc. der Gesammternte. Getreideernte in 1877 (in 1000 B.): Mais 20800, Hafer 860, Weizen 450; Werth 14 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000) : Rinder 427, Schafe 250, Schweine 1284, Pferde und Maulthiere 193; Werth 25 Mill. D. Gewerbe: Unbedeutend. 1870 gab es 12 470 Pferdekräfte und die Haupterzeug- nisse waren Sägholz und Mehl. Handel und Verkehr: Im Zollbezirk Pearl R. liefen 1876 vom Ausland 25802 und in Küstenfahrt 16 028 T. ein. Flussdampfer hatte der Staat 24 mit 3345 T., Segelschiffe 102 und Seedampfer 8 mit zusammen 4300 T. Eisenbahnen (1878) 1088 Kil. Finanzen (1878): Schuld 0,9, Ein- nahmen 0,86, Ausgaben 0,56, Steuerwerth 127 Mill. D. Schulen 1877: Lehrer 3761, Ausgaben 0,44 Mill. D. Schulbesuch 45 Proc. der Schulpflichtigen. Be- völkerung: 53 Proc. farbige, 86 Proc. im Staat Geborene, 1,3 Proc. Ausländer, wovon 30 Proc. Irländer und 26 Proc. Deutsche. — Das Gebiet von Miss, wurde zuerst von De Soto 1540 entdeckt, 1716 von Franzosen besiedelt und fiel 1763 an England. 1798 zum Territorium erhoben (zusammen mit Alabama) wurde es 1817 als Staat aufgenommen und nach der Secession in 1861 neuerdings 1868 zugelassen. Durch seine nicht unbeträchtliche farbige Mehrheit ist es seitdem einer der unruhigsten und schlechtest regierten Südstaaten gewesen. Seine Ver- fassung von 1868 setzt fest, dass alle Bürger der V. St. über 21 Jahren, die 6 Monate im Staate gewohnt haben, Wahlrecht haben. Die 103 Repräsentanten werden für 2, die 33 Senatoren und die Oberbeamten für 4 Jahre gewählt. Die Richter werden von Governor und Senat für 4 — 9 Jahre ernannt. In den Con- gress schickt Miss. 5 Repräsentanten. Jackson, 4234 E., Staatshauptstadt und Hauptort von Hinds Cy., am Pearl R. und an der Kreuzung der New Orleans and Great Northern mit der Vicksburg and Meridian -Eisenbahn. 8 Zeitungen. In Mitten eines der fruchtbarsten Baumwollgebiete gelegen , deren Erträgniss in grosser Menge von hier verschifft wird. V i c k s b u g , 12 443 E. , Hauptort von Warrens Cy., an der Einmündung des Yazoo in den Miss, gelegen. Die Stadt wurde 1825 gegründet, litt stark durch die langwierige Belagerung (1863) hob sich aber wieder zu einer der verkehrsreichsten Handelsstädte am Miss. 5 Zeitungen. Natchez, 9057 E., am Ostufer des Miss. 160 Kil. unterhalb Vicksburg und 480 Kil. oberhalb New Orleans, auf Bluffs, die 60 m aufsteigen. Hauptort von Adams Cy. 3 Zeitungen. Bedeutender Handel und Verkehr. Columbus, 4812 E., Stadt und Hauptort von Lowndes Cy. in der Nähe des bis hierher schiffljaren Tombigbee R. an der Grenze von Alabama. 6 Zeitungen. Starker Vierte Gruppe. Die Golf Staaten. 665 Baumwollhaiulel. Holly Springs, 2406 E,, Dorf und Hauptort von Marshall Cy. an der Miss. -Central -Eisenbahn. 1 Zeitung. Grenada, 1887 E., Dorf am Yallabusha, Hauptort der gleichnamigen Cy. und Eisenbahn-Knotenpunkt. XIX. Louisiana (La.) , 1945 d. Q. M. (41 346 e.) , 726 915 E. ümfasst das Deltaland des Mississippi und ist begrenzt im, N. von Arkansas und Mississippi, im S. vom Meer, im 0. von Mississippi und im W. von Texas. Oberfläche: Ausschliesslich Tief- und Flachland. Im S. und 0. liegen ausgedehnte Gebiete, die versumpft und den Ueberschwemmungen des Mississippi ausgesetzt sind, während der N. und W. etwas höher und theilweise von mehr welliger Boden- gestalt ist. Flüsse : Mississippi, Red R. von Texas, Calcasieu, Washita. Delta- und Sumpfseen: Pontchartrain, Maurepas, Grand Lake. Klima: 20 — 21'' Mittel- wärme, 12 — 1500 mm Niederschläge. Wald:59Proc. Vorwiegend Sumpfwald. Im W. prärieartige, waldarme Strecken. Mineralschätze: Salz, Gyps, Schwefel. Landwirthschaft: La. ist der ausgeprägteste Plantagenstaat. Seine Bottoms gehören zu den fruchtbarsten Ländereien , am wenigsten fruchtbar sind die prärieartigen Gegenden im W. Es erzeugt ca. 90 Proc. des Zuckers (1877 127000 Hogsheads), 2/3 der Molassen und 12,5 Proc. der Baumwolle in den V. St. Getreideernte von 1877 12,75 Mill. B. Mais; Werth 7,16 Mill. D. Vieh- stand 1877 (in 1000): 387 Rinder, 125 Schafe, 350 Schweine, 157 Pferde und Maulthiere; Werth 16 Mill. D. Ca. V* des Staates liegt in Farmland. Ge- werbe: Geringfügig. 1870 gab es 25000 Pferdekräfte, wovon die Mehrzahl in Zuckermühleu. ^ß der Gewerbserzeugnisse bestehen in raffinirtem Zucker, ausserdem sind nur Sägholz und Mehl von Bedeutung. Handel und Verkehr: La. gehört durch seine Lage zu den handelsthätigsten Staaten der Union. In seine beiden Zollbezirke New Orleans und Teche liefen 1876 177422 T. in Küstenfahrt und 428264 vom Ausland ein. lieber New Orleans', der einzigen bedeutenden Handelsstadt, Handelsstellung s. u. An Segelschiffen hat der Staat 413, an Seedampfern 39, an Flussdampferu 138, zusammen 83000 T. Eisen- bahnen (1878) 790Kil. Finanzen (1877): Steuerwerth 174, Schuld 22, Einnahmen 26, Ausgaben 2,7. Schulausgaben 0,36 Mill. D. Schulbesuch 32 Proc. 6 Colleges mit 408 Schülern. Bevölkerung: 50 Proc. Farbige, 69 Proc. im Staat Geborene, 8,5 Proc. Ausländer , worunter 30 Proc. Deutsche und 27 Proc. Irländer. — La Salle nahm 1682 vom Unteren Mississippi Besitz für Frankreich, 1699 wurden die ersten Niederlassungen hier gegründet, 1803 wurde der ganze französische Besitz im Mississippi-Gebiet an die V. St. verkauft und 1812 wurde La. als Staat aufgenommen. Es trennte sich 1861 von der Union und wurde 1868 wieder aufgenommen. Unter den Folgen der Aufhebung der Sklaverei hat dieser echte Plantagenstaat am meisten gelitten, doch ist seit 1876 die Neger- regierung beseitigt. Die jetzt gültige Verfassung setzt 4 jährige Wahl der Ober- beamten und (36) Senatoren, sowie 2jährige der (101) Repräsentanten, ferner Ernennung für 8 Jahre der Richter des Gerichtshofes fest. Wahlberechtigt ist jeder männliche Bürger der V. St. über 21 Jahre, der 1 Jahr im Staate lebt. Zahl der Repräsentanten zum Congress 5. New Orleans, 191418 E., (ca. 45 Proc. Farbige), Haupthandelsstadt des S. und vor allem der Golfstaaten,. Hauptstadt von La., Hauptort der Orleans Cy. Am linken Ufer des Mississippi, 190 Kil. von der Mündung, um eine halbmondförmige Biegung des Stromes ge- legen (daher der Beiname Crescent City). Der Baugrund der Stadt liegt 4 e. F. 666 Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. unter Hochwasser. 1718 gegründet hatte sie 1800 8000 E. Ihre Bedeutung ent- springt vorzüglich der treiflichen Lage im Mündungsgebiet des grössten und verkehrsreichsten Stromes und in der Nähe des Golfes von Mexico, dessen Hauptstadt N. 0. ohne Uebertreibung genannt werden kann. Von Eisenbahnen laufen hi^r zusammen: New Orleans and Great Northern, Memphis and New Orleans, Louisiana and Texas. lieber die Vorzüge und Nachtheile der Handels- stellung von N. 0 s. 0. S. 473. In Ein- und Ausfuhr nahm diese Stadt 1877 6,5 Proc. des Gesammthandels der Union in Anspruch. Aus dem Inland zugeführt wurden 135 Mill. D. Die Ausfuhr umfasste in diesem Jahre für 63,4 Mill. D. Baum- wolle, je 1,6 Mill. Tabak und Mais, 1 Mill. Oelkuchen. 44 Proc. der Baumwoll- ernte wurden nach N. 0. zugeführt. In der Einfuhr war nur Kaffee (3,9 Mill. D.) und Zucker (1,4 Mill. D.) nennenswerth. Während die Ausfuhr zunimmt, ist die Einfuhr im Rückgang, hauptsächlich in Folge der günstigeren Lage der atlanti- schen Häfen. Der Schiffsverkehr in N. 0. betrug 1877 1092 Seeschiffe und 3000 Flussdampfer. Deutschland war mit 29 P'ahrzeugen zu 42000 T. betheiligt. Die Schlammbänke an den Mississippi-Mündungen, welche früher den Zugang der über 6 m tiefgehenden Schiffe unmöglich machten , sind heute durch die Jetties, so weit erniedrigt, dass Schiffe von 7 — 8 m einlaufen können. Die Rhederei von N. 0. umfasste 1876/77 361 Segel- und 156 Dampfschiffe mit 81000 T.; davon waren 138 mit 30000 T. Flussdampfer, N, 0. hat durch seine tiefe Lage .Viind die Nähe Westindiens häufig vom Gelben Fieber zu leiden, durch den Bürgerkrieg und die ihm folgende Missregierung ist es zurückgegangen und hat viel von seinem Glanz eingebüsst. Immerhin bleibt es eine der lebhaftesten und interessantesten Städte der Union. Die starke Mischung seiner Bevölkerung (ca. */3 Farbige, Vs französische Kreolen, \'6 Deutsche, viele Irländer und Spanier), der Rest französischer Sitten (Vorwiegen des Katholicismus, starke ^Vertretung der französischen Sprache, gute Theater und Restaurants, allgemein grössere Behaglichkeit des Lebens), die subtropische Lage geben ihm etwas Eigenartiges. Die Bauart ist regelmässig, die Hauptstrasse Canal Street, breit und glänzend, führt rechtwinklig auf den Mississippi; Esplanade Street ist die elegante Wohnstrasse. 70 Kirchen, worunter die grosse Cathedrale de S. Louis. Die Universität von Louisiana ist eine wenig blühende Anstalt. 1872 gab es 62 Volksschulen. 6 Tagblätter. 7 Kil. s. von N. 0. das Schlachtfeld, wo 1815 General Jackson die Engländer schlug. Nach dem Lake Pontchartrain führt eine Lokalbahn mitten durch ein halbtropisches Sumpfgebiet. Vorstädte: Jefferson City; Carollton, 12 Kil. oberhalb N. 0., Hauptort von Jefferson Parish. Baton Rouge, 6489 E. , Stadt und Hauptort des gleichnamigen Parish, 210 Kil. oberhalb New Orleans auf 6 — 10 m hohen Bluffs am Mississippi gelegen. Früher Staatshauptstadt, jetzt Sitz einiger Klöster und des Zucht- hauses. In der Nähe Barracken der V. St. Armee. Die Umgegend gehört zu den an Zucker und Baumwolle fruchtbarsten. 7 Zeitungen. Shreveport, 4607 E. , Stadt und Hauptort von Caddo Parish , am rechten Ufer des Red R. 1100 Kil. oberhalb New Orleans gelegen, 48 Kil. unter dem Great Baft, welches den Endpunkt der Schiftbarkeit bildet. Hauptmarkt für die w. Theile von La. und die ö. von Texas. 6 Zeitungen. Donaldsonville, 1573 E., Stadt und Hauptort von Ascension Parish, 130 Kil. oberhalb New Orleans bei der Ab- zweigung des Bayou Lafourche vom Hauptstrom. Vidalia gegenüber Natchez, Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. 667 Hauptort des Coiicordia Parisli. Bedeutender Baumwollmarkt. Opelousas, 1546 E., 90 Kil. w. von Baten Rouge, in viehzüchtender Präriegegend des w. La. 2 Zeitungen. Natchitoches, 1401 E., Dorf und Hauptort des gleich- namigen Parish, am Old Red R. , 110 Kil. so. von Shreveport. Reger Schiff- fahrtsplatz. 2 Zeitungen. New Iberia, 1472 E., Dorf und Hauptort des gleichnamigen Parish, am Bayou La Teche 90 Kil. wsw. von Baton Rouge in Mitten einer reichen Zucker- und Baumwollengegend. XX. Texas (Tex.), 12931 d. Q.M. (277 356 e.), 818579 E. T., der grösste Staat der Union, grenzt im N. an das Indianer -Territorium, im S. an das Meer, im 0. an Arkansas und Louisiana, im W. an Mexico. Oberfläche: Von der niedrigen, sandigen Küste, die reich an Lagunen und Küstensümpfen, erhebt sich das Land in undeutlichen Stufen nach W. und N. zu. 60—100 Kil. breit ist die Küstenebene, dann folgt der 240 Kil. breite Präriegürtel, der aus welligem Flach- und Hügelland besteht und bis zu 300 m ansteigt. Auf diese folgt dann ein rascheres Ansteigen zur Felsplatte des Llano Estacado und den ver- einzelten Gebirgszügen im oberen Pecos und Rio Grande-Gebiet. Flüsse: Grenz- flüsse sind Rio Grande gegen Mexico, Red R. gegen Indianer Terr. und Arkansas, Sabine R. gegen Louisiana. Ausser dem Red R. , der zum Mississippi geht, fliessen alle anderen texanischen Flüsse dem Golfe zu. Es sind ausser den genannten hauptsächlich: Trinity, Brazos , Colorado (Texas-), Guadalupe, S. Antonio, Nueces. Klima: Die Isotherme von 20° C. durchzieht den Staat von der Mündung des Sabine R. bis zu der des Pecos. Im S. findet man bei Brownsville 24®, im NW. im Llano Estacado 13°. Die Niederschläge sind an der Küste beträchtlich (Brownsville 785) um nach dem Inneren zu auf 5 — 600 und im Llano Estacado auf viel geringere Mengen herabzusinken. Vegetation: Wald 26,7 Proc. der Bodenfläche. Derselbe findet sich hauptsächlich im Küstentiefland, dann in den Thälern und in Form von lichten Eichenhainen auf dem Uebergaugsgebiet vom Tiefland zur Prärie. Der grösste Theil des Inneren gehört der Prärie und der Steppe an. Im äussersten Westen treten selbst kleinere Wüstenbildungen ein. Landwirthschaft : Der 0. und S. von Tex. sind günstig für alle Culturen der Baumwollenregion, während das Innere der Viehzucht weite grasreiche Flächen bietet. In der Uebergangsregion gedeihen dabei alle nö. Getreide, besonders der Weizen vorzüglich. Tex. vereinigt in Folge dessen drei wichtige Eigenschaften: Es hat hat starke Baumwoll- (es ist gegenwärtig mit 15 — 16 Proc. der Gesammternte der zweite Baumwollenstaat der Union) und Weizenerzeugung und starke Viehzucht. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 49 000, Weizen 4800, Hafer 4300, Heu 75000 T. ; Werth 29,7 Mill. D. Viehstand (in 1000): Rinder 4080, Schafe 3674, Schweine 1716, Pferde und Maulthiere 885; Werth 53 Mill. D. Ausserdem ist die Erzeugung von Zucker, Tabak und Reis nicht unbedeutend. 1870 wurde der Gesammtwerth der landwirthschaftlichen Erzeugnisse auf ca. 50 Mill. D. angeschlagen, dürfte sich aber seitdem mindestens um die Hälfte vergrössert haben. Nur ca. 8 Proc. des Landes sind Farmland. Mineralschätze: Noch wenig ausgebeutet. Reiche Kohlen- und Eisenlager finden sich um Trinity R. Gewerbe (1870): Ca. 13000 Pferdekräfte, 8000 Arbeiter, Gesammtwerth der Erzeugnisse 11,5 Mill. D. Darunter am wichtigsten: Mehl, Sägholz und präservirtes Fleisch. Handel und Verkehr: In die Zollbezirke Galveston, Saluria, Brazos de S. Jago, Corpus Christi und 668 Vierte Gruppe. Die Golfstaaten. PasodelNorte liefen 1876 78000 T. in Küstenfahrt und 86 000 T. vom Ausland ein. Rhederei: 267 Segelschiffe und 37 Seedampfer mit 18000 T, Eisenbahnen (1878) 3540 Kil. Finanzen : Schuld (1878) 5,07, Einnahmen 1,96, Ausgaben 1,76, Steuerwerth 303 Mill. D. "je der Schulfähigen besuchen Schulen (?). 496,083 D. werden für Schulen ausgegeben. 10 Colleges mit 1650 Schülern und 85 Lehrern. Bevölkerung: 30 Proc. Farbige, 16 Proc. im Staat Geborene, 7,6 Proc. Aus- länder, worunter 38 Proc. Deutsche und 6,6 Proc. Irländer. Tex. wurde 1694 von den Spaniern bei S. Antonio besiedelt, machte sich 1836 von Mexico un- abhängig, wurde 1845 in die Union aufgenommen (s. o. S. 89), löste sich 1861 los und wurde 1870 wieder aufgenommen. Die neue Verfassung von 1869 gibt das Wahlrecht jedem über 21 Jahre alten Bürger der V. St., der 1 Jahr im Staate gelebt hat. Die 60 Repräsententen sind für 2, die 30 Senatoren für 6 Jahre mit 2jähriger Drittels-Erneuerung gewählt. Governor, Lieut. Governor u. n. a. Beamte werden für 4 Jahre gewählt, aber der Secretary of State und Attorney General werden vom Governor und Senat ernannt, ebenso Oberrichter und Richter für 9 und 8 Jahre. Texas sendet 5 Repräsentanten in den Congress. Austin, 4428 E., Staatshauptstadt und Hauptort von Travis Cy. am linken Ufer des Texas-Colorado, der hier, 400 Kil. von seiner Mündung, aufhört schiffbar zu sein. Malerisch gelegen, 370 Kil. von Galveston entfernt. 6 Zeitungen. Galveston, 13818 E., Haupthandelsstadt von Texas und Hauptort der gleich- namigen Cy. Liegt auf dem Ostende der gleichnamigen Insel, welche die Galveston Bay vom Golf trennt. Der Hafen ist der beste an der texanischen Küste, lässt aber nur Schiffe von 6,5 m Tiefgang zu. 1877 betrug die Ausfuhr 13,3, die Einfuhr 1,5 Mill. D. 97 Proc. der Ausfuhr sind Baumwolle, 88 Proc. der Einfuhr Kaffee. Der Schiffsverkehr zählte 139 Schiffe mit 88000 T. , worunter 8 mit 2422 T. deutsche. Rhederei: 191 Segel- und 32 Dampfschiffe mit 15000 T. Sitz der katholischen Universität S. Mary's. 12 Zeitungen. Houston, 9382 E., Stadt und Hauptort von Harris Cy. am Buffalo Bayou Knotenpunkt der texanischen Eisenbahnen (Texas und New Orleans, Houston und Texas Central, Galveston, Houston und Henderson laufen hier zusammen), auch von Dampfschiffen erreichbar und in Folge dessen bedeutender Marktplatz für die Erzeugnisse der sehr frucht- ^/ baren Umgebung. 9 Zeitungen. Washington, 4354 E., Navasotor, 1509 E. v/Beide Dörfer am Brazos. Brenham, 2221 E., Hauptort von Washington Cy. Brazoria, 725 E., Hauptort der gleichnamigen Cy. an der Mündung des Brazos. Boatrop, 1190 E., Dorf und Hauptort der gleichnamigen Cy. ; Columbus, Hauptort der Colorado Cy. ; Wharton, Hauptort der gleichnamigen Cy. ; alle drei am Colorado R. Matagorda, 386 E., Dorf in der Nähe der Colorado-Mündung. S. Antonio, 12256 E., Stadt und Hauptort von Bexar Cy. am S. Antonio Creek, 130 Kil. ssw. von Austin. Bedeutender Platz für den Inlandhandel und den Handel mit Mexico, besonders starker Viehhandel. Gilt als die älteste Stadt von Texas, hat unbeträchtliche spanische Bevölkerung. Zahlreiche Deutsche. Arsenal der V. St. 6 Zeitungen. Neu Braunfels, Stadt und Hauptort der Comal Cy. am Comal R., 1 Kil. oberhalb dessen Einfluss in den Gua- dalupe. Fruchtbare Umgebung. Von Deutschen gegründet. 1 Zeitung (deutsch). Victoria, 2534 E., Dorf und Hauptort der gleichnamigen Cy. am Guada- lupe R. Eisenbahn nach Indianola. Gonzales, 1255 E. , Dorf und Hauptort der gleichnamigen Cy. , am Zusammenfluss des Guadalupe und S. Marcos. Fünfte Gruppe, Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 669 Goliad, Dorf und Hauptort der gleichnamigen Cy. am S. Antonio Creek, in fruchtbarer Prärieregion. Berühmt durch die hier geschehene Unabhängigkeits- erklärung der Texaner in 1834. Indianola, ander Matagorda Bay, Dorf und Hauptort der Calhoun Cy., 200 Kil. sw. von Galveston. Saluria, in derselben Cy. , auf der Nordspitze der Matagorda - Insel. Corpus Christi, 2140 E., an der gleichnamigen Bucht, unterhalb der Mündung des Nueces, Dampferlinie nach New Orleans. Brownsville, 4905 E., Stadt und Hauptort von Cameron Cy. am Rio Grande , fast gegenüber Matamoras. Beträchtlicher Handel mit Mexico , in viehzüchtender Prärieumgebung. 160 Kil flussaufwärts das Dorf Rio Grande. Laredo, 2046 E. , Dorf und Hauptort von Webb Cy. am Rio Grande. Handel mit Mexico. Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. Tennessee, Kentucky, Arkansas und Missouri bilden eine südliche, Ohio, Indiana und Illinois eine nördliche Untergruppe und die natürlichen Bedingungen sind ebenso wie der Culturzustand in einzelnen Regionen sehr verschieden. Ge- meinsam ist allen, dass sie Binnenstaaten, dass Mississippi und Ohio sammt einigen Nebenflüssen ihre natürlichen Verkehrsadern , dass Getreidebau und Viehzucht ihre Hauptnahrungszweige und dass sie zu den jungen, meist erst im Laufe unseres Jahrhunderts besiedelten Staaten gehören. Keiner von allen diesen zum Theil schon so volksreichen und wichtigen Staaten wird unter den 13 alten Staaten genannt, welche die Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten. Man fasst sie wohl auch als Weststaaten kurzweg oder als Alter Westen zu- sammen. Südliche Binnenstaaten. Tennessee, Kentucky, Arkansas und Missouri ö. und w. vom Mississippi und s. vom Ohio und (theilweise) vom Missouri gelegen. Umfassen wenig über 10 Proc. des Areals und 12 Proc. der Bevölkerung der Union. Der Hauptgrund, auf den hin sie zusammengestellt werden können, ist ihre geschichtliche Zusammen- gehörigkeit als die jüngeren oder icestlichen Sklavenstaaten. Sie haben in Folge dessen verhältnissmässig bedeutend grössere Antheile farbiger Bevölkerung (von 6 — 27 Proc.) als die anderen Binnenstaaten, eine dünnere Bevölkerung, im Allgemeinen ungünstigere Culturzustände, sowohl in wirthschaftl icher (Verschul- dung, weniger und schlechtere Verkehrswege, ungünstigere Besitzvertheilung, schlechte Landpreise) als in geistiger Beziehung, wie die anderen Binnenstaaten. Auch gehört hierher der Antheil der zwei südlichsten von ihnen an der Baum- wollgewinnung; Ark. und Tenn. erzeugten 1876 17 Proc. der Gesammternte. — Der Bodengestaltung nach gehen sie aus einander, insofern Tenn. und Kent. dem Westabhang der Alleghanies, Missouri dem mittleren Mississippi -Tiefland und Ark. dem rechten Missouri-Ufer und dem Anstieg nach den Steppeuregionen des W, angehören. Aber die Ozark Mts. gehören den beiden letztgenannten gemeinsam an. Sie sind alle vier keine eigentlich gebirgigen Staaten. Die 6tO Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi und Ohiobeckeus. Prärien treten in den beiden ö. bereits an günstigen Punkten ein und finden in den beiden w. eine weite Verbreitung. Das Klima ist bereits gegensatzreicher als an den Küsten, aber auch überall hinreichend feucht für alle Zweige des Ackerbaues. Mit Kohlen sind alle vier versehen, Eisen ist in Mo., Kent. und Tenu. in Fülle vorhanden, Mo. hat auch Blei und Zink. In Gewerbthätigkeit gehört nur Ark; zu den zurückgebliebenen, während Mo. durch seine Grossstadt S. Louis und ihre Umgebung und Kent. durch Louisville mit unter die gewerb- thätigsten Staaten des W. zählt. An Eisenbahnen haben die vier zusammen 9 Proc. der gesammten Meilenzahl der V. St. , an Flussdampfern ca. 40 Proc. der auf den Flüssen des W. verkehrenden Tonnenzahl. In den Congress senden sie 30 Repräsentanten. Als fünfter Staat lässt sich das 18G3 von Virginien ab- gesonderte West-Virginien, wiewohl durchaus Gebirgsstaat, hier anreihen. XXI. Tennessee (Tenn.), 2145d. Q.M. (45 600 e.), 1258 520 E. Bildet einen langen Streifen, 175 Kil. breit, von einem der höchsten Theile der Alleghanies im 0. bis zum Mississippi im W. und wird begrenzt von Kentucky und Virginien im N., Georgia, Alabama und Mississippi im S., N. Carolina im 0. und Arkansas und Missouri im W. Oberfläche: Tenn. gehört zu den gegliedertsten Theilen der Union. Man kann folgende sechs verschiedenen Elemente von Gliederung von 0. nach W. unterscheiden : 1. Die Gebirgskette der Unaka Mts. Parallele Gebirgszüge von 1800 — 2000 m Gipfelhöhe. 2. Thal von 0. Tennessee. Ein Theil des Grossen Thaies der Alleghanies, 200 — 400 m hoch, ca. Vs des Staates einnehmend. Ein Hochland mit parallelen Hügelzügen. 3. Das Cumberlaud- Plateau 600 m hoch. Ein Kalkplateau mit flachen Höhenzügen und seichten Thälern. ^iö des Staates. 4. Mittel -Tennessee. Eine flache Einsenkung, die nach W. leicht zum Thale des Tennessee ansteigt. In der Mitte des Staates gelegen, sehr fruchtbar, 200 — 250 m* hoch. 5. West -Tennessee. ^s des Staates. Fruchtbares Tafelland von 150 — 200 m., mit Löss bedeckt, das nachW. hin mit steilen Bluffs zum 6. Mississippi -Tiefland abfällt. Flüsse : Alle gehören dem Mississippi^-System an: Mississippi selbst, Tennessee und Cumberland R. Klima: Mittelwärme in Ost-Tenn. 14, in West-Tenn. 16". Niederschläge 11— 1400 mm. Wald : 59,9 Proc. Im 0. in den gebirgigen Theilen waldreich, auf den nach W. abfallenden Kalkplateaus waldarm. Laudwirthschaft : 1870 waren 24 Proc. des Staates unter Cultur. Mais, Tabak und Baumwolle sind die Stapelprodukte. Von Baumwolle erzeugte Tenn. 1876 5,8 Proc. der Gesammternte. Getreide- ernte 1877 (in 1000 B.): Mais 50000, Weizen 11400, Hafer 6100; Werth 34,5 Mill. D. Viehstand (in 1000): Rinder 798, Schafe 850, Schweine 1900, Pferde und Maulthiere 428; Werth 42 Mill. D. Mineralschätze: Kohle und Eisen (s. o. S. 326, 331), Marmor. Gewerbe: 1870 gab es 38000 Pferdekräfte und 19 000 Arbeiter und der Werth der Erzeugnisse betrug 34 Mill. D. Mehl, Sägholz, Eisen und Leder standen in erster Linie. Handel und Verkehr: Tenn. hatte 1876 88 Flussdampfer mit 14358 T. Memphis am Mississippi und Nash- ville sind seine Hauptplätze. Eisenbahnen gab es 1878 2650 Kil. Finanzen (1878): Steuerwerth 237, Schuld 26,8, Einnahme 1,2, Ausgabe 0,8 Mill. D. Schulen: Ausgaben 0,7 Mill. D., Schulbesuch 32 Proc. 21 Colleges mit 2853 Schülern. Bevölkerung : 25 Proc. Farbige, 80 Proc. im Staat geboren, 1,5 Proc. Ausländer, unter welchen 8048 Irländer und 4539 Deutsche. — Das Gebiet des heutigen Tenn. wurde 1784 von N. Carolina an die V. St. abgetreten, 1796 auf- Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 671 genommen und nach der Secession 1870 wieder aufgenommen. Die Verfassung des letzteren Jahres macht jeden Bürger der V. St. von ^1 Jahren, der 1 Jahr im Staat gewohnt^ wahlberechtigt. Der Governor wird für 2 Jahre gewählt, die anderen Oberbeamten werden von der General Assembly gewählt, die ihrerseits für 2 Jahre gewählt ist. Die Richter werden für 8 Jahre gewählt, der Attoruey General und der Oberrichter werden vom Sapreme Court ernannt. Nash vi He, 25865 E. , Staatshauptstadt und Hauptort von Davidson Cy., am Cumberiand R. , 330 Kil. von der Mündung und an 4 Eisenbahnen gelegen. Bei hohem Wasser ist der Fluss bis N. schiffbar. Gewerbthätig in Baumwolle und Eisen, University of N. mit Medical College. 23 Zeitungen. Memphis, 40226 E. (36 Proc. PVbige), am Mississippi, auf 13m hohen Bluffs, 740 Kil. unterhalb S. Louis. Direkte Linien von Charleston, New Orleans. Louisville und Little Rock treffen hier zusammen. Wichtigster Handelsplatz zwischen New Orleans und S. Louis. 1877 gehörten 61 Dampfer mit 10068 T. hierher, doch ist der Geschäftsbetrieb seit den beiden verheerenden Gelbfieberepidemien von 1878 und 79 sammt der Bevölkerung stark zurückgegangen. 23 Zeitungen. Chattanooga, 6093 E., Stadt und Hauptort von Hamilton Cy., am Tennessee R., an der Grenze von Alabama, in reizender Umgebung. Eisenbahnen von Atlanta, Richmond, Nashville und Memphis treffen hier zusammen. Handel und Gewerbe blühen, letztere durch die nahen Kohlen- und Eisenlager gefördert. 3 Zeitungen. Knoxville, 8682 E., Stadt und Hauptort der Knox Cy., am Holston R., inmitten des fruchtbaren und schönen Thaies von Ost-Tenn., an den Eisenbahnen nach Richmond und Charlestoo. University of East Tenn. Taubstummen -An- stalt. 6 Zeitungen. Kleinere Orte: Green ville, Hauptort von Greene Cy. an der East Tenn. und Virginia Eisenbahn, 120 Kil. von Knoxville. Sommer- ville, 954 E., Hauptort von Fayette Cy., an einer Abzweigung der Memphis und Charleston R. R. Trenton, 1909 E., Hauptort von Gibson Cy., an der Mobile- und Ohio Eisenbahn. Gewerbe, 2 Colleges, 2 Zeitungen. Clarksville, 3200 E., Hauptort von Montgomerie Cy., am Cumberiand R., handelsthätig. 2 Zeitungen. Gallatin, 2313 E., Hauptort von Sommer Cy. , an der Louisville und Nash- ville-Eisenbahn. 40 Kil. von Nashville. Blühender Ort. 2 Zeitungen. Pitts- burg Landing in Hardin Cy. Schlacht am 6. und 7. April. 1862. Pulaski, 2070 E., Hauptort von Giles Cy. an der Louisville, Nashville und Southern Eisenbahn. Winchester, 2839 E., am Elk R. und der W. und Alabama Eisen- bahn. Hauptort von Franklin Cy. Einige Frauencolleges. Murfreesboro, 2502 E., an der Nashville und Chattanooga-Eisenbahn, Hauptort von Rutherford Cy., inmitten eines reichen Ackerbaubezirkes. XXH. Kentucky (Ky.), 1772d. Q.M. (37 680 e.), 1321 011 E. Grenzen: Ohio, Indiana und Illinois im N., Tennessee im S., Virginia und West -Virginia im 0., Missouri im W. Oberfläche: Aehnlich wie Tennessee ist Ky. ein schmaler Streifen, welcher von den Alleghanies zum Mississippi -Tiefland hinabzieht. Im 0. findet man die Westabhänge der Cumberiand Mts., welche gleich ihren vor- gelagerten Parallelketten nicht über 900 m hinausgehen, aber von tief eingeschnit- tenen Thälern zerklüftet sind. NachW. folgt ein Kalkplateau von 2— 300m, dessen wellige Oberfläche ungefähr in der Mitte des Staates einer flachen Ein- senkung Platz macht, der bekannten fruchtbaren Blue Grass Region. Bezeich- nend für dieses Kalk-Tafelland sind die öden unfruchtbaren Stellen, Barrens, 672 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. wo der Kalkfels an die Oberfläche tritt, die bis 20 m tiefen Sinklöcher, SinJcholes, und der Reichthum ai^ Höhlen. Flüsse : Fast alle gehören dem Ohio-System an. Der Ohio selbst bildet die ganze Nordgrenze in der Länge von nahezu 1000 Kil. Kentucky, Cumberland, Sandy, Licking, Green und Tennessee (nur im untersten Lauf) gehören demselben an. Der Mississippi, welcher die Westgrenze bildet, erhält aus Ky, keinen nennenswerthen Zufluss. Klima: Mittelwärme in der Mitte des Staates 13 o. Niederschläge (Louisville) 1200 mm. Waldlaud 49 Proc. Landwirthschaft : Mit Ausnahme der Barrens und der steilen Berghänge, deren Ausdehnung keine sehr erhebliche, ist Ky. einer der fruchtbarsten Staaten. Die Thäler des Licking und Kentucky R. und die Blue Grass Region gehören zu den fruchtbarsten Gegenden der Union. TJeber Vs des Staates ist in Anbau. Mais und Tabak sind die Haupterzeugnisse. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 59500, Hafer 7850, Weizen 7150, Roggen 1250, Gerste 250; Werth 29,5 Mill. D. Heu 320000 T. Auch Tabak und Hanf werden in grösserer Menge erzeugt. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 712, Schafe 900, Schweine 1950, Pferde und Maulthiere 498; Werth 54 Mill. D. 1870 betrug der Gesammt- werth der landwirthschaftlichen Erzeugnisse 87 Mill. D. Mineralschätze : Kohle und Eisen (s. o. S. 326, 331). Gewerbe: 1870 betrug die Zahl der Dampf- maschinen-Pferdekräfte 32000, der Arbeiter 30600; Gesammtwerth der Erzeug- nisse 55 Mill. D. Haupterzeugnisse: Mehl, Eisen, Sägholz, Leder, Branntwein, Tabakfabrikate. Handel und Verkehr: 2420 Kil. Eisenbahnen. Von Fluss- dampfern gehören in diesen Staat 43 mit 10145 T. Louisville ist die Haupt- handelsstadt und einer der bedeutenderen Binnenhandelsplätzen (s. o. S. 463). Finanzen (1878): Steuerwerth 357, Steuern 1,4, Schuld 1,8, Einnahme 1,48, Ausgabe 1,45 Mill. D. Schulen 1877 : Ausgabe 1,13 Mill. D., Schulbesuch 48 Proc. 13 Colleges mit 1695 Schülern. Volksschulen gab es 1871 5068. Bevölkerung (1870): 17 Proc. Farbige, 81 Proc. im Staate geboren, 4,4 Proc. Ausländer, worunter 30318 Deutsche und 21642 Irländer. Ky. gehörte bis 1784 zu Vir- ginien, wurde 1796 aufgenommen, war Sklavenstaat bis 1863 und gehörte im Bürgerkrieg zu den zweifelhaften Staaten. Die Oberbeamten und Senatoren (38) werden für 4, die Repräsentanten (100) für 2, die Richter für 4 — 8 Jahre ge- wählt. Die Gesetzgebung versammelt sich alle 2 Jahre. Wahlberechtigt macht den Bürger der V. St. der 2jährige Aufenthalt im Staat. In den Congress werden 8 Repräsentanten gesandt. Francfort, 5396 E., am Kentucky, 95 Kil. oberhalb der Mündung, Staats- hauptstadt, Sitz des Staatsgefängnisses und Staatsarsenals. An der Louisville, Lexington und Cincinnati Eisenbahn. Louisville, 100753 E. (25 Proc. Aus- länder, 14380 Deutsche), die vierzehnt-grösste Stadt der V. St., am Ohio, oberhalb der Fälle, die der 4 Kil. lange L. und Portland-Canal umgeht, 224 Kil. unterhalb Cincinnati, 620 Kil. oberhalb Cairo. 6 grössere Eisenbahnlinien laufen hier zusammen aus Cincinnati , Nashville , Memphis, Wheeling, Chicago. Her- vorragender Stapelplatz der Erzeugnisse der sehr reichen Umgebungen, vorzüglich Tabak, W^hiskey, Schweine, Pferde. In grossem Masse wird Tabakfabrikation, Gerberei, Giesserei, Woll- und Baumwollfabrikation betrieben. Bedeutend ist auch der Schiffsbau, der jährlich 12 — 15000 T. liefert. Die Lage von L. in einer Thal- weitung am Südufer des Ohio ist lieblich. Hauptstrasse Jefferson und Market Streets. Eine 4 Kil. lange Brücke führt über den Ohio. University of Louisville Fünfte Gruppe^ Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 673 für Medicin und Jus seit 1837, Medical College, eine gute höhere deutsche Schule. 76 Kirchen. 5 Tagblätter, von denen 2 deutsch. Lexington, 14801 E., Stadt und Hauptort von Fayette Cy. an 3 Eisenbahnen, am Elkhorn R. Sitz der University of Ky., der Law School, Medical School, des Staats-Irren- hauses. Als Mittelpunkt der fruchtbaren Blue Grass -Region hat L. starken Handel mit den Erzeugnissen des Ackerbaues. 13 Zeitungen. — Am Ohio : Hen de rson, 4171 E., Stadt und Hauptort der gleichnamigen Cy. , an der Nashville - Eisenbahn 320 Kil. unterhalb Louisville. Owensbor o, 3473 E., Dorf und Hauptort von Daviess Cy. , an der Rusellville und Ohio- Eisenbahn. Covington, 24505 E., unterhalb der Mündung des Licking und gegenüber Cincinnati, mit dem es durch eine grossartige Hängebrücke verbunden. End- punkt von 2 Eisenbahnen. Gewerbthätig in Baumwolle, Seide, Tabak. W. Theo- logical College (Baptisten). Maysville, 4705 E., gegenüber Aberdeen, End- punkt der Lexington-Eisenbahn. Grösster Hanfmarkt des Staates. — Am Mis- sissippi: Columbus, 1574 E., Dorf und Hauptort von Hickmam Cy. End- punkt" der Mobile und Ohio -Eisenbahn. Starker Holzhandel. — Im Inneren: Princeton, 1012 E. , Eisenbahn, im Kohlenrevier. Hopkinsville, 3136 E., am Little R. und an der Nashville-Eisenbahn. Gewerbthätig. 2 Zeitungen. An der Nashville und Southern -Eisenbahn: Russe 11 ville, 1843 E., Hauptort von Logan Cy. Bowling Green, 4574 E., am schiffbaren Big Barxen R. Tabakshandel. 2 Zeitungen. Bardstown, 1835 E. , an der Beech Fork des Rolling R. Harrodsburg, 2205 E., Hauptort von Mercer Cy., am Salt R. In der Nähe berühmte Heilquellen. College. Sommerset, 587 E., im Kohlen- distrikt des oberen Cumberland R. XXIII. West Virginia (W. Va.), 1082 d. Q. M. (23000 e.), 442014 E. Grenzen: Im N. Pennsylvania und Maryland, im S. und 0. Virginia, im W. Ohio und Kentucky. Oberfläche : W. Va. ist ganz Gebirgsstaat. Der 0. gehört den eigentlichen Alleghanies an und entspricht dem Appalachian Country Vir- giniens. Der W. senkt sich als hügeliges Tafelland von 800 — 300 m an den Ohio hinab. In beiden Abschnitten, besonders im letzteren, sind die Thalgründe von grosser Fruchtbarkeit. Flüsse : Die grössten Flüsse von W. Va. sind nur Grenzflüsse, Ohio gegen Ohio, und Potomac gegen Maryland, aber beide empfangen eine grosse Anzahl von Zuflüssen aus dem Staate, unter denen Shenandoa (Potomac) und Great und Little Kanawha und Big Sandy (Ohio) die bedeutendsten sind. Klima: 11 — 12'' Mittelwärme. Niederschläge 11— 1200mm. Wald 55 Proc. der Bodenfläche. Landwirthschaft : 18 Proc. sind in Anbau. Ge- sammtwerth der Erzeugnisse 1870 : 23 Mill. D. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 9600, Weizen 3850, Hafer 3300, Roggen 315. Werth 10,5 Mill. D. Vieh- stand 1877 (in 1000) : Rinder 371, Schafe 549, Schweine 281, Pferde und Maul- thiere 120; Werth 17 Mill. D. Mineralschätze: Kohle (1875 600000 T.), Eisen, Salz (durchschn. jährlich 300000 B.), Erdöl. Gewerbe: 1870 wurden 27300 l'ferdekräfte und 11 700 Arbeiter benützt. Gesammtwerth der Erzeugnisse 24 Mill. D. Haupterzeugnisse: Eisen, Mehl, Salz, Sägholz. Handel und Ver- kehr: 1020 Kil. Eisenbahn (1878). An Flussdampfern hatte W. Va. 1877 96 mit 11 692 T. Hauptplatz Wheeling. Finanzen (1878): Steuerwerth 270, Einnah- men 0,69, Ausgaben 0,57 Mill. D. Da die Frage, welchen Antheil von der Schuld Virginiens W. Va. zu über nehmen habe, nicht gelöst ist, ist gegenwärtig dieser Eatzel, Amerika II. 43 674 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. Staat ohne Schulden. Schulen (1877): 2959, 67 Proc. Schulbesuch, 3 Colleges mit 279 Schülern , 0,79 Mill. D. Schulausgaben. Bevölkerung (1870) : 4 Proc. Farbige, 86 Proc. im Staat Geborene, 3,8 Proc. Ausländer, worunter 6832 Ir- länder und 6232 Deutsche. — W. Va. wurde 1861 vom alten Staat Virginia ab- gelöst und 1863 als Staat in die Union aufgenommen. Die Verfassung von 1872 lässt als stimmberechtigt alle Bürger der V. St. zu , die 1 Jahr im Staate ge- wohnt haben. Die Oberbeamten und Senatoren (24) werden für 4, die Glieder des House of Delegates (65) für 2 Jahre gewählt. Die Richter werden sämmt- lich gewählt für 4 — 12 Jahre. In den Congress werden 3 Repräsentanten gesandt. Charleston, 3162 E., Staatshauptstadt, auch Kanawha Courthouse ge- nannt, an dem bis hierher schiffbaren grossen Kanawha und der Chesapeake und Ohio-Eisenbahn. Eisen, Kohlen und Salz in der Umgebung. Wheeling, 19280 E., Hauptort von Ohio Cy., grösste Stadt von W. Va. an der Mündung des Wheeling Creek in den Ohio R., 148 Kil. unterhalb Pittsburg. Ein Zweig der Baltimore und Ohio-, die W. und Pittsburg, und Cleveland und Pittsburg- Eisenbahn laufen hier zusammen. Hängebrücke über den Ohio nach Bridgeport. Rhederei von 96 Dampfern mit 11632 T. Eisen- und Kohlenlager in der Nachbarschaft machen W. zu einer industriereichen Stadt, in der besonders die Eisen- und Glaserzeugung in grossem Masse betrieben werden. 9 Zeitungen. Parkers- burg, 5546 E., Stadt und Hauptort von Wood Cy., an der Mündung des Little Kanawha in den Ohio und einem Zweig der Baltimore und Ohio -Eisenbahn, 160 Kil. unterhalb Wheeling. Grosse Eisenbahnbrücke. Kohlenhandel und Eisen- industrie. 6 Zeitungen. Point Pleasant, 773 E., Hauptort von Mason Cy., am Ohio, gegenüber Gallipoli 0., Salz- und Kohlenhandel. 2 Zeitungen. XXIV. Arkansas (Ark.), 2462 d. Q. M. (52 198 e.), 484471 E. Wird be- grenzt im N. von Missouri, im S. von Louisiana, im 0. von Mississippi und Tennessee, im W. von Texas und dem Indianer-Terr. Oberfläche: Die ganze ö. Grenze wird durch den Mississippi gebildet , von welchem etwa 150 Kil. landeinwärts reiches Anschwemmungsland sich erstreckt. Dann beginnt der Boden zu steigen und erhebt sich an der Westgrenze zu einem Hochland von 200 m Mittelhöhe, dem die Höhenzüge der Ozark Mts. aufgesetzt sind, die den ganzen NW. des Staates einnehmen. Die Hügelzüge am Nordufer des Arkansas R. heissen die Boston Mts., die am Südufer die Petit Jean Range. Von N. her zieht aus Missouri der Hügelzug der Crowley Ridge herein. Im Allgemeinen zerfällt also der Staat in ein Tiefland- und ein Hochlandgebiet, die auch klimatisch und ackerbaulich scharf geschieden sind. Flüsse: Der Mississippi fliesst durch Ark. in der Länge von 650 Kil. und empfängt hier den Arkansas, White, S. Francis und RedR.; in den letzteren fliessen Washita und Saline R. Klima: Die Mittelwärme im n. Theil ist 14, in der Mitte 16, im S. 18" C. Die Niederschläge nehmen rasch von 0. nach W. ab. Im Mississippi-Tiefland über 1400, gehen sie im NW. bis 950 herunter. Wald 58 Proc. Landwirthschaft: Die Anschwemmungsgebiete von Ark. gehören zu den fruchtbarsten Ländereien der Union, aber im W. und den Ozark Mts. gibt es viele steinige Strecken. Im W. werden öfters Dürren dem Ackerbau schädlich. Ark. ist der sechste Baumwollenstaat, er lieferte 1876 11,3 Proc. Getreideernte 1877 (in 1000 B.): Mais 22100, Weizen 1610, Hafer 1600, Roggen 58; Werth 123 Mill. D. Vieh- Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi - und Ohiobeckens. 675 stand 1877 (in 1000): Kinder 577, Schafe 285, Schweine 1040, Pferde und Maulthiere 250; Werth 24 Mill. D. 1877 ^Yaren 22 Proc. der Bodenfläche Farm- land. Bergbau: Erst in der Eutwickelung. Kohlen, Eisen, Zink, Blei, Kieselschiefer, Kaolin, zahlreiche Mineralquellen. Gewerbe: 1870 gab es nur 6000 Pferdekräfte und 3200 Arbeiter. Mehl und Sägholz waren die Haupt- erzeugnisse; Gesammtwerth 4,6 Mill. D. Handel und Verkehr: Der Handel von Ark. geht hauptsächlich nach New Orleans. Auf dem Arkansas und Red R. gehen zahlreiche Dampfboote, aber Ark. besitzt deren keine eigenen. 1878 hatte es 1235 Kil. p]isenbahnen. Finanzen (Sept. 1877) : Steuerwerth 94, Schuld 4,1, Steuern 0,4 Mill. D. Schulen (1876): Schulausgaben 119403 D., Schulbesuch 67 Proc. Bevölkerung: 25 Proc. Farbige und 1 Proc. Ausländer, worunter 31 Proc. Deutsche und 29 Proc. Irländer — Ark. kam als Theil von Louisiana 1803 au die V. St., 1812 Territorium, 1836 Staat, Sklavenstaat bis 1865, 1861 losgelöst, 1870 wieder aufgenommen. Die Verfassung des letzteren Jahres setzt die Wahl der Oberbeamten und der (24) Senatoren für 4 und der (82) Repräsentanten für 2 Jahre fest. Die Gesetzgebung tritt alle 2 Jahre zusammen. Die Oberrichter ernennt der Governor allein für 8, die niederen zusammen mit dem Senat für 4 Jahre. Jeder 21 Jahre alte Bürger der V. St. , der 6 Monate im Staate sich aufhielt, ist wahlberechtigt. In den Congress sendet Ark. 3 Repräsentanten. Little Rock, 12380 E., Hauptstadt des Staates und einzige incorporirte Stadt desselben überhaupt, Hauptort von Pulasky Cy., am Südufer des Arkansas auf 15 m hohen Bluffs ^gelegen. Endpunkt der L. und Memphis -Eisenbahn. Rege Handelsthätigkeit. 9 Zeitungen. Helena, 2249 E. Dorf und Hauptort von Phillips Cy., am Mississippi, 130 Kil. unterhalb Memphis, Endpunkt der Arkansas Central-Eisenbahn. 5 Zeitungen. Hot Springs, 1276 E., am Hot Spring Creek, der in den Washita fliesst, in der Nähe 30 — 40 Quellen von 50 — 700 C., die als Heilquellen benützt werden. Washington, 720 E., Haupt- ort der Hempstead Cy. 190 Kil. sw. von Little Rock. Pocahontas, ca. 1000 E., am Endpunkt der Schift'barkeit des Black R. Hauptort von Randolph Cy. Bates- ville, 881 E., Hauptort der Independence Cy. , am White R., m fruchtbarster Gegend. Jacksonport, 769 E., am Zusammeufluss des White und Black R., schiffbar bis hierher, 130 Kil. n.ö. von Little Rock. Fayetteville, 955 E., Hauptort von Washington Cy. und des ganzen Gebirgsabschnittes von Ark. , am oberen White R. 3 Zeitungen. In der Nähe kommt Kohle, Eisen und Blei vor. XXV. Missouri (Mo.), 3073 d. Q. M. (65350 e.), 2085537 E. (1876). Durch den Mississippi, von dem es w. gelegen, von Illinois, Kentucky und Teunessee getrennt, im N. von Iowa, im S. von Arkansas, im W. , wo eine Strecke der Missouri die Grenze bildet, von Nebraska, Kansas und Ind. Terr. begrenzt. Nach der Bodenbeschaffenheit zerfällt der Staat in 2 Theile, n. und s. vom Missouri. Der kleinere n. Theil hat die Bodengestaltung von Iowa, ist vorwiegend wellige Prärie mit tief eingeschnittenen Thälern. Der s. Theil ist in den Mississipjii- Niederungen in weiter Erstreckung Sumpf land, weiter w. wird er von dem zer- rissenen Hügelzug der Ozark Mts. bedeckt, denen sich im äussersten W. wieder wellige Prärien anschliessen. Die beiden grössten Flüsse der V. St., Mississippi und Missouri, fliessen an oder in den Grenzen dieses Staates, dieser 320, jener 660 Kil. lang. Theilweise gehören von den Mississippi -Zuflüssen White und Francis R. diesem Staate an. Der Missouri empfängt in diesem Staat von N. 43* 676 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. Nodaway, Platte, Grand, Cedar R, von S. Osage, Sac, Gasconade R. Das Klima ist extrem. S.Louis hat 12,8 °C. mittlere Jahreswärme und 24" Unterschied zwischen Sommer und Winter. Regenmenge in S. Louis 1100 m, sinkt bis zur "Westgrenze auf 700. Mit Waldland ist Mo. besser versehen als alle anderen Weststaaten. Es hat 45,4 Proc. Häufig und werthvoll sind hier Föhren, Cy- pressen, Cottoilwood und Eichen. Zahlreiche Oak-Opeuings stammen erst aus der sXZeit nach der Besiedelung, durch welche den Präriefeuern Einhalt gethan wurde. Am raschesten werden die Föhren abgeholzt, die im übrigen Westen so selten sind. Am waldreichsten sind die Flussniederungen , dann folgen die hügeligen Theile des Südens und in letzter Linie der Westen. Für den Ackerbau sind die Prärie- und Tieflandböden die besten; wenig erträglich sind weite felsige Strecken in den Ozark Mts. und in dem Gebiete des Grand Swamp im Missis- sippi-Thal. V* d^s Staates ist unter Anbau. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 103000, Hafer 20500, Weizen 20000, Roggen 720; Werth 53 Mill. D. Ausserdem sind Tabak (41,4 Mill. Pfd. in 1876), Wein (228000 Gallonen in 1876). Wolle (2,7 Mill. Pfd. in 1876) bemerkenswerthe Erzeugnisse. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 1581, Schafe 1271, Schweine 2585, Pferde und Maulthiere 795; Werth 68 Mill. D. Unter den Mineralschätzen des Staates sind Eisen (s. o. S. 323), Kohle, Blei und Zink die wichtigsten. 1876 bestanden 19 Hochöfen und wurden 68000 T. Roheisen erzeugt. An Kohle förderte Mo. 1875 750000 T., d. h. 1,58 Proc. der Gesammtförderung der V. St. Die Bleierzeugung bewerthete 1870 642000 D. Zink wurden 1875 4055 T. gewonnen. Die Gewerbe beschäftigten 1870 1638 Dampfmaschinen und 65354 Arbeiter; Werth ihrer Erzeugnisse 206 Mill. D. Haupterzeugnisse: Mehl, Tabak, Bier, Sägholz, Branntwein, Eisen und Blei. Eisenbahnen (1878) 5120 Kil. Flussdampfer (1877) 159 mit 61 732 T. Bevölkerung: Als einstiger Sklavenstaat hatte Mo. 1870 in einer Bevölkerung von 1721295 6 Proc. Farbige*); 46 Proc. waren im Staat, 13 Proc. im Ausland /geboren. Unter den letzteren waren 113618 Deutsche, 54983 Iren, 17 596 Eng- länder und Schotten, 6293 Franzosen. Finanzen (1. Jan. 1879): Steuer werth 614, Einnahmen 3,6, Ausgaben 3,8, Schuld 16,7 Mill. D. Die Schulausgaben betrugen 1877 2,37 Mill. D. 70 Proc. der Kinder besuchen Schulen. Es gibt 16 Colleges mit 2191 Schülern. Zeitungen erscheinen 297. — Mit der Cession Louisianas an die V. St. gekommen, wurde Mo. 1820 zum Staat. Die Verfassung von 1865 setzt fest, dass die oberen Beamten und die Repräsentanten (138) für 2, die Senatoren (34) für 4 , die Richter für 6 und 10 Jahre gewählt werden. Wahl- berechtigt ist jeder Bürger der V. St. von 21 Jahren nach 1 jährigem Aufenthalt im Staate. Im Congress hat Mo. 11 Repräsentanten. Jeffer son City, 4420 E., Hauptstadt von Mo. und Hauptort von Cole Cy., am Missouri, an der Atlantic und Pacific- und der Chicago und Alton-Eisen- bahn, 200 Kil. von S. Louis. Kohlenlager in der Nähe. S. Louis, 498 182 E. (1876), grösste Stadt des W. und Hauptort von S. Louis Cy., am Westufer des Mississippi, 25 Kil. unterhalb der Einmündung des Missouri gelegen , 280 Kil. oberhalb der des Ohio und 1910 oberhalb der Mississippi-Mündung. Mittelpunkt von 14 Eisenbahnen. Stehende Brücke über den Mississippi. 1764 gegründet, 1780 von 687, 1810 von 1400, 1830 von 6694, 1850 von 74439 E. bewohnt. 1) Ausserhalb S. Lonis gab es 1876 103 307 Farbige, 1870 im ganzen Staat 118 071. Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 677 Das deutsche Element ist in der Bevölkerung mit ungefähr 20 Proc. vertreten, hat eine Anzahl von eigenen Schulen und Kirchen und 3 Tagblätter. Unter den 3 Hauptstädten des W. ist S. Louis diejenige, wo es am besten und stärksten vertreten ist. Unter den öffentlichen Gebäuden sind hervorragend das U. S. Arsenal, City Hall, Court House, Custom House, Exchange, Mercantile Library. Unter den Parks ist der grösste Shaws Garden (Humboldt - Denkmal). Von höheren Unterrichtsanstalten sind nennenswerth : O'Fallou Polytechnic Institute, Washington University, S.Louis University, zwei Medical Colleges, eine Law School, verschiedene theologische Schulen. Ferner sind Academy of Sciences und Mercantile Library (50000 B.) zu nennen. 97 Zeitungen erscheinen hier. Die Stadt erstreckt sich 22 Kil. am Mississippi hin und bedeckt nahezu 55 e. Q.M. Der Boden erhebt sich in 3 Terrassen bis 60 m. Die Lage ist die denkbar vor- züglichste für eine Grossstadt: im Mittelpunkte der grösseren Osthälfte des Continents, wo der Hauptstrom des Westens in den Hauptstrom des ganzen Landes, den Mississippi, mündet. Sind solche Vereinigungspunkte schiffbarer Flüsse überall naturgesetzlich zu Trägern bedeutender Städte bestimmt, so kommt hier ausser der beherrschenden Bedeutung des Missouri und Mississippi in den grössten Gebieten der V. St. noch die ausgezeichnete Mittelpunktslage hinzu. Sie liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen 4 bedeutenden Städten, welche die Ränder des Mississippi-Beckens in den 4 Himmelsrichtungen be- zeichnen : Pittsburg im 0. , New Orleans im S. , Denver (Colorado) im W., S. Paul (Minnesota) im N. Die Lage inmitten der fruchtbarsten Gegenden von Nord-Amerika, auf der Grenze des Hügellandes und der Prärien, d. h. des Ackerbaues und der Grossviehzucht, sowie die Nähe der Einmündung des Illinois- Flusses, der einen fast fertigen natürlichen Canal zwischen der Seeregion und dem Mississippi bildet, erhöht die Bedeutung dieses bemerkenswerthen Punktes. Die innige Verbindung mit dem S. hat S. Louis, solange Mo. Sklavenstaat war, nicht zu voller Entfaltung seiner natürlichen Vorzüge gelangen lassen. 1860 hatte sie erst 160000 E. Heute ist S. Louis eine Stadt nach dem Typus von New York und Philadelphia, voll Leben, die grösste Industriestadt im Inneren der V. St. und wahrscheinlich die zukuuftreichste unter den 3 Hauptstädten des W. — S. Louis ist wie alle Städte des W. in erster Linie Handelsstadt. Es sendet die sog. westlichen Produkte, wie Salzfleisch, Mehl, Getreide, vorzüglich den Mississippi hinab ; mehr als die Hälfte dieses Handels nimmt den Flussweg. 1875 versandte es auf dem Flussweg 1,3 und p. Bahn 4,5 Mill. T. Waaren (s. 0. S. 463). Hingegen empfängt es die grössten Mengen Colonialwaaren und Gewerbserzeugnisse aus den Häfen des 0. und S. und vertheilt sie über das Land. Im Jahre 1871 lieferten 27 Dampfmühlen IV2 Mill. Fässer Mehl, wovon Va südwärts gingen. 1871/72 wurden in den Schlachthäusern 500000 Schweine zugerichtet; seit 1861 hatten sich die Leistungen in diesem Gewerbszweige verzwanzigfacht. An Rindvieh, Schafen und Schweinen wurden 1871 nahezu 1 Mill. Stück eingeführt. Au Bauholz waren am 1. Januar 1871 120 Mill. Fuss in 3 Holzhöfen auf Lager. Die Kaffeeausfuhr betrug im genannten Jahre 149000 Sack. Auf dem Gebiete der Grossindustrie nimmt S.Louis unter den nordamerikanischen Städten den dritten Rang ein. Es kommt unmittelbar hinter New York und Philadelphia. Man rechnete 1873, dass 41000 Arbeiter in Fabriken beschäftigt waren, und der Werth der Erzeugnisse wurde damals auf 678 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi - und Ohiobeckens. 158 Mill. D. geschätzt. Das in Fabriken angelegte Capital hatte sich von 1860 — 70 vervierfacht. In erster Linie steht die Eisenindustrie mit einem Pro- dukte von öV'iMill. D. (im Jahre 1872); 1873 zählte man 43 Hochöfen. Die Bleiproduktion ergab 1871 17 \'2 Mill. Pfd. Metall. Eine einzige grosse Zucker- raffinerie setzte 1872 33 Mill. Pfd. ab. An Leder wird jährlich für 15 — 20 Mill. D, erzeugt. Selbst an Baumwolle wurden 1871 schon 5000 B. verarbeitet. Yon Tauen wurden 1870 40000 Rollen ausgeführt. An Dampfbooten besass S.Louis 1877 159 mit 61 723 T. — Am Mississippi: Hannibal, 10215 E., Haupt- ort von Marion Cy. 3 Eisenbahnen. Reiche Kohlenlager in der Nachbarschaft. Mühlen, Tabakfabrikation. 3 Zeitungen. S. Genevieve, 1021 E., Dorf, Haupt- ^rt der gleichnamigen Cy., Erz von Iron Mt. wird hier verschilft. 2 Zeitungen. Cape Girardeau, 3585 E. , 70 Kil. unterhalb Cairo, Industrie, S.Vincents College. 2 Zeitungen. Louisiana, 3639 E., an der Louisiana-Missouri-P]isen- bahn. 3 Zeitungen. Can ton, 2363 E. , 300 Kil. oberhalb S.Louis. Noav Madrid, 634 E., Hauptort der gleichnamigen Cy. 60 Kil. s. von Cairo. Be- kannt durch das Erdbeben von 1811. — Am Missouri: Independen ce, 3184 E., Stadt an der Missouri-Pacific-Eisenbahn. 3 Zeitungen. Früher wichtiger Stapelplatz des Karawanenhandels nach Neu -Mexico. S. Joseph, 19 565 E., Stadt und Hauptort von Buchanan Cy., 905 Kil. (zu Wasser) von S. Louis. Wichtiger Eisenbahn -Knotenpunkt. Hannibal - S. J.-Denver City-, S. Louis- S. J. -, Kansas City - S. J. - Council Bluffs - Eisenbahn laufen hier zusammen. 3 Banken, 10 Zeitungen (1 deutsche). Rege Gewerb- und Handelsthätigkeit. Lexington, 4373 E. , an der Missouri-Pacific-Eisenbahn, 600 Kil. Wasserweg von S.Louis. 3 Zeitungen Kansas City, 32 296 E., am Eintritt des Mis- souri in den Staat. Die Eisenbahnlinien Missouri -Pacific. Missouri -Ft. Scott- Gulf, S. Joseph - Council Bluff's trefi*en hier zusammen. K. C. ist Mittelpunkt der Eisenbahnen des W. von Mo. Starke Gewerbthätigkeit. Beef Packing ist hier eine wichtige Industrie. 17 Zeitungen. — An der. Atlantic und Pacific -Eisen- bahn: Rolla, 1354 E., Dorf, Hauptort von Phelps Cy.^ in einem Hochofen- ^ bezirk, Sitz der Bergschule des Staates. 2 Zeitungen. Westport, 1095 E., Stadt, 6 Kil. s. von Kansas City auf der Grenze von Kansas, einst Rivale von Independence für den Karawanenhandel. Warrens burgh, 2945 E., Hauptort von Johnson Cy^ 3 Zeitungen. Springfield, 5555 E., Hauptort von Greene Cy. , 390 Kil. sw. von S.Louis, Sitz eines V. St. -Landamtes. Fabrikation von Ackergeräthen. Tabak u. a. 3 Zeitungen. Neosho, 875 E. , 118 Kil. sw. von Springfield, Mittelpunkt der Bleiregion. — An Hannibal und S. Joseph - Eisen- bahn: Palmyra, 2615 E., Hauptort von Marion Cy: 2 Zeitungen.: Macon City, 3678 E. , Stadt und Hauptort von Macon Cy. Kreuzung mit der S. Louis- Kansas City- Northern-Eisenbahn. 4 Zeitungen. Sedalia, 4560 E, Stadt und Hauptort von Pettis Cy., Eisenbahnkreuzung, 300 Kil. w. von S. Louis, Mittel- punkt einer Kohlen- und Ackerbauregion. 8 Zeitungen. Pleasant Hill, 2554 E,, 56 Kil. so. von Kansas City. Gewerbthätig. Mexico, 2602 E., an der N. Missoury- und Missouri-Louisiana-Eisenbahn. Wollhandel. 3 Zeitungen. Columbia, 2236 E., Hauptort von Boone Cy. , Eisenbahn. Sitz der Staats- Universität. 2 Zeitungen. Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 679 Nördliche Binnenstaaten des Ohio-Mississippi-Gebietes. Die 3 fruchtbarsten, volkreichsten und cultivirtesten Weststaaten nehmen die sanfte 'Landschwellung ein, die im N. von Erie- und Michigan -See und im S. vom Ohio-Thale begrenzt wird und nach diesen beiden Grenzlinien ebenso wie nach W. sich langsam abdacht. Es sind die Staaten Ohio/ Indiana und Illinois. Dieses Gebiet ist im 0. hügelig und wird nach W, immer mehr flach - wellig. Es gehört dem Uebergangsgebiet von der Wald- zur Prärieregion an, deren beiderseitige Vortheile es zu den günstigsten Bedingungen des Ackerbaues in sich vereinigt. Der Boden, ähnlich der Schimrz-Ijrde Südrusslands, ist ebenso fruchtbar als leicht zu bearbeiten, das Klima ist so weit Continental, dass es sich regelmässiger und dadurch für den Landmanii zuverlässiger zeigt als an der atlantischen Küste, ohne doch der Trockenheit und den Stürmen ausgesetzt zu sein, welche weiter w. störend eingreifen. Der mildernde Einfluss der grossen Wasserflächen ist nicht zu vergessen. Kohlen sind in. allen 3 Staaten vorhanden, in geringerer Menge auch Eisen. 21 Proc. des Roheisens in den V. St, wurden 1877 hier erzeugt. Durch Reiclithum an beiden ist vor allen Ohio ausgezeichnet. Ist aucli die Gewerbthätigkeit bereits eine bedeutende, so bleibt doch der Acker- bau immer der weitaus reichste und hervoiragendste Zweig des Wirthschafts- lebens, Weizen- und Maisbau sowie Viehzucht liefern hier die höchsten Erträge und diese 3 Staaten verdienen vollkommen den Namen des Gartens der V. St. Sie sind in der That der Mittelpunkt des n. Ackerbaues, so wie etwa Louisiana und Mississippi der des s. sind. Es kommt hiezu als begünstigender Umstand, dass diese Staaten zu denen gehören, deren Besiedelung noch nicht so alt, um durch lang fortgesetzten Kaubbau den Boden schon erschöpft zu haben, die aber doch schon bevölkert genug, um diesen reichen Boden intensiver Ausbeu- tung unterwerfen zu können. Sie stehen wahrscheinlich gegenwärtig auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit in dieser Beziehung, denn die Erschöpfung ihres Bodens wird nicht ausbleiben und der Schwerpunkt der Getreideerzeugung hat noch Raum sich weiter w. zu verlegen. Einstweilen erzeugte 1877 dieses Gebiet 35 Proc. des Maises und 30 Proc. des Weizens der Gesammternte und besass 26 Proc. der Schweine , 17 Proc. der Schafe und 18 Proc. der Milchkühe der V. St. Das Eisenbahnnetz dieser Staaten ist das ausgedehnteste der V. St. Die Seen, der Mississippi und Ohio umgrenzen sie fast auf allen Seiten mit schiftbaren Wässerstrassen und einige der Zuflüsse derselben sind noch weit hinauf schiffbar. Einige der günstigsten Verkehrslagen der V. St., wie das Südende des Michigan - Sees oder die Ohio - Mündung , fallen in dieses Gebiet. Illinois umschliesst in Chicago, Ohio in Cincinnati zwei der Grossstädte des W^., von denen die erstere in raschem Aufstreben zu einer der grössten Städte des Landes begriffen ist. Die indianische Bevölkerung ist seit 50 Jahren mit wenigen Ausnahmen verdrängt und die weisse ist das Produkt der verhält- nissmässig neuen Einwanderung, die erst seit Anfang dieses Jahrhunderts grössere Ausdehnung angenommen. Im N. dieses Gebietes sind Neuengländer, im S. Pennsylvanier und Virginier vertreten, daneben am zahlreichsten Deutsche. Von den alten französischen Ansiedlern ist fast nichts mehr übrig. Da diese 3 Staaten das Glück hatten, niemals die Sklaverei in ihren Grenzen zu sehen, ist ihre wirthschaftliche und politische Entwicklung eine ruhige 680 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. ununterbrochene gewesen und ihre farbige Bevölkerung ist gering, wenn sie auch seit Aufhebung der Sklaverei durch Zuzug im Wachsen begriffen ist. XXVI. Ohio (0.), 1880d. Q.M. (39964 e.), 2665260 E. (1870). Erstreckt sich vom Ohio zum Erie-See und von den Alleghanies zum Wabash R., im N. begrenzt von Erie-See und Michigan^ im S. von West Virginia und Kentucky, im 0. von Pennsylvania und im W. von Indiana. Oberfläche : Der grösste Theil von 0. ist ein Tafelland von 300 m mittlerer Höhe. Nur im NW. greift der Staat noch in das AUeghany- Gebirge ein, ohne indessen dessen höhere Ab- schnitte zu erreichen. Die Wasserscheide zwischen Erie-See und Ohio ist nur eine Aufwölbung des Bodens. N. davon sinkt das Land allmählich zum Erie- See ab, während der s. Theil von tiefen Thälern durchfurcht ist. Flüsse: De^ Ohio bildet die ganze Südgrenze des Staates und ist auf dieser ganzen Strecke schiffbar. Seine wichtigsten Nebenflüsse sind Muskingum, Scioto, Great und Little Miami. Unter den Zuflüssen des Erie-Sees sind bemerkenswerth Maumee und Cuyahoga. Klima: Mittelwärme 10" in den n. und 12*^ in den s. Theilen. Niederschläge 1000 — 1100. Wald 28,4 Proc. Landwirthschaft : 0. gehört in die erste Linie der Getreidestaaten. Sein Boden ist fruchtbar in der ganzen Ausdehnung des Staates; die unfruchtbaren Strecken sind gering, während die Bottomländer des Ohio und seiner Nebenflüsse zu den fruchtbarsten Gegenden der V. St. gehören. Ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 97000, Hafer 28500, Weizen 26000, Kartoffeln 11300, Roggen 475, Gerste 39, Heu 2100000 T., Werth 101 Mill. D. Viehstand 1877 . (in 1000) : Rinder 1474, Schafe 3783 Schweine 2250, Pferde und Maulthiere 792; Werth 113 Mill. D. 1870 waren 56 Proc. des Staates unter Cultur und der AVerth aller landwirthschaftlichen Erzeugnisse betrug 198 Mill. D. Ausser dem Getreide sind Rinder und Schweine, Wolle, Butter und Käse, sowie Tabak und Obst unter denselben hervorzuheben. Mineralschätze: Kohle und Eisen (s.o. S. 324, 325, 331) stehen in erster Linie. 0. erzeugte 1875 4,8 Mill. T. Kohle und 18 Proc. des Roheisens der V. St. Ausserdem Salz, Erdöl, Mühlsteine. Gewerbe: In 0. sind alle Zweige der Ge- werbthätigkeit in grossem Aufschwung. Von 1860 — 70 vervierfachte sich der Werth ihrer Erzeugnisse (1870 270 Mill. D.). In dem letzten Jahre waren 174000 Pferdekräfte und 137000 Arbeiter in Thätigkeit. Haupterzeugnisse: Eisen, Mehl, Salzfleisch, Sägholz, raff. Erdöl, Leder, Branntwein. Handel und Verkehr: 0. hatte Anfang 1878 7805 Kil. Eisenbahnen. Die Canäle sind gegen- wärtig alle aufgelassen. An Segelschiffen auf den Seen besass 0. 1876 276, an Dampfern 118 und an Flussdampfern 96, zusammen 124000 T. In den Zoll- bezirken Miami, Sandusky und Cuyahoga liefen 1876 65986 T. in Küstenfahrt und 127 960 T. vom Ausland ein. Cincinnati und Cleveland gehören zu den bedeutendsten Binnenhaudelsplätzen. Finanzen 1878: Steuerwerth 1575, Schuld 6,5, Einnahmen 5,6, Ausgaben 5,6 Mill. D. Schulen 1877 : 23 003 Lehrer , Be- such der Volksschulen 62 Proc, Zahl der Colleges 32 mit 5906 Schülern, Schul- ausgaben 7,4 Mill. D. Bevölkerung: 68 Proc. im Staat Geborene und 14 Proc. Ausländer, unter den letzteren 182889 Deutsche und 82674 Irländer. — 0. Avurde als Theil des sog. NW. - Territoriums 1783 organisirt und 1802 als Staat aufgenommen. Es ist gegenwärtig mit einer Stimmenzahl von 17 im Con- gress der politisch einflussreichste unter den w. Staaten. In abwechselnden Jahren werden die Oberbeamten (sammt dem Secretary of State) für 2 Jahre gewählt, Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 681 für ebensoviel die Senatoren (36) und Repräsentanten (105), für 5 Jahre die Richter. Stimmberechtigt ist jeder 21 Jahre alte Bürger der V. St., welcher 1 Jahr im Staat gelebt hat. C 0 1 u m b u s , 31 274 E. , Staatshauptstadt und Hauptort von Franklin Cy., am Scioto R., Endpunkt des Central Ohio-Zweiges der Baltimore und Ohio-, der C. , Cincinnati und Indianapolis- und der C. und Hocking Valley- , Station der Pittsburg, Cincinnati und S. Louis-Eisenbahn. Canal von Cleveland nach Ports- mouth. 194 Kil. n.ö. von Cincinnati. 1812 gegründet. Ausser dem Staatscapitol ist ein Arsenal der Y. St., Zuchthaus, Irrenhaus u. a Staatsanstalten bemerkens- werth. Eisenindustrie, Getreide-, Woll- und Viehhandel. Mehrere höhere Schulen. 18 Zeitungen, darunter 1 deutsche. Cincinnati, 216239 E. (1870), Hauptstadt des Ohio-Gebietes und Ilauptort von Hamilton Cy., in der Mitte des schiffbaren Abschnittes des Ohio, 745 Kil. unterhalb Pittsburg und 800 Kil. oberhalb Cairo 111. gelegen. 1788 gegründet, 1819 zur Stadt erhoben, 1840 mit der ersten Eisenbahn versehen, ist es rasch zu einer der drei Hauptstädte des W. heran- gewachsen, aber in den letzten Jahrzehnten von Chicago und S. Louis überflügelt. Seine Lage ist nicht die unbedingt herrschende wie dieser beiden. Dass es hinter S. Louis und Chicago zurücksteht, wird schon durch die minder grosse Verkehrsbedeutung des Stromes bedingt, an dem es liegt, und durch seine grössere Entfernung von den Thoren des Weltverkehrs in dieser Region — Hudson, Lorenzstrom, Mississippi. Aber er liegt selbst für die Ohio- Schiffahrt nicht so günstig wie das weiter flussabwärts gelegene Louisville, das den Endpunkt der unersch werten Grossschiffahrt bezeichnet, und andererseits steht seine industrielle Zukunft hinter der des höher am Flusse und am Endpunkte der Ohio-Schiffahrt überhaupt gelegenen Pittsburg zurück, das mitten in die ausserordentlich reiche Kohlen- und Eisenregion von Pensylvanien aufs günstigste hineingepflanzt ist und die Radien seines Einflusses fast in gleichen Entfernungen nach New York, Philadelphia, Baltimore im 0., Buffalo, Cleveland, Detroit im N., Cincinnati, Indianapolis, Chicago im W. aussendet. Cinc. hat daher nicht die Aussicht auf die beherrschende Stellung, die den beiden anderen Grosstädten des W. gewiss ist. Es muss sich mit einem bescheideneren Range begnügen und sich die Wettbewerbung jüngerer, kleinerer und minder berühmter Städte gefallen lassen, die ihrerseits daran denken dürfen, sich dereinst mit der ge- wesenen Hauptstadt des W. auf gleichen Fuss zu stellen. Die Gründe der raschen Entwickelung und einst so grossen Bedeutung von Cinc. sind zunächst in der Rolle zu suchen, die dem oberen und mittleren Ohio in der Besiedelung des W. zugewiesen war, und dann in der Geschichte dieser Besiedelung selber. Man begreift, wie dieses frühere Wachsthum des mittleren Ohio- Gebietes auch der Hauptstadt desselben eine überwiegende Bedeutung geben musste, und die beherrschende Stellung, zu welcher sicli Cinc. bis zum Eintritt des NW. und des oberen Mississippi- Gebietes in die grosse Culturbewegung Nord -Amerikas erhob, ist gewissermassen nur ein Spiegelbild der Stellung, welche fast in der ganzen ersten Hälfte unseres Jahrhunderts Ohio unter den Staaten, der Ohio- Fluss unter den Verkehrswegen, die Ohio-Strasse unter den grossen Einwanderer- wegen des Landes unbestritten einnahmen. Cinc. hat sich in den letzten Jahren viel mehr nach S. und SW. als nach 0. und N. hingewiesen gesehen. Die Natur seiner Lage bestimmt es am meisten zu einem Mittelpunkt des cisalleghanischen 682 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. Gebietes s. von der Seeregion und seine Wege an den Ocean liegen mehr auf der Seite von Baltimore, Norfolk und Charleston als auf der von New York und Philadelphia. Dementsprechend führen auch seine wichtigsten Eisenbahnver- bindungen nach jenen Plätzen. Es liegt im Knoten von 14 Eisenbahnen, ab- gesehen von mehreren schmalspurigen Lokalbahnen, die es mit der hügeligen Umgebung verbinden. Cinc. liegt in einer halbkreisförmigen Einbuchtung auf zwei Thalterrassen, 12 und 32 m über dem Flusse und ist von 120 m hohen, steilen Thalwänden umgeben, die von lieblichen Villen-Vorstädten gekrönt sind. Die hervorragendsten öffentlichen Gebäude sind Court House, City Hall, Custom House, City Hospital. Aber die Ohio-Hängebrücke ist wohl das hervorragendste unter den öffentlichen Werken. In Fifth Street steht die monumentale Davidson Fountain. Unter den Parks ist Eden Park der hervorragendste. Unter den höheren Unterrichtsanstalten sind Cincinnati College, Medical Coli, of 0., Miami Medical Coli., German Catholic Institute, S. Xavier College (Jesuiten) u. e. a. 72 Zeitungen werden hier veröffentlicht. In der Bevölkerung ist in allen Schichten das deutsche Element stark vertreten. Dasselbe hat 10 Kirchen und 2 Tagblätter. Der Handel von Cinc. beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Vertrieb der Acker- bau- und Viezucht-Erzeugnisse des Ohio-Gebietes, sowie mit dem der Baumwolle, der Kohle und des Eisens, dann mit der Versorgung der Farmerbevölkerung des W. mit Erzeugnissen seiner Gewerbthätigkeit und mit Colonialwaaren. p]s führte 1876 8,6 Mill. B. Getreide, 185376 Ballen Baumwolle, 40,8 Mill. Pfd. Schweinefleisch, 137 000 T. Roheisen, 40 Mill. B. Kohlen ein. Zur Ausfuhr kamen 3,6 Mill. B. Getreide (hauptsächlich Älais), 59103 Hogsh. Tabak, Baumwolle 172000 Ballen, Wolle 11 800 Ballen, Leder 41000 Rollen. Der Umsatz in Eisen betrug 3,5 Mill. D. Die grosse Industrie des Pork-Packing verarbeitete 1876/77 505000 Schweine und steht Cinc. in dieser Beziehung nur hinter Chicago zurück. An Vieh kamen zur Ausfuhr 98000 Rinder und 278000 Schafe. Die Gewerbe, welche im Grossen betrieben werden, beschäftigten 1875 62218 Arbeiter und erzeugten 146 Mill. Werthe. Am stärksten vertreten sind die Brauereien und Brennereien, Eisen-, Holz- und Lederindustrie, Seifen- und Lichterfabrikation. Den Flussverkehr erschweren zeitweilig Seichtigkeit des Wassers und Treibeis. Derselbe wurde (1876) von 316 Dampfern mit '78441 T. besorgt. — Am Ohio: Portsmouth, 10592 E., Stadt und Hauptort von Scioto Cy., am Einfluss des Scioto in den 0., an der Eisenbahn und dem Ohio-Erie-Canal. Starke Industrie in Eisen- und Holzwaaren, 4 Banken, 6 Zeitungen. Marietta, 5218 E, , an der Mündung des Muskingum in den 0. Eisenbahn. Gewerbthätig. 4 Zeitungen. Belpre, 911 E., zunächst bei Marietta, gegenüber Parkersburg. Steubenville, 8107 E., Stadt und Hauptort von Jefferson Cy. Eisenbahnkreuzung. Starker Handel und Verkehr, Kohlenlager in der Nähe. Academy, Frauenseminar. 4 Zeitungen. Pomeroy, 5842 E., Hauptort von Meigs Cy , Kohlen- und Salz- werke in der Umgebung. Ironton, 5686 E., Hauptort von Lawrence Cy., 235 Kil. oberhalb Cinc, Mittelpunkt eines Hochofendistriktes. — Am Erie-See: Cleveland, 92829 E., an der Einmündung der Cuyahoga, 290 Kil. von Buft'alo, an der Lake Shore und Michigan Southern, Endpunkt melirerer P^isenbahnen und des Ohio-Erie-Canals. Auf einer Ebene 25 — 30 m über dem See gelegen, ist C. eine der schönsten Städte der V. St. , mit regelmässigen , schattigen Strassen. Guschäftsstrassen : River und Merwin Street. Denkmal des Commodore Perry. Fünfte Gnippp. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 683 C. hat starken Handel und Verkehr, vorzüglich als Tauschplatz der Erzeugnisse des W. mit denen des 0. Schiffsverkehr 1877 141000 T. Industrie stark in Eisengiessereien, Walzwerken, Steinölreinignng, Schweine -Schlächtereien. 5 Tagblätter (1 deutsches). Sandusky, 13000 E., au der gleichnamigen Bucht des Erie-Sees. 3 P^isenhahnen laufen hier zusammen. Der Hafen ist vortreff- lich. Schiffsverkehr 1877 14300 T. 7 Zeitungen. Toledo, 31584 E., 6 Kil. vom Erie-See am Maumee R., der sich hier zu einem Aestuar erweitert, welches einen trefflichen Hafen bildet. Die (jetzt meist verkehrslosen) Canäle Wabash und Erle und T. ujul Wabash münden hier aus, ebenso mehrere Eisenbahnen. Eine Insel von öO A. oberhalb der Stadt ist Verkehrsmittelpunkt. Schiffsverkehr 1877 39000 T. 4 Banken. 16 Zeitungen. — Im Inneren: Tiffin, 5648 E., Stadt und Hauptort von Seneca Cy., am Sandusky R. Eisenbahn. Inmitten eines reichen Ackerbaubezirkes. Ken ton, i?610 E., am Scioto, Hauptort von Hardin Cy. Eisenbahn. 2 Zeitungen. Springfield, 12652 E., am Zusammenfluss des Mad und Lagonda R. , Hauptort von Clark Cy., Knotenpunkt einiger Eisenbahnen. Grosse Wasserkräfte in beiden Flüssen. Mühlen, Fabriken von Ackerbaugeräthen. 7 Zeitungen, Mansfield, 8029 E., Hauptort von Rich- land Cy., am Zusammentreffen von 3 Eisenbahnen. In reichem Ackerbaugebiet. 3 Zeitungen. C an ton, 8660 E., Hauptort von Stark Cy. , an Pittsburg, Ft. Wayne und Chicago-Eisenbahn. In der Weizenregion. Mühlenindustrie. 3 Zei- tungen. Plamilton, 11081 E., am Miami und der Cincinnati und Richmoud- Eisenbahn, Hauptort von Butler Cy. Industriell. 4 Zeitungen. Dayton, 30473 E., am Zusammenfinss des Great JNIiami und Mad R., am Miami- Canal. 7 Eisenbahnen treffen hier zusammen, u. a. Cincinnati, Sandusky und Cleveland. Atlantic und Great Western, Pittsburg, Cincinnati und S.Louis. 95 Kil. von Cincinnati. Die starke Wasserkraft des Mad R. machen D. zu einem sehr ge- werbreichen Platz (Maschinen, Ackerbauwerkzeuge, Mehl, Eisenguss, Papier). 16 Zeitungen. Piqua, 5976 E, am Miami, Miami-Erie-Canal, Pittsburg, Cincinnati und S. Louis- und Cincinnati -Dayton -Eisenbahn. 2 Zeitungen. Zanesville, 10011 Fi., am schiffbaren Muskingum R. und der Eisenbahn. Hauptort von Muskin- gum Cy. , Walzwerke, Glas- und Wollfabriken, Maschinenfabriken. 7 Zeitungen. Circleville, 5407 E., 105 Kil. von Zanesville, am Scioto R., Ohio-Erie-Canal, Cinc. und Zanesville-Eisenbahn. 3 Zeitungen. Chillicothe, 8920 E., am Scioto R. und der Eisenbahn, Hauptort von Ross Cy. Reiche Kohlen- und Eisenlager in der Nähe. 4 Zeitungen. Akren, 10006 E, in der Nähe des Cuyahoga R., am Erie-Ohio-Canal, in den hier der Pennsylvania und Ohio-Canal mündet, und an der Eisenbahn. 60 Kil. von Cleveland. Mühlen, WoU- und Maschinenfabriken. 3 Zeitungen. Xenia, Zeitungen. Terre Haute, 16 103 E., Hauptort von Vigo Cy., am Wabash-Erie-Canal und beim Zusammen- treffen von 4 Eisenbahnen Grosse Kohlenlager in der Nachbarschaft, frucht- bare Umgebungen. 9 Zeitungen. V i n c e n n e s , 5440 E., Hauptort von Knox Cy., am Rande einer fruchtbaren Prärie-Region gelegen, Kreuzuugspunkt der Evansville- Crawfordsville- und der Indianapolis -V.- Eisenbahn, 82 Kil. oberhalb Evansville. Aelteste Ansiedelung des Staates, 17.35 von französischen Canadiern gegründet, bis 1813 Hauptort des Territoriums. Dampfschiffahrt auf dem Wabash reicht bis hierher. Beträchtlicher Handel mit Landesprodukten. 6 Zeitungen. New Harmony, 836 E., 37 Kil, von Evansville, von den Rappisten gegründet. — In der n. Hälfte des Staates: Michigan City, 3985 E., am Michigan-See, 2 Eisenbahnen. Starker Handel, besonders in Holz. 1877 liefen hier 11847 T. ein, 56 Kil. von Chicago. 1 Zeitung. South Bend, 7206 E., Hauptort von S. Joseph Cy., am S. Joseph R. , 136 Kil. s. ö. von Chicago , Endpunkt der Pen- insular-Eisenbahn und der Schiffbarkeit des Flusses, reiche Wasserkräfte. Notre Dame College. 3 Zeitungen. Kendallville, 2164 E., Eisenbahnkreuzung am Elkhart R. 45 Kil. vonFt. Wayne. 1 Zeitung. La Porte, 6581 E., Stadt und Hauptort von La. Porte Cy. Eisenbahnkreuzung. Am Rande einer sehr fruchtbaren Prärie. Ind. Medical College. 3 Zeitungen. Elkhart, 3265 E. , Dorf, Eiseubahn- kreuzuug. Papier- u.a. Fabriken. 3 Zeitungen. Goshen, 3133 E., Stadt und Hauptort von Elkhart Cy., am Elkhart R., Wasserkräfte, Säg- u. a Mühlen. 2 Zeitungen. W a t e r 1 o o , 1259 E,, Dorf und Hauptort von De Kalb Cy. Eisenbahn- 686 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. kreuzung. 1 Zeitung. — An der Pittsburg -Ft. Wayne- Chicago -Eisenbahn: Fort Wayne, 17718 E., Stadt und Hauptort von Allen Cy., am Zusammentiuss des S. Mary's und S. Joseph R. zum Maumee R. . 3 Eisenbahnen, am Wabash-Erie- Canal. Einer der wichtigsten Knotenpunkte der w. Eisenbahnnetze, starker Verkehr. 9 Zeitungen. Valparaiso, 2765 E., Dorf und Hauptort von Porter Cy. Papier- und Wollfabriken. 86 Kil. so. von Chicago. Plymouth, 2482 E, Dorf, Hauptort von Marshall Cy. , am Yellow R. Eisenbahnkreuzung. Durch Lage in wohlbewaldeter Gegend starker Holzhandel und Holzindustrie. — An der Toledo - Wabash - Western - Eisenbahn : Wabash, 2881 E., Dorf und Hauptort von Wabash Cy. , am Wabash R. und Wabash -Erie-Canal. Eisenbahnkreuzung. 20 Kil. von Peru, 3617 E., Dorf und Hauptort von Miami Cy., am Wabash R. und Wabash-Erie-Canal. Eisenbahnkreuzung. 25 Kil. ö. von Logansport, 8950 E. , Stadt und Hauptort von Cass. Cy. am Wabash R. Wichtiger Eisenbahn -Knotenpunkt. 112 Kil. nw. von Indianapolis. Wasserkraft. Starke Versendung von Landesprodukten. Grosse Eisenbahn- werkstätte. 5 Zeitungen. — In der Südhälfte des Staates. An der Cleveland- Columbus- Cincinnati- Indianapolis -Eisenbahn: Muncie, 2992 E. , Dorf und Hauptort von Delaware Cy. Eisenbahnkreuzung. 4 Zeitungen. Anderson, 3126 E., Dorf und Hauptort von Madison Cy., 57 Kil. n.ö. von Indianapolis , am AVliite R. Eisenbahnkreuzung. 3 Zeitungen. — An der Pittsburg -Cincinnati- S. Louis - Eisenbahn : R i c h m o n d , 9445 E. , Stadt in Wayne Cy. , am White Water R., am Zusammentreffen von 5 Eisenbahnen. Gewerbthätig. 7 Zeitungen. Ebenfalls am White Water R. Conners ville, 2498 E., Stadt in Fayette Cy. Eisenbahnkreuzung. Wollfabriken. Fruchtbare Uoigebung 2 Zeitungen. — Ander Jeffersonville-Madison-Indianapolis-Eisenbahn: Columbus, 3359 E., Dorf und Hauptoft von Bartholomew Cy. , an der Mündung des Fiat Rock Creek in den Blue R., 66 Kil. s.o. von Indianapolis. Wollfabriken , Gerbereien. 2 Zeitungen. Seymour, 2372 E. , Dorf in Jackson Cy. Eisenbahnkreuzung. 85 Kil. n. von Louisville. Gewerbthätig. 3 Zeitungen. Shelbyville, 2731 E. , Stadt und Hauptort von Shelby Cy., am Big Blue R. Eisenbahnkreuzung. 2 Zeitungen. Franklin City, 2709 E., Eisenbahnkreuzung. Fr. College. 2 Zeitungen. — An der Louisville-New-Albany-Chicago-Eisenbahn: Crawfords ville, 3701 E., Stadt und Hauptort von Montgomery Cy. Fruchtbare Umgebung. Wabash College. 3 . Zeitungen. Green castle, Stadt und Hauptort von Putnam Cy., an der Walnut Fork des Eel R. Eisenbahnkreuzung. 62 Kil. sav. von Indianapolis auf fruchtbarem Tafelland gelegen. XXVIII. TIHnois (111.), 2606 d. Q.M. (55410 e.), 2539831 E. (1870). Zwischen Wisconsin im N., Kentucky im S., dem Michigan-See und Indiana im 0., Iowa und Missouri im W. gelegen, ist 111. einer der centralsten Staaten und bildet den Uebergang sowohl nach S. als W. aus dem Seengebiet nach dem des Mississippi, Noch mehr als Indiana ist 111. seiner Bodenbeschaffenheit nach gleichförmig. Kein Punkt geht über 250 m Höhe hinaus, der niederste überragt um wenig 100m. Alles ist Tiefland, die wellige Oberfläche wiegt überall vor, wo nicht die Flüsse ihre Thäler eingegraben haben. Nur in den n. Theil ragt ein Ausläufer der Felsplatte, die Wisconsin durchzieht. Die Gewässer von 111. gehen fast alle zum Mississippi, da die Wasserscheide zwischen diesem und den Grossen Seen hier sehr nahe an den Michigan-See herantritt. Der grösste Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 687 Fluss • ist der Illinois , der oberhalb Alton in den Mississippi mündet. Von Wisconsin her durchfiiesst Rock R. den Staat, um sich in den Mississippi zu ergiessen. Demselben fliesst auch der Kaskaskia zu. Ohio, der die s. Grenze bildet, ebenso wie der Mississippi die w. , empfängt aus 111. keinen grösseren Zufluss. Der Wabash empfängt Little Wabash, Embarras und Rig Vermillion. Das Klima ist bereits extrem. In der Mittelwärme ist ein grosser Unterschied zwischen N. und S. des Staates. Chicago hat 8, Huntsville 15^* C. Unterschied zwischen mittlerer Sommer- und Wintertemperatur schwankt zwischen 19 und 26 ®C. Regenmenge 900 — 1060 mm. Die Prärie überwiegt bereits stark den Wald, welcher nur 17 Proc. des Bodens bedeckt. Es gibt ganze Grafschaften mit nicht mehr als 1 Proc. Wald. Dieser ist fast ausschliesslich Laubwald. Die sog. Grande Prairie , eine 8 — 30 Kil. breite Reihe von Prärien, zieht auf der Wasserscheide zwischen Wabash und Mississippi fast durch den ganzen Staat. Der Boden ist für Ackerbau trefflich geeignet. Man nennt 111. den frucht- barsten Staat der Union und seine Ernten scheinen dieses Lob zu bestätigen. Fast überall findet man tiefgründigen Moder- oder Lehmboden. Am reichsten sind auch hier die Thalniederungen oder Bottoms. Der American Bottom, welcher 450e. Q.M. gross am Mississippi hinzieht, gilt für ein Wunder von Fruchtbarkeit. Zugleich erleichtert die gleichförmige Bodengestalt den Anbau, wie die günstige Lage den Vertrieb begünstigt. Schon 1870 war über die Hälfte des Staates angebaut. Getreideernte 1877 (in 1000 B.) . Mars 260000, Hafer 59 200, Weizen 33000, Roggen 2844, Gerste 2760; Werth 126 Mill. D. Vieh- stand 1877 (in 1000): Rinder 1962, Schafe 1258, Schweine 2000, Pferde und Maulthiere 1230; Werth 136 Mill. D. Unter den Mineralschätzen sind nennens- wertli die Kohlen, welche den Theil des Staates einnehmen, der s. vom Rock R. gelegen (s. o. S. 332), und das Blei, das in Davis Cy. in reichen Lagern auftritt. An Gewerbthätigkeit steht 111. unter den Staaten des W. mit in erster Reihe. 1870 waren 2330 Dampfmaschinen und 83000 Arbeiter in Thätigkeit und der Werth der Erzeugnisse betrug 206 Mill. D., wovon Chicago fast die Hälfte in Anspruoh nahm. Mehl, Salzfleisch, Sägholz, Branntwein, Ackergeräthe sind die Haupterzeugnisse. Eisenbahnen hatte 111. (1878) 11 830 Kil. , mehr als irgend ein anderer Staat der Union. Chicago ist der grösste Eisenbahn -Knotenpunkt des Landes. 111. hat (1877) auf den Seen 322 Segel- und 100 Dampfschifi'e mit 88000 T. und auf seinen Flüssen 44 Dampfschiffe mit 6670 T. Im Zollbezirk Chicago liefen 1877 ein in Küstenfahrt 3629, vom Ausland 30618 T. — Die Bevölkerung von 2539891, die seit 1850 sich verdreifacht hatte, uraschloss 1870 1,1 Proc. Farbige, 47 Proc. im Staat und 20 Proc. im Ausland Geborene, unter den letzteren 203 758 Deutsche, 120162 Iren, 69599 Engländer und Schotten, 29979 Schweden. Finanzen (1. Okt. 1878): Steuerwerth 862 Mill. D., Einnahmen 3,3, Ausgaben 3,2, Schuld 0,5 Mill. D. Schulausgaben 7,4 Mill. D 70 Proc. der Jugend besucht die Schulen. Es gibt 28 Colleges mit 5077 Schülern. Im Staate erscheinen 627 Zeitungen. — 111. kam 1763 von Frankreich an Grossbritannien und wurde 1784 und 86 von Virginien und Connecticut an die Union abgetreten. Als Staat zugelassen 1818. Die Oberbeamten werden für 4, ebenso die Senatoren (51), die Repräsentanten (153), für 2 Jahre gewählt. Die Gesetzgebung tritt alle 2 Jahre zusammen. Das Wahlrecht wird 688 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. von jedem 21 Jahre alten Bürger der V. St. durch 1jährigen Aufenthalt im Staate erworben. In den Congress sendet 111. 16 Repräsentanten. Springfield, 17364 E., Staatshauptstadt und Hauptort von Sangamon Cy., am Rand einer weiten, fruchtbaren Prärie, 5 KU. von Sangamon R. und 296 Kil. von Chicago. Maschinen- und Uhrenfabrikation. 5 Eisenbahnen kreuzen sich hier. Hauptlinien: Chicago - Alton und Toledo -Wabash -Western. Ausser dem Capitol sind das Staats- Arsenal und das ü. S. Custom House bemerkenswerthe öffentliche Gebäude. 1822 gegründet. 10 Zeitungen. — Städte am Michigan- See: Chicago, 298977 E. (1870), die Grossstadt des NW., die raschest auf- geblühte aller w. Städte. Die Lage von Ch. ist nicht so auffallend gross- artig wie die von S.Louis, aber es ist nicht möglich, sie zu übersehen. Die Lage am Ufer einer grossen, verkehrfördernden Wasserfläche muss jeder Ansiedelung zu gute kommen , aber Ch. hat den besonderen Vorzug, dass es an einem der natürlichen End- und Ausgangspunkte der Schiffahrt gelegen ist. ph. ist für die Seeregion der wichtigste Sararael- und Umsatzpunkt. Nur im Lake Superior führt eine Wasserstrasse noch weiter nach W. hinaus, aber dieselbe fällt schon zu weit n. in dünnbevölkerte und zum Theil noch unbesiedelte Gebiete. Einstweilen ist daher das Südende des Michigan-Sees der passendste Punkt, um von allen Seiten die Erzeugnisse des Landes zu Schiff zu bringen. Man hat das so früh herausgefunden, dass man, ehe Chicago auch nur eine Stadt genannt werden konnte, Zukunftsgrossstädte an diesem Punkte aussteckte. Ch. ist durch diese Lage nicht nur die Metropole des Michigan-Sees, sondern die Hauptstadt des ganzen NW., der Kornkammern Dlinois, Michigan, Iowa, Wisconsin, Minnesota und zum Theil auch Indianas geworden. Man muss bedenken, wie ungemein rasch sich diese Staaten bevölkert haben. Wir haben auf diesem Gebiete in 30 Jahren eine Zunahme von nicht ganz Vh Mill. auf mehr als 8 Mill. Denkt man sich die Arbeit und das Gedeihen einer solchen rasch anwachsenden Bevölke- rung im Brennpunkte der Hauptstadt dieses Gebietes gesammelt und dem Unter- iiehmungsgeiste verschwistert, der der leitenden Bevölkerung gerade dieser Region in so hohem Grade eigen ist, so verliert die erstaunliche Entwickelung Ch.'s alles Wunderbare. Gerade wie das Aufblühen Cincinnatis, das in frühere Jahrzehnte fiel, der concentrirte Ausdruck der Thatsache war, dass der Strom der West- wanderung damals vorwiegend den Ohio entlang ging, so ist Ch.'s Wachs- thum nur die bis heute hervorragendste Erscheinung in einer ganzen Reihe, deren eigentlicher Inhalt die Besiedelung des NW. ist. Wie die Besiedelung jeder Region Nord-Amerikas ihren besonderen Ursprung, Charakter und Folgen hat, so sehen wir auch in dieser eigenthümliche Züge hervortreten. Unter ihnen sind für Ch. diese beiden bedeutend geworden: Die Besiedelung des NW., mit den dreissiger Jahren beginnend, fiel gerade in die Zeit der ersten Eisen- bahnbauten, und diese Region war daher die erste von allen noch unbesiedelten, die von Anfang an der Früchte der neuen Verkehrswege theilhaftig wurde. Sei es nun durch rasche Zufuhr von immer neuen Einwandererscharen, sei es durch die Möglichkeit ausgedehnter Verwerthung der Erzeugnisse, welche der junge Boden in ungemeiner Fülle ergab, die Eisenbahnen förderten in hervorragender Weise die Besiedelung des NW. Ferner ist kein Theil der unbesiedelten West- staaten der Union so stark mit neuengländischen Blute versetzt. Die Seeregion Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 689 und überhaupt der NW. war für die eigentlichen Yankees, was das Ohio-Thal für die Pennsylvanier und Virginier war. Da es anerkannt ist, und nirgends mehr als unter den Amerikanern selbst, dass an allen Gaben, die ein Land rasch der Cultur gewinnen, die Neuengländer allen übrigen Bestandtheilen des -^" nordamerikanischen Volkes weit tiberlegen sind , so ist auch die "Herkunft der Mehrheit der ursprünglichen Ansiedler des NW. eine Thatsache, die Beachtung verdient. In zweiter Reihe sind aber auch die deutschen Einwanderer von grossem Einfluss auf die Cultur des NW. gewesen, da dessen Erschliessung für die Besiedelung und den Verkehr zusammenfällt mit der Steigerung und dem höchsten Stande der deutschen Einwanderung in Nord-Amerika überhaupt. Deutscher Fleiss und Verstand, gepaart mit neuengländischem Scharfsinn und ^ Unternehmungsgeist, übertreffen an colonisirender Kraft die Eigenschaft jedes anderen Volkes oder Volksgemisches. Die Stadt umschliesst eine grosse Zahl von Deutschen, die aber vorwiegend dem Handwerkerstande ange- hören, und das Gros der deutschen Einwanderer hat sich mit der entschiedenen Vorliebe, die sie überall kennzeichnet, auf die Landwirthschaft geworfen. Es war ein weiteres günstiges Zusammentreffen in der Entwickelung von Ch., dass sie in derselben Zeit begann, in der New York seine Stellung als Haupthandels- platz an der Ostküste Nord-Amerikas gegen alle Wettbewerbung sichergestellt hatte. Als hauptsächlichstes Mittel zu diesem Zwecke diente der Eriecanal, der die kürzeste Verbindung zwischen dem Lande um die Grossen Seen und der atlantischen Küste herstellte. Ausser der Wasserverbindung mit diesem wichtigen Canale, deren sich Ch. in aller wünschenswerthen Ausdehnung erfreut, ist es später in direkte Eisenbahnverbindung mit Buffalo, seinem w. Ausgangspunkte, und dann bald mit New York selbst getreten. Es lag in der geradesten Linie von New York nach W. und ist in vielen Beziehungen gewissermassen ein Bestandtheil des wirthschaftlichen Organismus von New York geworden. Ch. sammelt den Ueberfluss des W. in seine Speicher und Lagerhäuser und sendet ihn nach New York, das seinerseits die Verarbeitung oder die Ver- theilung über das Land und an das Ausland besorgt. Die enge Verbindung zwischen den beiden Städten hat es bewirkt, dass Ch. jeden Schritt, mit dem New York seiner Bestimmung als einer beherrschenden Welthandelsstadt näher kam, als eine Erweiterung seines eigenen Wirkungskreises und seines eigenen Gedeihens empfand. In nicht minder enge Verbindung ist es später mit Boston getreten, das in den letzten Jahren die grössten Anstrengungen macht, um von dem grossen westlichen Menschen- und Güterverkehre ein Bächlein in sein eigenes Becken zu leiten. Aber von grösserer Bedeutung ist die Verbindung mit Quebek, der Mündungsstadt des S. Lorenz, die ebenso am meerwärts gelegenen Ende der grossen Seekette beherrschend gelegen ist wie Ch. am südwestlichen Binnenende. Nachdem ein Canal das grosse Verkehrs- hinderniss des Niagarafalles umgangen hat, ist durch diese Verbindung Ch. selbst für kleine Seeschiffe zugänglich geworden, und man kann ihm nicht mehr den Namen einer Seehandelsstadt verweigern. Dazu muss man dann noch rechnen, dass ein Canal den Theil des Sees, an welchem Ch. liegt, mit dem Mississippi und dadurch mit dem Golf von Mexico verbindet. Die Entwicklung Ch.'s, welche ein Wachsthum von 300 auf 60 000 Häuser in den fünfunddreissig Jahren zwischen 1836 und 1871 und eine gleichzeitige Vermehrung der Bevölkerung von Batzel, Amerika II. 44 690 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 3000 auf 300000 in sich fasst, ist noch beispielloser, erstaunlicher als die von S. Louis oder Cincinnati. Als 1804 die Bundesregierung auf dem heutigen Gebiete dieser Stadt, in dem flachen sumpfigen Terrain, wo der Chicago- FIuss in den Michigan -See mündet, ein Fort erbauen Hess, war keine weisse Seele im ganzen Gebiete. Als 1832 die ganze Ansiedlerbevölkerung des n. Illinois sich vor einem Indianeraufstande nach diesem Fort zurückzog, betrug sie 700 Köpfe. Die Stadt entstand erst, als Tausende von Arbeitern hierher kamen, die Arbeit suchten an dem grossen Canale zwischen Mississippi und Michigan-See (Illinois- und Michigan-Canal) , der damals begonnen wurde. Im Jahre 1829 wurde eine Toivyi Chicago, also ein Dorf, mit einem Flächenraume von 3/8 e. Q.M,, zuerst ausgelegt; 1838, im ersten Jahre des starken Wachs- thums , wurden 150 Häuser (d. h. Holzhütten) gebaut ; 1837 wurde Ch. zur Stadt erhoben und neuerdings ausgelegt, wobei ihm aber nun ein Flächenraum von 10 e. Q.M. zugemessen wurde; 1840, als Cincinnati nahe an 50000, S.Louis 16500 Bewohner zählte, hatte es Ch, erst auf 4853 gebracht; 1847 wurde aber eine neue Erweiterung nöthig und 1850 waren 30 000 Einwohner vorhanden. Dies war aber auch das Jahr, in welchem in Ch, die erste Eisenbahn eröffnet wu^'de, und mit dieser Eröffnung trat nun die junge Stadt in die Bahn, auf der sie in Zeit von fünfundzwanzig Jahren eine der Grossstädte von Amerika werden sollte. Ch, ist das echteste Beispiel einer Eisenbahnstadt, wie man es in dieser Vollendung in der ganzen Welt vergeblich suchen würde. 12 Haupt- linien und 29 Zweigbahnen, also 41 Eisenbahnen münden in Ch. aus. Zu der ebengenannten ersten Eisenbahn, die von Ch. ausging, kamen allein im Laufe der 50er Jahre noch acht weitere. Und zwar nicht durch Vortheile bewogen, die man ihnen bot, sondern angezogen durch die günstige Lage der Stadt und den Unternehmungsgeist ihrer Bewohner, der sich dieser Gunst der Lage vollkommen gewachsen zeigte. Fünf Hauptlinien laufen jetzt von Quebec, NewYork, Philadelphia, Baltimore in Ch. zusammen. Dass Ch. die wichtigste Mittelstation zwischen der Ost- und Westhälfte der grossen Continental- oder Pacific- bahn geworden ist, ist bekannt. Nimmt man hinzu, dass im Jahre 1873 11 851 Schiffe mit 3V4 Mill. T. den Hafen von Ch. verliessen, und ferner, dass ausser der prächtigen Wasserstrasse des Michigan-Sees einer der wichtigsten Canäle von Nord- Amerika, der Illinois - Michigan - Canal, in Ch. mündet, ein Canal, der das Verbindungsglied zwischen den Grossen Seen und dem Mississippi bildet, so kann man sich eine Vorstellung machen von der Verkehrsbedeutung, die diese Stadt erlangt hat. Ch. liegt an der sw. Küste des Michigan-Sees, wo der kleine Chicago R. mit 2 Armen einmündet. Die Lage ist flach. 1856 — 58 wurde der gesammte Geschäftstheil um 2 — 2,5 m gehoben, um bessere Drainirung zu erzielen, Trink- wasser erhält die Stadt aus dem Michigan - See. Vom s. Arm des Chicago R. führt der Illinois - Michigan - Canal nach dem Illinois R. und durch diesen nach dem Mississippi. Die Anlage von Ch. ist sehr regelmässig, die Strassen meist 25 m breit, einige derselben mit die schönsten und grossartigsten in ameri- kanischen Städten. Die Haupt- und Geschäftsstrasse ist State Str. , während einige Avenues, wie Michigan, Wabash, Prärie Av., feine Wohnstrassen sind. Seit dem Brand vom 8. und 9. Oktober 1871, welcher 3000 A. der Stadt mitten im reichsten Geschäftstheil in Flammen legte, ist dieser Kern der Stadt präch- tiger als früher aufgebaut, so dass Ch. gegenwärtig im modern -amerikanischen Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. 691 Sinn als die schönste Stadt der V. St. bezeichnet werden kann. Die öffentlichen Gebäude treten hinter den grossen Geschäftspalästen, Gasthäusern u. dgl. zurück, doch sind einige, u. a. City Hall, U. S. Custom House, nennenswerth. Die Zahl der Kirchen wird zu gegen 200 augegeben. Von höheren Bildungsanstalten findet sich in Ch. eine University of Chicago, die mit dem Dearborn Obser- vatory verbunden ist, Seminare der Baptisten und Presbyterianer, drei Medical Colleges, eine Academy of Sciences. 105 Zeitschriften wurden hier 1872 ver- öffentlicht (darunter Illinois - Staatszeitung eines der verbreitetsten deutschen Blätter des W.). Von öffentlichen Parks sind South Parks die grössten. In commercieller Beziehung ist Ch. unter den Binnenstädten der Union weitaus die wichtigste (s. o. S. 463). Ch. ist gegenwärtig der grösste Getreide-, Holz- und Fleischmarkt der Welt. 1877 versandte es (in 1000 B.) : 46532 Mais, 15096 Weizen, 12721 Hafer, 4381 Gerste und 1577 Roggen, daneben 2 568 724 Fässer Mehl. Die Mühlen von Ch. lieferten 293244 Fässer. Der Gesamratwerth des 1877 zugeführten Schlachtviehs betrug 99 Mill. D., an Bauholz wurden in diesem Jahre 1065 Mill. Fuss zugeführt. In der Grossindustrie arbeiteten 2338 Fabriken mit 58249 Arbeitern. Die Schweinepökelei , die Hauptindustrie Ch.'s, verarbeitete 1877 3076439 Schweine und der Werth ihrer Erzeugnisse betrug 43 Mill. D., der Werth des verpackten Rindfleisches 6 Mill. D. Beträchtliche Werthe erzeugten ausserdem die Gewerbe in Metall (32 Mill.), Holz (24 Mill), Leder (11,5 Mill.), Brauereien und Brennereien (13 Mill.). Der Gesammtwerth der Gewerbserzeugnisse von Ch. wurde (1877) auf 204, der Umsatz in Roh- stoffen auf 212, in Waaren auf 276 Mill. D. veranschlagt. Es gab Ende 1877 11 Spar- und 11 Nationalbanken. Im Clearinghouse wurden über 1045 Mill, D. Geschäfte gemacht. Im Hafen von Ch. liefen 1877 ein 10233 Schiffe mit 3274332 T. Die Rhederei von Ch, bezifferte 389 Schiffe mit 73000 T. An Bundessteuer wurden 1877 8,8 Mill, D. (6,8 von Branntwein) erhoben. — Am Michigan - See : Evanston, Dorf in Cook Cy. , Wohnstadt von Chicago. Waukegan, 4507 E., Stadt und Hauptort von Lake Cy., auf einem Bluff am See, Eisenbahn. Starke Ausfuhr von Ackerbauerzeugnissen, 2 Zeitungen. — Am Des Piaines R. : Joliet, 7263 E. , Stadt und Hauptort von Will Cy., am Illinois-Michigan-Canal, Grosse Steinbrüche. Staatsgefängniss, 2 Zeitungen, — Am Mississippi: Galena, 7019 E., am Fevre R., 9 Kil. von seiner Mündung in den Mississippi. In der Bleiminenregion. Steil am Flussufer hinaufgebaut, die Längsstrassen durch Treppen verbunden. Fevre R. bis hierher schiffbar. Eisenbahn. 6 Zeitungen. Ro'ck Island, 7890 E. , Stadt und Hauptort von R. I. Cy. Die Stadt hat den Namen von einer 5 Kil. langen, parkartigen Insel am Fuss der oberen Fälle des Mississippi, die auch ein V. St. - Arsenal umschliesst und durch Brücke mit der Stadt verbunden ist. Die starke Wasserkraft wird in zahlreichen gewerblichen Einrichtungen ausgenützt. Flussverkehr. 4 Eisen- bahnen (worunter die grosse Linie Chicago — R. I. — Pacific). Kohlenlager in der Umgebung. M o 1 i n e , 4166 E. , Dorf am oberen Ende von Rock Island, gegenüber Davenport lo. Wasserkraft. 3 Eisenbahnen. 1 Zeitung, Warsaw,- 3583 E,, Dorf in Hancok Cy,, 5 Kil, unterhalb Keokuk lo,, mit welchem Ver- bindung durch Fähre besteht, 2 Zeitungen. Quincy, 24052 E. , Stadt und Hauptort von Adams Cy. , 262 Kil. oberhalb S. Louis , zweitgrösste Stadt des Staates, auf einem Kalkfels von 40 m über dem Strom prächtig gelegen. Starker 44* 692 Fünfte Gruppe. Staaten des Mississippi- und Ohiobeckens. Handel, Flussverkehr, Knotenpunkt von 6 Eisenbahnen. 12 Zeitungen. Alton, 8665 E. , 40 Kil. oberhalb S. Louis , in Madison Cy. Starke Ausfuhr von Heu und Getreide. 2 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. East S. Louis, 5644 E. , in S. Clair Cy., gegenüber S. Louis, Eisenbahnvorstadt des letzteren, in welcher alle Eisenbahnen zusammenstrahlen, die vom linken Mississippi- Ufer nach S. Louis führen. Cairo, 6267 E., Stadt und Hauptort von Alexander Cy., am Einfluss des Ohio in den Mississippi, wo die vorzügliche Lage nur durch kostbare Damm- bauten dem Ueberschwemmungsgebiet abgewonnen werden konnte. 2 Eisen- bahnen. 5 Zeitungen. — Am Ohio: Mo und City, 1631 E., 11 Kil. oberhalb Cairo. Sitz der Western Naval Station. 2 Zeitungen. — Am Illinois R.: Morris, 3138 E. , Dorf und Hauptort von Grundy Cy. , am Dlinois-Michigan- Canal. Ausfuhr von Getreide und Yieh. 2 Zeitungen. Ottawa, 7736 E., Stadt und Hauptort von Lassalle Cy. , am Illinois-Michigan-Canal und 2 Eisen- bahnen, 134 Kil. von Chicago. Wasserkraft. Kohlenlager in der Nachbarschaft. 3 Zeitungen. La Salle, 5200 E., Stadt in L. S. Cy., 158 Kil. von Chicago, am Hlinois- Michigan -Canal und 2 Eisenbahnen. Kohlenlager. 2 Zeitungen. Peru, 3650 E., in La Salle Cy. , Dorf an der Mündung des Illinois-Michigan- Canals, in kohlen- und getreidereicher Umgebung. 1 Zeitung. Peoria, 22849 E., Stadt und Hauptort von P. Cy., 307 Kil. oberhalb der Mündung des Flusses, der bis hier schiffbar und in einen See sich ausbreitet, über den die Stadt auf plateauartiger Unterlage sich erhebt. Mit 6 Eisenbahnen der grösste Eisenbahn- knotenpunkt in der Mitte des Staates, grosse Gewerb thätigkeit (Giessereien, Maschinen, Ackergeräthe, Brennereien u. s. f.). 13 Zeitungen. Pekin, 5696 E., Dorf und Hauptort von Tazewell Cy., 20 Kil. von Peoria, 3 Eisenbahnen, Fluss- schiffahrt. 2 Zeitungen. Beardstown, 2528 E. , Dorf und Hauptort von Cass Cy. , Eisenbahnkreuzung. 2 Zeitungen. — Am Rock R. : Rockford, 11049 E., Stadt und Hauptort von Winnebago Cy. , zu beiden Seiten des hier überbrückten Flusses. Wasserkraft. Fabrikation von Ackerwerkzeug. 2 Eisen- bahnen. 5 Zeitungen. Dixon, 4055 E. , Stadt und Hauptort von Lee Cy., Eisenbahnkreuzung. 156 Kil. w. von Chicago. Wasserkraft. Zahlreiche Mühlen. 3 Zeitungen. Sterling, 3998 E., Stadt und Hauptort von Whiteside Cy. Starke Wasserkraft durch Abdämmung des Flusses. Stapelplatz für Getreide. 2 Zeitungen. — Andere Plätze n. vom Illinois R.: Aurora, 11162 E. , am Fox R., 62 Kil. von Chicago. 6 Eisenbahnen. Blühende Industrie. 6 Zeitungen. Ebenfalls am Fox R. Elgin, 5441 E., Stadt. Wasserkraft, gewerbthätig (Elgin Watch Cy.). 3 Zeitungen. Freeport, 7889 E., Stadt und Hauptort von Stephenson Cy., am Peckatonica R., 193 Kil. w. von Chicago. In fruchtbarer Prärieregion. 5 Eisenbahnen. 4 Zeitungen. Mendota, 3546 E. , Dorf in La Salle Cy., 136 Kil. sw. von Chicago, Knotenpunkt von 5 Eisenbahnen. 1 Zeitung. Amboy, Dorf in Lee Cy., an der Quelle des Green R., 26 Kil. n. von Mendota. 1 Zeitung. — Zwischen Illinois R. und Mississippi R. : Bush n eil, Gemeinde von 2581 E., Knotenpunkt von 6 Eisenbahnen, 115 Kil. n.ö. von Quincy. 2 Zeitungen. Galesburg, 10156 E., Stadt in Knox Cy. In sehr fruchtbarer Umgebung. Grosse Eisenbahnwerkstätten. Knox College. 4 Eisenbahnen. 5 Zeitungen. Macomb, 2748 E., Dorf und Hauptort von Mc Donough Cy., 93 Kil. von Quincy. 4 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Monmouth, 4662 E. , Dorf und Hauptort von Warren Cy. Monmouth College. 4 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. — An der Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. 693 lUinois Central - Eisenbahn : El Paso, 1564 E., Stadt in Woodford Cy., 53 Kil. s. von La Salle. 1 Zeitung Bloomington, 14590 E. , Stadt und Hauptort von Maclean Cy., 200 Kil. sw, von Chicago, 7 Eisenbahnen. Gewerbreich. In der Umgebung grosse Baum- und Handelsgärten. 8 Zeitungen. Clinton, 1800 E., Dorf und Hauptort von De Witt Cy. Knotenpunkt von 6 Eisenbahnen. Decatur, 7161 E., Stadt und Hauptort von Macon Cy. , am Sangamon R., 7 Eisenbahnen. Gewerbreich und in fruchtbarer Umgebung. 5 Zeitungen. Vandalia, 1771 E. , Dorf und Hauptort von Fayette Cy., am Kaskaskia R., früher Staatshauptstadt, 123 Kil. n.ö. von S. Louis. 2 Zeitungen. Ebenfalls am Kaskaskia R. Shelbyville, 2051 E., 176 Kil. n.ö. von S.Louis. In frucht- barer Umgebung. 2 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Champaign, 4625 E., 205Kil. s. von Chicago. 4 Eisenbahnen. State Industrial University. 3 Zeitungen. Centralia, 3190 E., Stadt in Marion Cy., 414 Kil. s. von Chicago. Maschinen- fabrikation. Obstreiche Umgebung. 2 Zeitungen. — An der Ohio-Mississippi- Eisenbahn: Salem, 1182 E., Dorf und Hauptort von Marion Cy., 110 Kil. n.ö. von S. Louis. 2 Zeitungen. Belleville, 8146 E. , Stadt und Hauptort von S. Clair Cy. Umgegend fruchtbar und reich an Kohlen. Gewerbthätig. 8 Zeitungen. Olney, 2680 E., Stadt und Hauptort von Richland Cy., 50 Kil. von Vincennes Ind. 1 Zeitung. —An der Chicago - Dan ville -Vincennes - Eisenbahn : Watseka, 1557 E., Stadt und Hauptort von Iroquois Cy., am Iroquois R. 4 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Danville, 4751 E., Stadt und Hauptort von Vermillion Cy., am Vermillion R., 136 Kil. nw. von Indianapolis. Kohlen- und waldreiche Umgebung, Wasserkraft. 4 Zeitungen. Paris, 3057 E., Dorf und Hauptort von Edgar Cy., 30 Kil. von Terre Haute Ind. 4 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. — Litchfield, 3852 E., Stadt in Montgomery Cy., Kreuzung der Toledo -Wabash -Western - mit Indianapolis- S. Louis -Eisenbahn, liegt in fruchtbarer Prärie. Dampfmühlen, Eisenbahnwerkstätten, Kohlenlager. 3 Zeitungen. Mt. Carmel, 1640 E., Dorf und Hauptort von Wabash Cy., am Westufer des Wabash R. Eisengiessereien, Wollfabriken. Wasserkraft. 2 Zeitungen. Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. Nw. und w. von den Grossen Seen, zum Theil noch das Ufer derselben bildend, liegen die Staaten Michigan, Wisconsin und Minnesota, mit denen ge- wöhnlich noch das mehr s. gelegene und auch in anderen Beziehungen ab- weichende Iowa zu einer Gruppe der Nordweststaaten vereinigt wird. Auch Illinois wird oft hinzugezählt, schon weil seine Grossstadt Chicago fast in jedem Sinn die natürliche Hauptstadt dieses Gebietes genannt werden kann. Gemein- sam ist den 3 erstgenannten das Eingreifen in die n. und w. Umgrenzung der Seen, wodurch auch sofort ihrer Bodengestaltung der gemeinsame Zug der er- höhten Felsenunterlage der Seenplatte zugeführt wird, der in den nördlichen Hälften überall scharf sich ausprägt. Gemeinsam ist ihnen die Bedeckung eines grossen Theiles ihres Gebietes mit Driftgebilden und damit zusammenhängend ein vielfach ungleicher Grad von Fruchtbarkeit. Zahlreiche Seen und Sümpfe und zwischen Seen und Flüssen mitteninne stehende Gewässer sind dieser Drift- 694 Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. region eigen. Das Klima, bereits erheblich rauher als am Südufer der Grossen Seen, begünstigt mehr den Weizen- als den Maisbau, und jener ist in der That die Signatur der hiesigen Landwirthschaft. In den Wäldern wiegen Föhren und Lärchen vor. Die reichsten Eisen- und Kupferlager der V, St. fallen in dieses Gebiet. Für den Handel ist die Lage an den Seen und dem Mississippi höchst günstig. Die Besiedelung ist viel jüngeren Datums als im Ohio -Gebiet und reicht mit ihren kräftigeren Anfängen nicht über das Ende der 20 er Jahre hinaus. In der anglo - amerikanischen Bevölkerung wiegt das neuengländische, in der fremd eingewanderten das deutsche stark vor. Neben der Grossstadt des NW., Chicago, ist Milwaukee als zweitbedeutendste Stadt des Gebietes zu nennen, welche heute über 100000 bereits hinausgeschritten sein dürfte. Im Congress sind die 4 Staaten mit 24 Stimmen vertreten , wobei Michigan , Minnesota und Iowa mit gleichen Zahlen erscheinen. XXIX. Michigan (Mich.), 2655d. Q.M. (56451 e.), 1334031 E. (1875). Mich, besteht aus 2 Halbinseln, der sog. oberen oder n. und der unteren oder s. Halbinsel , von denen die erstere begrenzt ist im N. vom Oberen See, im S, vom Michigan- und Huronen-See und der Mackinaw-Strasse, im 0. von S. Mary's R. und im W. von Wisconsin, während die untere im S. an Ohio und Indiana, im 0, an Erie-See, Detroit R., S. Clair R. und Huronen-See, im W. an den Michigan-See grenzt. Isle Royale im Oberen See gehört gleichfalls zu diesem Staate. Die Ober- fläche der oberen Halbinsel ist bergig und vielfach felsig, wiewohl die höchsten Erhebungen, die im W. gelegen sind, 450 m nicht übersteigen. Die untere Halb- insel ist in ihrem n. Theil hügelig (bis 180 m), im s. liachwellig bis flach. Die Gewässer der oberen Halbinsel entfliessen einer ausgedehnten See- und Sumpf- region und sind von kurzem, unregelmässigem Lauf und nur flossbar. In den Oberen See münden Presqu' He, Ontonagon, Sturgeon, in den Michigan-See und Green Bay Menomonee, Escanaba, White Fish, Pine u. a. Die untere Halbinsel hat grössere, weniger von Stromschnellen u. dgl. durchsetzte Flüsse: Manistee, Pere Marquette, Muskegon, Kalamazoo, S. Joseph in den Michigan-See, in den Huronen-See Cheboygan, Thunder Bay, Saginaw, in den S. Clair R. Black und Belle, in den Erie-See Huron und Raisin, in den S. Clair L. Clinton R. Das Khma ist durch die breite Wasserumgebung milder als die n. Lage erwarten lässt. Detroit hat 8,5, Ft. Brady und Ft. Mackinac 4,5 ^ C. mittlere Jahres- wärme. Regenfall 600 — 750 mm. Die obere Halbinsel gehört noch in die Föhrenregion, in der unteren schieben sich Prärien in die gemischte Waldung ein. Von Wald bedeckt sind 47,1 Proc. Die werth volle Weymouthföhre (White Pine) ist nirgends so häufig wie in diesem Staate, der übrigens in seinen südlichen Theilen auch Eichenhaine in grosser Ausdehnung besitzt. Von Mineralschätzen fördert Mich. ca. 15000 T. Kohle und betheiligte sich 1875 mit 5 Proc. an der Roheisenerzeugung. Die reichen Kupferlager des Oberen Sees (s. o. S. 346) ge- hören diesem Staate an. Salz wird in der Nähe von Saginaw reichlich gewonnen. Für den Ackerbau ist die obere Halbinsel durch rauhes Klima und felsigen Boden wenig geeignet, um so mehr die untere, welche V^ des Staates einnimmt. Jene ist bis jetzt fast nur durch Holz und Erzgewinnung wichtig, diese um- schliesst fast die ganze ackerbauende Bevölkerung des Staates. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Weizen 21890, Mais 20 750, Hafer 16200, Gerste 975, Roggen 250; Werth 40 Mill. D. Heu 1160000 T. Viehstand 1877 (in 1000): Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. 695 Rinder 761, Schafe 1750, Schweine 556, Pferde 315; Werth 52 Mill. D. ^h des Staates war 1870 angebaut. Von Gewerbthätigkeit ist in Mich, ausser der Holz- und Eisen- und Kupfergewinnung wenig, diese aber sind bedeutend. 1870 gab es 2215 Dampfmaschinen und 64 000 Arbeiter. Damals wurden für 9,2 Mill. D. Kupfer, 33 Mill. Holz und 5,8 Mill. D. Eisen erzeugt und der Gesammtwerth der gewerblichen Erzeugnisse betrug 118 Mill. D. Eisenbahnen zählt Mich. (1878) 5570 Kil. An Seeschiffen zählte es 1877 458 Segel- und 391 Dampfschiffe mit zusammen 125000 T. In seine Häfen liefen 345000 T. in Küstenfahrt und 1 288000 T. vom Ausland ein. 1870 gab es in einer Bevölkerung von 1184059 1,4 Proc. Farbige und Indianer, 43 Proc. im Staat und 23 Proc. im Ausland Geborene. Von den Letzteren waren 88590 Canadier, 64 143 Deutsche, 42013 Iren. Finanzen 10. Okt. 1878: Steuerwerth 377, Schuld 0,9, Einnahmen 1,8, Ausgaben 2,3. Schulausgaben 3,18 Mill. D. 1878 verkaufte Mich. 51000 A. Land und besass noch 3,05 Mill. A. Volksschulen gibt es 5947 mit 357000 (82 Proc. der Schulpflichtigen) und Colleges 9 mit 1538 Schülern. — Detroit wurde 1690 von den Franzosen gegründet, kam 1763 mit Canada an England, wurde von Virginien an die Union abgetreten, ward 1805 Territorium und 1837 Staat. Die Oberbeamten, Senatoren (32) und Repräsentanten (100) werden für 2, die Richter für 6 und 8 Jahre gewählt. Die Gesetzgebung tritt alle 2 Jahre zusammen, Wahlberechtigung gibt 3 monatlicher Aufenthalt im Staat jedem über 21 Jahre alten Bürger der V. St, In den Congress sendet Mich. 7 Repräsentanten. L an sing, 5241 E., Hauptstadt des Staates, am Zusammenfluss des Grand und Cedar R. und der Vereinigung der Lake Shore- Michigan Southern- mit Detroit -L. -Lake Michigan und Peninsular -Eisenbahn. 136 Kil. n. von Detroit. Grosse Wasserkraft. Mehl- und Sägmühlen, Holzindustrie. State Agricultural College, State Reform School. 2 Zeitungen. Detroit, 79577 E., grösste Stadt von Mich., eine der für Handel und Verkehr bestgelegenen Städte der V. St., am Detroit R., 11 Kil. unterhalb S. Clair Lake und 29 Kil. oberhalb Erie-See. 455 Kil. ö, von Chicago, 577 Kil. w. von Buffalo, Endpunkt der Michigan Central-, derDetroit- Milwaukee-, der Lake Shore-Michigan- und der Grand Trunk-Eisenbahn von Ca- nada. Die Stadt ist 5 Kil. weit am Flusse hingebaut, Mittelpunkt The Grand Circus, von dem breite Avenuen ausstrahlen. Hervorragende öffentliche Gebäude das IJ, S. -Zollhaus und der 400 m lange Frachtbahnhof der Michigan Central-Eisen- bahn, Gewerbthätigkeit bedeutend in Sägholz, Holzindustrien, Kupferschmelzen, Tabak, Starke Ausfuhr von Getreide, Holz, Wolle, Fleisch, Kupfer. Hafen- verkehr 1877 947000 T. Rhederei (1877) 182 Segelschiffe und 128 Dampfer mit zusammen 68000 T. 82 Kirchen , 23 öffentliche Schulhäuser, 30 Zeitungen. Am anderen Ufer des Flusses die canadischen Städte Windsor und Sandwich, — Plätze am Erie - See : Monroe, 5086 E,, Stadt und Hauptort von Monroe Cy,, am RaisinR, und der Plaisauce Bay, 65 Kil. sw, von Detroit, Starker Getreidehandel, 3 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. — Am S. Clair R.: PortHuron, 3937 E., Stadt und Hauptort von S. Clair Cy., an der Mündung des Black R., 91 Kil. von Detroit. Holzhandel, Schiffsbau. St. Clair, 1790 E., Dorf an der Mündung des Pine R, 1 Zeitung, — Am Huronen-See : Bay City, 7064 E., Stadt und Hauptort von' Bay Cy., am Saginaw R., Eisenbahn, Holzhandel, Fischfang, Salzwerke in der Nachbarschaft. 5 Zeitungen, Port Austin, Dorf und Hauptort von Huron Cy., 148 Kil. n. von Port Huron. Mühlsteine, Sägholz, Salzgewinnung, 1 Zeitung. 696 Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. M a c k i n a w , Dorf und Hauptort von Mackinac Cy., 480 Kil. n. von Detroit, auf der Insel M. Fort M. auf einer Anhöhe hinter dem Dorf. — Am Michigan-See : New Buffalo, 683 E., 2 Eisenbahnen, 16 Kil. n. von Michigan City. South Haven, 1576 E., Dorf in Van Buren Cy., ausgezeichneter Hafen an der Mündung des Black R. 2 Eisenbahnen. 1 Zeitung. Grand Haven, 3147 E., Stadt und Hauptort von Ottawa Cy., an der Mündung des Grand R., 2 Eisenbahnen, 305 Kil. nw. von Detroit. Holz- und Getreidehandel. 3 Zeitungen. Holland, 2319 E., Stadt in Ottawa Cy. Lebhafter Handel in Holz und Getreide. 5 Zeitungen. Muskegon, 6002 E., Stadt und Hauptort von M. Cy., Eisenbahn, 9 Kil. vom See an der Bucht, die Muskegon Lake genannt wird. Grosser Holzhandel. Sägmühlen. 3 Zeitungen. Whitehall, 842 E., am White R., 11 Kil. vom See, Sammelplatz einer Anzahl von Sägmühlen mit über V2 Mill. Fuss Leistung p. Tag. 1 Zeitung. Manistee, 3343 E., Dorf und Hauptort von M. Cy., an der Mündung des M. R. Holzhandel. 2 Zeitungen. Es c an ab a, ca. 1200 E., auf der w. Halbinsel, an der Mündung des E. R. -Eisenbahn. Verschiffungsplatz für Eisen und Holz. — Am Oberen See: Sault de Sainte Mary, ca. 1213 E., Dorf und Hauptort von Chippewa Cy. An den Fällen des S. Mary's R. M a r - q u e 1 1 e , 4000 E. Wichtiger Platz am Oberen See, 20 Kil. von der berühmten Eisenregion i^s. 0. S. 322), 650 Kil. n. von Chicago. 2 Eisenbahnen. 1 Zeitung. — Am Grand R.: Jackson, 11447 E., 122 Kil. w. von Detroit, 4 Eisenbahnen. Wasserkraft. Staatsgefängniss. 6 Zeitungen. Portland, 1060 E., Dorf, 2 Eisenbahnen. Wasserkraft. 1 Zeitung. lonia, 2500 E., Dorf und Hauptort von lonia Cy., 200 Kil. nw. von Detroit. Ende der Schiffbarkeit des Grand R. 2 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Grand Rapids, 16507 E., Stadt und Hauptort von Kent Cy., Grand Rapids -Indiana -Eisenbahn kreuzt hier den Fluss. 3 Eisen- bahnen. Sägmühlen. Salz - und Gypslager in der ümgebupg. 8 Zeitungen. — Am Flint R.: Lapeer, 1772 E., Dorf und Hauptort in Lapeer Cy., am Zusammenfluss des Flint und Farmers R. , 26 Kil. von Flint. Eisenbahn. 2 Zeitungen. Flint, 5386 E., Stadt und Hauptort von Genesee Cy., 102 Kil. von Detroit. Wasserkraft. Staats - Blinden - und Taubstummenanstalt. 2 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. — Am Saginaw R.: Sagin aw, 7460 E. , Stadt und Ilauptort von S, Cy., 160 Kil. nw. von Detroit. 3 Eisenbahnen. Der Fluss ist bis hier schiffbar. Holzhandel , Salzwerke. 2 Zeitungen. — Am Kalamazoo R. : Kalamazoo, 9181 E., Stadt und Hauptort von K. Cy. 3 Eisenbahnen. Staats- Irrenanstalt, V. St.-Landamt, College (Baptisten). 5 Zeitungen. Marshall, 4928 E., Stadt und Hauptort der Calhoun Cy., Eisenbahn, Wasserkraft, Fabriken. 1 Zeitung. Battle Creek, 5838 E., Stadt in Calhoun Cy., 194 Kil. von Detroit, in fruchtbarer Umgebung. 7 Zeitungen. — Im s. Theil des Staates: Ann Arbor, 7363 E. , Stadt und Hauptort von Washeenaw Cy., 121 Kil. von Lansing, am Huron R., Wasserkraft, fruchtbare Umgebung. Michigan University mit gutem Observatorium. 4 Zeitungen. Adrian, 8438 E., Stadt und Hauptort von Lenawee Cy., am Raisin R., in trefflicher W^eizengegend. 116 Kil. von Detroit. Eisenbahn. 3 Zeitungen. Pontiac, 4867 E., Dorf und Hauptort von Oakland Cy., 32 Kil. nw. von Detroit. Eisenbahn. Wollmarkt. 3 Zeitungen. Ypsilanti, 5471 E., Stadt am Huron R., 2 Eisenbahnen, 48 Kil. sw. von Detroit. Wasserkraft. Sitz einer State Normal School. 2 Zeitungen. Hillsdale, 3518 E., Stadt und Hauptort von H. Cy., am S. Joseph R. 2 Eisen- Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. 697 bahnen. 3 Zeitungen. Jonesville, 1500 E., Dorf in Hillsdale Cy. 2 Eiseu- bahnen, 1 Zeitung. Coldwater, 4381 E., Stadt und Hauptort von Brauch Cy., am CR., in sehr fruchtbarer Prärie. 3 Zeitungen. Niles, 4630 E., in Berrien Cy. , am S. Joseph R. , der bis hier schiffbar. 3 Eisenbahnen. Wasser- kraft. 3 Zeitungen. XXX. AViscoiisin (Wisc), 2536 d.Q.M. (53924 e.), 1236599 E. (1875). Zwischen dem Oberen und Michigan-See und dem Mississippi gelegen, begrenzt von Michigan im N. , Illinois im S. , Minnesota und Iowa im W. Aehnlich wie in Michigan ist der n. Theil des Staates der höhere und in Bodengestaltung mannigfaltigere, aber kein Gipfel des zerklüfteten und theilweise felsigen Hügel- landes, das ihn erfüllt, erreicht 600 m. Ebenere Theile, der Prärieregion an- gehörig, worin der ebenste und zugleich fruchtbarste Boden, finden sich im S. und 0. , der W. und N. dagegen ist theils durch felsige oder bergige Boden- beschaffenheit, theils durch Bedeckung mit Drift weniger fruchtbar. Ein eigen - thümlicher Zug der Bodengestalt von Wisc. ist in der breiten Senke gegeben, welche ö. vom Michigan-See und parallel mit diesem zieht. Wisc. hat 320 Kil. Küstenlinie am Michigan - und 190 am Oberen See. Seine Hauptflüsse sind Mississippi, S, Croix, Rock, Montreal, Fox, Louis und Bois Brule R. Das Klima zeigt im s. Drittel des Staates auf 7 — 8' C. mittlerer Jahreswärme, aber im N. sinkt dieselbe auf 5". Niederschläge 7 — 900 mm. Charakter vorwaltend trocken. Unterschied zwischen mittlerer Sommer- und W^intertemperatur 26 ^ C. In der Pflanzendecke überwiegt im N. der Wald, im S, und 0. die Prärie, im W. das Moor. Der Wald bedeckt 20,9 Proc, ist reich an werthvoUem Föhrenwald und im S. auch an Laubwald, in welchem indessen Black Walnut, das vorzüglichste der Hölzer des W. , bereits zurücktritt , während die Linden häufiger werden. An Mineralschätzen besitzt Wisc. hauptsächlich Eisen und Blei. 1876 wurden in 14 Hochöfen 51261 T. Eisen erzeugt. Blei wird jährlich für ca. V2 Mill. D. gewonnen. Auch Kupfer ist vorhanden. Für den Ackerbau kommt für jetzt vorwiegend nur die s. Hälfte in Betracht, die trefflich dazu geeignet ist. ^'5 des Staates ist unter Anbau, Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 28700, Hafer 30750, Weizen 22000, Gerste 4700, Roggen 2700; Werth 40 Mill. D, Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 964, Schafe 1323, Schweine 635, Pferde und Maulthiere 370; Werth 54 Mill. D. Die Gewerbe beschäftigten 1870 64 000 Pferde- kräfte und 44 000 Arbeiter, Werth der Erzeugnisse 77 Mill. D. Die wichtigsten darunter sind Mehl, Sägholz, Leder. Eisenbahnen 4330 Kil, 283 Segel- und 74 Dampfschiffe mit 64000 T. auf den Seen, daneben 32 Flussdampfer mit 3153 T. 1877 liefen im Zollbezirk Milwaukee 853 T. in Küstenfahrt und 12290 vom Auslande ein. — Bevölkerung: Unter einer Bevölkerung von 1054670 befanden sich 1870 0,3 Farbige und Indianer, 43 im Staat und 35 Proc. im Ausland Geborene, unter den Letzteren 168383 Deutsche und Schweizer, 48479 Iren, 42843 Skandinavier. Finanzen (1. Okt. 1878): Steuerwerth 455, Steuern (Staat und Gemeinden) 8,1, Einnahmen 1,12, Ausgaben 1,04, Schuld 2,25 Mill, D, Schulen : Zahl der Lehrer 8634, Schulausgaben 2,2 Mill. D., Schulbesuch 60 Proc, Colleges 9 mit 1631 Schülern. Zeitungen 236. — Die erste Ansiedelung im Gebiet von Wisc, wurde 1665 von Franzosen in Green Bay gemacht. 1763 an England abgetreten, bildete dieser Staat zuerst einen Theil des Nordwest- Territoriums, dann von Indiana, wurde 1833 eigenes Territorium und 1848 698 Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. Staat. Die Verfassung ertheilt das Wahlrecht allen 21 Jahre alten Bürgern der Y. St. und denen, welche ihre Ahsicht erklären, Bürger der V. St. zu werden, sowie civilisirteu Indianern, die ausser Stammesverbindung stehen. Die oberen Beamten, Richter und Senatoren sind für 2, die Repräsentanten für 1 Jahr gewählt. Die Gesetzgebung tritt jährlich zusammen. Wisc. hat im Congress 7 Repräsentanten. Madison, 9176 E. , Staatshauptstadt und Hauptort von Dane Cy. , liegt malerisch auf einer Landenge zwischen den Seen Mendota und Menona, 154 Kil. w. von Milwaukee. 6 Eisenbahnen, vorzüglich Chicago — Northwestern und Milwaukee — S. Paul. Von öffentlichen Gebäuden sind bemerkenswerth Capitol und State University. Als einer der gesündesten und angenehmsten Plätze des W. berühmt. 8 Zeitungen. Milwaukee, 71450 E., grösste Stadt von Wisc. eine der Haupthandelsstädte des W., am Michigan - See , wo der Milwaukee R. mündet , 135 Kil. nw. von Chicago. 5 Eisenbahnen , worunter M. — S. Paul, M. — Detroit, Western Union. Geräumiger und sicherer Hafen. Der Fluss bietet Wasserkraft, die gewerblich ausgenützt wird, aber die Bedeutung der Stadt liegt mehr nach der Handelsseite. M. ist einer der grössten Weizenmärkte der Union, mit grossartigen Lager- und Ladeeinrichtungen. Es empfing 1878 22 Mill. Busheis Weizen, 2,26 Mill. Fässer Weizenmehl und Massen anderer Ackerbauerzeugnisse, worunter z. B. 133000 Ctr. Käse. 1877 liefen 13000 T. ein. 60 Kirchen. Hervorragend unter den öffentlichen Gebäuden ist das V. St.- Zollhaus. 25 Zeitungen, worunter 5 Tagblätter (1 deutsches ; es lebten hier 1870 22 599 in Deutschland Geborene). Weitere Plätze am Michigan-See: Kenosha, 4309 E. , Stadt und Hauptort von Kenosha Cy. Ausgezeichneter Hafen. 3 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. Racine, 9880 E. , Stadt und Hauptort von R. Cy. , 35 Kil. s. von Milwaukee. Der Hafen ist das Aestuar des Root R. Holzindustrie , besonders Ackerbau - geräthe. Rac. College. 5 Zeitungen. 3 Eisenbahnen. Sheboygan, 5310 E., Stadt und Hauptort von Sh. Cy. , an der Mündung des Sh. R., 100 Kil. n. von Milwaukee. Holzhandel. 1 Eisenbahn. 5 Zeitungen. Manitowoc, 5168 E., Dorf und Hauptort von M. Cy., an der Mündung von M. R. Guter Hafen, Schiffsbau, Holzhandel. 5 Zeitungen. 1 Eisenbahn. Green Bay, 4666 E. , Stadt und Hauptort von Brown Cy., an der Mündung des Fox R. und des Canales, der nach Portage City am Wisconsin führt, ferner Endpunkt der Chicago- und Nordwestern - Eisenbahn. Trefflicher Hafen. Verschiffung von Föhrenholz. 4 Zeitungen. — Am Oberen See: Superior City, 1122 E., Hauptort von Douglas Cy., 11 Kil. s.o. von Duluth Minn. Guter Hafen. 1 Zeitung. — Am Mississippi: La Crosse, 7785 E., 330 Kil. unterhalb S.Paul Minn. Handeis- Flusshafen, Dampfschiff bau. 4 Eisenbahnen. 7 Zeitungen. Prairie du Chien, 2700 E., Dorf und Hauptort von Crawford Cy., 1 e. M. oberhalb der Mündung des Wisconsin R. , 96 Kil. unterhalb La Crosse. 4 Eisenbahne]i. 3 Zeitungen. — Am Wisconsin R.: Grand Rapids, 1115 E., Dorf, Hauptort von Wood Cy. Holzhandel. 2 Zeitungen. Po r tage City, 3945 E., Stadt und Hauptort von Columbia Cy. , an der Mündung des Fox R. - Canals in den Wis- consin R. 4 Eisenbahnen. Holzhandel. 1 Zeitung. In der Nähe Ft. Winne- bago. — Im Inneren des Staates: Apple ton, 4518 E., Stadt und Hauptort von Ontagamie Cy., am Fox R., 32 Kil. sw. von Green Bay. Der Fall (Grande Chute) liefert ungeheuere Wasserkräfte und der Fluss ist bis hierher schiffbar. Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. 699 2 Eisenbahnen, Lawrence University. G Zeitungen. Oshkosh, 12663 E., Stadt und Hauptort von Winnebago Cy., am Winnebago - See bei der Mündung des Fox R. 3 Eisenbahnen. Im Sommer mehrere Dampferlinien. Grosses Holz- geschäft. Ueber 30 Säg- und Spaltmühlen. 5 Zeitungen. Fond du Lac, 12764 E. , Stadt und Hauptort von Fond du Lac Cy. , am oberen Ende des Winnebago - Sees. 4 Eisenbahnen, DampfschifFverbindung durch Fox R. nach Green Bay, zahlreiche artesische Brunnen von 30 — 40m Tiefe, starker Holz- handel. 7 Zeitungen. Beaver Dam, 3265 E., Stadt in Dodge Cy., 56 Kil. von Portage City, am Beaver Creek, der reiche Wasserkraft liefert. Sägmühlen. Wayland University. 2 Zeitungen. Watertown, 7550 E., Stadt in Jefferson Cy., amRockR. Wasserkraft, 5 Eisenbahnen. 1 Zeitung. Janesville, 8789 E., Stadt und Hauptort von Rock Cy. , am Rock R. , in dessen Thal , überragt von 30 m hohen Bluffs , sie angelegt ist. 4 Eisenbahnen , Wasserkraft , Woll-, Maschinen- u. a. Fabriken. Staats - Blindenanstalt. 6 Zeitungen, Beloit, 4396 E. , 67 Kil. von Madison, am Rock R. 4 Eisenbahnen. Gewerbthätig. B. College. XXXL Minnesota (Minn.), 3929 d. Q. M. (83531 e.), 597 407 E. (1875). Grenzt n. an Britisch- Amerika, s. an Iowa, ö. an den Oberen See und Wisconsin, w. an Dakota. Es liegt ungefähr in der Mitte von Nord-Amerika. Die Ober- fläche ist nicht gebirgig, aber auch nicht so eben wie in den eigentlichen Präriestaaten. Welliger Prärieboden waltet in einem grossen Theile des Staates vor, aber die Bedeckung der Oberfläche mit Drift (s. Bd. I) schafft zahlreiche Unebenheiten und mehr noch die bis 500 m hohe Hochebene der Hauteur des Terres, welche den n Theil des Staates durchzieht und die Quellen des Mis- sissippi, Red R., Minnesota u. a. Flüsse nährt. Die Bewässerung ist eine un- gemein reichliche. Denn ausser den 4 schiffbaren Strömen Mississippi, Minne- sota, Red R. und S. Croix hat Minn, eine Unzahl kleinerer Wasserläufe und grösserer und kleinerer Seen. Eine ganze Kette von Seen bildet die Nordgrenze (Rainy Lake, Lake of the Woods u. a.). Das Klima ist bezeichnet durch harte und trockene Winter und verhältnissmässig warme und feuchte Sommer, Ft. Snelling hat 7'' mittlere Jahreswärme, 28° Unterschied zwischen Sommer und Winter und 645 mm Regenfall. In der Seegegend sind die Extreme gemildert. Duluth hat 8,5 '^ mittlere Jahreswärme, Die Niederschläge erreichen nirgends 900 mm. Der Vegetationscharakter von Minn. ist bezeichnet durch das Vor- wiegen der Moore und der nassen Prärien, Lärchen und Linden sind häufig, Wald bedeckt indessen nur 17 Proc. Im Allgemeinen sind die höheren Lagen mit Prärien, die tieferen mit Moor und Wald bedeckt. Dem Ackerbau ist nicht tiberall der Boden, aber das Klima günstig. Am meisten blüht Weizenbau, Vieh- zucht und selbst die Zucht härterer Obstarten. Ernte von 1877 (in 1000 B.) : Weizen 33 325, Mais 13 200, Hafer 14700, Gerste 1832, Roggen 162; Werth 41 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 539, Schafe 300, Schweine 180, Pferde 215; Werth 27 Mill. D. Das angebaute Land, das sich von 1860 — 70 verdreifachte, betrug im letzteren Jahr etwa 4V2 Proc. der Oberfläche. An Mineralschätzen hat Minn. Kohlen, Eisen (1870 1 Hochofen) und Kupfer, die aber bisher fast nicht ausgebeutet wurden. Im Red R.-Thal gibt es zahlreiche Salzquellen. Der Gewerbebetrieb benützte 1870 20000 Pferdekräfte und 11300 Arbeiter. Werth der Erzeugnisse 23 Mill. D. Hauptgegenstände Mehl und 700 Sechste Gruppe. Staaten des Kordwestens. Sägholz. Eisenbahnen 3515 Kil. Segel- und Dampfschiffe auf den Seen und Flüssen 54 mit 5300 T. Die Bevölkerung von 439 706 umschloss 1870 1,8 Proc. Farbige und Indianer, 28 Proc. im Staat und 37 Proc. im Ausland Geborene; unter den Letzteren waren 58000 Skandinavier, 43 968 Deutsche und Schweizer, 21746 Iren, 16,698 Canadier. Finanzen (1. Dec. 78): Steuerwerth 221, Schuld 0,57 (Gemeinden 4,8), Einnahmen 1,47, Ausgaben 1,56 Mill. D. Steuern (Staat und Gemeinden) 1,7 Proc. Schulen (1877) 3141, Schulausgaben 1,18 Mill. D., Schulbesuch 69 ^o, Colleges 5 mit 667 Schülern. Zeitungen 134. — Minn. kam 1783 mit dem Nordwest - Territorium an die V. St., wurde von diesen durch Landkäufe von den Indianern vervollständigt, 1849 als Territorium und 1857 als Staat zugelassen. Die Verfassung gibt das Wahlrecht Bürgern der V. St., welche 4 Monate im Staat verweilt haben. Die oberen Staatsbeamten und Senatoren (22) werden zweijährlich, die Repräsentanten (47) jährlich, die Richter alle 7 Jahre gewählt. Der Staat wählt 2 Repräsentanten in den Congress. S. Paul, 20030 E., Hauptstadt und grösste Stadt des Staates und Haupt- ort von Ramsey Cy., am n. Ufer des Mississippi, 10 Kil. unterhalb der Minnesota- Mündung, 14 Kil. unterhalb der S. Anthony Falls und damit am Ende der Schiffbarkeit des Mississippi, 3330 Kil. von der Mündung desselben entfernt. Auf 3 Stufen des Uferabfalles terrassenartig erbaut, von Hügeln umgeben. 5 Eisenbahnen. Flussschiffahrt. Handels- und gewerbthätig. Starker Verkehr mit den weiter nw. gelegenen Ansiedelungen am Red R. und Winnipeg-Gebiet. Sitz der State Reform School. 21 Zeitungen (1 deutsche). Still water, 4124 E., am Fluss und See S. Croix, am Ende der Schiffbarkeit des letzteren, 30 Kil. n.ö. von S. Paul. Holzhandel. 2 Zeitungen. 2 Eisenbahnen. — Plätze am Mississippi: Ft. Ripley, Posten der V. St., 24 Kil. oberhalb Little Falls. Saint Cloud, 2161 E., Stadt und Hauptort von Stearns Cy., Eisenbahnbrücke, Normal School. Holzhandel. 3 Zeitungen. St. Anthony, 5013 E., vereinigt mit Minneapolis, das 1870 für sich allein 13036 E. besass. Beide ca. 40000 E. (1878), 20 Sägmühlen, 5 Eisenbahnen, eiserne Brücke von 205 m. Hastings, 3458 E., Stadt und Hauptort von Dakota Cy., Eisenbahnkreuzung, Sägmühlen, Getreidehandel, Eisenbahnwerkstätten. 2 Zeitungen. Red Wing, 4260 E., am Lake Pepin, 2 Eisenbahnen, Getreidehandel. 2 Zeitungen. Win on a, 7162 E., Stadt und Hauptort von Winona Cy. Eisenbahnkreuzung. Hauptweizenmarkt des Staates. Gewerbthätig. Normal School. 2 Zeitungen. — Am Oberen See : Duluth, 3131 E., Stadt und Hauptort von S. Louis Cy., 1971 Kil. w. von Buffalo, an der Mündung des St. Louis R., ö. Endpunkt der N. Pacific, ausserdem Eisenbahn nach S. Paul. Erst 1869 angelegt. 4 Zeitungen. — Am Minnesota R. : Neu- Ulm, ca. 1000 E., Hauptort von Brown Cy., Eisenbahn. Handels- und gewerbthätig. Viele Deutsche in der Umgegend. 56 Kil. oberhalb Mankota, 3482 E. , Hauptort von Blue Earth Cy., 210 Kil. von Winona. Bedeutender Lokalhandel. 3 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. — Am Red R. Breckenridge, Dorf und Endpunkt der S. Paul -Pacific R. — Im SO. des Staates: Rochester, 3953 E., Stadt und Hauptort von Olmsted Cy., am Zumbro R. Eisenbahn nach Winona, das 80 Kil. entfernt ist. 3 Zeitungen. Faribault, 3045 E., Eisen- bahnkreuzung, Staat-Taubstummeninstitut, Episcopalian College. Gewerbreich. 2 Zeitungen. Owatonna, 2070 E., am Straight R., 145 Kil. w. von Winona, Eisenbahnkreuzung. 1 Zeitung. Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. 701 XXXII. Iowa (lo.), 2589 d. Q.M. (55045 e.), 1350 544 E. (1875). Zwischen dem Mississippi und dem Missouri gelegen, wird lo. begrenzt von Minnesota im N., Missouri im S., Illinois und Wisconsin im 0., Dakota und Nebraska im W. lo. ist durchaus Prärieland, die s. Verlängerung des Coteau des Prairies, welche wasserscheidend von N. hereinragt, ist selbst nur eine flache Wölbung. Die steilwandigen Flussthäler sind die einzige Unterbrechung in den weiten Ebenen. Alle Flüsse haben entweder s.w. oder s.o. Lauf Zum Mississippi-Gebiet gehören etwa ä/s, zu dem des Missouri \3 des Staates. Der grösste ist der Des Moines, Ausser ihm fliessen demselben noch zu Iowa und Cedar, Skunk und Maquoteka R. In den Missouri gehen Chariton , Grand und Big Sioux R. Der Staat ist reich an kleinen Seen. Das Klima ist extrem, aber in den einzelnen Jahreszeiten regelmässig, vorwiegend trocken, ohne dem Ackerbau ungünstig zu sein. Mittel- wärme 8—11", Niederschläge 900 — 1100 mm. Der W^ald ist spärlich, er be- deckt 14,1 Proc. Fast nur Laubwälder bzw. Haine, in denen Eichen, Gottonwood und Linden am häufigsten sind. Die ersteren bedecken die Tieflandstrecken der Flussthäler, während das zerstreute, hainartige Wachsthum den höheren Lagen eigen ist. Für den Ackerbau ist dieser Staat fast ausnahmslos sehr günstig be- anlagt, der Boden fruchtbar, bei seiner Flachheit leicht zu bebauen, das Klima regelmässig, nur manchmal zu trocken. Die einzige grosse Schädlichkeit sind die Heuschreckenschwärme, welche nicht selten verheerend auftreten. Getreide- ernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 156000, Hafer 42 000, Weizen 37 810, Gerste 5300; Werth 82 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 1680, Schafe 560, Schweine 2950, Pferde und Maulthiere 775; Werth 97 Mill. D. 1870 waren 26 Proc. des Staates in Anbau, '^/s der Bevölkerung widmet sich dem Ackerbau. Von Mineralschätzen sind Kohle (Fortsetzung des Missouri -Kohlenfeldes) und Blei hervorragend. Der Gewerbebetrieb beschäftigte 1870 899 Dampfmaschinen und der Werth seiner Erzeugnisse betrug 47 Mill. D. Haupterzeugnisse: Mehl, Säg- holz, Salz, Fleisch. Eisenbahnen 6620 Kil. Flussdampfer 40 mit 3009 T. Von den 1194020 E. in 1870 waren 0,5 Farbige, 36 Proc. im Staat und 18 Proc. im Ausland Geborene, unter den Letzteren 66160 Deutsche, 40124 Irländer, 28356 Skandinavier, 17 907 Britisch - Amerikaner. Finanzen: 1877 wurden 10,7 Mill. D. Steuern vom Staat und Gemeinden erhoben. Einnahmen 1,07, Ausgaben 1,06, Schuld 0,5 Mill. D. Schulausgaben ca. 5 Mill. D. 75 Proc. der Kinder besuchen Schulen. Zahl der Volksschulen 10296, Colleges gibt es 18 mit 3301 Schülern. Zeitungen 390. — Wahlberechtigt ist jeder 6 Monate im Staat sich befindende Bürger der V. St. Die oberen Beamten und Re- präsentanten (200) werden für 2, die Senatoren (49) für 4, die Richter für 4 und 6 Jahre gewählt. Die Gesetzgebung tritt alle 2 Jahre zusammen. lo. wählt 7 Repräsentanten in den Congress. Des Moines, 12035 E,, Hauptstadt des Staates und Hauptort von Polk Cy., am Einfluss des Raccoon in den Des Moines R., in hügeliger Lage, an der Chicago -Rock Island -Pacific -Eisenbahn. Gewerbthätig in Maschinen-, Papier- u. a. Fabriken. 14 Zeitungen. — Plätze am Mississippi: Mac Gregor, 3000 E., gegenüber Prairie du Chien, 96 Kil. oberhalb Dubuque. 3 Eisenbahnen, Eisenbahnwerkstätten. 4 Zeitungen. Dubuque, 18434 E. , 300 Kil. w. von Chicago, theilweis im Thalgrund, theilweis auf den Bluffs (65 m über Hoch- wasser) erbaut, Mittelpunkt der Bleiregion von lo. und Wisc. Starker Handel 702 Sechste Gruppe. Staaten des Nordwestens. und Verkehr. Episcopal Seniiiiary. 4 Eisenbahnen. 9 Zeitungen. Lyons, 3260 E., Stadt in Clinton Cy., 3 Kil. oberhalb Clinton, Chicago -NW. -Eisen- bahn kreuzt hier den Mississippi. Female College. 2 Zeitungen. Clinton, 6129 E.. Eisenbahnwerkstätten, Sägmühlen, Holzhandel. 3 Eisenbahnen. 5 Zeitungen. Stadt und Hauptort von Cl. Cy. Davenport, 20038 E., Stadt und Hauptort von Scott Cy., gegenüber Rock Island, 500 Kil. oberhalb S. Louis und 292 Kil. w. von Chicago. Eisenbahnbrücke nach Rock Island. Zusammen mit Rock Island und Des Moines der grösste Eisenbahnknotenpunkt am oberen Mississippi. Der Stapelplatz für den Getreidehandel des oberen Mississippi- Beckens. Wasserkraft. Fabriken von Ackergeräthen , Wollfabriken. Griswold College und ein katholisches College. 4 Zeitungen. Muscatine, 6718 E., Stadt und Hauptort von M. Cy., 48 Kil. unterhalb Davenport. Pork-Packing, Holzhandel. 4 Zeitungen. Burlington, 14 930 E., Stadt und Hauptort von Des Moines Cy., 332 Kil. w. von Chicago. Handelsthätig. Burlington University. 5 Eisenbahnen. 6 Zeitungen. Ft. Madison, 4011 E. , Stadt und Hauptort von Lake Cy., 38 Kil. oberhalb Keokuk, 30 Kil. unterhalb Burlington. Gewerbe und Handel. Staatsgefängniss. 2 Zeitungen. Keokuk, 12 766 E., Stadt und Hauptort von Lee Cy., oberhalb der Des Moines - Mündung, 332 Kil. oberhalb S. Louis, 1900 Kil. von New York. Endpunkt der Schiffahrt für die grössten Dampf- boote, am Fuss der unteren Stromschnellen. 4 Eisenbahnen, Eisenbahnbrücke, Giessereien, Dampfmühlen. 6 Zeitungen.. — Am Missouri: Sioux City, 3401 E., Stadt und Hauptort von Woodbury Cy. , am Endpunkt der schweren Dampf- schiffahrt, 155 Kil. w. von Council Bluffs und 520 Kil. w. von Dubuque. Supply Point des oberen Missouri-Gebietes, inmitten einer fruchtbaren Gegend. 3 Zeitungen. Council Bluffs, 10020 E. , Stadt und Hauptort von Potta- wattomie Cy. , im Thalgrund des Stromes, 5 Kil. von demselben, am Fusse steiler Bluffs, 770 Kil. von Chicago, gegenüber Omaha, dem Endpunkt der Union Pacific - Eisenbahn. 4 Eisenbahnen, worunter Chicago — Rock Island — Pacific. Eisenbahnbrücke über den Strom. Knotenpunkt eines starken Verkehrs. Staats- Taubstummenanstalt. 7 Zeitungen. — Am Des Moines R. : Fort Dodge, 3095 E., Stadt und Hauptort von Webster Cy., 207 Kil. w. von Dubuque. Wasser- kraft. V. St.-Landamt. 3 Eisenbahnen. 3 Zeitungen. Oskaloosa, 3204 E., Hauptort von Mahaska Cy. , in der Kohlen- und Eisenregion, 4 Eisenbahnen, 5 Kil. vom Fluss. 3 Zeitungen. Ottumwa, 5214 E., Stadt und Hauptort von Wapello Cy., 4 Eisenbahnen, Eisenbahnbrücke. Gewerbe und Handel. 4 Zeitungen. — Am Iowa R. : Iowa City, Stadt und Hauptort von Johnson Cy., 192 Kil. ö. von Des Moines, auf hohen Bluffs des bis hier schiffbaren Flusses. State University. 7 Zeitungen. — Am Cedar R.: Ce dar Falls, 3070 E., Stadt in Black Hawk Cy. , 4 Eisenbahnen, Wasserkraft, 160 Kil. w. von Dubuque. 2 Zeitungen. Water loo, 4337 E., Stadt und Hauptort von Black Hawk Cy., zu beiden Seiten des hier überbrückten Flusses. In einer der fruchtbarsten Gegenden des Staates. 4 Eisenbahnen. Eisenbahnwerkstätten. 148 Kil. w. von Dubuque. 3 Zeitungen. Cedar Rapids, 5940 E. , Stadt in Linn Cy., 5 Eisenbahnen, 350 Kil. von Chicago. Gewerbthätig. Starker Schiffs- und Eisen- bahnverkehr. 6 Zeitungen. — Kleinere Plätze : Fairfield, 2226 E., Hauptort von Jefferson Cy., am Big Cedar Creek. 4 Eisenbahnen. Female Seminary. 2 Zeitungen. Glenwood, 1294 E., Stadt und Hanptort von Mills Cy., 433 Kil. w. Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. 703 von Burlington. 1 Zeitung. Independence, 2945 E., Stadt und Hauptort von Buchanan Cy., am Wapsipinicon R., in fruchtbarer Umgebung, 110 Kil w. von Dubuque. 4 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Marshalltow n, 3218 E., Hauptort von Marshall Cy., 110 Kil. w. von Cedar Rapids, Eisenbahnkreuzung. 2 Zeitungen. Maquoketa, 1756 E., am Maquoketa R., 72 Kil. n. von Da- venport. Gewerbreich. Eisenbahnkreuzung. 2 Zeitungen. Waverly, 2291 E., auf beiden Seiten des Red Cedar R., Stadt und Hauptort von Bremer Cy. 2 Eisenbahnen. 2 Zeitungen. Winterset, 1485 E., Hauptort von Madison Cy., an einem Zweig der Chicago-Rock Isl.-Pacific-Eisenbahn, 42 Kil. w. von Somerset. 1 Zeitung. Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion, Vier Staaten und Territorien folgen in einer Reihe von N. nach S. auf ein- ander : Dakota, Nebraska, Kansas, Indianer-Territorium. Sie haben das Gemein- same, dass sie in das Grenzgebiet zwischen Prärie und Steppe fallen. Der oftgenannte 100. Längengrad (s. o. S. 228) durchschneidet sie fast in der Mitte. Ihre ö. Hälften gehören noch jener, ihre w. bereits dieser an. Im 0. sind sie fruchtbar und schon verhältnissmässig stark besiedelt, im W. sind sie nur mit Hülfe künstlicher Bewässerung in beschränkten Gebieten anbaufähig. In ihren ö. Hälften gehören sie zu den stärksten Mais- und Weizenerzeugern der Union (Kansas und Nebraska erzeugten 1877 5,5 Proc. der ganzen Weizen- und 10,2 Proc. der ganzen Maisernte). Sie sind als junge Staaten, abgesehen von dem unter besonderen Verhältnissen stehenden Indianer-Terr. , unter den raschest wachsenden: Kansas und Nebraska haben von 1860 — 70 ihre Bevölkerung nahezu vervierfacht. Diese beiden Staaten sind die ausschliesslichsten Prärie- und Steppenstaaten und werden immer zu den einseitigst ackerbauenden Gegenden der V. St gehören, da sie weder Wald noch grosse Mineralschätze oder Wasser- kräfte, noch vortreffliche Verkehrslagen besitzen. Dagegen reichen Dakota und Indianer-Terr. bereits in die östlichsten Ausläufer der grossen Gebirge des W. hinein und umschliessen mineralreiche Gebiete. In den beiden ersteren Staaten ist die indianische Bevölkerung ganz in die Peripherie zurückgedrängt, in den beiden anderen ist sie noch stark. Die weisse Bevölkerung umschliesst zahl- reiche Deutsche. Grosse Städte haben sich hier noch nicht entwickelt. Grosse Verkehrswege durchziehen dieses Gebiet, aber sie treffen hier nicht zusammen (Union Pacific - Eisenbahn , Missouri-, Kansas Pacific), da alle w. und ö. Rich- tungen einschlagen. XXXIII. Dakota (Dak.), 11 353 d.Q.M. (150 932 e.), 14 181 E. (1870). Liegt zwischen der canadischen Grenze im N., Nebraska im S., Minnesota und Iowa im 0., Wyoming und Montana im W. auf der Grenze zwischen Prärie und Steppe und entspricht in der Oberflächengestalt den Staaten Kansas und Nebraska , denen es sich als nördlichster Abschnitt des Grenzstriches zwischen Prärie und Steppe wie eine Fortsetzung nach N. hin anschliesst. Doch greifen in sein Gebiet schon grössere Erhebungen, theils Vorläufer des w. Hochgebirges, 704 Siebente Gruppe. Staaten und Territoren der Prärie- und Steppenregion. theils Theile der Hochebenen, ein, welche von N. her in die Prärieregion über- greifen. So haben wir die ca. 300 Q.M. bedeckenden und über 2000 m hohen Black Plills im SW., den Coteau des Prairies an der Ostgrenze, den Coteau du Missouri im SO., längst des die Südgrenze bildenden Missouri. Der Missouri durchfliesst in s.o. Richtung das ganze Gebiet, dessen Südostgrenze er bildet. Die übrige Südgrenze wird vom Niobrara und die Hälfte der Ostgrenze vom Red R. gebildet. Ausser dem letzteren kommen diese Flüsse sammt ihren Nebenflüssen wegen ihrer Wasserarmuth für die Schiffahrt nicht in Betracht, wenn auch der Missouri bei Hochwasser bis über die Westgrenze des Gebietes hinaus schiffbar ist. Von Seen finden sich einige grössere auf der Ostseite des Gebietes, welche noch an die Seenplatte hinreicht. L. Traverse und Miniwakon sind die bedeutendsten. Das Klima ist steppenhaft extrem und von 0, nach W. zunehmend trockener. In der ö. Hälfte genügt der Regenfall nicht mehr für den Ackerbau. Der Waldbestand wird zu nur 3 Proc. angenommen. Der Ackerbau hat in den letzten Jahren in der Osthälfte von Dak. stark zugenommen und sind es be- sonders die Thäler des Red R., Dakota R., Big Sioux u. a., welche vortrefflichen Weizenboden bieten. Leider fehlt aus der jüngsten Zeit jede genauere Statistik. 1870 gab es bereits 43000 A. angebautes Land mit 1720 Farmen. Ueber die Riesenfarmen dieser Region s. o. S. 261. Damals wurde der Werth der land- wirthschaftlichen Erzeugnisse auf 0,49 und der des Viehstandes auf 0,78 Mill. D. veranschlagt. Haupterzeugniss wird in immer grösserem Masse Weizen. Die Gewerbthätigkeit und der Handel sind bis jetzt unbedeutend. An Mineralschätzen sind die Black Hills reich , deren Goldwäschen seit 1875 ca. 5 Millionen ergeben qaben. Eisenbahnen sind nur 465 Kil. vorhanden ; Hauptlinie ist ein bis Bismarck reichender Ausläufer der N. Pacific R. R. Die Schulausgaben betrugen 1877 38000 D., Schulbesuch 58 Proc. Zeitungen 1878 24 (gegen 17 in 1877). — Die Bevölkerung, welche durch den Zuzug nach den Black Hills sich in Zahl und Zusammensetzung seit 1874 erheblich verändert hat, betrug 1870 14 181, worunter 4815 Ausländer, 999 Indianer und 90 Neger. Dak. ist 1861 als Territorium organisirt, nachdem die ersten weissen Ansiedelungen 1858/59 bei Vermillion, Yankton und Sioux Falls gemacht worden waren. Governor, Staatssekretär und Richter ernennt der Präsident der V. St. , während die übrigen Beamten durch Wahl besetzt werden. Yankton, 737 E., Hauptstadt des Territoriums und Hauptort von Yankton Cy. , am Missouri, 11 Kil. von der Einmündung des Dakota. Eisen- bahn. 4 Zeitungen. Fargo, am Red R. , inmitten der fruchtbarsten Weizen- region des Terr. , Pembina Cy., gegenüber der S.Paul-Eisenbahn. Bismarck, am Missouri, d. Z. Endpunkt der N. Pacific -Eisenbahn. V. St. -Forts längs des Missouri: Ft. Randell, Lookout, St. Pierre, Mandan. Custer City, neuer Platz in der Goldregion der Black Hills. XXXIV. Nebraska (Nebr.), 3618 d. Q.M. (75 995 e.), 257 747 E. (1875). Ist zwischen Dakota im N., Kansas und Colorado im S., Iowa und Missourri im 0., Wyoming im W. gelegen. Seine Oberflächengestalt ist gleich derjenigen von Kansas, mit Ausnahme des äussersten NW., in welchen die merkwürdige salzige Wüsten- region der Bad Lands oder Mauvaises Terres (s. Bd. I S, 594) hereinragt. Der Missouri bildet einen Theil der n. und die ganze ö. Grenze und empfängt inner- halb des Staates die Nebenflüsse Niobrara und Platte (oder Nebraska). Der Siebente Gtruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. 705 letztere ist der Hauptfluss des Staates, dem er mit Recht den Namen gegeben, und nimmt u. a. Elkhorn, Wood, Loup Fork auf. Der s. Theil von Nebr. ist von dem Republican Fork des Kansas R. durchflössen, der hier Big Blue, Big Sandy u. a. Zuflüsse aufnimmt. Klimatisch ist Nebr. gleich Kansas in eine fruchtbare Ost- und eine trockenere Westhälfte zu theilen. Die Regenmenge von Omaha u. a. Orten im 0. (800 — 1000) sinkt im W. des Staates auf die Hälfte. Die mittlere Jahreswärme ist im N. 8, im S. des Staates 12". Verderblich sind die Weststürme, welche besonders im Winter mit gewaltiger Kraft wehen und plötzliche grosse Temperaturerniedrigungen hervorrufen. Der Vegetations- charakter ist entsprechend diesen Verhältnissen im 0. die Prärie, im W. die Steppe. Der Wald, ausschliesslich Laubholz, nimmt nur 5,2 Proc. des Bodens ein. Der Ackerbau findet die gleichen Bedingungen wie in Kansas: er ist ohne Bewässerung nur in der ö. Hälfte des Staates möglich (vgl. o. S, 231). Gegenwärtig dürften ca. Vis des Staates in Anbau sein. Getreideernte von 1877 (in 1000 B): Mais 38500, Weizen 5640, Hafer 5400, Gerste 520 ; Werth 12,5 Mill. D. Viehstand 1877 (in 1000): Rinder 298, Schafe 62, Schweine 256, Pferde undMaulthierel26; Werth 17 Mill. D. Wie in Kansas tritt auch hier ein äusserster w. Theil des Missouri- Kohlenbeckens auf, aber in wenig ergiebiger Gestalt. Salz wird aus Seen und Quellen reichlich gewonnen. Die Gewerbthätigkeit ist wenig entwickelt. 1870 beschäftigte dieselbe 2300 Pferdekräfte und 2700 Arbeiter und erzeugte einen Werth von 5,6 Mill. D. Eisenbahnen (1877) 2060 Kil. und Flussdampfer (auf dem Missouri) 22 mit 4621 T. — Bevölkerung: Von 122,993 E. in 1870 waren 0,4 Proc. Farbige und Indianer (seit 1877 sind aber mehrere 1000 Farbige hier einge- wandert), 15 Proc. im Staat und 25 Proc. im Ausland Geborene. Von den letzteren waren 11547 Deutsche und Schweizer, 4999 Irländer und 2858 Skandinavier. — Finanzen (1. Dec. 78) : Steuerwerth 74, Einnahmen 0,90, Aus- gaben 0,88, Schuld 0,59 Mill. D. Staatssteuer 6 p. Mille. Schulen : Volksschulen 2496, Schulbesuch 62 Proc, Colleges 5 mit 478 Schülern, Schulausgaben 0,86 Mill. D. Zeitungen 113. Die Staatsbeamten und Senatoren sind für 2, die Repräsen- tanten für 1, die Richter für 4 — 6 Jahre wählbar. In den Congress sendet Nebr. 1 Repräsentanten. 1854 als Territorium organisirt, wurde Nebr. 1868 als Staat aufgenommen. Lincoln, 2441 E., Stadt und Hauptort von Lancaster Cy., s. vom Platte R. in fruchtbarer Umgebung. 5 Eisenbahnen, University, Agricult. College, Salz- werke, die die reiche Soole benachbarter Salzquellen verarbeiten. 8 Zeitungen. Omaha, 16083 E., Stadt und Hauptort von Douglas Cy., oberhalb der Mündung des Platte R. in den Missouri, am w. Ufer des letzteren, gegenüber Council Bluffs, ö. Endpunkt der Union Pacific R. R. , Eisenbahnbrücke über den Missouri. Bei Hochwasser ist Dampfschiffverbindung mit dem 1310 Kil. entfernten S. Louis möglich. 0. liegt auf 15 m über dem Fluss sich erhebendem Plateau. Durch seine Lage am Endpunkte der Pacific-Bahn und als einer der am weitesten nach W. vorgeschobenen grösseren, gewerb- und handelthätigen Plätze ist es ein Supphjing Centre für die Steppen- und Gebirgsterritorien bis Salt Lake City hingewordeu. 5 Eisenbahnen. 14 Zeitungen. Nebraska City, 6050 E. , Stadt am Missouri, Hauptort von Otoe Cy. , 137 Kil. s.o. von Omaha. 3 Eisenbahnen. 5 Zeitungen. Plattsmouth, 1944 E. , Dorf und Hauptort von Cass Cy. , am Einfluss des Platte R. in den Missouri. Eisenbahn- R a t z e 1 , Amerika II. 45 706 Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. kreuzung. 5 Zeitungen. Brownville, 1305 E., Hauptort von Nemaha Cy., am Missouri, im SO. des Staates, 10 Kil. oberhalb Nemaha. 2 Zeitungen. Niobrara^ Hauptort von Knox Cy. , an der Mündung des Niobrara in den Missouri. Fremont, 1195 E., am Platte E. und der Union Pacific -Eisenbahn, Kreuzung von 3 Eisenbahnen, 75 Kil. nw. von Omaha. 1 Zeitung. XXXV. Kansas (Kans.), 81318 e. Q. M. , 528437 E. (1875). Grenzen: Nebraska im N., Indianer - Territorium im S., Missouri im 0., Colorado im W. Der Boden von Kans. ist durchaus von der Natur des Prärie- und Steppenbodens, eine wellige Ebene, die allmählich von 0. nach W. von 200 auf 1000 m zu an- steigt und von den breiten Thälern der meist nach SO. zu fliessenden Gewässer durchschnitten ist. Die letzteren gehören alle dem System des Mississipi an, und zwar fliessen sie diesem durch die drei grossen Zuflüsse des Missouri, Kansas und Arkansas zu. Der Kansas nimmt den Saline, Solomon, Republican Fork, der Arkansas den Neosho auf. Das Klima ißt innerhalb der Staatsgrenzen zwischen 0. und W. sehr verschieden. Der 0. hat genügend feuchtes, der W. bereits steppenhaft trockenes Klima. Der scharfe Gegensatz der Jahreszeiten ist beiden gemein, aber er ist schärfer im W. als im 0. Leavenworth, das den 0. repräsentiren kann, hat 11,5 mittlere Jahreswärme, 22 ® Unterschied zwischen mittlerer Sommer- und Wintertemperatur und bis zu 1200 mm Niederschläge. Im W. geht die Regenmenge nicht über 700 mm hinaus und die Extreme des Winters und Sommers erreichten z. B. in Osage Cy. bereits 27*^. Die geringe Procentzahl des Waldbodens, 5,6 Proc, zeigt zur Genüge, dass das Klima dem Waldwuchs ungünstig. Derselbe gehört im Allgemeinen nur den Thalniederungen an. Ueber die ackerbaulichen Möglichkeiten dieses Gebietes s. o. S. 229. Nur die Osthälfte kann für den Ackerbau ohne künstliche Bewässerung in Betracht kommen, und hier kommt viel guter Boden vor; die Westhälfte hat bis jetzt nur Werth als Weideland, und beschränkte Strecken können mit grossem Capital der künstlichen Bewässerung zugänglich gemacht werden. 1877 war höchstens Vio in Anbau. Getreideernte von 1877 (in 1000 B.): Mais 98900, Weizen 14400, Hafer 12200, Roggen 2410, Gerste 1910; Werth 36 Mill. D. Yiehstand 1877 (in 1000): Rinder 800, Schafe 156, Schweine 431, Pferde und Maulthiere 264; Werth 33 Mill. D. An Mineralschätzen ist Kans. arm. Die äussersten Enden des Missouri-Kohlenbeckens erstrecken sich über seine Grenzen, doch scheint es nicht, dass bauwürdige Flöze vorhanden. Gross scheint der Salzreichthum zu sein. 1870 gab 254 Dampfmaschinen und 6844 Arbeiter, die gewerblich beschäftigt waren. Der Werth ihrer Erzeugnisse war 11,7 Mill. D. Bloss Mehl erreicht eine beträchtliche Ziffer. Eisenbahnen 3770 Kil. Flussdampfer gehören diesem Staate keine an, wiewohl schiffbare Flüsse vorhanden. — Be- völkerung: Unter 364399 E. hatte Kans. 1870 7,3 Proc. Farbige, 17 Proc. im Staat und 13 Proc. im Ausland Geborene. Unter den Letzteren waren 12 775 Deutsche und 10950 Irländer. Finanzen (1. Juli 78): Steuerwerth 138, Ein- nahmen 1,20, Ausgaben 1,27, Schuld 1,18 Mill. D., Staatssteuern 0,5 Proc. Schulen (1877): Schulausgaben 1,33 Mill. D., Schulbesuch 68 Proc, Volks- schulen 3800, Colleges 8 mit 925 Schülern. Zeitungen 171. — Kans. (früher Theil des Nebraska-Territoriums) wurde 1858 nach heftigen Kämpfen zwischen Freesoilers und Sklavenpartei ausgeschieden und als Staat aufgenommen. Seit 1878 hat dunh Zuwanderung aus dem S. seine farbige Bevölkerung sehr Siebente Gruppe, Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. 707 stark zugenommen. Zum Wahlrecht ist V2 jähriger Aufenthalt im Staate noth- wendig. Oberheamte und Senatoren (25) werden für 2, Repräsentanten (75) für 1 Jahr, Richter für 6 und 4 Jahre gewählt. Die Gesetzgebung tritt jährlich zusammen. In den Congress sendet der Staat 2 Repräsentanten. Topeka, 5790 E., Hauptstadt des Staates und Hauptort von Shawnee Cy., am Kansas R., 48 Kil, w. von Lawrence und an der Kreuzung der Kansas Pacific- mit der Atchinson-Topeka-Santa Fe-Eisenbahn. V. St. -Landamt. Mühlen, Giesserei, Eisenbahnwerkstätten. Lincoln College und T. Female Institute. In der Nähe Steinbrüche und Kohlenlager. 8 Zeitungen. — Städte am Missouri : Pa ola, 1811 E., sw. Hauptort von Miami Cy., Eisenbahnkreuzung, 72 Kil. sw. von Kansas City. 3 Zeitungen. Wyandotte, 2940 E., in der Nähe der Mündung des Kansas R., 7 Kil. von Kansas City. Eisenbahnkreuzung. 2 Zeitungen. Leavenworth, 17 873 E., Stadt und Hauptort von L. Cy., 5 Eisenbahnen, Eisenbahnbrücke, in fruchtbarster Umgebung, 62 Kil. von Kansas City. Handels- mittelpunkt für einen grossen Theil des W., der von hier seine Waaren bezieht. Sägmühlen, Maschinen Werkstätten. Grösste Stadt im Staate. Zwei Corbmercial Colleges, ein Female Seminary. 16 Zeitungen. —Am Kansas R. : Lawrence, 8320 E., Stadt und Hauptort von Douglas Cy. Eisenbahnkreuzung. Gewerbe. State University. 8 Zeitungen. Lecompton, 971 E., Gemeinde in Douglas Cy., 16 Kil. nw. von Lawrence L. Fort Riley, 560 E., am Zusammenfluss des Smoky Hill und Republican Fork. Fort der V. St. Eisenbahn. Sali na, 918 E., am Smoky Hill Fork. V. St. - Landamt. 1 Zeitung. Eisenbahn. Brookville, 24 Kil. w. von Salina, eine der vorgeschobensten Ansiedelungen an der Kansas Pacific -Eisenbahn. Ottawa, 2941 E., von Franklin Cy., am Osage R. Eisen- bahnkreuzung. 2 Zeitungen. — Am. Wege nach Texas (vorz. Missouri -Ft. Scott - Gulf R. R.) : Fort Scott, 4174 E., Stadt und Hauptort von Bourbon Cy., 156 Kil. von Kansas Cy. Eisenbahnkreuzung. Holz- und kohlenreiche Umgebung. Bedeutender Handelsplatz für den SW. , Giesserei, Mühlen etc. 6 Zeitungen. Baxter Springs, 1284 E., Dorf in Cherokee Cy., 240 Kil. von Kansas City, nahe der Eisenbahn, Ladeplatz für texanisches Vieh, in holz- und wasserreicher Umgebung, Bleiminen in der Nähe. 2 Zeitungen. Emporia, 2168 E., Dorf in Lyon Cy., Eisenbahnkreuzung, am Neosho R., 98 Kil. sw. von Topeka. 1 Zeitung. XXXVL Indianer -Territorium, 3328 d. Q.M. (68901 e.), ca. 71000 E. (1878). Liegt zwischen Kansas und Colorado im N. , Texas im S., Texas und Colorado im W., Missouri und Arkansas im 0. Seiner Oberflächengestalt nach gehört der grösste Theil dieses Gebietes der schiefen Ebene an, welche von den Gebirgen des W. sich allmählich gegen das Thal des Mississippi zu abdacht. Hügelgruppen, meist vulkanischer Natur, wie die Washita, Sans Bois und Poteau Mts., unterbrechen die Einförmigkeit des welligen Prärie- und Steppen- bodens in der Region zwischen Red R. und Canadian R. Die Flussthäler sind tief eingeschnitten. Der Arkansas durchfliesst das Gebiet in s.o. Richtung und empfängt hier an Nebenflüssen den Cimarron, Canadian, Verdigris und Neosho, während der Washita dem Red R. des S. zufliesst, welcher den grössten Theil der Südgrenze bildet. Das Klima ist warm und trocken. Im SO. , wo es am wärmsten, herrscht eine Mitteltemperatur von 15", im NW. von 13". Die Regenmenge nimmt von 1300 im SO. auf 875 in der Mitte und weniger als 45* 708 Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- nnd Steppenregion. 450 im W. ab. Der Vegetationscbarakter ist der der Prärie und der Steppe. Der Waldbestand beträgt nur 8 Proc. In der w. Hälfte ist das Territorium ganz holzarm; in der ö. ist der einzige ziemlich gut bewaldete Strich der Bezirk der Choctaws , der 50 Proc. Wald haben soll. Für den Ackerban sind daher die Bedingungen sehr ungleich vertheilt. Der 0. ist ungleich günstiger begabt als der W. Es dürfte nicht viel mehr als Vs des Gebietes ohne künstliche Bewässerung anbaufähig sein und der Rest umschliesst viel unfruchtbares Land. Das Committee des ersten General Council des Ind. Terr. von 1870, dem die Auf- gabe gestellt wurde, über die Hülfsquellen und Bedürfnisse des Ackerbaues im Ind. Terr. zu berichten, bedauerte zwar sagen zu müssen, dass es keine Daten besitze, „welche es befähigen, auch nur oberflächlich die Menge des Landes zu bestimmen, welches innerhalb der Grenzen desselben unter Anbau sich befindet," gab aber doch zu, dass ein grosser Theil des Territoriums anbau- fähig sei und dass der Ackerbau innerhalb der Grenzen desselben noch einen grossen Aufschwung erwarten lasse. Von den verschiedeneu Stämmen werden die Cherokees, Chickasaws, Choctaws, Creeks, Delawares, Ottawas, Quapaws, Seminoles, Senecas, Shawnees, ferner die conföderirten Peorias, die Kaskaskias, Piankeshaws und Weas als dem Ackerbau und der Viehzucht sich widmend geschildert, während die Osages, Foxes, Sacs und der Rest erst anfangen aus dem nomadischen Leben herauszutreten. Das Haupterzeugniss des Acker- baues ist Mais, welcher trotz der mangelhaften Culturweise 30 — 60 B. p. A. mittleren Ertrags liefert; Weizen wird wegen der grösseren Sorgfalt, die sein Anbau erfordert, und wegen des Mangels an Mühlen weniger gebaut. Die Baum- wollencultur war früher bedeutend in den Thälern des Red, Arkansas und Canadian R,, ging aber während des Krieges zurück; 1870 wurde die Baum- wollenernte der Chickasaws auf 5000 Ballen geschätzt. Die Viehzucht, welche nach Bodenbeschaffenheit und Volkscharakter der hervorragendste Zweig der Wirthschaftsthätigkeit im Territorium sein sollte, ist durch den Krieg mehr als jeder andere gebrochen. Bezüglich der allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnisse sind für 1875/76 in den amtlichen Berichten folgende Angaben gemacht : Die Zahl der von den Indianern und Mischlingen im Ind. Terr. bearbeiteten Felder belief sich auf 217000 A., ihr Viehstand auf 118000 Pferde, 779000 Rinder und 204000 Schweine, das Erträgniss ihres Ackerbaues auf 52 000 B. Weizen, nahezu 2 Mill. B. Mais, 35000 B. Hafer und Gerste, 87000 T. Heu; an Holz wurden 6^3 Mill. F. gefällt und versägt, für 107 000 D. Felle, vorzüglich Büffel, verkauft. An Eisenbahnen besass das Gebiet 1878 440 Kil. Die 4 Haupt- stämme des Gebietes : Cherokees, Creeks, Choctaws und Seminolen, verausgabten 1877 155332 D. für Schulzwecke. Mehrere Zeitungen werden in indianischer Sprache veröffentlicht. Die Regierung des Territoriums ist noch immer nicht geordnet. Eine 1865 von Abgesandten der Hauptstämme entworfene Verfassung blieb Entwurf. Der Bericht des Commissioner of Indian Affairs für 1875/76 spricht sich über die wünschenswerthe Form der Regierung des Ind. Terr. in folgender Weise aus: „Das erste Bedürfniss dieses Territoriums ist heute eine möglichst einfache Regierung und meiner Meinung nach würde diesem Territorium am besten eine Regierung entsprechen , sowohl wegen ihrer Einfachheit als Billigkeit, wie sie einst für das Territory of the U. S. Northicest of the Biver Ohio eingerichtet wurde. Dieselbe bestand aus einem Governor, einem Sekretär Siebente Gruppe. Staaten und Territorien der Prärie- und Steppenregion. 709 und Richter, welche die Ermächtigung besassen, in dem Territorium diejenigen Gesetze der V. St., bürgerliche und Strafgesetze, zur Anwendung zu bringen, welche sie für nothwendig und den Umständen des Territoriums am besten augepasst hielten ; diese Gesetze mussten von Zeit zu Zeit dem Congress vorgelegt und konnten nicht anders aufgehoben werden als unter Billigung dieser Körper- schaft; der Governor hatte die Macht, Richter und andere noth wendige bürger- liche Beamte zu ernennen. Der abnorme Zustand des Territoriums, in gesell- schaftlicher sowohl als politischer Hinsicht, lässt eine Regierungsform wie die eben beschriebene den Umständen und Bedürfnissen viel besser angepasst erscheinen, als eine auf Wahl und Vertretung beruhende es noch für Jahre hinaus sein kann. Von den 71000 Indianern sind alle bis auf 7000 so weit in der Cultur vorgeschritten, dass sie eine Regierung dieser Art schätzen und davon Nutzen ziehen können. Der Rest von wilden und ganz ungebildeten Stämmen würde seinerseits die Wirksamkeit derselben in den Einschränkungen zu fühlen haben, welche sie ihm auferlegt, und der Erziehung, die sie ihm angedeihen liesse. Eine auf Wahlen begründete Verfassung würde Vertreter von 35 ver- schiedenen Stämmen zusammenbringen, denen jedes Gesetz und jede Diskussion in eben so viele verschiedene Sprachen übersetzt werden müsste. Aber ein ernsthafteres und wahrscheinlich geradezu verderbliches Hinderniss würde in den Eifersüchteleien der verschiedenen Gruppen und Stämme zu fürchten sein, welche um so stärker, je grösser die Unwissenheit ist. Dieselben würden die meisten, wenn nicht alle Beschlüsse eines Vertretungskörpers unter diesen 35 Völkchen praktisch werthlos machen. Jene einfache Regierungsform kann stark und wirksam gemacht werden und wird das Experiment eines sich selbst regie- renden Bundes unmöglich machen, für welches die Indianer nicht reif sind und welches sicherlich in Streit und Unordnung auslaufen würde. Jedenfalls müsste aber dafür gesorgt werden, diese Regierung so weit einzuschränken, dass ihre einzige Funktion darin besteht, Gesetze zu machen und anzuwenden für die Verhinderung der Eindrängung Weisser, den Schutz der Rechte und Interessen der Indianer nach aussen und die Abgrenzung und Ausführung der Verpflichtungen, welche die Indianer gegen einander haben. Diese selbe Regierung müsste ver- hindert werden, irgend welche Rechte oder Privilegien an Einzelne oder Körper- schaften zu verleihen, welche nicht gesetzlich Glieder eines der Indianerstämme des Territoriums sind." Der Bericht der Indian Commissioners für 1876/77 ^) entwirft folgendes statistische Bild der Verhältnisse unter der Bevölkerung des Ind. Terr. im Jahre 1876: I. Zahl. A. Reine Indianer : 18672 Cherokees, 16000 Choctaws, 14000 Creeks, 5800 Chickasaws, 2679 Osages, 2553 Seminolen, 2209 Cheyennes, 2026 Pawnees, 1703 Arapahoes, 1738 Comanches, 1090 Kiowas, 854 Shawnees, 580 Caddos und Delawares, 443 Kaws, 417 Sacs und Foxes, 373 Apaches^ 312 mexikanische Kickapoos, 258 Wyandottes , 240 Senecas, 235 Quapaws, 217 Wichitas, 202 conföderirte Kaskaskias, Piankeshows, Weas, Peorias und Miamis, 155 Keechies und Wacos, 140 Ottawas, 131 Pottawatomies, 117 Modocs, 100 Tawacanies; zusammen 73266, B. Mischlinge: 11000 bei den Choctaws, 10010 bei den Cherokees, 3000 bei den Creeks, 1800 bei den Chickasaws, 244 bei den Osages, je 100 bei den Seminolen und Pawnees, 504 bei verschiedenen 1) Execut. Doc. 2^ Session ii^^ Congr. ßepr. Secr. Interior Vol. I. 381 f. 710 Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. kleineren Stämmen; zusammen 26 658. Von den Vollblut-Indianern sind Männer 35806, weiblich 37460. Bei den Mischlingen ist das Geschlecht nicht angegeben. Tahlequah, Hauptort des Volkes der Cherokee, 800 E. Keine Kirchen. „Alle Coüfessionen halten ihre Kirche in der Freimaurerhalle." Zeitung: The Cherokee Advotate. Auf einer Anhöhe bei der Stadt das State Capitol, das im Gesammtansehen etwa einem besseren Court-House im Inneren von Missouri oder Illinois entspricht. Eisenbahn. 1 Zeitung. Ockmulgee, Hauptort des Volkes der Muskegee, Weiler von 50 Block- und 4 als Kaufläden benützten Backsteinhäusern. In der Mitte eines öffentlichen Platzes das Capitol, ein doppeltes Blockhaus unter einem Dach. 1 Zeitung. Von Forts der V. St. sind Gibson, Arbuckle, Towson,Washita hervorzuheben, die in gewöhnlichen Zeiten eine Garnison von zusammen etwa 1500 Köpfen haben. Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. 2 Staaten und 6 Territorien erfüllen den Raum, der zwischen 49 und 30 <> n. Br. und zwischen dem Kamm der Sierra Nevada und den ö. Ausläufern der Felsengebirge von den mächtigen Hochländern und Hochgebirgen der Cordilleren- Region eingenommen ist. Hochebene und Hoch gebirg ist allen gemeinsamer Grundzug der Bodengestaltung, trockenes und extremes Klima theilen sie ebenfalls alle, ihr Pflanzenkleid ist überall steppenhaft, wo nicht Flüsse von den Gebirgen her Feuchtigkeit bringen oder ihre Gebirge sich in höhere nieder- schlagsreichere Luftschichten erheben. Sie sind alle waldarm und in keinem von ihnen ist der Ackerbau anders als oasenhaft bei künstlicher Bewässerung möglich. Dagegen sind sie reich an Metallen. Fast die ganze gewaltige Silber- erzeugung der V. St. und ein grosser Theil ihrer Gold- und Bleierzeugung ruht auf ihnen. In allen ist die Mehrzahl der Bevölkerung mit Bergbau und den damit zusammenhängenden Gewerben beschäftigt. Nur Utah, diese grosse Oase, scheint bis heute noch eine Ausnahme zu machen. Schiffbare Flüsse fehlen fast ganz. Die Bevölkerung ist noch auf einer niedreren Culturstufe als in irgend einem anderen Theile der V. St. Nirgend sind die wilden Indianer so zahlreich wie hier. Der Erwerb der Weissen ist vielfach ein mit vielen Schwierigkeiten verknüpfter und unsicherer. Die Gesellschaft ist sehr jung, denn die ältesten festen Ansiedelungen sind kaum 30 Jahre alt. In den 3 südlichsten der hier in Betracht kommenden Gebiete linden sich noch in der Bevölkerung erhebliche Reste der Mexikaner, denen dieselben bis 1848 politisch zugehörten. XXXVH. Montana (Mont.), 6766 d. Q.M. (143776 e.). Grenzen: Britisch- Amerika im N., Wyoming im S , Dakota im W., Idaho und Washington im W. Gleich Wyoming und Colorado gehört Mont. im W. den höchsten Theilen des Felsen- gebirges an, während im 0. noch die Steppe und die kleineren Gebirgsausläufer in seine Grenzen fallen. Das Felsengebirge durchzieht sein Gebiet in zwei grossen Gebirgsmassen, welche durch eine Reihe von hochgelegenen Thälern von einander gesondert sind. Die Gesammthöhe des Gebirges ist bedeutend niedriger als in Col. und Wyom. (Mt. Kishnena 2614), aber die Pässe haben Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. 711 noch immer 2000 bis über 2300 m Höhe. Die durchschnittliche Höhe der Thäler sinkt nicht unter 1000 m, aber die Steppe ist bedeutend niedriger als weiter s., sinkt bis 800 ra. Missouri und Columbia haben hier ihre Quellgebiete und zwar liegt die Wasserscheide auf dem ö. der beiden Gebirgszüge. Missouri selbst, Flathead und Kootenay sind die Hauptflüsse. Von Seen sind Kalispelm und Flathead die grössten. Das Klima ist trocken, aber bei geringerer Meeres- höhe wärmer als in den mehr s. Gebirgsregionen. Mittlere Jahreswärme in 1000 — 1200 m 8,5-70, Niederschläge 4 — 500 mm. Soweit sich bis jetzt ab- sehen lässt, ist für den Ackerbau ohne künstliche Bewässerung wenig zu hoffen, aber für die Viehzucht scheint Mont. günstige Verhältnisse zu bieten. Der Werth des Viehstandes betrug 1876 2,9 Mill. D. Die Zahl der Rinder ist 160647, der Schafe 51558. Der Ackerbau erzeugte (in 1000 B.) 195 Weizen, 303 Hafer, 112 Kartoffeln, 39 000 T.Heu, 100000 Pfd. Wolle. Es gab 10 Mahl-, 32 Säg- und 30 Quarzmühlen. Haupterwerbszweig der Bevölkerung ist zunächst nur der Bergbau. Mont. lieferte 1877 ca. 2 Mill. D. Gold und 0,8 Mill. D. Silber. Finanzen : Steuerwerth 9,9, Einnahmen 0,050, Ausgaben 0,027, Schuld 0,117, Schulausgaben 0,054 Mill. D. Schulbesuch 90 Proc. 12 Zeitungen. Die nicht-indianische Bevölkerung bestand 1870 aus 18306 Weissen, 1949 Chinesen, 183 Farbigen. Von den Weissen wären nur 9 Proc. im Territorium geboren, 1635 stammten aus Irland, 1233 aus Deutschland und 1172 aus Britisch- Nordamerika. Das Territorium wurde 1864 als solches organisirt. Deer Lodge City, 788 E., Hauptstadt des Territoriums und Hauptort von Deerlodge Cy., am Hellgate R., 99 Kil. sw von Helena, in einem malerischen Thale. Virginia City, 867 E., Hauptort von Madison Cy., am Alder Creek, im oberen Missouri-Gebiet, 190 Kil. s. von Helena, 1740 m über dem Meere. Goldreiche Um- gebung. Helena, 3106 E., Stadt und Hauptort von Lewis und Clarke Cy., in 1300 m Meereshöhe, 50 Kil. ö. von Missouri. 4 Zeitungen. Inmitten der reichsten Goldminen des Territoriums. Bozeman, am East Gallatin R. Gold- und kohlenreiche Umgebungen. Feste Garnisonen der V. St.: Ft. Benton am Mis- souri (bis hierher können bei Hochwasser Dampfer gehen), Ft. Owen am Bitter Root, die Fts. Smith und Sarpy am Yellowstone. XXXVIII. Wyoming (Wyo.), 97980 e. Q. M., 9118 E. (1870). Liegt zwischen Montana im N., Colorado und Utah im S., Dakota und Nebraska im 0., Montana, Idaho und Utah im W. Wyo. ist im Ganzen ein gebirgiges Terr. Von dem flach welligen Steppenlande, das hier wie in Colorado dem Felsengebirge vorgelagert ist, gehört nur ein schmaler Streif zu Wyo. und selbst dieser ist schon hoch gelegen. Am Fuss des Felsengebirges befindet man sich in Cheyenne bei 1850 m Höhe. Selbst diese Steppe ist noch unterbrochen durch die Black Hills, deren w. Theil noch in die Grenzen dieses Gebietes fällt. Das Felsen- gebirge unterbricht hier der South Pass, durch den der Sweetwater R. nach dem North Platte hinausfliesst. Indem dadurch der in Colorado festgehaltene geschlossene Charakter aufgegeben wird, zerfällt das Gebirge in eine Reihe von Ketten und Gruppen, von denen die bedeutendste die Wind R. -Gruppe, die ' Heart und Big Hörn Mts. n. vom Sweetwater R., die Laramie, Black, Elk und Medicine Bow Mts. s. von demselben. In der Höhe sehr verschieden ist ihnen allen gemein die Grundlage einer zu 1700 — 2000 m ansteigenden Hochebene, die in den Laramie Plains u. a. kleineren Ebenen als vollkommene Steppe zur Er- 712 Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. sclieinung kommt. Die Flüsse haben alle den Charakter von Gebirgsfiüssen, auch dort, wo sie das Gebirge bereits verlassen haben. Der grösste Theil ge- hört dem System des Missouri, der kleinere im SW. dem des Colorado zu. Einige der grössten oberen Zuflüsse des ersteren, wie North Platte, Niobrara, Big Sheyenne, Zuflüsse des Yellowstone, wie Big Hörn und Powder R., gehören dem Terr. an, während im SW. der Green R. und Yampa dem Colorado zu- fliessen. Das Klima ist durch die Höhenlage zugleich Hochebenen- und Steppen- klima: Extrem, kühl und trocken. Am Fuss des Felsengebirges herrscht eine mittlere Jahrestemperatur von 2 — 3^ C, die im SW, sich zu 6 und im 0. zu 1'^ erheben. An der Ostgrenze ist die Regenmenge 400, im Inneren des Terr. er- hebt sie sich nicht über 300 mm. Die Pflanzendecke ist die der Steppe und nur in der nächsten Nähe der Flüsse und auf den Kämmen der Gebirge erscheint der Waldwuchs, dessen Procentzahl auf 8 geschätzt wird. Das dem Ackerbau zugängliche Land ist sehr beschränkt, da überall künstliche Bewässerung nöthig (s. 0. S. 232). 1870 gab es 175 Farmen, von denen aber 164 unter 10 A. gross waren und die im Ganzen nicht mehr als 338 A. angebautes Land umschlossen. Der grösste Theil der Brotstoffe wird zugeführt, da der Getreidebau nicht mit Vortheil zn betreiben. Ergiebiger ist die Viehzucht, die 1877 90000 Rinder und 68000 Schafe zählte. Wyo. enthält Braunkohlen, Eisen und Gold (1876 700000 D.). Gewerbe und Handel nur von örtlicher Bedeutung. Eisenbahnen gibt es 745 Kil., die den beiden Hauptlinien Denver-Cheyenne und Union Pacific angehören. Finanzen (1877) : Steuerwerth 9,27, Einnahmen 0,052, Ausgaben 0,050, Staatssteuer 0,027 Mill. D. Schuld des Terr. ist nicht vorhanden. Schulaus- gaben 0,016 Mill. D. Zahl der Schulbesuchenden 1690. 7 Zeitungen. — Die Be- völkerung bestand 1870 ausser aus ca. 2400 wilden Indianern aus 8726 Weissen (worunter 1102 Irländer und 652 Deutsche), 183 Schwarzen, 143 Chinesen und 66 Indianera Der Council besteht aus 9, das Repräsentantenhaus aus 13 Mit- gliedern. Governor und Staatssekretär werden vom Präsidenten der V. St. er- nannt. Wyo. ist 1865 als Territorium organisirt worden und verdankt seine Bevölkerung und damit seine Existenz fast nur der Pacific - Bahn, die mitten durch sein Gebiet hindurchführt. Hauptort Cheyenne City, 1450 E. , an der Kreuzung der Union Pacific mit der von Denver kommenden Linie , Hauptort von Laramie Cy. , 825 Kil. von Omaha. In der Nähe Kohlen- und Eisenlager. 3 Zeitungen. Weiter liegen noch an der Eisenbahn die unbedeutenden Ansiedelungen Laramie, Benton City, Ft. Steele, Green R. Station (am Green R.) und Aspen, alles Eisenbahnstationen. Im N. des Staates Ft. Fetterman, Ft. Laramie und Ft. Connor. Hier auch auf der Grenze gegen Montana die berühmte Reser- vation des Yellowstone Park mit den grossartigen Geisern, Sinterquellen u.dgl. XXXIX. Colorado (Col.) 4917 Q. M., 39 864 E. Grenzt im N. an Wyoming und Nebraska, im S. an Neu-Mexico und das Indianer-Terr., im 0. an Kansas und Nebraska, im W. an Utah. Der w. Theil, etwa 7? des Ganzen, gehört dem Felsen- gebirge , der ö. dem Steppenhochlande an, das dem Gebirge vorgelagert ist. Die verschiedenen Ketten und Gruppen des Felsengebirges (s. Bd. I S. 71) umschliessen innerhalb der Grenzen dieses Gebietes die höchsten Berge, welche ö. von der Sierra Nevada vorkommen (Bianca Peak 4394 M.), und der ganze Gebirgsbau ist steiler und massiger als in irgend einem anderen Tlieile der Union. Eigenthüm- Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. 713 lieh sind die weiten Thäler, welche in 2500— 3000 m Höhe im Gebirge vor- kommen (Parks). In dem noch wenig bekannten äussersten W. des Gebietes gehen dieselben in steppenhafte Hochebenen über. Eine Anzahl von kleineren (meist wohl vulkanischen) Berggruppen ist ö. dem Felseugebicge vorgelagert. Die Steppe ist in der Nähe des Gebirges hügelig, weiter hinaus wird sie eben so einförmig wellig wie in Kansas oder Nebraska. Die Flüsse von Col. gehen theils zum Missouri und Arkansas, theils zum Colorado. Die hauptsächlichsten sind der s. Arm des Platte R., der obere Arkansas mit dem Purgatorio, der Grand R. und der obere Rio Grande. Die mittlere Jahrestemperatur am Fuss des Felsengebirges ist 8 — 10**, die Extreme sind sehr scharf, die Niederschläge, welche hauptsächlich im Frühling und Herbst fallen, schwanken zwischen 300 und 700 mm und lassen den Sommer trocken. Die Vegetation ist die der Steppe und die 10 Proc. Wald, die für diesen Staat angegeben werden, gehören fast ganz dem Gebirge an, in welchem zwischen 2500 und 3500 m eine werthvolle Waldzone hinzieht. Für den Ackerbau ist nur ein sehr kleiner Theil des Staates verfügbar, weil überall künstliche Bewässerung nothwendig (s. o. S. 230). Der Werth der Ackerbau-Erzeugnisse wurde 1877 zu 3,2, der Rinder nnd Pferde zu 7,4, der Wolle zu 0,75 Mill. D. angegeben und Grundsteuer wurde für 1,5 Mill. A. bebautes Land gezahlt. Die Mineralschätze sind hauptsächlich Gold, Silber, Blei und Braunkohle. 1877 wurden an Gold und Silber 7,5, an Kohle 0,6 Mill. D. gewonnen. Von Gewerbthätigkeit ist nur diejenige nennenswerth , welche mit dem Bergbau und der Metallgewinnung zusammen- hängt. Anfang 1878 gab es 1672 Kil. Eisenbahnen, wovon 610 Kil. schmal- spurig. Der Steuerwerth betrug (1877) 45,7, Einnahmen 0,15, Ausgaben 0,19, Steuern 0,155 Mill. D. Die Schulausgaben betrugen 1877 0,215 Mill. D., der Schulbesuch 65 Proc, eine State üniversity ist durch 75000 A. Landschenkung seitens der V. St. und durch eine Steuer von ^/so p. Mille gestützt, ausserdem gibt es eine Bergschule in Golden, eine Taubstummenanstalt in Colorado Springs und eine Ackerbauschule in Ft. CoUins. 39 Zeitungen (1878). Col. wurde 1861 als Terr. organisirt und 1877 als Staat aufgenommen. 1870 war die Bevölkerung 39864 stark, worunter 15 Proc. Fremdgeborene (1685 Iren, 1465 Deutsche). Governor, die anderen Oberbeamten, Senatoren und Repräsentanten werden für 2, die Richter für 3—9 Jahre gewählt, alle vom Volk. Congressrepräsentanten : 1. Denver, hatte 1870 4759 E. und 1878 (nach Schätzung) 12000, Staats- hauptstadt und Hauptort von Arapahoe Cy., liegt am Einfluss des Cherry Creek in den S. Platte R. , in der Steppe am Fuss des Felsengebirges. Knotenpunkt von 4 Eisenbahnen nach Kansas, Cheyenne (zur Union PacifxC-Eisenbahn), Neu- Mexico und die Bergwerksgebiete des nahen Gebirges. 1475 Kil, von S. Louis und 170 von Cheyenne. Stapelplatz für den Staat, vor allem für die Bergwerks- gebiete. Sitz einer Militär-Division und einer Münzstätte. 16 Zeitungen. — Am Fuss des Gebirges: Colorado City, Hauptort von El Paso Cy., 96 Kil. s. von Denver. Boulder, beim Eingang in das gleichnamige Thal, das nach Golden und Caribou führt, 38 Kil. von Denver. Eisenbahn. Colorado Springs, ca. 2000 E., in derselben Cy. In der Nähe berühmte warme Quellen. Hauptplatz der Landschaft um Pike's Peak. Eisenbahn. Pueblo, am Arkansas R. und der Eisenbahn, Hauptort von Pueblo Cy., Verkehrsmittelpunkt für das s. Col. Hatte 1870 666, jetzt ca. 2000 E. Ft. Garland, im San Luis Park und am 714 Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. Trenchura-Fluss^ auf der Grenze gegen Neu-Mexico. Eisenbahn. — Im Bergwerks- gebiet: Golden City, Hauptort von Jefferson Cy., in der Nachbarschaft reicher Goldminen, deren Erze hier verarbeitet werden, ca. 1500 E. Bergschulo. Caribou, Bergwerksdorf in 3000m Höhe. Leadville. XL. Neu-Mexico (N.Mex.), 5700 d. Q. M. (121 201 e.), 91874 E. Grenzen: Colorado im N., Mexico und Texas im S., Texas und Indianer -Terr. im 0., Arizona im W. N. Mex. ist ein gebirgiges Land, von N., 0. und NW. her von Gebirgen eingeschlossen, aber es ist kein Gebirgsland in dem Sinne wie Colorado. Die Berge sind nicht mehr so hoch und so massig wie dort. Das Ganze ist eine Hochebene von durchschnittlich 1000 m, welcher Kämme und Gipfel von in der Regel zwischen 500 und 1500 m schwankender Höhe aufgesetzt sind. Ein solches Gebiet kann in der geographischen Breite von 32 bis 37 '^ noch klimatisch so begünstigt sein, dass der Ackerbau in den meisten in der gemässigten Zone üblichen Richtungen möglich ist. Mais z. B., der in dem höher und gleich- zeitig weiter n. zwischen 37 und 41 " n. Br. gelegenen Colorado wegen der kurzen Vegetationsperiode nur noch in den geschützten Lagen gedeiht, kommt in N. Mex. vortrefflich fort. Die Bewässerung ist indessen karg. Rio Grande, Pecos und Canadian haben ihre Quellen in diesem Gebiete, aber sie alle sind keiile wasserreichen oder gar schiffbaren Flüsse. Die fruchtbarsten Gebiete liegen in den Thälern des Rio Grande, des Oberen Pecos, des Rio Mora und Canadian, doch gibt es ausserdem kleinere Oasen von Fruchtbarkeit an allen sei es von Natur oder durch Kunst bewässerten Punkten.' Ueberall ist, der vorwaltenden Trockenheit des Klimas entsprechend, der Boden leicht und stark mit Sand gemischt; tiefer Humusboden kommt, und auch nur in beschränkter Ausdehnung, in den Flussniederungen vor; diese sind gleichzeitig am leichtesten zu bewässern und stellen dadurch die für den Ackerbau günstigsten Punkte des Territoriums. Man hat in ihnen Baumwolle mit Erfolg gebaut. Indessen liegt die eigentliche Zukunft N. Mex.'s in der Vieh- und besonders der Schafzucht. 1870 waren nur 143007 A. unter Cultur, fast alle im Thal des Rio Grande. Der Werth aller Ackerbau-Erzeugnisse wurde damals auf nahezu 2 Mill. D. geschätzt. Der Wertli des Viehstandes betrug 2,4 Mill. D. 1877 wurde die Zahl der Schafe auf 1 200 OCO Stück geschätzt, die der Rinder auf 60000. Das Wald- land beträgt 6 Proc. Von 2000 m aufwärts sind die Höhen mit Föhren und Rothcedern dünn, unter dieser Grenze nur am Rande der fliessenden Wasser mit Cottonwood bestanden. Fortschritte hat in den letzten Jahren der Bergbau gemacht, der 1877 379000 D., meist in Silber, ergeben hat. Die Gewerbthätig- keit ist gering, aber einige halbcivilisirte Indianerstärame sind geschickt in Weberei und Färberei und vertreiben ihre Waaren nach Mexico. Die erste Eisenbahn N. Mex.'s ist von Ft. Garland (Denver and Rio-Grande) nach Santa Fe im Bau. Es gibt 86 Postanstalten. Finanzen (1877): Einnahmen 0,059, Aus- gaben 0,026, Schuld 0,046. Schulausgaben 0,019 Mill. D., Schulbesuch 21 Proc. 9 Zeitungen. Die Indianerbevölkerung betrug 1876 25144 reine Indianer und 3506 Mischlinge. Weisse gab es 1870 90393, worunter 3903 Mexikaner, 582 Deutsche, 543 Irländer. Die Mehrzahl der Weissen besteht aus Nachkömmlingen der spanisch redenden Bevölkerung, deren Zahl zur Zeit der Annexion von N. Mex. ca. 50000 betrug, ca. */5 der Indianer führen in Dörfern (Pueblos) ein sesshaftes Leben, während der Rest nomadisch ist. Die Spanier - drangen Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. 715 zuerst zwischen 1536 und 40 bis nach N, Mex. vor, 1595 wurde es in Neu- spanien einverleibt, 1848 an die V. St. abgetreten und 1870 als Territorium organisirt. Santa Fe, 4765 E., Hauptstadt, am Rio Chico, 32 Kil. ö. vom Rio Grande, träger, meist von Spanisch-Amerikanern bewohnter Platz. Postwagen- verbindung mit Ft. Garland und Albuquerque. Früher Endpunkt einer von S. Louis durch die Prärie führenden Karawanenstrasse. 1 Zeitung. Hart daneben Ft. Marcy. Albuquerque, 1307 E., am Ostufer des Rio Grande, 120 Kil. s. von Sa. Fe. Mittelpunkt einer viehzüchtenden Region. 1 Zeitung. Taos (Fernandez de Taos), Hauptort der gleichnamigen Cy., am Fuss der Moro Peaks. Socorro, 921 E., 240 Kil. s. von Sa. Fe, am Rio Grande. Dofia Anna, 728 E., am Rio Grande. Gold- und Kupferminen in der Nähe. Franklin, kleiner Grenzplatz gegenüber Paso del Norte. Feste Garnisonen der V. St.: Ft. Union, Ft. Fillmore, Thorn, Tulerosa, Craig. XLI. Arizona (Ar.), 5360 d.Q.M. (133 916 e.), 9658 E. (1870). Südwestlichstes Territorium der V. St., liegt zwischen Nevada und Utah im N., Mexico im S., Neu- Mexico im 0. und Californien im W. Die Oberflächengestalt wird bestimmt durch das Auftreten einer Anzahl von Hochebenen , denen Bergzüge , meist nw. — s.o. streichend, in grösserer Zahl aufgesetzt sind. Diese Bergzüge tragen häufig durch Abflachung ihrer Gipfel den Charakter von Mesas. Die Hochländer sind, soweit sie in das Gebiet des Calorado fallen, der das ganze Gebiet durchfliesst und einen Theil seiner Westgrenze bildet, von diesem und seinen Nebenflüssen in tiefen Canons, Schluchtenthälern, bis nahe 2000m tief, eingeschnitten. Grossartig und pittoresk, wie diese Thäler sind, haben sie grosse wirthschaftliche Nachtheile : Sie machen das Land unwegsam und lassen das wenige fliessende Wasser, das aus den Hochgebirgen herabkommt, in sehr geringem Masse für die künstliche Bewässerung und andere Zwecke nützlich werden. Die Haupt- flüsse sind Colorado und Gila. Die Ausdehnung des nutzbaren Bodens ist bei dieser Oberflächenbeschaffenheit sehr gering. Ohnehin ist das Klima dem Ackerbau nicht günstig. Die Niederschläge erreichen im unteren Colorado - Gebiet nicht 100 mm und tägliche Temperaturschwankungen bis zu 42^^ sind keine Seltenheit. Nur 6 Proc. des Bodens sind mit Wald bedeckt und dieser kommt nur auf den höheren Gebirgen und Mesas vor. Der Ackerbau wird vereinzelt und schwach von einigen Indianerstämmen im unteren Colorado- und Gila- Gebiet und an der mexikanischen Grenze, sowie von wenigen Ansiedlern betrieben. Ausgedehnter ist die Viehzucht, für welche indessen keine neuere Statistik vorliegt. 1870 wies die Statistik nur 14 585 A. angebautes Land auf. Die Gewerbthätigkeit ist unbedeutend. 1870 beschäftigte sie 5 Dampfmaschinen. Der Bergbau ist bisher wenig entwickelt, wiewohl Gold, Silber und andere Metalle nachgewiesen sind. Seit 1877 führt die erste Eisenbahn von der californischen Seite herein. Indessen bleibt fürerst noch der Colorado die Hauptverkehrsader. Die mehr als 20 (KX) selbständigen Indianer, welche für Ar. der Bericht der Ind. Comm. für 1876/77 angibt, sind neben dem armen Boden und dem Klima der Hauptgrund des langsamen Fortschreitens der Colonisation in diesem Territorium. Aber auch unter den 9658 weissen Einwohnern von 1870 waren 4339 geborene Mexikaner, meist Mestizen. Erst die Durchführung der Eisenbahn bis zum Rio Grande wird der Cultur einen kräftigeren Anstoss geben. Immerhin wurden 1877 62 843 D. für Schulen 716 Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. ausgegeben. Schulbesuch 30 Proc. Es gab 5 Zeitungen. Steuerwerth (1870) 1,4 Mill. D. Das Territorium wurde 1863 organisirt. Hauptort ist Tucson, 3324 E., inmitten der reichsten Bergwerksregion des Staates, am Santa Cruz E, 1 Zeitung. Prescott, 700 E., Bergflecken, 225 Kil. ö. vom Colorado. 1 Zeitung. War eine Zeit hindurch Hauptort des Gebietes, A r i z o n a C i t y , ca. 1000 E., am Zusammenfluss des Colorado und Gila, 390 Kil. ö. von S. Diego. Gold- und Silber-Bergbau in der Nähe. 1 Zeitung. C a 1 1 v i 1 1 e , Endpunkt der Schiffbarkeit des Colorado. XLH. Nevada (Nev.), 4019 d.Q.M. (112090 e.), 52540 E. (1875). Nev. nimmt den sw. Theil des Grossen Beckens ein und liegt daher zwischen Oregon und Idaho im N. , Arizona im S. , Utah und Arizona im 0. und Californien im W. Naturgrenzen sind die Sierra Nevada im W. , das Salzseegebiet im 0., der Colorado im SO. Die Oberflächengestalt ist überall bestimmt durch die Hochebene, der ganze Staat liegt in 1000 — 1.500 mittlerer Höhe und dieser Basis sind Gebirgszüge von meist paralleler S. — N.- Richtung in grosser Zahl und unzusammenhängend aufgesetzt. Die höchsten Erhebungen finden sich im Humboldt-Gebirge. Man berechnet, dass ungefähr gleichviel der Oberfläche des Staates ebenes Hochland und Gebirge sei. Die Bewässerung ist sehr spärlich. Im SO. fliesst der Virgen dem Colorado zu. Das Wasser zahlloser kleiner fiumarenartiger Rinnsale sammelt der Humboldt R, , der die Mitte des Staates in ö. — w. Richtung durchfliesst und das grösste fliessende Gewässer des Staates darstellt. Da die meisten Flüsse und Bäche keinen Ausweg zum Meere finden, sammelt sich ihr Wasser in Salzseen und Salzsümpfen (Humboldt-, Pyramid-, Walkers-, Mono-, Owens Lake und viele kleinere). Das Klima ist das trockenste und extremste in diesem durch trockenes und extremes Klima ausgezeichneten Hochlandgebiet. Die durchschnittliche Regenmenge erreicht nicht 200 mm. Der Sommer ist in der Regel fast regenlos. Die Vegetation ist durchaus die der Steppe. Waldland 5 Proc. Nur in den Theilen des Staates, die am Ostabhange der Sierra liegen, ferner auf den höheren Abhängen der Humboldt Mts., kommen nennenswerthe Bestände von Föhren und Roth- cedern vor, die aber durch den Holzbedarf des Bergbaues wohl schon um die Hälfte vermindert sein dürften. Das Laubholz (fast nur Cottonwood) entlang den Flussläufen ist nur in dünnen und gleichfalls schon sehr gelichteten Streifen vorhanden. Der Ackerbau ist nur bei künstlicher Bewässerung möglich und selbst dann noch durch den raschen Temperaturwechsel gefährdet. Heu ist das werthvollste Erzengniss. 1870 gab es 92000 A. angebautes Land und heute dürfte dasselbe nicht über 1 p. Mille des Staates einnehmen. Der fast alleinige Erwerbszweig ist der Bergbau, der 1875 40, 1876 49, 1877 52 Mill. D. ergab, hauptsächlich in Silber, daneben auch in Gold und Blei, Die gegen- wärtig ergiebigsten Silberminen der Welt im Comstock Lode bei Virginia City gehören Nevada an (vgl. o, S. 341 f,). Die Gewerbthätigkeit dient gleichfalls hauptsächlich dem Minenbetrieb, mehr als *'5 ihrer Erzeugnisse bestehen aus gemahlenem Quarz, raff. Blei u. dgl. Eisenbahnen gab es 1878 1010 Kil, Die Central Pacific -Eisenbahn durchzieht den n. Theil des Staates. Daneben ist der Wagenverkehr noch immer gross, für den die weiten, flachen Hochebenen günstige Bedingungen bieten. Finanzen (1877): Einnahmen 0,72, Ausgaben 0,64, Schuld 0,64, Staatssteuern 0,60 Mill, D. Der Steuerwerth wurde 1872 auf Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. 717 22,8 Mill. D. veranschlagt. Für Schulen gab 1877 der Staat 162 716 D. aus und der Schulbesuch betrug 65 Proc. Es gibt im Staat ein College mit 35 Schülern. Zeitungen (1878) 25. Von 42491 E. waren 1870 5 Proc. im Staat und 44 Proc. im Ausland geboren. Unter den letzteren waren 5035 Irländer, 2549 Engländer, 2356 Britisch-Amerikaner und 2181 Deutsche. Nev. wurde 1861 als Territorium organisirt und 1864 als Staat zugelassen. Die Gesetzgebung besteht aus 18 Senatoren, die für 4, und 36 Repräsen- tanten, die für 2 Jahre gewählt sind. Sie tritt alle 2 Jahre zusammen. Die Oberbeamten und Richter werden für 4, die Oberrichter für 6 Jahre gewählt. 1 Repräsentant im Congress. Carson City, 3042 E., Hauptstadt des Staates und Hauptort von Ormsby Cy., 44 Kil. s. von der Station Reno an der Pacific -Eisenbahn, am Ostfuss der Sierra, 5 Kil. von Carson R. In der Nachbarschaft reiche Silberlager. Virginia City, 7048 E., Stadt und Hauptort von Storey Cy., Mittelpunkt der reichen Silber- und Goldbergwerke des Comstock Lode. Handels- und Geldmittel- punkt des Staates. Ausser der Bergwerksindustrie noch grosse Maschinen- fabrikation. 5 Zeitungen. Storey Cy. erzeugte 1877 34 Mill. D. Gold und Silber. Gold Hill, 4311 E., liegt im Washoe-Gebirge inmitten der reichsten Silberregion, 10 Kil. sw. von Virginia City, gleich dieser in Storey Cy. 1 Zeitung. Washoe City, 552 E., Hauptort der gleichnamigen Cy., in der Nachbar- schaft von Silberminen. Eisenbahn. Dayto n, 918 E., Hauptort von Lyon Cy., am Carson R. und Endpunkt der von der Central Pacific-Eisenbahn abzweigenden Eisenbahnlinie. Aurora, 160 E., Mittelpunkt der Silber- und Goldminen der Esmeralda Cy., n. vom Monosee, 180 Kil. s.o. von Carson City. Austin, 1324 E. , Stadt und Hauptort von Lander Cy. , am Fuss der Toyabee Mts., Mittelpunkt der Silberregion des Reese R. Eureka, 800 E., neu aufblühender Ort, 130 Kil. ö. von Austin, in der neuen Eureka Cy., in welcher 1877 2,6 Mill. D. erzeugt wurden. — Als Stationen an der Central Pacific-Eisenbahn nennens- werth : Reno, Humboldt. XLHL Utah (üt.), 3975 d. Q.M. (84476 e.), 86 786 E. Umgeben im N. von Wyoming und Idaho, im S. von Arizona, im 0. von Colorado und im W. von Nevada. Ut. bildet einen Theil der Hochebene des Grossen Beckens und zwar umschliesst es einen der tiefst eingesenkten Theile (Great Salt Lake 1280 m) und zugleich in der Wahsatch-Kette einige der höchsten desselben (Belknap Mt. 3628 m). Ausser der letzteren umschliesst es noch die Uintah-Kette mit einigen über 4000 m hohen Gipfeln und daneben im S. eine ganze Reihe von kleineren Gebirgszügen. Im Allgemeinen ist der 0. des Territoriums der gebirgigere, der W. der flachere Theil. Der erstere ist mehr vom Typus des Gebirgslandes von Colorado, dieser von "dem des wüstenhaften Nevada. Unter den nur durch zer- streute kleinere Gebirge unterbrochenen Steppen und Wüstenflächen des w. Theiles ist die Grosse Salzseewüste von ca. 500 d. Q.M. die ausgedehnteste. Der Hauptzug in der Bewässerung des Territoriums ist der Grosse Salzsee (15 — 1600 Q.Kil.), der höher gelegene Utah L. , der durch den Jordan R. in jenen sich ergiesst^ dann der Bear R., der die Wahsatch Mts. drainirt und nach dem Grossen Salzsee abfliesst, und der zum Colorado gehörige Green R. , welcher dem Colorado angehört und den ganzen 0. des Territoriums durchfliesst. Das Gebiet w. vom Grossen Salzsee ist wasserarm. Das Klima ist trocken und extrem. Mittlere 718 Achte Gruppe. Staaten und Territorien der Westgebirge. Jahreswärme bei Salt Lake City in 1400 m Höhe 10— 11 o. Unterschied zwischen Januar und Juli 26,4^. Die Regenmenge ist nicht genau beobachtet, doch weiss man, dass sie für den Ackerbau nicht genügt (s. o. S. 230). Die Vegetation ist Steppenhaft. Wälder, 10 Proc. des Bodens bedeckend, nur in den Gebirgen. Föhren und Rothcedern in den Canons der Gebirge und an den höheren Abhängen, sehr beschränkte Cottonwood-Bestände in dünnen Streifen längs der Flüsse. Für Bergwerks- und Eisenbahnbedarf ist die Nachfrage grösser als gut ist. Summit County lieferte 1875 gegen 3 Mill. Eisenbahnschwellen, lieber den hiesigen Ackerbau liegen seit 1870 keine eingehenden Berichte mehr vor. Damals gab es 4908 Farmen mit 119 000 A. angebautem Land, der Werth ihrer Erzeugnisse wurde auf 1,97 Mill. D. geschätzt. Weizen, Kartoffeln, Wolle und Heu sind die bedeutendsten. Im s. Theil des Territoriums soll Baumwolle gedeihen. Der Bergbau ist auch in diesem Territorium eine wichtige Nahrungsquelle. Er liefert Gold, Silber, Blei und Braunkohle und zwar 1877 allein von den beiden ersteren 8,1 Mill. D. Die Gewerbthätigkeit ist ausserdem nur in der Holz- sägerei bedeutend. Von Eisenbahnen sind 816 Kil. vorhanden. Finanzen (Anfang 1878) : Steuerwerth 22,5, Steuern 0,057, Ausgaben 0,56 Mill. D. Schulausgaben 127480. Schulbesuch 64 Proc. Colleges 1 mit 188 Schülern. Zeitungen (1878) 15. Die Bevölkerung bestand 1870 aus 48 Proc. im Staat und 36 Proc. im Aus- land Geborenen. Unter den Letzteren waren 18164 Engländer und Schotten, 2403 Schweden und Norweger, 509 Schweizer und 358 Deutsche. — Ut. wurde 1847 von der aus Illinois vertriebenen Sekte der Mormonen zuerst besiedelt und die 1850 auf 11000 und 1860 auf 40273 gestiegene Bevölkerung war fast ganz mormonisch. Ausser ihnen befand sich nur in den V. St. - Forts eine kleine Zahl von Weissen. Erst seit dem Bau der Pacific-Bahn haben sich in zunehmender Menge auch andere Einwanderer dort niedergelassen und es ist vorzüglich die hohe Entwickelung des Bergbaues, welche eine starke Zuwanderung aus den V. St. und Europa anzog. Die Mormonen, deren Zahl 18,70 auf über 87 000 angegeben wurde , sind bereits an vielen Punkten des Territoriums in der Minderheit und der Governor des Territoriums sammt seinen Beamten ist selbst- verständlich eine Nichtmormone. Nachdem die Gerichtshöfe der V. St. die Polygamie als ungesetzlich erklärt haben, scheint die Zahl der Bekenner dieses seltsamen Glaubens in rascher Abnahme begriffen zu sein. Salt Lake City, Hauptstadt des Terr. und Hauptort von Salt Lake Cy. Liegt oberhalb der'Mündung des Jordan R. in den Gr. Salzsee, am Fuss des Wahsatch-Gebirges und an der Utah Central - Eisenbahn , 160 Kil. von Ogden. 1846 von Mormonen gegründet, ümschliesst den Haupttempel der Mormonen The Tabernade, hat 40 m breite, schattige, von Bächen durchflossene Strassen. Eisengiessereien, Wollfabrik. Handelsmittelpunkt für das ganze Territorium. 2 Zeitungen. Ogden City, 3127 E., Hauptort von Weber Cy., an der Verbindung des Weber und Ogden R., Westende der Union Pacific-, Anfang der Central Pacific -Eisenbahn und Einmündung der von Salt Lake City kommenden Eisen- bahn, 1400 Kil. von S. Francisco, 1050 Kil. von Omaha. Stapelplatz des Handels von Utah nach 0. und W. Mühlen, Wollfabrik. Pro vo City, 2384 E., am Ostrande des Utah-Sees, 60 Kil. s. von Salt Lake City. Lehi City, 1085 E., in der Nähe des Jordan R., Endpunkt der Utah Central -Eisenbahn. FiUmore City, Hauptort von Miliard Cy. , 240 Kil. s. von Salt Lake City. Corinne, Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. 719 783 E. , am Bear R. und an der Pacific -Eisenbahn, 40 Kil. nw. von Ogden, Endpunkt der Stage-Line nach Montana. An der Pacific-Eisenbahn : Ft. Bridger, Echo, Monument Point. XLIV. Idaho (Id.), 4060 d. Q. M. (86294 e.), 14999 E. (1870). Liegt zwischen Brit. Columbia im N., Nevada und Utah im S. , Montana und Wyoming im 0., Washington und Oregon im W. Id. nimmt denjenigen Theil des sog. Grossen Beckens ein , welcher zwischen der grossen Südbiegung des Snake R. und den Bitter Root Mts. u. a. ö. Parallelketten des Felsengebirges gelegen ist. Die Bodeugestaltung gleicht der von Nevada, indem die Hochebene hervortritt, während die Gebirge mehr als vereinzelte Züge erscheinen, welche durch weite Thäler getrennt sind. In höherem Grade gebirgig ist nur der äusserste N. und NO, der in das eigentliche Felsengebirge hineinreicht. Doch scheinen gelbst hier die höchsten Gipfel nicht über 2200 m hinauszugehen. Flüsse : Snake R. mit Powder und Salmon R. , im SO. Bear R. , im NW. Clarke's Fork. Das Klima ist trocken und rauh. Die Vegetation ist steppenhaft, das Waldland be- deckt 15 Proc. Aehnlich wie in Montana sind für Ackerbau und Viehzucht die klimatischen und Bodenverhältnisse günstiger als sie im Allgemeinen in Utah und Nevada sind. Aber es waren 1877 nur erst ca. 80000 A. angebaut. Der wichtigste Erwerbszweig ist noch immer der Bergbau. 1877 wurden ca. l\'2Mill. D. Gold und 0,3 Mill. D. Silber gewonnen. Eisenbahnen sind noch nicht vorhanden. Ein flachgehender Dampfer befährt den Snake R. unterhalb der Mündung des Powder R. Ueber den Stand der Finanzen liegen neuere Berichte nicht vor. 1877 wurden für Schulen 16590 D. ausgegeben. Zeitungen 5. 1870 bestand die Census- Bevölkeruug aus 10618 Weissen, 4274 Chinesen und 60 Negern. 1877 betrug die Zahl der Indianer 6570. Unter den Ausländern waren 1233 Deutsche, 986 Iren, 653 Engländer und Schotten. Id. wurde 1863 als Territorium organisirt. — Boise City, Hauptstadt, 995 E., am Boise R. , Verbindung mit Winnemuka Nev., 500 Kil. n. von Salt Lake City. 2 Zeitungen. Ft. Boise ist in der Nähe gelegen. Idaho City, 889 E., 57 Kil. n.ö. von Boise City. Minenplatz. 1 Zeitung. Von hier Wagenverbindung nach Winnemuka Nev. und Umatilla Or. Cen- treville, 474 E., in Boise Cy. Lewis ton, am Snake R., 145 Kil. von Walla Walla W. T. Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. Durch Sierra Nevada und Cascaden - Gebirge auf der einen und das Stille Meer auf der anderen Seite abgegrenzt, erfreuen sich Californien, Oregon und Washington Terr. der deutlichsten und wirksamsten Naturgrenzen, die irgend einer der grösseren Staatengruppen der Union zukommen. Eigenartige klimatische Verhältnisse, die in der s. Hälfte ein dem Mittelmeerklima ähnliches trockenes, warmes, aber fruchtbares Klima erzeugen, während in der n. übermässige Nieder- schläge mit oceanischer Milde gepaart sind, merkwürdige Eigenthümlichkeiten der Pflanzen -und Thierwelt helfen dazu, dem Gebiete einen sehr eigenartigen Charakter aufzuprägen. Ebenso wie die Gebirgsgrenzen sind auch diese Be- sonderheiten am schärfsten ausgesprochen in Californien, welches auch nach 720 Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. Grösse, Volkszahl, Reichthum und Einfluss die anderen überragt. In wirtli- schaftlicher Beziehung ist die Gewinnung von Edelmetallen die ursprüngliche Grundlage, auf der dann Landwirthschaft, Gewerbe und Handel kräftig auf- geblüht sind. Noch 1877 erzeugte dieses Gebiet 29 Proc. der Edelmetalle und 58 Proc. des Goldes, sowie alles Quecksilber in den V. St. Aber die rasche Zunahme der Bevölkerung und die für Ackerbau, Gewerbe und Handel günstigen Verhältnisse Hessen es nicht auf der Stufe des Mining Coimtry stehen bleiben. Es erzeugte 1877 9 Proc. des Weizens der V. St. und besass 20 Proc. aller Schafe. Auch im Bau von Wein und Südfrüchten steht es fast allen anderen voran. In der Gewerbthätigkeit ist es durch die Bedürfnisse der Bergbau-Gegenden und durch die Entfernung von den ö. Industriecentren schon früh zu grosser Selbständig- keit gedrängt worden. Mit 3 Proc. nimmt dieses Gebiet am Eisenbahnnetz der V. St. Theil. Die geistige Cultur ist besonders in Californien rasch fortgeschritten. Californien gehört zu den am meisten für Schulen aufwendenden Staaten, in dem ganzen Gebiet gibt es 20 Colleges und 4 Proc. der Zeitungen erscheinen hier. Die Bevölkerung beträgt ca. 1,5 Proc. der Gesammtbevölkerung und ist eine der jüngsten und gemischtesten. Die Gegenwart zahlreicher Chinesen und die Reste der einst hier colonisirenden Spanisch-Amerikaner gibt ihr eine eigen- thümliche Färbung. Im Congress hat das Gebiet 5 Repräsentanten. XLV. California (Cal.), 8889d.Q.M. (188981 e.), 582031 E. (1870) i). Grenzen: Oregon im N., Mexico im S., der Stille Ocean im W., Nevada und Arizona im 0. Nach der Oberflächengestalt zerfällt Cal. in 4 Abschnitte, nämlich in das Küsten- gebirge, die Sierra, das zwischen beiden liegende Hügel- und Flachland und das jenseits der Ausläufer der Sierra zum Colorado hinüberziehende sw. Steppen- und Wüstengebiet. Die 3 ersten Abschnitte bilden in gleicher Richtung neben einander hinziehende Strecken, welche den Staat von der s. bis zur n. Grenze ein- nehmen. 1. Das Küstengebirge tritt überall nahe an das Meer heran, so dass die Küste grossentheils Steil- und Felsküste, und Küstentiefland ist nirgends vor- handen. Die Gebirgszüge des Küstengebirges nehmen einen Strich von 60 — 70Kil, Breite ein und bestehen aus zahlreichen kleineren Gebirgsketten und -gruppen. Sie erheben sich nirgends über 1500 m. 2. Der zweite Gebirgsantheil von Cal., die Sierra Nevada, bildet in der Länge von 350 Kil. ein Band an der ö., wie das Küstengebirge an der w. Grenze. Die Grenze zwischen Cal. und Nevada verläuft grossentheils auf dem Kamm des Gebirges, so dass von demselben der ö. Abhang in das Gebiet Cal. 's fällt. Die Sierra Nevada umschliesst die höchsten Berggipfel der V. St. (Mt. Whitney 4575) mit Ausnahme Alaskas, ist aber durch zahlreiche zwischen 1600 und 3660 hohe Pässe durchbrochen. Zahlreiche Thäler, von denen einige voll grossartiger und schöner Scenen, ziehen sich in ihre höchsten Theile hinauf und die Bewaldung geht bis 3600 m. Der Abfall nach dieser, der ö. Seite, ist viel sanfter als nach der w. und ist in Folge dessen auch die Zugänglichkeit und die Möglichkeit des Anbaues auf der californischen Seite grösser als auf der von Nevada. 3. Indem die Sierra mit dem Küstengebirge s. beim Tejonpass und n. in der Vulkanregion von Mt. Shasta und Lassens Peak zusapamentritt, schliessen diese beiden Gebirge ein thalartig zwischen ihnen 1) Am 10. September 1878, dem 28. Jahrestag des Eintrittes Californiens in die Union, wurde seine Bevölkerung auf 8.50 000 veranschlagt. Neunte Grupppe. Pacifische Staaten und Territorien. 721 liegendes Gebiet ab, welches als The Central Valley oder The California Plains bezeichnet zu werden pflegt und theils von Flachland, theils von den Vorhügeln der Gebirge eingenommen wird. Die Meereshöhe desselben ist im Allgemeinen gering, weite Gebiete sind Ueberschwemmungen unterworfen. Seine Länge be- trägt 650 Kil., sein Flächeninhalt ca. 40000 Q.Kil. 4. Die Region des SO. umschliesst die s. Ausläufer des Küstengebirges und der Sierra, welche an der Küste warme und trockene, aber noch fruchtbare Thäler eiuschliessen. Aber ö. von hier nach dem Colorado zu erstreckt sich eine von unregelmässigen, niedrigen Gebirgszügen durchzogene Ebene, welche steppenhaft und zu einem erheblichen Theile (Mohave Desert) sogar echte Wüste ist. Beschränkte Be- zirke in der Nähe des Colorado liegen sogar unter dem Meeresspiegel. Die Bewässerung Cal.'s wird durch die eben geschilderte Bodengestalt eine ziem- lich einfache. Die Steppen - und Wüstenregion des S 0. erstreckt sich bis zum Colorado, hat aber ausser einigen Fiumaren, die in Salzlacken münden, kein nennenswerthes fliessendes Gewässer. Vom Küstengebirge seewärts fliessen beim Mangel eines Küstentieflandes meist nur kurze Gebirgswässer. Nennens- werth sind Klamath, der aus Oregon kommt, Mud, Eel, Russian, Salinas R. Die Hauptmasse seiner Gewässer vereinigt sich mit den von der Sierra herabkom- menden zu den 2 einzigen grösseren Flüssen Cal.'s, dem S. Joaquin und Sacra- mento, die gemeinsam in den grossen Naturhafen der Bucht von San Francisco münden, nachdem sie das Central Valley, jener von S., dieser von N. kommend, durchflössen haben. Nennenswerthe Nebenflüsse des Sacramento sind Pit, Feather und American, des S. Joaquin Kings, Fresno, Tuolumne R. Von Seen sind ausser Tulare, der in den S. Joaquin abfliesst, nur der Salzsumpf der Mohave-Wüste und Tahoe L. in der Sierra zu nennen. Das Klima von Cal. hat in Bd. I. 337 f. ausführliche Darstellung gefunden. Es gibt in diesem Ge- biete 2 klimatische Regionen : die eines feuchten und kühlen Ktistenklimas und die eines unserem Mittelmeerklima zu vergleichenden warmen und trockenen Binnenklimas. Dass in den höheren Theilen der Sierra ein ausgesprochenes Gebirgsklima sich hinzugesellt, ist selbstverständlich. Das Küstenklima ist be- zeichnet durch geringen Unterschied von Sommer und Winter (S. Francisco hat 15® m. Monatswärme im Juli, 10° im Januar bei 13,5 m. Jahreswärme), ver- hältnissmässig langdauernde Regenzeit und nicht sehr geringe Niederschläge (6—900), sowie häufige Nebelbildungen. Es beherrscht das Küstengebiet von der Nordgrenze bis über die Bucht von S. Francisco hinaus, erstreckt sich aber nicht über das Gebirge. Im Inneren und im S. herrscht das trockenere (S. Diego 150 bis 300 mm. Niederschläge), wärmere (Sacramento 16", S.Diego 16,5 *^m. Jahres- wärme) und gegensatzreichere Klima (Sacramento 20, S. Diego 25 " Unterschied zw, Sommer- und Wintertemperatur). Der Boden ist für den Ackerbau in den ebeneren Theilen des Staates und in den Gebirgsthälern fast überall günstig, aber das Klima ist es im S. wegen der Trockenheit und an der n. Küste wegen des Mangels an Sonnenwärme in viel geringerem Grade. Man nimmt an, dass in der w. Hälfte von Cal. etwa ^/s, in der ö. gebirgigeren aber nicht mehr als' V20 des Landes anbaufähig seien. Und selbst diese Bruchtheile sind grösstentheils nur mit Hülfe künstlicher Bewässerung fruchtbar zu machen. Es sind bereits Hunderte von Kil. Bewässerungscanäle angelegt. Der Bau eines durch das ganze w. Joaquin-Thal zu legenden Bewässerungscanales ist gegenwärtig in der Aus- Rat z e 1 , Amerika II. 46 722 Neunte Gruppe. Pacifisclie Staaten und Territorien. fülirung. 1876 wurden durch Dammbauten im unteren S. Joaquin-Gebiet allein 70000 A. Land dem Anbau gewonnen. Die Getreideernte erreichte 1876/77 die Höhe (in 1000 B.) von 28600 Weizen, 7020 Hafer, 1472 Mais, 1277 Koggen im Werth von 38 Mill. D. Cal. ist also einer der grössten Weizenstaaten der Union. Ausserdem hat es die grösste Weinerzeuguiig (1870 1,8 Mill. Gall.), erzeugt Südfrüchte (1876 7 Mill. Apfelsinen) und Obst, die in grossem Masse zur Aus- fuhr kommen, und in steigender Menge auch Baumwolle. Der Viehstand betrug (in 1000) 1877: Rinder 1390, Schafe 6561, Schweine 438, Pferde und Maul- thiere 288 ; Werth 53 Mill. D. Die Schafzucht von Cal. ist grösser als die irgend eines anderen Theiles der V. St., 18 Proc. sämratlicher Schafe entfallen auf diesen Staat. An Mineralschätzen ist Cal. ungemein reich (vgl. o. S. 337). Es erzeugte 1878 ca. 18 Mill D. Gold, 1876 1,8 Mill. Silber und 1877 78000 Flaschen Quecksilber. Die Gesammt-Erzeugung der californischen Bergwerke betrug 1876 19 Mill. D. Es besitzt ausserdem reiche Kupferlager, Braunkohle und Borax. Die Gewerbthätigkeit ist, wenn auch jung, so doch in kräftigem Aufblühen. Schon 1870 wurden in ganz Cal. 604 Dampfmaschinen mit 18493 Pferde- kräfte ausgenützt, sowie 25392 Arbeiter. 1877 waren in den Fabriken S. Francisco's allein 28000 Arbeiter beschäftigt. Haupterzeugnisse sind Mehl, Sägholz, Schuhe, Maschinen, Cigarren, in neuester Zeit auch Webstoffe, Cal. hatte 1878 3328 Kil. Eisenbahnen, welche über 12 Mill. T. Fracht be- förderten. In seinen Häfen verkehrten 1878 343000 T. in Küstenfahrt und 297 000 T. vom Ausland. Die Rhederei umfasst 828 Segel - und 172 Dampf- schiffe mit zusammen 196000 T. Ueber den Aussenhandel s.u. bei S. Francisco. Ausfuhrgegenstände sind hauptsächlich Weizen, Wolle, Holz, Edelmetalle, Quecksilber, Maschinen, Früchte. — Finanzen 1878: Steuerwerth des ganzen Staates 595, die Staatsschuld 3,4, die Staatssteuern 4,37, die Einnahmen 3,91, die Ausgaben 3,79 Mill. D. Eingezahltes Capital sämmtlicher Banken 48,7, Depositen 137 Mill. D. Die Ausgaben für Schulen erreichten 1877 2,7 Mill. D. Schulbesuch 7 Proc. 13 Colleges mit 1733 Schülern. State University in Ber- keley. Die Verfassung von 1850 (1879 wurde eine neue von der radikalen und Arbeiterpartei entworfene durch allgemeine Abstimmung mit geringer Mehrheit angenommen) lässt die oberen Beamten und Senatoren (40) für 4, die Repräsen- tanten (80) für 2, die Richter für 4 — 10 Jahre wählen und ertheilt das Wahlrecht jedem 21 Jahre alten Bürger der V. St., der 6 Monate im Staate verweilt. Cal. kam durch den Vertrag von Guadalupe Hidalgo 1848 von Mexico an die V. St. und wurde 1850 als Staat aufgenommen. Es sendet 4 Repräsentanten in den Con- gress. Die Bevölkerung von Cal. betrug 1870 582 931 E. und wurde Anfang 1878 auf 800000 geschätzt. Unter jenen waren 28 Proc. im Staat und 36 Proc. im Ausland Geborene, unter den Letzteren 26 Proc. Irländer, 19 Proc. Chinesen, 14 Proc. Deutsche, 10 Proc. Engländer und Schotten, 5 Proc. Britisch- Amerikaner, 4 Proc. Mexikaner und 2 Proc. Italiener. 1877 wurde die Zahl der Chinesen auf 93000 geschätzt. Die Einwanderung betrug 1875 65000, 1876 35000, 1877 18000. S a c r a m e nt 0 , 16 283 E. , Staatshauptstadt und Hauptort von Sacr. Cy., am Ende der Schiffbarkeit des Sacr.-Flusses, 1 e. M. von seinem Zusammen- fluss mit dem American R., am Austritt der Central Pacific-Eisenbahn aus dem Gebirge und an 3 weiteren Eisenbahnen. Ursprünglich durch Goldwäscher im Ueberschwemmungsgebiet des Flusses erbaut (in der Nachbarschaft wurden Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. 723 die ersten Goldfünde gemacht) und mehrmals durch Ueherschwemmungen halb • zerstört, ist S. durch systematische Hebung um 3 m in gesichertere Lage gebracht. S. ist der Sitz bedeutender Gewerbthätigkeit in Mehl, Wollwaaren, Eisenguss, Rübenzucker, die Eisenbahn-Werkstätten der Central Pacific-Eisenbahn befinden sich hier. 7 Zeitungen. San Francisco hatte 1870 149473 E., nach Schätzung von 1877 260000. In der ersteren Zahl befanden sich 25 864Irländer, 13602 Deutsche und 12022 Chinesen. Die Lage der Stadt an der Nordspitze der dünenartigen Halbinsel, welche die Bucht von S. F. vom Meere trennt, beim Eingang (Golden Gate) in diese Bucht, in welche S. Joaquin und Sacramento münden, ist vor- trefflich, die Bucht selbst einer der besten Häfen der Welt. Der Boden von S. F. sind Sandhügel, deren höchster, Telegraph Hill, 90 m hoch am Nordende der Stadt sich erhebt. Viele Strassen sind in Folge dieser Lage hügelig. Mont- gomery Str., die n.-s. läuft, ist die Hauptstrasse, Front und Kearney Str. sind die Geschäftsstrassen. Wohnvorstadt von S. F. ist Oakland und zugleich der Endpunkt der vom Inneren kommenden Eisenbahnen, welche durch Fährboote mit der Stadt verkehren. Die Seeseite der Stadt wird ca. 2800 m lang in Kurzem von steinernen Länden eingefasst sein. Von öffentlichen Gebäuden sind be- merkenswerth City Hall, Börse, U. S. Treasury, Münze, U. S. Marine Hospital. Unter den nahezu 100 Kirchen ist die katholische S. Marys Cathedral die her- vorragendste. Geschäfts-, Gasthäuser u. dgl. sind ganz wie in den Städten des 0. mit der Richtung auf das Hiesige gebaut. Die schmutzigen Chinesenquartiere liegen zwischen Kearny und Dupont Str. Reste der katholischen Mission Dolores und der Ansiedelung Yerba Buena, welche 1845 zu 150 Seelen gediehen war, sind noch vorhanden. Der Name S. Francisco wurde der Ansiedelung 1848 bei- gelegt. Diese Stadt ist heute die grösste Handels-, Geld- und Gewerbsstadt am ö. Ufer des Stillen Meeres. Die seewärtige Ausfuhr an Waaren betrug 1877 30, an Edelmetall 57,7, die Einfuhr 57,7 Mill. D. Haupt -Ausfuhrgegen- stände: Weizen (über V^ des Gesammtwerthes), Mehl, Quecksilber, Wolle, Wein, Bauholz. In den Einfuhren sind 34 Mill. vom Ausland, unter welchen Kaffee, Zucker, Theo, Rohseide und Fabrikate die ersten Stellen einnehmen. Die Ausfuhr zu Lande, soweit sie geschätzt werden kann, wird auf 12, die Ein- fuhr auf 18 Mill. D. angegeben. Die Gewerbthätigkeit ist in S. F. sehr rege und beschäftigte 1877 25000 Arbeiter. Haupterzeugnisse; Raff. Zucker, Bau- schreinereien, Schuhe, Guss- und Walzeisen, Conserven, Wollwaaren, Möbel, Leder, Cigarren. Als Hauptmarkt eines grossen Edelmetalle erzeugenden Gebietes ist S. F. einer der grössten Geldplätze der V. St. 29 Banken besassen 1877 163 Mill. D. Capital. In den Sparbanken gab es 64 Mill. D. Capital (850 D. p. Einleger). Die V. St. -Münze prägte 1877 für 49,8 Mill. D. Der mittlere Zins- fuss ist 7 — 9 Proc. Das steuerbare Eigenthum von S. F. betrug 1877 260, die Stadt. Steuern 3,6 Mill. D. Der Umsatz des Clearing House betrug 996 Mill. D. Der Schiffsverkehr S. Fs. belief sich 1877 im Einlauf auf 1631000 T. und 4036 Schiffe. Die Hälfte kam aus einheimischen pacifischen Häfen, unter den übrigen waren als Herkunftsländer am stärksten vertreten einheim. atlant. Häfen, Brit. Columbia, Australien, China, Grossbritannien, Panama. Es kamen zur See an 17 902 Passagiere. Die Rhederei umfasste 815 Segel- und 166 Dampfschiffe mit 194000 T. (Deutsche Einfuhr zur See (1877) 806 613, Ausfuhr 1.^)0000, deutsche Schiffe liefen ein 9). -^ Andere Küstenplätze: Monterey, 1112 E., 46* 724 Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. ~ Hauptort von M. Cy. , 125 Kil. s.o. von S. Francisco. Küstenhandel. 1 Zei- tung. S. Luis Opisbo, Hauptort der gleichnamigen Cy., 400 Kil. s.o. von S. Francisco. 1 Zeitung. Sa. Barbara, 2672 E., Hauptort von Sa. B. Cy. Hafen unsicher. Inmitten einer frucht- und weinreichen Umgebung. 3 Zeitungen. S. Diego, 2300" E., Hauptort von S. D. Cy., 800 Kil. s.o. von S. Francisco. 1769 gegründet. Nächst S. Francisco der beste Hafen an der cal. Küste. Kriegshafen der V.St. 4Zeitungen. Crescent City, 458 E., Hauptort von Del Norte Cy., ander Nordgrenze des Staates. Guter Hafen. — Plätze des Inneren : 0 a k la n d, 10500 E., Stadt in Alameda Cy. , am ö. Ufer der Bucht von S. Francisco , Endpunkt der Central Pacific - Eisenbahn, 11 Kil. von S. Francisco, Wohnplatz für diese Stadt. State University, Taubstummen-Anstalt, Stockton, 10066 E., Stadt und Haupt- ort von S. Joaquin Cy. , 5 Kil. von dem Ende der Schiffbarkeit des S. Joaquin, 145 Kil. ö. von S. Francisco, an der Central Pacific-Eisenbahn und Knotenpunkt der s. und n. laufenden Eisenbahn. Hauptplatz in der fruchtbarsten Weizen- gegend des Staates. Center of Supplies für den S. und die Sierra. San Jose, 9089 E., Stadt und Hauptort von Sa. Clara Cy., am Guadalupe R., 80 Kil. von S. Francisco, an der S. Pacific-Eisenbahn, State Normal School. Schöne, obst- und weinreiche Umgebungen. Los Angeles, 5614 E., Stadt und Hauptort der gleichnamigen Cy., am Los Angeles R. und der S. Pacific-Eisenbahn, 680 Kil. s.o. von S. Francisco. Mittelpunkt der an Südfrüchten und Wein ergiebigsten Theile von S. Cal. Vallejo, 6391 E., Stadt in Solano Cy., 70 Kil. n.ö. von S. Francisco, am Napa Creek und an der S. Pablo Bay. Guter Hafen. Das gegenüberliegende Mare Island beherbergt die V. St.-Werft für die Pacif. Flotte, Napa City, 1879 E,, Dorf und Hauptort von Napa Cy, am Napa R., Eisenbahn, 59 Kil. n.ö. von S. Francisco. Mittelpunkt des Weinbaues in Mittel -Cal. Fresno City, am Fresno R. und der S. Pacific-Eisenbahn. Mittelpunkt eines baumwollbauenden Bezirkes. Marysville, 4738 E., Dorf und Hauptort von Yuba Cy. , am Feather R. , Endpunkt der Schiffbarkeit, Eisenbahnkreuzung. Mittelpunkt der n. Minenbezirke. Yreka, 1063 E., Dorf am Yreka Creek, 40 Kil. s, von der Grenze von Oregon, an der Poststrasse nach Oregon, Wechsel- punkt des Landverkehres zwischen Californien und Oregon. XLYI. Oregon(0r.), (95274 e.)4769d. Q.M., 104 920 E. (1875). Grenztim W.an das Stille Merr, im N. an Washington Terr., im S. an Californien und Nevada und im 0. an Idaho. Seine Oberflächengestaltung hat mit der Californiens einige Aehnlichkeit : Das Hochgebirge der Cascade Mts. im 0., das Küsten- gebirge im W. und zwischen beiden eine Einsenkung, die von Willamette, Umpqua, Rogue u. a. Flüssen durchströmt wird. Das Küstengebirge ist hier weder so zusammenhängend massig noch so trocken wie in Californien. Unge- fähr Vs des Staates fällt auf das Land diesseits der Sierra und davon ist die Hälfte als anbaufähig zu bezeichnen. Dagegen ist das Land jenseits der Sierra eine trockene Hochebenensteppe, in welcher nur einige Einsenkungen und Thäler (Grande Ronde, Powder R, Valley u. a.) hinreichend Feuchtigkeit bieten. Der höchste Berg in Or. ist Mt. Hood (2880) des Cascadengebirges. Das Küstengebirge erhebt sich nicht über 1300 m. Die Pässe der beiden Gebirge sind niedrig. Das Klima ist sehr verschieden in den Theilen Or.'s , die dies- und jenseits des Cascadengebirges liegen. Diesseits herrscht ein feuchtes und wenig extremes Klima; man hat durchschnittlich 131 Regentage, an der Küste Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. 725 Regenmengen von 1800 — 2000 mm, die nach dem Gebirge hin sich auf 2/3 ver- mindern. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt von 7^ am Fusse des Gebirges bis 10^ an der Küste, die mittlere Sommertemperatur (19 — 21*>) ist aber nur 15 — 17** von der mittleren Wintertemperatur entfernt. Ganz entgegengesetzt ist das Klima des ö. vom Cascadengebirge gelegenen Theiles : Scharfe Gegensätze der Jahreszeiten und Mangel an Feuchtigkeit. Dieser Theil gehört schon völlig in das Klimagebiet des Grossen Beckens (Bd. I. 329). Die Vegetation zeigt sich entsprechend steppenhaft im 0., waldreich im W. des Staates. Man findet über 70 Proc. Wald in den Cies. des W., 2 — 10 in denen des Inneren. Ganz Or. hat 25 Proc. Wald und die Ausfuhr von Bauholz ist ein schwunghafter Zweig seines Wirthschaftslebens. 1870 waren 1,8 Proc. des Staates unter Cultur. Haupterzeugniss ist Weizen. Die Ernte von 1876/77 betrug in (1000 B.): Weizen 6875, Hafer 3600, Gerste 4800, Mais 128, Roggen 19; Werth 9,7 Mill. D. Der Viehstand betrug in demselben Jahre (in 1000) : Rinder 279, Schafe 1074, Schweine 198, Pferde 102; Werth 11,8 Mill. D. Von Erzeugnissen des noch wenig entwickelten Bergbaues sind Gold, Silber und Braunkohle zu nennen. Die Gewerbthätigkeit ist nicht erheblich. Es gab 1878 3 Wollfabriken, 1 Flachsspinnerei, 1 Eisenschmelzwerk, mehrere Maschinenbau- Anstalten , die aber meistens nur für den örtlichen Bedarf arbeiteten. Nennenswerth ist die Industrie der Fischconserven. Die Lachsfischerei lieferte 1878 1,8 Mill. Thiere. Die grösste Industrie ist die der Holzsägen, die besonders zahlreich an der Coos Bay und am unteren Umpqua R. gelegen sind. Der Handel von Or. brachte 1878 nach dem Ausland zur Ausfuhr: Weizen für 2,6, Mehl für 0,47, Salm für 1,19, Verschiedenes für 0,17; zusammen für 4,4 Mill. D. Die Ausfuhr an Edelmetallen betrug über 4 Mill. D. üeber den Werth der Ausfuhr nach Californien liegen keine Angaben vor. Die Einfuhr aus dem Auslande betrug gegen V2 Mill. D. Die Häfen von Or. gehören nicht zu den besten an der pacifischen Küste. Die beiden grössten, Astoria und Portland, sind wegen einer Sandbarre vor der Columbia-Mündung schwer zu erreichen. 1877 liefen in die Häfen von Or. 10800 T. in Küstenfahrt und 19186 T. vom Ausland ein. Die Rhederei des Staates beträgt 29 Segel- und 66 Dampfschiffe mit 21000 T. 1877 wurden 20 Schiffe mit 5926 T. gebaut. Eisenbahnen hat Or. 396 Kil. Ein Canal zur Umgehung der Cascaden des Columbia R. ist vom Congress bewilligt. Die 6 Banken des Staates gaben 1878 4,7 Mill. D. eingezahltes Capital an. — Finanzen (1878) : Gesammter Steuerwerth 43,3, Staatssteuer 0,3, Staatsschuld 0,3. Einnahmen (für 2 Jahre) 0,8, Ausgaben (für 2 Jahre) 0,7 Mill. D. Schul- ausgaben 0,24 Mill. D., Schulbesuch 90 Proc. Es gibt in Or. 6 Colleges mit 870 Schülern. State University in Eugene. Zeitungen werden 49 veröffentlicht. Die Bevölkerung von Or. betrug 1870 90923, 1875 104920. In der Zahl von 1870 befanden sich 95 Proc. Weisse und 3,6 Proc. Chinesen. Im Staate geboren waren 37155, Ausländer 11600, wovon 1967 Irländer und 1875 Deutsche. 1878 sollen 28000 (?) Einwanderer angekommen sein. — Or. wurde 1848 als Territorium organisirt. 1852 in Or. und Washington Terr. getheilt und das' erstere 1859 in die Union aufgenommen. Jeder weisse Bürger der V. St. ist nach 6 monatlichem Aufenthalt im Staate stimmfähig. Die Oberbeamten und Senatoren (16) werden für 4, die (34) Repräsentanten für 2, die Oberrichter für 6 Jahre gewählt. In den Congress sendet Or. 1 Repräsentanten. 726 Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. ~ Salem, 1139 E., Hauptstadt von Or. und Hauptort von Marion Cy., am ö. Ufer des Willamette K., 98 Kil. vom Columbia und 85 Kil. von Portland gelegen. Einen Theil des Jahres ist der Fluss bis hierher schiffbar. Wasserkraft. Fruchtbare Umgebung. Willamette University. 5 Zeitungen. Portland, 18 300 E. (1878), Stadt und Hauptort von Multnomah Cy., grösste Stadt und Haupthandelsstadt von Or., am Willamette R., 24 Kil. von der Mündung in den Columbia. Die Entfernung von S. Francisco ist auf dem Seeweg 1030 Kil. Der Hafen von P. ist einen grossen Theil des Jahres nicht zugänglich für Schiffe von 6 m Tiefgang, daher grosse Schiffe ihre Ladung in Astoria (s. u.) einnehmen. Der Schiffsverkehr P.'s betrug 1878 203 Schiffe mit 250129 T., wovon 63 vom Auslande. Rhederei in Segelschiffen unbedeutend. Dampfboote gehören 48 mit 18214 T. hierher. 60 Proc. der Ausfuhren gehen über P. Hauptausfuhr ist Weizen. Die Gewerbthätigkeit arbeitet vorzüglich für den örtlichen Bedarf. 13 Zeitungen. Albany, 122 Kil. s. von Portland, am Einfluss des Calapuja in den Willamette. Fruchtbare Umgebung. Mühlen. 2 Zeitungen. Oregon City, 1382 E., Hauptort von Clackamas Cy., an den Fällen des Willamette R.., die bei 12 m Höhe bedeutende Wasserkraft liefern. Hauptplatz für das obere Willamette-Gebiet. Eisenbahn. 1 Zeitung. Eugene City, 891 E., Hauptort von Lane Cy. , an der Coast Fork des Willamette. Eisenbahn. 1 Zeitung. Staats-Universität. Hafen am Columbia: Astoria, 639 E. (1870), Dorf und Hauptort von Clatsop Cy., 16 Kil. von der Columbia - Mündung. Zweiter Hafen von Or., hat 7m Zugänglichkeit. (Die Barre des Columbia hat 8V2m.) 1878 liefen hier ein 134 Schiffe mit 194 781 T., wovon 15 mit 18407 von fremden Häfen. Hauptausfuhr Lachs und Weizen. Im s. Theil des Staates ist Jackson - ville, Hauptort von Jackson Cy., der Mittelpunkt eines Goldminen -Distriktes, der in wachsender Ausbeutung ist. 1 Zeitung. Empire City, 8 Kil. vom Meer, an Coos Bay. In der Nähe grosse Sägmühlen, deren Erzeugniss von hier versandt wird. Gardin er, an der Mündung des Umpqua. Gleich dem vorigen ein kleiner Hafenplatz in der Nähe eines grossen Wald- und Säge-Bezirkes. XL VII. Washington (Wash.), (69 994 e.) 3152 d. Q. M., 29 935 E. (1870). Wird im N. von Brit. Columbia, im S. von Oregon, im W. vom Stillen Meer und im 0. von Idaho begrenzt. Ueber die Grenzlinie in der Fuca- Strasse s. 0. S. 479. Gleich Oregon ist auch Wash. von dem Cascadengebirge im 0. und von einem näher der Küste zu gelegenen Gebirge im W. durchzogen. Von beiden fallen die höchsten Erhebungen in dieses Gebiet : Mt. Rainier mit 4404 und Mt. Olympus mit 2840 m. Getrennt werden sie im N. durch die viel zertheilte, mehr als die Hälfte des Territoriums zerschneidende Bucht des Puget Sound (450 Kil.) und durch das Tlial des Cowlitz R. Indem das Küstengebirge seine strenge S. — N.-Richtung aufgibt, zertheilt es sich in eine Anzahl von Quer- ästen, zwischen denen grössere w.— ö. gehende Flüsse Raum gewinnen (Chehalis R., Skokomish). Das Gebiet ö. von den Gebirgen ist im N. gebirgig und im S. zum grössten Theil von der grossen Steppe Piain of the Columbia eingenommen. Der Charakter dieser ö. Hälfte des GeLletes ist ein durch reichlichere Bewässerung gemildeter Steppencharakter. Die beiden grossen Arme des Columbia, Snake R. und der n. Columbia, fliessen hier zusammen uud nehmen Spokane, Yakima, Palouse u. a. grosse Nebenflüsse auf. Das Klima ist mild und feucht in der w. Hälfte. Die Mittelwärme nimmt von S. bis N. von 9—6*^ C. ab. In 47^ n. ßr. Neunte Gruppe. Pacifische Staaten und Territorien. 727 ist der Unterschied des wärmsten und kältesten Monates 15®. 132 Regentage. 1200 — 3000 mm Niederschläge. Landeinwärts nehmen die Extreme der Tempera- turen zu, so dass schon bei den Dalles des Columbia die Niederschläge auf 350 herabgesunken und die Extreme der Winterkälte auf — 27« gestiegen sind. Der Waldbestand beträgt 33 Proc. Sehr wohl bewaldet an den Küsten, wo es Grafschaften mit 60 Proc. vorzüglich hochstämmigen Waldwuchses gibt, dagegen schwach im Inneren. Fichten, Föhren, Cedern und Ahorn sind die hauptsäch- lichsten Hölzer, die in grosser Menge gefällt und überseeisch versandt werden. Braunkohlen kommen bei Bellingham und Seattle vor. Der Ackerbau ist bisher fast nur in den Thälern des Columbia und Cowlitz betrieben worden. 1870 gab es 3127 Farmen und nur etwa 0,04 Proc. des Landes waren in Anbau. Der Werth aller Erzeugnisse der Landwirthschaft wurde auf 2,1 Mill. D. geschätzt. Haupterzeugnisse (in 1000 B.): 217 Weizen, 255 Hafer, 280 Kartoffeln, 56 Gerste, 22 Mais. Daneben 1630 Ctr. Wolle und 30000 T. Heu. Aber die Weizenernte der ö. Hälfte allein wird für 1878 auf 50000 T. geschätzt. Neben dem Ackerbau wird die Schafzucht stark betrieben. Die Gewerbthätigkeit liefert hauptsächlich Holz und Mehl. 1870 gab es 53 Säg- und 20 Mahlmühlen. 1877 soll für 2,5 Mill, D. Sägholz geliefert worden sein. Ausserdem ist das Einmachen von Fischen (Lachsen) eine blühende Industrie. Holz, Mehl und eingemachte Fische sind die Hauptgegenstände der Ausfuhr, deren Werth indessen 2 Mill. D. nicht übersteigen dürfte. Der Schiffsbau ist weniger bedeutend als der Holz- und Hafenreichthum erwarten lässt. Es wurden 1877 im Territorium nur 2 Schiffe mit 2309 T. gebaut. Die Rhederei umfasste 1877 31 Dampf- und 71 Segelschiffe mit 22800 T. und es liefen in die Häfen des Territoriums ein 138 550 T. in Küstenfahrt und 17 740 vom Ausland. Eisenbahnen 215 KU. — Finanzen 1877 : Steuerwerth 17, Steuern 0,067, Einnahmen 0,109, Ausgaben 0,108 Mill. D. 1870 gab es 170 öffentliche Schulen. 1877 gab das Territorium 7890 D. für Lehrergehalte und 15(X) D. für die University aus. Schulbesuch 41 Proc. Zeitungen 23. — Die Bevölkerung soll gegenwärtig nach Einigen 50000, nach Anderen nur gegen 40000 betragen. Die weite Entfernung lässt die Einwanderung nur langsam vor sich gehen. 1870 belief sich die weisse Bevölkerung auf 23 995, die der Indianerstämme auf ca. 14000. Unter den ersteren waren 5024 Fremd- geborene, worunter 1121 Britisch- Amerikaner , 1047 Irländer, 1080 Engländer und Schotten und 645 Deutsche. Wash. wurde von Oregon abgetrennt und als eigenes Territorium organisirt in 1853. 1879 wurde eine Staatsverfassung ent- worfen und sollte die Aufnahme in die V. St. nachgesucht werden, welche indessen für jetzt nicht wahrscheinlich. Die bisherige Verfassung gab dem Territorium das Recht der Wahl der Beamten und der Gesetzgebung (9 Members of Council und 30 Repräsentanten), während die V. St.-Regierung den Governor und Staatssekretär ernennt. Hauptort Olympia, 1203 E., auch Hauptort von Thurston Cy., am s. Ende des Puget Sound, 192 Kil. von Portland. 7 Zeitungen. Seattle, 1107 E., am ö. Ufer des Puget Sound, in der Nähe der Mündung des Duwamish R. , 96 Kil. - n.n.ö. von Olympia. Territorial University. Holz- und Kohlenplatz. Steilacoom City, 314 E., am Puget Sound, 50 Kil. von Olympia City. Kalama, am K.-Fluss, in Clarke Cy., 70 Kil. n.ö. von Portland, s. Endpunkt der N. Pacific- Eisenbahn. New Tacoma, n. Endpunkt derselben, in Pierre Cy, 728 Zehnte Gruppe. Besondere Staatsgebilde. Zehnte Gruppe. Besondere Staatsgebilde. XLYIII. District of Columbia, 3 d. Q. M. (64 e.), 131 700 E. Im N., 0. und W. von Maryland, iin S. vom Potomac eingeschlossen, ein im 0. ebenes, nach W. gebirgiges, nahezu quadratisches Stück Land, welches vom Potomac und Rock R. bewässert wird. Mittlere Jahreswärme 13 '^ C. , Niederschläge 947 mm. Der Boden ist fruchtbar und zu ca. V* angebaut. Eisenbahnen s. o. unter Maryland. Ausgaben 1878/79 1250 000 D. Schulausgaben 370996 D., Schulbesuch 67 Proc. 4 Colleges mit 416 Schülern. Die Bevölkerung bestand 1870 zu 33 Proc. aus Farbigen. Unter den im Ausland Geborenen waren 8218 Iren, 4918 Deutsche, 1769 Engländer und Schotten. Der Distrikt wurde 1791 aus Theilen von Maryland und Virginia ge- bildet, um einen neutralen Boden für die Hauptstadt der V. St. zu schaffen. 1871 wurde dem Distrikt eine territoriale Regierung gewährt, unter einem vom Präsidenten ernannten Governor und llgliedrigen Rath, sowie 22 gewählten Delegaten. Ebenso wurde 1863 ein eigenes vom Präsidenten zu ernennendes Gericht für den Distrikt gebildet. Der ganze Distrikt bildet zugleich Washington Cy., deren Hauptort Washington, der Sitz der Regierung und Volksvertretung der V. St. 109199 E. , deren Mehrzahl in einer oder anderer Weise mit der Regierung und dem Beamtenthum (nahezu 6000 Beamte) zusammen- oder von ihr abhängt. Die Lage am Potomac ist für den Handel sehr günstig, aber derselbe wird von Baltimore besorgt. Auch die Gewerbthätigkeit sorgt nur für den örtlichen Bedarf. W. ist grossartig angelegt, aber es hat, von den öffentlichen Gebäuden abgesehen, wenig Grossstädtisches. Für die breiten und langen Strassen sind die Häuser zu klein und zu wenig zahlreich (The City of magnißcent Distances). Das hervorragendste von den öffentlichen Gebäuden ist das auf einem Hügel stehende 731 e. F. lauge und mit 396 e. F. hohem Dome gekrönte Capitol, worin Senat und Repräsentantenhaus ihre Sitzungen halten ; hier auch die Congressional Library. 2V2 Kil. von hier das Weisse Haus, die Wohnung des Präsidenten. Am Potomac eine Werft von 27 A. und das Arsenal. Hervorragend sind unter den übrigen öffentlichen Gebäuden State Department, Patent Office, Treasury Dep., Smithsonian Institute (s. 0. S. 571). Zahlreiche Denkmäler. W. ist der Sitz verschiedener wissenschaftlichen Anstalten, wie Coast Survey , National Ob- servatory. National Academy of Sciences, Signal Service, die im Smithsonian vereinigten Sammlungen der amtlichen Surveys, eines botanischen Gartens , Colum- bian College , Howard University (für Farbige). 26 Zeitungen. Georgetown, 15000 E., am Potomac, Endpunkt des Chesapeake - Ohio - Canals , eine Vorstadt von Washington, getrennt von dieser durch Rock Creek. 1 Zeitung. XLIX. Terr. Alaska, 22 715 d. Q. M. , 70 461 E. (1870, s. u. S. 731). Grenzen: Allgemein gesprochen ist das Terr. Alaska begrenzt vom Nörd- lichen Eismeer im N., von der Behringsstrasse , dem Behringsmeer und dem Stillen Ocean im W. und S. und von dem Hudsonsbai - Land im 0. Der Ab- tretungsvertrag vom 20. Juni 1867 setzt jedoch folgende Grenzen fest: Von der Südspitze von Prince Wales Island, welches noch zu Alaska gehört, und dessen südlichster Punkt bei 54 <> 40' n. Br. liegt, steigt die Grenzlinie zwischen 131 und 1330 w. L. im Portland Channel nach N. an, bis sie bei 56 <> n. Br. das Festland trifft. Von da an folgt sie dem Kamm des Gebirges ,- welches Zehnte Gruppe. Besondere Staatsgebilde. 729 parallel der Küste zieht, bis sie auf den 141. <^ w. L. trifft, dem sie dann bis zum N. Eismeer folgt. Wo der Kamm der Gebirge weiter als 10 Seemeilen von der Küste sich entfernt, soll eine Grenzlinie gelten , welche in einer Entfernung von 10 Seemeilen dem Lauf der Küste folgt. Die "Westgrenze läuft von einem Punkte der Behringsstrasse unter 65 "^ 30' n. Br. und unter dem Meridian, welcher mitten zwischen Ignabuk oder der Krusensten-Insel und Nunarbuk oder der Ratmanoff-Insel durchgeht, gerade nach N. Von demselben Punkte aus geht sie in der Weise durch die Behringsstrasse, dass sie mitten zwischen der nw. Spitze der S. Lawrence - Insel und dem Cap Tschugotskoi bis zum 172 " w. L. und von hier sw. zwischen der Insel Atta und der Kupfer-Insel (in der Kommandorski-Gruppe) durch bis 193^ w. L. verläuft, so dass also alle Inseln der Aleuten-Gruppe, welche ö. von diesem Meridian gelegen sind, zum Terr. Alaska gehören. Es umschliesst also dieses Gebiet ausser dem eben be- grenzten Küstenstrich, der eigentlichen Halbinsel Alaska und dem grossen, vom Jukon durchflossenen nw. Vorsprung Nord- Amerikas, noch die Inselgruppen der Aleuten, die Inseln Schumagin, die Eudoxischen Inseln s. von der Halbinsel Alaska, die Sitka- Inseln an der Südgrenze, die Prybilow-Inseln , Matthews und S. Lorenz - Insel n. von den Aleuten, die Diomeds-Insel in der Behringsstrasse. Vulkanisch sind die Aleuten und die Eudoxischen Inseln. Felsig und wenig für den Ackerbau geeignet sind sie mehr oder weniger alle. Thätige Vulkane finden sich 9 auf den Inseln und 3 auf der Halbinsel. Die Bodengestaltung ist durchaus gebirgig bis n. von der Halbinsel Alaska, dann flacht sie sich ab und das Jukon-Gebiet, in welches die letzten Ausläufer der Cordilleren herein- ragen, steigt nach dem Inneren zu so allmählich an, dass grössere Schiffe über 1000 Kil. landeinwärts zu gelangen vermögen. Die höchsten Erhebungen des ganzen Gebietes liegen in dem Winkel zwischen der Südgrenze und der Halb- insel Alaska. Durch das steile Ansteigen der Küste ist die pacifische Wasser- scheide Alaskas viel geringer als diejenige nach der Behringssee. Von S. nach N. gehend, begegnen wir von bemerkenswertheren fliessenden Gewässern zu- nächst dem Na'sse K., der sehr fischreich und V* seines Laufes schiffbar, dann dem Stikine, der über 400 Kil. lang, aber nur 40 Kil. schiffbar ist und unter 56 " n. Br. mündet. Die Halbinsel Alaska und die Inseln besitzen keine grösseren Flüsse. Dagegen durchfliesst den breiten nw. Landvorsprung der grösste Fluss von Alaska, der Jukon (Yukon), der unter 58 " n. Br. auf britischem Gebiete entspringt, durch Schluchten und Seen nw. bis zum Ft. Jukon, dann in glatterem Lauf sw. fliesst, um mit grossem Delta unter den Namen Kwikpak in den Norton-Sund unter 65*^ n. Br. zu münden. Wird über 1000 Kil. aufwärts von den Kähnen der Pelzhändler befahren. N. davon fliessen noch einige kleinere, wenig be- kannte Flüsse: Inland, Colville, Kok R., s. vom Jukon Kuskaqua R. — Klima: Man kann 3 Klimaregionen unterscheiden: 1) die Jukon - Region ; 2) die der Halbinsel Alaska und der Aleuten; 3) die Region ö. und s. von der Halbinsel Alaska. In der Jukon -Region machen sich die mildernden Einflüsse des Meeres nur etwa 50 Kil. weit ins Innere hinein geltend und das Innere hat ein entschieden continentales Klima. Ft. Jukon (2000 Kil.) landeinwärts in 66^ 34'n. Br. hat — 8,4 <> mittlere Jahreswärme, S.Michael am Morton-Sund 63 <^ 28' n. Br. hat —1,5". Dali gibt als die grösste Kälte, die überhaupt in der Jukon -Region jemals gemessen wurde, —57*^ C. an. Die mittlere Jahres- 730 Zehnte Gruppe. Besondere Staatsgebilde. - temperatur derselben schätzt er auf etwa — 4 ^^ C. Der Eegenfall ist im Sommer an der Küste viel grösser als im Inneren. Dagegen ist der Schneefall hier grösser als dort. Für Nulato werden von November bis Ende April 2V2 — SVa m Schnee angegeben. Die Region der Halbinsel Alaska und der Aleufen hat ein im Verhältniss zu ihrer Lage feuchtes und warmes Klima. Chamisso gibt die Schneegrenze zu 1070 m an. Auf der Insel Unalaschka wurde als die niedrigste Temperatur — 18, als die höchste -}- 25 <> C. gemessen. Die mittlere Jahrestemperatur von Alaska (Station) kann als zwischen -\- 2 und + 4*^ C. schwankend angegeben werden. Für Illuluk (Unalaschka) werden 150 Regen- tage mit etwa 1050 mm Regenmenge angegeben. In der Region von Sitka ist in der s. Hälfte das Klima mild, aber regnerisch. Der jährliche Regenfall schwankt in Sitka selbst zwischen 1525 und 2415 mm und die Zahl der Regen- tage zwischen 190 und 285. Die mittlere Jahrestemperatur für Sitka (57^ 3' n. Br.) ist + 6,2 ; die mittlere Temperatur des kältesten Monates, des Januar, wird zu 0, die der wärmsten, des August, zu 13,2 ^^ C. angegeben. Eis bildet sich nur wenig und auf kurze Zeit, selbst die Schneedecke verschwindet öfters im Verlauf des Winters. Vegetation: Die Jukon- Region gehört ihrer grössten Ausdehnung nach der Waldregion an. Der verbreitetste Waldbaum ist Abies alba. In geringer Entfernung von der Küste gedeiht derselbe so gut, dass seine mittlere Höhe 10 — 12 m erreicht. Die Nordgrenze dieses Baumes liegt an der Küste bei 66 <> 44'. Der zweitwichtigste Baum ist Betula glandulosa, die selten über 12 m H. erreicht. Mehrere Espen sind häufig, ebenso Populus balsamifera und P. tremuloides. Aber häufiger als diese sind Weiden und Erlen. Alnus viridis verschwindet am Polarkreis; Weiden gehen weiter, sind aber bei 69^ nicht mehr meterhoch , während am unteren Jukon noch Bäume bis 20 m H. gefunden werden, — Die Thierwelt erlangt sehr grosse Bedeutung durch die Pelzthiere und die Fische. Auf die ersteren gründet sich bis jetzt fast ausschliess- lich der wirthschaftliche Werth dieses Gebietes für die V. St., während die letzteren die Hauptnahrung der Bevölkerung ausmachen. Die Einnahmen der V. St. aus der Verpachtung des Pelzrobbenfanges betrugen 1877/78 360000 D. An Mineralschätzen ist bis jetzt nichts Erhebliches gefunden. Ackerbau ist in ertragsamer Ausdehnung wegen der kühlen Sommer nicht möglich. Die Be- völkerung besteht im N. und an der n. und nw. Küste aus Eskimos, aus Aleuten auf der gleichnamigen Inselkette und auf Alaska, aus Koluschen, Tschugaschen u. a hyperboräischen Stämmen an der Westküste und im Inneren. Die Zahl der Eingeborenen wird neuerdings erheblich geringer als früher, nur auf etwas über 27000 gescliätzt (s. o. S. 141). Russen, Amerikaner und sog. Kreolen, d. h. Mischlinge von Eingeborenen und Weissen, zählt man ca. 2000. 1870 betrug die weisse Civilbevölkerung 471. — Sitka (früher Novo - Archangelsk), gegen 1000 E., an der Westküste der Baranoflf- Insel, Sitz der militärischen Terr. -Regierung. Ft. Jukon, am Jukon, 1795 Kil. oberhalb der Mündung, Handelspostender Hud- sonsbai-Gesellschaft auf amerikanischem Gebiet. Nuklukayette, am Jukon, 1055 Kil. oberhalb der Mündung, Handelsposten. Ft. Michael, an der Jukon- Mündung. Register. Aasgeier 31. Aberglaube 49. Abolitionistengesellschaft 200. Academies 554. Academy of Sciences, National, 571. Ackerbau, amerikanische Methoden 240. A. der Indianer 132. A. -Amt 252, 489. A.-Werkzeuge 365, 379. A.-Er- zeugnisse, Ausfuhr 451. A.-liche. Mög- lichkeiten 227. Acequia 418. Adair 142. Adams, Charles F., 395. A., John, 79. A., Sam., 72. Adayes 137, 138. Addeman, Joshua M., 183. Adirondacks, die, 321, 325. Adrian Mich. 696. Aemterjagd 523. Afrika, Handel mit, 442, 468, 469. Afrikaner, s. Neger. Agassiz, L., 565, 567. Agaven 25, 282. Ahorn 304. A.-Zucker 25, 133, 245. Aiken S. C. 658. Akron 0. 415, 683. Alabama 662., Bergbau 322, 323, 324, 326, 331, 335, 350. Bevölkerung 173, 174, 181, 187. Geschichtlich 82, 94. Lage 43. Neger 198, 208, 215. Land- wirthschaft 247, 258, 260. Polit. Stel- lung 549. Verkehr 435, 437, 438. Wald 304. — A. Southern -E.B. 429. A. River 406. Alaska 728, 102, 140, 193, 436, 437, 438, 480, 493. Albany N. Y. 644, 71, 237, 356, 411, 428. A. Or. 726. Albemarle-Sund 413. A. - Chesapeake- Canal 413. Albia lo. 430. Albuquerque N. Mex. 715. Alburgh Springs Vt. 637. Alexandria Louis 403. A. Va. 428, 444, 655. Algonkin-Stämme, die, 135, 138, 144. Alleghauies, die, 225. A. River 412. A. Valley -E.B. 428. Allegheny Pa. 650. Allen 27. Allentown Pa. 325, 649. Alpacas 253. Alton 111. 692. Amboy 111. 692. Amherst Mass. 639. Amphibien 33. Anderson Ind. 686. Ansiedler, Leben des, 244. Ann Arbour Mich. 696. Annapolis Md. 652, 435, 499. 732 Register. Anthracit 312. A. -Gebiet 329, 413. Aesthetischer Vorzug des A. 329. Antietam Va, 96. Antilopen 28. Antilocapra 28. Antimon 348. Apaches 136. Apfelbaum 287. A.-sinen 288. Appalachian Country 653. Appalachicola 5. Appalachische Kohlenfeld, das, 330. Appleton Wisc. 698. Appomatox Courthouse Va. 98. Aprikose 288. Aquidneck Mine, die, 329, Arapahoes 136, 138. Arbeit in den Südstaaten 21. Arbeiter- Löhne 262. Mangel 362. Parteien 372, 518. Stellung 371. Argentinien, Handel mit, 468, 470, 472. Aristokratie d. Geburt 621. A. d. Geldes 620. A.-scher Typus 53, 607. Arizona 140, 141, 152, 180, 187, 229, 337, 341, 345, 715. A. City Ar. 716. Arkansas 674. Bergbau 332, 333, 335, 348. Bevölkerung 173, 181, 187. Eisen- bahnen 397. Geschichtlich 82, 94. Landwirthschaft 247, 258. Neger 203, 215. Schulen 615. Verkehr 419, 431. — A. R., Verkehr 398, 401, 403. Arme, Zahl 533. Armee der V. St 494. Miliz 498. Arnold 75. Artemisia Plains, die, 230. Ashland Ky. 324, 330. A. Wisc. 429. Astoria Or. 726. Atchinson Mo. 432. A., Topeka and Sa Fe-E.B. 426. Athapaska 136, 138. Athens 0. 415. Atherton Gag 201. Atlanta Ga. 659, 97, 341, 429. Atlantic City N. J. 647. A. and Great Western-E.B. 427. A. undGolf-E.B. 429. A., Mississippi und Ohio-E. B. 427. Atlantische Mittelstaaten 642. A. Süd- staaten 652. Attacapas 137. Auburn N. Y. 645. Audubon 567. A. und Bachmann 27. Augusta Ga. 406, 429, 659. A. Me. 634. Aurora 111. 692. A. Nev. 717. Ausfuhren 276, 277, 285, 287, 294, 356, 451, 467. Austern 34. Austin Nev. 717. A. Tex. 406, 668. Australien, Handel mit, 442, 468, 470, 471. Auswandererstrassen 42, 431. Avery Island 349. Axt, die, 241. Bache 564. Bachmann 27, 567. Bärentraube 26. Bainbridge Ga. Baird, Spencer F., 32. Baldwin Fla. 661. Baltimore 651, 7, 104, 270, 325, 353. 392, 406, 413, 427, 434, 436, 444, 464, 472, 622. B., Lord, 59, B.-Ohio-E.B. 392, 427, 429. Bancroft, G., 144, 196, 575. Bangor Me. 428, 434, 443, 634. Banken 460. Bankerotte 257, 458. Bannocks, die, 143. Bardstown Ky. 673. Barnstable Mass. 441, 444, 6.^58. Baptisten 535, 539. Bartlett, J. C, 321. Bataten 279. Batesville Ark. 675. Bath Me. 634, 434, 438, 443. Baton Rouge La. 666. Battle Creek Mich. 696. Baukunst 545, 582. B., kirchliche, 531. Baumwolle 239, 247, 267, 280, 357. Ausfuhr 198. Erträge 280. Gewerbe 360, 373. Preise 281. Samen 281. Verbrauch 373. B. - Staaten 44. B. und Sklaverei 212. Bausteine 350. Baxter Springs Kans. 707. Register, 733 Bay City Mich. 695. Beamte 421. Beardstown 111. 692. Beaufort N. C. 444, 656. B. S. C. 444, 658. Beaver 330. B. Dam Wisc. 699. Beecher, Henry W., 531, 576. Beerenfrüchte 26, 290. Befestigungen 497, 499. Behm und Wagner 194. Behr 568. Belfast Me. 634, 434, 438, 441, 443. Belgien, Handel mit, 441, 468, 470, 471. Belgier 163. Belle Isle 417. Belleville 111. 693. Bellingham Bay 335. Beloit Wisc. 699. ,' Belpre 0. 682. ^- Benton City Wyom. 712. Bergbau 193. Gesetzgebung 315. B. und sociale Verhältnisse 315. Berghaus, H., 533. Bergschafe 28. Berkeley, Lord, 60. Berkshire Sandstone 386. Bethlehem Pa. 325, 348, 649. Beverley Mass. 359, 443. Bevölkerung Cap. V. B. der Goldregiouen 315. Mittelpunkt 191. Typen 21. Ver- theilung 44. Zahl 4. Zunahme 84. Bewässerun_g, die, 232. Biber 29. Bibliotheken 559. Biddeford Me. 634. Bienenzucht 301. Bier 277, 384. Bierstadt 581. Bierwirth 166. Big Muddy - Region, die, 332. B. Sioux, Schiffbarkeit 401. Bildhauerei 583. Bildung s. Nordamerikaner. Binghamton N.Y. 645. 412. Binnenstaaten 669. Birmingham Pa. 650. Birnbaum 287. Bismarck Dak. 426, 704. B. Mo. 430. Bison americanus 27, Black Belt 208. B. Bird 31. B. Flie 35. B, Hawk 152. B, Hills 316. B. River - Canal 412. B. Warrior - Kohlen- feld 324, 330. B. Warrior River 406. Blackband-Bezirk 326. B. Ore 322. Blaugras, das, 236. Blei 347. Blinden-Unterricht 559 (Perkins Institute). Block -Häuser, die, 243. B. Island 150. B.-Kohlen 326. Bloomingdale 349. Bloomington 111. 693. Blossom, the, 317, Blue Bird 31. B. Lead 338. B. Water River 401. Bluffs, die, 225. Board of Trade 440. Bobalink 31. Boise City Id. 719. Bonanza Mines 344. Boonton 325. Borax 349. Boston, Bevölkerung 176, 177. Geistige Bedeutung 533. Gesellschaft 622. Ge- werbe 353. Handel 464, 472. Harbour Bill 72. Schiffahrt 434, 436, 438, 441, 443. Verkehr 428, 432. Wissen- schaft 572. — B-Albany-E.B. 428. Bostrop Tex. 668. Bottoms, die, 240. Boulder Col. 713. Bowditch 564. Bowley Mass. 357. Bowling Green Ky. 673. Bozeman Mont, 341, 711. Bradford 0. 429. Brady's Bend Pa. 650. Brasilien, Handel mit, 441, 468, 470, 471. Brattleboro Vt. 637. Braun - Eisensteine 322. B.-Kohlen 334. Brazil 332. B. S. S. Cy. 440. Brazoria Tex. 668. Brazos R. , Schiffbarkeit 406. B. de S. Jago Tex. 445. Breckenridge Minn. 430, 700. 734 Kegister. Brenham Tex. 668. Brewer 568. Bridgeport Conn. 640. Bridgeton N. J. 647. Bristol R. I. 641; B. Tenn. 427. B. Va. 428. Broad-Top 325. Broja 330. Brom 349. Brombeeren 26. Bromwell, W. J., 162. Brooklyn N.Y. 644, 75, 104. Brookville Kans. 707. Brown, John, 92, 202, 578. Brownstone 350. Brownsville Nebr. 430, 706. B. Tex. 669. Brücken 430, 433. Brunswick Ga. 660. B. N. J. 413. B. Me. 634. Bryant,W. Ciillen, 50, 574, 577. Buchanan 93, 202. B. Va. 415. Buchdruck 386. Bücher 386. Buchweizen 278. Buckle, H. Th., 48, 547. Buena Vista 90. Büffel 27. B.-Gras 236, 290. Buffalo N. Y. 645, 171, 325, 352. Handel 466,473. Platform92. Schiffahrt 435. Verkehr 409, 411, 426, 427. Wachs- thum 391. Bull Run 95, 96. Bunker Hill Mass. 74, 638. Bürgerkrieg 177. B. -recht 483. Burgoyne 75. Burlington lo. 429, 433, 702. B. N. J. 437. B. Vt. 636. B.-Cedar Rapids- Northern-E.B. 429. Bushneil 111. 692. Bussarte 31. Butler, General, 202. Butter-Nuss 25. Cabot, Johann, 52. C, Sebastian, 52, Caddos, die, 137, 138. Cahawba AI. 663, C.-Becken, das, 330, 331. Cairo 111. 692, 429, 436. Caldwell N. Y. 644. Calhoun, J. C, 87, 576. Californien, Baumwolle 231. Bergbau 315, 316, 334, 335, 336, 337, 345, 347, 349. Bevölkerung 180, 181, 187, 188, 194. Bewässerung 418. Eisenbahnen 419, 420, 425 f. Schiffahrt 436, 437, 438, 441. Geschichtlich 90, 104. Indianer 140, 141, 146, 152. Krankheiten 184. Landwirthschaft 228, 231, 236, 238, 260, 261, 271, 276, 277, 282, 287, 288. Löhne 316. Polit. Stellung 506. Sklaverei 261. Strassen 431. Survey 566. üntern.- Geist 368. Unterricht 549, 550, 571. Verkehrsgebiet 42. Wald 304. Wein- bau 289. — C, Halbinsel 6, 9, 14, 43. C.ische Staaten 504. Callville Ar. 406, 716. Caltha palustris 24. Cambridge Mass. 638, 357, 555, 558, 567, 582. Camden S. C. 76, 406. C. Penn. 348. Canada, Handel mit, 468, 470, 471, 473, 636. Schiffsverkehr 441, 445. Canadian R. - Strasse 431. Verkehr 398. Canadier 26. Canadische Seen 5, 407. Canäle 387. 408. C. und Eisenbahnen 393, 410, 415. Küsten- C. 411, 413- Canis latrans 30. C. lupus. 30. Canton Mo. 678. Canvas Back 33. Cap Girardeau Mo. 678. C. May N. J. 647. C. S. Vincent N.Y. 444. Carbon 335. Carbondale Pa. 330, 649. Cardinalis virginianus 31. Carey, Henry C, 196, 569. Caribou Col. 316, 344, 714. Carlisle Pa. 649. Carolina Central -E.B. 428. Carollton La. 666. Caroll 0. 415. Carpet - Baggers, die, 206. Carson City Nev. 343, 717. Carteret, Lord, 60. Carya olivaeformis 25. Cassenovia - See 411, Begister. 735 Castanea americana 25. C. pamila 25. Castine Me. 634, 434, 441. 443. Castle Island Mass. 638. Catasouqna Pa. 649, 325. Catawbas, die, 137,il38, 144. C. Grape289. Cat fish 34. Cathartes atratus 31. Cayuga L. 412. C. and Seneca-Canal412. Cayugas 136. Cecidomyia 35. Cedar Falls lo. 702. C. Keys Fla. 661. C. Mountain 96. C, Rapids lo. 703. C. Rapids- Missouri -E.B. 430. Centralia 111. 693. Central of Iowa -E.B. 430. Centre Harbour N. H. 636. Centreville Id. 719. Cerasus prostrata 26. Cereus giganteus 25. Cervus canadensis 28. C. virginiana 28. Chads Ford 75. Chambersburg Pa. 649. Champaign 111. 693. Champlain - See 321, 323, 408, 437, 412. Ch.-Canal 410, 412. Chancellorsville Va. 97, 655. Channing 576. Charakter, s. Nordamerikaner. Charaton R., Schiffbarkeit 401. Charleston S. C. 658, 7, 75, 76, 97, 177, 267. Deutsche 165. Gesellschaft 623. Handel 464. Schiffahrt 435, 436, 444. Verkehr 427. Ch. W. Va. 674. Ch.- Cincinnati-E. B. 417. Charlestown Mass. 638. Charlotte N. C. 428, 656. Ch. N. Y. 645. Chasles, Phil., 50, 572. Chattahochee R., Schiffbarkeit 406. Chattanooga Tenn. 97, 262, 326, 428, 429. 671. Chatworth 111. 284. Chaudiere R. 342. Chelsea Mass. 638. Chemie 568. Chemung-Canal 410, 412. Chenango-Canal 412. Chenopodien 24. Cheraw S. C. 406. Cherokees, die, 138, 144, 145, 155. Ch. als Sklavenhalter 203. Cherrystone Va. 434. I Chesapeake Bay 5, 413. Ch, - Delaware- Canal 411, 413. Ch.-Ohio-Canal 413. 414. Ch.-E.B. 427. ehester Pa. 323, 649. Chetimachas 137. Cheyenne Wyom. 425, 712. Chevalier, Michel, 319, 367, 371, 420, 620. Chicago 687, 104, 193, 323, 327, 332, bez. zu New York 369. Entwickehing 367. Finanzen 511. Handel 463, 464, 466. Schiffahrt 435, 436, 445. Ver- kehr 385, 404, 408, 415, 416, 417, 426 f. — Ch. - Alton - E. B. 429. Ch. and Canada Southern - E. B. 427. Ch. and Northwestern-E. B.428. Ch.-Burlington- Quincy-E.B. 429. Ch. -Clinton -Du- buque - Minnesota - P]. B. 429. Ch. -L. Huron-E.B. 429. Ch. - Michigan - L. Shore-E.B. 429. Ch., Milwaukee and S. Paul -E.B. 428. Ch., Rock Island and Pacific - E. B. 426. Ch., S. Louis and New Orleans - E. B. 427. — Ch. Junctiou 0. 429. Ch. R. 416. Chicamanga 97. Chickasas, die, 144. Chile, Handel mit, 468. Chillicothe 0. 683. China 9. Handel mit Ch. 468, 470, 471. Schiffsverkehr 442. Chinesen 38, 163, 316, 535. Einwanderung und Zahl 215. Beschäftigungen 216. Sterblichkeit 184. Verbreitung 217. Ihre Bedeutung 217. Die Chinesen- frage 218, 373. Chinook, die, 137, 139. Chippewahs 136. Choctaws 137, 138, 144. Christians 535. Chromerze 349. Cincinnati 681, 104, 193, 328. Ent- wickelung 371. Handel 463. Schiffahrt 436. Verkehr 403, 415, 416 Cinnamom Bear 29. 736 Register. Circleville 0. 683. Citronen 237. Civil Rights Bill 205 , 200. C. Service Reform 520. Claim 343. Clark, S. N., 145. Clarksville Tenn. 671. Clay, H., 88. Clearings, die, 243. Cleveland 0. 682. Gewerbe 323, 326, 353. Handel 466. Verkehr 415, 429. Cl.-Columbus - Cincinnati - Indianapolis- E.B. 429. Cl.- Pittsburg -E.B. 429. Clinton 111. 693. Cl. lo. 429, 433, 702. Cl. Ore 321, 325. Coal-Measures 328. Coalport 413. Coalville 335. Coast Survey 493. Co-Education 610. Cohoes K Y. 412, 644. Coldwater Mich. 697. Colleges 555. Colombia, Handel mit, 468, 470, 471. Schiffsverkehr 442. Colonien, die, 64 f. Colonisation, anglo- und hispano- ameri- kanische, 149, 153. Colonisationspläne 175. Colorado 712. Bevölkerung 181, 186, 187. Bergbau 307, 315, 334, 335, 337, 340, 344, 347, 348, 349. Eisenbahnen 426. Geschichtlich 103, 104. Indianer 141, 146. Landwirthschaft 230. Strassen 431. - C. City 713. C.-Käfer 34. C. R. (Tex.), Schiffbarkeit 406. C. R. (West), Verkehr 400, 406. C. Springs Col. 713. Colterville Cal. 431. Columbia, Britisch-, 9, 136. C, District of, Bevölkerung 180, 181. Farbige 208. Sklaven 203. Schiffahrt 435, 437. C, District of, 477, 728. C. Mo. 678. C. Penn. 413, 649. C. R , Mündung 8; Schiffbarkeit 43; Verkehr 397, 398. C. S.C. 658. Columbus Ga. 406, 659. C. Ind. 686. C. Ky. 427, 673. C. Miss. 664. C. 0. 681, 415, 429. C. Tex. 406, 668. C.- Chicago - Indiana Central - E. B. 429. Comanches 136. Commissioners of Immigration, die, 166. Communisten 535. Compromisse, politische, 85, 104. Comstock-Lode 313, 341. Concord N. H. 635, 391, 73. Conestoga Penn. 295. Conföderirten Staaten, die, 94. Congress der Colonien 72. C. der V. St. 485, 501. Congregationalisten 535, 536. Connecticut, Auswanderung, 173, 176, 180, 181, 185, Bevölkerung 186, 188. Geschichtl. 58. Laudw. 224, 251, 260. Schiffahrt 435, 437, 438, 441. Mine- ralschätze 346, 350. Sklaven 196. Wald 304. — C. R., Schiffbarkeit 393. Connelsville 326. Connersville Ind. 686. Conservativismus 517. Conshohocken Pa. 325. Constitutional Population 139. Consulate 486. Continental Army 74. C. Congress 74. Cooper, J. F., 114, 124, 144, 574, 577, 578. C, P., 361. Coos Bay 335. Coosa 330. Cope, D., 567. Copley, Maler, 580. C. Pa. 649. Corduroy Road 431. Corinne Ut. 718. Corinth Tenn. 95, 96. Corliss, G. H., 378. Corn 274. C. Bread 275. Cornell University 555. Corning N. Y. 645, 412. Cornwall 321, 323. Cornwalliser 316. Corpus Christi Tex. 445, 669. Correy Pa. 650. Corruption 101, 102, 410, 508, 512, 521, 524. C. der Presse 589. Cotta, B. V., 50. Cotton-Gin 359, 380. C. Worm 35. Kegi&ter. 73' Coues 32. Council Bluffs lo. 430, 702. County 510. Covington Ky. 673. C. Va. 655, 413 Coyote 30. Cranberries 290, C.-Ore 321. Crawfurdsville Ind. 686. Credit 366, 368. Credner, R., 341. Creeks, die, 27, 137, 155. Crees 136. Crescent City Cal. 724. Crevecoeur, J., 573. Crooked-See 412. C.-S.-Canal 412. Crossbill 31. Crown Point 323. Cuba 92. Handel mit C. 468, 470, 471. Schiffahrt 441. Cultur -Entwickeluug, natürliche Be- dingungen 3. C- Macht 10. C- Pflan- zen 22, 266. C- Physiognomie 623. C.- Schöpfungen (geringe Dauer, Seltenheit) 623. C- Stufe 249. C- Zonen 614. Cultusstätten d. Ind. 122, Cumberland Md. 331, 413, 427, 652^. C.-Region 325. C. R., Schiffbarkeit 404. Curtis, Dr., 24. Cuyahoga 0. 435, 436, 444. Dachs 29. Dänemark, Handel mit, 468, 469. Schiffs- verkehr 441, 446. Dänen 163. Dänische Antillen 102. Dahlonega Ga. 660. Dakota 703. Bevölkerung 180, 181, 186, 187, 194. Bergbau 341. Eisenbahnen 419. Fruchtbarkeit 232, 233. Indianer 136, 141, 143, 146. Wald 304. Dakotas, die, 138. Dale Rev. 529. Dali, W. H., Cpt., 143, 568. Dampfboote 407, 436. Dampfmaschinen, Verbesserung 378. Zahl 377. Dampfschiffahrt (Erfindung) 359, 360. Dana, J. D., 333, 566, 572. D., Richard H., 523. Ra t zel, Amerika II. Danbury Conn. 640. Danville 111. 693. D. Pa. 322, 325, 649. D. Va. 428, 655. Darien Ga. 660. Darwin Ch. 30. Davenport lo. 702, 186. Davis, Jefferson, 94, 98. Dayton Nev. 717. D. 0. 427, 683. Debating Clubs 576. Debert R., Schiffbarkeit 401. De Candolle, A. de, 562. Decatur AI. 663. D. 111. 693. Declaration of Rights 73. Dedham Mass. 638. Deep R. 334. Deer Lodge City Mont. 711. Defiance a 415, 416. De la Hontan 142. Delaware 650. Bevölkerung 180, 181, 186. Deutsche 164. Farbige 208. Krankheiten 184 Lage 43. Landwirth- schaft 288. Schiffahrt 435, 437, 438, 444. Sklaven 198. Wald 304. — D. River 5. D.-Division-Canal. D. -Raritan- Canal 413. D. R. 413. D. und Hudson- Canal 413, 414. D. 0. 683. Delawaren, die, 136, 151, 154, 155. Del Mar 342. De Maistre, J., 591. Demokraten 482, 518, 520. Denver Col. 713, 349, 426, 428, 432. D. and Rio Grande -E.B. 428. Department of the Inferior 488. Derby, Harket, 393. Des Moines lo. 701. D. M.-Canal 417. Des Piaines R. 416. Detroit Mich. 695, 188, 327, 427, 466, 473. Deutsche Abstammung 169. D. als Bevölk.- Bestandtheil 168, 593; als Gewerb- treibende 316, 355, 357, 361, 385, 433. D. Einwanderung 163. D. Gesellschaft 166, 533. D. im Mohawk-Thal 136, 134. D. in Pennsylvanien 195, 288. Kirchl. Leben 539, 540. D. Kunst- mission 583. D. Zeitungen 593. D. Zukunft 596. 47 738 Hegister. Deutschland, Handel mit, 468, 469, 471. Schiffsverkehr 441, 445. Devils Lake (Dakota) 146. Diamanten 349. Dickens, Ch., 535. Diefenbach 382. Dietrich 433. Diggers, die, 137, 139. Dilke, Charles, 601., Diman, J. B., 531. Dinsmore, R., 579. Dixon, Hepworth, 601. D. 111. 692. Dodge-Mine, die, 342. Dörfer 192. Dog Wood 26. Donaldsonville La. 666. Donna Anna N. Mex. 715. ' Doughty 581. Dover Del. 323, 651. D. N. H. 635. D.- Canal 326. Drake, E. L., 352. D., S. G., 142. Drama 578. Draper 80. Dred Scott -Fall, der, 202. Dubuque lo. 433, 436, 701. Düngung, die, 250. Duluth Minn. 231, 417, 426, 445, 700. Dunkirk N. Y. 426, 444, 645. Dunleith 111. 429. Durch- Verkehr 465. Eads, James B., 402. East Jersey 176. Easton Pa. 325, 413. East Ptattmouth 111. 429. E. Port Me. 633, 635. E. S. Louis 111. 429, 692. E, Tennessee, Virginia and Georgia- E B. 428. Ebeling, C. D., 270. Echo Ut. 719. Eddyville 413. Edelhirsch 28. Edelmetalle-Verarbeitung 382. Edgartown Mass. 441, 638. Egg Harbour N. J. 647. Egg-Plant 279. Ehescheidungen 507, 611. Eichhörnchen 29. Fuchseichhorn 29. Einbürgerung, die, von Gewächsen 252. Einförmigkeit der Bevölkerung 47. Einfuhr 281, 282, 288, 360, 374, 375, 469, 581. E.-Gegenstände 467. Einwanderung, die, 64, 162. E. im Süden 214. E., Mission 539. Vermehrung durch dieselbe 178, 183. Werth der E. 167, 170. Einzäunen, das, 243. Einzelstaaten, Aufnahme 500. Befug- nisse 483, 504. Entstehung 502. Grenzen 502. Grösse 500. Gesetzgebung 506. Gruppirungen 503. Partikularismus 12, 505. Vertretung im Congress 501. Eisen, Erzeugung 357, 359, 376. Regionen ders. 322. Vorkommen 33, 313, 322, 333. Eisenbahnen, Ausdehnung 419, 420. Bau 421. Elevated 433. Erträge 394. Fahr- preise 424. Geschichtliches 392. Kosten 394, 420. Monopole 395. Schienen (Erzeugung) 377. Schmalspurige 430. Schneewehen 420. Sicherheit 423, 424. Spurweite 422. Statistik 419, 425. Elenthier 28. Elgin 111. 692. Elizabeth N. J. 647. Elk 28. Elkhart Ind. 685. Elliott, E.B., 178, 179, 184. Elmira N. Y. 412, 413, 645. El Paso 111. 693. El Paso Mex. 42, 426. Emancipation, die, 196. s. Sklaven. Embargo, das, 80. Emerson, R.W., 46, 50, 575, 577, 578, 597. Emory 566. Empire City Or. 726. Emporia Kans. 707. Endicott Mills. 392. Enfaula Ga. 429. Engelmann 568. Engländer 163. Englisch-französische Grenzkriege 67. Enten 33. Enterprise Fla. 406, 661. Entfernung von Europa 8, 447. E. von Halifax 11. E. von Havana 447. E. von Register. 739 Panama 447. E. von Yictoria 11. E. von Jokuhama 447. E, n. im Inneren 15. Entlegenheit, räumliche, 14. Episcopale 535, 536. Erdbeben 48. E -beeren 290. E.-nuss 289. Erfinder 366. Ericaceen 26. p]ricsson 361. Erie Pa. 428, 436, 444, 650. E.-Bahn 409, 422, 427. E.-Canal 361, 390, 408, 411. E. Ring 101 E.-See 407, 412, 415; Seesieg 81. Ernährung 244, 370. Brot 276, 277. Cider 287. Hominy 275. Perry 287. Pork and Beans 278. Pies 280. Erziehung, häusl., 614. Escanaba Mich. 696. Esmeralda 344. Eugene City Or. 726. Eulen 31. Eureka Nev. 307, 717. Europa und'^ Nordamerika, Klima 18. Entfernung 447, 8. Euston Pa. 649. Evangelicals 535. Evans, Oliver, 359, 380. E.-Pass 42. Evanston 111. 335, 691. Evansville Ind. 416, 429, 466, 685. Everett, E., 576. Extensions 314. Fabriken 193, 365. Fachschulen 557. Fairfield lo. 702. F. Conn. 434, 444, 640. Fair Oakes 96. Falken 31. Fall River Mass. 374, 435, 443, 688. Falmouth Kent. 404. F. Mass. 432. F. Me. 434, 441, 443. Familie 612. F. d. Indianer 118. F.-hafte Colonisation 613. Fargo (Dakota) 261, 704. Faribault Minn. 700. Farmer 254. F. des S. 257. Fayetteville Ark. 675. F. N. C. 656. Featherstonehaugh 199, 244. Föderalist, The, 584. Fernandina Fla. 445, 661. Feuersbrünste 49, 461. Fieber, gelbes, 20, 185. ' Fillmore, Präsident, 91. Fillmore Ky. 427. F. City Ut. 718. Finanzen der V. St. 104, 493. Fische 33. Fishing Banks 34. Fischerflotte 441. Fitchbury Mass. 639. Fitz and Clark .565. Flachs 281, 374. Flint Mich. 696. Fl. - Pere Marquette- E.B 429. Florida 660. Bevölkerung 173, 181, 185, 187. Canal 418. Einwanderer 174. Eisenbahnen 397, 419. Erwerbung 198. Farbige 208, 215. Geschichtlich 82, 94, 103. Indianer 141, 152. Landwirth- schaft 224, 247, 260, 283, 285, 288, 311. Rhederei 435, 437. Wald 304. Flotte, Fischer-Fl. 441. Handels-Fl. 443. Kriegs -Fl. 499. Fl. - Stationen 499. Floyd R., Schiffbarkeit 401. Flüsse, Schiffbarkeit 40, 400. Föderalisten 518. Föhren 304. Fond du Lac Wisc. 405, 699. Forster 566. Forts 497. Ft. Arbuckle I. T. 710. Ft. Benton Mont. 711. Ft. Berthold 232. Ft. Boise Id. 719. Ft. Bridger Ut. 719. Ft. Craig N. Mex. 715. Ft. Connor Wyom. 712. Ft. Dequesne (Pittsburg) 68. Ft. Dodge lo. 702. Ft. Donelson 95. Ft. Fetter- man Wyom. 712. Ft. Fillmore N. Mex. 715. Ft. Garland Col. 428, 713. Ft. Gibson I. T. 710. Ft. Kays Kans. 230. Ft. Howard Wisc. 423. Ft. Jukon AI. 730. Ft. Kerney 231. Ft. Lookout Dak. 704. Ft. Madison lo. 702. Ft. Mandan , Dak. 704. Ft. Marcy N. Mex. 715. Ft. Michael AI. 730. Ft. Mifflin Pa. 649. Ft. Monroe Va. 655. Ft. Osage 674. Ft. Owen Mont. 711. Ft. Randall Dak. 704. Ft. Riley Kans. 707. Ft. Ripley 47* 740 Hegister. Minn. 700. Ft. S. Pierre Dak 704. Ft. Sarpy Mont. 711. Ft. Scott Kans. 707. Ft. Smith Mont. 711. Ft. Steele Wyom. 712. Ft. Sullivan Me. 635. Ft. Sumter Va. 95. Ft. Thorn N. Mex. 715. Ft. Towson I. T. 710. Ft. Union N. Mex. 715. Ft. Washita I. T. 710. Ft. Wayne Ind. 429, 686. Ft. Winnebago Wisc. 698. Fox R.-Canal 417. Francis R., Schiffbarkeit 404. Frankfort Arsenal Pa. 649. F. Ky. 672. Franklin, B., 71, 74, 563, 573, 584. F. N. J. 323. F. N. Mex. 715. F. City Ind. 686. Frankreich, Bündniss mit, 76. Handel mit, 468, 469, 471. Schiffsverkehr 441, 445. Franzosen 67, 163, 169, 593. Fraserfluss, der, 316, 335. Frauen, Charakter 607. Einfluss 528. Gaben 608. Körperbau 601. Als Lehrer 553. Stellung 609. Ueberwiegen 185. F. Verehrung 607. Frederick Md. 652. Fredericksburg Va. 96, 655. Freedmens-Bureaus, die, 99. Freeport 111. 692. Freesoilers 92, 201, 518. Freiheit 69. Fremont 93, 202, 236, 566. F. Nebr. 706. Frenchmans Bay Me. 434. 441. Fresno City Cal. 406, 724. Friede von Utrecht 67. F. von Paris 68. F. von Gent 82. F. von Guadalupe Hildalgo 90. Frösche 33. Fruchtbarkeit des Bodens 222, 225. Die f. Zone 225. Fruchtwechsel 252. Frühes Altern 604. Frühreife 604. Fuchs 30. Fulton 359. Gadsden Purchase 479. • Gainesville Ga. 96, 660. Galena 111. 436, 691. G. Limestone 347. Galesburg 111. 692. Galion 0. 429. Gallatin, A., 132, 389, 515, 568. G. Tenn. 671. Gallandet, T. H., 558. Galveston Tex. 435, 436, 445, 668. G.- Harrisburg - S. Antonio - E. B. 430. Gap 348. Garrison 201. Gasconnade, Schiffbarkeit 401. Gardiner On 726. Gardner, J. T., 566. Gatschet, A. S., 134. Gebhard, G., 375. Geburten, Zahl der, 179, 182. Geistige Merkmale 603. G. Begabung 546, 563. Der Indianer 122. G. Leben 542. Geld der V. St. 490. Geldsucht 544, 620. G. Verkehr 460. Gemeinden 509. Genesee N. Y. 444. G. R. 411, 412. G. Valley Canal 412. Geneva N. Y. 287, 645. Genf, Schiedsgericht von, 102. Gentleman und Lady 618. Georgetown D. C. 413, 444, 728. G. S. C. 444, 658. Georgia 658. Bergbau 311, 321, 326, 335, 347. Bevölkerung 181, 187, 188, 194. Deutsche 164. Einwanderung 173, 174. Eisenbahnen 420. Farbige 196, 198, 204, 208, 215. Geschichtlich 63, 87, 94. Indianer 141. Landwirthschaft 247, 258, 260, 267, 286. Rhederei 435, 437, 438. Wald 304. — G. Central- E.B. 429. G.-E.B. 429. Gerichte 486, 527. Germantown Pa. 649, 75, 164. Gerste 235, 277. Geschichtsforschung 568. G. -Schreibung 568, 575. Geschlechter, Zahl der beiden, 185. Be- ziehungen zwischen denselben 611. Gesellschaft, die, 591, 614. Gesundheit, Oeffentl., 513. Getreidebau, Gebiet des, 18. G.-Böden 226. G.-Erzeugung, Grösse der, 273. Register. 741 Gettysburg Penn. 97, 276, 650. Gewerbe 21, 39, 43, 70, 193, 355, vgl. Inhaltsverzeichniss X. G. -Austeilun- gen 361, 362. Geschichte des G.355. Werth der G. - Erzeugnisse 361. Gibraltar, Handel mit, 468. Gifford 581. Giftpflanzen 26. Gila R. 418. Gilman, ßj^., 555. Girdling (der Bäume) 133. Glasindustrie 355, 356. Gleichheit 66, bürgerliche 527, 617 ; poli- tische 514. G. d. Sitten 622. Glens Falls N. Y. 644. Glenwood lo. 702. Gliederung, geogr., 13. Gloucester Mass. 434, 443, 639. Gold, Vorkommen 37, 45, 312, 336, 341. G.-Gräber316. G. -Erzeugung 310, 337. Gold Hill Nev. 717. Golden City 335, 714. Goldsboro N. C. 428. Golf-Staaten 661. Bevölkerung 187. Ge- treidebau 248. Krankheiten 184. Goliad Tex. 669, 89. Gonzales Tex. 669. Gophers 29. Goshen Ind. 685. Gosport Va. 655. Gould 567. Governors Island 638. Grammar Schools 551. Grand Haven Mich. 696. G. Osage, Schiffbarkeit 401. G. Rapids Mich. 696. G. Rapids Wisc. 698. G. Rapids -In- diana-E. B. 429. G. Tower 326. G. Trunk-E.B. 473. G. Riviere, Schiff- barkeit 401. Grangers 256, 395. Grant, U. S., 101, 158. Graphitlager 348. Gräser 292. Bermuda-Gr. 292. Natchez- Gr. 292. Gray, Asa, 567. Greasers 594. Great Bend of the Tennessee 481. Great Pedee R. 406. Greeley, H., 102, 586, 588, 590. Green Bay Wisc. 417, 429, 697, 698. G. Bay - Minnesota - E. B: 429, Greencastle Ind. 686. Greenpoint N Y. 385. Green R., Schiffbarkeit 398, 404. G. R. Station Wyom. 712. Greensburg Kent. 404. Greenville S. C. 658. G. Tenn. 671. Gregg, J., 431, 474. Grenada Miss. 665. Grenzen 4, 89, 477. Länge 11. Sicher- heit 11. Greytown 92. Griechenland, Handel mit, 469. Schiffs- verkehr 442, 446. Gringos 594. Grizzly 29. Grossbritannien, Handel mit, 468, 469, 470. Schiffsverkehr 441, 445. Grossindustrie, die, 317. G.-muth 620. G.-Städte 44. G. Salzsee, Schiffahrt 408. Grothe, H., 379, 380, 386. Grouse 32. Grundbesitz, Vertheilung 215. Grundhörnchen 29. Grünsand 251, 350. Guadalupe Hidalgo, Friede von, 90. Guajana, Handel mit, 468, 470, 472. Schiffsverkehr 442. Guano, der, 251. Fledermaus-G. 350. Gütergemeinschaft 55. Hackensack N. J. 647. Hadley Falls Conn. 378. Hafer 235, 278. Hafenreichthum 7. Hagen 568. Hagerstown 96. Häher 31. Hakluyt, Richard 52. Halifax N. C. 406. Hall 143. H., James, 566. Hallowell Me. 635. Hallville Wyom. 335. Hamburg S. C. 427. 742 Register. Hamilton, A., 79, 360, 569, 577, 584. H., 0., 683. Hampton Va. 655. H. Beach N. H. 635. Handel 193, 450-f., s. Inhaltsverz. XU. Handelskammern 459. Handelskrisen 93. Hanf 282. Hanging Rock -Region 324. HannibalMo. 430, 433, 678. H.- Kansas City -Council Bluffs -E.B. 430. H.-S. Joseph-E. B. 430. Hardyville Ar. 406, Harpers Ferry W.V. 93, 406. Harrisburg Pa. 649. H. Tex. 430. Harrison, Gen., 116, 515. Harrodsburg Ky. 673. Harte, Bret, 574, 577. Hartford Conn. 640. Harvard C. 555, 567. Harz 308. Haselnuss 25. Hasen 28. Hassler 565. Hastings Minn. 700. H. Nebr. 430. Haverhill Mass. 639. Hausbau 243, 244, 356, 382, 624. H.- Ge- werbe 281, 360. H.-thiere 26. Havre de Grace 413. Hawaii'sche Inseln. Handel 468, 470 Schiffsverkehr 442, 446. Hawthorne,N.,50,487,574, 577, 578, 613. Hayden, R., 307, 335, 566. Hayes, R., 103, 454, 463. Hayti, Handel mit, 468, 470, 471. Schiffs- verkehr 442, 446. Hazelton 330. Hebron 348. Hechte 34. Heckewelder 116, 569. Heimstättengesetz, das, 263, 306. Helena Ark. 675. H. Mont. 341, 711. Henderson Ky. 673. Henry, J., 564. H., Patrick, 72, 325, 576. Hermelin 30. Hemmung durch Eis 408, 409. Hessenfliege 35. Heu 233, 292. H.-schreckeu 35. Hickman Ky. 428. Hickory 25, 304. High Schools 554. Hillsdale Mich. 696. Himbeeren 26. Hirsch 28. Hitchcock, Ed., 566. Hittell 594. Hoboken N.J. 558, 646. Hochkirche 536. Hokendauqua Pa. 649, 325. Holland Mich. 696. Holländer 163, 356. Holly Springs Miss. 665. Holmes, 0. W., 577. H. Hole Mass. 638. Holst, V., 78, 198, 258. Holyoke Mass. 639. Holzindustrie 307. H. -verbrauch 307. Homestead Law 263, 306. Honesdale 413. Hongkong, Handel mit, 468. Hooksett N. H. 635. Hopfen 282, 285. Hopkinsville Ky. 673. Hosmer, Miss H., 583. Hot Springs Ark. 675. Houston Tex. 430, 668. H.-Texas Cen- tral-E. B. 430. Howe, Elias, 381. Hübner, v., 606. Hudson, F., 448. H., Hendrick, 54, 58 405, 643. H. N. Y., 644. H. R., 5, 7, 411, 413. Schiffbarkeit 405. Hugenotten 535, 593. Hughes, R. B., 583. Hülsenfrüchte 278. Humboldt, A. v., 344, 566. H. Nev. 717. H. R., Verkehr 398, Hunde 301. Indianer-H. 30. Hungersnoth 48. Huntington W.Va. 427. Huntsville AI. 663. Huron Mich. 436, 445. H. -Irokesen 136. Hydraulic Mining, das, 313, 340. Icacopflaume 25. Idaho 719. Bergbau 315, 337, 341, 345, Register. 743 348. Bevölkerung 180, 187. Indianer 140, 141. Landwirthschaft 231. Ver- kehr 420. Wald 304. — I. City Id. 719. Illinois 686. Bergbau 321, 324, 326, 335, 348. Bevölkerung 181, 188. Ca- näle 40, 411, 415, 416. Einwanderung 174. Eisenbahnen 419. Farbige 198, 207. Finanzen 512. Geschichtlich 82, 103, 104. Gewerbe 366, 385. Kohlen- feld 332. Landpreis 262. Land- wirthschaft 260, 275, 276, 277, 278, 284, 301. Rhederei 436, 437, 438. Survey 566. Unterricht 559. Vieh- zucht 294, 297, 300. Weinbau 289. — L Central - E. B. 429. I. - Michigan- Canal 411, 415, 416. I. R. 416. Impeachment 484. Improved Land 255. Improvements, In- ternal, 85. Indented Servants 53. Independence lo. 703. I. Mo. 431, 678. Independenten 518. Indian Office 154, 488. I. Poke 26. I. Tobacco 26. L R. 418. Indiana 684. Bergbau 321, 326, 332, 335. Bevölkerung 180, 181, 188. Ca- näle 415. Einwanderung 174. Eisen- bahnen 419. Geschichtlich 104. Farbige 198. Indianer 141. Lage 41. Land- preis 262. Landwirthschaft 246, 260, 275, 276, 284. Rhederei 437, 438. Steuern 508. Viehzucht 297, 300. Wald 304. Wasserstrassen 401. Indianapolis Ind. 429, 685. L-Blomington- Western-E.B. 429. Indianer, die, 107, s. Inhaltsverzeichn. III. I. - Agenturen 157. L -Brot 25. I.- Ge- biete 480. I. -Mischlinge 160. Indianer-Territorium 707. Bergbau 332, 333, 335. Geschichtlich 140, 141, 146,155. Landwirthschaft 229. Indianola Tex. 669. Indien, Niederl., Handel mit, 468, 470, 472. Schiffsverkehr 442. I., Ost-, Handel mit, 468, 470; Schiifsverkehr 442. L, West-, Handel mit, 468, 470, 471. Schiffsverkehr 442. Indigo 267, 286. Industrie, s. Gewerbe. Ingalls, G. W., 143, 155. Inflation Bill 103. Inness 581. Insekten 34. L, schädliche, 34. Internal Revenue 489. International - Great Northern -E.B. 4o0. Interviewen, das, 584. Inventors, die, 193, 317. Invoice 488. Iowa 701. Bergbau 332, 335, 348, 350. Bevölkerung 181, 187, 188, 193. Eisen- bahnen 419. Farbige 207. Geschicht- lich 104. Indianer 141. Landwirth- schaft 260, 261, 275, 276, 278, 282. Rhederei 437, 438. Survey 566. Ver- kehr 395. Viehzucht 295, 300. Wald 304. Weinbau 289. — I. City lo. 702. Iowas 136. Irländer 163, 167, 169, 592, 599. Irokesen, 138, 142, 144, 151. Iron Mt. 321, 323. Ironton 0. 324, 682. Irving Wash. 574, 577, 578, 598. Island Nr. 10 96. Isländer 163. Isle Royale 345. Itakolumit 349. Italien, Handel mit, 468, 470, 471. Schiffs- verkehr 441, 446. Italiener 163, 174. Ithaca N.Y. 645. Jackson, Präsident 82, 87, 89, 259, 518. J. Miss. 664. Jacksonport Ark. 675. Jacksonville Fla. 7, 406, 661. J. Or. 726. Jacob I. 52. Jacques R., Schiff bar keit 401. James R. 413. Schiffbarkeit 406. J. R. and Kanawha - Canal 413. Jamestown Va. 195, 355. Janesville Wisc. 699. Japan 9. Handel mit J. 468, 470, 471. Schiffsverkehr 442. Japaner 163, 744 Register. Jarvis, E., 178. Jay 31, 72, 246, 247, 275. Jefferson, Th., 79, 80, 197, 480, 515, 530, 537, 569, 574,-577. J. City La. 666. J City Mo. 676. Jeffersonville Ind. 685. J. - Madison - In- dianapolis - E. B. 429. Jersey City N. J. 426, 646. Jervis N.Y. 645. Jetty-Canal 402. Johannisbeeren 26. Johnson, Audr., 98. Johnstown 325. Joliet 111. 691, 327, 429. Jonesville Mich. 697. Jonia, Mich., 696. Journalisten 193. Juden 535, 511. Juglaus nigra 25. Juniata R. 413. Käfer 34. Kaffeebäume 254. Kalama W. T. 426, 727. Kalamazoo Mich. 696. Kalapuyas, die, 137, 139. Kameele 253. Kansas 706. Bergbau 332, 333, 334, 335. Bevölkerung 180, 181, 187, 193. Eisenbahn 426. Einwanderung 174. Farbige 207. Fruchtbarkeit 229. Ge- schichtlich 92, 93, 104. Indianer 136, 140, 141, 260, 261. Krankheiten 184. Landwirth Schaft 275, 282. — K. and Topeka-E.B. 173. K. Pacific - E. B. 173, 229. K. City Mo. 426, 430, 678. K. Pacific -E.B. 426, 496. Kapp, Ernst, 6. K., Friedrich, 68, 163, 166, 171, 172, 193, 196, 198, 410, 521. Karns City Penn. 430. Kartoffeln 278. K., süsse, 279. Kastanie 25, 288, 304. Kasuä 137. Katholische, Griechisch- 535; Röraisch- 103, 535, 539. Katzen 30. K., wilde, 30. K.-vogel 31. Kautschuk-Gewerbe 381. Kawitschen-Gruppe 137 Kendallville 685. Kennebec Arsenal 634. Kenney, Mc, 143. Keuosha Wisc. 698. Kent, Chancellor, 569. Kenton 0. 683. Kentucky 671. Bergbau 324, 326, 331, 332, 335, 351, 352. Bevölkerung 180, 181, 186, 188, 198. Einwanderung 173. Eisenbahn 397. Farbige 207, 208. Geschichtlich 94, 95. Krank- heiten 184. Landwirthschaft 260, 271, 277, 282, 284, 285, 288, 300. Rhederei 437, 438. Unterricht 501. Viehzucht 301. Wald 304. — K.- und Virginia- Beschlüsse 79. Keokuk 433. K. lo. 401, 417, 702. Keramik 385. Kernbeisser 31. Keys 5. Key West Fla. 435, 444, 661. Kickapoes 136, 144, 155. King, Clarence, 566. Kingsbury Rapids 406. Kingston N. C. 406. Kiowas 136, 143. Kirche, die, 528. K.-Bau 531. K.- Plätze 531. K. und Staat 529, 538. Kirsch 26, 288, 304. Kitunahas, die, 137, 139. Klamath 137, 139. Klee 292. K.-Arten, die, 236. Klima. Unmittelbare Wirkungen 19. K. und Landwirthschaft 17, 222 f., 288. K. und Krankheiten 20. K. und Ver- kehrsleben 19, 420, 501 f. Klippart, J. H., 246. Klöster 540. Knickerbockers 599. Knistenaux 136. Knownothings, die Partie der, 92. Knoxville Tenn. 262, 404, 671. Kobalt 348. Koch 343. Kohlen, s. Steinkohlen. Kolb 512. Register. 745 Kolibri 31. Korkeiche 289. Kornkammern, die, Nordamerikas 227. Körperbeschaffenheit 546. Körperschaften, wissenschaftliche, 571. Kosten des Lebens 370. Krankheiten, deren geographische Ver- breitung, 184. Kriegsamt 493. Krokodile 33. Kuhvogel 31. Kuklux-Clan 101. Kunst 545, 580. Kupfer 37, 346. Am Oberen See 312, 345. Kupka 421. Kürbis 279. Küsten-Aufnahme 564, 565. K. -Beleuch- tung 493. K.-Gliederung 5. K.-Gestalt 8. K. -Vertheidigung 497. Laboulaye 591. Labrax 34. Lachse 34. Lackawanna- Becken 330. L. R. 413. La Crescent lo. 429. La Crosse Wisc. 433, 436, 698. Lafayette Ind. 685. Lage, Sicherheit der, 10. L., geogra- phische, 16. L., innere polit. Wir- kungen 11. Lake Shore and Michigan Southern - E. B. 426. Lancaster Pa. 649. Land-Arbeiter 254. L. Office 488. L.- Preis 83, 193, 261. L.-strassen 387. L.-wirthschaft 221, 240, 245, s. In- haltsverz. VIL Lansing Mich. 332, 695. Lapeer Mich. 696, Laporte Ind. 685. Laramie Wyom. 712. Lärche, die, 305. Laredo Tex. 669. La Salle 111. 348, 415, 692. L. S.-Distrikt 332. La Soledad 137. Laurenceburg lud, 685. Lavabetten 231. Laveta-Pass 420. Lawrence, H., 569. L. K&ns. 707. L. Mass. 374, 639. Leadville Col. 316, 714. Leavenworth Kans. 707. Lecompton Kans. 707. Leconte 568. Leder-Gewerbe 381. L., Hemlock-, 381. Ledum latifolium 26. Lee 98, 259. Lehi City Ut. 718. Lehigh Caual 413, 414. L. R. 392, 413. L. Valley 324, 330. Lehrer 553. L. -Besoldungen 553. Lehrmethode 552. Leinen - Gewerbe 374. Leisler, Jacob, 164. Leontodon 24. Lepus americanus 28. L. silvaticus 29. Lesquereux 566. Leutze, E., 581. Levin's Cave, die, 348. Lewis 564. L. and Clarke's-Pass 42. Lewisia rediviva 24. Lewiston Id. 719. L. Me. 635. Lexington Ky. 673. L. Mass. 638. L. Mo. 678. Liberal- Republicans, die Partei der, 102. Liberia 200, 207. Handel mit L. 469. Licking R., Schiffbarkeit 404. Lieber, Franz, 569. Lincoln 94, 98, 257. L. Nebr, 705. Linden 304. Lionsfalls N. Y. 412. Litchfield 111. 693. Literatur 573. L., Stellung zum Volk 578. L. und Sittlichkeit 613. Literar. Hervorbringungen, geringe Zahl 572. Lithographiesteine 386. Little Rock Ark. 675. Lobelia cardinalis 26. Local Respongability 549. Located Land 264. Locke 63. Lock Haven Pa. 414, 649. Lockport N. Y. 411, 645. 746 Register. Logansport Ind. 686. Löher, F., 165, 166. Löhne 263, 316, 369. L. der Neger 214. Long 564. Longfellow, H. W., 575, 577, 578. Longview Tex. 420. Loon 33. Lorenz -Strom, Schiffbarkeit 404. Los Angeles Cal. 90, 724. Louisiana 665. Bevölkerung 181, 187, 188, 193. Einwanderung 173, 174. Eisenbahn 394. Geschichtl. 80, 82, 94, 103, 479. Handel 433. Indianer 152. Landpreis 262. Landwirthschaft 227, 247, 260, 267, 283, 286, 288. Neger 198, 203, 204, 205, 206, 208, 215. Rhederei 435, 437. Schiffahrt 438. Wald 304. — L. Mo. 678. Louisville Ky. 300, 326, 403, 417, 427, 429, 672. L.-New Albany-Chicago- E.B. 429. L. and Nashville-E.B. 427. Lowell, J. R., 575. L. Mass. 374, 379, 639. Loxia curvirostra 31. Ludington Mich. 429. Lupinus littoralis 24. Lutheraner 535, 539. Lutra canadensis 30. Lycoperdon solidum 25. Lyell, Ch., 49, 193, 244, 245, 255, 329, 545, 566, 578, 607. Lynchburgh Va. 415, 655. Lynn Mass. 357, 638. Lyons lo. 702. Mac Farlane 335. M. Gregor lo. 701. Machias Me. 434, 438, 443, 634. M. Port 635. Mackinaw Mich, 696. Macomb 111. 692. Macon Ga. 406, 429, 659. M. Mo. 678. Madison 584. M. Ind. 685. M. Mich. 698. Maginnis, A. J., 447. Mahanoy Pa. 330, 649. Mahoning 326, 330. Mahony-Thal 415. Mährische Brüder 535.. Maine 633. Bevölkerung 180, 181, 188. Fischerflotte 441. Geschichtlich 58, 82. Gewerbe 251. Küste 5. Landwirthschaft 260. Rhederei 435, 437. Schiffahrt 438. Wald 304. — M. Central -E. B. 428. Mais 44, 248, 271, 274. M.-zucker 284. Mallery, Col. G., 142. Malone N. Y. 644. Mammoth Bed, das, 328. Manchester N. H. 635. Mandans 136, Mandeln 289. Mandrake 24. Manhattan 5, 58, 150. Manistee Mich. 696. Manitowoc Wisc. 698. Mankota Minn. 700. Manly Junction lo. 429. Mansfield 0. 683. Maquoketa lo. 703. Marblehead Mass. 441, 443, 639. Marder 30. Maricopas 418. MariettaO, 97,682. M.-Cincinnati-E.B. 429. Märineamt 498. Marmor 350. Marquette 144, 323, 327, 696. Marschthee 26. Marsh, 0., 567. Marshalls 335. Marshall Mich. 696. M. Tex. 426. Marshalltown lo. 703. Marthe 12. Martineau, H., 199, 204, 543, 619. Maryland 651. Bergbau 322, 324, 325, 331, 335. Bevölkerung 176, 177, 180, 181. Eisenbahnen 420. Geschichtlich 57, 59, 95. Krankheiten 184. Lage 43. Landwirthschaft 270, 285, 288. Neger 198, 208. Rhederei 434, 435, 437. Steuern 508, 509. Schiffahrt 438. Wald 304. Marysville Cal 724. Mascalonge 34. Maschinenarbeit 363, 364. M.-bau 377. Register. 747 Massachusetts 637. Bergbau 321, 327, 348. Bevölkerung 176, 180, 181, 185, 186, 188, 191, 193. Census 182. Eisenbahn 419, 420. Fischerflotte 441. Geschichtlich 56, 73, 103. Gewerbe 251, 366, 374, 381. Landwirthschaft 224, 260, 261, 274. Neger 196, 208. Polit. Stellung 506, 507. Rhederei 435, 437. Schiffahrt 438. Survey 566. Unter- richt 548. Verkehr 393, 433. Wald 304. — M. Bay 266. Masse und Gewichte 492, 505. Mässigkeitsvereine 533. Massillon 0. 326, 683. Matagorda Tex. 668. Manch Chunk Pa. 392, 413, 649. Maulbeere 26, 288. Maumee R. 415, 503. Maury 565. Maysville Ky. 673. Medicin 568. Melone 279. M.-baum 25. Memphis 96, 427, 429, 433, 436, 527, 671. Handel 466. M. and Charleston- E. B. 429. Menasha Wisc. 429. Mendham 349. Mendota 111. 692. Mephitis virginiana 29. Merced Cal. 431. Meridian Miss. 429. Merrimak R. 378. Methodisten 535, 538. Mexico, Handel mit, 468, 470, 471, 474. Schiffsverkehr 442, 443, 446. M., polit. Beziehungen 88, 90, 102, 201. M. Mo. 678. Miami 0. 436, 444. M.-Canal 415. M. River 415. Michigan 694. Bergbau 324, 332, 335, 349. Bevölkerung 181, 193. Eisen- bahn 419. Geschichtlich 92, 104. Kohlenbecken 332. Krankheiten 184. Landpreis 262. Landwirthschaft 260, 276, 285. Neger 198. Rhederei 436, 437. Schiffahrt 438. Survey 566. Unterricht 550. Viehzucht 300. Wald 304. — M. Central -E. B. 427. M.City 111. 429. M. Ind. 434, 436, 445, 685. Middlessex Canal 326, 388; 391. Middleton Conn. 434, 436, 444, 640. Middletown N. Y. 428, 645. M. Penn. 413. Mildthätigkeit 534, 556. Mill Creek Bridge 0. 429. Milledgeville Ga. 188, 660. Milwaukee Wisc. 300, 327, 434, 436, 445, 463, 466, 698. Mine R., Schiffbarkeit 401. Mineralschätze 35. Mineralische Düngstoffe 251. Minister 485, 486 f. Mink 30. Minneapolis Minn. 700. Minnesota Wisc. 699. Bevölkerung 174, 181, 187, 188, 193. Geschichtlich 104. Indianer 141, 158. Krankheiten 184. Landwirthschaft 233, 260, 276, 282. Rhederei 436. Schiffahrt 438, 445. Wald 304, 306. Minnewit, P., 164. Mischehen 597. Missiones 153. Missionswesen 532. Mississippi, 663. Bevölkerung 173, 175, 180, 181, 187, 188. Eisenbahn 394, 419. Geschichtlich 80, 82, 94. Krankheiten 184. Landwirthschaft 247, 260. Neger 198, 205, 208, 215. Rhederei 435, 437. Schiffahrt 438. Verkehr 399. Wald 304. M. River 5, 10, 36. M.- Becken 13. M., Eisbedeckung 401. Dämme 402. Boote 403. Schiffbarkeit 41, 397, 401. Tiefe 402. — M. u. S. Lorenz 416. Missouri 675. Bergbau 305, 311,321, 323, 324, 332, 335, 347, 348. Bevölkerung 173, 180, 181, 187, 188, 194. Eisen- bahn 394, 419. Geschichtlich 82, 94, 95. Kohlenfeld 322. Landpreis 262. Landwirthschaft 271, 275, 278, 282, 284, 285, 301. Neger 198, 203, 207, 208. Rhederei 437. Schiffahrt 438, 439. Viehzucht 297, 300. Weinbau 289. — M.-Compromiss, 83, 92, 200, 201. M.-Region, 326. M., Kansas u, Texas- 748 Register, E.ß. 428. M. Pacific- E.B. 430. M. River, Schiffbarkeit 397, 401, 404. Mittel- Amerika, Handel mit, 468, 470, 472. Mittelstaaten 504. Atlantische 504. M. des Inneren 504. M., Eisenbahnen 419, 420. Schulen 615. Wasserstrassen 401. Mobile AI. 5, 427, 436, 445, 464, 527, 663. M. and Ohio- E. B. 427. Modoc-Krieg 155. Mohawks 136. Mohawk R. 411. Mohicans 135. Moline 111. 691. Molothrus pecoris 31. Molybdän 349. Mongoloiden, die, 108, 112. Monitors 361. Monmouth 111. 76, 692. Monongahela, Schiffbarkeit 404. Monroe, James, 82, 515. M.-Doktrin 87. M. Mich. 429, 695. M. Va. 498. Montana 710. Bergbau 315, 337, 341, 345, 347. Bevölkerung 180, 186, 187. Fruchtbarkeit 232. Indianer 141, 146. Verkehr 420. Wald 304. Monterey Cal. 723. M. in Coahuila 90. Montezuma N. Y. 412. Montgomery 75. M. AI. 663. Montpelier Vt. 636. Montreal, Durchgangshandel, 473. M. Cau., Handel 417. Monument Point Ut. 719. Moose 28. Moqui Pueblos 136. Morgan, H., 110. Mormonen, die, 93, 230, 535. Morris - Essex Canal 413, 414. M. Gov., 574. Morse 361, 448. Morton 601. Morus nigra 26. M. rubra 26. Moschusratte 29. Moskitos 35. Mosler, C, 334, 376. Motley, J. L., 576, 577. Mound City 111. 692. Mounds 109. Mt. Carbon Penn. 414. Mt. Carmel 111. 693. Mt. Desert Me. 634. Mt. Diablo Mines 335. Movers House 245. Mühlgewerbe 359, 380, 384. Mulatten, Farbige 208. Muncie Ind. 686. Münzen, Colonial-, 358. Murfreesboro Tenn. 97, 671. Muscatine lo. 702. Muschelthiere 34. Muscle Shoals Tenn. 404. Musik 583. Muskegon Mich. 696. Muskogees, die, 137, 144. Mustela pennanti 30. M. americana 30. Mutsun, die, 137, 139. Nachtfröste 223. Nadowessi 143. Nähmaschinen 381. Nahrung, s. Ernährung. Nanticoke 330. Nantucket Mass. 638. Napa City Cal. 724. Nashua N. H. 635. Nashville Tenn. 671, 97, 186, 188, 326, 404, 436. N. - Chattanooga - E. B. 428. Natchez, die, 137, 138, 144. N. Miss. 664. Natchitoches La. 667. Nationalbank, die, 85, 460. Natur, ihre unmittelbaren Wirkungen auf den Geist des Volkes 19, 45. N.-be- dingungen des Verkehrs 40, 420. N. - er- scheinungen (grosse) 48, 49. N.-gebiete 13,47. N.-gefühl 50, 577. Navajos 136. Naval Academy 499. Navasotor Tex. 668. Nebraska 704. Bergbau 332, 334, 335, 349. Bevölkerung 180, 181, 187, 194. N.Bill 92,202. Einwanderung 174. Geschichtlich 92, 104. Indianer 140, 141. Krankheiten 184. Landwirth- schaft 231, 275. Neger 208. Rhederei 437. Schiffsbau 438. Wald 304. — N. City Nebr. 705. Register. 749 Neger, 174, 195 f. s. Inhaltsverz. VI. N, als freie Arbeiter 211. Freigelassene 199, 203, 205. Mischlinge 174, 209. Polit. Stellung 205. Schulen 199, 201, 552. Sklaven 53, 195,267. Sterblichkeit 184. Nemoa U., Schiffbarkeit 401 Neosho Mo. 678. NeponsetR. 392. Neu - Almaden 345. Neu - Amsterdam 58. Neu - Braunfels Tex. 668. Neuburg ; (Deutsche) 164. | Neuengland - Staaten 633. Bevölkerung : 176, 188. Canäle 391. Eisenbahnen ' 419, 420. Fruchtbarkeit 224. Ge- i schichtlich 52, 54. Gewerbe 373, 374. ' Indianer 150. Kohlen 329. Krank- 1 heiten 184. Lage 43. Landwirthschaft i 526, 246, 248, 277. Löhne 263, 369. 1 Schulen 504. Sklaverei 295. Wasser- 1 Strassen 401. Neuengländer 172,598.1 Neue Welt und Alte Welt 23, 27 f. i Neu-Idria 345. Neu -Mexico 714. Bergbau 334, 345, 347. Bevölkerung 181, 187. Eisen- bahn 420, 426. Geschichtlich 90, 92. Landwirthschaft 229. Sklaven 201. Wald 304. Neu -Ulm Minn. 700. Neuse R., Schiffbarkeit 406. Nevada 716. Bergbau 307, 315, 316, 318, 335, 337, 341, 342, 349. Bevöl- kerung 180, 181, 187, 193. Eisen- bahn 419. Geschichtlich 104. Indianer 141. Landwirthschaft 230. Schulen 550. Strassen 431. Nevassa Island 251. Newark N. J. 646, 348, 436, 444, 512. N. 0. 683. New Albany Ind. 429, 685. N. Bedford Mass. 434, 441, 444, 638. Newberry 566. N. Brunswick N. J. 647. N. Buf- falo Mich. 429, 696. Newburgh N. Y. 164, 644. Newburyport Mass. 345, 441, 443, 639. Newcomb, S., 566, 570, 572. N. Geneva Penn. 404. New Hampshire 635. Bevölkerung 176, 181. Bergbau 342, 348. Geschicht- lich 58, 73. Landwirthschaft 224. Rhederei 435, 436, 437, 441. Wald 304. New Harmony Ind. 685. N. Haven Conu. 435, 444, 555, 558, 640. N. Haven Ky. 540. New-Hope Church 97. New Iberia La. 667. New Jersey 645. Bergbau 321, 323, 324, 325, 346, 348, 350. Bevölkerung 176, 177, 180, 181, 188, 193. Finanzen 512. I Geschichtlich 60. Gewerbe 374. Krank- heiten 184. Lage 43. Landwirthschaft 251, 288, 290. Rhederei 435, 437. j Schiffsbau 438. Unterricht 550. Wald ' 304. I New London Conn. 434, 441, 444, 640. I N. Madrid Mo. 185, 678. N. Meileray I lo. 540. I New Orleans 665, 7, 82, 95. Bevölkerung j 186, 188. Gesellschaft 622. Handel I 464, 675. H.-Stellung 472. Rhederei , 434, 436. Schiffsverkehr 445. Ver- kehr 396, 402, 403, 427. Newport R. I. 428, 435, 441, 444, 641. N. Tacoma W. T. 727. Newton, Henry, 325. New York (Staat) 642. Bergbau 321, 322, 324, 325, 349, 351, 352. Bevöl- kerung 176, 180, 181, 186, 188, 193. Canäle 391, 411. Einwanderung 171, 174. Eisenbahnen 419, 420. Ge- schichtlich 58, 84, 103, 104. Gewerbe 281, 366, 374, 385. Indianer 140, 141, 146, 150. Krankheiten 184. Lage 43. Landpreis 262. Landwirthschaft 237, 246, 261, 266, 270, 277, 278, 285, 286, 287, 288, 301. Politik 506. Rhederei 435, 436, 437, 438, 441. Schulen 548, 550, 559. Schiffsbau 438, 439. Spar- banken 369. Steuern 508, 509. Strassen- eisenbahnen 433. Survey 465, 566. Verkehr 360. Viehzucht 294, 297, 300. Wald 304. Wasserstrassen 401. Wein- bau 289. New York (Stadt) 643. Bevölkerung 177. Finanzen 511. Geist. Hauptstadt 622. 750 Registei*. Geschichtlich 59, 104. Gewerbe 353, 375. Hafen 7. Handel 417, 464. Handelsstellung 15, 472. Kirchen 536, 582. Lage 8, 24. Milde Werke 534. Politik 521. Rhederei 434, 436. Schulen 550. Verkehr 397, 411. Wachsthum 391, 410. New York - Buffalo - Strasse 432. N. Y. Central and Hudson R.-E.B. 409, 427, 465. N. Y. and Oswego Midland -E.B. 428. Nez Perces 133, Nez Per ces - Krieg 155. Niagara R. 411. N. Falls N. Y. 645. Nickel 348. Niederlande, Handel mit, 468. Schiffs- verkehr 442. Niles Mich. 697. Nimmo 465. Niobrara Nebr. 606. Nodowa R., Schiffbarkeit 401. Nomadischer Zug 706. Non-Importation Societies 358. Nordamerikaner, der, Abstammung 513. Anthrop. Merkmale 600. — Begabung : Beredsamkeit 517, 576. Erfindungs- geist 379, 563. Erwerbssinn 458. Findigkeit 219. Handelstalent 454, 456. Lerntrieb 547. Nachahmungs- trieb 622. Opferfähigkeit 517. Ord- nungssinn 516. Politische Fähigkeiten 513, 605. Talent für Politik 513, für Religion 528, 529. Unternehmungs- geist 367. — Bildung 547, 557. Un- gründlichkeit 570. — Charakter : Be- geisterungsfähigkeit 544. Beweglich- keit 316, 606. Egoismus 611. Ge- horsam 516, 519. Geldsucht 544, 620. Grossmuth 620. Grundstimmung 605. Höflichkeit 607. Optimismus 367, 619. Sentimentalism 561. Titelsucht 622. Verstandesmensch 611. — Jugend, die, des Volkes 183, 616. Körperbeschaf- fenheit 546. Mittlere Lebensdauer 257. N. Carolina 655. Bergbau 308, 321, 326, 334, 335. Bevölkerung 176, 177, 181, 188. Einwanderung 173, 174. Eisenb. 420, 428. Freigelassene 215. Fruchtbarkeit 224. Geschichtlich 62, 94. Indianer 141. Landwirthschaft 247, 251, 258, 285, 301. Neger 196, 198, 208. Rhederei 435, 337. Schiffs- bau 438. Wald 304. Weinbau 289. Nordhoff, Ch., 211, 213. Nördliche Binnenstaaten 679. Nördl. Mittelstaaten, Getreide 248. Nord und Süd 13, 78, 83, 84, 503. N. u. S. -Länder 21. Nordwest-Grenze 102. NW.-Staaten 277, 504, 693. Neue NW. -St.. 504. Norfolk Me. 434. N. Va. 655, 7, 413, 427, 434, 436, 444, 464. Normal Schools 554. Norristown Pa. 649. Northern Pacific -E.B. 426. Northampton Mass. 639. Northwood lo. 430. Norweger 163. Norwich Conn. 640. Nott und Gliddon 199. Nueces R , Schiffbarkeit 406. Nullification 79, 505. Nuklukayette AI. 730. Nutzholz, das, 308. Oakland Cal. 723, 724 Oberer See, Eisen 313, 321, 322. Kupfer 312. Schiffahrt 407. Obstbau, der, 237, 287. Oceanische Culturstellung 6. Ockmulgee L T. 710. 0. R. 406. Oeff. Ländereien 263, 481, 548. Oeff. L. an Eisenbahngesellschaften 264. Oelbaum, der, 253, 267, 289. Ogden City Ut. 425, 718. Ogdensburgh N. Y. 644, 428. Ohio 680. Bergbau 324, 331, 335, 349, 351, 352. Bevölkerung 180, 184, 186, 188. Canäle 411, 415. Eisenbahn 419. Finanzen 512. Geschichtlich 84, 104. Gewerbe 384, 385. Krankheiten 184. Lage 43. Landwirthschaft 246, 260, 261, 269, 275, 276, 277, 278, 284, 285, 288. Neger 208. Rhederei 436, 437. Schiffsbau 438. Schulen 548. Vieh- Register. 751 Zucht 295, 297, 300. Wald 304. Wein- bau 289. — O.-Canal 415. O.-Com- pagnie 68. 0.- Gebiet 171. Landwirth- schaft 248, 276, 283. O.-Mississippi- E.B. 429. O.R., Schiffbarkeit 404. Oil City Pa. 428, 650. OldColony-E. B. 428. Olean N. Y. 412. Olney 111. 693. Olympia W. T. 727. Oneida N.Y. 136, 645. Omaha Nebr. 705, 231, 404, 425, 426, 436. Oneida N. Y. 294. Onondaga N. Y. 136, 394. Onophylla 25. Oenothera 24. Ontario-See, Verkehr 411, 412. Opelousas La. 667. Opferfähigkeit 517. Opossum 29. Optimismus 367, 619. Opuntien 25. Orangen 237. Ordinanz von 1787 82. Ordnungssinn 516. Oregon 724. Bergbau 335, 337, 341, 349. Bevölkerung 180, 181, 187. 0. Bill 90. Eisenbahn 419. Geschichtlich 89, 90, 104. Grenzfragen 479. Indianer 140, 141. Landwirthschaft 232, 260, 276, 282. Rhederei 436, 437. Schiffsbau 438. Wald 304. — 0. City Or. 726. O.- California - E. B. 430. Oriol 31. Ortyx virginianns 32, 33. Osages 136. Oshkosh Wisc. 699. Oskaloosa lo. 702. Oesterreich, Handel mit, 468. Schiffs- verkehr 442. Oesterreicher 163, 165. Oswegatchie N. Y. 444. Oswego N. Y. 412, 428, 436, 437, 444, 645. Oswego -Canal 410, 412. Otis, James, 71, 576. Ottawa 111. 692. Otter 30. Ottumwa lo. 702. Otus vulgaris 31. Owatonna Minn. 700. Owego N.Y. 645. Owen, D., 566. Owens R., das Minengebiet am, 344. Owensboro Ky. 673. Pacific-Bahn 419, 421, 425. P. Mail S. S. Cy. 440. P. Slope 14, 45. P. Station Mo. 430. Pacifische Küste 9, 248. P. Staaten 504. Eisenbahnen 419, 420. Landwirth- schaft 248, 263, 276, 370. Packard 567. Pah-Utes, die Sprache der, 143, 156. Paine, Thomas, 74. Palfrey 124, 576. Pamlico N. C. 435, 444. P.-Sund 413. Palmetto (Chamaerops) 25. Palo alto 90. Panama -Congress 88. Panoche 25. Panther 30. Paola Kans. 707. Papageien 31. Papaya vulgaris 25. Papiergeld 77. Paris 111. 348, 693. Parker 352. Parker, Theod., 576. Parkersburg W. Va. 674. Parks 50. Parteien, die, 517. Partikularismus 505, 514. Partridges 32. Paso del Norte Mex. 90, 399, 406, 444. Passamoquoddy Mex. 435, 441, 443. Patapsco R., Schiffbarkeit 406. Patente 365. P.-Amt 365, 366, 489. Paterson N. J. 375, 647. Pawnee 137, 138. Pawtucket R. I. 374. Pay dirt 340. Pea-Nut 289. Peapack 349. Pedigree of the U. S. 169. 752 Begister. Pearl R. Miss. 435, 445. Pekan -Nuss 25. Pekin 111. 429, 692. Pelzwerk 308. Pemaquid Me. 634. Pend-Oreilles, die, 146. Penikese Island Mass. 638. Penn, William, 60, 61, 71, 150. Pennsylvania 647. Bergbau 321, 323, 325, 331, 335, 348, 349, 350, 351. Bevölkerung 176, 177, 180, 181, 186, 188. Canäle 412. P.-Canal 410, 412, 413,414. Dutchmen 164,599. Eisenbahn 419, 420. Geschichtlich 61, 83, 104. Gewerbe 281, 366, 374, 385. Indianer 140, 150. Krankheiten 184. Lage 43. Landwirthschaft 246, 261, 270, 276, 278. Rhederei 435, 437. Schiffsbau 438. Sklaven 196. Survey 565, 566. Ver- kehrswege 391. Viehzucht 294, 297, 300. Wald 304. Weinbau 289. — P.-E.B. 427, 465. Pensacola Fla. 7, 82, 444, 661. Pentwater Mich. 429. Peonen - Arbeit, die, 205. Peoria 111. 692. Pequod Conn., Gewerbe 357. Pequod - Kriege (Indianer) 150. Perch 34. Perryville 96. Persiraon 25. Perth Amboy N.J. 436, 444, 647. Peru, Handel mit, 468, 470, 472. P. 111. 692. P. Ind. 686. Peschel, 0., 23, 26. Petersburg Penn. 413. P. Va. 98, 444, 655. Petit Sioux, Schiffbarkeit 401. Petosky Mich. 429. Petrolia Penn. 430. Pfirsiche 237, 287. Pflanzen, nutzbare, 22, 26. Pflanzer, die, 259. Pflaume, K., 242. Pflaumenbaum 25, 26, 288. Pferde 295. Philadelphia 648. Bevölkerung 171, 176, 177. Finanzen 511. Gesellschaft 622. Geschichtlich 104. Gewerbe 350, 353, 374. Handel 464. H.-Stellung 472. Lage 7, 472. Landpreis 262. Rhederei 434, 436, 437. Schiffsverkehr 444. Strassen 433. Verkehr 391, 413. — Ph. and Erie-E.B. 428. Ph.-Reading-E.B. 410, 424, 428. Ph.-Pittsburg-Strasse 432. Philipp, König, 150. Philippinen, Handel mit, 468, 470, 472. Schiffsverkehr 442. Philippsburg, N. J., 313, 325. Ph. Penn. 413. Phillips, Wenden, 576. Phosphorit 251, 350. Photographie 384. Phytolacca 24. Piedmont Country 653. Pike 564. Pilatka Fla. 661. Pilot Knob 321, 323, 326. Pirnas 418. Pine Barrens 225. P. Lands 306. Pifions 25. Pinus edulis 25, Lambertiana 26. Piqua 0. 683. Pirol 31. Pittsburg Pa. 650. P. Bed, das, 328. Bergbau 323, 325, 326, 331, 351. Erdöl 353. Fort Dequesne 68. Handel 466. Rhederei 436. Schiffsverkehr 444. Ver- kehr 391, 403, 404, 414, 429. — ?.- Cincinnati-S. Louis -E. B. 429. P., Ft. Wayne and Chicago -E. B. 427. P. Lan- ding Tenn. 95, 671. Pittston Pa. 330, 649. Plank Road 431. Platte R., Verkehr 398, 401. Plattsburgh N.Y. 644. Plattsmouth Nebr. 705. Pleasant Hill Mo. 678. Plovers 33 Plymouth Ind. 686. P. Mass. 638. Colonie V., 52, 54,56. Bevölkerung 176. Fischer- flotte 441. Schißsverkehr 443. Pocahontas Ark. 675. Poco Wilderness 647. Register. 753 Podophyllum callicarpum 24. Poe, E.A., 575, 577, 578, 613. Poesie der Indianer 124. P. des Lebens der Nordamerikaner 579. P. der Oert- lichkeiten 543. Point Pleasant^ W. Va. 674. Poison Ivy 26. Politik 85, 513. P. Fähigkeiten 513, 605. P.Leben 588. P. Undankbarkeit 515. Polk, Präsident, 89. Poll Tax 508. Pomeroy 0. 682. Pornos 137. P., die, 139. Pontchartrain - Canal 418. Pontiac Mich. 151, 696. Poor, H. V., 508. Poore, B. P., 265. Porcher, Dr., 26. Port Austin Mich. 695. P. Carbon Penn. 413. P. Henry N.Y. 644. P. Hudson 97. P. Huron Mich. 429, 695. P. Royal S. C. 658. P. Washington 0. 326. Portage Wisc. 698. Porter and Allen 379. P., R. P., 507. Portland Me. 428, 434, 436, 441, 443, 474, 582, 633, 634. P. Mich. 696. P. Or. 430, 726. P. - Louisville - Canal 417. Portorico, Handel mit, 468, 470, 471. Portsmouth N. H. 635, 443. P. 0. 329, 415, 682. P. Va. 436, 655. Portugal, Handel mit, 468. Schiffs- verkehr 442, Portugiesen 163, 594. Post 447. P. -Dampfer 440, 448. Potomac 413. Schiffbarkeit 388, 406. Pottsville Pa. 322, 325, 413, 428, 649. Poughkeepsie N. Y. 644. Pourtales 567. Powell, J. W., 143, 155. Powers 568. Prachtfink 31. Präriebrennen, das, 242. P. -Farmer 242. P.- Gräser 236. P.-Huhn 32. P.- Lerche 3L P. -Staaten 279, 504, 705. P. du ChienWisc. 433, 698. Präsident der V. St. 484. P.-Wahl 522. K a t z e 1 , Amerika II. Presbyterianer 535, 536. Prescott, W. H., 575, 577, 578. P. Ar. 716. Presse, die, 584. Anzeigewesen 587. Corruption 589. Grundgedanke 585. Skandal -P. 613. Stellung 588. Primary Schools 551. Princeton N.J. 647. P. Ky. 673. Procyon lotor 29. Prospector 317. Providence R. L 641, 57, 330, 374, 383, 444, 436, 582. Provincetown Mass. 638. Provo City üt. 718. Prunus chicasa 26. Public Schools 551. Pudget Sound 8. Pueblo Col. 713. Pueblos 153. P.- Sprachen 137. Puget W. T. 436, 444. Pujuni 137. Pulaski Tenn. 671. Puma 30. Puritaner 55, 528. Putorius 30. Quail 32, 33. Quäker, Sklaverei 195, 535. Quebek 68. Quecksilber 37, 312, 313, 345. Quercus castanea 25. Queres 137. Quincy 111. 429, 433, 691. Qu. Mass. 392. Qu. -Missouri -Pacific 430. Raccoon 29. Racine Wisc. 429, 696. Rahway N. J. 512, 647. Raleigh N. C. 349, 656. R., Walter, 52. Ralston Creek 335. Randolph, P., 72. Raritan R. 413. Rattoons 283. Raubthiere 29. Raymond, R. W., 321, 331, 337, 342. Reading Penn. 325, 413, 649. Rebe, die, 236. Rebhuhn 33. 48 1U Register. Recht 507. R. - Anschauungen 313. R.- Anwälte 558. R.- künde 557. R. -sinn 515. Reconstruction 99, 100, 101. Redbird 31. Red Bluif Cal. 406. R. R. City Tex. 430. R. R. of the N., Schiffbarkeit 397. R. R. Tex., Schiffbarkeit 403. Reed, H., 13. Reese R. 344. Reformirte 535, 539. Regierung, die, der Indianerstämme 120. Reichthum 545, 619. Reis 286. Berg-R. 291. R. - vogel 31. Religions - Freiheit 60, 513. R. Leben 530. R. und politisches Leben 538. R.- Sekten, grosse Zahl der, 532. R.- Vorstellungen der Indianer 121. Reli- gious Tests 529, 530. Reno Nev. 343, 717. Rensselaer Polytechnic Institute 558. Renthier 28. Reports of the Department of Agriculture 252. Reptilien 33. Republikaner 482, 518, 520. Republika- nische Partei 92^ 93. Resaca 97. Reservationen 154, 503. Resumption 491. Rettung Schiffbrüchiger 493. Reuleaux, F., 363, 364, 378, 382. Rhabarber 279. Rhederei 434, Rückgang 440. Rhode Island 641. Bergbau 327, 335. Bevölkerung 176, 180; 181, 183, 185, 188, 193. Geschichtlich 57, 73. Ge- werbe 374. Landwirthschaft 251, 260. Rhederei 435, 437. Schiffsbau 438. Sklaven 196. Sparbanken 369. Rhus toxicodendron 26, venenata 26. Richardson 30. Richmond Ind. 686. R. Va. 96, 186, 188, 333, 406, 413, 444, 622, 654. Richthofen, F. 339, 340. Riley 568. 319, 320, 336, 337, Rinder 292. Ringwalt, Colonel, 295. Ringwood 325. Rio Grande 90. Verkehr 398, 399, 406, R. G. Tex. 669. Rittenhaus 361, 563. Roanoke R., Schiffbarkeit 406. Robbinstown Me. 432. Robin 31. Rohling 361. Roccus 34. Rochester Minn. 700. R. N. Y. 276, 391, 411, 412, 645. Rock Fish 34. Rockford 111. 692. Rock Island 111. 401, 419, 433, 691. R. I Junction 111. 429. Rockland Me. 634. Rockport Mass. 639. Rock Springs 335. Roger Williams (Indianer) 57, 150. Rogers 566. R., J. R., 583. ~ Roggen 235, 277. Roheisenerzeugung 310, 324. Rohstoffe der Gewerbe 39, 386. Rohrzucker 271. Rolland, G., 334. Rome N.Y. 411, 412, 428, 645. R., Watertown and Ogdensburg - E. B. 428. Römer, F., 455. Röscher, W., 543. Roseburg Or. 430. Rotheisenstein am Oberen See 321. Rothwell, R. P., 331, 334. Round Valley Reservation 145. Roxborough Penn., Gewerbe 357. Roxburg Mass. 638. Rubus deliciosus 26. Ruinen 624. Rumford, Graf, 563. Russellville Ky. 673. Russland, Handel mit, 468. Schiffs- verkehr 442. Saatkrähen 31. Saccomys 29. Saco Me. 443 Register. 755 Sacramento Cal. 284, 406, 425, 722. S. R., Verkehr 399, 406. Sag Harbour N. Y. 434, 441, 644. Sagiuaw Mich. 696. Saguarro 25. Sahaptin 136. S., die, 138. S. Albans Vt. 636. S. Anthony Minn. 430, 700. S. Augustine Fla. 661. S. Clair Mich. 695. S. Cloud Minn. 700. S. Genevieve Mo. 678. S. Joaquin R., Verkehr 399, 406. S. Johns R., Schiff- barkeit 400, 406, 445. S. Joseph Mo. 430, 678. S. Joseph -Western-E. B. 430. S. Lorenz, Verkehr 400. — S. Louis 676. Bevölkerung 186, 188, 194. Geschichtlich 104. Gewerbe 323, 326, 333, 348. Handel 463, 465, 466, 474, Rhederei 436. Schiffsbau 438. Verkehr 401, 403, 416, 429, 403, 431. S. L.-Alton-Terre Haute - E. B. 429. S. L.- Indianapolis - E. B. 429. S. L.-Iron Mt- Southern-E.B. 430. S. L.-Kansas City- Northern - E. B. 430. S. L.- S. Francisco- E.B. 430. S.L.-Santa Fe -Strasse 431. S. L. -South Eastern-E. B. 429. — S. Marks 82. S. Mary's Ga. 432, 435, 660. S. Mary's R. Mich. 405, 407, 417. S. Paul Minn. 231, 397, 401, 428, 700. S.Paul-Pacific-E. B. 430. Salamanca N. Y. 427. Salary Act 102. Salem 111. 693. S. Mass. 56, 441, 443, 638. S. Or. 726. Salina Kans. 707. Salt Lake City üt. 718. Saluria Tex. 445, 669. Salz 351, 412. Samana-Bucht 92. Sammlungen, wissenschaftl., 545, 567. San Antonio Tex. 228, 430, 668. S. Bernardino 348. S. Diego Cal. 426, 445, 724. S. Domingo 102, Handel mit, 469. — S. Francisco, Bucht von, 6, 8. Geschichtlich 90, 104. Handelslage 345, 473. Rhederei 434, 436, 441. Ver- kehr 397, 425, 426, 432, 445. — S. Jacinto, die Schlacht von, 89. S. Jose Cal. 724. S. Lazaro Mts., die, 335. S. Luis Opisbo 137, 345, 724. S. Miguel 137, 431. S. Raphael 137. Sandemanianer 535. Sandusky 0. 445, 683. " Sa. Barbara Cal. 345, 724. Sa. Cruz Is- land 137. Sa. Fe N. M. 42, 397, 398, 399, 431, 474, 715. Santee R. 406. Saratoga N. Y. 75, 644. Sauer, Christoph, 357. Sauk Cy. Wisc. 284. Sault de St. Mary Mich. 696. Savannah Ga. 7, 76, 97, 406, 429, 432, 444, 464, 659. S. R., Schiffbarkeit 406. Saw-Gin-Maschine, die, 267. Schafe 297, 301. Schatzamt 489. Schawanoe 152. Schekomeko (Deutsche) 164 Schenectady N.Y. 392, 411, 645. Schiffahrt 401, 434. Schiffsbau 356, 438. Schildkröten 33. Schlangen 33. Schnurrvögel 31. Schoharie -Thal, Deutsche im, 164. Schoolcraft, R., 139, 564. Schotten 163. Schröder 421. Schuld der V. St. 490. Seh. der Staaten 507. Seh. der Gemeinden 511. Schulen 546. Ausgaben 615. Schulzwang 550. Schurz, Karl, 104, 306, 576, 586. Schutzzollpolitik 86. Schuylkill-Becken, das, 330. Sch.-Canal 410, 413, 414. Seh. River 413. Schwämme, essbare, 24, Schweden-Norwegen, Handel mit, 468. Schiffsverkehr 442. Schwedische Colonien 164. Schwefel 349. Schweine 298. Schweizer 163, 165. Schwenkfelder 535. Schwerspath 350. 48* 756 Register. Scott, Gen., 90, 91. Scotts Landing 0. 429. Scranton Pa. 325, 330, 649. Sea Islands, die, 208. S. I. - Baumwolle die, 239, 280. Seattle W.T. 335," 727. Secession 94, 505. Second Adventists 535. Sedalia Mo. 678. Seeadler 31. Seeger, E., 369. Seelhorst 386. Seen, Grosse. Canäle 417. Schiffahrt 407. Schiifsunfälle 407. S.-Fischerei 34. S.- Staaten 504. Seewege von New York und San Fran- cisco 453. Seidengewerhe 375. S.-zucht 267, 301. S.-schwanz 31. Seife, Verbrauch 384. Sekten -Schulen 555. Select Men 510. Seifmade Men 547, 558. Selish 136, 138. Selkirk Can. 428. Selma AI. 188, 663. Seminolen 137, 142. S. -Kriege, die, 200. Senecas, die, 136, 154. Seneca Falls N. Y. 645. S.-See411, 412. Sentimentalism 561. Sequoia 304. Serpentin 351. Settled Area 189. Seven Pines 96. Sevier Cy. 348. Seybert 270. Shakers 535. Shamokin 330. Sharon 326. Sharpsville 326. Shawnees 136. Sheboygan Wisc. 698. Sheffield School of Science 558. Shelby N. C. 428. Sh. Iron 324. Shelbyville 111. 693. Sh. Ind. 686. Sheldon Springs Vt. 637. Shenandoa Cy. 330. Shenango-Thal, das, 325, 326 Sherman W. T. 495. Shoshones, die, 136, 138, 156, 159. Shreveport Louis. 403, 666. Siala 31. Silber 37, 310, 312, 318, 342. S. Bill 492. Signal Office 494, 497. Silliman, B., 349, 572. Silver Islet 345. S. Mt. 344. Sing-Sing N. Y. 644. Sioux 136. S., die, 138, 143. S. City lo. 702. Sitka (Alaska) 730. Sittenstatistik 610. Sittlichkeit 610. Skandinavier, die, 168. Sklaven und Sklaverei 66, 95, 195. Arbeits- leistung 279. Befreiung 205. Bei den Cherokees 203. S. -Einfuhr 198. S.- Frage 99. S.-Jagd 201. S. in Cali- fornien 201. S. -Märkte 199. Zahl 197. Sklaverei und Zuckerbau 284. Skowhegan Me. 635. Skunk Cabbage 26. Slater 359. Slatington Pa. 649. Smith, Capt., 52, 53, 54. S., Gerrit, 584. Smithsonian Institute 512, 571. Snags 401. Snipes 33. Socialistische Parteien 104. Socorro N. Mex. 715. Soda 349. Soetbeer 342. Sommerlöhne, die, 263. Sommerset Ky. 673. Sommerville Tenn. 671. Sonnenfische 34. Sonnenuntergänge 49. Sonntagsheiligung 532. Sonora 9. Sorghum 203. South Bend Ind. 685. S. Haven Mich. 696. Southern Pacific -E.B. 426. Southwestern-E. B. 429. Spadra-Coal 333. Spanien 68, 76. Sp., Handel mit, 468, 470, 471. Schiffsverkehr 442. Spanier Register. 757 163, 174, 594. Spanisch-Californier 316, 594. Spanische Abstammung 169. Sparbanken 369. Spartanburg S. C. 658. Sperber 31. Spielhagen 50. Spiritualisten 535. Spottsylvania Va. 655. Spottvogel 31. Springfield 111. 685. Spr. Mass. 639. Spr. Mo. 678. Spr. 0. 683. Squier 109, .568. S. and Davis 109. Staar 31. Staatswesen der V. St. 477 , s. Inhalts- verz. XIII. Staat und Schule 550. Staaten -Souveränität 94. Stachelbeeren 26. St. -seh wein 29. Stadt und Land, Bevölkerung 191. Städte 15, 192, 511. Stahl 365, 376. Stamp Act, die, 71. Standard Woods 308. Standing Rock Dak. 158. Stanley, H. E., 585. Stansbury 566. Star System 584. State Department 486. Staten Island 5, 644. Staunton Va. 655. Steiger, F., 585. Steilacoom W. T. 727. Steinkohlen-Formation 36. St. -Lager 37, 327. Steinöl 350. Steppenregion 13, 44, 227, Staaten der St. 703. Sterblichkeit, die, 184. Stereoskop, Verbreitung 386. Sterling 111. 692. Steubenville 0. 325, 682. Steuern 103, 370. St. der V. St. 489. St. der Staaten 508. St. der Gemein- den 510. Stevens 142. St. Institute 558. Stevenson AI. 429. Stewart, F. L., 284. Stikin- Territorium 9. Still water Minn. 700. Stinkthier 29. Stockton Cal. 406, 724. St. Schooners 431. Stonington Conn. 441, 444, 640. Store 192. Storekeeper 455. Story, Joseph, 569. Strassen 430. Str. -Eisenbahnen 432. Stratton, L., 28. Strodtmann, A., 50. Stuart 580. Sturbridge 349. Sturgeon Ray - Ship Canal 417. Stürme, schwere, 233. Sturnella magna 31. Südamerika, Handel mit, 400. S. Carolina 657. Bergbau 350. Bevöl- kerung 176, 180, 181, 188, 193. Ein- wanderung 173, 174. Farbige 205, 208. Freigelassene 215. Geschichtlich 62, 87, 94, 100, 103. Indianer 150. Land- wirthschaft 247, 251, 272, 283, 286. Polit. Stellung 506. Rhederei 435, 436. Unruhen 206. Sklaven 96. Unterricht 549. Wald 304. Süden, der, 22, 82, 198. Südl. Ackerbauregion 44. Südl. Mittel- staaten, Getreide 248. Südl. Theil der V. St. 226. Südstaaten 82, 503. Canäle 417. Confes- sionen 536. Eisenbahnen 419, 420. Gewerbe 374. Indianer 146. Land- wirthschaft 276, 277, 279. Löhne 263, 369. Nördliche Südst. 14, 503. Wasser- strassen 401. I Suffolk Va. 655. I Sumach 357. I Summit-Pass 42. Sumner, Gh., 576. j Sumpfländereien 224. I Sunbury Penn. 428. ! Superior City Wisc. 436, 698. Suscasanna 323. Susquehanna 412, 413. S.-Canal 410, 413. Sutro - Stollen, der, 344. Suwanee R. 417. 758 Register. Swedenborgianer 535. Symplocarpus foetidus 26. Syracuse N. Y. 287, 412, 645. Tabak 53, 133, 271, 285. Tacoma Wash. 426. Tahlequah I. T. 710. Talatui 337. Tallahassee Fla. 661. Tamaqua Pa. 330, 649. Tamias 29. Tammany-Ring 101. Tampa Ray 418. Tannen 305. Taos N.Mex. 715. Tappan 201. Tar R., Schiffbarkeit 406. Tarandus rangifer 28. Tarborough N. C 406. Tariffrage, die, 86. Taschenmäuse 29. Taubstummen-Schulen 558. T.- Zeitung 586. Taunton Mass. 639. Taxidea americana 29. Taylor, Präsident, 91. Teche La. 436, 445. Tecumseh 81, 152. Telame 117. T., die, 139. Telegraphen 449,497, 584. Unterseeische T. 448. Tellur 349. Tennessee 670. Raumwolle 247. Rergbau 322, 324, 326, 331, 335, 346, 350, 351, 352. Revölkerung 181, 186, 188. Ein- wanderung 173, 174. Geschichtlich 82, 94. Indianer 141. Krankheiten 184. Landwirthschaft 258, 262, 283, 284, 285. Neger 198, 208 Rhederei 437. Schiffsbau 438. Wald 303. — T.R., Schiffbarkeit 404. Terre Haute Ind. 415, 416, 429, 685. Territorien 140, 509. Teton R., Schiffbarkeit 401. Texarkana Tex. 430. Texas 667. Raumwolle 247. Rergbau 334, 349, 350. Revölkerung 181, 185, 187, 188, 193. Einwanderung 173. Farbige 201, 208. Die Freigelassenen 215. Geschichtlich 88, 94, 98. Indianer 141. Das Kohlenfeld von T. 333. Lage 43. Landwirthschaft 225, 228, 260, 283. Rhederei 335, 437. Schiff- barkeit der Flüsse 41, 406, Schiffsbau 438. Unterricht 550. Wald 303. — T. and Pacific -E.R. 426. Thames, Rattle of the, 81. Theater 583. . Theepüanze, die, 253. Theer 308. Thiere, nutzbare, 22. Thomaston Me. 634. Thomson, Sir William, 561. Thoneisenstein 322. Thoreau, H. D., 50, 575, 577. Through Freight Lines 465. Ticknor, G., 575. Tiffin 0. 683. Timber Act, die, 71. Tinne 136, 138. TiogaR. 412. Tippecanoe, Schlacht bei, 81, 152. Titusville Pa. 352, 650. Tocqueville 50. Toledo 0. 415, 416, 429, 466, 683. T.- Peoria-Warsaw-E.R. 429. Tomahawk 130. Tomato 279. Tonkawa 137, 138. Toombs, R., 198. Topeka Kans. 707. Torrey 568. Totanus, Arten 33. Towanda Pa. 649. Towers, W. H., 366. Township 509. Trans-Mississippi, Gebiet 248. Trenton N. J. 75, 385, 413, 646. T. Limestone 347. T. Tenn. 671. Tuscaloosa AI. 663. Tringa 33. Trochilus colubris 31. Troy N.Y. 644. Trunksucht 610. Begister. 759 Truro Mass. 638. Truthahn 32. Wasser-T. 33. Tuckahoe 25. Tucson Ar. 716. Tunas 25. Turbinen 378. Turdus migratorius 31. Türkei, Handel mit, 468. Turkey 32. Turks Islands, die, 349. Tuscaloosa AI. 406. Tuscaroras 136, 150. Twain, Mark, 577. Tyrannus carolinensis 31. Ueberschwemmungen 48, 283. Uhrenfabrikation 363, 385. Uintas, die, 144. Umatilla Or. 719. Umrissgestalt 4. Unitarier 535. United Brethren 535. Universalists 535. Universitäten 554. U.- Zeitung 586. Unterrichts - Amt 488, 550. U. - Anstalten 546. U. der Neger 199. U., eine poli- tische Nothwendigkeit 549. Urbarmachung 240. Ursus americanus 29. U. ferox 29. Uruguay, Handel mit, 469, 470, 471. Schiffahrt 442. Utah 707. Bergbau 315, 334, 335, 337, 341, 344, 345, 347, 349. Bevölkerung 180, 181, 187. Bewässerung 418. Eisen- bahn 419. Geschichtlich 92. Indianer 140, 141. Landwirthschaft 230, 232, 260. Utes, die, 156, 159. Utica N. Y. 412, 645. Valparaiso Ind. 686. Vallejo Cal. 724. Vandalia 111. 693. Vanille, die, 254. Yassar College 644. Venezuela, Handel mit, 468, 470, 471. Vera Cruz 90. Veratrum viride 26. Verbreitung der Cultur 614. Vereinsleben, das, 254. Verfassung der V. St. 481. Verkehr zwischen Nord -Amerika und Europa 8. Verkehrswege 387. Geschichtliches 387. Natürliche Grundlinien 39, 389, 396. Vermont 636. Bergbau 346, 350. Be- völkerung 180, 181, 186, 188. Land- wirthschaft 260, 284. Rhederei 436, 437. Schiffsverkehr 443. Sklaven 196. Viehzucht 294. Wald 304. — V. Central -E.B. 473. Verrill 567. Versailles, Vertrag zu, 76. Versicherungswesen 460. Vevay Ind. 685. Vicksburg Miss. 97, 436, 664. Victoria Tex. 669. Vidalia La. 666. Viehstand, Grösse des, 273. Viehzucht, die, 233, 292. Vielfrass 29. Vincennes Ind. -685. Vineyard Haven Mass. 638. Vinita Ind. Terr. 430. Virginian 598. Virginia 653. Bergbau 311, 312, 321, 323, 335, 346, 349. Bevölkerung 176, 177, 181, 188. Einwanderung 173. Farbige 198, 205, 207, 208. Ge- schichtlich 53, 62, 74, 83, 84, 94. Gewerbe 28 1,357. Indianer 149. Krank- heiten 184. Landwirthschaft 260, 269, 285, 288. Politische Stellung 506. Rhederei 435. Schiffsbau 438. Sklaven 196. Wald 304. Wasserstrassen 401. — V. City Mont. 711. V. City Nev. 341, 343, 717. V. Consolidated 343. Vogel, Prof., 386. Vögel, nützliche, 31. Volkslied 578. Voigth 361. Volusia Fla. 661. Volk, das, 591, s. Nordamerikaner. Ge- schichtliche Schichten 592. Jugend 760 Hegister. 592. Zusammensetzung 592. — Volks- typen 598. Völkerwanderungen, die, 109. Vorträge, öffentliche, 559. Vulkane 48. Vulpus fulvus 30. Wabash-E.B. 429. W.- Erie-Canal 415, 416. W. River 415, 416. W. Ind. 686. Waffen d. Ind. 109. W.- Fabrikation 382. Wagner, Hermann, 12. W., Moritz, 172, 583. W. u. Scherzer 240, 605. Wahlen, die, 520. Wahlfälschungen 103, 521. W. d. Präsidenten 522. Wahlrecht, Allgemeines, 515, 523. Waitz 114, 123. Wald 302, s. Inhaltsverz. VIII. Waldbrände, die, 307. Waldschutz 306. Waldoborough Me. 434, 438, 443, 634. Walfischfänger 441, 442. Walhalla S. C. 658. Walker, Fr. A., 177, 178, 183, 189. Walliser 316. Walnuss 304. Waltham Mass. 383, 639. Wandertaube 32. Wandern der Farbigen 208. W. ins Innere 171. W. nach Westen, das des Ackerbaues, 247. Ward, Artemus, 577. Warren 0. 415. Warrensburg Mo. 678. Warsaw 111. 429, 691. Warwick R. I. 641. Waschbär 29. Washburne, E., 257. Washington Ark. 675. W. D. C. 728. Bibliotheken 559. Kapitel 582. Lage 15. Verkehr 406. W. , Vertrag von, 102. W., George, 68, 72, 74, 79, 82, 388, 505. W. N. C. 657. Washington Terr., Bergbau 335, 341. Be- völkerung 180, 181, 187, 194. Eisen- bahnen 419. Indianer 140, 158, 295. Landwirthschaft 232. Rhederei 436, 437. Schiffsbau 438. Wald 304. Washington Tex. 406, 668. W., Virginia and Great Southern - E. B. 428. Washoe City Nev. 717. W.- Minen -Di- strikt, der, 320, 344. Wasserkräfte 377. Wasserreis 24. Waterbury Conn. 640. W. Vt. 636. Wateree R. 406. Waterford N.Y. 644. Water Hemlock 26. Waterloo Ind. 685. W. lo. 702. W. N. Y. 645. Watertown N.Y. 645. W. Wisc. 699. Watseka 111. 693. Watson, John, 580. Waukegan 111. 691. Waverley lo. 703. Wayilatpus 137, 139. Webster, Dan., 569, 576. Weiden 282. Weigert, Max, 373 Weinbau 267, 289, 357. Weinreben 25. Weizen 44, 234, 248, 276. Reifezeit 276. Welcker 111. Weiland -Canal 405, 407, 417, 473. Welse 33. Werkzeug 364. W. -Maschinen 382. Wernich, A., 149. West, B., 580. Western Union -E.B. 429. West - Indien, Brit., Handel mit, 468, 470, 471. W.-L, Dan., Handel mit, 469, 470, 472. W.-I., Franz., Handel mit, 468, 470, 472. Westindier 163. West Point 498, 558, 564, 644. Westport Mo. 678. West S. Joseph Kans. 430. Weststaaten 42. Eisenbahnen 419, 420, 422. Verkehr 42. West-Texas 229. W. Virginia 673. Bergbau 321, 324, 326, 331, 335, 349, 351, 352. Bevölkerung 180, 181, 187. Eisenbahnen 419. Ge- schichtlich 95. Krankheiten 184. Rhe- derei 437. Schiffsbau 438. Sklaven 203. Wald 304. Register, 761 Westwanderung 367. Wetumpka AI. 406. Wharton Tex. 668. Wheatland 326. Wheeler, Lt., 566. Wheeling V/. Ya. 325, 427, 436, 674. Whigs 518. Whippoorwill 32. Whiskey -Krieg 525. W.-Ring 526. White Barth -Reservation in Minnesota 158. Whitehall Mich. 696. W. N.Y. 412, 644. White R., Schiffharkeit 401, 403. Whitney, Eli, 359, 380. W., J. D., 333, 566. Whittier, J. G., 575, 579. Wickliffe 27. Wied, Max v., 26, 564. Wiesel 30. Wiesenhau 291. Wiesengräser, die, 235. Wigwam 131. Wildniss, die Schlacht in der, 98. Wilkesharre Pa. 330, 414, 649. Willamette 0. 444. W. R. , Verkehr 399, 400. Willets Point 498. Williamshurg Va. 655. Williamsport Pa. 649. Wilmington Del. 392, 651. W. N. C. 97, 185, 428, 444, 656. Wilmot Proviso 90. Winchester Tenn. 671. Windmühlen 356, 379. Winnemuka Nev. 719. Winnipeg- Region 397. Winona Minn. 428, 429, 433, 700. W.- S. Peter -E.B. 439. Winslow 348. Winterbotham 196, 270, 618. Wintergrün 26. Winterset lo. 703. Wirthschaft, geograph. Vertheilung 43. W.- Fragen, Uebergewicht der, 69. Wiscasset Me. 435, 634. Wisconsin 697. Bergbau 322, 324, 326, 348. Bevölkerung 181, 187, 188, 193. Einwanderung 174. Farbige 198. Ge- schichtlich 92, 104. Indianer 140, 141, 146. Landwirthschaft 246, 247, 260, 276, 277, 278, 286. Rhederei 436, 437. Schiffsbau 438. Survey 566. Unterricht 549, 550, 559. Viehzucht 295, 300. Wald 304. — W. Central- E.B. 429. W. R.-Canal 417. Wismuth 348. Wissenschaftspflege 561, 570. Witch Hazel 25. Wöhler 349. Wohnung, Kosten 370. Woll - Erzeugung 298. W. - Gewerbe 359, 374. W.- Verbrauch 374. Wolf 29. Wood (bei Palfrey) 266. Woodchuk 29. Woodcock 33. Woodhouse 27. Wooster 0. 683. Worcester Mass. 349, 432, 639. Wrigley, H. E., 351. Wright 567. Wyandots, die, 154. Wyandotte Kans. 707. Wyoming -Becken, das, 330. W.-Thal, das, 312. W. Penn. 414. Wyoming Terr, 711. Bergbau 334, 335, 341. Bevölkerung 180, 186, 187. Land- wirthschaft 230, 231, 260. Wald 304. Xenia 0. 683. Yakama - Revervation 158. Yale College 555, 640. Yankee 598, 603. Y. Doodle 578. Yankton Dak. 232, 704. Yazoo R., Schiffbarkeit 404. Yonkers N. Y. 644. York Pa. 649. Yorktown Va. 76, 96, 435. Youghiogheny 404, Young, E., 168, 169, 369. Youngstown 0. 326, 683. Ypsilanti Mich. 696. Yreka Cal. 724. Yuma Ar. 426. 48** 762 Register. Zanesville 0. 683. Zeitschriften, wissenschaftliche, 572, 590. Ziegenmelker 32. Zinkerze, die, 348. . Zinn 348 Zinsfuss 723. Zizania aquatica 24. Zobel 30. Zölle 360, 361, 461, 499. Z. - Tarife 461 . Zucker, Ahorn -Z. 25, 284. Erzeugung 385. Z.- Föhre 26. Z.- Hirse 283. Z.-Rohr 267, 282. Z.-Rübe 284. Z.-Verbrauch 283. Zwetschge 288. Verbesserungen. S. 89 Z. 1 V. u. lies IV. statt III. Davenport „ Devonport F. „ J. kleine „ keine Grand R. „ Green K. Michigan Ind. „ Michigan Mich. Th. , „ Ph. Im V. Abschnitt sind neben den amtlichen Zahlen folgende Bevölkerungszahlen einzuschalten, welche aber nur Anspruch auf annähernde Richtigkeit erheben, da sie auf municipalen oder privaten Zählungen bezw. Abschätzungen beruhen: Philadelphia (1876) 817 448, Chicago (1875) ca. 410000, Washington (1878) 131 947, Newark N.J. (1875) 123 310, Detroit Mich. (1874) 101255, Milwaukee Wisc (1875) 100 798 E. 89 Z. 1 V. u. 186 „ 15 V. u. 320 „ 11 V. u. 335 „ 13 V. 0. 399 „ 1 V. 0. 435 „ 2 V. 0. 574 „ 4 V. 0. fcENERAL LIBRARY -U.C. BERKELEY BOOOST'JMMS