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Hurgronje, Christian Snouck Dr. C. Landberg 's "Studien"

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D\ C. LANDBERG'S „STUDIEN"

GEPRÜFT VON

J)\ C. SNOUCK HURGRONJE.

COMMISSIONS- VERLAG

VON

E. J. BRILL LEIDEN.

188 7.

D^ C. LANDBERG'S „STUDIEN

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GEPRÜFT VON

D\ C. SNOUCK HUKGRONJE.

COMMISSTONS-VERLAG

VON

E. J. BRILL. LEIDEN.

188 7.

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(Landberg, Proverbes et Dictons I: 120, vgl. Burckhardt, Man- ners and Customs, N°. 591).

Herr Landberg hat vor ein paar Wochen eine höchst eigenthümliche Gabe ') mit milder Hand an seine Fachgenos- sen vertheilt. Der halb deutsche, halb lateinische Titel seiner Gritica macht uns begierig zu sehen, in welcher von diesen beiden Sprachen das Buch selbst abgefasst sein mag : da über- rascht unser Auge eine französische Vorrede! Darauf bespricht der Verf. in deutscher Sprache eine Textausgabe D- H. Mül- lers, in französischer Sprache zwei resp. von de Goeje und Houtsma herausgegebene arabische Texte, sodann folgt ein deutscher Aufsatz über meine y> Mekkanische Sprichwörter und Redensarten'^ welcher mehr als ein Drittel des ganzen Buches einnimmt, und nach des Verf. eigner Aeusserung (S. 88: »ich habe daher auch nur Studien über sein Buch , keine eigent- liche Gritica gemacht") eigentlich gar nicht in dasselbe hinein gehört. Französische Mittheilungen über schwedische Preis- aufgaben und über den nächsten Orientalistencongress bilden den Schluss dieses Sammelsuriums.

Herr Landberg scheint eine Vorliebe für das Veröffentli- chen Ister Bände, resp. Lieferungen, zu haben: die Vorrede

1) Critiea arahica von Dr. Carlo Graf von Landberg, N°. I, Leiden 1887.

zum ersten Bande seiner ,)Proverhes et dictons du peuple arabe'\ mit welchem er 1883 in Leipzig in absentia in der Philosophie promovirt hat, eröffnet den Lesern die Aussicht auf baldige Fortsetzung dieser sprachlichen Studien in 14 neuen Bänden. Statt dieser hat dann aber Landberg 1886 das erste Fascikel seiner y>Prhneurs Arabes" und jetzt wie- der die erste Lieferung seiner y^Critica''' erscheinen lassen. Schon dieser Umstand macht es erklärlich, dass ich auf den gastfreien Vorschlag des Verf., eine etwaige Erwiderung für eine folgende Nummer zu schreiben, nicht eingehen kann; meine Ablehnung der ÄiL^A» hat aber auch noch andere Q-ründe, welche sich aus dem Nachfolgenden von selbst" ergeben wer- den. Was ich zu sagen habe , lege ich also ohne jegliche Ver- mittlung den Sachverständigen vor.

Herr Landberg hat den Vortheil gehabt, ziemlich lange im muslimischen Orient zu leben, länger als dies gewöhnlich den wenigen Orientalisten vergönnt ist, welche überhaupt reisen können. Er übertreibt zwar, wenn er hie und da sei- nen Aufenthalt im Orient auf neun Jahre ansetzt, denn zwi- schen Anfang und Ende dieser Periode liegt doch ein nicht ganz unbedeutender Zeitraum, den L. in Europa verbrachte. Auch macht es einen Unterschied aus, ob man mit ziemlich dürftigen Kenntnissen des Arabischen in den Orient kommt, oder ob man vorher eingehende Studien gemacht hat, und

also von Anfang an über gute Instrumente zur Beobachtung sprachlicher und ethnographischer Verhältnisse verfügt- Es bleibt aber die Thatsache bestehen , dass L. mehrere Jahre in Syrien gelebt, Egypten zu wiederholten Malen besucht, und sich dort energisch mit dem Studium der arabischen Sprache befasst hat. Daher war denn auch der erste Band seiner Pro- verbes den Arabisten Europa's eine höchst willkommene Er- scheinung; namentlich die erstmalige Lektüre desselben übt eine anregende "Wirkung aus Wer das Buch durchstudirt oder auf die Dauer benutzt, wird etwas enttäuscht: viele Sprich- wörter , auch solche , bei deren Besprechung der Verf. seine Vorgänger nicht erwähnt, sind nur der Form nach neu; vie- les Grammatische hatte schon Spitta ebenso behandelt wie Landberg; vieles Lexicographische war ebenfalls schon be- kannt, z. B. durch Dozy, dem Landberg so viele Vorwürfe macht, dass man wenigstens sollte erwarten können, auch seine Verdienste da anerkannt zu sehen, wo Landberg von ihm Gesagtes wiederholt. Zieht man von den 316 Seiten seiner Dissertation dasjenige ab, was Andere schon vor ihm gesagt hatten, so bleibt ein kleiner Band übrig, der sehr nützliche Beiträge zur Kenntniss des syrischen Dialectes und einiges über die Sitten der Syrer enthält, dessen Inhalt aber der etwas prahlerischen , in endlosen Wiederholungen sich gefallenden Introduction nicht entspricht. Je mehr Bewunde-

rung man für das unverkennbare Talent des Verf. der iPro- verhes''' gewonnen hat, um so lebhafter bedauert man, dass der fruchtbaren Entwicklung dieser Begabung eine Eigen- schaft im Wege steht, welche den Dilettanten vom wissen- schaftlichen Forscher unterscheidet: die maasslose Ueberschätz- ung eigner Kräfte und Kenntnisse. Vielleicht mit hiedurch verursacht ist Landberg's ungemeine Neigung zum Generali- siren, welche sich gleichfalls schon in seinen Proverhes dem aufmerksamen Leser zeigt. Schon die Worte »überall", »nir- gends", »im ganzen Orient", »alle Araber", »kein Araber" u. dgl., welchen wir auf Schritt und Tritt begegnen , zeugen davon. Solche allgemeine Urtheile sind im gewöhnlichen Ver- kehr Zeichen des Mangels an Erfahrung , oder auch einfache lapstis linguae\ wer aber in wissenschaftlichen Schriften sich davor nicht zu hüten weiss, entbehrt der Schulung, und hat keinen Anspruch auf das Vertrauen seiner Leser, Ich muss gestehen, dass mein Glaube an die Eichtigkeit vieler allzu bestimmt formulirter und generalisirender Urtheile Landberg's in seinen Proverhes schon bedenklich erschüttert war, als ich nach Arabien reiste. Als ich nun in Erfahrung brachte , dass z. B. ein Sprichwort, von welchem Landberg, Proverhes , In- iroduction, S. XI, mit besonderem Nachdruck betont, dass es der ungebildeten Menge unbekannt sei, in Dschidda und Mekka allgemein bekannt ist und von völlig Ungebildeten oft

gebraucht wird, als ich an Ort und Stelle constatirt hatte, dass nahezu alles , was er über Mekka mittheilte , falsch war, und manche auf das ganze arabische Sprachgebiet sich beziehende Mittheilung im Hidschäz nicht zutraf ^) , da verlor Landberg für mich gänzlich die Würde eines lA^Ä^, mit welcher er sich einstweilen selbst bekleidet hatte.

lieber den Zweck meiner Reise nach Arabien habe ich mich wiederholentlich geäussert; in meinem Buche oMekka- nische Sprichwörter", S. 1 folgendermaassen : » . . . . beab-

» sichtigte ich die Beobachtung des vom Islam beherrschten

-»häuslichen und gesellschaftlichen Lebens an einem Funkte, ivo •»die muslimische Cultur von europäischen Einflüssen am ivenig. y>sten berührt ist und gar nicht von Europa controllirt wird. »Zugleich wollte ich mit eignen Augen sehen, welche Wir- »kungen der Islam von jenem Centrum aus auf die Länder »ausübt, woher jährlich Pilger dahin zusammenströmen, na- »mentlich in Bezug auf die ostindische Inselwelt." Durch Landberg's Brille gelesen heisst dies (Critica, S. 54): »sein »Zweck war nur Hidjäz zu besuchen, um da insbesondere mit »indisch-holländischen (!) Pilgern zu verkehren." Ganz abge-

1) In Bezug auf eine von seinen sprachlichen Neuigkeiten giht er dies zu; Critica, S. 69: »Im ersten Band meiner Prov. et Dict. habe ich Unrecht ge- habt, überall n.inn zu schreiben". Er hatte dies aber nicht nur geschrieben, sondern ausdrücklich die Ansicht, dass diese Regel nicht ausnahmslos gelte, als falsch hingestellt {Proverbes, S. 1).

sehen davon , dass letztere Species von Pilgern mir völlig unbe- kannt ist , wird man zugeben , dass Herr Landberg in der Lese- kunst noch Fortschritte zu machen hat. Ich wollte nur hervor- heben, dass der Hauptzweck meiner Reise nicht die Förderung sprachlicher Studien war, weil man mir sonst mit vielem Rechte hätte vorwerfen können , dass ich keine reichere Ernte von Da- ten über allerlei andere arabische Dialecte ausser dem mekka- nischen heimbrachte. Mekka wäre nämlich zur Sammlung sol- ches Materials ein sehr geeigneter Ort, weil es dort, ausser den zahllosen fremden «Gästen", bedeutende Kolonien von Syrern , Egyptern, Hadhraral's u. s. w. gibt, sodass man jeden Tag die verschiedensten Dialecte und Nüancirungen beobachten kann. Es klingt etwas komisch , Herrn Landberg sagen zu hören (Cri- tica, S. 54), »dass Snouck nur den Mekkadialect kennt"; ich glaube doch , dass ich die ausgezeichneten Hülfsmittel für die Kenntnis der Sprache Qairo's, welche wir Spitta verdanken, or- dentlich benutzt habe; auch kenne ich verschiedene Arbeiten über den syrischen Dialect. Wenn man mit dieser Vorbereitung ein Jahr lang fast nichts Anderes als Arabisch hört und spricht, so darf man wohl beiläufig (und ich habe dies nur höchst selten gethan) über die Dialecte Syriens und Egyptens ein Wort mitre- den. Mir liegt die Absicht fern , mit Herrn Landberg im Selbst- lobe zu wetteifern ; aber die Beschränkung meiner Bekanntschaft mit Modernarabisch auf den Dialect Mekka's lasse ich doch nur

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fast in gleichem Maasse gelten , wie die der seinigen auf den Dialect der Syrer. Bleibt der Unterschied , dass ich über einen andern Dialect als den mekkanischen fast nie ein Wort gesagt habe, ohne meine Autoritäten zu nennen, während L. immerfort über alle Araber und alle arabische Länder spricht, als hätte er die Wundermacht , sich zu vertausendfältigeu. Ich sah mich aus den oben angegebenen Gründen genöthigt , nur den eigent- lichen Mekkadialect zum Objecto meiner sprachlichen Beobach- tung zu machen, das Studium der andern dort gesprochenen Dialecte aber nur insofern zu treiben , als sich mir zufällig die Gelegenheit dazu darbot. Wie die Sprache Mekka's sich ent- wickelt hat , welchen fremden Einflüssen dieselbe immerfort aus- gesetzt ist, welche Umstände« ihr trotzdem einen eignen, im Wortschatz und in der Grammatik ziemlich stark ausgeprägten, Charakter erhalten haben, das alles habe ich in kurzem S. 2 meiner Sprichwörter angedeutet; vergl. auch meinen dem- nächst in den y) Abhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde'"' in Berlin zu veröffentlichenden Vortrag. Wenn die von Land- berg formulirte Frage «wo man am besten Arabisch spreche" wirklich eine Frage wäre , und wenn man zu deren Entschei- dung wirklich, wie er jetzt ') (Critica, S. 55) will, die schul-

1) Alles gänzlich gegen die von Landberg selbst in der Introduction zu seinen Proverbes et Dictons aufgestellten Grundsätze , welche durch seine neueste Offenbarung -abrogirt" zu sein scheinen.

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massige Schriftsprache als Maassstab anzuwenden hätte, so hätte ich das Recht, mein Scherflein zur Lösung dieses Problems beizutragen ; jeder vorurtheilsfreie Sachverständige würde mir zugeben, dass man in diesem Falle den Dialect Mekka's dem syrischen und dem egyptischen vorziehen müsste. Wenn ich nicht irre, wird aber Landberg mit der Anwendung dieses ebenso weinig ästhetischen als wissenschaftlichen Criteriums ziemlich allein stehen. Die Frage , »wo man am besten Deutsch spreche" (gleich darauf wirft Landberg diese Frage zusammen mit der andern, wo »die deutsche Sprache am schönsten klingt", Cri- Uca, S. 55) , sollte er nicht zum Vergleiche heranziehen , da hier die Schriftsprache sich in ganz anderm Maasse als dort, unter dem Einflüsse der modernen Bedürfnisse entwickelt hat. Landberg's wie immer mit grossem Selbstvertrauen geäusserte Ansicht über das beste Deutsch wird höchsi eigenthümlich be- leuchtet durch das Deutsch, welches er selbst in seinen Criiica schreibt. Sätze wie die auf S. 9, 2; S. 17; »5e(^t«wsprache" (S. 56); »^JJjjLj von ^C>^.\^i entstanden" (S. 63); ^)beweisst" (S. 67), »um zu bewiesen" (S. 82) ; »grossen Handel mit Europeer" (S. 81); »alle diesen ijjJtJl-Wörter" (S. 83), y>die alte Aussprachen (S. 67); »was mit der iCjjc keine Bedingung ist" (S. 83); »ich kenne nur, dass" (S. 86); »Jungeselle" (S. 83) u. s. w. können zur Noth als Nachlässigkeitsfehler gelten , zumal auch die fran- zösischen Aufsätze nichts weniger als fehlerfrei sind; aber »alte

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Poesien'^ (S. 8) für »Gedichte", »gute Verfasser''' für »Schrift- steller" (S, 75) sind arge Schnitzer für einen Gelehrten , der in Deutschland studirt hat und seit langer Zeit in Deutschland lebt. Oder sind das Proben eines solchen »Naturproduktes", wie es bei Landberg (S. 88) heisst, »dessen Würdiging keine Abstufungen hat" ? ! Wir können darin nur Beweise eines sel- tenen Mangels an Selbsterkenntniss sehen; solche Erscheinun- gen legen einem die Frage nahe: sollte vielleicht das Selbst- bewusstsein, mit welchem Landberg sprachliche Fragen auf arabischem Gebiete entscheidet, in ähnlichem Yerhältniss zu seinen Sachkenntnissen stehen . wie auf deutschem ? Die Ant- wort wird uns um so schwieriger, als Landberg in den Gritica noch allerlei andere Eigenschaften unverhüllt zeigt, welche in den Proverbes noch nicht so deutlich hervortraten, welche aber den Werth seiner wissenschaftlichen Thätigkeit leider sehr be- einträchtigen.

Zunächst fällt uns die bedenkliche Schwäche seines Ge- dächtnisses auf. Einige Aeusscrungen in der Introduciion zu den Proverbes lauten dahin , dass der Verf. mit seiner Reise nach Syrien nicht in erster Linie , geschweige denn aus- schliesslich, sprachliche Untersuchungen beabsichtigte; S. VIII: y>je ne prenais ces legons que dans le but de bien connaitre la •»langue et les habitiides du peuple chez leqiielf habitais^^ '^ seine Aufzeichnungen machte er nur y>pour (son) propre usage"

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(S. XLYI); die Förderung unserer Sprachstudien durch die Veröffentlichung dieser Beiträge verdanken wir dem Zufalle, der Landberg mit Spitta zusammenbrachte (S. VII) ; er selbst hatte nnuUement Vintention de publier un jour les rhultats de y>{ses) ^ticdes''' (S. VIII). Das wären also zum Zwecke der eignen Belehrung, in Ermangelung brauchbarer Hilfsmittel gemachte Notizen, welche ursprünglich nur dazu dienen sollten, Herrn Landberg die orientalische Welt vertrauter 7,u machen. Was ihn eigentlich dorthin geführt hatte, ging die Leser seiner Sprachstudien nichts an ; beiläufig hören wir (S. XLIV, Anm.), dass er in Qaidä vier Jahre mit archäologischen Ausgrabungen beschäftigt war. Jetzt erfahren wir plötzlich aus den Critica (S. 55), dass Landberg ^während langer Jahre im ganzen y> Orient {sie!) herumgewandert ist^ nur um die Dia- y>lekte zu studiren^\

In der oben citirten Iniroduction verbreitet sich Landborg über die Frage , wie viel , oder vielmehr : wie wenig von der schulmässigen Aussprache, Grammatik u. s. w. je zur lebenden Sprache gehört haben mag. Die damals von ihm vertretenen Ansichten über das Verhältniss der officiellen Xiti zur leben- den Sprache scheint er seitdem aufgegeben zu haben. Mit grossem Nachdruck hatte er dort das sehr frühe Verschwin- den des vl;^' ^^^ ^®^ lebenden Sprache betont; im heutigen Arabisch seien nur noch kleine Ueberreste des v'/^^ vorhanden;

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sogar die Bann Fahm, deren Dialect als der «beste" gelte, wen- den denselben nur ausnahmsweise an. y>Des savantfi Mecquois que yifai beaucoup friquentes ni'ont assur^ que la trihu qui a Vunani- yttniU est considirde par les habitants du Hegdz comme Üant celle y>qui parle Varabe U ijlus classique, les j«45_yj, ne se sert de ylTräb que par exception^\ (S. XXIX). Dieselbe Beobachtung habe Landberg bei allen Beduinen gemacht, mit denen er gesprochen. Ich kann diese Behauptung zum Theil bestätigen, muss sie aber auch etwas näher beleuchten. Fast alle mekkani- schen Gelehrten erkennen den Fehm den Vorzug der Sprach- reinheit zu; fast keiner von ihnen ist aber je mit einem leib- haftigen Fehmi zusammengekommen. Die geltende Ansicht über die Fehm hat gewiss ihre Begründung ; wie dieselbe aber jetzt gang und gäbe ist , zeigt sie die unverkennbaren Eigen- thümlichkeiten einer Legende. Dies bemerkt man nicht , wenn man in Syrien dann und wann einen Mekkaner einfängt ; um so klarer wird es aber , wenn man l- Jahr zu den Studenten der mekkanischen Moschee zählt, wie ich dies gethan habe. Ge- wöhnlich erzählt man, dass die Bern Fehm, obgleich sie da- mals noch Ungläubige waren , dem Propheten irgend eine besondere Ehre erwiesen hätten, während die Benj Kelb die Gesandten Muhammeds schmählich zurückwiesen. Darauf habe der Prophet ein *cO gesprochen , und infolge dessen seien die Fehm von Allah mit der schönsten Aussprache des Arabischen

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ausgestattet worden, während die Kelh dazu verdammt wur- den, zu bellen wie die Hunde. Und so blieb es 'Ä^ U^ ^i,l. Diese Legende wird in verschiedenen Formen erzählt, und wenn jemand behauptet, er habe mit FehmVs gesprochen, die sich gar nicht durch K:>La5 auszeichneten, so wird sein Fall als Ausnahme abgefertigt. Auch mir wurde immer auf meine diesbezügliche Frage geantwortet, vom I'^rab sei bei den Fehn so wenig wie bei irgend einem andern Stamme die Rede.

Jetzt gibt uns aber Landberg {Critica, S. 56) auf einmal die idyllische Erzählung seiner Begegnung mit einem Mädchen aus dem Fehmstamme, in Dschidda, und zwar -»vor einigen Jahren", jedenfalls bevor er die oben citirte Introduction schrieb. Er citirt einen von ihr gesprochenen Satz mit vollständigem 1 rab und setzt hinzu: i)So sprach sie es aus, genau so ivie ich «es hier geschrieben habe, mit allen Vokalßnessen der klassi- T> sehen Sprache''\ War nun diese wunderbare Begegnung 1882 Landberg's Gedächtnisse entschwunden, oder hat die Erinne- rung an »das reizende, natürliche Mädchen" ihre Sprache nachträglich etwas klassischer erscheinen lassen als sie war? Auf alle Fälle wäre Herrn Landberg bei seinem flüchtigen Besuche Dschidda's das Glück besonders hold gewesen; denn die mir bekannten Dschiddäwl's und Mekkäwi's wissen von der Existenz solcher Mädchen nicht.

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Ich will noch ein weiteres Beispiel geben, das zugleich be- zeichnend ist für den Leichtsinn, mit welchem Landberg Per- sonen beurtheilt. Auf dem Orientalistencongresse in Wien habe ich mein von L. besprochenes Buch mit einem Vortrage bei der semitischen Section eingeführt. In diesem Vortrage be- kämpfte ich die von diesem und jenem (u. a, auch von Land- berg) ausgesprochene Ansicht, dass fast alle arabischen Ge- lehrten mit Geringschätzung auf die Volkssprache und die volksthümlichen Sitten herabsehen. Zur Erhärtung meines Widerspruchs berief ich mich auf die von Burckhardt heraus- gegebene Sprichwörtersaramlung, welche von einem egypti- schen Gelehrten herrührt; ferner auf meine persönliche Er- fahrung mit dem jungen egyptischen Gelehrten Abd er-Eahim Efendl Ahmed. Letzterer benutzte seine ehemalige Professur am Dar el-'ulmn in Qairo , welche ihn mit jungen Leuten aus ganz Egypten in Berührung brachte , zum Sammeln der Sprich- wörter und Redensarten seiner Heimath ; Collegen und Schü- ler förderten seine Bemühungen , und vor ein paar Jahren hat- ten sie ungefähr 1500 Sprichwörter zusammengebracht. Der junge Mann stellte mir auf meine Anfrage die ganze Samm- lung zur etwaigen Herausgabe zur Verfügung; im Frühjahr 1886 arbeiteten wir einige Wochen täglich von frühmorgens bis Mitternacht am Commentar. Da ich einstweilen für die endgiltige Bearbeitung keine Zeit erübrigen konnte, machte

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ich in "Wien die Faehgenossen mit der Sachlage bekannt, theilte die nöthigen Personalia über meinen egyptischen Freund mit, und zollte ihm die ihm zukommende Ehre. Letzteres um so lieber, als ich ihn während unseres Zusammenseins als einen tüchtigen Gelehrten hatte kennen lernen, der sich aufs leb- hafteste für das volksthümliche Wesen in seiner Heimath inte- ressirte. Herr Landberg sass während meines Vortrags neben mir und schien aufmerksam zuzuhören. Einige Monate später rich- tete er brieflich an mich die Frage, wer denn der Abd er-Eahim Efendi Ahmed sei , den ich ein paar mal in meiner Mekkani- schen Sprichwörtersammlung citire ? Abermals habe ich dann Herrn Landberg dasselbe mitgetheilt wie früher. Jetzt bezeich- net er (Critica^ S, 85) in unverschämter "Weise meinen Freund als )->den in Cairo als sehr Ignorant ivohl bekannten Oheregyp- ter^\ "Wer die Bedeutung der "Worte »Freundschaft" und »Neid" in der muhammedanischen Gesellschaft kennt, be- greift, wie leicht sich Landbei'g ein solches Gutachten aus Qairo bestellen konnte , zumal mein Egypter wegen der schö- nen Stellung, die er jetzt einnimmt, viele Neider hat. Zu weit geht es aber , wenn Landberg ein Sprichwort , welches ich in Mekka von Dutzenden von Egyptern gehört habe , von Mek- kanern aber nur mit dem Zusätze: »wie die Egypter sagen", mit den "Worten abfertigt (Critica, S. 86) : r<Müd ahsan min läS »ist violleicht auch eine Specialität Abd er-RahIm Efendi's,

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denn in Egypten ist es gänzlich unbekannt". Ein solches Urtheil wirft die Beschuldigung der Ignoranz auf seinen Ur- heber zurück ^).

Ob es bloss Ignoranz ist, wenn Landborg zu wiederholten Malen aus meinen Worten etwas anderes herausliest, als sie ent- halten, mitunter sogar das Gegentheil davon , das wage ich nicht zu entscheiden. S. 74 75 sagt er: «JL^-L (lies: J-woi-b) und 8.4.Jb sind doch nicht synonym" , während ich in der angeführten Stelle nur mitgetheilt habe, dass beide Wörter in Mekka in der Bedeutung »sehr, äusserst" vorkommen. Was Landberg a. a. 0. weiter über diese Wörter und über (j^Li- sagt , gilt alles für Mekka nicht yon anderen Ländern habe ich nicht gesprochen. Dass y>mä suftuh marrah sonst überall »ich habe ihn einmal ge- ^) »sehen" heissen würde"" (Critica, S. 75) ist mir wirklich neu. »Die IVte Form des Zeitwortes (Jotsl) ist" {Critica, S. 67) »doch nicht so selten wie Snouck mit Spitta annimmt". Ich habe, S. 28 meiner »Sprichwörter", nur die bekannte That- sache erwähnt, dass im Neuarabischen »der IV^e Stamm

1) Derselbe Leichtsinn hat dem Verf. der Critica (S. 75) die Worte in die Feder gegeben: »Dass die Mekkaner die schlimmsten Teufel der Welt »sind, weiss jedes Kind ausserhalb Hidjäz". Jedes Kind urtheilt allerdings ebenso oberflächlich wie Dr. Landberg, und hat die gleiche Neigung zum General isireu. Jeder besonnene Beobachter aber , der die Mekkaner in der ruhigen Jahreszeit , ausserhalb der Pilgergeschäfte, kennen lernt, bemerkt, dass sie besser sind als ihr Raf. Vgl. meine »Sprichwörter", S. 72 und meinen in Berlin gehaltenen Vortrag.

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y>meistens von dem Uten verdrängt worden ist". Was hat nun damit die von Landberg, S. 67 ff. gegebene Liste IV^ß'' Stämme zu thun ? Yieles von ihm Angeführte kommt gar nicht in Be- tracht, da man nur das Participium gebraucht; andere Bei- spiele kommen in meiner Sprichwörtersammlung vor {^^^) , welche auch noch die von Landberg nicht genannten ; ^;yjoi und ^;j*w«' enthält. Hätte ich diesen Gegenstand eingehender besprechen wollen, so hätte ich noch andere Formen aufge- führt , welche man in Mekka gebraucht , und welche Landberg unbekannt zu sein scheinen, z. B. (^Jooi in ^^f Ljtjs^' L«, »j^ Laj'-^-*:} ^ d. h. »wir haben heute nicht Zeit genug ge- »habt", »werden morgen nicht Zeit genug haben". Einige von Landberg's Beispielen gehören zu den technischen Ter- mini (v-.ÄS5i) , viele zu den feierlichen Redensarten. Als «Ver- besserung" oder »Ergänzung" meiner Aussage ist die ganze Ausführung unpassend. Zwei weitere Beispiele dieses »Miss- verstehens" findet man Critica S. 83 85. Ich hatte nämlich behauptet, dass die Araber auf die Jungfrauschaft an und für sich weniger Werth legen, als viele glauben. Wer meine Aeusserung im Zusammenhang liest, wird sehen, dass ich meinte: ein Araber, der die Wahl hat zwischen der Ehe mit einer Jungfrau oder mit einer jungen Wittwe, resp. geschie- denen Frau , wird nur selten erstere wegen der ä.LXj vorziehen. Diese Angabe stammt bei mir nicht aus einer Offenbarung,

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sondern aus fast täglich wiederholten Gesprächen mit Mek- kanern über diese Gegenstände, welche den meisten nahe am Herzen liegen. Wenn man, ohne danach zu suchen, vielfach in Gesellschaften gesessen hat, wo Ehen geplant, diesbe- züglicher Rath ertheilt, allgemeine Betrachtungen über den Gegenstand angestellt wurden , so darf man schon etwas mehr Werth auf seine Beobachtungen legen, als wenn man, wie Landberg dies vorzuziehen scheint, die Dirnen als Autoritäten betrachtet für die Frage , was die Männer von der ä .LiCj halten. Landberg verdreht nun ausserdem meine Aussage dahin, dass ich gesagt hätte, ein Mann der eine vermeintliche Jungfrau geheirathet hätte, würde sich leicht über eine Enttäuschung hinwegsetzen, oder auch eine sogenannte Jungfrau, die ihre Jungfrauschaft verloren hätte, würde ungefähr ebenso beliebt sein wie eine unversehrte virgo; so was ist mir gar nicht eingefallen. Die Araber sagen vielfach: eine junge iC_j^ ist eine bessere Frau als eine Jsj , denn sie hat einige Erfahrung , sie weiss schon, dass sie mit des Gatten Glück nicht spielen kann , ohne sich selbst grosser Gefahr auszusetzen , u. s. w. die Jungfrau weiss loch nichts , bedarf noch der Dressur , und die meisten geben ihren Launen nach bis es dem Manne zu viel wird. Andere ziehen es vor (gerade so wie bei den Sklaven) , selbst ihre Gattin von Anfang an zu erziehen. Die erste Ansieht findet aber die meisten Anhänger; die physische

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s.Lji^ tritt bei der Entscheidung ganz in den Hintergrund.

Landberg hat seinen lebhaften Verkehr mit orientalischen Weibern hier am unrechten Orte an den Haaren herbeigezo- gen ; auch fragt sich , ob es nicht besser wäre , die Prahlerei mit solchen Heldenthaten jungen Milchbarten zu überlassen und solche Details aus unserem Privatleben soviel als möglich von der Wissenschaft fern zu halten.

Ich bin mit Landberg einverstanden, wenn er sagt, dass man in wissenschaftlichen Werken alles, auch das Schmut- zigste, beim Namen nennen darf; eigentlich wird dieser Grund- satz schon längst von allen vernünftigen Gelehrten befolgt, und ist es sehr überflüssig , so einfache Dinge so oft zu wieder- holen, wie dies L. thut {Introduction zu den ProverheSf S. VIII IX und XVI). So durch und durch gemeine Witze wie der über die arrüre-pens^e der Engländer und den Nach- theil der egyptischen Eseltreiber (Critica, S. 60) nützen aber der Wissenschaft nichts, und zeugen nur von dem ungebil- deten Geschmack desjenigen, der sie aus der Kneipe in die Litteratur bringt i).

Das letzte «Missverständniss", welches ich anführen will ,

1) Beiläufig sei bemerkt, dass Landberg's Ausdruck: »zu ihrem eignen Nachtheil" beweist, dass er die Bedeutung des Wortes t'ujen uicht ganz erfasst hat. Dieser Witz gemahnt uns an gewisse eigenthümliche Empfehlungen von Büchern in BriU's «Catalogue Periodique", wie 1, M°. 22 v . . . . de pre- ceptes qul feront rouf/ir plus d'un Orient alisitt" ! I

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ist Landberg's Entrüstung (Critlca, S. 85) über die «mekka- nische Sprachexcentricität", der zufolge die Form ^xiU-=> nur mit dem Artikel vorkäme, während ich dies grado von der andern Form iÜUj> ausgesagt habe, und ^JU=> von mir aus- drücklich als «Bezeichnung einer (bestimmten oder unbestimm- ten) Anzahl" erwähnt wurde. Dass xiLxs auch mit einem Zahl- wort gebraucht werden kann, gilt für Mekka nicht] vom Landberg'schen «ganzen Orient" habe ich nicht gesprochen. Im Vorhergehenden haben wir nun gesehen , dass unser Kritiker Sätze kritisirt , die er nicht verstanden hat ; wir wollen jetzt zeigen, dass er auch in selbstbewusstem Tone über Dinge redet , von welchen ihm die Kenntniss der Anfangsgründe ab- geht. Landberg nennt mich (S. 54) »einen vorzüglichen Ara- bisten und einen der besten Kenner des islamitischen Rechtes"; an einigen Stellen seiner Critica glaubt der Grossmeister aber doch mir ein wenig Privatunterricht im fiqh ertheilen zu müssen. S. 33 meiner Sprichwörter habe ich einen mekkani- schen Theebesuch und die Sitten, welche in solchen Gesell- schaften beobachtet werden, beschrieben. Da fiel nun Herrn L. folgender Passus auf: »Jeder trinkt wenigstens drei Gläser: »qänün kMe = so ivill es die Sitte. Weiss die Zudring- »lichkeit des Gastherrn ihn zu bereden, dass er ein viertes »trinkt, so muss auch das fünfte folgen, denn die Gesammt- »zahl muss, der sunnah gemäss, ungerade (witr) sein". Ob-

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gleich nun thatsächlich diese Sitte geuaucr beobachtet wird als hundert gesetzliche Bestimmungen , so wird doch kaum ein Leser glauben , ich hätte hier ein Gesetz beschrieben. Landberg citirt nur den zweiten Satz, urgirt das Wort y^muss^\ übersetzt dann meine Worte ins Arabische, und ruft in vollem Vertrauen auf sein i3L^>l aus: »was die Sunna lehrt, ist nicht ein »muss" sondern ein ^^av^>I" (Critica, S. 71). Wenn diese Bemerkung richtig wäre , so wäre sie jedenfalls hier nicht am Platze ; sie ist aber falsch und beweist nur, dass Landberg nie ein fiqh- buch gelesen hat, und die zwei ganz verschiedenen Bedeu- tungen des Wortes xÄ*- in der juristischen Terminologie nicht kennt. Die sunnah = sunnat an-nabl ist eine von den vier Quellen oder Grundlagen des Gesetzes (Qurän , Sunnah , Igmä' , Qijäs) ; aus jeder von diesen vier Quellen werden Bestimmungen jeder Art, also Gebote, Anempfehlungen, Erlaubnisserthei- lungen, Abmahnungen und Verbote hergeleitet. Diese fünf Categorien haben eine und dieselbe Bedeutung und Kraft, gleichviel aus welcher Quelle sie geflossen sind. Aus der Sun- nah , wie man dieselbe in den hadlth-hvichevn documentirt fin- det, geht also hervor, dass diese Handlung (jr>3 = i»,c>l^, jene &.Ä*« = ^yXLn = i_,/«»5^Ä.<*ve ist, andere —Ly>, »jX^ oder |.!j=> sind. Wenn ein Imperativ , sei es im Qurän oder in der Sunnah, vorkommt, so haben die Juristen die Frage zu beant- worten : ist dies ein Befehl ohne Weiteres , sodass die befohlene

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Sache als ivdgib gelten miiss , oder darf man es als Anempfeh- lung auffassen, ist es v_jlXjL!1 ^^Xc ^^^.^.^a^ sodass die bezeich- nete Handlung als eine sunnah, d. h. eine vom Gesetze anempfohlene Handlung zu bezeichnen ist ')? Ein bedeuten- der Prozentsatz der gesetzlichen »wmss" beruht ausschliesslich auf der Sunnah; ein nicht weniger bedeutender Theil der stinan (Plur. von »eine sunnah") beruht auf dem Qurän, Dass übrigens das wür zu den sunan ~) gehört und nicht wügih ist , habe ich vor einigen Jahren in meiner Besprechung des van den J5err/'schen Handbuches (1 : 40 des Separatabdrucks) gezeigt , und dabei dieselbe Tradition citirt, welche Landberg a. a. O. mittheilt !

Die Frau hatte ich , in ihrem Verhältniss zu ihrem ivall mit dem arabischen Terminus xaJ^ bezeichnet. Darüber heisst es nun, Critica^ S. 76 77: »iC^J^o für L^-Jlc (C^^y*^^ muss speci-

1) Es ist eigentlich überflüssig, für so bekannte Sachen Beispiele zu citiren; dass die Auffassung eines _^t in der Sunnah bald ein u-*— >ij, bald eine

smma/i enthält, erhellt aus Bä§ürl (Qairo, 1272) II: l'>t, t*.A u. s. w. Vergl.

auch die zahllosen Stellen, wo es von einer Handlung heisst: L>»_i>- ry**^. iuJ>5i ,.«^ O^^ cy* d. h. »sie wird (von den Gelehrten unserer Schule) «als eine sunnah anempfohlen, damit wir nicht allzu schroff den Schulen ge- »genüber stehen , die sie als iv<iyih betrachten".

2) Die Unbekanntschaft Landberg's mit der Terminologie, die er hier be- spricht, erhellt auch aus dem Gebrauche des "Wortes .-*w.,S>l im Gegensatz zum gesetzlichen »muss'". Kein faqih würde den Gebrauch dieses Ausdrucks

statt _ifct giitheissen. .«>*o' hat in diesem Zusammenhang den Beige- schmack des nach menschlichem Ermessen Fürgutbefundenen.

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•»fisch mekkanisch sein , detin weder die *äJ noch die anderen y>Dialecte kennen dieses Wort". Ja, wenn »die '\xl und die an- deren Dialecte" gleichbedeutend wäre mit Landberg's man- gelhafter kenntniss von denselben! Bägüri (Qairo, 1272) zählt (II: Ivv) die Fälle auf, wo der hükim ex officio als wall fuugi- ren muss; darunter auch den Fall, wo der natürliche wali selbst das betreffende Mädchen heirathen will , und kein ande- rer wall im gleichen Grade der Blutsyerwandtschaft vorhanden ist ; ic>-.LXil j. &J ^^Lm*w* "^^ xÄ-^i^ ioLXi^. An einem andern Orte sagt er (II : 'vf, 1. 13) : .c^^ß »^j^ -ii> Lf^^ß ^ ^'j v_.»>«^;,il ^n .Lxi! «.so ^5 *-^J J3.=>. Dass übrigens das Verbum ^•i in diesem Sinne die Frau zum directen Objecto hat, ist bekannt. Will man Beispiele? Bägüri II: Ut*' unten: qI ^ ä^LO _^j ^.sbül; II: Ivf, 4 o-fii^^^j »iWS ^^L yÜÜt ^^ U^:dw; ibid. 1. 7—8: ^.^^Vi v^^V o'^ *^'^ ^ "^^^ (VV- {*•" O^ öjiLjCji Jo ^ .^uX-JI. Beispiele mit ^^ sind mir niemals vor- gekommen ; ich wage es aber nicht, über die Möglichkeit ihres Vorkommens »in der iotJ und den anderen Dialecten" zu ent- scheiden.

Man wird es mir verzeihen, wenn ich jetzt die Frage, ob die saggädah {Criiica, S. 65) wirklich eine iU/*o> iCc^j sei oder nicht, unerörtcrt lasse. Dass »die Gewohnheit des Propheten", einen Gebetteppich zu gebrauchen ).in allen (sie) Samäil- büchern und HadU-\G%.\csi erwähnt" wird, wie Landberg glaubt,

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macht nur auf solche Leser Eindruck, welche mit Landberg die Unbekanntschaft mit dem Inhalte aller dieser Bücher thei- len. Die Andern wissen, dass man aus der Tradition bewei- sen kann , dass der Prophet angeblich allerlei Sachen gekannt und beurtheilt hat , die erst lange nach seinem Tode aufgekom- men sind. In einigen Fällen wird die Sache dadurch aufge- klärt, dass zwei Eeihen von Ueberlieferungen zwei einander diametral gegenüberstehende Ansichten vertreten; in andern Fällen (wie in dem der saggadah) verbürgt uns die bis in späte Zeiten hineinragende Meinungsverschiedenheit der Gelehrten Hn casu bis in Ghazzäll's Zeit von mir conslatirt) die Unecht- heit der Tradition.

Von Landberg's maasslosem Dünkel haben wir jetzt Be- weise genug , und es wäre mir kaum übel zu nehmen , wenn ich darauf verzichtete, auf die y>Studien''^ eines so unkritischen Kritikers näher einzugehen. Da ich aber wohl kaum ein zwei- tes Mal mir durch solche Dinge meine Zeit werde rauben lassen, so will ich diesmal etwas genauer mit ihm abrechnen.

Das Hauptgravamen, welches er gegen meine Sprichivör- ter anführt, ist, dass die von mir gelieferten Beiträge dem Inhalte und der Form nach , sprachlich und sachlich , zu wenig «specifisch Mekkanisches" bieten. Schon auf der ersten Seite seines Aufsatzes {Critica, S. 54) findet sich diese Bemerkung, welche sich dann jeden Augenblick wiederholt. Aus der "Weise

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nun, wie Landberg- diese negative Qualificirung anwendet, ergibt sich gar bald, dass er sich unter dem Ausdruck »speci- fisch mekkanisch" ') entweder gar nichts oder etwas ganz Un- mögliches gedacht hat. Zu einigen (nicht gerade sehr vielen) der von mir aufgeführten Sprüche bemerkt Landberg, dass dieselben in Egypten, oder in Syrien, oder »im ganzen Orient" bekannt sind ; die Thatsache , dass Landberg oder Andere diese Ausdrücke schon früher und anderswo gehört (obgleich in den meisten Fällen nicht besprochen) haben, macht dieselben nach seiner Ansicht zu »unechten" oder »nicht-specifischen" Mek- kanem. Dieses Urtheil spricht Lbg, sogar in solchen Fällen aus, wo das von mir Mitgetheilte, sei es in der Anwendung (z. B. N"s. 3, 44, 64) oder in der Form (z. B. N^s. 8, 20, 62, 74), sich von dem von ihm selbst Beobachteten wesentlich un- terscheidet. Wo dies nicht der Fall ist , habe ich selbst meis- tens die allgemeine Verbreitung des betreffenden Sprichwortes hervorgehoben; dies diente mir dann meist zur Anknüpfung von ethnographischen Beschreibungen oder sprachlichen Be- merkungen im Commentar. Mit meinen ethnographischen und linguistischen Mittheilungen verfährt Landberg in gleicher Weise; jeder Brauch, jede Sprachform, welche ich als mekka- nisch aufführe, verliert nach Landberg's Richterspruch den

1) An einem Orte schreibt l-bg, statt dessen : »echt mekkanisch"", Critica, S. 85.

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Anspruch auf dieses Bürgerrecht , sobald dieselben sich auch ausserhalb Mekka's zeigen. Wenn diese Sitte awcÄ :n Syrien, jene auch in Egypten, diese sprachliche Erscheinung auch bei irgendwelchen Beduinen, jene in der klassischen Sprache oder »in der ganzen arabischen Welt" vorkommt, so hören sie damit auf specifisch mekkanisch zu sein. Seltsame Methode ! Wenn man dieselbe folgerichtig anwendet, so darf man als mekkanisehe Sitten nur solche aufführen, welche mit den dor- tigen Heiligthümern unlöslich verknüpft oder durch locale Ver- hältnisse bedingt sind ; mekkanisehe Sprachformen gibt es dann aber überhaupt nicht. Von allen ethnographischen und linguis- tischen Eigenthümlichkeiten der Mekkaner lässt sich ja keine einzige a priori als ausschliessliches Eigenthum der heiligen Stadt vindiciren ; diese findet sich auch in Jemen , jene in Hadhramaut, andere in Egypten, Syrien, in Indien oder im Sudan, Für die Entscheidung der Frage, ob etwas in diesem exclusiven Sinne specifisch mekkanisch sei, ist es natürlich gleichgiltig , ob die weitere Verbreitung einer Erscheinung schon vor der Abfassung meiner Sprichwörtersammlung bekannt war, ob sie jetzt zum ersten Male von Landberg für seinen »ganzen Orient" in Anspruch genommen wird, oder ob sie in der Zukunft in irgend einem Theile jener Welt beobachtet werden wird. Statt einer Beschreibung des Lebens der heu- tigen Mekkaner müsste man dann etwa sagen : Die einheimi-

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sehe Bevölkerung der heiligen Stadt besteht aus einem qurai- ^itischen Kern (die zahlreichen Scherife , einige Ueberreste an- derer altmekkanischer Geschlechter), aus higäzenischen, egyp- tischen , jemenischen, centralarabischen , syrischen, maghribi- nischen, indischen, türkischen und malaiischen Elementen, welche sich bis zu einem gewissen Grad immerfort dem Kern assimilirt, aber auf die Gestaltung der Gesellschaft auch selbst bedeutenden Einfluss ausgeübt haben ; dazu kommt noch , dass verschiedene Sklavenrassen, namentlich abyssinische, stark auf die Entwickelung dieser Gesellschaft einwirken. Die Sitten und die Sprache der heiligen Stadt haben natürlich den hier kurz skizzirten Entwickelungsgang der Bevölkerung mitgemacht, und zeigen einen dementsprechenden Charakter. Einzelheiten davon zu beschreiben müssen wir uns versagen , weil die speciösch- mekkanischen religiösen Bräuche in der Hagg-litteratur genü- gend beschrieben sind, und alles Uebrige fragmentarisch auch in andern Ländern vorkommt, wenngleich manches bisher noch nicht nachgewiesen wurde.

Die absurde Auffassung, welche zu dem hier angedeuteten Resultate führen müsste, kann aber nur bei solchen aufkom- men , denen die allgemeinsten Begriffe von der Geschichte Mekka's und von wissenschaftlicher Methode fehlen. Ausser- dem habe ich in der »Einleitung" zu meiner Sprichwörtersamm- lung und in meinem in Wien auch vor den Ohren Landberg's

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gehaltenen Vortrag ') ziemlich genau den Begriff der Speci- fisch-mekkanisehen definirt. Mekka ist bekanntlich in hervor- ragendem Sinne eine Fremdenstadt. Die Nationalitäten , welche den grössten Beitrag zum jährliehen Pilgerbesuche liefern , sind in der heiligen Stadt durch kleine Kolonien vertreten, deren Mitglieder zum Zwecke des Handels oder des Studiums einen grossen Theil ihres Lebens in Mekka wohnen. Es leben hier also Syrer , Egyptor , Türken , Indier , Afghanen , Malaien , welche ihre eigne Sprache und ihre Sitten ziemlich unverändert behalten. Wenn nun die Bevölkerung gänzlich oder haupt- sächlich aus diesen Elementen bestünde , so könnte man kaum von mekkanischem Wesen reden. Ein bedeutender Theil dieser Ansiedler assimilirt sich aber der um den quraisitischen Kern herum entstandenen eigentlichen Bevölkerung. Wer ein in Mekka geborenes Mädchen heirathet oder eine in Mekka er- zogene Sklavin zur Concubine hat, dessen Kinder sprechen eine Sprache und befolgen Sitten, die sich von denen aller Premdenkolonien als mekkanisch unterscheiden, trotzdem dass jede Kolonie auf die Entwickelung derselben eingewirkt hat. Die einzelnen Bestandttheile dieses mekkanischen Wesens er- klären sich theilweise aus dem constituirenden Elemente der Scherife und den durch diese zahlreiche Familie vermittelten Einfluss der Beduinen; theilweise aus der Wechselwirkung

1) Vgl. auch meinen Anfang März 1887 in Berlin f^ehaltenen Vortrag.

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aller obengenannten , im Laufe der Zeit hinzugekommenen , fremden Ingredienzien. Wer mit der nöthigen Vorbildung aus- gerüstet einen Monat in Mekka lebt , unterscheidet stets leicht den Mekkaner vom Fremden. Die Sprache und Sitten aller Mekkaner ist selbstverständlich nicht so uniform , wie Landberg {Critica, S. 58) infolge von Mangel an Verständniss der deut- schen Sprache aus meinen Worten herausgelesen hat ; nur gibt es , wie ich in meinem Buche bemerkt habe , keinen absoluten Gegensatz zwischen einer Sprache der Ungebildeten und einer solchen der Gebildeten (wie Landberg dies früher für seinen ganzen Orient behauptet hatte), sondern allmähliche Uebergänge und Abstufungen. Alles dies verhindert nicht, dass man mit ein wenig Uebung die Species »Mekkaner" von den übrigen arabisch redenden Einwohnern Mekka's sicher unterscheiden kann. Zu den Merkmalen , welche die differentia specifica bil- den, gehört nun auch das, was ich in meinem Buche über die Lebensweise und die Sprache der ahl makkah mitgetheilt habe. Dr. Goldziher hat meine Absicht denn auch richtig ver- standen; in seiner Anzeige meines Buches (Oesterr. Monatschr. für den Orient, 15 November 1886, S. 210) sagt eru. a. : »Nicht »alle Sprichwörter sind ausschliesslich mekkanisch ; bei der durch »den Verfasser hervorgehobenen bunten Zusammensetzung der »Gesellschaft in Mekka ist wohl Manches von aussen her hin- »eingetragen worden; ebenso wie auch anzunehmen ist, dass

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«von Mekka durch die hier aus allen Landen des Ostens zusam- »nien- und wieder von hier ausströmenden Muslims manches »witzige Wort exportirt wird." Ganz richtig ; da es nun nicht genügt im Allgemeinen qualitativ die Zusammensetzung einer solchen Gesellschaft zu kennen, so habe ich versucht die ge- nauere, quantitative Analyse ein wenig zu fordern. Das zwei- bändige Werk, welches ich über Mekka zu veröffentlichen gedenke, wird lo einen geschichtlichen Ueberblick und eine Skizze der socialen und politischen Verhältnisse im heutigen Mekka enthalten. Ob ich die Hoffnung Landberg's (CrUica, S. 87) dadurch erfüllen oder ihm eine neue Enttäuschung berei- ten werde, ist mir gleichgiltig. Ich schreibe ja nicht für Leute, die schon voraus alles besser wissen , als Einer , der an Ort und Stelle die Dinge beobachtet hat. Es amüsirt mich, wenn Land- berg , wie er dies an verschiedenen Stellen seiner Critica thut , wohlwollend bestätigt, dass meine Beobachtung der Wahrheit entspreche , als ob dies von seinem Gutachten abhinge ; es amü- sirt mich noch mehr, wenn er hie und da den mekkanischen Sprachgebrauch »verbessert". So soll das Oppositum von ra- zälah nicht muruwwah sondern lutf sein (Critica, S. 60), ob- gleich ich versichern kann , dass in Mekka das Oppositum von lutf (oder häufiger: latäfah) d. h. »Bildung, feine Manieren, Liebenswürdigkeit" nur chusünah = »Rohheit, Ungezogen- heit" lautet; dem »Anstände" = muruwwah steht die »Gemein-

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heit" = razälah gegenüber. So ist auch mein Sprichwort N°. 3 nicht nach Landberg zu verbessern, da ich es sehr häufig, und zwar immer ohne Artikel, gehört habe.

Dass ^y> keine Pluralfei7fZM«y ist (Critica , S. 64), wusste ich schon ; in Mekka wird es als Plural zu iw!> gebraucht ; eine Frau kann es dort nur dann bezeichnen, wenn man seine Gat- tinn (-en) unbestimmt andeuten will, ebenso wie das Wort Uä£U>; dass letzteres Wort und o^' J^' auch in Mekka die Gattinn (-en) bezeichnen, hätte Landberg (vgl. Critica a. a, 0.) aus meinem Buche (S. 85) entnehmen können, wenn er es »durchstudirt" (Critica, S. 86) hätte. Man sagt 'lI£j jj^! und ÜJLc , nicht aber liS^^l oL^jy^ sagt man in Mekka nicht , wenn man die Weiber einer Familie meint, trotz Landberg's Offen- barung (Critica, S. 65) über die »ganze arabische Welt.'' Trotz- dem dass 8-.>Ui feminini generis ist (auch dies war mir be- kannt), wird in Mekka im Sprichworte N°. 19 (vgl. Critica, S. 69) düduh und batnuh gesagt. Landberg verbessert sogar das Sprachbewusstsein der Mekkaner (Critica, S. 69), welche immer noch die 'äjdln von »Wiederkehrenden" verstehen. Aber die armen Mekkaner sind eben nach Landberg's Ansicht auch keine Araber (Critica, S. 72), denn sie sprechen wirklich ebMln; auch gebrauchen sie sehr häufig den Ausdruck ^ nJiLi •!> Q^s, was nach Critica, S. 76 auf keinen Fall sein kann, woher denn auch das ganze Sprichwort N°. 50 »nicht richtig

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zu sein scheint." Bis aber Landberg den Mekkanern seine Cri- ^ica geschickt haben wird , werden sie so sprechen und .... vielleicht auch noch nachher. Die Mekkaner werden dann zu- gleich aus der Mittheilung Critica, S. 81 (>>ich habe nie anders als zanbür gehört") ersehen , dass der Kenner des ganzen Orients das Hagg; nicht gemacht hat , weil er sonst zumhür hätte hören müssen. Die Frage, ob der Kinderlaut dahha arabisch mit oder ohne » (welches » in solchen Worten in statu absoluto bekannt- lich nur orthographisches Rudiment ist) geschrieben werden sollte (Critica, S. 85), werde ich in einer besondern Abhandlung besprechen, sobald ich emeritirt und kindisch geworden bin. Nein, ich fürchte wirklich, mein Mekkabuch wird Landberg kaum gefallen. Denn es wird auf weitere Kreise von Lesern berechnet sein , wie ich das in meinem Vortrage in Wien schon angekündigt habe. Gerade desshalb habe ich einiges sprachliche und ethnographische Detail, welches sich in einem solchen Werke nicht wohl unterbringen lässt , in meiner Sprichwörter- sammlung den Fachgenossen vorgelegt; nicht-Arabisten wäre es sonst zu speciell geworden. Mein Zweck war also ein anderer, als der, welchen Landberg (Critica, S. 86—87) mir in liebens- würdiger Weise zumuthet: «dass (ich) ä tout prix etwas für den Congress verfassen wollte".

Nicht genug specifisch Mekkanisehes ! So lautet Landberg's Orakel , mit welchem er seine » Studien" anfängt und sehliesst,

3

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Man weiss jetzt, was dieses Urtlieil in seinem Sprachgebrauche besagt, oder vielmehr, wie nichtssagend es ist. Wollte man aber den Begriff der Specifischen ungefähr so auffassen, wie Landberg denselben anwendet , auch dann hätte er durch seine Schrift seinen Richterspruch nichts weniger als begründet. Dreissig von meinen siebenundsiebenzig Sprüchen erwähnt er mit keinem Worte ; von vielen andern führt er zwar die Num- mern auf, bespricht dann aber Sachen, die er mit ebenso viel Recht an irgend ein Wort des Textes des Hamdänl oder des Ibn al-faqlh als an meine Mittheilungen hätte anknüpfen kön- nen. Einige Male (z B. S. 62—63, S. 77—78) wird eine ganze Seite darauf verwendet eine von mir erörterte Frage wieder- zukäuen , um dann meine Vorsicht zu loben , weil ich mit non liquet geschlossen habe. Einmal gibt Landberg (S. 79—81) eine Ausführung über die Zukunft des Islams, über welche ich mir weder in meiner Sprichwörtersammlung noch sonst ein positives Urtheil auszusprechen erlaubt habe. Landberg äussert das Seinige in gewohnter Weise , mit der bequemen Hinzufü- gung, dass wer die Sache anders betrachtet «den Islam und >idie Mohammedaner nur in seinem europäischen Arbeitszimmer »studirt hat." Wer sich nie mit Geschichtsforschung abgegeben hat, ist immer geneigt, in naiver Weise seine subjectiven Eindrücke in der Form objectiver Urtheile oder gar von Pro- phezeiungen wiederzugeben. Wenn sich solche Orakel auf Ge-

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genstände beziehen , welche den Meisten vertraut sind , so nennt man die Propheten politische Kannengiesser. Handelt es sich um den nur Wenigen bekannten Orient, so bedenkt das grosse Publicum nicht immer , dass dort wie hier sehr viel dazu gehört um nicht durch Subjectivität oder Einseitigkeit falsch zu ur- theilen, und dass die gleichen Beobachtungen, bei der Be- schränktheit menschlichen Wissens , zu verschiedenen Beurthei- lungen der Verhältnisse führen können, ohne dass desshalb eine von zwei Autoritäten unfähig zu sein braucht So naiv generalisirende Urtheile wie die Landberg'schen werden aller- dings nicht viel Unheil stiften!

Wie gesagt, von den Nummern aus meiner Sammlung, welche Landberg aufführt, besjyricht er nur ganz wenige. Wo er aber, sei es über den Spruch selbst, oder über den Com- mentar eine Bemerkung gibt, macht diese sehr häufig, ohne dass Landberg selbst es bemerkt, sein allgemeines Urtheil über mein Buch zunichte- Wo er ganze Sprüche als anderswo bekannt und daher nicht )iecht mekkanisch" bezeichnet (ver- hältnissmässig sind die Fälle nicht zahlreich) , führt er , wie oben schon hervorgehoben wurde, sehr oft solche dabei an, die in der Form oder in der Anwendung bedeutend von den »mekkanischen" abweichen. Aehnlich macht er es mit meinen Angaben über den Sprachschatz , die Grammatik und die Sitten der Mekkaner; jeden Augenblick hebt er selbst Specifisches

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hervor und vergisst dadurch den Plan seines Aufsatzes. S. 62 63 zeigt er , dass dübuh etc. und iaictvak in andern Ländern anders behandelt werden , S. 64 charakterisirt er meine Mittheilungen über die mekkanischen Bezeichnungen der »Gattinn" und über den adjecti vischen Gebrauch von oi>, iüb-, ry^=^ als speci- fisch ')j S. 65 hebt er eine Bedeutung von ^^z« hervor, durch welche sich Mekka vom »ganzen Orient" unterscheidet, und lenkt die Aufmerksamkeit auf meinen Nachweis über die Jois-formen tertia ^ oder ^ , S. 70 ist ihm die mekkanische Be- schränkung der Bedeutung von ja hahibl ebenso neu , wie o'^ in der Bedeutung »Theetopf"-, S. 71 wundert es ihn , dass «».-^^Lo in Mekka gebraucht wird , wie es gebraucht wird , und er ver- spricht Nachweise über das Vorkommen von ^5. in dieser Be- deutung auch ausserhalb Mekka's zu geben; diese Nachweise müssen aber noch erscheinen '''). Ebendaselbst ergänzt er seine frühere Angabe über die Wörter, welche in Syrien undEgypten »Kleider" bezeichnen, dahin, dass auch das von mir als mek- kanisch erwähnte Wort .^o'j^* dort diese Bedeutung hat. Das

1) Die Redensart N°. 9 nennt er ein »sonderbares Sprichwort" ; wohl weil sie in seinem »ganzen Orient" unbekannt ist?

2) Die Bedeutung »Aufseher, Wächter", welche Landberg dem Worte ,^\ in der von mir citirten Stelle Chron. der Stadt Mekka ITI: l'lv beilegen will, ist in diesem Zusammenhang unmöglich, da von einem laugst verstorbe- nen Sultan die Rede ist. Landberg hätte die Stelle nachschlagen sollen, bevor er sie übersetzte!

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hätte er damals nicht vergessen sollen! S. 73 heisst es, dass meine »lehrreiche und interessante culinarische Beschreibung »wenig ganz specifisch (sie!) Mekkanisches bietet." Schade» dass die Herren, welche den ganzen Orient kennen, das alles nicht früher beschrieben haben ; dann hätte ich etwa schreiben können : Ueber die Küche der Mekkaner vergl. man Landberg's Omnia scihilia de Oriente. Daselbst fällt Landberg die mekka- nische Aussprache von ^\ auf, und er versucht nachzuweisen , dass die Beschränkung des Gebrauches von ^^.^ in Mekka noch enger ist als ich glaubte. S. 74 bespricht er meine An- gaben über die mekkanischen Worte für «Mensch", »Men- schen", »Leute" und macht dazu eine Mine, als wäre ihm das alles schon so bekannt gewesen^); S. 74 75 zeigt er, dass die Bedeutung der Ausdrücke »^JLj, |Jow:s:\iL, (j^JL=>, IiAj! sich in Mekka anders verhält als in den paar Provinzen, die für ihn den »ganzen Orient" darstellen. S. 76 erfahren wir, dass ghahänah , ein in Mekka allgemein übliches Wort für Shawl , ihm erst durch meine Mittheilung bekannt wurde. Etwas naiv ist sein Glaube, dass die Orientalen erst »heutzutage" die »Mode" kennen. Qntb ed-dln gibt schon im lO^en Jahrhundert der Hidschra allgemeine Betrachtungen über diesen Gegenstand. S. 77 macht Landberg die mekkanische Bedeutung von ä-JL^ stutzig,

1) //In Syrien und Hidjaz wissen wir (seit wann?), wie es sich damit ver- hält."

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und er constatirt das »Specifische" von düjän als Plural von ddtvä = «Heilmittel". Daselbst behandelt er die Erklärung der Formen ilen, hatteti, meten u. s. w., als wäre das eine längst von ihm behandelte ; dann entsinnt er sich aber und verweist auf sein noch nicht erschienenes Buch. Wenn alles, was ich über das mekkanische Picknick gesagt habe »im gan- »zen muhammedanischen Orient" gilt (S. 77), so wissen die Muhammedaner nichts davon, denn viele Tremde habe ich die mekkanische qelah als etwas »Specifisehes" besprechen hören. Es wäre zu viel, sich über solche Phrasen länger aufzuhalten; wenn ich die zwei täglichen Concerte der Mu- sikanten des Scherifs und deren Benutzung zur Zeitbestim- mung in Mekka erwähne, so sagt Landberg (S. 72) das alles gelte überall, denn anderswo im ^iganzen Orient" seien an- dere Concerte! S. 79 erwähnt Landberg ein von mir mitge- theiltes Sprichwort, welches »ohne Commentar schwer zu »verstehen wäre." So sehr schwer doch nicht; aber ich habe den Commentar ja beigegeben. S. 85—86 bemerkt man, dass fast alle mekkanische Wörter, welche sich auf die Sklaverei beziehen, Herrn Landberg in dieser Bedeutung neu (also wohl specifisch?) sind. Wie man aus Goldziher's oben citirter An- zeige ersehen kann , hätte Landberg die Liste der nach seiner eignen Definition »specifisch mekkanischen" Erscheinungen im Sprachgebrauch und in der Grammatik bedeutend vermehren

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können. Wir wissen aber, dass seine Absicht gerade eine Be- weisführung war, welche schon durch das wenige von ihm selbst Mitgetheilte sich als verfehlt erweist.

Man wird es verstehen, dass ich keine Lust habe, weiter über Einzelheiten mit dem Verfasser der Critica zu discutiren, z. B. meine deutsche Uebersetzung der N"s. l und 62 gegen seine Einwendungen zu vertheidigen !

Ich komme zu Landberg's Totaleindruck. Nachdem er durch ganz unnütze Lobeserhebungen meiner arabischen Sprach- kenntnisse , meines feinen Ohres und meiner Studien über das muslimische Recht (welche Landberg weniger als irgend je- mand beurtheilen kann) die Erwartungen seiner Leser hoch gespannt hat, beschliesst er die Lektüre meines »in lieux com- muns sich bewegenden", wenig Interessantes enthaltenden Buches sichtbar enttäuscht. «Dessenungeachtet" findet er meine Sprichwörtersammlung yieine anregende Erscheinung'''' und »ewe

y>erfreuUche Festgabe''' (S. 87) -Kweil sie von Dr. Snouck

y)komm{t) und weil sie die heilige Stadt zum Gegenstande ha(ty\ Glaubt er mich so zum Besten zu haben?

Wollte ich dieses ungeschickte Compliment mit gleichwer- tiger Münze zurückbezahlen, so müsste ich meinen Totalein- druck etwa folgendermaassen beschreiben : Wir haben jetzt die Schwächen Landberg's kennen gelernt; sein Gedächtniss trügt ihn in erstaunlicher Weise, er hat nicht immer die Sätze,

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welche er zu beurtheilen glaubt, gelesen ; er spricht mit glei- chem Selbstvertrauen über Sachen , die er gar nicht versteht wie über solche, mit denen er sich mehr oder weniger abge- geben hat, sein kritisches Talent steht unter 0, er generali- sirt und riisonnirt de omni re scihili et de quibusdam aliis] er weiss nicht einmal selbst, dass er nicht deutsch schreiben kann ; er hat eine bedenkliche Neigung zu unanständigen Witzen. Diese und einige andere Eigenschaften des Verf. waren uns theil- weise schon aus seinen früheren Schriften bekannt, alle bethä- tigen sich aber hier in ganz hervorragender Weise. Trotzdem sind die nicht in die Critica hineingehörenden Studien uns eine willkommene Erscheinung, weil sie .... von Dr. Land- berg kommen und . . ?

Nein, ich will aufrichtiger sein. Schon in der Vorrede warnt uns der Verf. selbst vor seinem Buche durch die Worte: yic'est ))lä un travail sans arrihre-pensie ^ sans amertume et sans parti- ■npris'\ Solche Dinge sagt kein Gelehrter , wenn er die neuesten Resultate seiner kritischen Thätigkeit bei den Lesern einführen will. Was für Gedanken Herrn Landberg, der jedes kriti- schen Talentes baar ist , dazu bewogen haben , in so unge- schickter Weise meine bescheidenen Beiträge herabzuwürdi- gen, ist mir ganz gleichgiltig. Ich bin kein Feind der »Con- troverse" {Critica^ S. 89); von Herrn Landberg nehme ich aber hiermit auf sehr lange Zeit Abschied. Sprachtalent und

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Dünkel allein berechtigen Einen nicht, mit kritischen Studien hervorzutreten; dazu gehören vielmehr Wahrheitsliebe, Selbst- kenntniss und die daraus von selbst sich ergebende Selbstbe- schränkung und Bescheidenheit. Bis sich Landberg etwas mehr davon zu eigen gemacht hat, werde ich seine weiteren Crltica, Studien oder wie sie sonst heissen mögen , als pathologisch in- teressante Erscheinungen betrachten , mich aber natürlich nicht wieder auf eine Widerlegung derselben einlassen.

Leiden, 2 April 1887. D". C. Snouok Hürgron.te.

Nachtrag zu S. IG. Nach dem Erscheinen der Cri- tlca habe ich meinem Freunde Abd er-Rahim Efendl Ahmed geschrieben , ich hätte die Redensart (ji-^J ,^ .-^>l (jüU von Egyptern gehört , dieselbe aber nicht in seiner Sammlung an- getroffen; er möchte mir mittheilen, ob er den Ausdruck kenne, und was er bedeute. Seine Antwort erhielt ich erst , nachdem zwei Bogen dieser Abhandlung schon abgedruckt waren ; er schreibt mir (1 Mai), er habe von Leuten aus Damiette und der Umgegend gehört : (ji'i ^^ ^i- ^L« ; mit (jiU wollten die Leute »irgendwelche Sache" bezeichnen. Mein Egypter fügt aber hinzu ; qX*j JJLLI !lX_P qI ^cHJ J^-^ V^J^^J l5*-^-^S Lo \j<ji.JS (J-» Ä.>i^j^ c:<«wwäjJ ijiLo iU.ij o^li iik_Ji3 -*.3U ^^mJü

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-Jt u^AäÜj c^ i.>.Äi y^^ s'ij-l -^i:^ j. 'jiy''^" ^Z ^ '^;^'5 Die Redensart, welche ich bisher von dem »Ignoranten" nicht gehört hatte , ist ihm also in etwas anderer Form wohl bekannt , und über die Erklärung derselben hat er seine eigene Ansicht. Ich kann dem nur hinzufügen , dass ich die- selbe vielfach von nicht-damiettischen Egyptern gehört habe, and dass alle, welche ich über die Bedeutung von (jiLo 1)e- fragte, mir antworteten: ^^^^ ^^ ^.

Leiden, 4 Mai 1887. C. Sn. 11.

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Soeben erschienen:

KITÄB AL-MUWASSÄ

OF

ABU 'T-TAYYIB MUHAMMED IBN ISHÄ( AL-WASSÄ

EDITED FROM THE MANUSCRIPT OF LEYDEN

RUDOLPH E. BRUNNOW

PH. 1). Mrk 6.—.

PJ Hurgronje, Christian Snouck 6025 Dr. C. Landberg 's "Studien" L352H87

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