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SIR) v Per} ÄMEN ale Kir denen Earl je) Haus N if TER} DEUEN rs ine HR en iin) [ER DaIEUE Pr aaa) Haid De h HIERHIN 4 ‘h Bere KErArEIE ERZTELET EU: des ai DLR ir P% in* 20 Ir Nena un BUN Die IiNN INLUHIN anderheuschrecken INN Bekämpfung I IN afrikanischen Kolonieen | (DENE Samndenı u EYE LE NN) Marine-Stabsarzt a. D. Mit Unterstützung der Wohlfahrtslotterie herausgegeben. || | U DEE EE N ‘Mit zahlreichen Abbildungen im Text und sechs Uebersichtskarten.. # 32 A N | | | l | h N | | Im; \ ! I | Eee | ' 2 Bi | \ Ih} I N an Diane Reimer (Ernst vohsen) | al (a En ae x ae — ———— er x a2 = ” EEE Vor = E a Te — - “= mi N N 3 ET Ba a ae u ne N we Pr . ET mar er v: . BE EEE ge B a 5 en a cv - - a EEE = - or Zeree " — en ur > We pe u > a EEE U 5 Su !. . wi : ah — zn PR ya = = . min: i — en 5 ; 2 m nn — ” - en = a En 185 Al 9) & nt \D je Wanderheuschrecken und ihre Bekämpfung afrikanischen Kolonieen / von Dr. L. Sander _Marine-Stabsarzt a. D. Mit Unterstützung der Wohlfahrtslotterie herausgegeben. = Mit zahlreichen Abbildungen im Text und sechs Uebersichtskarten. er Alk fi > Berlin 1902 Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) chen SONO FEB 20 5) Seiner Hoheit | . Johann Albrecht zu Mecklenburg in tiefster Ehrfurcht gewidmet. 1leınıa sau vllt nn Vorwort. Im Nachstehenden übergebe ich eine Studie über die Wanderheuschrecken unserer afrikanischen Kolonieen der Oeffentlichkeit; wesentlich, um damit zu gründlicheren Studien dieser Schädlinge anzuregen, als uns bisher zu Gebote Er hen, nicht aber,‘ als ob ich glaubte, irgend etwas Ge- -schlossenes oder für alle Fälle Massgebendes vorbringen zu können. Veranlasst bin ich dazu durch die eigenen trüben Erfahrungen, die ich in Südwestafrika in den Jahren 1896 bis 1899 mit den Heuschrecken gemacht habe. Wenn ich mir auch Mühe gegeben, allen Materials habhaft zu werden. so ist mir das doch bei der ausserordentlichen Zerstreuung der Notizen über alle möglichen Gebiete der Litteratur und der schweren Zugänglichkeit der meist ausländischen nur sehr unvollkommen gelungen. Die Ausarbeitung aber hat unter meinem Wanderleben stark leiden müssen, desgleichen die Drucklegung, und so bitte ich von vornherein um Nachsicht srcieser Beziehung. Ich habe mich trotz .aller entgegen- tehenden Bedenken zu der vorliegenden Bearbeitung ent- chlossen, weil ich selbst draussen erfahren habe, dass bisher ede Zusammenfassung des heutigen Standes unserer Kenntnis von den Wanderheuschrecken für den deutschen Praktiker in den Kolonieen fehlt. — Ich habe, das sei hier mit ganz besonderem Danke erwähnt, dafür auch bei den wissen- "schaftlichen Kreisen jede Unterstützung gefunden, die ich 1 ir nur wünschen konnte; vor allem bei Herrn Geheimrat Möbius, dem Direktor des Zoologischen Museums der Universität Berlin und bei seinem Assistenten für den be- treffenden Zweig der Entomologie, Herrn Dr. Kuhlgatz. Namentlich letzterer hat mir viel Zeit und Mühe geopfert. Es ist mir daher nur eine sehr angenehme Piliche "Beiden ‚Herren hier meinen ganz besonderen Dank auszusprechen. Ein gleiches Entgegenkommen ist mir von dem Direktor der Kolonial-Abteilung des hohen Auswärtigen Amtes, Herrn Wirklichen Geheimen Rat Dr. Stuebel, und später in Ost- afrıka von dem Gouverneur, Herrn Grafen von Götzen, und seinem Dezernenten für Landeskultur, Herrn Regierungsrat Dr. Stuhlmann, geworden, indem sie mir in weitgehendster und zuvorkommendster Weise das amtliche Material zur Verfügung stellten. Es wäre mir eine grosse Genugthuung, wenn ich zum Danke dafür ihnen mit dieser vorliegenden Arbeit in etwas ihre Thätigkeit für die Kolonieen erleichtern könnte. | Den unmittelbarsten Dank aber schulde ich dem Wohl- fahrtsausschuss für die Kolonieen, der mir unter dem Vor- sitz Seiner Hoheit des Herzogs: Johann Albrecebi zu Mecklenburg die Mittel zur Drucklegung gewährt und damit das Erscheinen der Arbeit überhaupt erst ermöglicht hat. Seine Hoheit hat mir ferner die Gnade erwiesen, die Widmung des Buches entgesenzunehmen und mir damit ein hohes Vertrauen erwiesen. Möge es nicht enttäuscht werden! Hamburg, September 1902. Drissna Inhalts - Verzeichnis. Seite I. Historisches über das Auftreten von Wanderheu- schrecken in unseren afrikanischen Kolonieen.. ı Dstantkan an el len. Südwestatmikan. ua 2a wa An. AN ir LO Kapkolonier, 2 0. 0 u nes le 034 BROS ON N ER Na a unan. u TO® Kameuar... ... ULLA WEI U 2 0 FOR II. Was sind diese Heuschrecken‘ Ne IE UTOS III. Beschreibung der an unserer aelkanischen Kolonieen . ......... NEE LE U NEL2O Biebyprluse UN Nu. 120 Sehistoeerca ... EEK Sa KO Da 5, KILO IV. Biologie der dee een. LS BE O0) Entwicklung den Bier zum Embryo. N ....0.0. 157 nme, die, jungen aussehlüpfen .. .... .0....0..20104 Y.Wanderungen .... . 198 VI. Ursachen ed eelecn. der enderungen ud ter phlanzen ..... A 2 vll. Natürliche Bedineunsen Er A UN von Manderheuschrecken.... ... SR. MEN NN ZIGEE VL Besonderheiten der one ühhheiten in. unseren Kolonieen.... N N A 270 IX. Die natürlichen Feinde 1 ee, RE We Weltall X. Verhalten des Menschen in seinen verschiedenen Kulturzuständen gegenüber den Wanderheuschrek- Zen und deven Verwertunse. : oe un 22349 XI. Massregeln bewusster Abwehr ..... 1804 XII. Verhalten der Gemeinschaften, der menden und des Staates zu der les aee © Barden US . 476 Anhang: Erneuertes Edict wegen Vertilgung der eischrerken undASprenpseliine. malen. DS N Karten: 1. Uebersichtskarte der ehe der Wende euschrecken in Deutsch-Ostafrika. Dezember 1897 bis Februar 1898. 2. do. Ende 1898 bis Anfang 1899. 3. Häufigkeit der Heuschrecken in den einzelnen Teilen der Kapkolonie bezw. Südwestafrika. Januar, Februar, März, Dezember 1891 bis 1900. 4. do. April, Mai 1891 bis 1900. 5. do. Juni, Juli, August 1891 bis 1900. 6. do. September, Oktober, November 1891 bis 1900. * A, Fe: aM. I. PO 0 RT Eye 5 DHL Alaee 7775 20.20 .200 ’ iR I ;' I. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken in unsern afrikanischen Kolonieen. Einleitung. bwohl es seit ältesten Zeiten bekannt ist, dass Afrika häufig genug, wenn auch in unregelmässiger Folge von Wanderheuschrecken heimgesucht und verwüstet wird und es sich nach der geographischen Lage unserer dortigen Kolonieen, ihrem Klima, ihrer Bodengestaltung und -be- wachsung erwarten liess, dass wir früher oder später auch dort in der wirtschaftlichen Entwickelung mit dem Auftreten dieser Plage würden rechnen müssen, gewann die Frage eine augenblicklich dringende Wichtigkeit doch erst mit dem Einbruch ungeheurer Schwärme von Wanderheuschrecken in Ostafrika, die durch ihre Verheerungen eine schwere Hungers- not hervorriefen. Seitdem hat die Plage noch nirgends wieder völlig aufgehört, vielmehr ist in Ostafrika nach einem Nachlass während einiger Jahre 1898 wieder eine neue Heu- schreckenperiode eingetreten, in Südwestafrika vernichten sie seit 1891 den grössten Teil der Ernten und seit 1899 kommen auch aus Togo Klagen über massenhaftes verderb- liches Auftreten. Wenn aus Kamerun noch nichts Aehnliches gemeldet wird, so liegt das wohl zum guten Teil daran, dass wir in den ebeneren baumlosen Gegenden, dem »Graslande«, noch wenig Interessen haben, weil diese von Natur ge- Sander, Wanderheuschrecken. I 2 Dr. Sander. fährdeten Gegenden eben weit binnenlandes liegen und eine mächtige Urwaldzone das Eindringen der Heuschrecken in die Pflanzungen hindert. Vorhanden sind diese im Hinter- lande aber auch. Da es mir vergönnt war, in Südwestafrika nicht bloss die Verheerungen der Wanderheuschrecken mit eigenen Augen zu sehen, sondern mich auch an dem Kampfe gegen sie mit allen, auch den neuesten Mitteln zu beteiligen, und mir ein längeres eingehendes Studium der einschlägigen Litteratur nach meiner Rückkehr gezeigt hat, dass wir im ganzen doch recht wenig in unseren Kolonieen über die in Betracht kommenden Fragen unterrichtet sind und kein ein- ziges alle die neueren Erfahrungen berücksichtigendes deut- sches Werk vorliegt, so will ich versuchen, im Nachstehenden alles zusammenzutragen, was über die Wanderheuschrecken bekannt ist und was in Betracht kommt für eine den Ver- hältnissen der einzelnen Kolonieen angepasste Abwehr. Ich bin mir wohl bewusst, kein abgeschlossenes Ganzes geben zu können, denn dazu waren die mir zur Verfügung stehende Zeit und Mittel zu gering bemessen; immerhin aber hoffe ich, da ich wenigstens Südwest- und Ostafrika aus eigener Anschauung kenne, die ‘praktischen Massregeln besser den gegebenen Verhältnissen anpassen zu können, als ein anderer, der zwar die litterarische und wissenschaftliche Seite be- herrscht, aber kein einziges der Gebiete, um die es sich handelt, aus eigener Anschauung kennt. In den folgenden Ausführungen werde ich im wesent- lichen nur die neueren Berichte benutzen, die eingegangen sind, seitdem die betroffenen Gegenden unsere Schutzgebiete sind, wenigstens soweit es sich um das Auftreten von ver- heerenden Heuschreckenmengen handelt. Was weiter zurück- liegt, ist meist allzu unbestimmt, um zutreffende Schlüsse daraus ziehen zu können, und zum guten Teil sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse dort seit unserer Besitzer- greifung andere geworden, als sie früher waren. Das be- stimmt aber zum guten Teil die Höhe des Schadens, den Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 3 ein Heuschreckeneinfall anrichtet, und die Möglichkeit,‘ Ab- wehrmassregeln zu treffen. Nur für Südwestafrika muss und kann ich wenigstens teilweise weiter zurückgreifen. Von dort her liegen seit langen Jahrzehnten zuverlässige Berichte der Missionare vor, und noch weiter reichen solche sicheren Nachrichten in der Kapkolonie. Nun bezieht aber Südwestafrika seine Wander- heuschreken wohl aus derselben Urquelle wie die Kapkolonie, so dass ich schon deshalb diese mitberücksichtigen muss. ' Und andererseits kann ich für Südwestafrika am besten be- urteilen, was an äiteren Berichten zutreffend ist oder welche Deutung man gelegentlichen unbestimmten Ausdrücken geben muss. Ostafrika. Dass in Ostafrika Wanderheuschrecken auch vor dem grossen Heuschreckenjahr 1894/95 vorhanden waren und Schaden angerichtet haben, geht daraus hervor, dass im Berliner Zoologischen Museum sich einige Exemplare be- finden, die am 23. Oktober 1890 von Dr. Stuhlmann in Umpeke aus »enormen Schwärmen« gesammelt sind. Wenn aber trotzdem bis 1893 von den Heuschrecken keine Rede als von einer Gesamtplage war, so wird dies wohl daran gelegen haben, dass diese nur in aussergewöhnlich schlimmen Jahren bis zur Küste kommen und 1890 unser Einfluss noch nicht allzuweit ins Innere ging. Ausserdem war damals der Araberaufstand eben niedergeworfen und das allgemeine Interesse deshalb in erster Linie auf andere Dinge gerichtet und niemand dachte an Heuschrecken, weil diese seit mehr als 20 Jahren nicht mehr verheerend aufgetreten waren.') Ein solches »Uebersehen« der drohenden Gefahr in den ersten Anfängen der bevorstehenden massenhaften Vermeh- rung kommt übrigens gelegentlich unter ähnlichen Um- e 1) G. Dale, Bondei, Bericht in „Central-Afrika“; nach D. K.-Bl. 1894. S. 447. 1I* 4A Dr. Sander. ständen auch bei uns vor, wie z. B. Gerstäcker”) sehr schön erzählt. | Die ersten Nachrichten über das verheerende Auftreten von massenhaften Heuschreckenschwärmen kamen 1894 nach Deutschland und zwar in einem amtlichen Berichte des Gouverneurs vom 2. Juli’) aus Dar-es-Salam. Bald danach wurden auch andere amtliche*) und private?) Berichte ver- öffentlicht, die zeigen, dass die Plage fast das ganze Land überzogen hatte, zum wenigsten in ungeheurer Ausdehnung wütete. Oscar Neumann‘) traf schon im Dezember 1893 in Nguruman (Wakuafi) die grösste Hungersnot, weil die Heuschrecken alles aufgefressen hatten; desgleichen im Januar 1894 in Ngoroine. Ebenso lagen die Verhältnisse in Bondei nach Missionar Dales Bericht‘) und auch Stuhlmann‘) fand in Uluguru (Hinterland von Bagamoyo) trostlose Verhältnisse ?) Dr. A. Gerstäcker. Die Wanderheuschrecke. Berlin. Wiegandt, Hempel & Parey. 1876. 8°. S. 2. In Löwenbruch, Genshagen und Kerzendorf (Kreis Teltow) solite der Schaden, den 1875 dort die Heu- schrecken anrichteten „nicht einmal zuerst aus dem Jahre 1875 datieren, sondern das Insekt daselbst in grösserer und stellenweise Bedenken er- regender Menge bereits im vorhergehenden Jahre, nach andern sogar seit 1873 aufgetreten sein.“ (I825—28 war die letzte vorhergegangene Heuschreckenperiode gewesen). ®) Abgedruckt im D. K.-Bl. 1894. S. 406. „Heuschreckenplage“. Danach sind „aus vielen Küsten- und Innenstationen des Schutzgebietes Nachrichten über Schädigungen der Ernte durch grosse Heuschrecken- scharen und eine bereits vorhandene oder demnächst zu befürchtende Hungersnot eingetroffen.“ *#) Dr. F. Stuhlmann. Bericht über eine Reise im Hinterlande von Bagamoyo, in Ukami und Uluguru. Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten. Berlin 1894._ S. 289; und ebenda S. 292. Leutnant Fonck. Bericht über meinen Marsch Mpwapwa-Ugogo- Ussandame - Irangi - Uassı - Ufiome - Umbugwe- Mangati -Irangı - Burungi- Ugogo-Mpwapwa. | °) Von der wissenschaftlichen Expedition Oscar Neumann'’s. D. K.-Bl. 1894. S. 422, 423. Aus dem Bereiche der Missionen und Antisklaverei - Bewegung. OÖstafrıkanische Mission; Ebenda S. 489. Ebenda: Englische Mission, S. 660; und der oben citierte G. Dale. DRS ESE: Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 5 und ebenso Leutnant Fonck®) in Ugogo. In welchen Mengen die Tiere auftraten, giebt wohl am besten Dales Bericht zu erkennen: »In der Osterwoche wimmelte es schon überall von jungen Heuschrecken, die alles zerstörten. Selbst die harten Blätter der Ananas und Palmen verschonten sie nicht. Mais- und Reisfelder wurden vollständig abgefressen. Man musste die Brunnen vor ihnen bedecken und die Häuser fest verschlossen halten. ... Von Juli bis Dezember ist die Bevölkerung auf Einfuhr von Lebensmitteln angewiesen.« Nach aussen hin fand die Menge der vernichteten Ernte einen Ausdruck in dem Ausfall in der Höhe der Ausfuhr:’) »Die Wirkung der Heuschreckenplage zeigt sich hier besonders in dem starken Rückgang der Ausfuhr aller Arten von Getreide, welches im Berichtsjahre infolge der völligen Vernichtung beider Ernten nicht einmal zur Deckung des eigenen Verbrauchs hinreichte, während in früheren Jahren namentlich der Norden und Süden der Kolonie einen er- heblichen Ausfuhrhandel in verschiedenen Getreidesorten und Reis mit und ohne Schale hatte, wie die folgenden Zahlen beweisen: 1a Ä 1891 1893 1894 (in Iooo Dollars). Reis; mit Schalen‘. 33 35 9 Reis ohne Schalen. 60 121 16 an Su > 7 = Matama u. Mawele. 56 84 53 Ehioakot m rg 4 2 Im Zusammenhange hiermit steht die Verminderung der Ausfuhr von lebendem Vieh, insbesondere von Schafen ünd Ziegen. Sie betrug: | in Iooo Dollars 1892 1893 1894 12 13 TR »Das Schicksal der Getreidefelder teilten die Zucker- rohrpflanzungen. Namentlich in den Bezirken von Pangani ”) Denkschrift 1895/96. Ostafrıka. Handel und Zollwesen des Schutzgebiets und Waren-Ausfuhr. 5. 60—61. # 6 Dr. Sander. und Mikindani wurden sie fast völlig von den Heuschrecken vernichtet. Infolgedessen erlitt der Export in Zucker, Syrup und Melasse über Pangani eine Einbusse gegenüber dem Vorjahre um 14000 Dollars.« Die durch die Verwüstungen der Heuschrecken hervor- gerufene Hungersnot war stellenweise so gross und liess eine noch weitere Ausdehnung befürchten, dass die eng- lischen Missionare z. B., durch Spenden aus England hierzu befähigt, grössere Mengen Reis aus Zanzibar kommen liessen und damit wenigstens verhinderten, dass einer ihrer Pflege- befohlenen Hungers starb‘). In noch ausgedehnterem Masse aber traf der Gouverneur zweckentsprechende derartige Mass- nahmen, beantragte rechtzeitig grössere ausserordentliche Zuschüsse und liess dafür Lebensmittel beschaffen, die zum grössten Teil, sehr vernünftigerweise, nicht unentgeltlich, sondern für Arbeitsleistungen an öffentlichen, dem Gemein- wohl zu gute kommenden Arbeiten, wie Wegebauten und dergleichen ausgeteilt wurden. In der Zeit von Ende 1894 bis Mitte 1895. stieg in einzelnen Gegenden der durch Heuschrecken verursachte Schaden noch ganz erheblich, liess aber dafür in anderen Distrikten schon wieder nach. Die Denkschrift für 1895/96 sagt darüber Seite 50: »Auf die Landwirtschaft der Einge- borenen ist die grosse Heuschreckenplage auch während dieses Berichtsjahres von verhängnisvollem Einflusse gewesen. Manche Gegenden, in welchen nur die von den Heuschrecken bevorzugten Kulturen betrieben wurden, sind vollständig verheert worden, so die fruchtbaren Reisgebiete am Rufidji und bei Mkamba im Hinterlande von Dar-es-Salam. Ausser Reis sind auch Sorghum und Mais überall von den Heu- schrecken aufgefressen worden. « Nach einem Runderlass des Gouverneurs‘) müssen die Bezirke Tabora (?), Kisaki, Kilossa, Mpwapwa und Ulanga ®) Griffin in Magila, l. c. Englische Mission. ®) D.K.-Bl. 1895. S. 100—ı01. Runderlass des Gouvernements. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 7 besonders schwer betroffen gewesen sein und nach Privat- berichten sehr schwer auch Tanga'”), Pangani'') und Kiboso’”). Am schwersten hatten unter den Folgen nicht so sehr die Ansässigen, als vielmehr die Träger zu leiden’”), hauptsäch- lich wohl deshalb, weil in Ugogo (Mpwapwa), das die aller- meisten Karawanen passieren müssen, die Plage einen so ausserordentlich hohen Grad erreicht hatte. Ich kann es mir nicht versagen, aus der schon citierten Stelle (D. K.-Z. 1895, S. 212) einen längeren Auszug zu geben, weil es sich um die Schilderung eines Eingeborenen handelt, der gerade die tiefe Niedergeschlagenheit und Verzagtheit so vorzüglich wiedergiebt, die sich der ackerbauenden Be- völkerung bei solchen Heuschreckenverwüstungen bemächtigt, und bemerke nur dazu, dass sich keine Uebertreibung darin findet: »Die ganze Zeit hindurch waren viele Heuschrecken in Pangani. Besonders im Dezember kamen ganze Schwärme, so dass der Himmel durch sie, wie durch schwarze Wolken, verdeckt wurde. Die Heuschrecken haben alles, was auf dem Lande wächst, abgefressen, vor allem mbaasi (Linsen), kunde (Erbsen) und migombe (Bananen). Da wir auf diese Art die ganze Ernte verloren haben, geht es uns hier sehr schlecht. Alle Araber und Suaheli, die Land besitzen, klagen über die schlechten Zeiten. Es gehören Jahre dazu, um den Schaden, den die Heuschrecken angerichtet haben, wieder gut zu machen. Erstens müssen wir das ganze Land um- graben, denn die Heuschrecken haben alles mit Stumpf und Stiel abgefressen. Zweitens müssen wir wieder Sämereien kaufen und die kosten viel Geld. Drittens müssen wir jetzt unsere Nahrungsmittel von dem Händler entnehmen, denn wir haben nichts behalten, wovon wir leben könnten. Selbst- redend sind auch die Preise beim Händler durch dies Un- glück gestiegen und eine Teuerung ist eingetreten. Der Grossgrundbesitzer ist arm geworden. Was aber soll erst 10) D. K.-2. 1895. 5. 12. il) Ebenda S. 212. '?) Ebenda S. 253. 8 Dr. Sander. der kleine Landwirt sagen, der nur eine Schamba (Gut) mit einigen Morgen Land besitzt? Wir sind jetzt darauf ange- wiesen, bei dem Inder Geld zu leihen. Aber was für Zinsen müssen wir dafür bezahlen! — 25 Prozent! — Und wenn wir die Zinsen nicht rechtzeitig abliefern, verlieren wir unser Hab und Gut. Wir beten alle Tage zu Gott, dass er uns helfe. Denn wer kann es sonst thun? — Die Heuschrecken sind von dem Monate Jamaada Cacher (November) bis Rajab (Dezember) in grossen Scharen hier gewesen und bis heute noch nicht fortgezogen. Wir haben die schwarzen und die gelben hier. Auch rote! — = = GEspene mir, es ist ein grosses Unglück über uns hereingebrochen. Wenn wir auch wirklich unser Land einem Inder verpfänden und die hohen Zinsen bezahlen wollen, er giebt uns wo- möglich jetzt gar nichts, weil unsere Felder auf einige Zeit brachliegen. Jede Arbeit ist umsonst. Unsere grössten Grundbesitzer, z. B. Schach Sef bin Said el Kasabi, Nassur bin Amur Lomari, Aulad Salum bin Ali und Mohamed bin Aziz, haben alle ihre Schambas und Zuckerfabriken in Kof- kof, Manja, Pombwe verlassen und wohnen nun in der Stadt Pangani, während ihre Felder öde daliegen. Jeder von diesen Herren hat ausserdem noch hunderte von Arbeitern zu er- nähren. Es ist mit den Heuschrecken ein grosses Unglück über Pangani gekommen. Fürs erste ist noch gar nicht an den Abzug der Tiere zu denken. Ich sage Ihnen, wir können oft, wenn ein Schwarm kommt, kaum die Sonne sehen .... Die Heuschrecken sind entsetzlich gefrässig, Sie machen sich keinen Begriff davon. Ein Europäer hatte auf seinem Hofe in Pangani pamba (Wolle)*) und kawa (Kaffee) zum Trocknen an die Sonne gelegt. Als er nach einiger Zeit nachsah, hatten die Heuschrecken alles gefressen, Wolle, Kaffee und sogar die Decken, auf denen das Roh- material ausgebreitet war. Wir wundern uns nur, dass wir noch unsern Turban behalten, dass nicht auch der noch in den Magen des Viehzeugs wandert.« | *) DieD.K.-Z. hathier falsch übersetzt: pamba ist Baumwolle. D. Verf. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 9 Auch in diesem Jahre kommt der Ernteausfall an Reis und Getreide wieder deutlich zum Ausdruck’). Es sind ausgeführt in 1000 Dollars: 1893 1894 1895 Reis mit Schalen 35% 9 0,03 sohne 12 162200,51 Mtama und Mawele 84 83° 0,13 HER, werden von den Heu- Sesam 4 oo | Schrecken wenig oder Chiroko (Bohnen) 4 2 9 ) gar nicht angegangen. Die Denkschrift giebt hierzu noch die Erklärung, dass die Chiroko-Ausfuhr deshalb gestiegen sei, weil Chiroko den Leuten an der Küste in jener Zeit als Lebensmittel zu teuer war; er wird von den Indern und Arabern Zanzibars sehr gern genommen und wurde daher ausgeführt und Mtama dagegen hereingebracht. | Auf Seite 79 findet sich dann eine Notiz, die anzeigt, dass die Not durch Heuschreckenfrass sogar noch grösser war, als obige Tabelle erkennen lässt. Es heisst nämlich dort, die Kopra-Ausfuhr sei gleichfalls erhöht gewesen, nicht aber wegen erhöhter Fruchtbarkeit der Bäume, »denn sie haben gleichfalls durch Heuschreckenfrass gelitten, sondern nur weil die Eingeborenen mehr und vorsichtiger die Nüsse sammelten«. Und ferner: »Wie sehr infolge der Heuschreckenplage die Eingeborenen gezwungen waren, ihre sonstigen Hilfsquellen in Anspruch zu nehmen, davon zeugt die erhöhte Ausfuhr von.Kautschuk und Flechtgras (bezw. Waren daraus, wie Matten, Körbe etc.).« Es würde also der Mehrbetrag aller dieser Artikel in Mtama umgerechnet werden müssen, um den richtigen Wert für den durch die Heuschrecken verursachten Schaden zu erhalten und dazu noch alle milden Gaben, alle als Lohn für öffentliche Arbeit gezahlten Nahrungsmittel und alle Ersatznahrungsmittel, dar- unter die getrockneten Heuschrecken selbst'?). 13) Denkschrift 1896/97. S. 77-79. 1%) Vgl. D. K.-Z. 1895. S. ı2. Ueber den Grad der Hungers- not etc. Io Dr. Sander. Mit der Mitte des Jahres 1895 beginnt die Heuschrecken- plage nachzulassen. Unterstützend wirkt dabei, dass in den meisten der befallenen Gegenden eine gute Regenzeit gewesen ist, die eine gute Ernte im Gefolge gehabt hat. Von Einzelmeldungen liegen darüber nur drei vor und zwar die eine des Kompagnieführers Leue'”) vom 20. April aus Tabora: »Man kann wohl sagen, dass die Hungersnot, die hier allerdings nie recht existiert hat, zu Ende ist.< Die zweite von Leutnant Kielmeyer aus Lindi'), dass die Hungers- not im dortigen Hinterlande bereits Ende Mai so gut wie vorüber sei. Doch machten sich noch einzelne Heuschrecken- schwärme bemerkbar. Die dritte stammt von Bezirksamtmann Berg‘''), der im Norden des Bezirks Kilwa eine Dienstreise ausführte: »Die Heuschrecken sind in der Nähe von Nyem- sati in diesem Jahre nur durchgezogen; auch weiterhin soll der durch dieselben angerichtete Schaden nicht bedeutend und eigentliche Hungersnot auf der linken Seite des Rufidji nicht vorhanden seine. Und: »Auch in Mohorro ist durch das jüngste Kommen der Heuschrecken ein wesentlicher Schaden nicht entstanden. Vorwiegend haben unter dieser Plage die Bewohner von Matumbi und der bei Samanga gelegenen Landschaften zu leiden gehabt.« Eine zusammenfassende Schilderung der Sachlage Aus- gangs 1895 findet sich in einem Bericht des stellvertretenden Gouverneurs’), der gleichzeitig auch auf die Nachwirkungen der von den Heuschrecken verursachten Schäden eingeht und deshalb eine ausführliche Wiedergabe verlangt: »Ich schicke voraus, dass zur Zeit in dem grössten Teile der Kolonie die Hungersnot geschwunden ist, da die Heuschreckenplage vorüber und dieses Jahr ein ganz ausser- ordentlich fruchtbares ist, so dass die meist von den Heu- schrecken verschont gebliebene letzte Ernte, insbesondere 2)D. K-bl. ’7805. 8.382. 16) Ebenda S$. 354. 17) Ebenda S. 431. 18) Ebenda S. 481/82. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. ı1 an Mtama (Negerhirse) und Mais, einen ganz vorzüglichen Ertrag gegeben hat. Dass die Heuschreckengefahr vollständig vorüber sei, kann allerdings auch zur Zeit noch nicht behauptet werden, da einzelne Landschaften, insbesondere Ugogo, die Rufidjiniederungen, die der Panganisteppe nordwärts an- grenzenden Gebiete noch fortwährend von Heuschrecken in geringem Masse belästigt werden. Die Folgen der Hungersnot werden durch das Sinken der Kaufkraft der Bevölkerung, durch die Verödung der Karawanenstrassen, durch den gänzlichen Fortfall des Reis- exports noch lange zu spüren sein.« Eine günstige Folge sei der Anbau solcher Gewächse gewesen, die die Heuschrecken unberührt lassen, und den das Gouvernement durch unent- geltliche Verteilung von Saatgut unterstützt habe. »Eine wirkliche Hungersnot ist zur Zeit nur noch in Ugogo und einem Teile der Rufidjiniederung vorhanden.< An der Küste seien die Lebensmittelpreise infolge grosser Einfuhr von Reis und Mtama von Indien und Portugiesisch-Ostafrika her sogar niedriger als je und die nach der Küste strömenden Not- leidenden würden durch Anstellung bei öffentlichen und landwirtschaftlichen Arbeiten unterhalten, wofür den Bezirken Dar-es-Saläm, Tanga, Mohorro, Lindi und Mikindani grössere Summen überwiesen seien. | »Dem Lebensmittelmangel im Innern ist dadurch ab- zuhelfen gesucht, dass auf den Stationen, welchen die am meisten betroffenen Landstriche unterstehen, Kisaki, Kilossa, Mpwapwa, grössere Verpflegungsmagazine, welche ohne Trägerzuschlag zu Küstenpreisen oder ganz unentgeltlich abgeben, angelegt wurden. _ Auch ist hauptsächlich diesen Stationen Saatkorn zur unentgeltlichen Verteilung übersandt worden. Den Stationen Kilossa, Mpwapwa, Kilimatinde sind ausserdem kürzlich je 3000 Rupien überwiesen worden, um sie bei landwirtschaftlichen Versuchen und Strassenbau als Löhnung in Bar oder in Lebensmitteln für Notleidende zu verausgaben. Ueber Mpwapwa hinaus war der hohen Träger- löhne und der Verpflegung, welche die Träger selbst während 12 Dr. Sander. der Reise für sich gebrauchen, wegen einer Hinaufschaffung von Lebensmitteln von der Küste aus unmöglich.« Dem Gouvernement standen zur Verfügung: 100000 Mark in zweimaligen Nachkrediten bewilligt und: 12045 Rupien 38 Pesas, von einem Hülfskomitee in Sansibar aufgebracht. Beide Summen wurden voll aufgebraucht, ohne aber für eine wirkliche Hebung der Hungersnot auch nur annähernd aus- zureichen. Man sieht, welche ungeheuren Werte gelegentlich von den Heuschrecken in kürzester Frist vernichtet werden! In der zweiten Hälfte des Jahres 1895 liess die Heu- schreckenplage erheblich nach, und 1396 wurden die Verhält- nisse noch besser. Die Denkschrift von 1896'°) schreibt dar- über: »Die Heuschreckenplage scheint nunmehr überwunden zu sein. Zwar waren in der zweiten Hälfte des Jahres 1895 in den Bezirken südlich des Rufidji immerhin noch beträcht- liche Schäden zu verzeichnen; es scheint, dass die Schwärme .zum grössten Teil aus dem portugiesischen Gebiet kamen — auch Ugogo, das Viktoria-Nyanza-Gebiet und in geringerem Masse die Kilimandscharo-Bezirke hatten noch gelitten; aber im neuen Jahre ist mit alleiniger Ausnahme des Bezirks Bagamoyo das Auftreten der Schädlinge belanglos gewesen.« 1897 ist die Zahl der Heuschrecken und das Mass des durch sie verursachten Schadens noch weiter zurückgegangen. »Die Klagen über die Heuschrecken haben sich sehr ver- mindert, grössere Scharen scheinen nur am Rovuma und bei Kilimatinde aufgetreten zu sein, haben aber nur lokalen Schaden angerichtet«°"). Gegen Ende dieses Jahres begann aber das Anwachsen der Heuschreckenscharen von neuem, und abermals kamen schwere Klagen über die von ihnen angerichteten Ver- wüstungen’”'. »Anfang Dezember 1897 traten die Heu- schrecken wieder auf, zuerst im südlichen Bezirk. Sie erreichten Dar-es-Salam in den ersten Tagen des Januar und 19) S, 67—68. 20) Denkschrift 1898. S. 61. 21) Denkschrift 1898. S. 42. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. ı 3 haben ganz besonders die Bezirke Bagamoyo und Pangani heimgesucht. Wenn die Massen dieser Tiere auch noch nicht die der früheren Jahre erreichten, so haben sie doch stellenweise bösen Schaden gethan. Ganz besonders ist das fühlbar für die Reiskultur. Auch die Zuckerpflanzungen am Pangani haben durch ihren Frass gelitten. Am wenigsten haben die Gegenden um Lindi und Mikindani zu leiden gehabt, so dass dort noch eine gute Mittelernte erzielt ist.« | Diesmal sind auch die Einzelmeldungen aus den Bezirken mitgeteilt, und so ist es möglich, sich ein leidlich klares Bild der Verbreitung der Heuschrecken und teilweise auch der Zeit ihres Erscheinens herzustellen, wie ich es in Karte ı versucht habe. Danach sind, von Süden her beginnend, Lindi und Kilwa von den Heuschrecken überzogen worden, während Mikindani frei blieb. Im Innern sind sie in Kilossa, Kondoa und Kilimatinde aufgetreten, aus Moschi, Tabora und Songea wird nichts berichtet. Dagegen haben sie wieder in Wilhelmstal (Westusambara), Dar-es-Salam, Bagamoyo, Saadani, Pangani, Tanga mehr oder weniger grossen Schaden angerichtet. Danach scheinen sie vom südwestlichen Teil Ostafrikas ausgegangen zu sein, dann ihren Weg in der Richtung Nordost auf die Küste zu und an dieser entlang und durch die Hochebene von Uhehe und Mahenge, Ugogo, Usagara und Usaramo, durch den südöstlichen Teil der Massaisteppe, Useguha und Usambara genommen zu haben. Dabei müssen sie ziemlich rasch gereist seien; denn die früheste Meldung mit Zeitangabe über ihr Auftreten stammt aus Kilwa, wo sie Anfang Dezember 1897 sich zeigten, und in den ersten Tagen des Januar 1898 sind sie bereits in Dar-es-Salam, d. h. in etwa vier Wochen über 30 deutsche Meilen, wenn man annimmt, dass sie von Kilwa aus in gerader Richtung auf Dar-es-Salam zugeflogen sind. Im Laufe des Jahres 1898, als diese Schwärme ihre Eier abgelegt hatten und unzählbare Mengen von Jungen daraus sich entwickelt hatten, wandten sich die Dinge immer mehr zum Bösen. Vielerorts wurden die Ernten vollständig 14 Dr. Sander. abgefressen und die Hungersnot wurde schlimmer und aus- gedehnter als die von 1895. Ich lasse wieder einige Stich- proben”) folgen, zunächst die zusammenfassenden Urteile, welche die Folgen für die Gesamtheit der Bevölkerung wiedergeben, dann die Berichte aus einzelnen Gegenden: »Das Berichtsjahr war in sanitärer Hinsicht für die eingeborene Bevölkerung ein sehr ungünstiges wegen der anhaltenden Dürre und wegen des Auftretens grosser Heu- schreckenschwärme, Hungersnot und grosses Sterben, namentlich an Darmkrankheiten (und ansteckenden Krank- heiten);« und »Fast 18 Monate lang war eine eigentliche Regenzeit ausgeblieben, so dass in den meisten Bezirken eine schwere Hungersnot ausbrach, die noch durch Heu- schreckenschaden vermehrt wurde.« Die Dürre liess zwar 1898 nach, indem mit der grossen Regenzeit gute Regen einsetzten, aber die Heuschreckennot wuchs noch, wie die Einzelberichte zeigen. So wird aus Tanga gemeldet, dass »die Heuschrecken durch den Regen nicht vernichtet seien« und dass »im Distrikt Bulwa aus- gewachsene Schwärme, in den Landschaften Bonde und Süddigo an vielen Orten halbausgewachsene Brut lagerte, so dass die neue Ernte also wieder schwer bedroht sei«. In Pan- gani waren gleichfalls »ungeheure Heuschreckenschwärme, die alles vernichtend über die keimenden Saatfelder her- fielen«. Das Gleiche gilt für das Hinterland von Bagamoyo, für West-Usambara, für die Kilimandscharo-Landschaften, Pare, Klein-Aruscha, das Merugebiet und Umbugwe; eben- falls für Muanza, Ujiji und Ukonongo. Weniger stark waren die Verheerungen in Kilossa, Kilimatinde und Iringa. Aus einer Reihe von Bezirken und Stationen liegen keine be- stimmten Angaben vor, ob Heuschrecken aufgetreten sind oder nicht. Von Kilwa dagegen wird berichtet, dass zwar grosse Schwärme noch das Land durchzogen, einen nennens- 22) Denkschrift 1899. S.3; 9; — 39/40; 42; 45; 57; 61; 72; 87; 89,7 02, 045 70. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 5 werten Schaden aber nicht anrichteten; von den Schirati- posten, dass Heuschreckenfrass nicht eintrat. Danach ist schwer zu beurteilen, ob in den Bezirken, aus denen keine Meldung vorliegt, Heuschrecken überhaupt nicht sich zeigten oder ob bloss der Schaden verhältnismässig so gering war, dass er keine besondere Aufmerksamkeit verdiente”). Mit dem Jahre 1899 beginnt die Heuschreckenplage®°*) und, da gleichzeitig bessere Regen fielen, auch die Hungers- Dat nachzulassen. so. lautet der amtliche Bericht. Es scheint aber immerhin nur im Vergleich gegen die ver- gangenen Jahre die Zahl der Heuschrecken vermindert, absolut aber immerhin noch recht beträchtlich gewesen zu sein. Denn Anfang Juli dieses Jahres bekämpfte noch der Oberleutnant Merker ”°)”°) in Moschi am Kilimandscharo grosse Schwärme in Unter-Madschame mit den aus der Kapkolonie bezogenen Reinkulturen des Heuschreckenpilzes”'). Dass es sich um grössere Mengen gehandelt haben muss, geht daraus hervor, dass Oberleutnant Merker »in der Zeit vom 7. bis 17. Juli dieses Jahres noch weitere fünfzehn — meist grosse — Heuschreckenschwärme auf dieselbe Weise wie die ersten fünf vernichtet hat«. Leider war es mir nicht möglich, irgend welches Material zusammenzubringen, in welchen Landschaften und in welcher Ausdehnung in diesem Jahre eigentlich grössere Schwärme von Heuschrecken aufgetreten sind. Das ist um so bedauerlicher, als es sonst möglich gewesen wäre, im Vergleich mit den Einzelangaben der vorhergehenden beiden Jahre wertvolle Schlüsse auf die am meisten gefährdeten Gegenden und die wahrscheinlichen Brutstätten der Heuschrecken zu ziehen. =»eS. Karte 2, 24) Denkschrift 1899/1900. S. 93 und 121. 25) Nach einem mir gütigst von der Kolonial- ding des Aus- wärtigen Amtes zugänglich gemachtem Schreiben des Gouverneurs an das Generalkonsulat in Kapstadt vom 24. Januar 1900. 26) Kol.-Blatt 1899. S.65g u. ff. 7) Siehe weiter hinten in dem besonderen Kapitel. 16 Dr. Sander. Auch Anfang 1900.müssen die Plagegeister immer noch in bedrohlichen Mengen vorhanden gewesen sein. Denn erstens giebt der Gouverneur in dem erwähnten Schreiben eine Bestellung auf weitere 1000 Tuben des Heuschrecken- pilzes und zweitens berichtet die Deutsch-Ostafrikanische Zeitung unter dem 3. März 1900 von ähnlichen glücklichen Versuchen in West-Usambara seitens der Missionsstation Wuga und des Bezirksamts Wilhelmsthal. Doch fehlen für 1900 die Einzelheiten noch mehr als das für 189g schon der Fall war. Südwestafrika. Aus Südwestafrika liegen uns zuverlässige Berichte über das verheerende Auftreten von Heuschreckenscharen bereits aus dem Jahre 1831 vor. Und zwar schreibt Missionar Smelen aus Komaggas (Little Namaqualand)’) der Rhei- nischen Missionsgesellschaft in Barmen: »Gott sandte grosse Scharen von Heuschrecken übers Land, welche in. solcher Anzahl kamen, dass die Sonne verdunkelt wurde, der Erd- boden ganz mit ihnen bedeckt und alles Gras und Laub in einigen Tagen verschlungen war. Vieh und Menschen hatten nun nichts zu leben. Diese grossen Heuschrecken peinigten uns Tag und Nacht... .« »Der Herr hat fort- gefahren, das Land mit Krankheiten und Heuschrecken zu strafen.« Trotz dieses letzten Zusatzes vergehen dann doch wieder einige Jahre, ehe neue Meldungen einlaufen und zwar handelt es sich um eine Aeusserung desselben Missionars Schmelen, mitgeteilt in dem Tagebuche eines anderen Missionars”’), »dass in Grossnamaqualand die Völker wegen 22) 3. Bericht der Rheinischen Missions-Gesellschaft. Barmen. 1. 8. 1851-51..7. 1832. 93.92. 22) 8. Bericht der Rhein. Miss.-Ges. Barmen. 1836/37. 6. Bei- lage. Auszug aus den Tagebüchern ıı.und I2 des Miss. Gerhard Terlinden. ı1. 8.—31. 12. 1836. S. 85. Der Name Smelen ist in den Berichten verschieden geschrieben, wie oben im Text obwohl es sich um denselben Mann handelt. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. ı 7 der Dürre und wasserarmen Gegend sehr zerstreut leben, auch sich von der Viehzucht, der Jagd auf Heuschrecken .. nähren müssen«. Dass Heuschrecken als ständiges Nahrungs- mittel aufgeführt werden, beweist, dass sie in damaligen Jahren reichlich, d.h. in Scharen und die ganzen Jahre hin- durch in Grossnamaqualand vorhanden gewesen sein müssen. Eine weitere Notiz aus dem Jahre 1844°) sagt dann gleichfalls aus Komaggas, »dass trotz der 90 000 Morgen’') Landes, die zu Komaggas gehören, doch im letzten Jahre wegen Dürre und Heuschreckenplage nicht einmal das Nötige für Vieh und Menschen geerntet werden konnte«. Für diese Jahrzehnte, wo die Besiedelung Südafrikas durch Weisse noch im Entstehen war und nach Südwest- afrika, ausser in dem südlichsten Teil, kaum ein einziger Weisser hinkam, ist es noch nicht möglich, einen Zusammen- hang zwischen dem Auftreten der Wanderheuschrecken hier und in der Kapkolonie festzustellen. Für die späteren Jahre geht ein solcher aus den gleichzeitigen Aufzeichnungen, je länger, je mehr, immer deutlicher hervor. So wird 1850 aus Amandelboom’°’) in der Kapkolonie ge- meldet, »die Heuschrecke kam und was sie überliess, frass der Springbock« und ı851 traf Andersson °*) gewaltige Züge in unserem heutigen Südwestafrika in der Gegend: von Grossbarmen und im nächsten Jahre fand er°*) sie »mehrere Monate lang täglich« auf seiner Reise von Gobabis über Kubakus nach Rehoboth und von dort südwärts nach dem Oranjefluss. Im Oktober 1852 wird aus Bethanien°’) ge- 20) 16. Bericht der Rhein. Miss.-Ges. Barmen 1844/45. S. 57. ®1) ı Morgen = ı kapischer Morgen = ungefähr 0,85 ha. 2) 22. Bericht der Rhein. Miss.-Gesellsch. Barmen. 1.9. 1850 — 1.9. 1861,.,9..14. 32) Charles J. Andersson. Reisen in Südwest-Afrika bis zum See Ngami ı. d. J. 1850—1854. Aus dem Schwedischen von Dr. Hermann Lotze. Leipzig. Hermann Costenoble. 1858. I. Bd. S. 145. %4) Charles J. Andersson 1. c. II. Bd. S. 21—26 u. S. 49. 35) 24. Bericht der Rhein. Miss.-Gesellsch. Barmen ı. 9. 1852 — 90.1853. S.23, Sander, Wanderheuschrecken. 2 18 Dr. Sander. | 2 schrieben, »dass die Hauptwerft zu Koais sei, da auf Bethanien die Heuschrecken alles abgeweidet hatten und kein Mensch dort bleiben konnte«. Aus der Kapkolonie liegt für dieses Jahr keine Nachricht vor, wenigstens nicht in der mir zugänglich gewesenen Litteratur. 1854 aber tritt die Wanderheuschrecke wieder verheerend im Colesberg- Distrikt und den angrenzenden Teilen des Oranje-Frei- staats auf”). Nach den fünfziger Jahren kommt eine längere Pause, in der Südwestafrika anscheinend von Heuschrecken ver- schont geblieben ist; denn der nächste Bericht stammt aus dem Februar 1864 ”') und erwähnt ausdrücklich, dass seit dem Jahre 1853 keine Heuschrecken mehr gesehen worden seien. In der Kapkolonie°’) waren sie schon ein Jahr früher””) wieder in erschreckender Anzahl aufgetreten, indem sie namentlich den Oranje-Freistaat heimsuchten. Der Bericht des Missionars ist recht interessant, einmal, weil er auf die biblischen Schilderungen Bezug nimmt und sodann, weil er den Bericht eines Augenzeugen darstellt, der zum ersten Mal diese Plage erschaut. Zugleich giebt er ein treffliches Beispiel, wie man nicht beobachten soll. Ich lasse ihn deshalb hier folgen: »Am I. Februar bewegte sich der erste Schwarm von Billionen dieser Vielfrasse rasselnd über unseren Häuptern dahin. Der Lärm unserer Stationsjugend über diese für sie erfreuliche, für ältere und besonnene Personen aber be- trübende Erscheinung lockte uns vor die Thüre. Prophetische Bilder, besonders Joelsche, treten einem vor die Seele beim Rasseln der Flügel dieses »schnellen, stürmischen Reiter- »6) C. S. ©. Cape Monthly Magazine, March 1879. nach: III Re- port of the United States Entomological Commission. Washington. Govern. Print. of. 1883. App. VIII. Locusts in Cape Colony, S. A. p. [68] — [72]. ®7) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. Barmen 1865. S. 104— 106. Bersuba. BC: 071. S: [6ol. #9) Ende des Jahres 1863, d. h. einige Monate früher als in Süd- westafrika, wo gerade die Regenzeit ungewöhnlich spät einsetzte. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 19 heeres«, das die Luft verdunkelte und dessen Exkremente wie Regentropfen auf uns niederfielen. Sie trafen seitdem fast alle paar Tage in ungeheuren Schwärmen ein. Zum Glück war’s stets »die Wanderheuschrecke«®°),, welche sich für kurze Zeit niederlässt und sich vollfrisst und dann die Reise durch die Luft weiter fortsetzt. Vor den, von unserm Volk sogenannten »Voetgangers« (Fussgänger), die flügellos sich nicht in die Luft erheben können und, wo sie hausen, alles mit Stumpf und Stiel auffressen, hat uns der Herr gnädig bewahrt. Sie erinnern nicht weniger als jene an ein »Streitheer«. In dichten, geschlossenen Reihen hüpfen sie auf gerader Linie taktmässig (!) vorwärts. Nichts kann ihren einmal genommenen Lauf hemmen. Ins Feuer hüpfen sie so lange, bis es erlischt und der Nachzug über die Leichen ungestört weiterkann; ins Wasser — bis sie durch An- einanderheften der Beine eine Brücke geschlagen, sollten auch Millionen darüber ersaufen. Die einmal genommene Richtung wird konsequent innegehalten, bis es dem Rest gelingt, auf der Notbrücke ans jenseitige Ufer zu gelangen. Wo sie ihr Campement aufschlagen, ist in kurzer Zeit Hungers- not für alle Einwohner des Distrikts, die aus Gras und Kräutern Nahrung ziehen. Sie müssen auswandern, da sie nichts als den kahlen Boden zurücklassen. Jenseits Fisch- fluss gen Osten von uns sollen sie ganz greuliche Verheerung angerichtet haben. Uns hat die beflügelte Heuschrecke doch noch Stellen mit schöner Weide*') übrig gelassen.« Für die Kapkolonie stammt der Bericht von dem schon erwähnten C. S. OÖ. im Cape Monthly Magazine und lautet: »Späterhin, 1863, hatten wir es im Oranje-Freistaat schrecklich mit Heuschrecken zu thun; erst mit den fliegenden, die ihre Eier bei uns hinterliessen, und dann, als diese von 4%) Der Missionar wusste offenbar nicht, dass die fliegenden nur die Erzeuger der hüpfenden Heuschrecken sind! #1) Es handelt sich um trockenes Gras, denn die Regen (März Mai) waren noch nicht gefallen; deshalb fehlen auch noch die jungen hüpfenden Heuschrecken. | 2* 20 Dr. Sander. dem Regen zum Ausschlüpfen gebracht worden waren, wurden wir fortgesetzt von den Jungen geplagt.« Dieser selbe Berichterstatter spricht auch davon, dass 1864 die Heuschrecken noch in Südafrika vorhanden waren und grossen Schaden thaten; es ist aber nicht recht zu ersehen, ob sie auch noch in den folgenden Jahren dort verheerend auf- traten oder nicht. Für Südwestafrika scheint das Jahr 1865 frei von Heuschrecken, 1866 aber schwer heimgesucht ge- wesen zu sein, denn der Bericht der Rheinischen Missions- Gesellschaft in Barmen von 1367, also für das Jahr 1866, sagt*”): »Das vorige Jahr eine grosse Hungersnot; in diesem Jahre durch die Heuschrecken die Ernte meist vernichtet, und wo das nicht der Fall ist, durch die grosse Dürre in den letzten Monaten teilweise vertrocknet. Und noch in diesem Augenblicke bedecken die kleinen Heuschrecken (Fussgänger) grosse Strecken Landes und gerade Springbok*°) und die Umgegend ist am meisten davon heimgesucht, der ganze Grund ist damit bedeckt. Und nicht nur fressen sie alle Pflanzen, grün oder trocken, vor sich weg, sondern alles, was sie vor sich finden, Wäsche, Kleider, was aus- gelegt ist, kriechen in die Häuser bis in die Schlafkammern und zerfressen alles.« Entsprechend diesem ganz ungewöhnlich massenhaften Auftreten der Heuschrecken — Beweis dafür ist die ge- schilderte ungeheure Gefrässigkeit, die sogar trockene Pflanzen und Kleider nicht verschont — sind sie 1866 weit über Südwestafrika bis hoch ins Damaraland hinein verbreitet ge- wesen. Der Missionar Hugo Hahn“’?) fand im Mai und Juni auf seiner Reise nach Ovamboland an vielen Stellen des nördlichen Hererolandes alles, selbst die Weide, von den Heuschrecken abgefressen, von der Gegend von Omapyu an bis nach Outyo hinauf. #2) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch, 1867. #24) Bericht von Komaggas S. 153/54. Maiheft. 2b) S. 209— 214. #2) Ort und Missionsstation in Klein-Namaqualand. Sr Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 21 Ob in den nächsten Jahren in Südwestafrika oder der Kap-Kolonie die Heuschrecken noch in verheerender Menge sich gezeigt haben, konnte ich nicht ermitteln. Es scheint aber der Fall gewesen zu sein, denn im Berichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft**) von 1869 heisst es: »Zu der mehrjährigen Hungersnot, welche durch immer wieder- kehrenden Misswachs, Heuschrecken und Dürre herbei- Setuhresistiui..., « Von nun an kommen einige Jahre der Ruhe, in denen aus beiden Gegenden nichts von Heuschrecken vermeldet wird. 1872 aber treten sie in Südwestafrika wieder in ungeheuren Mengen auf und zwar im Hererolande. Missionar Brincker*’) meldet »eine furchtbare Verheerung durch Heuschrecken« von seiner Reise im nordwestlichen Hererolande und Missionar Irle ein zweimaliges Auftreten von Heuschrecken, ohne dass grosser Schaden entstanden sei, »weil sie nur im Vorbeiziehen« waren, aus Otyosazu. 1873*°) kamen dann die Klagen in verstärktem Masse und von einem grösseren Ge- biet her: Aus Otyosazu im Januar nach schweren Regen: »Es regnete den ganzen Tag und wo es inzwischen etwas aufhörte, kamen grosse Heuschreckenschwärme hier an. Die jungen Heuschrecken sind nun auch aus der Erde hervor- gekommen und fangen ihre verheerende Arbeit an; so wird wohl nichts als ein kahles Feld bleiben.« Aus Richtersfeld, einer Aussenstation von Concordia, Klein-Namaqualand: »Am 5. Mai hielt ich morgens eine Betstunde, dass doch der Herr etwas Regen schicken und der grossen Dürre und Not ein Ende machen möge. Nachmittags stiegen auch wirklich Wolken auf und wir hörten ein Geräusch in der Luft, als ob es regnen wollte; aber ach, es waren Heu- schreckenschwärme, die den ganzen Platz bedeckten und das wenige trockene Gras, was noch vorhanden war, voll- 4) S, 323. ‘Novemberheft; Nordgrenze der Kapkolonie. #5) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1873. S. 234 und 292. 46) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1874. S. 247, 295 und Nachtrag S. ı8, 19. 22 . Dr. Sander. ends verzehrten.< Aus Neu-Barmen: »Die Heuschrecken hatten die Station arg heimgesucht«; und aus Okahandya, um Ostern herum: »Dieser Plan wurde jedoch vereitelt durch die Unmenge von Heuschrecken, die in wenigen Tagen das schöne Grasfeld zu einer öden Wüste machten. Als sie fortzogen, ging auch viel Volks mit seinen Herden, um neues Weidefeld zu suchen.« Aus der Kapkolonie und dem übrigen Südafrika liegen mir für diese beiden Jahre keine bestimmten Nachrichten über Heuschrecken vor. Wohl aber werden diese von dort- her für den Ausgang der 70er Jahre gemeldet und zwar von dem schon zitierten C.S.O. Danach müssen zwischen 1863 und 1879, aus welchem Jahr seine Veröffentlichung stammt, wiederholt grosse Verheerungen durch Heuschrecken stattgefunden haben, denn er sagt‘') ausdrücklich, dass die Gegend seitdem wiederholt von Heuschrecken kahlgefressen worden sei. Leider sind in dieser Veröffentlichung keine Einzelangaben über die Verwüstungen im Jahre 1878. Nun kommt eine längere Pause für Südwestafrika, da erst vom Jahre 1891 ab wieder Heuschrecken gemeldet werden®“). Das erklärt wohl auch, wie ein sonst so trefflicher Beobachter wie Hans Schinz°”) behaupten kann, dass »Wander- heuschrecken sich mitunter in Grossnamaland niederlassen, aber doch nicht so häufig zu sein scheinen, wie in der Kapkolonie«. Nur aus dem nördlichen Teile der Kalahari, vom Ngamisee her, habe ich eine Nachricht vom Jahre 1839 über das Auftreten von Heuschrecken. Herr Franz Müller, der sich lange Jahre als Kaufmann in der dortigen Gegend aufgehalten hat und ein guter Beobachter ist, erzählte mir, “) 1. c. S. [69/70] „I have continued from time to time to pu- blish my convictions, but all my trouble has been of very little effect, for the countryhas been repeatedly swept off all verdure by the scourge.“ 2) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1891. S. 232 und 240. - #) Dr. Hans Schinz. Deutsch-Südwest-Afrika. Oldenburg und Leipzig. Schulze’sche Hof-Buchhandlung. o. d. (Reisen 1884—1887.) S. 480. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 2 3 dass im August 1889 grosse Flüge aus Südosten am Ngami- see eintrafen und seitdem ständig dort gewesen seien. Die Jungen pflegten Ende Februar bis Anfang März auszuschlüpfen. Diese Nachricht stimmt gut mit den späteren Angaben der Missionare, dass die fliegenden Heuschrecken »aus dem Ostens, »der Kalahari«, »dem Kaffernlandex gekommen seien. Vom Jahre 1891 ab aber sind die Heuschrecken eine ununterbrochene Plage in Südwestafrika wie im übrigen Südafrika geblieben bis zum Jahre IgoO und erst jetzt scheinen sie wieder im Verschwinden zu sein. Missionar Fenchel sagt in seiner Ansprache an die Rheinische Missions- Gesellschaft in Barmen 1897 über diese ungewöhnlich harte und langdauernde Plage: »Es sind nun bereits 6 Jahre, dass das ganze südliche Afrika von einer entsetzlichen Heu- schreckenplage heimgesucht wird. Wenn sich solch ein Schwarm von ungezählten Millionen von der Kalahariwüste im Osten her über eine Station oder ein Weidefeld stürzt, bleibt nach seinem Wegzuge nichts als eine kahle Fläche zurück«. AusSüdwestafrika liegen für das Jahr 1891 zweiMeldungen über Heuschrecken von Missionaren °) vor und zwar aus Ot- jimbingwe und aus Otyosazu. Der Beginn des Frühjahrs, etwa Dezember 1890 bis Februar 1891, war sehr trocken gewesen und statt des ersehnten Regens hatten sich Heuschrecken- schwärme eingestellt, die die Weide abfrassen, als das Gras unter reichlichem Spätregen endlich gewachsen war. Es ist wohl nur ein Zufall, dass nur aus diesen beiden Orten ‘über Heuschrecken berichtet wird. Denn im allgemeinen ist es schon ein schlimmes Heuschreckenjahr, wenn diese Land- verderber bis Otjimbingwe kommen. 1892°‘) war es nicht besser. Auch in diesem Jahre Dürre und statt des Regens Heuschrecken, namentlich in den Stationen des Namalandes; die Heuschrecken zogen 50) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1891. S. 232 und 240. 5i) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch 1892. Monatsberichte S. 169— 172 und 304; und Jahresbericht S. 20 und 26. 24 Dr. Sander. aber bald wieder weg, »weil alles kahl war«. In einigen Stationen scheint aber die Verwüstung doch erheblich gewesen zu sein. In Rietfontein stand eine gute Ernte in Aussicht. »Unerwartet im Monat Dezember (1891) stellten sich wieder ungeheuer grosse Heuschreckenschwärme ein und vernichteten sämtliche Gärten. Auch unser Garten ist abgeweidet. Ebenso ist das Weidefeld, das frühzeitig Regen erhalten°”), grössten- teils kahl abgefressene und in Keetmanshoop zogen im Januar 1892 »wieder mächtige Schwärme, vom Kaffernland kommend, durch die Feldere.. Auch aus Omaruru meldet Missionar Dannert schwere Verwüstung durch Heuschrecken: »Zunächst’’) war und ist die Heuschreckenplage zu nennen. Unzählbare Schwärme von Heuschrecken durchziehen das Land und vernichten die Weide. Gleich schwarzen Wolken sieht man sie zuweilen am Horizonte hinziehen« .... »Lassen sich solche Schwärme auf bewohnte Plätze nieder — und Omaruru hat das Unglück wiederholt gehabt — dann bleibt für das Vieh natürlich nicht viel zu fressen übrig und die Bewohner müssen anderswo für ihre Herden Weide suchen.« In Otyosazu war schon im Juni, d.h. I—2 Monate nach der Regenzeit, das Futter für das Vieh um den Ort herum so knapp geworden, dass eine Menge Herero mit ihren Herden auf »Aussenposten« ziehen mussten. Dr. Fleck°*) traf in diesem Jahre auch in den Schilf- massen des Okavango (Botletle) bei Boliwa grosse Mengen von Heuschrecken an, so dass die Plage sich also weit nach Osten hin erstreckte®”). Sie war in diesem Jahre überhaupt weitverbreitet, denn im Generalberichte°') S. 19 heisst es, dass im Hererolande wie in ganz Südafrika die Heuschrecken waren. 52) Das spricht nicht gegen eine Dürre im allgemeinen; die Regen Südwestafrikas sind meist Strichregen. 53) Sc. „von störenden Ereignissen“. 54) Dr. Fleck, Bericht über seine Reise durch die Kalahari zum Ngamisee. Mitteilungen aus dem Dt. Schutzgeb. 1893. S. 29. 55) Auch diese Beobachtung bestätigt die Angaben Herrn F. Müllers s. oben S. 22. Free Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 2 B Im folgenden Jahre wurde Grossnamaland mindestens in der gleich schweren Weise von Heuschrecken heimgesucht. Meldungen liegen darüber aus Warmbad°°) und Keetmans- hoop °°/°’)vor. Hier im südlichen Teil unseres Schutzgebietes herrschte gleichzeitig Dürre, deren Wirkung die Verheerungen durch die Heuschrecken nur um so fühlbarer machte. Missionar Fenchel schreibt darüber aus Keetmanshoop’°”): »Die Regen fielen spärlich und das wenige hervorspriessende Gras wurde ein Raub der Heuschrecken, die gerade in unserm sandigen Felde sich mit Vorliebe niederliessen. Nie habe ich unser sonst so gutes Weidefeld so abgenagt gefunden, als in diesem Jahre; wo man sonst Gras und Grasstoppeln sah, findet man jetzt nur eine kahle, öde Fläche; selbst die Sträucher sind kahl und stehen traurig und wie leblos da. Wo die Rinder noch Weide finden, ist mir oft unbegreiflich«. ' | Aber auch das Hereroland war, obwohl gute Regen gefallen waren, von Heuschrecken heimgesucht, doch kamen ihre Verwüstungen gerade deshalb nicht in Betracht. Selbst bis nach Ovamboland ’°*) drangen sie in diesem Jahre. Denn in Ondjiva wurden 1894 nach dem Bericht die Missionare beim Häuptling Uejulu verdächtigt, dass sie Schuld daran seien, »dass im vorigen Jahre die Heuschrecken das Korn weggefressen hätten«. 1894 überzogen die Heuschrecken wieder das ganze Schutzgebiet. Da die Regen erst im Februar einsetzten, kamen diese Schädlinge auch erst um diese Zeit. Berichte liegen zwar merkwürdigerweise wenig vor, doch kann ich für dieses Jahr ihr Auftreten aus eigener Anschauung be- stätigen. In den ersten Tagen des Februar kamen mehrere Schwärme nach Omaruru, die mich in etwas enttäuschten. Denn nach den Schilderungen, die ich bisher gelesen hatte, #6) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1894. Jahresbericht = 10 und 18; 25. 57) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1893. S. 48 und 294. 58) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1894. S. 73. 26 Dr, Sander. hatte ich sie mir sehr viel dichter vorgestellt, während das, was ich nun sah, etwa einem mittleren, grossflockigen Schnee- gestöber entsprach. Aber diese Schwärme waren offenbar nur die Reste erheblich grösserer gewesen, die von Osten her herangezogen waren. Denn schon 10—ı2 Tage später traf ich auf dem Wege nach Okahandya einen gewaltigen Zug etwa 3—4 Tage alter Jungen, die in unabsehbarer Weite den durch dichten Busch führenden Weg schwarz be- deckten. Von da ab bis zur Mitte März hin begegneten mir auf dem Wege nach Okahandya, in Okahandya, auf dem Wege von dort nach Windhoek und in Wind- hoek selbst bald Schwärme fliegender, bald gewaltige Züge wandernder ungeflügelter’®). Die letzte Hälfte des März und den April über waren nur Hupfer in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien zu sehen, vom Mai ab traten wieder Geflügelte auf. Die letzten davon habe ich in Windhoek um den Io. Juni herum gesehen, traf aber später im Septem- ber auf meiner Rückkehr von der Naauwkloof in der Gegend von Naos (südlich von Reboboth) noch einmal einen lichten, ‚am Boden sitzenden Schwarm geflügelter, die nicht zum Auffliegen zu bringen waren und wohl einer anderen Art angehörten, als der gewöhnlichen Wanderheuschrecke Süd- westafrikas. Nach dem was ich Gelegenheit hatte zu hören, müssen die Heuschrecken damals, Anfang 1894, so ziemlich über das ganze Gebiet verteilt gewesen sein. Obwohl in recht grossen Mengen, richteten sie allzugrossen Schaden doch nicht an, offenbar weil die Regen spät einsetzten, dafür aber noch reichlich fielen, und weil ein nennenswerter Anbau von Feld- und Gartenfrüchten damals noch nicht bestand, die Weide aber aussergewöhnlich gut war. 1895, ein recht trockenes Jahr, brachte die Plage in wesentlich vermehrtem Massstabe. Von überallher, dem °®) Ich werde in der Folge der Kürze wegen für diese stets den Ausdruck „Hupfer“ gebrauchen. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 27 fernsten Süden und dem weitesten Norden, kommen die Klagen, von Rietfontein®) an der Südgrenze bis nach Omu- panda im Ovambolande, und zugleich die Mitteilung, dass sich zu den bisher gewohnten Wanderheuschrecken noch eine andere, grössere und noch gefrässigere Art gesellt habe. Die Verwüstungen sind aber recht ungleichmässg, eben so wie die Regenverteilung. So schreibt Missionar Pabst aus Rietfontein, dass im Frühjahr zwar starker Regen gefallen, im weiteren Verlauf des Jahres jedoch die alten Plagen, Dürre und Heuschrecken wiedergekehrt seien. In Otyo- zondjupa konnten infolge des spärlichen Regens und der grossen Scharen Heuschrecken, die das wenige Gras, das gewachsen war, zum grössten Teil abfrassen, nur wenige Leute auf der Station leben; in Otyosazu dagegen stand alles schön und prächtig, trotz der Heuschreckenplage, die anfangs des Jahres über den Ort gekommen war. Im Ovam- bolande hinwiederum war es trocken und der Schaden gross: »Eine weitere Not entstand, als der Regen so lange aus- blieb, dass die Saat auf dem Felde vertrocknete und ausser- dem auch noch riesige Heuschreckenschwärme alles kahl abfrassen«; und: »Gewiss ist ja im Grunde die Sorge um Regen nicht notwendig, aber wer von uns wird nicht auch mit hinein- gerissen, wenn der Regen monatelang ausbleibt und zugleich Heuschrecken den letzten Rest dessen, was auf den Feldern wächst, hinwegfressen«. | Von dem gleichen Berichterstatter, dem Missionar Wulf- horst in Omupanda, stammt auch die erste Notiz über das Auftreten der zweiten Art der Wanderheuschrecken in unserm Schutzgebiet: »Auch viele Krankheit gab es im Anfang dieses Jahres, wohl auch meist hervorgerufen durch den Genuss der Heuschrecken, die die Leute sich zur Speise bereiten. Die rote Art Heuschrecken, die in diesem Jahre sich einstellte, sollnicht gesund sein.« Auch hier 6%) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1895. Jahresbericht S. 20, 23, 40, 43. Monatsberichte S. 72 und 240. 28 Dr. Sander. wieder tritt die Beobachtung Herrn F. Müllers in vorzüglicher Weise ergänzend ein: Die neuen »roten« Heuschrecken, die im Jahre 1894 die nördlicheren Gebiete Südwest- afrikas heimsuchten, waren im Jahre 1893, gleich- falls von SE, nach den Gegenden am Ngamisee ge- kommen! Es scheint also die Senke um den Ngamisee herum, die nördliche Kalahari, thatsächlich eine Etappe für die weiter von Südosten her kommenden Heuschrecken auf ihrem Wege nach den nördlicheren Teilen unseres Schutz- gebietes zu bilden. Von Anfang 1896 liegen mir keine Berichte vor. Es müssen aber Heuschrecken und zwar in keineswegs unbe- deutenden Mengen vorhanden gewesen sein, denn das Jahr war trocken und Ausgang des Jahres waren riesige Schwärme dieser Tiere überall im Lande, wie ich aus eigenster An- schauung weiss. Die zu Anfang des Jahres 1396 bestehenden kriegerischen Verwicklungen mit den östlichen Hereros und den Khauashottentotten, die wirklich eine grosse Gefahr für ganz Südwestafrika darstellten, mögen wohl das verhältnis- mässig minderwichtige — den Heuschreckenfrass — in den Hintergrund des Interesses gedrängt haben. Ende 1896 setzten die Regen ungewöhnlich früh ein und so kamen denn die Heuschrecken auch schon früh. Ich traf sie, gelegentlich einer Reise nach Grootfontein, schon in den ersten Tagen des November in grossen Massen in Otyozondjupa, wo sie den Garten des Missionars bereits ganz kahl gefressen hatten und von den Hereros nur mit Mühe von ihren Feldern ab- gehalten werden konnten. Beim Missionar war alles, aber auch alles abgefressen! Von den schönen Maisstauden, die schon halbreife Kolben gehabt hatten, standen nur noch kaum fusslange blattlose Stengel; alles Gemüse war voll- ständig verschwunden, die Weinstöcke des Laubes entkleidet, die Pfirsiche und Apfelsinenbäumchen bis auf das dreijährige Holz zurückgefressen und auch an diesem noch der Rinde beraubt! Eben waren die Heuschrecken dabei, auch den Bambus kahl zu fressen, da kaum etwas anderes nutzbares Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 29 Grün im Garten übrig gelassen war. Die Hereros waren mit ihrer Weizenernte gerade fertig, in ihren (gartenmässigen) Feldern standen nur noch Kürbisse und Tabak, die beide nicht besonders von der in Frage kommenden Art von Heu- schrecken bevorzugt werden: trotzdem konnten die Leute die ungebetenen gefrässigen Gäste nur mit fortdauerndem Lärm durch Zusammenschlagen von Holz und Blech einigermassen fernhalten. Von Otyozondjupa (Waterberg) ab bis Grootfontein verliessen uns die Heuschrecken nicht mehr, doch traten im reinen Weidegebiet die durch sie angerichteten Ver- wüstungen nicht so arg in Erscheinung (es handelte sich um die 1895 als »neu« gemeldete rote Wanderheuschrecke). Wohl aber flogen sie uns und unsern Pferden bei dem Ritt ‘durch die von ihnen besetzten Fluren so heftig und ununter- brochen in die Augen und um die Ohren, dass die Pferde unruhig wurden und wir unser Gesicht mit vorgehaltenem Arm vor ihrem Anprall schützen mussten. Frühmorgens, so lange noch die Kühle der Nacht vorhielt und der Tau lag, hingen sie in unzählbaren Mengen an Busch und Baum, sie vollständig in rote Wolken einhüllend. Wie grosse Gold- flitter flimmerten sie in dem jungen Lichte des Tages, fort- während mit den Flügeln wabernd, wie die Blätter der Zitter- pappel im Lufthauch erzittern. Wo aber die Buren von Grootfontein und der um- liegenden Plätze einen Garten angelegt hatten, da sah es traurig aus! Mais und Gemüse bis auf die Stümpfe ab- gefressen, die seit wenigen Jahren erst angepflanzten Pfirsich-, Feigen- und Apfelsinenbäumchen trotz Umhüllung bis auf das alte Holz kahl gefressen und noch immer zahllose Scharen herbeifliegend, um zu vernichten, was der Zer- störungswut ihrer Vorgänger vielleicht noch entgangen war! Jahrelanger Fleiss und die berechtigte Hoffnung auf eine gute Ernte waren in wenigen Stunden zerstört worden! Leider musste ich wieder von Grootfontein nach Wind- hoek zurück, ehe ich das Ausschlüpfen der Jungen beob- 30 Dr. Sander. achten konnte. Ich habe auch zufälligerweise aus diesen Gegenden nichts weiteres mehr über die Heuschrecken ge- hört. So weit meine Nachrichten reichen, ist der südlichste Punkt, an dem diese roten Heuschrecken aufgetreten sind, Otyasazu, wo sie nach Missionar Irle°'®) am 12. Dezember 1896 in ungeheurer Menge sich einstellten und, bis zum 27. Dezember dableibend, die Ernte vernichteten. Auf meiner Rückreise traf ich — in voller Regenzeit, die ungewöhnlich stark war — Mitte Dezember die ersten Schwärme der für Südwestafrika gewöhnlichen Wander- heuschrecke erst in den südlicheren Gegenden, und zwar zwischen Okahandya und Windhoek. Sie kamen dann noch den Schluss des Dezember 1896 und den ganzen Januar 1897 hindurch häufig und in grossen Mengen nach Wind- hoek und thaten hier im Verein mit den aus ihren Eiern ausschlüpfenden Hupfern bis zum April hin beträchtlichen Schaden. In gleicher Weise verwüsteten sie den südlichen Teil des Schutzgebietes, wie die aus Rietfontein°’), Keet- manshoop, Gibeon, Hoachanas°'P) vorliegenden Berichte be- weisen; zum Teil müssen ganz ungeheure Mengen gekommen sein, so in Hoachanas nach Missionars Judt Bericht: »Unsere Gärten wurden im Januar von den Heuschrecken arg heim- gesucht; Feigen- und Maulbeerbäume, ja selbst der Wein- stock stand kahl, ohne Blätter wie im Winter. Die Mais- ernte und alles Grün war vernichtet!« Vom Mai ab verschwanden sie allmählich wenigstens aus den von Weissen besiedelten Gebieten, aber nur um im nächsten Frühjahr mit dem Herannahen der Regenzeit in verstärkten Scharen wiederzukehren. Besonders stark war diesmal die Mitte unseres Gebietes und das östliche Hereroland bis an die Grenze von Ovambo- land betroffen: in Windhoek vernichteten sie mehr als einem Ansiedler die Ernte; mir selber frassen sie auf der von mir 61a) Berichte der Rhein. Miss.-Cesellsch. 1897. S. IIS. eb) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1897. S. 281, 306, 361. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 31 eingerichteten Farm »Hoffnung« der Siedelungs-Gesellschaft dreimal hintereinander Hafer, Mais, Linsen, Buschbohnen, Kohlrüben, Rettiche, kurz alles, was angesät war, so gründ- lich ab, dass auch nicht das Geringste übrig blieb; in Rehoboth‘°”), in Otyosazu°’) vernichteten sie die Ernte; in Otjiha&nena°°”) kamen sie in auffallend grossen Schwärmen, die die Saat vernichteten, und auch in Gaub°') (nördlich von Grootfontein) »zerstörten sie die schön aufspriessenden Saaten«. Mit Beginn der kalten Jahreszeit, also im Mai, zogen sie auch diesmal wieder von dannen. Das Unheil, das sie diesmal angerichtet hatten, fiel um so schlimmer ins Gewicht, als die Rinderpest und das grosse Sterben unter dem Kleinvieh ohnehin arg unter den Nahrungsmitteln des Landes aufgeräumt hatten und deshalb nicht wie sonst durch vermehrten Fleischgenuss der Ausfall an pflanzlicher Nahrung ersetzt werden konnte. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Waren die Heuschrecken in den vergangenen Jahren schon schlimm gewesen, so überfluteten sie Ausgangs 1898 das ganze Land in unheilbringendem Strome und ganz ungewöhnlichen Massen. Und wären nicht gleichzeitig ausgezeichnete Regen niedergegangen, die weithin, bis nahe an die Küste, überall die jahrelang schlummernden Samenkeime zum Leben er- weckten und die prächtigsten Grasfluren entstehen liessen, ja, noch einen zweiten und dritten Graswuchs aufspriessen machten, so wäre 1808/99 für Südwestafrika eines der schwersten Hungerjahre geworden, die das vielgeprüfte Land je erlebt hat. Selten sind die Heuschrecken soweit nach Westen hin vorgedrungen, wie in diesem Jahre. Ich traf sie im April 1899 noch keine 30 Kilometer von Swakopmund ostwärts in riesigen Scharen! °?) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1898. S. 22, 28, 31. °®) Besonders in Otjiha@nena waren in diesem Jahre unter dem Einfluss der Rinderpest und infolge der guten Regen von den Herero ausgedehnte „Tuine“ (= Gärten, meist aber mit Feldfrüchten bestellt) angelegt worden. 32 Dr. Sander. Aus Otyimbingwe‘*) wird im März berichtet; In »unzäh- lichen Scharen, dunklen Wolken gleich, ziehen die Heu- schrecken hin und her durchs Land. — Nur ein guter an- haltender Ostwind, wie weiland in Aegypten, kann sie ins Meer treiben und uns von dieser schweren Plage befreien.< Und aus Okahandya°°) meldet Missionar Viehe, der bereits mehr als ein Menschenalter in Südwestafrika lebte, im Mai: »Zwar ist das Land auch ganz ungewöhnlich voll Heuschrecken- schwärme, die wohl noch Monate lang ihr Vernichtungswerk treiben werden; aber für das vorhandene Vieh°’) werden sie wohl genügend Gras übrig lassen, und weil eine solche Fülle von Gras vorhanden ist, haben sie in den Gärten bisher nicht viel Schaden angestiftet |< In der Umgegend von Windhoek aber begnügten sich die Heuschrecken keineswegs mit dem auch hier üppig ge- wachsenen Grase, Zwar verschonten die Fliegenden, die im November und Dezember kamen, auch hier zumeist die be- stelltenFlächen, als aber um Weihnachten herum die unzähligen Heerscharen ihrer Jungen ausgeschlüpft waren und im Januar ihre Wanderungen anzutreten begannen, da richteten sie ihr Hauptaugenmerk gerade auf die blühenden Gärten von Klein- Windhoek und Awis. Im Awistal marschierten sie hin und her in unabsehbaren Kolonnen, mehrere Zollhoch übereinander, das ganze weite Thal mit ihrem üblen Geruche erfüllend. Ge- ängstigt wandten sich die Ansiedler, zu schwach um allein den Kampf aufzunehmen, an das Gouvernement und dieses stellte Mannschaften und Eingeborene in grossen Mengen als Hilfe. Mit angestrengter Arbeit von vielen Tagen ge- lang es auch, den grössten Teil dieser Scharen zu vernichten. Auf den weiter aussen gelegenen Farmen aber, wo solche Massenhilfe nicht möglich war, wurde alles, was angebaut war, mit Stumpf und Stiel von ihnen vernichtet. Anfäng- 6) Berichte der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1899. S. 2II und 25o. 65) Das Vieh, Rindvieh wie Kleinvieh, Okahandyas hatte durch die Rinderpest und Räude in den vergangenen Jahren kaum noch ein Viertel bis ein Drittel des sonst in Okahandya vorhandenen Bestandes, Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 33 lich versuchten wir wohl auch ihrer Herr zu werden, als aber neue und aberneue unabsehbare Massen heranrückten, da ergaben wir uns verzweiflungsvoll in unser Schicksal. In den Schlussmonaten des Jahres 1899 scheinen die Heuschrecken nicht mehr in der gleichen erschreckenden Menge wiedergekehrt zu sein, wie sie in den Anfangsmonaten das Land überzogen hatten. Denn der amtliche Jahresbe- richt”) sagt darüber nur: »Eine Einbusse aber hatte die Landwirtschaft an vielen Stellen auch in diesem Jahre durch die ziemlich zahlreich aufgetretenen Heuschreckenschwärme zu erleiden;« und namentlich wird nur Grootfontein als von dieser Plage betroffen aufgeführt. Auch die Berichte der Rheinischen Mission lassen für Ausgang 1899 im Stich. Von den Anfangsmonaten des Jahres 1900 dagegen werden Heuschrecken aus Fransfontein und Otjimbingwe gemeldet. Der Bericht aus Fransfontein°‘) spricht unterm 25. März von fliegenden Schwärmen, die in riesigen Scharen an Stelle des ersehnten, unzureichend gefallenen Regens aufgetreten seien; der von Otjimbingwe aber hebt hervor, dass durch die reichlichen und weit über das Land verbreiteten Regen der Pflanzenwuchs ein derartig üppiger und reichlicher war, »dass selbst die mit unfehlbarer Sicher- heit auftretenden Heuschrecken keinen allzugrossen Schaden thun konnten.« Das beweist im Verein mit dem amtlichen Bericht, dass nicht bloss Schwärme Geflügelter von fernher gekommen, sondern auch Junge im Lande selbst in ziemlich erheblichen Mengen ausgeschlüpft waren. Leider sind die örtlichen Berichte zu kurz und wenig ergiebig, um sich für dieses Jahr auch nur ein annäherndes Bild von der Ausdehnung und dem Umfange der Plage machen zu können. 68) Denkschrift 1899/1900. S. 152. 67) Bericht der Rhein. Miss.-Gesellsch. 1900. S. 230 und Jahres- bericht S. I4—1ı5 und 24; und 1901. Heft 3. S. 80. Sander, Wanderheuschrecken. 3 34 Dr. Sander. Für 1901 liegt im »Windhoeker Anzeiger« vom 17. Januar gleichfalls schon ein Bericht vor, nach dem auch für dieses Jahr Heuschrecken an mehreren Punkten und grossen Mengen zu erwarten sind. Es sind nämlich aus Hohewarte°®) »Fussgänger‘’) in dichten Scharen« gemeldet. Kapkolonie. Aus der Kapkolonie liegen im »Agricultural Journal of the Cape Colony«, bezw. dessen holländischer Ausgabe »Landbouw Journaal der Kaapkolonie«"”), eine ganze Menge von Einzelberichten für die Jahre I89gI— 1900 vor. Sie sind besonders in den »Agricultural Reports und Prospects« (land- wirtschaftliche Berichte und Aussichten) enthalten. Leider sind diese — natürlicherweise — vom rein landwirtschaftlichen Gesichtspunkte abgefasst und deshalb ist die Heuschrecken- frage zwar häufig genug berührt, doch meist ohne eingehende Angaben über die Zeit. des Auftretens, den Alterszustand (ob geflügelt oder Hupfer), die Art der Heuschrecken, die Flugrichtung und dergl.; ja, mitunter scheinen einzelne Be- richte, auf die der betreffende Berichterstatter in den späteren verweist, gar nicht zum Abdruck gekommen zu sein, und dgl. mehr. Immerhin habe ich auf Grund dieser Angaben die beigefügten Karten 3—6 konstruieren können, aus denen sich wenigstens ersehen lässt, welche Gegenden vorzugsweise be- troffen sind. Unsicherer schon ist ihre Brauchbarkeit, um die Zugrichtungen konstruieren zu können. Es wären dazu unter allen Umständen auch die gleichen Unterlagen aus dem Orange-Freistaat und Natal erforderlich — und um die Ergebnisse für Deutsch-Südwest- und Ostafrika verwenden zu können, — auch solche Berichte aus der südafrikanischen 68) Farm ca. 35 km östlich von Windhoek. 69) Die ungeflügelte Jugendform. ”) Ich musste beide abwechselnd benutzen, da beide Ausgaben, mir nur in je einem Exemplar zugänglich, beide recht lückenhaft sind; sonst enthalten beide denselben Inhalt, doch ist die Seitenzahl ver- schieden. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 5 Republik, Britisch-Betschuanaland, Rhodesia und Portugiesisch- Ostafrika. Ich konnte sie aber nicht berücksichtigen, weil sie mir, wenn überhaupt vorhanden, nicht erreichbar waren. Da aber auch schon die Berichte aus der Kapkolonie ganz ausserordentlich wertvolles Material für die Beurteilung wichtiger Lebenseigenschaften der beiden Heuschreckenarten, wie ich in einem späteren Kapitel noch eingehend ausführen muss, beibringen, so muss ich auch dies unvollständige Material hier wenigstens in seinen Grundzügen verarbeiten. Im Jahre 1891 sind nur wenige Divisionen betroffen und auch diese erst vom März ab. Bezeichnend dafür, dass es sich um einen Einbruch in anderen Gegenden ausge- brüteter Heuschrecken handelt, ist der Umstand, dass bis zum September nur fliegende Schwärme auftreten. Woher sie gekommen, ist schwer festzustellen, denn ihre erste Erwähnung geschieht aus dem Bezirk Fraserburg''), dem in der Mitte gelegenen der »Midland districts« ohne jede Richtungsangabe. Nur so viel lässt sich ersehen, dass sie nur durchgezogen sein können, denn »es wird nicht von grossem Schaden durch sie berichtet«. Für einige Monate fehlt dann aus demselben Bezirk jede weitere Meldung. Die zweite Meldung, vom April (2. April Meldetag, daher wohl das Auftreten in den März zu setzen) kommt von Graaff-Reinet, einem weiter östlich und näher der Küste gelegenen Bezirk. Nach der Fassung des Berichtes »Heu- schreckenschwärme sind wieder erschienen« (Swarms of locusts have again appeared in the district) muss es zweifel- haft bleiben, ob nicht schon früher in diesem Jahre Heu- schrecken in Graaff-Reinet sicht gezeigt hatten. Genügend ist der Ausdruck »again« für diese Annahme nicht, denn er kann ebensogut bedeuten, dass sie nach einer längeren Pause von Jahren und Jahrzehnten einmal wieder aufgetreten SD) Aere. Journ...of, ti. C26..180r- !HL MHefe'ro.. S. 187. 23. März. Several swarms of locusts have been observed, but no great damage from them is reported. 2% 36 Dr. Sander. sind. Ueber die Flugrichtung wird gesagt, dass sie eine nördliche zu sein scheine. Das würde einen Zusammen- hang mit den in Fraserburg beobachteten Flügen möglich erscheinen lassen, da um diese Jahreszeit im Innern noch nord(öst)liche Winde vorherrschen, während sie an der Küste vorherrschend Westrichtung haben. Diese Möglichkeit wird um so wahrscheinlicher, als unter dem ı. Mai’’) bereits von gutem Regen am ı. April (Graaff-Reinet hat Winterregen vom Südwesten her) gleichzeitig mit dem Verweilen grösserer Heuschreckenschwärme im Bezirk berichtet wird. Aus dem weiter nordöstlich inlands gelegenen Distrikt Burghersdorp'’) kommt dann am selben Tage die Meldung, dass »die Heuschrecken herannahten«. Aus Prieska’*), noch weiter landein, nordwestlich, am Orangefluss gelegen, wird unterm 6. Mai gemeldet, dass »die Heuschrecken in einigen Teilen des Distrikts Schaden anrichteten, aber nicht soviel, als man hätte voraussetzen müssen«. Dieser letzte Satz lässt wohl darauf schliessen, dass sie schon längere Zeit in grösseren Massen dort anwesend waren. Das würde vielleicht auch die Erklärung über die Herkunft der aus Fraserburg im März gemeldeten geben. Prieska und Fraser- burg stossen aneinander; in Prieska herrschen im März— April häufig starke Westwinde (d. h. NW.—SW.) und, wie ich oben mitgeteilt habe, waren im Jahr 189I in Deutsch- Südwestafrika schon sehr viele Heuschrecken, deren Menge 1892 noch zunahm. Da diese neuen fliegenden Scharen von Osten’) dorthin kamen, liegt es wohl nahe, daran zu denken, dass die ursprüngliche Brutstätte sowohl für die Heu- schrecken in Südwestafrika als für die im englischen Südafrika in einem jenseits des Orangeflusses und östlich von Deutsch- Südwestafrika gelegenen, damals noch wenig bereisten Lande zu suchen sei, also etwa dem südlichen Teil der Kalahari. = Ebenda. Heft 21. S. 208. 29) Ebenda. Helft 22. 2S. 219 74%, Ebenda, ebenda. 75) s. oben Rietfontein Miss. Pabst. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 37 Im Juni breiten sich dann diese Heuschreckenflüge in den Graaff-Reinet benachbarten weiter binnenlands gelegenen Bezirken aus: so in Steynsburg’”), während sie auch noch in Graaff-Reinet”') verbleiben und angeblich dort ihre Eier ablegen. In gleicher Weise gehen sie auch um Prieska herum weiter, denn sie werden für den Juni als durch- fliegende Schwärme auch aus Griquatown'’) (West-Griqua- ge) gemeldet. Im Juli, bei sehr ’mildem Winter”), ziehen sie noch in Prieska hin und her. Von Graaff-Reinet aber scheinen sie nun auch weiter südlich zu gehen, denn unter dem 20. August wird von Uitenhage'”)”) berichtet, dass dort nach starkem Juliregen in den Kreisen am Sundayflusse und denen von Winterhoek Heuschrecken in mässigen Schwärmen aufgetreten wären und Eier legen zu wollen schienen. Aus Graaff-Reinet”') sind sie zu gleicher Zeit verschwunden — in welcher -Weise ist nicht gesagt. In Steynsburg“’) dagegen sind sie, trotz scharfer Kälte, im August noch an der Nordgrenze vorhanden und müssen seit ihrem ersten Auftreten im Juni in diesem Distrikt geblieben sein, denn es wird ausdrücklich bemerkt, dass sie »den schweren Winterdort überstanden hätten und deshalbdem Laufe der Natur folgend nun wohl endlich absterben müssten°”). In ähnlicher Weise haben sie, trotz Schnee und kaltem Regen in dem nördlich an Steynsburg angrenzenden Bezirk Burghers- dorp (Freistaat-Grenze) überwintert”‘). Im September, der DI Asme Joum. Cape Col, 189192.. IV. Heft 1. DoRbenda, IV. Heft 2. S. 26. DS), Ebenda. IV. Heft Sao. 79) Ebenda, ebenda. S. ;o. 8°) Küstendistrikt, südlich von Graaff- Reinet; dazwischen noch Somerset-East. = Aprıc. Joum. Cape Col: 1891/02. IV. Heft: S. 58. 82) Ebenda, ebenda. S. 59. 83) It is, however, confidently expected that the adult locust will perish now, in due course, having survived the severe winter. m), Aare joum. Cape Col. 1301,92. IV. Hefto 5.73. „Heavy falls of snow and also a good deal of rain in August. Locusts are still about“. Mn, | 38 Dr. Sander, trocken war, schlüpfen dort sogar schon die Jungen aus, ein ungewöhnlicher Vorgang, wie der Berichterstatter ausdrück- lich bemerkt®”)., Aus Graaff-Reinet®’) wird nun, im Gegen- satz zur Meldung vom August unter dem 2. Oktober be- richtet, dass »noch »Wolken« von alten fliegenden Schwärmen herumziehen«. Zugleich beginnen die Jungen in ausser- gewöhnlichen Mengen auszuschlüpfen (Oktober ist für Graaff- Reinet schon ein guter Frühjahrsmonat!). Im Laufe des September scheinen nun aber die Flüge, die in Steynsburg und Burghersdorp überwintert haben, weiter sich auszubreiten. Denn sowohl aus Middelburg, wie aus Tarka und Queenstown, den südlich von beiden ge- legenen Bezirken, kommt die Meldung‘‘), dass auch dort von den Nordgrenzen her die Heuschreckenflüge eingerückt seien, alles Grüne auf ihrem Wege vernichtend. Die in Tarka und Queenstown eingedrungenen ziehen in der Rich- tung von Nordwesten nach Südosten, »durch Transkei nach der See hin.« »Die Küstenbezirke von Kaffraria« sind noch frei von Heuschrecken. Dieser Zustand, die Ausbreitung der fliegenden Heu- schrecken über immer grössere Gebiete und das allmäh- liche Auftreten von Jungen in gleichsfalls immer weiteren Bezirken, ausser den bis jetzt genannten (z. B. Beaufort West, Aberdeen, Bedford, Dordrecht [Richmond]“°), hält nun bis Ende des Jahres an, wobei deutlich die drei erstgenannten Bezirke: Steynsburg, Burghersdorp, Graaff-Reinet als Aus- strahlungsmittelpunkt sich darstellen. Jedoch scheint zugleich auch in diese, namentlich die beiden Nordbezirke Steyns- burg und Burghersdorp von aussen her frische Zuwanderung 5) Agric. Journ. 1891/92. IV. Heft 7. S, 84 „EEE mieras anomalous condition of things, here to find the young locusts and pa- rents together.“ 86) Ebenda, ebenda. 87) Ebenda. Heft 8. S. 96 und 97. 8) Agric. Journ. Cape Col. 1891/92. IV. Heft 9-14. S. 108; 139;: 120,341; 142; 147: 165-156, Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 39 von fliegenden Schwärmen stattzufinden®”),. Es ist danach wohl anzunehmen, dass auch der Freistaat eine Winter- herberge dargestellt hat. Im neuen Jahr, 1392”), hält dieser Zustand gleichfalls noch an. Aus immer weiteren Bezirken kommt die Meldung. So aus dem östlich gelegenen Tembuland (Maclear)’') und dem südöstlich gelegenen Transkei (Butterworth)’'), gleich- zeitig aber auch aus dem nordwestlich gelegenen, durch den Freistaat von Steynsburg und Burghersdorp getrennten Be- zirk Herbert”). Da kaum anzunehmen ist, dass Herbert und Tembuland, beide nahe am Freistaat, wiewohl an ver- schiedenen Grenzen desselben, dagegen räumlich ziemlich weit von den bis dahin ergriffenen Bezirken der Kapkolonie gelegen, von letzteren aus ohne Mitbeteiligung der zwischen- liegenden Bezirke überzogen worden sein sollten, so wird es immer wahrscheinlicher, dass für sie der Freistaat den Ausgangsort des Unheils darstellt. Im Februar werden dann als neubetroffen noch die kleineren (nahe Graaff-Reinet gelegenen) Bezirke Fort Beau- fort und Healdtown gemeldet. Dagegen fangen die Heu- schrecken an aus Tarka zu verschwinden. In den übrigen Bezirken jedoch halten sie sich noch in unverminderter An- zahl und richten überall schweren Schaden an. Im Laufe des März verschwinden sie dann auch wieder aus Fort Beaufort (ohne das südlich unmittelbar angrenzende Albany in Mitleidenschaft gezogen zu haben). Leider fehlen mir nun wieder einige Hefte des IV. und das erste des V. Jahrgangs. Immerhin ist aus den folgen- den Nachrichten zu ersehen, dass im März auch die letzten Scharen Flügel erhalten und ihre Brutstellen verlassen haben. Denn für den April werden nur noch fliegende Schwärme #9) Wird z. B. aus Burghersdorp unterm 4. Dez. berichtet. (Heft 12. STAR). 90%, Leider fehlen hier zwei Nummern des Jahrgangs, No. 15 u. 16. 2!) Agric. Journ. Cape Col, 1891/92. IV. Heft ı7. S. 196 u. 197. 2) Agric. Journ. Cape Col. 1891/92. IV. Heft 17. S. 196. 40 Dr. Sander. und zwar aus Fort Beaufort”°) (steht wieder einmal in direktem Widerspruch mit der vorstehenden Meldung über ihr Ver- schwinden im März!), Healdtown°’), Jansenville°°) und Tsomo°‘) (Transkei) gemeldet. In Fort Beaufort’”) halten sie sich sin Rücksicht auf die Kälte« in den tiefergelegenen Teilen des Bezirkes auf, in Jansenville »ziehen sie hin und her quer durchs Land, das letzte bisschen grüne Gerste und Hafer vernichtend«, und in Tsomo sind sie in manchen Gegenden des Distrikts recht zahlreich. Teilweise waren im April noch gute Regen gefallen. | Im Mai suchen sie Gross- und Klein-Winterhoek°’) (Uitenhage) heim, beständig hin und her durch das Land ziehend und alles vernichtend. Im Juni werden sie aus einer ganz ungewöhnlichen Gegend, der Ceresdivision’’) (nicht allzuweit nordöstlich von Kapstadt) gemeldet, ohne aber dort in Hinsicht auf die Jahreszeit wesentlichen Schaden anrichten zu können. Zu gleicher Zeit zeigen sie sich auch wieder in Fort Beaufort”), wo sie Eier legen (?) und ebenfalls noch in Gross- und Klein-Winterhoek”). Dass sie hier Eier abgesetzt haben, wird zwar nicht ausdrücklich ge- sagt, doch lässt es sich aus der Notiz im folgenden Heft”') schliessen, wonach »die Heuschrecken selbst zwar fast alle verschwunden, aber in Kürze mit dem Ausschlüpfen ihrer Eier zu rechnen sei. Journ. Cape Col: 1892... :V>. Heft: 12, S. 178. 102) Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. Heft 13. S. 185, 186. 42 Dr. Sander. dort nicht gewesen. Aus Albany stammt auch die Meldung, dass die Perlhühner sich ausserordentlich thätig und nützlich im Ausscharren und Verzehren der Heuschreckeneier er- wiesen hätten. Um solche Erscheinungen auffällig werden zu lassen, dazu gehört aber erfahrungsmässig längere Zeit, als die gewöhnlichen 3—4 Wochen, die nötig sind, die kurz vor den (warmen) Regen der Frühjahrsmonate abgelegten Heu- schreckeneier zu zeitigen. Im Laufe des September werden fliegende Schwärme nur aus Barkly West (West-Griqualand) und Aliwal North (westlich von Barkly East, nördlich an den Freistaat grenzend) gemeldet. Im Oktober zeigen sich Fliegende noch in Herschel, Wodehouse, Albert, Philipstown, Richmond, Murraysburg (lassen sich zum Eierlegen nieder), Steynsburg (kommen von Norden, gehen nach Süden, gleichzeitig schlüpfen Junge aus) und Victoria West. Junge dagegen, zum Teil in enormen Mengen, in Sutherland, Somerset East, Jansenville, Aberdeen, Graaff-Reinet, Cradock, Bedford, Fort Beaufort, Middelburg, Steynsburg, King Williamstown, Tembuland, Uitenhage und Hay (West Griqualand) '°°). Im November sind schon mehr Bezirke betroffen. In einzelnen Distrikten, auch den schon früher betroffenen, sind noch fliegende Schwärme vorhanden; doch ist leider in vielen Berichten die Ausdrucksweise zu unbestimmt, um ersehen zu können, ob die »swarms« aus Fliegenden oder aus Hupfern bestanden haben. Am schwersten betroffen sind die südöstlichen, öst- lichen und nordöstlichen Provinzen, Griqualand West und Transkei. Von den Bezirken haben am meisten zu leiden Aberdeen, Albany, Barkly East, Bedford, Fort Beaufort, Glen Grey, Herbert, Kimberley, King Williamstown, Middel- burg, Murraysburg, Peddie, Richmond, Britstown, Somerset 108) Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. Heft ı5. Agric. Rep. & Prosp. S. 225—227 und ebenda Heft 14. Charles Currey, Locusts State- ment to October. S. 199. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 43 East, Uitenhage, Victoria East und das Transkei. Weniger zahlreich sind die Heuschrecken in den Bezirken Beaufort West, Calvinia, Cradock, Hanover, Herschel, Humansdorp, Jansenville und Victoria West''®). Ein ganz klares Bild ist von den Ursachen dieser Verteilung nicht zu gewinnen. Denn wenn auch im allgemeinen die südwestlichen, west- lichen, nordwestlichen und Midland-Provinzen verschont sind, so trifft dies doch nicht unbedingt zu (z. B. Calvinia, Beaufort West). Andererseits sind wieder im schwer betroffenen Osten ganze Striche gar nicht oder nur wenig berührt (z. B. East London, Queenstown, Cradock u. s. w.). Auch die Höhen- lage giebt keinen Anhalt für eine Erklärung. Im allgemeinen wird hierfür wohl die Witterung, d. h. das Niedergehen oder Ausbleiben von guten Regen heranzuziehen sein; wenigstens werden gute Regen von Ende September oder Anfang Oktober aus den am schwersten betroffenen Distrikten ge- meldet. Genaue Unterlagen, die sich auf die herrschenden Winde, Temperatur u. s. w. beziehen müssten, stehen mir jedoch nicht zur Verfügung. Im Laufe des Dezember bekommen die erst aus- geschlüpften Hupfer schon Flügel, z.B. in Somerset East'”°) und Bedford‘). Neu befallen ist Queenstown (Hupfer)'°°). Für die ersten Monate des Jahres 1893 liegen nur wenige Meldungen vor. Es ist wohl möglich, dass die grosse iiroekenheit, die. der, Dezember 1392 brachte, einen Teil der schon ausgeschlüpften Jungen vernichtete, die andern im Wachstum aufhielt und neue Eier nicht zum Ausschlüpfen kommen liess; andererseits wurden auch grosse Mengen Hupfer von Eingeborenen und Farmern getötet‘). Auch 104) Charles Currey. Notice No. 33. Locusts Statement to No- vember 1892. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. Heft 16. S. 241I— 243 und Agric. Rep. & Prospects, ebenda Heft ı7. S. 265. 105) Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. Heft 18. Agric. Rep. & Prospects S, 281. er Ehbenda 1893. VI. Heft 2.55.17, 18. 22 Ebenda:1893.-;VL Hefuıs Sır. 44 Dr. Sander. die Fliegenden sind vielfach, ohne Eier abzulegen, durch- gezogen, oder von Parasiten, z. B. in Jansenville‘°°) oder durch Vögel vernichtet, wie in Bedford ‘””). Zahlreichere Meldungen über das Auftreten von Heu- schrecken kommen erst wieder aus dem März und April; die ersten aus Port Nolloth'’’) (Little Namaqualand) und Rehoboth‘°®) (Deutsch-Namaland). Und zwar sind es an letzterem Orte Hupfer, die schon so weit ausgewachsen sind, dass sie in I4 Tagen Flügel bekommen würden; in Port Nolloth Schwärme Fliegender. Zugleich erschienen in Barkly West'’”) im März — genaueres Datum ist nicht an- gegeben — ebenfalls Fliegende. Sollten das nicht die aus- gewachsenen Tiere der Scharen sein, die im südlichen Deutsch-Namaland oder in der Kalahari noch etwas früher als in Rehoboth ausgekommen sein mögen? Die Nordwest- provinzen, darunter Barkly West und Little Namaqualand haben nach den Berichten ja im Januar »gute Regen« gehabt! Für diese Herkunft spricht auch eine Meldung aus Van Wyk’s Vley'') (nördlichstes Carnarvon) unter dem 17. März, 4 Tage später als aus Porth Nolloth: Die Heu- schrecken sind in Van Wyks Vley in gewaltigen Schwärmen erschienen, von Nordwesten nach Südosten ziehend; aus Namaqualand wird berichtet, dass sie dort tüchtig beim Ausschlüpfen sind (hatching fast) und das Gleiche aus dem Distrikt Kenhardt (nördlich von Carnarvon)'”). Vom 10. April werden sie auch aus Fraserburg''’), dem süd- westlich an Carnarvon anstossenden Bezirk gemeldet und am II. erscheinen sie weiter südöstlich in Cathcart, am 12. ostnordöstlich in Hopetown ''’), am 14. in Bedford ''') (west- lich von Cathcart), in fast täglichen Schwärmen das Land durchziehend (Ende des Monats nicht mehr). Etwas später 108) Ebenda 1893. VI. Heft 9. S. 150. 109) Ebenda’ 1893. VI. Heft ı0. S.'173. ) Ebenda’ 1893. VI. Heitz. 'S:r13 111) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 9. S. 150. 112) Ebenda 1893. VI. Heft ı0. S. 173 und 174. storisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 45 zeigt sich ein Schwarm in dem mehr nördlich bezw. nordöstlich gelegenen Bezirken Sterkstrom ''') und Queenstown''''). Dann auch in Albany, Graaff-Reinet, Fort Beaufort, Jansenville'''). Im nächsten Heft des Agricultural Journal, d. h. für Ende April kommen dann Meldungen über das Auftreten von Schwärmen aus Herbert, Hopetown, Hanover, Herschel, Somer- set East, Queenstown, Stockenstrom, Colesberg, Aliwal North Tarckastad.), Victoria) Bast, ‚Alice, | Transkei.'?), Dann kommen die gleichen Meldungen aus Murraysburg, Graaft-Reinet, Steynsburg, Carnarvon''’. Auch Barkly West''‘), Lady Frere (Glen Grey) ''*) werden wieder heim- gesucht und in Tarka''’) zeigte sich ausser der gewohnten Art auch eine neue, »gefrässigere,« die ein paar Jahre später ganz Südafrika überflutet. Von dort her wird auch ge- meldet — die einzige Meldung dieser Art aus dem Mai — dass die Heuschrecken eifrig beim Eierlegen seien. Im Laufe des Mai gelangen die Schwärme auch in die Küstendistrikte Üntennaee ), Peddie. ), Humansdorp:'!‘), Bathurst'”‘) und Willowvale''%) (dabei ist ausdrücklich gesagt, dass sie »descended«, d. h. aus dem höher gelegenen Innern herab auf die Farmen von Gross- und West - Klein - Winterhoek und Sunday-River gekommen sind, in der Flugrichtung von Jansenville, also wohl in letzter Linie von Fraserburg und Carnarvon her. Nach Bathurst ziehen sie von Albany her.) Vorläufig bleiben sie aber in Uitenhage und Peddie noch in den höher gelegenen Inlandskreisen, während sie die Küstengegend noch vermeiden; aus den andern Bezirken fehlt ein diesbezüglicher Vermerk. Im Laufe des Juni verschwinden die Heuschrecken aus Herbert''*) und Fraserburg''’) (aus Namaqualand ''°) sind sie sr Aerie journ., Cape Cal’1893. Vl. Heft 11..S. 160 198, a benda, 1893. \VIx Heft 12. S. 209 210. Ds Asricı, Journ. Cape Col, 18063., VE. Heih 13,, 5.220230, 116, Ebenda 1893. VI. Heft 14. 'S. 253. 117) Agric. Journ. Cape Col, 1893. VI. Heft ı3. Agric. Rep. & Erosp.. 9. 231. 2), FTbenda 1803. VIE Heft 16.,S..294. 46 Dr. Sander. schon seit März weg, aus Carnarvon ist seit dem einen Mal nichts mehr von ihnen berichtet) und ziehen immer mehr nach den östlichen und südöstlichen und Küstendistrikten. Aus den mehr binnenland gelegenen Ostdistrikten, wie z.B. Tarka''°’), wird in diesem Monat gemeldet, dass die Heu- schrecken beginnen, sich zu paaren und teilweis auch schon Eier zu legen. In Victoria East'”) wird das gleiche Er- eignis befürchtet, weil die Schwärme nicht mehr so umher ziehen und offenbar »etwas weniger zum Fliegen geneigt sind« (somewhat weaker in the wing). Vom Ende des Monats kommen auch aus den Kreisen (field-cornetcies) Gross- und Klein-Winterhoek des Bezirks Uitenhage'*') der bestimmte Bericht, dass die Heuschrecken bei der Paarung seien. In den Küstendistrikten gehen sie vorläufig noch nicht weiter herunter »als bis zu einer Linie, etwa 25 Meilen (englische) von der Küste«'??). Gegen Ende des Monats aber rücken sie bereits bis an die Küste vor, denn aus Humansdorp'”*) wird berichtet, dass grosse Mengen toter Heuschrecken an dem Meeres- strande aufgehäuft seien. In Peddie'”*) gehen sie jetzt schon bis auf 5—ıo Meilen Entfernung an den Strand heran. Vorhanden sind sie nach den Berichten noch in den Bezirken: Albany, Aliwal North, Wodehouse, Graaff-Reinet, 119, Agrıc. ‚Journ. Cape Col. 1893. VI. Heit 132 Erz richterstatter James Ford, Civil-Commissioner. 120) Ebenda 1893. VI. Heft ı4. S. 254. Berichterstatter Charles G H.nBell Ce 121) Ebenda 1893. VI. Heft 16. S. 293. Berichterstatter A Stewart, C. C. 122) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 13. Agric. Rep. & Prosp. Albany. ı2. Juni. J. Hemming, C. C. „Locusts do not appear to travel below a line some 25 miles from the coast.“ 129) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 16. Rep. & Prosp. S. 294. Humansdorp 8. 7. C. W. Andrews, C. C. „A large number of dead bodies of locusts are reported to have been washed up along the sea shore.“ 124) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 16. S. 294. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 47 Herschel, Humansdorp, Peddie, Queenstown, Tarka, Uiten- hage, Victoria East. Im Juli wird aus Willowmore'”°) be- richtet, dass die Heuschrecken in den Kreisen Voor Baviaans- kloof, Baviaanskloof und Henley Eier legten. Die gleiche Meldung kommt für Ende des Monats von Queenstown '?°), jedoch mit dem bemerkenswerten Unterschiede, dass dort der Frühling bereits eingesetzt hat. Von den Küstenländern ist Alexandria noch frei- geblieben, in Komgha‘”") aber haben sie ihren Einzug ge- halten und »halten sich besonders längs der Küste auf«, ebenso in East London '”°). Heimgesucht sind nach den mir vorliegenden Meldungen in diesem Monate noch die "Distrikte: Albany'”’), East Baneon '), Herschel”’),. "Humansdorp'"”), "Komgha'”), Peddie '””), Queenstown '*°), Stutterheim, Tarka '*'), Tsomo '”°) und Willowmore'””). Aus Hay'”') werden die Heuschrecken als »vollständig verschwunden« gemeldet. Für August und September ist mein Material sehr lückenhaft, da zwei Hefte (IQ und 20) der Zeitschrift fehlen. Was ich habe feststellen können, ist folgendes: In Humansdorp''”°) sind sie seit dem Juli verschwunden; es herrschte grosse Trockenheit und ausserdem nimmt der Berichterstatter an, dass grosse Mengen in die See geweht se) 125) Asric. Journ. Cape Col. 1895, VI. Heft ı7. Agric. Rep. & Erbspeets. S. 313. 15, Jul. F. E. Allman, €. C. „The locusts .. are now depositing their eggs in these localities (den genannten Wards).“ 8) Asric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 18. Rep. .& Prosp. 9. 8. Egbert Garcia, C. C. „Grass came on quickly after the set in of spring, but continues bare from the invasion of locusts“, und „from Whittlesea Ward and Tambookieland is reported locusts having depo- sited their eggs.“ 127) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 17. Rep. & Prosp. S. 314. Komgha. 28. 7. R. Chas. Ferris. R (oyal) M (agistrate). „Lo- custs have been seen in several parts of the district, more especially along the coast.“ Zu Ebendai S. 315. 129) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft ı8. Rep. & Prosp. 335-335. 48 Dr. Sander. worden seien. In Herschel'”’) sind sie zwar noch vor- handen, aber nicht mehr in Schwärmen, sondern zerstreut, und zwar nur im nordwestlichen Teile des Distrikts und auch nur in zerrissenem und rauhem Gelände; in Bedford '‘”’) dagegen sind sie noch in Schwärmen und in Tsomo sind sie in solchen Mengen, dass die Eingeborenen alle Feld- arbeit als unnütz unterlassen. In Dordrecht (Wodehouse) ‘”°) sind sie »den Winter über dageblieben«. Für den September wird ihr Verschwinden aus Aliwal North‘'’'‘) gemeldet, ebenso aus Butterworth '””, (Transkei), (hier nach dem Eierlegen), in Humansdorp'°’) sind nur noch wenige vereinzelte, in Komgha'°”) sind sie noch, doch sind keine Berichte eingegangen, dass sie Eier gelegt hätten, desgleichen auch noch in Hanover'°’). In fast allen Bezirken sind im Laufe des September gute Regen niedergegangen und so kommen denn von vielen Orten her die Meldungen, dass Scharen von Jungen in diesem oder dem folgenden Monat ausschlüpfen. So aus Albany'’), Cathcart'””), Cra- dock’'), East London’), Fort Beaufort'”’)'”"), Herschel Komgha'’'), Kentani'’*) (besonders den Keifluss entlang), Kimberley.\’°), Lady. Frere‘’’),. Glen. Grey, EEgBs SEE Queenstown'’’”) (in Tambookieland), Tarka'’‘), St. Marks (Transkei)‘°”). Fliegende Heuschrecken werden für Ende September und Oktober nur noch aus Umtata (Transkei- Grenze gegen Pondoland)'””)'"”) gemeldet und zwar als frisch heranziehende Schwärme, die das Brutgeschäft beginnen’°“). 30) Ebenda.: Heft 18. S. 334. C. W. Andrews, REN custs have disappeared during the last month, vast numbers of them have apparently been swept in the sea by the prevailing winds.“ 13) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 21. Rep. & Prosp. S. 391 — 393. 132) Ebenda. Heft 23. Ebenda S. 435—437. 139) Ebenda. Heft 22. Ebenda S. 4II—413. 19) Ebenda. Heft 25. Ebenda S$. 474—481. 135) Ebenda. Heft 24. Ebenda S. 460. 186) Ebenda. 1.c.C.]J. Sweeney 30. 9. „During the past month locusts have made their appearance in considerable numbers in various Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 49 In Willowvale'°‘) sind die Fliegenden verschwunden, Hupfer aber noch nicht ausgekrochen. Im November liegen von überall her nur Berichte über Hupfer vor, Fliegende werden von nirgends her gemeldet. Betroffen sind Aliwal North'’’) (Grenze gegen Burghersdorp), Barkly West'’”), Bathurst‘’), The Willows near Bloem- fontein O, F. S.'”’), Britstown‘'”’) (nördlicher Teil), East London'°’), Fort Beaufort'””), Herbert‘), Herschel'’’), Nga- makwe'’*) (Transkei), Peddie‘’”'), Queenstown''’*) (enorme Mengen), Somerset East'’’), Steynsburg'”*) (gleichfalls un- geheure Mengen), Tarka’’”) (von allen Seiten von nichts anderem zu hören als von Hupfern), St. Marks (Transkei) '**) (neue Scharen ausgeschlüpft!), Umtata'°”). ‚Im Dezember traten an einzelnen Orten schon wieder Geflügelte auf, nämlich in Healdtown'°*), Hay'’*), Herbert"*°) '°®), Herschel'’*) (kommen vom Freistaat, gehen S.-W. nach Aliwal North-Distrikt), Middelburg'°’’) (sind von den Vögeln vernichtet worden, ohne Eier zu legen) und Richmond'°"). Hupfer werden gemeldet aus: Albany'*), Aliwal North '*°) (nur geringe Mengen), Barkly West'*') (weniger als befürchtet), Bedfort '*') (grosse Mengen), Cradock'*') (ungeheure Mengen), Herschel‘‘), Komgha'‘') (an einigen Orten frisch aus- geschlüpfte), Kimberley'‘'), Middelburg‘‘'), Peddie'‘') (die an der Küste gehen zu Grunde), Queenstown'*), Tsomo '‘*) (Millionen). Im Jahre 1894 sind im ganzen die Verheerungen durch Heuschrecken nicht so arg und so ausgedehnt als die beiden parts of the District... I have impressed upon the natives the necessity which exists for endeavouring to destroy the young swarms as they hatch out, and I think that both the European farmers and natives will, when the time comes, do their utmost in this direction“. 137) Ebenda Heft 23. S. 435—437. 138) Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft 3. Rep. & Prosp. 3. 46 50. 139) Ebenda. 1894. VII. Heft 4. Ebenda S. 74—75. 140) Ebenda 1894. VII Heft ı. S. ı und 2. 141) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. Heft 26. S. 499—5o01. Sander, Wanderheuschrecken. 4 50 Dr. Sander. Jahre zuvor; im wesentlichen sind dieselben Gegenden betroffen wie 1893. Im Januar wird aus vielen der heimgesuchten Bezirke von geflügelten Heuschrecken berichtet, d. h. von solchen, die inzwischen soweit herangewachsen sind, dass sie Flügel erhalten haben. So aus Hay'’‘), Herbert'””), Herschel””°). In Umtata'*’) sind noch beide Stadien vorhanden, d. h. die ältesten der Hupfer vollziehen ihre letzte Häutung und be- kommen Flügel. Aus Graaff-Reinet'’*) (wo sie von den benachbarten Distrikten Middelburg und Cradock her ein- rücken; von diesen lagen aber sonst keine Berichte vor'“), Hopetown'*’) (sie schlüpfen hier noch aus, »nachdem Regen gefallen sind«), Tsomo'°*)'*”) und St. Marks'”*) werden nur Hupfer gemeldet. Verschwunden sind die Heuschrecken aus Aliwal North ''**) und Tarka'”’). Einfach »Heuschrecken« ohne genauere Bezeichnung werden aus Healdtown'”°) und Queenstown ‘®”) gemeldet. Im Februar sind sie bis auf wenige auch aus Albany'°”), Graaft-Reinet‘’°) (haben Flügel bekommen), gänzlich aus Herschel'?°)'*), Middelburg'’”), Queenstown, Somerset East und the Willows Bloemfontein'””) verschwunden. In Cra- dock'‘') sind nur noch wenige Fliegende, in Uitenhage - Port Elizabeth -Sundays River'””) sind die meisten im Jugendzustande vernichtet worden. Für März liegen wieder zahlreichere Meldungen, zu- nächst von fliegenden Schwärmen vor. Solche sind beobachtet in Albany'**), Aliwal North'*), Britstown'*), Colesberg*"), Carnarvon'*), Graaff-Reinet'*°) (haben sich wieder eingestellt), 142) Ebenda 1894. VII. Heft 6. Ebenda S. 121—123. #5) Ebenda 1894. VII. Heft 5. Ebenda S. 98. 14) Eines der vielen Anzeichen, wie wenig genau all diese Mel- dungen sind! 145) Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft 7. Rep. & Prosp. 5. 145 TAR: 46) Ebenda 1894. VII. Heft 8. Ebenda S. 169—172. 47) Ebenda 1894. VII. Heft ıı. S. 242. A; Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 51 Hay'*°), Herbert'*’), Middelburg'*”), Peddie '*°) (inderäussersten Nordwestecke), Philipstown'**), Queenstown '*°) (von NW. her, »der gewöhnlichen Richtung«), Gross- und Klein - Winter- hoek'*”) (von Westen her), Willowmore'°’) und The Willows Bloemfontein'*”). In Kimberley, Ward Wolvedam'*) ist durch »Heuschrecken« grosser Schaden angerichtet. Hupfer sind ausgeschlüpft in Komgha'*”) und Prieska'”')'’”), Ver- schwunden sind die Heuschrecken nunmehr gänzlich aus Herschel''). Im April finden sich in allen betroffenen Gegenden nur noch geflügelte Heuschrecken vor. Bloss von Prieska'’°) ist es nicht ganz klar, ob noch vereinzelte die volle Reife nicht erlangt haben. Gemeldet werden Schwärme aus Aliwal North '””) (kommen von SE., gehen nach den Freistaat [N.]), Barkly West '’*) (nur gelegentlich durchziehend), Carnarvon '*%) (fast täglich, aber nicht in grossen Mengen), Fort Beau- fort?°”)"), Eraserburg'“'), Dordrecht'"), Graff-Reinet'””)””), Glen Grey'’”) (von SW. kommend, wenig Regen), Ken- hardt‘’”),, Kimberley Wolvedam Station'’”), Middelburg'*”), Peddie '°*) (nur wenige Anfang des Monats), Philipstown'°*) '°°), PortNolloth '**) (mit heissen Oststürmen gekommen), Prieska'°?), 148), Ebenda 1894. VII. Heft 10. Ebenda S. 219. 2, Asrie, Joum. Cape :Col. 1804, VII: Heft 8. S. 169-172. or Ebenda 1894. VII. Heft 9. .S.'194. =) Ebenda 1804. VIl. Heft 7..S. 127. = WE Bbenda’ 1894. 'VM. Heft 1o, 'S. 217-220. 159) 30, 4. B. Both, Inspector Native Locations; in ungeheuren. Schwärmen; „Scme of the swarms are pairing, so we may expect myriads of young locusts in early spring‘‘: also Paarung im Herbst. 15%) Ebenda 1894. VII. Heft ıı. S. 241—242. 155) Auch hier legen einige Schwärme Eier. 30. 4. Alex. Stewart. „I ascertained that several swarms still remained, some laying eggs‘. Gute Regen (wie in den meisten heimgesuchten Distrikten). 156) 8, 5. Arthur S. Hoole, C. C. „Locusts, the remnants of the large swarms which passed over the district last month, are still to be found in considerable numbers on most farms, where they are be- ginning to lay“. Also auch hier Brutgeschäft im Herbst. Ueber das Wetter ist nichts gesagt. 4* 52 Dr. Sander. Queenstown'??) '””), Steynsburg'””) '*°), Stockenstrom '*?), Storm- berg'’’) (Unmengen), Tarkastad'”’) und Gross- und Klein- Winterhoek*°”). Im Mai liegen gleichfalls nur Meldungen über fliegende Schwärme vor, mit einer Ausnahme: Namaqualand'°°), wo unzählige Mengen von Hupfern das Land bedecken, offen- bar die Brut der im April von Port Nolloth aus gemeldeten Schwärme,. Fliegende sind in Fort Beaufort'*””) (wo sie auf einen bestimmten Ort der tiefer gelegenen Hälfte des Distrikts beschränkt sind), Hanover'’®) (sind am Ende des Monats wieder weg), Queenstown'°*) und Bloemfontein'’*), wo sie bei mildem Wetter und Spätregen Eier gelegt haben. Dass die Heuschrecken verschwunden seien, wird aus Graaff- Reinet'””), Hay’), Lady Frere (Glen Grey)'”)'”) und Philipstown '°°) gemeldet. Für den Juni und Juli sind meine Unterlagen wieder recht mangelhaft, denn es fehlen Heft ı3 und I4, vom 28. Juni und Iı2. Juli. Daher habe ich für Juni nur die Nachrichten, dass die Heuschrecken in Gross - Winterhoek, East und West'°') grossen Schaden gethan haben, in Heald- town'°'), Graaff-Reinet’°'), Kentani'°') und Stockenstroom '°') völlig verschwunden sind. Im Juli erscheinen einige wenige in Kentani‘°”) und in Queenstown'‘°) sind sie zu sehr von Parasiten geplagt, als dass sie zum Brutgeschäft schritten. 167) 20, 4. Egbert Garcia, C. C. ‚no single case is cited of their depositing their eggs“. Also hier keine Herbstbrut, trotz Wärme und 6.43 inch. Regen. 158) 1, 5. W. Hare, C. C. Ei-Ablage befürchtet, mag also in dieser Gegend um diese Zeit gelegentlich vorkommen. °°) Ebenda 1894. VII. Heft ı2. S. 265—267. 160) Landbouw Journaal Kaapkol. 1894. VI. Heft ı5. S. 394 bis 395. »e1) Landb. Journ. Kaapk. 1894. VII. Heft ıs. (Groot W. Oost en West.) S. 394--395. "2, Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft 16. S. 361—362. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 53 ) Anfang August sind in Komgha die Heuschrecken wieder erschienen, vornehmlich auf den Küstenfarmen, in Van Rhynsdorp nicht wieder erschienen und in Graaff-Reinet haben sie von der Richtung aus Richmond her kommend, in den Fieldcornetcies Sneeuwberg und Achter op Sneeuw- berg einigen Schaden gethan. Aus Prieska'‘*) (starke Winde, gute Regen), Queens- town und Namaqualand sind sie völlig verschwunden, aus Britstown '°”) scheinen sie verschwunden zu sein, und in Steynsburg'°*) sind nur sehr wenige den Winter über da- geblieben, während die allermeisten weggezogen sind‘). Auch für den September wird nur von wenigen Stellen her über das Auftreten von Heuschrecken berichtet: In Graaff-Reinet‘*”) halten sie sich noch in den heimgesuchten Wards auf, in Herschel'°°) ziehen sie durch und legen an der Grenze Eier; von Umzimkulu'‘’) aus wird berichtet, dass Schwärme in Natal an der Grenze seien; in Fort Beau- fort'°*) schlüpfen bei bloss sehr schwachen Regen Millionen Junge aus, ebenso inSomerset East''”) gegen Ende desMonats. Im Oktober werden die Meldungen wieder reichlicher; es handelt sich jetzt fast durchweg um junge, ungeflügelte, 169) Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft ı7. S. 386—387. 1°) Ebenda 1894. VII. Heft 19. S. 37—439. 165) Ebenda 1894. VII. Heft 18. S. 409. 166) Eine ganz einzig dastehende Beobachtung bringt das Journal unter der Spitzmarke: Locusts — Early Hatching. Agric: Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft 17. S.404. Ein nur mit dem Anfangsbuchstaben J. H. bezeichneter Herr schickt der Schriftleitung unter dem 8. August aus Toise River (nahe Stutterheim) ein Schreiben, in dem er mitteilt, dass trotz fehlenden Regens (— rain is badly needed) und recht kalten Wetters Heuschrecken in grosser Zahl dagewesen und nun beim Aus- schlüpfen seien (They are over here in great numbers, and are now hatching). Es scheint iim selber phänomenal. Jedenfalls ist diese Notiz nur mit grosser Vorsicht zu benutzen! 167) Ebenda 1894.: VII. Heft 21. S.: 486—487. 168) Ebenda 1894. VII. ‚Heft 22. S. 513—515. 169) Ebenda 1894. VII. Heft 23. S. 539. 170) Ebenda 1894: VII. Heft 24. -S. 563. 54 u. ta Dr. Sander. die Nachkommen der in den vergangenen Monaten auf- getretenen Schwärme. Es ist hierbei nicht mit Sicherheit möglich, zu sagen, dass diese Jungen an den betreffenden Orten den Schwärmen entsprossen seien, von denen im April und Mai gemeldet wurde, dass sie beim Brutgeschäft seien. Denn abgesehen davon, dass eben zwei besonders wichtige Hefte fehlen, sind auch bei allen diesen Bezirken noch aus der Zeit kurz vor den ersten Regen fliegende Heuschrecken, also geschlechtsreife Tiere, von dem Bezirk selbst oder den benachbarten Bezirken her gemeldet worden. Nun weiss jeder, der Südafrika kennt, wie leicht dort ver- einzelte kleine Schwärme übersehen werden! Die Jungen könnten also auch von solchen abstammen. Von Fliegenden wird nur noch von Graaff-Reinet‘") und Steynsburg''”) her berichtet. In Graaff-Reinet waren sie nur noch zu Anfang des Monats da, verschwanden aber dann; in Steynsburg handelte es sich um einige »vom Norden. ‚her versprengte Schwärme«. Hupfer dagegen, werden jetzt gemeldet aus: Fort Beaufort‘"”) (ungeheure Mengen), Graaff-Reinet‘’'), Grahamstown ''”) (grosse Mengen) und Lädy Frere'’*), Glen Grey''’), Herschel‘‘”), Queens- town''?), Steynsburg''’), Tarkastad N Vlekpoort‘'*) und The Willows Blöemfontein'”). Im November traten wieder fliegende Schwärme in Fort Beaufort‘'*) (neben Hupfern), in Stockenstrom‘”°), Kok- stad'’’) und Umzirmkulu‘) auf. In Umzimkulu (und wohl auch in Kokstad) kommen sie von Natal her; ziehen in Umzimkulu erst südwärts, drehen dann um, gehen das Thal des Ibisi hinauf und schlagen darauf Nordrichtung ein. Hupfer werden gemeldet aus: Britstown ''°) (südlicher Teil), ', 471) Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. Heft 24.8. s617568: 12) Ebenda 1894. VII. Heft 23, $. 537—539. 3) Ebenda 1894: VII. Heft 22. S. 513—514 174) Ebenda 1894. VI. Heft 21. S. 486. 5) Ebenda 1894. VII. Heft 26. $. 609-612. 17%) Ebenda 1894. VII. Heft 25. S. 585—3587. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 55 Fort Beaufort‘'®) (grosse Mengen), Graaff-Reinet'”’), Her- sehel''”, Komgha'’') (wenige), Richmond '''*) und Stocken- strom'”), In den Willows, Bloemfontein '”®) sind wie in Fort Beaufort und Stockenstrom geflügelte und Hupfer durcheinander. Dabei ist für Stockenstrom frischer Zuzug wahrscheinlich, in den beiden andern Bezirken handelt es sich wohl um die Reifung der erstausgekrochenen Hupfer, »Heuschrecken« (ohne nähere Bezeichnung) sind in Kimber- ley, Sand Drift Station'””). | Im Dezember traten die Fliegenden wieder stärker in Erscheinung. Sie werden gemeldet aus Cathcart'’*), wo sie durchfliegen, von Herbert‘””) (Richtung N.), Herschel'''), Queenstown ''°)'"°) und Umtata'*) (an der Küste). In Philips- town ''”) haben die Hupfer Flügel bekommen und den Distrikt verlassen, aus Umzimkulu scheinen die Schwärme_ gleich- falls fort zu sein. Hupfer sind noch in Komgha'*'), Queens- town '°') und Richmond'*). Ohne genauere Bezeichnung werden »Heuschrecken<« aus Steynsburg '*') und Gross- und Klein-Winterhoek'*) gemeldet, aus ersterer Gegend mässige, aus letzterer grosse Mengen. Im Jahre 1895 zeigt sich ein hier Nachlass der Heuschreckenplage für die Kapkolonie. Die Hauptursache dafür ist wohl die schon im Jahre 1894 bemerkbar gewesene gewaltige Zunahme der natürlichen Feinde, namentlich aus der Klasse der Vögel und der Insekten. So lässt der An: fang des Jahres einen ständigen Rückgang in der Aus- dehnung und Stärke der Verheerungen erkennen und es ist wohl anzunehmen, dass die Heuschrecken im Verlaufe dieses Jahres bis auf ein fast unschädliches Mass zurück- 177) Ebenda 1895. VII. Heft 2. S. 25—27. 178) Ebenda 1895: VII. Heftı. S.2 179) In Withlesea Ward, von SW kommend, fliegt ein mächtiger Schwarm bis an den Klaas Smitsfluss, wo er verschwindet. 180) Ebenda 1895. VII. Heft 4. S. 74. | 181) Agric. Journ. Gape Col. 1895. VII. Heft ı. S: ı. 182) Ebenda 1894. VII. Heft 26. S: 611. 189) Ebenda 1895. VIII. Heft 2. S. 26. 56 Dr. Sander. gegangen wären, träte jetzt nicht eine andere Gattung von Juni ab auf den Plan, die schon im Jahre 1893 einen ver- einzelten Vorläufer vorausgesandt hatte. Diese Gattung, grösser und gefrässiger und namentlich den Bäumen ver, derblicher, als die alte, verdrängt für die zweite Hälfte des Jahres 1895 diese fast vollständig — soweit eben ann Nachrichten mitgeteilt sind. | Sie ist keineswegs etwas inbekädates in Südafrika, sondern auch in früheren Zeiten schon mehrfach in den besiedelten Strichen aufgetreten und ist dieselbe Heu- schrecke, die schon aus Südwestafrika als die »rote« erwähnt ist und die dort Anfang des Jahres 1895 zuerst in Ovampoland erschien, nachdem sie zwei Jahre früher schon am Ngamisee sich gezeigt hatte. Das spricht schon dafür, dass sie weder für Südwestafrika von Kapland her, noch für dieses von Südwestafrika her’ bezogen ist, sondern, dass sie in beide Gebiete aus einem dritten, weiter im Innern gelegenen Gebiete her eingewandert ist. Im Agricultural Journal der Kapkolonie von 1896'°*) findet sich ein nicht gezeichneter Aufsatz, der einen geschichtlichen Rückblick über das Auftreten dieser Art in Südafrika und zugleich gewissen Aufschluss darüber giebt, in welcher Gegend des südlichen Afrikas wir dieses Reservoir, diese Brutstätte der verderblichen Insekten zu suchen haben. Ich lasse eine Uebersetzung dieses Aufsatzes, soweit er unter den "ersten Abschnitt des vorliegenden Buches fällt, folgen: „Der Hauptstrom dieser Heuschrecken scheint aus der Kalahariwüste im Nordwesten des Freistaates zu kommen und möglicherweise auch von Basutoland '**) im Norden und Natal und Pondoland im Osten und Nordosten (der Kapkolonie). In groben Zügen lässt sich der Marsch dieser Tiere so beschreiben, dass sie Ende Dezember 1895'°°) von der 184) Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 331—332. Locusts. 185) Nach dem D. K.-Bl. 1894. S. 27 sind die Heuschrecken dort schon 1893 in grossen Mengen gewesen; vermutlich schon die rote Art. 186) Dürfte etwas zu spät angesetzt sein. D. Verf. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 5% Kalahari her durch Kuruman und Gordonia, weiter durch Hay, Hopetown, Philipstown, Colesberg und Steynsburg und in einem Parallelfluge durch Prieska, Britstown, Hanover und Middelburg nach Cradock wanderten, wo sie Anfang Januar ankamen und Seitenschwärme nach Queenstown und Stockenstroom, Tarka und Bedford aussendeten. Ihre Hauptzugrichtung, gelegentlich durch örtliche Einflüsse ab- geändert, scheint dabei von Nordwesten nach Südosten ge- wesen zu sein. | Vom Freistaat kamen Schwärme nach der Division Albert, wo sie nur 24 Stunden blieben, um nach Nordosten weiter zu ziehen, bei ihrem Kommen und Gehen unter dem Einfluss leichter umlaufender Winde stehend. Andere Flüge brachen in Herschel ein, noch andere zogen durch Aliwal North nach Wodehouse und Barkly East. Die östlichen, südöstlichen und südlichen Küstendistrikte scheinen ihre Heuschrecken von Natal, Basutoland und Pondoland her erhalten zu haben. Transkei scheint von allen Seiten mit Ausnahme von Süden her (See! Verf.) über- flutet worden zu sein. Von seinen Grenzdistrikten Willow- vale, Butterworth, Ngamakwe etc. her drangen dann zwischen September und Dezember 1895 die Heerscharen dieser In- sekten in die eigentliche Kapkolonie ein und rückten lang- sam durch Komgha, Stutterheim, King Williamstown und weiter westlich bis Jansenville.. Von Peddie und Bathurst scheinen die Schwärme nacheinander folgende Divisionen durchzogen zu haben: Alexandria, Uitenhage und Willow- more in dem einen Zuge, Humansdorp, Uniondale, Knysna, George, Mossel Bay'*') und Riversdale in einem zweiten. Seitenflüge gingen nach Prince Albert, nach Oudtshoorn und Ladysmith und eine Endabzweigung durch Swellendam nach Robertson, wo sie Ende Februar (1896) ankamen. Der älteste Einbruch dieser rotflügeligen Heuschrecken in die Kapkolonie vor dem jetzigen: soll nach den Berichten 187) Ist in den Einzelberichten überhaupt nie genannt; die meisten anderen auch nur recht selten; jedenfalls nicht 1895. Verf. 58 Bi Dr. Sander. zwischen 1840 und 1845 stattgefunden haben. Ein anderer nach Natal geschah 1852 und der Anfang des jetzigen Ein- bruchs in die Kolonie begann etwa vor drei Jahren. Berichte aus den Divisionen und Distrikten an der Südostküste der Kapkolonie zeigen, dass diese Heuschrecken in geringer Zahl in diesen Gegenden schon seit Ende 1893°°°) vorhanden gewesen sind. Herr J. S. Moffat, Civil-Commissioner von Taungs, erwähnt in seinem Bericht, dass diese Heuschrecken am Ngamisee seit 1893'°°) bekannt wären, und dass er sie im Oktober des folgenden Jahres (also 1894) in Palapye angetroffen habe. Der gegenwärtige Einbruch drohte uns also schon seit mehreren Jahren.“ Nach allen diesen Angaben ist die eigentliche Aus- gangsstelle wohl in die südöstliche Kalahari, an die Grenze von TIransvaal, oder auch in. dieses oder den Freistaat zu verlegen. | | | | Doch zurück zu der Verbreitung der Heuschrecken in der Kapkolonie während des Jahres 1895. Vorausschickend will ich bemerken, dass dieses Jahr im allgemeinen bis zum September hin recht trocken war. . Für Januar kommen Meldungen über Heuschrecken aus: Graaff-Reinet'”’) und Herschel'’') als Hupfer (in Herschel sind sie bereits von den Eingeborenen vernichtet), aus Britstown '”') (südlicher Teil), Tarkastad'°’) '*°), Umtata’”) als Fliegende und einige wenige durchziehende aus Graaff- Reinet'’), ohne nähere Bezeichnung aus Kentani'’*) (wenige in den Küstenortschaften), Kimberley, Wolvedam-Station'"*), Komgha'”) (wie in Kentani, an der Küste) und Namaqua- es) U vergleichen mit meiner Zusammenstellung von 1893. Tarka. | 189) Also eine amtliche Bestätigung der Mitteilungen des Herrn Franz Müller an mich. S. oben: Südwestafrika. 1%) Agric. Journ. Cape Col. 1895. VIIL Heft 4. S. 74 11) Ebenda 1895. VIII. Heft 5. $. 105—107. | 1m) Ebenda 1805. VIII: Heft 4, 8. £o. 199) Hier ziehen sie auch in der Nacht durch. ’##) Ebenda 1895. VIII. Heft 6. S. 134—135. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 59 land’°’), Verschwunden sind sie aus Fort Beaufort‘°°) und Umzimkulu'*°) '°*), Do | Für den Februar ist die Zahl der betroffenen Bezirke noch kleiner; von Hupfern ist nur noch aus Graaff-Reinet'’*) die Rede, wo in Camdeboo Ward einige Trupps ausgeschlüpft, hin- gegen die Fliegenden »wunderbarerweise« verschwunden sind. Das Auftreten eines neuen Schwarms wird aus Willowvale'°°), nahe der Küste, gemeldet. Er wird von den Eingeborenen vernichtet. Von Herschel'’*) kommt die Nachricht, dass die Heuschrecken eingegangen zu sein schienen, aus Philips- '”%) und Steynsburg'*‘), dass sie verschwunden wären. Im März treten in Britstown '”') frische Schwärme auf, in Fort Beaufort'"’) dringen ebenfalls einige von Tarka'””) her ein, gehen aber bald wieder dorthin zurück; nach Graaff- Reinet‘’’) kommen solche von Richmond''°”) her, halten sich aber nicht im Distrikt auf, und der eine Schwarm, der nach Shiscini in Willowvale °°°) eindringt, wird sofort von den Ein- geborenen vernichtet, ehe er Schaden anrichten konnte. Im April erscheint ein neuer Schwarm in dem Unterland von Graäff-Reinet””) und in Kimberley, Modder River’) zeigen sich einige Schwärme im Beginn des Monats. In Komgha’") thun auf den Küstenfarmen die Heuschrecken viel Schaden, in Tarkastad’'') fliegen sie in östlicher Rich- tung gelegentlich durch, ohne Schaden zu thun. Im Mai ziehen — nach guten Regen — mehrfach grosse Schwärme durch Kimberley, Sand-Drift-Station ”°?), die beträchtliche Verheerungen anrichten, aber Ende des Monats”°’) wegbleiben. Aus Kimberley, Modder River’”’’) 185) Ebenda 1895.. VII. Heft2. 8:27. ° 3° .196) Ebenda 1895. VUI Heft 8 S. 186. 197) Agric. Journ. Cape Col. 1895. VII. Heft 7. S. 161. 198) Ebenda 1895. VIII Heft 8 S. ı8;5. 199) Von dorther keine Meldungen. town 200, Ebenda 1895. VIII. Heft 10. S. 237—238.: 201) Ebenda 1895. VII. Heft ı1. S. 262. 202) Ebenda 1895. VIII. Heft ı2. S. 285—287: 200) Ebenda 1895. VIII. Heft 14. S. 342: 60 Dr. Sander. sind die Heuschrecken schon Anfang des Monats ver- schwunden. In Queenstown sind zwei kleine Schwärme erschienen und wieder weggezogen, durch Venterstad sind grosse Schwärme durchgeflogen, ohne in beiden Bezirken nennenswerten Schaden zu thun. Für Juni liegen nur zwei Meldungen vor: eine aus Britstown”’*), dass in einzelnen Teilen der Division Heu- schrecken erschienen seien, ohne wesentlichen Schaden an- zurichten, und eine zweite aus East London’), dass dort die neue Heuschrecke aufgetreten sei und »nicht bloss das Weidegras, sondern sogar die Rinde der Bäume auffresse«. Aus dem letzteren Bezirk, und zwar von Monzie Farm’’’), kommt dann am 23. Juli der Bericht, dass sie in ungeheuren, nie zuvor in dieser Grösse gesehenen Schwärmen noch da seien und hin- und herziehend alles verwüsteten. Während nun in den Berichten der vergangenen Jahre East London nie vertreten war, heisst es nun hier: »Die Heu- schrecken haben alles hier herum vernichtet während der letzten zwei Jahre«. Nach der Art der mitgeteilten Ver- wüstung kann es sich nur um die »neue«, die »Kalahari«- Heuschrecke handeln’°°). | Im August, mit dem Herannahen des Frühlings, be- ginnen die Heuschrecken auszuschwärmen. Sie erscheinen in grossen Massen auf dem Durchzuge in Butterworth’°””), in den Küstendistrikten von Komgha’”°°) ”°), von Umtata°”"), in kleinen Mengen im südlichen Teil von Umzimkulu °°), während sie in Natal, an der Küste und in Richmond 20) Ebenda 1895. VIII. Heft ı5. S. 366. 205) 'Ebenda 1895. VII. "Heft’16.)°8. 597. = 206) Das stimmte zu der oben genannten zusammenfassenden Dar- stellung, nämlich, dass die neuen Heuschrecken schon mehrere Jahre hier und da vor ihrem allgemeinen Auftreten in den südöstlichen Küstendistrikten gewesen wären. 3 ! 207) Landb. Journ. Kaapk. 1895. VII. Heft 21. S. 602. ?08) Agric. Journ. Cape Col. 1895. : VIII. : Heft 18. S. 450. 209) Ebenda 1895. - VIII. Heft 19. S. 478. 210) Ebenda 1895. VIII. Heft 20. S. 502. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 6F (Pondoland) in grossen Mengen sein sollen, ferner in Willowvale°°’) (wo sie aber von den Eingeborenen vertrieben wurden) und in Bloemfontein’””) sind sie »noch da, bei Bloemfontein selbst wenig beunruhigend, in den Süddistrikten des (Frei-) Staates aber sehr lästig fallend«°'').. Es handelt sich also um die zweite südliche Heeresabteilung der oben wiedergegebenen Zusammenstellung, und das Vorhandensein von Schwärmen im Freistaat bis Bloemfontein hin bildet offenbar die Verbindungsbrücke zu der gemeinsamen, nicht sicher zu bestimmenden Ursprungsstätte. Der September bringt diesen östlichen und süd- östlichen Bezirken neue Schwärme, die vielfach aus- drücklich als solche der neuen Heuschreckenart bezeichnet werden; so in Butterworth’'”), Engcobo °'”) in seinem öst- lichen Teil, Kokstad ”'”), Maclear”'”) im südlichen Teile, in Umtata*'”) und Umzimkulu’'”). In Maclear ziehen sie nach Norden, nach Umzimkulu kommen sie von Natal her und ziehen nach Kokstad weiter; in Umtata hat sich ein Schwarm schon festgesetzt, das Anzeichen dafür, dass er zum Brut- geschäft übergehen will. Ueberall, mit Ausnahme von Butter- worth, haben sie zum Teil recht beträchtlichen Schaden angerichtet. | Anfang Oktober sind grosse Schwärme der »neuen« Heuschrecke am Keifluss®'*) und in den »umliegenden Distrikten«, also Kentani, Butterworth, Komgha; zugleich zeigen sie sich auch in Qumbu, wo sie wohl auch schon im vorhergehenden Monat waren, da sie zu dieser Zeit aus dem östlich anstossenden Maclear gemeldet worden sind. —n 21,5, Sept. |: D; Palmer: „.. .'.. Wei:shave: had» no: rainsı te speak of since April last, yet the veld is good and there is plenty of food for all kinds of stock, thanks to the locusts not troubling us much in this part, although I believe in the southern dis- tricts ofthe State, locusts are still very troublesome.“ =.) Ebenda 1895. ‚VN, ‚Heft 23. S., 586. =) Ebenda, 1805: VII. ‘Heft 22, .S..554, 4) Ebenda 1895. VIlL, Heft.24. S. 614. 62 Dr. Sander. Während des November sind in East London (Ward Braakfontein)*'*) noch immer grosse Schwärme vorhanden, in Umzimkulu ?'°) rücken immer noch neue von Natal her nach, während von Tarka°'°) her ausdrücklich bemerkt wird, dass seit längerer Zeit keine Heuschrecken mehr da wären. Ende des Monats oder in den ersten Tagen des Dezember beginnt auch bereits das Ausschlüpfen von Jungen, wunderlicher Weise in Hay’'”) und Colesberg*'') bei grosser Trockenheit; in Philipstown?'') nach gutem Regen. Es ist nicht gesagt, um welche von beiden Arten es sich handelt. Während des Dezember kommen noch immer frische Schwärme ins Land und zwar rücken sie fast alle unmittel- bar nach dem ersten guten Regen gegen das Ende des Monats ein. Alle sind sie als der neuen Heuschreckenart angehörig bezeichnet. So in Alice”), Hanover”'”), Ken- hardt”'’), Kentani’'’) (von Osten her kommend), in den Wards Newcastle®”'’”) und Rura°'”) und den Native locations A°'°) und C°'’) von Peddie, in Tarkastad *”'’) (wo sie nach Südosten ziehen), in Uitenhage ”'’), Umtata°”) (zu Anfang des Monats waren sie völlig verschwunden)’'’) und Willow- 19), Ueberall treten sie in ungeheuren Mengen auf und verursachen grossen Schaden. In diesem Monat beginnt also bereits auch die zweite Heeressäule, die von Nordwesten her eindringt, sich zu zeigen: in Hanover und Tarka, während die anderen Bezirke von der aus dem Osten kommenden heimgesucht werden. Wie sich nach dem Ende des Jahres 1895 erwarten liess, bedeutet das Jahr 1896 eine schwere Heimsuchung für ausgedehnte Gebiete der Kapkolonie. Aber so schnell diese Hochflut herangestürmt ist, so schnell ebbt sie auch wieder ab. Denn am Ende dieses Jahres sind nur verhältnismässig more 215) Ebenda 1895. VIII. Heft 25. S. 641—642. 22 Bbenda 1806. IX. Hekı1.S.® 17) Agric. Journ. Cape Col. 1895. VII. Heft 26. S. 666-667. 218) Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. Heft 2. S. 25. 19) Ebenda 1896. IX. Heft 3. S. 50—53. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 6 3 wenige Gegenden noch von Heuschrecken heimgesucht. Die Ursache für dieses schnelle Abebben ist in einer Seuche zu finden, die die Schädlinge heimsuchte und vielerorts völlig aussterben liess und die uns weiterhin noch mehrfach be- schäftigen wird: Eine in hohem Grade ansteckende Er- krankung der Heuschrecken durch einen niederen Pilz. Im Januar 1896 wurden von Schwärmen heimgesucht: | Alice?”), Bedford ’”'), Cala°”), East London in den Wards Braakfontein °”°) und No. 3°”), Engcobo ””'), Graaff-Reinet””'), Grahamstown °°”°), Hanover””), Hay’°'°) °”'), Kimberley Sand- Drift-Station ””') und Windsorton, ””°), King Williamstown, Kei Road ’°'°) ?”’), Knysna °*”), Kokstad ?*”'), Mount Fletcher *'°)”**), Peddie Ward 2°”) und Keiskama°””),, Queenstown ?'°), OQumbu °*'), Somerset East””'), Steynsburg ””°), St. Marks””°), Stockenstrom’’'), Tarka”°), Umzimkulu”*), Willowmore*'N), Willowvale’”’’) und Uitenhage, Gross-Winterhoek West”). Von diesen Orten ist bei Alice, Bedford, East London Ward 3, Graaff-Reinet, Grahamstown, Hay, Mount Fletcher, Queenstown, Somerset East, Steynsburg, Stockenstrom, Tarka, St. Marks, Uitenhage und Willowmore ausdrücklich gesagt, dass es sich um die Kalahari-Heuschrecke handle, bei den wenigen andern ist es nach früheren Berichten oder weil die Nachbarbezirke von dieser Art überschwemmt sind, gleichfalls wahrscheinlich, dass es sich um die rote Art handelt. Bemerkenswert ist, dass in Somerset East und Steynsburg, zwei alten Brutherden der gewöhnlichen Wander- heuschrecken (der »Khaki«heuschrecken) Südafrikas, auch diese neben der roten Art in grossen Schwärmen auftritt. Fast überall handelt es sich um riesige Schwärme (beider Gattungen), die entsprechende Verheerungen anrichteten. In Alice®”®), East London, Grahamstown, King Williams- Se Thenda 1895. 1%. Heft 4. -S. 75. 7) Landb. Jeurm. Kaapkol. 18956. DS, Helt's. 8: "114—116,. >22?) Agric. Journ- Cape Col. 1896. IX. Heft 6. S. 131. 223) Ebenda 1896. IX. Heft 8. S. 179. 22) Von Alice her wird übrigens berichtet, dass „es behauptet ‘werde (stated), dass grosse Schwärme in der Richtung auf Alice von 64 Dr. Sander. town, Kei Road, Peddie Native Location C. (wo sie offenbar vom Dezember her geblieben sind) und in Somerset East sind die Heuschrecken beim Brutgeschäft. In East London Ward 3, Grahamstown, Hay, Kei Road, Peddie Newcastle und Ward 2 und Keiskama und Pella””‘) sind bereits Junge in grossen Mengen ausgeschlüpft oder beim Ausschlüpfen. Der Februar zeigt Schwärme noch in: Barkly West””°), Graaff-Reinet””’), Hanover””°)”*‘), Herbert””°), Humansdorp?”°), Ladysmith””‘), Philipstown””),, Swellendam””),, Caledon (Stormsvley und River Zonder Einde)”®), Oudtshoorn?*®), Umtata””°), Uniondale?”°), Victoria East””’) und Wodehouse””°). In Graaff-Reinet und Wodehouse handelt es sich um beide Arten. Verschwunden sind die fliegenden Heuschrecken aus Cala”), Fort Beaufort””), Peddie-Newcastle’’”’) und -Ward 2°”°), King Williamstown?”°)’”), wo sie Hupfern Platz gemacht haben. In Willowvale?’”‘) sind auch diese Ende des Monats bereits von den Eingeborenen vernichtet. Hupfer finden sich sonst noch in Graaff-Reinet, Knysna””’) und Umzimkulu””). Nicht mehr vorhanden sind Heuschrecken in Kokstad”””) und Qumbu?”’) und auch in Hanover sind sie gegen Ende des Monats nicht mehr da. Während des März sind Schwärme der roten Heu- schrecken in Bedford””), Philipstown’”’) und Tarka’?°”), solche der alten grauen in Somerset East”°‘). In Bedford’?“”) und Graaff-Reinet”’') schlüpfen Junge dieser Art aus, desgl. Delagoabay her auf dem Wege seien.“ Ein etwas langer Weg. Im Dezember sagte der gleiche Berichterstatter viel zutreffender, dass diese neuen Heuschrecken „bisher nur aus dem Innern bekannt seien.“ Vgl. jedoch die Notiz von Selous, weiter unten 1896 September. 225) Agric. Journ. Cape Col, 1896. IX. Heft 7. S. 163—165. 226) Landb. Journ. Kaapk. 1896. IX. Heft 5. S. 113— 116. 227) Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. Heft 8. S. 177-170. 2280) Ebenda 1896. IX. Heft 6. S. 129—131. 229) Ebenda 1896. IX. Heft 4. S. 73—7:. 220) Agric. Journ. Cape Col. 1896..-.IX. Heft 9. S. 205—207. 281) Agric. Journ. Cape Col. 1896 IX. Heft 8. S. 178—179. 232) Ebenda 1896. IX. Heft 9. S. 205—207. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 6 5 in Fort Beaufort”’‘), Humansdorp°’’)’’), Kokstad”’‘), Mount Fletcher”’’), Peddie-Newcastle”””) und -Ggora”’”), Prieska”°*), @tmbu)), Somerset East’’')), Stockenstrom?’”), Butter- worth, Transkei”’‘)’’°), St. Marks?”'), Umtata?’‘) (längs des Küstenstreifens), Umzimkulu’”) (dort rücken ausser den im Lande selbst ausgeschlüpften neue Heere von Natal her nach) und Victoria East’’’). In Ladysmith’””), Swellendam’’°) sind die Heuschrecken »so gut wie verschwunden«, da Fliegende nicht mehr zu sehen und in Ladysmith die wenigen ausgeschlüpften Jungen von Staaren und Hausgeflügel auf- gerieben werden. In Kimberley’”) — Modder River und Sand - Drift - Station — sind Heuschrecken am Ende des Monats nicht mehr da, in Knysna?’’)’’’) gehen sie, obwohl in grossen Mengen ausgeschlüpft, aus Futtermangel in dem grössten Teile des Distrikts rasch zu Grunde. Im April lässt die Plage schon nach. “In Somerset East””') thun Fliegende noch viel Schaden, offenbar die im März gekommenen Schwärme der grauen Heuschrecke, während von den Hupfern der roten Art nicht mehr die Rede ist. In Fort Beaufort”’) und Qumbu?’°) sind die Hupfer ausgewachsen und bekommen Flügel. In Kokstad’”””), Queenstown’”°), Umzimkulu’”) und Victoria East”’’) sind noch Hupfer in grösseren oder kleineren Scharen vorhanden, in Knysna®”*) schlüpfen solche namentlich im Ward Goukama noch in grossen Mengen aus; in Peddie-Newcastle”°‘) starben sie ab, in Bedford’’*)”’’) werden sie von Vögeln, so wie sie erscheinen, vernichtet und Stockenstrom’°°°) ist jetzt frei von Heuschrecken. 239) Ebenda 1806. IX. Heft 7. S. 153—155. 2 ıEbenda: 1896, ı IX. Heft 6.0 S. 131. 35) Zu beachten, dass hier die Jungen der neuen Art bereits ausschlüpfen, während noch Schwärme der alten Art da sind. 236) Ebenda 1896. IX. Heft 10. S. 237—238. 27) Ebenda 1896. IX. Heft ıı. S. 266. 238) Ebenda 1896. IX. Heft ı2. S. 289—291. 239) Ebenda 1896. 1X. Heft 14. 5 Sander, Wanderheuschrecken. | 5 66 Dr. Sander. Während des Mai sind Hupfer noch vertreten in Humansdorp’’”)’*), Knysna?”®), Kokstad”””), wo zwar die im Distrikte selbst ausgeschlüpften Scharen vernichtet, aber neue aus den umliegenden Eingeborenendistrikten nachge- rückt sind, und Stutterheim’*) der roten Art, erst jetzt aus. — In Tarka’*') werden die wenigen vorhandenen Scharen von Hupfern durch Vögel vernichtet, in Peddie Ward Ggora””) sind sie meist schon geflügelt, in Newcastle Ward’””) sind die Hupfer zum grössten Teil aus verschiedenen Ursachen eingegangen und nur noch Fliegende vorhanden. Ebenso giebt es in Fort Beaufort”””) nur noch Geflügelte (im Unterlande), desgleichen in Gra- hamstown’*’) 55) erscheinen neue Schwärme. Leider ist nicht gesagt, woher; es ist jedoch wahrscheinlich, dass sie aus dem Innern kommen, um in Umtata zu überwintern, denn auch in Peddie ziehen sie jetzt »nach dem Seebusch« und den Küstendistrikten und in Kokstad glaubt man, „dass die Heuschrecken ihren Weg nach der Küste nehmen werden, sobald sie Flügel haben, weil die vorherrschenden Winde dieser Jahreszeit seewärts wehene?*‘). In Knysna?’*””) Ward Goukamma sind im Juni noch un- geflügelte Heuschrecken; aus Somerset East wird unter dem 16. Juni berichtet, dass die Heuschrecken in einzelnen Gegenden des Distrikts beim Eierlegen seien. Es handelt sich wohl noch um die im April eingerückten Schwärme der grauen Heuschrecken und es verdient Beachtung, dass — hier schlüpfen sie, von ‚ wo ihnen Parasiten arg zusetzen. In Umtata 210) Es sind nur ganz wenige in den verschiedensten Altersstadien und sind, im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Verhalten, nicht zu Trupps zusammengeschlagen, sondern vereinzelt und wandern auch nicht. ”1) Ebenda 1896. IX. Heft ı3. S. 313—315. #2?) Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. Heft 13. S. 313—315. 2:2) Fbenda 1896. IX. Heft 14. S. 341—343. 24) 2. Juni. W. G. Cumming, R. M. „It is generally believed that when the locusts get their wings they will make for the coast, as the prevailing winds at this season blow towards this quarter.“ Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 67 ame ro, ıır. und 12. Juni nach lanser Trockenheit durch die ganze Division gute Regen gefallen sind. Aus Fort Beaufort”*’) sind die Heuschrecken verschwun- den. Andere Meldungen liegen nicht vor, obwohl es nach den Juli-Berichten nicht zweifelhaft sein kann, dass noch ‚mehr Gegenden im Juni Heuschrecken beherbergt haben. Es wird nämlich im Juli aus Bathurst”*’) und Braak- fontein (East London)”*) gemeldet, dass Schwärme noch da seien, in Braakfontein sogar »in unzählbaren Mengen«. Desgleichen sind sie in Humansdorp’*') (Tzitzikama Ward), Peddie°*) und Umzimkulu’*) am Ibisiflusse und bei den Wäldern von Zimankulu und Malowe und in dem südlichsten Kreis von Tarka (Tarka Ward)’*) erscheinen sie wieder. Alie diese Gegenden, mit Ausnahme von Tarka, liegen an der Küste, sind also dem Einflusse des warmen Agulhas- stromes ausgesetzt; aus Tarka aber wird gemeldet, »dass bis dahin überhaupt von Winter noch gar nicht gesprochen werden könne«, so milde war er. In den Gegenden mit Winterregen schlüpfen jetzt — offenbar gleichfalls unter dem Einfluss des ungewöhnlich warmen Wetters — mehrfach schon Junge aus. Solche werden semeldet aus Prince Albert ) und. Zuurberg bei Port Elizabeth’), ferner Bushmanland’”) und Concordia (Namaqualand)’”), in letzteren nach zweimaligem Regen, Im August fangen wie gewöhnlich die Schwärme wieder an, von ihren Winterherbergen her sich über das Land zu ‚verbreiten, wenn sie auch noch nicht überall zu wandern beginnen. So sind sie in Albany”’°) noch auf die südlichen, unmittelbar an der Küste gelegenen Distrikte beschränkt, 2)» Ebenda 1896, :IX. Heft ı5. S. 373. 246) Ebenda 1896. IX. Heft 16. S. 397—398. 2) Ebenda 1806,.,1X, Heft 17. 52 425427, 248) Ebenda 1896. IX. Heft 18. S. 454--455. > Asnıe. Journ. 1896. 1% Hleft. 15. S.373 347, 250) Ebenda 1896. IX. Heft ı7. S. 425—427. iR“ 68 Dr. Sander. ebenso in Humansdorp”’’)”') und Peddie’””). In Braak- fontein (East London)”’*) scheinen sie nicht zu ziehen, fan- gen aber an sich zu paaren. Aus Tarka””) sind sie wieder verschwunden. An andern Stellen beginnen sie schon zu wandern, so in Umzim- kulu’**), in George’*), wo sie längs der Küste, also offen- bar von Humansdorp her, entlang ziehen, in Grahamstown°”°) in gleicher Weise von Peddie her, in Willowvale”’”), wo sie von Pondo- und Bomwanaland her, gleichfalls die Küste entlang kommen. Auch in der zweiten Winterherberge, die irgendwo im Freistaat sein muss, setzen sie sich in Bewegung. Nach Burghersdorp’””) kommen zwei Schwärme von dort her; der erste über ÜOdendaalstroom nach Mooiplats, Komandantskop, Witkop und weiter in der Richtung auf Wodehouse (NW.—SE.); der zweite in der Richtung von Bethulie über Beesjesfontein und Rhenosterkop auf Zuurberg und Steynsberg zu. Beide waren in raschem Fluge und thaten wenig Schaden, d. h. sie waren nur auf der Durch- Leise. Von den im Juli in Prince Albert, Zuurberg bei Port Elizabeth, Bushmanland und Concordia ausgeschlüpften Hupfern ist nicht weiter mehr die Rede. Der September bringt keine wesentliche weitere Aus- breitung der Heuschreckenschwärme. In Braakfontein, East London’°*) sind sie noch, in Amalinda, East London’”’) treten sie gleichfalls auf, ebenso in Peddie””) und Umzim- kulu’®’). Aus Umtata”’) werden sie gleichfalls gemeldet, doch ist nicht zu ersehen, ob es neue Schwärme sind, oder noch die alten vom Juni. In Mafeking haben sich gleich- falls wieder Flüge von Heuschrecken gezeigt. In Humans- ?51) Ebenda 1896. IX. Heft 21. S. 529—530. 252) Ebenda 1896. IX. Heft 19. S. 477-479. 252) Ebenda 1896. IX. Heft 18. S. 453—434. ?54) Ebenda 1896. IX. Heft 20. S. 505—3506. 255) Ebenda 1896. IX. Heft 23. S. 581—583. 250) Ebenda| 1896.::IX: Heft’22. S. 5:7-tkg. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 69 dorp sind noch einige Schwärme da, die meisten aber ab- gezogen, alle in der Richtung nach Nordosten wandernd. Eine sehr interessante Nachricht kommt von ganz anderer Seite her: F. C. Selous?”') berichtet nämlich von der Ostküste das ganz ungewohnte Auftreten von Heuschreckenschwärmen: »Im September 1896 besuchte ich Amatongaland, eine süd- lich von Delagoa-Bai gelegene Landschaft, und fand, dass die dortigen Eingeborenen so schwer unter Verheerungen durch Heuschrecken zu leiden gehabt hatten, dass viele von ihnen verzweifelnd jeden Anbau aufgegeben hatten. Sie sagten, es sei besser für sie, ihr Saatkorn selber zu essen, als es für die Heuschrecken auszusäen. Die Leute verkauften ihr Vieh an europäische Händler gegen Mais, den diese von Bombay her einführten.« »Die gegenwärtige Heuschreckenplage Südafrikas ist nach meiner Ansicht aussergewöhnlich lang und schwer, ob- wohl man leider, wie die Geschichte zeigt, solche Heim- suchungen von Zeit zu Zeit zu erwarten hat. Schon Dos Santos und andere frühe portugiesische Schriftsteller haben ja Hungersnöte unter den Eingeborenen, die durch die Ver- heerungen dieser Insekten veranlasst waren, verzeichnet; seitdem hat sich die Plage anscheinend von Zeit zu Zeit wiederholt. Doch giebt es keineswegs immer Heuschrecken in Südafrika. Ich kenne Rhodesia seit 1872, und von diesem Jahr ab bis 1891 sah ich nie, weder in Matabili- noch in Mashonaland, oder in einem der Länder nördlich vom Zambesi, die ich in dieser Zeit bereiste, je so etwas wie Heuschrecken.« Diese Beobachtung macht die Annahme eines im Süden der Kalahari oder den anstossenden Teilen der südafrikanischen Republik oder des Freistaates gelegenen Brutherdes noch wahrscheinlicher. Interessant ist, dass auch für Ostafrika. die schwere Heuschreckenplage zeitlich mit dieser Ueberflutung Südwest-, Süd- und Südostafrikas durch 257) 7, C. Selous. The Economic Value of Rhodesia. The Scottish Geographical Magazin 1897. Edinburgh. Vol. XIII. S. 510. no Dr. Sander. diese Insekten zusammenfälit. Da liegt es wohl nahe, an einen gemeinsamen Ursprung zu denken! Im Oktober sind noch vielerorts Schwärme, während in einigen Bezirken auch schon die Hupfer auszuschlüpfen beginnen (vielleicht sogar schon Ende September). Schwärme sind noch oder wieder in Albany’°°) (nahe der Küste, ohne dass sie weiter landein gehen zu wollen scheinen), in Bed- ford’’”®) (rote), in Amalinda (East London)’’’), wo sie nach dem Pirie-Walde sich zusammenziehen, in Cathcart°””), Fort Beaufort’””), Kei Road (King Williamstown)’’®) (noch um Isidinge und Debe Nek; grosse Schwärme sollen von den Winden in die See geworfen und daher nun die Küsten- striche frei. sein), Peddie Ward 6°), Umtata’), vereimzel in Umzimkulu’°‘) und Willowvale’°%); aus Bathurst”’‘) sind sie fast verschwunden, Auffällig ist, dass sie fast überall keinen oder nur geringen Schaden thun, trotzdem sie hin- und herziehen. Das Auftreten von Hupfern wird aus Graaff- Reinet?“‘) und Somerset East?) gemeidet, in ersterem Orte an beschränkten Stellen, wo Regen gefallen, in letzterem in grossen Mengen und vorgeschrittenem Alter; hier sind es nach der Bezeichnung als rooi baatjes die Jungen der grauen Art. Auch in Graaff-Reinet dürften es wohl die Jungen dieser Art sein, da vom Juli her berichtet worden war, dass die Herbstschwärme (Februar—März) Eier abgelegt hätten. Im November zieht über die Westecke von Elliot °°°) ein Schwarm von Tsomo her recht nach Dordrecht hin (Südost— Nordwest); in Fort Beaufort”°‘) sind gleichfalls noch Schwärme, ebenso in Maclear’“‘), Peddie’°') (einer davon von King Williamstown her in der Richtung auf Fishfluss und Bathurst hin) und Stockenstrom ?°') (einige wenige dünne Schwärme). >22) Agrıe. Journ. Cape Col. 1806. IX. Het zo »59) Ebenda 1896. IX. Heft 23. S. 581-583. 60) Ebenda 1896. IX. Heft 24. S. 609-611. ?61) Ebenda 1896. IX. Heft 25. S. 633—635. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 71 Aus Graaff-Reinet”°’) kommt jetzt die mit der aus dem vorigen Monat nicht recht zu vereinigende Meldung, dass die Hupfer »beim Ausschlüpfen« wären. ; Aus dem Dezember liegt gleichfalls nur eine geringe Zahl von Meldungen vor. Natürliche Feinde und gewaltige Anstrengungen der bedrohten Landleute scheinen die Scharen erheblich vermindert zu haben. In East London, Braakfontein°°”) waren Schwärme noch Mitte des Monats, verschwinden aber gegen das Ende hin, in Willowvale°”’) waren sie gleichfalls da. In Graaff- Reinet’°*) sind jetzt die Hupfer herangewachsen, so dass sie bald Flügel bekommen müssen und thun grossen Schaden; in Richmond’°*) sind gleichfalls Hupfer ausgeschlüpft, ohne aber bislang viel Schaden anzurichten. 1897 ist verhältnismässig arm an Heuschrecken, wenigstens in seiner ersten Hälfte. Im wesentlichen sind die südöstlichen Küsten- und der Küste nahegelegenen Distrikte betroffen; ein zweiter Herd liegt, entsprechend der bei 1895 gegebenen Zusammenstellung, nach der Kalahari, Bush- manland und Vryburg hin. Aus Bolotwa°’°°) (Glen Grey) kommt im Januar die Meldung, dass durch die Division schon seit November 1896 verschiedentlich Schwärme durchgezogen seien und noch durchzögen, aber ohne grösseren Schaden anzurichten und zwar in der Richtung auf St. Marks zu. In East London, Braakfontein’°”) haben die Dezemberschwärme Eier gelegt, Junge sind aber noch nicht ausgekrochen. In Knysna’“’) nähern sich Schwärme, in Middelburg ist ein grosser durch- gezogen, in Gross-Winterhoek’“®) sind solche auf mehreren Farmen aufgetreten. In Graaff-Reinet’‘’) heisst es immer 22) Fibenda 1806. IX. Heft 26. S. 657—658. 263) Agric. Journ. Cape Col. 1897. X. Heft 3, S. 125—129. 264) Ebenda 1897. X. S. 54—56. 265) Agric. Journ. Cape Col. 1897. X. Heft 3. S. 125—129. 269) Ebenda, 1807. X. Heft 4, S. 182: 267) Ebenda 1897. X. Heft 5. S. 245—249. 72 Dr. Sander. noch, dass die Hupfer in grossen Mengen »ausgeschlüpft sind«; dass inzwischen von den erst ausgekrochenen, welche geflügelt worden sind, wird nicht berichtet. Das Aus- schlüpfen von Jungen wird ferner aus Engcobo°°”), Peddie Ward 4 und Newcastle’°’), Willowvale?°”) *°®) und Stocken- strom?°”) gemeldet. In Umzimkulu?‘‘) trifft man hier und da noch einmal Heuschrecken. Eine besondere Bedeutung beansprucht eine Meldung aus Swellendam”°°) über das Ausschlüpfen von jungen Heu- schrecken. Ich lasse sie deshalb wörtlich folgen: »Leider muss ich berichten, dass Heuschreckeneier an einigen Orten ausgeschlüpft sind; offenbar sind sie bloss nicht mit den übrigen im vergangenen Jahre zusammen aus- gekommen, sondern müssen bis jetzt schlafend ge- legen haben«”"’). Demgegenüber ist zubemerken, dass dieser Schluss doch keineswegs so unbedingt zwingend ist, denn im Juli 1896 waren Hupfer in der nicht allzuweit abgelegenen Division Prince Albert ausgeschlüpft und im August 1896 zogen Schwärme in Westrichtung an der Küste von George entlang. Nun kommt zu allem Ueberfluss im Februar 1897 °°°) auch noch die Meldung, dass von dem zwischen George und Swellendam gelegenen Riversdale her fliegende Heu- schrecken in geringer Menge nach Swellendam kommen. Da liegt es doch eigentlich viel näher, daran zu denken, dass August 1896 vereinzelte dünne, nicht beachtete Schwärme bis Swellendam gekommen sind und hier gebrütet haben. Es sind ja auch nur wenige Hupfer im Januar 1897, die bald von den Vögeln und dem Hausgeflügel aufgerieben sind. 268) Die Alten haben ihre Eier gelegt und starben, haben uns aber Myriaden von Hupfern hinterlassen“. 269) Agric. Journ. Cape Col. 1897. X. Heft 6. SYsm. 270)26. Febr: P.' B.. Borcherds, 'C.C:%,I am sompserandee locust eggs have hatched in some places and evidently did not come out with the rest last year, but must have remained dormant until now“. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 73 Aus dem Februar liegt überhaupt nur diese Meldung vor, doch fehlen mir wieder einmal zwei Hefte (7 und 8, rundirs. April): Im März handelt es sich überall, in Knysna in Umtata°"'), in Willowvale?’') um Hupfer, die zum Teil in grossen Mengen ausgeschlüpft sind, denen aber Farmer und Eingeborene, unterstützt von den Heuschrecken vertilgenden Möseln, energisch zu Leibe gehen. In Kenhardt”"')- ist wahrscheinlich das Gleiche der Fall, wenn auch bloss von Heuschrecken berichtet wird. In Queenstown””') müssen gleichfalls welche dagewesen sein, denn sie sind am 22. April vollständig verschwunden. Während des April schlüpfen noch Hupfer aus in Knysna’'”) und Vryburg”"”). Vorhanden sind sie noch in Umtata°'’). In Umzimkulu?””) sind sie ausgewachsen und haben Flügel bekommen; im Unterland von Peddie°"’) sind noch »einige Scharen von Heuschrecken«. In Uniondale”'”) sind seit langem keine mehr gesehen worden. Im Mai schlüpfen in Knysna”"”) zwar noch immer Junge aus, »erreichen aber wie schon im vergangenen Jahre nur die Hälfte ihrer Entwickelung und sterben dann ab«. In Upington’””) sind noch Heuschrecken. In Peddie*"?) ist nur bekannt, dass grosse Schwärme von der Küste weg- A) gezogen sind. Im Juni wird aus Knysna berichtet, dass die Hupfer bald nach dem Ausschlüpfen verschwunden sind. In Peddie- Newcastle’’*) haben sie wieder »im Strandbusch« ?"’) über- wintert. =) ?7la) Asgric. Journ. Cape Col. 1897. %. Heft 9. S. 505—507. 272), Ebenda 1897. X. Heft 11. S. 613-619. 73) Ebenda 1897. X. Heft 13. S.. 730—731. 74) Ebenda 1897. XI. Heft 2. S. 54. (Von 1897 ab ist der Jahrgang in zwei Bände geteilt.) 75) 1. Juli. Cornelius Cock; Locusts in very large swarms have wintered in the Sea Bush.“ 74 Dr. Sander. Aus Knysna”’®) wird im Juli gemeldet, dass die Heu- schrecken völlig verschwunden seien, in Humansdorp °""), wo gute Regen über die ganze Division hin gefallen sind, trifft man im Juli und August hier und da Trupps von un- ausgewachsenen Heuschrecken. Im September werden die Meldungen wieder zahl- reicher. In Bathurst”’®) sind noch Heuschrecken im Distrikt, aber ohne Schaden zu thun””). Noch vorhanden sind sie gleichfalls in Peddie°”®), und in Hopetown’°*°) sind sie, ziem- liche Verheerungen anrichtend, neu aufgetreten. In Mooi- plaats (Komgha oder Burghersdorp?)’°') haben sich einige Schwärme gezeigt, ohne Schaden zu thun und in Willow- vale°*‘) sind wieder grosse Schwärme erschienen. Im Oktober zeigen sie sich auch in Bizana’°“”), in East London°°’), in dessen Kreis Braakfontein, während sie im Kreise Fort Jackson schon in den letzten Tagen des Sep- tember waren —, Elliotdale?*”) (Unterland), in Flagstaff”*°) (Pondoland), in Libode (Pondoland°””), Unterland), in Umzim- kulu’®’) (mehrfach von Natal kommend) und in Willow- vale”°°) an der Küste. In Port Alfred°°') sind viele Schwärme eben bei der Paarung und in Peddie sind sie immer noch an der Küste. Auch in Bathurst”°”) scheinen sie schon zu sein. Das Ausschlüpfen von Jungen nach gutem Regen wird über Springbok”"°”) aus Bushmanland gemeldet. Im November sind die Heuschrecken in Bathurst °°°); in Umzimkulu?’‘) kommen sie immer noch gelegentlich wieder, ohne sich aber niederzulassen; im Unterland von 276) Aepric. Journ. Cape Col. 1897. X]. Heit 2 Ss aeR Zn benda 1897.24. Hieit. 5. 5. 20s. 272, Ebenda 1897. XI. Heft 7. S. 392. 279) Die Heuschreckenberichterstattung hat in diesem Jahre wohl unter der Rinderpest zu leiden gehabt. 280) Agric. Journ. Cape Col. 1897. XI. Heft 8. S. 400—401. 2821) Ebenda 1897. XI. Heft 9. S. 469—473. 7292), Ebenda 1897. X1.. ‚Heftiro..iS#529--u86. 289) Ebenda 1897. XI. Heft ı1. S. 604—613.. 224) Ebenda 1897. X]. Heft 13... $. 733—735. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. Zus Peddie°®’) machen sie immer noch viel Beschwerde. In East Kondon und Port Alfred) sind sie in voller Paarung. Im Dezember richten die Heuschrecken noch Schaden an in Bathurst°°°) (bis 10 miles binnenlands von der Küste), Kentani’°) und Peddie.”°°) In Braakfontein, East London’’”) und Willowvale’*°) (Küste) sind die Jungen ausgeschlüpft und setzen das Zerstörungswerk ihrer Eltern fort. Das Jahr 1898, ein Jahr mit guten, rechtzeitigen Regen und trockener, kalter Zeit, zeigt wieder ein erhebliches An- wachsen der Plage, wesentlich in seiner zweiten Hälfte ein- setzend und seitdem bis auf den heutigen Tag noch zu- nehmend. Für 1899 und Igoo spricht wohl schon der Krieg beziehungsweise das schon vorherrschende gespannte Ver- 'hältnis und die Kriegsvorbereitungen mit, die den Farmern keine _ Zeit liessen, gegen die Heuschrecken vorzugehen, während das in den verflossenen Jahren mit anerkennenswertem Eifer und ebensolcher Ausdauer geschah. Im Januar finden sich Schwärme in Bathurst”®”) (bis 7a miles von der: Küste), in Bizana”°). (in schmalem Strich an der Küste), in Burghersdorp’*”), in Colesberg”"”) (beide Arten!), in Herschel’°°), vielleicht auch schon in Herbert’) (die roten), in Kentani’”) längs der Küste, in Knysna’”) ganz vereinzelt, »möglicherweise die überlebenden Reste der Hupferscharen des vergangenen Jahres«, in Middelburg’*”) (die roten), in Mqganduli””), in Nggeleni”"), in Peddie’”), in Tarka°°), wo die Vögel aber stark unter den wenigen ost- wärts fliegenden Schwärmen aufräumen, und in Natal an der Östgrenze von Umzimkulu’®"). In East London, Wards Braakfontein”®) und Fort Jackson ’*”) sind enorme Mengen von Hupfern vorhanden, in Willowvale?°°), wenn auch auf die Küste beschränkt, so doch 22) Ebenda 1897. XI. Heft 12. .S. 666 667. 286) Ebenda 1898. XII. Heft 2. S. 66-73. ZIP Agrıe. Jourm Cape Col 1898. XII Heft 2. 5.66 73. 288) Ebenda:.1898. XII. Heft 5. S. 233—239. 229) Ebenda 18098. XII. Heft 4. S. 169-176. 76 Dr. Sander. in zunehmenden Scharen, und in Tarka beginnen auch schon Junge auszuschlüpfen, während noch Schwärme da sind. In Vryburg”°‘) sind grosse Mengen von »Heuschrecken«. Im Februar ziehen Anfang des Monats in Aliwal North °°°) grosse Schwärme durch, ohne Aufenthalt zu nehmen; in Colesberg”’°) sind sie vom vorigen Monat geblieben und jetzt bei der Paarung, in Herbert’”) sind sie noch, in Gordonia’”‘) sind sie in gewaltigen Schwärmen erschienen, alles auf ihrem Wege verwüstend, in Kimberley °””) erscheinen sie in kleinen Mengen und zwar in allen Kreisen: De Bad, Graspan, Modder River, Riverton, Warrenton und Windsorton Road. In letzterem Ward haben sie an zwei Plätzen auch schon Millionen von Eiern gelegt. Aus Tarka liegen keine neuen Nachrichten vor. In Kentani”) richten »Heu- schrecken« noch immer grossen Schaden in den Küsten- distrikten an und ebenso verwüsten in Nggeleni”’”) »Myria- den« die Saaten. In Elliotdale””) sind an der Küste grosse Mengen von Hupfern (vielleicht auch schon Ende Januar), die von den Eingeborenen durch Brennen bekämpft werden, in Willowvale”°”) sind noch immer grosse Scharen, in Peddie?”) erscheinen Hupfer in den betroffenen Küsten- strichen, in Umtata’””) zeigen sie sich auch, und in East London-Braakfontein schlüpfen noch immer neue Scharen aus, während den ersten schon die Flügel wachsen. Im März kommen sichere Nachrichten über alte Schwärme nur aus Tarkastad’”‘), wo sie beim Paarungs- geschäft sind; eine Meldung aus Libode (Pondoland)’°°), dass Anfang März in dem östlichen Teile »Heuschrecken« er- schienen seien, die grossen Schaden thäten, ist wohl auch auf Fliegende zu beziehen, ebenso wie die aus Umzimkulu °°°) 220) Ebenda 1898. XI. Heft 5. S. 233—237. 22!) Ebenda 1898. XII. Heft 9. S. 466. 292) Ebenda 1898. XII. Heft 7. S. 359—360. 299) Ebenda 1898. XII. Heft 6. S. 3ı1ı. 224) Agric. Journ. Cape Col. 1898. XII. Heft 7. S. 357—362. 295) Ebenda 1898. XII. Heft 8. S. A19—420. 96) Ebenda 1898. XII. Heft 9. S. 465—471. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 77 (Ibisifluss und Zimankulu-Berge) und die schon im Februar erwähnte aus Gordonia’”) vom 7. März. In allen andern Orten sind nur Hupfer oder aus diesen hervorgegangene junge Schwärme Hupfer werden gemeldet aus Aliwal 'North?°®), offenbar die Brut der im Februar dort gewesenen Schwärme, aus Engcobo”"*), wo das Ausschlüpfen (in Doberatal) wohl schon im Februar begonnen hatte, aus Kentani”’’)”””), aus Kimberley und zwar in kleinen Mengen aus dem Kreise Modder River”"‘), in grossen aus den Kreisen Riverton’’°), Warrenton’”) und Windsorton Road’”),, aus Mqanduli?’*), Negqeleni”’), Peddie’’) und Tabankulu’”’), von einem Streifen an der Küste bis 20 miles binnen Landes. In Willowvale”’”) sind sie noch immer auf die Küste beschränkt, bekommen aber schon Flügel. Im April nimmt die Zahl der Meldungen sehr ab. Aus: Bathurst’”°) wird nur von Heuschreckenschaden an der Küste berichtet, ohne Einzelheiten. In den Kimberley-Kreisen Modder River’”), Warrenton””) und Windsorton Road’) sind noch Heuschrecken, in den beiden letzten Kreisen reichlicher und als »junge« bezeichnet, in Modder River nur wenige. In Maanduli”‘) sind die Heuschrecken noch an der :300 Küste, ebenso in Nggeleni”) und in Peddie’“). In Willow- 2) vale ziehen sie. sich ganz an die Küste‘ zurück; in Libode’”’) scheinen sie verschwunden zu sein. Aus Tar- kastad’””) kommt die Meldung, »dass Heuschrecken erschienen seien, aber von den Vögeln in Schach gehalten würden« (dort waren übrigens Anfang April schon frühzeitige Fröste). Im Mai nimmt die Verbreitung der Heuschrecken noch weiter ab. In Bathurst"') sind sie noch in grossen Schwärmen 227) Es ist hier zwar ebenfalls nur von „locusts" die Rede; die begleitenden Bemerkungen lassen es aber mehr als wahrscheinlich er- scheinen, dass es sich um Hupfer handelt. 228) Asric. Journ. Cape Col. 1898:: XI. - Heft:6. S.. 312. 299) Ebenda 1898. XII. Heft ı1. S. 612-616. 200) Ebenda 1898. XII. Heft ı2. S. 674-675. ®0l) Ebenda 1898. XIl. Heft 13. S. 730—734. 78 Dr. Sander. da, in Lusikisiki’°) sind am 6. noch Schwärme zu sehen, also wohl schon im April gekommen, in Mganduli°’°) sind solche ebenfalls (an der Küste), in Nggeleni’’') noch in grossen Mengen an der Küste, in Venterstad””‘) (Albert) mögen die Farmer wegen des Vorhandenseins von Heu- schrecken nur wenig säen und in Willowvale®’'), wo fleissig der Pilz ihnen einzuimpfen versucht wird, sind sie gleichfalls noch in grossen Schwärmen. Aus Kenhardt’’) kommt die Nachricht, dass dort »grosse Scharen ausgeschlüpft seien und das ganze Wintergras vernichteten«. Für Juni liegen nur zwei Meldungen vor: die schon erwähnte aus Bathurst°’') vom Io., dass sie noch da seien und aus Fort Jackson°’’) (East London), dass grosse Schwärme als Landplage noch vorhanden seien. Doch müssen sie auch noch in Venterstad und zwar als Hupfer gewesen sein, weil aus dessen Division Albert®’”) ‘erst unter dem 8. Juli be- richtet wird, dass sie verschwunden seien, d. h. Flügel bekommen haben und weggeflogen sind. Ebenso müssen sie auch noch in Bathurst®”’) vorhanden gewesen sein, da sieram 12. Aueusten ochderg sind. Dies sind auch gleichzeitig die einzigen Meldungen für Juli. Im August werden sie wie gewöhnlich lebhafter und beginnen wieder in andere Gegenden einzudringen. In Bathurst’°*) sind die Schwärme immer noch da und auch von den anderen Küstendistrikten liegen jetzt wieder Nachrichten vor. So aus Flagstaff (Pondoland)’’‘), dass ver- schiedene Schwärme durchgeflogen sind, ohne sich fest- zusetzen, ebenso aus Kingwilliamstown°””), aus Komgha’”’), wo sie in ungeheuren Schwärmen das Land durchfliegen und nach der Küste gehen, aus Nggeleni’"), wo sie ständig im Anwachsen sind und aus Willowvale’’’). Ueberall sind leichte 2) Ebenda1898, XUIMN. Hei 51 7Sı2350, 30%) Ebenda 1898. XIII. Heft 2. S. 62—64. 302) Ebenda 1898. XIII. Heft 7. $. 370—375. 305) Ebenda 1898. XIII. Heft 6. S. 304—300. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 79 Regen gefallen. In Libode’"‘), etwas mehr nach dem Innern zu, erscheinen sie auch bereits und scheinen sich festsetzen zu wollen; und auch in Stutterheim®”’) zeigen sie sich, ob- wohl dort noch Trockenheit herrscht. Da nach einer späteren Meldung aus Braakfontein (East London)’”°) dort seit Anfang September die Heuschrecken völlig weggezogen sind, so liegt es wohl nahe, daran zu denken, dass diese Schwärme dort- her stammen. East London, Braakfontein und Warrendale°°‘) müssen nach dieser Notiz für den August (und wohl auch die Monate bis März zurück — aus Fort Jackson liegt noch eine Meldung vom Juni vor, also wohl auch dieser Kreis —) als heimgesucht aufgezählt werden. Im September schwärmen die Heuschrecken immer weiter aus. Ausser in den im August genannten Plätzen ‚treten sie jetzt auch in Elliotdale°’*) und dessen Nachbar- ‚distrikten, in Fraserburg”””) (nach mässigen Regen, besonders bei Springersbaailaagte, Onderste Dooms und Brandvlei in riesigen Schwärmen), in Kentani’’')’), wo sie nach der Küste ziehen und sich dort festsetzen, in Mqanduli’’°) (im Oberlande), in Peddie’’””) (besonders an der Küste), in Umtata°°’)’°°) (von der Küste nach dem Hochlande), Willow- vale°°°) und in Van Rhynsdorp, Ward Nieuwefontein°°’) auf. Im Oktober schlüpft bereits mehrfach nach gutem Regen die Brut aus. So in Colesberg’'”) in ungezählten Myriaden, in Kenhardt?') in eben solchen Scharen, in Van Rhynsdorp-Nieuwefontein’'’) ebenfalls. Schwärme werden noch gemeldet aus Fort Jackson East London’'’), Engcobo°'°) (im Südosten, Komgha’°)’''), Maqanduli’''), Ngaqeleni’”°) (schlimmer als je in den letzten 5 Jahren°’”), Umtata°°) und Willowvale°''.. Dass »Heuschrecken«, wohl fliegende, er- 206), Ebenda 1898. XIII. Heft ıı. S. 663--664. ID Asrie, Journ. Cape Col..1898, XIII. Heft 7.,S, 370375. SS) Pbenda 1808 XI. Hleieo. S. 498 con. 2 Ebendai 1898. XIM.. Heft 8: S..428. 310) Ebenda 1898. XII. Heft 10. S. 568—573. s11) Ebenda 1898. XIII. Heft ıı. S. 661—667. 80 Dr. Sander. schienen sind, wird aus Hay’’‘) gemeldet. Ob in East London-Warrendale °'°) noch in diesem Monat Heuschrecken sind, ist aus der Fassung des Berichts nicht zu ersehen. Der November fördert, da fast überall guter Regen fällt, das Ausschlüpfen der Brut sehr und von überall her beginnen jetzt die Klagen, dass die diesjährige Heuschrecken- plage ganz ungewöhnlich arg sei. So ist es der Fall in Coles- berg”'”), wo nicht bloss im Distrikt selber ungeheure Heere auskommen, sondern auch noch aus dem benachbarten Philipstown zuwandern und alle Hände in ihrer Be- kämpfung thätig sind, Männer, Weiber und Kinder! Das grösste Heer, von dem berichtet wird, ist auf 2o (engl.) Meilen Breite geschätzt! In Prieska°'’) treten die Hupfer gleichfalls in ungeheuren Massen auf, überziehen sogar die Ortschaft selbst und vernichten nicht bloss alle Gärten, sondern dringen auch in die Häuser ein und fressen Gar- dinen, Vorhänge und Kleider auf. Das ganze Land ist eine grosse Wüste! Auch in van Rhynsdorp°'”) ist die Menge der Hupferscharen ungeheuer geworden und immer noch im Anwachsen. In Kenhardt’'*) dagegen schlüpfen zwar immer noch neue Scharen aus, die Zahl der Hupfer aber nimmt trotzdem ab, weil seit Anfang Oktober kein Regen mehr gefallen, alles verdorrt und so kein Futter für die gefrässigen Tiere mehr vorhanden ist. Auch aus Victoria West’) werden grosse Scharen gemeldet. Fliegende Heuschrecken treten im November noch auf in Bathurst’‘‘), in East London, Wards Christmas Vaie°''), Warrendale°'’) (und wohl auch Braakfontein)’'‘), in Eng- cobo°'*) (dem Osten), Fort Beaufort®’’), Hanover®'‘), Kimber- 312) Ebenda 1898. XII. Heft 13. S. 806-817. 912) Ebenda 1898. XIIl. Heft ı2. S. 745—749. 21°); EbendaV1889: »XIV!N Heft.1.'8% 3. 915) Agric. Journ. Cape Col. 1898. XIII. Heft ıı. S.717—719. Entomology. 916) Agric. Journ. Cape Col. 1898. XIII. Heft ıı. S.661—669. ®17) Ebenda 1899. XIV. Heft ı. S. 1-7. 18) Ebenda 1898. XIII. Heft ı3. S. 806—817. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 81 ley und zwar den Wards De Bad’'‘) und Modder River’”°), Maclear’'', Middelburg’'‘), Stockenstrom’'), Umtata°”°), Victoria East’'®) und Willowvale°'°).. In Calvinia’'”) treten sowohl Fliegende wie Hupfer auf, letztere jedoch in grösserer Zahl. Aus Herbert‘), Idutywa (Bashee Tal)’'*), Kentani°’'°) (fürchterliche Mengen!)’'°), Mqanduli’'’) (bis ro Meilen von der Küste), Nggeleni°'”) (schlimmer denn je!), Peddie’'”) und Victoria West°‘’) werden »Heuschrecken« gemeldet. Der Dezember weist abermals und zwar eine ganz er- hebliche Zunahme der Plage auf. In Albert°”) zeigen sich neue Schwärme; East London wird förmlich überflutet; in Braakfontein°”') dringt eine vernichtende Woge nach Süden, in Christmas Vale wird der Mais zerstört, in Shelford sind die Heuschrecken in dichten Schwärmen, in Fort Jackson ist von den nach Komgha ziehenden alles abgefressen und dazu haben sie noch reichlich Eier hinterlassen, in Gambie ist nur das Kafferkorn (das überhaupt weniger angegangen wird) stehen geblieben, in Warrendale ist so gut wie alles vernichtet von Schwärmen, die nach Peddie gezogen sein sollen, und dabei kommen immer neue von NE her! In Elliot®”°) sind grosse Schwärme, aber noch ohne Schaden zu thun, in Barkly East””') kommen sie heran, in Bathurst°”°) sind alle Saaten vernichtet, Flagstaff’””) selbst ist zwar frei, die Küste aber voll von Schwärmen; in Herbert überziehen sie den grössten Teil des Distrikts, Saatfelder und Weide zerstörend, in Kentani’”) sind sie, schwere Verwüstung an- richtend, besonders an der Küste; in Kimberley ””°) sind sie nun in grösserer oder geringerer Zahl in allen Wards, in Komgha°”’) verheeren sie die Küste, in Maclear’”') sind sie erschienen, aber von den Winden bald wieder ins tiefer gelegene Land entführt worden; in Mount Frere°”‘) sind sie gleichfalls, aber nur vereinzelt; in Mqanduli halten sie sich immer noch in grossen Mengen an der Küste auf, in =) Ebenda 7898: XI. Heit 12. 8. 745. 920) Ebenda 1899. XIV. Heft 2. S. 58—64. 2) Ebenda 1899. XIV. Heft 3. S. 129—137. Sander, Wanderheuschrecken. 6 82 Dr. Sander. Tarka°°°) sind Schwärme durchgezogen, in Umzimkulu ®””) sind sie an verschiedenen Orten in kleinen Mengen, und ebenso in Wodehouse’””), wo sie sich aber noch nicht fest- gesetzt haben. Erschienen sind sie auch in Queenstown’”‘). Grosse Scharen von Hupfern werden nur aus Ngae- leni?”’) und Richmond’”’) gemeldet (für November und De- zember). In Kenhardt sind nun alle Hupfer aus Futter- mangel zu Grunde gegangen (s. November). Nach diesem Bilde vom Dezember 1898 ist es kein Wunder, dass das Jahr 1899 eine ganz ungewöhnlich weite Verbreitung und ganz ungewöhnliche Schwere der Plage bringt. Im Januar sind Schwärme in Alexandria°””), Bathurst®””), East London’”’), -Amalinda und -Fort Jackson, in Elliot®””), Herbert”””),, Herschel””), Hopetown°’””) (Ende des Monats wieder verschwunden); in Humansdorp’””) kommen seit dem 17. grosse Schwärme vom Norden, südwestwärts an die Küste ziehend, wo sie zu Hunderttausenden von den Winden ins Meer geworfen werden; in Kimberley°”’) durchziehen sie fast alle Kreise: De Bad, Graspan, Modder River, Warrenton und Windsorton Road, in King Williamstown halten sie gleichfalls ihren Einzug, in Maclear*””) ist nicht viel Schaden angerichtet worden, in Mount Fletcher°’’) hält sich ein kleiner Schwarm dauernd im Oberlande des Distrikts »towards the Berg« auf, in Philipstown’’°), Queenstown°”’), Umtata°””), an der Küste in Umzikaba°””), Umzimkulu®”‘) und in Vry- burg””’) sind gleichfalls Schwärme, in Vryburg’”’) gegen Ende des Monats im Verschwinden. Durch Steynsburg®”’) ziehen 222) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Heft’2. SI’TZz=64 223) Ebenda 1899. XIV. Heft 3...S. 130—137. 924) Ebenda 1899. XIV. Heft ı.. S. 5—6. 225) Ebenda 1899. XIV. Heft 4. S. 194—201. 926) Fbenda 1899. XIV. Heft 6. S. 337—346. 227) Ebenda 1899. XIV. Heft 5. S. 258—264. 922) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. S. 290—296. Locust Fungus Operations. 6 Se re * Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 83 von NW nach SE mehrere grosse Schwärme der grauen Heuschrecke durch, zum Glück rasch weiterwandernd, so dass sie nur beschränkte Stellen verwüsten. Hupfer werden gemeldet aus Nggqeleni’’’)’”'), Moan- duli’”'), Peddie’’’),, Willowvale’”). In East London’) — Christmas Vale, Gonubie und Warrendale — sind Geflügelte und Hupfer nebeneinander. (Vom Kreis Warrendale her wird übrigens jetzt berichtet, dass die Geflügelten das ganze Jahr 1898 über eigentlich nie ganz verschwunden gewesen wären, die Hauptarmee aber Anfang und Ende Dezember gekommen sei.) Aus Carnarvon’”) wird von ungeheuren »swarms« von »Heuschrecken« berichtet; es ist nach dem ganzen Zusammenhange nicht klar, ob es sich wirklich um »Schwärmes, d. h. fliegende Heuschrecken, handelt, denn die benachbarten Bezirke Kenhardt und Prieska waren ja Ende November und im Dezember von Hupferscharen über- schwemmt, die dort kein Futter mehr fanden, also aus- gewandert sein könnten; andererseits würde selbst bei Futtermangel die Zeit ausreichend gewesen sein, um diese Scharen Flügel bekommen zu lassen. Im Februar nimmt die Zahl der fliegenden Heuschrecken beträchtlich ab, die der jungen aber wächst ins Ungemessene. Ueberall wird jetzt der‘ (künstlich gezüchtete) Pilz einzu- impfen versucht, der 1896 ein so rasches Hinsterben der Heuschrecken veranlasste; mit sehr wechselndem Erfolge. Von Schwärmen wird noch aus Colesberg”””) berichtet, wo einer von Philipstown her nach Middelburg zu über die Ortschaft flog. In Umzimkulu’”’) kommen noch gelegentlich Schwärme angeflogen, ohne sich aber länger aufzuhalten; in Misode ) sind einige an der Küste, olme aber ins Inland zu ziehen; in East London sind die alten Heuschrecken tot, aus Kimberley °””) wird gemeldet, dass sie verschwunden oder keine. vorhanden seien. Aus dem grössten Teil von =») Agrie. jourm Cape Cols 1899: YXIV. Hliefß 6..5. 337-346. 220) Ebenda 1899. -XIV. Heft 7. S. 422426. 230) Ebenda 1899. XIV. Heft 5. S. 253-264. 8 * > 1 84 Dr. Sander. Vryburg sind sie gleichfalls verschwunden und es wird nur noch von Schäden im Nordwesten von Morokwen berichtet. Hupfer finden sich nun in Bathurst’”‘), den Kreisen Amalinda, Braakfontein, Christmas Vale, Fort Jackson, Gonubie, Shelford und Warrendale von East London” 32), zum Teil in zahllosen Scharen, am wenigsten in Warrendale, wo Mitte Januar die letzten Schwärme mit Erfolg infi- ziert worden waren; ferner in Hopetown’””), Komgha°””)’””), Kuruman°”), Mganduli’”’)**°), Peddie®”’)’*°), Uitenhage®””)°’”*), Ngqeleni’®'), St. Johns Pondoland°”); in Vryburg erscheint Ende des Monats (bei schlechten, ungenügenden Regen) ein kleiner Trupp von Hupfern. Der März zeigt keine alten Schwärme mehr, sondern nur Hupfer und frisch geflügelte junge Schwärme. Hupfer sind noch, und zwar in ungeheuren Mengen, in Bathurst”””) °””); in East London”), Wards Amalinda und Gambie sind immer noch grosse Scharen, desgleichen in den Wards Braakfontein’°°), Christmas Vale’) (wo sogar Ende des Monats noch immer neue. Scharen ausschlüpfen), Fort Jackson°°) °°”), Shelford®’°); von Warrendale”"“) liegt keine Meldung vor. In Engcobo°®°) zeigen sich jetzt gleichfalls Hupfer, ebenso noch in Hopetown°*°), Komgha°”‘)”*), Mganduli’:%’”), Ngaqeleni°°°); in Upington’””)”*‘) sind sie nach gutem Regen , 832) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Locust Fungus Ope- rations. S. 290— 296. 83) Ebenda 1899. XIV. Heft 4. S. 197. 334) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Locust Extermination. 5508547. 835) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Locust Extermination. S. 460—461. 836) Ebenda 1899. XIV. Heft 9. S. 541-5435. 337) ‚The country fairly stinks of locusts“. 338) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Locust Extermination. S. 505-508. 839) Ebenda 1869. XIV. Heft 8. S. 478—48o. 340) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Locust Extermination. 54.192 192. Historisches über das Auftreten von Wan derheuschrecken etc. 85 in riesigen Mengen ausgeschlüpft. In St. Johns’’“) sind sie durch die Impfung vernichtet, in Willowvale ist gleichfalls ein gutes Ergebnis erzielt worden. In Kimberley’*'), mit Ausnahme des Kreises Windsorton Road, haben sich wieder Fliegende (junge Schwärme) gezeigt, ohne dass sie irgend welchen Schaden gethan zu haben scheinen, desgleichen in Hay°“') und in Middelburg”*”); durch letzteren Ort sind sie bis dahin nur durchgezogen. »Heu- selitecken< werden aus Victoria East’”), Hay’). und in grossen Mengen aus Kentani’*’) gemeldet. Während des April sind in Bathurst”‘’”) noch immer Hupfer, allerdings in stark verminderter Zahl, da starke An- strengungen gemacht sind, ihrer Herr zu werden; sie dienen jetzt als gutes Futter für die Strausse. Auch East London’*’)’**), bezw. dessen Kreise, soweit sie heimgesucht waren, haben noch immer zu leiden, doch nimmt gleichfalls die Zahl ab; die ältesten der Hupfer bekommen während des Monats Flügel. In Engcobo°"’) sind gleichfalls noch Trupps, in Upington®”’) grosse Scharen. Aus Umsikaba°*”) werden jetzt gleichfalls Scharen vom Umzimvubufluss her gemeldet. In Kenhardt’*') werden Hupfer und zugleich in anderen Teilen des Distrikts fliegende Heuschrecken beobachtet. Nach Herbert’) kommen wiederum »Heuschrecken« (wohl fliegende) und in Griquatown’*) (s. oben Hay) sind auch noch viele; in Vryburg”*’) sind sie »hübsch zahlreich«. In Nqgamakwe sind die Heuschrecken, die vor »einigen Monaten« nach Kei Valley kamen, jetzt von dort verschwunden, zum grössten Teil der Impfung. erlegen; der Rest soll nach Butterworth gezogen sein. a 321) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Heft 8. S. 477—480. ap Eyenda 1899 XIV. Hieisor 3. 343, As #3) Ebenda 1899. XIV. Heft 9. S. 541—545. 344) Wbenda 1899. XIV. Locust Extermination. S. 568—569 und 812—814. N 315) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Heft ı0. S. 605-612. 86 Dr. Sander. Im Mai wird in Bathurst?*‘)°**) der Feldzug gegen die Hupfer von dem entsendeten Staatssachverständigen und den Einwohnern mit so gutem Erfolge fortgesetzt, dass sich zu Ende des Monats die Heuschrecken sehr vermindert haben. Sie bekommen jetzt auch Flügel und ziehen sich nach dem »Busch« zusammen. Der gleiche Erfolg und das gleiche Verhalten der Heuschrecken wird aus Peddie°*°) be- richtet. Das Gleiche ist der Fall in East London’“). Die meisten Scharen (wenn nicht alle) sind jetzt übrigens schon geflügelt. Auch nach King Williamstown kommen sie von Peddie her auf dem Marsche nach Komgha’“‘). Ueberall in diesen Küstendistrikten sind sie in grossen Massen und überall suchen sie vor. dem beginnenden Winter Schutz im »Busch«. =) In Griquatown°*‘) sind noch grosse Schwärme, in den Kreisen von Kimberley’“') erscheinen sie in grosser Menge, nur in Windsorton Road in geringer Anzahl auf dem Durch- marsch nach dem Freistaat, also etwa SW. bis W. — NE. bis PB:,zienend. | In Upington und Vryburg betreiben die Regierungs- beauftragten im Verein mit den Farmern gleichfalls energisch den Kampf gegen die Plage und nach den Berichten mit 3 gutem Erfolg. Im Juni sind die Heuschrecken überall im Busch, so in Alexandria°®’) im »Strandbusch, der sehr dicht ist« und im »Regierungswalde«; die grösste Schwierigkeit ist, sie im Walde zu finden (um sie zu infizieren), und das einzige Merk- mal, wo man sie zu suchen hat, besteht in den vielen Vögeln, die ihnen nachstellen«. In gleicher Weise sind sie 946) Ebenda 1899. XIV. Locust Extermination. S. 812—814 und S. 885—886. 94T) s. Peddie. Anm. 346. 948) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. Heft 13. S. 837—843. 99) Ebenda 1899. XV. Locust Extermination. -S. 192—193. 850) Ebenda 1899. XV. Locust Extermination. S. 4-so und 3» 1722. SEE Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 87 in Bathurst””), Peddie (Küstenbusch)’”‘), East London’*) (Fort Grey Busch, der so dicht ist, dass man ihnen nicht beikann!), Komgha°”‘) (im Regierungsbusch). Sie scheinen jetzt überall voll geflügelt zu sein. In East London’”‘) halten sie sich in den Wards Fort Jackson, Braakfontein und Gonubie, nicht in den Wards Christmas Vale, Shelford und Warrendale. In Warrendale, dem Peddie benachbarten Kreise, wird diese als auffällig betrachtete Erscheinung der Vernichtung der Flüge und Hupfer in den vergangenen Monaten zuge- schrieben. In Kimberley°°’) sind sie nun in allen Wards, davon sind die beiden nördlichsten Warrenton und Windsorton noch am wenigsten betroffen; in Graspan nimmt der Bericht- erstatter an, dass die Schwärme wohl zum Eierlegen über- gehen würden. Wie Kimberley°°°) ist auch seine nähere und weitere Umgebung heimgesucht: Barkly West?””) und Klip- dam°”°), Herbert’), Hay’°°), Griquatown®”*),, Hopetown’”°), Diiestown, .) mitöde Aar”!)'®), Prieska"), U Upington’”)’”), Vryburg’”) und nach der andern Seite nach dem Freistaat hin der Distrikt Boshof””) und zwar mit riesigen Mengen, oder wie der Regierungsbeauftragte von Windsorton Road’*°) her berichtet: »Von Langeberg nach Kimberley und überall ringsherum in Barkly West, Vryburg und ähnlichen Plätzen ist das ganze Land nur eine einzige Masse von Heu- schrecken.« Auf der ganzen Linie wird eifrig an ihrer Vernichtung gearbeitet. | j Es sind also in diesem Wintermonat die beiden schon erwähnten Hauptquartiere der (roten) Heuschrecken deutlich ausgesprochen: Das eine im Südosten der Kalahari an den Grenzen des Freistaates, das andere in den Küstenbezirken des Südostens mit Peddie als ungefährem Mittelpunkt. Leider 85) Ebenda 1899. XV. Heft 3. S. 137-144. 332) Ebenda 1899. XV. Heft 2. S. 73—78 859) Ebenda 1899. XV. Heft ı. S. 1-4. SS) Ebenda '1899. : XIV. Heft r3. ”S8309. 355) Ebenda 1899. XV. Locust Extermination. S. 192—193. 88 Dr. Sander. lässt sich im nächsten Jahre diese Erscheinung nicht nach- prüfen, weil die Ende 1898 eingerichtete Aussendung von besonderen Regierungsbeauftragten zur Bekämpfung der Heu- schrecken, die eine geordnetere Berichterstattung zur Folge hatte, 1900 durch den Krieg schwer gestört wird. Für Juli ist in dem südöstlichen Herde eine deutliche Verminderung der grossen Schwärme zu verzeichnen, ver- anlasst hauptsächlich durch die Erfolge der Impfung. Doch setzt hier nun sehr trockenes Wetter ein, das die Wirk- samkeit dieses Verfahrens beeinträchtigt. Die Heuschrecken sind noch im Busch. Gemeldet werden sie aus Alexan- .dria’’)° )), Bathurst’” ). (stark: vermindert), Peede 283 den Wards Braakfontein, Fort Jackson und Shelford von East London’). Ueber dem nördlichen Herde sind einige gute Schauer niedergegangen, die die Heuschrecken sich nach Süden°”°) in Bewegung setzen lassen. Noch ist der Hauptherd die Um- gebung von Kimberley, der Strich von Klipdam bis zum Langberg’’®), »der einfach ein einziger Heuschreckenschwarm ist und von dem her infolgedessen alle Heuschrecken kommen.« Sie haben jetzt auch schon zum guten Teil ihre Eier abgelegt oder sind noch dabei’”). Stark heimgesucht werden noch Klipdam-Barkly West’””), De Aar’’”), Uping- ton’’®), Hopetown°””), Hanover Road’°”), weniger stark Herbert’’”), Prieska®”), : Vryburg?”’) "und. ‚die jeisesthcken Kimberley-Kreise®”’)°”°’), wo die Schwärme mit Hinterlassung von Unmengen von Eiern zum Teil schon abgezogen sind. Ende des Monats, nach guten Regen, waren die Eier schon deutlich geschwollen, so dass ihr Ausschlüpfen demnächst zu “erwarten stand’ ‘). Ueberall finden sich tote Heu schrecken in grösseren Mengen, namentlich in Hopetown’°”°®). Aus Hay°”°) sind die Schwärme verschwunden. Neu von #58) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Locust Extermination. 5. 102.1093., b) >. 281-282, c) zug. 3:8 27) Agric. Journ. Cape Col..:1899. XV. ‚Heft 3..Sı27 34 858) Ebenda 1899. XV. Hefta. S. 227—228. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 89 Schwärmen überzogen ist Kenhardt’”’) und Philipstown’°’), wo nach ungewöhnlich guten Regen die Schwärme schon Eier abgesetzt haben und dann verschwunden sind. Der August bringt für die südöstlichen Bezirke eine weitere Abnahme der Heuschreckenmenge, aber Ausbleiben Keonhesen. Alexandria") ”.) ist Ende des Monats fast frei von Heuschrecken, deren Rest sich noch im Seabush ‚aufhielten und nur gelegentlich nach dem Walde flog. In ‚Bathurst”“') haben die Schwärme gleichfalls infolge der fort- gesetzten Bekämpfung abgenommen und jetzt sind auch noch die Hornschnäbel (Buceros) als Hilfe erschienen. In Peddie’"”) sind sie noch an der Küste. In East London’*’) sind sie noch in den Wards Christmas Vale, Shelford, Port Jackson und Amalinda’°°’). In letzterem Kreis sind sie schon stark in Bewegung — 20 englische Meilen in einem Zuge, ‚bis nach dem Kwelegha Fluss [Komgha]. — Diese Wander- lust zeigt sich auch darin, dass sie nun auch an der Küste von Komgha über den Kwelegha hinaus in grossen Mengen vorhanden sind und auch an der Küste von Willowvale’°’) und Mganduli in grossen Schwärmen auftreten. In Willow- vale ziehen sie von der Kleimündung her in der Richtung auf Umtata, d.h. SSW.—NNE,, ziemlich der Küste parallel. Vom nördlichen Herde aus geht die Ausbreitung nun schon etwas weiter, während die Zahl der Heuschrecken im ‚Mittelpunkt abnimmt. Von Kimberley°’“’) selbst sind noch ‚die Kreise: Graspan, Warrenton und Windsorton heimge- sucht; von Modder River’’)’’) wird dagegen ausdrücklich gemeldet, dass dieser Kreis frei sei. Hupfer sind trotz kürz- ‚licher Regen noch nicht ausgeschlüpft. In Herbert”“’) ziehen Schwärme durch, in Vryburg®°”) sind sie noch in Unmengen, 259) Ebenda'1899. XV. Heft 5. S..305—3r1. 2602) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Locust Extermination. Ssars. 2) S. 349-350. =D) Aerie Journ.:Cape Col. 1899. Heft 5378. 377331. 20) Ebenda..1899:. XV. ı Heft’! S32 225: 363) Ebenda 1899. XV. Heft 7. -S. 441—449. 90 - Dr. Sander. in Kenhardt®°”) recht reichlich; von den andern früher be- troffen gewesenen Gegenden fehlen Meldungen. Neu er- schienen sind sie in riesigen Schwärmen in Carnarvon°°‘) (wohl von Kenhardt her) und bei Ostwind in van Rhynsdorp°°"). Im September hält im Südosten die Dürre noch immer an, die Heuschrecken bleiben in Schwärmen, zer- streuen sich aber; im Nordwesten dagegen, wo die Regen gut waren, und ebenso an der Nordgrenze (wo unbemerkt in den rückliegenden Monaten Schwärme vorhanden ge- wesen sein müssen) sind die fliegenden Heuschrecken ver- schwunden, dafür aber schlüpft ihre Brut zum Teil in ge- waltigen Scharen aus. Im Südosten werden Schwärme gemeldet aus: Bathurst®”) in stets weiter abnehmender Menge; aus Komgha’°“’), East London, Braakfontein’°*) Anfang des Monats, vom ganzen Bezirk in geringen Mengen Mitte des Monats’) und Willow- vale’°®), von W. nach E. durchwandernd. Neu erschienen ist ein riesiger Schwarm in King Williamstown°°*), Bizana°“°) und Flagstaff”) mit Ende des Monats nach guten Regen, in Kentani”*) trotz anhaltender Trockenheit. In den verschiedenen Wards von Kimberley schlüpfen jetzt überall°’°‘) Hupfer aus; von anderer Seite, den Vor- stehern der einzelnen Kreise, werden sie freilich nur aus Graspan°°’), Modder River °°”) und Windsorton °°’) gemeldet, Hopetown’°°°) ist voll von Hupfern. Dasselbe ist der Fall in Herbert (Douglas’‘°), Wel-te-Vrede°°*), Hay’"‘), Upington °°°) (und Hinterland), Vryburg’“*), Kenhardt°“°), . Philipstown°”), von Rhynsdorp°°’); ferner in Beaufort West’’‘)°°‘); und weiter in den Bezirken an der Nordgrenze (nach dem Frei- )Ichenda 1800. XY. vkleit ©. Ss kon BE. 265, Ebenda 1899. XV. Heft ı0. S. 629—634. 866) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Locust Extermination. S. 598—599. 967) Ebenda 1899. XV. Heft 9. S. 573—578. 268) Sollte dies etwa die Brut der Augustschwärme in Carnarvon sein? Von C. aus kommt keine weitere Meldung bis Ende 1899. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. gE staat 'hin) von Burghersdorp°"), Colesberg’“‘), Herschel’*®°). Nicht recht in Einklang zu bringen mit diesem Bericht der Sachverständigen vom 30. September ist der des Civil- ‚Commissioners von Colesberg vom 8. Oktober, nach dem »Ende Oktober grosse und zahlreiche Schwärme über die Division gezogen wären und jetzt mit dem Eierlegen be- gönnen«. Entweder muss hier ein Missverständnis des Sachverständigen vorliegen, den die C. C. von Burghers- dorp, Colesberg und Herschel um Pilzkulturen angegangen hatten, »weil enorme Schwärme von Hupfern beim Aus- schlüpfen wären«, oder die Mutterschwärme müssen in den Divisionen übersehen worden sein. | In Gordonia°°') (Division von Upington) und Namaqua- land (Springbokfontein °°”) einer- und Steynsburg ”°*) anderer- seits), also den Randbezirken im Westen und Südosten, treten noch Schwärme auf, im Westen, wohin die in dieser Jahres- zeit vorherrschenden Winde stehen, in riesigen Mengen, in Steynsburg in dünnen vereinzelten Schwärmen, wohl den letzten Ausläufern der im vorigen Monat Ban Philipstown, Britstown und Hanover gewanderten. Von einzelnen Divisionen, von denen Meldungen zu erwarten gewesen wären, fehlen sie; so von Barkly West, Hanover (seitens des Civil-Commissioners). Vielleicht sind das schon die ersten Wirkungen des Krieges. Von Oktober an wird dieser Einfluss nämlich sehr deutlich dadurch, dass von Kimberley, Philipstown, Hanover, Herbert, Herschel und Burghersdorp keine Berichte mehr eingehen; bei Vryburg (5. Oktober) hören sie Anfang des Monats auf; aus Kimberley und Hopetown kommt vom Regierungsbeauftragten Hoch je einer vom ©. und, vom 16. Oktober, dann verstummen sie auch hier. Im südöstlichen Zentrum sind im Oktober die Heu- schrecken verschwunden aus Bathurst°°”) (leichte Regen); in East London’) herrscht im allgemeinen grosse Dürre, 269) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Heftog. S. 573578. D)Ebenda 1899. XV. Heft 10..18.4773—-777: 92 Dr. Sander. nur in drei Kreisen fallen leichte Schauer und in zwei von diesen Kreisen zeigen sich Heuschrecken. In Braakfontein kommt am I;5. ein grosser Schwarm von- Osten her und fliegt durch nach Maclean hin; am 16. kommt er von dort zurück und zieht nach Kei Mouth. Und in Fort Jackson zieht am 23. in der Richtung von Gonubie her der Aus- läufer eines Schwarmes durch. In Kentani’'') ziehen noch immer von Südwesten her die Küste entlang Schwärme nach den Wäldern. Durch Flagstaff ”'') ist anfangs des Monats ein Schwarm ohne Schaden zu machen durchgeflogen, in Bizana°'”) sind bei guten Regen mehrere grosse Schwärme, in Libode°””) zieht ein kleiner nach der Küste durch. Im Nordwesten wimmelt es von Hupfern. In Hope- town ’°°)’°°®) sind grosse Scharen, anscheinend eine zweite Brut, in Kimberley°"”*) sind auch noch Mengen, in Hay’°*”) desgleichen; Upington "”) ’"”), Bushman-?"**) "°‘) undNamaqua- land ’'”) sind von unbeschreiblichen Mengen überschwemmt, in Van Rhynsdorp °°”) und Kenhardt’”) (an den Ufern des Oranje ausgeschlüpft) sind Scharen. In Prieska ”"?”*) schlüpfen jetzt gleichfalls grosse Mengen von Hupfern aus. In Coles- berg°'') sind Fliegende und Ungeflügelte durcheinander, be- sonders am Zeekoeflusse; in Gordonia°’"’) grosse Schwärme. Der November bringt eine entschiedene Abnahme, ob aber bloss der Meldungen oder thatsächlich eine solche der Heuschrecken ist schwer zu entscheiden. Im Südosten herrscht eine furchtbare Dürre, so schwer wie seit 1848 nicht mehr und so sind Heuschrecken hier >70). Ebenda 1899., XV. Hefi 1a S. 630-6352 722) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. Locust Extermination. S. 755—756. i 9720) Benn ‚berichtet: „Ein grosser Teil der Heuschrecken kommt von der deutschen Grenze, und es wäre sehr schön, wenn das deutsche Gouvernement gleichfalls den Heuschreckenpilz in seinem Gebiete verwenden wollte“. 972c) 1, c. „Es ist geradezu unglaublich, in welchen Unmengen die Hupfer hier sind, es sind einfach Myriaden. Ganz Buschmanland ist nur eine Heuschreckenmasse“. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 93 bloss noch im fruchtbaren Pondoland und östlichen Transkei. Victoria East®’”) haben »einige Schwärme berührt, sind aber wieder weg nach grüner Weide gezogen, da dort alles so ausgedörrt ist, dass sie nicht in Versuchung kamen, da zu bleiben« und in Steynsburg”"*) war es ähnlich. In Nggeleni’"’) sind ein paar umherziehende Schwärme noch da, in Libode °’°) zieht Ende des Monats ein Schwarm durch und nur in Mganduli°'”) erscheinen sie an der Küste in grossen Mengen. Aus dem ganzen Westen liegt nur aus dem einzigen Calvinia die Meldung vor, dass Heuschrecken dort nahezu die ganzen Saaten vernichtet haben. Im Dezember fallen im Süden und Südosten gute Regen und mit ihnen treten die Heuschrecken wieder in Erscheinung. Nach East London ’”') halten Schwärme ihren Einzug in den Kreisen Braakfontein, Fort Jackson, Christmas. Vale und Shelford, in Port Alfred°”*) sind wieder grosse Schwärme erschienen. In Libode’'') fangen sie an zu ver- schwinden, in Willowvale°”') sind wohl noch grosse Mengen, da an die Häuptlinge Pilzkulturen verteilt werden, um bei Eintreten von Regenwetter die Heuschrecken zu infizieren. Es scheint sich hier um Hupfer zu handeln. In Steynsburg ’”*) sind noch die gleichen Verhältnisse wie im November. Aus. dem Westen her liegen Nachrichten aus Prieska°’®) und Kenhardt’’®) vor. In Kenhardt sollen Heuschrecken im ganzen Distrikt sein, durch Prieska sind einige Schwärme durchgeflogen. Für das Jahr 1900 scheiden die nordwestlichen Pro- vinzen und die Distrikte an der Nordgrenze wegen des Krieges völlig aus der Berichterstattung. Nach der Ver- mehrung der Heuschreckenmengen, die im Laufe dieses. D) Serie. JournsiCape Cal. 1899. X%. Heft 11.S69:. =) Ehenda 10001! XV. .Heft!2,: 8272. 275) Ebenda 1899. XV. ‚Heft ı2. S. 776. a) Ebenda 1s00. XVl...Herr 522 77) Ebenda 1900. XVI. Heft 3. S. 141-146. 22) Ebenda’ 21809: XV. Hieft.ız. GA - Dr. Sander. Jahres bei den weiterberichtenden Provinzen trotz aller Gegenmassregeln eintritt, lässt sich annehmen, dass das Gleiche in den vom Kriege heimgesuchten Gebieten in noch verstärktem Masse, weil keine menschliche Gegenwehr der Zunahme der Insekten gegenübertritt, stattgehabt haben wird. Mit dieser Annahme stimmen ja auch die Zeitungs- berichte, die gelegentlich der Heuschrecken Erwähnung thun, überein. | Von den südöstlichen Distrikten sind im Januar be- troffen: East London’’’) in den Wards Braakfontein, Christ- mas Vale und Glen Frere mit Unmengen von Hupfern, an der Küste des Wards Glen Frere auch noch mit fliegenden Heuschrecken. Letztere sind auch in Port Alfred’”) (und zwar die rote Art), in Albany°°'), in Fort Beaufort’°”) (hier die graue Art), in Victoria East’), in Stockenstrom°“) und Steytlerville’°‘) (Willowmore). Am zahlreichsten aber sind die Heuschrecken in den Ostdistrikten Transkei und Tembuland und zwar in Mgqanduli°*’) °**), Libode°°*) und Willowvale.°°”) Aus dem Westen liegt nur von Van Rhyns- dorp°”'), Ward Nieuwefontein die Meldung unterm 7. Februar vor, dass die Weide von den Heuschrecken völlig vernichtet sei; ob die Tiere 1900 noch da sind, ist nicht gesagt. Im Februar sind in den Kreisen East Londons noch immer. riesige Scharen von Hupfern der roten Dr Eoa Amalinda’’’), ın Glen ;Frere,°”). ‚Christmas? Wale rss Braakfontein°°’). In Braakfontein’”) und Glen Erere) brechen ausserdem vom Binnenlande her noch ungeheure Schwärme der grauen Art ein, und auch nach Fort Jackson °*°) kommen am 18. grosse Schwärme von Norden her, also >79) Ebenda 1900. XVI. Heft 6. 5. 345—349. P); Ebenda. 1900.,..XMI. Hei 2.285772. 21) Ebenda 1900. XVI. Heft 4. S. 205—21o. 982) Ebenda 1900. XVI. Heft 5. S. 261—.266. 883) Ebenda Igoo. XVI. Heft 3. S. 141—147. 984) Agric. Journ. Cape Col. Igoo. XVI. Locust Extermination in Mqanduli District. S. 436. 85) Ebenda ıgoo. XVI. Heft 7. S. 401—406. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 95 wohl auch graue Heuschrecken, und auch aus Shelford ’°°) werden Fliegende gemeldet. Die Witterung ist von einigen zwar guten, aber vorübergehenden Regen abgesehen um die Mitte des Monats noch immer trocken. In Fort Beaufort’'”) sind immer noch kleine Scharen durch das Land verstreut und jetzt beim Brutgeschäft. Nach Victoria East’), Stocken- eaom .), Stutferheim 7), Catheart”’) und). Whittlesea) (Queenstown)°’’) kommen von Mitte bis Ende des Monats von Süden her riesige Schwärme und setzen sich fest oder schreiten bereits zum Brutgeschäft. Weiter östlich ist Tembu- land °°*) und Transkei°‘‘) mit Willowvale°”°), Libode°*°), Mqgan- duli °°?) °°°) und Tsomo °°°) von Heuschrecken stark heimgesucht, die ersten drei Orte von Hupfern, der letzte durch Fliegende. Der März zeigt in East London’°””) noch Fliegende und Ungeflügelte nebeneinander, die ersten der grauen, die letzteren der roten Art angehörig und zwar in den Kreisen Braakfontein, Christmas Vale, Fort Jackson, Glen Frere’°°), Shelford und Warrendale. Nach letzterem Kreise kommen die Schwärme erst Anfang des Monats; die Hupfer dagegen »verschwinden wieder, nun schon das neunte Mal während eines jeden Jahres der Heuschreckennot, wahrscheinlich von den Vögeln gefressen«. In Fort Jackson sind die Schwärme schon beim Eierlegen. In Fort Beaufort°*”) sind die Schwärme während des Monats noch da, jedoch beginnen schon die Hupferscharen auszuschlüpfen; in Stockenstrom °°°), Victoria Base), Stutterheim’’), ‚Catheart””‘) und in Queenstown Kamastone°’’), Oxkraal’°°) und Whittlesea’°’) sind sie noch in riesigen Schwärmen beim Brutgeschäft. In Queenstown ’°”) ziehen immer neue Schwärme von der Küste heran, während noch weitere in nie gesehenen Massen von St. Marks und dem Imwanifluss her drohen. Auch in Tsomo°”), Libode’”) 986) Ebenda 1900. XVI. Heft 8. S. 465—469. #87) Ebenda 1900. XVI. Heft 9. S. 522—523. 228), Agrıe. Journ. Cape Col. 1900. XVI. Heft 7.. S. 403: 89) Ebenda 1900. XVI. Heft 8. S. 465—469. 220) Ebenda Igoo. XVI. Heft 9. S. 521—3524. 96 Dr. Sander. und Ngqamakwe°°) sind sie noch in ungeheuren Mengen; in Libode sind grosse Schwärme in der Umgegend von Umtata jetzt von Transkei her zugewandert. Ob sie in Willow- vale””) noch! da :sind, ‘ist nicht'rklar zu ersekem aha Nähe von Steytlerville °’') sind sie noch. Im April sind in East London”) mit Ausnahme von Ward Glen Frere die alten geflügelten Schwärme — sei es durch Impfung, sei es nach dem Eierlegen — gestorben und die Hupfer der anderen Art haben Flügel bekommen und sammeln sich nun an Bäumen und anderen geschützten Stellen (im Kreise Warrendale aber sind sie zum grössten Teil vernichtet worden, s. o.); in Glen Frere ist nur gesagt, dass die Heuschrecken noch da’ seien, alles verzehrend. Ueberall ist grosser Regenmangel. In Fort Beaufort°””), Stockenstrom’°”'), Victoria East’’”'), Queenstown-Whittle- sea°°’) und Cathcart°”°) sind sie noch immer in ungeheuren Schwärmen. Nach Tarka°°) und Cradock°”) sind sie gleichfalls in riesigen Schwärmen eingedrungen. Auch in Steytlerville °°°) sind sie noch. Im Osten halten sie sich noch auf in Libode°”), (Umtata) °”’), Mganduli’”’), Ngamakwe°”°), St. Marks °°”), am Imwanifluss, in Tsomo°”°); nach Idutywa °°°), Tabankulu‘®®’”) und Qumbu°”*) sind sie eingedrungen, aus Qumbu aber wieder verschwunden. Während des Mai sind in East London die Verhält- nisse ungefähr die gleichen wie im April, nur dass überall die Hupfer verschwunden und nur noch fliegende Heu- schrecken vorhanden sind; sie sind aber, obwohl noch in Millionen vorhanden, jetzt weniger gefrässig und verhalten sich ruhiger (Braakfontein und Amalinda)°°°). In Fort Beau- >) Ebenda 1900. XVI,. Krleftlır.. 59645 Bas 222) Ebenda 1900: 'IXV1: Heft’10.7 8: 589 sex >)" Ebenda’ 1900. XWVl. CHek 12.75: 717 ce #94) Ebenda 1900. XVI. Heft ı3. S. 767. Bezieht sich auf einen früheren Bericht, der nicht abgedruckt ist. 95) Agric, Journ. Cape Col.'1900..: KV1. Heft 12773 77 7 Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 97 art , Stockenstrom ’'), Victoria; Bast?"’), Catheart’”’) und Cradock°”’) sind noch immer Schwärme, in Queenstown- Whittlesea°’) sind sie nach dem Brutgeschäft abgestorben. Aus Peddie°”’) kommt jetzt die Klage, dass der Distrikt ein »wahres Heuschreckenheim« sei — vorher ist in-diesem Jahre raberı keine Meldung eingelaufen‘;' in Port "Alfred ‘’”) müssen jetzt auch schon Schwärme sein, denn am 2. Juli wird berichtet, dass sich solche »einige Monate im Busch aufgehalten hätten«. Aus Libode°"’) sind die Schwärme verschwunden, ent- weder weggezogen oder eingegangen, haben jedoch Eier zurückgelassen, die (bei ungewöhnlicher Trockenheit!) an einigen Orten angeblich schon ausschlüpfen*°°) *°°). In Mgan- duli °°°) °°°) und Tabankulu’””) ziehen Schwärme umher, ohne viel Schaden anzurichten, in Ngqamakwe’”’) sind sie noch da, in Tsomo°'’) und Umtata’’’) sind sie Anfang des Monats in grossen Schwärmen, Mount Frere’”) statten sie in der gleichen Zeit einen Besuch ab, aber ohne dazubleiben. Im Juni halten sich in den Kreisen Braakfontein und Shelford von East London®') bei grosser Dürre noch Schwärme auf, die von Shelford zumeist im Fort Grey Bush. Aehnlich ist es in Port Alfred°”°), nur dass hier gute Regen fallen, die die Schwärme aus dem Busch heraus zu unheil- voller Thätigkeit rufen. In Queenstown’”®) sind die Heu- schrecken ‚jetzt aufı, dreis'schmale.'Striche ‚ beschränkt,,) die vollkommen abgefressen sind, in Beaufort sind auch noch Schwärme. In beiden Distrikten herrscht aussergewöhnliche Dürre. Ob in Stutterheim®‘') auch noch Heuschrecken sind, >) Ebenda 1900. XVI. Heft. 13. S. 765-760. Ar Ebenda:1009. XV.“ Heft 1r. 9.045 648. 238), Ebenda.1900: XVIl. "Heft 2./S. 65-67. 229) Ebenda 1900. XVII. Heft 1. S. 1-3. #00) Ebenda ıgoo. XVII. Heft 3. S. 125— 130. 00a) Späterhin wird nichts mehr von diesen höchst unwahr- scheinlichen Hupfern gemeldet; es wird also wohl irgend ein Missver- ständnis vorliegen. =) Agrıe,. Journ.. Cape Col}:1000,. XYI.5. 147. Sander, Wanderheuschrecken. 7 98 Dr. Sander. ist nicht klar; es liegt nur die Mitteilung eines Beschlusses der Stutterheim Farmers Association über die Notwendig- keit, die Farmer gesetzlich zu Abwehrmassregeln zu zwingen, vor. | Auch der Juli bringt noch wenig Klagen. In East London‘®°’) herrscht noch immer Dürre und in denselben beiden Kreisen wie im Juni halten sich noch grosse Schwärme auf, ohne Schaden zu thun; auch der Ward Glen Frere wird einmal von ihnen aufgesucht, ebenfalls ohne Schaden. In Peddie‘°’) sind Heuschrecken nach mässigem Regen »er- schienen« (s. oben, Mai). In Port Alfred‘'*) ziehen sie hin und her, »das letzte bisschen Kräutig verzehrend«, von Sperbern eifrig verfolgt. In Victoria East‘”) sind sie trotz grosser Dürre noch. Aus Libode‘*’) sind sie ziemlich ver- schwunden; ob sie in Ngamakwe ‘°°) noch sind, ist nicht klar. Im August sind in East London‘), in Braakfontein bei leichten Regen noch Schwärme beider Arten, in Shel- ford erscheinen wieder Flüge. An der Küste fallt schon guter Regen. In Alexandria®’), Port Alfred "sind noch grosse Schwärme. Auch hier gute Regen. In Libode, wo noch Trockenheit herrscht, zeigen sich Ende des Monats zwei grosse Schwärme. Der September bringt mit etwas besserem Regen den Beginn des Ausschwärmens und zugleich erscheinen die ersten Hupfer in den während des Winters heimgesucht ge- wesenen Gegenden. In den Wards Braakfontein ‘”’), Christ- mas Vale*’’), Shelford*’”), Fort Jackson*’”) und Warren- dale*”’) von East London schlüpfen überall Hupfer in un- endlichen Mengen aus, daneben sind wenigstens Anfang des Monats noch Schwärme; aus Amalinda“’’) *°°®) werden nur #02) Ebenda ıgoo. XVII. Heft 5. S. 250—2;2. 408) Ebenda 1900. XVII. Heft 6. S. 313—315. #04) Ebenda 1900. XVII. Heft 4. 'S. 186. #065) Ebenda 1900. XVII. Heft 3. S. 125—130. #066) Ebenda 1900. XVII. Heft 7. S. 377—382. 7) Ebenda 1900. XVI. Heft 9. S. 509-515. #8) Ebenda 1900. XVII. Heft 8. S. 441—443. a FEEEIETELITARTBE f - Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 99 »Heuschrecken« gemeldet. In Wodehouse*®°), in Willow- vale*”) und an der Küste bis Bizana““°) sind noch »Heu- schrecken«, nach Umzimkulu**) kommen grosse Schwärme, anscheinend von Natal her. In Libode*"), Maclear*’”) (namentlich Umnga), Mount Frere‘),, Nqamakwe*’”’) und Qumbu ‘°”) schlüpfen Hupfer in grossen Scharen aus. Vom Westen her wird aus Calvinia‘‘'’) das Auftreten von Heu- schrecken in gewaltigen Schwärmen, die schon zum Brut- geschäft schreiten, gemeldet. Impfung ist von gutem Er- folge begleitet und grosse Schwärme von »Heuschrecken- vögeln« helfen mit, sie vernichten. Im Oktober sind über die ganze Division East Lon- don‘°”) *‘') hin Hupfer in grossen Mengen ausgeschlüpft, die älteren von ihnen bereits ziemlich weit vorgeschritten und zu wandern beginnend (Fort Jackson), die ältesten sogar schon Flügel bekommend (Christmas Vale). In Fort Jackson und Glen Frere sind sie als der grauen Art zugehörig gekenn- zeichnet. In Fort Beaufort‘'*) sind Hupfer, in King Williams- town‘) und Victoria East‘) Heuschrecken in grossen Mengen, ebenso in Wodehouse‘'’); in Bizana‘'”), Kok- stad‘'”) sind »Heuschrecken«, in Richmond’) ‘'*) schlüpfen Scharen von Hupfern aus, in Umzimkulu haben sich seit September keine Heuschrecken mehr gezeigt. Flagstaff *'*) wird von Schwärmen durchzogen, die sich aber nicht fest- Setzen tin. Idutywa-), ’ Eibode‘) "") ‘und Umtata )), #09) Ebenda 1900. XVII. Heft 10. S. 573—57:. #10) Agric. Journ. Cape Col. 1900. XVII. Use of Locust Fungus. 540: öl Ebenda 1960. XVIl. Heft ır. S. 637 642. 2) Aotie. Journ. Cape Col. 1900. XVII. Deftıı. S.637 642, #13) Agric. Journ, Cape Col. ıgoo. XVII. Locust Destruction Se: OK — 20) #12) Ebenda. 1906. : XVII. Heft..i2. »S.:769 712. DD) Bbenda 1900. XV. Heft,ro....S.574. =), Ebenda 1000. XVIl.. Heft 0.8. 515. “1T) Ebenda 1900. XVII. Heft 13. S. 781—783. #18) Es ist wohl Richmond in Pondoland gemeint. 7 IOoo Dr. Sander. Maclear‘'\, Ngqeleni‘'*), Nqamakwe*'*, Tabankulu ‘*), Tselo‘"’).*°) *%), Tsomo ‘'‘)ı*') und QOumbu sind Bupeas grossen Mengen. In Mount Ayliff‘'”) und Mqanduli‘'?) (hier von NE. kommend) sind Schwärme erschienen; in Mount Frere‘'”) sind Hupfer und Geflügelte (ob ausgewachsene Hupfer?) durcheinander. In Willowvale haben die Ein- geborenen Hupfer wie Fliegende ausgerottet. In Calvinia‘'’) sind noch unermessliche Schwärme. Während des Novembers erreichen in East London ”') die Hupfer ihre Reife und fliegen weg. Aus Stockenstrom‘*') ist die Mehrzahl der Heuschrecken verschwunden. In Bizana‘'*), Libode*'*), Ngamakwe'*), Nggeleni‘'*), Umtata*"*), Victoria East‘'”) und Wodehouse*'*) sind Heuschrecken noch Anfang des Monats. Weiter reicht mein Material nicht. 412 Togo. Aus Togo liegen verhältnismässig nur wenige und fast gar keine direkt amtlichen Berichte über das Auftreten von Heuschrecken in grossen Massen vor. Trotzdem aber ist ein Zweifel gar nicht möglich, dass sie auch in dieser Kolonie und zwar fast ständig und in erheblichen Mengen vorkommen. Nur scheinen sie sich mehr auf die Binnen- landsgebiete zu beschränken und verhältnismässig nur recht selten bis in die küstennahen Landschaften oder gar an die Küste selbst vorzudringen. Aber gerade jetzt, wo die Weissen ihre Plantagen immer weiter landein schieben und auch die Eingeborenen der Innenstriche immer mehr dem Anbau wertvollerer Gewächse sich zuwenden, während anscheinend die Heuschrecken in erheblicher Zunahme und Ausbreitung begriffen sind, wird es von besonderem Interesse sein, fest- zustellen, wo und wann diese Landverderber in Togo auf- treten und was sie gelegentlich für Schaden anrichten. Die ältesten mir zugänglich gewesenen Nachrichten und Belegstücke stammen aus dem Jahre 1891. Und zwar Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. IoI ist es Hauptmann Kling‘), der aus Birmi berichtet, dass am 3. Dezember 1391 ein gewaltiger Heuschreckenschwarm von ESE nach WNW über das Dorf hinwegzog, der über eine Stunde anhielt. — Es handelte sich also schon um einen erheblichen Schwarm. Am 15. Dezember führte ihn dann sein Marsch nach Butum mitten durch einen Heu- schreckenschwarm. »Der Himmel war verdunkelt und das Geräusch der Tiere klang wie das Brausen des heran- nahenden Sturmes oder das Rauschen eines entfernten Wasserfalles. Millionen und aber Millionen zogen vorbei.« Aus noch früherer Zeit desselben Jahres stammen zwei Belegstücke, die Dr. Büttner aus Bismarckburg dem hiesigen zoologischen Museum übergeben hat, nämlich vom Januar und vom 20. März 1891. Zusammengehörig mit der Kling’schen Beobachtung ist die des Premierleutnants Hero!d*”), wenn sie auch schon in das Jahr 1892 fällt. Nach seinem Berichte haben am 02772 und) 23. Januar 1892 Heuschrecken 'sanz’Agoma’in solchen Massen überzogen, dass thatsächlich der Horizont davon bedeckt war und die Sonne verdunkelt wurde. Sehr interessant ist es, dass Herold weiterhin in seinem Bericht angiebt, dass seit 20 Jahren diese Insekten dort nicht mehr gesehen worden seien und dass die Eingeborenen dorfweise Jagd auf sie machten, trotzdem ihre Felder bereits abgeerntet waren, sie also keinen Schaden mehr zu befürchten hatten. Er fährt fort: »Jedoch leitete dieselben weniger der Gedanke, durch das Töten der Heuschrecken ihr Feld vor Verwüstung zu schützen, als vielmehr der Trieb, ihrem Magen einen seltenen Leckerbissen zu bieten. Auf dem Markt in Kpandu wurden sogar getrocknete Heuschrecken zum Verkauf ge- bracht.« Letztere Bemerkung, dass die Heuschrecken als Leckerbissen gelten, beweist unwiderleglich, dass sie durch- aus keine seltene, sondern eine den Leuten wohlbekannte #19) Mitteilungen a. d. Dt. Schutzgebiet. 1893. Auszug aus den Tagebüchern des Hauptmanns Küng. (1891—1892.) S. 121—125. =) D. K Blatt 1392. S. 289200. IO2 Dr. Sander. Erscheinung waren. Denn nur da, wo dies der Fall ist und wo sie fast alljährlich in grösseren Mengen zu erlangen sind, werden sie allgemein als Nahrung betrachtet; wo sie etwas gänzlich Ungewohntes sind, werden sie dagegen als Speise verschmäht. Im weiteren Verlauf des Jahres 1892 scheinen keine Heuschreckenschwärme mehr beobachtet worden zu sein. Wenigstens habe ich erst 1893 wieder Nachweise von solchen finden können; und diesmal handelt es sich um eine andere. Heuschreckenart, die also gewissermassen die erste abgelöst hat. Glücklicherweise ist hier die sichere Feststellung mög- lich, indem sich nämlich von beiden Arten (bezw. deren Unterarten) Belegstücke im Berliner zoologischen Museum vorfinden. Sie sind von Baumann in Misahöhe gesammelt und zwar am 25. und 3I. März aus einem Schwarm. Gleichzeitig müssen ‚aber 'viel grössere Teile Togos von dem Einbruch der Heuschrecken betroffen worden sein. Denn Stabsarzt Wicke *”') berichtet ausdrücklich: Im laufenden Frühjahre hatte das ganze Gebiet viel unter der Invasion der Wanderheuschrecken zu leiden, die viele Pflanzungen, zumal die Kulturen von Mais ruiniert oder stark mitgenommen haben. Um einer möglichen Hungersnot zu begegnen, be- absichtigen hiesige Firmen, grössere Quantitäten Reis ein- zuführen. Dieselben Heuschrecken zeigen sich auch Ausgang des Jahres 1893 wieder an vielen Stellen. Im zoologischen Museum der Universität Berlin befinden sich eine ganze Reihe von Belegstücken; so aus Misahöhe von Baumann gesammelt solche vom 12. Oktober und 5. und 31. Dezem- ber; von L. Conradt gesammelt solche von Ende Oktober und Anfang November. ‘Diese Heuschreckenzüge hielten bis in das Jahr 1894 hinein an. Nach Privatnachrichten der »Kölnischen Ztg.«*””) #21) Mitteilungen a. d. Dt. Schutzgebiet 1894. S. 2Iı. Gesund- heitliche Verhältnisse in Togo im Jahre 1893. 2). DAR.-Z. 1804: 9S4128, Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 103 »sind auch im April dieses Jahres wiederum Heuschrecken in unglaublichen Mengen aufgetreten, von denen die Kolonie bereits seit ı'/, Jahren stark heimgesucht wird. Sie ver- heerten das ganze Gebiet von der Küste bis ins Gebirge hinein, selbst über Misahöhe hinaus, so dass die erste Ernte dieses Jahres vollständig verloren ist. Die Gefahr für die Bewohner ist gross; denn man sieht einer allgemeinen Hungersnot entgegen. Die europäischen Kaufleute haben bereits begonnen, bedeutende Mengen Reis und Mais ein- zuführen, da vornehmlich von letzterem kein Kolben mehr zu haben ist, und nützen so die Notlage bei den unverhältnis- mässig hoch steigenden Preisen für Lebensmittel sehr ge- winnbringend aus. Es hält schwer, genügend Unterhalt für die Arbeiter aufzutreiben, so dass vielfache Schwierigkeiten entstehen. Die Eingeborenen sind bemüht, alle Kräfte anzuspannen, um wenigstens die zweite Ernte zu retten.« Aus Bismarckburg liegt aus demselben Jahre von Leutnant Döring*”’) die Notiz vor, dass »einiger Schaden durch einen Heuschreckenschwarm angerichtet wurde«. Belegstücke finden sich auch für dieses Jahr im Berliner zoologischen Museum. So von Baumann aus Misa- höhe vom 28. März und — was bemerkenswert ist — vom 24. Juni. Nun kommt merkwürdigerweise eine lange Pause, in der keinerlei schriftliche Notiz über das Vorkommen von Heuschrecken in Togo aufzufinden ist, obwohl es nach mir mündlich gewordenen Nachrichten keinem Zweifel unter- liegen kann, dass diese Insekten sogar in beträchtlicher Zahl und schädigend ständig vorhanden gewesen sind. Die einzige gelegentliche Bemerkung, die allerdings mit Bestimmtheit das Vorhandensein von Wanderheuschrecken nachweist, stammt von Premierleutnant Graf Zech‘”‘), der geröstete Wanderheuschrecken als Nahrungsmittel der Eingeborenen FED Re Blatt 1894,.,8:3233. #24) Mitteilungen a. d. Dt. Schutzgebiet 1898. Vermischte Notizen über Togo und das Togohinterland. S. 129. 104 Dr. Sander. von Atakpame aufführt. Eine ähnliche Notiz giebt Klose *”*) aus dieser Zeit für Akpande (Kissinti), wo geröstete Heu schrecken als besonderer Leckerbissen feilgeboten wurden. In den letzten Jahren muss die Menge der Heuschrecken aber wieder erheblich zugenommen haben. Denn im vorigen Jahre, I900, wandte sich das Gouvernement an die heimischen Behörden, um Heuschreckenpilzkulturen zu ihrer Bekämpfung zu erhalten. Und in der Denkschrift*”) heisst es: »Von besonderem wirtschaftlichen Interesse sind die Heu- schrecken und Ameisen, und zwar beide als die schlimmsten Schädlinge gegenwärtiger Farm- und kommender Plantagenwirtschaft. Zur Bekämpfung und Vertilsung derselben sollte unter allen Umständen etwas gethan werden«. Dann folgt noch eine Beschreibung der Abwehrmassregeln, die die Eingeborenen anwenden. Das alles spricht doch dafür, dass Heuschrecken schon länger und in grösseren Mengen verheerend aufgetreten sind. Nach den mir gewordenen mündlichen Mitteilungen *””) kommen die Heuschrecken hauptsächlich mit den Harmattan- winden®”°), d. h. etwa von der Nordostecke des Gebietes her und — für die küstennahen Gegenden — etwa um die Weihnachtszeit; im Innern natürlich entsprechend früher. Das stimmt mit den oben angegebenen Daten für die Fang- stücke recht gut überein. Bemerken möchte ich noch, dass sich über die jungen, Ungeflügelten, nur einmal eine Notiz findet: Die von Bau- mann am 5. Dezember 1893 in Misahöhe gesammelten sind »larvae«, d. h. eben junge, ungeflügelte Heuschrecken. Das würden die Jungen aus den Eiern des am 12. Oktober beobachteten Schwarmes sein. #5) Heinrich Klose, Togo unter Deutscher Flagge. Berlin 1899. Dietrich Reimer. S. 4354. #26) Denkschrift 1899—1900. Atakpame. S. 49. #27) Ich verdanke sie der Liebenswürdigkeit des Kais. Gouverneurs Köhler und des Gouvern.-Sekretärs v. Hagen. #22) Hierzu wären die Beobachtungen in Algier zu vergleichen, wo die (grossen) Heuschrecken auch in ähnlicher Weise mit dem An el nd ee en ® Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 105 Kamerun. Aus Kamerun kommen die Nachrichten über Heu- schrecken noch spärlicher als aus Togo. Das ist kein Wun- der, da der üppige und ausgedehnte Waldgürtel, der hier die Küste von den Inlandsgebieten trennt, zugleich eine sehr wirksame Schranke für die Heuschrecken bildet. Aber im Innern, in den Grasländern und Hochebenen mit schwachem Baumbestand sind sie schon mehrfach angetroffen worden und werden hier zweifellos auch gelegentlich in verheeren- den Mengen auftreten. Dementsprechend stammen denn auch die beiden Notizen, deren ich allein habhaft werden konnte, aus Adamaua. Dr. Passarge‘”°) traf schon bei Manarawa, flussaufwärts von Ibi, gewaltige Heuschreckenschwärme. »Einer derselben zog über das Schiff hin. Obwohl er tiefflog und so dicht war, dass die Sonne verdunkelt wurde, wichen die Tiere doch so geschickt dem Schiff aus, dass es mir nicht gelang, eins einzufangen«. Weiterhin traf er in Kassa‘”) bei Yola wieder auf Heuschrecken, nachdem er am Tage vorher schon nördlich des Benue braune Wolken bemerkt hatte. »Als ich am folgenden Nachmittage einen Gang nach Westen machte, geriet ich mit einem Male in einen Heuschreckenschwarm hinein. Welch ein Schwirren und Sausen, Kribbeln und Wibbeln! Zu Millionen sausten sie durch die Luft, tausende sassen am Boden auf dem Gras, auf Büschen, Bäumen und Felsen, mit Vorliebe um Pfützen und auf feuchtem Boden. Eiumderte wirbelten bei jedem "Schritt, auf; denn sıe sind ir schen, auch die Hlıesenden biesen steis vor dem Menschen aus. Der Schwarm mochte vierzig Meter hoch Scirocco kommen, z. B.: M. C. Lallemant, Notice sur Finvasıon des Sauterelles en Algerie. Annal. d. l. Soc. Entomolog. de Belgique. 1866. DS 0 Dp 37z u Mt. 2) Dr S. Passarge. Adamaua, ’S. 17. Berlın. 1895. Dietrich Reimer. 80) Ibid. S. 46—47. 106 Dr. Sander. sein.... An dem Rande des Dorfes war der Schwarm plötzlich wie abgeschnitten. Bald überflutete jedoch von Nordosten her ein zweiter kleinerer Schwarm das Dorf selbst. Es dauerte drei Stunden, bis die letzten Nachzügler vorbei- sellogen waren ..... Am Nachmittage yar er nasser Ebene westlich von Yola sichtbar und seine Breite konnte auf annähernd eine Meile geschätzt werden. Der Schaden, welchen die Heuschrecken dem Dorf zugefügt, war nicht gerade gross; sie waren nirgends sitzen geblieben, hatten also auch nicht viel verzehren können. In Adenure‘°') traf der Reisende dann einen grossen Zug ungeflügelter Heuschrecken im Grase, also wohl die Nachkommen von Schwärmen, die, wie die zuvor beschrie- benen, von Nordosten gekommen waren. Auch in Goa haussari ”’) traf er auf die Spusen zes Heuschrecken. Sie hatten dort' nur ein Kassadafeld stehen lassen, das die Eingeborenen nun ängstlich hüteten. — Alles andere war zur Blütezeit des Kornes von den Heuschrecken total vernichtet worden. Dr. Passarge erwähnt aus Kassa und AÄdenure aus- drücklich, dass seinen Haussaleuten der Genuss von Heu- schrecken, sowohl der fliegenden als der ungeflügelten, gänzlich unbekannt war und sie sich höchlichst verwunderten, als sie Herrn v. Uechtritz diese Tiere nach südwestafrika- nischer Manier am Feuer rösten sahen. Das ist ein ziem- lich sicherer Beweis, dass die Heuschrecken in diesen Teilen der Landschaft immerhin nur selten einbrechen, falls nicht etwa bloss die Art der Zubereitung den Leuten so abstossend war. In anderen Teilen Adamauas aber scheint das anders zu sein. Rittmeister von Stetten ‘°”) berichtet aus dem nörd- lichen Teil dieser Landschaft, dass »in Kontsha die Delikatesse der Saison auf dem Markt in Palmöl geröstete Heuschrecken gewesen seien«. Ueber das Vorkommen der Heuschrecken =) Ihıd. Sn13 = lbıd. S. 233. )SDAK. Bit 1895.5,57,782/188. Historisches über das Auftreten von Wanderheuschrecken etc. 107 als Landplage spricht er sich in diesem Bericht an drei Stellen aus: »Eine äusserst lästige Landplage sind die fast alljährlich erscheinenden Heuschreckenschwärme, welche in wenigen Stunden Habe und Hoffnung des Landmannes vernich- ten« (S. 181). Auf dem Wege von Dodo nach Kontsha »hatten die zahlreichen Heuschreckenschwärme entsetzlichen Schaden auf den Feldern angerichtet. Fast täglich begegneten wir einem dieser Züge, welche wie eine grosse gelbe Wolke die Sonne bedeckten und oft eine Länge von 4—6 km hatten«; und als er von Kontsha auf der Flegelschen Route nach Yola marschiert, findet er das Land entsetzlich von den Heuschrecken heimgesucht; »und aus diesem Grunde begehrten die Leute für Lebensmittel ganz enorme Preise« (trotzdem die Gegend durchgängig angebaut war‘””!). Die nächsten Jahre werden uns wohl jetzt, wo sich der deutsche Einfluss immer weiter ins Hinterland Kameruns vorzuschieben beginnt, etwas mehr als diese recht dürftigen Nachrichten über das Auftreten und die Verbreitung der Heuschrecken in dieser Kolonie bringen. II. Kapitel. Was sind diese „Heuschrecken“? I" habe bisher immer nur von »Heuschrecken«< im allge- meinen gesprochen und mit diesem Ausdruck als gleich- bedeutend die Bezeichnung »Wanderheuschrecken« gebraucht. Da aber unser deutscher Ausdruck »Heuschrecke« oder »Heuschreck« mehrdeutig ist, so muss ich zunächst an eine etwas genauere Begriffsbestimmung herangehen, damit Miss- verständnisse ausgeschlossen bleiben. Und diese sind für den Deutschen ohne solche Erklärung um so nahe- liegender, als wir Gott sei Dank! in unserm Vaterlande höchst selten Gelegenheit haben, die Familie der in Betracht kommenden Insektenordnung kennen zu lernen, um die es sich hier handelt und die in der Mehrzahl unserer afrikanischen Kolonien, wie ich gezeigt habe, eine leider nur zu bedeutende und verhängnisvolle Rolle spielt. In Deutschland wird im Gegenteil der Ausdruck »Heuschrecke« vorzugsweise gerade von einer nahe verwandten, aber für den Landbauer fast völlig unschädlichen Familie derselben Ordnung gebraucht. Denn das allen wohlbekannte grasgrüne »Heupferde, »Sprengsel« u.s.f. drängt sich unwillkürlich in die Vor- stellung des Deutschen, wenn er das Wort »Heuschrecke« hört. Und doch ist dieses Heupferd ein nicht bloss völlig unschädliches, sondern sogar ein nützliches Tier, da es keineswegs von Pflanzen, sondern nur von tierischer Nahrung — anderen Insekten — lebt und häufig auf die echten schädlichen, pflanzenfressenden Gras- oder Feldheuschrecken Jagd macht. Was sınd diese „Heuschrecken“? 109 Die »Heuschrecken« gehören zu der Insektenordnung ‘°‘) der »Geradflügler« (Orthoptera), die in drei Unterordnungen zerfällt, deren eine die »echten Geradflügler« (Orthoptera genuina) bilden. Leunis sagt sehr richtig, dass der Name »Geradfiügler« eigentlich nur der ersten Unterordnung mit Recht zukomme und die beiden anderen Unterordnungen der Pseudoneuroptera und Physopoda in ihrer äusseren Er- scheinung und ihrer inneren Organisation nur sehr wenig Gremeinsames mit ihnen haben. Wir können uns daher auf die Betrachtung der Orthoptera genuina beschränken. Ihre Kennzeichnung ist damit gegeben, dass es. sich um Insekten mit unvollkommener Verwandlung und beissenden Mundwerkzeugen handelt. Am Kopfe, der meist senkrecht: oderschief nach»rückwarts ‘gerichtet ist, sind: ausser den Facettaugen oft drei (oder nur zwei) Punktaugen vorhanden. Die Fühler zeigen sehr verschiedene Ge- staltungen. An den kräftig entwickelten Mundteilen lässt die Unterlippe in deutlicherer Weise, als das bei den übrigen. Insektenordnungen der Fall ist, ihre Entstehung aus der Vereinigung eines zweiten Unterkieferpaares erkennen. Die Oberlippe ist gross und frei, die starken Oberkiefer sind am Innenrande ungleich bezahnt; die Innenladen der Unter-- kiefer werden von den häutigen Aussenladen kappenartig bedeckt; die Kiefertaster sind fünfgliedrig, die Lippentaster- dreigliedrig. 22) Ich folge hier hauptsächlich der Darstellung von: 1. Leunis, Synopsis. 3. Aufl., ı. T., 2. Bd. 2. Josef Redtenbacher, Die Dermatopteren und Orthopteren von Oesterreich-Ungarn und Deutschland. Wien 1900. Carl Gerold. 3. C. Brunner von Wattenwyl. Prodromus der Europäischen. Orthopteren. Leipzig 1882. Wilh. Engelmann. 4. Dr. A. Gerstäcker, Die Wanderheuschrecke. Berlin 1876. Wiegandt, Hempel und Parey. 5. Lawrence Bruner. The more destructive Locusts of America: North of Mexico. U.S. Departm. of Agriculture, Entom. Division. Bulletin No. 28. Washington 1893. Gov. Print. Of. und 6. R. Wallace, Farming Industries of Cape Colony, London. 1896. King & Son (nach Sharp). IIo Dr. Sander. Der bald ansehnlich entwickelte, bald zu einem schma- len Halsringe verkürzte erste Brustring zeichnet sich durch seine freie Beweglichkeit aus. Die Beine tragen 3—5gliedrige Füsse und sind verschieden ausgebildet. Der Hinterleib lässt in den meisten Fällen seine Zusammensetzung aus zehn Ringen deutlich erkennen; die Geschlechtsöffnung liegt am neunten, die Afteröffnung am zehnten Ringe. Die Rücken- und Bauchplatten des Hinterleibes stossen in gerader Linie aneinander und lassen die weiche Verbindungshaut meist deutlich erkennen. Das letzte Segment ist mit besonderen paarigen Anhängen — sog. Afteranhängen und Raifen (Cerci und Styli) — von griffel- und borstenähnlicher, nie zangen- oder scheerenförmiger Gestalt ausgestattet. Die Vorder- und Hinterflügel sind ungleichartig, die vorderen (= Flügeldecken) schmal, derb, zuweilen leder- artig; die hinteren (= Flügel) breit, dünnhäutig, der Länge nach faltbar. Die Flügeldecken und Flügel sind nicht selten verkürzt oder verkümmert. Flügeldecken, wenn vorhanden, deutlich geadert. Die Unvollkommenheit der Metamorphose ergiebt sich aus dem Mangel eines Puppenstadiums ‘”’) und der grossen Aehnlichkeit mit dem ausgebildeten Insekt; die Larve be- sitzt weniger Fühlerglieder, weniger Hornhautfacetten und anfänglich auch keine Flügel. Die Dauer des Larven- stadiums ist oft eine sehr lange (mehrere Jahre), während die Lebenszeit des ausgebildeten Insekts beschränkt ist ‘”“). Alle sind in ihren sämtlichen Entwickelungsstadien Land- bewohner, welche sich vorzugsweise ‘”') von Pflanzenteilen 35) Die Amerikaner (und Engländer) bezeichnen die beiden letzten Larvenstadien — für uns befremdlicher Weise — als „pupal stage“; befremdlicher Weise, weil diese Stadien dem fertigen Insekt noch ähnlicher und wenn möglich noch beweglicher sind als die „larval stages“. 436) Trifft für die Heuschrecken nicht zu, indem beide Lebens- zeiten zum mindesten gleich lang sind. #37) Ich muss hier dem alten Leunis entgegentreten; denn reich- lich die Hälfte, wenn nicht mehr, von den 7 von ihm angenommenen nn 2 nn — en En A F= 2 = Was sind diese „Heuschrecken“? III ernähren, zum Teil aber auch (Mantiden, viele Locustiden) als echte Raubtiere von andern Insekten leben. Von den eigentlichen Geradflüglern interessiert uns hier nur eine Gruppe, die dritte von Leunis, die er »Salta- toria« (am besten wohl durch den Provinzialausdruck »Sprengsel« wiederzugeben) nennt, und zu der die Familie der Acrididae‘’”) gehören und gleichzeitig die Familien der Locustidae und Gryllidae (Laubheuschrecken und Grillen). Die Heuschrecken, um die es sich hier handelt, sind die Acridiodea, die Gras- oder Feldheuschrecken, während das gewöhnliche »Heupferd« (Locusta viridissima) eine Locustida ist. Die Acridiodea werden in folgender Weise charakteri- siert: Körper seitlich zusammengedrückt, Kopf meist kurz, meist senkrecht gestellt, in einigen Gruppen der Scheitel weit über die Augen verlängert; die Fühler sind kürzer als der Leib (meist kürzer als der halbe Körper) und bestehen aus höchstens 25 etwas plattgedrückten Gliedern, sind selten schwertförmig oder geknöpft. Der Scheitel hat vorne jeder- seits eine stumpfe oder scharfe Kante (Scheitelkante), welche meist charakte- ristisch geformte, ovale, drei- oder vier- eckige Grübchen, die Stirn- oder Ahbildenee Scheitelerübchen, träst. Die Stirne ee a zeigt stets eine vorragende Rippe oder Leiste, die Stirn- leiste, welche in der Mitte das mittlere Nebenauge trägt, während die seitlichen unmittelbar vor den grossen Netz- Klassen sind Fleisch- oder Allesfresser. Für unsere „Heuschrecken“ aber stimmt Leunis’ Angabe in vollstem Masse. 438) Nach Brunner v. Wattenwyl. Acridiodea Burmeister; nach Redtenbacher*) und Sharp-Wallace: Acridiidae; nach Gerstäcker Acridii; auf Deutsch Gras- oder Feldheuschrecken. (Brunner v. Watten- wyl giebt S. 77 eine eingehende Zusammenstellung der Synonyıma.) *) In seinem 1893 erschienenen Aufsatz: „Ueber Wanderheu- schrecken“, Budweis 1893, nennt er sie Acridiodea und gebraucht den Namen Acridiidae für die Unterfamilie. II2 Dr. Sander. augen liegen. Diese sind kugelig oder flach. Von dem Vorderrande des Auges zieht sich auf beiden Seiten bis zum Ciypeus eine Leiste (Seitenleiste), welche die Stirn von den Backen trennt. Der Clypeus ist stets durch eine Furche von der Stirn getrennt. Oberlippe sehr gross, in der Mitte eingeschnitten (nicht charakteristisch für die Bestimmung der Gattungen!). Der Vorderrücken schildförmig (Halsschild), den Mittelrücken überragend, bei den geflügelten Arten den Ansatz der Oberflügel bedeckend. Er trägt oben häufig einen mittleren und zwei seitliche Längskiele; ausserdem treten noch drei Querfurchen auf, von denen jedoch häufig nur die hintere deutlich‘ ausgebildet ist, die? dapazan Halsschild in einen Vorder- und einen Hinterteil scheidet. Die Vorderbrust schmal, zwischen Kopf und Mittelbrust eingeengt, stumpf oder mit einer kurzen, spitzen Warze oder mit einem langen kegelförmigen Höker, oder endlich kravattenartig den Kopf von unten umschliessend. Mittel- und Hinterbrust bilden mit dem ersten Hinter- leibsring den kräftigen Brustkasten. Sie zeigen jederseits einen abgerundeten oder abgestutzten Lappen, zwischen welche ein Fortsatz des nächstfolgenden Segmentes ein- geschoben ist, so dass die Seitenlappen ; der Hinterbrust einen Fortsatz des ersten Abbildung 2. Hinterleibringes (Mediansegments) umfassen, Prustkasten von unten. Icher bald schmäler, bald breiter ist. Die Seitenwände des Brustkastens sind tief gefaltet, aber eben- falls fest. Die Deckflügel fehlen manchmal oder sind verkürzt. Wo sie vorhanden sind, sind sie stets von derber leder- artiger Beschaffenheit und zeigen dann die für alle Gerad- flügler feststehenden Normaladern (oder Rippen, venae oder costae). Flügel, wenn vorhanden und vollständig entwickelt, mit fünf aus der Flügelwurzel entspringenden Längsadern, welche, vom Vorderflügelrand beginnend, die Namen: Costal- oder Mediastinalader, Radialader, Uinarader, Analader und Was sind diese ‚Heuschrecken‘? 173 Axillarader führen. Die Radialader teilt sich oft in 3 Aeste: vordere, mittlere (oder Discoidalader) und hintere Radial- ader; die Ulnarader gabelt sich nicht selten in eine vordere und hintere Ulnarader. Zwischen der hinteren Ra- dial- und der vorderen Ulnar- ader erscheint häufig eine falsche Ader (bei den Oedipodidae und Acrididae etc.), welche gegen Abbildung 3. die allgemeine Insertionsstelle Dre zu sich verliert und daher keinem Hauptstamme angehört. Sie wird als V. intercalaris, Schaltader, bezeichnet. / Die Costa läuft etwas hinter dem Vorderrand und mündet vor der Flügelspitze in den Vorderrand. Dann folgt die Cubital- oder Ulnarader, und dicht hinter ihr, manchmal sogar ganz oder teilweise mit ihr verschmolzen, verläuft die Analader. Discoidal- und Ulnarader treten vor dem Ende durch Aeste und Querarme in Verbindung. Den Schluss bildet die Axillarader, meist zweigeteilt und oft von der Mitte an miteinander verschmolzen. Ausser den Längs- und Queradern treten häufig ein dichtes Zwischengeäder und Nebenadernauf, letztere namentlich vorder Costalader, zwischen Radius und Discoidalader und zwischen Ulnar- und Analader. Da die zwischen den Adern liegenden Felder für die Artbestimmung in Frage kommen, werden sie besonders benannt, und zwar das vor der Costalis liegende als Me- diastinalfeld (area m.); das zwischen Costalis und vorderer Radialis liegende als Skapularfeld; das zwischen letzterer und Radius gelegene als Radialfeld (area externomedia); das zwischen hinterer und mittlerer (Discoidal-) Radialader ge- legene als Discoidalfeld; das zwischen hinterer Radial- und vorderer Ulnarader gelegene als Zwischenulnarfeld; und das zwischen Anal- und Axillarader gelegene als Analfeld; und endlich das zwischen Axillarader und dem Hinterrand ge- _ legene als Axillarfeld. Sander, Wanderheuschrecken. 8 IIl4 Dr. Sander. Vom Discoidalfeld wird durch die erwähnten Aeste und Queradern zwischen Discoidal- und Ulnarader die Dis- coidalzelle abgegrenzt. "Die vordere, mittlere und hintere Radialader werden durch die auf der Innenseite mit einer gezähnelten Längs- leiste versehenen Hinterschenkel gestrichen und erzeugen so das bekannte Zirpen. Das Discoidalfeld dient dabei als Resonanzboden. Da nur die Männchen zirpen, zeigt sich bei ihnen oft eine Verstärkung der Radialader und eine Vergrösserung des Discoidalfeldes gegenüber der Ausbildung dieser Teile beim Weibchen. In den Unterflügeln sind die entsprechenden vier Hauptstämme gleichfalls leicht zu erkennen, doch geht die Verzweigung nicht so weit wie im Oberflügel. Den grössten Teil des Unterfligels nimmt das fächerförmig zusammen- gefaltete Axillarfeld ein; die Stäbe des Fächers sind von den strahlenförmig in gerader Richtung verlaufenden Aesten der Axillarader gebildet. Bei vielen Gattungen sind die Flugorgane typisch bis zum lederartigen Lappen zurückgebildet, selten fehlen sie vollständig. Bei typisch verkürzt-geflüigelten Arten kommt es häufig vor, dass einzelne Stücke mit vollständig aus- gebildeten Flügeln auftreten. Die Hinterbeine besitzen stets keulenförmig verdickte Schenkel (Springschenkel), welche auf der Aussenseite zwischen zwei Längsleisten entweder zwei regelmässige Reihen rhombischer Felder oder unregelmässige Schuppen und Körner zeigen. Ihr oberer Rand ist leistenartig, manch- mal schneidenartig, erhaben, manchmal rauh. Die Rauhig- keit rührt von kleinen Sägezähnen her, die rückwärts ge- richtet sind, und ist am besten durch Darüberstreichen mit dem Finger, von dem Ende gegen die Wurzel hin, fest- zustellen. Die Oberkante endet meist stumpf, die Unter- seite des Hinterschenkels ist gekehlt oder gefurcht. Unge- fähr im ersten Viertel, nahe dem Innenrand, findet sich ein stumpfer Höcker, der in der Mitte ein weiches Polster Was sind-diese „Heuschrecken“ ? IS trägt; es findet sich bei allen springenden Acridiodeen und scheint eine Saugwarze darzustellen, die den Unterschenkel (die Tibia) festhäl, um deren Wegschnellen kräftiger zu machen. Die Unterschenkel (Tibien) der Hinterbeine tragen auf der Oberseite zwei Reihen Dornen. Ihre Zahl wird zur Unterscheidung der Arten benutzt; wichtiger noch für diesen Zweck ist, ob der letzte Dorn am äusseren Rande vor- handen ist oder fehlt. An den Schenkeln und Unterschenkeln der beiden vorderen Beinpaare ist nichts Charakteristisches. Die Fussteile (Tarsen) aller drei Beinpaare bestehen aus drei Gliedern (bei den Locustidae aus vier), von welchen das erste durch Verwachsung von zwei Gliedern entstanden ist (daher drei Polster auf der Unterseite). Das letzte-Fuss- glied endigt in zwei Krallen. An den Kopf- und Brustteil schliesst sich nach hinten ein beide zusammen an Länge übertreffender, sich kegel- förmig verjüngender Bauchteil an, der »Hinterleib«, welcher die Hauptmasse der Eingeweide, insbesondere auch die Fortpflanzungsorgane, einschliesst. Er zeigt neun bis zehn aufeinander folgende quere Einkerbungen, eine Reihenfolge von neun bis zehn härteren Ringen mit dazwischenliegender weicher Haut. Der erste Hinterleibsring trägt rechts und links, dicht über der Wurzel der Hinterschenkel das Gehörorgan, das in eine trichterförmige Vertiefung eingesenkt ist, deren Ränder etwas aufgeworfen sind und mit ovaler oder spaltförmiger Oeffnung das Trommelfell mehr oder weniger bedecken oder freilassen. Die Bauchplatte des ersten Ringes ist, wie schon an- geführt, innig mit den Brustabschnitten verwachsen. Von den anderen Ringen zeigen nur die beiden Schlussringe Besonderheiten; und zwar ändern diese nach dem Ge- schlecht des vorliegenden Stückes. Jeder Ring, mit Aus- nahme des neunten, trägt ein »Stigma<, eine feine Atmungs- öffnung. g*+ 116 Dr. Sander. Beim Männchen (d‘) ist an den Bauchteil des neunten Ringes eine unpaare, schnabel- oder kahnförmige Platte (Subgenitalplatte) angesetzt. An der Verbindungs- stelle findet sich eine deutliche Furche. Diese Subgenitalplatte biegt sich von der Bauchseite Abbildung „, gegen die oberhalb liegende Geschlechtsöffnung, Hinterleibsende schliesst den eigentümlich gebildeten Penis ein ur nnd trasr mie Gere Beim Weibchen (2) wird die Subgenitalplatte vom achten Bauchring selbst gebildet; unmittelbar an diese an schliesst sich eine Legescheide, die aus zwei oberen und zwei unteren kräftigen, kurzen, haken- förmigen Scheidenklappen besteht. Zwischen diesen ist noch ein kleineres Blättchenpaar ein- a gelassen, das man aber nur dann sehen kann, Hinterleibsende wenn die äusseren Klappen stark auseinander- des Weibchen: Kiaffen (was bei den meisten trocken kon- servierten Stücken der Fall ist). Ein gewisses Auseinander- stehen der Scheidenklappen ist stets vorhanden. Zwischen diesen hakenförmigen Gebilden treten die Eier heraus. (Bei den Laubheuschrecken trägt zum Unterschied das Weibchen eine weit aus der Hinterleibsspitze heraustretende, lange, säbelförmig gekrümmte Legscheide.) Der Afterring besteht aus zwei Blättern, einem oberen und einem unteren, zwischen denen die Aftermündung liegt, und trägt bei beiden Ge- schlechtern hornige, ungegliederte Reifen, die beim d' manch- mal durch ihre Form charakteristisch, beim 2 stets kurz und konisch sind. Die beiden Geschlechter sind durch die beschriebene Verschiedenheit der Hinterleibsspitze leicht zu unterscheiden. Auffällig ist auch der Grössenunterschied, indem die 2 stets erheblich grösser sind. Die ausgewachsenen Tiere sterben nach der (ein- oder mehrmaligen) Begattung. Die Ueberwinterung findet teils als Ei, teils im Larvenzustande, teils in dem des fertigen Insektes (imago) statt. \ EEE TEEN BERFE Was sind diese „Heuschrecken“? 117 Die Eier sind von länglicher Form, ohne charakteristi- sche Merkmale. Sie werden in kleinen unregelmässigen Massen, von Schaum eingehüllt, in die Erde abgelegt. Sie entwickeln sich nach verschieden langer Zeit und lassen Larven ausschlüpfen, die den vollausgebildeten Insekten sehr ähnlich sind. Diese häuten sich mindestens fünfmal. In den ersten Stadien besitzen sie nur kurze, lappenförmige Fortsätze an den Seiten des Mittel- und Hinterrückenteils; in den beiden letzten Stadien erscheinen freie Flügelscheiden, welche so auf den Rücken zurückgeschlagen sind, dass die Oberflügel von den Unterflügeln bedeckt werden. Letzteres bildet ein Unterscheidungsmerkmal gegen die ausgewachsenen Stücke der Arten mit verkümmerten Flügeln, indem bei diesen letzteren stets die Unterflügel von den Oberflügeln bedeckt sind, also das umgekehrte Verhältnis besteht. Alle Acridiodeen nähren sich von Pflanzen, und da sie meist gesellig sind, so können sie bei der grossen An- zahl von Eiern, die sie legen, unter Umständen, die für sie günstig sind, in verheerenden Mengen auftreten und den Pflanzenwuchs ausgedehnter Landstriche gänzlich vernichten. Da es nicht möglich ist, bei den vielen Hunderten in Betracht kommenden Arten jede einzelne zu besprechen, so muss ich mich hier auf diejenigen beschränken, die häufiger als andere in solchen verheerenden Mengen auftreten und deren Vorkommen in unseren afrikanischen Kolonieen fest- gestellt ist, und unter diesen muss ich abermals eine Aus- wahl treffen. Die verheerenden Heuschrecken lassen sich in zwei grosse Klassen trennen: erstens in solche, die wandern, das heisst: die die Verheerung infolge besonderer Flugfähigkeit und -neigung auch in Gebiete tragen, die fernab von ihrer Geburtsstätte liegen, und zweitens in solche, die nicht wan- dern, das heisst: die bei aussergewöhnlicher Vermehrung nur ihre Geburtsstätten und deren nächste Umgebung ver- wüsten. Zwischen beiden giebt es natürlich alle Zwischen- stufen, so dass als reine nicht wandernde eigentlich nur die II Dr: Sander. Arten mit verkümmerten Flugorganen sich bezeichnen lassen. Je nach der Ausbildung der Flugorgane und der Flugfähig- keit werden viele der für gewöhnlich nicht wandernden Arten bei übergrossem Anwachsen ihrer Zahl auch einmal gelegentlich wandern. Diese werde ich, um den Stoff nicht übermässig anschwellen zu lassen, ebenso wie die niemals wandernden nur mit ihren Namen und kurzer Gattungs- beschreibung aufführen. Dass diese Liste keineswegs zu- verlässig sein kann, liegt bei dem Mangel an langjährigen systematischen Beobachtungen in unseren Kolonieen und den grossen Strecken in entomologischer Beziehung noch gänz- lich unerforschter Gebiete in diesen klar auf der Hand. Den Heuschrecken aber, die nicht bloss die Fähigkeit, sondern auch die Neigung und Gewohnheit des Wanderns besitzen und sie, wie ich im ersten Kapitel gezeigt habe, schon vielfach zum Schaden unserer Kolonien ausgeübt haben, muss ich in den folgenden Abschnitten eine aus- führliche Schilderung zu teil werden lassen. Was von den Mitteln gesagt wird, mit denen man sich dieser Plagegeister zu erwehren versucht, das gilt fast in allen Punkten auch für die erste Klasse, die »Standheuschrecken«, wenn sie einmal gelegentlich überhandnehmen. Es kommen für Afrika drei Unterfamilien in Betracht: die Tryxaliden, die Oedipodiden und die Acridier*°”). Die Tryxaliden werden gekennzeichnet durch einen horizontal vorgestreckten Kopfgipfel, der stets in scharf ausgeprägtem Winkel mit der stark zurückweichenden Stirn zusammenstösst. (Für den Laien macht auf diese Weise der Kopf den Eindruck, als sei er zapfen- oder kegelförmig stark nach vorn verlängert und werde schief aufgerichtet getragen.) Die Vorderbrust ist stumpf, ohne Dorn oder #39) Wegen der Synonyma muss ich auf die angeführten Werke, namentlich Brunner v. Wattenwyl, Redtenbacher und Stäl verweisen; es würde das hier zu weit führen und erheblich über Zweck und Ziel dieser Arbeit herausgehen. Was sind diese „Heuschrecken? I1g Zapfen auf der Bauchseite, die Mittel- und Hinterbrust sind schmal und auf den Deckflügeln fehlt das feine, verworrene Zwischengeäder. Zu dieser Gattung gehört die »Wanderheuschrecke« Marokkos und Algiers, die auch in Egypten (und Cypern) so oft recht beträchtliche Verheerungen anrichtet, der Stau- ronotus maroccanus (Thunb.). Obwohl er nur in Nordafrika beobachtet ist, führe ich ihn hier doch an, weil gerade an ihm eine Reihe von Abwehrverfahren erprobt worden sind und ich somit gezwungen bin, häufiger auf ihn und seine Lebensgewohnheiten zurückzugreifen. Die Gattung Stauronotus (Fisch.) ist gekennzeichnet durch grosse, scharf begrenzte Scheitelgrübchen und scharf abgegrenzten Scheitel mit seitlicher Kante. Am Halsschild sind die Seitenkiele nur in der hinteren Hälfte entwickelt, in der vorderen durch helle, winklig gezogene Linien er- setzt. Die Flugapparate sind voll entwickelt. Der St. maroc- canus ist rötlich-braungelb, braungefleckt und gesprenkelt; die Scheitelgrübchen sind trapezförmig, die Stirnleiste über dem Nebenauge gefurcht; der Halsschild hat jederseits eine weisse oder gelbe, winklig geknickte, in der Mitte unter- brochene Linie; die Seitenlappen tragen in der Mitte einen schiefen, gelben Fleck; die Hinterschenkel sind rötlich-gelb mit dunklen Knieen und drei schwarzbraunen Flecken auf der Oberseite. Hinterschienen hellrot, fleischfarbig oder gelblich, unterhalb des graubraunen Gelenkes mit einem hellgelben Ring. Körperlänge g' 17—28 mm, 2 20 bis 33 mm. Ganz besonders interessant ist der St. maroccanus da- durch, dass er sich nur als Larve in grosse Scharen zu- sammenschlagen und nur als Larve eigentliche Wanderzüge unternehmen soll. (Nur bei Smyrna°*) soll er einmal als geflügeltes Insekt in Schwärmen wandernd angetroffen sein.) Die Brutstellen in Nordafrika liegen nach Redtenbacher wahrscheinlich in den Steppen an der Grenze von Tunis 440) Erichson nach Redtenbacher, Ueber Wanderheuschrecken S. 12. 120 Dr. Sander. und Algier und von dort wandern die Larven beständig nach Westen, dem vorherrschenden Wind entgegen. Mir will die Annahme besonderer Brutplätze für diese Art nicht wahrscheinlich scheinen, falls nämlich die Angaben der Systematiker zutreffen; denn nach deren Zeugnis zerstreuen sich die grossen Heerscharen, sobald die Larven aus- gewachsen sind und geflügelt werden. Auch stimmt mit der allgemeinen Angabe nicht, dass nach den Berichten *‘') aus Cypern das Eiersammeln gegen den Stauronotus dort von keinem nennenswerten Erfolge gewesen ist, trotz der Un- mengen gesammelter Eier. Man müsste dann vielmehr an- nehmen, dass die Eier mehr zerstreut abgeiegt werden, die ausschlüpfenden Jungen aber sich von grösseren Flächen her zusammenschliessen. Jedoch sind Schwärme Geflügelter in der Praxis öfters beobachtet worden **”). Zur Unterfamilie der Tryxaliden gehört auch die Gattung Stenobothrus, die kleinen Grashüpfer unserer Wiesen, die echte Standheuschrecken darstellen, doch gelegentlich einmal auch grossen Schaden anrichten können. Ueber einen solchen Fall berichtet Vincenz Kollar**”) aus Korneu- burg. Da Stenobothrusarten auch in Afrika vorkommen, 41) Nach den offiziellen Berichten „Cyprus: Report on the Locust Campaign of 1884— 1897 (die anderen standen mir leider nicht zur Verfügung); es ist mehrfach darin von „Flights of the Locusts‘‘ die Rede, also „fliegenden Heuschreckenschwärmen“. 442) G. Gordon Hake. The Destruction of Locusts in Cyprus. Agric.. Journ. ‚of. The: Cape Colony. 1893. _ VI. S. 61. In 1883 eg collection was given up as useless“, und „Destruction of Locusts in Cyprus. Agric. Journ. of the Cape Colony. 1892. VI. S. 170-171. Nach einem Brief von Major H. L. Sapte, Royal Sussex Regiment, Military Secretary to H. E. the Governor an Mr. Merriman“. Nach der englischen Besetzung war ein Gesetz erlassen, dass jeder männliche Erwachsene ein bestimmtes Gewicht von Heuschreckeneiern einliefern musste. „By this means a vast number of eggs were destroyed, tons on tons. still the insect flourished and increases in a most alarming way“. #43) Verhandl. der K. K. Zoologisch-botan. Gesellsch. in Wien. 1858. 03202 320. Was sind diese „Heuschrecken“? 121 wollte ich nicht verfehlen, diese Thatsache wenigstens zu erwähnen. Von einer anderen Gattung, Epacromia (Fisch.)-Strand- schrecke, von der bisher ein solches Verhalten nicht bekannt war, ist jüngst eine Meldung über Wandern und verwüstende Einfälle gekommen. Der Governement Entomologist von New South Wales berichtet in der Agricultural Gazette of New South Wales, März-Nummer 1900*°*), dass 1899 an Stelle des gewöhnlichen Pachytylus australis eine andere Heuschrecke, die Epacromia terminalis als Wanderheu- schrecke auftrat, wahrscheinlich von Süd-Australien her kommend, und schweren Schaden anrichtete, indem sie nicht nur die ganze Schafweide, sondern auch etwa 20000 acres (etwa = 8000 Hektar) verwüstete. Da in Südafrika die Epa- cromia socia Stäl vorkommt, so wäre vielleicht gelegentlich ‚einmal von dieser Aehnliches zu befürchten. Die zweite wichtige Unterfamilie, die — ausser echten Wanderheuschrecken — einen beträchtlichen Anteil zur Zahl der gelegentlich schädlichen Standheuschrecken liefert, ist die der Oedipodida, und von diesen kann für Afrika in Betracht kommen als gelegentlich schädigend die Gattung Oedaleus**”), die Saussure**), ausdrücklich als Insecta in regionibus calidis toti hemispherii orientalis occurrentia, in copiis viventia, ubique valde voracia charakterisiert. Als afrikanische Arten führt er**) Oedaleus marmoratus Thunb. #4) Nach Referat in „Nature“ No. 1591, vol. 61. April 1goo, London, p. 620. 445) H. de Saussure. Additamenta ad Prodromum Oedipodiorum. Geneve. H.Georg. 1888. S. g9.: In Nordamerika seien die Oedipodii sehr schädlich; in der Osthemisphäre gehörten die verheerenden Arten ausschliesslich den Gattungen (Pachytylus und) Oedaleus an; und S. ıı. „On peut presumer que toutes les expeces de genre Oedaleus sont susceptibles de se multiplier outre mesure et d’ex&cuter des migrations en masse“, #46) Henri de Saussure. Prodromus Oedipodiorum, Geneve 1884. p. 112—117 und Appendix ad Additamenta ad Prodr.‘ Geneve 1888 p. 186. 122 Dr. Sander. @ 23—45 Millimeter lang, Africa meridionalis; Oed. Wahl- bergii Stäl @ 44 Millimeter, Kaffraria; Oed. acutangulus Stal 2 36 Millimeter, Kaffraria; Oed. Senegalensis Krauss, in Senegali frequens; Oed. Dohrnianus 2 43 Millimeter, Africa meridionalis, Transvaalia auf. Die Gattung Oedaleus Fieb. steht der Gattung Pachy- tylus, einer weitverbreiteten, echten Wanderheuschrecke so nahe, dass Brunner von Wattenwyl°*’) es nicht für passend hält, beide in der Diagnose der europäischen Spezies zu trennen. Im allgemeinen lassen sie sich folgendermassen kennzeichnen: Es sind grünliche oder graue, ziemlich grosse, weiss und rostbraun gezeichnete Heuschrecken; Körper glatt; der Scheitel vorne abschüssig; Stirne fast senkrecht; Fühler stets fadenförmig, so lang (Q@) oder (dJ') länger als Kopf und Vorderrücken; Stirngruben dreieckig, deutlich; Hals- schild rauh, am Hinterrande spitzwinklig, jederseits mit heller, winkelig geknickter Linie; der Mittelkiel stark er- haben, nicht eingekerbt; Deckflügel dicht und unregelmässig geadert, rotbraun in der Grundhälfte, rotbraun gesprenkelt in der Spitzenhälfte, zum Teil wie gefirnisst; Flügel gelb- grün oder gelb, glasig, häufig mit brauner Querbinde; Hinterschenkel nicht gesägt, stark zusammengedrückt, kräftig; Hinterschienen blutrot oder blau. Am reichsten von allen Unterfamilien der Feldheu- schrecken ist aber die der Acridiinae Brunner von Watten- wyl**°) sowohl an zerstörungsfähigen als an wandernden Gattungen und Arten. Die letzteren verspare ich bis zum nächsten Kapitel. Unter den ersteren führe ich hier auch einige Gattungen an, von denen Arten aus anderen Ländern als unseren afrikanischen Kolonieen bereits als echte Wander- heuschrecken bekannt sind. #47) Brunner v. Wattenwyl, Prodromus der europäische Ortho- pteren. S, 169. 48) Jm Prodromus bezeichnet sie Brunner noch als „Acrididae“. Was sınd diese „Heuschrecken‘'? 123 Im allgemeinen gehören die Mitglieder dieser Unter- familie zu den grössten Formen der Feldheuschrecken (ob- wohl auch einige kleinere dabei sind); und da ihnen gleich- zeitig ein verhältnismässig grosser Kopf mit gewaltigen Fresswerkzeugen von der Natur mitgegeben sind, so können sie und haben sie schon allerorten recht ausgiebige Ver- heerungen angerichtet. Sie werden folgendermassen gekennzeichnet: Kopf kurz, Scheitel stumpf, vorne abschüssig ohne Stirngrübchen; Fühler fadenförmig, vielgliedrig; Vorderbrust (an der Unterseite) mit kegelförmigem oder zylindrischem Zapfen zwischen den Hüften der Vorderbeine; Hinterschenkel aussen regelmässig zweireihig gefeldert. Von den zugehörigen Gattungen nenne ich in erster. Linie Acridium Geoffr. und von dieser die Art Acridium tartaricum Stäl (Krauss). Zwar wird von dieser, wie der ganz nahestehenden Art A. aegyptium L. von den Autoren behauptet, dass sie niemals wandere; ich selbst habe sıe . jedoch 1894 in der Nähe von Windhoek auf bebauten Feldern in so grossen Mengen, sowohl in ihrem Larvenzustande als geflügelt angetroffen °“), dass ernsthaftere Verheerungen durch sie wahrscheinlich sind; gleichzeitig aber waren auch Pachytyluslarven im letzten Stadium in der gleichen Gegend, so dass es für mich unmöglich ist, ‘den Anteil der Zer- störungen abzumessen, der jeder von beiden zukam. Sie zeichnet sich vor verwandten Gattungen aus durch dachförmiges Halsschild ohne Seitenkiele, das am Hinter- rand winkelig ist; Mittelkiel stark erhaben, rostrot; Flug- apparate vollkommen; Flügeldecken braun gesprenkelt; Flügel glashell mit breiter, rauchbrauner Querbinde; Hinter- schenkel oben mit drei: braunen verwaschenen Flecken, unten rot, ihr oberer und unterer Kiel fein gesägt. Hinter- #49) Und wenn mein Gedächtnis nicht trügt, sogar in einem vollen Schwarme; doch sind meine jetzt noch erreichbaren Notizen darüber unzulänglich und meine Erinnerung erklärlicher Weise nicht mehr frisch genug. | 124 Dr. Sander. schienen schmutzigblau mit weissen, schwarzspitzigen Dornen; Brust dicht behaart; f' 32—47 Millimeter, @ 50—66Millimeter. Rötlich braun bis graubraun. Grundfarbe licht rötlichgelb. Eine weitere Gattung der Unterfamilie ist Pezottetix Burm. von der Gattung Euprepocnemis Fieb., die ich gleich- falls 1894 in der Umgebung von Windhoek in grösseren Mengen gesammelt habe und von der gleichfalls anderweitig ein Auftreten in verheerenden Mengen nicht bekannt ist. Die Fühler fadenförmig, länger als Kopf und Halsschild zu- sammen; dieses hinten abgerundet, eben, Mittelkiel wenig erhaben, mit Querfurche gegen die Mitte zu, Seitenkiele gerade; Flugorgane vollkommen ausgebildet; Deckflügel halbdurchsichtig, Flügel glashell, Hinterschenkel gegen die Spitze hin stark verjüngt, schlank, oberer Kiel fein gesägt. Vorderbrust mit rundem, stumpfem, rückwärts gebogenem Zapfen. Länge 26—39 Millimeter, Grundfarbe fahlgelb mit bräunlichen Binden und Zeichnungen. In unseren afrikanischen Kolonieen oder deren naher Umgebung als vorhanden festgestellt sind: E. plorans Charp., Sierra Leone; E. herbaceus Charp., Kaffraria; E. capensis Thunb., Kapland; E. ambigua Stä, Deutsch-Südwestafrika. Eine weitere Gattung dieser Unterfamilie ist Caloptenus Burm. Zu ihr gehört der in Nordafrika, Italien und Süd- russland mehrfach als richtige Wanderheuschrecke beobachtete Caloptenus italicus L. Die Gattung gehört zu den kleineren der Unterfamilie, da sie nur 15—35 Millimeter Länge er- reicht. Sie ist besonders dadurch bemerkenswert, dass mehrere ihrer Arten nur verkümmerte Flugorgane besitzen, ja dass innerhalb ein und derselben Art Tiere mit ver- kümmerten neben solchen mit voll ausgebildeten Flügeln (oder umgekehrt) vorkommen und dass sich alle Ueber- gangsstadien von der einen Form zur andern finden. Im übrigen ist das Halsschild stumpf dreieckig, eben; Mittelkiel erhaben ohne Seitenkiele; drei schwache Querfurchen; Hinterschenkel kräftig, mit vereinzelten Haaren besetzt; Ober- | | Was sind diese „Heuschrecken“ ? 1 kiel fein gesägt; Vorderbrustzapfen rund, stumpf, gerade gerichtet. Brust breit. Grundfarbe rötlichbraun bis grau- braun, mit lebhaft hellen Linien, dunklen Streifen und Flecken; Deckflügel gelbbraun mit dunkleren Flecken, Hinterflügel glashell, an der Wurzel rosenrot oder blau. Dornen der Hinterschienen schwarz. Von Stäl?’) werden aus Südafrika von dieser Gattung ufeeiuhrt. 2 €. haematopus, Einn, €. erythropus Thunb. und C. Hottentottus Stäl. Es wäre immerhin eine Möglich- keit, dass auch einmal eine dieser Arten schädlich werden könnte. #50) Recensio Orthopt. I. (Er nennt sie Caliptemus.) IH. Kapitel. Beschreibung der Wanderheuschrecken unserer afrikanischen Kolonieen. n unseren afrikanischen Kolonieen sind bis jetzt zwei Gattungen von echten Wanderheuschrecken beobachtet und mit Hülfe gesammelter Exemplare hier in Deutschland systematisch bestimmt worden. Das einzige Kamerun macht eine Ausnahme, indem es mir nicht gelungen ist, irgend- welche Angaben über die Zugehörigkeit der dort beobachteten Heuschrecken aufzufinden. Für Ostafrika und Togo sind beide Gattungen in den hiesigen Museen bestimmt worden; für Südwestafrika bisher nur die eine; die andere befindet sich im British Museum in London und dem South African Museum in Kapstadt und hat Walker als Typus für die von ihm aufgestellte betreffende Art gedient. Sie scheint zu der zweiten auch in Ostafrika und Togo beobachteten Gattung zu gehören und ist der dort vorkommenden Art dieser Gattung zum mindesten nahe verwandt, wenn nicht mit ihr identisch. Es handelt sich um die Gattung Pachytylus (nach Redtenbacher: Klapperschrecke) und Schistocerca. Pachytylus. Pachytylus-Arten sind über die ganze alte Welt ver- breitet, von Japan durch die Inselflur des stillen und indischen Weltmeeres über Indien, von China durch Innerasien, bis nach Russland, gelegentlich bis Deutschland, selbst Schweden, Frankreich und England, und ebenso über fast ganz Afrika, Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 127 vielleicht mit Ausnahme des nordwestlichsten Zipfels. Pachy- :tylus-Arten waren es vornehmlich, die die schweren Ver- wüstungen in Südrussland schon so oft anrichteten und die Ende der 20er und Mitte der 70er Jahre des verflossenen Jahrhunderts auch bis ins Herz von Deutschland drangen, die Saaten zerstörend und die Landwirte zur Verzweiflung bringend. In der Gattung Pachytylus werden seitens der Syste- matiker eine ganze Reihe von Arten unterschieden. Da diese Arten aber für den Laien und Praktiker sehr schwer oder gar nicht zu unterscheiden sind, weil sie in ihrem Aeusseren nur wenig, in ihrer Entwicklung, Lebensweise und Zerstörungsfähigkeit fast garnicht von einander ver- schieden sind, so darf ich es mir wohl versagen, hier auf diese feineren Unterschiede des Näheren einzugehen. Das Buch soll ja mehr praktischen Zielen dienen und dem leidenden Praktiker nur die Möglichkeit bieten, zwischen verschiedenen Gattungen zu unterscheiden, die gerade in den für ihn wichtigsten Punkten von einander abweichen, damit er seine Abwehrmassregeln nach der Natur des ihm gerade gegenüberstehenden Feindes einrichten kann. Ich werde mich deshalb auf die Schilderung der Gattung be- schränken und von den Arten nur die Namen und Fund- orte anführen. Bei der Beschreibung lasse ich zunächst alles weg, was im vorhergehenden Kapitel bei der allgemeinen Be- schreibung der Grasheuschrecken schon gesagt worden ist. Sodann aber werde ich den Hauptwert auf eine volkstüm- liche Art der Beschreibung legen; ich bin dazu schon allein aus dem Grunde gezwungen, weil ich vielfach die Be- schreibungen nach eigenen Beobachtungen machen muss und daher garnicht in der Lage bin, nachzuprüfen, ob die Ausdrücke auch immer den systematisch stilgerechten ent- sprechen... Der zweite wichtigste Grund .aber ist der, dass ich gerade durch die volkstümliche, nicht systematisch schulgerechte Form hoffe, für die Praxis mehr Irrtümer verhüten zu können, als sonst der Fall wäre. 128 Dr. Sander. Für den Pachytylus folge ich, soweit es sich um die ausgewachsenen Tiere handelt, der vorzüglich gemein- verständlichen Schilderung = Grerstäckers, die * auch dazu bei- tragen wird, die im vorhergehen- Abbildung 6. Pachytylus suleicollis. Weibchen sitzend. Deutsch-S.-W.-Afrika. den Kapitel ge- (Nach der Natur gezeichnet von H. v. Zglinicka.) brauchten Fach- bezeichnungen den Laien verständlicher zu machen Er schreibt Seite ı5 und ı7 von der europäischen Wander- heuschrecke: Sie besitzt einen fast senkrecht gestellten Kopf, 1977 7, RB N, AD zul. Pr Fz Er TE AR GGG f KENN ID, TITLE TCHENR KA LS. | 1 BERSCHEIGE N A A “ ae Bazı Php Fa Abbildung 7. Pachytylus suicicollis. Deutsch-S.-W.-Afrika. Männchen fliegend. (Nach der Natur gezeichnet von H. v. Zglinicka.) dessen Höhe seine Breite sowohl wie seine Länge beträcht- lich übertrifft, dessen Breite übrigens in der Richtung von oben nach unten merklich zunimmt, so dass der leicht ge- wölbte, in der Augenhöhe liegende Scheitel ungleich schmäler | Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 129 erscheint, als die gegen den Mund hin herabsteigenden, etwas aufgetriebenen Backen. Auch die beiderseits des in einen stumpf abgerundeten Ursprung auslaufenden Scheitels liegenden Augen (Netzaugen) zeigen ihren grössten Durch- messer in der senkrechten Richtung. Vor derselben nehmen die aus 26 sehr kurzen Gliedern bestehenden fadenförmigen Fühlhörner ihren Ursprung, welche durch ihre geringe Länge — sie kommen nur etwa dem vierten Teil der gesamten Körperlänge gleich — auffallen. Am unteren Ende des Kopfes machen sich dann endlich bei der Ansicht von vorn besonders eine die Mundöffnung von oben her schliessende grosse Klappe (Oberlippe), sowie zwei von ihr teilweise bedeckte sehr harte hakenförmige Gebilde bemerkbar, welche als »Kaukiefer« die dem Insekt zur Nahrung dienenden Pflanzen- teile abzubeissen und zu zerkleinern bestimmt sind und sich zu diesem Zweck, an den Backen beweglich eingelenkt, nach Art der Arme einer Kneifzange öffnen und schliessen können. Zwei hinter denselben hervortretende Paare von gegliederten Anhängseln, welche als Kiefer- und Lippen- taster bezeichnet werden, dienen dem Insekt vermutlich dazu, sich über die Beschaffenheit seiner Nahrung zu orientieren. | Der auf den Kopf folgende und ihn mit seinem - Vorderrand umschliessende Halsschild, welcher an dem folgenden, die Flugorgane tragenden Rumpfteil eine ziem- lich ausgiebige Beweglichkeit wahrnehmen lässt, erweitert sich im Bereich seines abgeflachten, aber mit einem mittleren Längskiel versehenen Rückenteils nach rückwärts in Form eines Sattels, dessen Spitze die Wurzel der Vorderflügel, falls dieselben dem Körper angelegt sind, bedeckt. Hinter ihm nehmen an den Seiten des Rumpfes und zwar in der Höhe des Rückens desselben die beiden Flügelpaare ihren Ursprung, deren vorderes zwar etwas länger, aber ungleich schmäler und zugleich von derberer, mehr lederartiger Kon- sistenz als das hintere ist. Dasselbe dient den glasartig durchsichtigen und fächerförmig zusammenschlagbaren, am Sander, Wanderheuschrecken. 9 130 Dr. Sander. Innen- und Hinterrande in weitem Bogen gerundeten Hinter- flügeln im Ruhezustand desInsekts gewissermassen als deckende Hülle (daher Deckflügel genannt), beteiligt sich übrigens gleich letzteren an der Flugbewegung. Von den drei, allen Insekten zukommenden Beinpaaren, deren erstes von der unteren Fläche des Halsschildes, die beiden folgenden von dem die Flügel tragenden Rumpfteile ihren Ursprung nehmen, sind die beiden vorderen kurz und ohne besondere Aus- zeichnungen, das dritte dagegen von aussergewöhnlicher Länge im Schenkel- und Schienenteil, im Bereich des ersteren überdies keulenförmig angeschwollen, längs des letzteren mit zwei parallelen Reihen starker Dornen bewehrt. Der als »Fuss« bezeichnete letzte Abschnitt sowohl dieses dritten, die Sprungbewegung der Heuschrecke vermittelnden, als der beiden kurzen vorderen Beinpaare besteht nur aus drei Gliedern, deren letztes dünner ‘als die vorhergehenden und an seiner Spitze mit den beiden hakenförmigen »Fussklauen« versehen ist. Die Körpergrösse ist bei Männchen und Weibchen sehr verschieden, die Männchen sind erheblich kleiner als die Weibchen, d' 35—48, 2 42-55. Es sind bis jetzt drei Arten der Gattung Pachytylus in unseren afrikanischen Kolonieen festgestellt worden und zwar P. cinerascens Fab., P. migratoroides Reiche und P. sulcicollis Stäl. Davon sind alle drei gemeinsam in Togo beobachtet worden (1892— 1894)” ); in Ostafrika P. cinera- scens und P. migratoroides in dem Jahre 1894°°°); in Süd- westafrika P. suleicollis von 1894—1899.*°*) In Südafrika und der Kapkolonie ist ausserdem noch der migratoroides durch Distant, der sulcicollis durch Schenck, und auch schon von Lichtenstein nachgewiesen. So wird man in Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei diesen Belegstücken um ein mehr gelegentliches und zeit- #51) Baumann, L. Conradt. #52) Stuhlmann, Böhmer, Volkens, Neumann. 453) Verf., Rehbock u. A. | t Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 131 lich beschränktes Sammeln handelt und da aus den folgenden Jahren, trotzdem grosse Heuschreckenscharen vor- handen waren, weitere Fundstücke nicht eingegangen sind, wohl annehmen dürfen, dass alle drei Arten über ganz Afrika hin vorkommen. Zur genauen Feststellung wird eine systematische Beobachtung und Sammlung — und zwar auch gerade in den heuschreckenarmen Jahren — not- wendig sein. Dann wird sich wohl auch die Frage lösen lassen, ob es sich bei diesen Arten um »gute Arten« oder us sum Spielartem handelt; den‘ ersteren ‚Standpunkt nehmen jetzt im‘ wesentlichen die Systematiker, den letzteren diejenigen ein, die namentlich in Heuschrecken- jahren praktisch grosse Mengen der in Betracht kom- menden »Arten«< beobachten konnten. (Das gilt von allen Erdteilen und allen, nicht bloss den Pachytylus- arten.) Die Färbung nicht bloss der einzelnen Arten unter sich, sondern auch der einzelnen Stücke ein und derselben Art ändert sich nach Ort, Zeit und Gelegenheit. Ich gebe da- her hier die Beschreibung der-Färbung nach den in der Ber- liner Sammlung befindlichen Fundstücken, da ich so wenig- stens leidlich sicher bin, gerade die in unseren Kolonieen am häufigsten zu beobachtende Färbung mitteilen zu können. Ich kann nicht beurteilen, ob in Ostafrika und Togo die gleiche Beobachtung gemacht worden ist, die mir bei dem P. suleicollis in Südwestafrika aufgestossen ist, dass nämlich seine Farben kurz nach erlangter Reife ausserordentlich viel lebhafter sind — mitunter lichtes reines Schweielgelb als Grundfarbe —, während sie bei den Tieren während der Paarung, wenn sie Ausgang des Jahres kommen, um ihre Eier abzusetzen, viel blasser — ein schmutziges Strohgelb = ist: und auch die Zeichnungen viel verwaschener er- scheinen. In den eigentlichen kalten Monaten habe ich keine Gelegenheit gehabt, in Südwestafrika Wander- heuschrecken zu beobachten; ich kann daher nicht sagen, ob auch bei dieser Gattung ein gleicher Farbenwechsel des 9* 132 Dr. Sander. erwachsenen Insekts sich findet, wie wir ihn bei der zweiten Gattung zu besprechen haben werden. Die von mir selbst in Südwestafrika beobachteten und gesammelten Stücke des Pachytylus sulcicollis sind verhält- nismässig kleine Tiere mit schlankem Körper, ziemlich langen Flügeln und verhältnismässig sehr stark entwickeltem Kopfe, an dem noch besonders die kräftigen Kinnladen auffallen. Eine so grosse Verschiedenheit in der Körper- länge der beiden Geschlechter, wie sie oben nach Gerstäcker von der europäischen Art angegeben ist, ist mir bei der südwestafrikanischen nicht in Erinnerung — direkte Masse aber stehen mir leider nicht zur Verfügung. Diese Art ist auch im ganzen etwas kleiner als die europäische — ich glaube nicht ein einziges Tier von mehr als 50 Millimetern Körperlänge ***) gesehen zu haben. Auffällig war mir die grosse Zahl in irgend einer Weise, namentlich an den Gliedmassen verkrüppelter Tiere in allen von mir gesehenen Flügen. Vielleicht ist dies auf Ver- letzungen durch die zahlreich vorhandenen natürlichen Feinde und die verhältnismässig sehr viel längere Lebensdauer der voll ausgewachsenen, geflügelten Tiere gegenüber den europäischen zurückzuführen. Die Grundfarbe ist ein staubiges, blasses Gelb, das ausserordentlich passend in neuester Zeit“) von den Süd- afrikanern als »Khaki«farbe bezeichnet wird. Auf diesem fahlgelben, staubfarbenen Grunde steht eine ganz ver- waschene Längsstreifung über den Körper hin, von einem mehr ins Graue spielenden Farbton, den ich nach dem Vor- gange der »Khaki«benennung als die Farbe des neuen 4 ungewaschenen Cordzeuges der südwestafrikanischen Schutz- truppe bezeichnen möchte. Diese Zeichnung ist bald mehr, bald weniger ausgesprochen. Im einzelnen ist das Gesicht heller und reiner gelb, ebenso die Seiten der Mittel- und #54) Wird von der Stirn bis zur Hinterleibsspitze gemessen, #55) Seit dem Boerenkriege. Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 133 Hinterbrust und die Unterseite der Brust, sowie der Beine. Die Kiefer sind hellweissgelblich, die Kauspitzen der Ober- kiefer blauschwarz. Die Unterseite des Hinterleibes zeigt dagegen ausgesprochene Khakifarbe. Die dunklere Zeichnung findet sich auf dem Scheitel, der Oberseite des Halsschildes, auf dem Rücken und den Deckflügeladern. Die Augen sind glänzend helllederbraun. Um den Halsschild verläuft vorn und hinten ein etwas aufgeworfener hellerer Saum; die Querfurchen desHalsschildes dagegen sind dunkler gefärbt. Die Hinterschenkel tragen auf der Aussenseite eine ausgesprochen regelmässige, scharf abgesetzte Schilderung, auf der Mitte der Innenseite einen vom Grunde bis zur oberen Grenze des unteren Drittels ziehenden spitz dreieckigen dunklen, fast schwarzen Fleck; die Knielappen sind innen und aussen halbmondförmig schwarz gezeichnet; im unteren und mitt- leren Drittel des Oberrandes der Hinterschenkel sind zwei ganz verwaschene graubraune Flecken, die bei deutlicher gezeichneten Stücken Halbbinden bilden. Die Hinterschienen sind strohgelb, mit schwarzen Dornen. Die Legespitzen der Weibchen sind gleichfalls dunkel gefärbt. Die Deck- flügel sind in den Feldern in den äusseren zwei Dritteln glashell mit verwaschenen, wie gestrichelten, in undeutlichen Binden angeordneten graubraunen Fleckchen besetzt. Die Unter- flügel sind glashell und besonders an der Wurzel wie leicht angeraucht. Während die Form im allgemeinen Gerstäckers Be- schreibung entspricht, zeigt der Halsschild einige Abweichung davon. Er ist in der vorderen Hälfte nämlich ziemlich tief eingeschnürt, mit drei Querfurchen in der Schnürung, die am besten mit Quetschfältchen, die von hinten nach vorn gedrückt sind, sich vergleichen lassen. Der vordere Rand des Halsschildes ist wieder aufgebogen, die ganze Schnürung verläuft in gleichmässiger Rundung nach vorn und hinten. Von der Seite gesehen (s. Abb. 6) stellt sich diese Schnürung als eine rundliche Einsenkung zwischen Kopf und hinterer Hälfte des Schildes dar. Die Hinterseite des Schildes ist Ban Dr. Sander. ziemlich lang dreieckig ausgezogen und geht mit ziemlich stark einspringendem, abgerundetem Winkel in die Seiten- teile des Hinterrandes über. Die Jungen zeigen eine gänzlich abweichende Fär- bung und auch die Gestalt weist, ganz abgesehen von den mangelnden Flügeln, ziemliche Verschiedenheiten auf, Das Auffälligste in dem Unterschiede der Gestalt ist einmal das Uebergewicht des Kopfes über den übrigen Leib — eine freilich bei den Jugendzuständen der meisten Tiere zu be- obachtende Erscheinung —, sodann aber eine ganz andere Form des Halsschildes: es zeigt nichts von der Einschnürung und daher verläuft in der Seitenansicht die Linie vom Scheitel bis zur Hinterspitze des Schildes ununterbrochen gerade. Die Mittelleiste ist deutlich als Firste ausgesprochen und von ihr fallen die beiden Seiten dachförmig schräg ab, während sie bei dem erwachsenen Tier deutlich gewölbt sind. Der Hinterrand geht ferner von der Spitze einfach in schräg verlaufender gerader Linie in die Seiten über, ohne Winkelbildung in den Seitenleisten. Ferner sind die Fühler kürzer als bei den ausgewachsenen Tieren, und zwar um so kürzer, je jünger der Hupfer ist. Die Ursache ist eine geringere Zahl von Gliedern in den Fühlern. Mit jeder Häutung erhöht sich diese Zahl, bis sie mit der letzten die des ausgewachsenen Insektes erreicht. NG A UN SV. I an Abbildung 8. Abbildung 0. Pachytylus suleicollis. Deutsch-S.-W.-Afrika. Nymphe mit Flügelstumpfen in zwei Altersstufen. (Nach der Natur gezeichnet von H. v. Zglinicka.) Der eben ausgeschlüpfte Hupfer ist (sobald er über- haupt seine Farbe bekommen hat) grünlich schwarz, ohne jede Zeichnung, etwa von der Grösse einer Stubenfliege. Nach der ersten Häutung tritt eine schwache schmutzig- strohgelbe Zeichnung auf, während die Grundfarbe noch Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 135 grünlich-schwarzbraun bleibt. Diese hellere Zeichnung findet sich an dem Gebiss, auf dem Scheitel, den Deckladen der Oberkiefer; der Halsschild trägt im wesentlichen diese helle Farbe, doch ist die Mittelleiste noch ziemlich breit schwarz, und ein gleicher verwaschener Fleck sitzt in der Mitte jeder Seiner Seiten, Zwischen‘ diesem und’ der Leiste ziehen sich schwarze Schmitzen hin, die stellenweis die hellere Linie durchbrechen; die untere Hälfte des Halsschildes ist heller und reiner gelblich, ebenso die Mittel- und Hinterbrust. Der Hinterleib ist (und bleibt) im ganzen viel dunkler als der Vorderleib, ist unten dunkel schmutzig-strohgelb, oben mit zwei undeutlichen ebensolchen Längsstreifen neben einem dunklen Mittelstreifen. Die Seiten sind schwarz. Der Hinterrand der Leibesringe ist etwas lichter als der übrige Ring. Die Beine sind dunkel schmutzig-strohgelb, die Springschenkel fangen an eine verwaschene Schilderung Zu zeısen (die Kelder werden lichter, die, Furchen bleiben dunkel); die Hinterschienen werden gleichfalls schmutzig- gelblich. Die Fühler erscheinen noch dunkel, doch sind die eigentlichen Glieder schon lichter, ihre Ränder aber noch dunkel. Das Insekt ist jetzt etwa Io Millimeter lang. Nach der zweiten Häutung werden die hellen Binden breiter und etwas deutlicher gelblich. An den Springschenkeln wird die Schilderung deutlich und zugleich zeigen sich die beim ausgebildeten Insekt beschriebenen Flecke des Ober- randes dadurch, dass sie dunkel bleiben, während der übrige Schenkel heller wird. Länge etwa 15—ı8 Millimeter. Nach der dritten Häutung tritt an Stelle der schmutzig- strohgelben Zeichnung eine rötlich-gelbe, etwa mennigrote, doch ist die Farbe noch nicht sehr lebhaft. Die Buren be- zeichnen die Hupfer nun als »rooi batjes« (spr. reubaikies), »Rotröcke«. Die Schilderung der Springschenkel und die Bindenflecke werden nun sehr deutlich, deutlicher als beim ausgebildeten Insekt. Alle helleren Stellen gewinnen an Breite und zugleich wird die ganze Grundfarbe etwas lichter, etwa rauchbraun. Die Flügelstüimpfe sind jetzt deutlich er- 136 Dr. Sander. kennbar 4—35 Millimeter lang. Das ganze Tier ist etwa 20 bis 22 Millimeter lang. Nach der vierten Häutung werden nur die Farben leb- hafter und klarer, die hellen Binden breiter; die Flügel sind etwa 5—6 Millimeter lang. Das ganze Tier erreicht 24 bis 28 Millimeter Länge. Die Geschlechtsunterschiede sind jetzt vorhanden. | Mit der fünften Häutung wird der Hupfer zur geflügelten, ausgewachsenen Heuschrecke. Die Arten unserer Kolonieen scheinen aber damit noch lange nicht geschlechtsreif zu sein, sondern, wie ich in einem späteren Abschnitte zeigen werde, bis zur Geschlechtsreife noch mehrere Monate zu brauchen, während bei den europäischen Arten”) dieser Zeit- punkt früher eintritt. Von den in Togo und Ostafrika beobachteten Pachy- tylusarten könnte ich nur die Beschreibung des ausgebildeten Insektes, und zwar nur nach den getrockneten, also in der Farbe nicht mehr zuverlässigen Stücken der Sammlungen geben, deshalb sehe ich von einer solchen ab. Schistocerca. Die zweite der für unsere afrikanischen Kolonieen in Betracht kommenden Gattungen ist das genus Schistocerca Stäl.e Es unterscheidet sich von dem genus Acridium (von dem es erst durch Stäl getrennt ist), nur durch feinere Unter- schiede im Bau der äusseren Genitalteile und der Anhänge beim Männchen, und wird von vielen Autoren, so den meisten englischen, auch heute noch als »Acridium« be- zeichnet. Ich kann daher hier für den Gattungscharakter wohl auf die in Kapitel II gegebene Beschreibung der Gattung Acridium verweisen. In unseren afrikanischen Kolonieen kommen zwei Arten dieser über die ganze Welt verbreiteten und wahrscheinlich ursprünglich in Amerika heimischen Gattung vor, von denen *) Wird auch hier von den Beobachtern verschieden lang angegeben. Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 137 noch nicht zu sagen ist, ob es sich nicht bloss um Spiel- arten handelt. Bis jetzt liegen uns nämlich nur aus Ost- afrika und Togo Belegstücke vor, dagegen keine der in Südwestafrika und der Kapkolonie vorkommenden Art oder Abart; sie wird von den englisch-südafrikanischen Autoren®°”‘) als »sehr naher Verwandter« des »Acridium peregrinum« der in Ostafrika, Togo, dem Sudan und Nord- afrika festgestellten Art bezeichnet. Diese Schistocerea (Aeridıum), peresrina Olw., die »ägyptische Wanderheuschreckes, ist ein erheblich grösseres Tier als die erst besprochene Gattung Pachytylus, mit ge- waltigen Flugorganen und mächtigen Fresswerkzeugen ver- sehen, und so noch mehr dazu geeignet, Verwüstung anzu- richten und sie in Stätten fern von ihrem Entstehungsort hinzutragen. 7 (H EAN g HAN kY AA Ale TER NITENnTZ; DPF ANNE ANNNRTAT ereen SEAL Abbildung ıo, Schistocerca peregrina. Deutsch-Ostafrika. Weibchen. (Nach der Natur gezeichnet von H. v. Zglinicka.) Die Schistocerca peregrina hat einen stumpfen, vorne abschüssigen Scheitel; die Stirngrübchen fehlen, der Hals- schild ist vorne deutlich eingeschnürt und besitzt nur einen schwach angedeuteten helleren Mittelkiel, der nur bis zur dritten der drei tief eingeschnittenen Querfurchen hin deut- hear ausgesprochen ist; hinten endet der Halsschild ab- gerundet dreieckig, ist vorn deutlich eingeschnürt, hinten verbreitert; die Vorderbrust trägt einen runden, stumpfen, gerade gerichteten Zapfen; die Mittelbrust ist gewölbt und #56) Wallace, Farming Industries. 138 Dr. Sander. ausgedehnt, die ganze Brust behaart. Die Deckflügel sind im allgemeinen ziemlich durchsichtig, im Mediastinal- und Mittelfelde undurchsichtig gelb oder rosenrot, mit hellen Queradern, vielen feinen Verbindungsadern und zahlreichen rostroten Flecken und Tropfen, die Hinterflügel sind citronen- gelb oder rosenrot angehaucht oder schmutzig glashell. Die Hinterschenkel mit den Hinterschienen ziemlich gleich- farbig, citronengelb oder rosenrot. Die Länge beträgt 50 bis 60 Millimeter. Die Grundfarbe ist bald citronengelb, bald schmutzig rosarot bis rostrot. Und zwar ist die gelbe Varietät vor- wiegend in Nordafrika, den Balearen, Corfu, Spanien, Chile und Argentinien, die rote in Mittelamerika, Senegambien, Portugal, Syrien, Ostindien. Doch kommen auch in Sene- gambien rote, im Sennaar gelbe vor. Von den Fundstücken aus unseren Kolonieen sind die aus Ostafrika (Stuhlmann) gelb, die aus Togo (Büttner) rot. Aus Südafrika finden sich im Berliner zoologischen Museum gelbe Stücke; die in den letzten Jahren (wie in den Ein- fällen seit 1820) beobachteten dagegen sind ausgesprochen rot in den Flügeln’bei 'gelbem Leibe, so dassrse a2 Walker als Acridium purpuriferum von der peregrina ge- trennt wurden. Von H. S. J. Solly*”‘) werden sie folgen- dermassen beschrieben: Leib und Deckflügel gelb, getüpfelt; die ausgebreiteten Flügel purpurrot am Grunde, beim Fliegen purpurrot erscheinend; Hinterschienen mit starken Dornen bewehrt (im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Pachytylus). Von anderen Beobachtern wird noch hinzugefügt, dass sie schlanker im Leibe und etwas länger wären, als die »ge- wöhnliche Heuschrecke« (der Pach. sulcicollis).. Kopf und die Teile vor und unter den Flügeln seien dunkelrot*””). 7) Agric. Journ. of the Cape Col 1896. Vol IX. Eee New Locust“. #58, W. G. Cumming. R.M., Agric. Journ. Cape Col. 1895. VIU. Heft 22. Agric. Prospects & Reports. Kokstad. S. 554. Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 139 Ein anderer‘”’) giebt zutreffend den Grössenunterschied gegenüber dem Pachytylus auf etwa ein Drittel mehr an und schildert die Farbe als »viel lichter« (of much lighter colour. Das stimmt in der That für den allgemeinen Ein- druck, obwohl die Färben der Schistocerca viel kräftiger sind als die des »Khaki-Locust«. Sie sind eben reiner als dessen Staubgrau. | Die ostafrikanische Schistocerca zeigt nach den von Dr. Stuhlmann gesammelten Stücken folgende Zeichnung®“) und Färbung: die Grundfarbe ist unrein citronengelb; die Unterseite und die Brustseiten, der Hinterleib sind schmutzig braunrot; von ähnlicher Farbe eine verwaschene Längs- streifung auf der Oberseite des Kopfes und dem vorderen Teil der Oberseite des Halsschildes.. Der Halsschild hat einen schmalen, abgesetzten, hellstrohgelben erhöhten vor- deren und hinteren Rand. Die Mittelleiste ist deutlich, kiel- förmig, dunkler gefärbt; über die Mitte des Halsschildes ziehen drei scharfe schmutzig dunkelrote Querfurchen. Die Augen sind dunkelbraun, glänzend, stark gewölbt. Die Schilderung der Aussenfläche der Sprungschenkel ist weniger deutlich als beim Pachytylus, aber nur deshalb, weil die Farben weniger scharf von einander abgesetzt sind; die Herausarbeitung der Felder und Furchen ist gleich scharf. An der Oberkante der Hinterschenkel sind drei verwaschene dunkele Flecke; die Knielappen auch hier innen und aussen mit schwarzem Halbmond; die Hinterschienen gelb; ihre Dornen am Grunde weissgelb, an der Spitze schwarz, er- Beblich stärker als beim Pachytylus. Die Deckflügel im Wurzelteil und vorderen Drittel rotgelb bis gelb, die Färbung nach der Spitze hin schmäler werdend; die Adern noch weiterhin gelb, in der äusseren unteren Hälfte dunkelrauch- #59) John Hemming. C. C. ebenda 1896. IX. Heft 4. Agric. Prosp. & Rep. Grahamstown. S. 44. 460) Ich möchte dazu bemerken, dass die Zeichnung der süd- afrikanischen Art nach meiner Erinnerung ganz ähnlich ist und nur die Farbenverteilung in der vorstehend geschilderten Weise davon abweicht. 740 Dr. Sander. braun; zahlreiche bindenförmig angeordnete, ziemlich kräftige und scharf abgesetzte rauchbraune Flecke querüber laufend. Die Flügelfelder, wo nicht gelb gefärbt, glashell. Hinter- flügel glashell mit verwaschen auslaufender Gelbfärbung der Wurzel. Bei den Schistocerca-Arten ist die Eigentümlichkeit be- obachtet worden, dass sie zu verschiedenen Jahreszeiten als geflügelte Insekten ganz verschiedene Färbung zeigen; ob dies auch bei den Arten unserer afrikanischen Kolonieen der Fall ist, kann ich nicht sagen, da ich weder selbst ein- schlägige Beobachtungen zu machen in der Lage war, noch von anderer Seite gemachte in der Litteratur mitgeteilt fand. An und für sich ist es aber sehr wahrscheinlich, dass sich auch diese Arten nicht anders verhalten werden, als die nahe verwandten von Nordafrika und Südamerika. Die ersten Nachrichten darüber stammen von Coure und Lallemant. Coure beobachtete Anfang Januar 1867 in Algier einen Flug von algerischen Wanderheuschrecken, der rötlich war. Er zieht daraus den Schluss, dass’die Tiere bei ihrer ersten Entwicklung zum vollen Insekt rotgefärbt seien und erst später die Farbe wechselten, und zwar, wie Coure annimmt, nicht früher als bis sie geschlechtsreif seien. Lallemant bestätigt diese Ansicht, denn zu Anfang seien diese Heuschrecken, die lange Zeit als vollausgebildete In- sekten lebten, rosenrot. Später zögen sie nach dem Süden, um im Winter in ihrer »natürlichen« Farbe zurück- 46 *) zukehren. Künckel d’Herculais“°”), angeregt durch die Anschauung Brunner v. Wattenwyls, Bolivars, Mac Lachlan’s und Scudders, dass die roten und gelben Wanderheuschrecken Varietäten #51) Nach I. ann. Report 1879. Washington. Chapt XIX. The locusts of the old World. S. 476. Angeführt nach Giraud, Bull. Soc. Entom. de France 1867. pp. X— XII; Lallemant. Ebenda S. XII. #62) Le Criquet Pelerin. Compt. Rendus d. l. Socc. Biolog. 1892. S. 56/57. Redtenbacher (Wanderheuschrecken 1896) setzt nech Zweifel darein, ob dieser Vorgang wirklich statt hat. Beschreibung der Wanderheuschiecken etc. 141 derselben Gattung seien, stellte eingehende Untersuchungen über diesen Punkt an und kommt dazu, »dass die rot oder gelb gefärbten Stücke keine Varietät derselben Spezies dar- stellten, sondern dass jedes einzelne Tier eine Reihe von Farbänderungen durchliefe, deren jede einen besonderen Abschnitt in seinem Leben darstellte«. Und zwar geht nach ihm der Farbenwechsel vom Rosa zum Rot, vom Rot zum Weinrot, zum Grau, zur Terra-Siena-Farbe und schliesslich Zum Gelb. 2 >Man’konne'naeh der Art der Färbung deshalb sowohl den Brutort als die Zeit, welche moch bis; zur Biablage verstreichen würde, bestim- men.« Etwa einen Monat alt seien die Heuschrecken karminrot, nach mehreren Wochen erst würden sie gealar ımnd könnten ihre Bier nicht früher als nach zwei Monaten ablegen‘). Wennsieterrasienafarben Sankelsbesinnt die Paarung) wennsdie. Barbe in Gelb Filnerscht, wird diePaarungwiederhole’). Er hält den Vorgang für eine Alterserscheinung, eine Folge der mit dem Alter eintretenden Deshydratation, diese Ansicht mit dem Farbenwechsel der Jungen und der durch Wasserentziehung konservierten Exemplare begründend°“®). Eingehend geschildert hat Lawrence Bruner ganzen Farbenwechsel an der von ihm in Argentinien sorg- fältig studierten Schistocerca paranensis. Da die Frage auch von praktischer Wichtigkeit ist, so lasse ich hier seine Schilderung des Vorgangs folgen: *°°) diesen 69) Ich habe von der südafrikanischen Art nur Stücke gesehen — im November 1896 —, bei denen die Färbung noch ausgesprochen Eos war, keim emzises Paar sah ich in diesen Wochen ber der Begattung! *62) Er führt unter anderem die Rotfärbung bei schneller Trocknung als Beweis dafür an, dass die Gelbfärbung eine Alterserscheinung, eine „Ein- trocknungserscheinung“ sei. Das stimmt schon wohl mit seinem eigenen Bei- spiel nicht recht. In Abschnitt 4 komme ich noch darauf zurück. #65) Primer Informe de la Comision de Comercio de Buenos Aires par le Investigacion De La Langosta. Buenos Aires. Compania Sud-Americana De Billetes de Banco. Mezzo de 1898. 8° S. o—ı:. 142 Dr. Sander. Frisch geflügelte Stücke: Grundfarbe der Ober- seite und der Beine ziegelrot mit hellen und dunklen Streifen und Punkten. Deckflügel bräunlichweiss mit kastanienbraunen Flecken bespritzt. Flügel durchsichtig, Adern und deren Verzweigungen an der Wurzel und dem Hinterrande weiss, dunkel, wo sie quer an den Vorderrand ziehen; die Hinter- beine rot; die Dornen weiss mit schwarzen Spitzen. Winterstücke. Je näher nach dem Winter hin, um- somehr verschwinden die verschiedenen Farben der Heu- schrecken und machen einer allgemeinen rötlichen Färbung Platz. Die kastanienbraunen Streifen an der Oberseite, den Seiten der Vorbrust und im Gesicht erlöschen gleichsam, und die weissen Binden in der Mitte und an dem unteren Rande der Vorbrust verschwinden vollständig. Die Hinter- flügel nehmen rosenrote Färbung an, die an der Wurzel dunkier ist. Das Insekt hat‘ dadurch ein ganz anderes Aussehen als kurz nach dem Geflügeltwerden und als in den späteren Monaten. Je länger und je kälter der Winter, umso tiefer wird das Rot. Einzelne Stücke zeigen ein un- bestimmtes Braun, andere verfärben die Flügel in ein schmutziges Schwarz. Frühlingsstücke Mit dem Beginn der Eiablage werden sie an den im Winter verfärbten Stellen gelblich olivengrün; die Flügel sind nun von einem hellen durch- sichtigen Gelb. Zum Farbenwechsel der Flügel ist noch nachzutragen, dass die Wurzeladern und ihre Verzweigungen weiss sind, so lange die Flügel durchsichtig bleiben; werden diese rot, so geschieht es auch mit jenen; bei der letzten Verfärbung ins durchsichtig Gelbe werden sie gelb. Von dem Aussehen der Jungen und wie viel Alters- klassen von ihnen vorhanden, kann ich aus eigener An- schauung nichts berichten, habe auch keine zuverlässige Schilderung weder aus Ostafrika noch Togo noch Südwest- oder Südafrika gelesen. Da sie wohl aber nur in Kleinig- keiten der Form und Zeichnung von den Jungen der Sch. Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 143 peregrina oder denen der Sch. paranensis abweichen werden, so lasse ich deren Beschreibung nach Künckel d’Herculais und Lawr. Bruner““°) folgen. Beide haben fünf Häutungen, also auch fünf Stadien als Hupfer. Schistocerca peregrina. I. Stadium. Sobald die bleibende Farbe erlangt ist schwarz mit weissen oder gelben Flecken. 2. Stadium. Rosafärbung zeigt sich, namentlich an den Körperseiten. 3. Stadium. Rosafärbung mehr verbreitet und stärker ausgesprochen. 4. Stadium. Rosafärbung vorherrschend, geht allmäh- eh ins Gelbe über. Be Stadhum. Ebenso. Schistocerca paranensis. Abbildung ır. Schistocerca paranensis. Die verschiedenen Larvenstadien. (Nach Lawrence Bruner.) I. Stadium. Zeigen keine Spur von Flügeln. Fühler zeigen 13 Glieder, das achte grösser als die übrigen. Bleibende Färbung dunkelgraubraun. Die Seiten der Vor- und Mittelbrust, die undeutlich ausgesprochenen Streifen *86) Die beiden oben angeführten Veröffentlichungen. 144 Dr. Sander. der Hinterschenkel und der Längsstrich auf dem Schilde sind viel dunkler, an einzelnen Stellen fast schwarz. 7—9 mm lang. 2. Stadium. Ebenfalls noch nichts von Flügeln; 17 Fühlerglieder, das dritte sichtbar grösser; Grundfarbe heller als im ersten Stadium, gelbgrau, die Flecken besser ausgeprägt. Die dunkle Längslinie auf dem Schilde ist deut- lich ausgesprochen und an beiden Seiten von einer viel helleren eingefasst. Die Hinterschenkel sind in ihrer oberen Hälfte deutlich gezeichnet und tragen zwischen der Mitte und dem schwarzen Endteil eine vollständige Binde. Die Stirn ist schwarz. Die Flecken des Hinterleibes sind mit dunkelbraunen und graugelben Wellenlinien geschmückt; die dunkle Farbe überwiegt. Länge Io—ıI2 mm. 3. Stadium. Die Flügel zeigen sich schon, wenn sie auch noch sehr klein sind, und. erstrecken sich nach hinten und unten. Die Fühler haben 20—22 Glieder. Der Körper nimmt eine deutlich gelbere Grundfarbe an, während das Gesicht, die Seiten der Vorderbrust und die Schenkelstreifen glänzend pechschwarz sind. Die übrigen Farben sind braun- rot. Länge 18—28 mm. 4. Stadium. Flügel beträchtlich grösser, gehen schräg nach hinten und oben, so dass die Ränder des hinteren Paares den Vorderrand des folgenden Hinterleib- ringes erreichen. Fühler haben 24—25 Glieder. Die Farben sind noch leb- hafter und abgesetzter als im vorhergehenden Sta- Nana dium. Die rotbraunen Nordamerikanische Wanderheuschrecke (Rocky Farben des Hinterleibes Mountain Locust) in verschiedenen Altersstufen. a) Eben ausgekrochene Larven; b) Ausgewachsene sind schwarzbraun ge- Larve; c) Nymphe. (Nach Riley.) worden, während Augen, Nacken und oberer Teil des Kopfes ziegelrot sind. Länge 26-30 mm. m = — .— u — _ En En Beschreibung der Wanderheuschrecken etc. 145 5. Stadium. Flügel sind jetzt ziemlich gross, ihre Ränder erreichen nach hinten den Hinterrand des zweiten Hinterleibringes. Die Fühler haben 26 Glieder. Farben wie im 4. Stadium. Grösse 35—40 mm. Einige wenige Hupfer, etwa 1:10000, haben an Stelle der gewöhnlichen eine grünliche Grundfarbe und die dunk- leren Flecken sind, wenn überhaupt sichtbar, verwaschen. Gerade dies macht sie auffällig. Sander, Wanderheuschrecken. Io iv. Kapiger Biologie der Wanderheuschrecken. I)“ wertvollsten und eingehendsten Beobachtungen über die Entwicklung der Heuschreckeneier, die Lebensweise und Entwicklung der Jungen, ihr Verhalten in den ver- schiedenen Lebensaltern, die Reifung zum geflügelten Insekt, Fortpflanzung und Eiablage, Ueberwinterung und dgl. sind in der mir zugänglich gewesenen Litteratur von neueren Autoren, von den Amerikanern Riley, Packard und Lawrence Bruner wiedergegeben. Handelt es sich bei den beiden ersten Autoren auch um eine ganz andere Gattung als die für uns in Betracht kommenden, näm- lich die Gattung Caloptenus Burm. (Melanoplus Scudd.), so kann ich doch ihrer Schilderung um so eher folgen, als sie, wie die entsprechenden Beobachtungen von Körte, Gerstäcker, Köppen, Doengingk, Keferstein u. v. a. zeigen, fast genau auf die in Europa studierte Art (oder Arten) der Gattung Pachytylus zutrift. Lawrence Bruner giebt ausser seinen Beiträgen zur Melanoplusfrage auch eine aus- führliche Monographie über die Schistocerca paranensis; und seine Angaben sind für die ganz nahe verwandte Sch. peregrina nach den sorgfältigen Beobachtungen von Künckel d’Herculais und andern französischen Autoren in Algier im grossen und ganzen ebenfalls zutreffend; für das gleich- falls nahestehende Acridium purpuriferum Walker Süd- und Südwestafrikas aber ergiebt sich aus den zahlreichen Einzel- berichten aus Südafrika und meinen allerdings sehr lücken- haften eigenen Beobachtungen ebenso eine sehr grosse nahezu oder ganz gleich, nicht berichtet sind. Biologie der Wanderheuschrecken. 147 Uebereinstimmung. Die hauptsächlichsten Abweichungen wor diesen Grundzüsen der Febensvorgange, ‘die bei den beiden afrikanischen Gattungen nach dem mir zur Ver- fügung stehenden Material vorhanden sind, kann ich ohnehin erst in einem späteren Kapitel auseinandersetzen. Ich folge also zunächst den genannten Autoren und beginne mit der Gattung Pachytylus. Es ist kaum er- forderlich, hier von einer det drei in Betracht kommenden Arten im besonderen zu sprechen, ee ihre Grosse und Lebensgewohnheiten Verschiedenheiten bis jetzt jedenfalls noch Die Eier der Pachy- tylusarten sind langge- Streckt” etwa 3° mm lang; anfänglich dotter- zb werden sie "bald dunkelgelb, ja braun*“). Sie werden nie einzeln, sondern stets in ovalen Schale; L) stark vergrössert; c) die innere Schale kurz Pen abgelegt, 2 vor dem Ausschlüpfen der Larve. (Nach Riley.) denen sie sich in regelmässiger Anordnung finden*‘°). Sie liegen sorgfältig geordnet in vier Reihen, Seite an Seite, bogenförmig etwas über die Fläche und gleichzeitig schrauben- förmig etwas über die schmale Seite gekrümmt; so entsteht, weil sich die äussern Reihen etwas über die inneren herüber- lesen, an der Oberseite eine Art Rinne, durch die später Abbildung 13. Ei einer nordamerikanischen Wanderheuschrecke (Rocky Mountain Locust). a) Struktur der äusseren SDeKörte 5. 20; S. D. Baustow, The Locust, Agric. Journ, ‚of ihe Cape Col. 1892. V. S. 060. #6) Nach Riley, First ann. Report. S. 225 u. ft. ro Pachytylus I 48 Dr. Sander. die Jungen aus den unteren Eiern auch dann herauskönnen, wenn die oberen absterben. Die Eier liegen mit dem Hinterende (des späteren Embryos) nach abwärts. jedes einzelne Ei hat zwei Schalen. Die äussere ist dünn, halbdurchsichtig, hellbraungelb, Bei Vergrösserung zeigt sie eine fein genetzte Ober- fiäche, deren Netzung durch ziemlich regel- mässig in Sechs- ecken angeordnete Rippen erzeugt wird, ähnlich etwa Abbildung 14. Ei-Gelege der nordamerikanischen Wanderheuschrecke WIE der Durch- (Rocky Mountain Locust). a) von der Seite noch im Erdioch; schnitt einer Ho- b) von unten; c) von oben. Vergrössert. (Nach Riley.) nigwabe. Diese Hülle entstammt den Geschlechtswesen der Mutter, ebenso wie die noch zu besprechende Gesamthülle des Eipaketes. Diese äussere Schale ist brüchig und leicht zerreiblich. Darunter liegt eine zweite, dickere, dunkler gelb ge- färbte vollständig nachgiebige, elastische Schale (chorion). Diese ist durchsichtig, kuiz vor dem Ausschlüpfen in so hohem Grade, dass man die Glieder des Embryos voll- kommen unterscheiden kann. Diese innere Schale ist ziem- lich zäh, so dass schon ein stärkerer Druck dazu gehört, um sie zum Bersten zu bringen, und umschliesst den Embryo ziemlich eng. Das ganze Eipaket ist eingeschlossen von einer Aus- scheidung der mütterlichen Geburtswege. Frisch entleert ist diese schaumig und klebrig schleimig, gewinnt jedoch bald das Aussehen eirer festen graubraunen Haut. Sie ist ziemlich uneben, »porös rauh«, und dient zum Schutz der Eier, namentlich gegen Feuchtigkeit, da sie zwar leicht zer- reiblich, aber ziemlich wasserdicht ist. Auch die Kälte hält sie gut ab, und die Eier selbst scheinen gegen mehrmaliges Biologie der Wanderheuschrecken. 149 Gefrieren und Auftauen recht wenig empfindlich zu sein, wie Beobachtungen aus gemässigten Gegenden beweisen. Schon Hamm”) erzählt: »Der Intendant Strapanski in Bara- towka hatte im vergangenen Winter ein grosses Einmache- glas, mit Eiern und Erde angefüllt, fortwährend im Freien stehen lassen, und der Frost war mehrmals auf — 2ı’R. gewachsen; nichtsdestoweniger krochen im Frühjahr sämt- liche Eier aus, bis auf diejenigen, welche dicht am Umfange des Gefässes kleben geblieben waren.« Aehnliche Ergebnisse hatten die Versuche Rileys (mit Eiern des Melanoplus spretus)*'’). Z. B.: »Eier krochen aus bei 60° F. innerhalb 21 bis 36 Tagen. Diese Eier waren vom Dezember bis 22. Januar der Aussentemperatur aus- gesetzt gewesen, die zwischen 52° bis — 4°F. (+ ı1,1° bis — 20° C.) sich bewegt hatte, ohne dass irgend eine Schä- digsung oder vorzeitiges Ausschlüpfen zu bemerken war.« Auch Le Conte®"') erzählt, dass Gefrieren die Eier nicht tötet. Dagegen scheint diese Masse nicht im gleichen Grade die Austrocknung der Eier zu verhüten. Abgesehen von dem übereinstimmenden Urteil aller Autoren in diesem Punkte führt Köppen*"’) auch einige direkte Versuche an: »Der austrocknenden Thätigkeit der Sonne und der Luft können die Eier nicht gut widerstehen. In einem flachen Teller auf Erde gelegt und der Sonne ausgesetzt, trocknete ein grosser Teil der Eier bald ein. Ein ganz ähnlicher Versuch mit demselben Resultate wurde auch von Körte*'”) angestellt und beschrieben; nach mehreren Tagen waren die meisten der Eier ganz ausgetrocknet und zusammengeschrumpft, so dass auch nicht ein Insekt aus denselben ausgekommen ist. *°) D. W. Hamm, Südöstliche Steppen u. Städte, Frankfurt a. M. Te02.. 9. 1968. #70) First ann. Report. 1878. Washington. S. 427/28. “1) Dr. Le Conte On Rocky Mountain Locusts. Proceed. of the Acad. of Nat. Sciences of Philadelphia. 1877. S. 129-131. #7) „Heuschrecken“. S. 10. #73) Franz Körte. Die Strich-, Zug- oder Wanderheuschrecke vom Ei an beobachtet. Berlin 1829. — War mir leider nicht zugänglich. D.V. 150 Dr. Sander. Eine hierher gehörende Beobachtung ist die von Lawr. Bruner*’*) — allerdings über die Eier der Schistocerca paranensis; aber in dieser Beziehung weisen beide Wander- heuschreckenarten keine wesentliche Verschiedenheit auf —, dass Eier, die in sehr trockenen Boden abgelegt werden, wenn später Regen ausbleibt, entweder garnicht oder nur sehr verspätet zum Ausschlüpfen gelangen. Das ganze Eierpäckchen bildet ein etwa zolllanges, etwas gekrümmtes Klümpchen, dem nach vorn hin eine Art Hals, aus einer Schleimmasse gebildet, aufgesetzt ist. Diese Klümpchen liegen etwa 4—6 Centimeter tief im Boden, in einer von dem Weibchen gegrabenen Höhlung, die entsprechend dem Eipäckchen etwa die Form eines halbliegenden, gebogenen Fläschcehens mit abgerundetem Boden und verjüngtem Halse hat, wobei der Hals nach oben aufgsebogen und von dem erwähnten verschmälerten Stückchen Schleimmasse wie durch einen Pfropfen geschlossen ist. Da die Schleimmasse während des Legeaktes feucht und klebrig ist, so haften ihr Teilchen des umliegenden Bodens an und dies macht in Verbindung mit der Bodenfarbe die Hülle des Eipäckchens für den Unkundigen auch nach Auflockerung der sie führenden Bodenschicht schwer*'”) erkennbar. Sie gleichen fast völlig kleinen Bodenbröckchen. In jedem Eipäckchen sind beim Pachytylus etwa 30 bis 90 Eier enthalten, im Durchschnitt etwa 30—50; für die südafrikanische Art wird der Durchschnitt mit 32 angegeben. Die Menge, in der die Päckchen auf die gegebene Ge- viertfläche abgelegt werden, schwankt erklärlicher Weise un- gemein, da hierfür nicht bloss die Grösse des eierlegenden Schwarmes, sondern auch die Beschaffenheit des Bodens #74) Investigaciön etc. S. 36. *75) Solier, Note sur des app. d’Orthopteres, sagt zwar „les nids de ces Orthopteres sont faciles A apercevoir, par le trou que la femelle a pratiqu& pour deposer sa nichee dans la terre‘, ich glaube aber nicht, dass er viele Zustimmung finden wird. ee ee. Me. ee en. ni Biologie der Wanderheuschrecken. 151 von Einfluss ist; das Insekt trifft hierin eine ganz bestimmte Auswahl und keineswegs ist ein gegebenes Stück Feld in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig mit Eiern besetzt. Für die Vorhersage, ob eine grosse Anzahl von Jungen (Hupfern) zu erwarten ist, wird natürlich eine hierauf bezüg- liche Untersuchung von Wert sein. Ein halbes Dutzend solcher Eipäckchen auf dem (englischen) Geviertzoll, wie 2,5. P. Weyer”) annimmt, ist, sicherlich ‚etwas hoch ge- griffen. H. E. Halse*"’) rechnet nur ein Päckchen auf den Quadratzoll, kommt aber trotzdem bei 30 Eiern im Päckchen schon auf 40 000 Eier auf den Quadratfuss oder 180000000 auf den acre (= 0,4 Hektar). Doch ist es müssig, hier be- sondere Zahlen zu geben, da für eine grössere Fläche nur das Mittel aus vielen, nicht zu klein bemessenen . Stich- proben eine annähernd richtige Schätzung ermöglicht. Von erfahrenen Leuten gemacht, kann diese Berechnung aber ziemlich richtige Schlüsse zulassen, wie dies aus den offi- ziellen Berichten aus Cypern hervorgeht. Die Beschaffenheit des Bodens, der zur Eiablage aus- gewählt wird, darf keineswegs eine lockersandige sein, wie das selbst heutzutage noch von manchen Seiten *'*) behauptet wird. Keferstein*'”) freilich spricht noch davon, dass »das Insekt vorzugsweise einen lockeren Boden aufsucht, um seine Nachkommenschaft abzusetzen; doch bezeichnet schon er als gleichfalls erforderliche Eigenschaften dieses Bodens, dass er trocken, hoch und gegen Mittag oder Morgen zu belegen sei, und,« fährt er fort, »namentlich liebt es daher zu diesem Behufe Weinberge, umzäunte Feldgärten, warme #76) Destruction of Locusts. Agric. Journ. of the Cape Colony 1892, V. 2.930) *77) Agriec. Journ. of the Cape Colony IV., ı. Bd. S. 6/7. Locusts and how to deal with them. #8) Z. B.: H. E. Halse, Locusts and how to deal with them. Agric. Journ. of the Cape Colony 1892. V.- S. 617. oder P. Weyer. Destruction of Locusts. Ebenda S. 30—31 u. A. m. #79) Adolph Keferstein, Gerichtsrat in Erfurt. Ueber die schäd- lichen Heuschrecken. Stettiner Entomolog. Zeitg. 1843. S. 221. 152 Dr. Sander. Hügel, die mit kurzem Grase und dünnem Strauchwerk be- wachsen sind, Heiden und trockene Vorhölzer, auch Brachfelder«. Einen erheblichen Schritt weiter in der Erkenntnis des Richtigen sind Köppen**”) und Gerstäcker**'). Der erstere sagt darüber: »So viel ich im September 1861 beobachten konnte, wählen die Heuschrecken dazu (zum Ablegen der Eier) hauptsächlich das festere, jungfräuliche Land. ... In solches Land, das kürzlich unter dem Pfluge gewesen, scheinen die Heuschrecken ihre Eier seltener zu deponieren. Demole*°?) sagt, damit übereinstimmend, folgendes: Es hiess, dass die Heuschrecken ihre Eier auf den Inseln des Dniepr abgelegt hätten, und man hoffte, dass die jährlich statt- findende Ueberschwemmung durch das Frühlingshochwasser sie vernichten werde; aber dem war nicht so. Es ist wahr- scheinlich, dass die Eier auf der hohen Steppe, die an den Strom grenzt, abgelegt werden und nicht auf den sandigen und bewaldeten Inseln; denn ich habe gesehen, dass die Heuschrecken für ihre Brut festen Boden, aus reiner Schwarz- erde bestehend, wählen und alle sandigen Plätze, wie auch solche Stellen, die vor kürzerer oder längerer Zeit dem Pfluge unterworfen waren, vermeiden.« Gerstäcker spricht diese Ansicht schon schärfer und bestimmter aus: »Bei der Auswahl des Ortes zur Unter- bringung dieser Eierpakete ist für die weiblichen Heuschrecken in erster Reihe seine Trockenheit, ausserdem aber auch ein gewisser Grad von Festigkeit massgebend; sie ziehen daher lehmigen und thonigen dem reinen Sandboden vor. Im übrigen wird selbstverständlich ein Terrain dazu gewählt, welches der aus den Eiern schlüpfenden Brut sofort passende und genügende Nahrung darbietet; Brachen, welche an Saat- felder und Wiesen grenzen, scheinen eine. besondere An- ziehungskraft auszuüben.« #20) Köppen, Heuschrecken. S. 65. #80) Gerstäcker, Die Wanderheuschrecke. S. 23. Bei Koppen,d. c. Sb. Biologie der Wanderheuschrecken. 153 Volle Klarheit in diese Frage haben die vorzüglichen Untersuchungen der nordamerikanischen »Entomological Commission« gebracht, die sich allerdings nur mit dem Rocky Mountain locust, dem Melanoplus spretus, beschäftigen, deren Ergebnisse sich aber in dieser Beziehung, wie die seitherigen Beobachtungen ergeben haben, fast wörtlich auf die Pachy- tylus und die Schistocerca-Arten übertragen lassen. Ich führe deshalb auch den betreffenden Text*’’) wörtlich (in getreuer Uebertragung) an: »Es mag sein, dass die Eier in allen Bodenarten abgelegt werden, bevorzugt aber sind kahle Sandstellen, namentlich von hochgelegenem, trockenem Boden, der leidlich fest und nicht locker ist. Es ist häufig festgestelltworden, dass sie nichtauf Wiesen und Weiden abgelegt, sondern dass harte, steinige Stellen vorgezogen werden; in Wirklichkeit aber benutzen die Weibchen Wiesen und Weiden mit dichter, kurz abgeweideter Grasnärbe für ihre Ei-Ablage, während auf viel benutzten Wegen ihnen nur selten Zeit gelassen ist, ihr Werk ungestört zu voll- enden. Daher kann ein solcher viel begangener Weg wohl völlig wie eine Honigwabe durchlöchert erscheinen, während eine genaue Untersuchung ergiebt, dass die meisten Löcher unvollendet sind und keineEier enthalten; andererseits kann auf einem Felde voller Grasstümpfe jedes Anzeichen von Eilöchern telen und der Boden doch mit Eiern überfüllt sein... .< »Dazu kommt, dass die Tiere auf Wegen und Wegrainen viel häufiger bei der Arbeit des Eierlegens zur Beobachtung kommen als auf demFelde, sodassalso auch hierdurch die V olks- ansicht irre geleitet werden kann. Frisch gepflügtes Feld wird nicht gewählt, es hat offenbar zu lockere Oberfläche; dagegen ist frisch umgebrochenes Neuland häufig mit Eiern angefüllt. Feuchter oder nasser Boden wird im allgemeinen vermieden.« »In den ständigen Brutstätten*), wo die Boden- bewachsung dürftig ist, zeigen die Weibchen eine aus- =) Eırst Ann. Report. ete, 1878. S. 222. #83) Ich komme noch später auf die Bedeutung dieses Aus- druckes zurück. 154 3 Dr. Sander. gesprochene Neigung für den beschatteten Boden um das Kräutich herum, zwischen dessen Wurzeln sie gern ihre Eier hineinlegen; dagegen wählen sie in den Einbruchs- gegenden, wo die Vegetation um vieles üppiger ist, mit Vorliebe freiliegende oder verhältnismässig unbewachsene Stellen.« In demselben Sinne spricht sich Lawr. Bruner aus: »Die von diesem Insekt zur Eiablage gewählten Oert- lichkeiten sind solche, die teilweis kahl sind, und solche, wo der Boden bündig ist, wie frisch umgebrochenes Neu- land, Weiden, Wegraine, Südseiten von Hügeln und ähnlichen Stellen. Sehr tief gelegener oder nasser Boden wird nie gewählt, ebensowenig loser, sandiger Boden, der vom Winde weggeweht werden könnte.« Aehnliche Erfahrungen sind in Cypern (mit Stauronotus maroccanus) gemacht. Meine eigenen Beobachtungen in Südwestafrika haben mir das Gleiche gelehrt. Wohl fanden sich eierlegende Weibchen auf und Eipakete in Böden, die so bündig waren, dass sie in der Trockenheit hart wie eine Tenne wurden, nie aber habe ich solche auf wirklich sandigen Stellen, mit losem, dem Verwehtwerden ausgesetztem Boden gefunden, so z.B. nie in den lockeren, schwarzsandigen Verlandungen der Flüsse, da, wo die Oberfläche blosslag und der Boden unter dem Einfluss von Sonne, Hitze und Wind staub- =) förmig geworden war. Ich kann dagegen nicht verschweigen, dass gerade vom Pachytylus berichtet wird, dass er unter Umständen auch in nassem Boden seine Eier ablegen solle. Die erste solche Notiz stammt von Türk*°°); danach sollen die Heuschrecken (Pachytylus migratorius) am Ufer des Neusiedler Sees ihre Eier in den schwammigen, aus lockerer Moorerde be- stehenden Boden legen. Köppen bezweifelt diese Notiz, #84) Im Third Report 1883. Chapt. III. General Report for 1881. 8... 33, #85) Ich citiere nach Köppen, Heuschrecken S. 66; das Original war mir nicht zugänglich. Biologie der Wanderheuschrecken. 155 ; zumal Türk seine Angabe. nicht aus eigener Kenntnis schöpfe. Die zweite derartige Notiz stammt aus Japan, wo im Jahre 1881 und 1832 grosse Pachytylusschwärme er- schienen und grossen Schaden anrichteten. Ein Wm. P. Brooks aus Sappow bei Yesso schickte an Riley“°) mehrere Exem- plare dieser Heuschrecken und sagst, nachdem er die all- gemeine Aehnlichkeit ihrer Erscheinung und Lebensgewohn- heiten mit den amerikanischen Wanderheuschrecken betont hat: »in einer anderen Beziehung scheinen sich aber die Gewohnheiten dieser Heuschrecke von der amerikanischen zu unterscheiden: sie lest nämlich oft ‚ihre Eier an ganz nasse Stellen (in quite wet places), wo selbst im Sommer für gewöhnlich Wasser in einem kaum fusstiefen Loche sich hält, und mir ist von glaubwürdiger Seite mitgeteilt worden, dass auch an solchen Stellen die Eier ausschlüpften, wenn- gleich etwas später als an trockenen«. Auch hier handelt es sich offenbar um keine persönliche Beobachtung und es muss dahin gestellt bleiben, ob die Eier nicht ein gut Stück “ entfernt von der eigentlichen nassen Stelle gelegen haben. Die dritte Notiz stammt aus dem Jahre 1900 und ist enthalten in einem russischen Werk »Rossikow, die Asiatische oder Wanderheuschrecke«, das mir leider nur im Referat*°') zugänglich war; deshalb kann ich nicht sagen, ob Rossikow _ seine Behauptung aus eigener Anschauung schöpft. Nach dem Referat sagt er: »In jüngster Zeit erst konnten die Brutstätten der Wanderheuschrecke für das russische Reich genau festgestellt werden; diese Brut- oder Wohnstätten be- schränken sich auf die uralo-kaspisch-pontische Niederung und finden sich speziell nicht nur an der Peripherie der drei grossen Wasserbecken, wie sie jetzt bestehen, sondern auch an der ursprünglichen Peripherie des in früheren Zeiten Bereinisten, Bassins , dieser, drei Seen. Die früheren. Ufer, wie die jetzigen, zeichnen sich durch üppigen Schilfbestand SO IE Report 1883. Appendix VII. Ss. co. 87) Zoologisches Zentralblatt. VI. Jahrgang. 1900. Leipzig. Ss. 651—653. Schistocerca. 156 Dr. Sander. aus, der sich von der sie jetzt trennenden Steppe scharf abhebt. Nur in diesen Schilfen nisten die Wander- heuschrecken.« Die Frage, ob wirklich solche feuchte Gegenden zur Eiablage und nun gar zum Standorte und zur ständigen Brut- stätte gewählt werden können, ist für unsere Kolonieen nicht unwichtig; es sind also in dieser Beziehung Unter- suchungen an Ort und Stelle noch notwendig. Vorgreifend möchte ich noch bemerken, dass nach mir gewordenen An- gaben von Augenzeugen”) für Siüdwestafrika der Ngamisee, trotzdem er gerade damals den höchsten Grad der Aus- trocknung erreicht hatte, als eigentliche Brutstätte der Wanderheuschrecken nicht in Betracht kommt, sondern dass ‘sie dorthin erst 1889 (bezw. 1893) von Südost, also aus der trockenen Kalahari, hergekommen sind. Was nun Eier, Eiablage,: Wahl der Brutstellen bei den Schistocera-Arten anbelangt, so kann ich mich kurz fassen, insofern als das hauptsächliche des über die Pachytylus- arten Gesagten auch für sie zutrifft. Die Eier haben*°”) fast dieselbe Form und Farbe, wie die des (Melanoplus spretus und) Pachytylus, nur sind sie etwas länger und schlanker und etwas weniger regelmässig im Paket angeordnet. Die von der Mutter ausgeschiedene Bindemasse ist spärlicher. Die Köpfe aller Eier (oder viel- mehr der zukünftigen Embryonen) sind nach der inneren oder konkaven Seite des Päckchens gerichtet. Das einzelne Päckchen enthält im Durchschnitt eine grössere Anzahl Eier als bei Pachytylus, nämlich 60—120 Stück, und ist deshalb auch im ganzen etwas grösser. Das Eiloch ist nach Bruner*’) etwa 6—7 Centimeter lang, von denen das Ei- 488) Herr Kaufmann Müller, der lange Jahre am Ngamisee zu- gebracht hat, und der bekannte Dr. S. Passarge, der im Jahre 1896 und 1897 dort weilte. 489) Riley, Destructive Locusts. U. S. Departm. of Agric. Divis, or "Entom.. Bull. 25. 78977 29..39 #20) Lawr. Bruner. Investigaciön etc. Sa an ee Biologie der Wanderheuschrecken. 157 päckchen etwa die untere Hälfte einnimmt. Der Gang er- weitert sich nach unten hin und ist auch hier im ganzen, dem Leibe des legenden Insekts entsprechend, gekrümmt, Oben ist er etwa 6 Millimeter, unten an der breitesten Stelle g Millimeter breit. Die Schaum- und Bindemasse hat die- selben Eigenschaften wie die beim Pachytylus beschriebenen. Die Wahl des Brutplatzes ist annähernd dieselbe wie bei Pachytylus: nach Riley grasige Stellen; nach Bruner werden in Argentinien verhältnismässig häufig auch die weichen Böden der Weizenfelder dazu gewählt, »wohl eine Folge der seit langem herrschenden Trockenheit«. Auch soll es verhältnismässig häufig vorkommen, dass die Eier von dem Weibchen gelegt werden ohne jeden Versuch, sie Bunter die Erde zu bringen. Entwickelung der Eier zum Embryo. Mierlanserdie Kier in der Erde, zu liesen ‚haben, bis die Jungen entwickelt sind und ausschlüpfen, hängt nach allen Beobachtungen ausserordentlichvon derBodentemperatur (und Feuchtigkeit)ab, die je nach dergeographischenLage des Ortes selbst bei gleicher Breite sehr verschieden sein kann. Nun sind fast alle genaueren Beobachtungen oder Untersuchungen über diese Verhältnisse in gemässigten oder gemässigt sub- tropischen Gegenden angestellt und daher nur mit grosser Vorsicht auf die Eier der in unseren afrikanischen Kolonieen vorkommenden Wanderheuschrecken zu übertragen. Die einzige mir bekannte, allen Ansprüchen genügende Unter- suchung in Gegenden mit ähnlichem Klima, wie es wenigstens Südwestafrika in seinem südlichen und mittleren Teil, Ost- afrıka und Togo in ihren binnenländischen Hochflächen auf- weisen, ıst von Lawrence Bruner, der zu diesem Behufe seitens der Argentinischen Regierung von der nordameri- kanischen requiriert worden war, in Argentinien über die Schistocerca paranensis angestellt worden. Eine hierher- gehörende kurze Notiz findet sich bei Redtenbacher*’') von #1) Redtenbacher, Wanderheuschrecken. S. 24. 158 Dr. Sander. der Schistocerca 'pereerina in Algier. Anderer 9, liegen aus der Kapkolonie, die faunistisch sehr enge mit Südwestafrika und wohl auch den südlichen Hochländern Ostafrikas zusammenhängt, von Seiten tüchtiger Entomologen sowohl wie praktischer Landwirte eine Reihe von Angaben vor, die sich auf den Pachytylus beziehen und — falls zu- verlässig — beweisen würden, dass für diesen, wenigstens unter Umständen und in gewissen Gegenden Südafrikas, Entwickelungsverhältnisse für die Eier vorliegen, wie sie z. B. in Südrussland und Deutschland gegeben und ein- gehend und zuverlässig beobachtet sind. Der grosse Unterschied ist nämlich der, dass innerhalb der gemässigten Zone mit ihren harten, frostreichen Wintern die Eier bereits im Herbst der Erde Aanvertaur werden und in ihr bis zum Frühjahr zubringen; in den subtropischen und tropischen Gegenden dagegen, wo die Winter sehr viel milder und dabei sehr trocken sind, werden sie erst kurz vor den Regen abgelegt und verbringen dementsprechend sehr viel kürzere Zeit in ihm. Denn das Ausschlüpfen der Jungen findet überall zu der Jahreszeit statt, die ihnen die für ihren Jugendzustand nötige Nahrung bietet, also im zeitigen Frühjahr, wenn reichlich junge, zarte Pflanzen vor- handen sind. Mir will es scheinen, als sei das Verhalten in den Tropen und Subtropen das ursprüngliche. Und zwar komme ich zu dieser Anschauung vornehmlich auf Grund zweier Beob- achtungen: Die erste ist die, dass überall in den gemässigten Zonen, in Europa sowohl wie in Asien, wie in Amerika, und wohl auch wie in Nordafrika, gelegentlich in warmen Herbsten ein vorzeitiges Ausschlüpfen von Jungen stattfindet*””), die in dem Winter dann zu Grunde gehen. Dass ferner im süd- lichen Europa den Wanderheuschrecken nahestehende Arten”) regelmässig diesen Vorgang zeigen, nur dass die #92) Köppen, Riley, Packard u. A.I. c. #3) L. H. Fischer, Orthoptera Europaea, S. 35 und 39, nach Köppen, Heuschrecken, S. 63. Biologie der Wanderheuschrecken. 159 Jungen den dort milderen Winter für gewöhnlich über- stehen. Und zweitens eine direkte physiologisch-biologische Untersuchung von Packard®’”) an Eiern des Melanoplus *”°) atlanis Riley, die gerade darauf gerichtet war, festzustellen, wie lange nach dem Legen die Entwickelung der Embryonen in den Eiern beginnt. Bei der grossen Wichtigkeit der Sache lasse ich den betreffenden Absatz im Wortlaut folgen: »Das früheste Entwickelungsstadium, das ich beob- achten konnte, fand ich an Eipäckchen des Melanoplus atlanis Riley, die Professor Riley selbst mir von Missouri aus gesendet hatte und die die Bezeichnung trugen: »Eier von Melanoplus atlanis, vor zehn Tagen gelegt.«< Diese Eier waren im Herbst gelegt und, wie das Folgende zeigt, waren die Embryonen bereits weit in der Entwickelung vor- geschritten, da die Körpersegmente und Anhänge bereits vorhanden, die Augen angedeutet, Gehirn- und Zentral- Nervensystem wohl ausgebildet, Speiseröhre, Kropf (stomo- daeum) und Hinterdarm (proctodaeum) angedeutet waren, so dass die Embryonen nahezu das auf Tafel XIV. Fig. ı (sc. »des III. Reports«. Verf.) dargestellte Entwickelungs- stadium des Melanoplus spretus erreicht hatten. »Dies beweist, dass die Entwickelung der Eier er eniecn Leuschrecken, die diese ım Herbst ab- Born sch: schnell vor sich geht, und dass der Bimbryo nahezu weit zum Ausschlüpten schon Im Berbest ist. Es st wohl bekannt, dass einige Heu- schrecken (Melanoplus spretus) bei mildem Wetter im Spätherbst ausschlüpfen, während in der Regel die Jungen erst im März oder April ausschlüpfen. Ben (eden Ball ıst durch den Befund, dass die Embryonen zehn Tace nach dem Bierlegen schon jo smeib vorzescehritten sind, bewiesen, dass die Entwiekelung unmittelbar nach dem Ablegen der I. Repore 1885 Chape>e 5 >73. #95) Packard nennt ihn damals noch „Caloptenus“. 160 Dr. Sander. Eier einsetzt und dass der Embryo nahezu reif und fertig zum -Ausschlüpfen. ist, wenn dee Wis, kommt und die letzten Stadien der Entwickelung des Embryos unterbricht, der im Frühling nur noch ein paar, warme lage,braucht, um voll zer wachsen und auszuschlüpfen.« Ist meine Anschauung zutreffend, so wird das Studium dieser Verhältnisse bei den Heuschrecken gerade der Tropen und Subtropen uns wertvolle Fingerzeige geben, welche Be- dingungen bei der Entwickelung der Eier massgebend sind. Und erweisen sich diese Bedingungen als beeinflussbar, so würden wir damit auch eine neue Waffe im Kampf gegen diese Plage der Menschheit gewinnen. Bei der Entwicklung des Eis zum Embryo nehmen die Eier etwas an Volumen zu und werden plumper und dicker. Die Hülle des Eipäckchens und die äussere Schale des Eies werden mit der Entwickelung der Embryonen lockerer und mürber und auch die innere, eigentliche Schale geht einen gewissen Zersetzungsprozess ein, der das schliessliche Platzen beim Ausschlüpfen des Embryos vorbereitet und erleichtert. Diese Entwickelung der Eier geht wie die aller In- sekteneier unter dem Einfiuss von Wärme und Feuchtig- keit vor sich. Beide sind nötig: die Wärme, um überhaupt die Entwickelung zu stande kommen zu lassen, ein gewisser Grad von Feuchtigkeit, um Austrocknung zu verhüten. Wie sich aber die Sache im einzelnen stellt, darüber wissen wir noch sehr wenig; sehr wenig schon über die Verhältnisse in den besser studierten, gemässigten Zonen, noch weniger aber über die in den Tropen und eigentlichen Subtropen. Wir wissen nur, dass die Eier zwar eine grössere Menge Feuchtigkeit selbst lange Zeit hindurch vertragen können, ohne zu Grunde zu gehen, dass ihnen auch häufiger Wechsel von Durchfeuchtet- und wieder Trockenwerden nicht allzu- viel Schaden bringt*’°), falls sie nicht etwa dabei schimmeln, #26, S, die oben citierten Versuche Rileys im First ann. Rep. 1878. Biologie der Wanderheuschrecken. 161. dass starke Feuchtigkeit ebenso wie niedrige Temperatur das Ausschlüpfen verzögert, ein mittleres Mass von Feuchtig- keit bei höherer Temperatur es beschleunigt. Aber damit ist auch so ziemlich unsere Kenntnis zu Ende. Riley giebt *’”) zwar in den Schlussfolgerungen aus seinen Versuchen einige bestimmte Zahlen, weist aber selbst darauf hin, wie un- möglich es ist, genau die Einflüsse von Witterung und Bodentemperatur zu bemessen, die schon vor Beginn der Versuche auf die Eier eingewirkt hatten und die natur- gemäss das Schlussergebnis beeinflussen müssen. Immerhin lasse ich diese Schlusssätze folgen: »Bei einer gleichmässigen Temperatur von 50°F. (10° C.) brauchen die Eier volle 65 Tage oder 1560 Stunden. Bei einer gleichmässigen Temperatur von 60° FE. (15,5° C.) brauchen die Eier volle 60 Tage oder 1440 Stunden. Bei einer gleichmässigen Temperatur von 70° F, (ar,12 ©) brauchen die, Eier‘,volle 55 Tage oder 1320 Stunden. | Dass Eier bei einer ständig beträchtlich höheren oder niederen Temperatur ausschlüpfen können, kann man erwarten. Aber nach Analogieschlüssen muss es nach beiden Seiten eine Grenze geben.« Wenn schon Riley im Eingang des angezogenen Kapitels darüber klagt, dass es an Beobachtungen über die Tempe- ratur der von Heuschrecken zu Brutstätten gewählten Böden, über Lufttemperatur und Feuchtigkeitsgehalt der Luft für Nordamerika fehle, so trifft das natürlieh für unsere afrika- nische Kolonieen erst recht in weitestem Umfange zu. Für die Praxis würde die Kenntnis dieser Dinge immerhin nur von einer beschränkten Bedeutung sein, so wichtig sie auch für die Wissenschaft ist. Denn beeinflussen könnten wir diese Verhältnisse doch kaum. Im allgemeinen kann man wohl annehmen, dass die Eier unserer afrikanischen Wanderheuschrecken ein etwas Mc Sander Wanderheuschrecken. II 162 | Dr. Sander. höheres Mass von Wärme erfordern werden, als die von Riley gegebene geringste Zahl; andererseits wird wohl auch die obere Grenze höher liegen, In Europa liegen die Eier des Pachytylus etwa sechs bis sieben Monate im Boden, ehe die Jungen ausschlüpfen; für die Kapkolonie giebt Peringuey*”°) an, dass die Jungen sechs Monate nach dem Ablegen der Eier herauskommen, »but not necessarily after that lapse of time«, also event. auch noch mehr. Dagegen giebt Halse*”’) für die Kapkolonie — und zwar den Pachytylus — unter günstigen Umständen drei Wochen bis einen Monat als die gewöhnliche Zeit an, was auch mit meinen Beobachtungen in Südwestafrika ungefähr stimmt. Redtenbacher führt für die Schistocerca peregrina an, dass »im Gegensatz zu allen übrigen Heuschrecken ungefähr in einem Monat nach der Eierablage die Jungen aus- kriechen«. Wie ausserordentlich aber die Zeit schwankt, die bis zur völligen Ausbildung der Embryonen erforderlich ist, zeigt die Angabe Lawr. Bruners, wonach bei der Paranensis dieser Zeitraum von 25—60—70 Tagen sich hinziehen kann. Wie lange in Wirklichkeit die Eier im Boden liegen können, ohne ihre Entwicklungsfähigkeit einzubüssen, ist noch keineswegs sichergestellt. Es wird zwar berichtet, dass das eine ganze Reihe von Jahren’) der Fall sein #98) |, Peringney, Locusts and their Destruction. Agric. Journ. 1862.. V. S. 283—286. Es ist aber nicht zu ersehen, ob er dies nach eigenen oder europäischen Beobachtungen thut. Ich muss auf diese für unsere Kolonie sehr wichtige Frage noch weiterhin mehrfach ein- gehen. = HB. Naket ec ' 5°) Ich führe hier nur R. Wallace, Farming Industries, S. 492 an: Er citiert erstens nach Sharp: „dass die Eier mehr als ein Jahr im Boden bleiben können und erst dann ausschlüpfen, wenn günstige Bedingungen sich einstellen“; und zweitens erzählt er einen bestimmten Fall. „Ein Fall, der für die Fähigkeit der Heuschrecken, die Art zu erhalten, beweisend ist, hat sich in Pampoen Poort, Distrikt Carnarvon, ereignet. Ein Schwarm legte dort Eier ab, die nach Berichten glaub- Biologie der Wanderheuschrecken. 163 könne, ob aber mit Recht, das möchte ich doch dahinge- stellt sein lassen. Lawr. Bruner°”') macht darauf aufmerk- sam, dass er in der ganzen Litteratur keinen einzigen Fall mit sicheren Unterlagen gefunden, selber aber nie etwas der- artiges beobachtet habe. Einige Farmer am Missoula in Montana hatten ihm zwar ein angebliches derartiges Er- eignis aus dem Jahre 1875 erzählt. Dort seien im Herbst 1875 durch das ganze Thal hindurch Unmengen von Eiern ab- gelegt worden. Von diesen sei im Frühjahr 1876 nur ein Teil ausgeschlüpft und die herangewachsenen Heuschrecken seien davongeflogen, ohne ihrerseits Eier zu legen; ebenso- wenig sei ein anderer Schwarm beobachtet worden, der in diesem Jahre dort Eier gelegt habe. Trotzdem ‚aber seien im Frühjahr 1877 grosse Mengen junger Heuschrecken ausgeschlüpft. Bruner sagt mit Recht, dass dieser Fall keine genügende Beweiskraft habe, da sich gar nicht aus- schliessen lasse, dass im Herbst 1876 ein Schwarm un- beobachtet Eier gelegt habe. Aus den oben angeführten zwei sicheren Beobachtungen, dass Heuschreckeneier fast unmittelbar nach dem Gelegt- werden ihre Entwickelung zum Embryo beginnen (Packard), und der geringen Widerstandsfähigkeit gegen Austrocknen (Köppen, Lawr. Bruner), die Heuschreckeneier zeigen, lässt sich eigentlich als das Wahrscheinliche folgern, dass ein solches mehrjähriges Liegen mit voll erhaltener Entwickelungs- fähigkeit. nicht oder wenigstens nur ganz selten vorkommt. Der Grund, weshalb abgelegte gesunde Eier nicht aus- schlüpfen, ist nach allen : Beobachtungen. (wie auch Wallace angenommen) ungenügende Feuchtigkeit. Ist es da glaublich, dass die Eier mehr als ein Jahr der Aus- trocknung im Boden unbeschädigt Widerstand leisten werden, während sie sonst so | we sind? Wir werden, würdiger Augenzeugen the eggs were eine upen erkabie evidence) 11 Jahre im Boden lagen, ehe Regen eintraten, die a eenen waren, sie ausschlüpfen zu machen.“ es SUN’ Report... 1893, S. 320-fr m 1 164 Dr. Sander. übrigens noch sehen, dass sogar die schon ausgeschlüpften Jungen in der ersten Zeit noch sehr empfindlich gegen Trockenheit sind, Wie die Jungen ausschlüpfen. Ist der Embryo im Ei ausgereift, so giebt die innere Eischale unter der allgemeinen Umfangszunahme des Embryos, namentlich seines Kopfes und seiner Mundteile, und unter seinen Muskelbewegungen am Vorderende nach und platzt längs der vorderen Bauchpartie. Alle Eier eines Päckchens bersten nahezu gleichzeitig und die untenliegenden Jungen warten dann, bis die zu oberst liegenden den Hals der Höhle durchbohrt haben. Sie verlassen dann alle durch dasselbe kaum bemerkbare Löchelchen die Höhle des Ei- klümpchens. Sind die obersten Eier aber aus irgend einer Ursache zu Grunde gegangen, während die unteren gesund geblieben sind, so bohren sich deren Junge den Weg nach aussen durch den oben beschriebenen, an der Oberseite des Päckchens zwischen den vier Eierreihen gelegenen Kanal. Unter Umständen bahnen sich die Lärvchen ihren Weg auch einmal gerade hindurch durch die Decke der Eihöhle, statt deren Kanal und Halse zu folgen °”?). Das aus dem Ei ausgeschlüpfte Lärvchen ist nun aber noch keineswegs frei, sondern noch in einer feinen, durch- sichtigen Hülle, dem Amnion, eingeschlossen. Es umschliesst das Lärvchen so eng, dass dies weder die Glieder noch die Kiefer frei rühren kann. Es muss also seinen Weg auf andere Weise als durch Fortkriechen und »Herausbeissen« bahnen. Künckel d’Herculais°°°®) hat die Art dieses Vorgangs zuerst erkannt und schildert sie, während früher nur von »wellen- förmigen Bewegungen< die Rede war, folgendermassen: 502) ]J, Ann, Report, 1878, S. 229 u. f, 508) Künckel d’Herculais. Mecanisme physiologique de l’eclo- sion, des mues et de la metamorphose chez les insectes orthopteres de la famille des Acridides. Comptes rendus de l’Acad, des Scien- ces, Paris ııo, 1890, S. 657—6g9. Biologie der Wanderheuschrecken, 165 „Wenn man die Lärvchen genau betrachtet, sieht man, dass sie in der Rückengegend, zwischen Kopf und Halsschild, ein Nackenbläschen nach Belieben hervortreten oder zurück- treten lassen können. Mit Hilfe dieses Nackenbläschens sprengen sie die Pforte ihres Behältnisses. Ferner giebt es ihnen das Mittel, die auf ihrem Wege zum Tageslicht ihnen entgegenstehenden Hindernisse zu überwinden; noch mehr: mit seiner Hilfe können sie nach Gefallen den Umfang eines jeden Teiles ihres Körpers verändern, so dass sie mit Leichtigkeit durch die engsten Bodenspalten bei ihrem Aus- tritt aus dem Eipäckchen durchschlüpfen können.« Dieses Häutchen (Amnion) scheint von ausserordent- licher Wichtigkeit für die noch im Boden weilenden Tierchen zu sem mnd die Rolle einer Schutzhülle für‘ die noch weichen Leiber und Glieder zu spielen °’*). Er berstet selten, bevor sie an den Tag kommen, selbst wenn sie dazu Tage lang arbeiten müssen. Ist es unverletzt, so können sie sich in lockerem Boden sogar einen direkten Weg zum Licht bahnen; ist aber das Amnion gesprengt, bevor sie aus dem Boden heraus sind, so verlieren die jungen Tierchen alle Kraft, ihren Weg weiter fortzusetzen. Bei diesem Herausarbeiten ans Tageslicht sind die Fühler angelegt, die beiden Vorderbeinpaare in derselben Stellung wie im Ei (untergeschlagen), die Hinterbeine aber gewöhnlich ausgestreck. Bei den Anstrengungen der Lärvchen, die engen Durchgänge zu passieren, sind die noch weichen, biegsamen Glieder recht beträchtlichen Ver- drehungen und Verdrückungen ausgesetzt, nehmen aber, so lange das Amnion heil ist, keinen Schaden. Diese Art, wie die Jungen. ans Licht kommen, soll auch erklären, weshalb die Weibchen mit Vorliebe leicht- bündigen Boden als Brutstätten wählen, ganz losen Boden aber vermeiden und auch schwerbündigen nicht gerne nehmen. Im losen Boden würden die Lärvchen keinen 5%) [, Ann. Report 1878. S. 230. 166 Bi, be Drs Sander.- Halt finden, da sie sich ja gewissermassen an den Wänden des Kanals, wie ein Schornsteinfeger in der Esse, hinauf- arbeiten müssen, in zu schwerem Boden aber würde, ab- gesehen von der grösseren Gefahr des Verschimmelns der Eier, dem jungen Lärvchen die Kraft fehlen, sich durch- zuarbeiten. | Die jungen Lärvchen nehmen immer ihren Weg nach aufwärts, selbst wenn dort eine undurchdringliche Decke auf dem Boden liegt, wie Rileys in Blechdosen angestellten Ver- suche beweisen. | Riley hat auch Versuche gemacht, um zu erproben, bis zu welcher Tiefe Eipäckchen vergraben werden können, ehe den jungen Lärvchen die Möglichkeit benommen ist, sich durchzuarbeiten, und zwar sowohl im Freien wie in Büchsen und mit verschiedenen Bodenarten und Tiefen von ı—18 Zoll. Beide Versuchsreihen ergaben das gleiche Er- gebnis, dass alle von ı Zoll (inch) ans Tageslicht krochen, '/, der von 2 Zoll und keine mehr von grösserer Tiefe. Ausgeschlüpft aber waren sie auch noch bis I8 Zoll hinab- wärts, nur hatten sie aus den grösseren Tiefen nicht mehr die Oberfläche erreichen können. In den loseren Boden- arten waren die Jungen bei ihren Anstrengungen entschieden etwas weiter vorwärts gekommen.’’’) Riley zieht den Schluss, dass das junge Insekt, wenn in 2 Zoll Tiefe verbracht, in einem einigermassen festen Boden zu Grunde gehen muss, wenn -es nicht den von der Mutter vorbereiteten Ausweg oder Sprünge und Risse benutzen kann, die zur Oberfläche führen. Diese Versuche stehen in direktem Gegensatz zu den aus den natürlichen Verhältnissen sich ergebenden und ge- zogenen Schlüssen; sind die Versuche zutreffend, wie mir scheinen will, so bleibt gar nichts anderes übrig, als anzu- nehmen, dass die Mutterheuschrecke den losen Sandboden nur deshalb vermeidet, weil er entweder die Eier zu stark 505) ], ann, Report. 1878. S. 351. „In looser soil they would doubtless have managed to push somewhat farther“. Biologie der Wanderheuschrecken. 167 austrocknen lässt — also abtötet —, oder weil sie selbst zu viel Schaummasse erzeugen muss, um die Eier regelrecht einzubetten, wobei auch wieder die Absorptions- und Aus- trocknungsfähigkeit des losen Bodens mitspräche. Ist das Lärvchen an die Oberfläche gekommen, so bleibt es zunächst einige Minuten still liegen, gewöhnlich auf der Seite. Die Gliedmassen sind schlaff nach hinten gerichtet. Das Tierchen ist noch von dem feinen Häutchen (Amnion) umhüllt, dessen es sich erst entledigen muss, um freie Bewegung zu bekommen. Das Ausschlüpfen aus diesem Amnion geschieht nach Künckel d’Herculais’”°) wieder mit Hilfe des Nackenbläschens. Sie blähen es dabei auf, bis das Amnion berstet, dadurch, dass sie das Blut aus den anderen Teilen des Leibes in jener Höhle zusammenpressen und so den übrigen Körper ver- kleinern. Das Häutchen streifen sie schliesslich durch Muskelbewegung nach hinten ab. Sobald sie sich davon frei gemacht haben, besitzen sie volle Bewegungsfreiheit: sie können marschieren, springen, die Fühler und die Kiefer bewegen. Nach dem Abstreifen des Amnions ist das junge Lärvchen farblos, gelblich weiss bei den Pachytylusarten ®'), blassgrünlich °®) oder blassgelblich®””) bei den Schistocercen, dunkelt aber unter dem Einfluss des Lichtes schnell und nimmt bald eine gleichmässig dunkle Farbe an, wie im Abschnitt III beschrieben. 5°) Künckel d’Herc. Mecanisme. Uebrigens steht etwas Aehn- liches schon im first annual Report, obwohl Künckel sagt, die Amerikaner hätten diesen Vorgang nicht erkannt; er steht nämlich nur an anderer Stelle, als man erwarten sollte, nämlich im Kapitel IX. Anatomie S. 298: Die Eischale berstet sicherlich unter dem Einfluss des Auf- blasens oder der Ausdehnung der Haut, die Kopf und Halsschild ver- bindet, genau so wie die gewöhnliche Hausfliege oder die Fleischfliege ihre Puppenhülle durch Vortreiben des Kopfvorderteils sprengt. 507) Köppen, Heuschrecken. S. 24; Halse, Locusts S. 6. 8) Künckel d’Herculais. Le Criquet Pelerin S. 57. Da) Lallemant, Notice. S.42,.. 168 Dr. Sander. Die neueren Autoren rechnen dieses Ausschlüpfen aus dem Amnion als die erste Häutung; im dritten Abschnitt bei der Beschreibung der Hupfer habe ich absichtlich von dieser Häutung nicht gesprochen, weil sie dem Durchschnitts- beobachter völlig entgehen dürfte und der Hupfer vor Ab- streifung des Amnions ja auch eigentlich noch kein selbst- ständiges Individuum ist. In ihrer weiteren Entwicklung macht die Heuschrecke nun fünf’'°) eigentliche Häutungen durch, bei denen sie jedesmal ihre ganze äussere Chitinhülle abstreift. Bei allen diesen Häutungen ist es wieder das Nackenbläschen, das nach Künckel d’Herculais’ Untersuchungen die alte zu eng gewordene Hülle zum Bersten bringt. Die Verbindungs- haut der Oberseite zwischen Kopf und Halsschild kann aus- gedehnt werden und somit die Stelle des ursprünglichen Nackenbläschens ersetzen. Die. Ausdehnung kommt durch Anfüllung mit Blut zustande und bewirkt an der Rücken- seite der Hülle einen starken Druck, der schliesslich diese zum Bersten bringt. Das Hineinpressen des Blutes in dieses Nackenbläschen geschieht nach Künckel durch Anfüllen des »jabot«, des Magendarmkanals, mit eingeschluckter Luft. Die alte Haut reisst in der Längsrichtung in der Mitte des Kopfes und Halsschildes, ausgehend von einer bogigen Quernaht zwischen den Augen bis an den Hinterleib. Dann treten Kopf und Vorderleib allmählich aus dem Riss, wobei die Heuschrecke durch Eigenbewegungen nachhilft; schliess- lich, wenn der Kopf herauskommt aus seiner alten Haut, wird diese von der Heuschrecke nach rückwärts unter den Leib gearbeitet, Fühler und Beine herausgezogen und die 510) Die älteren Angaben schwanken sehr in der Zahl, die für die Häutungen angegeben wird, von 3—5; eine genaue Zusammenstellung findet sich bei Köppen, Die Heuschrecken, S. 20—22. Er erwähnt auch dabei, dass der alte Körte das erste Ausschlüpfen aus dem Amnion gesehen habe und als Häutung mitrechne, spricht aber davon, dass Körte nur 4 Häutungen (diese einbegriffen) aufzähle, während dieser thatsächlich 5 nennt (S. 22). \ Biologie der Wanderheuschrecken. 169 Flügelstummel frei gemacht. Die meiste Mühe macht das Abstreifen der Haut vom Hinterleibe und den Hinterbeinen und kostet dem Tier grosse Anstrengungen. Der neue Leib und die neuen Glieder sind zunächst farblos und weich und erleiden bei den Bemühungen, sie aus den zu eng ge- wordenen alten Hüllen herauszuziehen, mannigfache Ver- biegungen, Verkrümmungen und Zerrungen. Einmal her- aus nehmen sie schnell wieder ihre richtige Form an. Unter dem Einfluss von Luft und Licht erhärten sie bald und bekommen ihre bleibende Farbe. Zwischen dem Aus- schlüpfen des Vorderkörpers und dem des Hinterkörpers macht der Kerf eine Pause, in der der Vorderleib und die vorderen Beinpaare erhärten und dadurch besser bei dem schwierigen Abstreifen der Haut von der hinteren Leibes- hälfte mitwirken können. Der ganze Vorgang dauert 15 bis 20 Minuten, bei der letzten Häutung bis zur vollen Ent- faltung der Flügel etwa 45 Minuten. Die ersten vier (bezw. mit dem Ausschlüpfen aus dem Amnion fünf) Häutungen werden am Boden oder dicht über ihm an geschützten Plätzen, unter Gras, in kleinen Löchern oder Mulden vollzogen, die letzte auf einem erhöhten Gegen- stande, einem Grasstengel, einer Staude, einem Pfahl oder Baume, an den sich die Larve fest mit den Hinterfüssen anklammert, den Kopf nach abwärts gerichtet”'').. Die ab- gestreiften Häute sind im allgemeinen farblos, nur die dunklen Stellen zeigen etwas Färbung. Die Haut ist mit Ausnahme des Rückenrisses völlig unversehrt, denn sie wird genau wie ein Handschuh abgestreift. Das ist natürlich nur dadurch möglich, dass der neue Leib und die neuen Glieder während der Häutung noch weich sind, oder wie Riley sagt, »schmiegsam wie ein ölgetränkter Strick«. Die leeren Häute liegen an geeigneten Stellen beim Vorhandensein grösserer Scharen von Heuschrecken oftmals in ziemlichen Mengen herum und werden vielfach von it) Im Wesentlichen nach first ann. Report. S. 279—284. 170 Dr.Sander. -' Unkundigen für die Reste zu Grunde gegangener Larven gehalten. | Jede Häutung, besonders aber die letzte, ist für das Tier ein sehr kritischer Vorgang, den viele nicht überstehen, in dem sie aber unter allen Umständen den Verfolgungen ihrer Feinde und dem Einflusse der Witterung mehr und hilfloser als sonst preisgegeben sind. Fehlt ihnen ja doch zu dieser Zeit die Fähigkeit, sich fortzubewegen, und der noch weiche Leib bietet allen Feinden — nicht zum wenig- sten den eigenen Genossen — eine willkommene Beute. Wie sehr die Witterung aber in diesen Zeiten von Einfluss ist, zeigt sich darin, dass die Häutungen nur bei warmem, sonnigem Wetter geschehen, die letzte oft im grellen Sonnen- licht, am liebsten nach einem warmen Schauer, der offenbar die alte abzuwerfende Haut geschmeidiger macht. Einige Zeit vor jeder Häutung hören die Tiere auf zu fressen und sind träge und bewegungsunlustig; während der Häutung natürlich erst recht. Die Zeit, die zwischen den einzelnen Häutungen ver- streicht, ist keine ganz feste Grösse. Sie schwankt vor allem nach Witterung und Futtergelegenheit, und zwar so, dass gute Witterung und reichliches Fressen die Zwischenräume abkürzt, kaltes, nasses, unfreundliches Wetter und knappes Futter sie verlängern. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass sehr gutes Futter, also rasche Wachstumszunahme, wie bei anderen Insekten gelegentlich auch, die Zahl der Häutungen vermindern kann. Namentlich soll das zwischen der zweiten und dritten der Fall sein können. Meine eigenen Erfahrungen haben mich ein solches Ueberspringen einer Häutung nicht sehen lassen; beim Pachytylus habe ich in allen vier Jahren, die ich beobachten konnte, stets die durch die verschiedenartigen Färbungen ja leicht kennt- lichen fünf Stadien des flügellosen Kerfes gesehen. Wie sich die Schistocerca darin verhält, vermag ich nicht zu entscheiden, da ich niemals Gelegenheit hatte, deren Hupfer zu beobachten. Biologie der Wanderheuschrecken. 171 Als Durchschnittszeiten, die für unsere afrikanischen Kolonieen passen, kann man die von Lallemant’'”) für die algerische Schistocerca gegebenen Zahlen betrachten. Da- nach findet die erste Häutung (nach dem Ausschlüpfen aus dem Amnion) 5—6 Tage später statt, die zweite 6—7 Tage nach der ersten, die dritte 9—Io Tage nach der zweiten, die vierte ebenfalls 9—ıo Tage nach dieser und die fünfte und lefate 15-20 Tage. nach:der vierten. Die ganze Zeit bis zur Ausbildung zum geflügelten Insekt beträgt danach vom Ausschlüpfen an etwa 45—50 Tage. Die Pachytylusarten gebrauchen etwas weniger Zeit, in Südafrika im Durchschnitt 40—42 Tage. Damit stimmt die Doengingk’sche °'”) Zahl von 44 Tagen, die er aus sorg- fältigen Beobachtungen in Südrussland gewonnen hat, gut überein. Von Seiten der Amerikaner ist für die letzten beiden Stadien der ungeflügelten Heuschrecke der ganz unpassende Name »Puppe, pupa« eingeführt. Wir verstehen aber unter »Puppe« den nahezu bewegungslosen Zustand eines Insekts, zwischen dem Larven- oder Raupenzustande, in dem das Tier freie Beweglichkeit hat, und dem voll entwickelten, voll bewegungsfähigen Insekte, der imago. Eine solche »Puppe« besitzt überhaupt keine freien Gliedmassen. Die beiden letzten ungeflügelten Stadien der Heuschrecke aber besitzen völlig freie Gliedmassen, ja zeigen schon ganz gut bemerkbare Flügelchen und benutzen diese Gliedmassen in ausgiebigster Weise, denn die Hupfer sind in diesem Alter beweglicher als in irgend einem andern, jedenfalls mehr als in den drei »larval stages«°'*). Die Franzosen gebrauchen dafür den zutreffenderen Ausdruck »Pseudonymphe«. A c5 af 513) Wanderheuschrecke S. 539. >18) Darin stimmen .alle Beobachter überein, die Amerikaner selber (mit Ausnahme von Lawr. Bruner*) nicht ausgeschlossen, Nur S, D, Bairstow, Regierungs-Entomologe in Südafrika, erzählt in einem Vortrag „Ihe Locust“ vor der Cradock Farmer's Association (Agric. Journ. of 2 Dr. Sander. In den einzelnen Stadien ihres Larvenlebens verhalten sich die Heuschrecken nicht gleich. Diese Verschiedenheit der Lebensweise und den Lebensgewohnheiten ist aber sehr wichtig, denn auf ihrer Kenntnis und Beachtung fussen eine Reihe von brauchbaren Abwehrmassregeln. In dem ersten Stadium bleiben die jungen Lärvchen im allgemeinen in kleinen Trupps, die etwa der Anzahl Eier entsprechen, die in nahe zusammengelegenen Ei- päckchen enthalten sind, zusammen ohne viel zu wandern, es sei denn, dass sie Futtermangel dazu zwingt. Sie sind sehr empfindlich gegen die Witterung und sammeln sich in der Nacht stets um einen Grasbusch oder ein Kraut herum the Cape Colony 1892. V. S. 160-162 und 180—1ı82), dass „dieses Stadium zwar kaum als Chrysalis zu bezeichnen sei, weil die Glieder frei sind“, fährt aber fort „dieses Zwischenstadium, das dem der Larve sehr ähnlich ist, mag ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, aber es ist trotzdem da, und in keinem anderen Stadium vom Ei ab ist die Heuschrecke so träge als im Puppenstadium, obwohl sie da mit voller Bewegungsfähigkeit begabt ist.“ *) Diese Bemerkung stammt aus seiner frühern Zeit; in den neueren Schriften von ihm habe ich sie nicht mehr gefunden, z. B. nicht in seiner vortrefflichen Investigaciön de la Langosta. Sie hat aber offenbar Bairstow als Unterlage gedient, da sie fast den gleichen Wort- laut hat, wie die seinige. Bruner macht sie im General Report for 1881 (III Report of the Entomological Commission of the United States’ Department of Agriculture) S. 36. Sie bezieht sich auf den Melanoplus spretus und lautet: „The pupal or intermediate stage differs but little from that of the larval, save that in this stage of their lives they are more slovenly or sluggish or less ravenous, although not altogether dormant like the corresponding stage of some other insects“, während Bairstow sagt: „This intermediate stage, so similar to the larval (may have escaped your notice, but it should be there nevertheless), and after the egg a locust is most letargic like all his compeers in the pupal state, although he has the full power of locomotion“. Das ist doch im Gedankengange einander ausserordentlich ähnlich, ja die Aehnlichkeit geht sogar so weit, dass einzelne ungewöhnliche Ausdrücke, z. B. „inter- mediate stage‘ mit einander übereinstimmen. Der Wirklichkeit ent- spricht es. nicht; jedenfalls habe ich die Hupfer nie lebendiger und gefrässiger als in diesem „‚sluggish oder letargic stage‘ gesehen; machen sie doch gerade in diesem Alter ihre Hauptwanderzüge! Biologie der. Wanderheuschrecken. 173; in dicken Häufchen an, oder kriechen an Halmen und Ge- sträuch nach oben, möglichst fern vom feuchten Boden. Sie verkriechen sich namentlich bei kaltem Regen und Wind auch gern in Strohbündel, Heuhaufen, unter Erd- schollen, altes Laub und dergleichen ihnen Schutz gewährende Dinge oder bergen sich in Furchen u. s. w. Häufig genug kommt es bei anhaltend schlechtem Wetter vor, dass die Landleute glauben, die Tierchen seien zu Grunde gegangen und verschwunden, während sie sich nur in solcher Weise geborgen haben. Bei schönem Sonnenschein und warmem Wetter zerstreuen sie sich über die nähere Umgebung und gehen ihrem Frass nach, der aber keineswegs, wie noch Keferstein°'”) behauptet, in Tau besteht, sondern in zarten Pflänzchen, jungen Grashälmchen und vornehmlich jungem Unkraut. Von dieser Art der Ernährung kommt es auch, dass die Tierchen in diesem Stadium vielfach für »harmlos« erklärt werden; denn noch thuen sie den eigentlichen Feld- früchten’'”) wenig Schaden und wo es doch geschieht, sind die Fleckchen in einem grossen Felde so vereinzelt und versprengt, dass sie nicht auffallen. In diesem ersten Stadium werden sie leicht übersehen. Denn einmal sind die Tierchen noch so klein, dass sie wenig in die Augen fallen, und dann zeigen sie sich eigent- lich auch nur in den warmen Mittagsstunden ausserhalb ihrer Schlupfwinkel; auch ist ihre Sprungfähigkeit noch sehr gering. Kommt man zufällig an eine solche kleine Schule von jüngsten Hüpfern, so quirlt und hastet die Brut durch- einander »wie ein Topf voll Flöhe«, wie ich in Südwest- afrika das Bild sehr anschaulich bezeichnen hörte. Es ist aber von Wichtigkeit, sie schon in diesem Alter aufzusuchen, wenn man sie vernichten will; denn dann sind sie eben noch zu vielen auf einem engen Raume zusammengedrängt und können sich auch nicht so schnell wie in späterem Alter vor dem Verfolger retten. Man muss deshalb in be- 515) Schädliche Heuschrecken. S. 220. 516) J. Gerstäcker, Wanderheuschrecke. S. 25. #74 Dr. Sander. drohten Gegenden in der Jahreszeit des Ausschlüpfens bei schönem: Wetter namentlich die sonnigen, warmen Hänge mit kurzer zarter Vegetation aufsuchen, wo sie sich um diese Tageszeit am liebsten aufhalten. | Die Lärvchen der Schistocerca°’‘”) verhalten sich in diesem Stadium ganz ähnlich, nur dass sie vielfach zur Nacht und bei ungünstigem Wetter an Pflanzen hinauf- kriechen und diese gänzlich bedecken, während das Pachy- tylusiärvchen, abgesehen von feuchtem Wetter, mehr den Schutz am Boden sucht. In den ersten 4—5 Tagen ihres Lebens halten sie so an der Gewohnheit, sich in solchen Häuf- chen anzusammeln, fest, dass sie fast das Fressen darüber versäumen. | Die erste Häutung geht bei beiden Gattungen vor sich, während sie sich in dieser Weise zusammengedrängt haben. Dies Zusammendrängen während des Häutungsprozesses scheint (nach Lawr. Bruner, Invest.) den Zweck zu haben, die für die Häutung notwendige Feuchtigkeit zusammen- zuhalten, die sie ohnehin in ihrer ersten Jugend nötig haben. In der That gehen die Lärvchen da, wo sie vereinzelt aus- gekommen sind, namentlich an trockenen Stellen und bei trockener Witterung, an Einschrumpfung zu Grunde. Sobald diese Häutung vollendet ist, fangen die jungen Hupfer an, sich zu starken Trupps zusammenzuschliessen °'*) und werden überhaupt viel lebhafter. Die erste Folge der Häutung ist ein vermehrter Hunger, denn »die Haut ist ihnen nun zu weit und hängt lose um sie herum und ihr Appetit arg durch das vorhergegangene Fasten«, wie Lawrence Bruner°'’) sagt. Ihre Kiefer sind kräftiger, das Nahrungsbedürfnis grösser geworden, und daher machen sie sich nun schon an grössere Pflanzen heran. Während sie z.B. vom Getreide im ersten Stadium nur die Bälge°”°) und Spelzen der in Ent- °:7) Nach Lawr. Bruner, Investigaciön. S. 32: - 518) Körte, Wanderheuschrecke. S. 29. I. Report. S. 232. 519) III. Report. General Report for 1881. S. 36. 520) Nach Gerstäckerr Wanderheuschrecke. S. 2s. Biologie der Wanderheuschrecken. 175 wickelung begriffenen Aehre benagen, greifen sie jetzt ganz allgemein den Halm, an welchem sie emporklimmen, und zwar in der Regel dicht unter der sich entwickelnden oder bereits in Blüte stehenden Aehre an. Noch sammeln sie sich gern an warmen sonnigen Plätzen, jetzt aber schon in grösseren, manchmal schon ungeheuren Scharen, die durch die Anhäufung so vieler, grösserer Einzeltierchen schon recht auffällig werden können. Bei kaltem, regnerischem, windigem Wetter und bei Nacht sitzen sie noch in alter Weise an geschützten Stellen zusammen, nur dass die Klumpen jetzt erheblich grösser sind und suchen, namentlich bei Nässe und Regen, auch schon gern eine gewisse Höhe über dem Boden zu gewinnen. So drängen sie sich gern an Zäunen, Gebäuden, Büschen und Bäumen zusammen. Bevorzugt sind auch dicke und dichte Graskaupen oder Schilfbestände und besonders alte, trockene, vom vergangenen Jahr her noch stehen gebliebene; namentlich werden diese zur Nachtzeit gern benutzt, wenn sie sich am Rande von bestellten Feldern vorfinden. Die Jungen der Schistocercen verhalten sich im zweiten Stadium noch ganz ähnlich wie im ersten; namentlich ist die Gewohnheit des Haufen- oder Klumpenbildens bei Nacht noch sehr ausgesprochen, wenn auch tagsüber die Hüpferchen sich schon freier und selbständiger bewegen und auf der Nahrungssuche etwas mehr auseinanderlaufen. Auch in diesem Stadium gehen noch viele an Hitze und Trockenheit ein — später nicht mehr so leicht. Mit der zweiten Häutung werden die Tiere wieder ein gut Stück grösser, beweglicher, selbständiger und wider- standsfähiger gegen schädliche Einflüsse. Da ihr Nahrungs- bedürfnis sowohl wie die Kraft ihrer Kiefer und damit ihre Fähigkeit, alles Grüne zu vernichten, mit ihrem Wachstum erheblich zugenommen haben, so pflegt jetzt der Zeitpunkt einzutreten, wo sie sich das Futter in grösserer Entfernung suchen müssen. -Das geschieht in der Weise, dass sich die einzelnen Schulen und’ Häufchen in riesige Heerscharen zu- 176 Dr. Sander. sammenschlagen und gemeinsam Züge unternehmen, d. h. dass sie zu »wandern« beginnen, Die Futteraufnahme und damit das Wandern geschieht meist während der Tagesstunden, wogegen sie sich in der Nacht und den kühlen Morgenstunden noch in altgewohnter Weise um einen Busch oder einen Strauch zusammendrängen. Dabei ist schon jetzt der Unterschied zwischen den beiden Gattungen zu bemerken, der sich in der Folge immer mehr vertieft: die Pachytyluslarven begnügen sich mit niederen Büscheln und Büschchen, wenn sie auch mit zunehmendem Alter und wachsender Grösse immer höhere derartige Gegenstände als Mittelpunkt wählen, und sammeln sich häufig derart, dass der ganze Heerhaufen sich in mehrere nahe bei einander lagernden kleineren Haufen zusammenarängt, von denen ein jeder einen solchen Busch als Mittelpunkt hat, während zwischen den einzelnen Haufen freie Stellen bleiben; die Schistocercalarven dagegen suchen höhere Gegenstände auf und schliessen sich viel enger zusammen. Das hängt wohl zum Teil mit der Wahl des Futters zusammen, indem nämlich die Pachytylusarten die kieselhaltigeren Pflanzen, also Gras und Getreide, Schilf und dergleichen bevorzugen, die Schistocerca- arten aber mehr Büsche und Laubbäume, sowie Gemüsearten. Von der zweiten Häutung ab ist die Grössenzunahme eine viel schnellere, wie aus den ım dritten Abschnitt mit- geteilten Grössenangaben für die einzelnen Stadien zu er- sehen ist. Dieser stärkeren Grössenzunahme entspricht natürlich eine stärkere Futteraufnahme und diese wieder bedingt, im Verein mit dem durch sie in erster Linie ver- ursachtem Wandern, dass die Heuschreckenlarven im dritten, vierten und fünften Stadium, trotzdem ihre Zahl naturgemäss durch Witterungseinflüsse, Krankheiten und Feinde in be- ständigem Abnehmen ist, die meisten Verheerungen an- richten und in diesen Stadien die Heuschreckenplage am meisten ins Gewicht fällt. Das ist die Zeit, in der die Heerzüge der Hupfer Meilen und Meilen Landes bedecken können, oft mehrere Zoll hoch übereinander, hinter sich Biologie der Wanderheuschrecken. 177 eine gähnende Wüstenei zurücklassend; die Zeit, in der sie von ewigem Hunger geplagt nicht bloss alles Grün, sondern auch alles andere, was der Kraft ihrer Kiefer nicht zu widerstehen vermag, vernichten, die Rinde der Bäume, Holz, Lederstücke und alte Schuhe, die ihnen in den Weg kommen, Stroh und Zelte, Gardinen und Vorhänge, zum trocknen ausgebreitete Wolle und Decken, Felle und Fleischstücke und nicht zum wenigsten auch die eigenen schwächeren oder irgendwie verletzten und krank gewordenen Kameraden des eigenen Zuges. Die letztere Eigenschaft insbesondere, ihr Kannibalismus, kommt für die modernste Bekämpfungs- weise, die mittelst künstlicher Einimpfung einer ansteckenden Seuche als sehr wesentliches Unterstützungsmittel zur Aus- breitung der Infektion in Betracht. Entsprechend dem Umstande, dass die Eier nicht alle zu gleicher Zeit ausschlüpfen, sondern je nach der Lage und Bodenart, ob kälter ob wärmer — und für die im Frühjahr die Bier ablegenden Arten auch je nach der Zeit, in der die Brut abgesetzt worden ist —, früher oder später, findet man in den wandernden Zügen häufig genug eine Reihe von Alters- klassen neben- und durcheinander. Dass zwei benachbarte Altersklassen zusammen in einem Zuge vorkommen, ist ja an und für sich nicht wunderbar, denn selbstverständlich findet, wie bei allen Insekten, die Häutung der gleichalten Tiere nicht genau zum gleichen Zeitpunkte statt, da ja Futterreichtum oder -mangel die Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Entwicklungsstadien verkürzen oder verlängern. Hier kommt aber noch ein anderer Punkt in Betracht, der es erklärt, weshalb sich in einem grossen Zuge drei und vier, ja selbst alle Entwicklungsstadien nebeneinander vor- finden können: das ist die Entstehungsart solcher grossen Züge durch Zusammenschlagen kleinerer, die sich ihrerseits wieder aus Schulen gebildet haben ’”'). 521) Diese Zusammensetzung aus den verschiedenen Altersklassen, von denen die älteren, grösseren und kräftigeren natürlich voran sein werden, sowie die gelegentliche vielleicht recht unfreiwillige Beimischung Sander, Wanderheuschrecken. I2 178 Dr. Sander. Mit der letzten Häutung, der fünften, vom Aus- schlüpfen aus dem Amnion ab, ist das Insekt ausgewachsen. Im Gegensatz zu den anderen Häutungen, die mehr oder minder im dicken Klumpen der Genossen vor sich gehen, sucht sich die Larve zu dieser gern ein einsames geschütztes Fleckchen über dem Boden aus. Der Grund für dieses ab- weichende Verhalten ist offenbar in der grösseren Gefahr zu suchen, die die längere Dauer des Vorganges, verbunden mit der grösseren Hilflosigkeit des ausgeschlüpften Insekts durch die auswachsenden Flügel, und zugleich die kanniba- lischeren Neigungen und Fähigkeiten der hungrigen Ge- nossen bedingen. Während auf den ganzen Vorgang die oben gegebene Schilderung zutrifft, mit dem erwähnten Unterschiede, dass das Tier einen Stengel oder Baum aussucht, an dem es sich mit den Hinterbeinen aufhängt — offenbar wie Körte®””) schon sagt, um bei dieser letzten schwierigsten Häutung freie Bewegung nach allen Seiten zu haben, muss ich dem Auswachsen und Entfalten der Flügel noch einige Zeilen widmen°””). Wenn die junge Heuschrecke ihren ganzen Leib von der alten Hülle befreit hat, dreht sie sich herum, klettert neben die alte, abgestreifte Haut und bleibt dort, bis die jetzt noch kurzen, schlaffen Flügel ausgewachsen sind, jeder Teil des Leibes hart geworden ist und sie ihre Kräfte wieder erlangt hat. Dabei streckt sie die verkrümmten Gliedmassen gerade und entfaltet die Flügel und breitet sie aus wie die Blütenblätter einer grossen blassen Blume. Die Vorderflügel sind zunächst in ihrer Längsachse eng aufge- der Larven irgend einer anderen grösseren, nicht wandernden Heu- schreckenart, mag die Veranlassung gewesen sein zu der Annahme, die Züge seien von „Königen‘ oder „Königinnen“ von besonderer Grösse geführt, die sich in den älteren Schriften und noch jetzt vielfach als feste Ueberzeugung bei Bewohnern öfters heimgesuchter Gegenden findet. 522) Nach Köppen. S. 2s. 529) Nach I. Report. S. 282. Biologie der Wanderheuschrecken. 179 rollt und während sie sich entfalten und aufrollen, entrollen sich die Hinterflügel, die den Adern entlang wie ein Zeug- fächer den Stäben entlang zu- sammengefaltetsind,überihnen. Nach 10-15 Minuten, vom Aus- schlüpfen aus der Haut ab gerechnet, sind die Flügel voll ausgewachsen und hängen schlaff wie feuchte Lappen her- unter. Köppen’””) hat bei der Entfaltung der weichen und schlaffen Flügel eine dunkel- gelbe Flüssigkeit in mikrosko- pischen Tröpfchen auf ihnen verteilt gesehen, ohne die Er- scheinung erklären zu können. Bei dem Auswachsen in Länge und Breite machen die Flügel zugleich eine Drehung in der Richtung von innen und hinten, nach aussen und vorn’’”). Von dem Zeitpunkt der vollen Ausbildung der Flügel an fangen die Hinterflügel an sich fächerförmig unterhalb der schmäleren Vorderflügel zu- sammenzufalten und in weiteren ıo Minuten haben die Flügel- Abbildung 15. Ber ohnliche Ruben es) stellung eingenommen. Während dieser Zeit hat auch die blasse Farbe des frisch ausgeschlüpften Kerfs der bleibenden Färbung Platz gemacht und die ausgewachsene Heuschrecke ist nun fertig. Sie hat nun zwar Flügel, bewegt sich aber zunächst noch AND N x PO 524) Gerstäcker, Wanderheuschrecke. S. 21. * 22 180 | Dr. Sander. wie die Larve durch Kriechen und Springen vorwärts; nach ein bis zwei Stunden sind die Flügel genügend erstarkt, um das Insekt zu tragen, und nun beginnt es sich durch Flüge auf kurze Strecken, die zunächst nichts anderes sind, wie die Unterstützung eines weiten Sprunges, zu üben. Nach einiger Zeit, etwa dem Zeitraum einer Woche, jedoch nach der Witterung verschieden — feuchtes Wetter ist besonders nachteilig, weil es die erforderliche Austrocknung der Flügel aufhält —, hat sie ihre volle Flugkraft erlangt und eines schönen Morgens, bei gutem frischen Winde, steigt, wie auf Verabredung, eine grössere Menge von ihnen zusammen auf, führt erst einige Kreisflüge aus, erhebt sich dann zu grösserer Höhe und verlässt die Gegend ihrer Jugend. Das voll ausgebildete Insekt ist nun keineswegs sofort geschlechtsreif’”’), sondern ehe es so weit ist, vergeht eine längere oder kürzere Zeit, in der es schwere Verheerungen anrichtet, wo immer es einfällt. Denn sein Appetit ist ent- sprechend seiner jetzigen Grösse und der erhöhten Muskel- thätigkeit noch reger als in den letzten Larvenstadien. Die ersten Beobachtungen über die Länge der Zeit, die zwischen dem Geflügeltwerden und dem Erreichen ‘der Geschlechtsreife liegt, sind in gemässigten Breiten angestellt. Nach den eingehenden und sorgfältigen Beobachtungen von Domgingk®”°) ist dazu in Südrussland ein Zeitraum von etwa zwei Monaten, von Anfang Juli bis Anfang September, nach Körte weniger als vier Wochen, nach Tschernowsky und Motschulsky°”’) sechs Wochen notwendig. Neuere Unter- suchungen- in den Subtropen und Tropen haben aber er- 525) Gerstäcker S. 2ı spricht allerdings davon, „dass die Begattung schon kurze Zeit nach dem Ausschlüpfen aus der letzten Larvenhaut vollzogen werden kann, weil man bei diesem Akt nicht selten Individuen mit noch nachgiebigen und nicht völlig ausgefärbten Flügeln antrifft“, bezeichnet es jedoch als Regel, dass sie erst nach mehreren Tagen oder nach noch längerer Zeit vollzogen wird. =). c. 57) Alles nach Köppen, Wanderheuschrecken. S. 25. Biologie der Wanderheuschrecken. 131 geben, dass dieser Zeitraum ein erheblich viel längerer sein kann. Nach Lawr. Bruner””) ziehen die geflügelten jungen Heuschrecken während der letzten Sommer- und Herbst- monate umher. und bleiben dann .an einem zum Ueber- wintern geeigneten Orte,” bis der: Frühling sie zu neuer Wanderschaft aufruft und nun erst die Begattung beginnt. Aehnliche Beobachtungen hat Künckel d’Herculais®”’) an der Algerischen Schistocerca gemacht. Wenn sie im Dezember aus dem äussersten Süden gemeldetwerden, sindsie mindestens schon einen Monat unterwegs, aber noch nicht geschlechts- reif und brauchen noch mindestens. zwei Monate mehr, um es zu werden. Im Verein mit den Lallemant’schen’’’) Fest- stellungen ergiebt sich aber noch eine viel längere Zeit. Nach ihm ist es schon sehr frühzeitig, wenn sie im April nach Algier kommen. Dort legen sie Eier, die etwa einen Monat im Boden liegen und weitere anderthalb Monat bis zur Entwickelung des ausgewachsenen Insektes gebrauchen, also günstigenfalls Mitte Juni Flügel erhalten. Handelt es sich also um die gleichen Verhältnisse wie in Argentinien, sind es also dieselben Heuschrecken, die im nächsten April’”') wiederkommen, so sind diese dann zum wenigstens 9 Monate lang geflügelt, che sie ihre Reife erreicht haben, also mehr als das Vierfache der in. gemässigten Klimaten nötigen Zeit. Meines Wissens ist für das verschiedene Verhalten bisher noch keinerlei Erklärung versucht worden. Vielleicht könnte es sich um folgende physiologische Bedingungen handeln. Jede Tierklasse — mit Ausnahme der Menschen, der Affen und Haustiere — tritt zu einer Zeit in Brunst 528) Investigaciön S. 14. Schistocerca paranensis. 529) Künckel d’Herculais. Le Criquet Pelerin. S. 57. SO lallemant. Notice. S. ar. 531) Ich weiss sehr wohl, dass diese Zeit durchaus nicht so streng innegehalten wird, sondern dass die Heuschrecken bald schon im April, bald auch erst im Juni nach Algier kommen können, vernach- lässige das aber hier, um einen mittleren Fall zu konstruieren und be- stimmte Zahlen zu gewinnen. 182 Dr. Sander. und schreitet dann zur Fortpflanzung, wenn die Natur für die Erhaltung ihres jungen Nachwuchses (nach Ablauf der zur Entwicklung nötigen Zeit) die günstigsten Verhältnisse bietet. Die Heuschrecken brauchen für ihre junge, eben ausschlüpfende Brut das erste zarte Grün des Frühlings. In den Tropen und Subtropen sind die Frühjahrsregen und der Beginn der wärmeren Zeit an ganz bestimmte Winde und Wetterstimmungen gebunden: es setzen feuchte, warme Winde ein, die Luft wird schwül und drückend, ent- hält also grössere Feuchtigkeitsmengen. Nun beantworten die Wanderheuschrecken — vor allem nach Künckels Unter- suchungen die Schistocerca peregrina — grössere Feuchtig- keit ihres Körpers mit einer Farbänderung ins Gelbe; diese Farbe ist aber zugleich das Anzeichen der Geschlechtsreife. Andererseits findet der Abschluss der Larvenzeit aller Heuschrecken in einer verhältntsmässig trockenen Jahreszeit statt — in den Tropen und Subtropen ganz unmittelbar mit dem Beginn der Trockenzeit’’’) —, das Ablegen der Eier aber stets kurz vor oder mit einer Regenperiode; in den gemässigten Klimaten zur Zeit der Herbstregen, in den Iropen und Subtropen kurz vor oder mit dem Beginn der Regenzeit. In letzteren Gegenden führen diese warmen Regen nach kurzer Zeit, innerhalb weniger Wochen, das Ausschlüpfen der jungen Hupferchen zugleich mit dem ersten jungen Grün herbei. In den gemässigten Klimaten sind die Regen und die Temperatur kälter, die Entwicklung geht langsamer vor sich und steht still, sobald die Boden- wärme unter eine bestimmte Höhe fallt; aber da in unserem Winter eine Austrocknung nicht oder nur unbedeutend statt- findet, erwacht sie aufs neue, wenn mit dem Frühjahr Boden- erwärmung und -befeuchtung belebend nicht bloss auf die 5°?) Mit dieser Auslegung.stimmt auch die von Künckel d’Herculais zur Erklärung des Farbenwechsels herangezogene Dishydratition. Wenn die Körper durch Trockenheit des Futters und der Luft trockener werden, werden sie rot; umgekehrt im Frühjahr bei feuchter Luft und feuchterem Futter gelb. Biologie der Wanderheuschrecken. 183 Heuschreckeneier, sondern auch auf die Pflanzendecke ein- wirken. Sollte es nun nicht eben das verschiedenzeitige Ein- treten der Regen nach der Entwicklung zum geflügelten Insekt sein, das in unserer kälteren gemässigten Breite einen früheren Eintritt der Geschlechtsreife bedingt, sollte der Eintritt dieser Geschlechtsreife nicht von einem gewissen Feuchtigkeitsgehalt der Luft, verbunden mit einer bestimmten Lufttemperatur abhängig sein ’”°’)? Aus den im ersten Abschnitt gegebenen Zusammen- stellungen aus Südafrika geht zum Beispiel aus der Statistik des Jahres 1899 für die Kapkolonie deutlich hervor, dass in den sonst von früheren Regen begünstigten südöstlichen Küstendistrikten, bei ungewöhnlicher bis spät in den Novem- ber hinein anhaltender Dürre, die Heuschrecken dort erst Ende Oktober zur Fortpflanzung schritten, während im Nord- westen, der sonst die Frübjahrsregen erst nach Neujahr zu bekommen pflegt, bei den ganz ausnahmsweise frühen, schon im Juli niedergehenden warmen Regen bereits in diesem sonst in den vollen Winter fallenden Monat die Begattung und Eiablage vor sich ging und die junge Brut bereits im September ausschlüpf. Das spricht doch dafür, dass trockenes Wetter die . geschlechtliche Reifung, den Be- 22) Auch die grössere Feuchtigkeit der Nahrung kann eine Rolle spielen, besonders bei den Baumblätter fressenden Schistocercen; denn in dem von mir in dieser Beziehung genauer beobachteten trockenen Subtropen (Südwestafrika) blühen und spriessen die tiefwurzelnden Bäume bereits lange vor dem Eintritt der eigentlichen Regen, sobald nur die Luft- und damit die Bodentemperatur ein gewisses Mehr erlangt hat. Aehnliches ist mir aus den trockeneren Tropengegenden nach eigener Anschauung und aus der Litteratur her in Erinnerung. Die tiefwurzelnden Gewächse, also vor allem gewisse Laubholzbäume, reichen offenbar mit ihren Wurzeln so tief, dass sie noch in ausreichender Feuchtigkeit stehen, um bei genügender Temperatur den neuen Trieb einleiten zu können. Bei langem Ausbleiben der Regen habe ich dem- entsprechend auch völliges Eintrocknen dieses ersten Triebes und dann erst Ausschlagen bei wirklichen Regen gesehen. I 84 Dr. Sander. gattungstrieb zurückhält, ungewöhnlich frühe Regen beide aber viel früher als sonst — in diesem Jahre für die be- troffenen Gegenden um mindestens drei Monate früher — zu Stande kommen lässt. Diese Theorie würde auch erklären, weshalb in Algier (und Nordafrika) die Zeit des Einbruches der geschlechtsreifen Heuschrecken ebenfalls in so ungeheuren Grenzen — vom April bis zum Juni — schwanken kann und weshalb sie gerade mit den heissen, trockenen Winden sowohl hier wie in Togo, wie in Südwestafrika und in Namaqualand kommen. Diese Siroccos bezw. Nordost- oder Ostwinde sind eben die Vorläufer der Regenzeit und trocken nur deshalb, weil sie von dem hochgelegenen Innern nach der niedrigen Küste mit Sturmesgeschwindigkeit herabsteigen. Es scheint mir deshalb auch nicht zutreffend, wenn Redtenbacher°’*) und seine Gewährsmänner für Algier und ganz Nordafrika, und ebenso Rickmann und Käsewurm °”) für Südwestafrika von einem ganz unregelmässigen, an keine bestimmte Jahreszeit gebundenen Auftreten der Mutter- schwärme und der jungen Brut sprechen. Berücksichtigt man die eigentümlichen meteorologischen Verhält- nisse dieser ariden Gegenden, so dürfte man, wie ich das für Südwestafrika und Südafrika im ersten Abschnitt nachgewiesen zu haben glaube, finden, dass das Erscheinen der Mutterschwärme (und damit der Brut) zwar nicht an einen bestimmten Monat, wohl aber an die allgemeine Wetterlage, den frühen oder späten Eintritt der Regenzeit, ın allen diesen Geeenern gebunden ist, also physiologisch und für die natürlichen Jahreszeiten gleichfalls festliegt. Eine gewisse Schwankungs- breite in der Zeit des Auftretens ist ja auch für die mit regelmässigeren Witterungsverhältnissen ausgezeichneten ge- mässigten Zonen, in Europa sowohl wie in Nordamerika, von allen Seiten zugestanden. 532) Wanderheuschrecken. 585) Heuschreckenpilz. Biologie der Wanderheuschrecken. 185 Für die Pachytylusarten kann es nach den Fest- rllonsen von Korte‘), Koppen‘’), Gerstäcker”’) nicht zweifelhaft sein, dass eine mehrmalige Paarung stattfindet. Das Männchen klammert sich dabei auf dem Rücken des auf der Erde sitzenden Weibchens fest, seine Leibesspitze out der des letzteren vereinigend. Es ist wiederholt be- obachtet, dass sich noch ein zweites und drittes Männchen zu einem verhängten Pärchen herandrängt. Die Vereinigung dauert längere Zeit, die verschieden auf I—2—12—20—24°°°) Stunden angegeben wird. Nach vollzogener Begattung braucht @as Weibchen 'etwa 7 Tage’’’), bis die befruchteten Bier legereif sind. Diese werden dann abgelegt, doch bleiben in der Regel im Eierstock noch ı—2 Partieen unreifer Eier, die einer neuen Befruchtung bedürfen. Die dazu nötige Be- gattung wird häufig unmittelbar, nachdem die ersten Eier abgelegt sind, vollaogen, ja manchmal sieht man sogar die Männchen beim oder auf dem eierlegenden Weibchen warten, bis es dieses Geschäft beendet hat, um dann sofort mit der Begattung zu beginnen. Dieser zweiten Begattung folgt dann eine zweite Eiablage, häufig noch eine dritte und manchmal sogar noch mehr. Nach jeder Befruchtung braucht das Weibchen wieder Seme 6 10 Tase, um die Eier zu reifen. Der’ Eierstock soll etwa 150 Eier enthalten. Nach meinen eigenen Beobachtungen an den südwest- afrikanischen Pachytylus sulcicollis ist die Kopulation ziem- lich fest, da ein Pärchen sich mehrfach aufjagen liess und sogar längere Strecken flog, ehe es sich trennte. Ich habe auch Pärchen im vollen Schwarme mitfliegen sehen. Nach denAutoren, die an der europäischen Pachytylus migratorius ihre Beobachtungen gemacht haben, z. B. Köppen, scheint diese Art keine so innige Vereinigung einzugehen, da »sie bei #36) Strich, Zug- und Wanderheuschrecke. S. 20. #27) Wanderheuschrecken, S. 25. 538) S, Wanderheuschrecke. S. 21. 5289) Köppen, Wanderheuschrecken. S. 31, 32. 186 Dr. Sander. starker Berührung sich bald trennten und auseinanderflogen«. Auch ist von diesen Beobachtern nur gesehen worden, dass das Weibchen in copula mit dem ruhig und bewegungslos auf ihm sitzenden Männchen sich frei umherbewegt und frisst, während Fliegen ihm unmöglich sei°’*). Ich habe aber beim Pachytylus sulcicollis ganz sicher und bestimmtsehr häufig gesehen, dass die Pärchen auch fliegend sich fortbewegen und zwar benutzen dabei beide, Weibchen und Männchen, ihre Flügel, während die Fortbewegung durch Marschieren und Hüpfen vom Weibchen allein ausgeführt wird. Die Weibchen gehen nach vollzogener Ablage ihres ganzen Eiervorrates zu Grunde; von den Männchen wird gesagt, dass sie gleich nach der Begattung eingehen sollen. Mir selber stehen keine eigenen Beobachtungen dafür zu Gebote; nur halte ich es für wahrscheinlich, dass es sich so verhält, weil ich fast immer eine Anzahl von Männchen um ein Weibchen herum fand, also die Männchen offenbar im Ueberschuss vorhanden waren. Auch war die Zahl der Männchen unter den von einem sich paarenden oder eier- legenden Schwarme verendet Zurückgelassenen grösser als die der Weibchen. Andererseits aber ist schon von Körte°*') festgestellt, dass der Begattungsakt wenigstens von dem Weib- chen für jede Befruchtung mehrfach vollzogen werden kann. Von der Schistocerca ist bis jetzt nicht bestimmt be- kannt, ob sie sich mehrfach oder nur einmal begattet. Bei der Sch. peregrina spricht Künckel d’Herculais”*’) von einer mehrfachen Begattung, ob das auch ein mehrfaches Eier- legen bedeutet, kann ich nicht sagen. Für die Sch. paranensis sagt dagegen Bruner’*’), dass die allgemeine Ansicht dahin gehe, dass nur ein Eipäckchen abgesetzt werde; er selbst >40) Yersin nach Köppen. 521) Nach Köspen. Wanderheuschrecken. S. 35. 54?) Le Criquet Pelerin. S. 57. Lorsque la coloration est devenue terre de Sienne, la parcade et l’accouplement commencent, lorsque la coloration est passee au jaune, parcade et accouplement se renouvellent. 543) Investigaciön. S. 16. Biologie der Wanderheuschrecken. 187 neige auch dieser Ansicht zu, weil er bei vielen tausenden von Weibchen nur bei drei oder vier eine zweite Serie von Eiern habe finden können. Die gewöhnliche Zahl seien 80 bis 100 Eier, also soviel wie im einzelnen Eipäckchen, und diese im gleichen Entwicklungszustande. Aus unseren Kolonieen her ist mir in dieser Beziehung nichts bekannt.’‘*) Die Zwischenzeit zwischen Befruchtung und Eiablage beträgt nach ihm bei der F. paranensis 10— 15 Tage’‘’); an anderer Stelle’*‘) sagt er dagegen, dass Männchen und Weib- chen in copula bis kurz vor dem Augenblick vereinigt bleiben, wo das Weibchen anfängt, das Legeloch zu bohren. Nach vollzogenem Brutgeschäft haben auch die Schistocercen ihren Lebenslauf vollendet und gehen zu Grunde. Daher macht für beide Arten die Ansammlung einer grossen Zahl von toten Tieren an einem Orte es wahr- scheinlich, dass es sich um einen Brutplatz handelt. | Die Eiablage vollzieht sich bei beiden Arten in so ähnlicher Weise, dass es nicht nötig ist, für jede eine be- sondere Beschreibung zu geben. Da ich oben schon die Auswahl des Platzes und das Eipäckchen geschildert habe, kann ich mich hier auf Besprechung der Thätigkeit und des Verhaltens des Weibchens bei Herstellung des Legeloches und während des Eierlegens be- schränken. Ich folge im allgemeinen der Dar- stellung Köppens und der Rileys im I. Report. Sind die Eier zum Legen reif, so wird das ee Weibchen sehr unruhig und frisst nicht, kriecht <.choscene hin und her, bleibt plötzlich stehen und versucht Hinterleibsspitze hier und dort mit den hornigen hakenförmigen “* “he harten Gliedern (Abbildung 16) am Ende des Hinterleibes feine; Hiöhlung in. die, Erde zu, graben. Sie „stösst ‚die 54) Neuerdings sind mir hier in Ostafrika mündliche Mitteilungen geworden, die für die hiesige Schistocerca mehrmalige Brut höchst- wahrscheinlich erscheinen lassen. D. Verf. STORIDEHS: ITO. a) 2.c, S.123. 183 Dr. Sander. geschlossenen Klappen, die dann eine Spitze bilden, in den Boden, öffnet sie in diesem mit voller Kraft und so gräbt sie durch abwechselndes Schliessen und Einstossen und darauffolgendes Oeffnen eine Höhlung in den Boden, innerhalb weniger Minuten, indem schliess- lich der ganze Hinterleib bis an die Wurzel der Springbeine ver- schwindet. Der Hinterleib reckt sich dabei solang wie möglich, in- dem sich die ein- zelnen Glieder - PZ ri u aa Te auseinander- Abbi:dung 17. Nordamerikanische Wanderheuschrecke (Rocky Mountain ziehen, und so Locust). a) Weibchen beim Eierlegen; b) Eihülse, zus der Trde wird es möglich, gezogen mit aufgebrochenem Ende; c) einige lose- auf der Erde ‘ £ E liegende Eier; d), e) Eimasse, bereits abgelegt (e) und in der dass die Eier in Ablage begriffen (d); f) die Stelle, wo eine Eiablage zugedeckt die Tiefe von 4 wurde. (Nach Riley.) { Er bis 5 cm beim Pachytylus, 6—7 cm bei der Schistocerca zu liegen kommen. Die Höhlung ist leicht bogenförmig, mit der Konkavität der Bauchseite der Mutterheuschrecken zugekehrt und schräg nach unten verlaufend, an der Oberfläche etwas enger, am Grunde etwas weiter. Der Hinterleib des grabenden Weibchens nimmt dabei die entsprechende Krümmung an und bildet mit dem übrigen Leibe fast einen rechten Winkel. Die Sprung- schenkel sind dabei gerade aufwärts über den Rücken ge- richtet, die Schienen mehr oder weniger eng an diese angelegt. | Wenn die Höhlung fertig ist, beginnt das Weibchen mit dem Eierlegen. Zuerst wird die schleimig-klebrige Schaummasse, von der oben die Rede war, abgesetzt, so dass sie den Boden der Höhlung bedeckt und die Klappen {| B ' Biologie der Wanderheuschrecken. 189 umspült. Sie wird von einer besonderen Drüse ausge” schieden. Sobald nun ein Ei an der Bauchseite in den Legekanal tritt, schliessen sich die Klappen | (Abbildung ı8), das Ei wird von einem fingerförmigen Griffel g (gubernaculum ovi) zwischen die hornigen Klappen geleitet, und... diese fassen ‚es. und! ‚setzen ‚es. in. die Schaummasse an seinen Platz, wo sie es. loslassen. Darauf folgt wieder eine Reihe von Zusammenziehungen des Hinterleibes, während deren weitere Schaummasse ent- leert wird, bis’ das ganze Hinterleibsende darin gebadet ist. Dann tritt wieder ein al En Br dureh den jLesekanal "aus, +das.„in der ee Wanderheuschrecke selben Weise an seinen Platz gebracht (Rocky Mountain Locust). wird, und so abwechselnd fort, bis die ee Women Gesamtzahl der reifen Eier gelegt ist, die Artder Eiablage zu zeigen. dann durch die Schleimmasse mit einander ee verbunden sind. Ist das letzte Ei gelegt, so füllt das Weibchen den obersten engeren Teil der Höhlung mit einer dichten gelblichen Masse der gleichen Art zu und giebt damit den Eiern einen vorzüglichen Schutz; denn diese Masse ist wasserdicht, ohne die Jungen beim Ausschlüpfen zu hindern. Sie wird sehr bald fest. Während sie Eier legen, kann man sich den Weibchen leicht nähern, denn nur bei schwerer Störung lassen sie sich: von ihrem Geschäft abbringen. Dann ziehen sie allerdings. in wenigen Sekunden — kürzer oder länger nach der erreichten Tiefe — den Hinterleib heraus und machen sich davon. Trotz- dem findet man, z. B. an Wegen, viele inStich gelassene Löcher. Die oben beschriebene Stellung wird während des Sanzen Vorsanees innegehalten, höchstens, dass ‚sich ‚die Spitzen der Hinterfüsse auf den Boden aufstemmen, wenn der Hinterleib vollständig versenkt ist. Die Zeit, die für die Herstellung eines solchen Loches. und Beendigung des Legegeschäftes nötig ist, wechselt nach. 190 Pr>sander. der Härte des Bodens und der Temperatur, von 2 bis 3 Stunden zu 4 bis 5; je kälter, um so länger dauert es. Zu erwähnen ist noch, dass manchmal in den Gelegen die Eier fehlen und die Klumpen nur aus Schaummasse be- stehen. Das ist nach den Beobachtungen der Entomologischen Kommission der Vereinigten Staaten besonders dann der Fall, wenn die Schwärme in Gegenden oder unter klimatischen Bedingungen ausgekommen und herangewachsen sind, die nicht recht denen der ursprünglichen Heimat entsprechen, oder wenn die Schwärme stark von Parasiten heimgesucht werden. Es ereignet sich auch gelegentlich, dass die Weib- chen, aus noch unbekannter Ursache, die Eier nicht in der gewohnten Weise in selbst gegrabene Löcher, sondern, nur von der Schaummasse umhüllt, auf die Erdoberfläche ab- legen. Für den Pachytylus migratorius ist diese Beobachtung von Yhersin°’'”), für die Schistocerca paranensis von Lawrence Bruner’**) gemacht worden. Natürlich sind solche Eier dem Verderben verfallen. Von grosser Wichtigkeit ist die Frage, ob die Heu- schrecken in ein und demselben Jahre mehrere Generationen erzeugen können. An und für sich wird nach den Beob- achtungen in gemässigten Gegenden, dass gelegentlich bei langem warmen Herbste und sehr spätem Eintritt des Winters oder im Winter selbst, wenn dieser aussergewöhnlich milde ist, wie sie aus Südrussland °**) und Nordamerika °°°) vor- liegen, die Jungen vorzeitig ausschlüpfen und bis zu einem gewissen Reifestadium gelangen können, ehe Futtermangel und Frost sie töten, die Möglichkeit nicht abzuleugnen sein, dass sich unter besonderen günstigen Umständen auch ein- mal eine zweite Generation in ein und demselben Jahre an demselben Orte entwickeln kann. Nur werden in den ge- 5:7) Nach Köppen. Wanderheuschrecken. S. 34. e).Investigacion. SR. 549) Köppen. Wanderheuschrecken. S. 58 u. 59. (Hahr, Demole). Berichte aus Südrussland. 550) Riley, Destructive Locusts. S. 18, 19. Biologie der Wanderheuschrecken. 191 mässigten Klimaten solche besonders günstigen Umstände sehr selten eintreten, obwohl zwei Vorbedingungen von vornherein durch den allgemeinen Witterungscharakter ge- währleistet sind: der Eintritt von Regen, nachdem die Eier abgelegt sind, und das Sprossen von jungem Grün, dem unentbehrlichen Futter für die kleinen Hüpferchen, wenn auch nur in Gestalt von Saat und Unkraut auf bestellten Feldern. Aber wenn es nun auch zum Ausschlüpfen ge- kommen ist, der Winter macht früher oder später das Leben der jungen Brut zunichte. Theoretisch müssten die Verhältnisse in den Tropen- und Subtropenzonen günstiger liegen, in denen scharf aus- gesprochen zwei Regenzeiten vorhanden sind. In dem grössten Teil dieser Zonen wird allerdings die kleine Regen- zeit vielfach nicht lang genug sein, um die volle Entwicke- lung der Heuschrecken zuzulassen, so dass in den meisten eine solche zweite Brut an Futtermangel und Trockenheit zu Grunde gehen würde. In einem kleineren Teile dieser Gebiete aber müssen die Vorbedingungen wirklich erfüllt sein. Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass solche Nachrichten auch thatsächlich vorliegen. Nach Cotes’”'‘) findet »im Pendschab in Indien die Ablage der Eier am Ende (?) der Winterregen, also April-Mai und dann wiederum im August statt, während in Rajputana die Heuschrecken mit dem Beginn des SW-Monsunregens, also im Juni und Juli und bei günstigen Umständen noch einmal im Oktober zur Eiablage schreiten. Verschiedene Einflüsse, namentlich Witterungsverhältnisse, haben wohl mancherlei Abweichungen von dieser allgemeinen Regel zur Folge, jedenfalls aber ist in Indien eine zweimalige Brut etwas Gewöhnliches.« Das klingt sehr überzeugend, aber — kurz vorher steht bei Redtenbacher die Bemerkung, dass »die meisten Schwärme Ostindiens aus NW kommen, so dass wahrschein- #51) Leider war mir seine Abhandlung nicht im Original zugänglich, was gerade in dieser Frage für mich recht störend ist. Ich citiere nach Redtenbacher, Wanderheuschrecken, S. 24—25. 192 Dr. Sander. lich die Brutplätze in den sandigen und wüsten Bezirken des westlichen Rajputana zu suchen sind. Andere Schwärme scheinen ihren Ursprung längs des Solimangebirges, wieder andere in den Steppen und Wüsten von Afghanistan, Beludschistan und Persien zu haben.« Da ist es sehr wahr- scheinlich, dass es sich bei dem zweimaligen Eierlegen um Schwärme handelt, die in ganz verschiedenen Gegenden erzeugt und ganz verschieden alt sind und gar nichts mit- einander zu thun haben, so dass von einer »zweiten Genera- tion« eigentlich nicht die Rede sein kann. Seit der Fest- stellung, dass die Schistocercen der Subtropen (und wohl auch der Tropen) nicht wie die Wanderheuschrecken der gemässigten Klimate in wenigen Wochen oder höchstens Monaten nach Beendigung des Larvenlebens geschlechtsreif sind, sondern dazu viele Monate — 7 bis 9 — gebrauchen und als geflügelte Insekten überwintern, kann man doch nur mit grosser Vorsicht an den Gedanken herantreten, dass die eine der beiden Eiablagen von dem an Ort und Stelle in der anderen Regenzeit ausgebrüteten Schwarme geschehen soll; während es doch wahrscheinlich ist, dass mit dem NE-Monsun die Schwärme der nördlichen Brut- stätten, z.B. Afghanistan, nach dem Süden ziehen, im SW- Monsun aber südlich ausgebrütete Schwärme nordwärts. Die letzteren könnten auch die Nachkommen der NE- Monsunbrut des vorigen Jahres sein. Eine dieser Art von »zweimaligem Brüten« entsprechende Beobachtung wird von Lawrence Bruner°””) aus Nebraska über den Melanoplus spretus mitgeteilt: »Obwohl dies Insekt für gewöhnlich nur eine einfache Generation erzeugt, ereignet es sich doch gelegentlich, dass es durch die geographische Lage und seine Wanderungen zu zwei Generationen kommt. Schwärme, die in Texas herangewachsen sind, kommen manchmal schon im Vor- frühling nach Nebraska und Anfang Mai selbst nach dem 552?) III. Report, General Report for 1881. Biologie der Wanderheuschrecken. 193 südlichen Dakota. Diese Schwärme hinterlassen in der Regel Eier, die in etwa einem Monat ausschlüpfen, so dass die Jungen im Juli und August ausgewachsen sind. Diese sollen jedoch, wie betont wird, niemals zu grosser Zahl anwachsen, weil eben die Bedingungen, unter denen sie sich entwickeln, abnorme sind, und sollen nur sehr selten Eier legen.« | Es wäre nun aber sehr wohl denkbar, dass in Welt- gegenden, wo ganz verschiedene Regengebiete aneinander- stossen, das, was hier seltener Ausnahmefall ist, — ich will nicht sagen zur Regel werden, aber — sich häufiger begeben kann. Ein solches Zusammenstossen zweier ganz verschie- dener meteorologischer Gebiete haben wir in Südafrika auf verhältnismässig engem Raum: das eigentliche Kapland nördlich bis etwa zum Oranjefluss und nach Osten bis etwa zum 22° Ostlänge von Greenwich’) hin haben unter dem Einfluss des warmen Agulhas-Stromes die Hauptregen in den Monaten (April), (Mai), Juni, Juli, August, (September); die Süd- und Südostküste im (Juli), (August), September, Oktober, November, (Dezember). Die mehr inlands west- lich vom Freistaat gelegenen Gebiete, die ihre Regen mit Ostwinden bekommen, haben im (Oktober), November, Dezember, Januar, (Februar) März, (April), die nördlich des Oranje gelegenen Gebiete und Südwestafrika im (Dezember), Januar, Februar, März, (April) (Mai) die Hauptregenzeit. Nach den im ersten Abschnitt ausführlich zusammengestellten Berichten aus der Kapkolonie scheint es in der That, als ob in diesen Gebieten öfters zwei Bruten im Jahre vor- kommen. Ich werde das in einem späteren Abschnitt noch des Genaueren zu erörtern haben. Auch hier dürfte mein Material es zweifellos erscheinen lassen, dass es sich sozusagen nur um eine falsche ‚ #53) Alex. Buchan. Rainfall of South Africa, 1885—94. Karten und Tabellen. Die eingeklammerten Monate bezeichnen Anfang und Ende der Regenzeit. Sander, Wanderheuschrecken. 13 194 Dr. Sander. zweite Generation handelt, indem die Mutterschwärme der beiden Bruten ganz verschiedener Herkunft und ganz ver- schiedenen Alters sind. Für ganz ausgeschlossen aber halte ich eine echte zweite Generation in den meisten Strichen der Subtropen, wie z. B. Redtenbacher’°”*) nach Vorgang von Brunner von Wattenwyl für die Schistocerca peregrina in Algier theo- retisch konstruiert. Er fügt allerdings gleich selber hinzu, ‚dass Brunner eine solche mehrfache Brut nicht wirklich beobachtet habe, und dass nach Lallemant°”’) »eine zweite und dritte Brut jedenfalls nur ausnahmsweise erfolgen dürfte, da die Larven, welche auch in Algier regelmässig wandern und den Hauptschaden anrichten, bei fortgeschrittener Jahres- zeit meist aus Mangel an passendem Futter zu Grunde gehen«. Lallemant sagt aber, dass schon die im regel- mässigen Verlaufe, in der ersten Brut erzeugten Larven, die im Juni ausschlüpfen, eigentlich nur in den Gemüse- gärten und den Feldern mit technisch nutzbaren Pflanzen (die berieselt werden! D. Verf.) Schaden anrichten, im all- gemeinen aber zu Grunde gehen, weil das Futter, was sie vorfinden, für ihr Alter schon zu hart ist. Und das ist der springende Punkt. Da Generationen auf Generationen in solchen Gegenden auf diese Weise zu Grunde gegangen sein müssen, so wäre von vornherein anzunehmen, dass im "Laufe der vielen Jahrtausende — und die Schistocerca ge- hört zu den ältesten Wanderheuschrecken — eine für die ganze Gattung auf die Dauer so verderbliche Besonderheit in der Fortpflanzung verloren gegangen wäre, falls sie je vorhanden war. Denn in solchem Falle würde eben der Kampf ums Dasein sehr schnell eine Auslese treffen und nur die Elterntiere übrig lassen, die ihrer Nachkommen- schaft die Fähigkeit mitgeben können, erst zu der Jahres- zeit geschlechtsreif zu werden und sich fortzupflanzen, die 552) Wanderheuschrecken. S. 24. 555) Notice. EEE TEE TER Biologie der Wanderlieuschrecken. 195 unter den klimatischen Durchschnittsbedingungen des Ver- breitungsgebietes der Gattung ein Aufkommen der Brut bis zur Geschlechtsreife und Fortpflanzungsfähigkeit gestattet. Alle anders veranlagten Elterntiere aber müssen aussterben, weil sie eben für gewöhnlich keine Nachkommenschaft er- zeugen können, die bis zur eigenen Geschlechtsreife sich entwickeln kann. Das ist schon für die erste Brut in Algier nach Lallemant°®”°) nur möglich, seit der. Mensch die Pflanzen- entwicklung dort vom Klima unabhängig gemacht hat, indem er den Pflanzen zu einer Zeit Wasser zuführt und damit junges Grün erzeugt, die von Natur aus trocken und regenlos ist und nur alte, schon halbverdorrte Vege- tation -führt. Ich möchte überhaupt glauben, dass die späte Reifung, wie sie jetzt von der Schistocerca in Algier und Amerika feststeht, das Ueberwintern als fertiger, aber noch nicht geschlechtsreifer Kerf, das Ursprüngliche ist, die Wander- heuschrecken also ursprünglich Bewohner wärmerer — tropischer oder wahrscheinlicher subtropischer — Zonen ge- wesen sind, wo eine solche Ueberwinterung ohne Schwierig- keit möglich war, und dass ihr Auftreten in den gemässigten Zonen mit ihren harten Wintern und die Anpassung in der Erlangung der Geschlechtsreife an deren Klima erst das Sekundäre, durch allmähliche Abkühlung der früher wärmeren Gegenden Bedingte ist. Mich bestimmt dazu in erster Linie die Beobachtung, dass gelegentlich auch in unseren Gegenden als Kerfe überwinternde Heuschrecken gefunden 556) Notice. S. 42/43. XV. Ils ne s’attaquent qu’aux jeunes vegetaux, aux tiges tendres; leurs dents n’etant pas assez fortes pour Eouper les veretaux un peu lieneux..., 2... D’un autre cöte, les petits qui naissent ne trouvant pas de nourriture appropriee A leur äge, finissent bientöt par succomber; car, en general, il ne reste plus en juin que des herbes coriaces, souvent en graines et les r£coltes sont termindes. Ces larves ne sont reellement dangereuses que dans les cultures potageres ou industrielles ou pour celles dont le developement des plantes a lieu en ete. % 15 196 Dr. Sander. sind’°‘) und dass die Eier auch der in gemässigten Klimaten auftretenden Wanderheuschrecken unmittelbar nach dem Abgelegtsein die Entwicklung beginnen, die gelegentlich einmal zu vorzeitigem Ausschlüpfen führt. Auch kommen ja alle Uebergänge in der Art der Ueberwinterung bei den Heuschrecken vor: vom Ei bis zur Larve, bis zur Pseudo- nymphe, bis zum fertigen Kerf, oder vielleicht besser in umgekehrter Reihenfolge. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass etwa die Wanderheuschrecken ursprünglich in warmen Gegenden mit deutlich ausgesprochenen, durch genügend lange Pause ge- trennten zwei Regenzeiten heimisch gewesen und somit eigentlich von Haus aus zweibrutig sind. Es würde dann ausserordentlich schwer zu erklären sein, wie sich die lang- samere Entwicklung der Geschlechtsreife mit Abnahme der Temperatur und Abnahme der Länge der trockenen Zwischen- zeiten zwischen den beiden Regenperioden herausgebildet haben könnte. Andererseits würde eine Abkürzung des bis zur Geschlechtsreife nötigen Lebenalters — falls meine An- nahme zutrifft, dass hierfür eine bestimmte Wetterstimmung, ein gewisser Feuchtigkeitsgehalt bei einer gewissen Tem- peraturhöhe notwendig ist, — bei einer Verschiebung der Regenzeiten leichter erklären lassen, falls man die That- sache beachtet, dass in den subtropischen Gegenden, wo beide Regenzeiten zusammenfallen oder die kleine der grossen sehr stark genähert ist, das Absetzen der Brut und das Ausschlüpfen der Jungen in dem Verlauf der grossen Regenzeit, die für diese Gegenden den Frühling bedeutet, geschieht. Nimmt man die späte Reifung als das natürliche und ursprüngliche, so ergiebt sich, wie ich noch zu zeigen ver- suchen will, wohl auch eine bessere Erklärung als bisher für die grossen Wanderzüge. Mir will es scheinen, dass das Studium dieser biologischen Verhältnisse, die auch bei 537) Köppen. Wanderheuschrecken. 5. 62—64. Biologie der Wanderheuschrecken. 197 anderen Tierklassen, z. B. den Wandervögeln, ähnlich vor- handen sind, am besten in den Subtropen geschähe, weil es mir vorkommt, dass dort die Vorgänge viel klarer mit den einfacheren Witterungsverhältnissen zusammentreffen, | als bei uns, wenn sie freilich auch unserem Kalender sich nicht anpassen. V..Rapitel. Wanderungen. I)“ »Wander«heuschrecken haben ihren Namen davon, dass sie Wanderungen unternehmen. Sehen wir zu, wie und unter welchen Umständen das geschieht und was für Folgen für die wandernden Tiere selbst, sowie die von ihnen heimgesuchten Gegenden daraus entstehen. Schon der junge Hupfer zeigt den Hang zum Wandern. In seinem ersten Stadium allerdings nur unter gewissen Um- ständen und in selteneren Fällen. Für gewöhnlich macht er nur kurze Ausflüge bei schönem Wetter, um Futter zu suchen. Dies geschieht, indem sich die junge Schule regellos zerstreut, um sich gegen Abend wieder zu einem Häufchen zusammenzuschliessen und eng zusammengedrängt die Nacht zu verbringen. Zweck dieses Zusammendrängens ist offen- bar gegenseitige Erwärmung (und wohl auch Zusammenhalten der nötigen Feuchtigkeit), denn auch bei kaltem Wetter findet das Gleiche statt. Trotz dieser Schutzgewohnheit findet man die Jungen in den kühleren Morgenstunden, besonders um Sonnenaufgang herum, fast erstarrt und kaum fähig, sich zu regen. Immerhin ist dieser schon den kleinsten Hupfern innewohnende Geselligkeitstrieb, wenn er auch in der Regel noch nicht in gemeinsamen Wanderungen geschlossener Massen seinen Ausdruck findet, bemerkens- wert. Denn er hält das ganze Leben des Kerfs über an, Wan derungen. : 199 ja er entwickelt sich mit zunehmendem Alter immer mehr; und gerade dieses Auftreten in Scharen, die manchmal wirklich unermesslich sind, bedingt hier wie bei ähnlichem Verhalten anderer Tiere das hohe Mass von Schaden, das ‚die Wanderheuschrecken anzurichten im stande sind. Auch noch im zweiten Stadium ist es ungewöhnlich, dass grössere Wanderungen unternommen werden; meistens tritt dies erst vom dritten Stadium ab ein. Ehe wir aber zusehen, in welcher Weise ein solcher Zug wandert, ist es wohl nötig, festzustellen, wie dies vom einzelnen Hupfer‘ geschieht. '"Denn' aus” der Art'‘der‘ Be- wegung des Einzeltieres muss sich in erster Linie die des Haufens ergeben. Von einer Angabe der Geschwindigkeit dagegen kann ich wohl für das Einzeltier absehen, da sie nur sehr wenig bekannt ist, beim Marsch im Haufen ganz wesentlich abgeändert wird und schliesslich praktischen Wert nur die Kenntnis der Geschwindigkeit eines ganzen Zuges hat; Mittelwerte sind von geringer Bedeutung. Die Bewegung des Einzeltieres ist nun keineswegs, wie man nach den verschiedenen Bezeichnungen in den ein- zelnen Sprachen: Hupfer (Sprengsel), grashoppers, sprink- haanen, sauterelles, saltonas u. s. w. annehmen könnte, eine vorwiegend hüpfende. Vielmehr geschieht die Fortbewegung vornehmlich durch eine Art Marschieren, das man nicht wohl mit Gehen, aber noch weniger mit Kriechen bezeichnen und auch nicht »laufen« nennen kann, weil diese Art der Fortbewegung dafür zu langsam ist. Sonst würde »laufene, das wir ja von der ähnlichen Marschbewegung der Käfer gebrauchen, noch der passendste Ausdruck sein. Wie sehr diese Art der langsamen Fortbewegung bei den jungen Heu- schrecken überwiegt, geht daraus hervor, dass die Buren, die zu ihrem Leidwesen recht viel mit diesen Tierchen zu thun hatten, für die Heuschrecken im Larvenzustande den Ausdruck »voetgangers« geprägt haben, der dann von den Engländern in Südafrika übernommen worden ist und von unseren Kolonisten in Südwestafrika wortgetreu übersetzt 200 Dr. Sander. als »Fussgänger« gebraucht wird. Die fliegende Heuschrecke heisst dagegen in südafrikanisch sprinkhaan °°°). Sehr wesentlich ist die namentlich den jüngeren Stadi-n zukommende Fähigkeit, an steilen, ziemlich glatten Wänden heraufzukriechen; an rauheren Wänden, an Bäumen u. dgl. klettern können alle Stadien, auch die geflügelten, mit Hilfe ihrer Fussklauen. An ganz glatten Flächen, z.B. Blech oder glattem Englisch Leder, kommen auch die kleinsten nicht in die Höhe. Wenn die jungen Heuschrecken in ihrer Bewegung nicht beunruhigt werden, sieht man in den ersten beiden Stadien kaum eine andere Art von Fortbewegung als das Marschieren. Anders dagegen, wenn sie gestört werden ‘oder eine kahle Stelle passieren, die ihnen keine Nahrung bietet. Dann schiebt sich zwischen den Marsch eine Reihe von Sprüngen ein, doch. immer so, dass das Marschieren überwiegt. Die Angabe Rileys°®’) für den Melanoplus, dass sie Dreiviertel des Weges marschieren und nur ein Viertel springen, und dass zwei Sprünge hintereinander nur dann erfolgen, wenn sie gejagt werden, dürfte nach meinen eigenen Beobachtungen auch für den Pachytylus Südafrikas zutreffen. Ebenso, dass schon eine geringe Anzahl von Sprüngen, IO—12 hintereinander, zu denen man den Hupfer durch stetes Aufscheuchen zwingt, ihn völlig erschöpft. Bei den älteren Stadien, vom dritten ab, habe ich auch bei ihrem gewöhnlichen Wandern stets gesehen, dass Sprünge zwischen den Marsch eingeschoben werden, etwa wieder in dem Verhältnis wie 1:3. Aber hier sind sie im Trupp, und das mag der Grund sein, weshalb sie auch bei gleich- mässiger Fortbewegung Sprünge einschieben: das Einzeltier »#®, Ein wie grosser. Vorteil eine solche scharf gesenderte und dabei doch kurz gefasste Benennung für beide Alterszustände ist, kann der ermessen, der eine Reihe von Einzelberichten über Heuschrecken durchzusehen hat und dabei immer wieder auf das indifferente „Heu- schrecke“ oder „locust“ trifft. 59) Destructive Locusts. S. 22. Wanderungen. 20I wandert dann eben gewissermassen auf einer nahrungsarmen Strecke, die es möglichst schnell durcheilen will. Von Wichtigkeit ist es, die Höhe und Weite des ein- zelnen Sprunges zu kennen, weil davon eine ganze Menge für dieKonstruktion der mechanischen Vorrichtungen zu ihrer Ver- nichtung abhängt. Natürlich ändern sich beide Masse mit dem ‚Alter erheblich. Genau zutreffende Angaben kann ich hier leider nicht machen, weil ich es unterlassen habe, unmittel- bare Messungen anzustellen und auch in der Litteratur keine Massangaben für den Pachytylus gefunden habe. Meiner Erinnerung nach aber ist die Sprunghöhe bei dem jüngsten Stadium nur wenige Centimeter, höchstens wohl zehn, und ‚die Weite dementsprechend höchstens 15 Centimeter; das älteste Stadium dagegen springt wohl seine 40—50 Centi- meter hoch und etwa 70 weit; die anderen zwischenliegenden Stadien entsprechend. Das Springen erfolgt mit einem hör- "baren Knistern, das sich bei einem wandernden Zuge durch die Menge der Springenden zu einem fortwährenden deut- lichen Rauschen verdichtet, etwa wie wenn Käfer im dürren Laub eilig entlang laufen, oder wie wenn ein Bach über Steime rieselt. Das Wandern der jungen Heuschrecken ist eigentlich ein nicht recht erklärlicher Vorgang. Denn wenn auch nicht zu bezweifeln ist, dass Hunger die Triebfeder bildet, so ist doch nicht recht einzusehen, weshalb sie sich zur Futtersuche in solche ungeheuren Züge zusammenschlagen, wo ein Tier das andere doch bloss am Fressen hindert und jedenfalls die weiter hinten befindlichen zu kurz kommen müssen. Sie sind dabei so eng ineinandergekeilt, dass sie oft in mehrfachen Schichten, mehrere Zoll dick, über- einanderliegen und die in der Mitte befindlichen beim besten Willen nicht von der einmal eingeschlagenen Richtung ab- weichen können, wie Redtenbacher’”’) ganz richtig bemerkt. Dabei springt fortwährend ein Teil über seine Vordermänner 560) Wanderheuschrecken. S. 7. 202 Dr. Sander. weg, so dass der ganze Zug in ewigem Durcheinander- brodeln zu sein scheint, ein Anblick, der durchaus geeignet ist, ein unbehagliches Gefühl besonders für den bedrohten Landmann zu erzeugen. Denn man bekommt den Eindruck, als ob sie gar nicht schnell genug in das Feld kommen können, das ihnen zum Opfer fallen soll. Wenn man nun noch sieht, dass sie vor keinem Hindernis zurückweichen, dass Mauern und Gräben, selbst Häuser und Wasserläufe, ja Feuerstreifen von ihnen überschritten werden, so ist es kein Wunder, dass solch ein Anblick manchen der Be- drohten kopflos werden lässt. Ich kann es mir hier ver- sagen, näher darauf einzugehen, wie unaufhaltsam ein solcher Zug sich fortschiebt, da’ ich ja schon im ersten Abschnitt an geeigneter Stelle Schilderungen aus den ver- schiedensten Gegenden her gegeben habe. Die Geschwindigkeit dieser Züge ist natürlich ausser- ordentlich verschieden, sowohl nach dem Alter der sie bildenden Tiere, wie nach der Futtermenge, die sie auf ihrem Wege finden. Je älter die Hupfer und je kahler der Weg, um so schneller marschieren sie. Eine brauchbare Zusammenstellung der Geschwindigkeit findet sich für Pachy- tylus bei Köppen”“'). Ich stimme nach meinen eigenen Beoachtungen der dort nach Sydow für das dritte Stadium angegebenen Höchstgeschwindigkeit von etwa 1,7 Kilometer in der Stunde für kahles Feld bei, wenn auch Riley nach seinen Beobachtungen am Melanoplus solche Geschwindigkeit für unmöglich erklärt. Für stark mit Gras bewachsene Stellen ist nach Tschernowsky dort die Geschwindigkeit für dasselbe Alter auf 3,5 Kilometer am Tage angegeben, was auch wohl zutreffen kann, aber nur als Mindestgeschwindig- keit während eines kurzen Tages. Für unsere afrikanischen Pachytylusarten wird sich die Geschwindigkeit sehr ver- schieden für die verschiedenen Kolonieen und die einzelnen Gegenden in ihnen. stellen. Denn die Verschiedenartigkeit 61) Köppen. Wanderheuschrecken. S. 39-41. Wanderungen, 203 der Bewachsung ist dort eine viel grössere, als bei uns in Europa. So wird denn nichts übrig bleiben, als im Einzel- falle unter Beobachtung der gerade vorhandenen Bewachsung aus diesen Grenzzahlen eine dazwischenliegende zu ziehen imdııdarausı.die. Zeit, zu; bereehnen, die... der Zug noch braucht, bis er das Feld erreicht hat, das man schützen will. Aber nicht allein der Reichtum oder die Kärglichkeit der Bodenbewachsung ist von Einfluss auf die Geschwindig- keit, sondern auch das Wetter. Denn immer sind die Hupfer bei kaltem, nassem, windigem Wetter weniger be- wegungslustig als bei schönem, warmem Sonnenschein. Bei schlechtem Wetter und in kühlen Nächten sammeln sie sich immer um Büsche und andere schutzgewährende Gegen- stände herum an, sie mit ihren Leibern derartig überziehend, dass der Busch vollständig unter ihnen verschwindet und wie ein brauner rundlicher Klumpen erscheint. Stört man sie, so krabbeln sie durcheinander, genau wie ein aufgestörter Ameisenhaufen, indem sich die hochsitzenden herunterfallen - lassen und alles in wildem Schrecken auseinanderzustieben sucht, sich aber in der Hast dabei gegenseitig verwickelt und hemmt. Verschieden ist auch die Geschwindigkeit je nachder die Mehrzahl des Zuges kurz vor der Häutung oder nach einer solchen sich befindet. Im ersteren Falle bei geringem ‚oder aufgehobenem Nahrungsbedürfnis und grösserer all- gemeiner Trägheit ist sie natürlich geringer, im letzteren bei vermehrtem Hunger und höherer Beweglichkeit grösser. Nimmt man als mittlere Geschwindigkeit für alle Lebens- alter ı Kilometer die Stunde und rechnet, dass alle Hupfer- stadien, wie es vorkommen kann, schon wandern, technet man dann 10 Stunden tägliche Wanderung bei 45 Tagen Entwicklung bis zum geflügelten Kerf und nimmt man an, dass stets dieselbe Richtung innegehalten wird, so würden sie als Höchstmass sich bis auf 450 Kilometer von ihrem Geburtsort verbreiten können. Aber dazu kommt es nie, denn ıo Stunden am Tage wandern sie nicht immer, obwohl 204 Dr. Sander. diese Zeit an einzelnen Tagen sicher erreicht wird. Rechnet man aber die Tage, die ganz oder teilweise ausfallen — also schlechtes Wetter und die Tage der Häutungen unter allen Umständen — ab, so bleibt schon höchstens die Hälfte übrig; und von dieser kann man wieder die Hälfte abziehen, weil eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ı Kilo- meter sicher zu hoch gegriffen ist. So bleibt als wahr- scheinliches Höchstmass 100—125 Kilometer übrig, und auch dies dürfte nur selten erreicht werden, stimmt aber sonst ganz gut mit dem von Riley’“’) für den kleineren und langsameren Melanoplus spretus herausgerechneten von 30o miles = rund 55 Kilometer. In Wirklichkeit aber wird dieses Mass vielleicht als Weglänge — sicher aber nie als Entfernung von der Geburtsstätte erreicht. In jedem Zuge finden sich eine Anzahl Kranke und Schwache, die zurückbleiben und an das Ende des Zuges rücken. Trotzdem findet man nur wenige tot hinter dem Zuge. Ein guter Teil davon wird schon von den eigenen, ewig hungrigen kräftigeren Kameraden verzehrt, und die andern von Vögeln und Insekten — namentlich Ameisen und Termiten — weggenommen. Ueber die Richtung und der für sie massgebenden Gründe, die ein solcher Zug einschlägt, liegen die aller- verschiedensten Ansichten vor: nach den einen sollen sie in der Richtung ihres Mutterschwarmes’°°), nach anderen mit der Sonne, nach anderen mit dem Winde wandern. Ich habe nichts von alledem gesehen, sondern kann nur das bestätigen, was Riley vom Melanoplus spretus sagt: »Sie wandern in Trupps oder Zügen, nach keinem bestimmten oder gleichbleibenden Kompassstrich, sondern allein in der Suche nach Futter, indem ein und derselbe Trupp im Laufe eines Tages häufig eine ganz andere Richtung einschlägt, 562) Destructive Locusts. S. 22. 53) III. Report. Lawr. Bruner. General Report for 1881. „The all move in same general direction in which their parents swarms did as they came in to the districts where eggs were deposited“. S. 36. Wanderungen. 205 als er am vergangenen hatte.« Ja nach meiner eigenen Beobachtung wechseln namentlich kleine Züge des Pachy- tylus diese Richtung häufig auch innerhalb ein und desselben Tages und zwar bis in die direkt entgegengesetzte, ohne dass aber Sonne oder Wind dabei von erkennbarem Einfluss sind. Denn am nächsten Tage marschieren sie bei dem- selben Winde vielleicht schon wieder des Vormittags in der Richtung, die sie Tags zuvor am Nachmittag innehielten und umgekehrt. Wind hat allerdings unter Umständen Ein- fluss: wenn er nämlich so stark ist, dass er das Springen behindert... Ist er’ dabei kalt, so wandern die Tiere über- haupt nicht, ist er warm, so ziehen sie nicht gegen ihn an, sondern mit ihm oder quer zu ihm. Das Einschlagen von gerade entgegengesetzten Rich- tungen am selben Tage kann man übrigens gelegentlich nebeneinander an zwei verschiedenen Schwärmen beobachten, wie wieder Riley sehr zutreffend angiebt. Auch seine weitere Mitteilung kann ich aus eigener Anschauung nur bestätigen: »Wenn aus irgend einem Grunde die Spitze eines Zuges ihre Richtung wechselt, so nehmen die Hintermänner einen Bogen beschreibend daran Teil. Im allgemeinen ist es nicht leicht, von vorn her eine solche Heeressäule aus der Richtung zu bringen, und durch solche Hindernisse, wie durchbrochene Zäune, geht sie lieber durch, als dass sie abbiegt. Manchmal kreuzen sich auch zwei in verschiedenen Richtungen marschierende Trupps und dann gehen die Tiere jedes einzelnen in ihrem alten Kurse weiter, was einen wunderlichen Anblick gewährt, weil sie dabei einander überspringen.« Es ist nicht eben zu verwundern, dass sich ein solcher Zug von vornher so schwer aus seiner Richtung bringen lässt: die dahinter folgenden müssen ja »im Bogen schwenken«, sich also auf der einen Seite zusammendrängen und auf der anderen‘ Seite ihren. Marsch . beschleunigen. Das ist bei einem einigermassen breiten Heerhaufen — und es giebt solche von einisen deutschen Meilen Breite — nicht. so 206 Dr. Sander. einfach, und deshalb sind es gerade diese grossen Züge, die so unabänderlich die einmal eingeschlagene Richtung ein- halten, Ströme mit ihren Leibern überbrücken und Feuer auslöschen. ° Viel leichter ist es, einen Zuemeachrarn her zu sprengen oder von seiner Richtung abzubringen. Das will bei einer besonderen Art der Vernichtungs- verfahren, dem »Eintreiben« beachtet sein, ebenso wie die Abneigung der Hupfer gegen stärkeren Wind anzu- marschieren oder sich durch zu schnelle Bewegung ermüden zu lassen. Wenn nun auch der Grund dieser Wanderungen die Absicht ist, Futter aufzusuchen, so scheint den Hupfern (im Gegensatz zu den Fliegenden) doch keine grosse Fähig- keit inne zu wohnen, besonderes Lieblingsfutter aufzufinden. Ich wenigstens habe solche (kleineren — bei grösseren käme die mechanische Behinderung 'schon zu sehr in Betracht) Züge mehrfach auf wenige Meter an so bevorzugten Feldern wie jungem Mais vorüberziehen sehen, während diese sofort mit Begier abgefressen wurden, sobald ein zufällig in ihrer Richtung marschierender Trupp darauf stiess. Ich möchte daraus schliessen, dass die Heuschrecke hauptsächlich mit dem Gesichtssinn und nicht nach dem Geruche die Richtung auf bevorzugte Futterpflanzen bestimmt. Die Jungen sind ja beim Marschieren in Gras und Kraut so an der Fern- sicht behindert, wie wir in dichtem Walde. Vielleicht ge- schieht das Springen denn auch aus dem Grunde mit, um einen Ausblick zu gewinnen, wo schönes Futter winkt. Im Einklang damit würde stehen, dass die Schistocerca eine erheblich geringere Sprungfähigkeit besitzt, als die Pachy- tyluslarve: sie bevorzugt mehr das Grün höherer Gewächse, die also über ihr liegen und durch die niederen Gewächse, in denen sie marschiert, und durch ihre Marschgenossen viel weniger verdeckt werden; und andererseits, dass der viel kleinere Melanoplus, der annähernd dieselbe Nahrung bevorzugt, wie der Pachytylus, eine beträchtlich grössere Sprungfähigkeit besitzt als dieser. “ Wanderungen. DOM Die Märsche geschehen in der Regel in den wärmeren Tagesstunden; doch sind wenigstens in Europa mit Sicher- heit auch Nachtmärsche beobachtet”’*) — vermutlich bei warmer schwüler Witterung —, wo sie sich auch in Afrika nicht so dicht zusammendrängen als sonst und viel beweg- licher sind. Für die Schistocerca gebe ich die Schilderung Lawr. Bruner’s’“°) für die S. paranensis im Auszuge wieder, die wohl auch für unsere afrikanischen Arten zutreffen dürfte. Auch sie pflegen in den ersten beiden Stadien nicht zu wandern; wechselt das ganze Häufchen einmal seinen Platz, so geschieht dies im bunten Haufen und nicht in entwickelter Huiie. Gegen lrockenheit scheinen: sie in diesem: Alter noch empfindlicher zu sein, als die Pachytyluslarven, daher ist das Zusammendrängen bei Nacht und schlechtem Wetter bei ihnen noch ausgesprochener. Nach der zweiten Häutung setzt auch bei ihnen in der Regel der Wandertrieb ein; sie wachsen jetzt schnell und sind sehr gefrässig. Im vierten und fünften Stadium nehmen diese Eigenschaften noch zu und gleichzeitig entwickeln sie eine grosse Marschfähigkeit; die Gewohnheit, sich bei Nacht zusammenzudrängen, behalten sie bei. Auch der Schistocercahupfer marschiert mehr als er Spninet Der einzelne Sprung ist nie weiter als 67 Zoll (= 15— 18 Centimeter) und kaum 3—4 Zoll (7,5—10 Centi- meter) hoch. Dadurch unterscheiden sie sich auffallend von den meisten andern Hupfern. Diese geringe Sprungfähigkeit ist eine Folge ihrer verhältnismässig schwachen Hinterbeine. Auch ihre Kletterfähigkeit an glatteren, steilen Flächen ist geringer. Auch sie lassen sich bei ihren Zügen nicht leicht von der einmal eingeschlagenen Richtung abbringen. Kann man schon den Jungen eine recht beträchtliche Wanderfähigkeit nicht absprechen, so ist sie bei den aus- 564) Gerstäcker, Wanderheuschrecken. S. 26. 565) Investigaciön. S. 32—34. 208 Dr. Sander. gewachsenen Wanderheuschrecken in einer Weise entwickelt, wie wir sie in gleicher Höhe kaum bei einem einzigen anderen Kerbtier wiederfinden und die sich nur mit der der Zugvögel vergleichen lässt, sowohl was Ausdehnung wie Regelmässigkeit der Flüge anbelangt. Andere Insekten, z. B. Libellen, schwärmen ja gelegentlich auch in grossen Mengen und ziemlich weitgehenden Flügen. Aber kaum je wird man so viele Jahre hintereinander, wie gerade bei den Heuschrecken, diese Erscheinung mit einer gewissen Regel- mässigkeit wiederkehren sehen. Fallen dazwischen auch lange Perioden, in denen man nichts von solchen grossen Schwärmen hört, so trifit das doch mehr für die Kälte- grenzen des Verbreitungsgebietes zu, in denen aber gerade die besten und geordnetsten Beobachtungen angestellt worden sind. Je näher man den Subtropen kommt und besonders dem besser und gleichmässiger beregneten, nicht mehr richtig ariden Teil von ihnen, um so kürzer werden die Pausen, um so regelmässiger das Auftreten von Heuschrecken- schwärmen, besonders in Afrika. Man braucht nur die Reise- werke von Schweinfurth, Rohlis, Flegel, Juncker u. s. w. zu lesen, die hauptsächlich in den Gebieten des Hochsudans thätig waren, um den Eindruck zu bekommen, dass die Heuschrecken und ihre Züge dort etwas so Allbekanntes, jährlich Gewohntes sind, wie etwa bei uns das Wandern der Zugvögel. Das ist ein Grund mehr für mich, gerade in solchen subtropischen Gegenden — oder auch Gegenden mit subtropischem Klima, das dann in den Tropen durch die Höhen- und Centrallage bedingt ist — das ursprüngliche Heim der Wanderheuschrecken zu suchen und eine Lösung der Frage nach den Ursachen der gelegentlichen ausser- ordentlichen Vermehrung und des Wanderns nur von einem Studium in diesen Gegenden zu erwarten. Bevor ich an die Besprechung des Mechanismus: des Heuschreckenfluges herantrete, muss ich einen kurzen Ausflug ins Gebiet der Heuschrecken - Anatomie unter- nehmen. Da mir keinerlei eigene Untersuchungen hierin Wanderungen. 209 zu Gebote stehen, folge ich den sehr eingehenden Angaben des 1. Report. Die geflügelte Heuschrecke besitzt nämlich (wie andere fliegende Insekten) ein System von Luftsäcken in ihrem Körper, das bei der aussergewöhnlichen Menge und Entwickelung dieser Apparate gerade die Wanderheu- schrecken befähigt, das Eigengewicht ihres Körpers stark zu vermindern. Wenn sie einmal aufgeflogen ist, kann sie durch beständiges Nachfüllen dieser Luftsäcke ohne nennenswerte Muskelanstrengung in der Luft gewissermassen schwimmen und sich von günstigen Winden tragen lassen, wohin sie will. Die ausgespannten Flügel brauchen dann nur wie ein Fallschirm oder die Fläche eines Papierdrachens zu wirken. Es ist von vornherein klar, dass bei schönem, sonnigem, klarem Wetter die Atmung, die die Auffüllung dieser Luftsäcke besorgt, leichter von statten gehen wird als bei trübem, feuchtem Wetter oder dem mit Sonnen- untergang durch Abkühlung eintretenden Feuchterwerden den luft, Das erklärt zweierlei Beobachtungen hinsichtlich der Wetterlage, bei der solche Flüge am häufigsten geschehen: erstens, dass bei kaltem, nassem Wetter und in der Nacht Heu- schreckenflüge seltener gesehen werden als bei Sonnenschein und am Tage; und zweitens, dass sie trotz Sonnenscheines und Tageswärme bei windstillem Wetter gleichfalls selten zur Beobachtung kommen. Verfolgt man die Richtung, die die Schwärme im grossen und ganzen einhalten, so fallen sie annähernd zu- sammen mit der vorherrschenden Windrichtung. Es ist also wahrscheinlich, besonders unter Berücksichtigung der eben geschilderten anatomischen Verhältnisse, dass sich die Heu- schrecken im wesentlichen vom Winde tragen lassen. Das kann aber eine Eigenthätigkeit beim Fliegen schon deshalb nicht ausschliessen, weil dann jede Erklärung fehlte, wie die Heuschrecken sich in die Luft erheben können. Sie müssen zum mindesten im stande sein, durch Veränderung ihrer Sander, Wanderheuschrecken. 14 2IO Dr. Sander. Flügelstellung auch beim Winde zu fliegen, da sie sich über die Höhe über dem Boden, die sie durch einen Sprung er- reichen, beträchtlich erheben. Bleiben wir bei dem Bilde des Drachens, so würden sie durch einen Sprung mit aus- gespannten Flügeln gegen den Wind wie dieser schräg auf- wärts steigen 'müssen, wobei der Hinterleib die Rolle des beschwerenden Drachenschwanzes vertritt. Stellen sie nun die Flügel schief zum Winde, so muss an Stelle der ein- fach schrägen Aufwärtsbewegung gegen den Wind eine spiralige Aufwärtsbewegung zu stande kommen, die durch entsprechende fortlaufende Aenderung in der Einstellung der Flügel schliesslich in eine annähernd kreisförmig-hori- zontale übergehen wird. Und in der That geschieht das Aufsteigen in solchen Schraubenlinien und Kreisen. Das weitere Fliegen könnte nun in zweierlei Weise vor sich gehen: erstens, indem sie die Muskeln ihrer Flügel gebrauchen zu selbstthätigem Fluge; zweitens, indem sie sich nach Art eines Drachens oder auch einer leichten Feder vom Winde treiben lassen. Beides kommt vor. Und ein Mittel- ding aus beiden auch. Dabei ist bemerkenswert, dass sie das aktive Fliegen bei Windstille oder schwachem Winde ausüben und dann gewöhnlich der Windrich- tung entgegenziehen°°). Falls sie aber mit dem Winde segeln, wie es bei stärkerer Brise und längerem Fliegen gewöhnlich ist, dann treiben sie vor dem Winde, d. h. sie kehren den Kopf der Richtung zu, von der der Wind herkommt, aber von der Richtung ab, in der ihre Reise gehen soll, oder, seemännisch gesagt, »sie segeln über den Achtersteven«. Ihr Flug ist also dann völlig der eines Drachens, oder vielleicht noch besser der eines der modernen Ballons mit Vorrichtungen, eine be stimmte Stellung des Gesamtapparates zur Windrichtung zu sichern. Diesen Steuerapparat bildet eben, wie schon ge- sagt, der Hinterleib (der auch in viel geringerem Masse mit 566) [, Report. S. 181 und zugehörige Einzelbeobachtungen. Wanderungen. DT. Luftsäcken versehen ist). Es dürfte nicht unwichtig sein, darauf hinzuweisen, dass nach Köppen’°’) die Schienbeine dabei gegen die (angezogenen. D. Verf.) Schenkel ein- geschlagen sind; sie würden anders recht unbequeme Windfänge abgeben und den Flug sehr schwankend machen. Ob die. Dornen der Hlinterschienen ‘in dieser Stellung etwa als Kiel und Steuer wirken können? Aber auch bei dieser Art des Sichdahintreibenlassens geht es nicht ohne jede eigene Flugthätigkeit ab. Es wird _ wiederholentlich von allen Beobachtern und Reisenden, die Heuschreckenschwärme sahen, von einer Bewegung, einem Schwirren der Flügel gesprochen, ohne genauere Angaben über die Art der Bewegung. Soweit meine Beobachtungen reichen, stehen die Oberflügel dabei still, abgesehen viel- leicht von langsamen Winkelveränderungen gegen die Wind- richtung, die Unterflügel aber »flirren«, wodurch wohl auch das unbestimmte Glitzern erzeugt wird, das ein Heuschrecken- schwarm im Sounenschein bietet und dessentwegen er so oft mit einem Schneegestöber verglichen wird. Ich halte dafür, dass diese Bewegung der Hinterflügel eine wellenförmig über ihre Fläche fortschreitende ist und um die Hauptadern als feste Stäbe herum zu stande kommt. Der Erfolg würde etwa der sein, den die Chinesen durch ihr Fächerspiel auf ihre Papierschmetterlinge ausüben; je nach der Stärke und Richtung: ein Heben, Senken, Herumschweben nach rechts und links. Eine gute kinematographische Aufnahme würde am besten Aufschluss geben, wie der Flug im ein- zelnen sich gestaltet und zu stande kommt. Es ist nun von vielen Seiten her mit voller Sicherheit auch ein Fliesen der Heuschrecken in anderer als der Windrichtung beobachtet worden, besonders bei den flug- kräftigeren Arten, zu denen auch Pachytylus und vor allem Schistocerca gehören. Nach dem eben Gesagten ist das wohl zu erklären: denn durch geeignete Einstellung der 67) Köppen. Wanderheuschrecken. S. 41. 14 212 Dr. Sander. Deck- und Unterflügel und vielleicht der dann als »Schrat- segel« dienenden Hinterbeine muss die Heuschrecke, aller- dings mit einem Mehraufwand von Muskelkraft und mit geringerer Geschwindigkeit, auch mit »halbem Winde« und vielleicht selbst »am Winde« segeln können. Ich halte es sogar nach der Angabe von Köppens Vater’°°): »dass man ganz deutlich sah, dass ihr Körper nicht gerade die Rich- tung des Zuges hielt«, für wahrscheinlich, dass sie überhaupt nicht gern »glatt vor dem Winde« segeln, sondern wie Vögel und Segelschiffe den Wind etwas mehr von einer Seite einkommen lassen, etwa »mit Backstagsbrise«, da es sich so viel leichter steuern lässt. Und steuern müssen sie recht gut können, das beweist ihr geschicktes Ausweichen im dichten Schwarm vor entgegenstehenden Gegenständen, wie Schiffstakelagen und Menschen, von dem z. B. Passarge”°‘) erzählt. In besonders hohem Grade ist diese Flugge- schwindigkeit dem besten Flieger unter den Wanderheu- schrecken, der Schistocerca, eigen, und ich stehe nicht an, deshalb die von Passarge getroffenen Schwärme als dieser Art angehörig aufzufassen. Lallemant°”) sagt mit Recht (von der algerischen), dass sie, wenn ınan sie in der Sonnen- hitze fangen will, »davonfliegen wie ein Vogel«. So geschickt ihr Fliegen, so ungeschickt ist ihr Nieder- lassen. Auch hierin gleichen sie dem Drachen. Wie dieser, sobald ihm der Wind fehlt, wie ein Stein herabstürzt, so ist es auch mit ihnen. Sie fallen sich dabei nicht selten zu Tode, wenn sie auf einen harten Gegenstand aufschlagen’”'); dies »Herunterfallen« ist besonders ausgeprägt zu beob- achten, wenn ein plötzliches Aufhören oder ein plötzlicher Wechsel des Windes eintritt. Man hört aber auch schon das einzelne aufgescheuchte Tier bei kurzem Fluge ziemlich 568) Köppen. Wanderheuschrecken. S. 142. Vergleiche auch von Frauenfelds u. Köppens eigene Beobachtungen (auf derselben Seite). 569) S, oben Kamerun. S. ") Notiees 9.30: EA) I Report. .19..147. Wanderungen. 203 hart aufschlagen. Natürlich benutzen sie bei dem gewöhn- lichen Herablassen ihre Flügel als Fallschirme, so dass der Sturz wesentlich gemildert wird. Bei schwachem Winde habe ich übrigens auch eine Art Kreiseziehen während des Sichniederlassens beobachtet. Bei den Flügen muss man unterscheiden zwischen einem einfachen Herumschwärmen an dem Orte, wo sie sich gerade zum Frass oder zur Fortpflanzung niedergelassen haben und den Flügen in weitere Ferne. Das erstere, mehr regellose, nicht in geordnetem Schwarm geschehende, er- eignet sich in allen Tagesstunden, sobald nur die Flügel gehörig trocken und die Temperatur hoch genug ist, denn in kalten, feuchten Nächten und an kühlen, regnerischen Tagen sieht man nur einzelne aufgescheuchte herum- schwirren. Am empfindlichsten sind auch die Kerfe, wie schon die Hupfer, gegen die Kälte, die beide steif und un- gelenk macht. So habe ich in den frühen Morgenstunden, kurz nach Sonnenaufgang, wo es in Südwestafrika auch in den Sommermonaten noch recht frisch sein kann, mehr als einmal vom Pferde herunter Dutzende von Schistocercen mit einem Schlage des Samboks auf den am Wege stehenden Gebüschen und Bäumen getötet, ohne dass sie sich vor Steifig- keit, wie sie sonst thun, vor dem herannahenden Reiter flüchten konnten, ja oft genug konnte ich ein zweites Mal zuschlagen, ehe die Ueberlebenden Kraft gewonnen hatten, wegzuschwirren. Und das thaten sie dann so ungeschickt, dass sie ebenso wie die bei etwas vorgerückterer Morgen- stunde von selbst flüchtenden, aber noch benommenen, mir und dem Pferde so ins Gesicht und die Augen flogen, dass es schwer war, sich ihrer zu erwehren. Oft blieben sie dann in der Mähne des Pferdes oder an meinem Cordrock hängen, sie, die sonst den Menschen so gut kennen und ihm scheu wie ein Vogel ausweichen. Es giebt uns gerade diese Empfindlichkeit gegen Kälte (und Nässe) ein Mittel mehr in die Hand, den sonst so schwer beizukommenden Fliegenden mit Aussicht auf Erfolg entgegenzutreten. 204 Dr. Sander. Ein Mittelding zwischen dem regellosen Umherschwirren und den Weitflügen bildet das Schwärmen an heiteren, sonnigen, windstillen Tagen. Sie wirbeln dann richtig wie ein Bienenschwarm durcheinander, oder wie tanzende Mücken. Dass sie bei windstillem Wetter nicht gerne Weit- flüge unternehmen, habe ich schon erwähnt. Und es ist nach dem Mechanismus ihres Fluges sehr erklärlich, denn bei windstillem Wetter können sie eben nur durch ihre Muskelkraft fliegen und da sie ohnehin ja recht gefrässig sind, also einen regen Stoffwechsel haben müssen, halten sie eine so beträchtliche Anstrenguug natürlich nicht lange aus. Die Weitflige finden nun zwar auch mit Vorliebe an warmen Tagen und in den warmen Tagesstunden statt, doch keineswegs ausschliesslich, da in allen Erdteilen und von allen Wanderheuschreckenarten Nachtflüge mit Sicherheit beobachtet sind. Soweit es sich um die Wander- heuschrecken unserer Kolonieen handelt, führe ich in einem späteren Abschnitt noch die Beispiele und Gewährsmänner dafür an. Hier genügt es wohl, auf die bereits viel an- gezogenen amerikanischen Autoren Riley, Lawrence Bruner u. s. w. und auf die Deutschen und Russen Körte, Kefer- stein, Doengingk, Köppen, Gerstäcker hinzuweisen. Die Nachtflüge finden natürlich bei warmem Wetter statt und den Uebergang zu ihnen bilden die häufigeren Abendflüge. Wenn ich sage, »natürlich bei warmem Wetter«, so soll das gleichzeitig bedeuten, dass ebenso, wie die Heuschrecken bei kalter Witterung den Flug nicht be- ginnen, sie ihn bei plötzlicher oder stärkerer Abkühlung auch unterbrechen und herabkommen. Deshalb sind Nacht- flüge, die sich ja wegen der Dunkelheit einer direkten Beob- achtung leicht entziehen, gerade durch dieses Einfallen des Schwarmes bei Nacht am häufigsten sichergestellt worden, sei es, dass der Beobachter unmittelbar in dem einfallenden Schwarm war, oder sei es, dass seine Anwesenheit während der Nacht durch die in dieser angerichteten Verwüstungen Wanderungen. 215 sich erkennbar machte. Wie eine Abkühlung wirkt häufig auch ein Windwechsel, und da beide Witterungserscheinungen namentlich in den Subtropen mit ziemlicher Regelmässig- keit im Gefolge des Sonnenunterganges auftreten, so lassen sich eben die Schwärme in den meisten Fällen in den Abendstunden nieder und Nachtflüge sind die Ausnahme. Natürlich kommt es häufig genug vor, dass ein Schwarm sich auch ohne Witterungsänderung und am Tage nieder- lässt. Er ist ja eben auf der Suche nach Frass oder einem zur Fortpflanzung geeigneten Platze. Hat er einen solchen Selunden, (so) hat er eben seinen. Zweck ‚erreicht. und Weiterfliegen wäre von Uebel. Bei Regen, besonders schwererem — bei kaltem und längerem wohl immer — findet gleichfalls eine Uhnter- brechung des Fluges statt. Es sind jedoch auch einige sichere Fälle vom Gegenteil festgestellt. So erzählt Bruner°”’) von mehreren solchen eigenen Beobachtungen. Im ersten Falle scheint es beinahe, als ob sich der Schwarm über der Regenwolke befunden hätte’’”), Im andern Fall, den er als Junge erlebte, flüchtete er selbst am frühen Nachmittag vor einem Gewitter, als er mit dem Vieh auf der Weide war, in ein Zelt, das er mit seinen Genossen schnell beim Be- ginn des Unwetters aufschiug. Als der Regen aufhörte und er wieder aus dem Zelt herauskroch, war die Weide mit Tausenden von Heuschrecken bedeckt und noch kamen immer weitere herab. Nachdem die Sonne am Spätnach- mittage wieder durchgekommen war, konnte er auch noch welche ruhig weiterfliegen sehen. Einfacher Sturm bringt sie in der Regel nicht zum Niedersitzen; im Gegenteil, sie benutzen ihn häufig, wenn er in der ihnen zusagenden Richtung weht, wie z. B. den 572) III. Report. General Report for 1881. S. 45. 572) „Isaw a few locusts flying very high during the progress of a rain-storm. I was at an elevation of about 8500 feet at the time, and the locusts were seen through small openings in the clouds“. 216 Dr. Sander. Scirocco’'*), oder den Harmattan’”’), oder den Oststurm’”°), werden aber freilich dann auch oft genug von ihm weiter geführt, als ihnen lieb ist, z. B. in die See’”"). Ueber die Höhe, bis zu der die Wanderheuschrecken sich erheben, liegen recht widersprechende Nachrichten vor. -Keinesfalls, das geht aus allen trotz der sonstigen Uneinig- keit hervor, dürfen wir aber die von der Entomologischen Kommission der Vereinigten Staaten beim Melanoplus ge- wonnenen Ergebnisse ohne weiteres auf unsere altweltlichen Heuschrecken übertragen. Deshalb lasse ich diese ausser acht und folge der Darstellung Köppens’’’) (den auch die Neueren als Grundlage zu benutzen scheinen) für den Pachytylus, der Lawr. Bruners’'”) für die Schistocerca, sowie meinen eigenen Beobachtungen. Köppen sagt ganz richtig, dass vor allem das Wetter von Einfluss ist, dass aber die Höhe auch von der Dauer des Fluges abhängen mag. Da diese sich, wie ich noch zeigen werde, nach dem Alter der Heuschrecken ändert, fange ich wie Köppen mit den frisch Geflügelten an. Er sah diese »bald nach der letzten Häutung« in einer Höhe von 5—6 Meter, einzelne bedeutend höher, 13—17 Meter hoch, bei mässigem Westwinde dahinziehen. Das kann ich nach meinen Beobachtungen für diese ersten kurzen Flüge auch bestätigen. Dann führt Köppen an, dass Kohl sie bei schönem Wetter sehr hoch, 50o—70 Meter, habe fliegen sehen, während sie bei trübem Wetter viel niedriger, 2 bis 2‘/g Meter hoch, dahin zögen. Das bezieht sich offenbar auf ältere Schwärme und für diese möchte ich in Südafrika 574) Lallemant, Redtenbacher I. c. 2) Sısoben Togo. 576) S. oben Kapkolonie, Namaqualand. 577) Es würde zu weit führen, hier alle Beispiele anführen zu wollen. Ausser den obengenannten Autoren zähle ich deshalb bloss noch die Bibel, Köppen, Keferstein, meine eigene Darstellung von den Südostküsten- distrikten der Kapkolonie und das alte Reisewerk von John Barrow auf. 578) Wanderheuschrecken. S. 52. 579) Investigaciön. S. 21—.22. Wanderungen. 217 sogar noch eine grössere Höhe zugestehen, mindestens bis 100 Meter bei schönem Wetter. Allzuviel können sie diese Höhe nicht überschreiten, denn von höheren Bergspitzen aus sah ich sie im Thale stets unter mir fliegen. (Selbst- verständlich ist hier mit Höhe immer die Erhebung über dem Boden, den sie gerade überfliegen, verstanden; denn dass sie sich beim Ueberfliegen von Hindernissen, wie Bergen u. dergl , höher über die Ebene erheben, ist natürlich.) Von den Schwärmen, die im Frühjahr kommen, um Eier abzulegen, habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie im ganzen höher fliegen, als die jüngeren Schwärme, und dieser Eindruck wird durch die Missionare bestätigt’). Diese Schwärme ziehen nämlich häufig so hoch, dass sie Regen- wolken vortäuschen können, wenn sie noch in weiterer Entfernung sind; die Schwärme der jungen Kerfe dagegen habe ich stets nur mit Rauchsäulen, die einem Grasbrande etwa entsteigen, verwechseln können und vergleichen hören oder auch mit Staubwolken (die freilich in Südwestafrika in dieser Jahreszeit gut und gern bis Ioo Meter aufsteigen können). Den Höhenunterschied beider suche ich darin, dass diese Herbstschwärme, wie ich sie kurz vorläufig bezeichnen will, sehr viel mehr dem Frass nachgehen als die im Früh- ling kommenden, auf die Fortpflanzung bedachten und sehr viel weniger fressenden. Wie hoch sie sich überhaupt er- heben können, darüber wage ich kein Urteil. Lawr. Bruner giebt für die flugkräftigere Schistocerca an, dass auch von ihr nichts Genaues über die Höhe der Flüge der Schistocerca bekannt sei, meint aber, bis 500 Meter und mehr über die Erdoberfläche würden sie sicher reichen. Die Höhe von 2000 Meter, in der Conil 1873 bei Cordoba einen Schwarm gesehen zu haben angiebt, bezeichnet er als Ausnahme. Doch müssen die Schistocercen immerhin zu beträchtlichen Höhen hinaufgehen, da sie gar nicht selten z. B. das Mittelmeer überfliegen, wie erst kürzlich wieder von den 580) S. oben Südwestafrika. 218 Dr. Sander. Zeitungen bei Gelegenheit des letzten°’"‘) »Staubregens« in diesem Vorfrühling aus Süditalien berichtet worden ist. Nach eigenen Beobachtungen giebt Bruner als höchstes Ausmass (doch wohl für den Durchschnitt. Verf.) 100 bis 250 Meter an und fügt hinzu, dass sie in der Nacht höher flögen als am Tage. Letztere Bemerkung dürfte wohl auch für den Pachytylus zutreffen, denn auch bei ihm wirken wohl dieselben Gründe, das leichtere Ausweichen vor Hindernissen und der stärkere Trieb, vorwärts zu kommen. Es scheint dabei, als ob die Herbstflüge (Bruners mangas de-regreso) der Schistocerca paranensis höher flögen als die Frühlingszüge; denn Bruner sagt, dass in dem argentinischen Frühherbst häufiger Nacht- als Tagflüge stattfinden. Die Geschwindigkeit ist natürlich ausserordentlich ver- schieden, umso mehr, da ja die Schwärme in der Haupt- sache den Wind zur Fortbewegung benutzen. Von prak- tischem Wert ist die Kenntnis davon auch eigentlich nur in den Ländern, wo Telegraphen es ermöglichen, die be- drohten, nahe gelegenen Gebiete vorher zu benachrichtigen. Das ist aber in unseren afrikanischen Kolonieen noch der Ausnahmefall, und meist werden die Schwärme erscheinen, ehe irgend eine Nachricht von vorher heimgesuchten Orten gekommen ist. Handelt es sich um grössere Entfernungen, so wird wohl eine Nachricht vom Auftreten einer Heu- schreckenplage da sein können, aber dann ist wieder Zeit und Ort der Ankunft von Schwärmen nicht ausreichend genau vorher zu bestimmen, weil da noch ganz andere Punkte zu berücksichtigen sind, wie die Fluggeschwindigkeit zu einer gegebenen Zeit. . Zu allen übrigen Schwierigkeiten kommt noch die, dass einigermassen zuverlässige Geschwindigkeitsmessungen eigentlich nicht vorhanden sind. Von Köppens sonst so zuverlässigen Angaben kann man in diesem Falle nur mit Vorsicht Gebrauch machen, weil er über die näheren Um- 8\) Im Jahre 1901. RN Wanderungen. 219 stände, unter denen seine Werte gewonnen wurden, wenig aussagt und sogar — allerdings durch Darwins Schuld — Bachyeylus und .Schistocerca nicht auseinanderhält. Er giebt’’’) nach mehrfachen Beobachtungen von Kohl an, dass ein Schwarm von mittlerer Grösse bei ruhisem Wetter (d. h. wohl mittlereem Winde) in acht Stunden drei Meilen zurücklegen kann, d. h. im Durchschnitt etwa 47 Meter auf die Minute; Krünitz giebt 5 Meilen als Tagesleistung an und Br sin ) sagt, dass, 2 lieues (d. h. 10 Kilometer) für die E kumele eher zu gering als zu hoch bemessen sei. Bei den letzteren beiden giebt Köppen aber keine Mitteilung über die Windgeschwindigkeit, bei der die Zahlen gewonnen sind. Zieht man ın Betracht, dass die Heuschrecken lieber mit einer frischen als mit einer schwachen Brise ziehen, und nimmt man an, dass sie nur °/, der Windgeschwindig- °®°), so kann man ja durch eine Rechnung nach keit erreichen den bekannten Luftgeschwindigkeiten der Windstärken sich aus den mittleren Stärken die mittlere Geschwindigkeit eines Heuschreckenschwarmes berechnen. Nehmen wir also Windstärke 4—5 der Beaufort'schen Skala als mittlere Tagesstärke des Windes an, so werden wir erhalten 2, De ') a 7,2 Meter in der Sekunde 2 Io Io oder 432 Meter in der Minute oder 25 920 Meter = 25,92 Kilo- meter die Stunde! Man erhält also auf diese Weise erheblich grössere Zahlen als die oben angegebenen. Und das will mir nach dem, was ich gesehen habe, auch berechtigt erscheinen: denn selbst bei schwachem Winde und während des Hin- und Herziehens flogen sie noch mindestens so schnell wie 582) Wanderheuschrecken. S. 41. 583) Die einzelne würde wohl nahezu dieselbe Geschwindigkeit wie der Wind haben, mit dem sie flöge; ein ganzer, besonders ein grosser Schwarm muss aber für den Wind selber ein Hemmnis bedeuten. Und ausserdem fliegen ja die Heuschrecken nicht immer platt vor dem Winde. 220 Dr. Sander. ein guter Fussgänger, d. h. 6 Kilometer die Stunde oder 10oo Meter die Minute. Jedenfalls überholen sie die Ochsen- karre — 4—5 Kilometer die Stunde — stets. Dabei sah man die Flüge stundenlang. Für die Geschwindigkeit der Schistocerca paranensis giebt Bruner bei mässigen Winden oder Windstille 3—4, bei günstigem Winde bis 20 millas für die Stunde an. Die grosse Unsicherheit in der Bestimmung der Flug- geschwindigkeit der Schwärme rührt wohl zum guten Teil davon her, dass man die Zeit, die sie brauchen, um eine be- stimmte Entfernung zurückzulegen, also die Reisegeschwindig- keit, einfach als gleichbedeutend mit dem Marschtempo ein- setzte. So ist z. B. Kohls’ Angabe entstanden TEE Br Verfahren ja sehr erklärlich, denn die zuverlässige direkte Messung ist ja nahezu ausgeschlossen und alsdaseinzige brauch- bare Hülfsmittel scheint mir der'Vergleich mit der bekannten Geschwindigkeit eines in gleicher Richtung sich bewegenden Gegenstandes, wie ich es oben mit der Ochsenkarre und dem Fussgänger versucht habe. Man wird dabei wenigstens immer sagen können: niedriger als die angegebene Zahl ist die Fluggeschwindigkeit nicht gewesen. Diese absolute mittlere, ja selbst die absolute für einen gegebenen Zeitpunkt vorhandene Fluggeschwindigkeit ist, wie gesagt, praktisch von geringem Wert. Dagegen hat schon einen grösseren praktischen Wert die Kenntnis der Reise- geschwindigkeit. Denn sie ermöglicht es, wenn zugleich die Richtung, Windgeschwindigkeit und Wetterlage bekannt sind, auf grössere Entfernungen hin aus Erfahrungen vergangener Zeit einen Schluss zu ziehen, wo und wann ungefähr = aber auch nicht mehr — der Heuschreckenschwarm seine nächste oder nächsten Stationen machen wird. Für grössere Gebiete wird sich sogar aus der Grösse und Menge der Schwärme, mit der sie in den zuerst heimgesuchten Gegenden auftreten, eine Vorhersage auf die wahrscheinliche Aus- breitung (in der Fläche) der Heuschreckenplage in dem gegebenen Jahre aufbauen lassen. Im übrigen ist die wirk- RE w Wanderungen. 221 lich von einem Schwarm zurückgelegte Entfernung ausser- ordentlich abhängig vom Wetter und deshalb in den ver- schiedenen Jahren recht verschieden. Da die Grösse der in der Schwarmzeit zurückgelegten Entfernungen aber in erster Linie von der Richtung des Zuges und diese wieder von dem Zwecke abhängt, den der Schwarm verfolgt, so muss ich erst diese beiden Fragen erörtern und dann bei den einzelnen Arten von Schwärmen die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit angeben. Es ist das um so nötiger, als bisher fast alle Untersuchungen — jedenfalls mit Ausnahme der Brunerschen über die Schisto- cerca paranensis, alle die, welche die Schwärme vom Aus- gangspunkte bis ans Ende verfolgen — in gemässigten Breiten angestellt worden sind und hier die Verhältnisse unendlich verwickelter liegen und auf unvergleichlich viel kürzere Zeit zusammengedrängt sind, als in den Subtropen. Ich gehe wieder von meiner Annahme aus, dass die Ueberwinterung als geflügelter Kerf für die Wanderheu- schrecken das natürliche ist. In allen Gegenden, wo dies Verhalten beobachtet worden ist, muss man nun dreierlei Züge unterscheiden — und ich bewundere hier die nord- amerikanische entomologische Kommission, dass ihr diese Teilung schon unter den verwickelten Verhältnissen der ge- mässigsten Zone geglückt ist — und zwar solche, die von den Winterquartieren her nach Gegenden ziehen, wo sie ihre Eier absetzen wollen. Invading swarms nach Riley, Mangas invasoras nach Bruner, die ich »Mutterschwärme«; zweitens, die Flüge, die unternommen werden, um in die Winterquartiere, bezw. in den amerikanischen mittleren. Breiten in die »Permanent region«’°*) zurückzukehren, »returning swarms Riley«, »Mangas de regreso Bruner«, die ich »Winterschwärme« nennen möchte; und drittens solche, die nur zum Aufsuchen von Frass oder zur Uebung der Flügel unternommen werden: local swarms Riley, Mangas. 584) S, weiter unten die Erklärung. >22 Dr. Sander. locales Bruner, für die wohl der Ausdruck »Frassschwärme« am geeignetsten sein dürfte, da sie eben in erster Linie der Nahrungssuche dienen. Die ersten beiden bedienen sich einer in der gegebenen Jahreszeit ziemlich anhaltenden und gleichmässigen Luft- strömung, die den Monsunwinden entspricht. In unserem Europa kommt eigentlich nur die eine von ihnen zur Geltung, die zur Zeit der Reife, der Mutterschwärme, wehende, aus der Südhälfte der Windrose; die andere aus dem Norden kommende fällt hier in Europa aus, nicht als ob sie über- haupt nicht vorhanden wäre, aber weil sie zu kalt und zu ungünstig ist, so dass Schwärme mit ihr nur in Ausnahme- fällen innerhalb Europas wandern. (Das sind dann die Winde, die gelegentlich die Heuschrecken Südrusslands einmal ins Schwarze Meer werfen; sie wehen also von Europa weg.) Daher ist auch in Europa die Dreiheit der Schwärme nicht zur Kenntnis gekommen; hier sind eben nur Mutter- und Frassschwärme bekannt; und sie kommen zur weiteren Verdunkelung auch noch nebeneinander, zu gleicher Zeit, vor. Anders liest es schon ın Nordafrika” nad ware amerika. Da mir über letzteren Erdteil das ausführlichere Material in Bruners Investigaciön zur Verfügung steht, werde ich mich an diese halten, mit gelegentlichen Seitenblicken auf Nordafrika; meine eigenen Ergebnisse über und Be- obachtungen in Südafrika aber werde ich erst an anderer Stelle bringen, um möglichst objektiv vorzugehen. Ich gebe Bruners’°’) Darstellung in ausführlichem Aus- zuge wieder: Als Mangas invasores sind die Schwärme zu bezeichnen, die im Frühjahre von einem Punkte nördlich von Santa Fe, Cordoba, Entre Rios u. s. w. kommen. Sie bestehen meist aus Heuschrecken, die im Chaco, das die gewöhnliche Brutstätte darstellt, überwintert haben. Im allgemeinen sind sie von dunkler oder rötlicher Farbe, also alte überwinterte Heuschrecken. Diese Züge be- wegen sich in der Richtung nach SE—W und N, je nach der 585 585) Investigaciön. S. 18—23. Wanderungen. 223 @esend, über die sie ziehen. ‘Die Heuschrecken dieser Rise lesen die Eier ab, aus denen die Hupfer der heimgesuchten Distrikte auskriechen. Nach Süden dringen die Spitzen bis zum Rio Colorado (d. h. 8. bis 9. Breitengrade), und zwar in I—2 Monaten, vor. In Algier kommen diese Mutterschwärme aus dem Süden’®°). Lallemant kann die Gegend nicht genauer be- zeichnen, aber man müsse eine unbekannte Landschaft Centralafrikas jenseits der Sahara als ihren Herkunftsort annehmen. Künckel d’Herculais spricht gleichfalls vom »äussersten Süden«. Sie kommen mit dem heissen, als Scirocco bekannten Südwinde und sind bei ihrem ersten Erscheinen in Süd-Algier noch rot. Um ihren Weg vom äussersten Süden bis Algier zurückzulegen, brauchen sie (Künckel) etwa 2—2!/, Monate, während ihre Reisege- schwindigkeit bei Gegenwind so gering ist, dass man in Algier schon zwei Tage zuvor von ihrem Kommen hört, während sie bei heftigem Scirocco 20 lieues und mehr an einem Tage beträgt (Lallemant). Die Mangas de regreso dagegen bestehen aus jugend- lichen Tieren, die auf der Suche nach geeigneten Aufenthalts- plätzen für den Winter sind. Diese Heuschrecken sind die Nachkommenschaft der mangas invasoras und bewegen sich in entgegengesetzter Richtung. Diese erfährt aber eine grössere oder geringere Abweichung durch die herrschenden Winde und die Oberflächengestaltung der durchflogenen Gegend und das vorhandene Futter. So liegen denn aus einzelnen Gegenden noch keine sicheren Nachrichten über die eingehaltene Richtung vor. Bruner schliesst, wie ich gleich hier einfügen möchte, obwohl dies eigentlich scheinbar nur lose mit den Wande- rungen und Flügen zusammenhängt, die für die Ueber- winterung massgebenden Gesichtspunkte bei.’’') 86) Lallemant. Notice. S. 38. und Künckel d’Herculais, Le Criquet Belerın. 'S. 56. 58T) S, 26— 28. Invernada. 224 Dr. Sander. Dadurch, dass die S. paranensis in ausgewachsenem Zu- stande überwintert, unterscheidet sie sich von fast allen anderen Heuschrecken des Landes”°°). Der häufigste Winteraufenthalt scheint an den Ufern des Salado im Südosten von Santiago del Estero, im Nord- osten von Cordoba und im Norden von Santa FE und nicht im »Chaco«, wie nach den bisherigen Veröffentlichungen an- genommen wurde, stattzufinden. Nach eigenen und anderen Beobachtungen giebt es jedoch auch noch andere Gegenden, wo die Heuschrecken in geringer Zahl überwintern. Sie scheinen auf die Provinzen Catamarca, Tucuman und Entre Rios begrenzt zu sein. Diese ganzen Striche liegen zwischen 28. und 32.° S., die grössten Mengen scheinen um den 30.° S. und in einer nur wenig über Seehöhe belegenen Gegend zu überwintern. In den Anden nähern sie sich dem Aequator und halten sich. hier in einer Höhe, die die- selbe Temperatur und dieselben klimatischen Bedingungen darbietet, wie die in den erstgenannten Ueberwinterungs- stellen. Eine südlicher gelegene Gegend würde also zu kalt, eine dem Aequator näher gelegene zu warm sein, wenn letztere nicht hoch gelegen ist.°°°) In den Winterquartieren vereinigen sie sich zu un- geheuren Massen. Sie wimmeln zwischen dem Busch und den Weidestellen und drängen sich in fussdicken Haufen zusammen. Meist dient ein Strauch oder Busch als Mittel- punkt eines solchen Haufens. Während kalten Wetters und der Nacht bewegen sie sich nur, um sich an irgend einer Pflanze oder aneinander anzuhängen. Bei Sonnenschein und schönem Wetter fliegen sie ein kurzes Stück und fressen ein wenig. Im allgemeinen nehmen sie während des 588) Das bedeutet meiner Auffassung nach eben, dass sie die ein- zige wirkliche Wanderheuschrecke Argentiniens ist. 589) Ich verweise in dieser Beziehung schon jetzt auf Abschnitt I Südafrika und Abschnitt 8. Verhalten in unseren Kolonieen, die diese Angaben in ganz überraschender Weise bis in Einzelheiten genau bestätigen. 23 , Wanderungen. 225 Miinters nur wenig Frass irgend welcher Art, zu sich. Stücke, die Bruner im Juli und August untersuchte, hatten ausnahmslos leere Eingeweide. Diese Winterherbergen liegen in den trockensten wasser- armen Gegenden, die in der (trockenen) Winterszeit von inten natürlichen‘ Feinden, in. erster Linie , den ‘ Vögeln, gerade deshalb ziemlich frei sind. Diese Striche sind mit ziemlich dichtem »Busch« zwischen offenen Grasfeldern bestanden. Ueber die mangas locales kann ich mich kurz fassen. Sie sind eben nichts Anderes als »Frass Journ‘ Cape Col, 1809. XV. Heft 9. 5.598.599 Locust Extermination. | > 18* VII Kapitel. Besonderheiten der Lebensgewohnheiten in unseren Kolonieen. m meisten Besonderheiten in den Lebensgewohnheiten der Heuschrecken unserer Kolonieen sind im Vor- stehenden schon erwähnt, denn es sind eben im wesent- lichen die der Wanderheuschrecken in den Subtropen über- haupt. Aber auch noch .aus einem anderen Grunde muss ich mich kurz fassen: ich kenne genauer aus eigener An- schauung nur die Verhältnisse in Südwestafrika und auch dort einigermassen zureichend nur den Pachytylus. Die Berichte aus den anderen Kolonieen sind aber so un- bestimmt, dass sie eigentlich nur gestatten, auf die Punkte hinzuweisen, die noch genauerer Beobachtung bedürfen. Positive Angaben lassen sich in den wenigsten Fällen machen, meist muss es heissen: es »scheint«, es »dürfte sich so verhalten«. Von Wichtigkeit ist es für den Praktiker, den Land- mann, in erster Linie zu wissen, in welcher Jahreszeit er mit dem gelegentlichen Auftreten von Heuschrecken- schwärmen zu rechnen hat, wie lange deren Eier bis zum Ausschlüpfen bedürfen, wie lange Zeit die jungen Heu- schrecken bis zum Flüggewerden gebrauchen und wie lange noch mit Frassschwärmen und den abziehenden Winter- schwärmen zu rechnen ist. Ferner wäre es ihm sehr er- wünscht, könnte er Auskunft darüber erhalten, welche Gegenden und welche Stellen dieser Gegenden am meisten bedroht sind, also gewissermassen eine Statistik über Heu- Besonderheiten der Lebensgewöhnheiten etc. 277 schreckenschäden für die einzelnen Landesteile, wie eine solche bei uns für Hageigefahr schon besteht. Die Kenntnis aller dieser Punkte ist für ihn von Wichtigkeit, um danach seine Auswahl in den anzubauenden Gewächsen zu treffen; für die Allgemeinheit bestimmt sie die Möglichkeit, wirklich wirksame Gegenmassregeln gegen die drohende Heuschrecken- gefahr und Linderungsmassnahmen gegenüber den bereits angerichteten Schäden vorzubereiten und durchzuführen. Die Zeit des Einbrechens der Mutterschwärme wird sich nun leider sehr verschieden gestalten, nicht allein für verschiedene Orte, was ja natürlich wäre, sondern auch für ein und denselben Ort in verschiedenen Jahren, da sie eben ganz vom Eintritt der Regen abhängt. Da dieser nun für das mittlere Südwestafrika z. B.e vom Ende Oktober bis Mitte, sogar Ende Februar sich verschieben kann, so er- giebt das schon eine recht erhebliche Schwankungsbreite. Das Normale ist etwa Ende Dezember bis Mitte Januar. Dabei ist der Osten und Nordosten etwas voraus, der Westen und Südwesten etwas zurück. Diese Zone geht in Südwestafrika etwa von den Awasbergen und den südöstlich von ihnen ab gegen die Kalahari hin streichenden Gebirgs- zügen nach Norden bis ein weniges über die Etoshapfanne hinaus. Im Süden und Westen von diesem Gebiete (aus- genommen ist jedoch der Südabfall des Awasgebirges mit dessen Vorbergen, wo der Regen häufig sogar früher ein- tritt als auf dem Nordabhange) fängt die Regenzeit meist erheblich später an, erst im Februar oder März. Ganz im Süden und Westen sind Winterregen nicht ganz selten. Nach Westen dürfte die Linie Omaruru-Otjimbingwe mit nörd- licher und südlicher Verlängerung etwa die Grenze für nor- male »Heuschreckenjahre« bilden. In schweren Heuschrecken- jahren werden die in den früh beregneten Gebieten aus geschlüpften und flugreif gewordenen Heuschrecken ge- legentlich einmal mit den im Mai einsetzenden starken Ost- Finden» Diss an. die ‚Küste oder sogar:! bis’ lin‘. die See ver schlagen. 278 Dr. Sander. Man könnte nun theoretisch voraussetzen, dass diese Schwärme am Rande des Westens einmal zur Brut schreiten würden, wenn sie gerade in einen solchen Regen hinein- kommen. Praktisch habe ich nichts davon gehört, dass das in unserem Gebiete, ähnlich wie in Little Namaqualand, wirklich einmal westlicher als Tsaobis oder (im Süden) als Bethanien vorkommt. Das ist auch erklärlich, wenn man bedenkt, dass der Strich westlich von diesen Orten zu den kahlsten und pflanzenärmsten der ganzen Westküste Afrikas südlich vom Aequator gehört und streckenweis einen meilen- breiten Dünengürtel darstellt. Es scheint übrigens in sehr trockenen Jahren auch gelegentlich vorzukommen, dass die Schwärme in ihrem Suchen nach Futter- und Brutgründen weit über ihre sonst gewohnten Grenzen hinausfliegen. Aus der Kapkolonie habe ich ja einige Fälle, die für diese Möglichkeit zu sprechen scheinen, mitgeteilt, und auch unter den Berichten der Missionare Deutsch-Südwestafrikas findet sich einige Male die Bemerkung, dass die Schwärme weitergezogen wären, weil ihnen das dürre Feld kein Futter bieten konnte (s. oben, Abschnitt 1). Mutterschwärme kommen aber nicht bloss mit den ersten Regen der Regenzeit, sondern, vielleicht unter Mit- wirkung der im vorigen Abschnitt geschilderten Verhältnisse, über eine Reihe von Monaten hin: man kann wohl sagen, so lange als die Brut noch Aussicht hat, ihren Entwickelungs- gang bis zum geflügelten Kerf abzuschliessen. Da nun die Eier in der Regenzeit nur etwa vier Wochen zu ihrer Ent- wickelung im Boden brauchen, so ergiebt sich das wunder- liche Bild, dass alte und junge Heuschrecken durcheinander das Land heimsuchen. Und dieses Bild verwirrt unaus- bleiblich den, der an diese Frage nur mit der Kenntnis herantritt, die aus Beobachtungen in gemässigten Breiten gewonnen ist. Die eine Voraussetzung allein, dass die Weibchen auch hier im Herbst ihre Eier ablegen, schliesst jede Möglichkeit zur klaren Einsicht in den Lebensgang Besonderheiten der Lebensgewohnheiten etc. 279 und die Lebensbedingungen unserer südwestafrikanischen Wanderheuschrecken zu gelangen, völlig aus. Im Laufe des Februar und März pflegt die Anzahl der fliegenden Heuschrecken am geringsten zu sein. Gegen Ende März und noch mehr im April steigt sie dann wieder erheblich an, während dafür die Zahl der Hupfer abnimmt. Da die Abnahme der Fliegenden in den genannten Monaten auf das Zugrundegehen der Mutterschwärme nach erfüllter Fortpflanzung, während neue Mutterschwärme nicht mehr nachrücken, zurückgeführt werden muss, so ergiebt sich für Südwestafrika eine Einbruchszeit der Mutterschwärme von etwa 4—5 Monaten, d. h. von Oktober bis zum Februar; als häufigste Dauer eine Zeit von 2—2'/, Monaten, d.h. von Mitte oder Ende Dezember bis Ende Februar. Rechnet man etwa einen Monat auf das Brutgeschäft (erste Eiablage) und die Entwickelung der Eier im Boden, so ergiebt sich als erster Monat, in dem man Hupfer er- warten kann, der November, als gewöhnlichster Monat der Januar. Mit Einrechnung der späteren Bruten, sowohl der ersten als der später kommenden Schwärme, wird der April als der letzte Monat für die Anwesenheit erheblicher Hupfermengen herauskommen; als die Monate der grössten Häufigkeit, sowohl der Zahl als der Regel nach, Januar bis März. Das stimmt genau mit den nach eigenen Beob- achtungen gemachten Angaben der Herren Rickmann und Käsewurm‘’”). Nehmen wir an, dass die Hupfer nahezu zwei Monate gebrauchen, um flugreif zu werden, so könnten die ersten jungen Schwärme Ende Januar, die letzten Ende Mai auf- treten. Zur Fortpflanzung während derselben Regenzeit würden also in unserem Schutzgebiete selbst die ersten Schwärme kaum mehr gelangen, wenigstens nicht zur Er- zeugung einer flugreif werdenden Nachkommenschaft. Denn selbst den geringsten einigermassen leidlich beglaubigten 59) Morphologie und Biologie etc. 280 Dr. Sander. Zwischenraum zwischen Flugrei- und Fortpflanzungsfähig- keit angenommen, den von 14 Tagen, würden erst gegen Ende Februar — die Tragezeit der Eier mi einge schlossen — die ersten Eipäckchen abgelegt werden können, die kurz nach Mitte März gezeitigt sein würden. Der März würde zu ihrer Entwickelung noch geeignet sein; der April meist in seiner zweiten Hälfte schon nicht mehr gut, der Mai auch in den besten Jahren kaum jemals. Nun ist aber sicher die Annahme, dass die eben geflügelten Heuschrecken schon vierzehn Tage später geschlechtsreif werden, nicht zutreffend, vor allem nicht für subtropische Gegenden. Wir werden also in Südwestafrika wohl niemals zwei echte Generationen erleben können. _ Andererseits aber können diese jungen Schwärme in solche Gebiete der Kapkolonie ziehen, die andere Regen- zeit und milderen Winter als. die Heuschreckenbrutgründe unseres Südwestafrikas haben, ebenso wie wir von der Kap- kolonie her im September ausgeschlüpfte und im November flugreif gewordene Schwärme erhalten können. Wir werden also stets für Südwestafrika die Kapkolonie mitberücksich- tigen müssen, ebenso wie diese Südwestafrika, soll eine wirkliche Klarstellung aller in Frage stehenden Verhältnisse erfolgen und Aussicht auf wirksame Bekämpfung gegeben werden. Ich habe bei diesen Ausführungen als feststehend vor- ausgesetzt, dass wirklich in unserem südwestafrikanischen Schutzgebiete immer erst Schwärme und dann Hupfer auf- treten und nicht umgekehrt. Ich wiederhole meine Gründe dafür hier noch einmal kurz: Erstens habe ich selber es nie anders gesehen, während vier Jahren, die ich dort zu Lande zugebracht habe, und habe ferner Heuschrecken bei der Paarung stets nur im Beginn und der Mitte, nie aber am Ende der Regenzeit gesehen. Zweitens stimmen mit meinen eigenen Beobachtungen die Mitteilungen der Missio- nare überein. Immerhin halte ich es für wünschenswert, dass in dieser Beziehung noch genaue Beobachtungen an- ‚Besonderheiten der Lebensgewohnheiten etc. 281 gestellt werden, die am zweckmässigsten durch Untersuchung der Eierstöcke einer grossen Anzahl von Weibchen während der sanzen Zeit des Auftretens‘ von Schwärmen vor- genommen werden: sind die Eierstöcke und die Eier in ihnen ausgebildet und reif, so sind die Tiere geschlechtsreif und werden sicherlich bald zur Fortpflanzung schreiten; sind diese Organe noch unentwickelt, so wird es noch längerer oder kürzerer Zeit bedürfen, bis die Trägerinnen geschlechtsreif werden. Eine vorläufige Auskunft über dieses Verhältnis könnte man durch Befragen der Eingeborenen gewinnen: Soweit diese nämlich Heuschrecken essen, ziehen sie die tragenden Weibchen vor; ja die Araber Nord- afrikas essen sogar nur diese. Auch der Umstand, dass die Schwärme im Beginn der Regenzeit selten so gross und dicht sind, wie die am Schlusse der Regenzeit auftretenden, spricht wohl dafür, dass die ersteren eben Mutter-, die anderen Frass- oder Winterschwärme sind. Man darf dabei nur nicht ausser acht lassen, dass die beiden Heuschreckengattungen, der Pachytylus und die Schistocerca, sich von vornherein in Bezug auf Schwarmbildung etwas verschieden verhalten: Meiner Beobachtung und auch den Angaben aus -dem Kap- lande nach sind die der Schistocerca stets grösser und zahlreicher an Einzeltieren. Die Frass- und Winterschwärme, also umher- und ab- ziehende Schwärme, habe ich nicht später als Ende Mai in Südwestafrika (Windhoek und Umgebung) gesehen. Ob dies die äusserste Zeitgrenze bezeichnet und wie es sich in den einzelnen Landesteilen und Ortschaften verhält, bedarf noch sehr der Festlegung. Dass ich solche Schwärme auch noch Ende April in Küstennähe gesehen habe, habe ich schon erwähnt. Es 'erscheint mir fraglich, ob diese in Winterherbergen gelangen. Die allgemeine Ansicht ist, dass sie »ins Meer geworfen« werden. Wie viel dabei freilich von der biblischen Anschauung und den Missionaren, als deren Verkündern, herrührt, wage ich nicht zu entscheiden; 282 Dr. Sander. nahe liegt aber gewiss der Vergleich mit Egypten, wo der Herr die Gebete der Seinigen erhörte und die Heuschrecken- schwärme ins Meer trieb °°°). Eine bestimmte Zugrichtung der Schwärme, sowohl der einbrechenden als der abziehenden, konnte für Süd- westafrika bisher noch nicht festgestellt werden. Das mir von dorther zu Gebote stehende Material ist jedenfalls das mangelhafteste aus allen Gebieten, in denen der Regierungs- sitz und eine ausgedehnte Kette von Stationen mitten in der gefährdeten und seit fast einem Jahrzehnt ständig heim- gesuchten Gegend liegen. Ich habe fast ausschliesslich nach den Berichten der Missionare und meinen eigenen Beobachtungen arbeiten müssen. So ist es denn unmöglich, mehr zu sagen, als dass die Hauptrichtung der kommenden Schwärme vom Osten her ist, die der abziehenden dorthin geht; wahrscheinlich ist sie SE—-NW und umgekehrt, und zwar schliesse ich das daraus, dass nach zuverlässigen Beobachtungen nach dem Ngamisee beide Heuschrecken- arten von SE hergekommen sind. Im einzelnen wird die Flugrichtung sehr grosse Abweichungen von diesem Kurse aufweisen; das ist nach der vielfach zerschnittenen Ober- fläche mit ihren schroffen Bergen und tiefen Tälern und den tiefeingesenkten Passhöhen nicht anders zu erwarten. Zu leichterem Ueberblick trägt natürlich eine solche Menge von örtlichen Abweichungen nicht bei. Dass wir in Südwestafrika Ueberwinterungsgebiete haben sollten, scheint mir wenig wahrscheinlich; dafür sind die heimgesuchten Gebiete zu hoch und zugleich allzuweit 660) Ich komme noch späterhin auf die innige Verknüpfung zurück, in die in alten Zeiten allgemein und in Südafrika noch heute in vielen Kreisen der „Zorn Gottes‘ mit der „Heuschreckenplage“ gebracht wird und wie das alles auf der biblischen Erzählung von den sieben Plagen Egyptens fusst. Es liegt mir sehr fern, hier etwa meinen Spott mit solcher Verknüpfung treiben zu wollen, aber es ist eine Notwendigkeit, sie zu erwähnen, da die daraus entspringende Anschauung, es „,‚sei eine Sünde, diese von Gott gesandte Geissel abwehren zu wollen, weil weit verbreitet, noch eine ernstliche Gefahr für Südafrika bedeutet. ‚Besonderheiten der Lebensgewohnheiten etc. 283 im Innern gelegen, daher im Winter zu kalt. Die tiefer nach der See zu liegenden Striche mit ihrem gleichmässigen Winterwetter aber haben zu wenig »Busch«, um Schutz zu bieten. Auch die Gebiete im Nordosten und Osten des Hererolandes, die von den Eingeborenen als die Herkunfts- stätte der Schwärme bezeichnet werden, sind wohl nicht ohne weiteres als solche anzunehmen. Trocken wären sie allerdings genügend und einzelne dichte Dornbuschbestände von ziemlicher Ausdehnung finden sich auch in dieser »Omaheke«, dem Sandfelde, und dem anstossenden Teil der Kalaharisenke. Es ist also auch hier noch ein Punkt, den erst eingehende Untersuchungen klarstellen müssen. Hinsichtlich der Jungen möchte ich erwähnen, dass ich in allen vier Jahren Züge der Pachytylushupfer bereits in deren erstem Stadium, also dem, wo sie noch einfarbig sind, gesehen habe, und zwar solche von recht bedeutender Ausdehnung; die grössten davon im Februar 1894. Dieses Jahr traten die Regen erst sehr spät ein und das Land war deshalb bei ihrem Eintritt sehr dürr und stark abgeweidet. Da mögen viele von den Grasbüschen versagt haben und der ganze erste »opslag« dürftig gewesen sein. Aber auch im guten Regenjahre 1899, wo infolge der Seuchen auch nur wenig Vieh und Wild vorhanden, die Weide also wenig abgefressen war, habe ich ziemlich grosse Züge solcher jüngsten Hupferchen gesehen. Diesmal waren die Pausen zwischen den Regenperioden etwas lang und die Zahl der Heuschrecken Legion, so dass also auch hier wohl der früh- zeitige Futtermangel das Ausschlaggebende war. Aus Ostafrika lassen die Berichte erkennen, dass die Heuschreckenschwärme mit dem Beginne der grossen Regenzeit kommen. Jedoch ist es nicht möglich, bestimmte Zeitgrenzen festzulegen. Man kann nur sagen, dass die ersten im November oder Dezember kommen, aber auch im Februar wohl noch neue Schwärme nachrücken. Ueber die Zeit, welche die Eier und die, welche die Hupfer zu ihrer Entwickelung gebrauchen, ist aus dem vorliegenden 284 Dr. Sander. Material kein sicherer Schluss möglich. Ungefähr scheint es sich aber um dieselben Zeiträume zu handeln, die aus Algier oder Südafrika bekannt sind. Auch über den Verbleib und das Verhalten der jungen Schwärme liegt ausreichendes Material noch nicht vor und noch weniger über etwaige Winter- herbergen. Dagegen lässt sich die allgemeine Flugrichtung der Schwärme als von SW nach NE gerichtet deutlich erkennen und für die zwei Jahre 1397 und 1898, aus denen eingehende Einzeiberichte vorliegen, daher auch eine Flugkarte kon- struieren (s. oben, Abschnitt ı, Ostafrika). Es ist also auch hier noch viel freies Feld für eine Festlegung im einzelnen. Aus Togo lauten die Berichte übereinstimmend dahin, dass die Schwärme von NE her mit den Harmattanwinden kommen. Alle übrigen biologischen Punkte bedürfen noch genauerer Festlegung, insbesondere das Brutgeschäft, die Ausschlüpfe- und Entwickelungszeit der Jungen, das Ver- halten der jungen Schwärme. Ueberwinterung an der Küste ist hier ebenso wie in Ostafrika ausgeschlossen, obwohl die Bewachsung mit dichtem Buschwerk an und für sich nicht ungeeignet wäre. Dafür sind in beiden Kolonieen die Küstenstriche zu heiss und feucht. Für Kamerun kann man aus den wenigen Angaben eigentlich noch gar keine Schlüsse ziehen. Der einzige, der möglich ist, ist der, dass der breite Urwaldgürtel ein Herab- steigen dieser Plage bis in die Küsten- und jetzigen Plan- tagen-Gegenden ausgeschlossen erscheinen lässt. Ob im »Graslande« und noch mehr in Adamaua und Bornu die Heuschrecken nicht gelegentlich schweren Schaden an- richten, muss dahingestellt, aber schon nach den kurzen Nachrichten, besonders denen des Rittmeisters von Stetten, als sehr wahrscheinlich angenommen werden. Wir müssen also darauf gefasst sein, dass wir bei weiterer Ausdehnung unserer Einflusssphäre auch in dieser Kolonie mit der Heu- schreckenplage zu rechnen haben. En PD Kapitel: Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. Se die Heuschrecken von Natur aus mit der Fähigkeit zu grosser Anpassung an gegebene Witterungs- und Futterverhältnisse sowie zu grosser Vermehrung ausgestattet sind, so haben sie damit ein zweifelhaftes Geschenk erhalten. Denn ein Insekt, das gelegentlich in solchen Mengen vor- kommt und gerade wegen dieser ungeheuren Zusammen- drängung von Einzeltieren auf engen Raum so wenig Ver- folgern ausweichen kann, wie die Heuschrecken, wird natur- gemäss vielen anderen Tieren als Nahrung dienen und andererseits auch viel leichter ansteckenden Seuchen anheim- fallen als einzeln lebende Tiere. In erster Beziehung kommt noch hinzu, dass die Heu- schrecke als Nahrungsmittel eine Zwischenstellung zwischen Fleisch und Pflanze einzunehmen scheint, da sie sowohl von Fleisch- und Insektenfressern wie von reinen Pflanzenfressern gleich gierig verzehrt wird. Man kann sagen, dass ungefähr alle Wirbeltiere gelegent- lich Heuschrecken zum Frass wählen und dass von den wirbellosen Tieren eine sehr grosse Anzahl es thun. Die Nachstellungen beginnen bereits in der frühesten Zeit, wo das Eipäckchen noch im Boden liegt, und dauern bis an den natürlichen Abschluss des Heuschreckeniebens; ja selbst die Kadaver der toten Heuschrecken werden noch von vielen Tieren als Futter aufgenommen. Auch der Mensch beteiligt sich an dieser Verfolgung der Heuschrecken wegen ihres Nahrungswertes, und in seinen ursprünglicheren Zuständen stellen diese Kerfe sogar Lecker- 286 Dr. Sander. bissen für ihn dar, die er nicht geringer einschätz& als unsere zivilisierten Feinschmecker Austern und Kaviar oder Krebse und Krabben. Da es nicht möglich ist, alle Tiere zu erwähnen, die gelegentlich einmal Heuschrecken verzehren, und praktisch auch nur die in Betracht kommen, die dies regelmässig und in grösserer Menge thun, so werde ich von diesen wenigstens die hauptsächlich in Betracht kommenden Klassen und Ordnungen nennen. Eine genaue Liste kann ich auch hier für unsere afrikanischen Kolonieen nicht aufstellen; es fehlen mir da eben wieder, mit einziger Ausnahme Südwest- afrikas, die Unterlagen, so dass ich nur von dem anderwärts- her Bekannten Analogieschlüsse ziehen und durch Aufzäh- lung vermutlich in Betracht kommender Ordnungen oder Gattungen die Aufmerksamkeit für die noch fehlende Einzel- beobachtung erwecken kann. Ich sehe von der bisher meist geübten Einteilung in solche Feinde ab, die den Eiern, die den Jungen, die den Geflügelten nachstellen, weil sich diese Scheidung nicht rein- lich durchführen lässt, da eine ganze Reihe von Tieren die Heuschrecken in allen deren Lebensstufen für sich oder ihre Brut als Nahrung benutzt. An die Spitze aller Heuschreckenfeinde müsste ich eigentlich die Vögel stellen, da sie das meiste in der Ver- tilgung dieser Schädlinge leisten, ich will aber mit den Säugetieren anfangen. Die Affen werden wohl alle unter die eifrigen Heu- schreckenverfolger zu zählen sein, denn es ist ja bekannt, dass sie gern Bienen und Käfer oder deren Larven und Puppen fangen und verzehren. Die Paviane sind in Süd- afrika auch mehrfach bei dieser Jagd beobachtet worden°°'). 661) Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. R. Warren. Locusts and Crops. S. 5ı und Ebenda 1896. IX. Heft ı5. Alex. Stewart. Graaff- Reinet. S. 373. Ferner führt E. v. Weber, Vier Jahre in Afrika. II. Bd. S. 207 u. ff. auch „Affen und Meerkätzchen“ an; mir scheint aber hier keine eigene Beobachtung Webers vorzuliegen. Für Südamerika Lawr. Bruner. Investigaciön. S. 61. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 287 Und zwar stellen sie nicht bloss den Hupfern und fliegenden Heuschrecken nach, sondern sind auch eifrig auf der Jagd nach Eipäckchen, die sie sich auskratzen. Die Meerkatzen in Ostafrika, Togo und Kamerun dürften es wohl nicht anders machen, als ihre Vettern vom Gebirge in Südafrika. DieFledermäuse stellen ebenfalls eifrig den Heuschrecken nach und werden namentlich für die Kolonieen eine nicht ‚unerhebliche Bedeutung haben. Emter den Raubtieren. finden‘ sieh‘, einige, :dien als Heuschreckenvertilger in grossem Massstabe in Betracht kommen; gelegentlich fressen sie wohl alle Heuschrecken, Löwen, Tiger und Leoparden °°*) nicht ausgeschlossen. Am eifrigsten aber liegen der Heuschreckenjagd entschieden die kleineren Formen ob. Die Hauskatze‘°’) ist oft beim Heu- schreckenfang beobachtet worden, und wie sie werden sich auch die kleineren wildlebenden Arten verhalten, also Wild- katze, Serwal, Tigerkatze u.s. w. Das Hundegeschlecht ist noch eifriger. Schon unsere Haushunde, besonders die Teckel und Terrier, sind arg danach und vernichten noch mehr als sie fressen, weil sie namentlich den Fang der Fliegenden als Jagdsport betreiben, besonders wenn mehrere von ihnen beieinander sind. Es ist spasshaft, zu sehen, mit welcher Gelenkigkeit sie die Fliegenden zu erwischen ver- stehen und mit welchem Eifer und welch possierlichen Sprüngen sie die Jagd betreiben. Mehr als die Haushunde aber fallen die Füchse°°‘) und Schakale ins Gewicht und sie mögen zu gewissen Zeiten fast ausschliesslich von Heu- schrecken leben. Ich selbst habe verschiedentlich den Schabrackenschakal (bonte jakhals) mit grossem Eifer bei dieser Jagd beobachtet und die Zahl der gefangenen Kerfe ist nicht gering. Der kleinere Silberschakal (maanhaar 662) E. v. Weber (Il. c.) führt sie direkt auf. 66%) Köppen. Wanderheuschrecke. S. 71; Gerstäcker, Wander- heuschrecken. S. 35; Bruner, Investigaciöon. S. 61; E. v. Weber, Vier Tahre in Afrika. II. Bd. S. 207. 66%) Die oben angeführten Autoren. 288 “Dr. Sander. jakhals) soll noch eifriger sich von Heuschrecken nähren, und ebenso behaupten es die Eingeborenen vom Erdwolf. Sie alle sollen auch Eipakete ausscharren. Wiesel‘°°) und Marder werden sich ein so bequemes Wild nicht entgehen lassen. Auch der Bär°°‘) soll sich in Ostindien gelegentlich mit Heuschrecken vollfressen. Für die eigentlichen Insektenfresser unter den Säugern ist natürlich die Heuschreckenzeit eine Zeit der Fülle und Feste. Wie in Europa Maulwurf, Igel und Spitzmaus‘°’), so nähren sich deren Verwandte oder sie ersetzende Gattungen in unseren Kolonieen während der Heuschreckenmonate vorwiegend von diesen Kerfen. Mein Dachshund griff mir einst in Südwestafrika einen Sternmull, als dieser gerade mitten in einer Hupferschule auftauchte und eifrig auf der Jagd war. | Die Nagetiere speisen gleichfalls von dem wohlgedeckten Tisch. Ausser den Mäusearten °°*) kommen die verschiedenen Hörnchenarten und verwandte Tiere in Betracht, also für Süd- westafrika die Erdziesel (mierkatten, aardmanneken u. s. w.), die bei der grossen Zahl, in der sie gerade in den trockeneren Gegenden vorhanden sind, als Gehilfen in unserem Kampfe gegen die Heuschrecken wohl ziemlich Bedeutendes leisten. Abgesehen davon, dass ihre amerikanischen Verwandten °°°) eine solche Jagd betreiben, habe ich selbst 1894 in Omaruru Heuschrecken aus einem 'eben angekommenen Schwarm im Magen einer »Mierkat« gefunden. Das Stachelschwein beteiligt sich sicher ebenso wie unser Igel an der Verfolgung der Heuschrecken. 665) III. Report. Lawr. Bruner, General Report for 1881. S. 39. 666) Nach Redtenbacher. Wanderheuschrecken. S. 35. 6) Ebenda und Gerstäcker 1. c. 688) Köppen l.c.; I. Report. S.338; Lawr. Bruner, Investigaciön. SL .7Bov/ \Weber. le: 669) ]. Report. 1. c. und Ill. Repoftt. 4. c. ünd! Chapter Bruner. Enemies of the locusts in the Northwest. S. 18. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 289 Von allen diesen Tieren wird es nicht so sehr Wunder nehmen, dass sie ihren Tisch mit Heuschrecken bestellen, wenn diese gerade reichlich vorhanden sind. Dass aber auch die Wiederkäuer und Einhufer diese ihnen doch eigent- lich so wenig naturgemässe Nahrung nicht nur nicht ver- schmähen, sondern unter Umständen mit Gier Heuschrecken fressen, ja sich monatelang davon nähren, das kann man von vornherein nicht annehmen. Ich habe schon im ersten und sechsten Abschnitt davon gesprochen, dass die pflanzenfressenden Haustiere‘’’): Rinder, Schafe, Ziegen und sogar die Pferde in Südafrika häufig genug Heuschrecken fressen, und dass das für die tragenden Muttertiere unter Umständen gefährlich sein kann. Es wird behauptet, dass auch überhaupt üble Folgen, wie zum Tode führende Ver- stopfung (E. v. Weber) sich anschliessen könnten. Ich selber habe wohl beobachtet, dass diese Tiere Heuschrecken fressen, von den üblen Folgen aber nie etwas gesehen. Nicht allein die gezähmten Pflanzenfresser, sondern auch die wildlebenden sollen sich oft an Heuschrecken satt fressen. Weber erzählt es von den Antilopenarten Süd- afrikas, ebenso wie Mohr und durch Lawr. Bruner wird es von Argentinien her bestätigt: Auf einer Tour nach der Pampa Central wurden einige Guanacos erlegt und in deren Magen fanden sich eine Menge Reste von geflügelten Heu- schrecken. Nach Mohr und v. Weber sollen sogar die Elefanten »ihr tägliches Mahl« an Heuschrecken halten. Jeden- falls aber werden im allgemeinen die durch Pflanzenfresser ver- nichteten Heuschrecken nicht sehr ins Gewicht fallen, umso weniger als diese Tierklassen, wenigstens meiner Erfahrung nach, im allgemeinen zu einer eigentlich so unnatürlichen Nahrung nur dann übergehen, wenn die Heuschrecken in solchen Massen da sind, dass alles pflanzliche Futter vernichtet ist. 60) Ich führe ausser den oben angezogenen Stellen noch an: Lawr. Bruner, Investigaciön. 1. c.; E. v. Weber, Vier Jahre in Afrika, l. c.; Mohr, Zu den Wasserfällen des Zambesi nach Keith Johnston. Afrıka, S. 421. Sander, Wanderheuschrecken. io 290 Dr. Sander. Ein Haustier aber spielt eine wichtige Rolle in der Heuschreckenvertilgung, und das ist das Schwein. Heu- schrecken in jeder Altersstufe und Heuschreckeneier scheinen diesen nützlichen Säugern ein Festmahl zu sein, und so sieht man denn die Schweineherden den eierlegenden Schwärmen folgen und die Elterntiere mit gleicher Gier fressen, wie sie mit inrem Gebräch den Boden nach Eipäckchen durchwühlen. Schlüpfen dann die Jungen aus, so halten sich die Schweine getreulich an deren Züge und machen nur in der heissen Tageszeit eine Pause, wo die Hupfer am beweglichsten sind und sich am weitesten zerstreuen. Das Futter schlägt vor- züglich an und man könnte unter Umständen wohl mit Vor- teil Heuschrecken zur Schweinemast sammeln. Die Wildschweine werden nicht sehr inBetracht kommen; dafür ist ihre Anzahl im allgemeinen zu gering. Leisten schon die Säuger :einen nicht unbeträchtlichen Teil in der Vertilgung von Heuschrecken, so gebührt doch unbedingt den Vögeln in dieser Beziehung die Krone. In- folge ihrer schnelleren Verdauung und ihres grösseren Nah- rungsbedürfnisses leistet schon jeder einzelne im Verhältnis zu seinem Körpergewicht mehr als ein Säuger, und gleich- zeitig sind die Vögel durch ihre Flugfähigkeit auch ganz anders für den Fang der fliegenden Heuschrecken ausgerüstet als die Säuger. Viele Vögel, im Verhältnis viel mehr als Säuger, steilen auch mit Begierde und Geschick den Eiern nach; einige nehmen nur Hupfer, andere nur geflügelte Heuschrecken. In Südafrika sind verschiedene Arten, die geradezu als »Heuschreckenvögel“ bezeichnet werden, weil sie in der Heuschreckenzeit nur von diesen Kerfen leben und deren Züge und Schwärme getreulich begleiten. Von Professor Aughey °"') ist für die Vogelwelt Nebraskas eine sorgfältige Liste der Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten gegeben, die hauptsächlich als Heuschrecken- vertilger in Betracht kommen. Bei der Unbekanntschaft et) J. Report. Append. II. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 291 mit den Arten, die in unseren afrikanischen Kolonieen ihre Stelle vertreten, ist es vielleicht für spätere Beobachtungen ein brauchbarer Anhalt, wenn ich die Ordnungen und Familien nach seiner Aufstellung angebe: ]2 Passeres, /Sperlmesvogel. Unterordnung: Oscines, Singvögel. I. Familie Turdidae, Drosseln. II. » : Saxicolidae, Steinschmätzer. IT. » Sylvidae, Laubschmätzer. IV. » Cinclidae, Wasseramseln (). V. >. "Paridae (Titmice). v1 » Sittidae, Kernbeisser. vn. » Troglodytae, Zaunkönige. VI. » Alaudidae, Lerchen. IT. » Motacillidae, Bachstelzen. R » Sylvicolidae, Grasmücken (Warblers). XI. » Tanagridae, Rotfinken. XI. » Hirundinidae, Schwalben. XII. » Ampelidae, Waxwings (Fliegenschnäpper?) XIV. » Vireonidae, Grünlinge. DIV. » Laniidae, Würger. XV. » Fringillidae, Finken. RIR, » Icteridae, amerikanische Stare. ex » Coroidae, Rabenvögel. II. Unterordnung. Clamatores. I. Familie Tyrannidae, Tyrannen. 2er Ordnuns. Picariae, Spechtvogel. I. Unterordnung. Cypseli, Turmschwalben. I. Familie Caprimulgidae, Ziegenmelker. II. » Cypselidae, eigentliche Turmschwalben. II. > Trochilidae, Kolibris (in Afrika Nectarinen). IV. » Alcedinidae, Königsfischer. V. » Cuculidae, Kukuke. vL. » Picidae, Spechte. II. Ordnung. Raptores, Raubvögel. I Ramıile Stnieidae, Lulen. 19* 292 Dr. Sander. II. Familie Falconidae, Tagraubvögel. IV. Ordnung. Columbae, Tauben u. s. w. I. Familie Columbidae, Tauben. I. Ordnung. Gallinae, Hühnervögel. I. Familie Meleagridae, Truthühner, Perlhühner u. s. w. IIa. » Tetraonidae, Trappen. IIb. » Odontophorinae, amerikanische Wa chteln. V. Ordnung. Grallatores, Watvögel. I. Unterordnung. Limicolae, Strandläufer. I. Familie Charadridae, Regenpfeifer. II. » Recurvirostridae, Brachvögel. M. » Phalaropidae. IV. » Scolopacidae, Schnepfen. II. Unterordnung. Herodiones, Reihervögel. I. Familie Ardeidae, Reiher. III. Unterordnung. Alectorides, Kraniche u. s. w. I. Familie Gruidae, Kraniche. II. » Rallidae, Rallen. VI. Ordnung. Lamellirostres, Zahnschnäbeler. Familie Anatidae, Schwäne, Gänse, Enten. VH. Ordnung. Steganopodes, Totipalmatae. Familie Pelecanidae, Pelikane. VUI Ordnung. Longipennes, langflügelige Schwimmvögel Familie Laridae, Möwen. IX. Ordnung. Pygopodes, Steissfüssler. ' Familie Podicidae, Taucher. In Europa kommen als Heuschreckenvertilger nach Köppen’”) vor ‚allem. in. Betracht. .der Rosenstzze zer gewöhnliche Staar, Drosseln, Brachschwalben (Glareolae), Abendfalken, Sperber und Lerchenfalken, die Störche, Raben, Krähen und Dohlen, Trappen, Kiebitze, Möwen und Lerchen, Hühnervögel und Tauben, sowie die ganzen Finkenvögel; die Schwimmvögel sind wohl bloss in der Aufzählung übersehen. 672) Wanderheuschrecken. S. 71—83. - Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 293 In Nordamerika°’”) sind an der Vertilgung von Heu- schrecken vor allem beteiligt die Trut- und Prairiehühner, die Wachteln, black-birds (wohl Staare), Regenpfeifer, Schnepfen, Brachvögel; doch leisten auch Lerchen, Pirole, Sperlinge, Amseln, Webervögel u. a. m. ihr gutes Teil. Von den Raubvögeln kommen besonders die kleineren Falkenarten, die Sperber und Bussarde, wie die Eulen in Betracht. Habichte thun wie auch die Rabenvögel und Hühner durch das Wegfangen von anderen Vögeln reich- lich ebenso viel Schaden, wie sie durch Verzehren von Heuschrecken Nutzen stiften. Gänse, Enten und Möwen sind eifrige Heuschreckenvertilger und mit gutem Appetit gesegnet. In Central- und Südamerika sind es im wesentlichen dieselben Familien der Vögel, die besonders eifrig den Heu- schrecken nachstellen, wie in Nordamerika. Ich kann daher hier wohl eine weitere Aufzählung unterlassen und auf Bruners Investigaciön verweisen, um etwas länger bei den heuschreckenvertilgenden Vögeln Afrikas, d. h. in diesem Falle im wesentlichen Südafrikas, zu verweilen. Am meisten kommen in Betracht die beiden grossen und der kleine Heuschreckenvogel, alle Staare, die Hühner- vögel (Perlhuhn, »Fasan«, Savannenhuhn, Wachteln), die »patrysen« (Steppenhühner, »Wasserwachteln«), Trappen- arten (Paauw, korrhantje Paauw, Korrhaans u. s. w.), Krähen, kleinere Raubvögel, Störche, Kraniche und das Wasser- geflügel. Ueber den kleinen Heuschreckenvogel, eine Brach- schwalbe (glareola melanoptera, Nordm.) liegen schon von John Barrow°'*) Nachrichten vor und seine Angaben sind seitdem eingehend bestätigt worden. Diese Brachschwalbe ist ein Wandervogel, der in Süd- und Südwestafrika wenigstens nur in unmittelbarem Gefolge der Heuschreckenschwärme auftritt. Deshalb kann sie jahrelang fehlen und selbst alt- 673) Nach 1. Report. Chapt. XII. S. 334—350. 67%) Voyage. II. Band. 294 Dr. Sander. eingesessenen Leuten unbekannt sein, wenn sie wieder auf- tritt. Da sie für Südafrika noch mehr zu leisten scheint, als selbst der Rosenstaar für Südrussland, lasse ich nach- stehend eine Beschreibung des Vogels, seiner Niststätten und der Art seines Vorgehens gegen die Heuschrecken folgen: ul | ft I Abbildung 2ı. Glareola melanogaster, Nordm. Brachschwalbe. (Nach der Natur gezei:hnet von H. von Zylinicka.) Die Brachschwalbe ist nahezu von der Grösse einer gewöhnlichen Lerche oder einer grösseren Schwalbe und gleicht letzterer in Fluggewandtheit und Benehmen. Kopf, Kehle und Rücken sind blass-gelblich-aschgrau, Bauch und Bürzel weiss, Flügel und Schwanz weiss, letzterer kurz, leicht gabelförmig. Vom Schnabelwinkel bis unter die Augen und noch etwas darüber hinaus zieht sich ein nackter, schwefel- gelber Streifen hin, unten an der Kehle zwei schwarze gleichfalls nackte. Ihre Nester baut sie da, wo sich Scharen .von Hupfern finden, und nährt sich dann ausschliesslich von Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 295 diesen. Sie nistet und lebt in riesigen Schwärmen, die unter Umständen mit denen der Heuschrecken selbst verglichen werden °’’),. Die Nester stehen auf stärkeren Büschen und sind sehr gross, so gross, dass Barrow sie anfänglich für solche der gerade auch herumfliegenden Geier hielt. Diese riesige Grösse kommt dadurch zu stande, dass es sich um Siedelungsnester handelt, d. h. sie setzen sich zusammen aus einer Menge dicht neben- und ineinander gebauter Einzelnester. Sie bestehen aus einer kleinen Zelle, an die sich eine Röhre anschliesst, die den Vögeln zum Hinein- und Herausschlüpfen dient. Jede Gruppe von solchen Zellen enthält sechs bis zwanzig Nester. Das Gesamtnest ist mit kleinen verflochtenen Zweigen eingedeckt, wie bei einem Elsternest. Das Gelege bestand meist aus fünf Eiern bezw. Jungen. Die Eier sind bläulich-weiss, mit kleinen blassroten Flecken. In der Zeit, wo sie nicht brüten, stellen sie besonders den fliegenden Heuschrecken nach, und dies geschieht in einer ganz eigenartigen Weise‘). »Der Hauptfeind der grossen Schwärme und der wertvollste Freund des tropischen Farmers ist der kleine Heuschreckenvogel. Diese Vögel begleiten, ich kann sagen in Millionen, die Heuschrecken- schwärme; in der That gilt das Auftreten auch nur weniger solcher Vögel als das sichere Anzeichen, dass Heuschrecken- schwärme in der Nähe sind. Die Art, wie sie vorgehen, ist nach meinen Beobachtungen folgende: »Sie schneiden einen Teil des Schwarmes ab und ordnen sich selber in einen Ring von beträchtlicher Höhe, der regelmässig nach oben hin sich erweitert, so dass das Bild eines sich drehenden Ballons oder einer riesigen Staubhose (Windwirbels) ent- 675) z,. B. G. W. George. The small Locust bird. Agric. Journ. Cape Col. 1898. XII. S. 287—288. 676) Andersson, Birds of Damaraland, Guerney’s edition. Nach Peringuey, Locust and their Destruction. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 283—286 und ebenda Redaktionsbemerkung nach „The Field“ zu George, The small locust bird. 1898. XII. S. 287—.289. 296 Dr. Sander. steht. Sie fliegen dann eine über der anderen und stossen wie Falken auf die eingeschlossenen Heuschrecken. Wenn sie diesen Teil des Schwarms aufgefressen haben, folgen sie dem Hauptschwarm und machen einen neuen Angriff und so fort, bis die Nacht herniedersinkt oder die Heu- schrecken alle vertilgt sind. Der Schnabel dieser Vögel ist gerade so gross und so geformt, dass beim Zuschnappen der ergriffenen Heuschrecke alle vier Flügel abgeschnitten werden und der Zuschauer einen beständigen Regen von Heuschreckenflügel zum Boden herniederrieseln sieht.« Dieser Vogel hat in der Kapkolonie, in dem Freistaat und in Natal während der letzten Heuschreckenjahre wieder grossen Nutzen gebracht und stellenweis viel zur Minderung der Plage beigetragen®'’).. Aus Südwestafrika ist mir für das letzte Jahrzehnt nichts von seinem Auftreten bekannt ge- worden; wohl aber hat ihn Andersson gerade hier studiert und erwähnt seiner auch in seinem Reisebericht®‘) als »spring- haanvogel« der Kolonisten. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass der Mangel an Nachrichten keineswegs ein wirkliches Fernbleiben der Brachschwalbe bedeutet. Uebrigens ist dieser Vogel ein sehr geeignetes Beispiel, um an ihm zu studieren, wie wenig in einem Jahre die Feinde der Heu- schrecken es diesen in dem Grade der Vermehrung gleich- thun können. Man halte bloss einmal das Gelege von 5 Eiern der Brachschwalbe dem von 120—150 der Heu- schrecke gegenüber. In heuschreckenarmen Jahren sollen dann wieder viele von den Brachschwalben aus Mangel an geeignetem Futter zu Grunde gehen‘). Der Vogel, der mir zuerst in Südwestafrika als »locust bird« bezeichnet wurde, ist ein Raubvogel, ein Falke, Falco eT).z.:B. Tarka, Agrie. Journ. Cape Col. 1891-1892. IN Bei 17. 8.197. Herbert. Ebenda. 1894. Heft 3. S. 50. Graaff Reinet 1897. X. S. 246 (brütet!) u. v. andere. 678) Reisen in Südwestafrika. II. Band. S. 24—26. 679) Arthur Garcia. The locust plague in Uitenhage. Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 97 führt das als einen Ausspruch Darwins an (ohne weitere Einzelheiten). Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 297 jakal(Abbildung 22), der in seiner äusseren Erscheinung grosse Aehnlichkeit mit unserem Mäusebussard hat. Auch er kommt in gewaltigen Flügen und gilt als sicherer Vorbote von Heuschreckenschwärmen. Ich habe ihn nur beim Fange Abbildung 22. Jakalbussard, Buteo jakal. Afrika. (Nach der Natur gezeichnet von H. v. Zglinicka.) fliegender gesehen, möchte aber deshalb noch nicht be- haupten, dass er nicht auch Hupfer aufnähme; denn ich habe ihn auch da gesehen, wo Züge von diesen sich auf- hielten, und es ist doch wahrscheinlich, dass er sie als 298 Dr. Sander. Beute betrachtete, wenn ich auch zufällig nicht beobachtete, wie er sich daran atzte. Er ist etwas kleiner als unser Bussard, ausgefärbt dunkelbraun am Rücken und Kopf, mit dunkleren Schwingen und Steuerfedern. Schnabel und Fänge sind gelb. Die Unterseite ist graulich-weiss bis gelblich. Die jüngeren sind mehr gleichmässig graubraun. Leider wird er von Bastaards und Hottentotten viel verfolgt, weil er vorzügliche Dunen hatund als guter Bra- ten eilt, der gerade zur Heuschrecken- zeit besonders feist und zart ist. Ich habe übrigens nie gesehen, dass er Vögel oder kleine Säuger schlug. Weiter wer- den als locust birds, spring- haanvogels und zwar als »grosse Heu- schrecken- vögel« die bei- Abbildung 23. den Störche, Marabu, Leptoptilus crumenifer. Afrika. Ci - iconia alba (Nach dem Leben gezeichnet von H. v. Zglinicka ) 2 5 und Ciconia nigra bezeichnet, die beide ebenfalls für Süd- und Südwest- afrika nur als Wandervögel auftreten. Sie sollen hauptsächlich Hupfer fressen“). Ich selbst habe sie nie gesehen. An- 680) Peringuey, l. c. S. 284. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 299 dersson °°') spricht von »Störchen« bei Barmen und im Osten unseres Schutzgebietes, bezeichnet aber die Art nicht näher. Auch der Marabu, Leptoptilus crumenifer, ist überall ein eifriger Heuschreckenvertilger. Dr. Fleck ‘°”) sah ihn am Ngamisee, wie er bei einem Schilfbrande sich die gerösteten Heuschrecken unmittelbar hinter dem Feuer her oder sogar aus diesem herausholte. Von nahestehenden Vögeln seien noch der blaue Kranich (Anthropoides paradisea)‘°*) erwähnt, der ebenfalls Heuschrecken in allen Alterstufen frisst und auch eifrig die Eier ausscharrt und frisst. Ich selbst habe noch storchartige Vögel gesehen, die den Zügen der älteren Hupfer nach- stellten, und von denen Professor Reichenow nach meiner Schilderung vermutet, dass es Nimmersatts gewesen seien. Gleichfalls in sehr grossen Schwärmen sah ich einen Ibis hauptsächlich hinter Hupferzügen. Er wurde mir von einem englischen Afrikaander als der eigentliche »grosse Heuschreckenvogel« bezeichnet. Ich trafihn nur in der Nähe gsrösserer Wasseransammlungen, so das erste Mal an dem von mir angelegten Stauteich. Da ich seinen Nutzen noch nicht kannte, schoss ich einige Probestücke, nahm aber von einer weiteren Jagd sofort Abstand, als ich seinen Magen voller Hupfer fand. Ob es dasselbe Tier ist, das in der Kapkolonie als Hadadah Ibis°“”) bezeichnet wird, vermag ich nicht zu sagen. Er würde dann auch den Heuschreckeneiern nachstellen. Als sehr nützlich haben sich in der Kapkolonie auch die Staare, die »spreeuws« erwiesen und unter ihnen wieder »de witgat spreeuw«, der weissbürzliche Staar (Dilophus carunculatus Gmel]).°°”) Sie vertilgen die Heuschrecken in allen 681) Reisen in Südwestafrika. I. Bd. S. 145 und II. Bd. S. 24— 26. 682) Reise durch die Kalahari zum Ngamisee. Mitteilg. 1893. S. 29. 683) G. W. Turpin. The Destruction of Locust Eggs by Birds. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. Io. 684) Peringuey. 1. c. S. 284. 685) Our Bird Allies (ohne Namen). Agric. Journ. Cape Col. 1893 VL S. 494; H.E. H. A word for the sprews. Ebenda 1892. V.. S. 243—244; Locust-eating Birds (ohne Namen) ebenda. 1892. V. S. 290; 300 Dr. Sander. Stadien, sind eifrig hinter den Eiern her und sammeln sich in grossen Mengen um die Brutstellen der Heuschrecken, wo sie die eben ausschlüpfenden sofort wegfressen. Von grosser Bedeutung als Heuschreckenvernichter ist auch das jagdbare Geflügel. Unter ihm stehen an erster Stelle wohl die Perlhühner °°°) (guinea fowls, bont hoenderen). Abbildung 24. = Dilophus carunculatus Gmel. (Nach der Natur gezeichnet von H. von Zylinicka.) Sie sind ja eifrige Scharrer, und so thun sie schon viel Gutes durch Vernichtung grosser Mengen von Eipäckchen, Humansdorp. Ebenda 1896. IX. S. 206; Stutterheim ebenda 1896. IX. S. 314; Caledon ebenda 1896. IX. S. 129; in letzterem Ort ist kein Staar mehr in den reich tragenden Fruchtgärten zu sehen, weil sie alle hinter den Heuschrecken am Zonder Eindefluss her sind. 686) Peringuey l.c.; Turpin l.c.; Locusts, Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 331—332; Albany, ebenda. 1892. V. S.ı8 us. f Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 301 die ihnen eine besondere Lieblingsspeise zu sein scheinen. Aber auch hinter den Hupfern und Fliegenden sind sie sehr her und mögen viele von diesen vernichten. Da sie in grossen Ketten zahlreich überall bis in die Nähe der Wohnstätten heran vorkommen und ihre Jungen ungefähr gleichzeitig mit den kleinen Hupfern ausschlüpfen, so wird ihre Thätigkeit schon ins Gewicht fallen, und es wäre wirklich angebracht, in Heuschreckenjahren ein Jagdverbot (und ein solches, Perlhuhneier zu sammeln) zu erlassen. R. Wallace°*’) hat eine Vermehrung der Perlhühner infolge des in den Heu- schrecken vorhandenen Futterüberflusses in der Kapkolonie 1895 festgestellt. In ähnlicher Weise beteiligen sich an der Vernichtung der Heuschrecken wohl die beiden Frankoline Südafrikas, der »fizant« (Pternistes Clamator) und das Savannenhuhn. Die Trappenarten (Paauws und Korrhaanen) beschränken sich wohl auf den Genuss von Hupfern und fliegenden Heu- schrecken; wenigstens wird behauptet, dass sie nicht die Eier ausscharren. Die Wachtel kommt in Süd- und Südwestafrika in zu geringer Menge vor, als dass sie von solcher Bedeutung für die Heuschreckenvernichtung werden könnte, wie z. B. in Algier ‘°); sie wird aber in den schon erwähnten Zusammen- stellungen, sowie in vielen Einzelberichten fast durchgängig mit aufgeführt. Von grösserem Nutzen werden die gleichfalls oft ge- nannten »patryzen, partridges, Wasserwachteln« sein, zwei Arten Steppenhühner, die in grossen Ketten und Völkern gerade in der trockenen Steppe recht häufig sind. Ein anderer Vogel verdiente gleichfalls die Bezeichnung »Heuschreckenvogel«, der schwarzweisse Hornvogel, Buceros leucomelas, »hornbill«, »hoornbeek«. Er lebt zwar nur paarweise und nicht in grösseren Flügen, ist aber doch eeT) Farming Industries. S. 3—4. 688) (5, S. Backhouse. Quails and Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. S. 227. Auszug aus dem „Eleveur“. 302 Dr. Sander. überall da, wo nur ein paar Dornbäume oder Dornbüsche stehen, ziemlich häufig. Obgleich das Tier nicht grösser Abbildung 25. Buieros leucomelas. Afrika. (Nach der Natur sezeichnet v. H. v. Zglinicka.) ist als eine Taube, vertilgt es doch grosse Mengen von Heuschrecken. Ich schoss einst einen in der Nähe eines Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 303 Heuschreckenschwarmes, dessen Kropf buchstäblich zum Platzen mit ausgewachsenen Heuschrecken (Pachytylus) an- gefüllt war, mindestens 25—30 Stück, und dessen Magen- inhalt gleichfalls Reste von Heuschrecken in grosser Zahl enthielt. Nach einer Angabe°°”) scheint er sich gelegentlich doch auch zu Flügen zusammenzuschlagen, die den Heu- schrecken folgen. Aus dieser selben Notiz geht übrigens in Verbindung mit meiner eigenen Beobachtung sicher her- vor, dass er beiden Heuschrecken Südafrikas nachstellt; bei den Angaben über die andern Vögel ist das nicht immer klar erkenntlich, wenn auch sehr wahrscheinlich. Von kleinen Raubvögeln wird noch der kleine braune Sperlingsfalk (Tinnunculus rupicolis) °°) besonders erwähnt. Summarisch geschieht dies von allen kleineren Raubvögeln und Eulen in den schon mehrfach genannten Zusammen- stellungen von Andersson, Pefinguey u. s. w. Besonderer Erwähnung geschieht noch zweimal der Saatkrähen‘”'). Regenpfeifer, Kiebitze und dergleichen werden wie überall auch im Kaplande gelegentlich als Heuschrecken- vertilger aufgeführt. Ich möchte aus eigener Beobachtung noch die Glanzdrosseln, Jays, Mäuseschlüpfer (Papageien der Ansiedler) und sämtliche Webervögel erwähnen. Wassergeflügel kommt für Südwestafrika wenig in Be- tracht, weil es dort zu sehr an offenem Wasser gebricht. Wo sich Tümpel finden, sind aber auch Enten, Gänse u.s.w. vorhanden und werden wie sonst anderswo sich eifrig an der Heuschreckenjagd beteiligen. Aus den anderen Kolonieen habe ich nur aus der einzigen, Togo°’) eine einschlägige Beobachtung: Habichte und Schwalben begleiten den Schwarm. jr Bathurse. Agrıc. jourun. Cape Col. 1899. XII. S. 306, 0%» Port Alfred: Agric: Journ. Cape Col. 1900. XVII. S. 186. en Libode, S. 128 und Rast London, Ward 1. S. 782. ‚Apree. joum. Cape Col. 1960. XVM. °®) Hauptm. Kling. Auszug aus den Tagebüchern. Mitteilung. M002..15. 105. 304 Dr. Sander. Von sehr grosser Wichtigkeit ist auch das Hausgeflügel, namentlich Truthühner, Perlhühner, Enten und Gänse°”°). Sie leisten in der That nicht unerhebliche Dienste. Da der Mensch sich ihrer Hülfe aber in bewusster Absicht bedient, so werde ich im einzelnen auf ihre Thätigkeit und Fähigkeit erst in dem Abschnitt über Abwehrmassregeln eingehen. Da die Strausse in Südafrika zumeist auch als »zahme« Tiere gehen, da sie dort in grossem Massstabe gezüchtet werden, so lasse ich auch diese bis dahin, obwohl der afrikanische Strauss auch in seinem wilden Zustande zweifel- los ebenso nützlich ist als Heuschreckenvertilger; vom amerikanischen erwähnt es Bruner °°‘) wenigstens ausdrücklich. Im I. Report°”’) finden sich. einige Ausführungen, die den Wert der Hülfe, den uns die Vögel im Kampf gegen die Heuschrecken leisten, besonders schön ins Licht stellen und die ich deshalb bei des Wichtiskeit der Sache Br: folgen lasse: »Die folgendenBeispiele über Insektenbefunde im Magen- inhalt von Vögeln und des dadurch von diesen geschaffenen Nutzen, sind in gewissem Umfange ein Beweis, dass alle Vögel mehr oder weniger Insektenfresser sind. Es giebt nur wenige oder gar keine Arten, die unter keinen Um- ständen Insekten fressen; ja der grösste Teil zieht Insekten anderem Futter vor. Das trifft nicht bloss für die gewöhn- lich als Insektenfresser bezeichneten Vögel zu, sondern in gewisser Ausdehnung auch für die Körnerfresser. Ich habe oft junge Prairiehühner bekommen, die im August auf Weizenstoppel geschossen waren, und fand zu meiner Ueber- raschung, dass sie viel mehr Insekten als Weizen und andere Körner in ihrem Magen hatten. Die einzige Ausnahme bildeten die, die im Winter unmittelbar bei Weizen- und Strohschobern geschossen waren: dann bestand der Magen- inhalt zum grössten Teil aus Samen und Körnern. Dieselbe 692) Z. B. Semler und die Amerikaner. 69%) Investigaciön. 695) 5. 342—343. Chapt XIl. NER Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 305 Beobachtung machte ich an Wachteln: alle die, die ich nach der Ernte auf Weizenfeldern fing, hatten mehr oder weniger Insekten im Magen, meist mehr als die Hälfte des Inhalts; und auch hier bildeten die einzige Ausnahme die im Winter an Weizen- und Strohschobern gefangenen..... Ueber die Mengen von Insekten, die die insekten- fressenden Vögel verzehren, finden sich folgende Beobach- tungen: Die Jungen einiger Arten brauchen 50, andere 60, andere 55, andere 75 Insekten täglich. Das Mittel kann nicht weit von 60 ab sein, es würden also bei einem Gelege von fünf alle Jungen zusammen täglich 300 Insekten fressen, oder monatlich 9000, ungerechnet das, was die Alten brauchen. Wie viel ein solcher frisst, ist schwer zu bestimmen, weil der Mageninhalt Einzelheiten nicht mehr sicher erkennen lässt; man wird aber wohl den grössten Teil des bereits zersetzten als Insekten rechnen und daher den täglichen Verbrauch eines Insektenfressers auf 200 Insekten im Durch- schnitt schätzen können. Direkte Untersuchungen ergeben eine ähnliche Zahl. Zwei gefangene Regenpfeifer wurden vier Tage lang mit Heuschrecken und anderen Insekten gefüttert, davon ungefähr ein Viertel Heuschrecken, der Rest Fliegen, Ameisen, Käfer, wie es gerade kam; den naar für beide zusammen Bin» sc ind 2 täglich also 404 Insekten, Bission! Snaar448 für jeden einzeln Denen ilnctlolv.13439 täglich also 202 Insekten, 1616 ersten Tag war nicht ausreichend Futter vorhanden, daher ist die Gesamtmenge in der Freiheit wahrscheinlich noch grösser. Rechnet man aber auch nur .150 Insekten den Tag, so verzehren 20 alte Regenpfeifer täglich 3000, monat- lich 90 000 Insekten; ıo Bruten ausserdem mit je 4 Jungen zu je 60 Insekten = 2400 täglich, 72000 monatlich, Alte und Junge zusammen also monatlich 162 000 Insekten! Dementsprechend 100 Alte mit ihren Jungen 8 100 000 In- sekten monatlich. Wenn soviel Heuschrecken innerhalb Sander, Wanderheuschrecken. 209 306 Dr. Sander. eines Jahres auf einer Farm von 160 acres (= 64 ha) ver- nichtet werden, bringt diese wahrscheinlich noch Ernten, auch wenn die Insekten ganz arg sind.« Deshalb verurteilt Riley mit vollem Recht das sinnlose Abknallen und Vergiften von Vögeln, die als Körnerfresser gelten, wie es bei uns in Deutschland und in den Kolonieen — wenigstens kenne ich's so von Südwestafrika — leider auch sehr gang und gäbe ist. Von den Reptilien kommen in erster Reihe wohl die Eidechsen‘°’‘) (und namentlich die Gekonen) in Betracht. Bruner hat in Argentinien auch die Leguans und Warans eifrig bei dieser Jagd gesehen. Wenn die einzelne Eidechse der kleineren Arten auch nicht so sehr viel leisten wird, so wird doch die Menge der vorhandenen Eidechsen ins Ge- wicht fallen und die grösseren unter ihnen werden auch ganz erhebliche Mengen vertilgen. In Südwestafrika sind sehr viele Eidechsen, zum Teil von sehr grossem Wuchs und viele von mittlerem, bis fusslange — vorhanden; aus Ostafrika kenne ich ein ähnliches Verhältnis, und in Togo und Kamerun wird es wohl nicht anders sein. Auch von den Schlangen sollen viele Arten eifrige Heuschreckenfresser sein°”"). Mehr als die Reptilien leisten wohl noch die Amphibien, die Kröten und Frösche°’‘). Bruner giebt über die Thätig- keit der Kröten eine sehr hübsche eigene Beobachtung wieder. Nachdem er erzählt hat, dass er vielfach hunderte dieser Tiere in unmittelbarer Nähe der Heuschreckenzüge gesehen hat, fährt er fort, dass er in der Pampas Central bei General Acha beobachtete, dass wenigstens 200 Kröten in einem Fanggraben, der zum Schutze eines Feldes vor °°%) Redtenbacher I. c. S. 35; Köppen 1. c. S. 83; Bruner III. Report. Chapt II. S. ı8. Chapt Ill. S. 38; Investigaciön S. 61; Jehn Carrington. Some Natural Enemies of Locusts. Nach The Field in’Agric. Journ. Cape Col. 1892..V. S.,162- 163 warme 697) Lawr. Bruner. Investigaciön. S. 61. 68) AJl die eben angezogenen Autoren. a Ta en an ST en .. ei Re = Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 307 Hupfern gezogen war, beisammen waren. Sie waren in der Jagd auf die Hupfer hineingesprungen und konnten nun nicht wieder heraus, schienen aber keinerlei Beschwerde von dieser Gefangenschaft zu empfinden, sondern sie nur als Erleichterung ihres Werkes zu betrachten. Die hinein- fallenden Heuschrecken wurden eine nach der andern ge- fressen, sodass immer Platz für neue wurde. In unseren afrikanischen Kolonieen, sogar im trockenen Südafrika, haben wir eine grosse Menge von Kröten und Fröschen und auch hier wieder zum Teil recht grosse Formen. Wenn auch bei uns die zwecklose Vernichtungs- wut gegen dieses »Gewürm« nicht ganz so schlimm ist, wie im romanischen Südamerika, ein recht erheblicher Bruchteil dieser nützlichen Tiere fällt auch bei uns einer gedankenlosen Verfolgung und einem unberechtigten Abscheu zum Opfer und es wäre sehr zu wünschen, dass hierin eine Besserung einträte. ‚Reptilien und Amphibien halten sich naturgemäss zu- meist an Hupfer, verschmähen aber auch Fliegende nicht, wenn sie ihnen beikommen können. Das Gleiche gilt von Fischen, die ja allerdings darauf warten müssen, bis ihnen die Heuschrecken selbst ins Maul laufen oder fliegen. Dann sind sie aber auch eifrigst bei dem leckeren Schmause, sodass wenigstens gelegentlich ihre Mitwirkung von Belang sein kann. Hinzufügen möchte ich noch gleich hier, dass Heuschrecken ein ganz vorzüglicher Fischköder zu sein scheinen. Aus dem Reiche der wirbellosen Tiere kommen be- sonders Fliegen, Wespen, Käfer und Milben, ferner ein Fadenwurm, als solche Tiere in Betracht, die in aus- gedehnterem Massstabe Verheerungen unter den Heu- schrecken anrichten. Daneben thun Ameisen und Termiten, Grillen und Fangheuschrecken gelegentlich auch einigen Abbruch. Aus Europa sind nicht allzuviel solcher Feinde bekannt. Köppen°”’) führt einige an, Redtenbacher '’°) misst 69) 1.c. S. 8485. AND ES U 308 Dr. Sander. ihnen wenig Bedeutung bei, Gerstäcker''') aber behauptet gar, dass »die Wanderheuschrecke unter den Insekten keinen einzigen nennenswerten Feind aufzuweisen hat«, vor allem leugnet er die Thätigkeit von Fliegen und Schlupfwespen. Nun, die Untersuchungen der Amerikaner in Nord- und Südamerika, der Franzosen in Algier und die der kapischen Entomologen haben den glänzenden Gegenbeweis geliefert. Unter den Fliegen sind solche, die die Heuschrecken selbst, und solche, die die Eier vernichten. Die häufiger und genauer beobachteten sind die ersteren. Von Fliegen, die die Eier angehen, werden aus Nord- und Südamerika.’””) genannt Anthomyia angustifrons Meigen, die im Herbst 1876 etwa ı0°/, der abgelegten Eier zerstört haben soll. Und zwar geschieht das, indem besonders nach gut durchdringendem Regen die Eier der Fliege neben die Eipäckchen gelegt werden, bald ausschlüpfen, die Hülle der Eipäckchen durchbrechen und sich nun von den Eiern nähren. Die '/, Zoll langen Maden finden sich einzeln oder zu mehreren in den Eipäckchen, in denen sie sich ver- puppen und bei warmem Wetter nach etwa einer Woche aus- schlüpfen. Was von den Eiern eines solchen Eipäckchens von den Maden nicht unmittelbar ausgesogen wird, verrottet, weil die wasserdichte Hülle des Päckchens verletzt ist. Die Fliege ist grau, zweiflügelig und der Stubenfliege sehr ähn- lich, bloss sehr viel kleiner. Die meisten überwintern im Puppenzustande, einige jedoch auch als fertige Insekten. Für gewöhnlich finden sich die Mädchen auf Leguminosen, die parasitische Lebensweise ist die Ausnahme. Ferner werden von dorther die gemeinen Fleischfliegen (Sarcophagae)’°°®) oder vielmehr deren Larven als Zerstörer der Heuschreckeneier genannt. Die Made ist beträchtlich grösser; in den meisten Fällen scheinen nur schon irgendwie beschädigte, besonders verrottete Eipäckchen angegangen I 02) ]. Report. S. 285—286; Investigaciön S. 46. App. 708) Fbenda. ES Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 309 zu werden’°°). Carlos Berg ’°‘) spricht ihr überhaupt nur diese Fähigkeit zu, hält also eine wirkliche Schädigung der Heu- schreckenbrut für ausgeschlossen. Gelegentlich sind auch die Maden einer Asilusfliege auf Heuschreckeneiern gefunden worden. Gewöhnlich aber tritt die ausgewachsene Fliege als Feind auf. Während von Amerika her andere Fliegen als Eier- zerstörer nicht gemeldet werden, giebt Peringuey ’”) von Beobachtungen in Algier her noch zwei weitere an: Er hatte Triunguline (eine be- stimmte Zwischenform zwischen Made und Puppe bei einigen Käfern) in Südafrika in der Nähe zerstörter Eipäckchen (des Pachy- tylus) gefunden und schreibt sie diesen Abu le beiden Fliesen zu. An trockenen, kahlen "mbylius micans. Süd-Afrika. Stellen, längs der vegetationslosen Streifen Natürliche Grösse. von Wegen und Fusspfaden, kann man sehr Ei, Zeile) gewöhnlich grosse, wie mit Sammet bezogene, zweiflügelige Fliegen mit sehr dünnen, langen Beinen und ebensolchem Stechrüssel oder Schnabel sehen. »Sie sind in der That sehr gebrechliche Wesen, diese Bombylices und Anthraxfliegen, und man muss sich wirklich wundern, wie ein Insekt ohne kräftige Kiefer oder Grab- beine seiner Nachkommenschaft Eingang verschaffen kann in die Thonnester von Wespen oder die Eipäckchen von Heu- schrecken. Und doch ist dies zerbrechliche Kerbtier ein ausserordentlich nützlicher Hülfsgenosse. Die Eier werden in den Boden gelegt, stets in die nächste Nähe von Ei- päckchen des Wirtstieres und lassen eine Made, nicht un- 7%) Sobre los enemigos etc. S. 25—30. 705) Locusts and their Destruction. 1. c. S. 283—284. Es sind wohl dieselben „Fliegen“ von denen Trabut: »Sur un parasite de sau- terelles 13892« aus Algier berichtet und die aus Kei Road 1896 (Agric. Journ. Cape Col. IX. S. 130) gemeldet werden. Beide Male wird wenigstens von sehr kleinen Maden einer Fliege nn die die Eipäckchen zerstören. 310 Dr. Sander. ähnlich dem Triungulin in Aussehen, obwohl zu einer ganz anderen Ordnung von Insekten gehörig, ausschlüpfen. Mit Hülfe ihrer langen Beine, steifen Borsten und ihres kräftig bewehrten Kopfes erzwingt sich diese Zutritt zu ihrer Beute, gleichgültig, wie fest der Boden, ja selbst, wenn es Cement ist. Hindurchgedrungen, frisst sie sich nach Gefallen voll und wird dann zu einem fettigen, klumpigen Ding, das ganz unfähig wäre, seinen Weg nach aussen zu suchen, wenn sich nicht eine Verwandlung einstellte, ähnlich der coarctaten Käfermade. Es ist das der Schlusszustand der Hypermeta- morphose. Die formlose Masse durchläuft nämlich eine Verwandlung und entwickelt eine Reihe starker Borsten, die den Leib in seiner Lage halten, während der Kopf, mit kräftigen Dornen ausgerüstet, zugleich als Schaufel und Haue gebraucht wird und einen Weg zur Aussenwelt bohrt. Dann berstet die Haut dieses seltsamen Wesens am Rücken und ein hübsches kleines Insekt kommt ans Licht. Künckel d’Herculais stellte fest, dass durch die Bombylidenlarven, je nach der Gegend, in Algier Is—;50°/, der Eipäckchen (Schistocerca oder Stauronotus?) vernichtet werden. Sie waren, als ich mich vor vier Jahren dort kurze Zeit auf- hielt, aussergewöhnlich zahlreich. Mitglieder dieser Fliegen- familie sind in Südafrika sehr zahlreich in vielen Arten vertreten«. Wir können also gelegentlich auch dort gute Hülfe von ihnen erwarten. Häufiger als diese Arten, die die Heuschreckeneier ihren Jungen zum Frass auswählen, sind solche, die die lebende Heuschrecke dazu benutzen. In erster Linie nenne ich hier die Fleischfliegen ' (Sarcophagus-Arten), über deren wirksame Angriffe aus Russland, Nord- und Südamerika und Südafrika berichtet wird. Sie legen ihre Eier, oder da diese vielfach schon im Legeschlauche ausschlüpfen, ihre jungen Maden an Heu- schrecken, Hupfer und Geflügelte, wo sie an den zarteren Verbindungshäuten zwischen den harten Schildern und Ringen sich einbohren und im Fettkörper der Heuschrecke Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 311 bis nahe zur Puppenreife entwickeln. Ist die Made so weit herangewachsen, so bohrt sie sich ihren Weg nach aussen, gewöhnlich an der Verbindungsstelle zwischen Kopf und Brust, und begiebt sich zur Verpuppung unter altes Gemüll oder dergleichen. Sie können einzeln oder zu mehreren in einer Heuschrecke sich vorfinden und ihr Herausbohren veranlasst den Tod ihres Wirtstieres. Während nun Riley ‘°°) und Bruner’’”) angeben, dass die Sarcophagiden als Fleischflliegen mit Vorliebe kranke oder gar schon tote Heuschrecken angehen, erklären Rossikow’°®) und die Südafrikaner gerade diese Fliegen als die gefährlichsten Feinde der Heuschrecken aus der Klasse der Insekten. Rossikow fand neun verschiedene Arten der Gattungen Sarcophaga und Sarcophila.. Er beschreibt das Vorgehen der Fliegen so, dass die lebendiggebärenden Fliegen ihre jungen Maden in die Oeffnung zwischen den äusseren Geschlechtsteilen der älteren Heuschreckenlarven (von deren drittem Stadium ab) wie der ausgewachsenen Heuschrecken absetzen, die sich dann von hier aus in den Fettkörper einbohren’°°). Aus Südafrika her wird der Vorgang anders beschrieben und zugleich hinzugefügt, dass die von solch innern Schmarotzern geplagten Heuschrecken deutlich einen kranken Eindruck machten und nicht mehr so beweglich und wander- lustig wären. Das entspricht auch bei weitem mehr der Wahrscheinlichkeit und in Rossikows Fällen wird es wohl SET. Report S. 323/24. 707) Investigaciön. S. 52. 708) Asiatische oder Wanderheuschrecke. S. 651. (Ich bedaure hier abermals sehr, dass mir das Original nicht zugänglich war.) 709) Rossikow schreibt den durch diese Parasiten verursachten Qualen hauptsächlich die Schuld zu, dass die Heuschrecken von ihren „ständigen Niststätten“ fortwandern. Es ist nicht recht einzusehen, dass sich die Heuschrecken gerade eine so gefährliche Gegend zum ständigen Brutgrunde aufsuchen und zu solchen Massen anwachsen sollten, wäre wirklich nur das Uebermass der Parasiten an solchen Standorten der Hauptgrund zum Wandern. 312 Dr. Sander. auch nicht anders gewesen sein, da ebenso wie in Südafrika auch bei den von ihm beobachteten Heuschrecken ganze Schwärme zu Grunde gehen. In Südafrika kommen drei Fleischfliegen (Sarcophagae) in Betracht. Die gewöhnlichste ist Cynomia pictifacies '**) Bigot und zwei kleinere nahe Verwandte Die C. pictifacies ähnelt der ge- wöhnlichen Stubenfliege, ist aber zweimal so gross; sie ist viel heller gefärbt, aschgrau mit zwei weissen 'Tupfen im Gesicht und ' geht unter dem Namen Rh »blaue Fliege« (blue Ay). Cynomia Bickifagies, (Vergrössert.) t Der Leib ist mässig mit Aus Wallace, Farming Industries of Cape Colony. Haaren und Borsten be- setzt; der PBrustteil ist mit weichen Härchen schön ge- streift, am auffälligsten aber ist der bleigraue Hinterleib mit schwarzen Flecken und rostrotem, glänzendem Anus. Peringuey giebt an, dass er das erste Exemplar aus »Damaraland«, d. h. Deutsch-Südwestafrika, erhalten habe, und auch ich kann mich entsinnen, diese Fliege dort ge- sehen zu haben, wenn ich sie auch nicht als Schmarotzer der Heuschrecken beobachten konnte. Sie ist anfänglich beim Pachytylus gefunden worden und später auch bei der Schistocerca, der sie in gleichem Masse schädlich war”''). Auch sie legt nicht Eier, sondern setzt eine junge Made auf die Heuschrecke ab, auf der diese 710) Peringuey, 1. c. S. 284. Bairstow, Locusts and their Parasites. Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII. S. 177—179; Bairstow, H. Weakly and Peringuey. Locust Parasite. Ebenda 1892, V. S. 227—228; Cape Mercury, Locust Fly. Ebenda 1894. VII. S.54; J. T. H. The fiy destroyer of the Locust. Ebenda 1890—1891. Ill. S. 249; W. Roe, Locusts and their Methodical Destruction. Ebenda 1894. VII. S. 54—55. 71) Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. S. 60. Herschel. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 313 durch einen klebrigen Schleim festgehalten wird. Die Made beginnt sich sogleich an einer der Verbindungshäute, meist zwischen Beinen und Brust, einzubohren. Mit Vorliebe sucht sich dazu die Mutterfliege Heuschrecken — und zwar an- scheinend meist Hupfer —, die in der Häutung begriffen Sind, aus, deren noch weiche Haut also das Eindringen der jungen Made erleichtert und deren Hilflosigkeit diese vor dem Abgestreiftwerden behütet. Meist scheint die Made in der Gegend des Halsschildrandes (under the jacket) ab- gesetzt zu werden, doch sagen die Beobachter, dass an- scheinend die Fliege nicht eben sehr besorgt sei, wo sie schliesslich am Hupfer das Ei unterbringe. Die Berührung mit der Heuschrecke ist dabei so kurz, dass ein gewöhn- licher Beobachter sie gar nicht bemerkt, sondern die Fliegen nur über dem Zuge herumschwirren sieht. Die beiden ersten Hupferstadien scheinen auch hier, wie in Europa, nicht ge- wählt zu werden; offenbar sind sie noch zu klein und zu trocken, wenn ich mich so ausdrücken darf, ihre Chitinhülle überwiegt noch zu sehr die Weichteile an Masse. Auch von dieser Fliege können sich mehrere Maden in einer Heuschrecke vorfinden, und diese wählen dieselbe Stelle zum Austritte wie die europäischen und führen so gleichfalls den Tod ihres Wirtstieres herbei. Nach dem Austritte verpuppen sich die Maden gleichfalls in weichem Boden, Dünger oder dergleichen und machen ihre Ver- wandlung zum geflügelten Insekt durch. Die Heuschrecke ist, wenn die Made sie verlässt, vollständig leergefressen. Im Puppenstadium verbleibt die Fliege nach Bairstow etwa 50 Tage und legt eine Woche später. Die Zeit, die sie als innerer Schmarotzer zu ihrer Entwickelung gebraucht, ist noch nicht genau bekannt. Er giebt einige Versuche mit infizierten Heuschrecken und diesen Fliegen; dabei war ihm die Zeit, in der die jungen Maden abgesetzt waren, un- bekannt, weil ihm die Heuschrecken von ausserhalb zu- geschickt waren. »Maden entschlüpften den Hupfern am 1. November, verpuppten sich am 3. November, schlüpften 314 Dr. Sander. ausam 25. Dezember. Hupfer schlüpften aus am 27. Dezem- ber; legten Eier (doch wohl die Fliegen? D. Verf.), die sich als unfruchtbar erwiesen, am 3. Januar; gleichzeitig ent- schlüpften den vollentwickelten Heuschrecken wieder Maden. — Diese Daten beweisen, dass Fliege und Heuschrecke zur gleichen Zeit miteinander auftreten, die eine in Begleitung der anderen. Die Fliege. haust mit der Heuschrecke zu- sammen, macht ihre Verwandlungen mit ihr durch und be- gleitet sie wahrscheinlich auf ihren Wanderungen.« Sie wird so in normalen Jahren, wo nur eine Heuschreckenbrut zu stande kommt, sehr nützlich wirken können, wenn sie, was noch festzustellen wäre,.aber nach der Zeit ihres Auf- tretens in den mir vorliegenden Berichten wahrscheinlich ist, zwei und mehr Bruten in einer Regenzeit durchmachen kann. So sind 1894 in Queenstown’'’”) im März grosse Mengen Fliegen bei den Schwärmen, im April sind diese schwer krank, zeigen keinerlei Anzeichen, dass sie zum Brutgeschäft schreiten wollen, und enthalten in ausgedehntem Masse Cynomiamaden. Hier müssen doch alle befallenen Heuschrecken zu Grunde gehen, ehe sie zur Fortpflanzung kommen. In Steynsburg dagegen sind die grossen Heuschreckenmengen schon im Laufe des Februar von dieser Fliege vernichtet. Nun liegt aber Steynsburg nicht allzuweit von Queenstown, nur etwa I5 deutsche Meilen, und über Queenstown führt der Weg in die Winter- herbergen der Heuschrecken an der Küste, z. B. East London. Die Zeit von einem Monat reichte aber für Fliegen und Heuschrecken hin, um diesen Weg zurückzulegen und gleichzeitig für die Fliegen auch die Verwandlung zum ge- flügelten Insekt durchzumachen. Ich muss mich auf diese wenigen Fälle beschränken und Leser, die sich eingehender mit der Frage beschäftigen wollen, auf die Agricultural Reports and Prospects des Agricultural Journals der Kap- kolonie, Jahrgänge 1890—ı1g01 (Bände III—XVIH), ver- weisen. 2) Queenstown,. Agric. Journ. Cape Col. 1894. VII, S. 171 u. 216. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken, 313 713 Aus Südamerika berichtet Berg ’‘’) gleichfalls über eine Sarcophagide, die den geflügelten Heuschrecken sehr ge- fährlich ist und ihren vorzeitigen Tod herbeiführt und deren parasitische Larve meist in der Brust, seltener in der Bauch- höhle zu ein bis sechs Stück lebt. Ausgewachsen verlässt diese ihren Wirt, wird unter der Erde zur Puppe, schlüpft nach zwölf bis fünfzehn Tagen als fertiges Insekt aus. Sie legt ihre Eier an den Halsschild einer gerade in der letzten Häutung stehenden Heuschrecke, solange dieser noch weich und klebrig ist (eEpoca en la cual este debil, blando y algo viscoso). Die aus dem Ei schlüpfende Made bohrt sich in das Innere der Heuschrecke und verrichtet dort ihre Zer- störung. Die infizierten Tiere sollen äusserlich erst zu er- kennen sein, wenn die Made ausschlüpft. In Nordamerika scheinen die Tachinafliegen ’'‘) den Heuschrecken am gefährlichsten zu sein. Sie legen Eier auf die fliegenden Heuschrecken, am liebsten bei deren Auffliegen, an Stellen, wo diese sie nicht abstreifen können. Die Heuschrecken scheinen ihren Feind zu kennen und machen die gewaltsamsten Anstrengungen, ihm zu ent- gehen. Der weitere Gang vollzieht sich in gleicher Weise, wie oben geschildert: die sehr bald ausschlüpfende junge Made bohrt sich an einer weichen Stelle in den Körper der Heuschrecke und lebt hier von dem Fettkörper, indem sie ebenso wie die anderen Maden die lebenswichtigen Teile unberührt lässt. Reif zum Verpuppen bahnt sie sich ihren Weg nach aussen, gräbt sich in den Boden und verpuppt sich da. Die Fliege kommt entweder noch im selben Jahre oder erst im folgenden Frühling heraus. Die infizierten 718) |. c. Agria acridiorum Weynb. Berg; Nemorea acryd. Weyen bergh. Conil; Diptere, Sarcophagide (keine Nemoraeea nach Brauer und Mik). 714) [. Report. S. 319—323. III. Report. Chapt II. S. 18—19. Chapt III. S. 40—41; P. Mac Owan. Beneficial Insects. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 97 nach Report in the California State Board of Horticulture von Oliff. 316 Dr. Sander. Heuschrecken sind träger als sonst, sterben aber nur selten, ehe die Made heraus ist. Die Fliege kommt manchmal in ungeheuren Mengen vor und folgt den Heuschrecken- schwärmen; sie kann dann auch den Menschen ernstlich be- lästigen. Bei warmem Wetter braucht sie nur 14 Tage, vom Ausschlüpfen aus dem Ei ab gerechnet bis zu ihrer vollen Entwickelung ; bei kälterem ist diese Zeit sehr ver- längert. Auch diese Fliege ähnelt sehr der gemeinen Stubenfliege, nur ist sie etwas grösser. Ob sie in Afrika vorkommt, weiss ich nicht. Bruner hat sie auch in zwei Arten in Argentinien be- obachtet und bezeichnet die Tachiniden als über die ganze Erde verbreitet und sagt, sie seien im allgemeinen überall ein Heuschreckenfeind von Bedeutung. Er fährt aber fort, dass sie weniger widerstandsfähig seien als die Mehrzahl der Wanderheuschrecken und im allgemeinen ein feuchteres Klima brauchen. Deshalb könnten sie wohl die Heuschrecken gänzlich vernichten, könnte man diese auf einer feuchten. Stelle zusammendrängen und zusammenhalten; in den na- türlichen Heuschreckengegenden aber könnten sie nur ein- mal bei günstigen Gelegenheiten einen Schwarm vernichten. Vielleicht ist diese höhere Anforderung der Fliegen an Feuchtigkeit der Grund, weshalb von ihrer Thätigkeit aus dem trockenen Süd- und Südwestafrika nichts bekannt ist. Von den Amerikanern '*”) wird auch von grossen Raub- fliegen berichtet, die junge und gelegentlich auch alte Heu- schrecken greifen und aussaugen. Bruner beschreibt, dass sie den Hupfer ergreifen und mit ihm nach einem ab- gelegenen sicheren Fleck oder auf einen kahlen Zweig oder eine Pflanze fliegen, wo sie ungestört ihr Opfer aussaugen können, mit dem sie wie die Katze mit der Maus spielen. Es sind grosse, stark behaarte Fliegen, die mit grossem Geräusch fliegen und auch den Menschen empfindlich 715) ], Report, Asilus u. and.‘ Coquillet, Report on the Locust Invasion of California in 1891. Bullet. 27. S. 46—51ı; Lawr. Bruner, Investigaciön. S. 53. ‘Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 317 stechen. Als Arten werden genannt: Asilus, Stenopogon (consanguineus Loew.), und Promachus (apivora Fitch), Erax, Tolmerus, Proctacanthus (milbertii Macq.); aus Südamerika vier bis fünf nicht näher bezeichnete Arten von Moscas de rapina. Da diese Fliegenarten auch in Afrika zahlreich ver- treten sind, werden sie hier wohl auch sich ebenso wie in Amerika zu den Heuschrecken verhalten. Eine allzugrosse Bedeutung ist ihrer Thätigkeit aber wohl kaum beizumessen. Von den Ichneumonfliegen sagt Riley“), dass ihm keine einzige mit Sicherheit bekannt sei, die die Heu- schrecken angehe, so oft sie auch in den Berichten er- wähnt würden; meist handle es sich wohl um Verwechslungen mit Tachina- oder Anthomyiafliegen und unsichere Be- obachtungen. Er bezieht sich dabei ausdrücklich auf Gerstäcker. Immerhin sind ihm zwei Arten dieser »bienen- ähnlichen« Insekten eingeschickt worden, ein Campoplex und eine Pimpla notanda Cresson, die mit Heuschrecken schwärmend angetroffen worden waren, wenn der Be- obachter auch nicht feststellen konnte, dass sie wirklich ge- stochen hatten. Lawr. Bruner ''”) hat dann später in Montana mehrere Arten von Ichneumoniden beim Angriff auf Stand- heuschrecken gesehen und ist deshalb davon überzeugt, dass auch bei Wanderheuschrecken das Gleiche stattfände. Endlich erwähnt Bairstow''*), dass viele Ichneumonfliegen im Kaplande vorkämen, die als Maden innere Parasiten von Spinnen und Raupen wären, so dass es wahrscheinlich sei, dass die Nachrichten über Maden in Heuschrecken auf eine Ichneumonide zu beziehen seien. Edixhoven ’*’) führt von Australien die schon von Riley als zweifelhaft bezeichneten im Report of the Secretary for Agriculture, Melbourne 1873, mitgeteilten Beobachtungen an. Es muss also dahingestellt bleiben, ob die in Afrika so zahlreichen Ichneumoniden 716) ], Report S. 324— 326. 717) JII. Report. Chapt II. S. 18—19. 118, The Locust. S. 162. 719) Locusts, how to destroy them. S. 231—232. 318 Dr. Sander. wirklich Heuschrecken infizieren. Riley ’'”’) erwähnt übrigens eine halbzolllange gelbliche Made, die auf dem Eipäckchen schmarotzt und die Eier aussaugt, als wahrscheinlich einer Ichneumonide zugehörig und fügt hinzu, dass auch Motschulsky die Maden von Pimpla instigator auf den Eiern des Pachy- tylus migratorius in Russland schmarotzend gefunden habe, also wie Peringuey oben. Wie unter den Fliegen finden sich auch unter den Wespen eine Reihe von Schädlingen der Heuschrecken. Aus Europa sind die Nachrichten, wenigstens in dem mir zugänglich gewesenen Material, mehr wie dürftig. Von Schlupfwespen, die ihre Eier in dem Eipäckchen ablegen und deren Maden diese zerstören und in ihnen sich bis zum geflügelten Insekt entwickeln, wird aus Java'”') be- richtet. Die Eier erscheinen dabei unverändert. Man kann aber in einem entsprechenden Zuchtglase die jungen Schlupfwespen auffangen. Auf diese Weise hat Zimmer- mann aus einer Sendung Eiern von dem Zuidergebergte nur Schlupfwespen, aus einer anderen bedeutend mehr Wespen als Heuschrecken gezüchtet. Die letzteren sind nur wenig grösser als die Wespen, aber durch ihre langen Spring- beine auch ohne Vergrösserung leicht von diesen zu unter- scheiden. Um beide zu scheiden genügt ein feines Netz, das über dem Gefäss angebracht wird und durch dessen Maschen die Schlupfwespen herausgelangen und so auch in bis dahin von ihnen freie Gegenden gebracht werden können, während die Heuschrecken zurückgehalten werden und zu Grunde gehen. Diese Methode lässt sich vielleicht sogar für eine Uebertragung in entferntere Gegenden an- wenden, da ja die Dampferverbindungen jetzt so gut sind, dass es möglich erscheint, die Eipäckchen während ihrer Entwickelungszeit weithin zu verschiffen. Bei der von 20) [. Report. S. 304—305. 21) Zimmermann. Over de Sluipwespen etc. Ich nehme hier gern Gelegenheit, Herrn Professor Warburg meinen Dank für die freund- liche Ueberlassung dieses Abdruckes auszusprechen. re | -Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 319 Zimmermann angegebenen Verhältniszahl der angestochenen Eier und dem Fehlen ähnlicher Beobachtungen aus anderen Gegenden lohnte ein solcher Versuch schon. Weiter verbreitet scheint eine andere Klasse von Wespen als Feinde der Heuschrecken aufzutreten: die Mauer- und Grabwespen, die in dem Boden oder in Gemäuer Höhlungen machen oder Zellen aufbauen, in denen sie ein von ihnen gelähmtes Insekt einbringen, auf das sie ihre Eier ablegen. Die ausschlüpfenden Maden finden dann in dem bloss gelähmten, aber noch lebenden Futtertier ihre Nahrung bis zu ihrer, Verpuppung. Die Nachrichten aus Europa sind so unbestimmt’””), dass ich sie übergehen kann. Aus Nordamerika werden als solche »Digger-wasps« Prio- Ronvzatrata Se. Farg.n”), Larrada''semiruta % Cress;’?), Sphex ichneumonea L.'”’), Chlorion coeruleum Drury””°), Polistes variatus Cresson’’‘) und 724 Tachytes rufofasciata Cr. ’’*) ge- nannt; aus Südamerika Sphegiden (Enodia fervens Conil), Larradiden und Pompiliden '”°). Auch ausSüdafrika werden zwei solcher Raubwespen aufgeführt: eine Sphegide (Harpactopus spec. aus Gordonia)””‘) (ohne nähere Beschrei- bung) und eine Ammophila’””), R : Abbildung 28. »Sandwasp«. DBairstow giebt von Ammophila. (nat Grösse.) Aus Wallace, Farming Industries ihr eine genaue Beschreibung, die ee ich hier folgen lasse: Sie misst etwa 1'/, Zoll (englisch) vom Kopf bis zur Leibesspitze, 1'/), Zoll von Flügelspitze zu Flügelspitze. S) Koppen, :L. ce. 5. 84. @2) ]. Report. S. 317-319. 4) Coquillet 1. c. 25) Investigaciön. 26) Locusts, Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. (S. 331—332.) 27) Bairstow, Locusts & Their Parasites 1. c. und offenbar nach diesem R. Wallace. Farming Industries. S. 494—495. 320 Dr. Sander. Leib und Beine sind schwarz und rostrot, das Gesicht blass- gelb. Ihre Beine tragen kräftige Greifklauen. Dies Insekt fängt die Heuschrecken nur, trägt sie fort und gräbt sie ein, etwa zwanzig bis dreissig in der Stunde. Das Weibchen ist mit einem Stachel versehen, mit dem sie ihr Opfer sticht, das dadurch gelähmt und hilflos wird, ohne aber unmittelbar daran zu Grunde zu gehen. Ihr Auftreten wird unter anderem auch aus Upington'?‘) gemeldet. Wenn ich recht gesehen habe, kommt diese Wespe auch in Südwestafrika vor’”’) und ich glaube auch noch andere, darunter eine Mauerwespe, die aus Thon eine Reihe von Zellen an Mauerwänden u. dergl. nebeneinander baut, Hupfer als Nährtiere für ihre Brut eintragen gesehen zu haben. Ich halte es für angezeigt, die Schilderung, wie solche Wespen ihre Opfer überfallen und in die Brutzellen (seien es solche in der Erde, im Mauerwerk oder selbst- gebaute) hineinschaffen, folgen zu lassen, damit gelegentliche Beobachter dadurch zu Mitteilungen angeregt werden. Coquillet schreibt von der Priononyx, einer mittel- grossen, ganz schwarzen Grabwespe: Sie gräbt eine Höhlung in den Boden, gewöhnlich in losen Sand und beschickt sie mit einer Heuschrecke, die sie im Fluge fängt und durch mehrfache Stiche lähmt. Sie senkt dabei ihren Stachel fast stets in die Unterseite der Brust ihrer Opfer zwischen die ersten beiden Beinpaare. Die Heuschrecke wird nach einigen Stichen bewegungslos, die Wespe stellt sich nun rittlings über sie, fasst sie bei den Fühlern und schleppt sie auf ihr Loch zu. Dabei lässt sie sie mehrfach los und sucht erst wieder nach ihrem Loch; wenn sie dies gefunden hat, kehrt sie zurück und schleppt die Heuschrecke an den Fühlern weiter. Hat sie sie glücklich auf dem Grunde des Loches, so legt sie ein oder mehrere Eier auf sie ab, kommt aus dem Loch heraus und scharrt dies mit den 28) Agric. Journ. Cape Col. 189. XV. S. 77. 22) Meine Sammlung von 1894 her ist noch nicht bestimmt. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 321 Vorderfüssen zu, wie etwa ein Haustier. Alle ihre Be- wegungen sind ausserordentlich rasch und sie ist fast un- unterbrochen in Thätigkeit, auf der Heuschreckenjagd oder beim Lochgraben. Hat sie keine Wanderheuschrecken, so nimmt sie gewöhnliche Standheuschrecken. Die südamerikanische Art, schwarz und rot gefärbt (also ähnlich der südafrikanischen) und grösser als die vorige, verfährt ganz ähnlich, ist aber so raubgierig, dass sie sich mitunter wie ein Tiger unter eine Schar von ausgewachsenen Hupfern stürzt und einen nach dem andern bis zu einem Dutzend und mehr fängt und sticht. Die Wespen, die ihre Zellen in oder an Wänden anbringen, tragen ihre Beute, die meist ebenso gross oder noch grösser, jedenfalls aber schwerer ist als sie selber, rittlings auf ihr sitzend im Fluge ein. Unter den Käfern sind eine ganze Reihe von Gattungen und Arten, die entweder in grossem Umfange Heuschreckeneier oder junge Heuschrecken vernichten. Auch hier stammen meine besten Nachrichten von den Amerikanern. Riley’°°) führt zunächst eine Reihe von Carabiden auf, die zum grössten Teil als Larven auf den Eiern schmarotzen. - Einzelne davon erscheinen im Frühjahr in grossen Schwärmen, suchen die Felder auf, in denen Eier abgelegt sind, und verzehren diese (Agonoderes dorsalis Lec.). Eine andere Familie von Käfern, Blister beetles, Pflasterkäfer (»spanische Fliege«) ist in Amerika den Heu- schrecken nicht so schädlich als die erste und als es anderswo der Fall zu sein scheint. Sie leben als Käfer auf Pflanzen und nur ihre Maden schmarotzen auf verschiedenen Insekteneiern und machen dabei ganz eigentümliche Ver- wandlungen durch, wie Riley und Scudder nachgewiesen haben, während bisher angenommen wurde, dass sie in der Erde von feinen Wurzelchen leben. Da eine Gattung, wie 30) ]. Report. S. 289—292. Sander, Wanderheuschrecken. 21 322 | Dr. Sander. Peringuey’°') mitteilt, in Nordafrika als häufiger und gefähr- licher Schmarotzer der Schistocerca peregrina beobachtet und gleichzeitig mehr als die Hälfte aller zugehörigen Arten in Südafrika heimisch ist, so dürfte es wohl an- gezeigt sein, die Riley’schen Untersuchungen über das parasitische Leben und die Entwickelung der nn hier wiederzugeben: Diese Käfer treten zu Zeiten in grossen Massen auf. Sie legen . ihre Eier in den Boden in die Nähe von Ei- päckchen der Heuschrecken und die ausschlüpfenden Maden sind zunächst schlank, langbeinig und sehr lebhaft‘””) und fressen sich in das Eipäckchen ein. Dort bleiben. sie, bis sie nahezu alle Eier aufgefressen haben und sich in eine plumpe, kurzbeinige Made verwandeln. Nun verlassen. sie den Rest der Eier, dringen nebenbei in das Erdreich ein und verwandeln sich hier erst zur coarctaten Larve oder Scheinpuppe, dann zur Puppe und schliesslich zum voll- kommenen Käfer. Die Weibchen legen in mehreren Zwischenräumen 4—500 Eier in unregelmässigen Häufchen von etwa 130 Stück in eine kleine Höhlung, die sie mit ihren Vorderfüssen in den Boden scharren, und bevorzugen dieselben warmen sonnigen Stellen zur Eiablage wie die Heuschrecken. Aus den Eiern schlüpfen nach etwa zehn Tagen — je nach der Bodenwärme weniger oder mehr — die triungulina aus. Diese sind zuerst sehr schwach und völlig weiss, nehmen aber bald ihre natürliche lichtbraune Färbung an und fangen an herumzulaufen. Bei Nacht. oder kaltem Wetter drängen sich alle Jungen eines Häufchens 31) Locusts and their Destruction. S. 283— 286. „Mylabris.“ #2) Sie führen in diesem Zustande die Bezeichnung triungulinum; dies ist gekennzeichnet durch ein vorstehendes labrum, sehr starre Schenkel, unbewehrte Beine, drei breite, leicht spatelförmige Klauen an den Füssen, schwache, rückgebildete Trophi, ungezähnte Kiefer, drei- gliedrige in lange Borsten endigende Fühler und vier Analborsten, von denen die inneren die längeren sind. Wenn der Hinterleib runzlig ist, gleicht es auf den ersten Anblick einer Laus und ist früher auch für eine solche gehalten worden. (Bienenlaus eine nahe Verwandte.) | Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 323 eng zusammen und sind ziemlich unbeweglich, werden aber ‘bei warmem Sonnenschein sehr lebendig, laufen mit ihren langen Beinen geschwinde auf der Erde umher und stecken ihre grossen Köpfe und starken Kiefer in jede Ritze und Spalte des Bodens, in den sie sich zur gegebenen Zeit ein- graben und dort häuten. Unter dem Mikroskop sieht man, dass sie ziemlich behaart sind mit stacheligen Borsten, die sie beim Eingraben unterstützen. Da. sie Fleischfresser sind, die sich ihre Nahrung mühsam suchen müssen, besitzen sie die Fähigkeit, lange zu fasten, und könnten bei mittlerer Temperatur an die 14 Tage ohne Futter leben. Indessen gehen sicherlich auf der Suche nach: Heuschreckeneiern Ziele von ihnen zwsGrunde.v Bei deri, kleinsten Störung rollen sie sich zusammen, den Kopf dicht an die Brust ge- presst. Erreichen sie ein Eipäckchen der Heuschrecken, so graben sie sich. durch dessen schwammigen Hals oder Hülle und halten daran. ihr erstes Mahl. Wenn sie aber lange auf der Suche und ihre Kiefer schon gut hart ge- worden sind, so fressen sie sich schnell Bahn durch diese Schaummasse nach einem Ei hin. Von diesem fressen sie erst einen Teil der Schale und saugen dann im Verlauf von zwei oder drei Tagen den Inhalt aus. Treffen sich zwei oder mehr Triunguline gleichzeitig in demselben Ei- päckchen, so giebt es einen Kampf. auf Leben und Tod. Während das Triungulin ein Ei verzehrt, wächst es sichtlich, die weissen Nähte zwischen den einzelnen Segmenten werden deutlich sichtbar, besonders da. das Tierchen die Neigung hat, sich bogenförmig zusammenzukrümmen.. Ein zweites Ei wird in Angriff genommen und mehr oder weniger ‚voll- ständig aufgebraucht. Dann tritt eine Periode der Ruhe ein, während deren die Triungulinhaut am Rücken spaltet und die zweite Laive heraustritt; weiss, weich, mit; ver- kürzten Beinen und ganz verschieden im Aussehen von der ersten. Diese Häutung geht etwa am achten Tage nach der ersten Nahrungsaufnahme vor sich. Das Tierchen liegt nun 'zusammengekrümmt im Eipäckchen, streckt sich aber 2% 324 Dr. Sander. und bewegt sich mit grosser Lebhaftigkeit, wenn es heraus- genommen wird. Wegen seiner Aehnlichkeit mit einer Carabidenmade nennt Riley dies Stadium das »Carabidoide« der zweiten Larve. “Wenn sie noch etwa eine weitere Woche gefressen hat, tritt eine zweite Häutung ein; die neue Larve krümmt sich dabei zusammen, bis sich die Leibesenden berühren, und entschlüpft damit fast in einem Augenblick der alten Haut. Das ist für die Pflasterkäfer charakteristisch. Die Veränderung im Aussehen ist diesmal nur gering; Mundteile und Beine werden noch mehr rück- gebildet und der Leib wird massiger, klumpiger wie der der Scarabaeidenlarven; daher bezeichnet er dieses als das Scarabaeidoidstadium der zweiten Larve. Nach weiteren sechs bis sieben Tagen tritt eine weitere Häutung ein, die noch weniger Aenderung im Aussehen bringt. In diesem dritten Stadium der zweiten Larve nimmt diese schnell an Masse zu und saugt viele Eier auf. Er- schreckt lässt sie jetzt stets eine milchige Flüssigkeit aus der Mundöffnung treten. Die Farbe ist etwas gelblicher als zuvor und auf ebener Unterlage kann sich die Larve noch strecken und bewegen. Nach einer weitern Woche verlässt sie das Eipäckchen und gräbt sich in geringer Entfernung davon in den blanken Boden ein, wo sie sich eine glatte Höhlung macht, in der sie bewegungslos und sich mehr und mehr zusammenkrümmend auf einer Seite liegt. Nach drei oder vier Tagen platzt die Haut am Kopf und Brust und wird nach dem hinteren Körperende hingeschafft. Mundteile und Beine sind nur als kleine Knötchen an- gedeutet; die weiche Haut wird schnell hart und dunkler gelb. Fabre nennt dies Stadium das der Pseudopupa, der Scheinpuppe; Riley bezeichnet es als coarctate Larve (zu- sammengekrümmte Larve), weil es eben nur eine starre schlafende Larve, aber keine Puppe darstelle. So verbringt sie gewöhnlich den Winter. Im Frühling platzt dann diese Haut und lässt die dritte Larve heraustreten, die sich von dem letzten Stadium der zweiten Larve in nichts unter- Die natürlichen Feinde der Heuschrecken, 325 scheidet ausser in etwas geringerer Grösse und weisser Farbe. Diese Larve ist sehr beweglich und wühlt im Boden umher, scheint aber keines Futters zu bedürfen, sondern sich ohne solches nach wenigen Tagen zu verpuppen. Als Puppe bleibt der Käfer fünf bis sechs Tage, um dann aus- zuschlüpfen. Je nachdem die Larve viel oder wenig Futter gefunden hat, ändert sich die Grösse des Käfers und ist daher sehr verschieden. (Die My- labris ist der schwarz und gelbe weiche Käfer, der, wie jedem Südwestafrikaner bekannt, sich so häufig in den Gärten findet, fleissig herumfliegt und namentlich an Bohnen und Erbsen viel Schaden anrichtet. Ist wirk- lich auch dort seine Made ein Heuschreckenparasit, so muss erinden Heuschrecken- Abbildungen 29a u, b. - A x Alglabris oculata. jahren besonders reichlich Deutsch-S.-W.-Afrika.. Damaraland. vorhanden sein, wie dies (Nach d. Natur gezeichnet v. H. v. Zglinicka.) bei der Epicauta in Amerika der Fall ist.) Riley führt noch die Larve des »Soldatenkäfers« (Telephonus bilineatus) als auf den Eiern schmarotzend an. Aus Südamerika beschreiben Bruner””’) undBerg””‘) einen Käfer aus der Gattung Trox, Familie der Scarabaeiden, der wohl Verwandte in Südafrika haben dürfte, auf deren Ver- halten also zu achten wäre. Sein argentinischer Name ist El Champi, sein wissenschaftlicher Trox tuberosus. Nach Bruner leben sowohl die Larven wie der fertige Käfer von den Eiern der Paranensis. Berg hat dies nie gesehen, lässt ihn aber die Hüllen der Eipäckchen fressen. Mag dem sein, wie ihm wolle, in jedem Falle würde er also die Eier 732) Investigaciön. S. 48/49. Zu ine. 9.30, 326 Dr. Sander. vernichten. Die Familie lebt von Tierleichen oder tierischen Stoffen, die mehr oder weniger ausgetrocknet sind. Daran ist in Argentinien kein Mangel, in unseren afrikanischen: Hauptheuschreckengegenden aber auch nicht. Dieser Käfer nun hat sich daran gewöhnt, die Hülle der Heuschrecken- eipäckchen und die Eier zu fressen und dann seine eigenen Eier auf die Reste abzulegen. Seine Eier und Maden machen wie die aller Aaskäfer sehr schnell ihre Entwickelung durch und können sich demgemäss. rasch vermehren. . Die Maden sind nicht im stande, sich fortzubewegen und nähren sich deshalb von den Heuschreckeneiern. In Argentinien hat der Champi nach Bruner die Brut riesiger Heuschrecken- schwärme ganz oder zum grössten Teil vernichtet. . Die Heuschrecken selbst werden gleichfalls von einigen Käfern verzehrt. ‚Nach Riley’*’) und Bruner’”‘) sind es in erster. Linie die Laufkäfer, von deren Larven bekannt ist, dass sie die Eier der Heuschrecken fressen. Die kleineren Arten (Carabiden und Cicindeliden) verfolgen die jungen Hupfer, die grösseren Arten die älteren Hupfer bis zu deren letztem Stadium. Sie leben auch von den Larven anderer als der. Wanderheuschrecken, sind also stets zugegen. In Süd- und Südwestafrika sind diese Käfer gleichfalls zahl- reich vertreten. Aus Europa ist ein Mitglied dieser Familie, der Calosoma investigator Il. von Köppen, in der Nähe der Wanderheuschreckenschwärme fliegend, offenbar diesen folgend, gesehen worden. | Nicht zu unterschätzende Feinde der Heuschrecken sind auch kleine rote Milben, ähnlich den Schafläusen, Trombidiumarten. Schon Köppen‘*‘) thut ihrer Erwähnung. Besonders studiert sind sie von Riley’°*), Lawr. Bruner °°) und Ro BE Inc: ae a Se ’s8) ], Report. S. 306—313. 739) JII. Report, Chapt II. S. 18—19.. Chapt III. S: 39—40. In- vestigacion. S. 43—435. - Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 927 aus Südafrika werden sie gleichfalls (von der Schistocerca purpurifera) gemeldet'‘°).. Ich lasse die Ausführungen Louns- bury’s, die alles Bekannte zusammenfassen, im Auszuge folgen. E. F. S. hatte ihm Probestücke von Heuschrecken, die mit Milben besetzt. waren, von Komgha her eingesandt. - »Das Vorhandensein dieser kleinen roten '»Zecken« oder richtiger »Milben< am Leibe der rotflügeligen Heu- schrecke ist seit einem Jahr aus einer Reihe von Distrikten im. Norden und Osten der Kolonie gemeldet worden. Diese f ‘ Abbildung 30. TEE Trombidium locustarum. a) Reife Larve im Begriff den Flügel einer Heuschrecke zu verlassen; b) Puppe; c) Männchen, unmittelbar nach dem Puppenstadium; d) Weibchen, die Striche rechts zeigen die natürliche Grösse; e) Palpenklaue und Daumen; f) Fussklaue; g) eins der bärtigen Härchen; Ah) Die Streifung der Larvenhaut. (Nach Riley.) Milben sind nicht selten als Schmarotzer der Heuschrecken und können, wenn imUebermass vorhanden, zweifellos ihren Wirt in hohem Masse schwächen und selbst seinen Tod herbeiführen. Meist sitzen sie festgesaugt am Leibe unter den Flü- geln. Da sie leuchtend rot sind, werden sie trotz ihrer Kleinheit leicht entdeckt. Die Lebensgeschichte dieser süd- afrikanischen Heuschreckenmilbe ist noch nirgends eingehend studiert. Ich lasse daher die Schilderung Rileys über den Lebenslauf einer nahe verwandten Art, des Trombidium 740) Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 331—332 und ebenda Locust Mite S. 672—673 von E. F.S. und Chas. P. Lounsbervy, Gouvern. Entomol. 3 = hie 328 Dr. Sander. locustarum, folgen. Diese schmarotzt sowohl auf den Eiern als den Heuschrecken selbst, was von grossem Einfluss auf ihre Bedeutung als Heuschreckenvernichter ist. In fertiger Form lebt sie im Boden und nährt sich von aller Art weicher tierischer und pflanzlicher, in Zersetzung begriffener Stoffe. Wenn die Heuschrecken den Boden mit ihren Eiern anfüllen, ist für die Milbe ein Ueberfluss von Futter da und sie vermehrt sich nun zuweilen so stark, dass der ganze Boden einen roten Anflug bekommt. Im Frühjahr legt das Weibchen 300—400 winzige, runde orangerote Eier in die Erde, gewöhnlich ein bis zwei Zoll unter die Oberfläche in eine etwas klebrige Masse, die aber beim Lockern des Bodens leicht auseinandergerissen wird. Diesen Eierchen entschlüpfen zu gegebener Zeit kleine orangefarbene Milb- chen. Sehr beweglich, wie diese kleinen sechsbeinigen Dinger sind, kriechen sie auf eine Heuschrecke und saugen sich fest, meist an der Flügelwurzel oder der Hauptflügelader, wie etwa eine Zecke sich auf einem Hunde oder Schafe einbeisst, saugen die Körpersäfte ihres Wirtes und schwellen so an, dass ihre Beine nicht mehr sichtbar sind. Von der amerikanischen Art wird angenommen, dass sie nach Regen am meisten sich vermehrt, und da nun die Heuschrecken bei solchem Wetter weniger regsam sind, so haben die Milben dann bessere Gelegenheit, sich auf ihnen festzusetzen. Wahrscheinlich hat die südafrikanische Art eine ähnliche Lebensgeschichte. Jedoch ist kaum anzunehmen, dass sie jemals in grösserem Massstabe als Vernichter der Heu- schrecken auftreten wird.«< Andererseits aber werden sie doch wohl bei günstigem Wetter eine grosse Verbreitung erlangen können, da sie eben von ihrem Wirtstiere weithin verschleppt werden. Von anderen Insekten kommen als Feinde der Heu- schrecken eine Reihe ihrer nahen Verwandten in Betracht. Aus Europa sind Feldgrille‘*‘) (Gryllus campestris, L.) und ”) Köppen. Wanderheuschrecken. S. 84. Gerstäcker. Wander- heuschrecken. S. 37. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 329 Heupferd (Locusta viridissima, L.) schon lange als solche bekannt und geschätzt. Der grosse südafrikanische Brachy- trupes membranaceus Drury (Khakifarben) wird darin noch mehr leisten können. Dass er wirklich Heuschrecken frisst, habe ich 1894 in Omaruru gesehen, als mit einem der ersten Regen der erste Heuschreckenschwarm kam, den ich erblickte. Nach dem scharfen ohrbetäubenden Zirpen zu urteilen, das man besonders ın warmen Nächten nach schönem Regen hört, muss diese Grille so ziemlich über ganz Südwestafrika verbreitet sein, wenn ich auch nicht überall die Tiere wirk- lich gesehen habe. Eine andere verwandte Familie, die der Fangheu- schrecken (Gottesanbeterinnen, Mantiden) leistet vielleicht noch mehr. Sie wird schon von Gerstäcker erwähnt; Kling'‘”) hat sie in Togo beim Fressen von Heuschrecken gesehen und auch ich habe häufiger dies Schauspiel in Süd- westafrika gehabt. | Mindestens ebensoviel Abbruch wie alle diese Ortho- pteren zusammen, fügen die Ameisen und Termiten den Heu- schrecken zu. Sie sind von Riley und Bruner sowohl als Feinde der Eier wie der jungen Heuschrecken beobachtet worden. Ich habe häufig gesehen, dass Termiten wie Ameisen auch tote geflügelte Heuschrecken in ihren Bau schleppten, und mehrfach waren sie um Weibchen be- schäftigt, die ihren Hinterleib zum Zweck des Eierlegens in der Erde hatten und so gestorben waren; ob unter dem Angriffe der Termiten oder aus anderem Grunde, vermag ich nicht zu sagen, denn ich habe es leider versäumt, der- artige Stücke zu untersuchen. Skorpione und Skolopender sollen gleichfalls den Heu- schrecken nachstellen; vielleicht auch grössere Spinnen. Ob diesen Tieren aber irgend welche erhebliche Bedeutung im Kampfe gegen die Heuschrecken zuzuschreiben ist, lasse ich dahingestellt sein. N iss. €, 330 Dr. Sander. Eine. nicht unbeträchtliche Rolle scheinen dagegen niedere‘ Tiere, Fadenwürmer, und zwar Mermisarten zu spielen. Schon in alten Zeiten sind sie beobachtet worden '*°) und als »kleine Schlangen«, die von den Heuschrecken erzeugt wurden, gedeutet worden. Sie kommen schon in Hupfern, weit häufiger aber in geflügelten Heuschrecken vor'*‘). Berg'‘’) erklärt im Gegensatz hierzu, dass nur Hupfer befallen würden. In Südafrika ’‘‘) scheint er bis jetzt gleich- falls nur bei Hupfern gefunden zu sein. Sie sollen gar nicht selten sein — Berg hat BieszB. bei 50—60 Prozent der Hupfer gefunden — und recht er- hebliche Verwüstungen unter den Heuschrecken anrichten können. Befallen sie schon die Hupfer, so wird der Mensch umso grösseren Nutzen davon haben. Die befallenen Heu- schrecken sehen blass und krank aus, sind besonders schwach an den Hinterschenkeln gefärbt und gehen stets. an dem Schmarotzer zu Grunde. Gewöhnlich findet sich in jedem kranken Tier nur ein Wurm, es können jedoch bis zu fünf in einem Wirt vorkommen. Der Wurm wird 6—8,;, manchmal aber auch bis 50 Centimeter lang und ist von Pferdehaardicke und weisser Farbe. | Die Lebensgeschichte dieses Fadenwurms ist noch nicht in allen Einzelheiten bekannt. Das feststehende dürfte folgendes sein: Die Mermis macht ihre volle Entwicklung im Körper ihres Wirtes durch, ‚aus dem sie sich mit dem Kopfe einen Weg bohrt; nach anderen tritt sie durch die Afteröffnung des Wirtstieres nach aussen. In diesem Alter und auch noch bald nach dem Verlassen des Wirtstieres sind sie geschlechtslos und haben -eine sehr kleine Mund- 43) Köppen. _ Wanderheuschrecken. = 86. Gerstäcker l.c. S. 37 u. A, m: 74) Riley. I. Report. S. ect ee Lawr. Bruner, PERS: SEAT 42: 2) ]..c. 8.25 746) Peringuey, Locusts destroyed by Parasites. Agric. Journ. Cape Col. 1894. VI. S. 85—86 und Bairstow, The Locust Threadworm. Ebenda. S. 223—224. - Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 33E öffnung am Vorderrande und hinten einen ganz kleinen, meist geschlossenen »Analpunkt«. Geht das Wirtstier ein, ehe sie voll ausgewachsen sind, oder kommen sie beim Herausschlüpfen nicht in feuchten Boden, so gehen sie zu Grunde; treffen sie aber auf feuchten Boden, so dringen sie in diesen ein und verkriechen sich in ihm. Dort entwickeln sich die Geschlechtsorgane, die Tiere selbst machen eine Formänderung durch und erreichen so die volle geschlechts- reife Form, in dem sich die Analpartie abrundet und das Pünktchen verschwindet. Während dieses unterirdischen Lebens scheinen sie keiner Nahrung zu bedürfen, auch wenn es viele Monate. dauert. Das Weibchen legt dann seine Millionen von Eiern in den Boden. Die Jungen kommen in der Form der Eltern zur Welt, bahnen sich sofort einen Weg zur Oberfläche und dringen als Parasiten in weiche Insekten ein, namentlich in solche, die unter Blättern und Moos am. Boden leben. Wenn im Frühjahr der Boden durch die Regenfeuchtigkeit erweicht ist, dringen die jungen Würmchen zu Tausenden an die Oberfläche und wo sie junge Hupfer antreffen, gelangen immer einige von ihnen dazu, in deren Leiber einzudringen. Einmal in diesen, ernähren sie sich von den Flüssigkeiten der Körperhöhlen, dem Fettkörper, den Sekretions- und Fortpflanzungsorganen und entwickeln sich schnell, so dass sie zum Schluss das Wirts- tier vom Kopf bis zum Körperende ausfüllen und ganz eng um die Eingeweide herumgewickelt sind. Der befallene Hupfer geht häufig schon zu Grunde, noch ehe der Parasit seine Reife erlangt hat; andere erliegen trotz grosser Schwäche und behinderter Nahrungsaufnahme erst, wenn die Würmer voll entwickelt sind und sich herausbohren. Die fliegenden Heuschrecken scheint der Schmarotzer zunächst weniger zu schädigen, denn sie fliegen häufig noch beträchtliche Strecken mit einem oder zwei vollentwickelten Fadenwürmern im Leibe. So werden diese über das ganze Land verbreitet. Solche Heuschrecken aber kommen doch nicht zur vollen Entwicklung, vor allem nicht zur Fortpflan- 332 Dr. Sander. zung. Vielleicht handelt es sich um verschiedene Mermis- arten bei Fliegenden und Hupfern; denn die in ersteren sind stets viel grösser als die in letzteren; (im wesentlichen nach Bruner, Investigaciön). Leger’*‘) berichtet 1893 auch von Gregarinen, die er in Algier bei Tryxalis und Pamphagus gefunden hat. Sie scheinen aber auch bei diesen nicht wandernden Heu- schrecken keine Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Ob bei Wanderheuschrecken etwas Derartiges beobachtet worden ist, ıst mir nicht bekannt. | Die meisten Heuschreckenfeinde aus der Klasse der wirbellosen Tiere brauchen nach den vorstehenden Schilde- rungen also im Durchschnitt ein höheres Mass von Feuchtig- keit als die Heuschrecken selber zu günstiger Entwickelung. Auch die Wirbeltiere sind zumeist für ihren Unterhalt an feuchtere Gegenden gebunden. Es will mir danach immer weniger wahrscheinlich erscheinen, dass die Heuschrecken- feinde und namentlich die Schmarotzer gerade den »stän- digen Brutstätten der Heuschrecken« zugehörig sein, mit den Heuschrecken dieselbe Urheimat haben sollen; sie stellen ja doch andere Ansprüche an Klima und Wetter als die Heuschrecken. Auch möchte ich dahingestellt sein lassen, ob nicht der anerkannt ungünstige Einfluss feuchten Wetters und feuchten Klimas auf die Entwicklung von Heuschrecken zum guten Teil eben darin mitbegründet ist, dass bei solcher Wetterlage die Parasiten und Feinde ihre günstigsten Lebens- bedingungen finden. Natürlich träfe das im besonderen auf die Feinde zu, deren Entwickelungsgang nicht ausschliesslich an den der Wanderheuschrecken gebunden ist. Von den bis jetzt bekannten aber scheint kein einziger Schmarotzer ausschliesslich auf sie angewiesen zu sein; die blossen Feinde natürlich noch weniger. Ich möchte es daher für das Wahr- scheinlichste halten — und das wenige, was ich selber in dieser Beziehung beobachten konnte, stimmt damit überein, 7) Louis Le&ger. Sur une gregarine nouvelle des Acridiens d’Algerie Compt. rend. de l’Acad. Paris. 1893. 117. S. 811—813. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 2 — dass die eigentliche Heimat der Schmarotzer und Feinde der Heuschrecken die Grenze von deren Heimatsgebiet ist, wo die klimatischen Bedingungen für die Heuschrecken schon nicht mehr ganz günstig sind; ferner auch die in die trockenere Heuschrecken - Heimstätte eingesprengten »feuchteren Stellen«. So wäre stets die Möglichkeit der Berührung mit den Wanderheuschrecken für deren Wider- sacher vorhanden, diese könnten also stets ihre Art er- halten, auch die Schmarotzer; und zugleich würde sich ein Grund mehr für die Begrenzung der »permanent regions« in normalen Jahren ergeben. Aehnliches gilt wohl auch von den Schmarotzern aus dem Pflanzenreiche. Es sind davon eine Reihe bekannt, die sämtlich zu den niederen Pilzen gehören und deren volle und schnelle Entwicklung nur bei feuchterer Luft stattfindet, während grosse Trockenheit das Wachstum vernichtet oder wenigstens sehr aufhält. Einen Teil dieser Pilze brauche ich nur kurz zu berühren, denn von diesen sind einige zwar sehr verbreitet, rufen aber keine solche Krankheit bei den Heuschrecken hervor, die diese hinderte, das Brutgeschäft zu vollziehen; andere kommen nur gelegentlich, dann aber als schwere Epidemien der Heuschrecken zur Beobachtung, sind aber bis jetzt wenigstens nicht künstlich übertragbar, trotz aller darauf gerichteter Untersuchungen bewährter Borscher. Es list eigentlich nur. eine, ‘die; bisher unter günstigen Verhältnissen von praktischer Bedeutung ge- worden, da sie sich künstlich züchten und übertragen lässt. Beobachtungen hatten seuchenhafte Pilzerkrankungen bei anderen Insekten kennen gelehrt, durch die diese in grossen Mengen hinweggerafft wurden, so die Empusa muscae, die Isaria bombylii, dıe Isaria der Nonne. Bei der Seidenraupe war es gelungen, durch mikroskopische Kontrole und Entfernung der erkrankten Tiere in den ersten Stadien die Seuche zu coupieren, bei der Nonnenseuche war die künstliche Uebertragung mit Erfolg gelungen. Nun wurde auch bei Wiesenheuschrecken etwas Aehnliches, eine Empusa 334 Dr. Sander. grylli entdeckt. Das alles zusammen gab den Anstoss zu sorg- fältigen Nachforschungen, ob nicht auch bei den Wander- heuschrecken eine ähnliche Seuche sich finde. So verfolgte Künckel d’Herculais seit 1883. die Heu- schreckenzüge in Algier, um parasitäre Krankheiten zu ent- decken. 1891‘) fand er bei Weibchen der Schistocerca, dass kurz vor, während und nach der Eiablage Bauch ‚und Brustringe mit einer weissen Pilzwucherung bedeckt waren; diese aber war sehr wenig infektiös und machte anscheinend die Tiere nicht krank, führte jedenfalls weder deren Tod herbei, noch verhinderte sie die Ablage gesunder Eier. Langlois hatte Aehnliches gefunden und beide kamen in gemeinsamer Arbeit zu dem Schluss, dass »die Seuche stets erst nach der Begattung und Eiablage auftrete; dass die infizierten Tiere: allerdings eingingen, aber erst nachdem sie ihre ganze Entwicklung durchlaufen und voll ihre Ver- heerungen angerichtet haben«. Die Eier selbst fänden in der Schaumhülle ihres Päckchens einen starken Schutz gegen Pilzinfektionen, der so weit ginge, dass sogar in äusserlich schon ganz verschimmelten Päckchen noch gesunde Eier enthalten sein könnten. _ Sie bestimmten den Pilz als Polyrhizium Leptophyei. Giard’s’*’) Untersuchungen ergaben, dass es sich um zwei Pilze handele, von denen der eine besonders dem Polyrh. Lepto. allerdings sehr ähnlich sei; sie erzeugten aber nur ganz oberflächliche Pilzwucherungen und seien praktisch .bedeutungslos. Gleichzeitig von ihm mit Isaria bombylii und Entomophthora grylli (Fres.) ange- stellte Versuche ergaben gleichfalls keinen Erfolg in Bezug auf Uebertragbarkeit und Abtötung der Wanderheuschrecken, wie das Brefeld von Entomophthora radicans und Thaxter von der amerikanischen Entomophthora Calopteni (Empusa #8) S, Künckel D’Herculais et Ch. Langlois. Les Champignons parasites des Acridiens. S. 490—493. #9) Observations et experiences sur les Champignons de l’Äcri- dium peregrinum. K vorzugsweise ausgesetzt sind. Das Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. gar grylli) auch schon erfahren hatten. Giard’°°) nannte den am ehesten in Betracht kommenden Pilz Lachnidium Acridiorum. Trabut’’‘) bestätigte lediglich die Unmöglichkeit, junge Heu- schrecken damit zu infizieren und praktische Erfolge zu erzielen. ER Auch die Versuche von Metschnikoff'’’) mit - Isaria destructor und Isaria ophioglossoides der südrussischen Wanderheuschrecken haben den gleichen Misserfolg gehabt. Für die in Nordamerika von Osborn”°®) in Kansas ent- deckte Entomophthora, deren Verbreitung ‘unter den Heu- schrecken er selbst als sehr langsam bezeichnet, ist schon angegeben, dass auch sie keinen Er- | folg bedeutete, trotzdem sie in der Natur häufiger vorkommt und Tau- sende von Stand- und Wanderheu- schrecken dahinrafft””‘).. Immerhin ist er schon insofern bedeutsamer, als er auch junge Heuschrecken be- fällt, wenn auch die geflügelten ihm Verhalten derHeuschrecken während der Erkrankung und im Tode ist ganz ähnlich wie bei dem noch zu be- schreibenden südafrikanischen Pilze. Non \Wert tür dıe praktische Be- urteiling der äusseren Umstände, Ai ee ur das Zustandekommen solcher uschreeke/ von’ Ernpusaferylli Pilzseuchen hinwirken, ist aber die ans Bemerkung Bruners, dass dieser Pilz in Argentinien »sich hauptsächlich in der feuchtwarmen Zeit des Mitsommers entwickelt« und dass er »in den feuchten Gegenden der 0) Le criquet Pelerin et son cryptogame parasite. ®') Sur un parasite des Sauterelles. "»®) Nach Redtenbacher. Wanderheuschrecken. S. 37. ) ®4) Lawr. Bruner, Investigaciön. S. 80—81. (Auch das folgende.) 336 Dr. Sander. Vereinigten Staaten sehr gemein ist und sich ebenso in den Bewässerungsgegenden der trockenen Landstriche in grosser Verbreitung findet«. Die Sporen dieses Pilzes (die auch von den Kadavern der toten Heuschrecken ausgeschleudert werden) sind braun. | Bruner’’”) hat auf der südamerikanischen Schistocerca noch einen anderen Pilz gefunden, den er el hongo argentino ö del Carcaranä’”) nennt und der von Professor Carlos E. Bessey, Nebraska, als ein Sporotrichum bestimmt worden ist. Er fand ihn in Carcarana (Provinz Santa Fe) auf voll- ständig entwickelten Hupfern, die offenbar an ihm zu Grunde gegangen waren. Da dieser Pilz durchaus verschieden ist von allen anderweitig beobachteten Heuschreckenpilzen, zu einer anderen Klasse gehört, also Aussicht ist, noch mehr solcher oder ähnlicher Pilzgattungen zu entdecken, von denen vielleicht die eine oder die andere sich wirksam er- weist, so lasse ich Bruners Schilderung hier folgen; be- sonders da er auch praktische Erfolge mit diesem Pilz ge- habt hat. (Es kommen ähnliche Pilze auf anderen Insekten vor und bei einer systematischen Durchforschung solcher Insekten verseuchenden Pilze müsste man Bedacht darauf nehmen, dass vielleicht durch Züchtung auf einer anderen Insektenordnung sich die Wirkung und Uebertragbarkeit eines solchen Pilzes gelegentlich erhöhen liesse.) »Die von diesem Pilze befallenen Heuschrecken ver- bergen sich vor dem Licht und suchen sorgfältig dunkle feuchte Stellen auf, um zu sterben. Deshalb findet man sie meist verborgen zwischen den Wurzeln der Sträucher und Kräuter und mitten in dichtem, feuchtem Laubwerk. Dort erfüllen sich ihre Leiber nach dem Tode vollständig mit Pilzrasen und Sporen des Pilzes. Unter bestimmten Be- dingungen bedecken die Sporen auch die Aussenseite des Leibes. Manche der Insekten können in diesem Zustande 75) 1. c. S.82—84. ”°6) „Der argentinische Pilz oder der von Carcarahä“. | ‚ Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 337 das Bild bieten, als seien sie in Watte eingewickelt oder kandiert.« Die Infektionsversuche in Zuchtkästen haben vielfach gute Erfolge gehabt; bei Infektionen im freien Felde an einem eben von Norden her angekommenen (Mutter-) Schwarm begannen viele der Tiere einzugehen und eine lebhafte Farbe anzunehmen. Bei der Untersuchung zeigte es sich, dass sich in ihnen eine grosse Menge von Fäden und Sporen derselben Art fanden wie bei den von diesem Pilz bedeckten Hupferkadavern. Auch durch Bespritzen und Bestäuben des Futters liess sich der Pilz auf gesunde Heuschrecken mit Erfolg übertragen. Bei Carcarana wurde ein reichlich grosser Schwarm ziemlich ausgerottet und die eingegangenen Heuschrecken zur Verbreitung der Seuche auf andere Heuschrecken be- nutzt. Wie sich in der Folgezeit der Pilz bewährt hat, war mir leider nicht zu erfahren möglich. Die grösste Wichtigkeit von allen Pilzen beansprucht aber der 1395 bei der Schistocerca purpurifera in Südafrika, und zwar zuerst von M. S. Evans’’'), dann in Natal’”°) bei Richmond von A. W. Cooper gefundene. Es ist bezeichnend, dass aus demselben Jahre bereits die gleichen Krankheits- erscheinungen auch von Schwärmen im Transkei, in Uiten- hage und Swellendam’°*) berichtet werden und gleichzeitig auch in Ostafrika’’’) eine schwere Seuche unter den Heu- schrecken’°°) auftritt, der sie massenhaft erliegen. Diese Pilzseuche muss also sich entweder sehr leicht verschleppen lassen — und dann würde ein neuer Beweis für die bis dahin von deutschen Autoren immer noch angezweifelte - Fähigkeit der Wanderheuschrecken, über riesige Landstrecken 57) Nach einem Brief A. W. Coopers an den deutschen Konsul in Durban. Akten des kais. Gouv. in Dar-es-Salaam. 58) Lounsbury. The Locusts Fungus Disease. S. 330—331 und 391-392. ?®) Denkschrift 1896. Urproduktion. Ostafrika. S. 68. 60) Nach den Stücken im Berliner zoolog. Museum Schistocerca peregrina! Sander, Wanderheuschrecken. 22 338 Dr. Sander. hin zu fliegen, erbracht sein und zugleich der Zusammen- hang zwischen der in dem gleichen Jahre Südafrika, Süd- west- und Ostafrika heimsuchenden Heuschreckenplage kaum noch zweifelhaft sein können — oder dieser Pilz müsste sich normal weit über ganz Afrika verbreitet finden. Der erstere Schluss liegt näher und umsomehr, als sich dieser Pilz verhältnismässig leicht auf Heuschrecken übertragen lässt und unter Umständen zwar Fuss in ihnen fasst, aber sich so langsam entwickelt, eine so lange »Inkubationszeit« hat, ehe die Tiere Anzeichen von Krankheit erkennen lassen, dass in der That infizierte Schwärme oftmals noch grosse Strecken durchfliegen. Dieser Pilz ist verschiedentlich auf seine Stellung im System untersucht worden und als naher Verwandter der Empusa muscae’°') bestimmt worden. Eine andere hierauf bezügliche Arbeit ist von Mac-Alpine ”°*), mir aber leider nicht zugänglich gewesen. Neuerdings sind in Deutschland weitere Untersuchungen an verschiedenen Stellen‘‘”) im Gange. eı) R, Sinclair Black. Observations on the Morphology and Con- ditions of Growth of a Fungus parasitic in Locusts in South Afrika; A. W. Cooper, Report on the Disease amongst Locusts in Natal etc. und Rickmann und Käsewurm: Morphologie und Biologie des „Locusts Fungus“ genannten „Fadenpilzes“. Gammams, Deutsch-Südwestafrika. Amtlicher Bericht. — Ich ergreife hier die Gelegenheit, um Herrn Pro- fessor Nuttall, Cambridge, England, dem ich für die Zusendung der beiden ersten in Deutschland nirgends erhältlichen Aufsätze verpflichtet bin, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. — Der amtliche Bericht aus Gammams, z. T. abgedruckt im Notizbl. des Botan. Gartens Berlin, 1901, ist mir durch die Güte des Direktors der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, Herrn Wirklichen Geheimen Legationsrates Dr. Stuebel, im Original zugänglich gemacht worden. 62) The systematic position of the Locusts-Fungus imported from the Cape. Agricult. Gaz. of New South-Wales. XI. 3. 1900. 763) Davon ist mir während des Druckes eine Veröffentlichung von Prof. G. Lindau im Notizblatt des Königl. Botan. Gartens in Berlin in No. 26 vom 5. Juli I9oI zugegangen. L. erklärt ihn für einen Mucor, also einen höher als die Empusa stehenden Pilz und bezeichnet ihn als den locustocida. m Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 339 Ich muss mich natürlich hier bei der Beschreibung dieses Pilzes auf das Notwendigste beschränken und im ‚wesentlichen nur auf die Punkte eingehen, die für die Praxis von Wichtigkeit sind. Da ist zunächst zu bemerken, dass es keine Schwierigkeiten bietet, ihn aus den eingegangenen Heuschrecken in künstlichen Kulturen rein zu züchten und sich somit stets Material vorrätig zu halten, um auftretende Heuschreckenscharen und selbst Schwärme mit ihm zu in- fizieren. Das ist für die Praxis jedenfalls der Hauptgesichts- punkt. Als künstliche Nährböden dienen Fleischbouillon in der für die Bakteriologie gewöhnlichen Zubereitung (1 Prozent Pepton, 0,5 Prozent Kochsalz) und mit den üblichen erstarrenden Zusätzen von I—2 Prozent Agar-Agar oder Gelatine (letztere muss aber, entsprechend der höheren Tageswärme der in Betracht kommenden Gegenden in Mengen von 20— 35 Prozent zugesetzt werden!), desgleichen Heuinfuse, Pflaumenabkochung, Brotteig, Pflanzenfressermist und dergleichen. (Wichtig, aber selbstverständlich ist, dass alle diese Nährböden ihre natürliche saure Reaktion be- halten, da es sich eben um einen Pilz handelt.) Ein Zuckerzusatz (Rickmann und Käsewurm, denen ich hier im besonderen folge, haben Traubenzucker genommen; [Rüben- und] Rohrzucker wird es auch thun, da er als Zusatz bei der Infektionsflüssigkeit sich bewährt hat; ebenso dürften wohl die meisten anderen Zuckerarten geeignet sein) von etwa 2 Prozent befördert das Wachstum ungemein. Ein Glycerinzusatz, der in den ursprünglichen Kulturen aus dem Kap beigegeben ist, scheint nicht erforderlich zu sein. Heuschreckenabkochung, die Verfasser schon Ende 1898 Herrn Käsewurm vorschlug, hat sich als der günstigste Nährboden erwiesen. Die flüssigen Nährböden sind mit er- starrenden Zusätzen zu versehen. Ueber den Einfluss des Nährbodens auf die Virulenz scheinen noch keine ab- schliessenden Versuche vorgenommen worden zu sein, ob- wohl solche nach den Ergebnissen der grossen Impffeldzüge gegen die Heuschrecken im Kaplande eigentlich nahe lagen: 225 340 Dr. Sander. es haben sich nämlich da als am wirksamsten die ein- gegangenen Heuschrecken oder ein aus ihnen hergestelltes Pulver erwiesen, ein Zeichen dafür, dass die bisherigen künstlichen Nährböden abschwächend wirken. Die ein- fachste Methode, sich grosse Mengen des Heuschrecken- pilzes zu züchten, besteht darin, dass daran eingegangene Heuschrecken in grossen Haufen an schattiger Stelle zu- sammengeschaufelt werden und dann sich einige Tage selbst überlassen bleiben. In dieser Zeit durchwuchert der Pilz die ganze Masse, die dann auseinandergebreitet und ge- trocknet wird. Nach dem Trocknen werden die Heu- schrecken zerrieben oder zerstampft und dann das Pulver in verschlossenen Gläsern zum Gebrauch aufbewahrt‘‘‘). Soll es nicht lange gehalten, sondern bald wieder und zwar hauptsächlich zur Impfung des Futters benutzt werden, so ist dabei noch nicht einmal grosse Vorsicht in Bezug auf »steriles« Arbeiten notwendig. Für länger aufzubewahrendes Pulver würde sich allerdings bakteriologisches Sterilisieren der zur Herstellung und Aufbewahrung des Pulvers be- nutzten Gerätschaften empfehlen. Dr. Edington'°°), der Direktor des bakteriologischen Instituts der Kapkolonie in Grahamstown hat, daraus folgende Vorschrift geschaffen: »Man sammle eine grosse Menge von Heuschrecken, die an Heuschreckenpilz eingegangen sind, und mache eine Grube von 18 Zoll Tiefe und ı Fuss Breite in die Erde. Dann streue man von den Heuschrecken auf den ‘ Boden, besprenge sie mit etwas Wasser, gebe wieder Heu- schrecken auf und besprenge sie wieder, bis die Grube voll ist. Die Heuschrecken dürfen nicht in die Grube ein- gepresst werden, sondern müssen lose übereinander liegen. Dann bedecke man das Ganze mit einem Stück Blech oder einem Brett und lasse die Grube sorgfältig bedeckt für vier 76) Z. B. Robertson M. Walker. Bericht über Locusts Fungus Operations. Agric. Journ. Cape Col. 1899. XVI. S. 293. 765) Locust Extermination. Method of Distribution (4). Agric. Journ. Cape Col. 1899. XIV. S. 507. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 341 oder fünf Tage. Bei sehr warmem Wetter genügen vier Tage, bei kälterem ist längere Zeit erforderlich. Nach Ablauf dieser Zeit nehme man die Heuschrecken heraus und breite sie an der Sonne für eine oder zwei Stunden aus, bezw. bis sie trocken sind‘°). Dann mahle man sie zu Pulver. - Dieses Pulver lässt sich, trocken gehalten, lange Zeit aufbewahren.« | Aus diesen Vorschriften ergeben sich die Ansprüche, die der Pilz für sein Wachstum stellt, eigentlich von selbst: eine gewisse Feuchtigkeit, eine gewisse Temperaturhöhe und Luftzutritt bei Ausschliessung des Lichtes. Wenn sich daher der Luftzutritt bewerkstelligen lässt, ohne dass gleich- zeitig eine weitgehende Austrocknung damit verbunden ist, so dürfte es vorteilhafter sein, die Heuschrecken nicht in eine Grube, sondern in Haufen zu bringen. Lichtschutz — und was zu beachten, auch Schutz gegen Liebhaber von Heuschrecken, wie Eingeborene, Vögel, Mäuse und dergl. — ist natürlich für solche Haufen auch nötig. Um das gleich vorweg zu nehmen: eine gewisse Feuchtigkeit der Luft ist unter allen Umständen auch für den Erfolg einer Impfung an Heuschrecken erforderlich. Wo diese fehlt, wo das Wetter während und nach der Impfung sehr trocken ist, da versagt die Impfung voll- ständig, oder ihre Wirkung tritt erst sehr verspätet ein. Eine gewisse höhere Temperatur ist gleichfalls er- forderlich. Die von Black und Cooper gewählte von 30° C. ist vielleicht eher noch zu niedrig gegriffen. Eigene Unter- suchungen stehen mir zwar nicht zur Seite, aber die beiden Beobachtungen, dass in einem solchen gärenden Haufen von 766) Bei weniger trockener Luft, als sie in Süd- und Südwestafrika vorhanden ist, wird das Trocknen länger dauern, unter Umständen sogar künstlich geschehen müssen. Dass die Heuschrecken an der Sonne getrocknet werden sollen, ist wenig empfehlenswert; geht es im Schatten, so ist das Pulver jedenfalls wirksamer, denn die Sonne ist für niedere Pilze ein sehr kräftiges Abtötungsmittel. 342 Dr. Sander. Heuschrecken die Entwickelung des Pilzes auch auf den Kadavern lebhaft weitergeht und dass die Entwickelung um so lebhafter wird, je höher die Aussentemperatur ist, spricht dafür. An und für sich sollte man glauben, dass der Heuschreckenpilz als parasitischer Bewohner der Heu- schrecken, eines Insektes, einer besonders hohen Temperatur zu seinem Gedeihen nicht bedürfe, eine solche ihm im Gegenteil schädlich sei. Diese Beobachtungen lassen das in anderem Lichte erscheinen und machen es notwendig, noch einmal sorgfältigst nachzuprüfen, ob nicht unter besonderen Umständen doch einmal auch ein Warmblüter der Infektionsgefahr durch den Pilz ausgesetzt ist, was die bisherigen Untersuchungen und Er- fahrungen verneinen. Die Nachrichten über »Seuchen« der Menschen im Anschluss an Heuschrecken- plagen und besonders dann, wenn die Heuschrecken selber aus »unbekannter Ursache zu Milliarden dahinsterben« (s. oben), macht es jedenfalls erforderlich, noch einmal — und das kann nur in einem mit allen Hilfsmitteln, auch den litterarischen, ausgestatteten Institut in der Heimat geschehen — darauf bezügliche Unter- suchungen anzustellen, um jedes Bedenken ausschliessen zu können. Der Heuschreckenpilz braucht bei feuchtem, warmem Wetter etwa 4—7 Tage, um die Heuschrecken deutlich krank zu machen und befällt sowohl Fliegende wie Hupfer. Nach den wenigen Versuchen, die ich draussen noch anstellen konnte und zu denen ich leider sehr alte Kulturen verwenden musste, will es mir scheinen, als ob die jüngsten Hupferstadien, in denen die Tierchen ja eigentlich nur aus einer Chitinhülle mit sehr wenig feuchtem Inhalt bestehen, weniger empfänglich wären. Eine darauf hin- zielende Beobachtung habe ich in der mir zugänglich ge- wesenen Litteratur nicht finden können. Diese Altersstufen sind ja aber: gegen Trockenheit fast ebenso empfindlich als der Pilz selber, ein Umstand, der für meine Meinung spricht. rn 2 ee Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 343 Auch darüber, ob der Heuschreckenpilz für alle Wanderheuschrecken infektiös wirkt, ist Genaueres noch nicht bekannt. Lawr. Bruner konnte bei der der Schistocerca purpurifera ganz nahestehenden S. paranensis nur im Labo- ratorium, aber auf keine Weise im Freien Erfolge erzielen. In Ostafrika ist er — wahrscheinlich bei der S. peregrina — bald mit gutem, bald mit schlechtem Erfolge verwendet worden, in Nordamerika’) gab er bei dem Melanoplus spretus vorzügliche Erfolge. In Südafrika sind wie in Ost- afrika die Erfolge ausserordentlich wechselnd und zwar, so weit sich das aus den oft recht unvollkommenen Be- richten ersehen lässt, auch bei gleicher Wetterlage sehr wechselnd. Nun finde ich nirgends klar erwähnt, um welche der beiden Wanderheuschrecken Südafrikas es sich bei den Misserfolgen handelte; die guten Erfolge sind aber fast durchweg als an der »roten Heuschrecke« erzielt, bei der der Pilz ja auch gefunden wurde, bezeichnet. Sollte da nicht etwa die Möglichkeit vorliegen, dass der Pachytylus wenig oder gar nicht für diesen Pilz empfänglich ist? Meine mit alten Kulturen und die gleichzeitig von der Regierung mit frischen Kulturen in Südwestafrika gemachten Versuche galten dem Pachytylus und waren praktisch ein Misserfolg. Andererseits gilt schon von altersher der Pachytylus, auch der Europas, als sehr widerstandsfähig gegen Seuchen. Hier können nur eingehende Versuche entscheiden, aber nicht etwa bloss solche im Laboratorium, sondern vor allem solche im freien Felde. In der Umgebung von Windhoek in Deutsch-Südwestafrika, wo, soweit ich unterrichtet bin, nur der Pachytylus beobachtet worden ist, sind die von Rick- mann und Käsewurm angestellten Laboratoriumsversuche günstig ausgefallen und es wird mitgeteilt, dass auch von Farmern zum Teil günstige Berichte von Feldversuchen eingegangen seien. Das würde dafür sprechen, dass auch der Pachytylus dem todbringenden Pilze zugänglich ist. 767) Geo. W. Martin. Locust Extermination in America. Brief an Dr. Edington. 344 Dr. Sander. Der Vorgang der Erkrankung ist bei den Heuschrecken folgendermassen °°®): Wenn die Heuschrecke von diesem Pilz befallen ist, erscheinen nach einiger Zeit auf ihrem Leibe eine Anzahl von haargleichen Gebilden, die kleine rundliche Körperchen an ihren Spitzen tragen. Diese Körperchen werden, wenn sie reif sind, mit beträchtlicher Kraft weggeschleudert und sprossen aus, sobald sie auf einen geeigneten Nährboden fallen; sie entwickeln sich zum Pilze, der die Heuschrecken tötet. Diese kleinen | Körperchen werden in solcher Menge erzeugt, dass eine kleine Anzahl von erkrankten Heuschrecken eine grosse Menge im 'Schwarme mit diesen be- werfen und damit anstecken wird; diese angesteckten setzen nach einigen Tagen das Bombardement fort und der Schwarm wird unter günstigen klima- tischen und sonstigen Bedingungen schnell vernichtet sein. In solcher Weise erkrankte Heu- schrecken klettern auf einen Grashalm, ein Kraut oder einen Baum und klammern sich hier fest an. Hier bleiben sie noch lange nach ihrem Tode und von dieser erhöhten Stellung aus lassen sie die Keime der Krankheit auf das Futter ihrer Genossen und auf diese selbst herabregnen. Die neben- stehende Figur (32) zeigt einen Hupfer, der sich in dieser Weise an Gras fest- klammert; in der Figur (33) ist etwas vergrössert ein Teil des Hinterleibes abgebildet, um die Wirkung der Krankheit besser erkennen zu lassen. Einige Abbildung 32. 68) Ich gebe die Beschreibung näch Dr. Schönland in Louns- bury’s The Locust Fungus Disease, der auch die Abbildungen ent- nommen sind. Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 345 der Sporenkörperchen an der Spitze der Härchen sind ..gleichfalls dargestellt, etwas übertrieben gross, um sie deut- licher sichtbar zu machen. Der Leib der toten Heuschrecken erscheint wie mit einem grauen oder schmutzigbraunen feinen ‘Pelz bedeckt, der in Flecken an den Verbindungshäuten zwischen Brust und Hinterleib und zwischen Bein- und Hinterleibgliedern sitzt. Der Pilz- rasen sieht wie kurzer Sammet aus; die Ver- bindungshäute sind tief eingezogen, die festeren Teile, namentlich die Hinterleibsringe, stark hervortretend. Der Pilz gedeiht in Flüssigkeiten und auf festen, geeigneten Nährböden. In ersterm wächst ernur an der Oberfläche in feinen, ein dichtes Abbildung 33. Netzwerk bildenden Flöckchen; auf festen Nährböden bildet er einen grauen, fein radiär gestreiften niedrigen Pilzrasen. Den Grundstock bildet in beiden Fällen ein Netzwerk von feinen, teils glashellen doppelkonturierten, teils feingekörnten gelblich gefärbten, mit Vakuolen (nach Rickmann-Käsewurm glänzen- den Protoplasmakörperchen) durchsetzten unsegmentierten dichotomisch verzweigten Schläuchen. In Flüssigkeiten fangen diese Schläuche in der weiteren Entwickelung an auszusprossen, und sich durch Ausbildung von Zwischenwänden zu Zellketten auszubilden. Die Zellteilung schreitet sehr rasch vorwärts und geht mit Körnigwerden, Färbung und Vakuolenbildung und Abschnürung von Zellsporen einher, indem sich die Zellen der Schlauchenden und Sprossen zu ei- oder kugel- föormigen Konidien umformen, deren Grösse zwischen 4—5 bis 20—40 # schwankt. Sie sind doppelt konturiert, häufig mit Vakuolen (s. oben) versehen, ungleichmässig ge- körnt und scheinen einen dunkleren, homogenen Proto- plasmakern zu enthalten. Die jeweiligen Endzellen werden abgeschnürt, ziehen sich etwas in die Länge (werden tönnchenförmig) und stellen Dauersporen dar. Der Kern scheint schon vor der Abschnürung in Teilung zu treten BEE» TEE x 009 "uspung 22 ydeu # ‘gb ydeu E ‘#z yoeu z fıodg »dunf[ ı uordueıodg x 0Sı "sunejan Jne usıods Spuasupemseny 2 'F14 a019Mmz 7 E c Z uoneäsnluos] “= o \ ydd ‚ıede-ıedäy jne 91uU0[09 19p apuey we [99AW | x 003 *puassojssne us1ods X 009 ve ärd ‘s3sAauarodgausysıogaeng ‘3 'dıg 'a7sAausıods Say 'p did 5 Vf no) = 8 un = {} Ay | x 0Sı *uapey „ -[J39Ay wauıa ue Zuniyauna A aydıyyaajyasadun nayaıyyaajyasand 937 x 009 : SZ3OMZ aurefky Zıu1oy “qq Ne) xy mn j0eJg Aepuıg Yen I—e ‘WE Zunpjiggqy -Bunssordg x 005 +üsıpıuoy ajjsuyag y Aug 3204 X 009 *usıods arg Die natürlichen Feinde der Heuschrecken. 347 und unter günstigen Verhältnissen schreitet die abgetrennte Zelle sofort zur Vermehrung. Auf festen Nährböden bilden sich bei endende Luftzutritt auch Lufthyphen, während sonst derselbe Vor- gang, wie eben beschrieben, sich einleitet. Diese Lufthyphen verästeln sich, eines der kurzen ÄAestchen wird stark ge- körnt und endet in ein grosses gekörntes Koönidium. Von den anderen gewöhnlich glashell bleibenden Aestchen des- selben Stammes richtet sich eines, bei dem eine Endschwellung vorhanden sein oder fehlen kann, auf, nähert sich dem mit Konidium versehenen, berührt es und das Protoplasma beider Zellen mischt sich nun miteinander. Die Befruchtung kann auch von den Aestchen eines anderen Fädchens voll- zogen werden. Es bildet sich nun eine Oospore, indem das Protoplasma beider rasch in Zellteilung tritt. Die Oospore hat eine ziemlich dicke Zellhaut von dunkelbrauner Farbe. Sie wächstrasch, dasdicht und feingekörnte Protoplasma teilt sich in zahlreiche rundliche Massen, die Oosporenhaut verdickt sich weiter. Die rundlichen Körperchen bekommen deutlichere Form, werden eiförmig oder ellipsoid und stellen Sporen dar. Durch weitere Grössenzunahme dieser Gebilde kommt ein plötzliches Bersten der Cystenhaut zu stande, das die hellbraunen Sporen weit hinausschleudert. Im Grunde der geplatzten Oospore steht eine leicht ovale Kolumella. Die Sporen, von denen eine Cyste Be zu 200 enthalten mag — Black rechnet danach 32 000 Sporen auf den Ge- viert-Inch heraus — sind etwa 4 w gross, hellglänzend, halb- durchsichtig. Auf geeignetem Nährboden beginnen sie bald zu schwellen, sich dabei mehr und mehr abrundend, und sind nach Verlauf von 24 Stunden von den abgeschnürten Zellsporen nicht mehr zu unterscheiden. Dann nehmen sie noch an Grösse zu und sprossen wie die Zellsporen meist einseitig zu dichotomisch verzweigsten Fäden aus, die nun ihrerseits wieder denselben Entwickelungsgang durch- machen. 348 Dr. Sander. Bemerkenswert ist noch, dass Black den Pilz auch aus dem Kote infizierter Heuschrecken sich entwickeln sah und dass sich nach Rickmann-Käsewurm in Gammams um das Laboratorium herum seit der etwa ein Jahr dauernden Arbeiten mit dem Pilz von den in der näheren Umgebung wachsenden Gräsern und niedrigen Büschen mit Leichtig- keit der Pilz in Reinkulturen gewinnen lässt. Das spricht zweifellos dafür, dass er auch in der freien Natur ausser- halb des Heuschreckenkörpers gedeiht, also als Saprophyt vorkommt. Die Eier der Heuschrecken infiziert dieser Pilz nicht, und ebensowenig ist bis jetzt ein anderer bekannt, der es thäte. Ich will dieses Kapitel nicht schliessen, ohne darauf aufmerksam zu machen, dass unter Umständen eine An- gewöhnung der Heuschrecken an den Pilz, eine Art er- worbener Immunität eintreten könnte. Vorläufig freilich liegt dieses Ereignis scheinbar noch sehr fern, da nach den bisherigen Beobachtungen alle infizierten Heuschrecken zu Grunde gehen, die geflügelten, bevor sie Eier legen können, also ziemlich ausgeschlossen ist, dass eine einzelne Heuschrecke durch Ueberstehen der Erkrankung oder die Eier durch Vererbung von der erkrankten Mutter her Immunität erwerben. Ob aber ein missglückter Infektions- versuch nicht doch etwas Aechnliches wie — wenigstens teilweise — Immunität erzeugen kann, das muss dahin- gestellt bleiben. In X. Kapitel. Verhalten des Menschen in seinen verschiedenen Kulturzuständen gegenüber den Wanderheuschrecken und deren Verwertung. r Zahl der Feinde, welche sich in der Natur der über- mässigen . Entwicklung der Wanderheuschrecken ent- gegenstellen, ist, wie wir gesehen haben, nicht gering. Zu den eben aufgezählten aber kommt als der mächtigste Gegner der Mensch. In seinen ursprünglichsten Zuständen ist er wohl kaum in anderer Weise Feind der Heuschrecken gewesen, als die im vorhergehenden Abschnitt aufgezählten Wirbeltiere, d.h. er hat die Heuschrecken einfach der Speise wegen, die sie ihm boten, verfolgt; und da ihm noch die Voraussicht abging, dass der Fülle dieser leckeren Speise später Mangel an Pflanzennahrung folge, hat er in seinen Urzuständen das Erscheinen eines Heuschreckenschwarmes oder -zuges wohl nur mit Freuden begrüsst. Steht doch der wilde Buschmann Südafrikas noch heutzutage auf demselben Standpunkt, und selbst die meisten Eingeborenen Deutsch-Südwestafrikas betrachten, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, noch immer die anrückenden Heuschrecken als freudiges Ereignis, das ihnen »lekkere Koost« bringt und über dem sie sogar die sonst so geliebten Fleischtöpfe stehen lassen! Der Busch- mann ist eben noch wilder Jäger und so geschieht ihm nicht viel oder gar kein Schade in der Fleischversorgung; 350 Dr. Sander. was er an Pflanzenkost braucht, besteht aber zumeist in Zwiebeln und Knollen, die im Boden ruhen und so vor den Heuschrecken geschützt sind. Nicht viel anders liegt die Sache für die Besitzlosen unter den Eingeborenen Deutsch- Südwestafrikas. Fleisch muss ihnen ihr Herr geben und »Feldkost«, eben jene Knollen und Zwiebeln, wie bei den Buschmännern, bleibt auch ihnen erhalten. Aber schon für den Eingeborenen, der eine, wenn auch nur kleine Herde besitzt, gewinnt das Bild ein anderes Aussehen. Wohl sieht auch er noch in den Heuschrecken, wenn sie in mässigen Mengen auftreten, nur einen Zuwachs an Nährstoff. Sobald aber ihre Menge soweit anwächst, dass die Weide zu leiden beginnt, bedeuten sie auch ihm schon ein drohendes Uebel, gegen dass er sich zu wehren bemüht. Noch mehr ist das natürlich bei dem Menschen der Fall, der auch nur den bescheidensten Anbau betreibt und von den selbstgezogenen — oder wenigstens selbstgepflegten — Früchten einen Teil seiner Nahrung bezieht. Zwar werden auch ihm noch kleinere Züge, die er wegfangen und zu Speise verarbeiten kann, nur willkommen und andereSchwärme und Züge, die sein Feld verschonen, gleichgültig sein. Je grösser aber der Teil der Nahrung wird, den er aus seinen Feldern bezieht, um so früher tritt der Zeitpunkt ein, in dem die anrückenden Heuschrecken eine Gefahr für ihn bedeuten, der er mit allen ihm zu Gebot stehenden Hülis- mitteln zu begegnen sucht. Andererseits aber bildet derselbe Umstand, der für den Einzelnen die Gefahr vergrössert, auch ein Hülfsmittel für die Gemeinschaft der Landbauer, die Schädigung zu ver- mindern: denn je grösser die angebaute Fläche, je dichter die Siedelung ist, um so grösser muss die Zahl der Heu- schrecken werden, um die Ernte völlig zu vernichten, und um so grösser wird andererseits die Zahl und die Hülfsmittel derer, die in den Kampf gegen das Uebel eintreten, wäh- rend gleichzeitig die Fläche, auf der die Heuschrecken Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 351 ungestört das Brutgeschäft verrichten können, sich ver- mindert ’°”). | Das Verhalten der Bevölkerung solcher anbautreibender Gegenden gegenüber einfallenden oder einrückenden Heu- schrecken wird sich aber recht verschieden gestalten, je nachdem das Land zu den Strichen gehört, die ziemlich regelmässig von Heuschrecken heimgesucht werden, oder zu solchen, in denen das Auftreten von Heuschrecken eine ‚seltene Ausnahme bildet. Voraussetzung ist dabei natürlich, dass die betreffende Bevölkerung von Alters her, oder wenigstens seit so langer Zeit in derselben Gegend ansässig ist, dass sie nur noch die Naturerscheinungen eben dieser Gegend kennt. Wo das Auftreten der Heuschrecken ein mehr oder minder regelmässiges ist, da wird sich die Bevölkerung auch schon mehr oder minder auf dieses Ereignis eingerichtet haben. D.h. sie wird vorwiegend solche Früchte anbauen, die erfahrungsgemäss weniger vom Heuschreckenfrass leiden, oder aber auch den Anbau von Früchten erheblich ein- geschränkt und sich dafür mehr der Viehzucht zugewendet haben, und wird eine Reihe von wirksamen Abwehrmitteln kennen und anwenden. Vor allem aber wird sie mit dem Auftreten von Heuschrecken vertraut sein und kein über- natürliches Ereignis darin erblicken. Anders in Gegenden, wo Heuschrecken nur in seltenen Fällen einmal verheerend auftreten: Hier wird die ganze Art des Anbaus nicht auf dieses Ereignis zugeschnitten, Mittel zur Abwehr meist un- 769) Dieser günstige Einfluss der fortschreitenden Besiedelung wird hauptsächlich von den amerikanischen Autoren betont; so: First Report. Terasse ra. KIN Report. 1883. Chapt Ill: 5! 43-45 und"Append. VIII. S. 61—62 und anderen Stellen. Es istklar, dass gerade in Amerika, wo die Anwendung des Petroleums in der Bekämpfung der Heu- schrecken (siehe weiter unten, Abschnitt XI) eine so grosse Rolle spielt, die Möglichkeit dies (und andere wirksame) Mittel zu beschaffen, mit steigender Dichtigkeit der Bevölkerung und den damit gegebenen besseren Verkehrsmitteln und höherem Wohlstande, augenfällig zu- nehmen wird. 52 Dr. Sander. bekannt und der Schaden aus beiden Gründen grösser sein und das Ganze wird wirken, wie ein übermächtiges Natur- ereignis, ein schweres Erdbeben etwa, und die Gemüter der betroffenen Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, als Strafe der ob begangener Sünden zürnenden Gottheit gelten. Diese letztere Anschauung aber wird wieder oft zur Folge haben, dass jeder Versuch, dem dräuenden Unheil zu steuern, als eine Auflehnung gegen die strafende Hand Gottes ausgelegt und deshalb von geistlichen und weltlichen Mächten verpönt wird und dass jede Massnahme, vor allem aber ein planmässiges gemeinsames Vorgehen gegen die kleinen und doch so furchtbaren Feinde unterbleibt. Diese Anschauung ist namentlich in dem jüdisch- christlichen Kulturkreise verbreitet. Ihren Ursprung hat sie wohl in der mehr fatalistisch gefärbten jüdischen Unterlage des Christentums, wie ein Blick in das alte Testament und der Umstand lehrt, dass sie in der Weiterentwicklung des christ- lichen Glaubens mehr und mehr zurücktritt. Noch im 18. Jahrhundert war sie in Europa fast allgemein verbreitet und aufgeklärte Geister, wie Friedrich der Grosse (s. Anhang), mussten noch mit Androhung harter Strafen vorgehen, um ihre jede Abwehr lähmende Wirkung zu bekämpfen. Im 19. Jahrhundert wird dann allmählich in Europa die An- schauung Gemeingut, dass Heuschreckennot ein Natur- ereignis sei, wie jedes andere, keine (Gottesstrafe; dass vielmehr auch hier das Wort gelte: Hilf dir selbst, so hilft dir Gott! Anders bei den abgesprengten und durch ihren Wohnsitz in fernab vom Verkehr gelegenen Gegenden rückständigen Tochternationen in fremden Weltteilen. Noch heute steht z. B. ein grosser Teil der Boeren, die ja nahezu ein Jahrhundert von dem Zusammenhang mit europäischer Kulturentwicklung und geistlicher Versorgung abgeschnitten und auf die Bibel angewiesen waren, von der sie hauptsächlich das ihrem Leben als wandernde Herdenzüchter so entsprechende alte Testament bevorzugten, auf dem Standpunkt, dass die Heu- wre ar Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 353 schreckenplage »eene Straaf van de Heere« wäre, und sie zu bekämpfen eine Sünde '”°). Jedoch auch anderen Kulturkreisen, als dem jüdisch- christlichen, ist eine solche Anschauung nicht fremd. Denn sogar aus Afrika, von Negerstämmen, wird etwas Aehnliches berichtet, ohne dass sich christlicher oder mohammedanischer Einfluss nachweisen liesse: »Der »King« von Kuma''') teilte Herold mit, dass er seinen Leuten verboten habe, Heu- schrecken zu töten, demzufolge wären diese Insekten nun so rücksichtsvoll, sich in den Farmen der Kumaleute nicht niederzulassen.« »Der Häuptling von Jo erklärte überzeugungstreu, dass die Heuschrecken ihm keinen Schaden gethan, da er seinen Fetisch gebeten habe, allen sich in die Jofarmen setzenden Heuschrecken die Zähne stumpf zu machen.« »Eigentümlich erklärte sich der Häuptling von Kusunta das plötzliche Auftreten der Heuschrecken: in diesem Jahre wären nämlich überall in den Farmen viele Affen geschossen und getötet worden, deren Brüder sich an den lieben Gott mit der Bitte gewandt hätten, doch die Agomeleute zu be- strafen, welche nicht gestatten wollten, dass die Affen in den Farmen Nahrung suchen; der liebe Gott habe den Affen recht gegeben und daher die vielen Heuschrecken geschickt.« Das sind allerdings die einzigen Fälle, die ich in der Litteratur über eine solche Anschauung bei Negern gefunden habe; in meinem eigenen Verkehr mit den südwest- 0) S. Agric. Journ. of Cape Col. V. 1892. Joseph M. Orpen. Locust Plague. S. 299. Ein Brief vom 18. ı0. 92 an den Herausgeber des Bloemfontein Express. ‚Please don’t speak of destroying locusts. Our people are opposed to it. They consider it a punishment from God which a person and a people must bear patiently until God removes His chasting hand‘. Ebenda. S. 30. Featherstone, Destruction of Locusts. Ebenda 1893. VI. S. ıı3. Reports and Prospects. Von Wyks Vley u. v. a. m) D.K. Bl. 1892. Togo. S. 290. Bericht des Premierleutnants Herold, Agome. Sander, Wanderheuschrecken. 23 354 Dr. Sander. afrikanischen Eingeborenen habe ich etwas Aehnliches weder von Ovambo, noch Hereros, noch Bergkaffern, noch Hotten- totten und Buschleuten gehört. Besonders verwickelt werden die Verhältnisse in den Gegenden liegen, wo Völker verschiedener Kulturstufe und von verschiedener Kulturanschauung zusammenwohnen, Dazu gehören vor allem die afrikanischen Kolonieen. Hier kann sich das eigentümliche Bild darbieten, dass an der einen Stelle die Zuwanderer, die Weissen und Araber oder Hindu, durch die Anschauung der eingebornen Bevölkerung, die in den Heuschrecken nur einen hochgeschätzten Lecker- bissen erblickt, an einer wirksamen Bekämpfung der Plage behindert werden, während an anderer Stelle wieder gerade umgekehrt die eingeborene Ackerbau treibende Neger- bevölkerung kein Mittel unversucht lässt, um der Schädlinge ‚Herr zu werden, in ihrem Erfolg aber durch die fatalistische Anschauung der zugewanderten Weissen, die in einer Be- kämpfung dieser vom Himmel gesandten Plage eine Sünde erblickt, gehemmt wird — so z. B. in einzelnen Gegenden Südafrikas (Basutoland, Tembuland, Pondoland). Der erstere Fall ist natürlich der ungleich häufigere. Ja in unseren afrikanischen Kolonieen wird es, von ver- schwindend wenigen Ausnahmen, die sich leicht durch geeignete Verordnungen beseitigen lassen werden, abgesehen, wohl der einzige sein. Will der Eingeborene deshalb nicht an einem all- gemeinen Kampf gegen die Landplage der Heuschrecken Teil nehmen, weil er sich dadurch einer leicht erhältlichen und für ihn einen Leckerbissen, in manchen Gegenden selbst eine notwendige Ergänzung der salzlosen Pflanzenkost ''”) darstellenden Nahrung berauben würde, so wird es erforder- lich sein, die Massnahmen zur Vertilgung so zu wählen, dass die getöteten Heuschrecken zur Nahrung verwendbar bleiben. 712) Livingstone. Missionsreisen. ı Bd. S. 55. Heuschrecken als Salz ersetzende Zuspeise „ein wahrer Segen“ im salzarmen Innern. Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 355 Wo aber der Eingeborene nur deshalb nicht am Kampf teilnehmen will, weil die Heuschrecken ihn wenig in seinem Unterhalt bedrohen und er aus angeborener Träg- heit sich keine ihm unnütz erscheinende Arbeit auferlegen will, da wird man darauf bedacht sein müssen, diese Arbeit ihm nutzbringend erscheinen zu lassen, sie also in einer ihrem Werte für das allgemeine Wohl entsprechenden Höhe zu entschädigen. Das wird namentlich in den Gegenden der Fall sein müssen, wo die Hand der Weissen noch nicht recht hinreicht, wo die Gewalt des Weissen noch nicht aus- reicht, um durchgreifendere Massregeln zu erzwingen, wo auch die augenblickliche Gefahr für seine Interessen noch nicht gross genug ist, um scharfen Zwang zu rechtfertigen. Da aber die Unkosten für die Heuschreckenabwehr, wenn weite Strecken betroffen sind, leicht zu recht erheb- lichen Summen anschwellen, so wird man auch in diesen Fällen darauf Bedacht nehmen müssen, die vernichteten Heuschrecken in irgend einer Weise zu verwerten und so wenig- stens einen Teil der Ausgaben wieder einzubringen. Das wird nicht bloss bei Eingeborenen, sondern auch bei den Weissen — und selbst bei den Behörden — die Neigung wesentlich erhöhen, zur rechten Zeit Arbeit und Ausgaben aufzu- wenden. Leider ist das nicht so leicht, weil die Heuschrecken gar zu sehr in Menge und Häufigkeit ihres Auftretens wechseln. Eine geordnete Industrie lässt sich daher nicht auf die Verwertung von Heuschrecken aufbauen; alle Mass- nahmen zu ihrer Verwertung müssen daher einfach, ohne erosse Kosten und namentlich ohne grosse, besonders zu beschaffende Apparate ausführbar sein. Als Verwertung getöteter Heuschrecken sind zu nennene I. Speise für den Menschen; 2. Futter für das Vieh; = Rode sur (see | Erche, 4. Verarbeitung zu Dünger; 5. zu chemischen Produkten. 23, a56 Dr. Sander. 1..Als’Speise für den Menschen” JrEasea Fällen geht der Verwendung der Heuschrecken zur mensch- lichen Speise, obwohl sie auch roh genossen werden, eine Zubereitung voraus, die in den verschiedenen Gegenden verschieden ist. Die allereinfachste Art ist wohl die noch heutzutage bei den Buschmännern Südafrikas und den wilden Bergdamaras Südwestafrikas übliche, die Heuschrecken und zwar die geflügelten, vollausgebildeten Tiere und die Hupfer im vierten und fünften Stadium einfach auf der Asche des Lagerfeuers leicht zu rösten ’’‘). Die Beine und Fühler, und bei den Geflügelten auch die Flügel fallen dabei von selbst ab oder lassen sich leicht durch einfaches Ueberstreichen entfernen. Der ganze Rumpf und Kopf werden dann ge- gessen. Bevorzugt werden von den Geflügelten die ge- schlechtsreifen Tiere, also die der Mutterschwärme, und von diesen wieder die Weibchen, weil sie »fetter« sind. Die drei ersten Stadien der Hupfer werden wohl nur im äussersten Notfall gegessen, sie sind »zu mager«, d.h. sie besitzen zu wenig Weichteile im Verhältnis zu der unverdaulichen Chitinhülle. Dieses selbe Verhältnis findet sich bei allen Heu- schrecken essenden Völkern, wie ich gleich vorausschicken will; auch bei der Verarbeitung zu Viehfutter, Köder, Dünger und chemischen Produkten sind die drei jüngsten Stadien nahezu wertlos, die älteren in dem gleichen Verhältnis wert- voller, wie sie von. dem Menschen als Speise bevorzugt werden. Es ist das von Wichtigkeit für die Frage der Ab- wehr; denn wie wir noch sehen werden, sind die Abwehr- massregeln um so wirksamer, je jünger die Heuschrecken sind. Es werden also namentlich in den Gegenden, wo seine tiefstehende, noch in Urzuständen lebende Eingeborenen- 8) Im First annual Report, Chapter XIII. „Uses to which locusts may be put“ S. 437 u. ff. findet sich eine hübsche Zusammenstellung über den Genuss von Heuschrecken in alter und neuer Zeit. Wer sich für das Historische interessiert, den verweise ich hierauf. 7%) Passarge, Adamaua, beschreibt S. 47 dieses Verfahren, dass ihm v. Uechtritz vormachte. Verhalten des Menschen in s=inen versch, Kulturzuständen etc. 357 bevölkerung neben den zugewanderten weissen oder farbigen Ackerbauern vorhanden ist, die Interessen für die Vertilgung der Heuschrecken sehr auseinandergehen und manche recht er- hebliche Schwierigkeit für eine gemeinsame Abwehr darstellen. Auch ist es nicht gleichgültig, dass somit das für die Vernichtung günstigste Alter der Heuschrecken ungünstig für irgend eine wirtschaftliche Verwertung ist. Denn damit wird die ohnehin vorhandene Schwierigkeit, einen nennens- werten Entgelt für die von der Gemeinsamkeit oder dem Einzelnen aufzuwendenden Auslagen bei der Bekämpfung zu erhalten, noch wesentlich erhöht. Noch ursprünglicher als die eben genannte Zubereitungs- art, die immerhin die Kenntnis des Feuermachens voraus- setzt, dürfte eine andere sein, die heutzutage eigentlich nur noch angewendet wird, um grössere Mengen Heuschrecken auf Vorrat zu trocknen: Das Dörren in der Sonne'’”). Es wird von allen überhaupt möglichen Aufbereitungsarten die- jenige sein, die sich am besten zur Verwendung im grossen eignet, weil sie die wenigsten Kosten und Vorbereitungen bedingt. Dazu kommt, dass in den regelmässiger von Heu- schreckenschwärmen und -zügen heimgesuchten Gegenden unserer afrikanischen Kolonieen anders als in unsern ge- mässigten Breiten die wichtigste Vorbedingung: »grelle Sonne bei ziemlicher Lufttrockenheit« zur Zeit des Auftretens der Heuschrecken meist gegeben ist. Man wird also wohl auf sie zurückgreifen, wenn man es mit grossen Mengen von Heuschrecken zu thun hat, die umfassendere Massregeln fan ihre Vernichtung erfordern, deren Kosten man "sern wenigstens zum Teil wieder einbringen möchte. Dieses einfache Dörren gestattet zudem jede weitere Zubereitungs- art, ohne nennenswerte Geschmacksänderung ’”°). 125) Z. B. aus Ostafrika. D.K.Z. ı895. S. 12. Kleine Mitteilungen. S. 69. Hungersnot, Hinterland von Tanga; aus Südafrika (Gegend von Kimberley) E. v. Weber, Vier Jahre in Afrika. II. Bd. S. 209. 76) Ich habe zwar nicht selber die verschieden zubereiteten Heu- schrecken gekostet, mir ist aber von den Eingeborenen Südwestafrikas 358 Dr. Sander. Die Beine, Flügel und Fühler fallen auch bei dieser Art der Zubereitung ab und die weitere Aufbewahrung geschieht dann entweder einfach so, dass man die gedörrten Heu- schrecken, wie sie sind, in Säcke packt und an einem luftigen, trockenen Ort zur gelegentlichen Verwendung aufhebt. Häufiger aber — und bei gewerblicher Verwendung würde sich das schon aus Gründen der Raumersparnis empfehlen — werden sie zu Pulver oder Mehl'’”) gestossen und als solches in irgend welchen Gefässen aufbewahrt. Sind sie zum Genuss für den Menschen bestimmt, so werden auch vielfach Brote ’”*) daraus angefertigt, die meiner Kenntnis nach sich sehr gut und nahezu unbegrenzt halten‘’”).. Das Mehl lässt sich weiter auch zu einer Suppe oder einem Brei’‘’) oder mit Fett, Salz und Kräutern zu einer Art Knödel verarbeiten, wie es z. B. die Bergdamara in. Südwestafrika thun. Grössere Gourmandise verrät es schon, wenn die Heu- schrecken, statt einfach gedörrt zu werden, noch beim Rösten einen Zusatz erhalten: sei es nun Salz’*') oder ein Fett tierischer oder pflanzlicher Natur'°*). wiederholt versichert worden, dass an der Sonne getrocknete Heu- schrecken sich ohne Einbusse am Geschmack in jeder anderen Art zu- bereiten liessen, 7) Z. B. Andersson, Reisen in Südwestafrika bis zum Ngami. II. Bd. S. 24—26; Büttner, die Bergdamara. Berichte der Rhein. Miss. Ges. Barmen. 1878. S. 35. Das Reiben geschieht zwischen zwei Steinen oder im hölzernen Stampfer. 18) Z,. B. Bairstow, The Locusts. Agric. Journ. of the Cape Col. V. 1892. S. 162; First ann. Report 1878. Chapt XIX. S. 466 .nach Padre Ovalle. History of Chile, Rome 1640. 7. Kap. III. Buch von den Indianern Chiles. 79) Man könnte diese Form der Aufbewahrung wohl zweck- entsprechend auch für die Verwendung zum Viehfutter wählen, ähnlich wie Lein- oder Palm- oder Rapskuchen. Der Futterwert ist ein recht hoher. 780) Andersson, 1. c. ’8ı) Vgl. First ann. Report 1878. S. 439 u. ff. und 477; Lallemant, Notice etc. S. 44; Livingstone, Missionsreisen. I. B. S. 55; Junker, Reisen in Afrika II. B. 1890. S. 357; H. v. Wissmann, zweite Durch- querung Aequatorial-Afrikas, S. 79; v. Stetten, Kamerun. Mitteilung Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 359 In dieser Form werden sie von den meisten Europäern, die sie gekostet haben, nicht übel gefunden und stets in Aussehen und Geschmack mit den Seekrabben (Crevetten, Squilla und Palaemon) verglichen.*) Weniger Beifall bei den Europäern findet die gleichfalls weitverbreitete Methode, die Heuschrecken zu kochen’); die meisten bezeichnen den Geschmack bei dieser Zubereitung als »fade«. Salzzusatz verbessert ihn auch hier. Eine eigenartige Weise, die Heuschrecken zu dämpfen, haben die Basuto”');: Sie thun ‘die Heuschrecken in einen grossen Kochtopf, der nur wenig etwas gesalzenes Wasser enthält, setzen den Deckel oder einen flachen Stein darauf und verschmieren die Fugen mit nassem Lehm und setzen sie so über das Feuer. Hinterher breiten sie sie aus, ent- fernen Flügel und Beine und trocknen sie zur weiteren Auf- bewahrung an der Sonne. Auf diese Weise verarbeiten sie oft ganze Wagenladungen. Zum Genuss werden die Heu- v..d. Schutzgeb. 1895. S. 182: Herold, D. K. Bl. 1892, Togo. S. 290; Graf v. Zech. Mitteilung. 1898. Togo. S. 129; Kannenberg, unveröff. Brief an Gouv. 309. 1899. Ostafrika; Redtenbacher, Wanderheu- schrecken. S. 41—42. (Allgemeine Zusammenstellung.) 782) Mc Lachlan. Proceedings of the Entom. Soc. of London 1897. s. V. nach Rev. Eaton—Biskra; Keferstein, Schädliche Heuschrecken. Stett. Entom. Zeitg. 1843. S. 8ı nach Chaudin in Bender-Abassi (werden beim Kochen rot |s. ob.)). *), Vielleicht findet sich ein unternehmender Kunsesnihrkan der mit geschickter Benutzung dieser Aehnlichkeit eine gesuchte Deli- katesse daraus herstellt; möglich muss das wenigstens nach Packards Schilderung im First Report sein. So gut wie Schwalbennester und Trepang würde sich dieser Artikel wohl auch einführen lassen; und ist dies gelungen, so würde so mancher, der heute keine Hand zur Abwehr der Heuschreckengefahr rührt, sehr eifrig beim Einfangen dieser dann gut bezahlten Delikatesse sich beteiligen. Es sieht wie ein schlechter Witz aus, wenn ich so etwas erwähne. Aber könnte irgend eine lohnende Verwendung für diese Schädlinge gefunden werden, die Plage würde bald aufhören zu bestehen. 783) Joseph, M. Orpen. The Locust Plague— Plans. Agric. Journ. 1892. V. S. 202 u. (dessen Bruder) C. S. O. im VIII. Appendix des III, Reports 1883. S. 69. 360 Dr. Sander. schrecken gemahlen und mit dem Brei von Negerhirse (mealies [Südafrika], mtama [Ostafrika]) vermischt. Die Juden in Algier bereiten aus ähnlich behandelten Heuschrecken unter Zusatz von Fett, Gemüsen und Ge- würzen aller Art ihre Sabbathspeise"°‘). Ihnen ist nur erlaubt, die Weibchen zu essen, angeblich, weil diese (der Schisto- cerca peregina) unter dem Flügel einige »hebräische Charaktere« zeigen, die sie zur reinen Speise machen, während die Männchen als unrein gelten, weil ihnen diese Flecken fehlen”°°), Der Geschmack der Heuschrecken scheint nach der Art, dem Alter und Geschlecht verschieden zu sein. Inner- halb derselben Art wechselt er ausserdem wohl wie Living- stone'°°) und Rohlfs’®’) hervorheben, je nach dem Futter. Rohlfs sagt von der einen Art, ssogundo genannt, dass sie ‚, »meist aromatische Kräuter frisst und in der That einen gar nicht üblen Geschmack hat«. Als Nahrung für das Vieh kommen nach dem im vorigen Kapitel Mitgeteilten zunächst die frischen, lebenden Heuschrecken aller Stadien in Betracht. Da aber die Zeit 32) Eirst Reportt1878. Ile: 785) Sonst sind mir Speiseverbote in Bezug auf Heuschrecken kaum bekannt. Keferstein erwähnt 1. c. nach Chaudin, dass „eine kleinere, anders gefärbte und noch zerstörendere Art zu essen verboten sei (wohl Stauronotus maroccanus) in Bender Abassi; ın Südafrika und Südwestafrika galt die Schistoc. purpurifera Walk. bei ihrem ersten Auftreten als „giftig“, ohne dass aber etwa eine besondere Speise- vorschrift ihren Genuss verbot.“ In Ostafrika essen nach Hauptmann Richter bei Bukoba (Mitteilung. 1900. S. 116. Notizen über Lebens- weise u. s. w. der Bewohner des Bezirkes Bukoba) lediglich die Weiber Heuschrecken; mein Junge, ein Mnyamwezi, den ich dieserhalb befragte, erzählt mir Aehnliches von seinem Volksstamm: Die Männer ässen nur gelegentlich einige wenige Heuschrecken, die Weiber aber ässen sie in Menge. Einen Grund dafür vermag auch er mir nicht anzugeben. (Uebrigens sind „senene“, die Richter für eine besondere Art Heu- schrecken erklärt, die Hupfer der Wanderheuschrecke.) ae 787) Quer durch Afrika. II. Bd. S. ı6. (Bornu.) Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 361 hierfür beschränkt ist, so kämen für eine gewerbliche Ver- wendung, die allein beim Kampf gegen die Heuschrecken wirklich behülflich sein könnte‘), Verfahren in Betracht, die eine Aufbewahrung der Heuschrecken ermöglichen, also vor allem Dörren mit oder ohne Salz, mit nachfolgendem Vermahlen oder ohne solches. In Betracht kommen in erster Linie Schweine und Geflügel — ausser Hühnern auch Puten, Enten und Gänse —; nach dem im vorigen Abschnitt Mitgeteilten würden sich aber .auch Rindvieh und Schafe und selbst Pferde und Hunde dabei wohlbefinden und ge- deihen. Vorbedingung für die Verwendung zu Futter, namentlich für Säuger, wäre aber unbedingt die Entfernung der hakigen, dornigen Beine und der Flügel. Das liesse sich aber bei den getrockneten Heuschrecken schon mit jedem Gebläse, wie es z. B. die gewöhnlichen, auch in Südafrika bekannten Getreideklappern besitzen, erreichen; zur Not würde auch schon Durchschaufeln und Worfeln ge- nügen, da die Gliedmassen sehr brüchig und erheblich leichter als der massige Körper der Heuschrecken sind. Als Fischköder (für Seefische) sind Heuschrecken nach dem Vorschlage von Dr. Morrau in Douarnenez, Finistere’°°), an der spanischen Küste 1875 beim Sardinen- fang mit gutem Erfolge verwendet worden. Sie waren zu Broten geformt, mariniert, gesalzen, gepresst oder einfach in der Sonne getrocknet. Für die afrikanischen Kolonieen würde freilich diese Verwendungsform noch wenig in Frage kommen, denn die Hochseefischerei liegt hier selbst an den Küsten der Kapkolonie noch ziemlich im Argen, obwohl 788) Der Windhoeker Anzeiger vom 8. XI. 1900 schlägt denn auch unter „Aus dem Schutzgebiet‘ folgendes vor: „Da jetzt wieder die Zeit der Heuschrecken naht, empfiehlt es sich vielleicht darauf aufmerksam zu machen, dass getrocknete Heuschrecken ein billiges und ausgezeich- netes Mastfutter für Schweine und Hühner sind. Es wäre vorteilhaft, die Eingeborenen zum Sammeln von Heuschrecken zum Verkauf zu veranlassen, um auf diese Weise zur VernNenime dies Un. geziefers beizutragen.“ 89) Nach First ann. Report 1878. S. 441. 362 Dr. Sander. Heringsarten in Menge vorhanden sind, die an Güte den nordischen nicht nachstehen. Die Ausfuhr nach Europa aber würde das Präparat wohl nicht vertragen, sollte für die Hersteller noch ein Gewinn dabei herauskommen. Hier käme freilich alles auf einen Versuch an. Die Verarbeitung zu Dünger ist namentlich von Indien aus empfohlen worden. Natürlich müsste bei der Herstellung ein einfaches Trocknungsverfahren, ohne Salzen oder Räuchern, oder ein »Einsäuern« angewendet werden. Für die trockenen Subtropen würde ein solcher Dünger in der That vorzüglich sein, da er alle Eigenschaften besässe, um in dem ariden Boden zur Geltung zu kommen, und er diesen bereichern und gleichzeitig physikalisch verbessern würde. Denn man würde ihn unter die Kompostdünger rechnen müssen. Als Beweis dafür, dass in der That die Heuschrecken einen hohen Dungwert besitzen, kann man wohl die vielfachen Beobachtungen ansehen, die schon oben mitgeteilt sind, dass die von Heuschrecken verwüsteten Felder im folgenden Jahre gewöhnlich eine sehr gute Ernte bringen. Freilich spielen noch andere Umstände für die Erreichung dieses Erfolges mit. Ob sich aber die Verarbeitung der Heuschrecken zu Dünger lohnt, das ist eine Frage, die sich nur an Ort und Stelle in jedem einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Arbeitslöhne und Transportkosten, also sehr wechselnder Faktoren, beantworten lässt. In den am meisten betroffenen trockenen Subtropen, z. B. in Deutsch-Südwestafrika, wird sich die Verwendung an Ort und Stelle wohl kaum lohnen; denn hier fehlt, abgesehen von einzelnen Stellen, bei der dünnen Besiedelung vorläufig noch der Markt für das durch reichliche Düngung erzielte Mehr an Garten- und Acker- erzeugnissen. Mit der chemischen Verwertung steht es wohl, wenig- stens in den afrikanischen Kolonieen, am schlechtesten. Denn um »eine solche zu ermöglichen, bedarf es doch einer festen Anlage und der Verwendung von allerhand Chemikalien, Verhalten des Menschen in seinen versch. Kulturzuständen etc. 363 die dort nur schwer und teuer erhältlich sind. Die feste Fabrikanlage aber hat den schon hervorgehobenen Nachteil, dass sie den Heuschrecken nicht folgen kann, sondern dass diese, wenn sie nicht zufällig in nächster Nähe sind, zu ihr herangebracht werden müssen. Dass das selbst in Gegenden mit Eisenbahnen, ganz abgesehen vom Kostenpunkt, kaum ausführbar sein wird, wird wohl jeder, der ein wirkliches Heuschreckenjahr mitgemacht hat, zugeben; in Jahren mit wenigen Heuschrecken aber fehlt es wieder an Material zum Betriebe. | | Von Professor Kedzie, State Agricultural College, Manhattan’°‘), ist die Verarbeitung zu Oel und Ameisensäure versucht worden. Der Presssaft aus frischen Heuschrecken war ziemlich reichlich, 25 Kubikcentimeter von °/, bushels, zersetzte sich aber schnell und verlangte deshalb schnelle Aufarbeitung. Das scheint mir schon ausreichend Grund zu sein, um die Ausführung in der Praxis fraglich erscheinen zu lassen. Ich verweise deshalb Leser, die sich für diese Frage interessieren, auf den angezogenen Bericht. Vielleicht liesse sich, wie ich schon in einem der vorhergehenden Abschnitte erwähnte, aus den Schistocerca- Arten ein Farbstoff gewinnen, der als hygroskopischer Indikator dienen könnte. Ob das möglich ist, darüber wären aber erst Versuche anzustellen. Diese müssten auch Auf- schluss über den Kostenpunkt geben. Alles in allem sind also die Aussichten für eine nutz- bringende Verwertung gering; am besten scheinen mir noch die für Viehfutter zu liegen. Nach Ort und Zeit am ge- eignetsten wollen mir die ständigen Winterherbergen er- scheinen: hier sind die Heuschrecken alljährlich zu bestimmter Zeit in grösseren Mengen besammen, und diese Zeit ist gerade die, wo der Himmel unbewölkt, die Luft trocken und die landwirtschaftliche Arbeit am geringsten ist. 90) First ann. Rep. 1878. S. 441—443. = XI. Kapitel. Massregeln bewusster Abwehr. Si beginnen, wie gezeigt, schon in verhältnismässig frühen | Kulturstadien des Menschen. Es ist daher kein Wunder, wenn nicht bloss eine Reihe von einzelnen Methoden der Bekämpfung uralt sind, sondern ebenso auch viele An- schauungen über die Heuschreckenplage und die Stellung des Menschen dieser gegenüber. Da für uns die ältesten Kulturzentren in gemässigten oder halbgemässigten Klimaten Europas, Asiens und Afrikas liegen, so beziehen sich alle von unserer Geschichte überlieferten Aufzeichnungen über Heuschreckennot und -abwehr auch auf Heuschrecken in semässigten Breiten. Es ergiebt sich von vornherein daraus als wahrscheinlich, dass viele dieser Massregeln in den Subtropen und Tropen nicht oder nur ausnahmsweise verwendbar sein werden. Es ist ohne weiteres klar, dass die verschiedenen Alters- stufen der Heuschrecken eine verschiedene Art der Be- kämpfung verlangen werden. Denn selbstverständlich kann es nicht gleichgiltig sein, ob die Heuschrecke bewegungslos als Ei in der Erde liegt, ob sie als Hupfer mit immer wachsender Marschfähigkeit auf dem Boden sich bewegt, oder ob sie als geflügelter Kerf wie ein Hagelschauer auf die blühende Flur vom Himmel herabfällt und in wenigen Stunden schon wieder aus der von ihr selbst geschaffenen Wüste verschwindet. Am günstigsten werden die Bedin- gungen für erfolgreiche Gegenmassregeln dann sein, wenn der Verwüster am wenigsten bewegungsfähig ist, wenn er dem Vernichter am wenigsten ausweichen kann. Massregeln bewusster Abwehr. © 365 Dieser für den Menschen günstigste Zustand scheint gegeben zu. sein, wenn die Heuschrecke noch als Ei in der Erde ruht. Denn da ist sie nicht bloss völlig bewegungslos, sondern ein Griff vernichtet auch gleich ihrer viele, da ja stets eine Menge Eier zu einem Eipäckchen vereinigt sind; und ausserdem verharrt die Heuschrecke in unseren ge- mässigten Breiten die allerlängste Zeit ihres Lebens in diesem Zustande. Der Mensch hat also auch mehr Zeit, sie in diesem zu vernichten, als es in den anderen der Fall wäre. Deshalb ist schon seit alten Zeiten her das Ver- nichten der Eier ein vielfach geübtes, von den Behörden vielfach gefordertes und oftmals wirksames Bekämpfungs- verfahren. In den Subtropen freilich, wo die Ruhezeit der Eier im Boden nur etwa vier Wochen beträgt, verschieben sich diese Verhältnisse und -unter dem Hinzutreten noch anderer Umstände wird ein Vorgehen, um die Eier zu ver- nichten, in den meisten Fällen zu einer Verschwendung von Zeit, Geld und Arbeit, ohne dass irgend welcher Erfolg zu erzielen wäre. Da aber gelegentlich Verzögerungen des Ausschlüpfens der Eier vorkommen können, die dann die Aussichten auf Erfolg durch Vernichtung der Eipäckchen denen in gemässigten Klimaten gewöhnlichen wenigstens nahe bringen, so kann ich doch nicht umhin, hier auch die verschiedenen Verfahren zu erläutern, die angewandt werden, um die Eier zu vernichten oder sie ihrer Entwick- lungsfähigkeit zu berauben. Vorbedingung für die Wirksamkeit aller auf Zerstörung der Eier gerichteten Massnahmen ist Kenntnis der Stellen, an denen diese abgelegt worden sind. Nach dem in den vorhergehenden Abschnitten Ausgeführten wird man diese Oertlichkeiten auch da, wo unmittelbare Beobachtung der eierlegenden Heuschrecken nicht Gewissheit giebt, leidlich genau bestimmen können. Man muss sich dann zunächst an solchen Stellen umsehen, die den Ansprüchen der auf das Brutgeschäft bedachten weiblichen Heuschrecken entsprechen: also warme Lagen mit dünnem Bestande von 366 = Dr. Sander. niedrigen Gräsern und Kräutern und nicht zu losem Boden. Findet man hier der Grösse der durchgezogenen Schwärme entsprechende Mengen von toten Heuschrecken, die keine Anzeichen einer besonderen Todesursache tragen (also keine Austrittslöcher von Fliegen- oder Wespenmaden oder Haar- würmern, keine Pilzwucherungen), so wird die Wahrschein- lichkeit gross sein, dass es sich um Brutplätze handelt. Zu beachten ist hierbei, dass die Zahl der toten Heuschrecken zu Anfang der Legeperiode eines Schwarmes immer geringer ist, als gegen den Schluss dieser Zeit. Für die Praxis ist schwer oder gar nicht zu beurteilen (ausser bei der Schisto- cerca am Farbenwechsel), ob der einzelne Schwarm im Be- ginn oder am Ende seiner Fortpflanzungsthätigkeit steht, und man wird sich darauf beschränken müssen, nach den vorhandenen Nachrichten aus-. früher heimgesuchten Orten und der Jahreszeit des Auftretens zu beurteilen, ob viel oder wenig Heuschrecken im Verhältnis zur Grösse des Schwarmes tot zurückgeblieben sind. Einen weiteren Auf- schluss, der aber nur unter Beobachtung gewisser Vorsichts- massregeln genügend zuverlässig ist, erhält man dann durch die probeweise Untersuchung von Teilen der verdächtigen Stellen. Die Auswahl solcher Probeflecke muss man sorg- fältig nach den beschriebenen Kennzeichen vornehmen und man darf nicht zu wenig Stellen untersuchen, vor allem dann nicht, wenn man zufällig in den zuerst in Angriff genom- menen nichts findet. Für Ungeübte und für solche, die noch niemals Eipäckchen im (aufgelockerten) Boden gesehen haben, empfiehlt es sich durchaus, Erfahrenere zur Unter- stützung mitzunehmen. Am besten wäre es überhaupt, der- artige Probeuntersuchungen nur von wirklich Erfahrenen vornehmen zu lassen. In den »Heuschreckenfeldzügen« der Engländer in Cypern hat es sich wenigstens mehrfach gezeigt, dass Ungeübte ganz unzutreffende Schlüsse zogen, und meist indem sie die Anzahl der im Boden befindlichen Eier erheblich unterschätzten; die Schätzungen erfahrener Leute dagegen erwiesen sich meist als zutreffend. Massregeln bewusster Abwehr. 367 Eine solche probeweise Untersuchung von Stichstellen des verdächtigen Stückes ist auch dann wünschenswert, wenn der Schwarm direkt beim Eierlegen beobachtet worden ist’*'). Hier aber ist die Untersuchung schon leichter, weil man genauer weiss, welches Stück Land betroffen ist und auch bei einigermassen leidlichem Beobachten des Schwarmes, welche Stellen besonders stark mit Eiern besetzt worden sind. Da eine solche Kenntnis viel Zeit und Mühe spart, sind beim Niederlassen von Heuschreckenschwärmen in einer Gegend geeignete und zuverlässige Leute mit der Beob- achtung zu betrauen. Geeignet sind vornehmlich Leute, die mit der Natur und ihren Erscheinungen vertrauter sind; also Landleute, Förster, Feldhüter u. s. w. im Durchschnitt besser als Städter. Zu der Untersuchung wird der Boden mit einer Hacke, einer Schaufel, einem geeigneten landwirtschaftlichen Gerät (Esge, Krümmer, Kultivator, Schälpflug oder dergl.) ober- flächlich aufgelockert. Weil die Eipäckchen in 6—8 Centi- meter Tiefe liegen, darf die Durcharbeitung des Bodens nicht viel über dieses Mass hinausgehen, da man sonst die Eier wieder verschütten würde. Die Eipäckchen erscheinen dann wie kleine Erdbröckchen, von einer diesen ganz ähn- lichen Farbe und Oberflächengestaltung und etwa der Grösse einer kleinen Haselnuss. Gestatten die Verhältnisse nicht eine sofortige Vernichtung der Eier oder ist diese mit Rück- sicht auf das gewählte Verfahren nicht erwünscht, so muss man die Eigründe durch irgendwelche haltbare Merkzeichen kenntlich machen, und zwar im ganzen Umfange und der ganzen Ausdehnung. Von solchen Verfahren, die Eier zu vernichten, kommen in Betracht: 1) Man hat von solcher Untersuchung auch gleich den Vorteil, genau zu wissen, wo die jungen Hupfer ausschlüpfen werden, im Falle, dass man die Eier nicht zerstören kann, und einen Massstab, in welchen Mengen man ungefähr die Schädlinge an der unter- suchten Stelle erwarten kann. 368 Dr. Sander. ı. Einsammeln der Eier durch Menschen. 2. Zugänglichmachen der Eipakete für feindliche Tiere und schädigende Witterungseinflüsse. 3. Abtötung der Eier im Boden selbst. 4. Schaffung solcher Verhältnisse, die den aus- schlüpfenden Jungen das Hervorkriechen aus dem Boden unmöglich machen. Um die Eier einsammeln zu können, ist zweierlei nötig: Erstens ausreichende und billige Arbeitskräfte und zweitens ein Aufdecken der Eipäckchen. Die erste Forderung wird nur da zu erfüllen sein, wo die Schwärme nicht allzu ausgedehnt waren, das betroffene Gebiet also nicht allzugross ist; und ausserdem muss es dicht besiedelt sein. Zwar können Frauen und Kinder hier mit sehr gutem Erfolge mitarbeiten, aber trotzdem wird in einer dünnbevölkerten Gegend die nötige Anzahl Hände nicht zu beschaffen sein. Das Aufdecken der Eipäckchen kann auf verschiedene Weise geschehen und zwar mit denselben Hilfsmitteln, die oben für die Probeuntersuchung angegeben sind. Welches Instrument man in Gebrauch nimmt, wird in erster Linie von der Ausdehnung des Eigrundes und von der Boden- beschaffenheit und -gestaltung, sowie der Art der Bewachsung abhängen. Auf weiten ebenen Feldern und Brachen werden die landwirtschaftlichen Geräte am Platze sein, bei Gärten, Berglehnen und buschig bewachsenem oder steinigem Ge- lände die Hacke und Schaufel. Auf Wiesen und Weiden wird sich nur die Egge verwenden lassen, die übrigens auch gelegentlich, besonders auf unebenen Strecken bei weicherem Boden eine Strauchegge sein kann oder durch beschwerte zähe und dornige Sträucher ersetzt werden kann. Ist der Boden dicht mit Eiern besetzt, so werden sich in kurzer Zeit und für verhältnismässig wenig Unkosten grosse Mengen von Eiern einsammeln lassen. Sind aber die Eipäckchen ziemlich spärlich verteilt, so wird ein und derselbe Mensch sehr viel länger zu thun haben, um die Massregeln bewusster Abwehr. 369 gleiche Menge Eier zu sammeln, und ausserdem wird eine grössere Fläche aufgelockert werden müssen. Es werden also die Unkosten erheblich steigen und wenn sich durch- schnittlich nur eine gewisse kleine Anzahl von Eipäckchen auf ein gegebenes Geviertmass findet, so werden die Vor- teile dieses Verfahrens aufhören. Deshalb erscheint eine vorgängige Probeuntersuchung auf die vorhandene Menge von Eipäckchen so notwendig; denn sie giebt schnell und mit wenig Unkosten die Möglichkeit, Kosten und Nutzen des Einsammelns gegeneinander abzuwägen, und sie leistet das auch dann, wenn zwar viele Eipäckchen vorhanden, aber viele von ihnen durch Parasiten oder atmosphärische Einflüsse der Entwicklungsfähiskeit beraubt worden sind. In geeigneten Fällen können ungeheure Mengen von Eiern durch solch Sammeln vernichtet werden. Solier‘””) giebt dafür folgende durchaus nicht übertriebene Aufstellung: Ein darin geübtes Kind kann täglich 6 bis 7 Kilogramm sammeln; ı Kilogramm enthält etwa 1600 Eipäckchen, jedes zu 50—60 Eiern — 80000 Eier im Kilogramm oder rund 500 000 Eier tägliche Leistung. Da man nun in Amerika den bushel (ca. 30 Kilogramm) zerstörter Eier 100 Acres gerettetem Korn gleichstellt, so ergiebt sich daraus schon eine recht erhebliche Verbesserung der Ernteaussichten, selbst wenn man rechnet, dass von den etwas grösseren Eipäckchen des für Europa in erster Linie in Betracht kommenden Pachytylus nur 25 Kilogramm dem bushel Melanoplus-Eier gleichzusetzen sind. Einen Preis anzugeben, der für ein bestimmtes Gewicht Heuschrecken-Eier noch gezahlt werden kann, ohne den zu erwartenden Nutzen zu überschreiten, ist nicht möglich. Das ist zu sehr von der Art der angebauten Früchte und ihrem örtlichen Marktpreise abhängig; daneben sind noch die Unkosten für Aufdeckung und die nach der Uebung des Einzelnen und der Dichte, in der die Eipäckchen sich 792) Note sur des apparitions d’Orthopteres etc. Sander, Wanderheuschrecken, 2A 370 Dr. Sander. auf dem Geviertmass vorfinden, sehr verschiedene Tages- leistung in Rechnung zu stellen '””). Der Vorteil des Einsammelns der Eier mit der Hand ist der, dass es auch an Stellen stattfinden kann, wo andere Massnahmen der Vernichtung nicht anwendbar sind, z. B. auf steinigen Berghängen, in stark gebrochenem Gelände, in Weinbergen, kleinen Gärten, auf Wiesen und an Weg- rändern oder in Schonungen und Buschwald. Auf den Feldern wird man nach dem Vorschlag der Nordamerikaner’'”‘) schneller und billiger zum Ziel kommen, besonders da, wo sehr viele Eier im Boden sind und dieser leicht ist, wenn man die oberste dünne Bodenschicht etwa 2—3 Centimeter tief mit Spaten oder Muldbrett abträgt und dann die ganze eierführende Schicht aufladet und abfährt. Die Eipäckchen werden dann, wenn der Boden abge- trocknet ist, ausgesiebt, darauf in Gruben gebracht und zugeschüttet (wobei dann aber der Deckboden festgestampft werden muss) oder anderweitig zerstört. Selbstverständlich ist es auch bei den mit der Hand gesammelten Eipäckchen nötig, sie in irgend einer Weise dauernd unschädlich zu machen. Wo es ohne grosse Unkosten möglich ist, würde es sich empfehlen, die auf die eine oder die andere Art ge- sammelten Eipäckchen zu trocknen und als wertvolles Futter für Schweine und Geflügel zu verwenden. Das Ausbreiten in dünner Schicht für einige Tage würde nach dem im vierten Abschnitt Mitgeteilten schon genügen, um dauernd die Entwicklungsfähigkeit der Eier zu vernichten. Eine 3) Köppen (Wanderheuschrecken S. 131) giebt für 1802 in Russland den Preis von 20 Kopeken Bco. Ass für den 64. Teil eines Tschetwert an, findet ihn aber viel zu hoch, stimmt dagegen dem Vorschlag Kudrjawzew’s, 1855 20 Kopeken Silber für '/;, Tschetwert zu bezahlen, zu. Die Engländer zahlten 1894 in Cypern (Report on Locust Campaign of 1894 S. 5) für die oke 16 Piaster, und der Rericht- erstatter Joung rechnet danach heraus, dass für jeden Piaster (etwa 0,75 M.) 2600 Heuschrecken vernichtet worden seien. 92) 7. Reports. 301. Massregeln bewusster Abwehr. 378 Tenne oder ein Kornboden oder dergleichen, die bei Tage der Sonne und dem Winde zugänglich sind, aber Schutz vor Regen und nächtlichkem Tau gewähren, würden aus- reichend, künstliches Dörren also nicht erforderlich sein. Das Sammeln der Eipäckchen ist im Frühjahr leichter als im Herbst, weil die Eier schon etwas vergrössert sind und die Eipäckchen somit leichter in die Augen fallen. Andererseits ist im Frühjahr ein grösserer Mangel an Arbeits- kraft als im Herbst und zudem die zur Verfügung stehende Zeit kürzer. Wenn, wie so häufig, die Aecker im Frühjahr so nass sind, dass man mit Not und Mühe die Gespanne noch rechtzeitig auf die Felder bringen kann, um die Früh- jahrsbestellung auszuführen, dann wird keine Zeit und Mög- lichkeit mehr sein, ans Sammeln von Heuschrecken-Eiern zu gehen. Aus diesen Gründen schon ist entschieden der Herbst dafür vorzuziehen. Aber noch ein anderer sehr gewichtiger Grund spricht für die Wahl dieser Jahreszeit: das Auflockern der die Eier bedeckenden Bodenschicht, das dem Einsammeln der Ei- päckchen vorausgehen muss, das an-die-Oberfläche-bringen der Eipäckchen, ist an und für sich schon ein wirksames Mittel, die Eier zu vernichten oder wenigstens stark zu ver- mindern. Es ist also besonders da, wo es sich um grosse mit Eiern besetzte Flächen handelt und die Aufdeckung dem Aufsammeln immer um eine erhebliche Strecke voraus sein muss, Zeit und Arbeit nicht verloren, wenn aus einem oder dem anderen Grunde das Eiersammeln dann unter- bleiben muss. Wind und Wetter und die vielen Feinde aus dem Tierreiche haben den langen Winter über nun hin- reichend Zeit, die blossliegenden Eipäckchen in Angriff zu nehmen; im Frühjahr wäre diese Zeit sehr viel kürzer be- messen und bei mildem Wetter, bedecktem Himmel und feuchter Luft könnte noch manches Ei trotz Blosslegung ungeschädigt ausschlüpfen. Dass ein solches flaches Bearbeiten der Felder im Herbste von grossem Werte für die Vernichtung von Heu- 24” 372 Dr. Sander. u schrecken-Eiern ist, wird schon von den alten Autoren an- erkannt und von den neueren bestätigt’’’). Der Unterschied zwischen beiden ist nur, dass die älteren Autoren den Haupterfolg dieser Massnahmen darin sehen, dass die bloss- gelegten Eipäckchen der Nässe ausgesetzt werden, die sie schliesslich zum Verschimmeln: bringe‘’‘), die neueren aber, sicher mit mehr Recht, den Haupterfolg der dabei statt- findenden Austrocknung der Eier zuschreiben. Riley hat darüber, wie über so viele andere grundlegende. Fragen der Heuschreckenbiologie beweiskräftige Versuche angestellt. Streute er Eier aus angebrochenen Eipäckchen oder unver- letzte Eipäckchen so aus, dass sie frei an der Luft lagen, so ging weitaus die Mehrzahl bei beiden Anordnungen und zwar meist unter Austrocknungserscheinungen zu Grunde. Deshalb empfiehlt es sich, diesem oberflächlichen Lockern des Bodens eine möglichst weitgehende Zerkrümelung folgen zu lassen, also etwa mit leichten Eggen oder Straucheggen die Schälfurche zu übergehen. Selbstverständlich kommt auch bei abwechselndem Austrocknen und Nasswerden die Vernichtung zu stande, wenn nur jeder von beiden Zuständen genügend lange Zeit einwirken kann. Mindestens ebensoviel der blossgelegten Eipäckchen wie durch die Atmosphärilien werden durch die im neunten 5) Ich führe nur an Körte, Zugheuschrecke, S. 26—27; Kefer- stein, Schädliche Heuschrecken, S. 237; Doenginsk, Wanderheu- schrecke, S. 533; Köppen, Wanderheuschrecke, S. 132; Sauterelles, S. 8; Gerstäcker, Wanderheuschrecke, S. 40; I. Report, S. 353; Osborn, Report of a Trip to Kansas etc. S. 63 u. v. a.; Lawr. Bruner, Investi- gacıön, S. 63. %6) Dass gelegentlich die Eipäckchen im Boden in grösserer Aus- dehnung schimmeln und die in ihnen enthaltenen Eier dabei zu Grunde gehen können, ist nicht unbekannt. Nach Lawr. Bruner III. Report. Chapt III. S. 43—44, berichtet noch Aughey einen solchen Fall aus der „permanent region“, giebt aber mit Recht den warmen Herbstregen die Schuld; bei unseren Herbstregen Ende September und im Oktober, wenn der Landwirt mit der Herbstbestellung fertig ist und ans Eier- blosslegen gehen kann, ist die Temperatur durchschnittlich zu niedrig, um noch viel Schimmelvegetation zuzulassen. Massregeln bewusster Abwehr. 373 Abschnitt aufgezählten (nicht schmarotzenden) Feinde der Heuschrecken-Eier vernichtet oder können es unter ziel- bewusstem Eingreifen des Menschen werden. Abgesehen davon, dass die kleineren Vögel u. s. w., bei wärmerer Witte- rung auch die eierfressenden Käfer, nun leichteren Zutritt zu den Eipäckchen haben, werden auch die grab- und scharr- fähigen Feinde lieber auf solch vorbereitetem Felde den Eiern nachgehen und eine sehr viel grössere Menge von diesen zerstören, als ihnen sonst möglich wäre. Der Mensch hat auch unter seinen Haustieren sehr wichtige Gehilfen, die ihm, wenn in genügender Zahl vorhanden, das viel müh- seligere und langsamer von statten gehende Einsammeln der Eipäckchen ersetzen können: Schweine und Hausgeflügel fressen die Eier ganz ausserordentlich gern und bringen noch den Vorteil, dass sie nicht so viel Eipäckchen übersehen, als der Mensch, auch der geübteste Eisammler, es unter allen Umständen thut. PR | Die Schweine darf man, aber, wie Semler’”’) zutreffend hervorhebt, nicht frei auf dem abzusuchenden Felde umher- laufen lassen, sondern muss sie im Triebe über die Aecker führen. Bei dem Hausgeflügel kommt es darauf an, ob man es hinter dem aufdeckenden Gerät her in der Furche suchen lässt oder ob man es auf ein vor längerer Zeit ge- schältes Feld bringt. Im ersteren Fall wird eine Hütung nicht so sehr erforderlich sein, wie im zweiten, in dem sonst die Gefahr vorliegt, dass sich das Geflügel regellos über den ganzen Acker verteilt und grosse Stellen frei lässt. Zu ver- wenden ist jede Art von Hofgeflügel zu dieser Thätigkeit; besonders gerühmt aber werden Puten, Perlhühner und Enten. Hühner und Gänse leisten aber auch Anerkennens- wertes im Vernichten von Heuschrecken-Eiern. Am besten wird man das Geflügel in fahrbaren Ställen auf das abzu- suchende Feld bringen und den Stall je nach Bedarf weiter- rücken. Man spart damit das lästige, zeitraubende und das 7) Tropische Agrikultur. I. Bd. Abt. VII. S. 184 u. ff. 374 Dr. Sander. Geflügel leicht ermüdende Aus- und Eintreiben am Morgen und Abend; nur wo die Raubzeug- und Diebsgefahr für die im fahrbaren Stall allein über Nacht auf dem Felde ge- lassenen Tiere zu gross und durch Wächter nicht zu beseitigen ist, wird man wohl die Nachteile des Aus- und Eintreibens in Kauf nehmen müssen. Uebrigens verlangt das Federvieh bei diesem Futter die Möglichkeit, öfters trinken zu können. Man muss daher für Trinkgelegenheit Sorge tragen. Bei dem ganzen Federvieh, so gierig es auch anfäng- lich die Heuschrecken-Eier (und Heuschrecken selbst, wie ich gleich vorausschicken will) annimmt, stellt sich sehr leicht nach kurzer Zeit ein Widerwille gegen dieses Futter ein. Ausserdem kommt es namentlich bei Truthühnern und Haushühnern anfänglich leicht vor, dass sie die Heu- schrecken und ihre Eier in solchen Mengen fressen, dass sie davon krank werden oder sogar eingehen. * Beide Uebel- stände kann man vermeiden, wenn man vor dem ÄAuftreiben auf das Feld des Morgens etwas Körnerfutter giebt‘) — eine Erfahrung, die bei anderem Weichfutter auch schon semacht ist. Was das freilebende Getier angeht, das den Heu- schrecken-Eiern nachstellt, so liegt eigentlich auf der Hand, dass dieses in Heuschreckenjahren zu schonen ist. Aber so klar das scheint, so viel wird dagegen gesündigt und namentlich Krähen und Staare, Kröten und Mäuse werden in solchen Zeiten, wo sie in grossen Mengen zusammen sind und sich leichter beikommen lassen, von unverständigen Leuten, Erwachsenen wie Kindern, mit Vorliebe verfolgt. Für die Subtropen werden diese beiden Verfahren, die Eier zu zerstören, wie schon gesagt, nur sehr bedingt in Frage kommen. Erstens ist in den meisten Gegenden die Besiedelung zu dünn, um etwa das Eisammeln erfolgreich durchführen zu können; zweitens aber sind gerade in solchen dünn bevölkerten Gegenden weite, unbearbeitet als Weide 7°) Coquillet, Report on the Locust Invasion. S. 53. Massregeln bewusster Abwehr. 375 oder dünnes Buschfeld daliegende Striche vorhanden, in denen ein solches Verfahren nicht bloss sehr schwierig durch- zuführen, sondern unter Umständen auch unmittelbar schäd- lich wäre. Schon Köppen’’’) betont das für Südrussland. »Diese Plätze, die in Südrussland ganz allgemein als Weiden für die unzähligen Schafherden dienen, bedecken sich, nachdem sie umgepflügt sind, auf mehrere Jahre mit groben und hartstieligen Kräutern, die für das Vieh meist ungeniessbar sind. Auf diese Weise geht die Weide ver- loren.« Das trifft für alle dünnbesiedelten Subtropengebiete mit vorwiegender Viehzucht zu. Nun ist aber auch der Zeitraum, während dessen die Heuschrecken-Eier in diesen Gegenden im Boden liegen, recht kurz, annähernd nur vier Wochen, und gleichzeitig ist diese Zeit gerade die für die Landwirtschaft arbeitsvollste. Denn die Gewächse, die dort den Winter über gezogen werden, nahen nun der Reife oder werden jetzt geerntet und die Regenkulturen werden nun angelegt. Wo soll da Zeit und Arbeitskraft herkommen, um die ausgedehnten Weiden — auch für den kleinsten Farmer hunderte von Morgen — aufzubrechen oder gar die in ihnen enthaltenen Heuschrecken-Eier einzusammeln? Und zudem zieht sich das Eintreffen immer neuer Schwärme über viele Monate hin, und ehe man die erstgelegten Eier vernichtet hat, ist der zweite Satz schon ausgekrochen und man hat nun mit dem Feinde in allen drei Zuständen seiner Entwicklung zu kämpfen. | Wenn also in diesen Gegenden das Aufsammeln von Eiern geschehen soll, so ist es nur in ganz beschränkten Stellen, in kleinen Gärten und dergleichen, wo ausnahms- weise einmal Eier abgelegt worden sind, möglich. Nicht viel besser wird sich die Aussicht für das zweite Verfahren gestalten. Beim flach Äufreissen der Weiden und Halden würden zwar die Witterungseinflüsse hier erheblich 799) Wanderheuschrecken. S. 132—133. 376 Dr. Sander. stärker auf die freigelegten Eipackete einwirken, als in Gegenden gemässigten Klimas; auch die natürlichen Feinde sind wohl noch zahlreicher und würden sich zum Schmause einstellen. Aber die unermessliche Ausdehnung der Lände- reien gegenüber der vorhandenen Arbeitskraft und die Rück- sicht auf das in freiem Weidegang lebende und gerade jetzt in der schlechtesten Futterzeit befindliche Vieh verbieten das. Das Auftreiben von Schweinen und Hausgeflügel auf die Eigründe wird sich in ausgedehntem Massstabe aus den eben angeführten Gründen auch nicht ausführen lassen. In unseren afrikanischen Kolonieen kommt noch hinzu, dass, soweit mir diese Gebiete bekannt sind, eigentlich noch nirgends Schweine oder auch Federvieh in genügender Anzahl gehalten werden. Zu allen diesen Hindernissen aber kommt für die unter Kultur befindlichen Strecken, die etwa Eigründe sind, noch das sehr wichtige hinzu, dass überall da, wo es sich nicht um Baum- und Buschpflanzungen — etwa Fruchtbäume, Kokos- und andere Palmen, Baum- wolle u. dgl. — handelt, das Feld von den Früchten noch nicht geräumt ist, also von den aufgetriebenen Tieren selbst schwer geschädigt werden würde. In Maniok-, Bataten- und ähnliche Knollenfelder und in DBananenhaine wäre das Eintreiben von Federvieh möglich und nützlich, doch müsste man die Auflockerung des Bodens wohl den Tieren selbst überlassen. Schweine dürfen jedenfalls in solche Kulturen nicht hinein. In solchen Plantagen und Gärten wird es auch nicht so nötig sein, den hier lockerern Boden vorher aufzulockern. Das werden die Hühnervögel, wenn man solche hineinlässt, von selbst durch ihr Scharren besorgen können. Besonders vorteilhaft werden hier Puten sein, die sich am leichtesten hüten lassen, so dass man mit einer solchen Herde das zu klärende Land methodisch absuchen lassen kann. Ist der Boden weich genug, so werden, besonders wenn er etwas feucht ist, auch Gänse sich in solch geordneter Weise auf- treiben lassen. Massregeln bewusster Abwehr. 377 Selbstverständlich ist da, wo sich Schweine verwenden lassen, ein vorheriges Auflockern des Bodens nicht un- bedingt erforderlich, besonders nicht bei Rassen mit gutem Gebräch. Beim erstenmal Auftreiben thut man wohl auch hier gut, ein aufgelockertes Stück Land zu wählen, damit die Schweine merken, um was es sich handelt. Der Methoden, die Eier im Boden selbst abzutöten, sind ausser den ebengenannten, die man wohl dazu rechnen kann, nur wenige angegeben und versucht. Pilze, die den Eiern im Boden verderblich würden, kennen wir noch nicht. Werden solche gefunden, so werden sie bei der höheren Temperatur und Feuchtigkeit von Boden und Luft während der Ausbrütezeit der Eier in unseren afrikanischen Kolonieen mehr Aussicht auf Erfolg bieten, als in gemässigten Klimaten. Parasiten an die Eipäckchen zu bringen, ist bis jetzt nicht versucht. Es lohnte wohl aber immerhin, diese nicht besonders kostspieligen Versuche einmal anzustellen. Schweb- fliegen und Schlupfwespen‘°) würde man bei geeigneten 'Zuchtkästen wenigstens für die später kommenden Mutter- schwärme bereit halten, und sobald sich ein solcher ans Eierlegen begiebt, auf ihn loslassen können. Bairstow ist ein ähnlicher Versuch mit Fleischfliegen°”') gegenüber Hupfern (von Standheuschrecken, Zonocerus elegans und Cyrtha- canthacris ruficornis) gelungen, indem er erst durch Be- sprengen einiger Stellen neben dem Zuge mit Zuckerwasser Mutterfliegen anlockte und dann solche aus infizierten Heu- schrecken züchtete. Mit entsprechenden Abänderungen würde das auch vielleicht auf Schwebfliegen und Schlupf- wespen anwendbar sein. Man könnte daran denken, durch Aufgeben von FlüssigkeitenJauf das mit Eiern besetzte Feld diese zu ver- nichten. Chemisch differente Flüssigkeiten würden sich von 800) Abschnitt IX. Peringuey und Zimmermann. 801) Locust Parasites. 378 Dr. Sander. selbst verbieten; Wasser ist von Riley °’”) in mehrfachen und eingehenden Versuchen in dieser Beziehung geprüft worden. Er kommt zu dem Schluss, dass bei leichtem, porösem Boden und langanhaltender übermässiger Bewässerung im Herbst oder Frühjahr manche Eier zu Grunde gehen, dass die Bewässerung aber keineswegs so wirksam ist, wie all- gemein geglaubt wird. Selbst wenn dabei die Eier mehr- mals gefroren und wieder auftauten, wenn sie abwechselnd bewässert und trocken gehalten wurden, blieb der grösste Teil der Eier unversehrt. Selbst bei wochenlangem Ueber- fluten wurden sie nicht getötet, sondern nur das Aus- schlüpfen verzögert. Von Vorteil erwies es sich erst, wenn die Mehrzahl der Eier gerade beim Ausschlüpfen war. Bei der höheren Boden- und Lufttemperatur in unseren afrikanischen Kolonieen würde wohl auf ein ausgedehnteres Verschimmeln und Verrotten der Eipäckchen zu rechnen sein, als in diesen Versuchen. Nur wird hier, wo die Mutterschwärme ganz im Beginn der Regenzeit zu kommen pflegen, das Bewässern seine grossen Schwierigkeiten haben, weil dann namentlich in den steppenartigen Gegenden das Wasser sehr knapp zu sein pflegt Für grössere Striche ist dies Verfahren ohnehin naturgemäss nicht anwendbar und auf schon bestellten Feldern wird die andauernde Nässe den Früchten mehr schaden als den Heuschrecken-Eiern. Von einigen Seiten‘”°) ist Abbrennen des Pflanzen- wuchses über den Eigründen empfohlen worden. Da, wo eine etwas dichtere Bewachsung, namentlich mit Kräutig oder hartem Grase, vorhanden ist, mag es wirksam sein. Auf den dünnbestandenen schütteren Weideflächen Süd- westafrikas mit ihren feinen Gräsern ist die durch einen solchen Feldbrand im Boden erzeugte Hitze so gering, dass sie sicher ohne Einfluss bleibt. Dazu kommt noch, dass in besonders trockenen Jahren und gerade auf den meist be- AN. C, run MuSemler, 1. 'c., Coqullet, EL’, S.5& Massregeln bewusster Abwehr. 379 drohten Stellen in der Nähe der Gehöfte um diese Zeit ge- wöhnlich nur noch Grasstubben stehen, die nur mit Mühe zum Brennen zu bringen sind und weite Zwischenräume nackten Bodens zwischen einander lassen. Für die später kommenden Mutterschwärme aber fällt das Verfahren aus, weil dann meist der junge Ausschlag schon so gross und grün ist, dass ein Feldbrand nicht mehr zu erzeugen ist. Künstliches Material zum Abbrennen eines solchen Feldes, etwa altes Stroh, alte Maisstengel oder dergl. wird in einzelnen Gegenden unserer Kolonieen erhältlich sein. Das sind aber wieder gerade die, in denen ohnehin die Bodenbewachsung eine reichere ist, wo also das Abbrennen auch ohnedies mehr Aussicht auf Erfolg hat. In den menschenärmeren trockenen Steppen aber, die am meisten. heimgesucht werden, ist wohl selten die nötige Menge von Brennstoff vorhanden. Immerhin wird man das Abbrennen hin und wieder einmal mit Vorteil anwenden können. Ein richtig zgeleiteter Feldbrand schädigt ja auch die Weide nicht. Ein weiteres Mittel, die Eier im Boden zu vernichten, besteht darin, dass man grosse Viehherden auf die Ei- gründe auftreibt und durch deren Hin- und Herjagen den Boden festtreten lässt‘°‘). Ist der Boden vom Regen oder durch Ueberfiutung erweicht oder von Natur aus nicht zu bündig, so wird der grösste Teil der Eipäckchen auf diese Weise vernichtet werden. So erfolgreich dieses Verfahren bei uns in Kulturländern mit mehr oder weniger geebneter und klarer Oberfläche der Wiesen und Felder sein mag, in den afrikanischen Kolonieen wird es wieder zumeist in Stich lassen. Hier werden schon die grossen in Frage kommenden Flächen hinderlich sein; in denen mit engerer Besiedelung und ausgedehnterem Anbau aber ist die Zahl der vor- handenen Huftiere wohl kaum je ausreichend bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit. Ausserdem haben aber 804) Alle die oben beim Eisammeln angeführten Autoren. 380 Dr. Sander. die am meisten gefährdeten Gebiete, die Strecken mit grossen Gras- und Weideflächen, meist eine so rauhe und gebrochene, zudem von Steinen und Dornbüschen besetzte Oberfläche, dass hier dies Mittel wohl völlig versagen wird. Die gleichen Schwierigkeiten werden sich der Ver- wendung von schweren Walzen entgegenstellen. Sie würden zwar wohl bei dem gleichmässigeren Druck, den sie aus- üben, nur wenig Eipäckchen unmittelbar zerstören, sie würden aber ebenso wie das Feststampfenlassen des Bodens durch darübergetriebenes Vieh den weiteren Erfolg haben, die Oberfläche und den Boden so zu verhärten, dass den aus den etwa unversehrt gebliebenen Eiern ausschlüpfenden jungen Heuschrecken das Durchdringen zum Tageslicht un- möglich gemacht wird. Für die trockenen Gegenden unserer afrikanischen Kolonieen, besonders die mit lockeren Böden, würde eine solche Verkrustung der Erdoberfläche durch Viehtrieb und Walzen aber erst nach Anfeuchtung durch Regen oder Bewässerung möglich sein. Sie würde aber dann hier wie in den ohnedies feuchteren Gebieten der Kolonieen noch wirksamer sein als in Europa oder Nordamerika. Ein anderes viel’”’) empfohlenes und in den gemässigten Breiten häufig auch mit bestem Erfolge an- gewandtes Mittel, die Eier zu vernichten, besteht darin, die Eipäckchen tief, d. h. 6—8 Zoll (15—20 Centimeter) unter- zupflügen. Geschieht dies Umstürzen richtig, so wird es in der That nach den oben (Abschnitt IV) von Riley mit- geteilten Versuchen den jungen Lärvchen nicht mehr möglich sein, an die Oberfläche zu gelangen. Sie kommen dann eben in zu grosser Tiefe aus. Dass es allein die Tiefe unter der Oberfläche ist, die das Ausschlüpfen der Jungen er- gebnislos macht, geht daraus hervor, dass einem solchen Acker keine zweite Furche gegeben werden darf; dies hebt die günstige Wirkung wieder auf, weil beim zweiten Durch- 805) Namentlich von den Nordamerikanern; fast jeder der Bericht- erstatter im Bulletin 27, Reports of the Damage by Destructive Locusts during the Season of 1891, lobt es als hervorragend wirksam. Massregeln bewusster Abwehr. 381 gehen des Pfluges ein grosser Teil des bei der ersten Furche nach unten gebrachten Bodens der Oberflächen- schichten wieder weiter nach oben kommt und mit ihm ein grosser Teil der Eipäckchen. Ein ähnlicher Grund mag es wohl auch veranlassen, dass das Unterpfligen der Eier wirksamer ist, wenn es im Frühjahr als wenn es im Herbst vorgenommen wird. Der im Herbst umgepflügte Boden hat Zeit, sich stark zu »setzen« und thut das unter dem Einfluss von Regen, Frost und Schnee auch. Da ein gepflügtes Stück Feld keine‘ glatte, sondern eine sehr zerklüftete Oberfläche mit vielen Rissen und Spalten und Einsenkungen hat, so werden bei diesem Setzen des Bodens viele Eipäckchen nur noch eine so dünne Schicht Boden zwischen sich behalten, dass die jungen Lärvchen sie zu durchdringen vermögen. DBei Feldern, die erst im Frühjahr umgepflügt werden, bleibt diese Schicht dicker und zugleich ist der Boden loser und krümeliger, wird also die Eier und Lärvchen auch noch durch stärkere Austrocknung schwächen oder abtöten. Nach dem Gesagten wäre also gerade für unsere ‚afrikanischen Kolonieen an und für sich das Tief-Unter- pflügen der Eier ein sehr geeignetes Mittel, die Brut zu vernichten. Leider ist es in der Praxis anders, denn die bestellten Felder, in denen Eier abgelegt sind, können gerade in dieser Zeit noch nicht oder nicht mehr umgepflügt werden und die Weidestrecken, die hauptsächlich die Brut- sründe bilden, aus den schon angegebenen Gründen erst recht nicht. Es wird also die Ausnahme sein, dass sich dieses Mittel dort anwenden lässt; wo es einmal möglich ist und richtig ausgeführt wird, wirkt es auch hier zur vollen Zufriedenheit. Bezeichnend dafür, dass die Gelegen- heit dazu doch recht selten gegeben ist, sind die Vorschläge und Berichte aus der Kapkolonie während des Heuschrecken- dezenniums 189I—1901. Zu Anfang wird dies Verfahren von den in Europa gebildeten Entomologen und einigen »intelligenten«, d. h. mehr lesenden, Farmern empfohlen. 382 Dr. Sander. Im ersten oder zweiten Jahre kommen auch einige Berichte über die Wirkung in der Praxis (1892 wird von mehreren Stellen her Eierlegen der Heuschrecken im Mai und Juni gemeldet!), die fast durchweg ungünstig sind. Im weiteren Verlaufe verschwindet dies Verfahren gänzlich aus der Er- örterung und die jetzt im Kampf gegen die Heuschreckenplage erfahrenen Farmer sind sich durchaus einig darüber, dass man die Heuschrecken nur in ihren ersten Hupferstadien, nicht aber als Eipäckchen vernichten könne (mit den damals zu Gebote stehenden Hilfsmitteln). In der That ist der Kampf gegen die jungen un- geflügelten Heuschrecken derjenige, der für den Einzelnen die besten Erfolge giebt. Er hat auch unter besonderen Umständen, nämlich in Cypern und Algier, schon fast bis zur Vernichtung und Ausrottung der plagenden Heuschrecken- art geführt. Um die führenden Gesichtspunkte für diesen Kampf zu finden, müssen wir uns einmal kurz die wich- tigsten Lebenseigenschaften und Gewohnheiten der Hupfer ins Gedächtnis rufen. Da ist zunächst bemerkenswert, dass sie im ersten und zweiten Stadium noch wenig Schaden thun, sich bei Nacht und! kaltem" Wetter "eng Tzesnzusen- drängen, dass ihre Bewegungsfähigkeit noch gering ist und sie für gewöhnlich nicht wandern. Ihre Körper- masse ist in dieser Zeit noch erheblich geringer als in späterer Zeit und somit auch der von einer gleichen An- zahl von Einzeltieren bedeckte Flächenraum und die von diesen beanspruchte Futtermenge.°’”‘) Tötet man die Hupfer also in ihren ersten beiden Lebensaltern, so wird man sie 806) Einen guten Massstab dafür geben die im Cyprus Report von 13894 S. 4 mitgeteilten Zahlen, wie viel Hupfer in den verschiedenen Wochen auf eine oke gehen: ı. Woche: 96,912; 2. Woche: 95,123; 3. Woche: 49287; 4. Woche; 24643; 5. Woche: 15877; 6. Woche: 6599; 7. Woche: 4605. Die absoluten Zahlen sind ja bei Pachytylus und Schistocerca andere; das Verhältnis ist aber das gleiche. Massregeln bewusster Abwehr. 383 I. auf engerem Raum zusammenfinden und damit 2. mit demselben Kraftaufwande oder der gleichen Menge von abtötenden Mitteln mehr Einzeltiere ver- nichten. | 3. Können sie den zu ihrer Vernichtung benutzten Massnahmen sich noch nicht so leicht entziehen; man wird also Verfahren anwenden können, die etwas längere Zeit zu ihrer Ausführung bedürfen. 4. Man wird bei der geringeren Futteraufnahme dieser kleinen Tiere die Massnahmen, wenn das erste Mal fehlgeschlagen, wiederholen oder abändern können, ohne grossen Schaden zu erleiden, und man rettet unter allen Umständen die Menge von Pflanzen- wuchs, die sonst diese Tiere bis zur Entwicklung zu späteren Altersstufen gebraucht hätten. 5. Aus allen diesen Gründen wird die Vernichtung der jüngsten Stadien der Hupfer billiger sein, rascher von statten gehen und mehr Einzeltiere vernichten. 6. Die Abneigung und teilweise Unfähigkeit der kleinen Hupfer zu Wanderungen wird eine Reihe gerade der bekanntesten Methoden ausschliessen, die gegen die älteren Hupfer am wirksamsten sind. Es wird sich also empfehlen, wie es schliesslich die kapländischen Farmer als richtig erkannt haben, gleich den jüngsten Lebensaltern der ungeflügelten Heuschrecken entgegenzutreten, wenn es zum ÄAusschlüpfen von solchen gekommen ist. Das beste Erfordernis, um dies thun zu können, ist aber die Kenntnis der Plätze, wo sich diese jüngsten, selbst in hochkultivierten Gegenden noch wenig in Erscheinung tretenden Heuschrecken befinden. Da es sich in den hauptsächlich durch Heu- Schrecken wefährdeten Gegenden unserer alrika- nischen Kolonieen um weitausgedehnte, dünn be- siedelte vRlachen !mit.nder, natürlichen: Bodenbe- wachsung\ kurz, um ‚Streckenshandelt,“ die nicht 384 Dr. Sander. wie unsere Gärten und Felder täglich von Menschen begangen und abgesucht werden können, um die Häufchen der kleinsten Hupferchen an ihren Sammelorten zu entdecken, so muss notwendig das Augenmerk darauf gerichtet sein, die Eigründe festzustellen und diese dann in der richtigen Zeit nach den ausgeschlüpften Jungen abzusuchen. Wir sind in den Kolonieen in der glücklichen Lage, verhältnis- mässig viel mehr Leute unter der Bevölkerung zu besitzen, die zu dieser Feststellung befähigt sind: denn nahezu jeder Eingeborene, schon dreijährige Kinder, sind bei ihrer innigen Vertrautheit mit der sie umgebenden Natur im stande, zuverlässig solche Erscheinungen der Tierwelt zu beobachten, die der Mehrzahl unserer Kulturmenschen völlig entgehen würden. Dabei sind sie mit einem Ortssinn begabt, der ihnen das Wiederauffinden der Brutgründe jeder- zeit auch ohne besondere Bezeichnung mit unfehlbarer Sicherheit ermöglicht. Es kommt nur darauf an, die Ein- geboreneni.für! idie:;Sache Zunsinteressieren? Ba) wer ze selber in ausgedehnterem Masse Hackbau treiben, thuen sie es heute schon von selbst; es wird sich also auch bei den andern Stämmen, sogar den Buschleuten erzielen lassen, wenn man ihnen nur den in jedem einzelnen Falle ent- sprechenden Entgelt bietet. Der Buschmann z. B. hat ein natürliches Interesse daran, diese Stellen, die ihm eine so ge- schätzte Delikatesse in reichlicher Menge liefern werden, nicht zu verraten, wenn er nicht dafür andere von ihm hoch- geschätzte Leckerbissen als Entgelt erhält, u. s. £. Als Verfahren für die Vernichtung der Hupfer kommen solche in Betracht, die sich 1. mechanischer, 2. chemischer Mittel bedienen; 3. solche, die den Heuschrecken eine Seuche ein- impfen; 4. solche, die sich der natürlichen Feinde bedienen oder diese unterstützen; Massregeln bewusster Abwehr. 385 5. solche, die die Erdoberfläche bezw. ihre Pflanzen- decke in einem für die Heuschrecken ungünstigen Sinne verändern. Da die Verfahren von ı bis 5 in fast derselben Weise auch gegen geflügelte Heuschrecken in Anwendung kommen können, werde ich bei ihrer Besprechung gleich beide Ver- wendungsarten berücksichtigen. Von mechanischen Vernichtungsmitteln kommen in Betracht: I. zertretenlassen, zerstampfen, erschlagen, zerquetschen, verschütten; 2. verbrennen und fangen. Zertretenlassen und zerstampfen. Wer jemals versucht hat, mit eigenen Füssen ein Häufchen von Hupfern zu zertreten, der weiss, dass das bei den jüngeren Stadien ein nahezu aussichtsloses Unternehmen ist, auch auf dem härteren, unberührten jungfräulichen Boden der Wildnis. Was aber der menschliche Fuss nicht vermag, das leistet der der kleinen Zweihufer, die wir als Haustiere und gerade in den menschenarmen unendlichen Weiten der Steppen in grossen Herden halten. Während die platte Sohle des beschuhten menschlichen Fusses nur wenige Tiere, noch nicht ein Zehntel bei den jüngsten Stadien, tötet oder so stark beschädigt, dass sie zu Grunde gehen, wird durch die scharfen Kanten und Spitzen der vielen Hufe einer Schaf- oder Ziegenheerde bei richtigem Treiben die ganze Heu- schreckenschule vernichtet. Dabei genügen ein paar halb- erwachsene Burschen, um das ganze Verfahren zu leiten. Es ist also, was für solche Gegenden in Betracht kommt, weder mit besonderen Kosten noch einem besonderen Auf- wand an Arbeitspersonal verbunden. Denn die Herden sind da und die Jungen, die »mit ihnen ins Feld gehen«, auch. Freilich geht es nicht ohne eine gewisse Schädigung des zum Zertreten benutzten Viehes ab: die Kronränder der Hufe und der Spalt zwischen ihnen werden teils von den Chitinteilen der Heuschrecken, den dornigen Beinen Sander, Wanderheuschrecken. 25 386 Dr. Sander. u. s. w. mechanisch verletzt, teils von dem ausströmenden Saft erweicht und angeätzt. Es giebt aber ein leichtes Vor- beugungsmittel gegen diese üblen Folgen: man braucht nur die Herde, nachdem sie ihr Werk gethan, für kurze Zeit in fliessendes Wasser zu bringen, das die Hufe auswäscht®”"). Je jünger die Hupfer sind, um so schneller wird sich der einzelne Haufen auch hier vernichten lassen und umso- weniger werden die Hufe der tretenden Herde angegriffen werden. In Europa werden ausser Schafherden°’®) auch Rinder- oder Pferdeherden®”’) zum gleichen Zwecke be- nutzt. In Steppengegenden hält man sich auch nicht aus- schliesslich an Schaf- und Ziegenherden, zieht sie aber im allgemeinen den Rindern und Pferden mit Recht vor, weil sie erstens geschlossener marschieren, unendlich viel mehr Schalenpaare auf die Flächeneinheit kommen und die Be- wegung eine raschere ist. Aus Europa her wird dies Ver- fahren nur für glattes, ebenes Gelände, von Nordamerika her gar nicht empfohlen; das hängt wohl in erster Linie damit zusammen, dass es sich in beiden Erdteilen im wesentlichen um Kulturländereien handelt. Köppen und Doengingk, die über die südrussischen Steppengegenden schreiben, stehen bezeichnenderweise anders in der Be- urteilung. Für solche Gegenden unserer afrikanischen Kolo- nieen, wo sich Feld an Feld, Kultur an Kultur reiht, möchte ich dies Verfahren auch nicht anraten. Wo aber weite, mit Gras und niedrigen Kräutern und Büschen bestandene Gebiete vorhanden sind, in denen sich die jüngste Brut vornehmlich aufhält, da ist es an seinem Platze. Ist das Gelände wellig, so macht das nichts aus; wo aber dicker Busch steht oder die Oberfläche mit Steinen bedeckt oder gar nackter Fels ist und an steilen Hängen muss man andere Mittel heranziehen. 807) Halse, Locusts and how to fight them; Wallace, Farming Iı- dustries. S. 496. 808) Köppen, Wanderheuschrecke. S. 144; Sauterelles. S. 15. 809) Doengingk. Wanderheuschrecke. S. 534. Gerstäcker hält von beiden nichts. Keferstein spricht bloss von „Zusammentreten“. EEE ne Massregeln bewusster Abwehr. 387 An den geeigneten Stellen ist aber der Erfolg ziemlich sicher; für die jüngsten Stadien, die sich um das Kräutich und die kleinen fusshohen Büsche zusammendrängen, würde ich Kleinvieh, für die älteren Hupfer, die sich über eine ‚grössere Fläche verbreiten, auch Grossvieh zu benutzen vor- schlagen. Das Kleinvieh kommt besser auch zwischen die -Stämmchen dieser kleinen Büsche hinein. Da die jungen Heuschrecken sich besonders in den ‚ersten Stadien, am meisten in den ersten 5—7 Tagen, und bei kalter Witterung auf Klumpen zusammendrängen und dies namentlich in der Nacht geschieht, so muss man solches Wetter und dieses Altersstadium zur erfolgreichen Ausführung dieses und aller auf ähnliche Voraussetzungen gegründeter Verfahren wählen. Der Tage, die kühl und ‚bedeckt sind, werden in dieser Jahreszeit, wenigstens für die Steppen, verhältnismässig wenige sein. Es ist also die von vornherein gegebene Zeit die Nacht‘') und zwar deren ‚kältester Teil, die Zeit kurz vor Sonnenaufgang, die »blaue Stunde«. In warmen Nächten und Morgen findet ein solches Zusammendrängen nicht statt, vielmehr zerstreuen sich die ‚Hupfer über eine grössere Fläche und sind sehr beweglich, also schwer zu fassen. Solche Nächte kann man daher nicht benutzen. Man wird also nach Erkundung der Schlafplätze in einer kalten Nacht zur frühesten Morgenstunde lange vor Sonnenaufgang mit einer Kleinviehherde und etwa einem halben Dutzend halbwüchsiger Burschen (oder Mädchen, die bei Eingeborenen das Viehhüten und -treiben ebensogut wie die Jungen verstehen) dorthin ziehen, den Schlafplatz und die Herde von den Burschen umschliessen lassen und 810) Ich muss hier dem sonst so trefflichen Körte widersprechen» der in seiner Zug- etc. Heuschrecke S. 29 empfiehlt,‘ diese jüngsten Stadien in den Mittagsstunden aufsuchen und vernichten zu lassen. Man findet sie ja freilich um diese Zeit leichter, aber das Zusammen- halten ist schwieriger und damit die aufzuwendende Zeit und Mühe grösser und der Erfolg unvollkommener. AI=R 388 Dr.'Sander: nun die Ziegeh oder Schafe etwa eine halbe Stunde lang ständig im Kreise herumjagen — nicht treiben, denn je schneller die Bewegung, um so wirkungsvoller ist sie. Je kleiner der Haufen Heuschrecken, d. h. für gewöhnlich je jünger sie sind, um so schneller ist man am Ziele, um so mehr schont man also das Vieh. Die Vernichtung ist meist eine gründliche, da auch die wenigen noch lebendig davongekommenen Hupfer so schwer beschädigt sind, dass sie noch nachträglich eingehen oder ihren Feinden zur leichten Beute werden‘''). Dasselbe Verfahren lässt sich auch bei den fliegenden Heuschrecken anwenden‘'”). Nur muss man hier noch mehr auf die Witterung und Tageszeit achten und man bedient sich besser der Grossviehherden, da es sich um weit grössere Ansammlungen von Heuschrecken handelt. Obwohl im all- gemeinen die geflügelten Tiere des Pachytylus, die sich mehr in der Nähe des Bodens aufhalten, dieser Behandlung besser zugänglich sein werden, als die der Schistocerca, die mit Vorliebe auf Bäumen und den Spitzen höherer Büsche nächtigen, ist doch auch bei diesen letzteren so guter Er- folg erzielt worden, dass gerade dies Verfahren z. B. von Basutoland°'”) her empfohlen wird. Dieses Verfahren wird sich auf ausgedehnten Flächen, wenn nicht »Aussenposten« von Vieh über das Land ver- #1ı) Ich bin hier den Schilderungen von W. Gordon Innes, De- struction of Locusts; Edixhoven, Locusts, how to destroy them; J. Dug- more, Destruction of Locusts; A. J. S., Destruction of Locusts; Halse, Locusts, and how to deal with; A. W., Locusts and their Destruction; J. M. Orpen, Locusts, and how best to Combat them; Lounsbury, Spraying Locusts with Paraffiine; Hellier, Repart for May 1892; und Locust Destruction, sämtlich im Agric. Journ. Cap. Col. gefolgt. Be- stätigungen der guten Wirkungen unter anderem in den Reports and Prospects, ebenda. 1893 VI. Hft. 4. Herschel S. 57. Hft. 25. Queenstown S. 480. #1?) Geo. A. Pears. Destruction of Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1802." V,. 901773 #18) Basutoland. D. K.-Bl. 1894. S. 27; vgl. auch J. Dugmore. Destruction of Locusts und Bruner, Investigaciön S. 66. Massregeln bewusster Abwehr. 339 teilt sind, nur in einer nicht allzugrossen Entfernung vom Hofe anwenden lassen, weil das Vieh zu weit zu marschieren hätte, was in der Nacht mit einer grösseren Herde: eine etwas missliche Sache ist. Sonst aber wird es wie in der Kapkolonie sich auch in den Gegenden ähnlicher Art, wie Südwestafrika, den Steppen Ostafrikas, Togos und Kameruns bewähren. Ist dieses Verfahren hauptsächlich für grosse, nicht gar zu unebene Weideflächen geeignet, so empfiehlt sich ein anderes, von denselben Gesichtspunkten ausgehendes, für Gegenden, in denen mehr Landbau getrieben wird, wo also auch mehr Arbeitskräfte vorhanden sind, und für Stellen in den Weidegebieten, auf die man nicht gut mit dem Vieh kommen kann: das Erschlagen der Hupfer mit Geräten, die von Menschenhand geschwungen werden. Tageszeit und Wetter und Altersstadium der Hupfer sind zweckmässig auch hier die gleichen, wie beim Zertreten- lassen durch Vieh; denn auch hier spart es Arbeit, Mühe und Zeit und damit Unkosten, wenn man die Heuschrecken möglichst zusammengedrängt findet und sie noch so klein sind, dass ein einziger Streich gleich viele von ihnen auf einmal erlegt. Dies Verfahren ist für alle Breiten geeignet, wenn nur genügend Menschen vorhanden sind. Frauen und Kinder können auch hier mit Vorteil in die Reihe der Kämpfer eintreten. Die Gerätschaften aber müssen wechseln nach der Beschaffenheit des Bodens und den zur Verfügung stehenden Grundstoffen und der Möglichkeit ihrer Be- arbeitung. | Da es sich oft darum handelt, mit diesem Verfahren in bestellten Feldern oder Gärten die Heuschrecken zu ver- nichten, so muss in solchen Fällen ein Gerät gewählt werden, das gestattet, die Heuschrecken zu treffen, die Gewächse aber zu vermeiden. Es ist schon erwähnt, dass die Sohle des bekleideten Menschenfusses ein ungeeignetes Gerät ist, um Heuschrecken 390 Dr. Sander. in grossen Massen zu, vernichten und um so ungeeigneter, je kleiner diese noch sind. Die Sohle schmiegt sich eben dem Boden nicht an, bietet zu wenig Reibungsfläche und zu wenig Kanten, die die Heuschrecken tödlich verletzen können. Das natürlichste und in den meisten Fällen geeignetste: 814 Werkzeug ist ein buschiger Zweig wenn möglich von einem Dornstrauch. Er wird namentlich auf etwas unebenem Gelände, wie Wiesen, Weiden, Weg- und Grabenrändern, Rainen, Oedstellen, Berghängen, steinigem Boden, mit Vorteil zu benutzen sein, umsomehr, als gerade an diesen Stellen Dornbüsche in der Nähe zu sein pflegen. Für Südwest- und einen grossen Teil Ostafrikas, z. B. das Nyika- und Porigebiet, wird er geradezu das gegebene Mittel darstellen. Die vielen feinen Aestchen und Verzweigungen schmiegen sich den Unebenheiten des Bodens an und treffen mit ihrem Schmitz und den Dornen und Verdickungen immer nur einzelne Teile jeder geschlagenen Heuschrecke, der sie damit eine viel schwerere Verletzung zufügen, als es der gleichmässig das ganze Tier treffende Druck der breiten Sohle eines Stiefels thun kann. An den Oertlich- keiten, die ich genannt, wird auch der Schaden, den man dem Pflanzenwuchs zufügt, unbedeutend oder gar nicht vor- handen sein. In dichtstehenden Getreidefeldern, in Gemüse- gärten, in Aeckern mit Staudenpflanzen, wie Mais oder Maniok und dergleichen, wird der Zweig sich allerdings nicht ohne grösseren Schaden für die Gewächse, als für die Heuschrecken verwenden lassen. Im Prinzip ganz ähnlich ist die Verwendung von (Strauch) Besen, wie Köppen‘°'’) aus Südrussland erwähnt; doch will mir die Verwendung eines Zweiges vorteilhafter ®14) Lawr. Bruner, Investigaciön. S. 70; Lounsbury, Spraying Locusts with Paraffine. Lallemand, Notice. S. 40/41; aus dem Schutzgebiet Südwestafrika: Bericht d. Rhein. Miss.-Ges. 1874. Irle, Otyosazu. S. 295/96. EL °15) Sauterelles. S. 9. ) von zähem Holze, DER, a Massregeln bewusster Abwehr. 391 erscheinen, als die des steiferen Besens. In den Kolonieen hat man zudem jedenfalls eher einen Zweig, als einen Besen zur Hand. Eine handlichere Form des Zweiges stellt die Geissel‘'°) an kurzem, etwa meterlangem Stiel dar. Man hat bei ihrer Verwendung die Schlagrichtung mehr in der Gewalt und kann mit geringerem Kraftaufwand dem schlagenden Werk- zeug grössere Wucht geben, als das .bei dem ungleichmässig gewachsenen Zweige der Fall ist. Aus welchen Stoffen man die Geissel darstellt, richtet sich ganz nach den Um- ständen. Für Gegenden, wie Südafrika, wo der Ochsen- riemen den bei uns gebräuchlichen Strick vertritt, wird man. sie aus solchen machen. Ein etwa 60—70 Centimeter langes Stück rohe Haut‘'’) wird je nach Breite und Wunsch in 8-—ıo bis mehr fingerbreite Streifen geschnitten, doch so, dass an dem einen Ende etwa Io Centimeter unzerschnitten stehen bleiben; das ganze wird dann gut durchfeuchtet und mit dem unzerschnittenen Stück um einen 3—4 Fuss langen festen Stock (am besten mit Einkehlung am oberen Ende und aus gewachsenem, nicht geschnittenem Holz) fest und möglichst haltbar herumgebunden (was in Südwestafrika mit dünneren, aber haltbaren Riemen geschehen würde). Zu jedem Gebrauch wird die Geissel ordentlich eingeweicht, da sie sich so besser der Unebenheit des Bodens anschmiegt und grössere Wucht hat, während sie trocken verwendet leicht brechen würde. In buschigem Gelände, besonders in kleinen Dornbüschen mit Widerhaken (wacht een bitje) ver- fängt sie sich leicht. Sonst aber tötet jeder Schlag die ge- troffenen Heuschrecken, wo nur ein Riemen hinfällt. 816) Köppen, Sauterelles. S. 9; R. M. B. Locusts, and their Exter- mination; Verran, Locust Destruction; Bruner, Investigaciön. 817) Etwas Aehnliches sind die „Sohlen“ aus Bullenhaut, die in China amtlich als Schlagmittel empfohlen werden (III Report, Append. VII. Locusts in China S. 67, oder die Schuhsohlen in der Mongolei (Köppen, Sauterelles S. 9), nur dass deren Anwendung etwas mühsamer, zeit- raubender und unwirksamer ist, als die der Geisseln. 392 Dr. Sander. Weniger leicht wird sich eine Geissel aus Draht ver- fangen können, also an mehr und gerade auch an den schwierigeren Stellen verwendbar sein; aber leider ist Draht in den heimgesuchten Gegenden unserer Kolonieen durch- aus nicht immer erhältlich. Verran®'‘) nimmt Draht No. 12 und bindet etwa 30 meterlange Stränge gemeinsam an einen Stock. Auch diese Geissel tötet mit jedem Schlag Tausende von Heuschrecken ohne nennenswerte Anstrengung für den Schlagenden. Verwendung von Stricken zu den Geisselfäden dürfte wenig zu empfehlen sein. Denn da es sich vielfach um hartes steiniges Land handelt, werden sich die Stränge bald abnutzen. Ü Wo Bambus oder Rotang oder Raphiapalmen vor- handen sind, würden sich sehr wirksame Geisseln aus den Spaltstücken der Triebe bezw. Blattschäfte herstellen lassen und dementsprechend wohl noch aus vielen anderen Grund- stoffen an anderen Orten. Da heisst es eben benutzen, was die Gegend bietet. Einen Uebergang zu festen Schlaginstrumenten bildet die Verwendung von sandgefüllten Säcken‘'”) und Dresch- flegeln. Sie werden gegenüber den Geisseln den Nachteil haben, bei grösserer körperlicher Anstrengung desSchlagenden geringeren Erfolg zu erzielen, weil sie weniger Fläche be- decken als die Geisselstränge und sich weniger dem Boden anschmiegen. In einem Falle werden die Säcke, aber nicht die unhandlichen Dreschflegel, den Geisseln entschieden überlegen sein: wenn es sich darum handelt, in Hackfeldern die in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Reihen befindiichen Heuschrecken zu erschlagen. 818) Verran macht übrigens eine Bemerkung, der ich nach eigener Beobachtung nicht beitreten kann: die Reste (eines einmal gründlich mit seinen Geisseln behandelten) Zuges blieben bei den Leichen ihrer er- schlagenen Genossen. 819) Bruner, Investigaciön S. 66; Lounsbury, Spraying Locusts with Paraffine. Massregeln bewusster Abwehr. 393 Noch vorteilhafter wird aber hier die Verwendung des ursprünglichen festen Schlagwerkzeuges, des Stockes sein, weil man damit ganz genau die Schlagrichtung bestimmen und daher ohne Beschädigung der Gewächse arbeiten kann. Der Nachteil des Stockes ist seine so geringe Wirkungs- fläche. Dass sich aber mit diesem mangelhaften Gerät°”) überhaupt viel erreichen lassen wird, glaube ich ebenso- wenig, wie dass von der Verwendung breiter schaufelförmiger Holzgeräte oder richtiger Spaten und Schaufeln viel zu erwarten ist, trotzdem diese von Köppen°”'), allerdings nach den Zeugnissen anderer, warm empfohlen werden. Zur Anwendung könnten alle diese Geräte mit breiter, unnach- giebiger Schlagfläche doch nur auf ebenem, klarem und weichem Gelände kommen; denn nur hier schmiegen sie sich wirklich der Oberfläche an. Aber damit bekommt man nur die allerletzten Stadien der Hupfer und fliegende Heuschrecken tot, nicht aber die kleinen Jungen, die eigent- lich nur ein Chitingerüst darstellen; und doch weist alles darauf hin, sie in diesem Alter zu vernichten, um Mühe, Zeit und Geld zu sparen und wirklichen Erfolg zu haben‘’?). Jedenfalls überzeugt der einfachste Versuch, dass Gerstäckers Ausspruch sicher nicht auf Beobachtung gegründet sein kann, dass (bei Hupfern des zweiten und dritten Stadiums) »ein flacher Feldstein oder ein mässig wuchtiger, etwas breiter, hölzerner Knüppel genügen würde, sie auf festem Boden gleich truppweise, wie sie sich vorfinden, zu zerquetschen«. 820) Gerstäcker (S. 43) ist anderer Meinung, wie mir scheinen will, aber nicht auf Grund praktischer Versuche. 821) Wanderheuschrecken, S. 138. Sauterelles S. 9/10. 822) Ich habe den bestimmten Eindruck, dass in Europa (wenig- stens in der Zeit, die ich nach der mir erhältlich gewesenen Litteratur beurteilen kann) trotz aller Hinweise guter Beobachter auf das ge- eignetste Alter der Heuschrecken, die Vernichtungsmässregeln immer erst begonnen worden sind, wenn die Hupfer ihre Wanderzüge in un- endlichen Massen antraten; die richtige Tageszeit ist wohl auch nicht beachtet worden; so sind eigentlich alle Vorschläge auf die späteren Alterszustände zugeschnitten und hatten erklärlicherweise wenig oder keinen Erfolg aufzuweisen. 394 Dr. Sander. Mir wenigstens ist das trotz aller Mühe selbst auf einem Boden von der Härte der Wege im Tiergarten nie gelungen: die Zahl der getöteten oder beschädigten war stets so lächerlich gering, dass sie ausser allem Verhältnis zur auf- gewendeten Mühe stand. Bei Verwendung der festen Schlagwerkzeuge mit breiter Fläche kommt aber weiter noch in Betracht, dass der Schlag mit viel grösserer Wucht geführt werden muss, als bei der schmiegsamen Geissel oder dem Busch und dass der Aufprall sich sowohl dem schlagenden Arm, besonders auf härterem Boden, mitteilt, dieser somit schneller ermüdet, als auch den Stielen der Werkzeuge, die recht häufig brechen werden. In unseren Kolonieen ist ausserdem noch gar nicht daran zu denken, dass anders als in Ausnahmefällen einmal die genügende Anzahl von Spaten und Schaufeln u. s. w. zur Hand sein sollten, wenn sie mit Nutzen zur Verwendung gelangen könnten, d. h. bei grossen Zügen der Hupfer in den älteren Stadien. Selbstverständlich sind sämtliche Abarten dieses »Er- schlagens« auch bei den älteren Stadien und selbst bei den fliegenden Heuschrecken anwendbar. Nur kostet es hier längere Zeit und grössere Mühe und die richtige Witterung muss bei der grösseren Beweglichkeit der Tiere noch sorg- fältiger beachtet werden, soll es nicht einen vollen Misserfolg geben. Die älteren Hupfer, und natürlich noch mehr die Fliegenden, stieben während warmen Wetters auf jede heftige Bewegung hin nach allen Seiten auseinander und dann ist natürlich an ein Massenerschlagen nicht mehr zu denken. Ich komme beim »Treiben« der Heuschrecken auf diesen Punkt noch zurück. Achtet man darauf, bei diesen und ähnlichen Verfahren das richtige Wetter und die richtige Tageszeit zu benutzen, so hat man nicht nötig, wie Köppen nach seinen Gewährs- männern rät, die Heuschreckenhaufen »mit Matten oder der- gleichen« zu überdecken,. sie laufen dann eben nicht aus- einander. Massregeln bewusster Abwehr. 395 Ein weiteres viel empfohlenes Verfahren ist das Ver- schütten der jungen Hupfer. Da mir nicht recht ein- leuchten will, was es als selbständige Massregel gegenüber den viel bequemeren eben besprochenen oder bald zu be- sprechenden an Vorzügen besitzen soll, so werde ich auf die dabei massgebenden Gesichtspunkte erst später zurück- kommen, wo ich Verfahren zu erörtern habe, bei denen es als Hülfsmittel von Wert ist. Das Gleiche gilt vom Unterpflügen der jüngsten Hupfer. Als selbständiges Mittel wird es wohl nur in den seltenen Fällen anwendbar sein, wo die jungen Lärvchen eben im Begriff sind, aus dem Eipäckchen an die Oberfläche zu kommen, wo man sie also mit dem Pfluge wirklich »ver- schütten« kann. Sind sie erst im stande, sich selbständig zu bewegen, so werden sie sich dem langsam vorrückenden Pfluge zu entziehen wissen, selbst in der Morgenkühle; soll es bloss als Mittel dienen, um die Hupfer auf einem engen Streifen zusammenzudrängen, den man mit Stroh bedeckt hat und dann abbrennt, wie Waldron °””) unter anderem vor- schlägt, so kann man diesen Endzweck wohl schneller und bequemer auf andere Weise erreichen. In unseren afrika- nischen Kolonieen ist ohnehin der Pflug gegenüber der Hacke noch ein so seltenes Ackergerät, dass das Verfahren, auch wenn es aussichtsvoller erschiene, doch nur in Aus- nahmefällen angewendet werden könnte. Sind die Hupfer schon etwas mehr herangewachsen, so empfehlen sich an Stelle der bisher geschilderten Ver- fahren des Erschlagens und Zertretenlassens solche, die demselben Grundgedanken entspringen, aber auf grössere Flächen einwirken, also Zerquetschen und Erschlagen mit maschinellen Vorrichtungen. Das Einfachste wird sich auch hier für unsere Kolonieen wieder am meisten empfehlen und das ist: das Ueber- schleppen von grossen Strauchbeser oder Straucheggen. 2) The Rocky Mountain Locust. S. 17. 396 Dr. Sander. Das Einfachste davon wieder ist, einen ganzen, nicht zu kleinen Dornbusch abzuhauen, eine Kette um das Stamm- ende zu legen, Zugvieh davor zu spannen und die nach- schleifende, peitschende und kratzende, die Bodenteilchen übereinanderrollende Krone über einen Heuschreckenzug zu schleppen. In den Steppengegenden unserer Kolonieen giebt es überall geeignete Dornbüsche für dieses Verfahren, und sind einmal die vorhandenen zu klein, um einzeln und allein das nötige Gewicht zu haben, so bindet man mehrere zusammen und beschwert sie mit Steinen. Die südwest- afrikanische Schirm-Akazie, die in ganz ähnlicher Art auch in Ostafrika heimisch ist, eignet sich ganz vorzüglich zu einer solchen Strauchschleppe, da ein einzelner Busch eine Krone von 3—4 Metern Durchmesser hat, grün verwendet ausserordentlich zäh ist und lange Verwendung zulässt, ehe sie abgenutzt ist. Nach meiner Erfahrung bei Verwendung dieser Büsche zu anderen Zwecken ist die Schirm-Akazie jedenfalls noch haltbarer als der von Doengingk°”‘) mit Recht so gepriesene Schleehdorn, der in Südrussland in gleicher Weise mit bestem Erfolge benutzt wird, und sie hat noch den Vorteil eines viel höheren und breiteren Wuchses. Solche Strauchschleppen passen sich allen leichteren Unebenheiten des Bodens an und fegen selbst in die engen Zwischenräume der Stämmchen von kleinerem Buschzeug und Kräutern und durch die Grasstumpfen, so dass ihnen nur wenig Heuschrecken entkommen, die unter sie geraten. Ihre Verwendung ist deshalb auch weit verbreitet, in Süd- russland ®”’) wie in Südafrika: °”°) In buschigem Gelände oder auf bestellten Feldern sind sie natürlich nicht zu brauchen und bei nassem Wetter versagen sie auf bündigem Boden, wenn auch nicht vollständig, so doch zum guten Teil. Eine Abänderung dieser ursprünglichsten Strauch- schleppe ist die Strauchegge, bei der in irgend eine Egge, #?4) Wanderheuschrecken. S. 533. °5) Doengingk, 1. c.; Köppen, Wanderheuschrecken S. 139. ®*°), H. E. Halse, Locusts, and how to deal with. Massregeln bewusster Abwehr. 397 am besten eine Kantegge, wie die nach Hellier nebenstehend abgebildete (Fig. 35), Dornzweige zwischen die Balken mit den Stammenden eingeflochten werden, sodass die Aestchen nach hinten herausstehen und wie eine scharfe Bürste den Boden fegen. Da dieses Gerät nicht das Gewicht hat, wie ein . ganzer, abgeschlagener Dornbusch, dagegen aber wegen der federnden Wirkung der durchflochtenen Aeste die Neigung nach vorn überzukippen, muss es mit Steinen, Sandsäcken oder dergleichen beschwert werden. Es hat vor dem ein- Abbildung 35. fachen geschleppten Strauch den Vorteil der grösseren Lenkbarkeit voraus und ist deshalb in allen kultivierteren Ländern, wo Eggen ohnehin mehr in Gebrauch sind, auch häufiger ®”’) in Verwendung als der einfache Busch. In der Wirkung ist sie dem Busch gleich. Wie die Strauchegge den Zweig nachahmt, mit dem der einzelne Mann die Heuschrecken erschlägt, so den #°7) Für Europa: Doengingk. c.; Köppen I. c.; Gerstäcker I. c.; Redtenbacher, Wanderheuschrecken, S. 39; für Südafrika: Hellier, A Mode of Destroying Locusts; ders. Report for May 1892; Locust Destruction; Agric. Journ. Cape Col. XVII. S. 535; (Halse), Locust Destruction. Ag. Journ. Cape C. XVII. S. 619/20. 398 Dr. Sander. Spaten und die Schaufeln die Walzen, und wie die Strauch- egge die Vorzüge und Fehler des Zweiges wiederholt, so die Walze die des Spatens. Wie dieser sich dem Boden nicht anschmiegt und deshalb auch auf unebenem Gelände versagt, so thut das auch die Walze; wie dieser auf weichem Untergrund die Heuschrecken, wenigstens die jüngeren Stadien der Hupfer, nur in den Boden hineindrückt, ohne sie ernstlich zu beschädigen, so auch die Walze. Ich kann deshalb auf das hinweisen, was ich bei der Verwendung des Spatens als Schlaginstrument gesagt habe und das umsomehr als eigentliche Walzen für unsere Kolonieen noch kaum in Betracht kommen. Natürlich sind hier unter Walzen nur Vollwalzen gemeint. Zieht man hier. ein entsprechendes Gerät in An- wendung, so wird man sich wohl wie in der Kapkolonie auf beschwerte Häute oder Schleifen beschränken, die wie die Walze gegenüber dem Spaten eine grössere Flächen- wirkung haben und in den geeigneten Fällen auch ebenso wirksam sind °”°). Für den gleichen Zweck sind übrigens eine ganze Reihe mehr oder weniger komplizierter und dementsprechend teurer, dafür aber wenig haltbarer Apparate konstruiert. Ich erwähne sie nicht im einzelnen, weil sie für die ge- mässigten Gegenden schon kaum, für unsere Kolonieen sicher nicht in Betracht kommen. Es sind eben mehr geistreiche Spielereien, als wirklich praktische Geräte, mögen sie auch hier und da einmal mit -Vorteil ge- arbeitet haben. Für alle diese grösseren Geräte ist bei der Verwendung zu berücksichtigen, dass ein einzelnes den Heuschrecken zu viel Gelegenheit zum Entweichen lässt, dass man sie daher am besten in einer Mehrzahl in Betrieb setzt und in °*®) Günstige Berichte liegen aus neuerer Zeit vor: Nordamerika I Report S. 364/65, in App. XIX. S. 218; Lawr. Bruner, Investigaciön, S. 70; Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. Reports and Prospects, Queen- stown S. 282. nn en ug — ——— en u — m — eg on ge u U 2 Massregeln bewusster Abwehr. 399 Staffelanordnung hintereinander in immer enger werdender Spirale um die Heuschreckenschar herumschleppen lässt, bis diese schliesslich eng eingeschlossen ist und nun bei ihren Versuchen, durchzubrechen, unter das eine oder das andere der Geräte kommen muss und so vernichtet wird. Es geht aus der ganzen Darstellung wohl schon von selbst hervor, dass alle diese Verfahren bei meilenlangen und -breiten Zügen und Schwärmen nichts Genügendes leisten; ich möchte es aber noch ausdrücklich hervorheben, um immer und immer wieder darauf hinzuweisen, dass es hier bei der Heuschreckenvernichtung im weitesten Sinne heisst: principiis obsta! Ich halte das für um so notwendiger, als ich mir der Schwierigkeiten voll bewusst bin, in unseren afrikanischen Kolonieen gerade diese Anfänge zu entdecken und ihnen rechtzeitig. entgegenzutreten. Schwierig ist es, aber nicht unmöglich, wie ich noch nachzuweisen ver- suchen will. Verbrennen. Auch für diese Massnahme kommt in erster Linie eine Gewohnheit der Heuschrecken und nament- lich der Jungen in Betracht: die, sich bei kaltem Wetter zusammenzudrängen und wenn möglich, unter Gesträuch, Gras, Stroh oder dergleichen Schutz zu suchen. Auch hier wieder wird das Verbrennen der jüngsten Stadien wesent- lich Arbeit, Mühe und Material sparen. Freilich lässt es sich nicht immer so machen, wenn auch vielleicht durch fremde Schuld. Da ist es vorteilhaft, dass einzelne der hierher gehörigen Verfahren sich auch noch mit Vorteil gegen ältere Hupfer, ja selbst gegen fliegende Heuschrecken an- wenden lassen. | Featherstone 9) giebt, sichtlich nach eigener eingehender Erfahrung, eine Art des Vorgehens an, die in vieler Be- ziehung Aehnlichkeit mit der Vernichtung der Klumpen der jungen Hupfer durch Geisseln hat und wie diese auch nur bei nicht zu grossen Zügen vollen Erfolg haben wird; sie #22) Locusts and their Destruction. Vortrag in Graaff-Reinet. 400 Dr. Sander. hat aber den Vorzug, auch dann angewendet werden zu können, wenn die Hupfer der Nässe wegen hochgeklettert sind, und wird in gleicher Weise sich auch gegen Fliegende verwenden lassen, die an Bäumen, denen ein wenig Brand keinen wesentlichen Schaden thut, die Nacht verbringen. Ich lasse seine Vorschrift in Uebersetzung folgen: »Man nehme einen grünen Stock, wickle leicht brenn- baren Stoff um dessen eines Ende, binde diesen sorgfältig mit dünnem Draht fest und tränke ihn dann gut mit Petro- leum. Dann begebe man sich, sobald es richtig dunkel geworden ist, an eine Schlafstelle der Hupfer, die man zuvor erkundet und bezeichnet hat. Hat man sie gefunden, so entzünde man etwa drei solcher Petroleumfackeln und lasse jede von einem besonderen Mann mitten in den dicksten Haufen einstossen und dort nach allen Seiten herumdrehen. Sie müssen gut in die toten und sterbenden eingedrückt und dann und wann einen Fuss angehoben werden. Dann springt der ganze Klumpen von drei bis vier Meter Ent- fernung auf die Flamme zu. Wenn der Mann sieht, dass er alle in seiner Nähe getötet hat, muss er ein paar Meter weiter gehen, einen neuen Teil des Zuges in Angriff nehmen u. s. w.< »Man muss Sorge tragen, dass die Lichtkreise der verschiedenen Fackeln nicht ineinanderfallen, weil dann die Heuschrecken auseinander laufen; bleibt aber zwischen den einzelnen Leuten und ihren Fackeln genügende Finsternis, so springen die Heuschrecken geblendet alle- der ihnen nächsten Fackel zu.« »Man thut gut, stets einige Reservefackeln mitzu- nehmen, um die Zahl der in Gebrauch zu setzenden nach der Grösse des Schwarmes bemessen zu können.« »Zu grosse Eile bei der Anwendung ist schädlich; besser wenige gründlich verbrennen als den ganzen Schwarm nur ansengen.« Das Verfahren soll sehr billig sein und in einer Stunde mit ein paar Leuten Millionen von Hupfern vernichten. Massregeln bewusster Abwehr. 401 Die übriggebliebenen Reste formen einen neuen Schwarm, halten sich dicht bei den toten auf und können die nächste Nacht vernichtet werden. In warmen Nächten wirkte das Verfahren am besten; offenbar wären in kalten die Hupfer zu klamm gewesen, um nach dem Lichte zu springen. Die beste Zeit ist, wenn die Hupfer eben eine Woche alt sind und anfangen, sich in grossen Schwärmen zusammen- zuthun. Gegen Fliegende hat er sein Verfahren noch nicht versucht. Unter allen Umständen sind diese Pehelem en an deren Stelle natürlich auch Pechfackeln u. dergl. gesetzt werden können, eine wertvolle Ergänzung des bisher zur Verfügung stehenden Kriegsgerätes, denn sie geben gerade in den Nächten den besten Erfolg, wo die anderen Verfahren versagen, in den warmen Nächten. Von einem ähnlichen, aber bei Tage und bei wandernden Zügen anzuwendenden Verfahren berichtet Riley °”’). Danach wird ein langer, starker Draht oder eine Eisenstange mit Lappen umwickelt, die mit feinem Draht festgemacht und mit (rohem) Petroleum getränkt werden. Dann wird das Ganze angezündet und quer über das betroffene Feld ge- schleppt. Die Erfolge sollen gut sein. Für die Kolonieen wird das Verfahren nur da anwendbar sein, wo ein billiger Brennstoff zu haben ist, der ähnlich wie das Petroleum leicht und lange brennt, trotz Wind und Wetter. Der Erfolg dürfte aber wohl doch kein nachhaltiger sein und nur, wie ' Riley selbst sagt, bewirken, dass »während der halben Stunde, die die Lappen etwa brennen, ein grosses Kornfeld geschützt wird«, d. h. ein eben heranschwärmender nicht zu grosser Zug teils vernichtet, teils abgelenkt wird. Denselben Grundgedanken verfolgen auch Maschinen für Handbetrieb und für Spannvieh, die im wesentlichen aus einem langen, offenen Kastenrost, meist und zweck- 880) ], Report. S. 364. Sander, Wanderheuschrecken, 26 402 Dr. Sander. mässig um die Hitze nach unten zu lenken mit ge- schlossenem Deckel, bestehen, der auf Räder oder Kufen gesetzt ist. Er wird mit einem gute Hitze gebenden Brenn- material gefüllt, entzündet und so. gestellt, dass er etwa 5 Centimeter über dem Boden entlangläuft und dann über den Heuschreckenzug hin in Bewegung gesetzt. Man soll mit einem Gespann IOo—ıI2 acres (4—4,8 Hektar) den Tag über abfahren können, zwei Drittel der Heuschrecken sollen zu Grunde gehen, während die junge Saat nicht beschädigt (?) werden soll. Das letztere will mir nicht recht glaublich er- scheinen, wenigstens nicht bei dem geringen Abstande des Feuers vom Erdboden, selbst wenn ich annehme, dass die Heuschrecken, wie es wohl der Fall ist, beim Aufspringen dem Feuer näher kommen, als es der Saat ist. Riley be- richtet hier wohl nicht nach eigener Anschauung. Für unsere Kolonieen ist ein solches Instrument jedenfalls noch etwas kompliziert, dürfte sich dort auch ziemlich teuer stellen. Eine andere°”')und altbewährteMethode des»Brennens« ist das Anzünden von trockenem Grase, in dem sich die jungen Heuschrecken aufhalten, oder von Stroh u. dergl., das man ihnen bei kaltem Wetter als Unterschlupf hingelegt hat, oder sonstigem leicht brennbaren Material, in das man die Scharen hineingetrieben hat. Es giebt unter Umständen recht gute Erfolge, nur mangelt es gerade in den schwerst betroffenen Gegenden häufig an Brennmaterial; entweder ist das Gras, wie z. B. in Umzimkulu, zur Zeit des Auftretens der Hupfer zu grün, um zu brennen, oder das nötige Reisig 831 821) Reports on the Locust Campaign from 1884 to 1887. Cyprus. Köppen Wanderheuschrecken S. 137; ders. Sauterelles. S. 9; Gerstäcker, Wanderheuschrecken S. 46; I. Report. S. 363; Bulletin 27. Waldron S. 16; Bruner, Investigaciöon S. 67—70 und 63; Landwirtsch. Sach- verständiger, Australien, Raupen und Heuschrecken; Basutoland. D.K.Bl. 1894. S.27; Agricultural Journal Cape Colony. 1896. IX. Umzimkulu S. 155; 1898. XII. Elliotdale S. 234; 1898. XIII. Jackson, Locust Destruction S. 717. 1899. XIV. Payne, Cocker and Gordon, Reports. S. 570; 1900. XVII. Idutywa S. 710. Massregeln bewusster Abwehr. 403 und anderer Kleinfeuerstoff ist durch eine Reihe von Heu- schreckenjahren hintereinander aufgebraucht, wie in den letzten Jahren der Berichtszeit in Cypern. In reichen Acker- baugegenden, wie den nordamerikanischen Weizendistrikten, wird wohl allerdings stets ausreichend Stroh vorhanden sein. In unseren afrikanischen Kolonieen dagegen dürfte es in der Mehrzahl der Fälle gehen wie in Umzimkulu°”’); wenigstens scheint es mir für Südwestafrika nach meiner eigenen Erfahrung so ziemlich die Regel zu sein: kommen die Mutterschwärme, so ist meist kein Gras mehr da, schlüpfen die Hupfer aus, so ist es meist so grün, dass an ein Abbrennen nicht zu denken ist. Wo man das nötige Material erhalten kann, da ist das Mittel zweifellos eines der schnellst wirkenden und mühelosesten. Bruner teilt aus Argentinien eine sehr wertvolle Be- obachtung mit: dort halten sich die Geflügelten zur Winter- herberge häufig auch auf hochgelegenen Weiden auf, die trocken genug sind, um abgebrannt werden zu können. Dann kann man bei einem leichten Winde, der dem Feuer nachhilft, mit leichter Mühe in kurzer Zeit gross& Mengen von ihnen vernichten. Voraussichtlich sind die eigentlichen Winterherbergen der süd- und südwestafrikanischen (vielleicht auch der südostafrikanischen) Wanderheuschrecken ähnlich beschaffen, abwechselnd Gras- und Buschsteppe; nach den Erfahrungen von den sekundären Winterherbergen an der Südostküste der Kapkolonie gehen die Heuschrecken an schönen sonnigen Tagen auf die Grassteppe: es wird dann alsefauch hier Gelegenheit.sein, mit einem Schlage sehe vieleriudieser,, Plagegeisters;und: Eltern, zu- künftiger Plagegeister zu entledigen. Natürlich kann man gelegentlich auch anderes Brenn- material benutzen, wie es gerade zur Hand ist. So z. B. ölgetränktes Sägemehl, das von Hyslop°””) in Cradock ver- 882) Vebrigens nur einer der vielen Fälle, in denen das Gleiche aus diesen östlichen Küstendistrikten mit reichem Graswuchs gemeldet wird. 833) Bairstow, Locusts, Vortrag. 26° 404 Dr. Sander. wendet wurde, um einen riesigen Heuschreckenzug, der in seinen Garten und sein Haus eindrang, zu vernichten. Die Kaffernstämme Südafrikas verwenden übrigens auch oftmals siedendes Wasser, das sie in Seifentöpfen, Kochkesseln, Wassertöpfen, Petroleumblechkästen heran- schleppen und über den Zug ausschütten.°”‘) Wie sie es anstellen, das Wasser über die Heuschrecken auszuschütten und die meist eisernen Gefässe heranzuschaffen, ohne sich selber zu verbrühen, ist mir ein Rätsel. Jedenfalls ist das Mittel wenig zur allgemeinen Verwendung geeignet. Fangen. Die ursprünglichste Methode des Fangens der Heuschrecken, sowohl der jungen als der geflügelten, ist die mit den Händen oder mit Streifnetzen. Es scheint gegenüber den Mengen, in denen die Heuschrecken er- scheinen, und noch mehr denen gegenüber, in denen ihr Er- scheinen geschildert wird, ein ziemlich aussichtloses Be- sinnen, etwa so, als ob man das Meer mit Esslöffeln aus- schöpfen wollte. Die Nordamerikaner erklären denn auch dieses Verfahren sowohl wie die bereits geschilderten mit Handgeräten als aussichtslos für ihr Land, in dem die Arbeiter teurer und weniger zahlreich, die Heuschrecken aber in grösseren Scharen vorhanden wären als in Europa. Nun ist es eigentümlich, dass in dem menschenarmen Süd- afrika mit seinen durchweg ziemlich hohen Löhnen gerade die von den Nordamerikanern am meisten empfohlenen Verfahren zu Massenvertilgung als unanwendbar für Südafrika bezeichnet werden, weil der Menschen zu‘wenig, die‘ Flächen ' zu" :gross’ und dere schrecken zu viele wären; kämen letztere in Nord- amerika in Fähnleins und Bataillonen, so marschierten sie in Südafrika in Heeren auf. Und der Schluss ist: die Rückkehr in erster Linie zu den primitiven Verfahren mit den Handgeräten. 884) Z. B. Agric. Journ. Cape Col. 1898. XIII. Jackson. Locust Destruction S. 717. Massregeln bewusster Abwehr. 405 ‘Der Grund liegt wohl einzig und allein darin, dass der Südafrikaner in innigerer Vertrautheit mit der Natur steht als der Nordamerikaner oder der heutige Europäer. Und so weiss denn der Einzelne sehr genau, dass die un- übersehbaren Heere der Hupfer nicht von Anbeginn an vor- handen sind, sondern sich erst im Laufe der Wochen aus kleinen Anfängen zusammenschlagen und dass es besser ist, den Feind zu schlagen, ehe er seine Truppen zusammen- gezogen hat. Mit den geflügelten Heuschrecken aber ist der Süd- afrikaner von Natur aus besser daran als der Nordamerikaner oder der Europäer. Denn während diesem nur drei bis höchstens vier Monate Zeit gegeben ist, diese »fliegenden Reitergeschwader« zu bekämpfen, stehen dem Südafrikaner in normalen Jahren mindestens sechs Monate zu Gebote und findet der Kampf auf der ganzen Linie statt sogar neun bis zehn Monate. Und fallen in diesen schwach gerechnet 250 Tagen an jedem Tage auch nur 10 000 der Heuschrecken eines grossen Schwarmes den Nachstellungen der Menschen zum Opfer, so ergiebt das auf die ganze Zeit schon 2500000 Feinde weniger, die im stande wären, mindestens 2 500 000 > X 100 = 125 000 000 Nachkommen zu erzeugen. Und was für Südafrika gilt, scheint nach dem vorliegenden, allerdings noch recht unvollkommenem Material auch für ‚unsere afrikanischen Kolonieen zuzutreffen. Als Hilfsmittel zum Fangen benutzt man zweckmässig Netze, ähnlich den Schmetterlingsnetzen, oder Tücher, Säcke, Körbe u. dergl.°°”),. Denn das Fangen mit den Händen, wie es Gerstäcker°’‘) für das jüngste Stadium empfiehlt, ist wohl nur bei glattem, langjährigem Kulturboden zu ge- ‚brauchen, nicht aber in den stein- und dornbuschbedeckten Steppen unserer afrikanischen Kolonieen. Das Verfahren 835) Solier, Notes. S. 486—489; Gerstäcker Wanderheuschrecken. S. 48/49. Köppen, Wanderheuschrecken S. 146/47 ; ders. Sauterelles S. 16. Ne, Sig, 406 Dr. Sander. des Handfangens ist besonders dann von Erfolg, wenn die jungen Hupfer wegen der Nässe des Bodens an den Ge- treide- und Grashalmen oder Unkrautstauden in die Höhe gekrochen sind und sich an deren Spitzen zusammen- drängen. Die beste Zeit wird natürlich auch hier wieder kalte Witterung und die frühe Morgenstunde sein. Selbst- verständlich ist mit diesem Verfahren keine völlige Ver- nichtung der Züge wahrscheinlich; immerhin aber sind auch hiermit, natürlich bei ausreichenden Arbeitskräften, recht gute Erfolge möglich, wie die amtlichen Berichte aus Cypern vom Jahre 1893 bis 1897 z. B. zeigen. Der grösste Vorteil dieser Methode besteht darin, dass sie sich auch in be- stellten Feldern und Gärten, namentlich aber bei Hack- fruchtkulturen, die in unseren afrikanischen Kolonieen vor- wiegen, ohne jede oder wenigstens ohne nennenswerte Schädigung der Gewächse ausführen lässt. Sie ist denn auch vielfach in der Kapkolonie, da, wo zahlreichere Arbeits- kräfte zu erhalten waren, noch mit gutem Erfolge ausgeübt worden, wo andere Verfahren im Stich gelassen hatten. So von Paton in West Barkly°”'), der die Kaffernweiber aus- schickt und ihnen ı s. 6 d. (1,53 Mark) für den Muidsack (Zweischeffelsack = ca. 172 Pfund Roggen) voll »voet- gangers« von ‘/,inch Länge (d. h. etwa im zweiten Stadium) zahlt. Am zweiten "Tag brachten 'sie''ihm #065 bs 4 366 500 Heuschrecken (die Unze zu 256 Hupfer gerechnet) für die Summe von 155. 9d., also noch nicht voll 16 Mark; den ersten Tag hatten sie ı 716 124 Heuschrecken für 8 s. 6 d. = 8,67 Mark gebracht, also für etwa 24,50 Mark über 5 000 000 Heuschrecken! Handelt es sich um ältere Stadien, so ist der Preis für das Einheitsgewicht natürlich niedriger. Paton teilt mit, dass z. B. das grosse Geschäft von Fichardt im Bloemfontein für das muid = 172 Pfund Gewicht, also noch nicht die Hälfte des obigen Preises) ı s. 6 d. bei 1000 muid Posten »rooi batjes«, d. h. viertes und fünftes °37) Extract of letter from Mr. George Paton to Hon.]J. D. Merriman. Agr. Journ. 1892. V. S. 226. Be 0 Massregeln bewusster Abwehr. 407 Stadium, geboten habe, während er selbst 5 s. für Ioo Ib. bezahlen wolle. Im Jahre 1896 wird öffentlich Bezahlung für die Sammlung von Eiern und Hupfern angeboten: 6 d. für das Ib. Eier in Alice°”‘), doch hält der Civil Commisioner ein Angebot auf Hupfer für vorteilhafter. Dem scheint stattgegeben worden zu sein, denn einige Monate später (Alice April, Knysna Mai) werden in Knysua®”’) gegen ıd. (= 0,08 Mark) für das lb. grosse Mengen Hupfer von den ärmeren Leuten eingebracht. Auf diese Weise werden aber nicht bloss grosse Mengen Hupfer, sondern auch fliegende Heuschrecken von den Eingeborenen gefangen. Schon Andersson°‘’) erzählt, dass die Eingeborenen Südwestafrikas (Hottentotten, Berg- damara, Buschleute) diese wagenweise in der Nacht sammeln, wenn die Schwärme sich niedergelassen haben. Bei Tage sollen sie sie sammeln, indem sie in der Flug- richtung Feuer anmachen‘‘'), so dass der Schwarm über dieses hinwegmuss und die zu unterst fliegenden sich die Flügel versengen und zu Boden stürzen. Aus neuerer Zeit erzählen mir Dr. Passarge und Herr Kaufmann Müller, dass die Barolongs am Ngami ‘gegen Sonnenuntergang hinaus- ziehen und die fliegenden Heuschrecken gleichfalls wagen- weise sammeln. Nach C. S. O(rpen)°*”) fingen die Ein- geborenen des Colesberg Distrikts 1863 einen Schwarm in derselben Weise, wie oben von den Hupfern geschildert. Sie zogen in der Morgenkühle hinaus und fegten die kältestarren Heuschrecken mit Zweigen in Säcke, um sie als geschätzte Nahrung mitzunehmen und Joseph Orpen°‘’) berichtet nach einem Brief van Zyls, dass ein Farmer im Oranje-Freistaat in den frühen Morgenstunden 200 Maltersäcke voll ge- sammelt, um sie getrocknet als Viehfutter zu verwenden. 888) Agric. Journ. Cape Col. IX. 1896. S. 73/74. nn, Ebenda. S. 287. °*0) Reisen in Südwestafrika. II. Bd. S. 24—26. 81) Nach I. Report. S. 437. 842) III. Report. Appendix VIII. S. 69. 29) The Locust Plague, Plans. S. 202. Agric. Joum. V.. 1892..:. 408 ‘Dr. Sander. Eine für unsere Kolonieen sehr wichtige Beobachtung teilt Bruner°‘‘) aus Argentinien mit: In den Winterherbergen sammeln sich bei kaltem Wetter die Heuschrecken in solchen Mengen an, dass sie Boden und Pflanzen mehrere Zoll hoch bedecken und leicht säckeweis gesammelt werden können. Zu Zeiten soll man auf 5—6 Ar eine Tonne (10000 Kilo- gramm!) davon sammeln können. Etwas Aehnliches findet an kalten Tagen, namentlich kurz vor Ausbruch eines Pampero (dem in Südafrika die Wirbelwinde kurz vor der Regenzeit entsprechen) im Frühlinge statt, wo sie auch in dicken Haufen an geschützten Stellen bewegungsunlustig zu- sammensitzen. _ Das eröffnet für ein gemeinsames, ziel- bewusstes Vorgehen im ganzen südlichen Afrika gute Aus- sichten. Man kann das Fangen der Hupfer auch so vornehmen, dass man sie auf ausgebreitete Tücher, Matten, Häute u. dergl. treibt‘‘’), dann die Unterlage zusammenrollt und die einge- schlossenen Heuschrecken tötet. Dies ergänzt das Fangen mit Netzen zurkühlen Tageszeit, indem hierfür dieHupfer schon aus ihrer Kältestarre erwacht sein müssen, also dieses Verfahren in etwas späterer Tageszeit am Morgen und wohl auch am Abend kurz vor Sonnenuntergang die besten Ergebnisse liefern wird. Eine originelle Abänderung berichtet Bruner °*‘): Die Farmer legten Wagenplattformen auf die Erde und trieben die Hupfer hinauf; waren sie voll, so wurden die Seitenbretter aufgestellt und einige grosse Steine darauf hin- und hergewälzt, bis alle Hupfer tot waren. Würde sich gelegentlich für Südwestafrika empfehlen. Handelt es sich um grössere Massen von Hupfern, so wendet man wohl mit Vorteil an Stelle der Handapparate solche an, die zum Fahren eingerichtet sind. Ein Mittel- ding zwischen beiden bilden die von einem einzelnen °**) Investigaciön. S. 67 u. 65. #45) Keferstein. Schädliche Heuschrecken; nach Dodwell. S. 185. ®46) Observat. on the Rocky Mountains Locust. 1883. 4. Bull. 5.150028 Massregeln bewusster Abwehr. 409 Menschen zu schiebenden fahrbaren Heuschreckenkäscher®*’), wie Köppen in den Sauterelles einen abbildet. In jungem Getreide wird er schonender arbeiten als die reinen Hand- netze, im Wesentlichen aber nur bei hochgekrochenen Hupfern verwendbar sein B und, wenn,man nicht in der N 2 © m 2 « Qi Se \ H Morgenkühle arbeitet, den EN Halli, meisten schon Gefangenen Gelegenheit zum Entweichen ; lassen. Im Uebrigen ist das Gerät so einfach, dass es jeder Farmer sich selbst her- Deere stellen kann. an Abbildung 36, Fig. 2. Von den namentlich von Nordamerika her empfohlenen grossen Heuschreckenfängern für Spannvieh, zum Ziehen 847) Das Ganze sieht nämlich aus wie ein viereckiger Fischkäscher mit zwei Handhaben hinten und zwei niedrigen Holzrädern an den Verlängerungen der vorderen Querstange. Ich weiss nicht, ob der aus der Provinz Sachsen stammende Ausdruck „Käscher‘‘ (offenbar dem englischen ‚Ketcher“ entsprechend) allgemein verständlich ist. Man versteht darunter ein beutelförmiges Handnetz, das über einen runden oder viereckigen, an einer. Stange befestigten Rahmen gezogen ist, mit dem die Fische aus den grösseren Behältnissen herausgeholt werden. 410 Dr. Sander. oder Schieben eingerichtet, führe ich nur das allereinfachste Modell an. Denn die. anderen sind so kompliziert und teuer, dass sie schon für kultiviertere Gegenden kaum in Frage kommen, geschweige denn für unsere Kolonieen; sie- würden sich dort sicher nicht bezahlt machen und Repa- raturen kaum möglich sein. Dieser »selbstthätige Heuschreckenfänger« ist im Be- zirk Orenburg®*”) erfunden und soll sich gut bewährt haben. / Ein viereckig be- hauener Stamm (Fig. 36, I u. 2), an dessen vier Seiten in Entfernung von ı/,—2'/ Zoll in verschränkt stehend eingebohrten Löchern Dorn- zweige eingelassen sind, wird mit zwei Rädern fest verbun- den. Nahe beiden Rädern werden rundumgehende Nu- = ten eingeschnitten, Abbildung 36, Fig. 4. auf welchen mit Eisenbändern zwei nach vorn zu etwas sich nähernde Deichseln angebracht werden. Bei der Fortbewegung dreht sich nun der Stamm mit den Rädern in den Eisenbändern und fegt dabei mit den Zweigen über den Boden. An den Stäben e, die auf den Deichseln und Eisenbändern so be- festigt sind, dass das obere Ende in Höhe des Radrandes, das untere etwas über dem Boden steht, wird ein Sack von 948) Veröffentlicht in der „Selskaya Khozäylu‘‘, Auszug im Agricultural Ledger Calcutta, mitgeteilt im D. K. Bl. 1896. S. 262. und Agric. Journ. IX. 1896. .S. 226/27. Die Abbildungen entstammen dem letzteren. Massregeln bewusster Abwehr. 41! der nebenstehenden Form (Fig. 36, 3) und etwa 5—6 Meter Länge festgemacht, der die Breite des Stammes hat. »Schirrt man nun ein Pferd vor und fährt über ein mit Hupfern bedecktes Feld, so werden diese von den Zweigen in den Sack hineingekehrt, der sich schnell füllt. Ist er voll, so entleert man ihn in eine Grube oder einen Graben, wo man die Heuschrecken vernichtet.« Dies Instrument ist von jedem Stellmacher und Schmied herzustellen und aus- zubessern und wird somit auch für die ursprünglichen Verhältnisse der meisten Gegenden unserer Kolonieen passend sein. Ein gutes Mittel, das Fangen von Hupfern zu er- leichtern, ist die Anlegung von Gruben und Gräben, in die ‚die Heuschrecken entweder von selbst hineinmarschieren oder in die sie hineingetrieben werden. Das Verfahren wird überall geübt, ist also sicher von guten Erfolgen be- gleitet. Die in den Gruben und Gräben gefangenen Hupfer ‘werden in der verschiedensten Weise vernichtet, teils durch Zerstampfen, teils durch Zuschütten und Festtreten, teils durch Chemikalien; nur in seltenen Fällen wird auf irgend eine Art der Verwertung Bedacht genommen, während diese doch gerade in unseren Kolonieen vielfach erwünscht und möglich wäre, wenn auch nur zu einem geschätzten Lecker- "bissen für die Eingeborenen. Der Grund dafür ist, dass bei grossen Zügen alle Hände beschäftigt sind, um die Feinde ‚so schnell wie möglich vom Leben zum Tode zu befördern, und dass trotzdem die Arbeitskraft häufig nicht ausreicht, ‚die gefährdeten Kulturen zu retten. Wo es aber möglich ist, die gefangenen Heuschrecken irgendwie zu verwerten, da sollte es geschehen, schon allein um die Unkosten der Ab- wehrmassregeln herabzumindern. Der Nährwert der Heu- Kechrecken"“für "Mensch" und” Vieh "ist’"ja” ziemlich hoch — die Basutos schätzen zwei Sack Heuschrecken einem Back Mais, gleichwertig), — und, um „so. wertvoller gerade dann, wenn alles Futter von den Verwüstern ‚weg- gefressen ist. 412 Dr. Sander. In Europa wird diese Methode schon in alten Ver- fügungen (s. Anhang) dringendst anbefohlen und auch Körte‘'’) stellt das Mittel obenan, uud zwar sowohl die Fanglöcher und -gräben, wie das Eintreiben in solche. Ihm schliessen sich alle europäischen von mir bisher an- gezogenen Schriftsteller an. In ausgedehntestem Masse em- pfiehlt es auch der first Report®”’). In Südamerika°°*) ist es gleichfalls schon in alten Zeiten angewendet worden. In Südafrika°””) ist diese Art gleichfalls nicht: un- bekannt; in Südwestafrika®°”) ist es ein altes Mittel der Berg- damara, um zu diesem Leckerbissen zu gelangen, und auch später von einzelnen Missionaren®’‘) als Abwehrmassregel angewandt worden. Was nun die Ausführung der Gräben und Gruben an- belangt, so muss. sie sich nach dem Alter der zu fangenden Hupfer, d. h. deren Sprung- und Kletterfähigkeit, und der Art des Bodens, in dem sie hergestellt werden sollen, richten. Als leitender Gesichtspunkt hat zu gelten: der Hupfer braucht, um eine gewisse Höhe im Sprunge zu er- reichen, eine gewisse Breite, da der Sprung im flachen Bogen geschieht; der Graben muss also, je breiter er ist, auch um so tiefer sein. Da ein zu schmaler Graben leicht ganz übersprungen wird, darf man unter ein gewisses Mass nicht herabgehen. Ist man also nicht sicher, die vor- handenen Hupfer in ihren ersten Stadien zu vernichten, wenn man dieses Verfahren gewählt hat, so thut man gut, den Graben gleich für die älteren Stadien zu bemessen. Da der Hupfer nicht bloss springt, sondern auch klettert, 849) Zugheuschrecken S. 30 u. ff. ISA 37. sat 851) I]. Report. S. 464 u. 465. #52) Z. B. Report from E. E. Hartman, Scab Inspector (Barkly East) Agr. Journ. 1892. II. S. 186 und ebenda, Reports u. Prospects, Prieska, 1898. XII. S. 747. 859) Büttner, die Bergdamara, Berichte d. Rhein. Miss.-Ges. 1878. S. 34/35. 854) Ebenda 1874. Otyosazu (Irle) S. 295/96. DT Massregeln bewusster Abwehr. 413 so sind die Ränder möglichst steil zu stellen und möglichst glatt zu machen. In losem Boden wird es schwer sein, diese Forderung zu erfüllen, und deshalb kleidet man vor- nehmlich bei den auf Massenfang grösserer Züge ein- gerichteten Gruben vervollkommneter Systeme dieser Art, deren Wände mit Blech aus, was gleichzeitig ein Herantreten an die Grube ermöglicht, ohne dass deren Wände einfallen. In einem ganzen Teil unserer afrikanischen Kolonieen, nämlich da, wo Rundhütten bauende Eingeborene hausen, werden die Gräben den Anforderungen kaum je ent- sprechen, weil diese Leute eben keine Vorstellung von einer geraden Linie und senkrecht aufeinanderstossenden Flächen haben’°’””). Weisse Arbeiter aber kann man, selbst da, wo es das Klima erlaubte, zu diesem Zweck kaum je verwenden, weil deren Arbeit zu teuer ist. Man wird da, wie auf zu hartem und steinigem Boden sich mit der Aufstellung von Schützen (Schirmen, screws) helfen müssen und nur hin und wieder, wo das Gelände günstiger ist, Gruben anlegen. Bei der Darstellung, wie solche Gräben im einzelnen auszuführen sind, folge ich im allgemeinen Körte und dem First Report. Die von Körte angegebenen Masse sind ent- sprechend der etwas geringeren Sprungfähigkeit des Pachytylus gegenüber der des Melanoplus etwas kleiner als die nordameri- kanischen; ich würde trotzdem die amerikanischen vorziehen. Man legt die Gräben am besten unter dem Winde und so an, dass die Heuschrecken keine Anhöhe zu über- winden haben, da diese sonst leicht eine andere Richtung 855) Wie weit das geht, möge man aus folgendem kleinen Er- lebnis von mir in Südwestafrika ersehen: Als ich für einige Monate auf einer Farm wohnte, wollte mein Bergkafferjunge mit einem recht an- stelligen Hottentotten-Buschmann-Mischling mir einen Weg zu dem übrigen Gehöft durch einen mit niederem Gestrüpp und Gras be- wachsenen sanften Hang machen: sie hatten die Benutzung der Richt- leine gesehen und steckten sich damit den Weg ab; trotzdem verlief er nachher in den unglaublichsten Windungen mit tiefen Buchten und schroff vorspringenden Nasen! 414 Dr. Sander. nehmen. Ist der Zug schon in Bewegung, so muss der Graben quer zur Zugrichtung geschlagen werden. Die Ent- fernung, in welcher er vor dem Zuge anzulegen ist, richtet sich nach der Marschgeschwindigkeit, die Länge nach der Grösse des Schwarmes. Ist dieser gross, so bricht man den Graben zweckmässig in ein Dreieck, so dass der vor- rückende Zug gleichsam umflügelt wird. Die Tiefe und Breite der Gräben sei (1‘/, bis) 2 Fuss, die Wände sind, wie gesagt, möglichst senkrecht und glatt zu machen. Die aus- gehobene Erde wird auf der dem Zug abgewendeten Seite unmittelbar am Grabenrande zu einem möglichst steil- wandigen Wall aufgeschüttet. In dem Boden des Grabens sind mit kurzen Zwischenräumen der Länge nach senkrechte »Fall-Löcher« anzulegen, die man zweckmässig mit einem Erdbohrer macht, falls ein solcher zur Hand ist. Ihre Tiefe soll ungefähr der des Grabens gleich sein, also auch 2 Fuss bei etwa 7 Zoll Durchmesser. Die Gräben sind, wenn sie länger stehen, sorgfältig nachzusehen und auszubessern, da- mit nicht Wind und Regen sie teilweis zufüllen und Rinnen in die Wände machen, in denen die Hupfer bequem ent- weichen können. Gegen die jüngsten Stadien sind sie nicht so wirksam, als gegen die älteren, weil die kleinsten Hupfer infolge ihres geringeren Gewichts besser an den Wänden hochkriechen können. Die in solche Gräben hineingefallenen Hupfer könnten häufig durch einen Sprung sich wieder retten, scheinen es aber völlig zu vergessen und laufen, wenn sie nicht gescheucht werden, auf der Grabensohle hin und her. Dies und das fortwährende Uebereinanderhin- kriechen macht sie schliesslich unfähig zum Springen und beschädigt sie, besonders wenn schon grössere Mengen im ‚Graben sind. Bei diesem Hin- und Herlaufen kommen sie auch an die Fall-Löcher und stürzen in sie hinab; in diesen hindern sie dann einander gegenseitig, wieder herauszu- kommen, da sie sich ineinander verhäkeln. Sind solche Gräben als Fanggräben oder als Schutz- gräben für ein Feld (siehe weiter unten) gezogen, so muss Massregeln bewusster Abwehr. 4I5 man sie je nach der Menge der vorhandenen Hupfer täglich ein- bis zweimal nachsehen und die in ihnen befind- lichen Heuschrecken vernichten. Beabsichtigt man die Heu- schrecken zu verwerten, so wird man die gefangenen heraus- schöpfen und in Säcke thun. Man braucht dann bloss die Gräben jedesmal nachzubessern. Will man die Heuschrecken nur vernichten, so kann man entweder die in den Fall- Löchern gefangenen mit Stampfern zerquetschen, was sich aber auf die Dauer nicht empfiehlt, weil der von einer grösseren Masse verfaulender Heuschrecken ausgehende Gestank geradezu unerträglich ist, oder man hebt in den Zwischenräumen zwischen den Fall-Löchern neue Löcher aus und füllt den so gewonnenen Boden in die alten mit Hupfern gefüllten. Dabei muss man aber sehr genau darauf achten, ihn ordentlich festzustampfen und ihn in nicht zu dünner Schicht aufzufüllen — mindestens 2 Zoll —, denn sonst bahnen sich die vergrabenen Heuschrecken einen Weg ans Tageslicht und man kann die Arbeit von neuem be- gsinnen. Verwendet man kochendes Wasser oder Chemi- kalien zur Abtötung, so thut man trotzdem gut, die Kadaver mit einer nicht zu dünnen Schicht Boden zu bedecken, weil sonst wieder bei grösseren Mengen der beim Faulen ent- stehende Gestank die ganze Gegend verpestet. Hat man genügend Wasser zur Verfügung und handelt es sich um festwandige, womöglich ältere Gräben oder Be- wässerungsrinnen, in denen ein ziemlich starker Strom fliesst, so hat man die Fall-Löcher nicht nötig, sondern kann an dierem stelle offenen Säcke anbringen; .in + die die Hupfer hineingewaschen werden, wie die Farmer in Montana°°‘) 1880 thaten. Diese Gräben müssen natürlich entsprechend tief sein. Sind die Gräben und Gruben aber hergerichtet, um einen grossen Zug hineinzutreiben, so muss man ständig Leute dabei haben, die die hineingefallenen Heuschrecken =) UL.“ Report. .S. 13. AI6 Dr. Sander. fortwährend vernichten oder einsacken. Häufig können sie gar nicht so schnell arbeiten, wie die Gräben sich füllen, und dann thut man gut, in einigem Abstand Parallelgräben zu ziehen, in denen sich die dem ersten entronnenen Hupfer doch noch fangen. Das Treiben erfordert eine gewisse Kenntnis, soll es glücken. Im allgemeinen ist es bei den zwei ersten Stadien sehr schwierig — aber auch nicht so nötig, weil man die Heuschrecken in diesem Alter bequemer auf andere Weise — die zu Anfang beschriebenen Methoden und einige noch zu beschreibenden — vernichtet. In den letzten drei Hupfer- stadien lassen sie sich bei richtigem Wetter, d. h. warmem und trockenem, und Beachtung ihrer Eigentümlichkeiten meist sehr gut treiben. Bruner‘’”’) giebt eine vorzügliche Anweisung: | »Man kann dies Verfahren in Gärten, auf Aeckern, Wegen, freiem Felde, selbst in buschigem Gelände an- wenden, wo man Maschinen nicht gebrauchen kann. Zu- dem ist es ein billiges Mittel (sc. für viele Gegenden, wo das Ziehen der Gräben leicht und billig hergestellt werden kann. D. Verf.), sich kleiner Züge zu entledigen und kann von Frauen und Kindern ausgeführt werden, so dass die Männer für andere Arbeiten frei sind. (Das ist in der That ein grosser Vorzug.) Es giebt eine gute und eine schlechte Art, die Heu- schrecken zu treiben. Die Hupfer der Schistocerca para- nensis (und ebenso die S. purpurifera und die Pachytylus- arten) drängen sich leicht zusammen, zerstreuen sich aber wieder ebenso leicht, entwickeln keine grosse Marschgeschwindigkeit und lassen sich auch zussolcher.nicht antreiben. Der oder die treibenden Leute müssen ein Fähnchen (oder einen Zweig. D. Verf.) haben, um sie zu scheuchen. Die Fähnchen können von jeder Farbe sein, grüne aus- 857) Investigaciön S. 76—78. Massregeln bewusster Abwehr. 417 genommen, und je lebhafter diese ist, umso besser. Sie werden in die Hand genommen und regelmässig gegen die Seite hin bewegt, nach der man die Heuschrecken haben will. Indem man immer einen Zwischenraum von Biwazwei\Metern zwischen sich und‘'den Heüu- schrecken lässt und die Fähnchen regelmässig, etwa jede Sekunde, schwenkt und den Heuschrecken Zeit lässt, immer ein Stückchen vorwärts zu kommen, bewegt sich der Zug mit grosser Regelmässigkeit und genügender Schnelligkeit vorwärts. Nähert sich der Treibende zu sehr oder schwenkt er das Fähnchen zu schnell, so erschrecken die Heuschrecken, laufen nach allen Biiehtunsen, verbergen sich, im Kräufich und ver- harren dann regungslos. Geht man systematisch und mit genauer Kenntnis der Lebensgewohnheiten der Heu- schrecken vor, so erzielt man einen vollen Erfolg. Im offenen Weidefeld oder bei niederem Pflanzenwuchs muss man sich streng an diese Vorschriften halten; das Verfahren kann aber auch mit gutem Vorteil angewandt werden, wenn die Heuschrecken in höherer Vegetation oder in lichtem Busch sich finden. So schnell wie sie. vor einem weglaufen oder sich sammeln und an solchen Stellen sich in Klumpen zusammen- thun, verweigern sie auch dem Treiben zu folgen oder fliehen voll Schreck in entgegengesetzter Richtung. Sie gleichen darin ganz dem Herdenvieh.« Häufiger als in einfache Gräben werden die Heu- schrecken an einer langen Strecke von Schützen oder Schirmen entlang in besonders hergerichtete grosse Gruben getrieben. Das Verfahren ist in Cypern von Richard Mattei°°‘) 1862 oder 1863 erfunden worden. 858) Report of the Locust Campaign of 1884. Cyprus S. 10 u. 11. Amtlicher Originalbericht von S. Brown, Gov. Engineer, demselben, dem von englischer Seite vielfach die Erfindung zugeschrieben wird und der vielleicht gerade deshalb besonders hervorhebt, dass Mattei der wirkliche Erfinder ist. Sander, Wanderheuschrecken. 27 418 Dr. Sander. Mattei’”’) hatte beobachtet, dass die Hupfer einen schmalen Streifen von glasierten Ziegeln nicht überwinden konnten, als sie die Stadtmauer von Nicosia in die Höhe kriechen wollten, eilte nach Hause, sah dort eine Tisch- decke aus Englisch-Leder, schnitt sie in Streifen und nähte diese auf den Rand von breiten Shirtingstreifen. Diese Shirtingstreiffen wurden mit Hilfe von Stützen aufgestellt, das Englisch-Leder nach oben und auf der Seite, von der die Hupfer heranzogen, und thaten gute Dienste, auch unter türkischer Herrschaft; und zwar in dem Masse, dass die Heuschrecken fast ausgerottet wurden. Allmählich aber wuchsen diese wieder zu grossen Massen an, und als die Engländer Cypern übernahmen, bildeten sie bereits wieder eine gefährliche und ständige Landplage. Sir Robert Bid- dulph und S. Brown griffen nun auf das Matteische Ver- fahren 1834 zurück und erreichten damit in wenigen Jahren und mit verhältnismässig geringen Kosten eine solche Ver- minderung der Heuschrecken, dass das System schliesslich wieder aufgegeben wurde, weil seine fernere Verwendung ein Schiessen mit Kanonen nach Spatzen bedeutet hätte, und andere einfachere Verfahren gewählt wurden. Es ist also recht eigentlich ein Verfahren zur Massenvertilgung, jedoch nur in Ländern, in denen Arbeitskräfte zahlreich und billig sind und das notwendige Material gleichfalls zu geringem Preise und leicht erhalten werden kann. In Algier und Tunis°°°) ist es gleichfalls in ausgedehn- testem Masse und mit gleich gutem Erfolge in Anwendung. In Südafrika hat es sich an geeignetem Orte (mit kleinen Abänderungen) und bei kleinem Massstabe gleichfalls be- währt; in Indien dagegen hatte es einen vollständigen Miss- erfolg zu verzeichnen°°'), angeblich weil die Entfernungen zu #59) Nach SirR. Biddulph (zurZeit Brown’s Gouverneur vonCypern). Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 235. Locust Screens. 960) GeneralkonsulR. Drummond Hay in Tunis. Nach seinen Berichten Locusts and their Destruction in Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. $. 114. °6}) Brief von Sapte, Destruction of Locusts in Cyprus. Mitgeteilt vom Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 170/171. Massregeln bewusster Abwehr. 419 gross und die Brutplätze nicht genügend genau vorher zu bestimmen waren. In Amerika scheint es wenig oder gar nicht zur Anwendung gekommen zu sein: grosse fahrbare Fänger, mit dem dort ja so billigen rohen Petroleum ver- sehen, scheinen da mit weniger Kosten dasselbe zu leisten. In Cypern wurden zunächst die Brutgründe, ihre Aus- dehnung und die ungefähre Anzahl der von ihnen zu er- wartenden Hupfer festgestellt, danach das nötige Material beschafft oder ergänzt und rechtzeitig an Ort und Stelle geschafft. Gleichzeitig wurde Vorsorge getroffen für aus- reichendes Personal. Ein sorgfältig eingerichteter Wacht- dienst sorgte dafür, dass sofort Nachricht an das Depot gelangte, und ungesäumt brachen dann die Arbeiter mit dem bereitliegenden Material an Spaten, Schützenlängen, Spannpflöcken, Hämmern und Blechplatten auf, so dass binnen spätestens 24 Stunden mit der Anlage der Fang- gräben und dem Aufstellen der oft meilenweit sich er- streckenden Leitschützen begonnen werden konnte. (1884 waren es 315 englische Meilen!) Die Schützen wurden aus grobem Shirting (canvas) verfertigt, waren etwa 2'/, Fuss hoch, mit einem 2—3 Zoll (5—7,5 Centimeter) breiten Streifen von Wachsleinwand am oberen Rande. | Die Pfähle werden mit ı13'/, Fuss Abstand in den Boden getrieben und die Schützen mit Schnüren straff an ihnen befestigt, so dass sie etwas gegen die Heuschrecken- seite (Vorderseite) überhängen. Die Unterkante wird etwas mit Boden beschwert. Die Ecken und Kanten der Gruben entlang wird ein leichtes Rahmenwerk aus Holz angebracht, das mit Wachstuch oder verzinktem Blech überzogen ist, so dass die Heuschrecken, die in die Gruben gefallen sind, an ihm nicht hochkriechen können. Wenn nun der Zug heranmarschiert und an die Schirme gelangt, kriechen die Hupfer zunächst an dem Shirting hoch, bis sie an den Wachsleinwandstreifen kommen, von dem sie wieder herabgleiten. Wenn sie merken, dass sie gerade- 2 420 Dr. Sander. aus nicht weiter können, marschieren sie an den Schützen entlang, bis sie an eine der auf dieser Seite ausgehobenen Gruben kommen. Diese Gruben sind 6—g Fuss lang, 2 bis 2'/, Fuss breit und 3—4 Fuss tief, rechteckig, stehen mit der langen Achse senkrecht zu den Schützen und reichen bis an diese heran. Sie werden auf je 40—50 Meter an- gelegt. Die Hupfer springen ohne weiteres in die Gruben hinein und füllen sie bald. Der Druck der oben befind- lichen tötet dabei die untenliegenden und die bereitstehenden Arbeiter werfen die vollen Gruben mit einigen Schaufeln Boden zu. Bei grossen Zügen und langer Schützenlinie können die Leute häufig kaum schnell genug neue Gruben ausheben, auch wenn mehrere Hundert von ihnen beschäftigt sind. Ist der eine Zug vernichtet und zeigt sich ein neuer in der Nähe, so werden die Schützen schnell diesem in den Weg gestellt, Gruben ausgeworfen u. s. £.°°?). Da leichte Baumwollgewebe wie Shirting, obgleich im ersten Ankauf billiger, nicht lange halten, verfährt man in Gegenden, wo die Heuschrecken ziemlich regelmässig auf- treten, sparsamer, wenn man nach Peringuey°°”) das teurere aber haltbarere Segeltuch, Leinen oder Baumwolle nimmt, das mehrere Jahre hintereinander hält. In der Kapkolonie ist dies Verfahren, trotz anfänglich entgegenstehender Bedenken°‘‘), vielfach mit gutem Erfolge 862) Nach Sapte l.c. Vgl. auch „die Heuschreckenvertilgung auf Cypern“. D. K.-Bl. S. 135. Dieser Aufsatz enthält jedoch einige un- nötige, die Sache nur verteuernde und komplizierende Vorschriften ; Entom. Bullet. 25 des. U.S. Departm. of Agricult. 189:. Remedies and Devices for the Destruction of Locusts, schliesst sich besser dem in Cypern geübten Verfahren an. E 868) Locusts and their Destruction. Agr. Journ. Cape Col. 1892. Wr4S. 286. 6%) Z. B.E. Halse, Locusts, and how to deal with them. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. Er bezweifelt die Anwendbarkeit, weil dieser Feldzug zwar für die Soldaten in Algier ein herrlicher sei, aber für die Ansiedler, die Freistaat- und Transvaalbürger kein solcher, den sie gegen die „rooi-batjes“ (gleichzeitig Scherzbezeichnung für die eng- lischen Soldaten und hier in diesem Doppelsinne absichtlich gebraucht) führen möchten.“ = — —— En a — Massregeln bewusster Abwehr. 421 ausgeführt worden. Die praktische Erfahrung hat dabei eine ganze Reihe von Abänderungen ergeben, die teils die Unkosten für das Material herabsetzen, teils anderes, das in Südafrika (und unseren Kolonieen) leichter zu beschaffen ist, an Stelle des Shirtings setzen, teils die Aufstellung der Schirme, teils die Ausführung der Gruben etwas anders gestalten. Anfänglich war missverständlich Wachstuch allein zu den Schützen verwendet worden, das aber nicht stark genug war, sich verdrehte, also unten nicht abschloss und deshalb viele Heuschrecken entwischen liess. Als dann die richtige Vorschrift ausgeführt wurde, vernichtete Blenkinsop auf Sundays River Tobacco Farm in ı4 Tagen bis 3 Wochen 200 Säcke und im ganzen mit den in der weiteren Um- gebung auf diese Weise getöteten circa 628 Kubikfuss (engl.) oder etwa 12—13 tons und die Menge wäre noch grösser ge- wesen, hätten 1200 MeterSchützen zur Verfügung gestanden®°°). Die Gruben waren hierbei schon etwas grösser gemacht, nämlich 12 Fuss lang, 4 Fuss breit und 4 Fuss tief*°°). Dr. Aeneas Munroe giebt dann IgoO in einem, mir leider nicht zugänglich gewesenen Werke, zusammenfassend die nach den kapländischen Erfahrungen möglichen Ver- besserungen und Verbilligungen des »Cyprischen Systems« folgendermassen an°°”): Als Höhe der Schützen genügen 50 Centimeter. Wenn ferner das Wachstuch gut gespannt erhalten wird, indem man etwas Polsterung einlegt, so reichen 2 Zoll (5 Centi- meter) davon für die obere Kante aus. Nimmt man dann eine Rolle Draht (No. 7, 8 oder og), befestigt deren Enden, 865) Destruction of Locusts on the Sond. Riv. Tob. Farm. Brief an d. Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI. S. 44. Wiederabgedruckt Ebenda. 1900. XVIM. S. 763. Locust Screens. 866) Aehnliche gute Erfolge wurden in Queenstown erzielt. Agr. Journ. Cape Col. 1893. VI. S. 480. Reports and Prospects. 867) Nach einem Auszug im Agric. Journ. Cape Col. Igoo. XVII. S. 537—540. Screens and Traps on the Cyprian System (mit 2 Ab- bildungen). 422 Dr. Sander. spannt ihn gut und bringt in der Mitte noch ein paar Stützen an, die‘ihn hochhalten, befestigt dann mit Band oder dünnem Draht das obere Ende der Schützen an diesem und beschwert das untere in gewohnter Weise ausreichend mit Erde, um ein Entweichen der Hupfer zu verhüten, so ist der Schirm fertig. Macht man die Gruben etwas breiter und tiefer, so werden sie grösseren Fassungsraum haben, ohne entsprechend teurer zu kommen, weil die Blechstreifen um den Rand herum nicht so viel teurer werden, als wenn man mehrere Gruben machte, die zusammen denselben Fassungs- raum haben.« In Uitenhage verwendete Grewar diese Schützen auf seiner Farm Kleinpoort in eigenartiger Weise: Er befestigte sie am untersten Draht seiner Straussengehege und brachte die Gruben ausserhalb an (in den Gehegen wird auch Grün- futter für die jungen Strausse gezogen, das es zu schützen galt. D. Verf.). Die Gruben waren 7 Fuss lang, 4'/, Fuss breit und 3 Fuss tief. Er setzte ein einem Fensterrahmen ähnliches Gestell aus gewöhnlichen Dielenbrettern, das innen mit Wachstuch besäumt war, so auf diese Gruben, dass es 2 oder 3 Zoll überstand. Der Zugang war auf beiden Seiten gut eingeebnet und an den Ecken der Gruben Schützen aus Wellblech aufgestellt. Dicht an den Gruben waren Parallel- schützen aus leichtem Baumwollgewebe angebracht, so dass sich die Hupfer vor den Gruben eng zusammendrängen mussten. (Der Stoff muss sehr leicht gewesen sein, denn er kostete nur 2 d, also etwas über 0,16 M. für den yard, das wären noch nicht 0,08 M. das Meter entsprechend unseren heimischen Preisen.) Nach Abnehmen der Rahmen, was jeden Abend geschah, war die Entleerung der Gruben leicht. Grewar hat dann auch anderweit Drähte an Pfählen gezogen, daran die Schützen befestigt und so offenbar die von Munroe vorgeschlagene Aenderung veranlasst‘“"). #68) Agric. Journ, Cape Col. 1892. V. S. 225. Uitenhage (Reports and Prospects and Locust War). Massregeln bewusster Abwehr. 423 Von anderer Seite’), van Zyl, ist die Verwendung leichter Bretter an stelle der Zeugschützen empfohlen worden, die mit Weissblech besäumt werden. Er nahm einzöllige 12 Zoll hohe Bretter und stellte sie konvergierend als Zuleitungsschirme gegen eine Io Fuss lange, 3 Fuss breite und tiefe Grube auf. In weiterer Entfernung von des Grube reichten. 9 Zoll: hohe Bretter, aus; der ganze Schirm war auf der einen Seite Ioo yards, auf der andern 300 yards lang; die Bretter mit der Unterkante etwas in die Erde eingelassen. In den meisten Gegenden unserer Kolonieen wird es schwer sein, solche Bretter zu erhalten. Dagegen wird sich, so lange wenigstens als noch eine rege Zufuhr von Klei- dungsstücken und Genussmitteln über See her stattfindet, ein anderes sehr geeignetes Material überall leicht beschaffen lassen: dünnes Blech. C. S. Orpen”'®) hatte 1864, also merkwürdigerweise fast im selben Jahr wie Mattei in Cypern, beobachtet, dass die Hupfer auf glatten Flächen nicht emporkriechen können. Er sah es bei Wellblech und verwendete infolge dessen zu- nächst dünnes Blech, das er in 5—7,5 Centimeter breiten Streifen an den seine Gärten schützenden Mauern entlang zog. Das Verfahren wurde von vielen seiner Bekannten mit stets gleich gutem Erfolge aufgenommen, geriet aber trotz Parlamentsbeschlusses, eine grössere Anzahl von Blech- tafeln zu besorgen, wieder in Vergessenheit. Als 1872 ein neues Heuschreckenjahr kam, erinnerte sich sein Schwager im schwer betroffenen Bezirk Rouxville dieses Verfahrens, eilte nach Rouxville und Smithfield und kaufte sich von den dortigen Kaufleuten zusammen, was er an Blecheinsätzen °°®) Van Zyl, Tzamenkomst in Colesberg, in Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 228 unter „Light Board Screens for Trapping Locusts und Jackson, Locust Destruction. Ebenda 1898. XIII. S. 717/18. Jackson schildert auch sehr ergötzlich die Schwierigkeiten beim Treiben. Er schliesst: Sie sind nun einmal kleine Teufel (They are little devils). #70) Nach III. Report Appendix VIII. S. 68/72. 424 Dr. Sander. von Seetransportkisten bekommen konnte. Sein »tuin«, d. h. seine ganze bestellte Fläche, war nur auf drei Seiten von Mauern umschlossen, auf der vierten offen. Hier zog er einen Graben, brachte den Auswurf auf die Innenseite, häufte ihn zu einem Wall an und setzte in diesen das in fusshohe Streifen geschnittene Blech ein (während er die Mauern mit den 3 Zoll brei- ten? Streifen nach) Armiglr: pens schützte). Die einzel- nen-’Streifen Heftete ta Nietenzusammen. Nicht eine Heuschrecke kam aufisehn Feld. Davon ausgehend schritt er zum Angriff: »Er nietete einige Blechstreifen zu einem Band von etwa 30 Fuss Länge zusammen “ und stellte sie mit Hilfe einiger Eingeborenen aufrecht an Pfähle, die in den Boden getrieben waren, in Form eines V auf, das an seiner Spitze in eine Grube mit senkrechten Wänden endigte und trieb dann langsam die Scharen hin- ein. So 'vernichtete er Schar auf Schar, während sie noch fern vom bebauten Lande war, und bewahrte einen grossen Teil des Distrikts vor der Verwüstung.« Der Bruder C. S. Orpens, Joseph °’'), und Weyer°"°) nahmen in der neuen Heuschreckenperiode mit gleich gutem Erfolge das Verfahren wieder auf; nur gaben sie den Blech- streifen eine leichte Neigung nach vorn, statt sie senkrecht zu stellen, um das Hochklettern noch sicherer zu verhüten. Die Höhe der Streifen ist wohl mit ı Fuss etwas gering bemessen und Weyer hat wohl recht, wenn er 1'/),— 2 Fuss Höhe verlangt. Abbildung 38. Abbildung 37. ®71) Agric. Journ. Cape Col. 1891/92. IV. S. 237/238. Locusts, and how best to Combat them. *72) Destruction of Locusts. Ebenda. 1892. V. S. 30/31. Massregeln bewusster Abwehr. 425 In unsere Kolonieen kommt alljährlich eine so unge- heure Menge von Kisten und Tonnen mit Blecheinsatz — wenigstens weiss ich das für Südwestafrika aus eigener An- schauung — und das Blech findet zumeist so gut wie keine Verwendung, höchstens zum Bedecken von Eingeborenen- Pontocks. Meist liegt es aber umher und ist mehr. eine Last als ein Vorteil. Wie leicht liesse sich dies in Streifen von der nötigen Breite schneiden, die einzelnen kurzen Streifen mit ein paar dünnen Drahtstiften zu langen Bändern zusammennieten und zusammengerollt aufbewahren, bis es im Kampfe gegen die Heuschrecken nutzbar gemacht werden kann! Die Kosten würden nicht der Rede wert sein und die Gouvernements könnten dem Lande damit einen grossen Dienst erweisen. Solche Rollen würden sich sogar in den Kolonieen, in denen aller Transport auf dem Kopfe von Trägern geschieht, ohne allzugrosse Kosten ins Innere von der Küste herschaffen lassen. An der Küste giebt es auch hier jederzeit das sonst nur lästige Einsatzblech in ge- nügend grossen Stücken! Diese Streifen haben zugleich den Vorzug gegenüber den Zeugstreifen, sich jahrelang unbeschädigt aufbewahren zu lassen. Denn selbst wenn sie aus Weissblech und nicht aus Zink sind, rosten sie auch bei grosser Feuchtigkeit nicht leicht, wenn man sie nur mit Feuchtigkeit absorbierenden Mitteln, z. B. Holzkohlenpulver, umgiebt und in gutschliessenden Kisten verwahrt. | Die Gruben kann man übrigens am einfachsten mit Wellblech aussetzen, besonders wenn man die gefangenen Heuschrecken verwerten will. In Südafrika würde ich ein- fach den ganzen Einsatz einer grossen Kiste, nach Ent- fernung der Deckelseite, nehmen. Ist er zu hoch, so ist er schnell mit jeder starken Schere — es braucht gar keine Blechschere zu sein — zurechtgeschnitten. Ist er gefüllt, so verhindert eine darauf gelegte beschwerte Blechscheibe den lebenden Inhalt am Entweichen und tötet ihn. So hat man gleich den ganzen Fang beisammen. 426 Dr. Sander. In Nordamerika hat man eine Reihe von Fangapparaten gebaut, die von Menschen- oder Tierkraft über die befallenen Felder gezogen werden und in ihren Behältnissen die hinein springenden Hupfer fangen. Diese Behältnisse (oder auch Fangflächen) sind mit Stoffen getränkt, die ausserordentlich starke Kontaktgifte für die Heuschrecken sind. Diese Ge- räte stehen also in der Mitte zwischen einfachen Fang- apparaten und der Verwendung von Heuschreckengiften als Besprengeflüssigkeiten oder Giftköder. Ich stelle sie daher zwischen die Verfahren, die eine mechanische und die, die eine chemische Vernichtung der Heuschrecken bewirken. Obwohl sie eigentlich für unsere Kolonieen deshalb wenig verwertbar sind, weil in Nordamerika Gifte verwendet werden, die hier zu schwer oder gar nicht zu erhalten sind, nämlich rohes Petroleum und Kohlentheer, so lassen sich doch wohl auch andere Lösungen finden, die in gleicher Weise wirk- sam sind, und die ich bei den »chemischen Mitteln« be- sonders erwähnen werde. Alle diese Apparate bestehen in der Hauptsache aus einer »Pfanne«, richtiger einem flachen Troge, der auf Räder oder Kufen gesetzt und entweder zum Schieben ein- gerichtet ist oder zum Ziehen. Im ersteren Fall trägt er an der Rückseite zwei Sterzen, die mit den Händen gefasst werden, im letzteren ist eine Anspannvorrichtung an den beiden Schmalseiten, bezw. den Vorderecken befestigt, an die das Zugtier mit möglichst langer Kette angespannt wird. Diese Pfannen oder Fangbecken sind alle nach einem übereinstimmenden Plan gebaut: niedrige Vorderwand, hohe Rück- und Seitenwände, in der Grösse von etwa 3:3—ıo oder 2:3 Fuss. Sind sie über drei Fuss lang, so müssen sie Querwände haben, weil sonst die hineinzugebende Flüssig- keit überschwappt. Eine der einfachsten und’ haltbarsten wird aus gewöhn- lichem, starkem Blech angefertigt, ist 8 Fuss lang, ıı Zoll (am Boden) breit, hinten ı Fuss, vorn ı—1\; Zoll hoch; an jedem Ende ist eine Kufe, die beiderseits ein Stück Massregeln bewusster Abwehr. .427 übersteht und vorn einen Strang oder eine Kette trägt. Sie ist so leicht, dass sie von zwei Burschen gezogen werden kann. Lässt man mehrere solcher Pfannen nebeneinander laufen, so werden die Stroppen von je zwei aneinander- stossenden Fangbecken von einem Burschen gemeinsam gefasst und nur die Aussenstroppe der beiden aussen laufenden wird von je einem einzelnen Burschen bedient. Die vielgenannten »hopper-dozers« sind ganz ähnlich, nur dass ihre Rückwand aus Zeug hergestellt ist, statt aus Blech. In die Pfanne hinein wird rohes oder gereinigtes. Petroleum eingegossen, so dass es eben den Boden bedeckt. Um mit diesen Mitteln zu sparen, kann man auch vorerst etwas Wasser eingiessen und dann erst die Fangflüssigkeit. Man kann auch mit Petroleum u. s. w. getränkte Tücher einlegen, aber diese werden bald unwirksam. Auch kon- zentrierte Laugen- und Seifenlösungen sind wirksam. Der Steinkohlentheer wird einfach über den Boden gesprengt, ist aber geringer an Abtötungskraft; ist die Schicht zu dick geworden, muss sie abgeschrapt und erneuert werden. Die beim Fressen gestörten Heuschrecken springen nicht von der Pfanne weg, sondern gegen diese an und damit in sie hinein, wenn man gegen den Wind fährt. Man kann mit einem solchen Fangbecken 5—6 Hekto- liter Heuschrecken am Tage fangen; springen auch viele wieder heraus, so verschlägt das nichts: alle, die mit der Fangflüssigkeit in Berührung gekommen sind, gehen zu Grunde. Riley rechnet, dass nur /, aller, die vernichtet werden, wirklich in der Pfanne bleiben. Es sind auch solche Fallen konstruiert, bei denen auf einem Holzrahmen aufgespanntesZeug die Pfanne vertritt. Dieses wird dann mit den Flüssigkeiten befeuchtet, trocknet aber schnell — in etwa 15—20 Minuten — ein und wird dann unwirksam °”°). °72) ]. Report S. 381—387 u. Append. XIX. S. 219. Dakota City. Semler, trop. Agrikultur I. Bd. S. 200—201; Entom. Bull. No. 27. U. S. Departm. of. Agric. 1891. Waldron S. 14 u. 17. Osborn S. 63. Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. S. 193—195. Locust Trapping (Hopper- dozers). 428 Dr. Sander. Bruner°’‘) giebt an, dass man solche Maschine (die von ihm Carcarand genannte ist nach der Abbildung ein auf Räder gesetzter Hopper-dozer) an kalten Tagen, wenn die argentinischen Wanderheuschrecken im Grase oder niederen Gebüsch oder dergleichen sitzen, oder bei Nacht mit gutem Erfolge auch bei Fliegenden anwenden könne, und zwar nach eigenen Beobachtungen und Erfahrungen. Die anderen Autoren empfehlen sie nur gegen Hupfer. Ich selber habe keine solche Maschine in Thätigkeit gesehen. Abbildung 39. Der Andenson’sche Theeröl-Apparat. (Nach Riley.) Er macht auch darauf aufmerksam, dass bei den schlecht springenden Hupfern der paranensis alle diese Ge- räte möglichst nahe über dem Boden geführt werden müssen; das wird namentlich für die jüngeren Hupfer der afrika- nischen Wanderheuschrecken auch zu beachten sein. Ich brauche kaum hervorzuhehen, dass solche Ma- schinen nur auf ziemlich ebenem glatten Gelände verwend- bar sind. *7%) Investigaciön. Massregeln bewusster Abwehr. 429 Chemische Mittel’). Diese Mittel kann man in zwei grosse Gruppen teilen: I. Kontaktgifte, die die Heuschrecken schon töten, wenn sie nur äusserlich mit ihnen in Berührung kommen, und 2. Stoffe, die vom Darmkanal aus, also nachdem sie als Futter aufgenommen worden sind, Gifte für die Heuschrecken darstellen. Zu der ersten Gruppe gehören viele Stoffe, die zwar für die Insekten ausserordentlich rasch wirkende und kräftige Gifte darstellen, den Wirbeltieren und Menschen aber ganz oder fast ungefährlich sind. Dagegen sind sie, besonders in stärkeren Lösungen (oder Emulsionen) nicht gleichgültig für die Pflanzenwelt. Die zweite Klasse stellt für Insekten wie höhere Tiere und Menschen starke Gifte dar, bietet also bei ihrer An- wendung für zahme und wilde Tiere, ja selbst den Menschen, ernste Gefahren, wenn nicht sorgsam verfahren wird. Die Pflanzen werden von diesen Mitteln nur angegriffen, wenn diese in Lösung zur Verwendung kommen. Unter den Kontaktgiften sind in erster Linie Oele zu nennen. Die älteste Anwendung dieses Mittels stammt aus China°’). Nach einer Proklamation des Vizekönigs Shen im unteren Yang-tze-Thale werden die Behörden an- gewiesen, energisch an die Vernichtung der ausschlüpfenden Unmengen von Hupfern zu gehen. Aber alles Einsammeln hilft nichts. Da entdeckt der Brigadier Wu in alten Schriften, »dass die Heuschrecken eine instinktive Furcht vor Oel haben« und daraufhin werden die Soldaten angewiesen, »ein picul Oel mit Wasser zu mischen und es über die von Heuschrecken bedeckten Felder zu sprengen, damit diese getötet würden«. In Reisfeldern (die überflutet sind) bewirke das auf das Wasser ausgegossene Oel, dass die Heuschrecken den Reis nicht angingen. Elaeococcusöl sei schädlich für 875) Die älteren europäischen Schriftsteller wissen nichts von ihnen. 876) 11]. Report. Append. VIII. Locusts in China (Skatchkow). S. 65. 430 Dr. Sander. die Saaten, dürfe deshalb nicht zur Verwendung kommen; alle anderen Oele seien in gleicher Weise verderblich für die Heuschrecken, doch Hanföl das beste.« Es ist mir nicht bekannt, ob Versuche mit reinen pflanzlichen Oelen in neuerer Zeit angestellt worden sind, doch lohnte es ge- rade für unsere Kolonieen der Mühe, da auch in derem Inneren eine ganze Reihe von ölhaltigen Pflanzen vor- kommen. Deren Oel liesse sich vielleicht mit einfachen, billigen Verfahren gewinnen, und da es hierfür keiner Reinigung bedarf, zur Heuschreckenvertilgung, z. B. in Pfannen und hopperdozers benutzen. In den abendländischen Kulturländern haben, wie ich oben schon erwähnte, Mineralöle, nämlich rohes (und gereinigtes) Petroleum, sowie der nahestehende Kohlentheer, namentlich in Nordamerika°‘’) ausgedehnte Anwendung als Heuschreckengifte gefunden Ihre Wirkung ist fast unmittelbar und die Anwendung ausserordentlich sparsam, da für jede einzelne Heuschrecke nur eine verschwindend kleine Menge des Stoffes zur völligen Abtötung genügt. Die wenigen Male, in denen ein Hupfer die petroleumgetränkte Zeugrückwand eines hopperdozers berührt, reichen hin, ihn so schnell zu vergiften, dass er, freigekommen, nur noch ein paar Sprünge weiter machen kann; dann verliert er alle Kraft in den Sprungbeinen, streckt sie lang nach hinten aus und ist ein oder zwei Minuten, nachdem er »eingeölt« ist, tot. Verwendet wird es, wie schon beschrieben, am häufigsten in den verschiedenen Pfannen. Man kann es aber, wie die Chinesen das Oel auf die überfluteten Reisfelder, auch auf 77) ]. Report. Coal-oil u. Coal-tar S.386—391; III. Report. Chapt. II. S. 13; 4. Entomol. Bulletin. U. S. Dep. of Agric. 1883, S. 58; Semler, Tropische Agrikultur I. Bd. S. 201—204. 25. Entomol. Bullet. U. S. Depart. of Agric. 1891. Gerstäcker I. c. erwähnt S. 44 wohl die Verwendung von Petroleum, weiss aber nichts von seiner giftigen Wirkung, sondern hält es für nutzlos, „wenn es nicht gleichzeitig in Brand gesetzt würde‘. | beliebigem Verhältnis zulassen Massregeln bewusster Abwehr. 431 das Wasser von Schutz-, Fang- oder Berieselungsgräben aufgeben. Hier wirkt es vielleicht noch ökonomischer, weil es sich in unendlich dünner Schicht auf der Oberfläche verteilt’’’). Sehr empfehlenswert ist hierbei die im 4. und 25. entomologischen Bulletin angegebene Methode, die Petroleumschicht dauernd auf dem Wasser zu erhalten und dabei doch ausserordentlich sparsam zu verfahren: Ein Blechgefäss wird nahe dem Boden mit einem feinen Loch versehen, ein Stück Blech oder ein Holzspan so an- gebracht, dass sie das Loch lose verschliessen, das Gefäss mit Petroleum gefüllt und über dem Wasser aufgestellt oder noch besser, nötigenfalls unter Beschwerung in dieses hinein- gestellt. Das Petroleum kann dann nur Tropfen für Tropfen heraustreten und 3,75 Liter (3 Quart) reichen dann für 36 Stunden aus. Steinkohlentheer kann in derselben Weise verwendet werden. Hierbei wird eine Schädigung der Vegetation nicht oder nur ganz unbedeutend eintreten können‘’”’). Anders dagegen, wenn man das Petroleum in irgend einer Form auf die Heuschrecken bringt. Das kann durch Be- giessen aus Giesskannen oder durch Besprengen mit Garten- spritzen geschehen. In beiden Fällen wäre es eine Ver- schwendung, hierzu reines Petroleum verwenden zu wollen, wo so geringe Mengen, das allerkleinste Tröpfchen, hinreichen, eine einzelne Heuschrecke zu töten. Bis vor kurzem konnte man das Petroleum nur durch Emulgieren mit Milch, Seifen oder Harzen in den Zustand überführen, dass es sich mit Wasser verdünnen liess. Jetzt aber sind einige Druckspritzen gebaut, die auch eine direkte Vermischung mit Wasser in °°°), Die schädliche Einwirkung 872) ]J. Report. S. 382; 25. Entomol. Bulletin. U. S. Agric. Depart. 1807, 4. dto. 1893.15. 53327. dte. 1891. .S.'63. IIl.Report. Chapt.'Il: Si 13. °79) Natürlich darf man in dieser Zeit nicht berieseln, wenn es sich um Bewässerungsgräben handelt! #80) „Knapsack Kerosene sprayer‘‘ Entomol. Bullet. New Series Ne. 2... W.,S.. Depart. „ofAgrie. 1895. Marlatt, Notes on Insecticides 432 Dr. Sander. auf die Pflanzen scheint nach H. E. Weeds und Marlatts°*') Angaben bei dieser Art der Emulgierung geringer zu sein als bei den gewöhnlichen Emulsionen, da sie bei einem Gehalt von ı0°/, Petroleum keine einzige der besprengten Pflanzen (Obstbäume und Tomaten) mit Ausnahme der sehr empfindlichen Maulbeere beschädigte. Die Mischung fängt sofort nach dem Aufsprengen an, sich zu scheiden, doch ist die Scheidung erst nach einigen Stunden vollkommen. Die Schädigung scheint infolge der ausserordentlich feinen Verteilung des Petroleums auszubleiben. Eine solche Mischung von Io°/, ist aber für Heuschreckenbesprengung schon über- flüssig stark; wenn diese also keinen Schaden auf den Blättern anrichtet, so wird es eine schwächere von 2—5°/,, die für die Heuschrecken ausreicht, erst recht nicht thun. Da nun aber heutzutage weder die Gartenspritzen, noch die Knapsack-Sprenger überall zu haben sind, wenn sie auch in Zukunft in unseren Kolonieen einmal eine weite Verbreitung haben werden, entsprechend dem voraussicht- lichen ausgedehnten Anbau von Obstbäumen, Wein und Handelsgewächsen, so lasse ich auch die Vorschriften für die alten Emulsionen und ihre Verwendung folgen. Eines der am ersten angewendeten Emulsionsmittel ist Milch. Sie wird in Afrika zur Zeit der Mutterschwärme und Hupferscharen wohl ungefähr überall zu erhalten sein, da diese Jahreszeit warm ist und mit der des reichlichsten und saftigsten Futters zusammentrifft, der Zeit also, wo Kühe und Ziegen die meiste Milch geben. Semler °°*) giebt folgende Vorschrift, der ich 1899 in Südwestafrika gefolgt bin und mit der ich zufriedenstellende Erfolge insoweit er- zielt habe, als die verdünnte Emulsion die getroffenen Hupfer prompt tötete, die Pflanzen aber ziemlich unversehrt liess. S. 19—26 und ebenda. Howard Eduard Weed, Some Experiments S. 26—28 und Clarence M. Weed, A. Modification of the Knapsack Sprayer. 9. 28. Sl. ci #2) Tropische Agrikultur. I. Bd. S. 202 u. fi. Massregeln bewusster Abwehr. 433 Die Mengung des Petroleums mit der Milch, die süss oder sauer, voll oder abgerahmt sein kann, findet ähnlich wie beim Buttern statt. Semler rät, am besten gleich ein altes Butterfass zu opfern, aber irgend ein parallelwandiges Gefäss und eine durchbrochene, dem Gefässdurchschnitt ungefähr entsprechende Scheibe mit einem in der Mitte angebrachten Stössel thut es auch. Das Buttern muss gründlich geschehen, damit die Verbindung von Petroleum und Milch eine innige wird, und erfordert etwa I5—45 Minuten, je nach der Temperatur. Ist die Mischung vollzogen, so erhält man eine dicke, rahmähnliche, halbflüssige Petroleum- butter von gleichmässigem Aussehen, die keine Neigung mehr zeigt, sich in ihre Bestandteile zu trennen. Unter Luftabschluss hält sie sich lange Zeit unverändert. Hat man . jedoch frische Milch verwendet, so tritt Sauerwerden ein, das das Gemisch dick und hart macht; Umrühren (nicht Buttern) schafft die alte Konsistenz. In offenen Gefässen trennt sich bei fortschreitender Verdunstung das Oel von der Milch. Das Verhältnis von ıo Petroleum zu ı Milch lässt sich noch gut verbuttern; 4:1 lässt sich wegen seiner Leichtigkeit nur schwer mit Wasserverdünnen, 3:2giebt zu schwach wirkende Emulsionen; am besten ist 2:1, das sich lange aufheben und bei eintretendem Gebrauch verdünnen lässt. Kondensierte Milch ist zuvor mit dem doppelten Mass Wasser zu verdünnen. Die Verdünnungen sind stets erst kurz vor dem Ge- brauch vorzunehmen, weil nach 2 bis 3 Stunden in ihnen sich beide Stoffe scheiden, und geschehen durch starkes Umrühren, noch besser durch abermaliges Buttern. Für Heuschrecken kann man auf das 15- bis 2ofache (letzteres die äusserste Grenze) verdünnen. Ausser mit Milch kann man die Emulgierung des Petroleums auch durch Sch mierseife (grüne Seife, schwarze Seife) bewerkstelligen oder durch beide zusammen. Neal°°°) *®) Report of Experiments upon Scale Insects etc. und Observations and Experiments. ı. entomol. Bullet. U. S. Depart. of Agricult. 1883. S. 3I—35 und 41—4:. Sander, Wanderheuschrecken. 28 434 Dr. Sander. giebt folgende Vorschriften: 4 lbs grüne Seife in 4!/, Liter (1 gallon) Wasser unter Erhitzen gelöst, geben mit allmählich unter stetem Umrühren zugesetzten 4°/, Liter Rohpetroleum eine gute Emulsion, die sich bis auf ı Prozent Petroleumgehalt verdünnen lässt, ohne sich zu scheiden. 4 lbs Harzseife oder gewöhnliche gelbe Stückseife werden in ı gallon Wasser gelöst; Zugabe von I gallon Rohpetroleum wie oben. Je mehr Seife, desto besser die Emulsion. Die Seifen - Emulsions-Verdünnungen (1'/,—5 Prozent Petroleum) waren nach zehntägigem, ruhigem Stehen zum Teil geschieden; Erhitzen oder Umrühren stellte die Emulsion wieder her. Schon 2'/,prozentige Emulsionen schädigten die Blätter von besprengten Bäumen nicht mehr. Am besten waren die Emulsionen von Seifen mit stärkerem Harzgehalt. Der Einfluss aller dieser Mischungen auf die Pflanzen ändert sich sehr je nach dem auf das Besprengen folgenden Wetter: je heisser dieses, je sonniger, um so eher trat eine Schädigung ein. Die von Neal gleichfalls mitgeteilten Preisvergleichungen lassen sich leider für Afrika nicht verwenden. Es giebt ein Mittel, um auch echte Petroleumlösungen herzustellen: das ist Gaswasser (gasliquor); es ist in der Kapkolonie°*‘) mit sehr gutem Erfolge verwendet worden. Leider ist es in unseren Kolonieen noch für lange Jahre nicht zu beschaffen. Die Seifen-Emulsionen des Petroleums haben wahr- scheinlich eine höhere abtötende Kraft als das Petroleum allein, denn auch die Seife ist ein Kontaktgift für die Heuschrecken. Ich habe schon erwähnt, dass der first Report als Ersatzmittel für Petroleum zur Füllung der Pfannen auch konzentrierte Laugen empfiehlt. Neuere Versuche in 882) 1, E. D. und Lounsbury. Spraying Locusts with Parafüne. (Agric. Journ. Cape Col. 1899. XV. S. 602.) 2 Ne Ken m Massregeln bewusster Abwehr. 435 Südafrika haben gezeigt, dass verhältnismässig sehr schwache Seifenlösungen, allerdings in anderer Weise angewandt, in ganz ähnlicher Weise auf die Hupfer wirken wie Petroleum. In den Pfannen wäre die Seife noch zu erproben. Die Seife soll nach Fargioni-Tozzetti und del Guerci°®’) wie Oel wirken: die Insekten erstickend, dadurch, dass sie die Oeff- nungen der Tracheen schliesst. Für Afrika ist sie jedenfalls ganz erheblich billiger als Petroleum. Ich lasse der Wichtigkeit der Sache entsprechend die von Ellis®°°) angestellten Parallelversuche mit Kosten- angaben (für Südafrika, King Williams Town) folgen: Seife, blaumarmorierte (blue mottled) Stangenseife. Eine Stange von ı'/, Ibs (dem üblichen Gewicht) wurde in 5 gallons = 22,5 Litern kaltem Wasser gelöst. Die Lösung wurde mit einer Handspritze auf einen in Bewegung befind- lichen Zug aufgesprengt. Wo der Strahl gründlich ein- getrieben war, trat der Erfolg sehr schnell ein, die Hupfer fielen in ein paar Minuten auf den Rücken und starben nach 5 Minuten bis 19—20 Stunden, davon höchstens 10 Prozent in diesem letzteren Zeitraum; alle waren in dieser Zeit unschädlich, weil sie fast bewegungslos dalagen. Der Versuch ist verschiedentlich mit stets gleich gutem Erfolge wiederholt worden; nur die Zeit des endgültigen Eingehens schwankte, in Abhängigkeit von dem Alter der Hupfer. Wenn man das Mittel bei den jüngsten Stadien, so lange sie noch auf der Brutstätte zu- sammen sind, anwendet, kann man sie sicherlich damit vollständig ausrotten. Eine Stange kostet 4 d. = 0,34 Mark mit 5 gallons Wasser, der gallon = (4'/, Liter) noch nicht 0,07 Mark. Sunlight-Seife. Ellis besprengte Hupfer damit und tauchte solche ein: die Wirkung war eher noch schneller als bei blue mottled soap. 88) Nach Marlatt 1. c. 886) Locust Destruction. Agric. Journ. Cape Col. 1900. XV11.$.685/86- 28* 43 6 Dr. Sander. Das ‘Stück kostet 2’ d. = 0,17 ’Markn 2 BEE Io gallons = 45 Litern eine wirksame Emulsion; dies Mittel ist also noch billiger als die blaumarmorierte Stangen- seife. Die Mischung muss aber gründlich geschehen und mit starkem Strahl in den Zug eingetrieben werden. Sparkes°’’) teilt ferner mit, dass bei Keiskamma Hoek die blue mottled soap Lösung vielfach von den Farmern mit sehr gutem Erfolge verwendet worden sei, rät aber, sie am frühen Morgen zu gebrauchen, weıl ihm George Temlett . von Fort Cox erzählt habe, dass bei Anwendung einer gleich starken Lösung in der Nacht der Erfolg aus- geblieben sei. Dieselbe Lösung habe dann am Morgen den Zug so gut wie vernichtet. Die Ansichten der Farmer über die Wirkung seien geteilt und das erkläre sich wohl nach dieser Erzählung. Hält die Seifenlösung wirklich das, was diese beiden sonst sehr zuverlässigen »locust special agents« von ihr berichten, so würde sie allerdings wohl das billigste und bequemste Mittel darstellen, das zur rechten Zeit, schon beim ersten Erscheinen der Hupfer angewendet, im Stande wäre, mit einem Mindestmass von Ausgaben und Mühe der Heuschreckengefahr gründlich zu begegnen. Aber mir scheinen weitere Nachprüfungen noch dringend nötig. In der Kapkolonie sind im weitesten Umfange die dort sehr verbreiteten »Dips«, Waschwässer gegen die Klein- viehräude, als Vertilgungsmittel der Heuschrecken benutzt worden. Das am meisten verwendete, Little’s Fluid Dip, ist nicht viel anderes als Kreolin, ein Karbolsäurepräparat. Cooper’s Dip hat Arsengehalt. »Glycerine Dip, Odam’s Sheep Dip und Odamine«, die neuesten Dips, deren Erfolg gegen die Heuschrecken sehr gerühmt wird, kenne ich nicht nach ihrer chemischen Zugehörigkeit; Odamine und Odam’s Dip scheinen mir aber Lysol oder ein ähnliches Karbolsäurepräparat vorzustellen. Diese Dips sind als #7) Locust Destruction. Agric. Journ. Cape Col. 1900. XVII. S. 821. Massregeln bewusster Abwehr. 437 englische und nun gar südafrikanisch-englisch Patentmedizinen ziemlich teuer. Dass sie trotzdem in so ausgedehntem Masse Verwendung fanden, spricht von selbst für ihre gute Wirkung. Mit Odam’s Sheep Dip und Odamine hat Ellis in derselben Weise wie mit den Seifen Versuche angestellt: Odam’s Dip wurde auf einen Teil eines Zuges in offenem Felde mit einer Gartenspritze (Success) in 1:5 kaltem Wasser aufgesprengt und tötete alle, die gut be- sprengt waren, in 5—15 Minuten. Andere hüpften noch weg, waren aber mehr oder weniger unfähig gemacht, noch Schaden anzurichten. Von diesen wurde ein Teil mit- genommen und bei mittlerer Temperatur gehalten: sie starben alle innerhalb 24, die meisten innerhalb 12 Stunden. Odamine wurde ebenso verwendet. Es wirkt ebenfalls sehr gut, aber anscheinend etwas langsamer, da etwa 20 Prozent der Besprengten auf 15—20 yards weghüpften. Die von diesen wie vorstehend gehaltenen waren gleichfalls in 24 Stunden tot. | | Häufiger als diese neueingeführten Dips sind aber Little's Chemical Fluid Dip und »andere carbolhaltige« Dips in Anwendung gekommen‘°°*). Die Verdünnung mit Wasser ist in dem Verhältnis von 1:30 vorgenommen worden. Mit Gaswasser (gasliquor), das Ammoniak, Schwefel und Karbolsäure enthält, also selbst ein Insektengift ist, hat 888) A. W. Locusts and their Destruction. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 21/22; C. N. u. Hsgeber. Little’s Fluid against Locusts, ebenda. S. 73. Destruction of Locusts (nach C. Nathan, Hanover). Ebenda S. 103; Reports and Prospects, ebenda. A.C. Pringle, Paarde- fontein, 1892. V. S, 226, ebenda. W. G. Boonzaier, ebenda. 1900. XVII. S. 239; ebenda. Maclear, 1900. XVII. S. 640; — mit Gaswasser ver- dünnt: Gas Liquor as an Insecticide (nach Roe) ebenda 1892. V. S. 226. W. Roe. Locusts and their Methodical Destruction, ebenda 1894. VI. S. 54/55; Hsgeber, Destruction of Locusts, ebenda 1892. V. S. 272; Lounsbury, Spraying Locusts with Paraffine, ebenda 1899. XV. S. 602. Odam’s Dip ausser den obigen Fynn, Inexpensive Form of Trough; ebenda 1900. XVII. S. 819 (mit Abbildg.). 438 Dr. Sander. Roe und nach ihm andere karbolhaltige Dips verdünnt. Der Name dieser Dips ist nicht bestimmt angegeben°*’) und eigentlich ist schwer zu verstehen, weshalb er diesen Um- weg zur Verdünnung wählt, denn die karbolsäurehaltigen Räudewaschflüssigkeiten lassen sich alle ohne weiteres mit Wasser verdünnen. Roe selbst giebt an, dass der Zusatz von Gaswasser die Mischung wirksamer mache, namentlich gegen ältere Hupfer. Die Erfolge waren sehr gut. An Stelle der Dips kann man auch Lösungen und Mischungen entsprechender Stoffe verwenden: so nach dem Agric. Journal (C. N. und Editor): 80 Teile Kreosotöl auf 60 Teile Wasser, nach Erfahrungen von 1891 in Tunis 2oprozentige Karbolsäure u. s. w. In Deutsch-Südwest- afrika®°‘) ist mit Erfolg Sprozentige Kreolinlösung zur An- wendung gekommen. Zum Aufbringen aller dieser Flüssigkeiten benutzt man Giesskannen, Hand- und Gartenspritzen der verschiedensten Modelle, z. B. Climax, Success u. a. mit einem geeigneten Mundstück. (In der Kapkolonie besonders die Velmorel nozzle empfohlen.) Man kann diese Flüssigkeiten, wie es Fynn gethan hat, aber auch so verwenden, dass man den Schwarm in einen mit ihr gefüllten Trog hineintreibt‘”'). 889) Ist wohl aber Little's oder Cannons gewesen, s. W. Roe. Locust and their Methodical Destruction. 8%) Windhoeker Anzeiger. 1901. No. 2. 821) Fynn stellt ihn aus einer Platte Wellblech her; er wird 2 Fuss breit, 6 Zoll hoch; zwei solcher Tröge werden im rechten Winkel an- einander in den Winkel eines Schirmdreiecks hineingestellt und mit Odam’s Dip Lösung gefüllt, 2 tins (zu etwa ı gallon. Verf.) Dip auf ein grosses Fass Wasser. Das Wasserfass kann auf Schleifen gestellt und dann überallhin gefahren werden. Ein Fass reiche für eine ganze Farm (wie gross? Verf.) aus. 4 solcher Tröge sollen beim Klempner 6.£= 120 M. kosten, was nur angesichts dessen, dass man die Hupfer erst so weit heranwachsen lassen muss, dass sie sich treiben lassen, besonders teuer erscheint; die andern Verfahren kommen sicher billiger. Verf. Massregeln bewusster Abwehr. 439 Die Wirkung ist nach den oben mitgeteilten Versuchen Ellis’ recht gut, der Verbrauch ziemlich gering (Roe-Charl- wood sind mit etwa 8 gallons = 36 Liter für den Trupp im Durchschnitt ausgekommen) und bei Verwendung einer Gartenspritze reicht der Strahl auch über ziemlich grosse Züge, etwa 20 Fuss weit. Bisher scheinen diese Lösungen nur gegen Hupfer in Anwendung gekommen zu sein, ebenso wie die Seifen. Und hier werden sie jedenfalls in den jüngsten Stadien am wirksamsten sein und gleichzeitig am sparsamsten arbeiten. Es empfiehlt sich also auch bei diesen Mitteln, unbedingt gegen die Hupfer bei deren allererstem Auftreten und zu einer Tageszeit vorzugehen, wo sie in Klumpen beisammen sitzen. Gegen Geflügelte ist einmal in der Kapkolonie eine Mischung zur Anwendung gekommen, die sich den Seifen- lösungen nähert, und sie soll sehr guten Erfolg gehabt haben: G. Rowley°’’) hatte sich, um seine beiden Orange- gärten, die von Schildläusen befallen waren, zu besprengen, eine Mischung von 30 Ilbs. Harz, 6 lbs. kaustischer Soda und I gallon Thran zurechtgemacht und sie auf 100 gallons verdünnt, als ein Heuschreckenschwarm einfiel.e Er ver- wandte nun die Lösung gleichzeitig gegen diesen und be- spritzte die befallenen Bäume zusammen mit den Heu- schrecken mit einer Klimaxgartenspritze No. 3. Der Erfolg war der, dass die Heuschrecken körbeweis unter jedem Baume tot lagen. Er wiederholte den Versuch ein zweites Mal, als wiederum ein Heuschreckenschwarm kam, und wiederum mit dem gleichen Erfolg. Diese Versuche lohnten jedenfalls eine Wiederholung, denn damit wäre ein Mittel gegeben, den Schwärmen der Fliegenden beizukommen, dessen Erfolg der Einzelbesitzer mit eigenen Augen sieht. Die pulverförmigen Kontaktgifte für Insekten, wie Naphthalin, Insektenpulver u. s. w. haben bei den Heu- °92) Resin Wash for Locusts. Agr. Journ. Cape Col. 180%. IX. S. 169. 440 Dr. Sander. schrecken nur geringen oder gar keinen Erfolg gezeigt, sind auch für ausgedehntere Anwendung viel zu teuer und zu schwer erhältlich. Eigentliche Gifte. Von allen diesen kommt eigentlich nur das Arsen®’”) in verschiedenen Salzen in Be- tracht. Ich werde daher nur dieses eine besprechen und möchte gleich hinzufügen, dass bis jetzt kein Mittel ge- funden ist, mit dem man, ohne den Pflanzen zu schaden, sie besprengen kann, damit sie von den einfallenden Heu- schrecken verschont bleiben. Nur das Petroleum entspricht allenfalls, aber auch nur für die Dauer weniger Stunden, diesem Anspruche. Dagegen kann man Arsenik dazu ver- wenden, die Pflanzen zu vergiften, damit die von ihnen fressenden Heuschrecken eingehen. Das Arsen kommt in folgenden Formen zur Anwendung: 1. Als wasserunlöslichesSalzinmechanischenMischungen zu vorgenanntem Zweck. Hier kommt es zur Wirkung in den Heuschrecken, weil es in deren sauren Verdauungssäften sich löst; wollte man es in wasserlöslichen Salzen auf Pflanzen aufsprengen, so würde es diese durch Anätzen°”‘) zerstören. Am vorteilhaftesten scheint hier essigsaures Arsen”) zu sein, das als Schüttelmixtur von Bleioxyd mit Ueberschuss von arsensaurem Natron auf die Pflanzen aufgebracht sich als lackgleiches Häutchen niederschlägt, fest haftet und den Blättern nicht schadet. Lounsbury°°*) giebt folgende Vorschriften: Wenn Arsenik ! auf Pflanzen gesprengt wird, die erhalten bleiben sollen, 92) Lounsbury (u. Wood) l. c.; L. T. C. Destruction of Locusts. Agr:c. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 200; How to figkt Locusts. Ebenda S. 167; Locust Destruction in Natal. Ebenda. 1897. X. S. 163/64; De- struction of Locusts with Arsenic. 1899. XIV. S. 27/28; Cl. Fuller, Locust Destruction in Natal, ebenda. 1900. XVI. S. 613—616 und Governm. Notices. Destruction of Locusts. 1897. X. S. 300; letzteres nur die Ankündigung, dass die Regierung arsensaures Natron zur Ab- gabe bereit gestellt hat. (o,20 M. das Lb.) #9) Lounsbury. Arsenic for Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1900. XVI. S. 449/50. >32), Marlattol2 88.0 Massregeln bewusster Abwehr. AAI muss man ein praktisch unlösliches Salz wählen, wie Pariser Grün. Einzelne Pflanzen leiden, wenn gut überbraust, noch nicht bei einer Mischung von ı Ib. auf 100 gallons Wasser, andere dagegen werden schon von einer halb so starken schwer beschädigt. Zusatz von Kalk, am besten Pfund gegen Pfund Pariser Grün, vermindert die Beschädigung oder hebt sie ganz und gar auf. Auf keinen Fall dürfen die Mischungen länger als ein paar Stunden vor dem Ge- brauch stehen. Pariser Grün ist teurer als weisses Arsenik; wenn billig, kostet es drei- bis viermal so viel (in Kapstadt ı s.6.d. das Ib. |1,53 Mark]). — Eckersley°°’) (s. Fuller) hat die unter 2. mitgeteilte Lösung auch zum Besprengen von Gras und Kräutich im »veldt«, also auf der Weide be- nutzt. Bei Anwendung einer Gartenspritze — Galloway Knapsack sprayer No. 5 — brauchte er nur 4'/s gallons auf den acre, um den gleichen Erfolg zu erzielen, wie bei 40 gallons mit Zweigen ausgesprengt. 2. Indem man Stücken von Lieblingsfutter mit einem Zucker- oder Syrup-Arsenikgemenge‘’’) getränkt den Heu- schrecken vorwirft®”°). 896) Die Formeln für die Herstellung sind: Auf 4 gallons kochendes Wasser wird ein Ib. kaustische Soda gegeben; sobald diese gelöst ist, ı lb. Arsenik, wobei gut umgerührt und noch für einige Minuten weiter gekocht wird. Man muss sich hüten, die aufsteigenden Dämpfe einzu- atmen (schwer giftig! D. Verf... Die Mischung muss unter Schloss und Riegel gehalten werden. Zum Gebrauch sind '/, gallon davon mit 4 gallons kaltem oder warmem Wasser zu verdünnen und Io Ibs. brauner Zucker zuzusetzen. Dahinein werden ausgepresstes in Stücke geschnittenes Zuckerrohr, Gras oder Maisstengel getaucht und an Wegen, Zuckerrohrfeldern oder irgendwo im Gras oder niedrigen Feldfrüchten niedergelegt. Man kann es auch mit einem Maurerpinsel gegen irgend- etwas sprengen, was die Heuschrecken gern fressen. Die Heuschrecken werden von Ioo Meter und noch weiterher herankommen, durch den Zuckergeruch angelockt; sie fressen davon und sterben, werden selbst von anderen gefressen und bei reichlicher Verwendung des Giftköders wird der Boden bald mit ihren Leichnamen bedeckt sein. Sie ver- kriechen sich häufig im Tode unter Gras. Fuller giebt eine etwas andere Formel nach Eckersley (der in grossem Massstabe in Natal mit diesem Mittel gearbeitet hat): 442 Dr. Sander. 3. Indem man eine besondere Lockspeise für die Heu- schrecken herstellt. Diese Methode stammt von Nordamerika aus dem Jahre 1885 und ist hauptsächlich von Coquillet®”’) für Obst- gärten und Weinberge empfohlen. Als eigentliches Lock- mittel dient Kleie, der mit Zucker eine gewisse Steifigkeit verliehen wird. Es wirkt nur langsam in dieser Form. Coquillet sah selber, dass Heuschrecken am frühen Morgen davon frassen, den Abend noch munter waren und erst in der Nacht eingingen °”°). Arsenic I—2—2!/, Ibs. Waschsoda 1—.2 Ibs. Wasser 20 gallons. Melassesyrup nach Gefallen oder Zucker 5 Ibs. (Der Arsenik kostet in Natal nur 0,50 M. das !b., der Melasse syrup wurde von den Zuckerfabriken zur Verfügung ei je mehr Syrup genommen wird, um so besser, die Heuschrecken lassen dann anderes Futter unberührt und fressen nur das Gift.) Arsenik und Soda werden in ıo gallons Wasser gekocht, dann der Syrup zugegeben und die Lösung an Ort und Stelle des Gebrauches mit weiteren Io gallons Wasser verdünnt. 897) Entomol. Bullet. No. 27. U. S. Depart. of Agric. 1892. S 51 u. ff. Remedies. 898) Die Vorschrift lautet: Kleie 100 Ibs. Arsenik 16 „ Zucker 16 1 Wasser, ausreichend um die ganze Mischung durch und durch anzufeuchten. Die Kleie wird in ein passendes Gefäss gethan und das Arsenik trocken zugegeben; beide werden mit einem Spaten oder einer Schaufel oder dergleichen gut durcheinander gearbeitet. Dann wird der Zucker in kaltem Wasser gelöst und nach Lösung zur Kleie-Arsenik- mischung gegeben und das Ganze gut durchgerührt. Wenn der Brei nicht feucht genug ist, kann man noch kaltes Wasser zugeben. Dann ist die Mischung gebrauchsfertig. Beim Auslegen streuen die einen sie breitwürfig über den ganzen Garten, andere setzen bloss einen Thee- löffel voll davon an den Fuss jedes Baumes oder Weinstockes. Bei letzterer Art der Verteilung reichen ı0 Ibs. Kleie und je I1°/, Ibs. Arsenik und Zucker für einen acre (= 0,4 Hektar) Weinberg aus. Die Kosten Massregeln bewusster Abwehr. 443 Alle diese Methoden haben das gemeinsam, dass sie nicht bloss Heuschrecken, sondern auch höhere Tiere und selbst den Menschen vergiften können. Um das zu ver- meiden, ist ihre Anwendung wohl nur an Oertlichkeiten an- gängig, an denen Haustiere und unberufene Menschen, vor allem Kinder, fern gehalten werden können, also in erster Linie in umfriedigten Gärten. Am gefährlichsten ist un- bedingt die dritte Art der Verwendung, verhältnismässig am ungefährlichsten die erste, besonders, wenn Bäume besprengt sind. Auch die zweite wird für den Menschen, wie die erste, nahezu unschädlich sein, denn selbst wenn ein Kind einmal eins der kleinen Stückchen Zuckerrohr aufnimmt und isst, ist die Menge des darin enthaltenen Giftes zu gering, um ihm ernsten Schaden zu thun; das Gleiche gilt von den gezähmten Säugetieren.: Auch das Hausgeflügel soll von dem Genuss so vergifteter Heuschrecken nicht er- kranken; doch möchte ich hierfür dem Verfasser®’’) des be- treffenden Berichts die Verantwortung überlassen; es kommt jedenfalls nur auf die Menge der gefressenen Heuschrecken an. Wie es mit den als Heuschreckenvögeln doch sehr wertvollen Singvögeln steht, darüber schweigen sich die Be- fürworter dieses Verfahrens aus. Es wirkt besser und schneller auf die Hupfer, als auf die fliegenden Heuschrecken, angeblich, weil letztere ver- giebt Coquillet für Nordamerika auf etwas über 50 cents = etwa 2,20 Mark auf den acre Weinberg an; in anderen Gärten seien die die Unkosten etwas geringer. Die Zugabe von Zucker dient nur dazu, dass das Arsenik den Kleienteilchen besser anhaftet, nicht um die Mischung den Heuschrecken schmackhafter zu machen; denn sie ziehen Kleie dem Zucker vor. An Stelle des Zuckers kann auch Melasse verwendet werden. Dle unberührt gebliebenen Häufchen oder die nicht ge- fressenen Reste muss man anfeuchten, damit sie nicht austrocknen, (Sie verwehen trocken zu leicht und erhöhen die Gefahr für anderes Getier.) 899) Locust Destruction in Natal. Agric. Journ. Cape Col. 1897. X. S. 163/164. 444 Dr. Sander. hältnismässig wenig davon fressen, weil sie bei ihrem Ein- fallen sich nur kurze Zeit aufhalten. An und für sich lässt sich dies Verhältnis schon von vornherein voraussetzen, denn der Hupfer hat eben geringere Körpermasse als das fliegende Insekt. Im ganzen scheint mir keine Not zu sein, gerade dies für Warmblüter so gefährliche Verfahren da anzuwenden, wo man bei Zeiten gegen die jüngsten Stadien der Hupfer vorgeht. Hat man diese aber erst heranwachsen und zu grossen Zügen sich zusammenschlagen lassen, so werden die nötigen Mengen des Giftes nicht mehr zu beschaffen sein, jedenfalls in unseren Kolonieen nicht, dies Kampf- mittel also auch nicht mehr leisten, als andere, die noch dazu den Vorzug grösserer Billigkeit besitzen. Da aber in dem Kampf gegen die Heuschrecken schliesslich jedes Mittel recht ist und man zudem prüfen muss, was gerade zufällig am besten zur Hand ist, so hielt ich es für nötig, auch diese Verfahren mit genauen Vorschriften mitzuteilen. Alston’°°) hat in ähnlicher Weise Coopers Dip benutzt. Er liess Hupfertrupps nach einer Stelle treiben, wo reichlich Futter war, dann dort einen Teil von ihnen erschlagen und tränkte die Leichen mit dem Dip. Die unversehrt Ge- bliebenen kehrten zurück und frassen nun ihre toten Ge- nossen, sich damit selbst vergiftend. Der Erfolg soll gut gewesen sein. Das Dip musste öfters nachgegossen werden. Impfungen mit Pilzen. Da nur der in Südafrika gefundene in weiterem Um- fange in der Praxis angewendet worden ist, berücksichtige ich die anderen hier nicht. Dass die Infektion nur bei bestimmter Wetterlage Aus- sicht auf Erfolg hat, habe ich schon erwähnt. Es genügt hier, darauf hinzuweisen, dass das Wetter feucht und nicht zu kalt sein muss. Das wird aber gerade für die am meisten von den Heuschrecken heimgesuchten Steppen- 200) S. 249. Locusts, how to destroy them. Agric. Journ. 1890/91. III. Massregeln bewusster Abwehr. AA5 gebiete sehr häufig nicht der Fall sein und das ist wohl der Grund für die vielen Misserfolge. Immerhin kann man etwas dazu thun, die Aussichten auf Haften der Infektion günstiger zu gestalten: Mit der abendlichen, gerade in den trockenen Gebieten sehr starken Abkühlung wird die Luft natursemäss; feuchter, d.'h. ihr relativer; Feuchtigkeits- gehalt nimmt zu. Dies hält die ganze Nacht über an und ist natürlich am ausgesprochensten in der durchschnittlich kühlsten Tageszeit, der blauen Stunde. Zur selben Zeit be- ginnen auch die Heuschrecken offenbar zur gegenseitigen Erwärmung sich zusammenzudrängen. Impft man also gegen Abend, so wird man feuchtere Luft, eine hohe Temperatur (im Heuschreckenklumpen) und ein enges Zusammen- drängen, eine vielfache gegenseitige Berührung der Tiere untereinander vereinigt haben. Deshalb ist die beste Zeit kurz vor und nach Sonnenuntergang, wo die Heuschrecken innerhalb des Klumpens noch durcheinanderkriechen. Zu- sleielhiihat ©So der eingeimpfte‘ Pilz» fürvieines'Reihe von Stunden günstige Bedingungen für seine Entwickelung. Die Pilzkulturen oder das Pulver von den am Pilz ein- gegangenen Heuschrecken ist nun im allgemeinen nicht ohne weiteres als Impfstoff brauchbar, sondern bedarf noch einer Vorbereitung: Die in ihnen enthaltenen Pilze müssen erst frisch zum Auskeimen gebracht und in einer grösseren Menge Flüssigkeit vermehrt werden. Das geschieht dadurch, dass man die Röhrchen, die die Kultur enthalten und die bis dahinsorgfältigfestgeschlossen zu haltensind, öffnet, durch Herausziehen des Stopfens. Dann wird der ganze Inhalt herausgenommen und auf einem, am besten mit heissem Wasser gereinigten Teller mit zwei Löffeln Streu- zucker zusammen mit Hilfe eines reinen Löffels oder flachen Messers gut durcheinander gerieben, so dass sich alles völlig mischt. Die Masse kommt nun in ein Gefäss mit '/ı Liter Wasser, das zuvor gut abgekocht worden und sorg- fältig verdeckt in demselben Gefäss abgekühlt hat, bis es lauwarm geworden ist. In dies Wasser werden 446 Dr. Sander. einige Stückchen Kork hineingethan, die zuvor gleichfalls ausgekocht und in dem verdeckten Gefäss wieder abgekühlt sind. Sowohl das Wasser selbst als das, das die Korkstücke enthält, müssen zum mindesten lauwarm sein, was man durch Anlegen der Hand an die Aussenseiten der Gefässe fest- stellt. Sind sie kühler, so schadet das nicht so viel, sind sie aber noch zu heiss, so töten sie die hineingegebene Kultur ab. Das Röhrchen darf nicht früher eröffnet werden, als bis diese beiden Gefässe — die Korkstücken dürfen nicht in demselben Wasser abgekocht werden, in das nach- her die Kultur hineinkommen soll — mit ihrem Inhalt die ausreichend niedere Temperatur erlangt haben. Das Gefäss, in das Kultur und Korkstückchen hinein- gebracht worden sind, wird dann mit einem reinen Blatt Papier zugedeckt an einer warmen Stelle des Hauses stehen gelassen, bis sich an den Korkstücken weisslicher, schimmeliger Beschlag zeigt. Für das Pulver von Heuschrecken lautet die Vorschrift: Man nehme zwei Esslöffel voll von dem Pulver und gebe es in einen reichlichen Viertelliter Wasser, in das zuvor Zucker hineingethan, das in oben beschriebener Weise zuvor abgekocht ist und das man dann hat kühl werden lassen. Dann stelle man es zugedeckt für 12—48 Stunden an einen warmen Platz, bis auch hier an den wie oben vor- bereiteten und zugegebenen Korkstückchen sich das Wachs- tum des Pilzes zeigt. Nachdem so die Impfflüssigkeit vorbereitet worden ist, verfährt man bei fliegenden Heuschrecken folgender- massen, um einen Schwarm zu infizieren: 1. Man fange Heuschrecken (in nicht zu kleiner Menge), tauche sie in die Impfflüssigkeit und lasse sie dann wieder in den Schwarm zurückfliegen. 2. Man bestreiche feuchte Bodenstellen da, wo sich der Schwarm niedergelassen hat, mit der Impfflüssigkeit. 3. Man sperre gefangene Heuschrecken in eine Schachtel oder Kiste, die ein Lieblingsfutter dieser Tiere Massregeln bewusster Abwehr. 447 enthält, das man mit der Impfflüssigkeit befeuchtet hat. Wenn sie dies Futter aufgefressen haben, lasse man sie in den Schwarm zurück. Ist es sehr eilig, wie es gerade bei dem Einfall von _ Heuschrecken stattfinden kann, und hat man keine fertige Impfflüssigkeit zur Hand, so würde ich die Kulturen un- mittelbar an die gefangenen Heuschrecken verfüttern, oder wo der Vorrat in Pulver von Heuschrecken besteht, das grüne Futter für die Gefangenen’) damit bepudern. Hupfer infiziert man am besten durch Fütterung. Man trocknet ein Pfund weisses Brot, zerreibt es zu einem groben Pulver und macht unter Wasserzusatz einen festweichen Teig daraus, indem man gleichzeitig den Inhalt eines Glasröhrchens darein mischt. Dann hält man die Masse an einem warmen Ort, bis sich das Wachstum des Pilzes zeigt. (Durch Vergleich mit einem anderen Röhrchen stellt man fest, ob es sich um denselben oder um andere Pilze handelt.) Ist der Pilz sichtbar, so macht man kleine Stücke aus dem Teig, die man hinlegt, wo ein Zug Hupfer naht. Man muss dabei darauf achten, dass die nicht ge- fressenen Stücke täglich angefeuchtet werden, bis sie von den Hupfern gefressen sind. Hat man Pulver von Heuschrecken, so würde man an Stelle des Inhaltes eines Röhrchens zwei Theelöffel davon dem Teig beimischen. Fremde Pilze, die den Heuschrecken- pilz abtöten — gewöhnliche Schimmelpilze — sind aber dabei noch häufiger zu erwarten, als bei der Beimischung von Reinkultur. In eiligen Fällen würde ich das natürliche Futter, das der Zug anzugehen gerade im Begriff steht, mit solchem Pulver bestreuen. Der Inhalt von Röhrchen würde hierbei sich zu schlecht verteilen lassen; ich würde deshalb solchen nur im äussersten Notfall zu verwenden empfehlen; in diesem Falle würde Erfolg wohl nur von der Ausführung >») Acutt und Crewe, Locust destroying Fungus, Agric. Journ. Cape Col. 1897. X. S. 664/65 machen letzteren Vorschlag. ‚448 '. "Dr. Sander: durch einen mit der Sache gut Vertrauten zu erwarten sein. Das Pulver hingegen kann jeder aufstäuben. Benn°°?) lässt die Hupfer durch eine flache mit dem Impfwasser gefüllte Schüssel durchtreiben und hat so gute Erfolge erzielt. In den meisten Fällen dürften sie bei dieser Art der Impfung aber ausbleiben, weil die Hupfer gerade bei der der Infektion günstigsten Witterung — feuchter — nur schwer getrieben werden können, bei trockenem Wetter aber, wenn sie wanderlustig sind, die Infektion nur schwer haftet. Pike’) hat die Spitzen von Maisstengeln mit zwei Wochen altem Impfwasser getränkt und mit grossartigem Erfolge von einem Zuge fressen lassen. Dasselbe günstige Ergebnis hat er beim Eintauchen von Hupfern in dieselbe Impfflüssigkeit erhalten; er setzte die Tiere dann wieder zu anderen Zügen und liess sie mit diesen laufen. Ich selber habe von ähnlicher Verwendung — Eintauchen von Hupfern in ein nur wenige Stunden altes Impfwasser — einen be- schränkten Erfolg gesehen: es fanden sich deutlich am Pilz erkrankte Tiere unter diesen aus etwa zehn Tage alten Hupfern bestehenden Zügen. Nach den einen sollen die aus Kulturen hergestellten Impfflüssigkeiten rascher wirken, nach den anderen die aus Pulver hergestellten. Nach der allgemeinen bakteriologischen Erfahrung ist das letztere wahrscheinlicher. Der Fehler der Impfung ist einmal der, dass ihr Erfolg zu sehr vom Wetter abhängig, daher sehr unsicher ist. Und gerade, wenn die Hupfer zu wandern beginnen oder die Schwärme grosse Reisen unternehmen, pflegt es trocken zu sein, d. h. gerade dann, wenn man den Erfolg am nötigsten hat, bleibt er leicht aus oder tritt verspätet ein. Zweitens aber ist es namentlich bei Schwärmen nur zu häufig der Fall, dass der Erfolg erst eintritt, wenn der °°2) Locust Extermination. Agric. Jeurn. Cape Col. 1899. XIV S, 460/61. 90%) Ebenda wie Benn. Massregeln bewusster Abwehr. 449 Schwarm dem Impfenden längst aus dem Gesicht und aus Berichtsweite entschwunden ist. Das macht aber den Einzelnen nicht geneigt, sich der Mühe, die das Impfen immerhin macht, zu unterziehen; denn nicht er. hat den Vorteil davon, sondern irgend ein ganz anderer, der sich vielleicht jeder auf Vernichtung der Heuschrecken ab- zielenden Massregel aus Unverstand oder Trägheit widersetzt. Nicht so selten schlägt die Impfung auch fehl, weil die Kulturen oder das aus diesen oder ausgepulverten Heu- schrecken hergestellte Impfwasser von Schimmelpilzen ver- unreinigt war. Immerhin ist uns in dem Pilz ein ausserordentlich wichtiges und richtig verwendet auch ausserordentlich wirk- sames Hilfsmittel zur Bekämpfung der Heuschreckenplage gegeben. Denn selbst bei an und für sich ungünstigem Wetter lässt sich durch Wahl der besten Zeit des Tages, des geeigneten Verfahrens, der richtigen Anwendung der einzelnen Methode der Infizierung von einem in der Sache Erfahrenen noch da Erfolg erzielen, wo der Unkundige ihn nicht mehr erhält. Die Erfolge in der Kapkolonie haben sich, als Beweis für das eben Gesagte, von Jahr zu Jahr verbessert. In den Eingeborenenlokationen waren sie von Anfang an besser, offenbar, weil die Eingeborenen sich bei diesem ihnen als eine Art Zauberei erscheinenden Verfahren viel strenger an ‚die Vorschriften hielten °°*). RE Zu °) Da es mir nicht möglich ist, alle Belegstellen im einzelnen anzuführen, gebe ich nachstehend eine Zusammenstellung ı. über Syste- matik des Pilzes und Geschichte seiner Entdeckung, 2. über die Stellen, an denen ich in der Litteratur Vorschriften über die Anwendung ge- funden habe. 3. über die Berichte, die von den Erfolgen oder Miss- erfolgen berichten, nach Erdteilen und Besitzungen geordnet Auf Vollzähligkeit kann diese Liste natürlich keinen Anspruch machen; ich habe eben nur einen Teil der Litteratur erhalten können. I. R. Sinclair Black: Observations on the Morphology and Conditions of Growth of a Fungus parasitic on Locusts in South Afrika und: Arn. W. Cooper. Report on the Disease amongst Locusts Sander, Wanderheuschrecken. 29 E 450 Dr. Sander, Unterstützung der natürlichen Feinde. In normalen Jahren wird die Thätigkeit der natürlichen Feinde der Heuschrecken hinreichen, um diese so weit in Zaum zu halten, dass die Schädigungen nicht sehr ins Ge- wicht fallen. Ich bin aber im Gegensatz zu den meisten Autoren, z. B. den nordamerikanischen, wie schon gesagt, der Ansicht, dass dieses »Gleichgewicht der Natur« für die Heuschrecken der gemässigten Breiten nicht in der perma- 2. in Natal caused by a Fungus Empusa acridii (Appendix to the foregoing). Transactions ofthe South African Philosophical Society vol. IX. S. 2. 1896/97. Capetown, publ. by the Society 1898. p. 76—79. 3 plates. (Für mich nur im Auszug zugänglich gewesen.) Chas. P. Lounsbury. The Locust Fungus Disease. Agric. Journ. of the Cape Colony. 1896. Vol. IX. S. 330/331. Ders. Locust Fungus Disease. Agric. Journ. of the Cape Colony 1896. Vol. IX. S. 391/392- Anonym: Locusts. Ebenda. 1896. IX. S. 332. Rickmann und Kaesewurm. Morphologie und Biologie des „Locust Fungus“ genannten Fadenpilzes. Amtlicher Bericht. (Von mir im Original benutzt.) Auszug abgedruckt im „Notiz- blatt des Königl. botan. Gartens u. Museums zu Berlin“ No. 24. G. Lindau. Beobachtungen über den südafrikanischen Heu- schreckenpilz (Locust Fungus). Ebenda. No. 26. 1901. Mac Alpine. The systematic position of the Locust fungus in- ported from the Cape (plates). Agric. Gazette New South Wales. XI. 3. 1900. (Mir nicht zugänglich gewesen.) a) Allgemeine Bedingungen. Von den unter ı genannten: Black, Cooper, Lounsbury, (Locusts), Rickmann und Kaesewurm. Ferner: Lawr. Bruner. Investigacißon de la Langosta. S. 84,85. EI hongo de la Langosta de Sud Africa. Dr. W. Anderson Soga, Locust Disease Fungus. Agric. Journ. of the Cape Colony. 1897. XI. S. 92,93. b) Amtliche Ankündigungen des Instituts zu Grahamstown: Government Notices, Locust Disease Fungus. Agric. Journ. of the Cape Col. 1897. XI. S. 723. Ebenda. 1898. XIll. S. 173. Ebenda. 1899. XV. S. 65 und die zwischenliegenden und folgenden Nummeın und Bände. Massregeln bewusster Abwehr. 451 nent region und für die der Subtropen nicht in den Winter- herbergen hergestellt wird, sondern an den Grenzen dieser Bezirke, deren Klima und sonstige Beschaffenheit den natürlichen Feinden besser zusagt, als das der eigentlichen Heuschreckenherde. Treten aussergewöhnlich günstige Jahre für die Vermehrung der natürlichen Feinde ein — in diesem Fall wohl feuchtere als der Durchschnitt —, so werden sie weiter in die eigentlichen Heuschreckengebiete hinein vor- c) Spezielle Gebrauchsvorschriften: Ausser den unter 2a genannten: B. M. Purdon. Propagating Disease amongst Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1896. IX. S. 417/18. Versuch mit Pulver von eingegangenen Heuschrecken. Dr. W. A. Soga, Locust Destroying Fungus. Ebenda. 1897. X. S. 210—213. Fütterung gefangener mit Pilzkultur. — Locust Destroying Fungus. Ebenda. 1897. X. S. 663 —665. Spezialvorschriften für Infektion. — Locust Fungus Operations. Ebenda. 1899. XIV.S. 290— 296. Vorschriften für Eingeborene (Meade). Impfung junger Heuschrecken (Walker). — Locust Extermination. Ebenda. 1899. XIV. S. 460/61. Zuckerlösung als Kulturmedium. Benehmen der sterbenden Heuschrecken. — Locust Extermination. Ebenda. 1859. XIV. S. 505— 508. Neue Vorschriften von Dr. Edington. — Locust Extermination. Ebenda. 1899. XV. S. 49/so. Verfahren bei dichtem Busch. — Locust Destruction. An Appeal for Cooperation. Ebenda. 1899. XV. S. 480—483. Genaue Vorschriften. — Locust Destruction. Mr. Verran: Locust Fungus. Ebenda. 1900. XVII. S. 535—537. Methoden nach Edington für die verschiedenen Altersstufen. Zubereitung der Impf. flüssiıgkeit und -stoffe. Editor. Locust Fungus. Ebenda. 1900. XVI. S, 502/503. Die eingegangenen Heuschrecken als Impfstoff. — Mittel gegen Heuschrecken. Deutsches Col.-Blatt. 1899- S. 660/61. Im wesentlichen Wiedergabe der Edingtonschen Vorschriften und Geschichtliches. Dr. Becker. „Ueber Bahnbau in Deutschostafrika.“‘ D. K.-Bl. 1899. S. 761/62. Empfindlichkeit der Kulturen. d) Aufforderung zu gemeinsamer Anwendung: 29 452 Dr. Sander. dringen können, bei ungünstigen, d. h. wohl trockneren Jahren, müssen sie den Grenzen dieser Gebiete ferner bleiben als sonst. Im ersteren Fall werden sie mehr unter den Heuschrecken (bezw. ihrer Brut) aufräumen können, im andern Fall werden mehr Heuschrecken zur Fortpflanzung übrig bleiben (bezw. in den gemässigten Breiten weniger Eier und junge Hupfer vernichtet werden). | Es wird für den Menschen darauf ankommen, die Wirksamkeit der natürlichen Feinde, ihr Gedeihen nach Kräften zu unterstützen, da diese die Heuschreckenvertilgung Ausser dem ‚An Appeal for Cooperation“ unter 2c): Gemeinsame Abwehr. Windhoeker Anzeiger 1899. No. 14. Wichtige Aufgaben. Ebenda. 1900. No. 23. 3. Berichte über Erfolge und Misserfolge. Vielfach sind Abänderungen der Zubereitungs- und Anwendungs- verfahren des Impfstoffes, Beobachtungen über begünstigende und hemmende Einflüsse darin’ enthalten. a) Südafrika: Agricultural Journal of the Cape Colony, Reports & Prospects. 1896, 1%. Elft. 22, 1897. X. Hft. 9 und ı1. 1898. XII. Hft. 9, ı1, 12 und 13; XIII. Heft ıı und 12. 1899. XIV. Hit. 202, 3A 5, OR 8. 1900. XVI. :Hft. 5, 6-u. 12. Ebenda. Besondere Berichte (ausser den unter 2c) bereits aufgeführten). 1899. XIV. Locust Extermination. Hft. 9, 12 u. I3. ERW. R. is S. ı22, 192/93, 281j82, 349/50, 418, 486, 598/99, 755/50. Ebenda. 1899. XVI. S. 436. Alfred H. Jennings. Locust Extermination im Mqanduli District. Ebenda. 1900. XVII. Locust Destruction. S. 540, 619/20, 819- Dr. Edington. Bacteriological Notes. Vortrag. Agric. Journ. Cape Col. 1898. "XIII. S. 474/475. Chas. P. Lounsbury. Locust Destruction (aus Vortrag auf dem Eastern Province Fruit Grower's Congress). Ebenda. 1808. XIII. S. 625/26. H. N. Middleton. Locust Disease Fungus. Ebenda. 1898. XIIS.66YL Ernest Distin. Destruction of Locusts by means of Fungus. Ebenda 1899. XIV. S. 158/59. Massregeln bewusster Abwehr. 453 sehr viel billiger und bis zu einem gewissen Grade auch gründlicher besorgen, als er selbst. Diese Unterstützung muss in dreierlei bestehen: I. Schutz für die als vorwiegend nützlich im Kampfe gegen die Heuschrecken erkannten Tiere (und niederen Organismen), d: h. vor allem Beseitigung der Verfolgung, der gerade die nützlichsten unter ihnen ausgesetzt sind. Dr. Edington on Locust Extermination by the Means of Fungus. Ebenda 1899. XIV. S. 375—383. b) Deutsch-Ostafrika: Die bereits unter 2c) angeführten und Deutsch-ostafrikanische Zeitung vom 3. März 1900. Ausserdem viele nicht veröffentlichte amtliche Berichte. — Herr Gouverneur Graf Götzen hat mir in entgegenkommendster und weitgehendster Weise, während ich schon mit dem Abschluss beschäftigt war, das ganze in Dar-es-Saläam vorhandene Aktenmaterial über diese Frage zur Einsicht zugestellt, wofür ich ihm hier meinen aufrichtigsten Dank ausspreche. Das Material ist so reichhaltig und in vieler Beziehung, namentlich für Beurteilung von „Feldversuchen“ mit insektentötenden Impfmitteln so lehrreich, dass ich mir eine Spezialbearbeitung vorbehalte; ich konnte in diesem Buch nur noch die Hauptpunkte berücksichtigen. c) Deutsch-Südwestafrika. Ausser den unter I und 2 angeführten: Denkschrift 1898/99. Südwestafrika. 7. Verwaltung. S. 138/39. " 1899/1900. x 941152. Bericht der Rheinischen Missionsgesellschaft in Barmen. 1899. Südwestafrika. S. 221. Windhoeker Anzeiger 1901. No. 2. 17. Juni. d) Nordamerika. Geo. W. Martin. Locust Extermination in America. Agric. Journ. Cape Eulunz 1900. XVI. S. 566/67. Südamerika. NM Lawr. Bruner. Investigaciön de la Langosta. 1. c. e) Australien. Bericht des landwirtschaftlichen Sachverständigen für Austra- lien und Sydney: Raupen und Heuschrecken. Mitteilungen der deutsch. Landwirtschafts- Gesellschaft, 15. I2. I9oo. Stück. 43.218. 3I@/TT. 454 Dr. Sander. 2. Künstliche Vermehrung bereits vorhandener oder Einführung andern Orts bewährter Heuschrecken- vernichter. 3. Schaffung von Verhältnissen, die der Vermehrung der natürlichen Feinde günstig sind. Zu 1. ist zu bemerken, dass der den natürlichen Feinden der Heuschrecken zu gewährende Schutz nicht bloss durch Schongesetze seitens des Staates herbeizuführen ist, wenn- gleich solche natürlich unumgänglich sind. Ebenso not- wendig ist die Mitwirkung aller einsichtigen Leute durch Wort und That, da die Heuschreckenfeinde vielfach aus blossem Unverstand oder Gedankenlosigkeit verfolgt werden’). 905) Ich lasse hier eine Reihe von Aussprüchen von Gelehrten, die sich mit der Heuschreckenfrage befasst haben, und von Leuten aus der Praxis folgen. Lawr. Bruner (Investigaciön S. 59/60) sagt darüber: „Es giebt wenig Menschen, die nicht gefangene Vögei in Haus oder Garten halten. Wie kommt es aber, dass sie trotzdem diese schönen, so hoch geschätzten Geschöpfe bis auf den Tod verfolgen lassen? Sie müssen doch geradezu nicht wissen, was das ganze Jahr hindurch mitten unter ihnen geschieht. Jeder unreife Bube, der gerade gross genug ist, einen Stein, einen Stock, eine Leimrute zu handhaben, bringt einen guten Teil seiner Zeit damit zu, diesen nützlichen, der Hegung werten Tieren nachzustellen. Jünglinge und Männer verwenden Flinten, Schleudern u. s. w. Die Nester werden zerstört, die Eier und Jungen desgleichen! Jeder scheint nur von dem einzigen Bestreben erfüllt zu sein, sie abzuschlachten! „Doch nicht allein die Vögel sind das Opfer der angeborenen Zerstörungswut: Jede Kröte, jeder Frosch, jede Eidechse, jede Maus, jedes Wiesel, kurz alle Tiere, die wirklich schädlichen aber am wenig- sten, werden verfolgt und getötet, wo man sie trifft. „Diese unüberlegte Vernichtung von Lebewesen hat ihren Grund nicht in Nahrungsnot. Denn von Io getöteten Tieren wird kaum eines verzehrt, noch war es je dazu bestimmt. Wenn man wenigstens diesen unersättlichen Trieb zum Töten an Heuschrecken sättigen könnte, wie schnell würde die Frage gelöst sein, wie diese Plage zu beseitigen ist!“ Arthur Garcia, The Locust Plague in Uitenhage, Agric. Journ. Cape Col. IX, 1896, S. 97, sagt: „I remember the time when the bonte and ring-hals crows, many species of the sparrow hawk and owl, vultures, bustards etc. etc. were very common birds; when the dikkop, Kievietje, plover etc. etc. were Massregeln bewusster Abwehr. 455 Als erstes Erfordernis ist hier wohl zu bezeichnen, dass die wirklich nützlichen Tiere, vor allem kleine Säuger, Vögel Reptilien und Insekten den beteiligten Kreisen durch gute Abbildungen oder noch besser in natura (durch Muster- sammlungen) bekannt gegeben werden und zwar, um diesen Anschauungsunterricht wirksamer und überzeugender zu ge- stalten, nicht bloss als einfache Abbildung oder als einfach konserviertes Tier, sondern dass auch von Vögeln z. B. der von Heuschrecken vollgestopfte Kropf oder Magen vor- geführt wird, von Insekten die mit äussern oder innern Parasiten besetzten Heuschrecken, angefressene Eipakete u.s.w. Die Behörden als solche werden nicht in der Lage sein, solche Kenntnis ausgiebig zu verbreiten und solchen Unterricht zu erteilen. Da müssen geeignete Privatpersonen, die mitten unter der Bevölkerung leben und deren Ver- trauen geniessen, helfend einspringen und zwar Lehrer, Missionare, Farmer, Händler. Gerade in unseren Kolonieen ’ found in large flocks in many parts of the colony, when the large locust bird came annually living on small insects, while the locust did not show himself. All these locust and locust-egg-destroying birds have almost disappeared. „We have clearly disturbed the balance of nature, and we have nothing to meet the enemy in the gate. It is surely high time that all useful birds were protected. The first step should be the prohibition of the sowing of poison broadcast throughout the land. Fox terriers and traps, judiciously used, would as effectively destroy the jakal, as the reckless use of poison now so common.“ H. E. H. A word for the Sprews. Ebenda 1892. V. S. 243/44. „Ihere appears to be a great attraction to children in sprews’ eggs, being a pretty dark blue, easy to get at, being generally laid in holes in sluits, or dongas, bored by the birds.“ Editor. Our Bird Allies. Ebenda 1893. VI. S. 494. „It is strongly urged that our farming community in locust infested districts should discourage as much as possible the shooting of these birds (Sprews), in view of the valuable assistance rendered by them in the locust campaign.“ W.. Roe. Insect Pests and their Foes. Ebenda. IX. 1896. S. 167. „But surely it is a short-sighted policy that so careless des- troys the many birds which help in this work (to destroy the locusts! 456 Dr. Sander. wird eine solche Belehrung durch Personen, denen die Ein. geborenen ihr volles Vertrauen schenken, sehr wichtig sein. Das Material wird sich ohne erheblichere Kosten beschaffen lassen; denn bei den Eingeborenen handelt es sich eigent- lich nur darum, ihnen die Insekten wirklich zu zeigen; bei den höheren Tieren, für die sie besondere Namen haben, dürfte die Nennung der Eingeborenenbezeichnung in den meisten Fällen ausreichen. Die Schongesetze hätten in ständige und vorüber- gehende ’’°) zu zerfallen; denn da ein Teil gerade der wirk- samsten Heuschreckenvertilger zum jagdbaren°’') oder dem unter Umständen den Kulturen oder dem Geflügelhofe u. s. w. des Menschen schädlichem Getier gehört, so ‚würde eine Verfasser). Owls, hawks, Korhaan and many others are ruthlessly shot off on the poorest excuse. Near towns the boys’ propensity for nesting and catapulting goes on unchecked, if not encouraged, with the com- plaint: Oh!, they eat our fruit! and to save the little fruit the birds eat for a month or so in the twelve, we destroy our best friends against insect pests for the rest of the year. I trust that our many advanced educational institutions throughout the country will do something to show their students the wicked folly of indiscriminate and useless slaughter of birds, lizards, and insects. Teach them at least to know friends from foes, and to take some interest in the economy and balance of Nature about them.“ Charles Curley, Secretary for Lands, Mines & Agriculture. Locusts. Circular. Ebenda. 1892. V. S. ı52. „It would be well also if some steps were taken to protect the large locust bird (Ciconia alba) which in some parts it is believed is actually shot for eating.“ Ferner I. report 1878. S. 339—50. III. Report 1883. Chapt III. S. 41—46 u.a.m. 906) Aehnliche vorübergehende Schongesetze sind schon anderweit erlassen, z. B. in der Kapkolonie: H. E. H. A word for the Sprews. Agric. Journ. Cape Col. 1892. V. S. 243/44. „We notice a governement proclamation, dated, the 8th ultimo, prohibiting for a term of three years the destruction of the large and small locust bird.“ Lawr. Bruner, Investigaciöon schlägt S. 93/94 den Schutz sämtlicher Vögel Argentiniens für 3 Jahre vor. 7) Vergleiche I. Report 1878. S. 343—350. Lawr. Bruner, In- vestigaciön S. 58—60o und J. S. Backhouse: Quails and Locusts. Agric. Journ. Cape Col. 1893. VI, S. 227. N A NN - — Massregeln bewusster Abwehr. 457 unbedingte Schonung dieser Tiere nicht angebracht sein, während sie bei drohender Heuschreckengefahr das kleinere Uebel darstellte, also geboten werden müsste. Noch eine andere Art, die Heuschreckenfeinde zu schützen, käme gelegentlich in Betracht. Wenn nämlich die Heuschrecken über die ersten Hupferstadien hinaus sind, in denen nach dem Vorhergehenden ihre Vernichtung hätte geschehen sollen, und sich stark mit Parasiten aus der Klasse der Insekten besetzt zeigen, so könnte es wohl an- gezeigt erscheinen, den Kampf gegen diese älteren, den Parasiten sehr zugänglichen Stadien aufzugeben, um nicht die Entwicklung und Vermehrung der vorhandenen Parasiten zu verhindern, wie Carlos Berg’’*) und Rossikow°’) vor- schlugen. Für sehr verfehlt aber würde ich es erachten, diesen beiden Autoren so weit folgen zu wollen, dass man in allen Fällen sich auf die Tötung der ersten beiden Stadien be- schränkt; ich meine vielmehr, dass da, wo die Züge der weiteren Stadien nicht solchen Umfang angenommen haben, dass der Mensch unter den gerade gegebenen Umständen machtlos ist, die Vernichtung dieser Züge durch Menschen- kraft doch vorzuziehen ist, weil man dabei sicher weiss, wie viel man vernichtet und jedenfalls an Zeit gewinnt, in der selbst die schon kranken Heuschrecken noch Futter brauchen. Selbstverständlich ist, dass man auch dann, wenn einmal das Abwarten der Parasitenhülfe angezeigt erscheint, mit der Vernichtung neu ausschlüpfender oder neu auf- tretender Züge der jüngeren Hupferstadien durch andere Mittel nicht aussetzen darf. Für die Subtropen, wo die eigentlichen Brutgründe stets mehr oder weniger den menschlichen Kulturen benach- bart sind, will es mir überhaupt sehr fraglich erscheinen, ob je der Fall eintreten wird, dass man auf Eigenhilfe gegenüber den Heuschrecken verzichtet und alles den In- 98) | c. 458 Dr. Sander. sektenfeinden überlässt. Für die gemässigten Breiten mit einer »permanent region« kann das vielleicht eher einmal angezeigt sein. Denn hier geht die Entwicklung fernab von den Wohnplätzen der Menschen vor sich. Ist es aber trotz Parasiten zu einer solchen Vermehrung der Heuschrecken gekommen, dass sie über die permanent region hinaus schwärmen, dann wird auch hier wohl nur die blanke Unmöglichkeit, mit andern Mitteln die Züge zu vernichten, zur Befolgung dieses zuwartenden Verfahrens führen. In den Subtropen wird der Schutz der Heuschrecken- feinde bessere Wirkung haben als in den gemässigten Breiten. Denn erstens ist die Lebenszeit der Heuschrecken hier eine längere und auch die Wegstrecke, die sie alljährlich von den Winterherbergen bis zu den Brutgründen und wieder zurück durchfliegen müssen, ist eine viel längere, recht regelmässig innegehaltene und führt durch Gegenden, in denen günstigere Lebensbedingungen für die Feinde herr- schen, als für die Heuschrecken. Nur muss man erst die Winterherbergen und die Zugstrassen kennen, um hier mit Erfolg vorgehen zu können. Künstliche Vermehrung wird man besonders bei den Heuschreckenfeinden aus den Klassen der Vögel und Säuger anwenden können, und zwar sowohl bei den wild- lebenden, durch Anbringung von Nistkästen, Nisthöhlen und dergleichen, als auch bei den gezähmten durch Ver- mehrung des Bestandes. Ein unmittelbares Grossziehen von Jungen wildlebender Heuschreckenfeinde wird sich wohl nur selten ausführen lassen; und selbst bei der Aufzucht von Heu- schrecken vertilgenden Haustieren wird in so manchem Falle der Mangel eines Absatzgebietes für die Zucht hinderlich im Wege stehen. Am ehesten wird es noch beim Haus- geflügel möglich sein: denn hört man von dem Herannahen eines Heuschreckenschwarmes oder trifft ein Mutterschwarm unvermutet ein, so hat man, falls Glucken vorhanden sind, noch Zeit genug, bis zum Ausschlüpfen der Brut alle ver- fügbaren Eier ausbrüten zu lassen. Die Küken können Massregeln bewusster Abwehr. 459 sich dann an den jungen Hupfern mästen und können schliesslich im eigenen Haushalt verbraucht werden, wenn sie ihren Dienst gethan haben. Bei dem sonst als Heuschreckenvertilger so nützlichen Schwein ist leider eine so vorübergehende, schnelle Ver- mehrung für einen bestimmten Zeitpunkt nicht recht mög- lich und der weitere Unterhalt der Tiere nach Abziehen der Heuschrecken zu teuer. Jedenfalls wird, wo die Ab- satzverhältnisse beschränkt sind und keine dauernde grosse Anzucht erlaubt, auch Geflügel nur zur Vertilgung der Jungen (und Eier) sich vorübergehend stark vermehren lassen. Eine künstliche Züchtung der Heuschreckenfeinde aus der Klasse der Insekten halten die nordamerikanischen Autoren für nahezu ausgeschlossen. Nach den Erfolgen in der Kapkolonie’’”) und in Sumatra’') wohl mit Unrecht. Jedenfalls sind weitere Versuche derart sehr zu empfehlen, denn sie kosten nur wenig und wirken entschieden sicherer auf die Vermehrung der feindlichen Insekten als das von Berg und Rossikow empfohlene Verfahren. Ausserdem hat man dann die Parasiten in Vorrat, wenn ein gesunder Schwarm oder Zug herannaht. Die künstliche Vermehrung der pilzlichen Feinde wird ja jetzt nach dem Vorgang von Grahamstown in immer weiterem Umfange aufgenommen. Für unsere Kolonieen bestehen ähnliche Institute in Dar-es-saläm für Öst- und in Gammams für Südwestafrika, und Togo dürfte wohl bald folgen. Auch in der Heimat sind kürzlich einige Nachzüchtungen vorgenommen. Sollte es sich bewahrheiten, dass der Heuschreckenpilz, wie aus Gammams von Riek- mann und Käsewurm berichtet wird, auch leicht als Sapro- phyt auf den Futterpflanzen der Weide gedeiht, so würde sich in Zukunft seine Verwendung ausserordentlich vermehren und erleichtern lassen. en 909) Z, B. Bairstow, Locust Parasites. Agric. Journ. Cape Col. VIII. 1895. S. 466. 910). Zimmermann, Over die sluipwespen |. c. 460 Dr. Sander. Die Einführung anderweit bewährter Heuschrecken- feinde ist vielfach vorgeschlagen. Mit Recht aber machen die Nordamerikaner darauf aufmerksam, dass das — indem sie auf die Einführung des Sperlings nach Nordamerika Be- zug nehmen — unter Umständen doch eine recht zwei- schneidige Hülfe sein könnte. Sie empfehlen vielmehr den vernunft- und sachgemässen Schutz der einheimischen Heu- schreckenvertilger, die ihren Platz im Lande in langem Kampf ums Dasein schon erobert hätten. Von den ein- geführten Tieren könne man nie vorher wissen, ob das in seiner Heimat nützliche Tier unter der veränderten Um- gebung, bei Wegfall der gewohnten Feinde und Wettbewerber, nicht zur Plage werden könne. Speziell für Afrika, wo so vorsretkeh »Heuschrecken- vögel« einheimisch sind °'‘), will mir dieses Bedenken noch mehr berechtigt erscheinen, als für andere Erdteile.. Warum nicht erst das vorhandene Gute pflegen — oder auch erst entdecken —, ehe man einen Schritt unternimmt, dessen Folgen nicht klar zu übersehen sind. Weniger bedenklich dürfte die Einführung von Insekten sein, falls man sicher ist, dass sie eben nur auf Heu- schrecken schmarotzen. Aber auch von diesen dürften ausreichende Mengen und Arten in Afrika vorhanden sein; es kommt nur noch darauf an, sie aufzufinden und fest- zustellen. Der richtige Weg also wäre im allgemeinen, will man die natürlichen Feinde der Heuschrecken stets in aus- reichender Menge zur Verfügung haben, der, dass man neben genügendem Schutz, den man ihnen angedeihen lässt, dafür sorgt, dass sie die Bedingungen in möglichstem Umfange vorfinden, deren sie zu ihrem natürlichen >11) Nach kürzlich erhaltenen Privatnachrichten kommt z. B. die Brachschwalbe auch im Innern Ostafrikas vor und verfolgt hier eben so eifrig als in Südafrika die Heuschrecken; ebenso wie der Falco jakal auch hier den Schwärmen folgt, wie ich soeben am Kilimandsharo zu beobachten Gelegenheit hatte. Der Verf. er ee u Me ee. Ku u 7 Massregeln bewusster Abwehr. 461 Gedeihen und zu ihrer natürlichen Vermehrung be- dürfen. Die eine Forderung in dieser Beziehung ist, dass die uns nützlichen Feinde der Heuschrecken nicht bloss vor den Nachstellungen der Menschen, sondern auch vor denen anderer Tiere geschützt werden. Nur wird es hier manch- mal recht schwer sein zu entscheiden, ob der sonstige Nutzen dieser Tiere nicht den Schaden übertrifft, den sie uns durch Vertilgung von Heuschreckenfeinden zufügen. Für die Wirbeltiere wird sich immerhin die Liste der Feinde leidlich genau aufstellen lassen; für die Insekten dagegen ist wohl unsere Kenntnis der bezüglichen Verhältnisse noch recht unvollkommen. Da es sich in den afrikanischen Kolonieen um weitausgedehnte Gebiete mit teilweis recht verschiedenem Klima und recht verschiedener Fauna handelt, so ist mir nicht möglich, in Einzelheiten einzugehen; die lassen sich für den gegebenen Fall nur an Ort und Stelle festsetzen. Im allgemeinen kann man wohl sagen, dass alles Raubzeug — behaartes, gefiedertes, geschupptes und gepanzertes —, alle Nesträuber, die Giftschlangen, grossen Spinnen u. s. w. auf die »Äbschussliste« zu setzen, ihre Vertilgung anzuordnen und mit Prämien zu belohnen ist. Hier müssen aber auch gleich wieder Ausnahmen ge- macht werden. Denn von dem gefiederten Raubzeug ist eine ganze Anzahl mehr nützlich, als schädlich, z B. fast alle kleineren Tagraubvögel und die allermeisten Eulen. Im einzelnen Fall wird eine Untersuchung des Mageninhalts und der Gewölle Aufschluss geben müssen. Ein weiteres, vielleicht noch wichtigeres Mittel, die Heuschreckenfeinde, namentlich aus der Vögel- und Insekten- klasse, zu vermehren, bezw. an bedrohte Punkte zu fesseln, besteht darin, ihnen solche Oertlichkeiten zu schaffen, die ihnen Futter und gute Brutgelegenheit bieten. Bei den Vögeln erreicht man nach einstimmigem Urteil diese Ab- sicht am besten, wenn man, namentlich in trockenen Steppen- gegenden, durch Anlegung von kleineren oder grösseren 462 Dr. Sander. Gehölzen und Waldstreifen Nist-, Schutz- und Futtergelegen- heit bietet. Köppen’'’) hat das in so vortrefflicher Weise dargestellt, dass ich nichts Besseres thun kann, als hier auf ihn zu verweisen. Es sind eben vorwiegend insektenfressende Vögel, die in solchen Gehölzen nisten. Nach den Köppen- schen Ausführungen kann es wohl auch keinem Zweifel unterliegen, dass auch von den Heuschreckenfeinden aus der Insektenklasse viele solche Wäldchen zum Standort haben und einwandern, wo solche geschaffen werden. Auch nach den Nordamerikanern halten sich z. B. die Fleischfliegen mit Vorliebe in den Gehölzen der permanent region auf. Die ZüchtungsversucheBairstows inSüdafrika weisen auf gleiche Oertlichkeiten als die von den Fliegen bevorzugten hin. Solche Waldstreifen und Baumpflanzungen — denn Obstbaumgärten entsprechen natürlich auch dem angestrebten Zweck — haben ausser dem Vorteil, den gefiederten Freunden und hilfreichen Insekten eine Heimstätte zu bieten, auch noch den Nutzen, Brennholz zu liefern, an dem es gerade in den Lieblingsgegenden der Heuschrecken — baumarmen Steppen — gebricht, den Heuschrecken selber, wie schon erwähnt, Hindernisse und Streifen ungünstigen Geländes in den Weg zu legen und zugleich das Klima — je nach ihrer Ausdehnung — mehr oder minder in einem für das Ge- deihen der Heuschrecken ungünstigen Sinne zu beeinflussen. Wird doch ziemlich allgemein, und für Südafrika nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte über Abholzung und Aufforstung zweifellos mit Recht, angenommen, dass solche Baumanpflanzung — ich will nicht sagen den Regen ver- mehrt’'’), aber — die Regen günstiger über das Jahr verteilt, »12) Heuschrecken. Schluss. S. 21I—214. Vgl. auch I. Report 1878 9..182.u. a., Ill. Report'.1833. S. 42-46. >13) Im III. Report 1833, Appendix VII. S. 55—56 erklärt A. G. Chipman (Report of Notes made by Mr. Ch.) übrigens geradezu, dass Zentral- und Westkansas zweifellos durch Aufforstung und Anlage von Obstgärten (vielleicht unter Mitwirkung der Ausrottung der Büffel, die einen üppigen Graswuchs zur Folge gehabt habe) regenreicher ge- worden seien, als sie 20 Iahre zuvor gewesen waren. Massregeln bewusster Abwehr. 463 also im ganzen die Luftfeuchtigkeit einer Landschaft er- höht, d. h. klimatische Verhältnisse schafft, die den Heu- schrecken ungünstiger, ihren Vogel-, Insekten- und Pilz- feinden günstiger sind. Solche Waldstreifen und Obstgärten erfüllen aber in den Grassteppen noch einen anderen Zweck: sie helfen die Ausdehnung der Grasbrände einschränken und geben somit sowohl den Erdnistern unter den Vögeln und vielen nütz- lichen Insekten günstigere Verhältnisse für Erhaltung und Vermehrung der Art, wie sie auch dem natürlichen Baum- wuchs mehr Gelegenheit zum Hochkommen verschaffen. Zugleich vermindern sie den Sonnenbrand, weil nicht so grosse Strecken kahl brennen können, und damit wieder wie gesagt zugleich die Lufttrockenheit, -was sich in stärkerem Taufall zu erkennen giebt. Es kann also die Baumanpflanzung in solchen Gegenden nur dringend empfohlen werden und verdient ausgedehnteste Unterstützung seitens des Staates und der Gemeinden. Ob es möglich ist, für einzelne unter den hilfreichen Insekten Lock- und Futterpflanzen anzubauen, wie für die Vögel die Bäume, bedarf noch der Untersuchung. Es ist hier der Ort, auf die Beziehungen zwischen »Feld-«(Prairie-)Brand und Heuschrecken einzugehen. Im I. Report, Kapitel XIV, ist die Frage ausführlich behandelt. Den dort gezogenen Schlussfolgerungen vermag ich nicht ganz zuzustimmen. Meiner Ansicht nach haben die Feld- brände einen Einfluss auf das Gedeihen der Heuschrecken. Allerdings nicht, weil diese Brände für das Jahr, in dem sie in grosser Ausdehnung geherrscht haben, Trockenheit hervor- riefen; wohl aber weil durch die Grasbrände das Aufkommen grösserer Waldbestände erschwert wird. Denn der junge Nachwuchs der Bäume, der in der Steppe verstreut auf- gekommen ist, wird dabei stets wieder vernichtet. Damit wird also wirklich Trockenheit geschaffen, aber nicht ein trockenes Jahr, sondern sein trockenes Klima. Dass Gegenden mit solchem Klima den Heuschrecken zusagen A464 Dr. Sander. und ihre bevorzugten Brutgründe darstellen, ist unbestritten. Vor dem Feuer — das mir nur eine sekundäre Bedingung für das Bestehen und Weiterumsichgreifen der Steppen dar- zustellen scheint — haben wohl die als gefährliche Baum- verwüster bekannten Ziegen, das Urhaustier Afrikas, und die ihnen nahestehenden, in den Steppen Afrikas so über- aus häufigen Antilopenarten (und Büffel?) im Verein mit zunehmender Trockenheit des Klimas die Vorbedingungen für die Steppenbildung geschaffen. Dass im allgemeinen ein Steppenbrand, wenigstens in Afrika, den Heuschrecken nicht allzu gefährlich sein dürfte, habe ich schon erwähnt. Zur Zeit, wo die Hupfer aus- schlüpfen und heranwachsen, ist das Feld eben meist zu grün, um zu brennen; ist es einmal trocken, so pflegen schon an der herrschenden Dürre die jungen Stadien der Hupfer zu Grunde zu gehen, es bedarf dann also kaum noch des Brandes. In den Winterherbergen, deren genaue Lage wir ja leider noch nicht kennen, würde das Feuer den in dichten Schwärmen angesammelten Mutterschwärmen wohl gefährlich werden können. Ob das aber in der That der Fall ist, scheint mir für Afrika zweifelhaft. Denn ent- weder liegen die eigentlichen Winterherbergen in so trockenen Gegenden, dass im südafrikanischen Winter kaum ein Busch- mann sich in ihnen aufhalten kann — die Wahrscheinlich- keit für einen Feldbrand würde also sehr gering sein —; oder sie sind, wie die sekundären in der Kapkolonie (bei Peddie u. s. w.) festgestellten Winterherbergen ein dichter Dornbusch, in den der Mensch nur schwer eindringen kann, an den er sich aber sorgfältig hütet Feuer zu legen, weil das darin enthaltene Holz für diese trockenen, holzarmen Gegenden zu wertvoll ist. Weitere Forschungen müssen uns erst belehren, wie sich hier die Sache verhält. Die Sorge für die Erdnister und deren Brut scheint mir bezüglich der Feldbrände übertrieben. Denn so lange Feldbrände vorwiegen — in den trockenen Monaten, etwa vom August-September an, brüten wenigstens in Südwest- Massregeln bewusster Abwehr. 465 afrika diese Vögel noch nicht. Ich habe als Jäger sicher beobachtet, dass sowohl Perlhühner, als Feldhühner, als Trappenarten u. s. w. nicht früher zu Paaren (beziehungsweise zu Dritt) fallen, ehe nicht die ersten Regen unmittelbar bevorstehen oder eingesetzt haben; und Eier im Lege- schlauch habe ich stets nur nach eingetretener Regenzeit gefunden. Die kleinen heuschreckenvertilgenden Säuger und Reptile flüchten beim Feldbrande, den man sich meist viel zu grossartig vorstellt, einfach in ihre unterirdischen Baue. Einer Beschränkung des unterschiedslosen Abbrennens der Steppen durch gesetzliche Verbote rede ich selbst das Wort, aber mit vorwiegender Rücksicht auf die Vernichtung des Baumnachwuchses. Von Amerika°'‘) her wird empfohlen, einerseits gewisse, eine bevorzugte Nahrung der Heuschrecken (namentlich in ihren jüngsten Stadien) in der permanent region bildende Unkräuter nach Möglichkeit auszurotten, um sie so gewisser- massen auszuhungern, andererseits die Kulturgewächse mit Streifen von minderwertigen Gewächsen zu umziehen, die ein Lieblingsfutter der Heuschrecken darstellen und so gleichsam als Fallen für diese Insekten dienen, die namentlich von den Jugendstadien gern angegangen werden sollen. Solche »Fangpflanzen« seien mit Arsenikpräparaten zu besprengen und so zu vergiften oder, wenn die Heu- schrecken sich in ihnen gesammelt haben, mit diesen gemein- sam zu vernichten. Der verste "Rat ist fur (die! Subtrapen); schwer zu be folgen, weil hier eben keine permanent region vorhanden ist. Um dem zweiten Rat nachkommen zu können, müssen wir erst die Lieblingsfutter der afrikanischen Heuschrecken in den einzelnen Gegenden kennen lernen. Selbst dann aber wird es noch seine Schwierigkeit haben, so vorzugehen Denn erstens ist in den am meisten heimgesuchten Gegenden >14) I. Report 1878. S. 414—417. Sander, Wanderheuschrecken. 30 466 Dr. Sander. der Anbau grösserer Strecken bloss zum Fange von etwaigen Heuschrecken keine so einfache Sache, da die Arbeitskräfte ohnehin gewöhnlich nur für die notwendigste Bestellung aus- reichen, und dann zieht sich hier das Ausschlüpfen der Jungen über einen viel längeren Zeitraum hin, als in den gemässigten Breiten. Es könnte sich daher leicht ereignen, dass, wenn man ein oder mehrere Züge mit Hilfe solcher Fangkulturen vernichtet hat, der grösste und gefährlichste Zug erst herannaht, wenn sie aufgebraucht sind. Mir will die auf die Herrichtung solcher Fangkulturen verwendete Mühe, Arbeit und Ausgabe auch grösser erscheinen, als die für Vernichtung der Züge in ihren jüngsten Stadien auf- zuwendende. Unter Umständen, besonders bei wertvollen Kulturen, ist schon viel gewonnen, wenn es gelingt, die Heuschrecken von den angebauten Pflanzen abzuhalten, ohne dass man die Schädlinge geradezu vernichtet. Dazu könnten gelegentlich einmal solche Kulturen, wie eben erwähnt, dienen. Sie werden jedoch bei einem grösseren Schwarm Fliegender bald versagen. An ihrer Stelle lassen sich vielleicht Kulturen von Pflanzen ver- wenden, die von den Heuschrecken gemieden werden, weil sie einen ihnen unangenehmen Geruch ausströmen oder dergleichen. Lawr. Bruner’”) berichtet nach D. H. Talbot über zwei von diesem und einem anderen Herrn angestellte Versuche in dieser Beziehung. Die Anordnung war folgende: »Auf der Nordseite wurde erst ein Streifen von Negerhirse (broom-corn) gepflanzt; dann Kartoffeln und Gemüse oder auch bloss Kartoffeln; weiter südlich davon ein Streifen Zuckerrohr und dann Gemüse. Die Heuschrecken, die mit Nordwestwind kamen, sollen nun, als sie auf die Nordwest- ecke trafen, nach Westen abgeschwenkt sein und alle Teile des Feldes, die unter dem Winde vom Zuckerrohr und der 915) „, Bulletin of the Entom. Sect of the Departm. of the United States. 1883. Report on the Rocky Mountains Locust. S. 8. Sioux City Town, June 21. 1882. Massregeln bewusster Abwehr. 467 Negerhirse lagen, vermieden, alles andere aber, was nicht von diesen beiden Pflanzen geschützt war, glatt querdurch abgefressen haben. Talbot nimmt an, dass der Wind beim Herüberwehen über diese beiden Pflanzen irgend etwas auf- genommen hat, dass dem Geruch oder Geschmack der Heu- schrecken widerlich war. Die im Westen vorkommenden Wildgräser aus dem Genus Sorghum sollen gleichfalls von diesem Kerf (Caloptenus spretus) gemieden werden.« Anderswo, d. h. von anderen Heuschreckenarten, z. B. den für Afrika in Betracht kommenden, werden Zuckerrohr und Negerhirse aber gefressen, wenn auch die letztere ent- schieden nicht besonders gern angegangen wird. Semler’'‘) empfiehlt zu gleichem Zwecke Anpflanzung von Ricinus- und Crotonölbäumen. Ob sie sich in Afrika bewähren werden, erscheint mir recht fraglich; denn ich habe 1896 gesehen, dass die Schistocerca Südwestafrikas (rote) Ricinusbäume anging, wenn auch in beschränktem Masse. Jedenfalls wäre die Frage weiter zu verfolgen und darauf zu achten, ob sich nicht Pflanzen finden, die wirklich solchen Schutz gewähren. Anzupflanzen wären sie natürlich nicht, wie in dem oben angeführten Beispiel, sondern nach Art der Windschutzstreifen, falls es hochwachsende sind, nötigenfalls rings um das ganze Feld herum; sind es Ge- wächse annähernd gleich hoch wie die zu schützenden, so wäre Mengsaat zu versuchen. Wie weit solcher Schutz reicht, d. h. in welchen Ab- ständen die Schutzpflanzungen anzulegen sind, lässt sich erst durch Versuche ermitteln, wenn wir wirklich wirksame Pflanzen dieser Art gefunden haben. Junge Kulturen könnte man gelegentlich, wo Bewässe- rung vorhanden ist, durch Ueberfluten vor den Heuschrecken schützen. Junge Obstbäume lassen sich durch Ueberbinden von Säcken oder grossen Papierdüten vorübergehend schützen. 216) Tropische Agrikultur. I. Bd. VII. Abt. S. 194. 30 E9 468 Dr. Sander. Sie vertragen, wie ich das selbst gesehen habe, dieses Zu- gebundenwerden ganz gut einige Tage lang. Nur muss der Schluss am Stamm dicht genug sein, sonst geht es, wie ich es in der Nähe von Grootfontein 1896 sah: die (geflügelten) Heuschrecken kriechen unter die Schutzhülle und fressen die Bäumchen um so gründlicher kahl. Gegen die Angriffe der Hupfer kann man die Obst- bäume°*') durch Anstrich der Stämme mit Kalkwasserschützen, das abbröckelnd die Hupfer zurückfallen lässt. Natürlich muss der Anstrich genügend oft wiederholt werden. Ist der Stamm rauh, kurz oder liegend, so nützt der Anstrich natürlich nicht sehr viel. Bei Spalierobst und Cordonobst wird er gleichfalls versagen. | An Stelle des oft zu erneuernden Kalkanstrichs kann man mit Vorteil glatte Blechstreifen verwenden, die in Breite von 8 bis 10 Centimetern um den Stamm herumgebunden werden. Es empfiehlt sich, wie der erste Report vorschlägt, zuvor einen Bindfaden oder eine Leine unterzubinden, so dass das untere Ende etwas absteht. Bei Spalier- und Cordonbäumen wird man den gleichen Schutz auch an den Spalierständen und der Wand anbringen, natürlich in jedem Fall in solcher Höhe, dass die Hupfer den Blechstreifen nicht einfach überspringen können. Das unter dem Blech gelegene Stück des Baumstammes schützt man, wo es nötig ist, durch Bestreichen mit Kalkwasser, starkem Seifenwasser oder Schmierseife, Kohltheer oder dergleichen. Gelegentlich wird sich feuchter Lehm dazu verwenden lassen; wenigstens sollen die Pondos in Umzinkulu °‘*) einen Teil ihrer Maisernte dadurch gerettet haben, dass sie die Kolben mit solchem bestrichen. An Stelle des Blechstreifens lässt sich auch ein Watte- ring, lose und dick gebunden, oder anderes entsprechend feinfaseriges Material verwenden, indem sich die Heuschrecken 917) Im Wesentlichen nach I. Report. 1878. S. 403/404. 918) Agric. Journ. Cape Col. IX. 1866. Reports u. Prospects. S. 290... Massregeln bewusster Abwehr. 469 mit den zackigen Beinen verfangen. Ebenso mit Seife, Kohl- theer oder dergleichen bestrichenes steifes Papier oder Glanz- papier, beziehungsweise in der Not in gleicher Weise zube- reitete trockene widerstandsfähige Blätter, Rindenstreifen und dergleichen. All diese Ersatzstoffe für Blech bedürfen natür- lich häufiger Erneuerung und ständigen Nachsehens. Wo die Gärten, wie in Südafrika häufig der Fall, mit Mauern umgeben sind und die Hupfer von aussen her heran- ziehen, kann man diese auch dadurch abwehren, dass man an den Mauern überstehende Blechstreifen von etwa 12 Zoll Höhe, 6 Zollüberstehend, anbringt°'°). (Abbildungen 37 u. 38.) Schon lange vor Menne hatte C. S. Orpen’”’) vorgeschlagen, in Abständen in den Umfassungsmauern eiserne Traghaken bestehender Form (s. Ab- bildung)einzumauern. In denWinkel zwischen A A und B, dessen Schenkel etwa 7—8 Centi- B meter lang sein muss, wird ein Blechstreifen von entsprechender Höhe eingelegt; der Ab- stand der Haken ist so zu wählen, dass die Enden zweier Blechstreifen in jedem Winkel Sur übereinander. sreifen..' Werden. die Anbilaneeliei Blechstreifen nicht mehr benötigt, so werden sie aufgerollt und verwahrt und halten sich so lange Jahre. Ein Band von glasierten Ziegeln in der Mauer würde, wie @285. ©, richtin „bemerkt, denselben, Dienst leisten.‘ Nur würden sie in Afrika meist schwieriger zu erhalten sein, als die Blechstreifen und wegen unsachgemässer Fügung wahrscheinlich nicht voll ihren Zweck erfüllen. Gegen die heranziehenden Fussgänger kann man auch mit gutem Erfolg Gräben um die bedrohten wertvollen Felder herum ausheben, wie schon seit altersher geschieht. Die Form und Anlage der Gräben wäre nach den bei den 919) W. L. Menne. Making Walls Locust-Proof. Agric. Journ. of Cape Col. XIV. 899. S. 464. 20) Nach III. Report 1883. Appendix VIII. Miscellaneous locust notes. S. [71-72]. 470 Dr. Sander. Vernichtungsmassregeln besprochenen Gesichtspunkten zu wählen. Eine Blechschütze am inneren Rande, wie C. S. ©. sie angewandt hat, würde den Erfolg noch sichern. Ebenso Füllung mit Wasser bis zu gewisser Höhe (nicht bis zum Rand). Selbstverständlich ist der Schutz durch Gräben nur ein zeitlich begrenzter und erfordert die Vernichtung der in die Gräben gefallenen Hupfer; rücken diese in allzu grossen Mengen an, dann versagen die Gräben. Feuerlinien sind vielfach in gleicher Weise angewendet worden, jedoch mit sehr geringem Erfolg. Auch Streifen von stark riechenden Stoffen sind kaum oder gar nicht wirksam, wenn es sich um grosse Züge handelt. Beide werden einfach überschritten, gleichgiltig wie viel der Hupfer dabei zu Grunde gehen. Die vorn marschierenden mögen noch so viel streben, dem widerlichen Geruch oder dem drohenden Verderben zu entgehen; sie werden einfach von der nachdrängenden Hauptmasse vorwärtsgeschoben, bis der Geruch ertötet, die Feuer verlöscht sind und der Haupt- strom sich ungehindert über sie hinwegwälzen kann. Eine Verbindung von Geruch und Feuer: Stinkfeuer, Qualmfeuer sind von altersher’’”') gegen herannahende Schwärme in ‘Gebrauch. ‘Auch mn Afıka,T derze2p: kolonie, ist dies Verfahren seit langem geübt’’”). Um den Rauch recht beissend zu machen, werden Dünger, alte Knochen, alte Lumpen, scharfe Kräuter, Schwefel u. dergl. dem Feuer zugesetzt und der Luftzutritt nur unvollkommen gestattet. Natürlich müssen die Feuer so angelegt werden, dass ihr Rauch über die bedrohten Felder zieht. Hierin liegt gerade eine nicht unerhebliche Schwierigkeit, weil der Wind namentlich gegen Abend häufig wechselte Und der >21) Vgl. Redtenbacher, Wanderheuschrecken. S.40; I. Report 1878. 3. 404. 922) John Barrow Voyage S. 291; III. Report 1878. Append. VII. S. 69; Agric. Journ. Cape Col. Reports and Prospects: IV. 1891/92. Middelburg S. 96; Steynsburg S. 120 u. V. 1892, S. 226. Ebenda VI. 1893. H. Wcod and L. Peringuey, Locust Destruction. S. 494 u.a.m. I, Massregeln bewusster Abwehr. 471 Abend ist die vornehmlichste Tageszeit, zu der dies Hilfs- mittel herangezogen wird, um die Nacht über, wo andere Massnahmen schlecht verwendbar sind, die Felder zu schützen. Riley schlägt einen tragbaren Feuerkessel vor. Gegen Pachytylusschwärme soll sich das Verfahren bewährt haben, natürlich aber auch nur bei nicht allzu grossen; bei den Schistocerca-Arten scheint es bisher überall versagt zu haben. Gegen diese werden denn auch in allen Gegenden, wo sie eine mehr oder weniger ständige Erscheinung bilden, andere Mittel zum Verscheuchen angewendet. Unter ihnen ist das meist geübte Erregung von Lärm durch Schreien, Trommeln auf allen möglichen Gefässen, Trompeten, Schiessen, Klappern u. s. w.’””). Allzugrosser Lärm kann unter Umständen das Gegen- teil des Gewünschten erwirken: Die Heuschrecken erschrecken dann so, dass sie sich verängstigt niederfallen lassen, wo sie gerade sind. Nach meinen eigenen Beobachtungen . bei Eingeborenen in Waterberg (Otyozondjupa) wirkt ein ziemlich gleichmässiges Anschlagen der Lärminstrumente, etwa in dem von Lawr. Bruner für das Treiben mit Flaggen em- pfohlenen Tempo am besten. Das Schiessen mit Geschützen ist früher°”‘) ein be- liebtes Mittel gewesen und wird noch heute gelegentlich an- gewendet und empfohlen. Freilich, die Mär, die sich die Herren der entomologischen Kommission Nordamerikas für den I. Report haben mitteilen lassen, dürfte Küchengarten- 924 923) Keferstein, schädliche Heuschrecken. Stett. Entom. Ztg. 1843. S. 187. Brzegan (Mitteilg. d. K. K. Mährischen Ges. 1828); Peringuey, Locusts and their Destruction. Agric. Journ. Cape Col. V. 1892. S. 286; D. A. H. Featherstone, Destruction of Locusts. Ebenda S. 30, Kap- kolonie; Passarge, Adamaua S. 46/47; mündliche Mitteilung von v. Er- langer (durch Dr. Kuhlgatz, Zoolog. Mus. Berlin), Nordafrika; eigene Beobachtungen, Waterberg in Deutsch-Südwest-Afrika 1896; Lawr. Bruner, Investigaciön, Argentinien u. v. a. 922) Siehe die oben angeführte Stelle in Keferstein. 472 Dr, Sander. latein sein’”’). Auch der sonst so kritische Lawr. Bruner druckt folgenden Bericht aus Montana, between Helena and Fort Shaw, Virginia City, ab: »Als gerade ein Schwarm einzufallen drohte, wurde zufällig eine Gewehr- und Geschütz- salve abgegeben und schien den Erfolg zu haben, dass die Heuschrecken in der Luft blieben. Mir ist berichtet worden, dass nahe bei den Kanonen der Boden mit toten Heu- schrecken besät war, die wahrscheinlich an dem von dem Abfeuern der Geschütze verursachten shock zu Grunde ge- gangen waren«°”). Nun, so zarte Nerven werden wohl die Heuschrecken nicht haben; wohl aber kann etwas anderes in Frage kommen: Die Kanonenschüsse haben wie beim Wetterschiessen den herrschenden Luftstrom plötzlich unter- brochen und damit den Heuschrecken den Wind aus den Flügeln genommen; bei dem plötzlichen Herabstürzen haben diese sich dann einfach zu Tode gefallen. Das beweist aber, dass Kanonenschiessen nach Heuschrecken auch den ent- gegengesetzten als den gewollten Erfolg haben kann; die meisten der zum Absteigen gezwungenen werden am Leben bleiben, also sich gerade da niederlassen, wo man sie weg- treiben will. Also ist es wohl kaum zu empfehlen, ganz ab- gesehen davon, dass ein möglicher Erfolg wohl kaum je mit den Kosten im Einklang stände. 925) 5, 405. The effect of Concussion. >Mr. A, Bell, of Mexico, Mo. erzählt, dass während seines Aufenthalts in Ashland, Ky., in seinem kleinen Küchengarten die Kartoffelstauden voll von Kartoffelkäfern und Heuschrecken gewesen wären. Da wurde zufällig ein Wahlumzug im Orte abgehalten und bei dieser Gelegenheit eine alte Kanone in der Nähe des Gartens zum Salutschiessen benutzt. Am nächsten Morgen fand er bei gelegentlichem Gang nach dem Garten alle Insekten tot „Heuschrecken sowohl wie Kartoffelkäfer“.« (!!! D. Verf.) ®26) JII. Report. 1883. Chapt. II. S. 16. »While the incoming swarms threatened, an occasional discharge of muskets and artillery seemed to produce the desired effect of keeping them in the air. Iam informed that in close proximity to the cannons the ground was strewn with the bodies of dead locusts, probably killed by the shock occa- sioned by the discharging guns.« Massregeln bewusster Abwehr. 473 In ähnlicher Weise wie Lärm wirkt Wehen mit Flaggen und Tüchern; es ist wohl noch die Frage, ob bei dem Lärmen nicht auch das taktmässige Bewegen der lärm- machenden Arme mit zum Verscheuchen der Heuschrecken beiträgt. Jedenfalls ist beim Gebrauch von Flaggen und Tüchern die Warnung Lawr. Bruners vor zu heftigem Schwingen beim Treiben der Heuschrecken auch hier an- gebracht. Schliesslich ist ja ein Verscheuchen auch nichts anderes als. eine) Art Treiben. Selbstverständlich kann man auch das Treiben an- wenden, um eine wertvolle Kultur von Heuschrecken zu säubern, die sich schon niedergelassen haben, und zwar ent- ‚weder allein oder in Verbindung mit anderen vorstehend aufgeführten Verfahren, z. B. Qualm oder Lärm”). Eine andere Methode zu gleichem Zweck ist — na- mentlich bei höher gewachsenen Halmfrüchten — das Ueberschleppen einer Leine durch zwei an den Schlag- grenzen entlang gehende oder reitende Leute’”°). Ausser den Mitteln, die Verwüster zu vernichten oder zu verscheuchen, giebt es auch Massnahmen, um das von diesen angerichtete Unheil zu mildern oder künftige Wieder- kehr solchen Unheils zu vermeiden. Es ist klar, dass man beim Einfallen grosser Schwärme oder dem Anrücken gewaltiger Züge, sobald man einmal die Unmöglichkeit erkannt hat, der Plage Herr zu werden, jede Feld- und Gartenfrucht schleunigst abzuernten ver- suchen wird, die sich auch in unvollkommenem Reife- zustande verwerten lässt. Das kann häufig durch Einlegen — ensilage °”’) — zu Süss- oder Sauerfutter auch da erreicht 927) P. M. O. Locusts in the Western United States. Agric. Journ. Cape Col. V. 1892. S. 181/82 nach Rileys Report „Damage done by Destructive Locusts during the season of 1891“. Bull. of the Ent. Sect. of the Dep. of Agric. of United States. 228) ], Report 1878. S. 364 und West H. Fynn. Locust Remedy. Agric. Journ. Cape Col. IX. 1896. S. 44. 929) Der damalige Herausgeber des Agric. Journ. Cape Col, und Direktor des Departm. of Agricult. Fischer schlägt dies Verfahren 1893 474 Dr. Sander. werden, wo ohne solche Zubereitung die geerntete Masse in wenigen Tagen verderben würde. Von den von den Heuschrecken verwüsteten Getreide- feldern, namentlich wenn sie in der Reife schon etwas mehr vorgeschritten waren, lässt sich durch Nachrechen und Nachlesen häufig noch ein gut Teil Körner retten, weil die Heuschrecken besonders von den Achren viel zu Boden fallen lassen, ohne es zu fressen. Jung abgefressene Gretreide- und Kartoffelfelder — selbst Mais — schlagen häufig, wie ich selbst gesehen habe, noch sehr gut wieder aus und können noch eine gute Ernte geben. Aehnlich wie Kartoffeln dürften sich wohl andere Knollenfrüchte verhalten. Es empfiehlt sich also, solche Schläge nicht gleich nach dem Abfressen umzubrechen, sondern erst abzuwarten, wie der neue Ausschlag sich ge- staltet. | Nach dem I. Report S. 415 soll man Futterrüben, Kohlrüben, Möhren u. dergl. dadurch vor dem ÄAbgefressen- werden schützen, dass man das Kraut abschneidet und die Köpfe mit Erde bedeckt. Sie sollen dann, wenn der Boden nicht zu lange liegen bleibt, wieder gut weiter wachsen; doch müssen sie schon etwas herangewachsen sein. Bei längerem Bedecktbleiben mit Erde verrotten die Wurzeln leicht. Droht die Heuschreckengefahr wie häufig mehrere Jahre hintereinander, so wird es sich empfehlen, vorwiegend solche Grewächse anzubauen, die wenig oder gar nicht von den Heu- schrecken angegangen werden und die oben genannt sind. Freilich wird die Beschaffung des Saatgutes manchmal Schwierigkeit bieten. In Ostafrika sind mit dieser Methode recht zufriedenstellende Erfolge erzielt’”*). im Band VI. S. 2ır des Journals vor: ‚„ensilage, and this especially, as it will keep good for years.“ 930) Uebrigens habe ich kürzlich durch die Güte des Herrn Regie- rungsrates Dr. Stuhlmann ein Pack Maniokstengel erhalten, deren Rinde von den Heuschrecken bis aufs Mark abgeschält ist. Das scheint aber der Knolle wenig oder nichts zu schaden. Massregeln bewusster Abwehr. 475 Eine Aenderung des Bestellungsplanes in der Weise, wie ihn der I. Report mit gutem Recht für Nordamerika empfiehlt, scheint mir für das tropische und subtropische Afrika ausgeschlossen: nämlich den Anbau frühreifender Ge- wächse. In den Subtropen und Tropen kommen die Heu- Schnecken ja mit .der Regenzeit und‘ bleiben die ganze Vegetationsperiode über in ihren verschiedenen Stadien da; nur für die in der kleinen Regenzeit oder in der Trocken- zeit angebauten Gewächse liesse sich hier gelegentlich dieser Rat befolgen. Der weitere Rat, in stark bedrohten Gegenden sich. mehr auf die Viehzucht zu verlegen,wird wohl in den meisten Fällen in Afrika schwer ausführbar sein und trägt auch seine Gefahren in sich. Die Markt- und Absatzver- hältnisse sind ja in Afrika bei den schlechten Verkehrs- mitteln zumeist nicht derart, dass man willkürlich bald die eine, bald die andere Betriebsart ergreifen kann, sondern der Betrieb ist eben den meist lokalen Absatzverhältnissen angepasst. Andererseits schafft eine halb- oder dreiviertel wilde Viehzucht, wie sie in den meisten Gegenden Afrikas zur Zeit allein möglich ist, ausgedehnte Grasfluren, die ja gerade für die Heuschrecken einen erwünschten Brutgrund darstellen. Und ausserdem kommt hinzu, dass vielerorts. wegen Tsetse, Texasfieber und anderen Enzootieen eine Viehzucht überhaupt nicht möglich ist. al XI. Kapitel. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden und des Staates zu der Heu- schreckenfrage. \W° kommt es nun, da es doch so viele und darunter so ausserordentlich wirksame Mittel und Wege giebt, den Heuschrecken beizukommen, dass in so vielen Fällen trotzdem jede Anstrengung vergebens ist und dass es bisher erst auf einer ganz abgeschlossenen Insel gelungen ist, die Heuschrecken so zu vermindern, dass sie praktisch keine Gefahr mehr bedeuteten? Gerade die Erfahrung auf Cypern giebt uns die Aufklärung: nur wenn jeder Einzelne, jede Behörde und der Staat als solcher sich an dem Vernichtungs- krieg in angemessener Weise beteiligen, wenn der Zuzug solcher Schädlinge von draussen her unmöglich gemacht wird, wenn alle Waffen zum Kriege rechtzeitig bereit gestellt und Stellung, Stärke und Art des Vorgehens der Feinde genügend bekannt, die Truppen ausreichend vorhanden und genügend eingeübt sind und wenn der Krieg bis zur Ver- nichtung der letzten versprengten Banden fortgesetzt wird, dann ist er von Erfolg begleitet. Was in Cypern möglich war, lässt sich auch anderswo erreichen, wenn auch unter unendlich grösseren Schwierig- keiten und nach unendlich viel längerer Zeit. Freilich, wir werden es kaum noch für Afrika erleben, denn Vor- bedingung für alles weitere ist, dass erst alle die vielen Köpfe dort unter einen Hut gebracht, dass sie wenigstens Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 47T in Bezug auf die Heuschreckenabwehr einig sind! Das ist ja aber noch nicht einmal bei den Staaten mit herrschender Europäerbevölkerung der Fall, wie viel weniger noch bei denen mehr oder weniger unabhängiger Eingeborener. Und zweitens: Wie wenig wissen wir noch von der eigentlichen Lebensgeschichte der afrikanischen Wanderheuschrecken, von den wichtigen Einzelheiten, auf die es bei der Be- kämpfung so sehr darauf ankommt! Die vorstehende Studie ist wohl der beste Beweis für die Unvollkommenheit unserer Kenntnisse in dieser Beziehung. Nicht einmal die Grund- fragen der Systematik und Lebensgeschichte sind sicher. Doch ehe wir die Nutzanwendung auf Afrika ziehen können, heisst es erst einmal betrachten, was die Heuschrecken für ee Allgemeinheit, die "Gemeinden, den Staat‘ und die Staatengemeinschaften bedeuten und wie sich demnach jeder einzelne dieser Faktoren gegenüber dieser Frage verhalten muss, will er thun ‚was sein Pflichtanteil ist, um die Gefahr abzuwehren, die Schäden zu beseitigen und ihnen für die Zukunft vorzubeugen. Man begegnet vielfach der Anschauung, dass es Sache des Einzelnen, gerade Betroffenen sei, das Unheil abzu- wehren und sich mit dem Verlust abzufinden, so gut er könne. Diese Ansicht ist merkwürdigerweise gerade in den gefährdeten Kreisen, unter den Landwirten und Garten- bauern, weit verbreitet. Der beste Beweis dafür, dass sie nicht richtig sein kann, liegt schon darin, dass sie um so seltener wird, je grösser die Fläche ist, die einer anbaut; d.h. während der Kleinbauer und Kleingärtner entsprechend der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach Massgabe der Klein - heit seiner bestellten Fläche weniger häufig betroffen wird, nimmt die Häufigkeit der Verheerung für den grösseren Be- sitzer mit der wachsenden Fläche zu. Es ist in dieser Be- ziehung dasselbe Ding wie mit Hagel- und Feuersgefahr; und hier noch dadurch verschlimmert, dass der Klein- besitzer, namentlich der Gärtner, viel leichter seine Ge- wächse retten kann, weil er im Verhältnis über viel 478 Dr. Sander. : mehr Arbeitskräfte verfügt als der Grossgrundbesitzer und weil: er es viel leichter 'hatsals dieses die ns nichter von seinem Felde‘ zu‘ verscheuehen „ad einem andern zuzutreiben, nach dem bekannten Stoss- gebet des Bäuerleins: O lieber heiliger Kilian! Verschon’ mein Haus, zünd’ andre an! Bei unseren europäischen Bauern muss noch ein Stück — ich möchte sagen — Atavismus mitspielen, eine unbewusste Erinnerung an die alte Frohnarbeit, den robot, ‚der sie sich so gegen jede Arbeit für allgemeine Zwecke auflehnen lässt. Denn der freie Neger, der diese Art Zwangsarbeit nie gekannt hat, verhält sich ganz anders darin. In Scharen zieht das ganze Dorf und oft viele be- nachbarte Dörfer gemeinsam mit tausenden von Arbeitern aus, um solche gemeinsame Gefahr zu bekämpfen. Dieser Unterschied tritt besonders auffällig in Südafrika hervor, wo die Eingeborenen jede entbehrliche Hand zum Kampf gegen die Heuschrecken bereitstellen, während die europäischen Siedler sich teils einzeln, teils distriktsweise gegen jede ge- meinsame Abwehr aussprechen und ihre Hilfe dabei ver- weigern.°’') 21) Ich lasse hier eine Reihe von Belegstellen folgen, die ich auf gut Glück herausgegriffen habe: Agricult. Journ. Cape Col. V. 1892. Charles Currey, Locusts State- ment. S. 198/199: Glen Grey: „Sobald Heuschrecken sich zeigen, will der Häuptling seine Leute sammeln und energisch vorgehen.“ King Williams Town: „Eingeborene wollen Hilfe leisten.“ Queenstown: „Die Eingeborenen von Kamastone und Oxkraal be- reiten sich unter Leitung des Veldcornets zu thätiger Hilfe vor.“ Ebenda. Derselbe S. 241—243. Glen Grey: „Die unter den Häuptlingen in Massen ver- einigten Eingeborenen haben Schwärme in Kundulu, Xonxa, Cacadu und Bolotwa vernichtet.‘ Peddie: „Die Eingeborenen vernichteten grosse Mengen bei Brakfort Vlei, Kanlela’s und Ngwekazi’s.“ Queenstown: wie oben. ‘Verhalten der Gemeinschaften der Gemeinden etc. 479 - Und dabei ist es doch gerade einem so bewegungs- fähigen Feinde gegenüber, wie die Heuschrecken sind, ohne weiteres klar, dass das, was der eine versäumt, dem anderen zum Schaden werden muss. Und da jeder auch einmal »der andere« sein kann, ist es eine sehr kurzsichtige Politik, nicht selbst alles thun zu wollen, was in eigenen Kräften steht, um den Feind zu vernichten oder wenigstens nach Möglichkeit zu vermindern. Schon der eine Gesichtspunkt, dass man von anderen nicht wohl verlangen kann, was man selber zu thun ihnen weigert, sollte hier doch überzeugend wirken. Tembuland: „Heuschrecken am Kei, die Eingeborenen thun ihr Bestes, sie zu vernichten.“ Transkei: „Die Eingeborenen von St. Marks und Idutywa haben gewaltige Arbeit geleistet und meist glücklich die Heuschrecken vernichtet.“ Ebenda. VI. 1893. Reports and Prospects. S. 412. Queenstown: „Den Eingeborenen wurde geboten, unter ihren Häuptlingen aus- zurücken und ich zweifle nicht, dass das wirklich geschehen ist.“ Ebenda. S. 480. Queenstown: „Die Eingeborenen sind nach dem Berichte des Feldcornets ausgerückt, willig zu wirken für das gemeine Wohl.“ Ebenda. S. 481. Umtata. Europäische Farmer und Eingeborene wollen gemeinsam gegen die Heuschrecken vorgehen, sobald sie ausschlüpfen. Ebenda. IX. 1896. Reports and Prospects. S. 155. Umzimkulu: „im Februar waren 7000 Eingeborene mit der Vernichtung be- schäftigt, aber so viel sie vernichteten, so viel rückten nach. .. Nächsten Freitag wieder Ausziehen der Eingeborenen gegen die Heuschrecken.‘ Ebenda. XVI. ıgoo. Ebenda. S. 263. Mqanduli: „Die Eingebo- renen längs der Küste sind sehr eifrig darauf bedacht, Pilzkultur zu erhalten und auszustreuen, weil sie die Notwendigkeit für so- fortiges Vorgehen wohl kennen. Denn jetzt sind junge Hupfer von Fliegengrösse in grossen Mengen da.“ Und nun die entsprechende Kehrseite, wobei ich aber ausdrück- lich bemerke, dass ich von den Weissen hier nur ungünstige Berichte aufzähle: Curreys Berichte: S. 198/199. Middelburg: „Keine Aussicht auf gemeinsames Vorgehen.“ ASOo Dr. Sander. Nun kommt aber hinzu, dass das Uebel der Heu- schrecken umso grösser wird, je mehr man ihm Zeit lässt. Denn es handelt sich eben um Lebewesen, die in kurzer Zeit, wenigen Wochen, das Vielfache ihres Gewichts und ihrer Grösse erreichen, sich dann zu gewaltigen Heeren zu- sammenschlagen und wie ein hochgeschwollener Strom, der seinen Damm durchbrochen hat, alles vernichtend, was sich ihnen entgegenstellt, sich über die Fluren dahinwälzen. Ist es soweit gekommen, dann sieht auch der Blödeste ein, dass Einzelhilfe nichts ausrichten kann und er schreit dann, wie gewöhnlich, nach der Hilfe des Staates und der Gemeinheit, natürlich erst, wenn es zu spät ist und alle Hilfe von noch so vielen Armen und noch so grossen Summen das Unheil nicht mehr abwenden kann. Steynsburg: „Farmer sind gemeinsamem Vorgehen abgeneigt“ und so und so oft „Individual effects only being made“ oder „Nothing being done yet‘. Curreys Berichte: S. 241I—243. Barkley West: G. Paton, M.L.A., und P. H. Joubert berichten, dass sie, als Einzelne vorgehend, grosse Mengen vernichtet haben; aber der Divisional Council verhält sich passiv. Calvinia: „Viele Schwärme, aber kein allgemeines Vorgehen er- griffen.“ Carnarvon: „Einzelthätigkeit wenn notwendig, vielleicht, aber wenig Aussicht auf gemeinsame Thätigkeit.“ Fraserburg: „Farmer neigen nur zu Einzelvorgehen.“ Hay: „Nur wenig Heuschrecken da; Farmer sind aber der Sache abgeneigt, weil sie sagen, die Heuschrecken hätten die schäd- lichen Gräser abgefressen und so die Krankheiten unter den Heerden vermindert.“ Herbot: „Ziemlich Heuschrecken da; aber der Divisional Council will keine Schritte ergreifen.“ Kimberley: „Grosse Mengen da, aber bloss von Einzelnen Anstren- gungen dagegen.“ Middelburg: „Grosse Mengen; die Einzelnen arbeiten hart, aber keinerlei gemeinsame Abwehr ergriffen.“ Tarka: „Divisional Council lehnte gemeinsames Vorgehen ab, trotz Vorschlag des Gouvernements, jedes organisierte Vorgehen durch den D. C. £ gegen £ zu unterstützen.“ Und andere mehr. SE en ger ee Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 481 Andererseits aber kann man es bei einer solchen Sachlage auch dem Einzelnen, der bisher nach Kräften das Seine gethan hatte, um das Unheil von sich abzuwehren, nicht verdenken, wenn er schliesslich verzweifelt die Hände in den Schooss legt, weil immer neue Scharen von Feinden von den Feldern der Unthätigen her nach seinen eigenen, durch seine mühe- und kostenreiche Arbeit noch erhaltenen, einrücken. Auch er ruft dann die Hilfe der Allgemein- heit an und, wiewohl in seinem Falle mit vollster Berech- tigung, doch auch ohne den gewünschten Erfolg, weil eben das Uebel schon ein Ausmass angenommen hat, das über Menschenkraft hinausgeht ’””). Ebenso ist es ganz menschlich 932) Dass das kein theoretisch konstruiertes Bild ist, mögen einige Beispiele, die von den Farmern Südafrikas selbst im Agric. Journ. der Kapkolonie angeführt werden: V. 1892. S. 30/31. P. Weyer, Destruction of Locusts: „Ich möchte feststellen, dass ich im vergangenen Jahre alle Heuschrecken, die auf meiner über 5000 (Kapschen = nahezu I ha) Morgen ebenen Landes enthaltenden Besitzung, die zum Brutgrunde wie geschaffen ist, ausschlüpften, vernichtet habe. ... Aber am Abend, als ich die meinigen alle getötet hatte, kamen die von meinen Nach- barn längsmarschiert und thaten meinen Feldern grossen Schaden.“ Ebenda S. 226/227. An Anxious Farmer: „Der einzelne Farmer hat wenig Aussicht, seine Ernte zu retten und wenn er jede nur mögliche Anstrengung macht. Das habe ich im letzten Jahr selber erfahren, als ich glücklich meine Felder mittels der der Gelegenheit angepassten Methoden ... vor den Hupfern gerettet hatte. Da kamen plötzlich die Flieger in unzählbaren Millionen, wie ein dichter Schneesturm und fegten mir in wenigen Stunden die Saaten so gründlich weg, dass ich noch nicht einmal die Aussaat erntete.‘“ Und ebenda S. 76, Hellier, Report: „Ein Gutsbesitzer mag jeden Schwarm töten, der bei ihm aus- geschlüpft ist, und doch wird seine ganze Ernte vernichtet und. sein ganzes Feld kahl gefressen von Schwärmen, die auf anderer Leute Land ausgekommen sind.“ Kein Wunder, dass da auch anfänglich Willigen die Lust zu solch schliesslich doch unnützer Arbeit ausgeht, z. B. Ebenda XVII. ıg00, S. 314, Alexandria: „Wozu soll ich denn alle Hupfer auf meiner/Farm vernichten, wenn meine Nachbarn nicht dasselbe thun?‘“ und S. 640, Mqanduli, heisst es: „Die Eingeborenen sind sich lebhaft der Notwendigkeit bewusst, die Hupfer zu töten; da aber kein Gesetz besteht, dass Nachbarn und andere Leute, die sich . an der Vernichtung nicht beteiligen wollen, bestraft, so verlieren selbst die die am Werke sind, die Lust dazu.“ Sander, Wanderheuschrecken. 31 482 Dr. Sander. natürlich, dass er bei einer neuen Wiederkehr der Plage auch nicht mehr mitthun will, weil eben das erste Mal alle seine Mühe und Arbeit durch Schuld seiner trägen Nach- barn umsonst gewesen ist. Umso leichter noch wird sich Ueberdruss einstellen, wenn etwa bei einem Einspringen der öffentlichen Wohlthätigkeit oder des Staates auch diese faulen Nachbarn in gleichem Masse wie er für ihre Verluste an der Ernte mehr oder minder entschädigt worden sind. Thut dagegen jeder Einzelne auf seinem Besitz zur rechten Zeit seine Schuldigkeit und vernichtet er die Hupfer gleich bei Zeiten kurz nach ihrem Ausschlüpfen, so ist, voraus- gesetzt dass der Kampf in zweckentsprechender Weise mit genügenden Arbeitskräften und über die ganze von Heu- schrecken besetzte Gegend hin ausgeführt wird, mit Sicher- heit anzunehmen, dass die Brut’’”) der Heuschrecken in diesem Jahre keinen nennenswerten Schaden thun wird und dass auch im folgenden Jahre — immer unter der Voraus- setzung, dass auf den ganzen Brutgründen die Vernichtung durchgeführt würde — keine nennenswerte Schädigung von Heuschrecken eintreten wird. Geht nun auch im folgenden Jahr der Kampf in entsprechend gründlicher Weise weiter und so fort, so muss schliesslich ein Zeitpunkt eintreten, wo man praktisch von einem Ausgetilgtsein der Heuschrecken sprechen kann und von dem ab bei der nötigen Aufmerk- samkeit nie wieder eine Heuschreckenplage eintreten könnte. Nun liegt aber die Sache leider so, dass von allen drei Vorbedingungen zumeist eine oder die andere nicht erfüllt ist, häufig genug, jedenfalls auch noch in der Mehr- zahl der Fälle, alle drei zusammen nicht. Wie der ersten Vorbedingung, der zweckmässigen Weise der Vernichtung, gerecht zu werden ist, habe ich im vorhergehenden Abschnitt zu schildern versucht, soweit es sich um die Technik handelt. Sache des einzelnen 932) Ich sehe hier einmal zunächst von den Mutterschwärmen (ein- brechenden Schwärmen) ab. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 483 Falles ist, dass die gerade für. die gegebenen Verhältnisse beste und billigste Art des Vorgehens gewählt wird. Die zweite Vorbedingung, ausreichende Arbeits- kräfte, ist sehr schwer, in vielen Fällen unmöglich zu er- füllen. Am leichtesten wird ihr in dicht belebten, hoch- kultivierten Gegenden mit guten Verkehrsbedingungen zu genügen sein. Aber auch hier werden bei einigem Umfang der Plage die unmittelbar betroffenen Kreise der Bevölkerung, die landwirtschaftlichen, nicht im stande sein, die nötigen Arbeiter zu stellen. Denn die Heuschreckengefahr tritt ja gerade dann in Erscheinung, wenn in der Landwirtschaft und dem Gartenbau die grösste Arbeit ist: Frühjahrs- bestellung und Ernteanfang. (Von der jetzt in allen Kultur- ländern herrschenden Arbeiternot auf dem Lande sche ich hier einmal ganz ab, weil das ein ungewöhnlicher Zu- stand ist.) Da fragt es sich nun, wäre es billig und gerecht, auch andere Kreise der Bevölkerung’”‘) als die landwirtschaftliche mit zum Kampf gegen die Heuschrecken heranzuziehen? Darüber giebt wohl am besten eine Vorfrage Aufschluss. Sollen nur die Landwirte und Gärtner, auf deren Land gerade ein Heuschreckenschwarm einfällt, Eier abgelegt werden oder junge Brut ausschlüpft, den Schaden tragen? Wer kann es ihnen dann verwehren, wenn sie den Schwarm oder den Zug einfach auf ein anderes Feld treiben, was viel leichter und billiger ist, als ihn zu vernichten? Oder kann er seinen eigenen Schaden auf sich nehmen, sich sein Feld abfressen lassen, ohne irgend etwas gegen die Heu- schrecken zu unternehmen? Das ist ihm wohl von vorn- 93%) Diese Heranziehung braucht natürlich nicht durchaus eine persönliche Arbeitsleistung darzustellen; sie könnte auch in Geld- _ deistung bestehen, denn für Geld kann man Arbeiter werben. Mir kommt es hier nur darauf an: bleibt die Heuschreckenplage in ihren Folgen nur auf die Landwirte und Gärtner beschränkt, oder haben andere Kreise und die Allgemeinheit auch darunter zu leiden; haben diese also ein Interesse daran, dass der Heuschreckengefahr vor- gebeugt wird. 31“ 484 Dr. Sander. herein nicht zu verwehren und die Allgemeinheit hätte kein Recht, es ihm zu verbieten, wenn sie ihrerseits nichts. thut, um sein Eigentum zu schützen. In beiden Fällen würde der Erfolg der gleiche sein; auch die Felder der Nachbarn, Felder entfernter Landbauern würden abgefressen , werden. Ein Uebel, das eine je nach seinem Umfange grössere oder geringere Einbusse an der Erzeugung notwendiger Lebensmittel für Mensch und Vieh bedeutet und das be- seitigt oder wesentlich vermindert werden könnte durch rechtzeitiges Eingreifen, nimmt einen grösseren Umfang an, der für die nächsten Jahre immer weiter wächst und zur allgemeinen Hungersnot führt, falls der Mensch unthätig bleibt und keine Hemmung durch hilfreiche Naturereignisse eintritt. Im ersten Jahr sind vielleicht nur einige Land- wirte und Gärtner die fühlbar, Betroffenen, im nächsten jahr empfinden schon weitere Kreise durch ‚höhere Preise für Lebensmittel und schlechteren Umsatz den Ausfall, der die Landwirtschaft betroffen hat, und so geht es weiter, bis die allgemeine Hungersnot da ist, die unter Umständen Hundert- tausende von Menschen {und Tieren) dahinrafft. Die Heu- schreckenfrage ist also wohl eine solche, die die Allgemein- heit angeht, und diese hat damit zweifellos ebenso wie der nähere und fernere Nachbar und alle Berufsgenossen dessen, bei dem zuerst Heuschrecken sich gezeigt haben, das volle Recht, zu verlangen, dass der Einzelne auf seinem Felde die Heuschrecken in zweckentsprechender und ausreichender Weise bekämpft. Voraussetzung ist allerdings nach unserer heutigen Rechtsanschauung durchaus, dass der nähere und fernere Nachbar, die Berufsgenossen, die anderen Berufs- kreise, die früher oder später in Mitleidenschaft gezogen werden würden, und die Allgemeinheit dem Einzelnen bei- springen, wo dessen eigene Kräfte nicht ausreichen, dass sie ihm einen entsprechenden Anteil an Auslagen und Ver- lusten abnehmen und tragen helfen. "Unter den Landwirten und Gärtnern ist das Ge- fühl der Notwendigkeit, im Kampfe gegen den gemeinsamen Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 485 Feind zusammenzustehen, denn auch bei den weitsichtig eren meist von Anfang an vorhanden und auch bei den kurz- sichtigeren pflegt es sich gewöhnlich bei zunehmender Ge- fahr, besonders wenn die Heuschreckennot einige no hintereinander wiederkehrt, einzustellen °°°). | Dass aber auch vielfach die mit und von den Land- leuten lebenden Kreise auch ohne den Druck von obenher einsehen, dass die Heuschreckenplage eine Sache sei, die auch sie sehr nahe betreffe, geht aus der hübschen Erzählung‘ an. Bruners m III Repoört 18837 9.53 hervor! ‚Die Kaufladenbesitzer von Taos Valley sollen den Landleuten, als die Heuschrecken das erste Mal auftraten, für jedes Pfund gefangener und getöteter Heuschrecken ein Pfund Kaffee gegeben haben. Wenn der Schaden der Plage für die Allgemeinheit im gewöhnlichen Verlauf fernerstehenden Kreisen, namentlich in zivilisierten Ländern, nicht recht ins Bewusstsein tritt, so liest das daran, dass einmal die be- stehenden ungeheuren Verkehrserleichterungen Ausfälle in der Ernte kleinerer Strecken kaum im Weltmarktpreise der Lebensmittel zum Ausdruck kommen Jassen. Diese Kreise empfinden unmittelbar den Ausfall für gewöhnlich nur dann, wenn wichtige Handelsgewächse in grösserem Umfange geschädigt worden sind. Andererseits zeigt sich die dem Nationalvermögen durch ein oder mehrere Heu- schreckenjahre zugefügte Verminderung nicht sofort, sondern erst allmählich und wird dann leicht von günstiger Geschäfts- lage auf anderen Gebieten ausgeglichen, oder durch gleich- zeitig vorhandene andere Notlagen des Wirtschaftslebens verdeckt und verschleiert. Jedenfalls aber kann es keine °»»>) Es würde zu weit führen, wollte ich hier die Beläge im ein- zelnen anführen. Sehr überzeugend wirken in dieser Beziehung die bezüglichen Berichte des Agric. Journal of the Cape Colony für die Heuschreckenperiode von Ende 1891 bis jetzt: Zu Anfang noch nicht in der Hälfte der Distrikte‘ die Einsicht, dass gemeinsames Vorgehen von nöten sei, zum Schluss kaum noch ein einziger Distrikt, in dem nicht die überwiegende Mehrzahl der Farmer ‚die Notwendigkeit Bl samen Kampfes anerkennt. 486 Dr. Sander. Frage sein, dass bis zu einem gewissen Grade die Heu- schreckennot ein unglückliches Naturereignis ist, das den davon Betroffenen unverdient befällt. Man kann ihn also ebensowenig für den dadurch entstehenden Verlust am Nationalvermögen haftbar machen wollen, wie bei schweren Ueberschwemmungen, Bergrutschen u. dergl. Naturereig- nissen °®®). Wie bei solchen hat daher zweifellos die All- gemeinheit, d. h. der Staat, das Recht und die Pflicht, einzu- treten, um dem Einzelnen zu helfen, den Schaden zu tragen, und, wenn möglich, seine Wiederkehr abzuwenden. Und wie bei solchen andern Naturereignissen werden seine Pflicht und sein Recht auch hier doppelt sein: Vergütung wenigstens eines Teils des entstandenen Schadens, weil die Allgemein- heit nicht für die Möglichkeit, ihn abzuwenden, von vorn- herein gesorgt hat, während die Kraft des Einzelnen er- fahrungsgemäss dazu nicht ausreicht. Und andererseits die Verpflichtung, nun die Mittel bereitzustellen, das in Zukunft zu thun. Dafür aber auch das Recht, jeden Einzelnen, der an dem Unglück beteiligt ist, zu zwingen, rechtzeitig und in geeigneter Weise alles zu thun, um den Schaden abzu- wenden und Widerspenstige zu bestrafen, die Ausführung der Abwehrmassregeln zu ordnen und zu überwachen und andererseits die Allgemeinheit zu den Kosten heranzuziehen. Da ein gut Teil des Nicht- oder in unrichtiger Weise dem °*) Für. die einfallenden Mutterschwärme oder rückkehrenden Schwärme steht ja das eigene Verschulden des Betroffenen überhaupt nicht in Frage; aber auch für den Schaden, den er durch Hupfer, selbst solche, die auf seinem eigenen Besitz ausgeschlüpft sind, erleidet, ist er nicht in vollem Umfange schuldbar. Denn um diesen Schaden abzuwenden, muss er Arbeit und Geld aufwenden, die ihm erspart blieben, wenn eben nicht das Naturereignis der Mutterschwärme, die die Eier abgesetzt haben, vorausgegangen wäre. Schuldbar wird er erst dann — und zwar eigentlich nur für den entstandenen Mehrschaden bei sich und anderen — wenn er nichts gethan hat, um diese voraus- zusehende Folge des Naturereignisses abzuwenden. Freilich ist daran oft genug nicht bloss der mangelnde Wille, sondern viel häufiger die mangelnde Einsicht und Kenntnis und das Fehlen von Mitteln Schuld. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 487 Uebel Entgegentretens auf Unkenntnis der einschlägigen Verhältnisse beruht, so wird dem Staate auch die Pflicht zu- fallen, für geeignete Belehrung zu sorgen, und das Recht, die unmittelbar beteiligten Kreise zu zwingen, diese Be- lehrung anzunehmen. | Nimmt der Staat die Sache in die Hand, so ist die grösstmögliche Garantie geboten, dass alle Hülfsmittel, ge- eignete Arbeitskräfte und die Geldmittel zur rechten Zeit vorhanden sind und dass der Kampf überall da aufgenommen wird, wo der Feind sich zeigt, wenigstens innerhalb der Grenzen dieses Staates. | Nun haben wir aber gesehen, dass die Heuschrecken über ungeheuer weit ausgedehnte Gebiete, durch viele Staaten hindurch, ihre Züge unternehmen. Und wie der einzelne Landwirt mit Recht über seinen unthätigen Nachbar klagt, wenn dieser die auf seinen Feldern vorhandenen Heuschrecken nicht vernichten will, dass er ihm seine ganze _ Müh und Arbeit zu nichte und zur Verschwendung mache, so hat ebenso jeder Staat, der selbst alles thut, um die Gefahr von sich abzuwenden, das Recht, sich zu beklagen, dass ihm der unthätige Nachbarstaat alle Arbeit und Aus- lagen unnütz mache. Da nun ein Staat den andern. zu solchen Massnahmen auf friedliichem Wege nicht zwingen kann, so bleibt eben nur ein gütliches Uebereinkommen möglich. Ein Vorbild haben wir in den Vereinbarungen zwischen den gesitteten Völkern über Völkerrecht, über. Krankenschutz im Kriege, über Seuchengefahr. Dieser Weg wird sich auch hier beschreiten lassen und muss beschritten werden, sollen wirklich durchgreifende Erfolge erzielt, soll wirklich auf der ganzen Linie der Kampf aufgenommen werden. Die Ansätze dazu waren, wie schon erwähnt, für Südafrika vor dem unglückseligen Burenkriege da. Freilich, einer Täuschung darf man sich darüber nicht hingeben, dass ebenso wie die Vereinbarungen über Völker- recht, über Schutz von Kranken und Privateigentum im Kriege, über Verfahren bei Seuchen und seuchenverdächtigen 488 na Miele Dr. Sander. Fällen, auch die Vereinbarungen über Heuschreckenabwehr gelegentlich durchbrochen werden, von Einzelnen wie von Staaten. | | | | Wie im einzelnen sich der Staat, die Gemeinden, die Berufsgemeinschaften zu der Frage, wie am besten die Heu- schrecken abzuwehren seien, zu stellen haben, das richtet sich nach den Verhältnissen. So wird es einen wesentlichen Unterschied machen, ob der Heuschreckenschaden ein ganz aussergewöhnlich seltenes Uebel darstellt oder ob er mit. einer gewissen Regelmässigkeit wiederkehrt; ob er bei seinem Eintreten auf ein oder wenige Jahre und verhältnismässig kleine Gebiete beschränkt bleibt, oder ob erfahrungsgemäss dem ersten Jahre des Auftretens eine längere Heuschrecken- periode sich anschliesst und ob ein grosser Teil oder nahe- zu das ganze Gebiet eines Staates dabei betroffen wird. Auch wird es eine grosse Rolle spielen, ob das Wirtschafts- leben des betroffenen Staates vorwiegend auf Landwirtschaft oder ob es auf Handel und Gewerbe gestellt ist. Von sehr wesentlicher Bedeutung wird auch der Kulturzustand und der Wohlstand des betroffenen Staates sein. Wo es sich um Länder mit schlechten Verkehrsmitteln, mit ganz tief- stehendem Gewerbe handelt, wo also die Hülfsmittel weder leicht an Ort und Stelle hergestellt werden, noch von aussen hingebracht werden können, wo sogar der Nachrichtendienst äusserst mangelhaft ist, da wird die Art, wie der Staat u.s.w. seiner Aufgabe gerecht werden soll, eine ganz andere sein müssen, als da, wo der Hochstand des Gewerbes alle Hülfs- mittel in Menge und um geringen Preis erzeugt und wo vorzügliche Verkehrseinrichtungen jede Schwierigkeit hin- wegräumen, Material und Personal stets rechtzeitig an Ort und Stelle zu bringen, wo gerade die durch Telegraph u. s. w. rechtzeitig gemeldete Gefahr droht. Wo der Staat, die Ge- meinde, die Gemeinschaft jederzeit infolge ihres Wohlstandes über die nötigen Geldmittel verfügt, wird sie ferner ganz anders zum Vorgehen geneigt sein, als wenn jeder Pfennig zweimal umgedreht werden muss, ehe er ausgegeben werden darf. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 489 Trotzdem lassen sich auch für die Art und Weise des Vorgehens der einzelnen Gemeinschaften führende Gesichts- punkte aufstellen. Es kann dabei wohl keinem Zweifel unterliegen, dass gerade für unsere afrikanischen Kolonieen die Schwierigkeiten diesen führenden Gesichtspunkten in der Praxis wirklich zu folgen, ungeheuer gross sind. Wenn es sich um ein Unglück handelt, das ganz oder zum grossen Teil bei Kenntnis der Vorbedingungen sich hätte abwenden lassen, so wird das zunächstliegende sein, den Betroffenen darüber aufzuklären, welche Umstände zu seinem Unglück geführt haben, wie er durch Beachtung dieser Umstände einer Wiederkehr des Unglücks vorbeugen und wie er dessen Folgen nach Möglichkeit abwenden kann. Wenn aber der, der die Belehrung zu geben verpflichtet wäre, die Vorbedingungen selber noch nicht genügend kennt, wohl aber Mittel und Wege hat, sie kennen zu lernen, muss da nicht sein erstes sein, sich diese Kenntnis zu verschaffen? So aber liegt, wie die vorhergehenden Ab- schnitte wohl zur Genüge zeigen, der Fall bei den Heu- schrecken und besonders liegt er so für unsere afrikanischen (und anderen) Kolonieen. Für Deutschland selbst eine Ein- richtung in Bezug auf Heuschrecken ins Leben zu rufen, wie sie z. B. in Nordamerika vorhanden ist: © ständige Kommissionen aus Männern der Praxis und Wissenschaft gebildet und wissenschaftliche Institute, die sich der Er- forschung der Lebenseigenschaften und Gewohnheiten der Heuschrecken widmen, — dazu lag keine Veranlassung vor, weil eben für Deutschland selbst die Heuschreckengefahr so gering war, dass wir bei ihrem etwaigen Auftreten billiger und besser auf die Sachverständigen anderer, häufiger be- troffenen Länder zurückgegriffen hätten. Wäre bei uns die Gefahr dringender gewesen, so wäre längst in der Abteilung für Pflanzenschutz u.s. w. am Reichsgesundheitsamt eine besondere Unterabteilung dafür geschaffen worden. Was aber für Deutschland selbst nicht nötig war, das ‘scheint nach den Erfahrungen mit unseren Kolonieen für diese not: 490 Dr. Sander. wendig zu sein. Freilich, das erste, was diesen notthut, ist nicht eine Zentralstelle in Berlin, sondern Kommissionen von Leuten mit der nötigen wissenschaftlichen Kenntnis, aber praktischem Blick, die erst an Ort und Stelle einmal die Heuschrecken nach allen Seiten studieren, aber zugleich Mittel gegen sie erproben und geeignete Leute in der An- wendung dieser Mittel unterrichten und ausbilden. Noch lässt sich ja nicht sagen, ob das, was für Südwestafrika gilt, auch für Togo oder Ostafrika zutrifft. Und ausser den Heuschrecken müssen auch die eingeborenen Bevölkerungen in ihrem ganzen Verhalten zu der Frage studiert werden°””), weil dies ja unter Umständen von ausschlaggebendem Ein- fluss auf die Wahl der anzuwendenden Mittel ist. Die Zu- sammenfassung der Berichte der einzelnen Kommissionen könnte vorläufig noch ganz gut nebenamtlich von einer der jetzt ähnliche Fragen behandelnden Stellen aus ge- schehen. Also: I. Wissenschaftliche Erforschung der Grundfragen mit Erprobung anderweit bekannter oder aus den gewonnenen Ergebnissen vorteilhaft erscheinender Mittel, Unterweisung geeigneter Leute, Studium der für Heuschreckenabwehr in Betracht kommenden wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Eigenschaften der einzelnen Eingeborenen- stamme. 2. Auf Grund der so gewonnenen Kenntnisse Belehrung der beteiligten Kreise an der Hand eines von den Kom- missionen zusammenzustellenden Leitfadens, anzulegender Sammlungen und herauszugebender Abbildungen. Wie im einzelnen solche Kommissionen zusammen- zusetzen und auszurüsten und welche Aufgaben ihnen zu stellen sind, dafür verweise ich auf die geradezu . muster- gültigen Einrichtungen Nordamerikas in dieser Beziehung. ‘ #7) Hierzu ist natürlich die Mitwirkung der einzelnen Gouverne- ments- und Militärstationen, Missionen u. s. w. nicht zu entbehren. = a “ | 2 L dub up ke Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 491 Ich gebe in der Anmerkung°”‘) die Zirkulare, die von der ersten Kommission 1877 versendet wurden und die alles Nötige enthalten. In Afrika werden die Fragen unmittelbar ja nur von den Weissen oder den wenigen der Schrift- sprache kundigen Farbigen beantwortet werden können; aber durch Ausfragen verständiger Eingeborener können diese die Lücken ihrer eigenen Erfahrung vielfach vortreff- lich ergänzen, so dass im ganzen doch brauchbare Unter- lagen gewonnen werden würden. Dass unsere Gouverne- ments einer solchen Rundfrage jede mögliche Förderung angedeihen lassen würden, davon bin ich nach eigener Kenntnis der Personen und Verhältnisse durchaus überzeugt. 938) Nach I. Report 1878. S. 2—6. Soweit es sich bloss um Höf- lichkeitsformeln handelt, lasse ich die Uebersetzung fort: „Wir bitten Sie nun, die Fragen zu beantworten, für die Sie über sichere Thatsachen verfügen, würden Ihnen aber ebenso dankbar sein für jede weitere Thatsache oder jeden Gesichtspunkt, die in dem Rundschreiben nicht erwähnt sind. Einige von den gestellten Fragen lassen sich vor dem Anbruch des Winters nicht beantworten, andere dagegen schon früher. Wir bitten deshalb die Herren Beantworter, ihre Antworten mit der Journalnummer des erhaltenen Rundschreibens zu bezeichnen. Wir würden gern jede am Orte vorkommende Heuschreckenart erhalten und bestimmen, vor allem aber Probestücke von ihren ver- schiedenen Schmarotzern und natürlichen Feinden. Sie werden am besten in Watte eingehüllt in irgend ein Blech- oder Holzgefäss ver- packt, dann mit Alkohol befeuchtet und durch die Post versandt. Lebende Fangstücke können in Blechkisten geschickt werden und sind uns lieber, wenn nicht die Entfernung zu gross ist. Die Fragen beziehen sich vornehmlich auf das laufende Jahr 1877; wenn daher Thatsachen mitgeteilt werden, die sich auf andere Jahre beziehen, bitten wir um sorgfältige Angabe der betreffenden Jahreszahl. Die Kommission wird alle Portoauslagen für Beantwortung des Rundschreibens zurückerstatten, ebenso die für die eingesandten Probe- stücke, wenn es die Absender wünschen. Abdrücke von den Veröffentlichungen der Kommission werden allen Einsendern von Antworten zugesandt, die es wünschen. Mit- teilungen können an jedes der Kommissionsmitglieder gerichtet werden. Rundschreiben No. ı, (Riley). Punkte um deren Beantwortung gebeten: wird. ı. Datum und Tageszeit, zu der Schwärme angekommen sind. 492 u Dr. Sander. Die Thätigkeit dieser für die verschiedenen Schutz- gebiete zu schaffenden Kommissionen denke ich mir so, dass sie während der Heuschreckenzeit am Orte des Auf- tretens dieser Schädlinge — gemeinsam oder nach Bedarf geteilt — ihre Untersuchungen anstellen und wenn die Heu- schreckenzeit vorüber ist, die gewonnenen Beobachtungen und Erfahrungen in einem Orte mit guter Post- verbindung ordnen, sichten und ausarbeiten. Der Ort, in dem dies geschieht, braucht nicht notwendig der Hauptort der Kolonie zu sein: massgebend für seine Wahl ist ledig: lich das Vorhandensein oder Fehlen von Arbeitsgelegenheit: d. h. das Vorhandensein der nötigen Baulichkeiten, Instru- ıa) Richtung und Stärke des Windes zu dieser Zeit. ıb) Temperatur und Wetterlage zu dieser Zeit (klaroder bewölkt). ıc) Riehtung des Fluges, : Dichte, Höhe, Ausdehnung der Schwärme. | 2. Datum und Tageszeit, zu der Schwärme weggezogen sind. 22) ( 29) 2b) wie ‘ ıb) 26) | IC) . Datum, an dem zuerst Eier — wenn überhaupt — im laufenden Jahre abgelegt werden. 4. Datum, an dem die Jungen im laufenden Jahr am zahlreichsten aus den Eiern ausschlüpften. 5. Datum, an dem die Jungen in früheren Jahren am zahlreichsten aus den Eiern ausschlüpften. 6. Verhältniszahl der Eier, die dies Jahr nicht zum ANZ kamen und wahrscheinliche Ursache dafür. 7. Bodenbeschaffenheit und Lagen, an denen die Eier am ir lichsten abgelegt waren. 8. Bodenbeschaffenheit und Lagen, auf denen die Jungen am zahl- reichsten ausschlüpften. 9. Datum, an dem die erste vollentwickelte geflügelte Heuschrecke ausgebildet war. 10. Datum, an dem die Geflügelten zum ersten Mal zu wandern be- gannen. 1I. Schätzung des in der Provinz oder im Staate angerichteten Schadens. ı2. Welche Früchte litten am meisten? 13. Welche Früchte liessen sich am leichtesten schützen? (87) Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 493 mente, Chemikalien, Litteratur und die Möglichkeit, das etwa Fehlende sowie die neu erscheinende Litteratur stets schnell und sicher ergänzen zu können, Entsprechen zwei Orte in diesen Beziehungen gleichmässig allen Anforderungen, so wird dem der Vorzug zu geben sein, dessen Klima nicht allein günstiger für wissenschaftliche Arbeit ist, sondern auch die fraglos oft genug während der Heuschreckenzeit an- gegriffene Gesundheit der Kommissionsmitglieder wieder kräftigt. Von Litteratur wäre ausser dem aus dem eigenen Schutzgebiet stammenden in erster Linie auch alles zu be- rücksichtigen, was in den Nachbargebieten über diese Frage 14. Welche Früchte litten am wenigsten? 15. In welcher Richtung marschierten die Hupfer vorwiegend? oder andere Thatsachen, die auf das Marschieren der Hupfer Bezug haben. 16. Welche Verfahren kommen in Ihrem Kreise für die Vernichtung der ungeflügelten Kerfe zur Anwendung? oder welche zum Schutz der Felder vor deren Verwüstungen? und wie haben sie sich bewährt? 17. Welche Verfahren kommen in Ihrem Kreise für die Vernichtung der geflügelten Kerfe zur Anwendung? oder welche zum Schutz der Felder vor deren Verwüstungen? und wie haben sie sich bewährt? 18. Beschreibungen und wenn möglich Abbildungen solcher mecha- nischen Vorrichtungen, die sich an Ihrem Orte nützlich gezeigt haben für Vernichtung ungeflügelter oder geflügelter Heuschrecken. 19. Wenn Ihr Kreis 1876 nicht heimgesucht war, bitten wir diese Thatsache zu vermerken. 20. Wenn er heimgesucht wurde, bitten wir um Datumangaben. 21. In welchem Umfange haben Vögel, Hausgeflügel oder andere Tiere, gezähmt oder wildlebend, sich bei der Vernichtung dieser Kerfe nützlich erwiesen? 22. Wie ist das Verhältnis von Gras- zu Waldland in Ihrem Kreis oder Ihrer Provinz (county)? | 23. Wir bitten um Angabe alles dessen, was Ihnen von den Lebens- gewohnheiten der Hupfer oder ausgewachsenen Heu- schrecken zur Nachtzeit bekannt ist, insbesondere ob Sie sie jemals nach Sonnenuntergang ihren Marsch oder Flug gesehen haben, und wenn ja, bis wie tiefin die Nacht hinei 494 | Dr. Sander. veröffentlicht wird. Also für Ostafrika und Südwestafrika Portugiesisch Ost- bezw. Südwestafrika, Natal, die Buren- staaten, Matabele- und Nyassaland, Centralafrika, Betschuana- land, die Kapkolonie; für Togo und Kamerun die an- srenzenden englischen und französischen Gebiete und der Hochsudan; vielleicht auch noch Marokko, Algier und Tunis, da es sich nach dem bisher vorliegenden Material nicht aus- schliessen lässt, dass die Winterherberge der Heuschrecken auch für diese Gebiete dieselbe ist, wie für die westlich und südwestlich des Tsadsee gelegenen Strecken. Eine erhebliche Abweichung aber wird der Arbeitsplan in unseren Kolonieen gegenüber dem von der nordamerika- 24. Wie gross war der an Obst- und Schattenbäumen angerichtete Schade und was waren die zufriedenstellendsten Verfahren, die in Ihrem Kreise zu deren Schutz in Anwendung kamen? Rundschreiben No. 2. (Riley). Um gemeinsames Vorgehen zu sichern und um Angaben für den mir besonders anvertrauten Teil unserer Aufgabe zu erhalten, bitte ich Sie, Ihre Aufmerksamkeit eingehender nachstehenden Punkten zuzuwenden: I. Naturgeschichte. Die Naturgeschichte der in Rede stehenden Art ist zwar bereits ziemlich eingehend bekannt, wenigstens soweit die Entwicklung vom Ei bis zum vollkommenen Insekt in Frage kommt. Indes würde ich doch sehr dankbar sein für Mitteilung von selbst beobachteten That- sachen, die Sie für neu oder noch nicht berichtet halten. Von den Lebensgewohnheiten der Art ist dagegen noch vieles erst durch Beob- achtung festzustellen, da diese in gewissem Sinne nach der Oertlichkeit ändern und ich meine Untersuchungen zumeist nur in Missouri und Kansas angestellt habe. Ich möchte in dieser Beziehung Ihre Auf- merksamkeit besonders auf die Punkte ı2, ı3, I4 und ı5 des Rund- schreibens No. I richten, also: Welche Früchte leiden am meisten? Welche sind am leichtesten zu schützen? und: Welche leiden am wenigsten? und: Die Hauptrichtung, in der die Jungen wandern in Ihrem Kreise, oder irgend welche anderen Thatsachen mit Bezug auf das Marschieren der Hupfer. Ebenso sind mir sehr erwünscht: alle Beobachtungen, die sich auf das Verhalten der Hupfer und der Fliegenden während der Nacht beziehen, besonders, ob Ihnen irgend bekannt geworden ist, das diese letzteren nach Dunkel- werden ihren Flug fortsetzen. BEE ” Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 495 nischen Kommission aufgestellten erfahren müssen: wir haben mit Heuschrecken zu rechnen, die nicht als Ei, sondern als vollentwickeltes Insekt überwintern, bei denen es also eine eigentlich heuschreckenfreie Zeit nicht giebt. Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommission wird daher die Feststellung der Winterherbergen sein und die der Flug- strassen der Mutterschwärme und der Winterungsschwärme; ferner auch die der Lebensgewohnheiten der Heuschrecken in den Winterherbergen, der Beschaffenheit dieser Winter- herbergen und der Möglichkeiten, den Heuschrecken hier oder auf ihren Heerwegen beizukommen. Während wir also über die Naturgeschichte und Lebensgewohn- heiten der Rocky Mountain Heuschrecke Caloptenus spretus, Thomas, mit der sich die Kommission vorwiegend beschäftigt, wenig Neues werden kennen lernen können, lässt sich noch viel Interessantes von anderen Heuschreckenarten, die in Ihrer Gegend einheimisch sind und oft mit dem spretus verwechselt werden, beibringen. Thatsachen irgend welcher Art in Bezug auf die Lebensgewohnheiten, Zeit und Art der Ei-Ablage, Zustand, in dem der Winter verbracht wird, Zeit in der sie Flügel bekommen, kurz irgend welche Be- obachtungen und besonders von Arten, die schädlich sind, erbitte ich dringend. Wenn irgend möglich, bitte ich den Angaben über Beob- achtungen Fangstücke beizufügen. Es wäre mir sehr erwünscht, Probe- stücke der einzelnen Entwickelungsstufen von den verschiedenen Heu- schrecken- oder „Grasshüpfer“arten Ihrer Gegend zu erhalten. Zu töten sind sie entweder in heissem Wasser oder mit Chloroform oder durch Einlegen in Spiritus, Versendet werden sie am besten durch die Post in starken Holz- oder Blechgefässen, in denen sie in grobem Sägemehl oder Watte verpackt werden, die zuvor mit Spiritus zu tränken sind, Lebende Stücke, die mir noch mehr wert sind, werden am besten in dichten Blechgefässen gesandt. Es muss ihnen etwas Futter mitge- geben werden. II. Insektenfeinde und Schmarotzer. Diese werden ebenfalls nach der Oertlichkeit verschieden sein, Deshalb wäre ich sehr erfreut, Stücke von allen wirbellosen Tieren zu erhalten, die als äussere oder innere Schmarotzer der Heuschrecken dort sich vorfinden. Kleinere und weiche Stücke dieser Art werden am besten in Spiritus aufbewahrt und mit der Post zwischen zwei gründlich mit Spiritus durchtränkten Lagen von Watte in einem kleinen dichten Blechgefäss verschickt. Grössere können wie oben beschrieber versandt werden. 496 Dr. Sander, Ob es möglich ist, erst die Verhältnisse in einer Kolonie zu klären und dann die Kommission nach einer anderen zu senden, um auch diese zu erforschen, lasse ich dahingestellt. Zweifellos ist es das Erstrebenswertere und Richtigere, in allen Kolonieen gleichzeitig vorzugehen. Ob aber dafür die Mittel zu beschaffen sein werden, ist mir nach dem bisherigen Verhalten, namentlich des Reichstages, recht zweifelhaft. Und so könnte leicht auch hier einmal das Bessere der Feind des Guten sein. Sollen die Kolonieen nacheinander erforscht werden, so scheint es mir am natür- lichsten, mit einer der beiden Kolonieen anzufangen, die Ferner bitte ich höflichst um Beantwortung nachstehender Fragen: ı. Von welchen wirbellosen Tieren ist in Ihrer Gegend bekannt, dass sie Heuschreckeneier angehen und in welchem Umfange sind diese von ihnen vernichtet worden? 2. Welche Feinde aus der Insektenklasse gehen erstens: die Hupfer; zweitens die geflügelten Heuschrecken an? und in welchem Ausmasse sind diese von ihnen vernichtet worden? 3. Teilen Sie, bitte, irgend welche Ihnen bekannte Thatsachen über die Lebensgewohnheiten und Verwandlungen der Parasiten oder sonst beobachteter Feinde mit. Ill. Abwehrmittel. Unter dieser Ueberschrift bitte ich um Antworten auf die Punkte 16 und ı7 des Rundschreibens No. ı: Erstens in Bezug darauf, was für Massnahmen in Ihrem Kreise zur Vernichtung der Hupfer angewendet werden; was für welche, um die Gewächse vor deren Zerstörungen zu schützen und wie weit sich solche Massnahmen als zufriedenstellend erwiesen haben; zweitens, welche Massnahmen gegen die geflügelten Insekten ergriffen worden sind und in wie weit sie sich als zufrieden- stellend erwiesen haben. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit besonders auf folgende Punkte richten: 4. Ist irgend ein Stofi, als Pulver oder Lösung, in Anwendung ge- zogen worden, um besondere Pflanzen vor den Zerstörungen durch Heuschrecken zu schützen, ohne dass durch ihn die Pflanzen selbst gelitten haben? 5. Ist Aufeggen der Eier im Herbst vorgenommen worden? und mit welchem Erfolg? oder sind irgendwelche anderen Mass- regeln vorgenommen worden um die Eimassen aufzubrechen und freizulegen ? Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 497 bisher am meisten unter Heuschrecken zu leiden gehabt haben, in denen die meisten Beobachtungen gesammelt, deren Nachbarländer — soweit sie für die vorliegende Frage in Betracht kommen — am besten erforscht, in denen die Verkehrsverhältnisse am besten sind und in denen unsere wirkliche Macht am weitesten in das Innere reicht: Südwest- afrika oder Ostafrika. An einem aber wird man unbedingt festhalten müssen: die Männer, denen diese Erforschung anvertraut wird, dürfen nicht ohne Not wechseln, so dass die Stetigkeit des Arbeits- planes gesichert ist. 6. Wo das Unterpflügen der Eier zufriedenstellende Erfolge gehabt hatte, bitte ich um Angabe der Jahreszeit, in welcher, und der Tiefe, bis zu welcher gepflügt wurde, sowie um die der Boden- beschaffenheit. 7. Wo Gräben gezogen worden sind, um Felder vor dem Einmarsch von Hupfern zu schützen, bitte ich anzugeben, in welchem Massstabe dies von Erfolg begleitet war, um was für Boden es sich gehandelt hat, wie die Art der Gräben, vornehmlich in Bezug auf Tiefe und Breite war. Wenn irgendwelche anderen Massnahmen als die von der Kom- mission vorgeschlagenen zur Anwendung gekommen sind, so bitte ich um eingehende Beschreibung. Wenn Sie ein besonderes Verfahren prüfen wollen, das Auslasen verlangt, so bitte ich, sich mit mir wegen weiteren Rats und Anleitung In Verbindung zu setzen, falls solche Versuche durch mögliche praktische Erfolge gerechtfertigt erscheinen. IV. Ratschläge für die Vernichtung. Unter dieser Bezeichnung bitte ich um Berichte über die Wirk- samkeit und Brauchbarkeit der in Ihrem Kreise verwendeten Maschinen und mechanischen Vorrichtungen. Wo irgend eine Maschine brauchbar befunden ist, bitte ich um deren volle Risse und Beschreibung und wenn möglich Abbildungen. Wo die Maschine noch nicht aufgezeichnet oder gebaut ist, will ich mit dem Erfinder zusammenarbeiten, um die Sache fertigzustellen, wenn es wünschenswert erscheint. So weit meine Zeit es gestattet, werde ich versuchen, persönlich solche Ma- schinen und Vorrichtungen zu untersuchen und zu prüfen und will jedem Erfinder, der mir die Pläne mitteilt, bei einem vollen Versuche helfen. Abdrücke der Veröffentlichungen der Kommission werden jedem Einsender von Antworten zugesendet werden, der dies wünscht. Sander, Wanderheuschrecken. 32 498 Dr. Sander. Ist erst eine grössere Menge von Material über die einzelnen Kolonieen zusammen, so wird sich eine Zentral- stelle in der Heimat — und zwar — da das Kolonialamt sowie das schon heute durch eine seiner Abteilungen in ähnlicher Weise arbeitende Reichsgesundheitsamt in Berlin ihren Sitz haben — in Berlin unter Angliederung an das Reichsgesundheitsamt nicht umgehen lassen. In dem Kampfe gegen die Heuschrecken bedarf es aber nicht bloss der eingehenden Kenntnis aller in Betracht kommenden Verhältnisse, die aber nur nach wissenschaftlich geleitetem Plan gewonnen werden kann, sondern auch der Anhang zu Rundschreiben ı. (Von Thomas.) Senden Sie Abschriften oder Abdrücke von allen während der Heuschreckenheimsuchung erhältlichen Berichten, geschriebenen sowohl wie gedruckten. Teilen Sie alles mit, was Sie von Eierausschlüpfen im Spät- herbst wissen. Welche — Kultur- oder Wild- — Pflanzen scheinen von den Hupfern bevorzugt zu werden und welche von den ausgewachsenen Insekten? Welche — Kultur- oder Wild- — Pflanzen scheinen am wenig- sten gern angenommen zu werden? Machen Sie Angaben, in welchem Umfange die einheimischen Gräser nach Ihren Beobachtungen von den einbrechenden Schwärmen, und in welchem Umfange sie von den Hupfern beschädigt worden sind. Welche Tiere: Vierfüssler, Vögel und Reptilien, haben Sie beim Fressen von Hupfern, fliegenden Heuschrecken oder Heuschreckeneiern beobachtet. Machen Sie Angaben, welche Massnahmen zur Zerstörung der Eier mit Erfolg in Anwendung gekommen sind. Machen Sie Angaben über das Verhältnis von Grasland zu Wald- land in Ihrem Kreise. Machen Sie Angaben über alles, was sie über das Verhalten der jungen oder ausgewachsenen Insekten während der Nacht wissen, wo sie bleiben, ob sie auch marschieren, den Flug fortsetzen u. Ss. w. Mit welcher Geschwindigkeit bewegen sich die Schwärme wäh- rend des Fluges? Rundschreiben 3. (Von Packard, für den Westen.) Im Auftrage der entomologischen Kommission bitte ich Sie um Ihre Hülfe bei der Erforschung der Lebensgewohnheiten und der Ver- teilung der Heuschrecke oder des schädlichen Grashüpfers, und die 2 2 Ir Br 3 er EEE Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 499 Werkzeuge und Mittel, um diese Kenntnisse in die Praxis zu übersetzen. Eines der wichtigsten Erfordernisse im Kampf aber ist, wie schon erwähnt, das Vorhandensein der nötigen Arbeits- kräfte.. Es kommt aber. hierbei nicht bloss darauf an, zahl- zeiche Hände zur. Verfügung zu haben, sondern die. Leute müssen auch in der auszuführenden Arbeit geübt sein, um zufriedenstellende Leistungen zu erzielen. Um so nötiger wird solches »Sachverständnis« da sein, wo die Beschaffung einer Nausreichenden.' Zahl von“ Arbeitern. ohnehin..ihre Schwierigkeiten hat, also vor allem in dünnbesiedelten Ländern. Da unsere afrikanischen Kolonieen fast durchweg Ausdehnung des Schadens, den sie früher oder in diesem Jahre in dem Abschnitt des Heuschreckengebiets, das mir anvertraut ist, d.h. Montana, Idaho, Western Wyoming, Oregon, Washington Territory und Calıfornia angerichtet hat. Die Hauptbrutgründe der Heuschrecke, die die Grenzstaaten heimsucht, sind im Nordwesten gelegen. Auskunft wird besonders darüber erbeten, ob die Heuschrecke in den Ebenen rund um die Black Hills brütet, besonders in den östlich und nördlich gelegenen; ebenso ob in den Thälern des Platte-, des Yellowstone-, des Upper Missouri- des Snake- und des Columbiaflusses urd ganz besonders ob dies in baumlosen Ebenen des östlichen Oregon oder des östlichen Teils vom Washington Territory geschieht. Von den Heuschrecken, die in früheren Jahren nach Utah eingebrochen sind, wird angenommen, dass sie vom "Thal des Snake nach Nordwesten und Norden kamen. j Die genannten Territorien, besonders Montana, Idaho, Wyoming, Eastern Washington und Oregon, sind so dünn besiedelt, dass ich kaum von dorther die Postadresse derer erhalten kann, die bereit wären, mit ‚der Kommission zusammenzuarbeiten, wenn sie meine Rundschreiben und Berichte erhielten. Diese und alle anderen Veröftentlichungen der Kommission werden allen zugesandt werden, die ganz oder teilweise die Fragen beantworten, die diesem Rundschreiben angehängt sind. Posthalter und andere, die dies Rundschreiben erhalten, werden höf- lichst gebeten, die Adressen von Herren einzusenden, von denen sie denken, dass sie mit der Kommission zusammenarbeiten wollen. Obgleich die Heuschrecken seit 1855 die Küste des Stillen Meeres nicht mehr ernstlich geschädigt haben, ist es doch der Kommission sehr erwünscht festzustellen, ob es sich um die Rocky Mountain Heu- schrecke oder eine andere Art handelt, die in Zwischenräumen seit fast 32" 500 Dr. Sander. und zumal in den gefährdetsten Gegenden zu solcher Art von Ländern gerechnet werden müssen, gilt das auch für sie. Denn hier ist überhaupt eine Aussicht auf Erfolg nur dann gegeben, wenn man die unzureichende Anzahl der Arbeiter durch die höhere Leistungsfähigkeit der vorhandenen einigermassen ausgleichen kann. Für den Einzelnen, der in solchen Gegenden ohnehin Not hat, sich das für seine sonstige Thätigkeit erforderliche Arbeiterpersonal zu beschaffen, ist die Möglichkeit, sich derartige Sonderarbeiter zu halten, kaum vorhanden. Sie sind ja nur für eine ganz besondere Arbeit bestimmt, von der es noch fraglich ist — selbst in Heuschreckenperioden —, ob sie überhaupt notwendig sein wird, und von der es fest- steht, dass sie selbst dann nur von zeitlich begrenzter Dauer zwei Jahrhunderten diese Küste verheert hat. Deshalb sind Belegstücke aus allen Teilen der Staaten von Kalifornien, Newada, Oregon, Arizona und Washington Territory dıingend erwünscht. Ich bitte deshalb mir Fangstücke sowohl von allen schädlichen Grashüpfern als auch von den verschiedenen Arten von Grashüpfern und Grillen, ihren Eiern, ihren Jungen, und ihren Schmarotzern zu senden, die in Ihrer Stadt oder Ihrer Provinz vorkommen, damit ich sicher bin, welche Art in Ihren Mitteilungen gemeint ist. Sie können in kochendem Wasser getötet, ein paar Stunden in Spiritus eingelegt, ‚dann getrocknet und in Papier eingewickelt mit Baumwolle oder Säge- mehl in starke Holz- oder Blechschachteln verpackt und mit der Post mir nach Salem, Mass., geschickt werden. Man kann auch eine Flasche Spiritus oder Whisky nehmen, in die man die Fangstücke hineinwirft, die Flasche kann sorgfältig ver- packt am Ende des Jahres durch Boten nach dem Hauptquartier der Kommission, St. Louis, Mass., gesandt werden. Ich bitte in alle Packete und Flaschen einen Zettel hineinzulegen, der Datum, Stadt, Provinz, Staat oder Territorium, Name des Sammlers mit weichem Bleistift auf gutem Briefpapier enthält. Porto wird auf Wunsch zurückerstattet. Ist Ihr Kreis je von Heuschreckenschwärmen heimgesucht worden? Wenn ja, bitte das Jahr anzugeben. Bitte von allen Berichten, die Sie aus der Zeit des Heuschrecken- einbruchs erhalten können, ob gedruckt oder geschrieben, Abschriften einzusenden. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 501 ist. Womit soll der einzelne Arbeitgeber diese Leute in der heuschreckenfreien Zeit beschäftigen, um die für sie aufzuwendenden Unkosten zu decken? Stellt er sie in seinem eigentlichen Betrieb an, so sind sie zur Zeit der Not wieder nicht frei. Und was fängt er mit ihnen an, wenn die Heuschrecken ausbleiben? Vermieten wird nur in den selteneren Fällen möglich sein. Ausserdem ist bei einem Einzelnen für die Arbeiter kaum je die Gelegenheit, das ausreichende Sachverständnis und die hinreichende Uebung zu erlangen, um besondere Gewandtheit in ihrer Arbeit zu erwerben und späterhin als Vorarbeiter für ungeübte Leute dienen zu können. Die Arbeitsgelegenheit ist da eben zu beschränkt. Anders wenn der Staat oder eine grössere Ge- meinschaft die Beschaffung und den Unterhalt solcher Arbeiter übernimmt. Schon die Beschaffung wird hier leichter sein. Die Arbeitsgelegenheit aber ist unendlich viel grösser, ensprechend dem so viel grösseren Gebiet, das dem Arbeitgeber untersteht. Treten Heuschrecken überhaupt auf, so werden die Leute nun auch sicher Be- schäftigung haben, weil sie dann eben ohne weiteres an den bedrohten Punkt gesandt werden. Beim einzelnen Arbeit- geber dagegen könnte es sich ereignen, dass wenige Stunden von seinem Besitz entfernt Heuschrecken Zerstörungen an- richten, ohne dass die Arbeiter in Thätigkeit treten können, weil sie der betroffene Besitzer eben nicht will. Und auch in der Zeit, die für die grössten Teile des Landes heuschreckenfrei ist, wird sich für Arbeiter, die vom Staat oder einer grösseren Gemeinschaft angestellt sind, immer noch eine geeignete nutzbringende Verwendung finden lassen: Ausser den Heuschrecken giebt es noch eine ganze Anzahl anderer Insektenplagen und ähnlicher gemeiner Not- stände, oder schliesslich irgend welche öffentlichen Arbeiten. Ferner ist gerade in unseren afrikanischen Kolonieen eine wirkliche »heuschreckenfreie« Zeit für das ganze Schutz- gebiet wohl nicht vorhanden, sondern diese Insekten haben 502 Dr. Sander. sich dann in ihre Winterherbergen zurückgezogen, von denen noch niemand sagen kann, ob nicht wenigstens sekundäre in unseren Kolonieen gelegen sind. Und diese würden gerade in den eigentlichen Heuschreckenperioden besonders in Be- tracht kommen. Schliesslich ist aber die benötigte Anzahl der Arbeiter auch noch geringer, wenn sie von einem grösseren Gemeinwesen angestellt werden, als wenn jeder Einzelne sie sich besorgen und rechtzeitig bereit halten soll: Denn diese — ich will einmal sagen — Staatsarbeiter können jederzeit an jeder beliebigen bedrohten Stelle ver- wendet werden, während der Einzelne nie vorher wissen kann, ob sein Besitz auch wirklich bedroht sein wird. Es würden also dann, wenn wirklich die Einzelnen sich Arbeiter rechtzeitig besorgten, solche vielfach auch da vorhanden sein, wo sie gar nicht nötig sind. Die Staatsarbeiter aber würden durch grössere Beweglichkeit’‘”) das ersetzen, was ihnen an Zahl gebricht. Der grösste Vorteil, den die Beschaffung und Unter- haltung solcher Arbeiter durch die grössere Gemeinschaft aber hat, besteht darin, dass es nach den vorstehend er- örterten Punkten nur so wirklich möglich ist, die Arbeiter jeder Zeit zur Hand zu haben. Ist dies nicht der Fall, so ist es fast unausbleiblich, dass gerade dann, wenn die beste Aussicht ist, das Heuschreckengeschmeiss zu ver- 38) Natürlich gehören zur vollen Ausnutzung dieses Verhältnisses gute Verkehrsmittel. Aber selbst bei mangelhaften Verkehrsmitteln bleiben obige Ausführungen noch zu recht bestehen, wenn auch der Unterschied geringer wird. Je weiter wir übrigens in der Kenntnis der Lebensgewohnheiten unserer Heuschrecken fortschreiten, desto mehr wird sich vermutlich die Anzahl der notwendigen Arbeiter verringern. Denn kennen wir erst die Winterherbergen und die Zugstrassen nebst den Bedingungen, die gelegentliche Abweichungen von diesen Strassen veranlassen, so werden wir erstens einmal den Feind da, wo er gedrängt zusammen sitzt, in seiner Hochburg, berennen und ihm zweitens die Wege, auf denen er seine Raubzüge in die grünenden Fluren unter- nimmt und auf denen er in seinen Schlupfwinkel zurückkehrt, verlegen können und ihm damit ganz anders Abbruch zufügen, als jetzt möglich ist mit dem vielfachen Aufgebot an Leuten. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 503 nichten: dann, wenn es sich zu zeigen beginnt, keine geübten Arbeiter zur Stelle sind, die sofort das Nötige in geeigneter Weise in Angriff nehmen können. Nun ist es aber gar nicht erforderlich, alle Arbeiter das ganze Jahr über zu halten. Falls nach einem einheit- lichen Plan gearbeitet wird — und das ist eben wieder am besten möglich, wenn der Staat die Sache in die Hand nimmt —, genügt es, wenn dies mit einer ausreichend grossen Zahl von besonders tüchtigen Leuten geschieht, die beim Eintritt wirklichen Bedarfs den Stamm und die Vorarbeiter stellen. Wie gross deren Anzahl sein muss, lässt sich un- möglich allgemein mit festen Zahlen angeben. Das richtet sich zu sehr nach den örtlich vorhandenen Umständen. Nach dem. geschichtlichen Ueberblick des ersten Abschnittes will es mir fast scheinen, dass man diese Zahl auch sehr gut in der einzelnen Kolonie durch die Erfahrung bestimmen kann, ohne dadurch allzugrosse Gefahren heraufzubeschwören: In allen den Gebieten, die ich dort besprochen habe, ist die Heuschreckengefahr nicht gleich in voller Grösse herein- gebrochen, sondern aus kleinen Anfängen von Jahr zu Jahr, allerdings unter Schwankungen, immer mehr herangewachsen. Wahrscheinlich sind sogar noch Jahre viel schwächeren Auf- tretens den eigentlichen Heuschreckenjahren voraufgegangen. Achtet man also bei Zeiten darauf, so wird man nach Ab- lauf der jetzigen Heuschreckenperiode Zeit haben, bei einer neuen Wiederkehr ohne unnötige Unkosten stets den für das einzelne Jahr gerade erforderlichen geübten Arbeiter- stamm bereit zu halten. Dem Staate stehen nun ohnehin, im Gegensatz zu dem Einzelnen, stets eine Reihe von Leuten zur Verfügung, die er auch sonst zu ähnlichen gemeinnützigen Diensten ausser- halb ihres eigentlichen Berufes verwendet, wenn Not am Mann ist, — wenigstens sind wir Deutsche das gewohnt — die Soldaten. Wo es möglich ist, solche unbeschadet ihres eigentlichen Zweckes bei der Vernichtung der Heuschrecken zu verwenden, da wollen sie mir als das idealste Menschen: 504 Dr. Sander. material hierfür erscheinen. Und zwar nicht etwa bloss als Hilfsmannschaften, die dem einzelnen Farmer und Ge- meinden gestellt werden, wenn deren Kräfte nicht mehr ausreichen, sondern gerade als stets verwendungsbereiter Stamm. Sie haben zunächst die für solche, nur bei gemein- samem Zusammenarbeiten nach einheitlichem Plan wirksame Thätigkeit geradezu unbezahlbare Eigenschaft, dass sie ge- wöhnt sind, sich einem einheitlichen Willen zu fügen und das ihnen Aufgetragene sorgfältig dem Befehl gemäss aus- zuführen. Wenn nun andere Leute als Hilfsarbeiter mit ihnen zusammenarbeiten, so werden diese gerade hierdurch schon ganz unwillkürlich dazu gebracht, viel mehr, als sie sonst thun würden, gleichmässig mitzuarbeiten. Ferner sind sie längere Jahre hintereinander verfügbar und können sich also viel besser einarbeiten, so dass sich besonders die Unter- offiziere zu ganz ausgezeichneten Vormännern und Anleitern ausbilden liessen. Und drittens werden sie ohnehin aus öffentlichen Mitteln bezahlt, so dass sie, selbst wenn ihnen, wie nur billig und gerecht wäre, für die Zeit des Heu- schreckenkampfes eine Zulage bewilligt würde, immerhin noch die wenigsten Unkosten verursachen würden. Bei dem Kampfe gegen die Heuschrecken sind aber nicht bloss »Lehrer der Kriegswissenschaft«, »Stamm-Mann- schaften« und »Unterführer« vonnöten, soll er zu einem Erfolge gedeihen, sondern auch »Oberführer«. So befähigt an und für sich der einzelne Farmer zu solcher Führung sein mag, diese Fähigkeit wirklich aus- zuüben, wird er im allgemeinen durch zweierlei verhindert sein: Er kann erstens seine Farm, auf der gerade in der Heuschreckenzeit die meiste und wichtigste landwirtschaft- liche Arbeit zu besorgen ist, nur in Ausnahmefällen im Stich lassen, um anderswo den Kampf gegen die Heu- schrecken zu leiten; und zweitens wird ihm nur allzuoft bei seinen Berufsgenossen nicht die nötige Autorität zur Seite stehen, um auch von Nachlässigen und Widerwilligen schnell Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 505 und ohne lange Weiterungen Gehorsam zu en es sei _ denn, das er amtlich beauftragt wird. Anders, wenn Leute die Führung im Kampfe gegen die Heuschrecken übernehmen, deren Stellung schon im gewöhnlichen Leben eine solche ist, dass sie Vorgesetzte der in Frage stehenden Berufskreise sind, also in deutschen europäischen Verhältnissen etwa Landräte, Amtleute, Kom- missarien, Landdroste u. s. w.’‘°). Erstens sind sie viel leichter abkömmlich, weil von vornherein bei ihrer Stellung auf ge- legentliche Vertretung Rücksicht genommen ist, und zweitens steht ihnen die gerade für Deutschland nicht gering anzu- schlagende Autorität der Regierung, deren ausführende Organe für ihren Bezirk sie ja sind, ohne weiteres zur Seite. Für die Kolonieen würden in dieser Beziehung die Bezirks- amtmänner und -hauptleute und die Stationschefs der ver- schiedenen Grade in Betracht kommen. Wenn nun auch diese Beamten, Offiziere und Unter- oifiziere u. s. w. nach meiner Meinung in erster Linie her- anzuziehen sind, so will ich damit keineswegs sagen, dass Privatleute für solche Leiterstellen ausgeschlossen sein sollen. Wo geeignete Persönlichkeiten wirklich zur Verfügung stehen, verdienen diese natürlich jede Berücksichtigung. Wenn in vorstehend geschilderter Weise das — sozu- sagen — stehende Heer für den Kampf gegen die Heu- schrecken gesichert ist, so reicht dieses bei einem »Kriegs- falle« doch ebensowenig zu, als die wirklichen stehenden Hieere‘ der Staaten in‘ ihrer 'Friedensstärke ‘gegen einen menschlichen "Reind.» Es heisst Nauchhier' die "kriegs- tüchtigen Leute einzuberufen und nötigenfalls den Land- sturm aufzubieten. Auch für diesen Zweck wird der Machtbereich des Einzelnen oder die Machtfülle freiwilliger Vereinigungen nicht ausreichen, um die benötigte Mannschaft zu stellen 9*2) In der Kapkolonie war z.B. den royalCommissioners, Magistrates und Field-cornets etc. die Leitung übertragen. S. Agric. Journ. Cape eSiesiNeports und Prospeets. Ba. XV. B00 Dr. Sander. oder zu beschaffen; auch hier wird eine schon unter ruhigen Verhältnissen bestehende mit behördlichen Machtbefugnissen ausgestattete Stelle die Einberufung vollziehen müssen und dafür Sorge zu tragen haben, dass die einmal Einberufenen auch bei der Fahne bleiben. Zweckmässig wird die Be- rechtigung zu solcher Einberufung den Lokalbehörden übertragen werden, jedoch muss zuvor ein gemeinsamer Plan für den ganzen Bereich des Staates festgestellt und müssen Vorkehrungen getroffen sein, die das Zusammen- arbeiten und gegenseitige Verhalten benachbarter Amts- bezirke im vornherein regeln. Die Lokalbehörden wollen. mir als die geeignetsten Stellen für die Einberufung einmal um deswillen erscheinen, weil ihre Vertreter nach dem oben Ausgeführten wohl die Berufensten sind, um die lokale Leitung zu übernehmen. Sodann aber ist es so auch am leichtesten, die Einberufung den örtlichen Verhältnissen anzupassen, sowohl nach Zahl als nach der Art der einzustellenden Personen. Ein allgemeiner Plan muss deshalb zuvor ausgearbeitet sein und von den Lokalbehörden zur Richtschnur genommen werden, weil die Heuschreckennot keine bloss örtliche, son- dern eine allgemeine Gefahr ist. Aus demselben Grunde müssen auch Vorschriften für das Verhalten der benach- barten Ortsbehörden zu einander vorgesehen sein. Denn in der Mehrzahl der Fälle wird sich die Heuschreckenplage nicht bloss auf einen Bezirk erstrecken, sondern mehrere in Mitleidenschaft ziehen. Sollten nun erst in jedem einzelnen Fall von einer Oberbehörde Verfügungen erlassen werden, wie die beiden Nachbarbehörden zusammenzuarbeiten und sich zu unterstützen haben, oder sollte alles deren privater Einigung überlassen bleiben, so würde oft genug kostbare Zeit vergeudet und das Allgemeinwohl gefährdet werden. Natürlich muss für den Fall, dass die Kräfte des Be- zirks der Aufgabe nicht gewachsen sind, den Ortsbehörden nicht bloss gestattet sein, sondern zur Pflicht gemacht werden, sich um Hilfe an die Oberbehörden zu wenden und diesen Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 507 dann ein erweitertes Recht für Heranziehung und Gestellung von Arbeitern auch ausserhalb ihres Wohnsitzes und mit j Aufwendung grösserer Mittel zustehen und so in gleicher _ Weise steigende Rechte für die noch höheren Behörden bis _ hinauf zum Minister oder Gouverneur. Von solchen durch Notstandsverfügung zu stellenden Arbeitern wären in erster Linie zu nennen: Mannschaften der Truppe, die in der Heuschreckenabwehr noch nicht mitgearbeitet haben, aber verfügbar sind, und — vor allem - für die Kolonien — die meist in grösserer Zahl vorhandenen eingeborenen Strafarbeiter, natürlich nicht die gefährlichen _ unter ihnen. Die Polizeimannschaften würde ich, entgegen vielfachen anderweitigen Vorschlägen, nicht unmittelbar mit zur Heuschreckenabwehr verwenden. Sie haben meiner _ Meinung nach in solcher Notstandszeit die viel wichtigere Aufgabe, auf Befolgung der für die Bevölkerung erlassenen Vorschriften zu achten, was nur durch vermehrten Patrouillen- dienst ausreichend geschehen kann. Alle diese den Behörden zur Verfügung stehenden Personen zusammen werden in den meisten Fällen — und vor allem in den Kolonieen — nicht genügen, um die Heu- schrecken wirklich zu vernichten. Es müssen bei etwas _ grösserem Umfange der Plage jedenfalls stets noch Hilfs- ' kräfte aus der Bevölkerung dazu treten. j Diese können auf zweierlei Weise zur Arbeit bei der | Heuschreckenabwehr herangezogen werden: einmal als freie _ Arbeiter gegen Lohn in mehr oder weniger festem Vertrags- : verhältnis; und zweitens als durch Notstandsgesetz zur Hilfe- i leistung auch gegen ihren Willen heranzuziehende Arbeiter. ! Erhalten diese eine gewisse teilweise oder völlige Entschä- y _ digung für die von ihnen geleistete Arbeit, so werden beide _ Verfahren vereinigt. Die erste Art und Weise ist die für Private allein _ mögliche, da ihnen keinerlei Straf- und Zwangsbefugnis - zusteht. In letzterem liegt der Grund, weshalb es ihnen - zumeist nicht möglich sein wird, Vertragsarbeiter in zu- \ iR 508 Dr. Sander. reichender Menge zu besorgen. Die Arbeiter wissen, dass der Arbeitersuchende in einer Zwangslage sich befindet und werden deshalb hohe Löhne fordern. Ist nun der Bedarf an Arbeitern wegen der Ausdehnung der Heuschreckenplage gross, so wird sehr bald der Lohnsatz eine solche Höhe erreichen, dass der Einzelne ihn nicht mehr bezahlen kann, d. h. dass der zur Abwehr der Heuschrecken zu machende Aufwand grösser ist als der zu erwartende Verlust. Also wird der Einzelne den Kampf aufgeben und damit wieder ausser dem eigenen Schaden auch solchen für andere herbei- führen müssen. Tritt diese Schädigung anderer in grösserem Massstabe ein, so ist ein allgemeiner Notstand fertig und der Staat muss doch wieder einschreiten. Deshalb halte ich es für besser, wenn er, wenigstens in Gebieten, wo die Heuschreckengefahr in grösserer Aus- breitung keine Seltenheit ist, von vornherein die Sache in die Hand nimmt und durch allgemeine gesetzliche Bestim- mungen die Frage nach der Verpflichtung zu bezahlter (oder unbezahlter) Arbeit in Heuschreckengefahr regelt, Von den beiden Möglichkeiten: bezahlte oder unbe- zahlte (gezwungene) Arbeit dürfte sich wohl die erstere aus folgenden Gründen empfehlen: Eine Heranziehung sämt- licher arbeitsfähiger Personen zu wirklicher Arbeitsleistung ist selbst in den schlimmsten Fällen nicht notwendig; es würde also immer nur ein Teil der wirklich zur Arbeit Verpflichteten diese leisten. Man müsste also entweder täglich wechseln, um möglichst viele heranzuziehen und damit die Leistung möglichst gerecht zu verteilen, oder man müsste irgend einen anderen Weg, z. B. Auslosung, ein- schlagen, um Willkürlichkeiten vorzubeugen. Ungleich bliebe aber die Verteilung der Verpflichtung auch dann noch und es könnte sich leicht ereignen, dass Angehörige von Ständen und Berufsarten herangezogen werden, deren Fähigkeit zu rein körperlicher Arbeit schon durch ihren Beruf herab- gesetzt ist, während sie in anderer Weise, z. B. durch Bei- tragsleistungen in Geld (oder Geldwert) viel mehr zur Er- en: a z = ine u a De ln 7 Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 509: reichung des Zweckes beitragen könnten. Doch davon später mehr. Zur Abwehr der Heuschreckengefahr sind in erster - Linie natürlich die unmittelbar von dieser Betroffenen ver- pflichtet. Sie sind auch die körperlich gerade für diese Art Arbeiten Leistungsfähigsten und am besten Eingelernten. Deshalb und weil sie eben am unmittelbarsten bedroht sind, ist es durchaus gerecht, sie zuerst und in erhöhtem Masse zur persönlichen Abwehrleistung heranzuziehen. Natür- lich jeden nach seiner Fähigkeit: der gewöhnliche Land- arbeiter wird Besseres in eigenster persönlicher Arbeit, z. B. Gräbenziehen, Heuschrecken-Erschlagen und dergleichen leisten; der Besitzer und seine Beamten dagegen besser als Leiter und Beaufsichtigende zu verwenden sein. Im übrigen sind, wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, auch Frauen und Kinder zu vielen Arten der Heuschreckenabwehr wech, brauchbar. Wird‘ die ganze Arbeiterfrage‘ an.l!der Weise geregelt, dass ein unmittelbarer Zwang zur persön- lichen Arbeitsleistung für die allerschwersten Fälle aufgespart wird, dagegen der allgemeine Zwang in einer Verpflichtung zu einer Beitragsleistung in Geld oder Geldwert besteht, und wird die eigentliche Arbeit in Akkord vergeben, wozu eben die Beiträge die Mittel schaffen, so ist kein Grund ein- zusehen, weshalb man nicht auch Frauen und Kinder zu geeigneten Arbeiten zulassen soll. Die Zahl der zur Ver- fügung stehenden und zu solcher Arbeit körperlich Ge- schickten wird dadurch in recht erheblichem Masse ver- mehrt und dadurch werden wieder, wegen des grösseren Arbeiterangebots, die Unkosten verringert. Es wird sich dann die Zahl der Fälle, wo wirklich _ jeder irgend Leistungsfähige zu persönlicher Arbeit zwangs- weise herangezogen werden muss, soll ein Erfolg erzielt werden, wesentlich verringern. Dass ein Zwang seitens der Allgemeinheit gegenüber - Widerwilligen oder Trägen berechtigt ist, darüber kann wohl kein Zweifel walten. Denn durch ihre Unthätigkeit gefährden 510 Dr. Sander. diese eben die Allgemeinheit; und diese hat doch wohl auch im Falle der Heuschreckengefahr ebensogut das Recht, den einzelnen auch gegen seinen Willen zur Thätigkeit zu zwingen, wie bei anderen Gemeingefahren, z. B. drohendem Dammbruch, grosser Feuersbrunst und dergleichen. Nimmt die Allgemeinheit, also der Staat, die Arbeiter. frage in die Hand, so ist damit nicht gesagt, dass es dem Einzelnen untersagt sein soll, für seinen eigenen Besitz noch über sein Pflichtmass hinaus Arbeit selbst zu leisten oder durch bezahlte Andere leisten zu lassen. Nur muss wohl auch in diesem Falle die Allgemeinheit darauf bestehen, dass er zunächst der allgemeinen Verpflichtung nach- kommt und sich auch dem allgemeinen Plane einfügt°‘'). Pflicht der Allgemeinheit dagegen ist es dann, ihm auch alle Hilfe in ausreichender Menge und Form zu teil werden zu lassen. Wie mit der Gestellung des Personals, verhält es sich auch mit der Beschaffung und Bereithaltung der im Kampf gegen die Heuschrecken notwendigen Mittel und Werk- zeuge. Wie es falsch wäre, die Truppen erst im letzten Augenblick werben und ausbilden zu wollen und gar keine Vorsorge zu treffen, ebenso verkehrt wäre es, nicht schon bei Zeiten an die Beschaffung, Bereithaltung und zweck- mässige Verteilung der Mittel und Werkzeuge zu denken. Wie im vorhergehenden Abschnitt gezeigt ist, sind die meisten der umfangreicheren und kostspieligeren Werkzeuge bei Wahl der richtigen Stoffe und passender Aufbewahrung mehrere Jahre hindurch zu erhalten und wieder zu ver- >) Er darf dann also z. B. seine eigene Arbeit oder die an- genommene Anderer nicht darauf verwenden, die Heuschrecken bloss von seinen Feldern zu verscheuchen; durchaus zulässig dagegen wird es sein, wenn er seine Felder und Gärten durch solche Massregeln schützt — immer vorausgesetzt, dass er seinen Pflichtanteil leistet — die die Heuschrecken bloss von diesen abhalten, nicht aber anderen zutreiben. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 511 wenden. Es wird also nur richtig sein, von vornherein solche Stoffe zu wählen, die Haltbarkeit gewährleisten und dan eine Art der Aufbewahrung zu’ sorgen, ''die'' gute Er- haltung verbürgt. Da die grösseren Apparate, z. B. längere Schirme, Maschinen u. s. w., nicht ganz unbedeutende An- schaffungskosten verursachen und nur bei einer grösseren Fläche, die der einzelne in der Regel nicht besitzt, voll aus- genutzt werden, so ist es zweifellos Sache der Allgemein- heit oder grösserer Verbände, für die Beschaffung solcher kostspieligerer und umfangreicher Apparate zu sorgen, und das umsomehr, als zu ihrer zweckmässigen Verwendung geschultes Personal und Arbeiten nach einheitlichem Plan gehört. Die Erfolge in Cypern und Algier bei dieser Art des Vorgehens beweisen das. Ebenso verhält es sich mit der Beschaffung von chemi- schen Mitteln und noch mehr der von Pilzkulturen. Ist nicht bei Zeiten für die Beschaffung, z. B. von Petroleum, Seife, den verschiedenen Dips u. s. w. gesorgt, so wird bei eintretender Heuschreckennot von dem Einzelnen entweder ein enorm in die Höhe getriebener Preis bezahlt werden müssen oder die Mittel werden überhaupt nicht zu beschaffen sein, weil der in den Privatlägern vorhandene Vorrat bald aufgebraucht ist. Beschafft dagegen der Staat oder eine Gemeinschaft rechtzeitig diese Mittel, so wird der Preis bei einer solchen Massenlieferung und ausreichender Lieferfrist sich erheblich niedriger stellen, als sich der Einzelne selbst in normalen Zeiten solche Dinge beschaffen kann. Bei den Pilzkulturen, zu deren Herstellung besondere wissenschaftliche und technische Fertigkeiten und besondere Anlagen notwendig sind, die nur wenige besitzen und die nur wenigen zur Verfügung stehen, ist es überhaupt aus- geschlossen, dass der einzelne sich durch eigene Thätigkeit den Vorrat beschaffen kann. Hier muss unter allen Um- standen die Gemeinschaft eintreten und durch Schaffung von Laboratorien und Anstellung dazu Befähigter die Pilz- kulturen in solcher Menge und in solcher Weise herstellen 512 Dr. Sander. lassen, dass stets ein ausreichender: und wirklich ver- wendungsbereiter’‘”) Vorrat vorhanden ist. Von äusserster Wichtigkeit scheint mir — und dies namentlich für unsere Kolonieen — eine praktische und zweckmässige Verteilung von Niederlagen solcher Mittel über das ganze Land. Bei den schlechten Verkehrsverhält- nissen wird das von grossem Einfluss sein; denn es ist ja für die Wirksamkeit aller Abwehrinassregeln gegen Heu- schrecken von grössster Wichtigkeit, zur rechten Zeit, d. h. möglichst gleich nach der Entdeckung der Gefahr, vorgehen zu können. Und da macht es einen gewaltigen Unterschied, ob die Mittel in wenigen Stunden oder Tagen oder erst nach Wochen erhältlich sind. Ja bei den Heuschrecken- schwärmen ist sogar unmittelbare Verwendbarkeit die Vor- bedingung zu einem wenn auch nur beschränktem Erfolge. Das Beste wäre deshalb, man könnte jeden Einzelnen mit ausreichendem Vorrat versehen. Da das aber unmöglich ist und in vielen Fällen einfach eine Vernichtung und Ver- schleuderung von Material bedeuten würde, so muss der Staat für eine möglichst gute Verteilung an zuverlässige Leute oder staatliche (bezw. gemeindliche) Stationen Sorge tragen. Dem Privatvorgehen hier alles überlassen, hiesse alles in Frage stellen. Freilich ist, ehe eine wirklich zweckmässige Verteilung in unseren Kolonieen möglich ist, erst noch eine ganze Reihe von Vorfragen aus der Lebensgeschichte der Wander- heuschrecken zu lösen: z. B. wo sind ihre Winterherbergen, welches sind ihre Heerstrassen und welche Vorgänge beein- fussen ihre Zugrichtung und ihr Niederlassen. Und diese Fragen sind ebenso wichtig für die Beurteilung, wo die Jungen ausschlüpfen werden, als wo sich die Alten nieder- 242) Hierzu bedarf es noch einiger gründlichen wissenschaftlichen Untersuchungen; bis jetzt ist die Frage einwandsfrei noch nicht gelöst, denn die bisherigen Kulturen verlieren nach nicht allzulanger Zeit ihre Lebensfähigkeit oder erleiden wenigstens eine starke Abschwächung. (S. oben.) Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 513 lassen. Denn in den Kolonieen verfliessen in der Regel nur drei bis vier Wochen zwischen dem letzteren und dem ersteren, ein Zeitraum, ‚unter den gegebenen Verhältnissen völlig ungenügend, um noch Material zu beschaffen und ‚umfangreiche Vorkehrungen zu treffen. Aber nicht alles braucht dem Staat und der Allgemein- heit überlassen zu werden. Eine Reihe von Mitteln und Stoffen kann sich jeder Einzelne vorrätig halten, natürlich je nach Art und Gelegenheit sehr verschiedener Natur. So wird jeder Weisse in Südwestafrika im stande sein, während des Laufes eines einzigen Jahres nicht bloss für sich allein, sondern auch noch für benachbarte Eingeborene Orpensche Blechschützen aus dem sonst als lästigen Abfall bei Seite geworfenen Blecheinsätzen der über See kommenden Kisten herzustellen. Jeder wird dort sich das nötige Fell für Her- stellung von Geisseln bereithalten können, sogar die- meisten Eingeborenen! Und anderswo wird es mit anderen Dingen ähnlich liegen. Solche Vorrichtungen, die nichts Nennens- wertes kosten, müsste in gefährdeten Gegenden jeder ge- zwungen werden sich zu beschaffen und in gebrauchsfähigem Zustande in Vorrat zu halten. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich schon, dass ohne gute Verkehrsverhältnisse der ganze Apparat gegen die Heu- schrecken nur mangelhaft arbeiten wird, weil es eben überall darauf ankommt, rechtzeitig die Nachricht von dem Auf- treten von Heuschrecken zu erhalten und genügend schnell Mannschaft und Kriegsmaterial an die bedrohte Stelle werfen zu können. Der Einzelne wird zur Herstellung solcher guter Verbindungen zwar auch sein Teil beitragen können, doch wird dies namentlich in unseren überall verhältnismässig dünn und auf grossen Strecken sogar sehr spärlich besiedelten Kolonieen nur sehr bescheiden sein können. Die Haupt- aufgabe in dieser Beziehung fällt dort durchaus grösseren _ Verbänden, Gemeinden, Bezirken und dem Staate zu. Nun _ verkenne ich keineswegs, dass unseren Gouvernements hier a draussen in dieser Beziehung durch den knappen Etat in Sander, Wanderheuschrecken. 33 514 Dr. Sander. recht bedauerlicher Weise die Hände gebunden sind. Um- somehr wäre es aber Aufgabe eines jeden, der sich wirk- lich aus inneren und nicht bloss aus äusseren Gründen mit unseren Kolonieen beschäftigt, dafür zu wirken, dass alles, was irgend möglich ist, geschieht, um die Möglichkeit, bessere Verbindungen, Telegraphen, Eisenbahnen und gute Wege herzustellen, zu schaffen. Dazu gehört vor allen Dingen die Einstellung ausreichender Mittel für solche durchaus not- wendige Aufwendungen in den Etat; und ich muss hier aufrichtig bedauern, dass Männer, die wissenschaftlich-wirt- schaftlich zu arbeiten behaupten, die grössten und nur auf theoretischen Tüfteleien beruhenden Bedenken ins Feld geführt und so ganz überflüssige Schwierigkeiten bereitet haben, statt alles hier wegzuräumen, was einem wirtschaft- lichen Aufschwunge unserer Kolonieen hinderlich im Wege steht. Doch das nur nebenbei, obwohl gerade hieraus z. B. für Ostafrika bei der jetzt wieder einsetzenden Heuschrecken- gefahr, die immerhin einige Millionen Verlust bedeutet (auch wenn diese Summe nicht voll in der Handelsbilanz zur Er- scheinung kommt), recht ernste Folgen zu erwachsen drohen. Der Zusammenhang ist in kurzem folgender: An irgend ‚einem Orte zeigen sich Heuschreckenschwärme, welche die und die Flugrichtung haben. Ungefähr ist aus früheren Jahren bekannt, welche Orte die zunächst bedrohten sind. Die erst betroffenen aber liegen nahe der inneren Landes- grenze, fernab von den mit umfassender Befehlsbefugnis ausgestatteten Plätzen, und die nächstbedrohten Orte sind viele, viele Kilometer, biz zu hunderten, entfernt. Telegraph und Eisenbahn ist nicht vorhanden. Dagegen weht der kräftig und frisch einsetzende Passatwind der beginnenden Regenzeit. Mit ihm reisen die Heuschreckenschwärme. Schneller als jeder Bote auch nur die Nachricht an den nächstbedrohten Ort bringen kann, ziehen sie ihres Weges, wenn nicht gerade ein kühler, regnerischer Tag mit um- laufenden Winden dem Boten Gelegenheit giebt, mit ihnen Schritt zu halten oder vielleicht gar ihnen vorauszueilen. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 515 Und selbst diesen günstigsten letzteren Fall angenommen, der Bote oder auch die Wechselboten kommen im nächsten mit Telegraphenverbindung versehenen Hafenplatz nur wenige ! Tage bis Wochen vor den Heuschrecken an. Ehe der Tele- graph spielt, ehe Antwort eintrifft, ehe die rückkehrenden Boten oder Dampfer, selbst wenn ausdrücklich für den Fall entsandt, am Bestimmungsorte eintreffen können, ist das Vernichtungswerk vollendet, ja in vielen Fällen die noch verderblichere Brut ausgeschlüpft. In unseren _ civilisierten Ländern kann man sich von diesen Verhältnissen nur schwer einen Begriff machen und umsoweniger als selbst in den seltenen Fällen ausgedehnter Verheerungen durch Heu- schrecken, eben wieder durch die vortrefflichen Verbindungen mit dem Weltmarkt, dem Einzelnen nicht unmittelbar Be- troffenen und der grossen Masse der Bevölkerung ein ernster Schade nicht erwächst. Mir aber ersteht gerade, weil ich mit eigenen Augen die traurigen Folgen gesehen habe, die weiten Strecken unserer Kolonieen durch die Heuschrecken zugefügt werden können, die Pflicht, hier dieser, nur von den Nordamerikanern einigermassen nach ihrem vollen Wert gewürdigten Frage der Verkehrsverbin- dungen näher zu treten und darauf nachdrücklichst hinzu- weisen, dass wir gerade jetzt, wo in Südafrika durch den Krieg alle Verhältnisse so günstig wie möglich für die massenhafte Entwicklung von Heuschrecken gestaltet sind, umsomehr unseren Kolonieen in Ost und Südwest durch Schaffung von Eisenbahnen, Telegraphenlinien und guten Wegen bis ins tiefe Innere hinein, ein Mittel bieten müssen, wenigstens in etwas dem Wiederaufleben dieser ernsten Ge- fahr für hunderttausende von Menschen entgegentreten zu können. Hier liegt wirklich eine ernste Pflicht des Staates vor und gerade hier zeigt sich deutlich, dass der betroffene Teil allein, ohne andere massgebend bei der Frage be- teiligte machtlos der Gefahr gegenübersteht. Glauben wir, wie es wohl für ernsthafte Wirtschaftspolitiker feststeht, dass Deutschland der Kolonieen nicht mehr entbehren kann, so N 33 516 Pf Dr. Sander. müssen wir wohl oder übel, hier wo nur der Mutterstaat helfen kann, alles thun, um eine drohende Gefahr abzu- wenden, die unsere Kolonieen für Jahrzehnte in ihrer Auf- nahmefähigkeit und Entwicklung zurückbringt, und umso- mehr als die Schaffung von besseren Verkehrsmitteln auch in anderer Hinsicht und ganz unmittelbar entwicklungs- fördernd wirkt. So wie augenblicklich die Verhältnisse liegen, werden die geeignetsten Stellen für Uebermittelung der Meldungen die Polizei-, Militär- und Gouvernementsstationen sein. Für die eigentlichen ersten Meldungen werden vornehmlich die Eingeborenen und die ihnen an Naturbeobachtung nahe- stehenden Weissen nach den unter den entsprechenden Abschnitten angeführten Gesichtspunkten zu gewinnen sein. Einzelheiten lassen sich bei ‘der ungemeinen Verschieden- heit der in Betracht kommenden Völker hier nicht geben. Das muss an Ort und Stelle von Leuten, die des Landes und seiner Bewohner kundig sind, geschehen. Bei den bisher in diesem Abschnitt abgehandelten Ge- sichtspunkten konnte es fraglich ‚sein, ob der Einzelne oder die Gemeinschaft die Pflicht haben, ihnen gerecht zu werden, wenn auch fast durchweg die Verpflichtung der Gemein- schaft oder von Verbänden Einzelner als das zutreffendere bezeichnet werden musste. In einem Punkte kann es aber keine Frage sein, dass nur die Gemeinschaft aller An- gehörigen eines Staates, bezw. der Herrscher eines solchen, wo noch absolutes Regiment besteht, zuständig und mass- gebend ist: das ist, wie weit die Allgemeinheit Pflichten in der Frage der Heuschreckennot übernimmt und inwieweit sie ihren Mitgliedern dafür Pflichten auferlegt. Nach dem Vorgange der nordamerikanischen »Heuschreckenstaaten« kann es zunächst wohl kaum noch einem Zweifel unter- liegen I. dass es sich bei der Heuschreckengefahr wirklich um eine Gefahr für die Allgemeinheit, den ganzen Staat, handelt, und 2. dass der Staat befugt ist, in solchem Falle recht weitgehende Beschränkungen der persönlichen Freiheit Verhalten der Gemeinschäften, der Gemeinden etc. 517 des einzelnen Staatsbürgers zu verfügen, wenn dieser sich nicht dem, was für das Gemeinwohl als dienlich erkannt worden ist, fügen will. Wenn die freieste staatliche Ge- meinschaft, die es giebt, eben die Staaten des nord- amerikanischen Bundes, Gesetze erlassen kann, wie sie im 1. Report mitgeteilt: sind, die. an Eingriffen in: : die. :per- sönliche Freiheit für solch einen, meisthin für unbedeutend und gleichgiltig gehaltenen Zweck wie Heuschreckenabwehr mehr leisten als je ein Erlass des absolutesten Fürsten, so ist-das wohl ein Beweis dafür, dass es eben ohne solche Massregeln nicht geht, soll nicht das Allgemeinwohl leiden. Dafür bürgt schon der aufs rein praktische gerichtete Sihın des Vollblutyankees. Eine Reihe von »Hilfsgesetzen« in der Haischisee frage kennen wir in Deutschland recht gut. Da sind in erster Linie die »Schongesetze« zu nennen, die sich aller- dings vorläufig bei uns zumeist darauf beschränken, für jagdbares Wild Schonzeiten festzusetzen, damit die Tiere nicht gerade in der Fortpflanzungs- oder der der Aufzucht der Jungen gewidmeten Zeit vernichtet werden. Mehr in die vorliegende Frage schlagen schon die Bestimmungen über Strafandrohungen wegen Fangen oder Töten von nützlichen Vögeln oder Vernichtung von deren Brut. Unter den gleichen Gesichtspunkt fallen die Vorschriften und an- gedrohten Strafen über leichtsinnige, fahrlässige oder bös- willige Veranlassung von Feld- und Waldbränden — teils in der Heimat, teils in den Kolonieen. Für die Bekämpfung der Heuschrecken aber müssten die meisten dieser Gesetze viel umfassender sein und zwar gelegentlich bis zum Verbot der Verfolgung einer ganzen Reihe von jetzt als Wild erklärten Tieren auch in der jetzt zu ihrer Jagd freigegebenen Zeit. Und noch mehr; viel weit- gehendere Gesetze gegen dasunvernünftigeGebahren gegenüber dem Pflanzenwuchse, das jetzt zumeist darauf herausläuft, jede nicht unmittelbar Ertrag bringende Pflanze auszurotten, vor allem dieBäume, deren Zinsertrag ja so sehrgegenüber dem von 518 ' Dr. Sander. feld- oder gar gartenmässig angebauten Pflanzen zurücktritt. Gerade für die vorwiegend von Heuschrecken bedrohten Gebiete unserer Kolonieen werden strenge Vorschriften und Gesetze von nöten sein, denn gerade diese Gebiete zeichnen sich ja von vornherein durch mehr oder minder grossen Mangel an natürlichem Baumwuchs aus. Mit den blossen Strafandrohungen wird man nicht ausreichen, vielmehr eine unmittelbar auf Vermehrung des vorhandenen Baumbestandes gerichtete Thätigkeit anzuregen versuchen müssen. Solche Gesetze, die für »Aufforstungen von ÖOedländereien«, »Baumanpflanzungen« u. s. w. Vor- schriften geben oder Zuschüsse seitens des Staates (oder der örtlichen Gemeinschaften) für deren Ausführung zu- sichern, haben wir sowohl in Deutschland wie in einzelnen Kolonieen. In letzteren, z. B. in Südwestafrika, allerdings nur in der sicher nicht sehr glücklich gewählten Form, »dass für einen gefällten Baum des natürlichen Bestandes zwei neue nachzupflanzen sind«, eine Vorschrift, der sich aus Mangel an Pflanzmaterial oft beim besten Willen nicht nachkommen lässt und deren Befolgung oder Nicht- befolgung überhaupt nur an den wenigsten Stellen über- wacht werden kann. Ich glaube, man würde den erstrebten Zweck viel sicherer durch Aussetzen einer Prämie auf Baumanpflanzung und jede mögliche Erleichterung der sachgemässen Verwertung so herangezogenen Holzes er- reichen. Alle diese Massregeln und Gesetze sind aber im all- gemeinen und ohne besondere Rücksicht auf die Heu- schrecken erlassen. Es würden daher die Schongesetze daraufhin zu revidieren und zu ergänzen sein, dass sie auch den Schutz solchen Getieres aussprechen, das in Bezug auf Heuschreckenvertilgung von grossem Nutzen ist und zugleich müssten sie so gefasst werden, dass sie in Heuschrecken- jahren durch einfache Verfügung wesentlich erweitert und verschärft werden könnten; d.h. es müsste die Möglichkeit gegeben sein, ohne lange Fragen und Rückfragen in der | A ic. Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 5I1g Heimat oder gar langwierigen Beratungen der dortigen gesetzgebenden Körper gewisse Tierarten ganz ausser Ver- folgung zu setzen, für andere wenigstens einen zeitlich be- grenzten Schutz aussprechen zu können. Die Massregeln und Gesetze zum Schutz der Pflanzen- decke lassen sich nicht in der gleichen Weise beweglich gestalten, denn es handelt sich hier ja um Pflanzen, deren Entwickelung lange Jahre beansprucht, ehe sie den ge- wünschten Erfolg geben können. Es würde also bei diesen nur darauf ankommen, ihnen eine umfassendere Form zu geben und alle bei ihnen in Betracht kommenden wirt- schaftlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, z. B. auch ihren Einfluss auf die Heuschrecken, statt wie jetzt nur einen einzelnen. Zugleich müssen von ihnen alle unnötigen bureaukratisch-polizeilichen Ausführungsbestimmungen fern- gehalten werden, an denen die jetzt vorhandenen mir be- kannten recht erheblich kranken. In die Einzelheiten dieser Gesetze vermag ich. hier nicht einzugehen; denn erstens fehlen noch z. B. für die Schongesetze genaue Grundlagen und zweitens werden diese Bestimmungen nicht bloss für die verschiedenen Kolonieen, sondern auch für die nach Flora, Fauna und Klima . viel- fach so sehr verschiedenen Landstriche verschieden aus- fallen müssen. Ueber das rein persönliche Verhalten des Einzelnen, über seine Verpflichtung durch persönliche Leistung seinen Anteil zur Abwehr des allgemeinen Notstandes beizutragen, sind, wie erwähnt, von den nordamerikanischen »Heu- schreckenstaaten« sehr scharfe Gesetze erlassen worden und auch anderswo — z. B. in Preussen nach dem im Anhange mitgeteilten Erlass Friedrichs des Grossen — sind derartige Gesetze nicht unbekannt. In diesen Bestimmungen ist ent- weder festgesetzt, was der Einzelne an persönlicher Arbeit zu leisten hat, oder welcher Strafe er im. Nichtbefolgungs- falle unterliegt oder gegen welche anderweitige Leistung diese Verpflichtung abgelöst werden kann. .Naturgemäss 520 sn Dr. Sander. beziehen sich diese Gesetze zunächst auf die Einwohner der betroffenen Ortschaften — Dörfer und Städte —, Distrikte, Kreise, Provinzen. Es kann auch gar keine Frage sein, allein schon aus der praktischen Rücksicht auf die An- wesenheit der zur Arbeit Verpflichteten am gefährdeten Orte selbst, dass diese Beschränkung an und für sich das Richtige ist, soweit es sich wirklich um persönliche Arbeit handelt. Anders dagegen bei der Verteilung der ander- weitigen Leistungen. Mir will es durchaus ungerecht er- scheinen, wenn nur die am Orte selbst befindlichen, die ohnehin schon unmittelbar den Verlust haben, ihn in ganzer Ausdehnung tragen und ganz allein zu’ seiner Abwendung verpflichtet sein sollen, während es sich doch um ein Natur- ereignis handelt, das die ganze politisch-wirtschaftliche Ge- meinschaft betrifft. Da entfernter Wohnende aber nur schwer, eben der Entfernung wegen, zu persönlicher Arbeit herangezogen werden können und auch unter den am Orte selbst Wohnenden immer eine ganze Anzahl sein werden, die, ohne krank zu sein, doch nicht im stande sind, die ge- forderte körperliche Arbeit zu leisten, so lässt sich meiner Ansicht nach die persönliche Verpflichtung eines jeden Einzelnen in einigermassen gerechter Weise nur in Geld ableisten, etwa als Zuschlag zur Steuer, wie in Cypern geschehen ist. Wer den Beitrag nicht leisten kann, der muss dafür körperliche Arbeit leisten und zwar so, dass er zwar für seine Arbeit bezahlt wird, ihm aber der eigentlich von ihm zu leistende Geldbetrag von seinem Lohne ab- gesetzt wird. | | Namentlich die Eingeborenen in den Kolonieen werden wohl nur in solcher Weise ihrer Verpflichtung nachkommen können, und, so weit ich unterrichtet bin, ist dies auch die ihnen bequemste Form. | = Gegen offen Widersetzliche müssen natürlich, wie in allen diesen Gesetzen auch geschehen, Strafvorschriften festgelegt werden; d. h. solche sind über ihre allgemeine Verpflichtung hinaus mit einem höheren Beitrage — etwa ER ZETT Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 521 wie es bei Zollhinterziehungen geschieht — zur, Leistung heranzuziehen. An Stelle einer solchen Strafzahlung bei Zahlungsunfähigkeit eine Freiheitsstrafe zu setzen, würde ich aber für unrichtig halten; die Summe müsste in solchem Falle in Strafarbeit abgeleistet werden. Denn ‘auf andere Weise würde man unter Umständen die Gefängnisse voll haben, während es an Arbeitern mangelt. Vor allem bei den Eingeborenen müsste durchaus auf Arbeitsleistung be- standen werden; denn bekanntlich ist diese für den ge wöhnlichen Eingeborenen eine Strafe; ‚eine einfache Freiheitsentziehung dagegen nicht. Eine eigenartige Stellung nehmen bei dieser Frage ai Grundbesitzer ein, seien es Grossgrund- oder Zwergwirt- schaftsbesitzer. Sie sind zwar die zunächst Bedrohten, aber zugleich giebt es unter ihnen viele, die jeder Massregel gegen die Heuschrecken völlig abgeneigt sind. Da sie nun das Grundrecht über ihren Besitz haben und somit in der Lage wären, auf ihrem Grund und Boden jede Abwehr- arbeit zu verhindern, so muss das Gesetz in solchem Falle durchaus eine Bestimmung vorsehen, die es gestattet, zwangsweise und auf ihre Kosten auf ihrem Besitz die Abwehrmassregeln vorzunehmen, also gewissermassen ein Recht zur zeitweiligen Expropriation. Natürlich müssten sie ausserdem in eine dem vorliegenden Fall entsprechende Geldstrafe genommen werden. Eine weitere wichtige Thätigkeit des Staates ist Be Aufstellung eines gemeinsamen Planes und Leitung der ganzen Abwehr von einer Hauptstelle aus. Nur so ist es möglich, wirklich an allen bedrohten Punkten gleichzeitig. und rechtzeitig vorzugehen. Diese Hauptstelle muss aber schon von vornherein bestehen und den Plan fertig aus- gearbeitet haben. Denn wird sie erst zur Zeit der Not ein- gerichtet und der Plan erst dann ausgearbeitet, so werden beiden notwendig die Fehler der Ueberstürzung anhaften, wenigstens für den Anfang. Dass eine solche Zentralstelle nur von der Behörde aus geschaffen und unterhalten werden 522 Dr. Sander. kann, liegt wohl auf der Hand. Denn es ist doch wohl gänzlich ausgeschlossen: erstens, dass eine Berufsgenossen- schaft — hier die der bedrohten Landbesitzer — sich so weit einigen wird, dass sie gemeinsam eine solche Stelle schafft und dauernd unterhält; und zweitens, dass einem solchen Privatbeamten (und seinem Stabe) die gesetzliche Befugnis eingeräumt werden würde, die oben besprochenen Strafen zu verhängen und die Zwangsmassregeln auch gegen den Willen der Besitzer auszuführen. Ganz anders dagegen liegt die Frage, ob nicht der Leiter dieser Zentralstelle, von den Berufsgenossen — eventuell unter mehreren von der Regierung vorgeschlagenen — zu wählen und dann von der Regierung zu bestätigen und anzustellen ist. Der Plan muss selbstverständlich, etwa wie der Plan für die Landesverteidigung, alljährlich übergearbeitet und, wo nötig, geändert werden. Er müsste so gefasst sein, dass den Ortsbehörden, die, wie oben auseinandergesetzt, am zweckmässigsten die ausführenden Organe wären, der nötige Spielraum gelassen wird, um die nach den Umständen nötigen Aenderungen, ohne erst lange anfragen zu müssen, eintreten lassen zu können. So wird er ihnen z.B. die Wahl der anzuwendenden Mittel und der dazu nötigen Stoffe überlassen können, unter der Voraussetzung, dass gewisse Grundzüge: Meldedienst über erstes Auftreten der Schwärme und Jungen, Ei-Ablage, Lage und Ausdehnung der Eigründe, Bekämpfung der Jungen’ in den ersten Stadien u. dergl. innegehalten werden. Ihnen stände dann die Anordnung und Ueberwachung der Ausführung der einzelnen Massregeln des Planes zu. Die ausführenden und leitenden Steilen freier Vereinigungen von Berufsgenossen u. s. w. könnten sich ihnen ohne Schwierig- keit angliedern und etwaige neue Massregeln mit ihnen be- raten. Die Thätigkeit solcher Vereinigungen und Vereine müsste sich dann nur ebenfalls dem Gesamtplan ein- fügen. So wäre eine gemeinsame planmässige Arbeit ge- währleistet und doch dem Einzelnen freie Hand gelassen, u ER Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 523 über das durchaus Notwendige hinaus freiwillig noch mehr zu leisten. ag Diese Ortsbehörden hätten alljährlich zu einer passend zu wählenden Zeit ihre Berichte über die im verflossenen Jahr gewonnenen Erfahrungen einzureichen, die Aussichten für das kommende zu melden und danach eine Liste der voraussichtlich notwendigen Arbeiter, Mittel und Kosten aufzustellen. Die Zentralstelle hätte dann alle diese Be- richte zusammenzufassen, die Beschaffung der nötigen Arbeiterzahl im voraus zu sichern, die Mittel und Stoffe rechtzeitig zu bestellen und an die Ortsstellen zur Verteilung gelangen zu lassen, sowie die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Bezirke vorzunehmen. Innerhalb dieser Be- zirıke würde die Weiterverteilung auf die einzelnen Ge- meinden vorgenommen und innerhalb dieser wieder die auf den Einzelnen. Natürlich müssten zur Zeit des Auftretens der Heu- schrecken noch besondere Berichte erstattet, von der Zentralstelle aber allen berechtigten Forderungen der aus- führenden Stellen um Material und Menschen nach Möglich- keit nachgekommen werden. Die ausführenden Stellen müssten das Recht haben, zur Zeit der. Not an Ort und Stelle beschaffen zu können, was dort erhältlich ist. Eine derartige Einrichtung würde natürlich Geld kosten und es fragt sich, wie die Mittel dafür beschafft werden sollen. Zunächst kommt es darauf an, ob überhaupt die dauernde Einstellung von Ausgaben für eine derart ge- ordnete Heuschreckenabwehr berechtigt wäre. Im wesent- lichen habe ich im voraufgehenden diese Frage schon mit Ja! beantwortet. Freilich nur mit einem bedingten. Es ist ja wohl ohne weiteres verständlich, wenn ein Staat wie Deutschland für seinen europäischen Besitz nur eine ver- schwindend kleine Summe gegenüber dem ganzen Staats- haushaltsetat für Zwecke wie Heuschreckenabwehr einstellen kann. In Deutschland ist eben die Heuschreckengefahr ein viel zu seltenes und ausserdem stets örtlich begrenztes Er- 524 Dr. Sander. eignis, als dass die dauernde Aufwendung nennenswerter Summen für seine Vorbeugung lohnte. noFerat ws Anders aber verhält es sich nach dem im ersten Ab- schnitt Mitgeteilten für seine afrikanischen Kolonieen, viel- leicht mit Ausnahme von Kamerun. Die dort seit unserer Besitzergreifung durch Heuschrecken vernichteten Werte — die ja allerdings nicht klar im Etat in Erscheinung treten — stellen zusammen ein Kapital dar, von .dessen Zinsen "auf Jahrzehnte hinaus eine in der vorgeschlagenen Form ein- gerichtete Heuschreckenabwehr erhalten werden könnte, nätürlich unter der leider nicht zutreffenden Voraussetzung°*°), dass wir jetzt in eine heuschreckenfreie Periode einträten. So wie die Sachen aber in Wahrheit liegen, geht die Ver- nichtung so umfangreicher Werte noch auf lange Jahre hinaus ihren Gang weiter, so dass die Summen, die durch Schaffung einer geordneten Heuschreckenabwehr auf gebraucht werden, kaum die Zinsen der dadurch geretteten Werte betragen dürften. Aber selbst wenn diese Zinsen überschritten, dafür aber nur die Heuschrecken in solchen Grenzen gehalten werden, dass die von ihnen angerichtete Verheerung nicht die organische Weiterentwickelung der Kolonie durch Schaffung von: Hungersnöten für Mensch und Tier. stört, wäre das ein Gewinn für das Mutterland, der die augenblicklich aufzuwendenden Summen in Zukunft reichlichst einbrächte. Es ist selbstverständlich, dass bei Einrichtung einer solchen organisierten Heuschreckenabwehr keine unnötigen Gelder vergeudet werden. Aber das ist auch nicht nötig, denn diese Organisation könnte sich der bestehenden politisch-wirtschaftlichen Verwaltungsordnung sehr gut an- schliessen. Unkosten würden dabei eigentlich nur für die Zentralstelle entstehen, denn die ausführenden Ortsbehörden würden dieselben bleiben wie jetzt. Und da diese schon °**, Eben jetzt kommen z. B. wieder von überall her Meldungen über zahlreiches Auftreten in Ostafrika — Mitteilungen des Gouverne* ments an mich und Zeitungsberichte —. i Verhalten der Gemeinschäften, der Gemeinden etc. 525 jetzt fast dieselben Aufgaben erfüllen, nur ' nicht so streng nach dem Zweck geordnet, so würde bei ihnen nicht ein- mal Einstellung von neuem Personal nötig sein, sondern nur geringe Mehraufwendung für Reise-, Material- und Porto- bezw. Botenkosten. rs | Dafür würden aber durch den Grossbezug der bisher verwendeten mechanischen und chemischen Stoffe, Ersatz eines Teiles derselben durch andere ebenso brauchbare, aber billigere, Herstellung im Lande selbst wesentliche Er- sparnisse sich machen lassen, die vielleicht eine ganz un- mittelbare Minderausgabe zur Folge hätten. Was die Ersetzung der Auslagen für die zu be- schaffenden Mittel anlangt, so würde es bei dem bisherigen Verfahren bleiben können. Ein Teil der benötigten Mate- rialien, z. B. die Pilzkulturen, sind bisher ohne jede Ersatz- leistung von den Gouvernements an die Stationen und Einzelne abgegeben worden, für andere ist ein Teil oder die ganzen Kosten von den betroffenen Einzelnen oder Ge. meinden verauslagt bezw. zurückerstattet worden. Wie hierin im einzelnen Fall verfahren werden soll, ist schwer im allgemeinen zu sagen. Vielleicht können folgende Ge- sichtspunkte massgebend sein: Der Preis für die landwirt- schaftlichen Erzeugnisse wird hauptsächlich durch zweierlei beeinflusst: den örtlichen Marktpreis und den Weltmarkt- preis. Ist die Lage des Ortes so, dass er nur schwer vom allgemeinen Handel zu erreichen ist, so wird vorwiegend die örtliche Nachfrage und das örtliche Angebot den Preis bestimmen, der örtliche Marktpreis wird vorwiegend mass- gsebend sein. Hat der Ort dagegen gute Verkehrsverbindungen und eine günstige Lage für den Handel, so wird für die Hauptstapelerzeugnisse der Landwirtschaft weniger das ört- liche Verhältnis von Angebot und Nachfrage als der Welt- marktpreis massgebend sein. Im ersteren Falle wird bei einer Verminderung der Ernte durch Heuschrecken der übrigbleibende Teil durch höhere Preise zum mindesten einen Teil des Verlustes wieder einbringen; im zweiten Fall 526 | Dr. Sander. wird eine Preissteigerung für den geretteten Teil nicht oder nur unbedeutend eintreten, weil der Ausfall durch Zufuhr von aussen her gedeckt wird. Im ersteren Falle wäre es durchaus gerechtfertigt, von den durch die Heuschrecken Geschädigten einen mindesten teilweisen Ersatz der von der Allgemeinheit dem Staate gelieferten Mittel zur Be- kämpfung der Heuschrecken zu verlangen die engere Ge- meinde muss ja durch höhere Preise auch einen Teil des Verlustes mittragen. Der einzelne Besitzer, der durch die Anstrengungen der Allgemeinheit mehr oder weniger vor Schaden bewahrt worden ist, hätte also kein Recht, be- sonders bevorzugt zu sein. Dagegen hat die betroffene Gegend als solche wohl Anspruch auf Eintreten der grossen Allgemeinheit, weil sie eben durch ihr Vorgehen diese vor Schaden bewahrt hat. Der Gemeinde also wäre vom Staat ein Zuschuss zu den Unkosten zu leisten, der dann auf diese Weise in möglichst gerechter Verteilung auch wieder dem einzelnen Geschädigten zu gute käme. Im zweiten Falle dagegen, einem Orte mit guten Handelsverbindungen, wird sich der Schaden nur dem be- troffenen Landbauer bemerklich machen; die :übrige Be- völkerung aber wird wenig davon berührt, weil eine Preis- steigerung für sie nicht herbeigeführt wird. Hier wäre also billig und gerecht, nicht den einzelnenLandbauer, sondern die ganze Gemeinde für die geleisteten Auslagen haftbar zu machen. Natürlich liegen die Fälle niemals so rein, wie sie hier geschildert sind, und im Innern unserer Kolonieen kommt bei ernsteren Schädigungen nicht die Preissteigerung der Lebensmittel in Frage, sondern der Umstand, dass sie eben nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. Da in solchem Falle die Einzelnen auch meist keinen Besitz haben, aus dem sie die Auslagen der Regierung decken können, so wird diese nichts erhalten können, vielmehr häufig genug noch Lebensmittel dazu geben müssen. Daraus ergiebt sich, dass für unsere afrikanischen Kolonieen noch auf lange Zeit hinaus die grosse Allgemein- Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 527 heit dem Einzelnen und den kleinen Gemeinschaften bei- springen muss, dass also im allgemeinen auf einen baren Ersatz für die direkten Auslagen nicht zu rechnen sein wird. Dagegen dürften sich die Auslagen im ganzen ge- ringer stellen, weil die Arbeiter wenig oder nichts kosten und daher nur die Auslagen für Material und höheres Per- sonal im wesentlichen in Betracht kämen. Immerhin aber wird man in den betreffenden Gesetzen die Rückerstattung der geschehenen Auslagen grundsätzlich vorsehen müssen, etwa nach dem im Kaplande in An- wendung gekommenen Prinzip°‘*), wenn auch in den meisten Fällen für die nächsten Jahre von der Einziehung Abstand senommen werden dürfte. Ausser um die Aufbringung der Auslagen für Material und Personal handelt es sich bei der Heuschreckenfrage auch noch um die Gewährung von Unterstützungen an die Betroffenen, sei es in Bar oder in Lebensmitteln oder sonstwie. Eine gewisse Berechtigung zu solcher Unterstützung wird man von vornherein nicht in Abrede stellen können, da es sich eben um ein unverschuldetes Naturereignis handelt, wo die Allgemeinheit, wenigstens nach der jetzt geltenden Auffassung, die Pflicht hat, dem Einzelnen beizu- springen. Bei so schweren Schäden, dass Hungersnot ein- trat, ist auch praktisch die Bethätigung dieses Grundsatzes stets befolgt worden und zwar sowohl von seiten der staat- lichen Gemeinschaft als durch private Hilfe von seiten der _ einzelnen Staatszugehörigen. Bei dem bisherigen Vorgehen dieser Art ist in Ostafrika, vom Gouvernement wenigstens, mit vollem Recht an dem Grundsatze festgehalten worden, diese Staatsbeihilfe nicht ohne Entgelt zu leisten, indem die Lebensmittel als Bezahlung für Arbeit an gemeinnützigen Werken, Strassenbauten u. dergl. gegeben wurden. Nach A ‘ N ae 9) D. h. für jedes Pfund Sterling, das die Gemeinde (oder der Kreis) auslegt, schiesst der Staat die gleiche Summe zu. En ne ET BER sn MEER FE EEE Fe - 528 5 a f Dr. Sander. meinen, Vorschlägen würde in Zukunft die Regierung einen Teil der Arbeitsleistung schon vorweg nehmen, eben bei der Bekämpfung der Heuschrecken selbst. Sie wäre damit meiner Ansicht nach dann äuch verpflichtet, das, was damals eine freiwillige Spende war, im vorhinein als Lohn zu ge- währen. Es wäre dann also auch bei Zeiten für Beschaffung von Lebensmitteln Sorge zu tragen. Damit könnte man dann wohl auch erreichen, dass die Eingeborenen zur Arbeit kamen, ehe sie von Hunger und ungeeigneter und unzu- reichender Nahrung entkräftet sind. Der erste, schon damals gethane Schritt zu solcher Sicherung ausreichender und bekömmlicher Nahrung hätte darin zu bestehen, dass die Handelstreibenden verhindert werden, die Notlage durch un- gemessene Heraufschraubung der Preise auszunutzen ‘*). Am einfachsten und natürlichsten geschieht dies wohl dadurch, dass der Staat bei Zeiten ausreichende Lebensmittelmengen an die bedrohten Stellen wirft und sie in staatlichen Ver- kaufsstellen zu den bisher üblichen Preisen abgiebt. Das würde zugleich die baren Unkosten wesentlich vermindern. Leider lässt sich in den meisten der afrikanischen Kolonieen die Anlage von Lebensmittelniederlagen auf längere Zeit nur sehr schwer durchführen, weil die Lebensmittel gar zu schnell dem Verderben unterliegen durch Schädlinge aller Art. Zr" In gleicher Weise wäre für Saatgut zu sorgen, das gegen spätere Rückerstattung von der Ernte abgegeben werden könnte, bei schweren Verheerungen sogar kostenfrei. Dagegen wäre dafür zu sorgen, dass es wirklich seiner Be- stimmung zugeführt würde und nicht zur Nahrung diente. Bei Fällen mittlerer und geringer Schädigung wird es sich kaum ermöglichen lassen, aber auch nicht notwendig sein ausser dem Lohn für die geleistete Arbeit und der Zu- busse für die Materialauslagen der Gemeinde‘ besondere Entschädigung zu gewähren. °) Ich bitte dazu den Brief des Arabers aus Pangani im ersten Abschnitt nachzulesen! \ i Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 529 Nur für eine Art der Schädigung halte ich unter allen Umständen Schadenersatzleistung seitens des Staates für notwendig, das ist für den durch Schwärme, durch fliegende Heuschrecken verursachten Schaden. Aber auch hier nur dann, wenn der Geschädigte alles gethan hat, was in seinen Kräften stand, um den Schwarm |zu vernichten. Denn wenn nicht voller Ersatz sowohl für die geleistete Arbeit wie für den Wert des verbrauchten Materials und für den Verlust an der Ernte geleistet wird, scheint es mir un- möglich, zu verlangen und durchzusetzen, dass jeder Besitzer, in dessen Feld ein Schwarm einfällt, so viel wie möglich von den Heuschrecken zu vernichten sucht, statt sich auf das viel bequemere und in vielen Fällen auch wirksame Verscheuchen zu beschränken. Namentlich gilt dies aber für Vernichtungsverfahren, die wie das Impfen mit dem Pilz ihre Wirksamkeit erst entfalten, wenn sich der Schwarm längst dem Gesichtskreis entzogen hat. Natürlich muss einer solchen vollen Entschädigung dann auch die volle und unbedingte Pflicht gegenüberstehen, nun wirklich jedes verfügbare Mittel anzuwenden, und die Unterlassung mit entsprechend schwerer Strafe geahndet werden. Für solche Entschädigungen jeder Art wäre aus den verfügbaren Mitteln jährlich stets eine bestimmte Summe auszuwerfen. Ueberstiegen die als Entschädigung zu zahlenden Summen diesen Betrag, so müsste nachträglich Deckung dafür geschaffen werden. Unter keinen Umständen aber dürfte ein solcher Fehlbetrag auf das neue Jahr vor- getragen werden. In Jahren, wo die Entschädigungen die Höhe des ausgeworfenen Etats nicht erreichten, wären die Ersparnisse zinstragend anzulegen und die Zinsen zum Kapital zu schlagen, bis der Fonds die Höhe erreicht hat, dass seine Zinsen zum mindesten dem festgesetzten Ent. schädigungsetat gleichkommen. Dann wäre dieser — bis auf etwaige besonders ungünstige Jahre — mit den Zinsen zu bestreiten. Sander, Wanderheuschrecken. 34 530 Dr. Sander. Um die für ein gemeinsames Vorgehen unter behörd- licher Anordnung erforderlich werdende Summen aufzu- bringen, könnte man in zweierlei Weise vorgehen: Erstens, wie schon erwähnt, durch einen besonderen Zuschlag zur Steuer, dessen Höhe vielleicht nach dem Ein- kommen bezw. der sonstigen Steuerleistung zu bemessen und der alljährlich festzusetzen wäre. Eine Verteilung nach dem Anteil, mit dem jeder Einzelne an der Verhütung eines Heuschreckenschadens interessiert ist, wird wohl schwer durchführbar sein. Immerhin könnte man, wie z. B. mit der Grundsteuer in Deutschland, die vorwiegend Ge- fährdeten, also die Grundbesitzer, in erhöhtem Masse heran- ziehen. Zweitens könnte man die Unkosten durch eine Art von Zwangsversicherung’*‘), wie etwa in Deutschland die der staatlichen Viehversicherung, von den betroffenen Berufs- kreisen aufbringen. Wenn der Staat als solcher noch einen entsprechenden Zuschuss dazu leistete, so dass also, da in Wirklichkeit alle Staatsangehörigen bei der Frage interessiert sind, auch alle ihr Teil dazu beitrügen, nur die unmittelbar Gefährdeten einen grösseren Teil, so wäre nicht viel da- gegen einzuwenden. Es käme nur darauf an, ob eine direkte Steuer oder eine solche Zwangsversicherung den gesetzgebenden Körpern und den beteiligten Berufskreisen angenehmer und gerechter erschiene. Für unsere Kolonieen aber liegt zur Zeit die Frage noch etwas verwickelter. Denn noch ist keine von ihnen im stande, aus sich selbst heraus die Mittel aufzubringen, um auch nur ihrem bisherigen Etat gerecht zu werden. So würde also jede Mehrausgabe zunächst noch dem Mutter- lande zur Last fallen, und es wäre recht fraglich, in wie weit eine auch nur teilweise direkte Rückerstattung der Auslagen durch die Kolonie statthaben würde. Es handelte sich also hier wieder um die Grundfragen der Kolonialpolitik: Sind °°°) Schon Köppen macht einen ähnlichen Vorschlag. a Verhalten der Gemeinschaften, der Gemeinden etc. 591 Kolonieen, und im vorliegenden Falle unsere afrikanischen Kolonieen, für das Mutterland eine Einrichtung, die ent- weder aufrecht erhalten werden muss, wo sie nichts ein- bringst, weil sie eine wirtschaftliche und politische Not- wendigkeit ist, oder sind sie, wo sie etwas einbringen, eine Kapitalsanlage, bei der man am Betriebskapital nicht sparen darf, um das Grundkapital gewinnbringend arbeiten zu lassen? | Die Kolonialgegner werden günstigenfalls unseren Kolonieen die erstere Bewertung zugestehen, denn sie kosten ja immer noch mehr, als sie einbringen, wenigstens nach den nackten Zahlen des Etats. Die Kolonialfreunde, oder besser gesagt, die umsichtigeren Wirtschaftspolitiker, werden wohl mit mir darin übereinstimmen, dass unsere Kolonieen schon jetzt zu der zweiten Kategorie zu zählen sind und dass einer der Hauptgründe, weshalb für den weniger Ein- sichtigen das noch nicht so ohne weiteres zu erkennen ist, gerade darin liegt, dass bisher das verwendete Betriebs- kapital zu gering bemessen war. Setzt man wirtschaftlich richtig die von den Heu- schrecken vernichteten Werte nicht bloss als Zinsverbrauch, sondern auch als Kapitalsverlust ein, dessen Ausfall sich durch verminderte Zinserträge noch lange Zeit hindurch fühlbar macht, die durch geeignete Massnahmen vor der Zerstörung bewahrten Werte aber in gleicher Weise sowohl als Zins- wie als Kapitalserhöhung, so kann es keine Frage sein, dass alle Massnahmen, die einen höheren Betrag vor der Vernichtung behüten, als ihre eigenen Unkosten be- tragen, kapitalvermehrend wirken. Sie wären also geeignet, das wirtschaftliche Leben der Kolonie zu steigern und damit die Herbeiführung des Zeit- punktes zu beschleunigen, wo auch rein äusserlich und mechanisch-zahlenmässig die Kolonieen einen Gewinn für das Mutterland bedeuten. Wenn also die gesetzgebenden Körper des Mutter- landes in ihrer Mehrheit zu der Ueberzeugung kommen, 34° 532 | Dr. Sander. dass es mit zweckmässigen Einrichtungen möglich ist, den Heuschreckenschaden so einzudämmen, dass die dafür auf- sewendeten Unkosten mehr als ausgeglichen werden, so müssen sie auch die wenigen hunderttausend Mark — für unsere sämtlichen Kolonieen zusammen dürfte sich die unmittelbar für die Heuschreckenfrage geleistete jährliche Ausgabe wohl nicht höher als höchstens 150 000 bis 300000 Mark belaufen — bewilligen, da diese dann eine wertsteigernde Ausgabe darstellen. Je reichlicher zu Anfang die Mittel bemessen werden, um so eher wird es gelingen, ein wirkliches Eindämmen der Heuschreckengefahr zu be- wirken, um so früher werden die fortlaufenden Ausgaben zurückgehen, um so früher werden wir solch schwere Störungen der wirtschaftlichen Entwickelung, wie sie grössere Heuschreckenverheerungen bedeuten, von den Kolonieen fernhalten können, um so eher werden diese also in der Lage sein, auch in dieser Beziehung selbst für sich zu sorgen. Anhang. Erneuertes Edict wegen Vertilgung der Heuschrecken und Sprengsel.*) AX/F Friderich von GOttes Gnaden, König in Preussen, Marggraf zu Brandenburg, des Heil. Römischen Reichs Ertz-Cämmerer und Chur-Fürst, Souverainer und Oberster Hertzog von Schlesien, Souverainer Printz von ÖOranien, Neufchatel und Vallengin, wie auch der Grafschaft Glatz, Geldern, zu Magdeburg, Cleve;; Jülich, Berge, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, zu Mecklenburg und Crossen Hertzog, Burggraf zu Nürnberg, Fürst zu Halber- stadt, Minden, Camin, Wenden, Schwerin, Ratzeburg, Ost- Friessland und Mörs, Graf zu Hohenzollern, Ruppin, der Marck, Ravensberg, Hohenstein, Tecklenburg, Schwerin, Hinsen, Bühten und Lehrdam, Herr zu Ravenstein, ‘des Lande Rostock, Stargardt, Lauenburg, Bütow, Arlay, und Breda etc. etc. Fügen hiermit Jedermänniglich zu wissen: dass, ob zwar zu Unserer Länder und getreuen Unterthanen Besten, verschiedene Edicte, wegen Ausrottung der Spreng- sel, oder Heuschrecken, unterm ı3ten April und 24ten Octo- ber 1731. auch 24ten November 1752. sind publiciret worden, Wir dennoch missfällig haben vernehmen müssen, dass solchem Land- verderblichen Uebel bisher nicht hat ge- steuret, noch die Bruth, so dieses Ungeziefer nachgelassen, getilget werden können. *) Dieses Edict verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn A. Niemann, Berlin, der es in den alten Akten seines Familiengutes Cunrow in Pommern gefunden und mir zur Verfügung gestellt hat. D. Verf. 534 Dr. Sander. Wann Wir aber nichts mehr wünschen, als Unsere getreueste Unterthanen von dergleichen Land-Plagen zu befreyen: So haben Wir nöthig gefunden, hiemit noch- mahls zu künftiger Beobachtung festzusetzen und anzu- befehlen. Dass | r.) Die Gerichts-Obrigkeiten, die Unterthanen des platten Landes, und die Magistraete, die Bürger in denen Städten, imgleichen Schäfer und Hirten bey harter Leibesstrafe anhalten sollen, an den Orten, wo Heuschrecken gelegen und liegen geblieben, (wovon die Hirten die beste Nachricht geben können,) die Sprengsel-Bruth, sowohl zur Herbst- als Frühlingszeit, fleissig aufzusuchen, und auszu- rotten, ausserdem auch die Oerther, wo die Bruth lieget, bis in den spätesten Herbst, mit denen Schweinen, welche davon Witterung- haben, fleissig zu betreiben; Wie denn auch die Forst-Bediente sorgfältigsst zu beobachten haben, wo die Heu- schrecken auf denen Räumden und gepflügten Aeckern in denen Forsten gelegen, und daselbst Bruth gesetzet, welchenfalls die in denen Forsten befindliche Brach-Acker und Räumden _ gleichfalls mit Schweinen betrieben werden müssen. Diejenigen Oerther in denen Felder und Försten, wo die Sprengsel liegen geblieben, und Bruth ge- leget, müssen vor Winters Flach umgepflüget, und wenn solches geschehen, dergleichen Oerther mit denen Schweinen abermahls öfters betrieben, und die Bruth sowohl dadurch, als durch fleissiges Auf- suchen ruiniret werden. Damit aber Unser ernstlicher Befehl in Auf- suchung der Sprengsel-Bruth gehörig nachgelebet werde, so sollen sowohl die Forst-Bediente, wann sie gleich denen Acker-Wirthen bey denen Dörftern Hufen oder Länderey besitzen, als auch ein jeder Bauer verbunden und gehalten seyn, nach Proportion Erneuertes Edict wegen Vertilgung der Heuschrecken etc. 3535 der Quantitaet, so sich an Bruth pfinden wird, und wie es eine jede Obrigkeit darnach determiniren wird, I. Metze, ein jeder Halb-Bauer ?°/,. Metzen, ein jeder Cossathe '/,. Metze, und ein jeder Grund- Sitzer, wenn er gleich kein Land im Felde hat, dennoch '/,. Metze von dieser schädlich- und Land- verderblichen Sprengsel-Bruth zu sammeln. Dessgleichen sollen die Gerichts-Obrigkeiten und Beamte, oder deren Pächter und After-Pächter auf dem platten Lande und die Magistraete in denen Städten, wenn diese Vorwercker besitzen, auch die Forst-Bediente, so ausserhalb denen Dörfern wohnen, wie vor gedacht, nach Proportion der sich findenden Bruth, etwa von 16. Scheffel Winter-Getreide Aus- saat '/,. Metze, auch in denen Städten ein Acker- Bürger, von jeder inne habenden Hufe Land, '),. Metze von dieser Heuschrecken-Brut im Herbst, sammeln, so lange solches durch den Frost nicht verhindert wird, wobey sich denn von selbsten ver- stehet, dass, wenn zur verordneten Sammlung nicht Bruth genug vorhanden, die gesetzte Quantitaet auch nicht gelieffert werden kan; doch muss solches mit nichten ein oder andern abhalten, anbefohlner massen, demjenigen nachzukommen, so vorhin ver- ordnet ist. Was aber ein jeder über dieses fest- gesetzte Maass annoch abliefert, solches soll» pro Metze mit zwey Groschen und zwar auf’ dem platten Lande, vom Land-Rath des Creises aus der Creiss- Casse, in denen Städten aber aus denen Cämmereyen oder sonst bürgerlichen Cassen sofort baar bezahlet werden. | Es müssen demnach die Unterthanen derer Dörffer und Vorwercker ihren Obrigkeiten, imgleichen die Forst-Bediente. denen Beamten, die gesammlete Heuschrecken-Bruth, die Bürger in denen Städten hingegen an ihre Magistraete, abliefern; Und obzwar 536 Dr. Sander. die Prediger auf dem Lande, welche Acker haben, billig zu diesem allen, nach Proportion ihrer Aecker und Aussaat, concurriren solten, so können doch dieselben, wenn sie den Acker durch ihr eignes Gesinde cultiviren, und die Früchte davon selbst einerndten, davon dispensiret bleiben, müssen aber dagegen die Einwohner der Dörfer nicht nur zur fleissigen Wahrnehmung dieser Unserer zur all- gemeinen Wohlfahrt abzielenden Veranstaltung be- ständig aufmuntern, sondern auch, wann solchem nicht überall genau nachgelebet wird, davon der Obrigkeit unverzügliche Anzeige thun; Solten aber die Prediger ihre Ländereyen ausgethan haben, müssen die Pächter, gleich andere ihres gleichen, die Heuschrecken-Brutk mit sammlen helffen; Hiernechst haben die Obrigkeiten und Beamten, denen AÄblieferern über dem Empfang gehörige Be- scheinigung zu geben, welche Atteste sodann dem Landrath jeden Creises sofort eingeliefert werden müssen, damit derselbe in einer zu führenden Tabelle gehörig nachweisen könne, was ein jeder nach der von der Obrigkeit ihm geschehenen Auflage, ab- liefern sollen, und was er würcklich nach denen erhaltenen Attestatis abgeliefert hat; Auch müssen zur Completirung der Haupt-Tabelle, die Magistraete ihre Designationes cum Attestatis von ihren Stadt- Feld-Fluhren, denen Steuer-Räthen zufertigen, und wenn dieser die Tabelle formiret, muss er solche gegen Ausgang Monaths Februarii an Unsere Krieges- und Domainen-Cammer, nebst einer besonders bey- gefügten Nachweisung, wieviel ein jeder über das gesetzte Maass abgeliefert und bezahlt erhalten, ein- senden, auch zugleich die Decharge wegen Bezahlung der mehr abgelieferten Bruth, für die Creis- jeder Magistrat aber, wegen der Cämmerey- oder Stadt- Cassen, suchen. zZ; Erneuertes Edict wegen Vertilgung der Heuschreckenetc. 537 3.) Sollten aber durch die Sammlung dieser Bruth oder des Saamens, die Heuschrecken nicht völlig getilget werden, und dahero das übrig bleibende im Früh- Jahr auskommen, so müssen zuvörderst Hirten und Schäfer, demnechst ein jeder besonders, auch die Forst-Bediente, fleissig vigiliren, wo sich junge Bruth sehen lässet, und solches sofort der Gerichts-Obrig- keit und denen benachbahrten Gemeinden anzeigen; ‘Und ob man schon bisher solche junge Bruth der- 4.) gestalt zu tödten gesucht, dass solche mit Stroh verbrannt, oder auf andere Weise zernichtet worden; So hat doch die Treibung und Tödtung in denen Grabens, den meisten Effect gethan, und muss dahero auch damit ferner continuiret werden. Wenn auch gemeiniglich zu geschehen pfleget, dass die ausgekommene Bruth auf denen Feldern nicht überall, sondern nur Fleckweise sich findet, und dahero grosse Grabens um gantze Felder zu führen gantz unnöthig ist; So müssen an denen aufgefundenen Flecken, wo die ausgekommene Bruth lieget, nur auf der einen Seite, und zwar gegen den Wind, und nachdem die Plätze, so mit der Bruth belesiet, orossı sind, kleine""Graben'"a '20o. bis 25. Schutt laneyn2..5. Russ breit@unden./sh Fuss tief gemachet, und die Erde ausserhalb geworffen, auch darin 4. a 5. Schritt aus einander die Fang-Löcher oder Kessel von gleicher Breite des Grabens und a 1.'/,. Fuss tief angefertigt werden. Müssen die Unterthanen, so bald die Sonne des Tages hoch kömmt, und die Bruth sich auseinander giebet, die Heuschrecken, wie sie Fleckweise liegen, zu treiben anfangen, dabey aber wohl beobachten, wohin dieselben selbst Lust hinzulauffen bezeigen, massen man observiret, dass sie nicht nur aus dem Morgen nach dem Abend, sondern auch mit dem Winde gehen, mithin muss das Graben-Ziehen und 538 Dr. Sander. Treiben auch darnach eingerichtet werden, weil man anderer Gestalt mit dem Treiben nicht fortkömmt, und die Heuschrecken sich lieber zertreten, als zwingen lassen, einen andern Gang vorzunehmen. Wenn solchergestalt die Heuschrecken in den Graben getrieben sind, lauffen sie von selbst in die darin gemacheten Löcher oder Kessel, allenfalls können sie mit Sträuchern dahinein gekehret werden und sind sodann mit kleinen Stampfen zu zerquetschen, vorauf aber diese Löcher mit Erde, welche aus denen zwischen zwey Kesseln neu zu machenden Löchern zu nehmen, beworffen und festgetreten oder gestampfet werden müssen. Die Sprengsel pflegen auch selbst in die Graben zu lauffen, und die darin befindliche Kessel anzufüllen, mithin müssen die gemachte Grabens und darinn des Abends neuangefertigte Kessel offen bleiben, des Morgens aber ist die erste Arbeit, die Löcher zu visitiren, und die darin befindliche Heuschrecken todt zu stampfen, worrauf denn mit Treibung der sich wieder zusammen gezogenen Bruth continuiret wird. Und wie die Schäfer und Hirten die Brach-Felder, aus der Gemeine aber ein vernünftiger Unterthan, und in den Städten 2. a 3. Bürger, die besäeten Felder, wo die Hirten nicht hinkommen können, begehen, und die Oerter wo sie Heuschrecken-Bruth finden, durch Stroh-Wische oder Sträucher ausstecken und selbige alle Abend in denen Dörfern an die Schultzen, und in denen Städten bey denenjenigen, so vom Magistrat zur Obsicht bestellet worden, genau anzeigen müssen, So soll in denen Städten sofort die Eintheilung von dem hiezu vom Magistrat bestellten Commissario oder denen Deputirten, wegen der zu dieser Tilgung täglich zunehmenden Einwohner dergestalt gemachet werden, dass immer Sr ee er Zu no Erneuertes Edict wegen Vertilgung der Heuschrecken etc. 539 höchstens 7. Mann zusammen gelassen, und den folgenden Morgen 8, 10. und mehr Oerter, nachdem die Anzahl der Bürger gross, angewiesen werden, um daselbst die Graben und Kessel anzufertigen, worauf denn unter Anführung dazu besteliter Leute, durch ‚die Kinder aus‘. denen Städten; von 8. bis 10. Jahren, die Heuschrecken-Bruth bey Sonnen- schein sofort eingetrieben und vorgedachter massen getödtet werden muss. Ein jeder Stadt-Verordneter, oder wem sonst diese Besorgung aufgetragen wird, empfängt 2. bis 3. BPartheyen; dieser veriheilten Leute zur Obsicht, und ist verbunden, selbigen die Oerter zur Vertilgung der Heuschrecken gehörig zu zeigen, auch zu in- struiren, wie die Arbeit dabey geschehen soll; Dem Membro Magistratus aber, welchem ex Collegio die Haupt-Beobachtung dieser Tilgung aufgetragen worden, lieget ob, ab und zu, wohl zu observiren, wie ein jeder Aufseher bey denen Leuten, auf denen Stadt-Feldern gehörig seine Arbeit verrichten lassen, als auch, ob bey denen Cämmerey-Vorwerckern die Pächter und Verwalter, hierunter ihre Schuldigkeit wahrnehmen; In denen Dörffern aber machet der Schultze und Schöppen die Eintheilung unter der Gemeinde, setzet allezeit 6. erwachsene Persohnen, sowohl Manns- als Frauens-Leute zusammen, und da jeder seine Spaden, auch jeder Troup 2. Stampfen mit- nimmt, so weiset einer der Schöppen die Oerter an, wo jeder Troup die vorgeschriebene kleine Grabens machet, und sodann die ausgekommene junge Spreng- sel-Bruth mit Zuziehung derer ihnen gleichfalls aus denen Dörfern mit zu gebenden Kindern eintreibet, und kan auf solche Weise, nachdem das Dorf gross ist, ‚auch,;an 2, 3., und, mehr Oertern zugleich ge. arbeitet werden; Es muss dahero, wann die Heu- 540 Dr. Sander. schrecken in denen Saat-Feldern sich einfinden, die Saat oder das Getreyde nicht geschonet werden, sondern nach obiger Vorschrift die Grabens zum Eintreiben gefertigt, auch nöthigenfalls durch die bestellten Stücke solche Abschnitte gemacht werden, wodurch die von diesen Ungeziefern annoch be- freyete Flecke können gerettet werden, massen es die Erfahrung gegeben, dass wenn gleich diese junge Bruth des Abends sich nach dem Korn begiebt, selbige dennoch, so bald die Sonne hoch kömmt, im Getreyde nicht dauret, und alsdenn gar leicht sich in die angefertigte kleine Grabens treiben lässt. Der Schultze bleibet also bey denen Leuten, so im Saat-Felde arbeiten, und die Schöppen bey denen Arbeitern im Braach-Felde, und geben acht, dass die Vertilgung gehörig und möglichst geschwinde gseschiehet; Die Gerichts-Obrigkeiten aber müssen nicht allein die Unterthanen in ihrern Dörffern mit Nachdruck zur fleissigen Arbeit und dass sie alles vorbefohlener massen gehörig bewerkstelligen, durch dazu angesetzte Leute täglich anhalten lassen, son- dern auch ihre Leute und Tagelöhner bey denen Vorwerckern auf gleiche Weise anstellen, wobey die Pächter oder Verwaltter beständig acht haben müssen, dass die Tilgung der Heuschrecken mit allem Ernst geschiehet, und die verordnete Arbeit dabey auf das geschwindeste verrichtet werde; Die Forst-Bediente rapportiren, so oft als möglich der Gerichts-Obrigkeit, und avertiren die Nachbarschaft, ob und wo sie in denen Forsten Bruth gefunden, und diese muss sorgen, dass sodenn denen Forst- Bedienten, die nöthige Leute, wie selbige vom Land-Rath des Kreises oder von dem Commissario» welchen Wir hiezu benennen werden, angewiesen sind, gehörig zugesandt werden, welche der Forst- Bediente ebenfalls in verschiedene Partheyen theilet, EAN N ee ne a Be — 8.) Erneueites Edict wegen Vertilgung der Heuschreckenetc. 341 denenselben die Oerter anweiset, und dass die Arbeit gehörig geschiehet, beobachtet. Und da die Tagelöhner in denen Dörfern nebst denen Einwohnern in denen Städten, welche keine Aecker haben, gleichfalls leiden, wenn dieses Land- verderbliche Ungeziefer nicht getilget, sondern über- hand nimmt, und das Getreyde verzehret, indem solchergestalt die Tagelöhner nicht nur wegen weg- fallender Nahrung bey der Erndte- und Drösch- Arbeit, sondern auch nebst denen Handwerkern in denen Dörfern und Städten durch die von solchem Unglück herrührende höhere Getreyde-Preise vieles verliehren, so soll sich niemand in denen Städten und Dörffern dieser Arbeit, zu Tilgung der Heu- ‚schrecken, bey Vermeidung harter Straffe entziehen. Damit aber auch hierunter eine Proportion unter denen Einwohnern beobachtet werden, so soll ein Voll-Bauer, so 2. oder 3. Hufen hat zur Arbeit bey Tilgung der Heuschrecken, 2. Personen gestellen, der Cossäte eine Person, und der Hausmann, Büdner und Tägelöhner um den andern Tag nur eine Person, wie dann auch die Forst-Bediente, welche in diesen Dörfern wohnen, oder wo sie Acker haben, eine Person zu dieser Arbeit täglich gestellen müssen. Bey denen Vorwerckern aber müssen die Gerichts- Obrigkeiten, wenn es ichtens möglich, und die Leute verhanden, so viel Mann aus ihren Mitteln zu Tilgung der Heuschrecken halten, dass inclusive derer bey denen Vorwerckern wohnenden Tagelöhnern, nach Proportion der Aussaat, auf 1'/,. Winspel Roggen Aussaat ı. Mann gestellet werde. Sobald eine Stadt, Amt, Vorwerck, Dorff oder Ge- meinde erfähret und gewahr wird, dass in ihrer Nach- barschafft Heuschrecken sich eingefunden, müssen sie auf dergleichen Oerter ein wachsames Auge haben, und daselbst fleissig Acht geben lassen, ob auch die 54 ‚Dr. Sander. Stadt, oder das Dorff, allen vorgeschriebenen Fleiss anwendet, die Heuschrecken auszurotten, zu welchem Ende sie alle Morgen jemanden dahin schicken müssen, damit sie allenfalls bey fernerem Fortzuge der Sprengsel ihre Feld-Marcken mit Graben um- ziehen, und dadurch die Heuschrecken von sich abhalten können; Wie denn auch die Magisträte der Städte, Beamte und Vorwercks-Pächter, oder Schultzen, derer Dörffer, wo sich Heuschrecken sehen lassen, sie seyn jung oder alt, denen benachbarten Gemeinden und Dörffern, sonderlich, wenn sie im Zuge liegen, sogleich bei harter Straffe, davon Nachricht geben müssen. Und da einige Oerter in der Nachbarschafft von denen Heuschrecken befreyet bleiben, so sollen die Einwohner solcher Dörffer, wie sie der Land- Rath des Creises, oder der von uns benannte Com- missarius, mit Vorwissen ihrer Gerichts-Obrigkeit ausschreibet, sofort in der Anzahl, auch nach denen ihnen vorgeschriebenen Tagen, sich, bey Vermeidung harter Ahndung, an denen Orten, wo sie angewiesen sind, gehörig einfinden. Wenn auch die Erfahrung gelehret, dass einige Städte und Dörffer, obgleich sie von diesem Uebel nichts empfunden, oder doch nur an wenig Orten auf ihren Feldern davon etwas verspühret, dennoch vorgegeben, dass sie mit Heuschrecken belästiget, und also anderen Oertern, weil sie ihre Leute selbst gebrauchten, nicht zu Hülfe kommen könnten; So müssen dergleichen Anzeigen sofort durch die Gerichts-Obrigkeiten untersuchet, und dass solches geschehe, von dem Land-Rath des Creises, oder wer sonst von uns dazu benennet werden wird, besorget, auch zur exemplarischen Bestrafung, an die Krieges- und Domainen-Cammer berichtet werden; Erneuertes Edict wegen Vertilgung der Heuschreckenetc. 543 13.) Solte sich aber bey dieser Untersuchung finden, dass einige wenige '©erter bey einer Stadt oder einem Dorffe mit dieser Bruth inficiret wären, so soll nach Proportion des vorhandenen Ungeziefers zu dessen Ausrottung ein Teil derer Einwohner commandiret, die übrigen aber, zu anderer Hülffe gezogen werden. Und weil zu Vertilgung der grossen Heuschrecken, welche schon fliegen können, gleichfalls sehr gut befunden ist, wenn die Schweine an die Oerter, wo nicht gesäet, gejaget worden, gestalten diese sowohl als die Puthen die Heuschrecken auffressen; So kan. bey vorfallenheiten auch dieses Mittel und besonders bey trüber Witterung mit Nutzen ge- brauchet, und wo es sich thun lässet, die Schweine und Puthen unter die Heuschrecken getrieben werden. Uebrigens wollen Wir, dass nach dem Edict vom 24. November 1752. die Schuitzen in denen Dörffern, wo sich Heuschrecken geäussert, alle Vierzehen Tage an den Land-Rath des Creises berichten sollen, ob Sprengsel bei ihnen liegen geblieben? ob sie Bruth auf ihren Feldern geleget? ob und wie viel Tage die Unterthanen die Bruth aufgesuchet? wie viel Bruth sie gefunden, und an wem sie solche ab- geliefert? Desgleichen, wie viel Land sie wegen der Sprengsel-Bruth umgepflüget? wie viel Braache sie aufgerissen? und was sie noch vor Winters an Land oder Braache, zu Vertilgung der Bruth umpflügen werden? welches sodann von dem Land-Rath bei der Bereisung des Creises untersuchet werden soll, und wenn sich finden möchte, dass demjenigen, was verordnet, nicht überall nachgelebet worden, so hat derselbe solches sofort der Krieges- undDomainen- Cammer anzuzeigen, damit die Contravenienten zur gehörigen Strafe gezogen werden können. 544 ı. A ’ Dr. Sander. Solchemnach befehlen Wir hiemit allen Unsern Land- und Steuer-Räthen, Gerichts-Obrigkeiten, Ma- gisträten und Beamten, bey Vermeidung Unser Höchsten Ungnade, nach dem Innhalt dieses Patents und was schon vorhin wegen Vertilgung der Heu- schrecken verordnet worden, auf das genaueste zu verfahren, und darüber mit allem Ernst und Nach- druck zu halten. Uhrkundlich haben Wir dieses Edict Höchst- eigenhändig unterschrieben, und mit Unserm König- lichen Innsiegel bedrucken lassen. So geschehen und gegeben zu Berlin den 30sten November 1753. Friderich. Druck von Trowitzsch & Sohn, Berlin. Übersichtskarte DER VERBREITUNG. ın DEUTSCH - OSTAFRIKA Maaßstab 1: 5000000. on 20 5 @ 90 To 173% 150 Krlometer. Höhen in Metern. Übersichtskarte DER VERBREITUNG DER WANDERHEUSCHRECKEN I DEUTSCH - OSTAFRIKA Neuwied“ 5 = i { = Spe - C IT Nass? > ana Maaßstab 1: 5000000. ; Te To Bo no Allomıter mE Kuma Höhen in Metern. I RA J a / Nartelessa I US nt } N Ngorungoro, sw, IE FE } PLA ’ Type 8 ae ! £ , Aa in Sal Rugmonge, 5, \ Kar) za SON 2 E Manonge, >, BES) er RT i 2 DR a er SI Des 3 NM, = \ Buru N N 1) R | RS : $ Fe eo z ) j ° ; ; SS Mbuıt (|) : \ : DB: | , ' dh HA, Tiznelat ® \ Ikungu Q|; N Zura 9- is \ / = y > Ss FE ©7140 N I — 5 Ygonda I 5 raalfeda sı TEE ED & a \ z PREIS = > | Vgadla Ss | N Royeona g l Zlun de Misarira 01300 er syn, ubroenz [e=] G Zndle =) Gegenden. aus denen Berichte über Heuschrecken vorliegen Wahrscheinlich heimgesucht gewesene oder durchflogene Gegenden N NE Hpopomo Wahrscheinliche Hamttlugrictung 30° Lith.u.Druck der Verlaßshandlung. Geographische Verlashandlung DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN] Berlin. Te = —___ nn z—— Übersichtskarte | - DER VERBREITUNG DEUTS CH- o S TAFRIKA Maaßstab 1: 5000000. 22 2 0 0 50 mo 198 750 Klometer. Höhen in Metern. Dr.Sander ‚Die Wanderheuschrecken” N®2. 40° 425 Tgaya Mor htskarte N yansaı , x 1% DER VERBREITUNG | 7180 rn DI | DER WANDERHEUSCHRECKEN ın a DEUTSCH - OSTAFRIKA Nero 7 Maaßstab 1: 5000000. / Ye eg. AZ eh An nme. AL N — \ f FD S 5 { BrYngehZ ) # — Höhen in Metern SrAyom RE a LEN Na, Y, y 7 Alantezelsa, dl Neo, ” & Nor > J An bw.a Ei I 7250 0 Wariattar | # Vo For gienae 5 N L ii x e ae 2726; yon, 22% EN: It > Tssansull = = | —S Taer zu o anne], 7 Mohentöhes. | Z 3% m > Yo IN Na Ye N Raro-St. Nindo „Ssgke DR> BiS8 ° Mini | Narr hy B- )) A / Yauaın_ Hangu\o|f Zura 9 \ Vunungpo \ Fuxl i $ 0 SF oAmazMpuassa_ SF a9 20 m, S Srungi Z.Awille OL c Er a S% amang {N Mgen | gado { J ER (x El x) Ende 1898 bis Anfang 1899. ES Die leicht betroffenen. Distrükte 22 Die schwer betroffenen. Distlde. 3%# 6.L.v.G. 36° dlung. Geographische Verlagshandlung DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN] Berlin. Lith,u,Druck der Verlagshandlung ER Mas nn aan. nenn, Sa jezer anyenan, LEN Der a0 rn Denia 8 OR SOLIDEN ED NGERRSNEREL SE SEEN ER RER IHR ERFIRER ER LEN EFIEN BE ui N EIN ERET FRRYEISIRERN! ER) en 1 BEN 1ni jr astalsirt trayyhätr 1 33h Eh ARE hi aaa a2) 222037 IBEIFLLEREN EEELZIFTFIE IE HETEIH EIER KETERTETET ET 1) #1 1931313) 1397 3lr 1433 Dr.Sander „Die Wanderheuschreoken® Häufigkeit der Heuschrecken in den einzelnen Teilen der Seschakr YAnscha Wanne == I\grooVonten Pranzfontein. Ondyuona. Aqaıi See Motlalsa | KHAMA'S |REIO Maklouf/sieS / I Bla: ‚Schosche\ E7 A /okor 2} Possession I. fr \ ER. R NG: stroom. Warmbath Bl Haukplie RE S Molopolole, yyaglanı Gaberonfes Holobengo ff Darmus) f Yo eo artingsb; Aolfontein 913 faraf ger P) abfıne Saulspoort iur > Aplla zronds M Südwestafrika Fast alle Jahre 2 Die Mehrzahl der Jahre September-November, 1891-1900 Maafsstab 1:5000000. N Springbock IUALAND BUSH IN cosster ! Venter tirhietfonteiz Po) enterskros Te Zoufpanken az Tigerkloo! 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Oraenw. 14 16 32 34 36 38 Geographische Verlagshandlung DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN] Berlin. Häufigkeit der Heuschrecken in den einzelnen Teilen der Kapkolonie b während der verschiedenen Monate in den Jahren 1891 bis 1900. N®S5. Dr.Sander „Die Wanderheuschreoken” . DB u De nn u Seschekr N oz a Art Salırburg „ Mukonda LAND i r ET, /# of = Babas Kraal Franzfontein® Motlalsa | ° KHAMA'S U Zlephantskloof Schosche) 7 i | i i t 1 ee a { 2 i > ar I I 1 | Olorrieites B| Molopolole, 7, Gaberg; [Z Holobenge _ F u hun) fene 160 = Saulspoord, | Zchabee I. 0 Se air Possension I. Ey Vidal „Lucia Bay Kapkalanie Von Heuschrecken befallen in Südwestafrika aus a | LAND e& Fast alle Jahre Die Mehrzahl der Jahre = ‚Selteneres Vorkommen April, Mai, 1891-1900 April, Mai, 1891-1900 Maafsstab 1:5000000. 12 d.L.v.6rsenw. Geographische Verlaßshandlung DIETRICH REIMER (ERNST VOHSEN] Berlin. Häufigkeit der Heuschrecken in den einzelnen Teilen der Dr-Sander ‚Die Wanderheuschrecken" 12 2 Tune, '4 " M TABEL Igrool/onteın Otyituo 20 ] Chansis Motlatsa = | KHAMA'S e 22 == \ = & I 24 24 m root £° GROSS RR : 26 % Ichaboe 1.0 Bervabı e ‚2 Anl aPequsna te Er Aatmanshorp ” Rietfortern, = _- Possession I. N 28 28 E Kapkalanie Südwestafrika Von Heuschrecken befallen in 30 Keinerlei Meldung 6 Jahren Maafsstab 1:5000000. 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