4 1 3 weinen nme ntunnent Narren r Br A Kir; Ir Be VRR Pr. «8 EB: X BET "a a We Wi a $ ; u “ . n u %; 2 FR ET au un Tannen ce 2TSh900 TOEO 0 INMINNMMNMUNUNNNN IOHM/IAIN D" H. G. BRONN’S Klassen und Ordnungen des TIER-REICHS, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Vierter Band. Supplement. NEMERTINI (SCHNURWÜRMER). Bearbeitet von Prof. Dr. Otto Bürger in Santiago-Chile. Mit Taf. I-XXIl. Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1897 — 1907. Krerkkice, ar z AN ÜR BER, T. Kurreiııt! ng f BERN r Dia ‘ Bi | a j N ] a J IK y "NEBEN: = - a r- i 1 e) IA 2, ECREcKN Inu D “ 2 x } D I r nr ir 5 e N rs, Li En T 5 4 \o r" i j’ 3 T Inhaltsverzeichniss. Erster Abschnitt ; Historischer Ueberblick 1 IS) N Do pw Name Vorkommen nd V er reine . Entwickelung der systematischen Stellane. Classifieation.. . Anatomie und Histoleer: . Embryologie - Ditteratur Zweiter Abschnitt ; Allgemeine Körper beschaffenheit . 5 T. = Körperform . an und Zeiechtune ; . Veberblick über die nenn Dizitstenz Abschnitt Anatomie und Histologie . 112 2. DE Methoden der Doehuns 5 Die Körperwand. 2. SE Haut . ß . Der Bostnnskelschläuch G. nr Bindegewebe Die Kopfdrüse.. Ä Das Parenchym und ae Te cal 4. Die Anhänge des Körpers . a. Das Schwänzchen . bPEDIeaCmne 5. Nachtrag zum Kapitel vom Parenchym und der Leibes- musculatur 6. Das Nervensystem . Historische Einleitung a. Das Centralnervensystem Allgemeines über Bau und ee ; (Granglienzellen Centralsubstanz . SEIFE rn NE Pindenewebagiinel, a ae Neurilemma . Muskelfasern . BR Ausgestaltung des Gehirns, and TEN Salkhstanmne Fon den ver- schiedenen Nemertinenordnungen . Il Inhaltsverzeichniss. Protonemertinen Mesonemertinen Metanemertinen Heteronemertinen b. Das periphere Nervensystem Periphere Nervenschichten Rückennerven Bauchnerv Die Beziehungen der Rückennerven, Nervenschichten und Seiten- stämme zueinander . Kopfnerven (Augennerven) Schlundnerven . Nerven des Rüssels 7. Die Sinnesorgane Historische Einleitung . a. Die Kopffurchen . b. Die Kopfspalten c. Die Cerebralorgane Protonemertinen . Metanemertinen Heteronemertinen d. Die Seitenorgane . e. Die Augen . f. Die Otolithen . g. Die terminalen Sinnesorgane am Kopfe . h. Neuroepithelzellen S. Der Verdauungsapparat Historische Einleitung . 1. Lage und Abschnitte des Darmtractus und seine Gestalt. Mund . After . Vorderdarm Mitteldarm . 2. Histologie des Darmtractus Mund und Vorderdarm Speicheldrüse Mitteldarm . Enddarm Tunica propria Interstitielles Gewebe Museulatur . Schlundgefässsystem Schlundnervenpaar 9. Das Rhynchodäum und der Rüssel Historische Einleitung . 1. Das Rhynehodäum . Rüsselöffnung . . . . Histologie des Rhynchodäums , 10. 1a 14. Inhaltsverzeichniss. 2. Der Rüssel Sr a. Der waffenlose Rüssel . Histologie ee kelahlanen Retraetor Aussenepithel . Innenepithel Nerven x b. Der bewaffnete Rüssel Cavitäten Waffenapparat . Histologie Pe ROTER TRETEN EN Ber Re a. Aufbau der Wandung im Allgemeinen b. Epithelien Reservestiletttaschen Angriffsstilett und Heservesäilekt Das Rhynchoeölom . Historische Einleitung AOEner Rhynchocölum im Allgemeinen . Rhynchocölomtaschen Histologie Das Blutgefässsystem Historische Einleitung Sn A ERS NE Verlauf und Anordnung bei den verschiedenen Nemertinen Histologie 2. Das Exeretionsgefässsystem. Historische Einleitung Vorkommen Feinerer Bau 3. Freie Zellkörper . Historische Einleitung . a. Blutkörper b. Rhynchoeölomkörper . : c. Bildung und Ersatz von Blut- Fr Rbraehocnlosskörpsrne Die Geschlechtsorgane . Historische Einleitung und en I he a. Lage, Anordnung und Form der Geschlechtssäcke . b. Der feinere Bau der Geschlechtssäcke €. Die Geschlechtsproduete D d. Entstehung der Geechlehisproduer- Vierter Abschnitt Physiologie 1. Das Epithel 2. Die Kopfdrüse 3. Die Grundschicht ira Ct 3 4. Der Hautmuskelschlauch und Brent zalle Misc laene \ 5. Der Rüssel . 287 288 296 296 296 297 297 297 298 all 12. Inhaltsverzeichniss. a. Der bewaffnete Rüssel . b. Der unbewaffnete Rüssel . Das Rhynchoecölom. . Der Darmtractus . Das Blutgefässsystem . Das Excretionsgefässsystem . Die freien Zellkörper a. Die Blutkörper : b. Die hmm nlkame: Das Nervensystem a. Das Centralnervensystem . b. Das periphere Nervensystem . Die Sinnesorgane a. Die terminalen Sinnesorgane am Kopfe : b. Die Kopfspalten und Kopffurchen . c. Die Cerebralorgane . En d. Die Seitenorgane . e. Die Otolithen . f. Die Augen . Fünfter Abschnitt . Embryologie ie . Die Eireife . Die Eiablage . 2 o Historische Einleitung a. Die Zeit der nn «. Tabelle der Geschlechtsreife Anaashen Arten. ß. Tabelle der Geschlechtsreife nordamerikanischer Arten b. Die Art und Weise der Eiablage . . Die Befruchtung . Die Furehung . Die Bildung der Bilastula Aal Dikherenn dar Kein blätter . Die nl 3 . Die Entwickelungstypen . . Die indireete Entwickelung A. Entwickelung durch das Pilidium . 1. Die Entstehung des Pilidiums . 2. Das fertige Pilidium 3. Die Arten von Pilidium Pilidium gyrans Joh. Müller — magnum Bürger — pyramidale Bürger Das Pilidium von Mierura caeca . Cerebratulus leidyi Cerebratulus lacteus . x Pilidium aurieulatum Leuekart und rede: — brachiatum Wilson — curvatum Fewkes . 4. Die Biologie des Pilidiums Seite 298 301 301 302 303 303 304 304 304 304 304 305 305 305 306 306 307 307 307 308 808 308 318 321 o21 322 323 321 325 327 329 332 335 398 338. 338 341 348 348 348 349 349 349 349 349 349 350 350 Inhaltsverzeichniss. V Seite 5. Die Entwickelung der Nemertine im Pilidium . . . 2... 850 a. Entwickelung der Keimplatten und des Amnions . . 350 b. Entwickelung von Rüssel, Rynehocölom und Rhyncho- däum . SL er 358 ce. Entwiekelung der Nephridien 355 d. Entwiekelung der Blutgefässe F 358 e. Entwickelung der Cerebralorgane . . . » 2..2.....961 f. Entwiekelung des Centralnervensystems. . . ..... 962 g. Entwiekelung der Körperwand . . . -» ...2..2.....865 hkntwiekelunerdes Darmes Ki 2.0.20. 20... 866 B. Entwiekelung durch die Desor'sche Larve. . . . . 867 1. Die Entstehung der Desor’'schen Larve. . . 367 2, Die Entwiekelung der Nemertine in der Desor Saas Aber 368 a. Entwickelung der Keimplatten und des Amnions . . 368 b. Entwiekelung der Gewebe und Organe. . . . . . 869 10%. DiierdireetepE nt wickelume au eg 2 Allecmeiner- Verlaußs Ce Nast ya Sen ea 371 b2 Entwiekelung‘ der -Kopfarüse sl aba a. al 2.2.2 372 e. Entwiekelung des Frontalorgans . . Eur d. Entwickelung des Rüssels, Eee seeundären Stomodä- ums und Rhynchoeöloms EEE EI EFT e. Entwickelung des Stilettapparates . . : .. . 2..2.2.2.2.2...876 f. Entwickelung des Centralnervensystems . . 2. 222 0202020..80 & Entwiekelung"deaDorsalnersena A u Su. 2 m nn... 0,879 h. Entwiekelung der Cerebralorgane . . . 2... ...2...9879 i# Entwiekelunes der®Hantv Meran ae an al k. Entwiekelung.des Darmtraetus . : .ı 2 won. 0.2 2 200. 88l Krntwiekeölune. des2Cölems. ans 3, He eo 11. Regeneration N rn A in .. 986 TNBon str oA ten a a ee ne ar Seiser 2 RR en. > Systematik . . . - I DL I, 78 a BEER EESBE 1. Ueber die ee engen und Familien . . 38 2. Uebersicht der 1895 revidirten Gattungen und ihrer Sy marsy mie U Ar En Re rl a ak a Gr ee 392 3. Ueber die Existenzberechtigung verschiedener um- strittener Gattungen . . ER En Ueber die seit 1895 neu en ee ER: 399 Uebersicht der Veränderungen in diesem Buche und im ne TEICHE A ES LE ER van 2 Tea OT 4. Uebersicht der Ordnungen, Familien und Gattungen in Uebereinstimmung mit dem „Thierreich“, unter Hinzu- fügung der seit 1900 neu hinzugekommenen Gattungen 402 5. Kennzeiehnung der Ordnungen, Unterordnungen, Fa- milien und Gattungen . . . r Due ae ER ee 01) Uebersicht der a a a SE ea = 0rdsbrotonemertionnBürserisius. 2.00 nn a0 Uebersicht der Familien . . . a CU) 1. Fam. Tubulanidae (Carinellidae Me fitesh), Er a ee DH om © 2. Ram. iM Inhaltsverzeichniss. Uebersicht der Gattungen . Gen. Procarinina Bergendal Gen. Carinina Hubrecht . Gen. Tubulanus Renier (Carinella Johnston) Gen. Callinera Bergendal Gen. Carinesta C. R. Punnett . Hubrechtiidae Bürger . Gen. Hubrechtia Bürger 2. Ord. Mesonemertini Bürger 1. Fam. Ike DR Nam Uebersicht der Familien Carinomidae Bürger Gen. Carinoma Oudemans Cephalotrichidae Me Intosh 2. Gen. Cephalothrix Oersted 8. Ord. Metanemertini Bürger Uebersicht der Unterordnungen . A. Subord. Prorhynchocoelomia Bürger 1. Fam. Emplectonematidae (Nemertidae Hubrecht, en Uebersicht der Familien tidae Joubin) 2, Bam. 1: Uebersicht der lesen / (ren. Emplectonema Stimpson (Eumemer tes Vaillant) 5 (ten. Carcinonemertes Coe (Gen. Gononemertes Bergendal . (ren. Paranemertes Coe (sen. Nemertopsis Bürger . Ötotyphlonemertidae Bürger . (sen. Ototyphlonemertes Diesing B. Subord. Holorhynchocoelomia Bürger 1. Fam. Uebersicht der Familien Prosorhochmidae Bürger . Uebersicht der Gattungen . Gen. Prosorhochmus Keferstein . Gen. Prosadenoporus Bürger . Gen. Geonemertes ©. Semper . Amphiporidae Me Intosh . Uebersicht der Gattungen . 1. Gen. Amphiporus Ehrenberg 3. Fam. je 4. Fam. . (sen. Proneurotes Montgomery . DI Verrill (sen. Drepanophorus Hubrecht e Prostomatidae (Tetrastemmatidae Hubrecht) . Uebersicht der Gattungen . gen. Prostoma Ant. Duges (ee "Hhrenbere) Gen. Oerstedia Quatrefages . . Gen. Stöchostemma T. H. lan 3 . Nectonemertidae Verrill . Uebersicht der Gattungen . . Gen. Nectonemertes Verrill . Gen. Hyalonemertes Verrill . Seite 405 409 406 407 409 411 412 412 413 414 414 414 416 416 417 417 417 418 415 418 418 419 422 423 424 425 426 426 427 427 427 428 428 429 450 430 430 432 432 452 433 434 434 455 456 437 437 437 438 Inhaltsverzeichniss. 6. Fam, Malacobdellidae E. Blanchard . 1. Gen, Malacobdella Blainville 7. Fam. Pelagonemertidae Moseley Uebersicht der Gattungen . 1. (ren. Pelagonemertes Moseley 2. Gen. Planktonemertes Woodworth 4. Ord. Heteronemertini Bürger , Uebersicht der Familien 1. Fam. Baseodiseidae (Eupoliidae na Uebersicht der Gattungen . 3 1. Gen. Baseodiscus Diesing (Kupolia Hubrecht) 2. Gen, Poliopsis Joubin s 3. Gen. Joubinia Bürger (V nee ee 2. Fam. Lineidae Me Intosh .. j Uebersicht der Unterfamilien A, Subfam. Lineinae Bürger (Amierurae Bürger) Uebersicht der Gattungen . 1. Gen. Parapolia Coe 2. Gen. Oxypolia Punnett Nah 3. Gen. Euborlasia L. Vaillant een Me en) 4. Gen. Lineus J. Sowerby . B. Subfam. Mierurinae Joubin (Mierurae Bürger) Uebersicht der Gattungen . 1. Gen. Valeneinura Bergendal , . 2. Gen. Zygeupolia C. B. Thompson . 3. Gen. Micrella Punnett 4. Gen. Mierura Ehrenberg . 5. Gen, Cerebratulus Renier 6. Gen. Diplopleura Stimpson (Lang gia Beben 6. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Nemertinen zu anderen Thieren REIS UR- a. Die Beziehungen zu den Turbellarien . b. Die Beziehungen zu den Anneliden 2 ; e. Die Beziehungen zu den Cölenteraten, Arthropoden, _ Molluaken. Enteropneusten und Vertebraten . 7. Die Stammesentwieklung und gegenseitige Verwandt- schaft der Nemertinen. Stammbaum der Protonemertinen . i Stammbaum der Meso- und Men emartinen j Stammbaum der Heteronemertinen Siebenter Abschnitt. Biologie 1. Die geographische Verbreitung LEER B A. Geographische Verbreitung der littoralen Nemertinen 1. Verbreitung in den verschiedenen Zonen a. In der Arctis . b. In der Antaretis . e. In der Subaretis VII (SS) # Inhaltsverzeichniss. d. In der Subantaretis £ . In der tropisch-subtropischen ans 2. an in verschiedenen Subregionen a. Atlantische Küste von Europa . b. Mittelmeerküsten und Schwarzes Meer e, Atlantische Küste von Nordamerika d. Ostindischer und polynesischer Archipel e. Paeifische Küste von Nordamerika f. Peruanisch-chilenische Küste . Cireumpolare Nemertinen . Bipolarität. . Ueber die De ne en yeskunne er: De nungen, Familien, Gattungen und bemerkens- werthen Arten IE REREN: Toaı.cı 2.8 B. @eographische Verbreitung der freischwimmenden Tiefseenemertinen So ENOR Sa C. Geographische Verbreitung der Süsswassernemer- tinen FRE 1 an deu gie D. Geographische Verbreitung der Landnemertinen oe w . Die verticale Verbreitung. . Im Mittelmeer nach Bürger . . Im Mittelmeer und Canal La Menche nach, Tonken c. An den Küsten Grossbritanniens nach MeIntosh . d. An der pacifischen Küste von Nordamerika nach Coe e. Allgemeines über die verticale Verbreitung . Lebensweise der Nemertinen des Littorals. a. Wohnung. VER RR EI eye TE Re b. Häufigkeit, Lebensgewohnheiten, Temperament und Anpassungsfähigkeit. . . . e. Nahrung BIRNEN Land-, Süsswasser- und Brackwassernemertinen ‚Par. At ne Nemertinen. Farbe, Zeichnung und een : : Mimter, —<—SEFSs>- — Seite 485 486 490 490 492 496 - 498 499 902 504 505 506 511 512 514 5l4 514 516 518 519 520 521 521 528 925 526 528 599 586 ETF Nemertini (Schnurwürmer). Körper langgestreckt. Körperdecke ungegliedert. Mit einem drüsenreichen Wimperepithel. Darm gerade, nicht verästelt, sondern nur mit Seitentaschen versehen; mit Afteröffnung. Mitvom Darm gesondertem schlauchartigem, nach aussen durch eine eigene Röhre und Oeffnung vor- stülpbarem Rüssel, derineinerbesonderen,über dem Darme liegenden, völlig geschlossenen Höhle ruht. Esist ein geschlossenes Blutgefässsystem vorhanden, das aus 2 oder 3 mit einander verbundenen Längscanälen besteht. Mit diesem treten 2 reich verzweigte Excretionsgefässe in Beziehung, indem si@chihre blinden, geschlossenen Enden, die eine Wimperflamme enthalten, in die Wand der Blut- gsefässe einbohren. In der Höhle, welche den Rüssel ent- hält, und in den Blutgefässen befindet sich eine Flüssig- keit mit kernhaltigen Zellkörpern. Die der Rüsselhöhle sind die bei weitem grössten und amoboid beweglich. Eine Leibeshöhle fehlt. Alle Organe sind in ein gallertartiges Parenchym eingebettet. Das Centralnervensystem besteht aus einem Paar über und einem Paar unter jener Röhre ge- legenen Ganglien, durch welche der Rüssel ausgestülpt wird. Sie sind durch 2 diese Röhre umfassende Commis- suren mit einander verbunden. Von den unteren Ganelien setzen sich nach hinten ein Paar vom Ganglienzellbelag begleitete Nervenstämme fort, die in den Seiten des Körpers oder am Bauche, aber immer von einander getrennt, bis.zum After verlaufen, wo sie eine dünne Commissur vereinigt. Mit den oberen Ganglien sind in der Regel ein Paar Sinnesorgane eigener Art (Cerebralorgane) verknüpft oder verschmolzen. Augen sind oft zahlreich vorhanden, selten Otolithen. Terminal am Kopfe liegt häufig ein drüsenreicher retractiler Sinneshügel (Frontalorgan). Geschlechter getrennt, selten herrscht Hermaphroditis- mus oder protandrischer Hermaphroditismus. Geschlechts- organe einfache, meist regelmässig mit den Darmtaschen alternirende Säcke, welche direet nach aussen münden. Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 1 r 2 Historischer Ueberblick. Entwicklung direct oder indirect (Pilidium und De- sor’sche Larve). Meist freilebend und marin. Wenige Parasiten, Süss- wasser- und Landbewohner. Kosmopoliten. Erster Abschnitt. Historischer Ueberblick. 1. Name. Der jetzt gebräuchliche wissenschaftliche Name für die Schnurwürmer hat sich erst seit Me Intosh 1875/74 eingebürgert. Er leitet sich von dem von Cuvier 1815 für Lineus longissimus Gunnerus aufgestellten Gattungsnamen Nemertes (Nnusorijs, 7, Tochter des Nereus und der Doris) ab. Ehrenberg 1831 bildete nach ihm den Familiennamen Nemertina, der von Oersted 1844 adoptirt wurde. Die Gesammtheit der Schnurwürmer ist als Nemertina oder Nemertea zuerst von Johnston 1846 und Quatrefages 1846 bezeichnet worden. Ihnen folgten Diesing 1850 und Keferstein 1863 nach. Synonym mit Nemertini sind Teretularia Blainville 1825, Rhyn- chocoela M. S. Schultze 1851. Beide Bezeichnungen stossen uns noch gelegentlich auch in der neueren Litteratur auf. 2. Vorkommen und Verbreitung. Erst sehr spät, nämlich erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, haben die Nemertinen nachweislich das Augenmerk eines Naturforschers auf sich gezogen. Es war Borlase, welcher in seiner „Natural history of Cornwall“ 1758 (No. 1) einen braunen, 5 Fuss langen Wurm derart abgebildet und beschrieben hat, dass man in ihm sicher einen Lineus longissimus zu erkennen vermag. Borlase nannte ihn „Sea Long Worm‘. Ihm folgten Baster 1762 (No. 2) und Pallas 1766 (No. 5) nach, von welchen jener das vergrösserte Bild eines Tetrastemma bringt, von ihm aber nur nebst anderen Wirbellosen gelegentlich der Tafelerklärung als „insecta marina“ spricht, die zwischen Sertularien und Üorallinen wohnen, dieser einen Amphiporus und Lineus abbildet. Ersterer wird als Lumbricus oxyurus beschrieben und es wird sogar einiges, wenn auch meist Irrthümliches über seine innere Organisation angegeben, über letzteren indess nur vermerkt: „alia Lumbriei marini species, tota atra“. Wesentlich vermehrt wurde die Kenntniss der Nemertinen durch OÖ. Fr. Müller 1771. (No. 4, 5, 7 und 8), welcher bereits acht Arten unterschied; unter denselben befindet sich auch Malacobdella grossa, die Müller übrigens als Hirudo grossa beschrieben hat. Die anatomischen Be- obachtungen sind spärlich. Eine knappe Diagnose und ein leidliches Habitusbild ist das, was jener grosse Naturforscher über die von ihm be- Vorkommen und Verbreitung. 3 obachteten Nemertinen uns überliefert hat. Er warf sie übrigens mit anderen Würmern zusammen. Meistens stellt er sie zum Genus Planaria. Vereinzelt sind Nemertinen ferner von Gunnerus 1770 (No. 6), Slabber 1778 (No. 9) und Fabrieius 1780 und 1798 (No. 10 und 12) beschrieben worden. Letzterer stellt die an der Küste Grönlands be- obachteten Arten zusammen. In den von Linne& selbst besorgten Ausgaben seines „Systema Naturae“ vermissen wir die Nemertinen, finden indessen in der 13. von Gmelin 1788 (No. 11) besorgten die bisher bekannt gewordenen unter „Vermes Intestina Planaria* aufgeführt und nach der Zahl der Augen angeordnet. Die Kenntniss der Nemertinenfauna unserer nordischen Meere ist in der Folge von Rathke 1779 (No. 13), Sowerby 1804 (No. 17), Mon- tagu 1804 (No. 16), Jameson 1811 (No. 19), Davies 1815 (No. 20) und vor allem Johnston 1828, 1829, 1833 und 1837—1838 (No. 28, 29, 35 und 37) gefördert worden. Die des Mittelmeers durch Renier 1504 und 1807 (No. 15 und 18), Delle Chiaje 1823—1828 und 1841 (No. 25 und 45), Huschke 1830 (No. 55) und Grube 1840 (No. 39). Exotische Nemertinen wurden zuerst durch Ehrenberg 1831 (No. 34) und Quoy und Gaimard 1833 (No. 36) beschrieben. Sie entstammen dem Rothen Meer, dem ostindischen und polynesischen Archipel. Eine Revision der bisher bekannt gewordenen Nemertinen bringt Oersted 1842 und 1844 (No. 43 und 47), welcher auch noch verschiedene nordische Arten neu beschreibt. Johnston 1846 (No. 53) giebt in seinem Index der britischen Anneliden auch ein Verzeichniss der bisher an den Küsten der vereinigten Königreiche beobachteten Schnurwürmer. Einige Formen des Mittelmeers sind von Kölliker 1845 (No. 52) in recht charakteristischer Weise beschrieben worden und in grosser An- zahl — meistens von Sieilien stammend — zusammen mit Bewohnern der atlantischen Küste Frankreichs in Wort und Bild von Quatrefages 1346 und 1849 (No. 54 und 55) in seinen grossartigen, Anneliden- und Nemertinenstudien sich hingebenden Werken geschildert. Diese Arbeiten sind die hervorragendsten faunistischen, die bis zur Mitte unseres Jahr- hunderts erschienen sind. An sie schliessen sich die neueren, von Renier hinterlassenen und nach seinem Tode veröffentlichten faunistischen Studien an 1847 (No. 57). Besonders hervorzuheben ist das vornehmlich durch seine schönen Habitusbilder werthvolle Werk Dalyell’s „The Powers of the Creator“ 1553 (No. 77), in dem wir auch eine Anzahl kleinere Arten (Tetrastemmen) berücksichtigt finden, die sonst bisher meist den Sammlern entschlüpft sind. Zur Kenntniss der Nemertinenfauna Islands brachte R. Leuckart einen Beitrag 1849 (No. 64). In. den letzten Decennien sind unsere Kenntnisse der exotischen Nemertinen sehr vermehrt worden, und namentlich in Fülle die der Ost- küste Nordamerikas beschrieben. Die ersten spärlichen Notizen stammen 1 * 4 Historischer Ueberblick. von Leidy 1852 (No. 68—70), hauptsächlich haben sich aber Ch. Gi- rard 1852, 1853 und 1893 (No. 75, 78 und 235), W. Stimpson 1854, 1856 und 1857 (No. 81, 83 und 90) und E. Verrill 1873, 1874, 1875, 1880, 1885 und 1893 (No. 123, 127, 136, 157, 183 und 237) an die Durch- forschung jener Gestade und die faunistische Bearbeitung ihrer Bewohner &emacht, und wie sich nicht leugnen lässt, mit grossem Erfolg insofern, als sie die Beschreibung vieler und fast lauter neuer Arten bringen durften. Da sich aber die Beschreibungen von Girard und Stimpson, — letzterer hat auch über eine Anzahl Nemertinen aus dem Gebiete des grossen und indischen Oceans berichtet — durchweg auf eine knappe Diagnose beschränken, so haben ihre Publieationen einen recht zweifel- haften Werth. Dasselbe würde von denen Verrill’s gelten, wenn dieser seine faunistischen Notizen nicht schliesslich 1893 (No. 237) in einem ausführlichen, mit Habitusbildern versehenen Werke zusammengefasst hätte. Ausserdem ist unsere Kenntniss der exotischen Nemertinen durch eine Reihe von Europa aus unternommener Expeditionen und verschiedene reisende Naturforscher, welche ihr Augenmerk auch diesen Würmern ge- schenkt haben, gefördert worden. Zu letzteren gehört Schmarda, welcher eine grosse Anzahl von Nemertinen — hauptsächlich von der paeifischen Küste Südamerikas und von Neu-Seeland — heimbrachte und in Wort und Bild selbst beschrieb 1557 (No. 95), ferner Moebius und Brock, von denen ersterer eine schöne Sammlung zu Mauritius, letzterer zu Amboina (ostindischer Archi- pel) zusammenbrachte, die beide von mir bearbeitet worden sind (vel. No. 217 und 257). Im antaretischen Bereiche sammelte v. d. Steinen zahlreiche Nemer- tinen (Südgeorgien), welche ebenfalls in mir ihren Bearbeiter fanden (No. 238), im aretischen die Willem Barents-Expedition, die von Hubrecht und mir (No. 174 und 257) beschrieben worden sind, und Heuelin, dessen Ausbeute Ehlers bearbeitete (No. 131). Wie überhaupt in der Ausbeute von Wirbellosen so war auch die Challenger-Expedition reich an Nemertinen, mit welchen uns Hubrecht 1557 in einem besonderen bedeutenden Werke (No. 204) bekannt gemacht hat. Was aber schwerer ins Gewicht fällt als die grosse Anzahl neuer Arten, mit denen uns diese, soweit sie zoologische Interessen verfolgte, grossartigste aller Expeditionen beschenkte, ist die Erbeutung zweier Formen, nämlich der Pelagonemertes, einer glashellen blattartigen Nemer- tine, und der Carinina, welche sich durch ein epithelial gelagertes Nerven- system, epitheliale Cerebralorgane und eine Reihe anderer Charaktere als eine der hypothetischen Urform so nahestehende erwiesen hat, wie uns fast keine andere bekannt ist. Auch der Vettor Pisani erwarb sich Dank der Bemühungen von Uhierchia Verdienste um die Nemertinenkunde; er sammelte vornehm- lieh an den paeifischen Küsten von Öentral- und Südamerika. Ferner ist die Expedition der Gazelle zu erwähnen, welche verschiedene Nemer- Vorkommen’ und Verbreitung. 5 tinen aus dem Östindischen Archipel mitbrachte, und besonders des Museums Godefroy zu gedenken, welches eine schöne Sammlung aus dem sonst sehr wenig, was unsere Würmer anbetrifft, bekannten Malayi- schen Archipel zusammenbrachte. Erstere befinden sich im Besitz des Berliner, letztere des Hamburger Naturhistorischen Museums und sind von mir jüngst untersucht und beschrieben worden (No. 257). Ein Gleiches darf ich von den Nemertinen melden, welche Mi- chaelsen in den letzten Jahren vom Feuerlande, Plate von dort und der pacifischen Küste Südamerikas uns zuführte (No. 257 und 258). Unsere Kenntniss exotischer Nemertinen ist ferner erweitert durch Levinsen Grönland (No. 155), Langerhans (No. 165 und 186) in seinem eingehenden Studium der Wurmfauna von Madeira, Marenzeller (No. 201) Jan Mayen (Oesterreichische Nordpolarexpedition), Peters und Stuhlmann Küste von Ostafrika (vgl. No. 257). Auch die europäische Nemertinenfauna hat noch eine Reihe von Forschern angezogen, die unsere Artenkenntniss bedeutend erweitert haben. Es sind Grube (No. 84, 95 und 105), Hubrecht (No. 152, 154 und 162), Marion (No. 129, 160, 179), Dewoletzky (No. 169), Joubin (No. 215 und 247), Bürger (No. 256) Mittelmeer, Uljanin und Uzer- niavsky (No. 117 und 171) Schwarzes Meer, Keferstein (No. 97 und 112), Claparede (No. 99 und 102), Grube (No. 84), Köhler (No. 191), Chapuis (No. 198), A. Giard (No. 211), Joubin (No. 215 und 247), atlantische Küste von Frankreich; van Beneden (No. 96) Belgien; Me Intosh (No. 125), Haddon (No. 190), Riches (No. 239), Beau- mont (No. 248) Grossbritannien; Jensen (No. 151) Norwegen. Durch die im Obigen aufgeführten faunistischen Studien mögen etwa 350 marine Arten bekannt geworden sein, zu denen noch eine sehr geringe Anzahl von Nemertinen kommt, welche im Süsswasser leben oder das Land bewohnen. Die Kenntniss von den ersteren ist verhältnissmässig alt, denn schon Duges 1828 (No. 31 und 32) beschrieb zwei in Süsswässern Frankreichs lebende Arten und seitdem sind solche von den verschiedensten Punkten der Erde und besonders von vielen Orten Europas durch Leidy (No. 68— 70), Schmarda (No. 95), Silliman (No. 195), du Plessis (No. 228), Vaillant (No. 229), Böhmig (No. 235), Kraepelin (No. 199), Zacharias (No. 242), Stuhlmann (No. 207), Benham (No. 232), Montgomery (No. 245) u. A. bekannt geworden. Von letzteren entdeckte die erste Semper 1563 (No. 101) auf den Palaosinseln, v. Graff (No. 155) eine zweite Art im Palmengarten zu Frankfurt a. M., welche indessen wohl sicher aus Australien importirt worden ist, von wo nebst Neuseeland in der Folge mehrere Arten durch Dendy (No. 230 und 246) und mich (No. 258) beschrieben sind. Ausserdem ist noch je eine Art durch Willemoes-Suhm (Challenger- Reise) (No. 128) von den Bermudas-Inseln und Gulliver von Rodriguez (No. 161) bekannt geworden. b Historischer Ueberblick. Da namentlich die Artbeschreibungen älterer Autoren an Präeision viel zu wünschen übrig gelassen haben, Abbildungen häufig fehlten und ausser- dem schlechtere Verkehrs- und Bibliotheksverhältnisse herrschten, als wir heute gewohnt sind, die den verschiedenen Forschern die Arbeiten ihrer Vorgänger und Zeitgenossen recht häufig vorenthielten, kann es uns nieht Wunder nehmen, wenn viele Formen immer wieder als novae species in der Litteratur auftauchen. Wenn wir trotzdem gegenwärtig nur die geringe Anzahl Nemertinenarten aus der ganzen Welt registriren, die wir vorhin nannten, so verdanken wir dies einer Reihe von Revisionen der beschriebenen Nemertinenarten, welche bis in die neueste Zeit hinein das grosse und weit zerstreute Material gesichtet, zusammengefügt und dabei eine Fülle von „novae species“ in die Reihe der Synonyme verwiesen haben. Die erste umfassende ist die von Oersted 1844 in seiner syste- matischen Eintheilung und speciellen Beschreibung der Plattwürmer (No. 47) gegebene, an sie schliessen sich die beiden grossen von Diesing aus den Jahren 1850 (No. 65) und 1862/63 (No. 98 und 100) an, welche alle bis dahin beschriebenen Nemertinen einer Kritik unter- ziehen. Leider darf ich nicht behaupten, dass die letzteren — trotz der sehr grossen Arbeitskraft, welche ihnen gewidmet wurde — hervorragend glückliche gewesen sind, das gilt vielmehr von denen, welche einzelne Faunen zur Musterung vornahmen, wie Johnston 1846 und 1865 in seinem Index der Britischen Anneliden (No. 53) und seinem Catalog der nicht parasitischen Würmer des britischen Museums (No. 106), vor allem aber von Mc Intosh’s 1873/74 elänzender Monographie der Britischen Nemertinen (No. 125), Hubrecht’s Revision der europäischen Nemertinen 1879 (No. 154) und Joubin’s Werken, welche die Nemertinen sowohl der mediterranen als auch der atlantischen Küsten Frankreichs behandelten 1890 und 1894 (No. 215 und 247). Eine letzte Revision, 1895, der ge- sammten Nemertinen stammt von mir und wurde im historischen Theil meiner Monographie der Nemertinen des Golfs von Neapel gegeben (No. 256). Trotzdem ist schon wiederum eine umfassende Revision in Vor- bereitung, in der Bearbeitung nämlich der Nemertinen für „Das Thier- reich“ im Auftrage, der deutschen zoologischen Gesellschaft. Ehe wir auf die historische Entwicklung der Nemertinensystematik eingehen, müssen wir zuerst 3. die Entwickelung der systematischen Stellung darlegen. Darüber, dass die Nemertinen Würmer sind, war von Anfang an — abgesehen von wenigen Ausnahmen (Girard 1851, No. 67, rechnete sie zu den Mollusken) — kein Zweifel, indessen darüber, was sie für Würmer vorstellen, ob sie eine ganz besondere Gruppe repräsentiren oder ob sie den Planarien, Nematoden oder selbst den Anneliden zuzuordnen seien, Entwickelung der systematischen Stellung. 7 gingen die Ansichten der Forscher, namentlich bis zur Mitte unseres Jahrhunderts, weit auseinander. Es sind Nemertinen vereinzelt zum Genus Ascaris, z. B. von O0. Fr. Müller (1776, No. 7) und Gunnerus (1770, No. 6) gestellt und mit echten Gordiiden zusammen als Arten der Gattung Gordius von Dalyell (1853, No. 77) in grosser Anzahl beschrieben worden. Dass man zwischen Nemertinen und Bandwürmern nähere Beziehungen proclamiren wollte (Williams 1855, No. 79), muss als Ausgeburt höchster Unkenntniss vom Bau der Nemertinen bezeichnet werden. Viel öfter als zu den Ringelwürmern gestellt, finden wir die Nemer- tinen mit den Strudelwürmern vereinigt. O0. Fr. Müller (No. 7 und 5) beschrieb die Nemertinen zuerst ge- meinsam mit wirklichen Turbellarien als Planaria. So führt er unter anderem solch typische Nemertine wie Lineus gesserensis — eine gemeine nordische Art — als Planaria gesserensis auf. Zeitweilig errichtete er (No. 5) zwar für Nemertinen ein besonderes Genus (Faseciola), beliess sie aber in engster Gemeinschaft mit den Planarien. Ihm folgte Fabricius (No. 10 und 12), indem er die Nemertinen ebenfalls dem Genus Planaria zuertheilte. Es sei ferner erwähnt, dass Gmelin (No. 11) in der von ihm redigirten 13. Ausgabe von Linne’s „Systema naturae‘“ die Nemertinen als „Vermes Intestina Planaria“ aufführte und Lamarck (1855, No. 22) sie in seiner Naturgeschichte der wirbellosen Thiere .als Planaria mit echten Planarien beschrieb. Cuvier 1817 (No. 23) war der erste, der die Nemertinen von den echten Planarien sonderte, indem er die Nemertinen unter den Vers in- testinaux zu den Cavitaires, die Planarien zu den Parenchymateux stellte. Wenn so häufig fast gleichzeitig der eine Autor die Nemertinen zu den Planarien, der andere zu den Gliederwürmern stellt, so erklärt sich das vielfach aus den Nemertinenspecies, welche die verschiedenen Autoren vor sich hatten. Diejenigen, welche Arten der Gattung Cerebratulus untersuchten, stellten die Nemertinen unter den Würmern zu den Annu- laten, denn ein Cerebratulus, 2. B. ein O. marginatus, der den Forschern besonders im Mittelmeer am frühesten und häufigsten aufstiess, lässt in hohem Maasse eine Gliederung erkennen, da der gegliederte Darm im Körper stark hervortritt und selbst die Körperform etwas beeinflusst. So führte F.S. Leuckart (1828, No. 26), welcher C. marginatus (Meckelia somatotomus) studirte, denselben unter den Articulata, Classe Annulata, Ord. Abranchiata auf. Eine besondere Familie „Teretularia‘“ errichtete Blainville (1828, No. 30) für die Nemertinen. Dieselbe folgt in seinem Dictionnaire der Fam. Planariae und bildet mit dieser zusammen die Ordnung Aporo- cephala, welche der Unterelasse Parentomozoaires oder Subannelidaires der Würmer angehört. Blainville ist als ein Vorläufer Ehrenberg’s (1331, No. 34), zu betrachten weleher für die „Animalia evertebrata apoda“ die Classe Turbellaria aufstellte, die ausser anderen Würmern die echten 16) Historischer Ueberblick. Turbellarien und Nemertinen umfasst. Ehrenberg theilt die Zurbellaria ein in Dendrocoela nnd Rhabdocoela. Letztere enthalten die Nemertinen. Auch Oersted (1844, No. 47) sondert die Nemertinen völlig von den Gliederwürmern, d. h. von jenen, die er für solche hält (Chaetopoden), und ordnet sie seiner zweiten Ordnung der Würmer, den Apoda, bei. Innerhalb dieser errichtet er für die Nemertinen die besondere Unter- ordnung „Cestoidina“, welche nur Nemertinen enthält. Johnston (1846, No. 55) fasst die Nemertinen als planarienartige Würmer auf. Er stellt sie der Familie Planariadae zu, deren eine Unter- familie Lininae die Nemertinen, deren andere Planarinae Turbellarien enthält. Eine Stellung, welche der Auffassung von F. S. Leuckart entspricht, gab Siebold (1548, No. 61) den Nemertinen in seinem bekannten Lehr- buch. Er theilt die Ringelwürmer ein in I. Ord. Apodes, 11. Ord. Chaeto- podes und rechnet zur I. Ordnung die Nemertinen und Hirudineen. Hier sehen wir die Nemertinen aus der Gemeinschaft der Planarien völlig herausgelöst inmitten der Ringelwürmer, an die ihre innere Organi- sation in manchen Zügen ja auch stark erinnert. Quatrefages (1846, No. 54) rechnet die Nemertinen zu den Tur- bellarien, dagegen stellt er jene als „TZurbellaries dioiques‘‘ den echten Turbellarien — „Zurbellaries monoiques“ — gegenüber. Dagegen will Blanchard (1849, No. 65) die Nemertinen nicht in Gemeinschaft mit irgend einer Gruppe der Würmer wissen, sondern schlägt vor, sie als Aplocoela selbständig im Kreise der Würmer aufzuführen. Diesing (1850, No. 65) rechnet die Nemertinen zu den Turbellarien. Ebendahin stellen sie auch Max Schultze (1851, No. 71) und van Beneden (1861, No. 96). Letzterer stellt, sich an Quatrefages anlehnend, die Nemertinen als Zeretularies den Planarien gegenüber; jene sind diöeische, diese monöeische Turbellarien. Keferstein folet (1562, No. 97) nach. In neuerer Zeit neigen sowohl Me Intosh (1873/74, No. 125) als auch Hubrecht (1874—1887, No. 152, 154, 170, 204) dahin, die Nemer- tinen als Verwandte der Anneliden zu betrachten. Beide Autoren lösen sie aus den Turbellarien heraus und fassen sie als eine den Anneliden nahestehende Gruppe auf. Joubin (1590, No. 215) indessen scheint sie eher für den Turbel- larien nahestehend zu halten. ks kann uns nicht wundern, dass die geringe Uebereinstimmung, welche bis in die neueste Zeit bei den Zoologen hinsichtlich der syste- matischen Stellung der Nemertinen herrscht, uns auch in den Lehr- büchern der Zoologie entgegentritt. In einigen derselben machen sich übrigens durchaus originelle Anschauungen geltend. Da, wo wir die gebräuchliche Eintheilung der Würmer in Plathel- minthen, Nemathelminthen und Anneliden vorfinden, sehen wir die Nemertinen am Ende der Plathelminthen von den Turbellarien getrennt Entwickelung der systematischen Stellung. 1) und mit diesen als gleichartige Ordnung aufgeführt (Claus*), Vogt und Yung (No. 197), R. Hertwig”*)) oder mit den Turbellarien vereinigt und als Unterordnung dieser behandelt (Hayek***)). Im letzteren Falle constatiren wir also einen Standpunkt, welcher von dem Quatrefaxes’ oder M. Schultze’s nicht abweicht, im ersteren hingegen drückt sich die Anerkennung einer besonderen, von den Turbellarien gesonderten Stellung aus, die aus der Würdieung der Fortschritte resultirt, welche in der Er- kenntniss der Nemertinenorganisation besonders durch Me Intosh, v. Graff, v. Kennel und Hubrecht gemacht wurden. Freilich finden wir den Wunsch einer engeren Verknüpfung mit den Anneliden abgelehnt. Diesem ist in Lang’sy) vergleichender Anatomie Rechnung < tragen, wo die Nemertinen aus der Gesellschaft der Plattwürmer heraus- genommen und in die der Nematoden, Anneliden, Brachiopoden, Rota- torien und Chaetognathen eingeführt werden, welche insgesammt als vierter Stamm des Thierreichs ‚Vermes“ dem dritten Stamm ,Plathelminthes“ Plattwürmer, gegenübergestellt sind. In noch anderer Gesellschaft finden wir die Nemertinen bei Hatschek77), wo sie den Autoscoleciden (= Protonephridozoa) angehängt sind. Den Stamm dieser bilden die Platoden, Rotiferen, Endoprocten und Nematoden. Ihnen stehen die Aposcoleciden (= Metanephridozo«) gegenüber, welche die Anneliden, Arthropoden, Molluscoiden und Mol- lusken in sich begreifen. Wir sehen die Nemertinen also wiederum den Turbellarien zugeschoben. Nach eingehendem Vergleich der Organisation der Nemertinen mit den Turbellarien und Anneliden bin ich in meiner Monographie zu dem Ergebniss gekommen, dass die Nemertinen den Turbellarien am nächsten verwandt sind. Ich anerkannte also die Auffassung der älteren Forscher. Meine Gründe hierfür werde ich im systematischen Theile dieses Buches niederlegen. Ich plädire also dafür, die Nemertinen den Platyhelminthen zuzu- rechnen und sie hier als eine den Turbellarien gleichwerthige Ordnung aufzuführen. Ich bin der Ansicht, dass die Nemertinen von den Turbellarien ab- stammen, freilich nicht solchen, wie heute leben, sondern den Ahnen unserer Turbellarienfauna. Turbellarien und Nemertinen werden eine gemeinsame Wurzel besitzen, von der sich die Nemertinen abzweigten, ehe der einfache in den Nemertinen erhaltene Geschlechtsapparat die für die Turbellarien typischen Complicationen erfahren hatte. ’e- *) Marburg 1885. — **) Jena 1892. — ***) Wien 1877. — 7) Jena 1888. — ff) Jena 1891. 10 Historischer Ueberblick. CGestoden Nemertinen Trematoden Platyhelminthen Turbellarien YA Urturbellarien 4. Classifieation. 50 lange Nemertinen und Turbellarien in engster Gemeinschaft mit einander abgehandelt worden sind, ist eine Trennung derselben keines- wegs durch eine etwa versuchte Eintheilung innerhalb der Turbellarien und Nemertinen (und häufig auch noch andere Würmer) einschliessenden Gesammtgruppe erzielt. Werden Unterordnungen oder selbst Familien geschaffen, so finden wir in ihnen meistens Strudel- und Schnurwürmer vereinigt. Das hatten die Organisationserscheinungen im Gefolge, welche die Forscher Anfang unseres Jahrhunderts als systematische Criterien ver- wertheten. Von einem System speciell der Nemertinen kann daher erst die Rede sein, nachdem man in der Erkenntniss der Charaktere der niederen Würmer und in der Sonderheit der Turbellarien und Nemertinen so weit vorgeschritten war, dass man letztere consequent auseinander zu halten vermochte, und auch nunmehr davor bewahrt blieb, die Schnur- würmer mit anderen Würmern, z. B. Nematoden zusammenzuwerfen. Das ist aber erst seit Johnston 1837 und durchgehends seit Oersted’s (1544) für seine Zeit vorzüglichem Entwurf einer’systematischen Eintheilung der Plattwürmer der Fall (No. 47). Öersted theilt die Nemertinen, welche er als besondere Unter- ordnung seiner 2. Ordnung der Würmer „Apoda‘“ hinstellt, in zwei Familien ein: 1) Nemertina. Mund subterminal ventral, Anus terminal. 2) Amphiporina. Jede der beiden Darmöffnungen terminal und einander entgegengesetzt. Mit dieser Eintheilung hat Oersted — unbewusst, wie wir aus der Vertheilung der Nemertinengenera auf die beiden Familien ersehen — einen glücklichen Griff gethan, denn es umfasst die 1. Familie alle un- bewafineten, die 2. alle Waffen führenden Formen. Freilich Oersted stellt letztere auch in grosser Zahl zur Fam. Nemertina, ein Beweis wie mangelhaft auch seine anatomischen Kenntnisse von den Nemertinen noch waren. Eine eingehendere und auf anderen Merkmalen basirende Eintheilung brachte Diesing 1850 in seinem bekannten Systema Helminthum (No. 65). Classification. 11 Er theilt die „Nemertinea“, die er übrigens von anderen Würmern scheidet, indem er sie in einem besonderen tribus vereinigt, in vier Ord- nungen ein: 1) Holocephala. Caput nee lobis, nee plica, nee fissuris instructum. 2) Lobocephala. Caput lobis duobus. 3) Ptichocephala. Gaput plica transversa terminali subbilabiatum. 4) Rhagadocephala. Caputis fissurae (respiratoria?) 1 aut 2 bis 3 oppositae. In den Ordnungen gruppirt Diesing nach An- und Abwesenheit der Augen. Diese Eintheilung kann keinen Anspruch darauf machen, auch nur annähernd die Nemertinen nach ihrer Verwandtschaft geordnet zu haben. So finden wir z. B. in der 1. Ordnung Angehörige der Gattungen Eupolia, Valeneinia, Cephalothrix, Eunemertes u. s. w. vereinigt, also Repräsentanten der Hetero-, Meso- und Metanemertinen. Auch in Diesing’s 12 Jahre später erschienenen „Revision der Tur- bellarien“ (No. 98) bilden die Nemertinen als „Irhynchocoela“ eine be- sondere Gruppe der Turbellarien (und zwar der rhabdocölen), in die indessen diesmal einige Turbellarien gerathen sind. Nunmehr werden die Nemertinen (= Rhynchocoea) in zwei Ord- nungen eingetheilt. 1) Rhynchocoela «aporocephala. Cephalopori nulli. — Androgyna v. sexus discreti. 2) Ihynchocoela porocephala. Cephaloporus unieus aut 2 vel 4 oppositi, rarius 2 juxta positi; Sexus discretus. Jede dieser beiden Ordnungen, von denen dasselbe gilt wie von den früher aufgestellten, zerfallen in eine grössere Anzahl von Familien, die ebenfalls Diesing nach Merkmalen geschaffen hat, die uns ihrer Dis- cussion entheben. Der früheren Eintheilung Diesing’s ist eine von Schmarda 1857 (No. 95) gegebene ähnlich, was schon Keferstein (No. 97) hervorgehoben hat; denn auch Schmarda legt Gewicht auf die Kopflappen und Kopf- spalten und ferner auf Zahl und Stellung der Augen. Nemertinea. A. Abranchiata. Organa respiratoria distineta nulla. a. Holocephala. Caput integrum. b. Lobocephala. Caput dobis duobus. B. Rhochmobranchiata. Organa respiratoria fissiforma. a. Monobranchiata. Caput fissura unieca transversa terminali. b. Dibranchiata. Fissurae duae. c. Tetrabranchiata. Fissurae quatuor. Im Grossen und Ganzen enthält A. Metanemertinen, B. Hetero- und Protonemertinen. Indessen ist eine reinliche Scheidung nirgends erzielt worden. 12 Historischer Ueberblick. Einen wesentlichen Fortschritt verdankt die Systematik der Nemer- tinen M. 5. Schultze 18551 und 1852 (No. 71 und 76). Schultze theilt folgendermaassen ein: Classis Turbellaria. 1) Subelassis Aprocta. 1) Ordo Dendrocoela. 2) ,„ Fehabdocoelu. 2) Subelassis Proctucha. 1) Ordo Arhynchia. 2) ,„, Zehymchocoela (Nemertina). „Nemertinen sind diejenigen Turbellarien, welche einen geraden Darm mit After und einen hervorstreckbaren oft bewaffneten Rüssel haben.“ Sie sind in zwei Unterordnungen zu zerlegen, nämlich: Anopla: Rüssel ohne Stilet. Die vorderen Ganglien verbinden sich mit ihren vorderen lang aus- gezogenen Enden zu der schmalen Rückencommissur. Der Seitennerven- strang entsteht jederseits aus der vorderen Portion der hinteren Ganglien, während die hinteren Enden dieser letzteren abgerundet enden. Die jauchecommissur wird von beiden Ganglien gemeinschaftlich gebildet. Jederseits am Kopfe eine grosse, manchmal sehr flache Längsfurche, an deren hinterem Ende ein kleines Wimpergrübchen liest. Enopla: Rüssel mit Stilet. Die vorderen Ganglien enden vorn abgerundet, die Rückeneommissur liegt als schmale Binde zwischen den hückenflächen dieser Ganglien. Der Seitennervenstrang erscheint jederseits als Fortsetzung der ganzen hinteren Ganglien. Die Baucheommissur wird von beiden Ganglien ge- meinschaftlich gebildet. Die grossen Längsfurchen des Kopfes fehlen. Die Wimpergrübehen sind vorhanden. Die Eintheilung Schultze’s ist ohne Zweifel ein sehr glücklicher Griff gewesen, denn es ist das Haupteriterium derselben, der Besitz der Stilete bei den Angehörigen der einen Ordnung und ihr Fehlen bei denen der anderen ein beinahe durchgreifendes. In den vierzig Jahren, welche verflossen sind, seitdem Schultze seine Rintheilung veröffentlichte, hat man nur zwei oder drei Nemertinen (Malacobdella, Pelagonemertes und Nectonemertes?) kennen gelernt, welche, trotzdem ihnen die Stilete fehlen, ihrer Organisation nach zu den Enopla zu rechnen sind. Eine Anople aber, deren Rüssel mit Stileten bewaffnet ist, giebt es, soweit die Er- fahrung bis heute reicht, nicht. Uebrigens ist hier der Ort, hervorzuheben, dass G. Johnston 1837 (No. 37) der erste war, welcher darauf aufmerksam machte, dass ein Theil der Nemertinen Stilete im Rüssel besitze, ein anderer indessen nicht, und auch diese Erscheinung bereits systematisch verwerthete. Die Eintheilung von M. 8. Schultze ist in der Folge allgemein adoptirt worden. Classification. 13 Einer der ersten, welcher sich ihr anschloss, war Keferstein. Der- selbe unterschied ausserdem in jeder Unterordnung Familien oder Gruppen, in deren Charakteristik wie bei Diesing und Schmarda die Lappen- bildung am Kopfe und die dort auftretenden Spalten und Furchen die Hauptrolle spielen. Subordo I. Nemertinea enopla. Fam. 1. Tremacephalidae. Die Kopfspalten sind kurz, in die Quere eerichtet oder trichterförmig. Am Gehirn sind die oberen Ganglien wenig nach hinten verlängert und lassen die unteren fast ganz frei. Die Seiten- nerven entspringen vom hinteren Ende der unteren Ganglien, als all- mähliche Verjüngungen derselben. a. Ohne Lappenbildung vorn am Kopf. b. Mit Lappenbildung vorn am Kopf. Subordo II. Nemertinea anopla. Fam. 2. Rhochmocephalidae. Die Kopfspalten sind lang und nehmen die ganze Seite oder doch den vorderen Theil derselben des Kopfes ein. Am Gehirn deckt das obere Ganglion das untere völlig und die Seiten- nerven entspringen aus den Seiten der unteren Ganglien vor deren hinteren, zugespitzten Enden. a. Ohne Lappenbildung vorn am Kopf. b. Mit Lappenbildung vorn am Kopf. Fam. 3. Gymmnocephalidae. Die Kopfspalten fehlen ganz. Das Gehirn ist ähnlich dem der Poliaden, aber die oberen Ganglien decken die unteren noch viel weniger; die Seitennerven entstehen aus der ganzen hinteren Seite der unteren Ganglien, als eine allmähliche Verjüngung derselben. Wie Vaillant später 1893 (No. 237) ganz richtig hervorgehoben hat (s. unten), decken sich Hubreeht’s Nemertinen-Ordnungen mit den drei von Keferstein aufgestellten Familien. Indessen ist es Kefer- stein nicht gelungen, die ihm bekannten und von ihm berücksichtigten Nemertinen-Gattungen in richtiger Weise auf seine drei Familien zu ver- theilen. Keferstein hat sogar nicht einmal bewaflnete und unbewaffnete Formen zu sondern vermocht. Auch Me Intosh 1873, 1874 (No. 125), der verdienstvolle Mono- oraph der britischen Nemertinen, unterschied die beiden Unterordnungen Schultze’s. Innerhalb dieser aber stellt er Familien und Unterfamilien auf, deren Merkmale derart gewählt sind, dass wir nun zum ersten Male eine natürliche Gruppirung der Nemertinen — soweit es die Eintheilung in Anopla und Enopla zuliess! — vorfinden. Enopla. Fam. 1. Amphiporidae. — Ganglia rather rounded. Lateral nerves within the museular layers of the body-wall. Mouth opening in front of the ganglionie commissures. A. Subfamily Amphiporinae. Proboseis proportionally large: Amphi- porus, Tetrastemma, Prosorhochmus. B. Subfamily Nemertinae. Proboseis proportionally small: Nemertes. 14 Historischer Ueberblick. Anopla. Fam. 2. Lineidae. — Ganglia elongated. Muscular layers of the body-wall three in number, viz. external longitudinal, eircular, and internal longitudinal. Proboscis furnished with five coats, viz. external elastic, longitudinal and accessory bands, eircular, basement and glandular layers. Snout with a deep lateral fissure on each side: Lineus, Borlasia, Cere- bratulus, Mierura, Meckelia. 2 Fam. 3. Carinellidae. — Lateral nerves placed between the basement- layer of the eutis and the external (eircular) museular coat of the body- wall, or in the substance of the longitudinal layer close to the eircular. There are only two muscular coats. The proboscis has four layers, viz. external elastie, circular, longitudinal and glandular: Carinella, Valereinia. Fam. 4. Cephalothrieidae. — Commissures of the ganglia separated by a distinet antero-posterior interval. Lateral nerves placed between the longitudinal museular coat and an isolated inner band of fibres. Pro- boseis has an external circular (or elastic), an internal longitudinal, and a glandular layer supplied with acieular papillae: Oephalothrix. Diese Eintheilung ist im Verein mit der von Schultze bis auf heute grundlegend „geblieben. Freilich wurde sie schon wenige Jahre später von Hubrecht wesentlich abgeändert und erweitert. Hubrecht theilte nämlich 1879 (No. 154) die Nemertinen in drei Ordnungen ein. I. Palaeonemertini. No deep lateral fissure on the side of the head. No stylet in the proboseis. Mouth behind the ganglia: Gen. Cephalothrix, Carinella, Valeneinia, Polia. II. Sehizonemertini. A deep longitudinal lateral fissure on each side of the head, from the bottom of which a ciliated duct leads into the posterior lobe of the ganglion. Lateral nerves between the longi- tudinal and inner eircular museular coat of the body-wall. Neryous tissue deeply tinged with haemoglobine. Mouth behind the ganglia. Gen. Lineus, Dorlasia, Cerebratulus, Langia. ® Ill. Hoplonemertini. One or more stylets in the proboseis. Mouth generally situated before the ganglia. Lateral nerves inside the museular coats of the body-wall. No deep longitudinal fissures on each side of the head: Gen. Amphiporus, Drepanophorus, Tetrastemma, Prosorhochmus, Oerstedia, Nemertes. Hubrecht’s Eintheilung ist eine Modification von M. S. Schultze’s, denn seine Hoplonemertinen sind identisch mit den Enopla und die Anopla wurden von ihm in die Paläo- und Schizonemertinen zerlegt. Classification. 15 Man vergleiche: Max Schultze: Hubrecht: Palaeonemertini Anopla | ohne Kopfspalten ohne Waffen | Schizonemertini mit Kopfspalten Enopla mit Waffen Hubrecht hielt an den von Me Intosh aufgestellten Familien fest und fügte noch drei neue hinzu. Dieselben ordnen sich in dem neuen System in folgender Weise an: I. Palaeonemertini Hubr. Fam. 1. Cephalothricidae Me Int. „2. Carinellidae Me Int. „ 3. Valeneciniaidae Hubr. Nerves just within the muscles of the body-wall, separated from the epiderm by only a thin layer. No cephalic furrows or fissures, but a smale opening on each side of the head leading by a eiliated duct into the posterior lobe of the ganglion. Fam. 4. Poliaidae Hubr. Lateral nerves within the muscles of the body-wall. A pair of posterior lobes to the ganglion are coalesced with the inner and hinder surface of the posterior lobes. II. Sehizonemertini Hubr. Fam. 5. Lineidae Me Int. „ 6. Langiaidae Hubr. The margins of the body are slightly frilled and lapped up over the back, which takes the aspeet of a partly closed tube from the head to the tail. Internally the nerve-trunks lie more above the intestine than beside it. Ill. Hoplonemertini. Fam. 7. Amphiporidae Me Int. „8. Tetrastemmidae Hubr. Eyes four. NRespiratory grooves not branched. Respiratory lobe of the ganglion apparently in regressive metamorphosis. Fam. 9. Nemertidae Me Int. Hubrecht’s System ist in der Folge fast allgemein angewandt worden und hat sich auch in die neuesten Lehrbücher der Zoologie ein- gebürgert. Für das Schultze-Keferstein’sche ist Vaillant 1893 (No. 257) von neuem eingetreten. Er hat die Charaktere der drei Familien wesent- lich den modernen Kenntnissen entsprechend erweitert und als 4. die von Moseley 1875 (No. 138) aufgestellte Familie Pelagonemertidae hinzugefügt. Ich begnüge mich mit der Wiedergabe eines von Vaillant dar- stellten Schlüssels: — Hoplonemertini. 16 Historischer Ueberblick. Ordo Teretularia (= Nemertini excel. Malacobdella) *). Sous-Ördres Familles. armee Enopla. . . . . 1. Tremacephalidae. simple ou ä [ avee 2 longues fentes latera- lobes courts; | 168 II. Rrhochmocephalidae. Trompe inerme Anopla vers rampant £ « Tube sur le sol. sans fentes laterales ENDE Tete Ill. Gymmnocephalidae dieestiv . Gymmocephalidae. dendrocoelien; vers pelagiques IV. Pelagonemertidae. Gegen die Eintheiluug Hubrecht’s habe ich bereits 1390 (No. 217) eeltend gemacht, dass das Hauptunterscheidungsmerkmal von Paläo- und Schizonemertinen, das Fehlen und der Besitz von Kopfspalten, kein canz sicheres ist, da es Eupolien mit kopfspaltenartigen Bildungen giebt, hingegen bei manchen Lineen die Kopfspalten fast gar nicht ausgebildet sind, und später 1895 (No. 256) hinzugefügt, dass mit der Ausbildung der Kopfspalten oder ihrem Mangel nicht einmal eine Umgestaltung des doch unmittelbar beeinflussten Organes, nämlich des Cerebralorgänes, Hand in Hand geht, geschweige eine wesentliche Modification der Gesammtorgani- sation der einen oder anderen Ordnung Hubrecht’s, in welche er die Anopla zerlegte. Es drängt sich uns die Vermuthung auf, dass die Kopfspalten spät erworbene Producte specieller Anpassung sind. Wie ich bereits früher 1890 (No. 217) betont habe, ist aber die Or- oanisation von Eupolia und, wie ich später hinzusetzen durfte, auch die von Valeneinia derjenigen der Angehörigen der Schizonemertinen im höchsten Maasse ähnlich. Was diese beiden Gattungen von den Schizo- nemertinen trennt, ist allein der Bau der Rüsselwandung. Von Cephalo- thrix und Carinella aber unterscheiden sie sich dureh den verschiedenen Bau der Körperwand, die höchst charakteristische Lagerung gewisser Or- eane und den Bau aller Organe und Örgansysteme sowie endlich durch den Mangel und das Auftreten gewisser Organe. Es vermochte sich denn auch Hubrecht nicht auf die Dauer über die wenig natürliche Zusammenstellung seiner 1. Ordnung hinweg zu täuschen. Bereits in einer Note vom Jahre 1880 (No. 162), welche uns mit ein Paar neuen Nemertinenarten bekannt machte, giebt Hubrecht zu, dass der Zusammenhang seiner Paläonemertinen nicht so geschlossen ist wie derjenige seiner Schizonemertinen, indem zwischen Cephalothriz und Carinella einerseits und Fupolia und Valeneinia andererseits ein Zu- ‘) Für Malacobdella ist die besondere Ordnung Bdellomorphae aufgestellt, welche zwischen Ordo IZirudines und Ordo Teretularia eingeschaltet worden ist. Olassıfication. 17 sammenhang, wie ihn die Gemeinschaft in ein und derselben Ordnung erfordert, nicht besteht. Es bleibt noch hinzuzufügen, dass die Verwandtschaft von Cephalothrix mit den Hoplonemertinen annähernd eben so gross ist wie mit Carinella. So gelangte ich denn zu dem Resultate, dass die Ordnung der Paläo- nemertinen Hubrecht’s zerfallen müsse. Sie ist aufzulösen, und KEupolia und Valeneinia sind den Schizo- nemertinen zuzugesellen, für Carinella aber und Cephalothrix wäre nicht eine gemeinsame Ordnung, sondern für jede Gattung eine besondere zu schaffen. Unter Berücksichtigung verschiedener, inzwischen noch bekannt ge- wordener Gattungen stellte ich 1892 (No. 226) ein neues System auf, welches 1895 (No. 256) folgende Gestaltung erhalten hat: Nemertini. Ord. I. Protonemertini Bürg. Gehirn und Seitenstämme liegen ausserhalb des Hautmuskelschlauchs im Epithel oder unter der Grund- schicht. Körperwand besteht aus Epithel, Grundschicht, Ring- und Längs- muskelschicht. Zwischen letzteren häufig Diagonalmuskelschicht. Mund- öffnung hinter dem Gehirn. Ohne Blinddarm und Stiletapparat. 1) Fam. Carinellidae Me Int. Cerebralorgane liegen epithelial. Ohne kückengefäss. Meist ohne Darmtaschen. Gen. Carinina, Carinella. 2) Fam. Hubrechtidae Bürg. Gerebralorgane liegen innerhalb der Körperwand. Mit Rückengefäss und Darmtaschen. Gen. Hubrechtia. Ord. II. Mesonemertini Bürg. Gehirn und Seitenstämme sind in den Hautmuskelschlauch eingeschlossen. Körperwand wie bei Ord. 1. Desgleichen die übrigen Charaktere. 3) Fam. Cephalothrieidae Me Int. Seitenstämme sind in die Längs- muskelschicht eingeschlossen. Ohne Gerebralorgane, Kopffurchen und Spalten. Gen. OCarinoma, Cephalothrix. Ord. III. Metanemertini Bürg. Gehirn und Seitenstämme liegen innerhalb des Hautmuskelschlauchs im Leibesparenchym. Körperwand wie bei Ord. I. Mundöffnung vor dem Gehirn. Mit Blinddarm und Stiletapparat. A. Prorhynchocoelomia Bürg. Körper lang und dünn, Rüssel kurz. Rhynechocölom niemals bis in das hintere Körperdrittel verlängert und meist auf das vordere beschränkt. 4) Fam. Eunemertidae = (Nemertinae Mc Int.). Meist viele kleine Augen, selten nur vier. Ohne Otolithen. Nur mit einem An- griffsstilet. (zen. Eunemertes, Nemertopsis. 5) Fam. Ototyphlonemertidae Bürg. Ohne Augen. Mit Otolithen. (en. Ototyphlonemertes. | 3ronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. Y 18 Historischer Ueberblick. B. Holorhynchocoelomia Bürg. Körper meist kurz und gedrungen. küssel mindestens so lang als der Körper. Ihynchocölom stets bis in das hintere Drittel des Körpers und meist bis zum After reichend. 6) Fam. Prosorhochmidae Bürg. Körper ziemlich lang und schlank. Mit vier Augen. Cerebralorgane sehr klein und vor dem Gehirn ge- legen. Meist Zwitter. Kopfdrüse colossal entwickelt. (en. Prosorhochmus, Prosadenoporus, (reonemertes. 7) Fam. Amphiporidae Me Int. Körper in der Regel kurz und dick. Meist mit sehr vielen Augen. Üerebralorgane gross, vor, neben oder hinter dem Gehirn gelegen. Blinddarm mit langen, weit nach vorn sich erstreckenden Taschen. Kopfdrüse nicht auf- fallend entwickelt. Gen. Amphiporus, Drepanophorus. 5) Fam. Tetrastemmatidae Hubr. Körper meist sehr kurz und schlank. Mit vier Augen. Cerebralorgane gross und stets vor dem Gehirn gelegen. Am Blinddarm fehlen nach vorne ausgestülpte Taschen. Kopfdrüsen nicht auffallend entwickelt. Gen. Tetrastemma, Oerstedia. 9) Fam. Nectonemertidae Verrill. Tiefseebewohner. Schwanzende zu einer horizontalen Flosse verbreitert. Theilweise mit faden- förmigen Anhängen am Körper. Mit Rückengefäss. (en. Nectonemertes, Hyalonemertes. 10) Fam. Pelagonemertidae Moseley. Tiefseebewohner. Körper blattförmig; transparent. Ohne Rückengefäss und Stiletapparat. Gen. Pelagonemertes. 11) Fam. Malacobdellidae v. Kennel. Parasiten. Darm ohne Taschen und geschlängelt.e. Ohne Waffenapparat. Mit Saugscheibe am hinteren Ende. (ren. Malacobdella. Ord. IV. Heteronemertini Bürg. Gehirn und Seitenstämme sind in den Hautmuskelschlauch eingeschlossen. Körperwand besteht aus Epithel, Cutis, äusserer Längs-, Ring- und innerer Längsmuskelschicht. Seitenstämme verlaufen zwischen äusserer Längs- und Ringmuskelschicht. Zwischen letzteren mitunter auch Diagonalmuskelschicht. Uebrige Charak- tere wie bei Ord. I. 12) Fam. Eupolidae Hubr. Ohne horizontale Kopfspalten. Rüssel- muskelschlauch zweischichtig und ohne Muskelfaserkreuz. Gen. Eupolia, Poliopsis, Valeneinia. 13) Fam. Lineidae Me Int. Mit horizontalen Kopfspalten. Küssel- muskelschlauch dreischichtig mit Muskelfaserkreuzen. A. Amicrurae Bürg. Ohne Schwänzchen. (ren. Lineus. Euborlasia. B. Micurae Bürg. Mit Schwänzchen. (en. Micura, Cerebratulus, Langia. Olassification. 19 Wie aus der vorangehenden Uebersicht meines auch in diesem Buche zur Anwendung kommenden Systems hervorgeht, habe ich den Haupt- werth auf die Zusammensetzung der Körperwand und die Lage der Seiten- stämme, die bei den Nemertinen eine sehr mannigfaltige ist, gelegt. Nach der Zusammensetzung der Körperwand und insbesondere des Haut- muskelschlauchs müssen wir die Nemertinen in zwei Gruppen sondern. Wir eonstatiren alsdann, dass in der einen (A) die Lage der Seitenstämme eine sehr verschiedene ist, während sie in der anderen sich gleich bleibt (B). A. 1) Carinina, die Seitenstäimme sind epithelial ge- legen. Die Seitenstämme sind zwischen Haut und Hautmuskelschlauch eingeschlossen, aber sie liegen ausserhalb der Ringmusculatur des letzteren. 2) Carinella Hu- | brechtia. Ohne Cutis. | Der Hautmuskel- schlauch ist zwei- schichtig. | Die Seitenstämme sind in den Hautmuskelschlauch, und zwar in seine (innere) Längsmuskel- schicht eingebettet, liegen also innerhalb d. Ringmuskelschicht. 4) Hoplonemertini (Die Seitenstiämme liegen inner- Hubr. | halb des Hautmuskelschlauchs. B. Mit Cutis. Der Hant-| Eupolia = Polio), |Die Seitenstämme liegen im Haut- muskelschlauch < YValencinia u. Schizo-£ muskelschlauch, aber ausserhalb ist dreischichtig. ee Hubr. | der Ringmuseculatur desselben. 5) Carinoma Üe- phalothrizx. Zu A. gehören ein Theil der Paläo- und alle Hoplonemertinen, zu B der Rest der Paläo- und alle Schizonemertinen. Die Sonderung der Nemertinen nach der Zusammensetzung der Körperwand in zwei Gruppen wird dadurch gerechtfertigt, dass die Formen der einen und anderen auch in ihrer übrigen Organisation unter einander die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen verrathen. Insbesondere erweist sich der Formenkreis B als ein überaus abgeschlossener. Seine Gattungen, denen wohl die Hälfte aller bisher bekannten Nemertinenarten angehört, charakterisirt eine auffallende Uebereinstimmung fast aller Ver- hältnisse. Letzteres ist in der Abtheilung A nicht der Fall. Die erheblichste Divergenz zeigt sich in ihr in der verschiedenartigen Lage der Seiten- stämme. Dieselbe lässt uns vier Gruppen unterscheiden. Besonders auffallend ist aber die Erscheinung, dass uns der Formenkreis, welcher B zusammensetzt, die Seitenstämme wie auf einer Wanderung vorführt. In 1 liegen sie epithelial, in 2 unter der Grundschicht, in 3 inter- und in 4 intramuseulär! (Vgl. Fig. 1). 9% 20 Historischer Ueberbhlick. Bedenken wir nun, dass bei niederen Thieren das Nervensystem epithelial gelagert ist und dasselbe auch bei den Nemertinen aus dem Eetoderm entsteht (vgl. No. 187,200 und 241), so ist es naheliegend, Oarinina an den Anfang der Formenreihe zu stellen und nachzuforschen, ob mit der oberflächlichen Lagerung des Nervensystems einfache Organisations- verhältnisse zusammentreffen und ob sich dieselben complieiren, sobald das Nervensystem mehr und mehr in die Tiefe rückt. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sich die Organisation derNemertinen complicirt in gleichem Grade, als sich die Seitenstämme tiefer in den Körper hineinsenken. Ein Vergleich der Gruppe 2 in A mit B lehrt ferner, was die Lagerung der Seitenstämme anbetrifft, dass dieselbe sich gleich ge- blieben ist und nur dadurch in B eine tiefere wurde, weil hier eine Cutis und vor allem eine äussere Längsmuskelschicht auftraten. Beides sind zweifellos spätere Erwerbungen, die, wie ebenfalls nachgewiesen wurde (vgl. No. 241), vom Ectoderm aus ihre Entwicklung nahmen. (Die übrigen Muskelschichten sind dagegen entodermalen Ursprungs.) Da nun aber die Formenreihe B insgesammt eine complieirte Organi- sation zeigt, werden wir weiter folgern müssen: Die Organisation der Nemertinen complicirte sich nicht allein während sich die Seitenstämme tiefer in den Körper hineinsenkten, sondern auch während sie vonaussen nach innen durch eineZunahme derKörperwand gerückt wurden. Ich meine, sowohl mit der activen als der passiven Fortbewegung der Seitenstämme aus ihrer oberflächlichen Lage in die Tiefe des Körpers eing eine Vervollkommnung aller Organsysteme, diejenige des Nerven- systems eingeschlossen, Hand in Hand. Die Berücksichtigung dieser Erscheinungen führte mieh zu der Auf- stellung eines neuen Systems, das, wie ich meine, der verwandtschaft- lichen Beziehung der Nemertinentypen zu einander gerecht wird. Ich wurde gezwungen, die Formenreihe A in drei Ordnungen zu zerlegen, von denen die der Metanemertinen der Ordnung Enopla von M. 5. Schultze (= Hoplonemertini Hubrecht) entspricht, obwohl ich den Besitz von Stileten als ein nebensächliches Criterium ansehe. Die vierte Ordnung musste die Formenreihe B bilden. Wenn wir annehmen, dass die verschiedenartige Lagerung der Seiten- stämme bei den Nemertinen dadurch hervorgerufen wurde, dass dieselben wanderten oder verschoben wurden, so ist es selbstverständlich, dass wir alle möglichen Stadien einer oberflächlichen oder tieferen Lagerung zwischen der epithelialen Lage und derjenigen im Leibesparenehym bei den Nemertinen erwarten dürfen. Es erscheint mir durchaus nicht unwahrscheinlich, dass wir noch einmal eine Reihe aus Nemertinenformen, die durch einen zweischichtigen Hautmuskelschlauch charakterisirt sind, zusammenstellen können, bei der wir die Seitenstämme 1) im Epithel, 2) zwischen Grundschicht und Haut- Anatomie und Histologie. >| e4 muskelschlauch, 3) inmitten der Ring-, 4) zwischen Ring- und Längs- muskelschicht, 5) in der Längsmuskelschicht, 6) im Leibesparenchym sehen; denn die Lagerungsverhältnisse von 1, 2, 5 und 6 sind nach- gewiesen worden. Zu den Nemertinen mit einem dreischichtigen Hautmuskelschlauch aber dürfen wir Formen erwarten, welche verschiedene Grade der Ent- wicklung der äusseren Längsmuskelschicht repräsentiren, und vielleicht auch auf solche gefasst sein, wo die Seitenstämme auch noch selbständig weiter nach innen gewandert, also beide Arten ihrer Fortbewegung vom Epithel eombinirt sind. — Bisher ist aber von solchen Formen nichts bekannt. 5. Anatomie und Histologie. Da ich beabsichtige, bei der Behandlung der Organsysteme sowohl im anatomisch-histologischen als auch im ontogenetischen Theile die ein- zelnen Abschnitte mit einer historischen Uebersicht einzuleiten, so be- gnüge ich mich damit, hier nur einen kurzen Ueberblick über die Fort- schritte unserer Kenntnisse vom Bau und der Entwieklung der Nemertinen zu geben. Das, was äusserlich an der Nemertine zu sehen ist, Mund-, Rüssel-, Afteröffnung und Kopfspalten, wurde bereits von den meisten der ältesten Forscher wahrgenommen. Die Schiehtung der Körperwand haben im Grossen und Ganzen schon Delle Chiaje (No. 25), H. Rathke (No. 42), Quatrefages (No. 54), Frey & Leuckart (No. 56), van Beneden (No. 96) und Keferstein (No. 97) richtig erkannt. Me Intosh (No. 125) berück- sichtigt bereits ihre feinere Zusammensetzung, welche in der Folge haupt- sächlich dureh die Untersuchungen von Hubrecht (No. 204), van Kennel (No. 146), v. Graff (No. 155), Dewoletzky (No. 169), Joubin (No. 215), Dendy (No. 230), Montgomery (No. 245 und 250) und Bürger (No. 217 und 256) bekannt geworden ist. Da es eine Anzahl von häufigen, ziemlich durehsichtigen Nemertinen giebt, so ist man auch auf die inneren Organe Rüssel, Darm, Blutgefässe, Nervensystem und Geschlechtssäcke frühzeitig aufmerksam geworden, hat sich in der Deutung dieser Gebilde aber den irrthümlichsten und wider- sprechendsten Ansichten hingegeben. Der Rüssel ist von Fabrieius (No. 12) entdeckt, aber für den Darm gehalten worden. Ein Gleiches geschah von Duges und Ehren- berg. Auch Quatrefages (No. 54), welcher den Rüssel sehr genau studirte, sieht in ihm den Darmtractus. Viel öfter ist aber der Rüssel als Geschlechtsorgan gedeutet worden. Das geschah von Davies (No. 20), F. S. Leuckart (No. 27), Huschke (No. 33) und Oersted (No. 47). Die richtige Erkenntniss ist durch Delle Chiaje (No. 25) und H. Rathke 1843 (No. 42) angebahnt worden. Letzterer hielt den Rüssel für ein Tastorgan. Völlig klar aber wurden die den Rüssel angehenden 22 Historischer Ueberblick. [7 Verhältnisse (also vornehmlich seine Unabhängigkeit von Darm und Geschlechtsorganen) erst durch die vorzüglichen Untersuchungen von Frey & Leuckart (No 56) gestellt, welche durch M. 8. Schultze (No. 71) und Keferstein (No. 97) befestigt worden sind. Der Darmtractus ist ebenfalls schon von Delle Chiaje (No. 25) richtig erkannt worden. Später wurde er vielfach übersehen und an seiner Stelle der Rüssel als Darm in Anspruch genommen. Erst in neuerer Zeit hat man die Beziehungen, welche thatsächlich mitunter zwischen Darm und Rüssel bestehen, klar erkannt, indem man feststellte, dass bei den meisten Metanemertinen Mund und Rüsselöffnung zusammenfallen, oder der Oesophagus sich in das Rhynchodaeum öffnet (vgl. No. 256). Als Entdecker des Gefässsystems der Nemertinen sind Delle Chiaje (1825, No. 25) und Duges 1830 (No. 32) zu bezeichnen. Ersterer fand es an dünnen, kleinen, durchsichtigen Metanemertinen. Der Werth ihrer Entdeckung ist freilich dadurch beeinträchtigt worden, dass sie das gesammte Centralnervensystem zum Gefässsystem rechneten. In den Gehirnganglien sahen sie Herzen. Darin folgte ihnen Oersted (No. 47) nach. H. Rathke 1343 (No. 42) gebührt das Verdienst, zwischen Nerven- system und Blutgefässen richtig unterschieden zu haben, und Quatrefages (No. 54) giebt in Wort und Bild die erste befriedigende Darstellung von beiden. Blanchard No. 62), M. S. Schultze (No. 71), Keferstein (No. 97) u. s. w. bestätigen jene und bauen sie weiter aus. Die Exeretionsgefässe hat M. S. Schultze 1851 (No. 71) zuerst gesehen und beschrieben. Ihre Existenz ist aber in der Folge von anderen Forschern geleugnet worden. Auch Me Intosh (No. 125) kennt sie in seiner berühmten Monographie nicht. Sie sind durch Semper 1376 (No. 145) zum zweiten Male entdeckt worden. Alsdann wurden sie ziemlich allgemein aufgefunden, so dass sie heute nur bei wenigen Formen in Abrede gestellt werden. Eine besondere Schwierigkeit bot es, nach- zuweisen, wie die Excretionsgefässe im Inneren des Körpers endigen. Oudemans 1885 (No. 194) glaubte gefunden zu haben, dass sie mit den Blutgefässen in offener Communication ständen, dagegen ist von mir 1391 (No. 222) bei marinen Formen nachgewiesen worden, dass die Ex- eretionsgefässe mit Wimperkölbehen enden, welche sich nur in die Wände der Blutgefässe hineinbohren. Die Endigung der Exceretionsgefässe mittels Wimperkölbehen ist vor mir von Silliman 1835 (No. 195) bei einer Süsswasser- und gleichzeitig mit mir von Dendy (No. 230) bei einer Landnemertine gefunden worden. Noch ziemlich spät finden wir in der Nemertinenlitteratur einen schwerwiegenden Irrthum, nämlich die Ansicht, dass die Nemertinen eine Leibeshöhle besitzen. Schreibt doch Keferstein 1862 (No. 97, p. 65), welcher im Uebrigen die Nemertinenorganisation in ihren Grundzügen richtig erkannt hat: „Die eben beschriebene äussere Bedeekung, welche aus der Körpermuseulatur und der äusseren Haut besteht, schliesst einen erossen Hohlraum ein, die Körperhöhle, welche allerdings von den ver- : Anatomie und Histologie. 95 schiedenen Organen fast ausgefüllt wird, nichtsdestoweniger jedoch stets bestehen bleibt. Die Eingeweide liegen hier also in einer Körperhöhle, nicht eingebettet in ein Körperparenehym.“ Diese Körperhöhle, in welcher schon Quatrefages (No. 54) eine Flüssigkeit mit körperlichen Ele- menten wahrnahm, die dann Keferstein genauer beschrieb, ist aber nichts anderes als das Rhynchocölom, dessen Ausdehnung Keferstein viel bedeutender erschien, als es der Wirklichkeit entspricht. Erst Me Intosh 1873/74 (No. 125) klärte diesen Irrthum endgültig auf. Das Centralnervensystem ist von Duges 1850 (No. 32) und Delle Chiaje 1825 (No. 25) zwar entdeckt, aber in seinen einzelnen Theilen als Herzen und Gefässe gedeutet worden. Erst H. Rathke 1543 (No. 42) fügte der richtigen Beschreibung die riehtige Deutung hinzu. Der Erforschung der feineren Verhältnisse ist besonders von Hubrecht und mir Rechnung getragen worden. Hubrecht (No. 164, 170 und 204) verdanken wir hauptsächlich die Kenntniss des peripheren Nervensystems, ich (No. 217, 225 und 256) habe mich vornehmlich der Histologie des gesammten Nervensystems zugewandt. Von den Sinnesorganen sind schon den ältesten Nemertinen- forschern die Augen bekannt gewesen. Ihr Bau indessen ist erst durch Hubrecht (No. 164), Joubin (No. 215) und mich (No. 217 und 256) näher bekannt geworden. Ferner haben die Kopfspalten und im Anschluss an sie die Cerebralorgane das Augenmerk der Forscher früh auf sich gelenkt. H. Rathke 1843 (No. 42), der die letzteren auffand, hält sie für Sinnes- organe, eine Ansicht, welche sich als die richtige endlich behauptet hat, nachdem viele Forscher sie wie die Kopfspalten als Respirationswerkzeuge gedeutet haben. Letztere Ansicht hat Hubrecht (No. 164) lebhaft ver- treten. Van Beneden (No. 96) glaubte in den Cerebralorganen Ex- eretionsorgane gefunden zu ‚haben. - Dass die Function der Cerebralorgane eine sensorische ist, haben vor allen Dingen die vorzüglichen histologischen Untersuchungen gelehrt, welche Dewoletzky 1836 (No. 202) an ihnen anstellte. Im Jahre 1590 (No. 217) fand ich noch ein Paar den Cerebralorganen verwandte Organe in der Nähe der Excretionsporen bei gewissen Carinellen. Ich nannte diese ebenfalls Sinnesorgane vorstellenden Apparate Seitenorgane. Von van Kennel (No. 146), Salensky (No. 157) und mir (No. 217 und 256) stammt hauptsächlich die Kenntniss eines terminal am Kopfe gelegenen Sinnesorganes, des Frontalorganes mit der dazu ‘gehörigen Kopfdrüse. Otolithen sind wohl gleichzeitig von du Plessis 1891 (No. 225) und mir 1891 (No. 220) entdeckt. Später constatirte sie auch Riches 1893 (No. 239). Eine eingehende Schilderung von ihrem Bau ist jüngst 1595 (No. 256) von mir gegeben worden. Die Gesehlechtsorgane sind vielfach völlig übersehen oder mit dem Rüssel in Verbindung gebracht worden. Das geschah z. B. von 24 Historischer Ueberblick. Oersted, Huschke, Quatrefages. Indessen hat sie H. Rathke bereits richtig erkannt. Auch Frei & Leuekart, M. S. Schultze, van Beneden und Keferstein haben die Irrthümer ihrer Vorgänger vermieden. M.S.Schultze (No. 71) beschrieb eine lebendig gebärende Nemertine. Bis zum Jahre 1565 hielt man die Nemertinen für streng diöeisch, ein Charakter, der vielfach in den Systemen den echten Turbellarien gegenüber betont worden ist. 1863 entdeckte Keferstein (No. 112) eine Zwitternemertine. Die Zahl dieser haben sich seitdem wesentlich gemehrt, 13594 machte uns Montgomery (No. 245 und 250) mit dem Vorkommen von protandrischem Hermaphroditismus bei Nemertinen bekannt. 6. Embryologie. Ueber Entstehung und Reifung der Geschlechtsproducte haben ausser Hubrecht, van Kennel, Montgomery und mir eingehender Sabatier 1833 (No. 177) und Lee 1887 (No. 203) gearbeitet. Sabatier aber mit orossem Misserfolg; er ist von Lee gründlich widerlegt worden. Von den verschiedenen Entwicklungsweisen der Nemertinen hat be- sonders die indirecte das Augenmerk der Forscher auf sich gezogen. Sie ist sogar eher bekannt geworden als die directe. Den einen Modus der indireeten Entwicklung hat Desor 1550 (No. 66) aufgefunden, indem er die Entwicklung des Eies von Lineus gesserensis (= obscurus) verfolgte und dabei die Entstehung einer Larve, die später nach ihm Desor’sche Larve genannt worden ist, entdeckte, aus der die Nemertine erst durch eine Metamorphose hervorgeht. Dieser Ent- wieklungsgang ist später von Barrois 1877 (No. 148) und Hubrecht 1585 (No. 192) eingehend studirt worden. Den anderen Modus fand Joh. Müller 1854 (No. 82) auf. Es ist derjenige durch das Pilidium. Wir kennen ihn am genauesten. Wir verdanken das Arbeiten von Leuckart & Pagenstecher 1858 (No. 85), Bütschli 1873 (No. 121), Fewkes 1883 (No. 183), Salensky 1886 (No. 200) und Bürger 1894 und 1895 (No. 241 und 256). Die direete Entwicklung haben Dieck 1874 (No. 126), Barrois 1877 (No. 148), Salensky 1884 (No. 187) und Bürger 1894 (No. 241) studirt. “. Litteratur. . Borlase, W., The natural history of Cornwall. Oxford 1758. p. 255, t. 26 f. 13. 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Manche Nemertinen sind drehrund wie ein Draht und dabei ausser- ordentlich dünn, so dass sie wie ein Gordius aussehen (Cephalothrix); andere besitzen einen walzenförmigen Körper von recht bedeutender Dicke (Euborlasia), und für viele Arten ist ein mehr oder minder zusammen- gedrückter charakteristisch. Im letzteren Fall ist der Rücken gewölbt, die Bauchfläche abgeplattet und es pflegen die Seitenränder als Längs- wülste hervorzutreten (Cerebratulus). Körperform. BB) Die Grösse ist ganz ausserordentlich verschieden. Es giebt solche, die zu den riesigsten Würmern, die überhaupt existiren, gerechnet werden müssen, und andere, welche nur wenige Millimeter lang werden. Die kleinsten sind 3—10 mm lang und nur den Bruchtheil eines Millimeters breit (Oerstedia), die grössten erreichen viele Meter. So hat Me Intosh häufig an den Küsten von Grossbritannien Exemplare von Lineus longissimus beobachtet, welche 2,5—9 mm in der Breite und 5—8 m in der Länge massen, und einmal ist diesem Forscher sogar eins auf- gefallen, das 27 m lang war. Verrill (No. 127, 237) beschreibt von der Ostküste Nordamerikas eine 3—5 m lange Art von Eunemertes, und von mir (257) sind tropische Eu- polien studirt worden, welche im Leben bis 3m lang gewesen sind. Soviel bisher die Erfahrung lehrt, sind die kalten Meere reicher an besonders langen Nemertinen als die warmen und heissen. Wir stützen uns vornehmlich auf einen Vergleich der Nemertinenfauna von Nordsee und Mittelmeer. Im Allgemeinen indessen sind meterlange Formen überall Seltenheiten. Die meisten Arten werden nur 2—20 cm lang und 1—5 mm breit, eine sehr geringe Anzahl erreicht 50—75 em. Es darf ferner behauptet werden, dass die unbewaffneten Nemertinen (— Proto-, Meso- und Heteronemertini) in der Länge weit hinter den be- wafineten (— Metanemertini) zurückbleiben. Von den bewaffneten sind im Allgemeinen die grössten nur so lang als die kleinsten unbewaffneten. Nur verschiedene Arten von Eumemertes machen bemerkenswerthe Ausnahmen. Verrill’s Beobachtungen führten wir schon an, ferner sammelte Goodsir (No. 49) Exemplare von E. gracilis, einer gewöhnlichen Mittelmeer- und Nordseeform, welche fast 1m lang waren, und ich selbst hatte öfters zu Neapel Gelegenheit, zwirnsfadendünne Exemplare von E. antonina zu sehen, die etwa '/, m erreicht hatten. Der Körper ist meistens sehr weich und schillert sammetartig. Nur bei wenigen Arten macht er einen derart starren Eindruck, als ob seine Decke mit einer Cutieula bekleidet wäre (Oerstedia, Carinella banyulensis). Trotzdem ist er keiner anderen bedeutenden Formveränderung fähig, als dass er sich stark in der Längsachse zu contrahiren vermag und seine Decke sich ringelt und runzelt. Sehr selten vermögen sich die Seiten- ränder lebhafter zu bewegen und zu kräuseln (Zangia). In der Regel sind keinerlei Anhänge vorhanden, seien es Tentakel, ‚Borsten oder irgend welche stummelartige Organe. Interessante Aus- nahmen sind Cephalothrixz galatheae, die nach Dieck (No. 126) ein finger- förmiges Greif- oder Haftorgan am Kopf besitzen soll, und Neetonemertes mirabilis, eine von Verrill (No. 237) entdeckte Metanemertine, welche am Vorderende ein Paar seitliche, fadenförmige Anhänge (,„Cirri*) aufweist (Taf. II, Fig. 6). Niemals ist die Körperdecke gegliedert. Wo dieses der Fall zu sein scheint, haben wir es mit einer Uebertragung der inneren, besonders auf der regelmässig alternirenden Anordnung von Darmtaschen und 3*+ 56 Allgemeine Körperbeschaffenheit. Geschlechtssäcken beruhenden Gliederung auf die elastische Körperdecke zu thun. Am Körper ist meistens ein Kopflappen und häufig ein Schwänz- chen (= Appendix) zu unterscheiden. Der Kopflappen, man bezeichnet ihn auch als Kopf, ist rad-, halbrad-, rauten-, herz-, spatelförmig oder lanzettlich (Taf. I, Fig. 2, 7 und 13; Taf. II, Fig. 4, 5, 7, 8, 13 und 14). Ein radförmiger Kopf kennzeichnet Eupolia, ein halbradförmiger in der Regel Carinella, rautenförmig ist er bei Hubrechtia, herzförmig bei vielen Metanemertinen und insbesondere bei Drepanophorus, spatelförmig zumeist bei Lineus und lanzettlich in der Regel bei Cerebratulus. Der Kopf ist mitunter völlig in den Vorderkörper einziehbar. Bei vielen Nemertinen ist übrigens ein Kopf nicht gegen den übrigen Körper abgesetzt. Hier verjüngt sich das Vorderende allmählich und sieht dem Hinterende oft zum Verwechseln ähnlich. Das gilt vor allem für die Mehrzahl der Metanemertinen (Taf. I, Fig. 1, 3, 4, 8, 11, 14). Ein Schwänzchen zeichnet nur eine Familie (Lineidae) der Hetero- nemertinen aus (Taf. I, Fig. 5). Dasselbe gleicht einer ziemlich dicken, weisslichen Borste und geht in das hintere Körperende oft ganz unvermittelt über, sodass es aussieht, als ob dieses in einen Stachel ausliefe. Das Schwänzehen wird in der Regel steif getragen, seltener hängt es schlaff herab. Gewöhnlich ist es 5—10 mm, seltener 15 mm lang. Die Nemertinen besitzen eine Mund- und After-, ferner eine Rüsselöffnung (Taf. II, Fie.1, 5 und 13). Bei einer Reihe von Gattungen fallen Mund- und Rüsselöffnung zusammen. Mund- und Rüsselöffnung sind getrennt bei den Proto-, Meso- und Heteronemertinen (Taf. IV, Fig. 1 und 2). Der Mund liegt hier stets hinter dem Kopflappen in der Mitte der Bauchfläche. Dringen wir in die Organisation tiefer ein, so constatiren wir, dass der Mund bei allen Ver- tretern der eben genannten Ordnungen sich hinter dem Gehirn befindet, und zwar in der Regel dient hinter ihm, sehr selten auffällig weit von ihm entfernt (Cephalothrix, Lineus lacteus). Der Mund bildet bei Carinella, Cephalothrix, Eupolia, Valeneinia nur ein kleines rundliches Loch, bei vielen Lineus- und Cerebratulus-Arten aber einen Längsschlitz, der gelegentlich über 1 cm lang ist. In diesem Falle pflegt der Mund von wulstigen Rändern umsäumt zu sein, die wir Lippen nennen. Mund- und Rüsselöffnung fallen in der Regel zusammen bei den Metanemertinen (Taf. IV, Fig. 4 und 6). Sind sie getrennt, so ist der Mund sehr nahe an die Kopfspitze und zwar stets vor das Gehirn ge- lagert (Taf. Il, Fig. 13). Die Rüsselöffnung, die bei den meisten Metanemertinen auch als Mundöffnung dient, befindet sich fast terminal an der Kopfspitze. Valeneinia, eine Heteronemertine, macht eine Ausnahme, indem die Körperform. 37 Rüsselöffnung hier weiter nach hinten, nämlich dicht vor das Gehirn ge- rückt ist (Taf. II, Fig. 5). Die Rüsselöffnuug ist immer überaus fein und gleicht einem Steck- nadelstiche. Der After stellt ebenfalls nur eine überaus feine Oeffnung vor und ist an der Spitze des hinteren Körperendes gelegen (Taf. II, Fig. 5). Eine eingehende Untersuchung hat für verschiedene Arten (z. B. Cerebratulus marginatus, eine Heteronemertine mit Schwänzehen, Malacobdella grossa, eine Metanemertine) ergeben, dass der After fast terminal dorsal ausmündet. Bei geschlechtsreifen Nemertinenindividuen sind Genitalporen vorhanden. Sie sind sehr klein und machen sich dem Auge zumeist als weisse Pünktchen bemerkbar. Gewöhnlich sind sie am Rücken in je einer seitlichen Reihe angeordnet, selten liegen sie jederseits zu mehreren nebeneinander. Bei allen Nemertinen mit,Ausnahme der Mesonemertinen und einigen Metanemertinen (Malacobdella, Pelagonemertes) kommen am Kopf Furchen und Schlitze vor. Beiderlei Bildungen pflegen einander auszuschliessen, diese sind den Lineiden und einigen Eupolien, jene den Proto- und Meta- nemertinen eigenthümlich. Die Furchen, welche wir ihrer Lage nach als Kopffurchen be- zeichnen, sind oberflächliche Hautbildungen. Man wird stets eine rechte und linke Furche unterscheiden. Die beiden Furchen, welche quer um den Körper sich spannen, treffen an der Ober- und Unterseite des Kopfes in der Medianebene fast zusammen. Sie sind seitlich am breitesten und ziehen sich nach oben und unten zu sehr fein aus. Die Furchen gewinnen ein kammartiges Aussehen, indem in regelmässigen Intervallen Riffe in sie hinein vorragen (Taf. II, Fig. 13 und 14). Bei manchen Metanemer- tinen kann man ein vorderes und hinteres Paar von Furchen unterscheiden. Die Schlitze — wir nennen sie Kopfspalten — stellen in der Regel horizontale Einschnitte am vordersten Körperende vor (also eventuell am Kopflappen), welche ganz in der Nähe der Rüsselöffnung ansetzen und bis zum Gehirn oder Munde nach hinten reichen. Sie werden nach hinten zu tiefer (Taf. II, Fig. 7 und 8). Sie sind mindestens 1,5 bis mehrere Millimeter und gelegentlich bis 15 mm lang. Ihre Tiefe ist eine wechselnde, am bedeutendsten ist sie dann, wenn sie bis auf die Gehirn- hülle einschneiden. Ihre äusseren Ränder pflegen meistens etwas zu klaffen. Uebrigens vermögen sich die Kopfspalten völlig zu Öffnen und zu schliessen. Die Kopfspalten der Eupolien sind in der Regel von denen der Lineiden sehr verschieden, indem sie an der Unterseite des Kopfes sich befinden und dort schräg (fast quer) gestellt sind. Bei den Protonemertinen Carinina und Carinella bemerkt man seitlich am Kopfe im Bereich der Kopffurchen ein Paar Grübchen. Es sind die hier ganz oberflächlich gelegenen Cerebralorgane (Taf. I, Fig. 2). Bei den übrigen Nemertinen, wo diese Organe innerhalb der Körperwand liegen, führen sehr enge Canäle, weiche annähernd seitlich am Kopfe 38 Allgemeine Körperbeschaffenheit. ausmünden, von ihnen nach aussen. Ihre äussere Oeflnung ist übrigens so fein, dass man sie vergebens mit unbewaffnetem Auge suchen wird. Sind Kopfspalten vorhanden, so liegt sie in der von diesen erzeugten Tasche (Taf. II, Fig. 7 und 3). Bei manchen Carinellen findet sich etwas nach hinten, vom Kopf ent- fernt, ein zweites Paar Grübchen. Es sind die Seitenorgane (Taf. I, Fig. 2). Bei einer einzigen Nemertine (Malacobdella, einer parasitären Art) tritt uns ein Saugnapf entgegen. Er befindet sich am hinteren Ende an der Unterseite des Körpers und stellt einen kreisrunden, vertieften Teller dar (Taf. II, Fig. 11). 2. Färbung und Zeichnung. Die Nemertinen sind zum Theil überaus prächtig gefärbte Würmer. Es sind alle denkbaren Farben vorhanden, allein ein reines helles Blau vermissen wir. Es zeigt sich Blau nur als ein Anflug dunkelbrauner, schwärzlicher oder selbst dunkelgrüner Farben. Häufig sind Gelb, Braun und Roth in allen möglichen Tönen und Uebergängen, seltener ein reines Weiss und ein intensives Grün. Die Färbungen sind vielfach leuchtend und schillernd und besonders eigen- thümlich ist ihnen ein sammetartiger Glanz. Uebrigens sind auch bei vielen Arten verwaschene Färbungen vorhanden, wie sie ein Gemisch von braunen, gelben und grünen oder rothen Tinten hervorbringen würde, welche stumpf wirken. Die Grundfarbe wird bei zahlreichen Arten durch eine charakteristische Zeichnung unterbrochen. Dieselbe besteht öfters aus einem Retieulum, so dass der Körper marmorirt aussieht, oder aus parallelen Längslinien, die meistens nur am Rücken, seltener auch an den Seiten und am Bauche entlang laufen. Ferner pflegen wohl zahlreiche anders farbige Ringel den Körper zu umgürten. Ringel und Längslinien treffen wir mitunter zusammen bei ein und derselben Art an (Taf. I, Fig. 2, 7, 8, 13 und 14). Häufig existirt auch eine besondere Kopfzeichnung. Ganz allgemein pflegt der Rücken lebhafter als der Bauch gefärbt zu sein. Auch die Zeichnung verliert sich häufig an der Bauchfläche. Die Arten der verschiedenen Ordnungen sind ungleich elänzend gefärbt. Die unbewaffneten Formen sind zumeist viel prächtiger als die bewaffneten gefärbt, und zumal eine Zeichnung gehört bei ersteren zu den Seltenheiten. Eine Ausnahme bilden alle Deprano- phoren, bei welchen die Wirkung der immer lebhaften Farbe öfters noch durch eine Zeichnung erhöht wird. Auch manche Eunemerten zeigen lebhafte Farben, dagegen ist die Masse der Amphiporen und Tetrastemmen höchst monoton und matt gefärbt. Bei letzteren findet sich gelegentlich eine Kopfzeichnung. Von den unbewaffneten Formen entbehren die meisten Mesonemer- tinen auffallender Färbungen und einer Zeichnung, dagegen charakterisiren solche allgemein die Protonemertinen und unter den Heteronemertinen Färbung und Zeichnung. — Ueberblick über die Gesammtorganisation, 39 vor allem die Valencinien, Lineen und Micruren. Dagegen sind die An- gehörigen der äusserst artenreichen Gattung Cerebratulus verwaschen ge- färbt, fast nie durch Längslinien oder Ringel gezeichnet, sondern höchstens gefleckt. Eine Zeichnung besitzen ausser den Protonemertinen (Carinella) fast alle Eupolien und viele Lineen. Färbung und Zeichnung werden bedingt durch das in den Drüsen- zellen von Haut und Cutis enthaltene, sehr mannigfaltig gefärbte Secret und durch Pigmente, welche die interstitiellen Zellen des Epithels oder besondere, dendritisch verästelte Zellen der Cutis enthalten; seltener durch ein Pigment, welches die Wimperzellen führen. Im Allgemeinen wird die Grundfarbe durch die Färbung der Drüsen- secrete, die Zeichnung durch das Pigment bestimmt. Letztere ist dann nur streifenweise oder in Binden vorhanden. Nur bei der Kopfzeichnung der Tetrastemmen spielen Drüsenzellen eine Rolle. Auf die Bedeutung der vielfältigen Färbungen der Nemertinen als Sehutzmittel werden wir im biologischen Theil zu sprechen kommen. Nur sehr wenige Nemertinen sind farblos, glashell (Pelagonemertes) oder mehr oder minder durchscheinend. 3. Ueberbliek über die Kesammtorganisation. Die Nemertinen besitzen eine sehr dieke Körperwand, welche aus der Haut und einem dieser innig anliegenden Muskelschlauch, dem Hautmuskelschlauch, besteht (Taf. IV, Fig. 15). Die Haut zerlegt sich in ein Epithel und eine subepitheliale Schicht. Das Epithel setzt sich aus enorm hohen Zellen zusammen, von denen die einen Wimpern, die anderen Drüsenzellen sind. Eine Cuticula ist nicht vorhanden. Die subepitheliale Schicht ist entweder eine rein bindege- webige, entfernt gallertähnliche (Proto-, Meso- und Metanemertini) — wir nennen sie alsdann die Grundschicht des Epithels, oder sie ist wie das Epithel reich an Drüsenzellen und führt häufig auch Muskelfibrillen. Wir bezeichnen sie nunmehr als Cutis. Der Hautmuskelschlauch besteht zum mindesten aus einer Ring- muskelschicht und einer innerhalb dieser gelegenen Längsmuskel- schicht (Proto-, Meso- und Metanemertini). Vielfach ist noch eine zweite, die Ringmuskelschicht aussen umgebende Längsmuskelschicht entwickelt (Heteronemertini). Im letzteren Falle unterscheiden wir zwischen einer äusseren und inneren Längsmuskelschicht. Es mag hier nun eleich angefügt sein, dass ich mich durch alten Brauch bestimmen lasse, die äussere Längsmuskelschicht zum Hautmuskelschlauch zu rechnen, denn ihrer Genese nach gehört sie zur Cutis. Sehr häufig verstärkt den Hautmuskelschlauch noch eine Diagonal- muskelschicht, d. i. eine solche, bei der die Fibrillen die Medianebene nicht rechtwinklig, sondern unter einem halben rechten Winkel schneiden. 40 Allgemeine Körperbeschaffenheit. Sie befindet sich bei den Arten mit äusserer Längsmuskelschicht zwischen dieser und der Ringmuskelschicht, bei denen ohne jene zwischen Ring- und innerer Längsmuskelschicht. Im innigen Zusammenhange mit der Körperwand steht in der Regel das complieirte Nervensystem, das wir in ein centrales und peri- pheres sondern (Taf. IV, Fig. 2). Das Gentralnervensystem besteht aus einem im Vorderende des Körpers geborgenen Gehirn und zwei starken, von jenem ausgehenden, und bis zum After reichenden Nerven, die wir als Seitenstämme bezeichnen. Das Gehirn zerfällt in zwei gleich gebaute Hälften, die auf beiden Seiten des Rhynchocöloms oder des Rhynchodäums liegen. Jede Hälfte setzt sich aus einer oberen und unteren, miteinander verwachsenen Anschwellung zusammen; wir reden von ihnen als den dorsalen und ventralen Ganglien. ; Die correspondirenden Ganglien sind mit einander durch je eine Brücke verbunden, von denen die der dorsalen über dem Rhynchocölom oder Khynchodäum), die der ventralen unter diesem hinzieht. Wir be- zeichnen erstere als dorsale, letztere als ventrale Gehirncommissur. Die Seitenstämme, welche völlig ungegliedert sind, gehen von den ventralen Ganglien ab. Sie verlaufen meistens ziemlich genau in den Seiten des Körpers, Fig. 1. seltener einander genähert an der Bauchfläche, aber Ziingmuskelschicht niemals unmittelbar anein- andergerückt gemein- schaftlich nach hinten. In nächster Nähe des Afters sind sie durch eine Com- missur, die Analcommissur, miteinander verknüpft. Die Lage von Gehirn und Seitenstämmen ist eine überaus wechselvolle. Sie liegen unter dem Epithel (Carinina) oder unter der Grundschicht (Carinella), in- mitten der Musculatur (Meso- Querschnitt durch eine Nemertine mit zweischichtigem und Heteronemertini) oder Hautmuskelschlauch (Proto-, Meso- und Metanemertinen- . er Ri. 0 Tee DEN . im Leibesparenchym (Meta- ypus). Es sind die Seitenstämme in den Lagen, die sie in Ordnung J—III einnehmen, eingetragen. — Ryf nemertini) Fig. I und II. Rücken-, Sqf Seitengefäss. Gehirn und Seiten- stämme sind aus Nerven- fasern und Ganglienzellen aufgebaut. Jene bilden die Central- substanz, diese die Rindenschicht. Das gesammte Gentralnervensystem ist von einer derben Bindegewebs- Leibesparenchym. I N Settenstamm Ueberblick über die Gesammtorganisation. 41 hülle, dem äusseren Neurilemma eingehüllt. Eine zweite trennt Centralsubstanz und Ganglienzellbelag (= Rindenschicht); wir bezeichnen sie als inneres Neurilemma. Beim peripheren Nervensystem sprechen wir von Nerven und Nervenschichten. Unter den Nerven unterscheiden wir solche, welche Sinnesorgane, vegetative Organe, Haut und Hautmuskelschlauch versorgen. Die Nerven der Sinnesorgane entspringen mit Ausnahme der Nerven, welche die Seitenorgane besitzen und von den Seitenstämmen abgehen, vom Gehirn. Es sind die Nerven der Augen, des Frontalorgans (oder der Kopfgrübchen) und der Cerebralorgane. Vom Gehirn entspringen auch die Nerven der vegetativen Or- gane, nämlich Schlund- und Rüsselnerven. Erstere sind stets paarig; letztere sind paarig bei den Proto-, Meso- und Fig. I. Heteronemertinen, da- ee gegen in grösserer An- s h | Cutis \ Be zahl (z. B. zu 10—24 Er I e nnere „ , und noch zahlreicher) > vorhanden bei den Meta- a nemertinen. 2 BB Die Nerven der 1: / @nnetocoetom K PRRE se . Haut und des Haut- SET muskelschlauchs nehmen fast ausschliess- lich von den Seiten- ee stämmen ihren Ursprung. z Wir bezeichnen sie als Deren Zweige dieser. Söf. Nerven ganz be- Nephridiam sonderer Art sind die ar ne (No 170 (uerschnitt durch eine Nemertine mit dreischichtigem 5 Hautmuskelschlauch (Heteronemertinentypus). — Kaf und 204) entdeckten Rücken-, Sqf Seitengefäss. Mediannerven. Dieselben verlaufen am Rücken in der Medianebene in verschiedener Höhe. Bei einer Reihe von Formen (den meisten Proto-, Meso- und Heteronemertinen) sind zwei vorhanden, so dass wir von einem oberen und unteren Rückennerven reden können, bei vielen fällt indess der untere Rückennerv fort. (Das gilt allgemein für die Metanemertinen). Der obere Rückennerv ist mit der dorsalen Gehirncommissur verknüpft; der untere zweigt sich vom oberen ab. Die Mediannerven verlaufen stets in der Körperwand, sind in dieser aber verschieden gelagert. Die Sinnesorgane stehen theilweise noch in innigem Zusammen- hange mit der Haut, theilweis haben sie sich indessen in das Innere des Körpers zurückgezogen. 42 Allgemeine Körperbeschaffenheit. Wir lernten bisher kennen: $ 1) Augen. Dieselben finden sich bei einer grossen Anzahl von Ne- mertinen und oft in enormer Fülle (bis über 100) (Taf. II, Fig. 3, 9 und 12). Sie sind bald überaus winzig, bald sehr ansehnlich und lassen dann deutlich erkennen, dass sie im Wesentlichen einen Pigmentbecher vor- stellen, der Sehstäbehen und Ganglienzellen enthält. 2) Cerebralorgane. Diese schon den älteren Nemertinenforschern bekannten Gebilde figuriren in der Litteratur als Seitenorgane, eine Be- zeichnung, mit der ich ein Paar von mir entdeckte Sinnesorgane belegt habe, auf die sie besser passt als auf jene, deren vornehmstes Charakte- risticum ihre innige Verknüpfung mit dem Gehirn ist (Taf. I, Fig. 2; Tara y. Bio. 2, Tat. Il ebıo, 1 Dsund 9). Die Cerebralorgane sind paarig und für fast alle Nemertinen typisch. Sichere Ausnahmen bilden nur die bisher bekannten Mesonemertinen und die Metanemertinen Pelagonemertes und Malacobdella. Sie sind entweder epitheliale Grübchen (Protonemertini excl. Hubrechti«) oder tiefer in den Körper eindringende Canäle, die stets in nächster Nähe des Gehirns liegen, mit diesem durch Nerven verknüpft oder selbst mit ihm ver- schmolzen sind (Meta- und Heteronemertini). Ausnahmslos sind die Canäle — wir bezeichnen sie als Cerebral- canäle — am hinteren engeren Ende blind geschlossen und hier von Ganglien- und Drüsenzellen umgeben. Weil sich beide Arten von Zellen zumeist in grosser Masse vorfinden, bildet sich um den hinteren Abschnitt des Cerebralorgans eine kuglig-ovale Anschwellung, die wir recht eigent- lich als Cerebralorgan bezeichnen. Dieselbe liegt entweder frei im Parenchym des Kopfes, und dann vor, neben oder hinter dem Gehirn und ist mit diesem nur durch Nerven verbunden (Metanemertini), oder sie verschmilzt mit dem Gehirn und ist dann immer dem dorsalen Ganglion hinten angewachsen (Heteronemertini). Im letzteren Falle stellt das Cerebralorgan scheinbar einen Gehirntheil vor und ist thatsächlich früher als solcher aufgefasst worden (Hubrecht). 3) Seitenorgane, welche nur bei verschiedenen Carinella- Arten vorkommen. Sie stellen rundliche Epithelplatten, die vorgewölbt und eingezogen werden können, dar (Taf. I, Fig. 2; Taf. IV, Fig. 2). Sie sind paarig und befinden sich in nächster Nähe der, Exceretionsorgane. Dort sind sie genau seitlich gelegen. 4) Das Frontalorgan, ein beweglicher Epitheldiscus, der genau die Spitze des Kopfes einnimmt und allgemein bei den Metanemertinen und ferner bei Eupolia vorkommt (Taf. Il, Fig. 3, 9 und 12). In das Frontalorgan münden die Secretgänge von Drüsenzellen ein, welche in- mitten des Kopfes gelegen sind. Wir bezeichnen diese Drüsenzellen in ihrer Gesammtheit als Kopfdrüse (Taf. IV, Fig. 4, 6 und 7). 5) Terminale Wimpergrübchen, welche bei den Lineiden in der Dreizahl an der äussersten Kopfspitze vorhanden sind und hier das Ueberbliek über die Gesammtorganisation. 43 Frontalorgan ersetzen (Taf. II, Fig. 1). Es unterscheiden sich die Wimper- grübchen von diesem dadurch, dass sie viel kleiner sind und die Gänge der Kopfdrüse nicht in sich aufnehmen. 6) Otolithenbläschen. Diese räthselhaften Gebilde kommen nur bei einer einzigen Gattung vor (Ototyphlonemertes), und zwar in der Regel in nur einem Paar, welches in das Gehirn eingeschlossen ist. 7) Kopffurchen und -Spalten (Taf. II, Fig. 7, 8, 15 und 14). 8) Im Hautepithel zerstreute Sinneszellen. An Organen, welche im Dienste des Stoffwechsels stehen, be- sitzen die Nemertinen einen Verdauungsapparat, ein Blutgefäss- system und ein Excretionsgefässsystem (Taf. IV, Fig. 2, und Taf. II, Fig. 1 und 3). Ein Organ ganz besonderer Art, das typischste der Nemertinen, ist ein nach Belieben ein- und ausstülpbarer Sack, welcher in einer nach aussen und innen abgeschlossenen Höhle ruht. Der Sack ist bekannt als Rüssel, die Höhle als Rhynchocölom (Taf. IV, Fig. 12). Der Verdauungsapparat besteht aus einem geraden Kohr, dem Darmtractus, das vom Kopf bis zum Schwanzende reicht und sich vorne entweder vor dem Gehirn mittels einer sehr feinen Mundöffnung sub- terminal ventral nach aussen öffnet oder in das Rhynchodäum einmündet, nunmehr durch die Rüsselöffnung mit der Aussenwelt communicirend, oder hinter dem Gehirn mittels einer meistens ziemlich grossen Mundöffnung an der Bauchfläche einen Eingang gewinnt (Taf. IV, Fig. 1, 2, 4, 6 und 7). Hinten gewährt dem Darmtractus der terminal oder fast terminal dorsal gelegene After einen Ausgang (Taf. Il, Fig. 5). Der Darmtractus zerfällt in zwei Abschnitte, die immer durch den histologischen Aufbau ihrer Wandung, meist aber auch durch ihre Form voneinander verschieden sind. Den kürzeren vordern nennen wir Vorderdarm, den sehr viellängeren hinteren Mitteldarm. Der Vorderdarm ist niemals metamer gegliedert und bildet entweder ein in seiner ganzen Ausdehnung ziemlich gleich geräumiges Rohr oder zerfällt in einen vorderen und hinteren sehr engen canalartigen und einen mittleren ballonartig aufgetriebenen Abschnitt. Im ersteren Fall (Proto-, Meso- und Heteronemertini) bildet der Mitteldarm die directe Verlängerung des Vorderdarms, im zweiten (Metanemertini) dagegen communicirt der Mitteldarm mit dem hinteren engen Abschnitt des Vorderdarms durch eine ungemein feine Oeffnung. Von den drei bei den Metanemertinen unterschiedenen Abschnitten bezeichnen wir den vorderen als Oesophagus, den mittleren als Magen und den hinteren als Pylorusrohr (Taf. IV, Fig. 6). Der Mitteldarm ist in der Regel metamer gegliedert (Ausnahmen sind Carinella und Malacobdella) d.h. er stülpt in regelmässigen Inter- vallen einander gegenüberliegende mehr oder minder tiefe Seiten- taschen aus. 44 Allgemeine Körperbeschaffenheit. Indem sich das Pylorusrohr nicht in die vorderste Spitze des Mittel- darms öffnet, sondern eine beträchtliche Strecke von dieser entfernt in die hückenwand des Mitteldarms eindringt, wird dieser in zwei Abschnitte zerlegt, von welchen wir den vor der Mündung des Pylorusrohres — die wir Pylorusmund nennen wollen — gelegenen als Blinddarm be- zeichnen müssen. Wenn wir von einem Enddarm sprechen, so meinen wir damit das in der Regel sehr kurze Stück des Mitteldarms, welches in den After eintritt und der Taschen entbehrt. Der Rüssel ist ein Schlauch, welcher nicht selten doppelt so lang, oftmals aber auch viel kürzer als der Körper seiner Besitzerin ist. Er ist vorn weit und offen, hinten eng und geschlossen. Sein Vorderende ist in der Gehirngegend rings mit der Wand des Rhynchocöloms ver- wachsen, sein Hinterende durch ein Paar Muskelstränge hinten in dieser Cavität fest geheftet. Die Muskelstränge dienen als Retractor. Bei den Metanemertinen enthält der Rüssel in der Mitte einen Waffenapparat, der aus spitzen Stacheln besteht. Er ist als Stilet- apparat längst bekannt (Taf. II, Fig. 5). (Ausnahmen sind sicher Malacobdella und Pelagonemertes). Das Rhyncehocölom communieirt weder mit der Aussenwelt noch mit irgend einer Cavität des Körpers. Vorn wird es durch den Rüssel verschlossen. Es liegt über dem Darm, reicht bei vielen Arten bis zum After nach hinten, endet bei anderen aber vor demselben in der mittleren oder vorderen Körperregion. Mitunter besitzt es paarige, nach Art der Mitteldarmtaschen metamer angeordnete Aussackungen. Es sind die Rhynchocölomtaschen (Taf. IV, Fig. 15). (Drepanophorus). Das Rhynchoeölom enthält eine Flüssigkeit mit grossen amöboid beweglichen Zellkörpern. Wir bezeichnen sie als Rhynchoeölom- körper. Der Rüssel öffnet sich vorn in ein kurzes enges Rohr, wir nennen es Rhynchodäum; seine Ausmündung ist die Rüsselöffnung. Das Blutgefässsystem besteht mindestens aus zwei in den Seiten des Körpers verlaufenden Röhren, die sich in der Kopfspitze und im Schwanzende vereinigen (Protonemertini und excl. Hubrechtia und Meso- nemertini). Wir nennen diese zwei Blutgefässröhren Seitengefässe und ihre vordere Vereinigung die Kopf-, ihre hintere die Analcommissur (Ta& IT, Eie;3;-Taß.1V, Fig’2,'5, 12,,15,.2822): Bei der Mehrzahl der Nemertinen kommt noch ein drittes, in der Medianebene liegendes Gefäss hinzu, welches in der Regel vorne im Körper im Rhynechoeölom verläuft und an dessen unterer Wandung fest- geheftet ist, weiter hinten zwischen diesem und dem Darmtractus, und wo das Rhynchoeölom aufgehört hat, am Rücken des Thierkörpers an- getroffen wird. Dieses Gefäss, welches wir Rückengefäss nennen, entspringt stets einer Commissur, welche die Seitengefässe in der (rehirn- gegend eingehen, und die wir als ventrale Gefässcommissur bezeichnen. Ueberblick über die Gesammtorganisation, 45 Mit dem Rückergefäss zugleich hat sich ein System metamerer Gefässcommissuren entwickelt, die Rücken- und Seitengefässe miteinander verknüpfen (Hubrechtia, Meta- Heteronemertini). Bei allen Nemertinen mit Ausnahme der Metanemertinen haben sich mehr oder minder complieirte Zweiggefässsysteme entwickelt, welche an Vorderdarm und Rhynchocölom abgehen. Wir bezeichnen jene als Vorderdarm- oder Schlund-, diese als Rhynchocölomgefässe. Besonders charakteristisch sind für eine Reihe von Heteronemertinen grosse sinusartige Erweiterungen, welche die Seitengefässe er- fahren haben, um die Gerebralorgane aufzunehmen. In den Blutgefässen eireulirt eine Flüssigkeit mit oft lebhaft ge- färbten, kernhaltigen, aber nicht amöboid beweglichen Blutkörperchen. Das Exeretionsgefässsystem besteht aus zwei in der Regel sehr kurzen (nur wenige Millimeter langen) Längscanälen, die entweder in der hinteren Region des Vorderdarms (Proto-, Meso- und Heteronemertini) oder unmittelbar hinter dem Gehirn in den Seiten des Körpers verlaufen (Taf. II, Fig. 3, und Taf. IV, Fig. 2). Zwischen ihnen bestehen nirgends Commissuren. Ein jedes öffnet sich mittels eines winzigen Canales, der die Körper- wand in der Regel seitlich durchbricht, nach aussen. Den Ausführgang nennen wir Excretionsductus, seine Aussenöfinung, die überaus fein und niemals äusserlich erkennbar ist, Exeretionsporus. Selten besitzt ein Excretionsgefäss mehrere oder zahlreiche Ausführ- gänge und demgemäss mehrere oder viele Exeretionsporen. Die Excretionsgefässe haben keine inneren Oeffnungen, d. h. sie communieiren mit keiner Cavität des Körpers. Aber sie verzweigen sich seitlich und die geschlossenen Enden der Zweige dringen in die Wand der Blutgefässe (in der Regel der Seitengefässe) ein. Die capillar- artig feinen blinden Enden sind ein wenig angeschwollen — wir be- zeichnen sie als Endkölbehen — und enthalten jedes eine Wimper- flamme. Es ist erwiesen, dass die Exeretionsgefässe nur ausnahmsweise den Nemertinen fehlen (z. B. Cephalothrix). _ Gesehleehtsorgane (Taf. II, Fig. 3; Taf. IV, Fig. 2, 8, 9, 11) Nicht überall sind beiden Nemertinen vor dem Auftreten der Geschlechtsproduete besondere diese hervorbringende Or- gane vorhanden. Nur bei den Hetero- und Metanemertinen finden sich von vornherein Taschen, die an ihren mit einem niedrigen Epithel ausgekleideten Wänden die Geschlechtsproducte erzeugen. Wir dürfen sie Genitalsäcke nennen. Sie alterniren mit den Darmtaschen. Jeder Genitalsack besitzt einen Ausführgang, den Genitalductus, der aber erst in der Regel mit Eintritt der Reife der Geschlechtsproducte vollständig ausgebildet wird. Er durchbricht zumeist die Rückenwand des Körpers. Seine Aussenöffnung ist der Genitalporus. 46 Anatomie und Histologie. Anhangsorgane, insbesondere Drüsen, kommen in Verbindung mit den Genitalsäcken nicht vor. Es fehlen auch Organe, welche im Dienste der Begattung stehen. Die Nemertinen sind meistens getrennten Geschlechts. Zwitter giebt es nur einige unter den Metanemertinen. Alle Organe sind in ein gallertiges Gewebe eingebettet, das wir Parenehym nennen (Taf. IV, Fig. 15). Ein der Leibeshöhle der Anneliden direct vergleichbarer Hohlraum fehlt. Die Nemertinen sind parencehymatöse Würmer. Im Parenchym ist eine besondere Museulatur, eine Leibesmus- culatur entwickelt, die mitunter in gar keinem Zusammenhange mit dem Hautmuskelschlauch steht. Dritter Abschnitt. Anatomie und Histologie. Methoden der Untersuchuns. Ein grosser Theil der anatomischen Verhältnisse lässt sich am lebenden Thier erkennen. Freilich muss man zum Studium möglichst durchsichtige Formen auswählen. Diese finden sich nur unter den Meta- nemertinen. Man wird darnach trachten, möglichst kleine Repräsentanten derselben zu erlangen, etwa Tetrastemmen und Amphiporen, diese in See- wasser zwischen Objeetträger und Deckglas liegend einklemmen und mit schwachen Vergrösserungen beobachten. Die Thiere pflegen ziemlich widerstandsfähig zu sein, vertragen auch erhebliches Zusammengepresst- werden, was ihre Durchsichtigkeit wesentlich erhöht. An derart einfach behandelten Objeeten gewinnt man einen Ueber- bliek über den Bau des Gehirns, die Lagerung der Augen und Öerebral- organe und häufig sogar den Abgang und Verlauf der Hirnnerven, jeden- falls der Seitenstämme. Ferner orientirt man sich über die Beziehungen von Rüssel und Rhynchocölom; man wird ausserdem in ersterem deutlich den Stiletapparat erkennen und in letzterem häufig sogar die Rhynchocölom- körper wahrnehmen. Man verfolgt den Rüssel ins Rhynchodäum und sieht dieses durch die Rüsselöffnung ausmünden. Ferner offenbaren sich dem Auge der Darmtractus, die Blutgefässe sammt ihren Commissuren und in der Regel selbst der Blutstrom, die Hauptstämme der Excretionsgefässe und die Geschlechtssäcke. Dagegen ist es in der Regel nicht möglich, schon am lebenden ge- pressten Thier die Mündung des Oesophagus zu erkennen, Genaueres über die Organisation der ÜÖerebralorgane und Augen zu erfahren und sich über die Schichtenfolge der Körperwand klar zu werden. Methoden der Untersuchung. 47 (sehen wir daran, einzelne Körpertheile loszulösen und diese stark zu quetschen, so bekommen wir an geeigneten Stellen (meistens Partien aus der Vorderdarmgegend) die feineren Verzweigungen der Excretions- gefässe, und wenn wir nicht zu rasch im Beobachten ermüden, deren Enden, die Wimperkölbchen, zu Gesicht. Zum Studium des Darmtractus, der Excretionsgefässe, vor Allem aber des Nervensystems — besonders wenn man seine Feinheiten eruiren will — ferner der Elemente der Haut und Musculatur empfiehlt sich eine Injeetion der lebenden Thiere oder eine Färbung lebensfrischer Körper- theile derselben mit Methylenblau, wie es in den letzten Jahren so viel mit überraschenden Erfolgen angewandt ist. Ich benutzte entweder eine !/,procentige Methylenblaulösung in Aqu. dest. oder eine, die aus 100 cem einer !/, procentigen Kochsalzlösung + 0,5 & Methylenblau bestand. Für histologische Zwecke ist auch die Maceration frischer Ge- webe anzurathen. Ich selbst habe mit Erfolg das von den Gebrüdern Hertwig empfohlene Osmiumessigsäuregemisch und auch Drittelalkohol erprobt. | Da die Untersuchung nur des lebenden Thieres auch im günstigsten Falle nicht zur vollständigen Erkenntniss der Anatomie ausreicht und nur wenige und einseitige Aufschlüsse selbst mit Unterstützung der soeben genannten Hilfsmittel ergiebt, ist die Untersuchung conservirten und mikrotomirten Materiales unerlässlich. An solchen wird man gewissermaassen auf den ersten Blick über die Lagerung der Organe zueinander zur Klarkeit gelangen, die am lebenden Thier oft verschleiert bleibt und uns grobe Irrthümer ein- gehen lässt. Ausserdem aber sind wir bislang fast ganz auf die Schnittmethode angewiesen, wenn wir in den Bau der Proto-, Meso- und Heteronemertinen auch nur oberflächlich eindringen wollen, weil diese beinahe sammt und sonders undurchsichtig sind. Die Herstellung brauchbarer Schnitte setzt eine gute Conservirung voraus, die bei den Nemertinen infolge der schwierigen Fixirung nicht mit allen gebräuchlichen Mitteln zu erreichen ist. Bei der Gonservirung wird ein Unterschied zwischen grossen und kleinen Formen gemacht werden müssen. Die grossen, also im All- gemeinen die unbewafineten, werden vor der Gonservirung in Seewasser, dem auf 1000 eem 1— 2 Chloral zugesetzt waren, eingeschläfert, die kleinen dagegen direct in die Gonservirungsflüssigkeiten gethan oder mit ihnen überrascht. Das erstere geschieht, um die allzu starke Con- traction oder gar das vollständige Zerstückeln, wozu die grosse Formen —- wie besonders die Cerebratulen — stets neigen, zu verhüten; denn eine Ueberraschung der ausgestreckten Individuen dieser mit einer rasch wirkenden Conservirungsflüssigkeit ist unmöglich. Die Einschläferungs- oder Betäubungsmethode, welche wir auelı dem renommirten Conservator der zoologischen Station zu Neapel, Herrn 48 Anatomie und Histologie. Lobianco, verdanken, leistet Vorzügliches. Die grossen Cerebratulen strecken sich in dem mit Chloral versetzten Seewasser im Verlauf von vier bis sechs Stunden vollständig aus und sind derart betäubt, dass man sie in verschiedene Arten von Conservirungsflüssigkeiten, z. B. 70 pro- centigen Alkohol, Flemming’sche Lösung, Chromsäure übertragen kann, ohne bedeutende Contractionen oder gar ein Zerstückeln befürchten zu müssen. Indess will der Zeitpunkt der Betäubung abgepasst sein, denn die Thiere werden, wenn sie zu lange in dem chloralhaltigen Seewasser bleiben, wieder lebhaft. Derselbe tritt nun schneller oder langsamer ein, je nachdem es wärmer oder kälter in dem Zimmer ist, in welchem man manipulirt. So macht auch hier erst Uebung den Meister, trotz des denkbar einfachen Receptes. Ich habe die Thiere meistens in 70 procentigen Alkohol übertragen, diesen mehrfach gewechselt und sie dauernd in SOprocentigem auf- bewahrt, eine Conservirung, welche z. B. die Elemente des Nervensystems vorzüglich erhalten hat. Ausserdem übertrug ich sie in verdünnte Flemming’sche Lösung, Chromsäure und Pikrinessigsäure. So Hochbefriedigendes diese Methode für die grossen, mehrere Centimeter langen Formen, also auch noch einen Theil der Metanemertinen leistet, so sehr versagte sie bei den kleineren Arten, also viele Amphi- poren, den Tetrastemmen, Oerstedien u.a. Diese vertragen nämlich das Chloralseewasser derartig schlecht, dass ihre Haut sich ablöst oder sie sich selbst zerstückeln, aber sich nicht strecken und betäubt werden. Diese überrascht man im ausgestreckten Zustande, den sie in flachen, möglichst wenig Seewasser enthaltenden Schalen erlangt haben, mit einer heissen concentrirten Sublimatlösung oder mit Sublimateisessig. In diesen Conservirungsflüssigkeiten verbleiben sie jedoch nur wenige Augenblicke, dann werden sie sofort in 7Oprocentigen Alkohol übertragen, denn es hat sich herausgestellt, dass der Alkohol für die Nemertinen das beste Conservirungsmittel ist. Bei manchen der kleinen Arten erzielt man aber auch gute Resultate, wenn sie aus dem normalen Seewasser in eine kalte, aber verdünnte Flemming’sche Lösung gebracht werden, so z. B. bei Lineus gesserensis. Nach erfolgtem Tode werden auch sie direet in Alkohol gelegt. Die weitere Behandlung erfolgt in der für die Paraffineinbettungs- methode bekannten Manier. Grössere Stücke sind in Celloidin oder Photoxylin einzubetten. Das zur Verarbeitung durchs Mikrotom bestimmte Material wird in kleineren Stücken, bei kleineren Formen in zwei Hälften vorgefärbt. Man wendet Boraxcarmin an, sodann mit besonders gutem Erfolge Pikro- carmin, auch das alkoholische Carmin nach Paul Mayer und das neutrale nach Hamann. Ich färbte sehr viel mit Alaunhämatoxylin vor, einem Farbstoff, der den Vorzug hat, auch die Drüsenzellen zu tingiren, was bei den Carminen in der Regel nicht der Fall ist, und dem ich, wenn mir nur ein einziges Stück zur Verarbeitung zu Gebote steht, vor allen Körperwand. 49 andern den Vorzug geben würde. Das Auswaschen erfolgte nur bei der Hämatoxylinfärbung in fliessendem Wasser, sonst in angesäuertem oder reinem 70procentigem Alkohol, der bis zu absolutem gesteigert wurde. Sodann ist in Xylol übertragen und in Paraffin oder zuerst Paraffin- xylol bei 50—54° eingebettet worden. Es ist davor zu warnen, ÖObjecte zu lange im Ofen zu lassen, da nämlich älteres Material sehr hart wird und dann das Schneiden er- schwert ist. Ich habe selbst grössere Stücke, z. B. 1—2 cm lange von grossen Cerebratulen, nicht länger als sechs bis acht Stunden im Ofen belassen und sie trotzdem immer gut durchtränkt gefunden. Die Schnitte sind mit den allbekannten Aufklebemitteln zu be- festigen, für die grosser Objeete ist indess ein weniger bekanntes, näm- lieh dünnflüssige Gelatine, sehr zu empfehlen, weil dasselbe die so sehr lästigen und bei umfangreichen und dünngeschnittenen Objecten bei anderen Aufklebemitteln oft unvermeidlichen Falten ausschliesst. Häufig habe ich auch die Schnitte nachgefärbt, und zwar die mit Carmin vorgefärbten mit Ehrlich’schem Hämatoxylin, was die Drüsenzellen sehr gut zur Erscheinung bringt, die mit Hämatoxylin vor- eefärbten mit Eosin und danach mit Pierinterpentin, was für die Differen- zivung von Muskel- und Bindegewebe sehr Befriedigendes leistet. Ausser- dem sind für bestimmte Zwecke Lithiumcarmin (Bindegewebe), Saflranin, Dahlia, Methylgrün (Drüsen) zur Nachfärbung mit grossem Erfolg ge- braucht worden. Um ein Bild der Organisation zu gewinnen, sind mindestens der Kopf von seiner Spitze bis über den Mund hinaus, ein Stück aus der hinteren Vorderdarmregion und aus der Gegend des Mittel- und End- darms in Schnitte zu zerlegen. Es sind Querschnitte zu bevorzugen, da sie die Organisation leichter zu erschliessen und zu reconstruiren erlauben als irgend welche Längs- schnitte, zumal wenn nur ein Exemplar zu Gebote steht. 1. Die Körperwand setzt sich aus der Haut und dem Hautmuskelschlauch zusammen (Taf. IV, Fig. 15). Die Haut zerlegt sich in Epithel und Grundschicht (Taf. III, Fig. 1 und 20) oder Epithel und Cutis (Taf. III, Fig. 15). Ersteres ist bei den Proto-, Meso- und Meta-, letzteres bei den Heteronemertinen der Fall. Der Hautmuskelschlauch besteht bei den Proto-, Meso- und Metanemertinen aus der nach aussen gelegenen Ring- und der nach innen gelegenen Längsmuskelschicht (Taf. III, Fig. 13 und 20). Bei den Heteronemertinen schiebt sich noch eine Längsmuskelschicht zwischen Ringmuskelschicht und Cutis ein, sodass wir nunmehr zwischen äusserer Längs-, Ring- und innerer Längsmuskelschicht unter- scheiden müssen (Taf. IV, Fig. 16). 3yonn, Klassen des Thierreichs. IV, 1. Spplt. 4 50 Anatomie und Histologie. Da die äussere Längsmuskelschicht sich wie die Cutis und das Epithel vom Eetoderm ableitet und sich somit in einen wesentlichen Gegensatz zu den beiden anderen Muskelschichten stellt, die vom Meso- derm herstammen, wäre es correcter, die äussere Längsmuskelschicht nicht als Bestandtheil des Hautmuskelschlauchs aufzufassen, sondern zur Cutis zu rechnen. Das geschah bisher nieht und ich möchte es beim Alten lassen, weil die in Frage kommende Schicht im erwachsenen Thier meistens einen viel innigeren Zusammenhang mit der Ringmuskelschicht als mit der Cutis zeigt. In der Körperwand sind ausserdem noch Diagonalmuskel- schichten und Radialmuskeln zu berücksichtigen. a... Die Haut pflegt ausserordentlich weich und von einer Schleimdecke umhüllt zu sein. Bei den meisten Nemertinen ist sie fast undurchsichtig und nur bei den Metanemertinen lässt sie die inneren Organe mehr oder minder deutlich durchscheinen. Dem Studium ihres feineren Baues setzt sie viele Schwierigkeiten entgegen, da sich ihre Elemente schwer isoliren lassen. Auch an ganz durchsichtigen Thieren ist es unmöglich, sie in situ zu erkennen. Am deutlichsten präsentiren sie sich noch an Schnitten, welche mit dem Microtom angefertigt wurden, und so ist es erklärlich, dass die Struetur der Haut erst in neuerer Zeit vollständig aufgedeckt wurde. Treffende Angaben über die Haut sind indess bereits von Kölliker (1845, No. 52), Quatrefages (1846, No. 54) und Frey und Leuckart (1547, No. 56) gemacht worden. Letztere berichten, dass die Haut der Nemertinen aus einer dicken Schicht von Zellen besteht, die bald gekernt, bald kernlos sind. Die tieferen Schichten sind bei Lineus gesserensis, an welcher Art sie ihre Untersuchungen anstellten, der Sitz eines Pigmentes. Sie enthält zahl- reiche flaschenförmige Schleimdrüsen. Nesselorgane werden in ihr ver- misst. Die Haut trägt ein „lebhaft schwingendes Flimmerepithelium“. Keferstein (1862, No. 97) war der Ansicht, dass die Cilien der Haut einer Cuticula aufsässen. In der Haut fand er ovale Drüsenzellen, ausserdem aber auch gelappte Drüsen. Betreffs der Haut von Cephalotrix ocellata macht Keferstein folgende sehr beachtenswerthe Mittheilung: „In der äusseren Haut liegen neben den wenig ausgebildeten Schleim- drüsen zahlreiche kleine Krystalle, die bei auffallendem Lichte lebhaft elänzen, die Form von Aragonit haben und bei Zusatz von Essigsäure sich von aussen nach innen auflösen und sich mit einer röthlich schim- mernden Luftblase umgeben, sodass man sie für aus kohlensaurem Kalk bestehend ansehen darf“ (vgl. unsere Taf. III, Fig. 11). Me Intosh (1873/74, No. 125) erkannte die Zusammensetzung der Körperwand in ihrer Schichtenfolge vollkommen, hat sich aber auf die Erforschung ihrer Körperwand. — Haut. 51 Zellelemente wenig eingelassen. Sehr bedeutende Fortschritte machte die Histologie der Haut durch Hubrecht 1574—87 (vgl. besonders No. 204), welcher vor allem auch tiefer in den Bau der Cutis eindrang, und durch v. Kennel (1877, No. 146), der ihre Elemente bei Malcobdella zu isoliren vermochte. Auch L. v. Graff (1879, No. 155) entdeckte in der Haut von Geonemertes chalicophora glänzende, ovale Körper, die bei starkem Druck zerspringen und ihrer Hauptmasse nach aus kohlensaurem Kalk bestehen, denn sie lösen sich bei Einwirkung von Essigsäure unter Gas- entwicklung rasch auf mit Hinterlassung eines feinen Häutchens. Besonders detaillirt und zutreffend ist die Schilderung, welche Dewoletzky (1880, No. 169) vom Hautepithel giebt, leider ohne Ab- bildungen hinzuzufügen. Es besteht nach ihm aus fadenförmigen Stütz- zellen und zwei Arten von Drüsenzellen, nämlich Schleim- und Körnchen- zellen, ferner Nervenendzellen und schliesslich Zellen, welche Pigmente und Coneretionen von bestimmter Form absondern. In neuerer Zeit ist der feinere Bau der Haut von Joubin (1890, No. 215) und mir (1890, No. 217, und 1895, No. 256) studirt worden. Die gewonnenen Resultate bilden die Grundlage der nachfolgenden Dar- stellung. Das Epithel erweist sich sehr verschieden gebaut, je nachdem, ob eine Cutis vorhanden ist oder diese fehlt. Fehlt eine Cutis (Proto-, Meso- und Metanemertini), so pflegt das Epithel bedeutend höher zu sein und enthält stets die gesammte Drüsen- masse der Haut. Wir wollen das Epithel auf seine Wimper- und Drüsenzellen hin zuerst bei den Formen ohne Cutis betrachten, sehen, wie es sich nämlich präsentirt bei Carinella (Proto-), Carinoma (Meso-) und Drepano- phorus (Metanemertine), Gattungen, bei deren Arten ich es aus eigener Anschauung kenne (Taf. III, Fig. 1, 2, 3, 4 und 20). Das Epithel setzt sich in der Hauptsache aus Wimper- und Drüsenzellen und einem zwischen diesen entwickelten interstitiellen Gewebe zusammen. Viel spärlicher als die Wimper- und Drüsenzellen sind als Sinnes- zellen zu bezeichnende Elemente, welche bei den Sinnesorganen ab- gehandelt werden sollen. Die Wimperzelle zerfällt in zwei Abschnitte. Einen äusseren, trichterartig erweiterten und einen inneren stark ver- Jüngten, fadenförmigen. Die äusseren Enden der Wimperzelle schliessen sich sehr dicht aneinander und bilden die Decke des Epithels. Die inneren treten isolirt oder bündelweis an die Grundschicht hinan, an welcher sie festgeheftet sind. Die Wimperzellen sind stets so lang, als das Epithel dick ist. In der Litteratur werden sie häufig unter der Bezeichnung Faden- zellen oder Stützzellen abgehandelt. Der Leib der Wimperzellen besteht aus einem sehr feinkörnigen Plasma. Häufig ist seine Structur verdeckt durch ein feines, grünlieh- 4” 52 Anatomie und Histologie. schwarzes Pigment, mit dem es vermengt ist. Das ist z. B. bei Carinella polymorpha der Fall. Der Kern der Wimperzelle ist länglich und befindet sich am Grunde der trichterartigen Erweiterung, und zwar bei allen Zellen in gleichem Abstande vom Rande des Epithels. So kann man beim Hautepithel in einer gewissen Tiefe von einer Schicht von Kernen sprechen. Jede Wimperzelle trägt einen dieken Wimperschopf. Die Wimpern sind im Verhältniss zur Länge der Zellen kurz. Sie besitzen einen besonderen Fussapparat, mittels dessen sie an der Zelle inserirt sind. Er zerfällt in ein basales längliches Stäbehen und ein kleines Knöpfchen, das mit dem Stäbehen durch ein äusserst feines, kaum sichtbares, längeres Zwischenstück verbunden ist. Dem Knöpfehen ist das Wimperhaar angeheftet (Taf. III, Fig. 9). Die Be- wegung der Wimpern machen die Stäbehen nieht mit. In Wimperzellen, deren Plasma völlig frei von Pigment ist, wie z.B. denen von Cerebratulus. marginatus, gewahrt man in der trichter- förmigen Erweiterung eine zarte Längsstreifung, und es sieht aus, als ob sie davon herrühre, dass sich die Wimpern in den Zellleib hinein fortsetzten. Eine Cuticula kommt niemals vor, und wo selbst neuere Forscher, wie Vogt und Yung 1884 (No. 197) eine solche beschrieben haben, sind sie durch den Fussapparat der Wimpern irregeleitet worden, dessen Stäb- chen unter dem Einfluss der Conservirung miteinander verkleben. Zwischen die Wimperzellen sind bei allen Nemertinen massenhaft Drüsenzellen eingebettet, von denen man nach Gestalt, Aussehen des Secrets sowie dem verschiedenartigen Verhalten dieses gegen Farbstoffe mehrere Sorten unterscheiden kann. Auch die Art und Weise, wie sie im Epithel verpackt sind, ist eine ungleiche und höchst charakteristische, denn bei einer Sorte liegen die Drüsenzellen einzeln, bei einer anderen sind sie zu Bündeln zusammen- gefasst. Die Gestalt der Drüsenzellen ist bald eine dünn schlauchförmige, bald eine elliptische oder ei- oder becherförmige, bald gleicht sie einer Birne, an welcher der Stiel mehrfach länger ist als die Frucht. Ihr Secret ist homogen, schaumig oder körnig; mitunter auch scheint es aus lauter winzigen Kryställchen zu bestehen. Man könnte es alsdann ein krystalloides nennen. Das homogene und krystalloide Seeret — beide sind stark glänzend — tingiren sich theilweise lebhaft mit Carmin, während das schaumige, welches ziemlich undurehsichtig ist, stark Hämatoxylin aufnimmt. Sehr häufig ist das Drüsenseeret von Natur lebhaft gefärbt. Ausser dem Secret ist an jeder Drüsenzelle auch ein Plasmaleib, welcher einen kleinen Kern umschliesst, nachzuweisen (Taf. III, Fig. 2). Der Plasmaleib befindet sich am Grunde des Secretes und läuft in einen zarten, fadenartigen Fortsatz aus, welcher sich wie derjenige der Wimper- zelle in der Grundschicht verankert. Der Fortsatz pflegt bei den schlauch- Körperwand. — Haut. 11) und birnförmigen Drüsenzellen kurz, bei den übrigen sehr lang zu sein. Eine Membran umhüllt die Drüsenzellen nicht. Die bündelweise vereinigten Drüsenzellen treffen wir allgemein bei Oarinella, ausserdem- bei Carinina und Carinoma an. Dagegen fehlen sie bei Hubrechtia, Cephalothrixz und den Metanemertinen. Bei letzteren sind ‘sie durch massenhafte einzeln stehende, schlauchförmige Drüsenzellen er- setzt. Bei allen kommen auch die elliptischen, ei- oder becherförmigen vor. Bei Carinina, Carinella und Carinoma herrschen die bündelweis ver- einigten an Masse wesentlich vor den übrigen vor, welche sogar bei den meisten Arten als selten bezeichnet werden müssen (Taf. III, Fig. 1 und 2). Eine Ausnahme bildet Oarinella rubicunda, wo wir auch becherförmige Drüsenzellen in grosser Anzahl antreffen (Taf. III, Fig. 5). Bei Carinoma armandı ist das Epithel in gewissen Gegenden (der Region der Nephri- dien) überhaupt frei von Drüsenzellen. Gehen wir etwas specieller auf die Drüsenzellen des Hautepithels von Carinina, Carinella und Carinoma ein, so erfahren wir Folgendes. Die Packetdrüsen, wie ich die bündelweise zusammengefassten Drüsenzellen früher wohl bezeichnet habe, enthalten eine grosse Anzahl von Drüsenzellen; im Vorderkörper sind es mehr als hinten, wohl oft über 30. Die Packete grenzen sehr dicht aneinander und reichen in der Kopf- und Vorderdarmgegend fast bis an die Schicht der Kerne, die den Wimperzellen angehören. In der Mitteldarmreeion sind sie dagegen überaus niedrig und bilden Rosetten, die sich nur wenig im Epithel er- heben. Die Packete reichen immer bis an die Grundschicht hinan und finden öfters Platz in flachen, grubenartigen Vertiefungen dieser. Die einzelne Zelle eines Packetes ist schlauchförmig und basal meistens etwas kuglig verdickt. Sie zerfällt in einen Secret ausführenden und Secret producirenden Abschnitt. Der letztere ist der verdickte. Sein Inhalt tingirt sich im Gegensatz zu dem schlanken ausführenden Theile sehr wenig mit Farbstoffen, mit Ausnahme eines dünnwandigen Plasma- kelches, in dem der kuglige Abschnitt ruht und welcher den Zellleib re- präsentirt. Er enthält auch einen kleinen Kern und läuft in einen meist überaus kurzen Fortsatz aus, da ja der Abstand zwischen Plasmabecher und Grundschicht ein meist ganz geringer ist. Vielfach fehlt er über- haupt. Im basalen kugligen Abschnitt ist das Secret homogen und glänzend. Im peripheren wird es bröcklig oder schaumig und besteht dann aus vielen Bläschen, welche sich gegenseitig zu polyedrischen Körpern abplatten. Diese treten nach aussen. Nun ist es aber charakte- ristisch für die Drüsenpackete, dass ein jedes nur einen oder doch nur wenige Ausführgänge besitzt, welche die Peripherie des Epithels durch- brechen. Durch ihn wird das Secret aller zu einem Bündel vereinigten Drüsenzellen entleert, denn die peripheren Abschnitte sämmtlicher Zellen treffen in ihnen zusammen. Die gemeinschaftlichen Ausführgänge bahnen sich einen Weg, indem sie die Wimperzellen auseinander treiben (Taf. III, Fig. 1—5). 54 Anatomie und Histologie. Der Ausführgang ist um so länger, je niedriger die Drüsenpackete sind. Die becherförmigen Drüsenzellen besitzen eine regelmässig länglich ovale Form. Ihr Inhalt ist meist wasserhell und vielfach krystalloid. Der kleine Zellkern liegt in dem den Secretbecher basal umhüllenden Plasma, das in einen sehr langen Fortsatz ausläuft. Die Secretbecher erscheinen wie zwischen den Wimperzellen aufgehängt. Bei den Metanemertinen werden die Packetdrüsenzellen vielfach (z. B. Drepanophorus) durch dicke, schlauchförmige, einzeln stehende Drüsenzellen ersetzt, deren Secretmasse in der Regel der Grundschicht fast unmittelbar aufsitzt. Nur selten lässt sich ein kurzer Fortsatz nach- weisen (Taf. III, Fig. 12). Das Secret ist durchaus gleichartig, ohne Glanz, selten im basalen Abschnitt kömig. Es tingirt sich lebhaft mit Hämatoxylin. Ausserdem sind zahlreiche länglich elliptische Drüsenzellen vorhanden, welche sich bis auf das Secret, wie die becherförmigen der Carinellen ver- halten. Dieses besteht nämlich aus unendlich vielen, sehr kleinen Schleim- stäbehen, welche denen der Rhabditenzellen im Rüssel der Lineiden ähnlich sind. Bei vielen Metanemertinen findet sich übrigens im Epithel nur eine einzige Sorte von Drüsenzellen, welche bald mehr schlauchförmig, bald becherförmig oder länglich elliptisch aussehen und ein körniges, mit ver- schiedenen Farbstoffen lebhaft tingirbares Secret enthalten (Tetrastemma) (Taf. III, Fig. 4). Bei manchen Metanemertinen, z. B. Amphiporus glandulosus und Tetrastemma glanduliferum, diadema u. a. heben sich gewisse Drüsenzellen durch ihr Lichtbrechungsvermögen (nicht durch ihre Form) aus der Ge- sammtheit der Drüsenzellen des Epithels heraus. So drängen sich unserem Auge bei A. glandulosus zwei Strassen von Drüsenzellen auf, die an der Kopfspitze ansetzen und auf dem Rücken bis zum After nach hinten zu verfolgen sind. Jede der Drüsenzellstrassen ist vorn schmal, denn es liegen nur immer zwei oder drei Drüsenzellen nebeneinander; hinten dagegen breiten sie sich jederseits über den Rücken aus. Es ist nun zu betonen, dass auch überall sonst im Epithel ebenso geformte Drüsenzellen wie in den Strassen massenhaft vorhanden sind, allein sie sind in Folge anderer Lichtbreehungsweise viel schwerer zu sehen. Bei T. glanduliferum (Taf. IV, Fig. 5) geht eine schmale zweizeilige Drüsenzellstrasse von einem im Kopfe gelegenen Schilde ebensolcher Drüsenzellen aus. Bei T. diadema ist es zur Ausbildung verschiedener Drüsenzellfelder gekommen. Ein annähernd rautenförmiges liegt in der Kopfspitze, ein schmales, rechtwinkliges dieht dahinter vor dem Gehirn und ausserdem liegt noch ein ähnliches jederseits im Kopfe. Auch im hinteren Körperende, in der Nähe des Afters fallen einzelne Epitheldrüsenzellen besonders auf (Taf. IV, Fig. 5). zu Körperwand. — Haut. 5 \ Ich habe mich bemüht, die Drüsenzellen der Strassen und Felder auf gefärbten Schnitten wiederzuerkennen, es ist mir aber nicht ge- lungen, denn sie machen sich durch nichts in dem Drüsenzellkranze des Epithels, welcher im ganzen Körperumfang sich gleichmässig gefärbt hat, bemerklich. Das Epithel von Hubrechtia und Cephalothrix verhält sich, was seine Wimper- und Drüsenzellen anbetrifft, im Wesentlichen wie bei den Hetero- nemertinen. Wimper- und Drüsenzellen sind kürzer und in Folge dessen ist das Epithel niedriger geworden. Nirgends kommen Packetdrüsen im Epithel vor. Dagegen ist es vollgepfropft von länglich elliptischen flaschen- oder becherförmigen Drüsenzellen. Ihre Zahl coneurrirt mit derjenigen der Wimperzellen. Häufig ist das Secret der Epitheldrüsenzellen so intensiv ge- färbt, dass die Thiere ihm ihre Grundfarbe verdanken. Bei dem olivenfarbenen Cerebratulus marginatus ist es gelblich grün, dem leuchtend grünen Lineus geniculatus intensiv blattgrün. Bei verschiedenen Arten sind nach Färbung und sonstigem Aussehen des Inhaltes zwei Sorten von Epitheldrüsenzellen zu unterscheiden, die einander in der Form völlig gleichen. Bei Micrura fasciolata z. B. sind ausser Drüsenzellen mit wasser- hellem solche mit grünem Inhalt vorhanden. Bei Lineus gilvus enthält ein Theil ein körniges farbloses, ein anderer ein homogenes, leuchtend gelbes Secret. Beide Sorten sind gleichmässig untereinander gemischt; die grüne und gelbe haben die Färbung ihrer Träger bestimmt Schlauchförmige Drüsenzellen sind im Ganzen bei den Hetero- nemertinen selten, dagegen kommen sie im Epithel von Hubrechtia ziem- lieh zahlreich vor. Sie sind hier sehr schlank, färben sich intensiv mit Hämatoxylin und dringen theilweise in die Grundschicht hinein, die bei Hubrechtia aber anders beschaffen ist als bei allen übrigen Nemertinen (Taf. III, Fig. 15). Die Drüsenzellen fehlen im Epithel nur dort, wo dasselbe zu einem specifischen Sinnesepithel umgebildet ist (z. B. Kopffurchen und Kopfspalten). Ausser den Wimper- und Drüsenzellen betheiligt sich am Aufbau des Epithels ein interstitielles Gewebe. Dasselbe breitet sich zwischen den Drüsen- und Wimperzellen aus, tritt aber nicht an die Oberfläche des Epithels. Es umspannt und stützt vor allen Dingen die Drüsenzellen. Am besten tritt das interstitielle Gewebe, das in den äusseren Schiehten des Epithels den Eindruck einer Kittsubstanz macht, in den tieferen und besonders dieht an der Grundschicht aber einen lockeren Faserfilz vorstellt, an tangentialen Schnitten hervor (Taf. III, Fig. 19). An solchen bekommen wir nämlich ein Maschenwerk zu Gesicht. In den grossen Lücken desselben liegen die Querschnitte der Drüsen- zellen. Ausserdem sieht das Maschenwerk, z. B. bei Carinella polymorpha, 56 Anatomie und Histologie. 4 wie punktirt von ziemlich gleich grossen Pigmentscheibchen aus, es rührt das von den quergetroffenen Wimperzellen her, ferner sind in die Maschen Kerne eingebettet. Letztere gehören dem Maschenwerk an, welches ja das interstitielle Gewebe repräsentirt. Vielfach ist das interstitielle Gewebe stark pigmenthaltig. So ist es bei Micrura aurantiaca vollgepfropft mit leuchtend mennigrothen Körnchen, und auf diese ist bei jener Art die intensiv gelbrothe Färbung zurückzuführen wie in anderen Fällen auf gefärbte Drüsensecrete. Arten, welche mit farbigen Streifen versehen sind, verdanken diese fast immer entsprechenden Streifen pigmentirten interstitiellen Bindegewebes. Das eilt z. B. für Nemertopsis peronea, welche zwei dunkelbraune Rücken- streifen zieren, ferner für alle gestreiften Eupolien. Auch die Kalkkörperchen und Krystalle (Taf. II, Fie. 11), welche gelegentlich im Epithel beobachtet worden sind, und von denen in der Einleitung zur Haut die Rede war, sind höchst wahrscheinlich Producte des interstitiellen Gewebes. Auch für die sichelförmig gekrümmten Häkchen, welche im Epithel von Eumemertes echinoderma zahlreich überall vorkommen, wird das gelten (Taf. III, Fig. 16 und 17). Nur bei einer einzigen Gattung, nämlich bei Carinoma, ist eine Muskulatur im Epithel beobachtet worden (Taf. III, Fig. 8). Dieselbe besteht aus sehr feinen, aber massenhaft vorhandenen Ring- und Längs- fibrillen. Sie haben sich, wenn auch in lockerer Weise, zu zwei Schichten zusammengefügt, welche sich zwischen der Schicht der Kerne, die den Wimperzellen angehören, und den Drüsenpacketen im gesammten Umfang des Epithels entwickelten. Die der Ringfibrillen liegt nach aussen. Zur Zeit der Geschlechtsreife erfährt das Hautepithel, wie ich bei Carinella polymorpha beobachtete, bedeutende Umbildungen (vgl. No. 217, p. 41). Es schwillt nämlich seitlich im Bereich der Ge- schlechtsporen etwas an und wird hier beinahe vollkommen drüsig, d.h. die Secretmassen der Drüsenzellen erfüllen das Epithel lückenlos von der Grundschicht fast bis zu seinem Rande. Dabei sind einzelne Drüsen- zellen oder Drüsenzellpackete gar nicht oder nur sehr undeutlich wahr- nehmbar (Taf. III, Fig. 20). Das Seeret hat ein bröcklig-körniges, glänzen- des Aussehen. Dorsal und ventral hat sich das Epithel nicht verändert. Die @rundsehicht ist eine drüsenfreie subepitheliale Schicht, welche für die Proto-, Meso- und Metanemertinen charakteristisch ist. Sie bildet die Basis des Epithels (Taf. II, Fig. 1, 3, 4, 8 und 12). Bei den Proto- und Metanemertinen erreicht sie öfters eine Dicke, welche fast der des Epithels gleichkommt. Bei den Mesonemertinen hin- gegen ist sie sehr dünn und bei Cephalothrix insbesondere gleicht sie einer dünnen Membran. Sie ist stets am mächtigsten im Vorderkörper; im Rumpf- und Schwanzabschnitt wird sie allmählich dünner. Die Grundschicht besitzt ein hyalines, gallertartiges Ansehen. Kleine Kerne liegen ihr an und sind in ihr ziemlich reichlich eingeschlossen. Sie ist, wie das klar aus Schnitten hervorgeht, die sie in der Fläche Körperwand. — Haut. 57 trafen, von einem feinen Faserwerk durchflochten (Taf. III, Fig. 14). In das Epithel hinein erheben sich Zacken der Grundschicht, welche den Wimper- und Drüsenzellen Anheftepunkte gewähren. Die Cutis tritt bei den Heteronemertinen an die Stelle der Grund- schicht (Taf. III, Fig. 6, 10, 15, 21, und Taf. IV, Fig. 16). Sie ist als eine Grundschicht zu betrachten, in die Drüsenzellen und eventuell auch Muskelfibrillen eingewandert sind. Es unterliegt sogar keinem Zweifel, dass es die Packetdrüsen waren, welche sich aus dem Epithel in die Cutis senkten, denn wir vermissen sie bei allen Hetero- nemertinen im Epithel, sehen sie aber das gesammte Drüsencontingent der Cutis ausmachen. Gegen das Epithel ist die Cutis durch eine sehr dünne, hyaline, structurlose Haut abgegrenzt, welche den 'Epithelzellen als Basal- membran dient (Taf. III, Fig. 10). Bei den verschiedenen Heteronemertinen weist die Gutis eine sehr wechselnde Dicke auf. Ausserordentlich ist ihre Mächtigkeit bei gewissen Eupolien, z. B. Eupolia curta, wo sie das Epithel bedeutend an Dicke übertrifft, und bei manchen Lineiden, z. B. Lineus geniculatus, bei dem sie im Vorderkörper fast viermal dicker als das Epithel ist. Im Allge- meinen ist die Cutis im Vorderkörper am mächtigsten und nach hinten zu wird sie stetig niedriger. Die Cutis zeigt ein zweifaches Bild. Das eine zeigt uns eine Drüsenschicht in Verbindung mit einem übermächtig entwickelten Bindegewebspolster (Taf. Ill, Fig. 5, 6, 10 und 21), das andere die Drüsenschicht, durchsetzt von zahl- losen Längsmuskelfibrillen (Taf. III, Fig. 7 und 15) und auch auf einer Schicht solcher basirend, die mehr oder minder deutlich gegen die äussere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs sich abgrenzt. ‘Das erste Bild ist durchaus typisch für Eupolia und manche Lineen 1. B. Lineus geniculatus, das andere im Allgemeinen für Valencinia, Mierura, Oerebratulus und Langia. Selten geht die Cutis direct in die äussere Längsmuskelschicht über (Lineus lacteus). Wir wollen uns den feineren Bau der Cutis an ausgewählten Repräsentanten der beiden verschiedenen Gruppen vorführen. Bei Eupolia (Taf. III, Fig. 10) bildet das Bindegewebe das Scelett der Cutis. Es sondert sich in zwei Schichten, nämlich eine äussere dünnere, welche die Drüsenzellen enthält und in Folge dessen reticulär ist, und eine innere dickere, welche ein sehr festes Gefüge besitzt und einen geschichteten Bau verräth. Das Bindegewebe besteht aus vor- wiegend ringförmig verlaufenden, derben Strängen, in welche relativ grosse längliche Kerne eingebettet sind. Die Drüsenzellen, welche sich überall in gleicher Massenhatfigeit in der äusseren Schicht de Cutis vorfinden, sind zu Bündeln zusammen- gefasst. Wir haben es wiederum mit Packetdrüsen zu thun. Die Drüsen- 58 Anatomie und Histologie. zellbündel sind bald lang und dünn oder kurz und breit. Das richtet sich nach der Dicke der Cutis. | Die einzelnen, die Bündel zusammensetzenden Drüsenzellen sind birnförmig und von feineren Bindegewebsfasern umhüllt. Eine Membran besitzen sie nicht. Ihr Secret färbt sich in der Regel schwer mit Carmin, dagegen in- tensiv mit Hämatoxylinen. Jede Drüsenzelle besitzt einen kleinen länglichen oder kugligen Kern, welcher in einer dünnen Plasmaschicht gelegen ist, die das Secret basal haubenartig bedeckt. Das Secret wird in Secretgängen, wie sie auch von v. Graff*) bei den Süsswasserturbellarien und von Lang**) bei den Polycladen be- schrieben worden sind, nach aussen befördert. Von einem Packet, welches nach aussen sich verjüngt, gehen ein oder mehrere Gänge ab und durchbrechen Basalmembran und Epithel, um auszumünden. Häufig theilt sich ein Gang, nachdem er die Basal- membran durchbrochen hat, und durchdringt das Epithel in verschiedenen Zweigen, die dann auch getrennt am Epithelrande münden. Eigenartig verhält sich die Cutis bei transparenten Eupolien (Eupolia pellueida und minor). (Taf. III, Fig. 5). Sie besitzt bei diesen eine ganz ausserordentliche Mächtigkeit. Sie pflegt dort in der Vorderdarmgegend etwa um das Zwei- bis Dreifache dicker als der gesammte Hautmuskelschlauch zu sein. Die colossale Diekenzunahme betrifft aber die bindegewebige Schicht, nicht die drüsige, welche im Gegentheil verkümmert und nicht einmal so dick als das Epithel ist. Die Bindegewebsschicht hat sich im Vergleich mit der von anderen Eupolien von Grund aus verändert. Sie hat sich nämlich in ein Gallert- gewebe umgewandelt, in dem spindelige, dünne, lang ausgezogene oder vielfältig verästelte Zellen ein Gerüst bilden. Aehnlich verhält sich die Cutis auch bei Poliopsis (Taf. III, Fig. 6). Bei Cerebratulus marginatus, einer Art, welche uns das andere Bild der Gutis vorführt, sind die Drüsenzellbündel dünn und lang. Sie stecken ebenfalls im Bindegewebe, aber dasselbe bildet nur dünne Scheiden um sie, zwischen denen reichlich Längsmuskelfibrillen entwickelt sind (Taf. III, Fig. 7 und 15). Gegen die äussere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs ist die Drüsenmuskelschicht, welche die Cutis in diesem Fall repräsentirt, durch ein sehr lockeres und dünnes Geflecht von Bindegewebssträngen abgegrenzt. Ein noch viel dünneres ähnliches Flechtwerk grenzt sie nach aussen gegen die subepithelialen Muskelschichten ab. *) L. Graff, Monographie der Turbellarien. I, Rhabdocoelida. Leipzig 1882. — ‘) A. Lang, Die Polycladen des Golfs von Neapel: in Fauna und Flora des Golfs von Neapel. 11. Monographie. 1884. Körperwand. — Hautmuskelschlauch. 59 Die Gestalt der einzelnen Drüsenzelle ist bei C. marginatus eine sehr schlanke, langgestreckte. Der innere, Plasma und Kern enthaltende Ab- schnitt ist nur wenig angeschwollen. Die Secretgänge ziehen innerhalb der die Drüsenzellbündel um- hüllenden Bindegewebsscheiden dicht zusammengepresst bis an das Epithel hinan, spalten sich aber noch unter seiner Basalmembran in mehrere Züge, die dann einzeln durch das Epithel hindurch sich ihren Weg nach aussen bahnen. Das Secret der Cutisdrüsen ist bei den Heteronemertinen öfters lebhaft gefärbt, z. B. besonders häufig grün. Eine Art, bei welcher die Cutisdrüsen bis an die Ringmuskelschicht hinanreichen und in Folge dessen eine Sonderung zwischen äusserer Längsmuskelschicht und Cutis nicht zum Ausdruck gekommen ist, re- präsentirt Lineus lacteus (Taf. III, Fig. 18). Bei ©. marginatus enthält die Cutis noch andere Drüsenzellbündel als die oben beschriebenen, die aber lediglich auf die Kopfspitze be- schränkt sind. Sie haben sich nicht über das Gehirn hinaus nach hinten ausgebreitet. Dieselben unterscheiden sich von den typischen Cutisdrüsen haupt- sächlich durch ihre geringere Länge. Letztere sind etwa vier- bis fünfmal länger als jene. Sie bilden lockere, aus einer nur geringen Anzahl von Zellen bestehende Bündel, die dieht unter dem Epithel in die Cutis ein- gesenkt sind, also zwischen den Ausführgängen der typischen Cutis- drüsen liegen. Die Anfänge einer Cutisentwicklung haben wir zweifelsohne bei Hubrechtia desiderata (Taf. III, Fig. 13) vor uns, denn es sind hier, wenn auch spärlich, Drüsenzellen in eine subepitheliale reticuläre Schicht — sie ist auffallend reich an Nervenfasern und Ganglienzellen — ein- gesenkt. Diese Drüsenzellen sind aber nicht zu Bündeln zusammen- gefasst. Sie sind sehr schlank und färben sich mit Hämatoxylin intensiv. Ihre Seeretgänge münden, auf kürzestem Wege das Epithel durchbrechend, nach aussen. Wo eine Cutis vorhanden ist, pflegen subepitheliale Muskelschiehten entwickelt zu sein, die sich unter der Basalmembran ausbreiten und von der Cutis deutlich gesondert sind (Taf. III, Fig. 10). Sie bestehen aus einer äusseren, sehr dünnen Schicht von Ring- und einer nicht dickeren, nach innen gelegenen von Längsfibrillen. b. Der Hautmuskelschlauch. Zusammensetzung und Entwicklung in den verschiedenen Ordnungen. Der Hautmuskelschlauch besteht bei den Nemertinen ent- weder aus zwei oder drei Hauptmuskelschichten. | Im ersten Fall setzt er sich aus einer nach aussen gelegenen Ring- und einer nach innen gelegenen Längsmuskelschicht zusammen (Proto-, Meso- und Metanemertinen). 60 Anatomie und Histologie. Im zweiten besteht er aus zwei Längsmuskelschichten, zwischen denen eine Ringmuskelschicht eingeschlossen ist. Wir unterscheiden alsdann eine äussere undinnere Längsmuskelschicht (Heteronemertinen). Ausserdem kommt bei vielen Nemertinen aller Ordnungen noch eine Diagonalmuskelschicht hinzu, welche bei den Formen mit äusserer Längsmuskelschicht zwischen dieser und der Ringmuskelschicht (Taf. IV, Fig. 16), bei denen ohne erstere zwischen Ring- und (innerer) Längs- muskelschicht gelegen ist (Taf. IH, Ei? und Taf. IV, ‚Fig. 15). Ueber das Verhältniss 7m, der Mächtigkeit der Muskelschichten zu- einander ist Folgendes zu bemerken. Bei den Formen, welchen eine äussere Längs- muskelschicht abgeht, ist die (innere) Längsmuskel- schicht stets viel dieker als die Ringmuskelschicht und zwar im Allgemeinen min- destens um das 4fache, gelegentlich aber um das III EN EN 8—14fache. Zaun. SOHN. Lmx. Ist eine äussere Längs- Schema vom Verlauf der Muskelfibrillen im Haut- muskelschicht vorhanden, muskelschlauch einer Heteronemertine. — Zma, äussere, so ist diese die mächtigste. Li, innere Längsmuskulatur; Dm, Diagonal-, Km, Ringmuskulatur; gRN, oberer Rückennerv. i en j ? £ 4 4 PABLEN; N“ e —- Zrass re eg AT] ı Al Aber auch die Ringmuskel- schicht hatsich nun wesent- lich (etwa um das Drei- bis Vierfache) verstärkt, dagegen ist die innere Längsmuskelschicht dünner geworden. Die Diagonalmuskelschicht ist meistens viel dünner als die Ring- muskelschicht. Es ist an dieser Stelle zu wiederholen, dass mitunter Cutis und äussere Längsmuskelschicht nicht voneinander gesondert sind (Lineus lacteus). (Taf. III, Fig. 18). Die Längsmuskelschichten bilden Cylinder, die sich nur aus längs verlaufenden Muskelfibrillen zusammensetzen. Dieselben stehen auf einem Querschnitt durch den Körper senkrecht. Die innere Längsmuskelschicht bildet in einigen Fällen einen Doppel- cylinder, nämlich einen weiten und einen bedeutend engeren. Ersterer liegt der Ringmuskelschicht überall dicht an und repräsentirt die innere Längsmuskelschicht in den Grenzen, in welchen sie sich uns meistens Körperwand. — Hautmuskelschlauch. 61 darbietet; letztere umschliesst das Rhynchocölom. Beide Cylinder ver- schmelzen dorsal miteinander (Lineus versicolor). Die Ringmuskelschicht ist ein Muskeleylinder, der von lauter solchen ringförmigen Fibrillen gebildet wird, welche die Medianebene des Körpers senkrecht schneiden und auf einem Querschnitt durch den Körper in ihrer ganzen Länge getroffen werden. Die Diagonalmuskelschicht (Taf. III, Fig. 1, 8, 12 und 15; Taf. IV, Fig. 14 und 16), welche besonders bei Oarinella, Carinoma, Amphiporus, Drepanophorus, Cerebratulus und Euborlosia entwickelt ist, zerlegt sich in zwei Systeme von Ringfibrillen, die einen verschiedenen Verlauf besitzen. In beiden verlaufen sie diagonal und schneiden die Medianebene unter spitzem (!/, rechten) Winkel. Einander kreuzen sie genau unter einem rechten Winkel (Fig. III). Die Diagonalmuskelschicht, welche den Eupoliden vollständig abgeht und bei den Heteronemertinen nur selten auffallend entwickelt ist, um- kleidet dort auch die Seitenstämme und schliesst mitunter die äussere Muskelnervenschicht ein. Ganz allgemein ist die Diagonalmuskelschicht am stärksten im vorderen Körperabschnitt. In der Kopfspitze ist die Muskulatur bei den Proto- und Meta- nemertinen ebenso ausgebildet wie im Rumpfe, da sich dort der Haut- muskelschlauch mit seinen beiden Hauptschichten bis über das Gehirn hinaus in das äusserste Kopfende nach vorn erstreckt. Das ist schon anders bei den Mesonemertinen, wo die Ringmuskel- schicht in der Kopfspitze fast verschwunden ist und diese sich ganz von Längsmuskelfibrillen angefüllt erweist. Bei den Heteronemertinen vollends ist die Muskulatur der Kopf- spitze ganz anders als die des Rumpfes. Hier giebt es in der Kopfspitze ein Muskelfibrillengeflecht, das vor allen Dingen aus Längsfibrillen be- steht, die reichlich von quer, radial und ringförmig verlaufenden durch- zogen sind. Dies Geflecht erfüllt die Kopfspitze vollständig, Rhyncho- däum, Gefässe und Gehirn einschliessend. Endlich ist noch eine Muskulatur zu erwähnen, welche den Haut- muskelschlauch überall im Körper und bei allen Nemertinen in der Riehtung der Radien der Längsachse des Thierkörpers durchsetzt. Es ist die radiale Muskulatur. Sie bildet keine Schicht, sondern besteht aus unzähligen, sehr dünnen Bündeln von Muskelfibrillen, welche den Hautmuskelschlauch in seiner gesammten Dicke durchsetzen und, Cutis oder Grundschicht durehdringend, bis an das Epithel hinanziehen. Histologie. Die Muskelschichten setzen sich aus Muskelfibrillen zu- sammen, die man sich leicht an beliebigen Schnitten durch irgend eine Nemertine veranschaulichen kann. Man wird dann längs- oder ringförmig verlaufende Fasern sehen, die man in ihrer ganzen Länge getroffen hat, während andere, die sich im Querschnitt darstellen, elänzende Punkte repräsentiren. | > ID Anatomie und Histologie. Jede Faser, die man sieht, ist eine Muskelzelle, jeder glänzende Punkt ist der Querschnitt einer solchen (Taf. IV, Fig. 13 und 20). Da man an der Muskelzelle viel leichter die muskulöse als die Zell- substanz sieht, redeten wir fortgesetzt anstatt von Muskelzellen von Muskeltibrillen oder Fasern. Die Muskelfibrillen aber entsprechen den Muskelzellen. Die Zellsubstanz der Nemertinenmuskelzelle ist im Verhältniss zar fibrillären (contractilen) Substanz verkümmert. Nur bei den niedersten Formen, den Carinellen, ist ein deutlicher, der fibrillären Substanz an- liegender Zellleib mit Kern erhalten; sonst sehen wir an ihr nur einen Zellkern, welcher an oder in sie hineingedrückt erscheint. Die Muskel- zellen sind, wie das am klarsten Macerationspräparate offenbaren, sehr dünne kurze Zellen, die in der Mitte etwas anschwellend, dort den Zellkern er- halten, sonst ganz aus contractiler Substanz bestehen und deren Enden spitz auslaufen. Die contractile Substanz besteht aus einer längsgefaserten Masse, die sich durch Maceration in feinste (Primitiv-) Fibrillen auflösen lässt und ein starkes Lichtbrechungsvermögen zeigt. Die Muskelzellen der verschiedenen Schichten des Hautmuskelschlauchs verhalten sich im Wesentlichen gleich. Man hat verschiedentlich bei den Schichten des Hautmuskelschlauchs darauf aufmerksam gemacht, dass dieselben eine auffällige Querstreifung zeigen. Der erste war Wagener (1863, No. 105); er wurde von mir (1890, No. 217) bestätigt. Sie beruht darauf, dass sich die Muskelzellen aus einer Reihe dünner und verdickter Abschnitte zusammensetzen. Die verdiekten Abschnitte sind spindelartig gestreckt und ziehen sich an beiden Enden zu einer feinen Faser aus, welche allmählich wieder zu einer Spindel anschwillt. Das geht so in der ganzen Länge der Muskelfaser fort. Nun lagern sich die Muskelzellen immer mehr oder minder genau mit ihren verdiekten Abschnitten aneinander und es entstehen somit in der Muskelschicht bald gerade, bald mehrfach geknickte Bänder (Taf. IV, Fig. 21). Die Querstreifung tritt auffälliger an der Längs- als an der Ring- muskulatur in Erscheinung. Bei Macerationen bekommt man übrigens sowohl glatte als auch perlschnurähnliche Muskelzellen zu Gesicht; es ist also das perlschnur- artige Aussehen nichts Charakteristisches für die Muskelzellen, und ich glaube nicht zu irren, wenn ich in den perlschnurartigen Muskelzellen wohl durch Contractionszustände veränderte glatte sehe. Die radialen Muskelfasern besitzen einen nicht messbar feinen (uerschnitt, während der der übrigen Muskelfasern meistens nicht unter 9—10 u herabsinkt. Ich zweifle nicht daran, dass sich die radialen Fasern sonst ebenso wie die Längs- und Ringfibrillen des Hautmuskel- schlauchs verhalten. Körperwand. — Bindegewebe. 65 Die Muskelzellen der Nemertinen sind in mehr oder minder grosse Fächer bündelweis abgetheilt. Die Wände der Fächer bildet ein meist gallertartiges Bindegewebe, in das die gesammte Muskulatur eingebettet ist. Die kleinsten Fächer finden wir bei Carinella, hier sind sie im Querschnitt rundlich. Die Muskelzellen sind in ihnen kranzartig an- geordnet, und lagern dicht nebeneinander (Taf. IV, Fig. 10). Bei den höheren Nemertinen besitzen die Fächer einen länglichen Querschnitt. Sie haben sich in die Richtung der von der Längsachse des Thierkörpers ausgehenden Radien gestellt. In ihren Wänden ver- laufen die radialen Muskelzüge (Taf. III, Fig. 15). Bei den Metanemertinen verlaufen in den Wandungen der Fächer auch Bündel der dorsoventralen Muskulatur (Taf. IV, Fig. 15). Von der Wandung der Fächer spalten sich zarte Bindegewebslamellen ab, welche innerhalb eines Faches die verschiedenen Muskelbündel umscheiden. Oefters nimmt man an Schnitten eine „federartige“* Anordnung der Muskelfibrillen wahr. D.h. ihre mitunter sehr schmalen und länglichen Querschnitte reihen sich jederseits an einer radiären Bindegewebslamelle ai Raf. Il, Ries, 12; Tas. EV, Big.’16). c. Das Bindegewebe. Als Bindegewebe bezeichnen wir im Nemertinenkörper jenes Gewebe, in welches die Muskelfibrillenbündel der Schichten des Hautmuskel- schlauchs eingebettet sind und das sich immer am Aufbau der Cutis, oft sogar, wie wir oben bereits darlegten, in hervorragender Weise betheiligt. Es ist wohl zu vergleichen mit einem Teich, in den die Drüsen- und Muskelzellen von Cutis und Hautmuskelschlauch suspendirt sind. Das Bindegewebe ist dem Gewebe der Grundschicht nahe verwandt und steht auch zum Leibesparenchym in nächster Beziehung. Es macht im Bereich der Muskelschichten den Eindruck einer Gallerte. Mit Farbstoffen tingirt es sich sehr wenig. Ziemlich spärlich sind in dasselbe kleine kuglige oder längliche Kerne eingestreut. Bei den niederen Nemertinen ist es an Masse stärker entwickelt als bei den höheren, da bei letzteren die Muskelfibrillen an Fülle enorm zunehmen. Es bleibt bei diesen nur in den Wänden der Fächer, in welche die Muskulatur abgetheilt ist, erhalten (Taf. III, Fig. 15, und af. IV, Rie. 10). Bei den meisten Heteronemertinen ist das Bindegewebe innerhalb der Cutis kaum stärker entwickelt als im Hautmuskelschlauch, und zeigt auch dieselbe Beschaffenheit wie in diesem. Bei ‘den Eupolien und manchen Lineen indess ist es so stark ent- wickelt, dass es eine besondere Schicht erzeugt, die wir bereits als innere (Bindegewebs-) Schicht der Cutis oben näher beschrieben haben. Sie . Tetrastemma helvolum Bürg. 4/1. Carinella superba Köll. Vorderende. 1!/,/1. corg Cerebralorgan, sorg Seiten- organ. . Oerstedia dorsalis (Zool. Dan.). 7/1. var. albolineata Bürg. 8/1. r Rüssel. ” ” . Cerebratulus ligurieus Blanchard. 3/4. s Schwänzchen. ;. Amphiporus virgatus Bürg. 1'/,/1. Stark zusammengezogen. (Vgl. Fig. 11.) . Lineus geniculatus (Delle Chiaje). 3/4. Asp Kopfspalte. . Tetrastemma scutelliferum Bürg. 4/1. . Drepanophorus igneus Bürg. 91. 10. 11. 12. 13. 14. Langia formosa Hubr. Vorderende. 2/1. Amphiporus virgatus Bürg. Ausgestreckt. 3/1. (Vgl. Fig. 6.) Carinella rubieunda Bürg. Zusammengeknäult an ihrer Wohnröhre. 3/4. Eupolia delineata (Delle Chiaje). 3/4. Nemertopsis peronea (Quatref.). 3/4. Fig. 2 und 12 stellen Protonemertinen, Fig. 1, 3, 4, 6, 8, 9, 11 und 14 Meta- nemertinen, Fig. 5, 7, 10 und 13 Heteronemertinen dar. Alle Figuren nach Bürger (No. 256). lafı | Bürger,Nemertini. Erklärung von Tafel I. Nemertini; Allgemeine Anatomie. 1. Cerebratulus fuscus (Me Int.). Nach einem jungen, ziemlich durchsichtigen Thier. Bau. 2. Pelagonemertes mosel yi Bürg. ca. 5/1. 3. Tetrastemma coronatum & (Quatref.). ca. 23/1. 4. Eupolia delineata Delle Chiaje. Vorderende in der Seitenansicht. ca. 2/1. 5. Valencinia longirostris Quatref. Vorderende von unten gesehen. 3/1. 6. Nectonemertes mirabilis Verril. 1/1. 7 u. 8. Cerebratulus marginatus Renier. 3/4. Vorderende. — 7 mit fast geschlossenen, 8 mit weit geöffneten Kopfspalten. 9. Eunemertes antonina Quatref. Vorderende 101. 10. Pelagonemertes rollestoni Moseleyi. Vordere Körperhälfte. Ein wenig verkleinert. 11. Malcobdella grossa (0. F. Müller). 1/1. 12. Eupolia delincata Delle Chiaje. Vorderende. ca. 8/1. 13 u. 14. Drepanophorus albolineatus Bürg. Vorderende. ca. 4/1. — 13 von unten, 14 von oben gesehen. Es bedeuten: «a After, ast Angriffsstilet, atr Atrium, au Auge, bas Basis des Angriffs- stiletes, bl Ballon, dbld Biinddarm, cr Cirrus, ck Seitencanal, corg Cerebralorgan, corge Canal desselben, de dorsale Gehirneommissur, exgf Exeretionsgefäss, forg Frontal- organ, gh Gehirn, hod Hoden, kf Kopffurche, ks Kopfschlinge, ksp Kopfspalte, m Mund, md Magen-(Vorder-)darm, mid Mitteldarm, mtdt Tasche des Mitteldarms, ov Ovarium, pig Pigmentfleck, r Rüssel, re Rhynchocölom, red Rhynchodäum, rgf Rückengefäss, röf Rüsselöffnung, rst Reservestilet, sgf Seitengefäss, snpf Saugnapf, sst Seitenstamm, vc ventrale Gehirneommissur. Fig. 2 und 10 nach Moselyi (No. 137 und 138); Fig. 6 nach Verrill (No. 237); Fig. 11 nach v, Kennel (No. 146); die übrigen Figuren nach Bürger (No. 256). Tafel 2. $2: /org | BürgerNemeniını. u > — ge midt sol In mldt-- = >, N -hod om y ) MT 4-gh -55/ Nr oA | | at Cor i VAR i u AR DE FL ai EIMRSRE, 2,2% D Pi k ae se J I ie\ Erklärung von Tafel Ill. Körperwand. Fig. OT Es ; Carinella polymorpha (Renier). Querschnitt durch die Haut aus der Vorderdarm- gegend dicht hinter dem Munde. 320/1. u. 3. Carinella rubicunda Bürg. Querschnitte durch die Haut aus der Mitteldarm- gegend. 320/1. . Tetrastemma longissimum Bürg. Querschnitt durch die Haut aus der Magendarm- gegend. 200/1. . Eupolia pellueida (v. Kennel). Querschnitt durch die Haut aus der Vorderdarm- gegend. 120/1. . Poliopsis lacazei Joub. Querschnitt durch die Haut aus der Mitte des Körpers. 500/1. . Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitt durch die Haut aus der Vorder- darmregion. 160/1. . Carinoma armandi (Mishet). Querschnitt durch die Haut aus der Vorderdarmregion vor den Nephridien. Hier hat sich eine starke Längsmuskelschicht (alm) zwischen Ringmuskelschieht und Diagonalmuskelschicht eingeschoben; dieselbe fehlt weiter hinten. 56/1. . Cerebratulus marginatus Renier. Isolirte Wimperzelle aus dem Hautepithel. 480/1. . Eupolia delineata Delle Chiaje. Querschnitt durch die Körperwand. 160/1. . Cephalothrix ocellata Refast. Krystalle aus dem Hautepithel. . Querschnitt durch die Körperwand einer Metanemertine (schematisirt; Drepanophorus). ca. 100/1. . Hubrechtia desiderata (v. Kennel). Querschnitt durch die Körperwand aus der Kopfgegend. 56/1. . Drepanophorus crassıs (Quatref.). Grundschicht im Tangentialschnitte. 400/1. 5. Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitt durch die Körperwand aus der Vorder- darmregion (hinter den Nephridien). 56/1. . Eunemertes echinoderma (Marion). Querschnitt durch die Haut aus der Vorder- darmregion. 90/1. . Eunemertes echinoderma (Marion). Hautepithel am lebenden Thier von oben ge- sehen. 400/1. . Lineus lacteus (rube). Querschnitt durch die Körperwand aus der Vorderdarm- region. 160/1. . Carinella polymorpha (Renier). Hautepithel im Tangentialschnitt. 320/1. » 3 ” Querschnitt durch die Haut eines geschlechtsreifen Thieres. 130/1. . Euborlasia elisabethae Me Int. Querschnitt durch die Haut aus der Mitteldarm- gegend. 160/1. bedeuten: «lm äussere Längsmuskelschicht, b%k Bindegewebskern, bm Basalmembran, ci Cilien, eikn Knöpfehen der Cilien, ceist Stäbehen der Cilien, eu Cutis, cubg Bindegewebs- sel zel ıicht der Cutis, eudr Drüsenzellschicht der Cutis, dgm Diagonalmuskelschicht, drz Drüsen- len, drz‘ Drüsenzellmasse (die Contouren der einzelnen Zellen sind meist verloren gegangen), ep Epithel, epfz Epithelfadenzelle = Wimperzelle des Hautepithels, fdr Flaschen- drüsenzelle, yp Geschlechtsporus, gs Grundschicht, % Häkchen, lm innere Längsmuskel- schicht, k Kern, 2 Lücke, Imep subepitheliale Längsmuskelschicht, Imf Längsmuskelfasern, NS Nervenschicht, pdr Packetdrüsenzellen, xcep Rhynehoeölomepithel, relm Längsmuskel- schicht des Rhynchocöloms, rerm Ringmuskelschicht des Rhynchocöloms, rm Ringmuskel- schicht, rmep subepitheliale Ringmuskelschicht, sks Seeretgänge. Fig. 1—5, 7—10, 12—21 nach Bürger (No. 256); Fig. 6 nach Joubin (No. 215); Fig. 11 nach Keferstein (No. 97). Bürger,Nemenini. Tafel 9. Ian RT TEEN GERSEAUE PIE BETEN Banana « Tu M) DOM ‚m I / L; zelm Sy / Ulm ” B em fi eo 9 cudp | i eps \ A ne win Ara Erklärung von Tafel IV. Körperwand. — Kopfdrüse. zZ er [| N m - I . Cerebratulus marginatus Renier. Medianer Längsschnitt durch das Kopfende. ea. 20/1. . Vorderes Körperende einer Carinella (schematisirt). ca. 15/1. Tetrastemma diadema Hubr. Hinteres Körperende. 65/1. . Nemertopsis peronea (Quatref.). Medianer Längsschnitt durch das Kopfende. 25/1. . Tetrastemma glanduliferum Bürg. Vorderende. 20/1. ;. Prosadenoporus badiovagatus Bürg. Medianer Längsschnitt durch das Kopf- ende. 20/1. 7. Drepanophorus crassus (Quatref.). Medianer Längsschnitt durch das Kopfende. 15/1. 8. Cerebratulus marginatus Renier. Paramedianer Längsschnitt aus der hinteren Mitteldarmgegend (vor dem Schwänzchen). 20/1. 9, Cerebratulus marginatus Renier. Paramedianer Längsschnitt aus dem Schwänzchen. 20/1. 10. Carinella superba (Kölliker). Querschnitt durch die Längsmuskelschicht des Haut- muskelschlauchs. 100/1. 11. Drepanophorus albolineatus Bürg. Paramedianer Längsschnitt aus der Mitteldarm- gegend. 15/1. 12. Carinella superba (Kölliker). Querschnitt aus der Gegend der Seitenorgane. 15/1. 13. Euborlasia elisabethae Me Int. Isolirte Längsmuskelfaser aus dem Hautmuskel- schlauch. 400/1. 14. Carinina grata Hubr. Querschnitt aus der hinteren Nephridialregion. 15/1. 15. Drepanophorus latus Bürg. Querschnitt aus der Magengegend. 15/1. 16. Cerebratulus tigrinus Bürg. Längsschnitt durch die Körperwand. 45/1. 17. Eunemertes gracilis Johnst. Querschnitt aus der vorderen Magengegend. 25/1. 18. Nemertopsis peronea (Quatref.) (Querschnitt aus der vorderen Magengegend. 25/1. 19. Hubrechtia desiderata (v. Kennel). Querschnitt aus der Kopfspitze. 25/1. 20. Carinella superba (Kölliker). Querschnitt einer Längsmuskelfaser. 380/1. 21. Cerebratulus marginatus Renier. Längsmuskelschicht auf einem Längsschnitt. 160/1. 22. Carinoma patagomnica Bürg. (Querschnitt aus der Nephridialregion. 40/1. Se w for) o Es bedeuten: alm äussere Längsmuskelschicht, au Auge, bld Blinddarm, bldt Blinddarm- tasche, ce Cerebralcanal, corg Cerebralorgan, cu Cutis, de dorsale Gehirneommissur, dg dorsales Ganglion, dgm Diagonalmuskelschicht, drz Drüsenzellen, drzst Drüsenzellstrasse, dom dorso- ventrale Muskulatur, ep Epithel, exgf Excretionsgefäss, erp Exeretionsporus, gfe Gefäss- commissur, gp Geschlechtsporus, gs Geschlechtssack, gsch Grundschicht, kdr Kopfdrüse, kgf Kopfgefäss, gr Kopfgrube (Frontalorgan), %sl Kopfschlinge, kzd dorsales Muskelfaser- kreuz, kzv ventrales Muskelfaserkreuz, lm innere Längsmuskelschicht, Im Längsmuskel- schicht, m Mund, md Magendarm, mnsa äussere Muskelnervenschicht, ms/; Muskelkern, mtd Mitteldarm, mtdt Mitteldarmtasche, ns Nervenschicht, p Parenchym, pdr Packet- drüsenzellen, pk Parenchymkern, py Pylorusrohr, r Rüssel, re Rhynchocölom, red Rhyncho- däum, regf Rhynchocölomgefäss, relm Längsmuskelschicht des Rbynchocöloms, rerm Ring- muskelschicht des Rhynchocöloms, rcsgf Rhynchocölomseitengefäss, rct Rhynchocölomtasche, repi inneres Rüsselepithel, rgf Rückengefäss, rlm Rüssellängsmuskelschicht, rm Ring- muskelschicht, rm? innere Ringmuskelschicht, rn Rüsselnerv, no oberer Rückennerv, rnwu unterer Rückennerv, röf Rüsselöffnung, rrm Rüsselringmuskelschicht, sgf Seitengefäss, sh Sinneshaar, sl Schlund, sigf Schlundgefässe, sin Schlundnerv, sorg Seitenorgan, sph Sphincter, sst Seitenstamm, ve ventrale Gehirncommissur, vdep Vorderdarmepithel, vg ventrales Ganglion. Alle Figuren nach Bürger (No. 256); Fig. 22 (No. 257). Bu Al Tr ah) e BEN x EIYFAHT Fu’; T je A Eee ;\ BürgerNemeitini Tafel, mo. mu an de / witgrhnnm PRRRRR TAN. 2 midi y 9. m alm > m em Bu md © dom —, nn mm F en so sol exgl ıyl I md Dr midi Kopfdrüse. 65 Form, bei welcher ich sie früher (1590, No. 217) eingehend an mit Haematoxylin und Carmin gefärbten Schnittpräparaten studirt habe (Taf. IV, Fig. 6). Die Drüsenzellen der Drüsenzellschläuche sind rosettenartig an- geordnet wie ein Bündel Früchte, die an ihren Stielen aufgehängt sind; wie hier die Stiele, so laufen dort die Drüsenzellfortsätze zusammen. Die Drüsenzellen sind membranlos. Sie werden aber von einem gallertartigen Bindegewebe, das in das Leibesparenchym übergeht, um- geben, welches auch die Wandungen der Röhren bildet, in denen das Secret fortgeleitet wird; diese werden wohl öfters als Drüsenzellfortsätze kurzweg bezeichnet. Die Drüsenzelle ist eine regelmässig gestaltete, schlank birnenförmige. Es gelingt, im erweiterten Ende der Drüsenzelle einen kugligen, ziemlich grossen Kern mit einem kleinen Kernkörperchen festzustellen, inmitten einer lebhafter mit Carmin tingirten Masse, dem Zellplasma. Das Secret, welches sich mit Carmin wenig färbt und zum grössten Theil die birnförmige Anschwellung füllt, ist sehr fein granulirt und glänzend. Die Secretgänge der Drüsenzellen schliessen sich unmittelbar an- einander, so dass man wohl einen einzigen, gemeinsamen, mit Secret ge- füllten Schlauch aus einem Drüsenzellbündel hervorgegangen wähnt; in diesem ist das Secret erheblich von dem des birnförmigen Abschnittes verschieden. Bis zur äussersten Feinheit gekörnt, widersteht dasselbe Carminen völlig, imbibirt aber Hämatoxylin bis zur tiefsten Blaufärbung. Da auch die einzelnen Schläuche, die Sammelbündel der Secretröhren der Drüsenzellrosetten, sich wieder zusammenschliessen, so bekommen wir, je näher wir der Kopfspitze sind, desto mächtigere und umfang- reichere, intensiv (Hämatoxylinfärbung) oder fast ungefärbte (Carmin- färbung) Schläuche, welche Secret enthalten. Die Rosetten der Drüsenzellbündel liegen der Hauptsache nach über dem Rhynchocölom, aber auch neben diesem und selbst unter dem Blind- darm sind sie angehäuft. ' $ie erstrecken sich über den Magendarm hinaus nach hinten. Die Länge der Kopfdrüse beträgt wohl !/,, der Gesammtlänge des Thierkörpers. Von Sammelschläuchen fällt uns weiter hinten ein Paar auf. Das- selbe liegt neben dem Rhynchoeölom und vereinigt sich hinter dem eine sehr tiefe Grube darstellenden Frontalorgan, also über dem Rhynchodäum. Am Frontalorgan angelangt, spaltet sich der einzige Sammelschlauch wiederum in eine Summe feinster Secretgänge, die einzeln zwischen den Epithelzellen des Frontalorgans hindurch nach aussen dringen. Eine solch enorm entwickelte Kopfdrüse wie bei Prosadenoporus findet sich unter den Metanemertinen ferner bei Prosorhochmus elaparedi und korotneffi und Nemertopsis peronea (Taf. IV, Fig. 4 und 18), ausserdem bei einigen Tetrastemmen und Geonemerten. Bei letzteren erfüllen ihre Schläuche die Kopfspitze in der Gehirnregion - Bronn, Klassen des Thierreichs IV, 1. Spplt. [9] 66 Anatomie und Histologie. vollkommen und sind so massig und dick, dass sie das Gehirn scheinbar zusammendrücken und in seiner Entwicklung behindert zu haben scheinen. Es überragen dann die Drüsenzellschläuche der Kopfdrüse das Gehirn nach hinten und erstrecken sich bis in die Magendarmgegend. Die meisten Metanemertinen besitzen eine Kopfdrüse, welche nur von sehr wenigen oder gar nur einem einzigen kurzen dieken Drüsen- zellbündel, das sich kaum bis zum Gehirn nach hinten ausdehnt, ge- bildet wird (Taf. IV, Fig. 7). Nur in ganz vereinzelten Fällen ist sie vermisst. Die Kopfdrüse der Metanemertinen ist in das Leibesparenchym ein- gebettet. Das gilt auch für die Kopfdrüse der Protonemertinen, wo wir sie übrigens nur ausnahmsweise antreffen. Ich kenne sie nämlich nur bei Carinella rubieunda (Taf. IV, Fig. 2). Bei dieser Art erstrecken sich die Kopfdrüsenzellschläuche kaum bis zum Gehirn nach hinten. Sie lagern über dem Rhynchodäum und seit- lich von demselben, sich überall zwischen den Kopfgefässen eindrängend. Bei einem Exemplar, das ich untersuchte, war die Kopfspitze geradezu vollgepfropft von ihnen, so dass die Blutgefässe zusammengedrückt er- schienen, bei einem anderen lagen sie nicht derart dicht, und besonders waren die einzelnen Drüsenzellschläuche minder stark aufgetrieben wie bei jenem. Der Hauptausmündungspunkt der Kopfdrüse befindet sich terminal über der Rüsselöffnung. Hier sehen wir von der Drüse zum Hautepithel einen kurzen dicken Seeretgang hinantreten, der dadurch gebildet wurde, dass sich ein grosser Theil der Secretgänge der Drüsenzellbündel der Kopfdrüse vereinigte. Im Epithel schwillt er kuglig an. Dies erklärt sich dadurch, dass der dieke Sammelgang sich wieder in eine Anzahl dünner Gänge spaltet, um sich zwischen den Hautepithelzellen hindurch einen Weg nach aussen zu bahnen. Durch die terminale Ausmündung werden zum grössten Theil die Secretmassen nach aussen befördert, welche die über dem Rhynchodäum gelegenen Zellmassen der Kopfdrüse produciren. Jene Drüsenzellmassen der Kopfdrüse jedoch, welche ein wenig weiter hinten (ziemlich dicht vor dem Gehirn) neben den Blutgefässen liegen, bahnen sich zum grossen Theil direct einen Weg nach aussen, indem sie nach Art der Cutisdrüsen- zellen die Körperwand auf dem kürzesten Wege durchbrechen, hier also mittels zahlreicher feiner Secretgänge seitlich ausmünden. Ein Frontalorgan fehlt bei Carinella rubicunda. Von den Mesonemertinen fehlt wahrscheinlich Carinoma eine Kopf- drüse, dagegen ist sie bei Cephalothrix, wenn auch sehr minimal, ent- wickelt. Sie verhält sich wie bei den Metanemertinen. Bei den Heteronemertinen verhält sich die Kopfdrüse insofern anders wie bei den übrigen Ordnungen, als ihre Drüsenzellschläuche nach hinten viel mehr auseinanderstrahlen (Taf. IV, Fig. 1). Parenchym und Leibesmuskulatur. 67 Sie sind in der Regel sehr dünn und kurz, indem sie vor dem Gehirn enden und ihre Zellen nicht viel dicker als die Cutisdrüsen sind. Nur bei den Eupolien werden sie im Allgemeinen recht ansehnlich an Länge und Umfang. Hier erstrecken sie sich in die Vorderdarmregion hinein. Die Kopfdrüsenschläuche sind, was sich durch die innere Beschaffen- heit der Kopfspitze erklärt, bei den Heteronemertinen in Muskelgewebe eingebettet. Reichen sie bis in die Gehirnregion oder über das Gehirn nach hinten hinaus, so finden wir sie meistens nur in der äusseren Längs- muskelschicht, hier aber in ihrem gesammten Umfang lagernd. Nur selten constatiren wir sie innerhalb des Hautmuskelschlauches, Gehirn und Blutgefässe unmittelbar umgebend. Ist ein einziges Frontalorgan vorhanden (Kupolia), so münden die Kopfdrüsenzellschläuche wie bei den Metanemertinen grösstentheils durch dieses nach aussen. Sonst durchbohren sie hauptsächlich einen terminal über der Rüssel- öffnung gelegenen Hautepithelbezirk. Jedenfalls münden sie nicht durch die drei Wimpergrübehen nach aussen, welche bei den meisten Hetero- nemertinen das einzige Frontalorgan vertreten. Bei den Metanemertinen, namentlich bei Eunemertes und Amphiporus, seltener bei den Protonemertinen (Hubrechtia desiderata), kommen häufig im Kopfabschnitt Drüsenzellen vor, welche nichts mit der Kopfdrüse zu schaffen haben (Taf. IV, Fig. 17 und 19). Sie verhalten sich ähnlich wie die Cutisdrüsenzellen der Heteronemertinen und bilden wie diese Bündel. Sie finden sich hauptsächlich in den Seiten des Kopfes, seltener in seiner ganzen Peripherie und sind in den Hautmuskelschlauch oder tiefer in das Leibesparenchym eingebettet. Ihre Seeretgänge münden auf dem kürzesten Wege nach aussen. In der Regel sind diese Drüsen auf die Kopfspitze, also den vor dem Gehirn gelegenen Körperabschnitt beschränkt, mitunter aber breiten sie sich über das Gehirn hinaus nach hinten aus, dann aber hauptsächlich nur in den Seiten des Körpers an den Seitenstämmen entlang ziehend. 3. Das Parenchym und die Leibesmuskulatur. Die Nemertinen besitzen ausser dem Rhynchoeölom und eventuell dessen Taschen, dem Darmtractus, den Blutgefässen, Nephridien und Geschlechtssäcken keine Hohlräume. Die Organe aber, welche innerhalb des Hautmuskelschlauchs liegen, sind gebettet in ein gallertartiges Gewebe, das Parenchym, das innerhalb des Hautmuskelschlauchs sich dort entwickelt hat, wo bei den Anneliden eine Leibeshöhle sich vorfindet. Eine Leibeshöhle fehlt (Taf. IV, Fig. 15). a 68 Anatomie und Histologie. Das _Leibesparenchym ist bei den Proto- und Metanemertinen von der Kopfspitze bis zum Schwanzende entwickelt, während es bei den Meso- und Heteronemertinen aus der Kopfspitze durch eine starke, hauptsächlich aus Längsfibrillen zusammengesetzte Kopfmuskulatur verdrängt ist. Das Leibesparenchym ist jener Gewebsmasse sehr ähnlich, welche die Grundsubstanz zwischen den Muskelfibrillenbündeln des Hautmuskel- schlauchs bildet und oft, besonders in der Cutis, strangartig differenzirt ist. Wir bespracheu dieses Gewebe oben als Bindegewebe. Die histologische Beschaffenheit des Leibesparenchyms. Bei lebenden Thieren ist es fast wasserhell und durchsichtig. Bei con- servirten tingirt es sich mit Färbemitteln fast nicht. Es verräth ausser einer feinen Körnelung keinerlei Structur und zeigt nur spärliche Einschlüsse von einzelnen oder Haufen grosser blasiger Zellen, welche einen ovalen oder kugligen, kleinen Kern besitzen. Ausserdem finden sich übrigens Kerne, welche sich immer lebhaft tingiren, aber nicht von Zelleonturen umgeben sind, reichlich in ihm. Fast immer tritt bei denselben die periphere Lage der chromatischen Substanz hervor. Besonders scharf ist dieses bei den Parenchymkernen der Carinellen ausgeprägt. Vielfach, namentlich um das Rhynchocölom herum, bemerkt man kleinere Kerne, welche einen lebhaft gefärbten Fortsatz zeigen. Sie sind den „geschwänzten Kernen“ ähnlich, welche Lang bei Polyeladen fand. Zellen dieses Gallertgewebes umgeben massenhaft wie ein Mantel die Hauptblutgefässstämme; auch um das Rhynchocölom sieht man sie an Querschnitten kranzartig angeordnet, und eben so haben sie sich, wenn auch viel lückenhafter, um den Darm, besonders um den Vorder- darm angesammelt. Die Mächtigkeit des Leibesparenchyms, das von den dorso- ventralen und radialen Muskelzügen durchsetzt wird und die innere Ring- muskelschicht der Protonemertinen und von (arinoma armandi einschliesst, ist eine sehr verschiedene. Bei den Protonemertinen ist es in der Region des Rhynchocöloms auf die Umgebung der Blutgefässe beschränkt, erst hinter jenem bildet es eine dickere Schicht in weiterem Umfang um den Darm. Bei den Heteronemertinen füllt es gewöhnlich einen beträchtlichen Raum um Rhynehocölom und Darm herum aus, indessen ist es bei denjenigen mit stark um das Rhynchocölom herum und zwischen Rhynchocölom und Darm entwickelter Längsmuskulatur wiederum nur schwach entwickelt. Eine sehr geringe Entwicklung besitzt das Leibesparenchym im Allgemeinen bei den Mesonemertinen. Bei Cephalothrix umgiebt es im Wesentlichen nur die Seitengefässe, ebenso findet es sich bei Carinoma in der Vorderdarmregion nur um die Seitengefässe herum, sehr mächtig aber wird es bei dieser Art im Bereich des Mittel- und Enddarms, also sobald die innere Ring- muskelschicht aufgehört hat. Die Geschlechtstaschen verdrängen das Leibesparenchym. Sind jene wenig entwickelt, und ist das Thier diek und der Hautmuskelschlauch Parenchym und Leibesmuskulatur. 69 dünn, so finden wir ein sehr stark entwickeltes Leibesparenchym im Körper der Nemertine vor. Am bedeutendsten ist seine Entwicklung bei den Metanemertinen. Unter letzteren vor allen bei Pelagonemertes, wo es die Hauptgewebssubstanz des Körpers bildet. Hier gleicht es völlig der Gallerte der Medusen. Ein auffallend mächtiges Leibesparenchym besitzt von den Meta- nemertinen ferner Malacobdella. Dasselbe ist aber histologisch völlig anders wie sonst, denn es weist einen colossalen Reichthum an haupt- sächlich spindeligen Zellen auf. Bei den innerlich metamer gebauten Formen wird das Parenchym der Mitteldarmregion durch die Geschlechtssäcke in Septa zerlegt, welche die Darmtaschen aufhängen, und in denen die Blutgefässcommissuren und Rhynchocölomsäcke (Drepanophorus) eingeschlossen sind. Immer aber bleibt dorsal und ventral im Nemertinenkörper ein breites Band parenchymatösen Gewebes continuirlich von vorn bis hinten erhalten, wenn man will, je ein Längsseptum bildend. Ausserdem wird auch rings der Hautmuskelschlauch innerlich von einer ziemlich dicken Schicht dieser gallertigen Grundsubstanz bekleidet. Eben so besteht die Scheidewand, welche Geschlechtssäcke und Darmwand trennt, aus derselben. Die Leibesmuskulatur. Zu dieser rechne ich einen aus Ringfibrillen zusammengesetzten Muskelschlauch, welcher allgemein bei den Proto- nemertinen, und unter den Mesonemertinen bei Carinoma um Vorderdarm und Rhynchocölom entwickelt ist, diese beiden Hohleylinder einschliessend. Dieser Muskelschlauch wird als innere Ringmuskelschicht be- zeichnet (Taf. IV, Fig. 12, 14, 22). Sie grenzt fast unmittelbar ventral und dorsal an die Längsmuskel- schicht des Hautmuskelschlauches, lateral aber hebt sie sich von der- selben ab und giebt hier Raum für die Entwicklung parenchymatösen Gewebes, in das bei Carinella und Carinoma Blut- und Exeretionsgefässe gebettet sind. Die Lage der inneren Ringmuskelschicht aber innerhalb der Blut- gefässe und des Parenchyms ist für ihre Auffassung von entscheidender Bedeutung, da bekanntlich, wo immer Parenchym im Nemertinenkörper in solcher Massenhaftigkeit auftritt, dasselbe sich an Stelle einer Leibes- höhle entwickelt hat. Die Muskelschicht liegt mithin im Leibesparenchym und gehört nicht dem Hautmuskelschlauche an. Auch Hubrecht (1887, No. 204) war sich darüber von Anfang an klar, dass die innere, bei Carinella und Carinoma innerhalb der Blut- und Excretionsgefässe gelegene Ringmuskelschicht trotz ihres scheinbaren Zusammenhangs in ihrem oberen und unteren Umfang mit dem Haut- muskelschlauch nicht zu diesem zu rechnen, sondern als eine. Schicht desselben aufzufassen sei; er bewies das, indem er sie als eine Rhyncho- cölommuskelschicht, welehe sich unter den Vorderdarm, ihn umfassend, fortgesetzt hat, bezeichnete. Obwohl ich der Hubreeht’schen Auffassung nicht beistimme, muss ich doch zugeben, dass dieselbe sehr nahe lag. 70 Anatomie und Histologie. Doch ehe ich meine Deutung der inneren Ringmuskelschicht bringe, will ich sie beschreiben, und zwar an Carinoma armandi (Taf. IV, Fig. 22). Bei dieser Art beginnt der innere Ringmuskelschlauch nicht unmittelbar, aber ziemlich dicht hinter dem Munde. Er ist im Anfang sehr dünn, allmählich wird seine Wandung etwas, wenn auch nicht er- heblich stärker. Er ist vorn ungemein weit, entsprechend dem Rhyncho- cölom und dem Vorderdarm, die beide bald hinter dem Munde am ge- räumigsten sind. Am Anfang der Nephridialregion aber verdickt sich die Wand des inneren Ringmuskeleylinders derart colossal, dass sie, die nur aus einer Fig. IV Querschnitt durch Carinella, Fig. V durch Eupolia delineata. Die Haut ist nicht gezeichnet und in Fig. V auch die äussere Längsmuskelschicht fortgelassen worden. — D Darm, dvM dorsoventrale Muskulatur, KRN unterer Rückennerv, @Rm innere Ring- muskelschicht, Re Rhynchocölom. RG Rückengefäss, Rm Ringmuskelschicht, S@G Seitengefäss. einzigen Muskelschicht besteht, nunmehr fast dicker ist als der mehr- schiehtige Hautmuskelschlauch. Zugleich verengt sich der Raum, welchen der innere Ringmuskel- eylinder einschliesst, ganz beträchtlich, und in eben demselben Maasse werden Rhynchoeölom und Vorderdarm enger. Diese enorme Anschwellung ist der inneren Ringmuskelschicht fast in der gesammten Länge der Nephridien eigenthümlieh. Sie hört in der Nähe der Nephridialporen auf, mit ihr endet aber auch der innere Ring- muskeleylinder überhaupt. Nunmehr beginnt der Mitteldarm. Es bildet demnach die innere Ringmuskelschicht bei (©. armandı einen vorn dünnwandigen Cylinder, welcher Rhynchocölom und Vorder- darm einschliesst und hinten dicht vor dem Mitteldarm mittels einer sehr dieken ringartigen Anschwellung endigt. Ganz ähnlich wie bei €. armandi ist die innere Ringmuskelschicht Parenchym und Leibesmuskulatur, al bei den Protonemertinen von Carinella beschaffen. Mitunter ist sie weniger dick und es fehlt ihr die auffallende hintere Anschwellung. In der Regel hört die innere Ringmuskelschicht vor Beginn des Mitteldarms auf, indessen setzt sie sich bei manchen Carinellen (z. B. C. polymorpha) als ein wenn auch sehr dünner Mantel über das Rhyn- chocölom hinaus nach hinten um den Mitteldarm herum fort. Histologie. Die innere Ringmuskelschicht setzt sich aus ring- förmig verlaufenden Fibrillen zusammen, die sich in nichts von denen der Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs unterscheiden und bei Carinella und Carinoma denselben Verlauf wie in dieser zeigen. Es er- scheinen also, wenn ich mich so ausdrücken darf, beide Ringmuskel- schichten, die der Körperwand und die des Leibes, bei den Angehörigen jener beiden Gattungen gleichgewebt. Das ist nicht bei Carinina der Fall, wo die Muskelfibrillen in die Kreuz und Quer miteinander ver- flochten sind. Eine sehr merkwürdige Erscheinung wird dadurch hervorgerufen, dass die innere Ringmuskelschicht in Beziehung zur Ringmuskel- schieht des Hautmuskelschlauchs tritt. Das geschieht, indem dorsal und ventral in der Medianebene des Thierkörpers von links und rechts Muskelfasern aus dem Verbande beider Ringmuskelschichten heraustreten und die Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs durchdringend, die von der einen Ringmuskelschicht kommenden über Kreuz an die andere hinantreten. So kommen zwei einander gegenüberliegende Muskelkreuzungen in der Längsmuskelschicht zu Stande, von denen die obere die an Fibrillen reichere zu sein pflegt (Fig. IV und Taf. IV, Fig. 12). Die Muskelkreuzungen finden sich fast allgemein bei den Proto- nemertinen und ferner bei Carinoma. In die dorsale Muskelkreuzung sind die Anastomosen der beiden Rückennerven eingeschlossen. An den Muskelkreuzungen bei Carinoma betheiligen sich vornehmlich Fasern der Diagonalmuskelschicht. Bei allen Nemertinen, welche einen mit Taschen ausge- statteten Mitteldarm besitzen, kommt eine Muskulatur zur Aus- bildung, welche nicht eine zusammenhängende cylinderförmige Schicht bildet, sondern aus metamer angeordneten, senkrecht den Körper durchsetzenden Zügen oder Platten besteht. Ihre Fibrillen ziehen vom Bauch zum Rücken. Es ist die dorso- ventrale (Fig. V und Taf. IV, Fig. 11 und 15). Dorsoventrale Muskelzüge sind auch in der Region des Vorderdarms, zumal im hinteren Abschnitt desselben und in der Magengegend vorhanden, ihre typische, metamere Anordnung prägt sich aber erst im Bereich des Mitteldarms aus. Die dorsoventralen Muskelzüge oder Platten alterniren mit den Darmtaschen. 72 Anatomie und Histologie. Dorsoventrale Muskelzüge sind allgemein in der Vorderdarmregion und bei Formen mit relativ wenig tiefen Darmtaschen ausgebildet, z. B. bei Hubrechtia, Carinoma und den Eupoliden, breite Muskelplatten da- gegen kommen dort zu Stande, wo die Dissepimente tief in den Darm einschneiden, -wie bei den meisten Lineiden und Metanemertinen. Wir können uns die dorsoventrale Muskulatur als eine innere Ringmuskelschicht, welche in lauter, in gewissen Ab- ständen aufeinanderfolgende Ringe zerlegt wurde, vorstellen. Dazu kommen wir, wenn wir die dorsoventrale Muskulatur bei Eupolia oder Lineus geniculatus im hinteren Körperende betrachten (Fig. V). Denn in beiden Fällen besteht sie aus Muskelzügen, die jederseits den Darm und eventuell auch das Rhynchocölom (sofern es sich bis in diese Gegend nach hinten erstreckt) umspannen und sich oben und unten nahe der Medianebene des Körpers, die innere Längsmuskelschicht durch- dringend, an die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs anheften. Es beschreibt nun jeder dorsoventrale Muskelzug einen Halbbogen, indem er mitten unter dem Darm oder mitten über dem Darm oder Rhynchocölom sich an die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs anheftet. Ja, bei Lineus geniculatus kreuzen sich die beiden einander gegenüber- liegenden dorsoventralen Muskelzüge sogar an der Bauchfläche; sie heften sich in der entgegengesetzten Hälfte des Körpers an die Ring- muskulatur fest. Bei anderen Formen, und zwar stets bei den höheren Hetero- und Metanemertinen, wo beide Muskelplatten zwischen den Darmtaschen sich ausspannen, ziehen die Fibrillen in ziemlich der kürzesten Richtung vom Bauch zum Rücken. In allen Fällen heften sie sich, die Längsmuskel- schieht durchdringend, an die Ringmuskelschicht des Hautmuskel- schlauchs an. Sind keine Geschlechtssäcke zwischen den Darmtaschen entwickelt, so ist zwischen den Darmtaschen eine einzige einheitliche Muskelplatte ausgespannt. Sobald aber Geschlechtssäcke entwickelt sind, finden wir die ursprünglich einheitliche Muskelplatte in ihrer ganzen Breite, d.h. von ihrer seitlichen Peripherie bis zum axialen Darmrohr gespalten, so dass nunmehr eine Doppelplatte entstand, in welche die Genitaltasche eingeschlossen ist, oder wir bemerken, dass sie doch durch das Eindringen des Geschlechtssackes lateral sich gespalten hat und in ihrem peripheren Theile in zwei Blätter zerlegt wurde, während sie nach dem axialen Darmrohr zu noch als ein einziges sich zwischen den Darm- taschen ausspannt (Taf. IV, Fig. 11). Die Breite der dorsoventralen Muskelplatten wächst mit der Tiefe der Darmtaschen. In der mittleren und hinteren Mitteldarmregion schliessen die Muskel- platten die Seitengefässe ein, so dass letztere in jenen oder innerhalb jener verlaufen (Drepanophorus, Cerebratulus, Langia). -Anhänge des Körpers. 73 In der Vorderdarm- und vorderen Mitteldarmregion aber verlaufen die Seitengefässe ausserhalb der dorsoventralen Muskelzüge oder -platten. Vielfach sind die Muskelplatten aus vielen nicht ganz dicht anein- ander schliessenden Zügen zusammengesetzt, so dass dieselben gegittert erscheinen. Auch bei Carinina grata ist eine dorsoventrale Muskulatur ausge- bildet. Sie setzt sich aus kräftigen Fibrillenzügen zusammen, die mit den kurzen Taschen des Mitteldarms alterniren, aber auch — höchst selt- samer Weise — in der Vorderdarmgegend nicht fehlen. Dort finden wir sie innerhalb des inneren Ringmuskeleylinders, zwischen Seitengefässen und Vorderdarm (also innerhalb der Seitengefässe) ausgespannt, oben und unten sich verflechtend mit der inneren Ring- muskelschicht ganz so, wie sie sich sonst mit der äusseren, also der Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs verbinden. Sie treten am Vorderdarm hier sogar in bestimmten Intervallen auf. Histologie. Die dorsoventralen Muskelzüge oder -platten setzen sich aus Zügen von Muskelfibrillen zusammen, die alle in dorsoventraler Richtung verstreichen. Sie durchsetzen stets die (innere) Längsmuskel- schicht des Hautmuskelschlauchs, zertheilen sich meistens schon in dieser und strahlen in die Ringmuskelschicht aus. Man verfolgt sie bei den Metanemertinen bis in die Diagonalmuskelschicht hinein. Ihre Fibrillen sind im Wesentlichen nicht anders gebaut wie die des Hautmuskelschlauchs. Wahrscheinlich sind sie, das ist aus dem auffallend bedeutenden Kernreichthum der dorsoventralen Muskelzüge und -platten, welcher ihren Aufbau aus sehr vielen Fibrillen anzeigt, zu schliessen, noch viel kürzer als jene; jedenfalls sind sie feiner. 4. Die Anhänge des Körpers. a. Das Schwänzchen. Wandung und Parenchym des Schwänzchens, welches bei Micrura, COerebratulus und Langia vorkommt (Taf. I, Fig. 5) und hier als ein dünnes, 5—15 mm langes, meist borstenartig starres, weissliches Anhängsel auffällt, besitzen eine derart eigenthümliche histologische Beschaffenheit, dass sich ihre gesonderte Darstellung empfiehlt. Morphologisch stellt das Schwänzchen nichts anderes dar als das stark und meist plötzlich verjüngte hintere Körperende, in das sich von Organen der Darmtractus, die drei Blutgefässstämme, die Genitaltaschen und die Seitenstämme fortsetzen, und in welchem wir auch alle Schichten der Körperwand bis auf die Cutis, welche gänzlich verschwunden oder in ihrer Ausbildung fast unterdrückt ist, antreffen. Wir vermissen also im Schwänzchen von Organen nur das Rhynchocölom, das bei den Heteronemertinen sich ja übrigens nur selten bis in die hintere Körperregion hinein ausdehnt. Indessen ist zu 74 Anatomie und Histologie. bemerken, dass das Rhynchocölom bei Cerebratulus marginatus, dessen Schwänzchen ich hauptsächlich studirte, sogar erst im vordersten Abschnitt des Schwänzchens endigt. Was die Organe anbetrifft, so wird deren Ausbildung im Schwänzehen in den ihnen gewidmeten Capiteln gedacht werden, ich hebe nur hier schon hervor, dass die metameren Gefässcommissuren auch im Schwänz- chen vorhanden sind und die Genitaltaschen des Schwänzchens, so weit meine Erfahrungen reichen, keine Geschlechtsproduete entwickeln. Die Haut, und besonders die Muskelschichten und das Parenchym des Schwänzchens zeichnen sich vor denen des Körpers durch ihren auf- fallend grossen Reichthum an Kernen aus und machen somit den Eindruck embryonalen Gewebes (Taf. IV, Fig. 9). Es lässt der Reichthum an Kernen wohl keinen anderen Schluss zu, als dass die Zellelemente der Gewebs- schichten und des Parenchyms des Schwänzchens im Vergleich zu denen des Körpers ganz ausserordentlich klein sind. Die gallertige Substanz des Parenchyms ist sehr wenig, dagegen sind die Parenchymzellen sehr reichlich entwickelt. Der Reichthum an Kernen vergrössert sich nach der äussersten Spitze des Schwänzchens zu noch bedeutend. Dort, wo wir noch weiter vorn im Schwänzchen (innerhalb des Hautmuskelschlauchs) Parenchym entwickelt fanden, sehen wir im Ende des Schwänzchens nur noch zahllose Kerne, die so dieht als möglich aneinander gelagert sind. Die Parenehymzellen stellen im Schwänzchen kurze, dünne Spindel- fasern dar, welche in der Mitte einen Kern enthalten. Sie gleichen zum Verwechseln den Parenchymzellen von Malacobdella, von welcher wir behaupten, dass ihr Leibesparenchym ursprüngliche Verhältnisse darbiete. Ebensolche Parenchymzellen heften sich in erstaunlicher Fülle rings an die Blutgefässe des Schwänzchens an. Auch das Epithel der Haut des Schwänzchens ist besonders reich an Kernen. Im Uebrigen unterscheidet es sich nicht von dem des Körpers und ist vor allem wie dieses reich an Flaschendrüsenzellen. Die drei Muskelschichten des Hautmuskelschlauchs, von denen die äussere Längsmuskelschicht die stärkste ist und bleibt, sind bis dicht vor dem After deutlich zu erkennen. b.=D TerCTrra. Als Ciri hat Verrill (1595, No. 257) ein Paar seitliche, ziemlich lange, fadenförmige Anhänge bezeichnet, welche bei einer eigenthümlichen, nur in sehr bedeutenden Tiefen im Atlantischen Ocean, östlich von Nord- amerika wiederholt gedredgten Metanemertine (Nectonemertes mirabilis) am Vorderende vorkommen (Taf. II, Fie. 6). Die Cirri stellen nach Verrill Ausstülpungen der Körperwand dar. Sie sind mit deren Epithel überkleidet und es setzen sich auch ihre Muskelschiehten in sie fort. Nachtrag zum Abschnitt 3. 75 5. Nachtrag zum Abschnitt 3: „Das Parenchym und die Leibesmuskulatur“. Bald nachdem die voranstehenden Ausführungen vom Parenchym gedruckt waren, erschien ein Aufsatz von Montgomery *), welcher sich eingehend mit dem Bindegewebe und Parenchym der Nemertinen be- schäftigt und vor allem die Mittheilung enthält, dass die Nemertinen eine Leibeshöhle besitzen. Aeltere Autoren sprechen vielfach von einer Leibeshöhle bei den Nemertinen, aber sie nehmen als solche das Rhynchocölom in Anspruch (vgl. Keferstein 1862, No. 97). Nachdem man Begrenzung und Bedeutung dieses Hohlraumes klar erkannt hatte — wir verdanken das Mc Intosh 1875/74 (No. 125) —, leugnete man allgemein das Vorhandensein einer Leibeshöhle bei den Nemertinen. Man stützte sich vornehmlich auf die Arbeiten von v. Kennel 1877 (No. 146) und Hubrecht 1874--85. 1884 berichtete Salensky (No. 187) von Spalten, welche er bei Monopora vivipara, einer Metanemertine, um den Darm herum entwickelt fand, und an denen er ein somatisches und planchnisches Blatt unter- schied. Später 1886 (No. 200) stellte Salensky sogar die Entwicklung dieses „Cöloms“ fest. In der ersten meiner Nemertinen- Untersuchungen 1890 (No. 217) habe ich ebenfalls von Spalten zu berichten gehabt, welche zwischen Darm und Parenchym in der Mitteldarmregion bei Cerebratulus und Drepanophorus sich in meinen Schnittpräparaten bemerkbar machten. Später war ich 1895 (No. 256) indes zu der Ueberzeugung gekommen, dass es sich bei den Spalten um Kunstproducte gehandelt hatte, und kehrte zu dem auch in diesem Buche vertretenen Standpunkt zurück. Ein Cölom oder eine „body cavity“ hat Montgomery bisher in bemerkenswerther Ausdehnung bei Carinella annulata und Cerebratulus lacteus, dagegen reducirt bei Lineus lacteus, verschiedenen Amphiporen und Stichostemma**) aufgefunden. Es verhält sich übrigens anders wie die von Salensky und mir als Cölom in Anspruch genommenen Hohl- räume, indem es durch Lücken im Leibesparenchym repräsentirt wird. Die gelatinöse Grundsubstanz des Parenchyms hat sich offenbar zwischen Rhynchocölom, Darm und Körperwand verflüssigt, infolge dessen gibt es in den Cölomräumen sowohl festsitzende als auch flottirende Parenchym- zellen. Völlig obliterirt ist das Cölom bei Tetrastemma. Sollten sich die Befunde von Montgomery bestätigen, so würden die Nemertinen zum Theil im Besitze eines Pseudocöls sein. *, Montgomery, H. Thos., On the Connective Tissues and Body Cavities of the Nemerteans, with Notes on Classification. In: Zool. Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ont. Bd. 10, 1887. **) Stichostemma eilhardi, eine von Montgomery 1894 (No. 245) beschriebene Süss- wassernemertine; von mir 1895 (No. 256) dem Gen. Tetrastemma zugestellt. 76 Anatomie ünd Histologie. Montgomery unterscheidet Parenchym und Mesenchym. Als Parenchym bezeichnet er jene grossen, blasigen Zellen, welche Rhyncho- cölom und Blutgefäss umhüllen und in grösserer Menge zwischen Rücken- gefäss und Rhynehoeölom entwickelt sind (Taf. VIII, Fig. 14). Zum Mesen- chym dagegen rechnet er jene Zellen, welche in den Pseudocölräumen flottiren, ein Netzwerk bilden, oder sie umgeben, gelegentlich ein Pseudoepithel er- zeugend (Taf. VIII, Fig. 15). Ferner aber soll sich vom Mesenchym ableiten das intracapsuläre Bindegewebe des Nervensystems, das interstitielle Binde- gewebe des Hautepithels und das pigmentirte Gewebe der Körperwand (Lineus Taf. VIII, Fig. 16). 6. Das Nervensystem. Bei den Nemertinen ist ein centrales und peripheres Nervensystem nachgewiesen worden. Das Centralnervensystem zerfällt in Gehirn und Seitenstämme, das periphere in Nerven und Nervenschichten (Fig. VI und VII). Das Centralnervensystem ist bei kleineren, einigermaassen durch- sichtigen Thieren, besonders Metanemertinen, schon bei schwachen Ver- grösserungen zu sehen, sobald sie ein wenig gequetscht werden, und bei manchen Heteronemertinen schimmert es dank einer röthlichen Färbung durch den Körper hindurch, im allgemeinen wird man desselben indessen erst auf Schnitten ansichtig, die uns auch erlauben, tiefer in seinen feineren Bau einzudringen. Unsere Kenntnisse vom peripheren Nervensystem sind lediglich an Schnitten und lebenden, mit Methylenblau injieirten Thieren gewonnen worden. Letztere Methode hat auch unser Wissen vom Centralnerven- system erweitert. Das Gentralnervensystem ist zwar frühzeitig, nämlich schon von Delle Chiaje 1825 (No. 25) und Dujes 1830 (No. 32) gesehen, indessen nicht als solches erkannt worden, denn beide Forscher deuteten die Gehirnhälften als Herzen, die Seitenstämme als von diesen entspringende Gefässe. Darin folgte ihnen auch noch Huschke 1830 (No. 33) und G. Johnston 1837 (No. 37) nach. Erst Rathke 1843 (No. 42) gelangte zur richtigen Deutung, die aber nicht sogleich durehdrang, weil Oersted 1844 (No. 47) in seiner für die Nemertinenkunde im Uebrigen bedeutungsvollen Arbeit an der älteren Ansicht festhielt. Allgemeine Geltung gewann die Ansicht Rathke’s erst durch die ausführlichen Arbeiten von Quatrefages 1846 und 1349 (No. 54 und 55), in denen der Bau des Centralnervensystems hauptsächlich auf Grund von Untersuchungen an lebenden durchsichtigen Metanemertinen richtig und eingehend dargelegt wurde. Quatrefages erkannte die Zusammen- setzung jeder Gehirnhälfte aus zwei Anschwellungen und die Verknüpfung der Gehirnhälften durch eine dorsale und ventrale Commissur. Diese wichtigen Befunde wurden durch Frey und Leuckart 1847 (No. 56) bestätigt. Max Schultze 1853 (No. 76) und Keferstein 1862 (No. 97) Nervensystem. Historische Einleitung. 77 betonten besonders den Unterschied, welcher im Bau des Gehirns bei den bewaffneten (Nemertinea enopla M. Sch. = Tremacephalidae Kef.) und unbewaffneten Nemertinen (N. anopla M. Sch. — Rhochmocephalidae und Gymnocephalidae Kef.) herrscht; während nämlich bei jenen die beiden Ganglien, aus denen jede Gehirnhälfte besteht, ‚mehr vor- als übereinander liegen“ und das obere Ganglion nur den vorderen Theil des unteren deckt, sind bei diesen „die oberen Ganglien so weit nach hinten verlängert, dass man von oben die unteren Ganglien gar nicht sieht“. Einen starken Rückschritt machte Williams 1852 (No. 72), indem er trotz der Untersuchungen von Quatrefages wiederum die Gehirnhälften für Herzen ausgab. Durch die Monographie von Mc Intosh 1873, 1874 (No. 125) wurde unsere Kenntniss vom Öentralnervensystem auf eine grössere Anzahl von Arten ausgedehnt. Eine wichtige Entdeckung verdanken wir Moseley 1875 (No. 138), welcher bei der glashellen Pelagonemertes eine über dem After gelegene Commissur der Seitenstäimme constatirte. Dieser Befund ist durch von Kennel (Malacobdella) 1878 (No. 146), Hubrecht 1830 (No. 164) und mich 1890 (No. 217) und 1895 (No. 256) bei anderen Nemertinen bestätigt worden. Der feinere Bau des Centralnervensystems wurde viel später bekannt. Keferstein 1862 (No. 97) sagt bezüglich einer Metanemertine, dass Gehirn und Seitenstämme aus einer dicken Rinde einer feinkörnigen Masse bestehen, während der centrale Theil in den Seitenstämmen längs- faserig, dagegen in den Gehirnganglien querfaserig in der Richtung der Commissuren sei. Eine deutliche Zellenbildung vermochte Keferstein nirgends aufzufinden. Me Intosh 1876 (No. 140) spricht bereits von einem Zellmantel, welcher eine Fasermasse umgiebt, und bemerkt eine Scheide, welche das gesammte Gehirn umhüllt — äusseres Neurilemma — und eine andere, die die Fasermasse vom Zellmantel trennt — inneres Neurilemma. Recht bestimmt äusserte sich bereits Hubrecht 1880 (No. 164). Nach ihm bestehen Gehirn und Seitenstämme aus einem Faserkern resp. -stamm und einem Belag von Ganglienzellen. Der Faserkern ist verfilzt spongiös. Die Ganglienzellen sind meist unipolar und in ein weitmaschiges Stützgewebe eingebettet. Bei den Heteronemertinen ist der Grössenunter- schied der Ganglienzellen sehr bedeutend; besonders gross sind sie am medialen Umfang der Faserkerne der Gehirnhälften. In verschiedenen Untersuchungen habe auch ich mich besonders mit der Erforschung des feineren Baues des Centralnervensystems befasst und bin zu dem Resultate gekommen, dass der Kern des Centralnervensystems aus einem sehr feinen Bindegewebe und Nervenfasern besteht und dieser fast allgemein durch das innere Neurilemma von der Rinde getrennt ist, die sich aus Ganglienzellen zusammensetzt, welche von Bindegewebszellen umhüllt sind. Ein äusseres Neurilemma fehlt nur sehr selten. Alle Ganglienzellen sind unipolar und nach Grösse, Form und Tinetions- 78 Anatomie und Histologie. fähigkeit mit Carınin oder Hämatoxylin in vier Kategorien zu sondern, von denen die grösste den namentlich bei Anneliden beschriebenen Neurochordzellen entspricht. Die Neurochordzellen finden sich übrigens nur bei einer Reihe von Hetero- und Metanemertinen. Ihre Existenz ist von Montgomery”) bestätigt worden. Vom peripheren Nervensysteme sind den älteren Forschern wie Quatrefages, Keferstein, Me Intosh, nur die vom Gehirn abgehenden Kopfnerven, ferner die Nerven, durch welche die Cerebralorgane bei den Metanemertinen mit dem Gehirn in Verbindung stehen, und die Zweige der Seitenstämme bekannt gewesen. Wohl hatte bereits Mc Intosh 1873, 1874 (No. 125) die Nerven im Rüssel gesehen, sie aber ebenso wie Graff 1879 (No. 155), dem sie später bei einer Landnemertine auffielen, als Binde- gewebslager beschrieben; das Verdienst, ihre Bedeutung erkannt zu haben, gebührt von Kennel 1878 (No. 146). Im übrigen verdanken wir unsere Kenntnisse vom peripheren Nervensystem vor allem Hubrecht. 1880 (No. 164) erkannte dieser Forscher den Zusammenhang von Rüsselnerven und Gehirn, den von Kennel noch nicht zu eruiren vermocht hatte, ferner wies er ein Paar vom Gehirn entspringende Nerven nach, die den Vorder- darm versorgen („Nervus vagus“) und ausserdem einen unpaaren in der Medianebene des Körpers dicht über dem Rhynchocölom verlaufenden Nerven, der von der dorsalen Gehirneommissur abgeht. Hubrecht nennt ihn Rüsselscheidennerv. Im selben Jahre berichtete Hubrecht in einer anderen Arbeit (No. 166) über periphere Nervenschichten bei Proto- und Heteronemertinen von solcher Dicke, dass er von ihnen als Körper- schichten (,as one of the layers of the body-wall‘) sprechen durfte. Sie befinden sich dort, wo die Seitenstämme liegen, also bei Carinella zwischen Haut und Hautmuskelschlauch, bei den Heteronemertinen zwischen der äusseren Längs- und der Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs. 1887 (No. 204) bringt Hubrecht noch weitere Resultate, besonders seiner Studien der peripheren Nervenschichten — er vermag eine solche im Epithel von Carinina nachzuweisen — und entdeckte einen zweiten unpaaren, ebenfalls dorsal verlaufenden Mediannerven. Von mir 1895 (No. 256) ist später ein solcher Nerv auch am Bauche nachgewiesen worden, und ich vermochte die interessanten Befunde Hubrecht’s im wesentlichen zu bestätigen. a. Das Gentralnervensystem. Wir unterscheiden Gehirn und Seitenstämme (Taf. I, Fig. 1 und Taf. IV, Fig. 2). Das Gehirn befindet sich in der Kopfspitze; von ihm gehen die Seitenstämme aus, welche sich bis zum After nach hinten fortsetzen (Fig. VI und VII). Bei einer Anzahl von Arten ist festgestellt worden, dass die Seiten- stämme sich vor dem After über dem Enddarm miteinander vereinigen, die Analcommissur bildend (Taf. II, Fig. 2). *) Montgom ery, H. Thos., Studies on the elements of the Central nervous System of the Heteronemertini, in: Journ. Morph. Vol. 13, No. 3, 1897. Centralnervensystem. 79 Fig. VI Schema für die Lagerungsverhältnisse von Rhynehodäum, Rüssel, Rhynchocölom und Central- nervensystem,. Nach Joubin*). Es bedeuten: c Gehirn, ce! dorsale-, c? ventrale Gehirncommissur, f und g Rhyn- chocölomwand, © Insertion des Rüssels, n Seitenstamm, o Rüsselöffnung (d.i. die äussere Oeffnung des Rhyncho- däums), x Rhynchodäum, t Rüssel. Kir, Voll: Fig. VII. Schematische Seitenansicht vom vorderen Abschnitt des Centralnervensystems. Nach Joubin. Es bedeuten: b Mund, e Ringcommissuren, ci ventrale-, cs dorsale Gehirn- commissur, gö ventrale-, gs dorsale Gehirnganglien, gt Rhynchocölom, i Darm, I Seitenstamm, Ip Cerebralorgane, na Kopfnerven, nd Rückennerv, noe Schlundnerv, o Rüsselöffnung, Rhynchodäum, t Rüssel. * es . z . . ” . . Yyam ) Aus: Traite de Zoologie. Joubin: Nömertiens. Paris 1897. so Anatomie und Histologie. Das Gehirn ist entweder im Epithel, oder dicht unter der Haut, oderinnerhalb des Hautmuskelschlauches gelagert. Im letzteren Fall sind die Gehirnhälften am nahesten aneinander gerückt und. werden nur durch das Rhynehodäum, resp. Rhynchocölom voneinander getrennt (Taf. VI, Fig. 1—5). Eine epitheliale (Carinina) oder subdermale Lagerung (Carinella und Hubrechtia) besitzt das Gehirn bei den Protonemertinen (Taf. VI, Fig.1 u. 2). Bei den Meso-, Meta- und Heteronemertinen liegt es innerhalb des Haut- muskelschlauches (Taf. VI, Fig. 3—5). Bei den Meso- und Heteronemertinen, wo die Kopfspitze von Muskel- fasern ausgefüllt ist, steckt das Gehirn in diesen, bei den Metanemertinen finden wir es vom Leibesparenchym umgeben, das sich bei ihnen bis in den vordersten Körpertheil fortsetzt. Die Lagerung der Seitenstämme ist eine noch mannigfaltigere als die des Gehirns. Sie lagern im Epithel (Carinina), subdermal zwischen Grundschieht und Hautmuskelschlauch (Oarinella und Hubrechtia), im Hautmuskelschlauch und zwar in der inneren Längsmuskelschicht (Meso- nemertini) oder zwischen äusserer Längsmuskelschicht und Ringmuskel- schicht (Heteronemertini) oder im Leibesparenchym (Metanemertini) (s. ob. pag. 40 und 41, Fig. I und II, ferner Taf. IV, Fig. 14, 12, 22 und 15 und Taf. VI, Fig. 7). Die verschiedene Lagerung der Seitenstämme ist von mir systematisch verwerthet worden (s. ob. pag. 19). Die Seitenstämme (Fig. VI und VII) verlaufen in der Regel in den Seiten des Körpers (Taf. VI, Fig. 10), indessen bei einer Metanemertinen- gattung (Drepanophorus) treffen wir sie am Bauche an (Taf. VI, Fig. 11). Jede Gehirnhälfte besteht in allen Fällen aus zwei Anschwel- lungen, dem oberen oder dorsalen, dem unteren oder ventralen Ganglion (Fig. VID). Die Mächtigkeit der beiden Ganglien ist eine verschiedene. Bei den Protonemertinen Carinina und Carinella überwiegt an Grösse entschieden das dorsale Ganglion, bei Hubrechtia indessen scheinen beide einander ziemlich gleich zu kommen. Letzteres ist auch bei den Mesonemertinen der Fall, während bei den Hetero- und Metanemertinen vielfach das dorsale Ganglion das ventrale an Umfang übertrifft. Bei den Hetero- nemertinen wird die Gestalt des Gehirns und insbesondere der dorsalen Ganglien in hohem Grade dadurch beeinflusst, dass die Cerebralorgane mit den dorsalen Ganglien völlig verschmelzen (Taf. V, Fig. 6 und 7). Hubrecht 1880 (No. 164) sprach von ihnen geradezu als einer 3. Gehirn- anschwellung. Die beiden dorsalen Ganglien sind durch eine dünnere Commissur, die dorsale Gehirncommissur, miteinander verknüpft, die ventralen durch eine dickere ventrale, die ventrale Gehirneommissur (Taf. V, Fig. 1, 2 und Fig. 4—7). Erstere ist die längere, da die ventralen Ganglien immer ein wenig näher aneinander liegen als die dorsalen. Durch die Commissur hindurch tritt das Rhynchodäum, oder, wenn das Gehirn ein Centralnervensystem. Ganglienzellen. s1 wenig weiter nach hinten zurück liegt, das Rhynchoeölom (Taf. IV, Fig. 2 und Taf. VI, Fig. 1 und 3). In der Regel pflegt die Insertion des Rüssels innerhalb des Rahmens zu liegen, der vom Gehirn und seinen Commissuren gebildet wird (Fig. VI und VII). Natürlich kommt es zu einem unmittel- baren Umfassen der vorgenannten Röhren durch Gehirn und Commissuren nur dort, wo das Gehirn innerhalb des Hautmuskelschlauches gelegen ist. Aber hier schieben sich zwischen Gehirn und Commissuren und Rhynchodäum oder Rhynehocölom auch noch die Blutgefässe hindurch (Zaf. VI, Fig. 3% Bei allen Nemertinen bildet den Kern der Ganglien und Seiten- stämme eine fein verfilzte Fasermasse, die nach meinen Unter- suchungen bindegewebiger Natur ist. In ihr sind die Nervenfasern eingebettet. Man wird derselben aber nur bei der Färbung mittels Methylenblau ansichtig. Diese Fasermasse umgiebt eine äusserst dünne Bindegewebsscheide, das innere Neurilemma, welches fast immer in den Seitenstämmen ausgebildet ist, im Gehirn jedoch häufiger, wie z. B. bei Drepanophorus, stellenweis fehlt. Die Rinde der Ganglien und Seitenstämme wird von Ganglien- und Bindegewebszellen gebildet. Erstere liegen dem Faserkern zunächst Klar VI, Big) 1; 2, 3 und 16). Man kann bei allen Nemertinen drei Arten von @anglienzellen deutlich unterscheiden. Bei Üerebratulus marginatus, wo ich sie früher am genauesten studirt habe, sind sie folgendermaassen zu charakterisiren. Zunächst ist zu bemerken, dass sämmtliche Ganglienzellen des Gentralnervensystems der Nemertinen unipolar und membranlos sind; ihre deutlichen, langen Fortsätze sind in der hegel der Central- substanz zugewandt. Die Ganglienzellen liegen nie in Packeten, sondern einzeln, indem jede Zelle eine besondere Hülle besitzt. Die Ganglienzellen der ersten Art (Taf. VII, Fig. 1, 2und 3 gz! und Fig. 12) fallen ins Auge durch die ausserordentliche Neigung, welehe ihre Kerne zu Tinetionsmitteln haben. Besonders mit Boraxcarmin und Hämatoxylin färben sie sich tief dunkel. Ihr Zellleib ist sehr dünn und tritt am deutlichsten dort hervor, wo er sich in den Fortsatz verjüngt; ist der Leib ausnahmsweise stärker entwickelt, so zeigt er unregelmässige Formen. Die Fortsätze sind äusserst zart, aber von seidenartigem Glanze, als Fäden leicht verfolebar. Die Kerne sind von unregelmässiger Gestalt und stark lichtbrechend. Diese Zellen lagern sich meist kegelartig (auf günstigen Schnitten erscheinen sie fächerartig angeordnet), sodass ihre Fortsätze auf einen Punkt ausstrahlen, oder sie liegen, wenn sie in dicht- gedrängten Haufen vorkommen, scheinbar wirr durcheinander. Neben dieser Art kommt bei Behandlung mit Hämatoxylin eine ähnliche zur Geltung, welche sich durch etwas grössere Kerne und lebhafteres Hervortreten des Zellplasmas auszeichnet. Es ist dies eine Varietät, welche durch die Gehirnkapsel hindurch an die Kopfspalten tritt. Bronn , Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 6 82 Anatomie und Histologie. Die Ganglienzellen der zweiten Art (Taf. VII, Fig. 1—3 g7? und Fig. 7 und 13) sind von schlank birnförmiger Gestalt und alle ziemlich gleich gross. Ihr Querdurchmesser misst 3,6 a. Zellleib und Fortsatz färben sich matt. Ersterer umgiebt den Kern, welcher am Grunde desselben ruht, gleichmässig. Dieser ist ziemlich gross, schön oval und weniger intensiv gefärbt als bei der ersten Art. Vor Allem zeichnet diese Zelle ihre stets regelmässige Anordnung aus. Sie stehen selten zerstreut, niemals verwirrt, sondern zu mächtigen Kegeln gruppirt, gewähren sie auf Querschnitten das Bild eines ausgebreiteten Fächers. Die Ganglienzellen der dritten Art (Taf. VII, Fig. 1 und 2 92° und Fig. 7 und 11) sind es, welche den Beobachter sofort durch ihre theilweise ausserordentliche Grösse fesseln. Ihr Durchmesser beträgt bei einigen hiesenexemplaren 19 «, in der Regel jedoch nur 10 u; der Kern misst 7 u. Im Gegensatz zu der ersten und zweiten Art ist bei dieser der Zellleib tief dunkel tingirt und wenig heller als der Kern. Die Zellen gleichen einer Flasche mit kugelig angeschwollenem Bauche und lang ausgezogenem röhrenförmigem Halse, welcher dem dieken Fortsatz ent- sprechen würde. Auch retortenähnliche Formen sind häufig. Der Kern ist kugelig, doch auch nieren- und hufeisenförmige werden angetroffen ; er liegt im bauchigen Abschnitt der Zelle. Die Ganglienzellen dieses Typus haben sich in lockeren, umfangreichen Bündeln gruppirt, in denen sie ebenfalls eine strahlige Anordnung zeigen. Sie liegen peripher von dem Belag, welchen die erste und zweite Art bildet. Wenn sie zwischen die Zellen dieses treten, so liegen sie einzeln .oder nur zu wenigen beisammen. In bedeutender Anzahl finden sie sich in derselben Region nur immer in einer Gehirnpartie. Bei vielen Hetero- und einigen Metanemertinen habe ich noch eine vierte Art von Ganglienzellen (Taf. VII, Fig. 1, 5, 9 und 7 ncz) entdeckt. Man darf sie im Vergleich zu den übrigen Ganglienzellen als colossale bezeichnen. Sie finden sich nur in einem einzigen Paar im Gehirn von Cerebratulus und Langia (Heteronemertini) und Drepanophorus und Prosa- denoporus (Metanemertini), kommen ausserdem aber zahlreich in den Seitenstämmen der beiden erstgenannten Gattungen vor. Bei Cerebratulus marginatus sieht man auf einem Querschnitte, welcher die ventralen Ganglien an der Abgangsstelle der Schlundnerven getroffen hat, zwei Ganglienzellen von ungewöhnlicher Grösse einander gegenüber liegen, welche um so mehr auffallen, als in diesem Abschnitt des Ge- sammthirnes nur die kleineren Formen herrschen (Taf. VII, Fig. 1 ncz). Auf den verschiedenen Controllserien sah ich sie immer medial den ventralen Ganglien anliegen, also zwischen diesen und der mittleren, die beiden ventralen Ganglien trennenden, senkrechten Scheidewand der (rehirnkapsel. Sie haben eine fast horizontale Lage inne, die linke liegt höher als die rechte. Ihr Längsdurchmesser ist 40 «, der quere 20 u. Der kugelige, verhältnissmässig kleine Kern misst nur 7 «. Sie färben Centralnervensystem. Centralsubstanz. 83 sich mit Tinetionsflüssigkeiten eben so stark wie die dritte Art (Taf. VII, Fig. 10). Der Fortsatz ist der Zelle entsprechend diek und bis in die Mitte der Öentralsubstanz zu verfolgen. Ganz ähnliche Zellen finden wir genau an der nämlichen Stelle bei Langia formosa wieder. Hier hängen sie aber fast senkrecht von den ventralen Ganglien herab. Ihre Gestalt ist cylindrisch und ihr Quer- durchmesser beträgt nur 12 «, der Längsdurchmesser ist derselbe wie bei Cerebratulus marginatus. Diese colossalen Ganglienzellen bezeichnete ich als Neurochord- zellen und ihre Fortsätze als Neurochorde. Von den drei ersten, allen Nemertinen zukommenden Ganglienzellarten, beschränkt sich die erste Art auf die dorsalen Ganglien, die zweite auf die ventralen Ganglien und die Seitenstämme, während die dritte sowohl in beiden Ganglien jeder Gehirnhälfte als auch den Seitenstämmen vorkommt. Die Neurochordzellen finden sich entweder nur in einem Paar in den ventralen Ganglien wie bei den Metanemertinen oder dort und in dem Seitenstamm wie bei den Heteronemertinen (Taf. VII, Fig. 1, 2, 7,9 und 16). Neurochordzellen sind bisher aber nur bei den obengenannten vier Gattungen nachgewiesen worden. Montgomery“) hat jüngst das Centralnervensystem von Cerebratulus lacteus einer gründlichen histologischen Untersuchung unterworfen, welche im Wesentlichen eine Bestätigung meiner Befunde ergeben hat. Indessen verhält sich ©. lacteus dadurch anders als alle mir bekannten Nemertinen, dass im Gehirn (und zwar ebenfalls im Bereich der ventralen Ganglien) drei Paare von Neurochordzellen vorhanden sind. Die Fortsätze sämmtlicher Ganglienzellen dringen durch das innere Neurilemma hindurch in den Kern des Gehirns und der Seiten- stämme hinein. Seine Masse dürfen wir im Gegensatz zur Gehirnrinde als Centralsubstanz bezeichnen. Die Centralsubstanz (Taf. V, Fig. 5) besteht der Hauptsache nach aus einem fein verfilzten Bindegewebe, das von Fasern, die vom inneren Neuri- lemma abgehen, durchzogen wird. Sie wird von einem Mantel verästelter Zellen umgeben — wir bemerken meistens nur ihre kleinen Kerne —, der sich dicht an das innere Neurilemma anschmiegt, und ausserdem finden sich in ihr unregelmässig zerstreut kleine Kerne vor (Taf. VII, Fig. 14). In dieses Bindegewebe sind die Fortsätze der Ganglienzellen ein- gebettet. Wir bezeichnen von diesen die der drei ersten Ganglienzellarten als Nervenfasern und die der vierten Art als Neurochorde, Die Nervenfasern sind sehr fein und weisen mittels Methylenblau gefärbt in ihrer gesammten Länge kleine Verdiekungen auf (Taf. VII, Fig. 7). Ausserdem geben sie äusserst feine, sich öfters noch mehrfach verzweigende Aeste ab (Taf. VII, Fig. 15). Die Nervenfasern ordnen 2) Se oh op. eit. pag. 78. 34 Anatomie und Histologie. sich zu Strängen innerhalb der Centralsubstanz an. Wir finden in jedem Seitenstamm einen (Fig. VIII und IX und X und XI und Taf. VII, Fig. 7). Ich nannte ihn Uentralstrang. Wir können den Centralstrang eines jeden Seitenstammes vom After bis in die ventrale Gehirncommissur hinein verfolgen; hier kreuzen sie sich, indem die Fasern des Centralstranges vom linken Seitenstamm in den Centralstrang des rechten und umgekehrt hinübertreten. Die Centralstränge repräsentiren jedenfalls nur die gesammelten Fortsätze der zweiten und dritten Ganglienzellart, denn es ist wahr- scheinlich, dass sich die Fortsätze der ersten Art zu besonderen, auf das (Gehirn beschränkten Strängen vereinigen, die sich in der dorsalen Gehirn- commissur kreuzen. Aus den Üentralsträngen treten die Nervenfasern heraus, um, die Centralsubstanz verlassend, in den Körper, Organe und Gewebe versorgend, hineinzudringen. Am Seitenstamm habe ich gelegentlich den Fortsatz einer Ganglienzelle in den Centralstrang hinein und nach kurzem Verlauf in ihm wieder hinaus bis in dem Hautmuskelschlauch verfolet (Taf. VII, Fig. 16 und Fig. 7.) Die Fortsätze der Neurochordzellen, die Neurochorde, unterscheiden sich durch ihre bedeutende Dicke auffällig von den Fortsätzen der übrigen Ganglienzellarten. Wir constatiren sie an Querschnitten durch den Seiten- stamm schon bei schwachen Vergrösserungen (Taf. VII, Fig. 9 und 16). Sie bestehen aus einer röhrenartigen, hyalinen, feinen Scheide, welche bindegewebiger Natur ist, und aus einem stark lichtbrechenden Inhalt. Sie entbehren der perlschnurartigen Verdickungen. Ihre CGontouren sind rauh, zackig (Taf. VII, Fig. 7). Es ist mir neuerdings nach Färbung mit Methylenblau nicht gelungen, Verzweigungen der Neurochorde fest- zustellen. Früher glaubte ich mich an Schnitten vom Gegentheil überzeugt zu haben, und Montgomery will sicher festgestellt haben, dass sich die Neurochorde verästeln. Sie treten wie die übrigen Ganglienzellfortsätze in die Centralsubstanz hinein, aber ich habe niemals den Austritt eines Neurochords aus der Centralsubstanz gesehen. Wo die Neurochordzellen in der Mehrzahl vorhanden sind (Cerebratulus und Langia), vereinigen sich auch die Neurochorde zu Strängen (Taf. VIl, Fig. 9 und 16 und Fig. VII und X). Bei Cerebratulus marginatus dringen die Fortsätze der im Gehirn gelegenen Neurochordzellen in die Uentralsubstanz der ventralen Ganglien ein, biegen sich in ihr nach hinten um, die Richtung nach dem After beibehaltend. Diesen gesellen sich die Neurochorde der in den Seiten- stämmen liegenden Neurochordzellen zu (Fig. VIII). Die Centralstränge und die Stränge der Neurochorde verlaufen getrennt von einander. Jene verfolgen wir in der oberen Partie der Centralsubstanz, dem dorsalen Ganglienzellbelag des Seitenstammes genähert, diese in der lateralen (Fig. X). Centralnervensystem. Centralsubstanz. 55 Fig. VII. Fig. IX. 2 a — en a 3 N/ | Be EEE Wer. X FW Nee:-- I FEREeR £ Ä z \ G2.-- Mk Dre Fig. VIIL. Schema vom Bau des Seitenstammes und des ventralen Ganglions eines Cerebratulus. Es bedeuten: Nez/—NezV I, Neurochordzellen; Ne I—Ne VI, die nach Montgomery verzweigten Neurochorde derselben ; Gz, Ganglienzellen ; Msf, Muskelfibrillen ; Nez, inneres Neurilemma. Im Gehirn ist der Verlauf der Ganglienzellfortsatzbündel dargestellt, welche in der Richtung des Pfeiles » (als Sammelstrang) nach vorn nahe am Centralstrang entlang ziehen, der muthmaassiich in der Richtung des Pfeiles } von vorn nach hinten verläuft, die Nerven N abgebend. — Es ist bei der Darstellung des Verlaufs der Nervenfaserzüge im Seitenstamm von der Vermuthung ausgegangen, dass wie im Gehirn, so auch in den Seiten- stämmen ein Theil der Nervenfasern die Richtung von hinten nach vorn einschlägt, einen Sammelstrang bildend, welcher im anderen Seitenstamm zum Centralstrang wird, also eine Wechselbeziehung zwischen der Ganglienzellmaterie der einen Hälfte des Uentralnervensystems mit der anderen besteht, wie sie klar im Verlauf der Neurochorde bei den Metanemertinen zum Ausdruck kommt. Die muthmaasslich von hinten nach vorn verlaufenden Fortsätze der im Schwanzende so gehäuften Neurochordzellen sind nicht berücksichtigt. Fig. IX. Schema vom Bau des Seitenstammes und des ventralen Ganglions eines Drepanophorus. Es bedeuten: Nezl, linke Neurochordzelle ;, Ner, rechter Neurochord; Nel, linker Neuro- chord. Sonst vgl. Fig. VII. Die Neurochorde verzweigen sich nicht. 5b Anatomie und Histologie. Wo die Neurochordzellen im Seitenstamm fehlen, und nur ein einziges Paar im Gehirn vorhanden ist (Prosadenoporus und Drepanophorus), treffen wir in jedem Seitenstamm nur einen Neurochord an, welcher bei ‚Prosa- denoporus von der Neurochordzelle in die Gentralsubstanz des ventralen (Ganglions eindringend, sich in diesem direet nach hinten umbiegt und bis zum After fortsetzt. Ein ganz anderes Verhalten müssen wir bei Drepano- phorus feststellen. Hier verfolgen wir den Neurochord zwar auch von seiner Fig. XL (uerschnitte durch den Seitenstamm. Fig. X von Zangia; Fig. Al von Drepanophorus; Es bedeuten: Nea, äusseres Neurilemma; Nei, inneres Neurilemma; Ne, Neurochord; WB, Centralstrang; N, Nerv; Msf, Muskelfibrillen; 5gHa, äusseres Hüllgewebe; /, lateral; m, medial; D, dorsal; V, ventral. Zelle in die Gentralsubstanz des ventralen Ganglions hinein, bemerken aber, dass er in dieser angelangt nach vorn umbiegt, in die ventrale Hirn- commissur eintretend und sich aus dieser in das andere Ganglion und weiter in den anderen Seitenstamm fortsetzt, ebenfalls bis zum After reichend. Also bei Drepanophorus kreuzen sich die Neurochorde in der ventralen Commissur des Gehirns (Fig. IX und Taf. VII, Fig. 5). Auch bei den Metanemertinen nehmen Neurochorde und Centralstränge einen getrennten Verlauf. Bei Drepanophorus ist der Uentralstrang im Seitenstamm ventral lateral und der Neurochord ventral medial gelegen (Fig. XI und Taf. VII, Fig. 17). Bei Prosadenoporus verläuft der Neuro- chord ganz medial, aber etwas höher im Seitenstamm. Die Neurochorde sind zweifelsohne den als Neuralcanälen, Neuro- chorden oder colossalen Ganglienzellfortsätzen beschriebenen Gebilden zu vergleichen, welche sich vornehmlich im Bauchmark der Anneliden vor- finden. Uentralnervensystem. Bindegewebe. 87 Den Ganglienzellbelag von Gehirn und Seitenstäimmen umhüllt Bindegewebe, das eine besonders mächtige Entwicklung bei den Heteronemertinen zeigt. Ich habe auch dieses besonders genau bei Cerebratulus marginatus studirt. Es setzt sich in erster Linie aus solchen Elementen zu- sammen, welche das innere und äussere Neurilemma aufbauen. Ueberall sehen wir, wie sich Züge, die sich ihrerseits wieder in zahllose Fäserchen spalten, von den Strängen des letzteren abtrennen und in den Gehirnraum treten. Diese Zweige lösen sich nun entweder auf oder ver- binden sich mit dem inneren Neurilemma oder den Theilen der Gehirn- kapselwandung, welche dem Rhynchocölom, eventuell den Blutgefässen anliegen. Auf diese Weise bilden sie ein Grundgerüst, welches die Faserstämme und die Ganglienzellbelagsbündel in dem grossen Binnenraume, den das äussere Neurilemma umschliesst, aufhängt. Diese Bindegewebs- stämme und Fasern verrathen ihren Ursprung auch durch die Spindelkerne, von denen sie begleiten werden. In diesem Grundgewebe breitetssich jedoch noch ein anderes Gsewebselement aus, welches ich im Gegensatz zu jenem, dem ich eine mehr stützende Bedeutung zusprechen möchte, ein specifisches Hüll- material nennen muss. Wir sehen nämlich, wo immer das beschriebene Bindegewebe im Gehirn oder in den Seitenstämmen eine Rolle spielt, in die Maschen desselben zahlreich Kerne eingebettet, welehe durch ihre Structur und durch ihr charakteristisches Verhalten gegen die gebräuch- lichsten Tinetionsmittel unverkennbar sind und sich von den Kernen der Stränge und des inneren Neurilemmas sehr auffällig unterscheiden. Sie fallen durch ihre ziemlich bedeutende Grösse, ihre regelmässige, elliptische Gestalt, durch eine periphere, rosenkranzartige, dunkel gefärbte Körnchenzone, sehr kleine Nucleolen, welche zu einem oder mehreren im Kernleibe liegen, und eine stets ungefärbte, helle, selbst Hämatoxylinen widerstehende, centrale Substanz, welche ein zartes, chromatisches Gerüst durchflicht, ins Auge. Die Hauptmasse dieser Kerne liegt meist in gleich- mässiger Vertheilung peripher von den Ganglienzellbündeln der grösseren Arten; aber auch zwischen den Zellen, auch denen der ersten Art, findet man sie überall zerstreut. Um die grossen Arten sind sie haubenartig gruppirt. In zahlloser Menge treten sie lateral von den ventralen Ganglien etwas hinter der ventralen Hirneommissur dicht zusammengedrängt auf. Ihre gleichmässigste Vertheilung zeigen sie um die ventrale Commissur herum, sodann medial zwischen den ventralen Gehirnlappen (Taf. VII, Fig. 2). Daneben kommen noch kleinere Kerne vor, welche etwas färbbarer sind, die sonst aber nichts von jenen unterscheidet. Wie die gleiche Struetur, so besitzen sie denselben eigenthümlichen Zellleib, sodass sie nicht als eine andere Art abzutrennen sind. Der Zellleib, welcher diesen blassen Kernen zukommt, ist äusserst hinfälliger Natur und nicht mit jeder Behandlung deutlich zu machen. 8 Anatomie und Histologie. Mit Boraxcarmin beispielsweise zerfällt er völlig in kleine Körnchen, die von dem Fasergewirr, zumal sie den Farbstoft annehmen, kaum zu unter- scheiden sind. Die schönsten Resultate habe ich mit einer Vorfärbung mit Hämatoxylin erhalten. In diesen Präparaten umlagert der Zellleib den Kern als eine körnige, gelblichgrüne Masse, welche sich nach allen Seiten dendritisch verästelt. Sie macht ganz den Eindruck eines Pigmentes, und ich werde ihre Trägerinnen auch künftig als Pigmentzellen bezeichnen, ohne hiermit eine Deutung bezwecken zu wollen (Taf. VII, Fig. 9). Die Pigmentzellen sind von unregelmässiger Gestalt; sie zeigen bald mehr, bald weniger Fortsätze. Das Pigment wird theils von kleinen, gröberen oder feineren, dunklen, undurchsichtigen Körnchen gebildet oder von bis kerngrossen, grünlichen, glänzenden Tröpfehen, welche entweder hell und matt glänzend wie ein Oelhläschen erscheinen oder im Inneren eine körnige Ansammlung zeigen. Die Tröpfehen waren seltener, aber es ist wahrscheinlich, dass sie durch die Behandlung erst in Körnchen zerfallen sind; dafür spricht, dass bei Behandlung mit neutralem Garmin, welchem ich überhaupt immer die histologisch am besten erhaltenen Bilder ver- danke, die Tröpfehen bedeutend zahlreicher erhalten waren. Die Fortsätze dieser Zellen bilden ausserordentlich zarte Ausläufer, welche Bindegewebsfasern gleichen und auch wie jene sich maschenartig verstricken. Denn sie sind es, welche die Hauben um die grossen und mittleren Ganglienzellen bilden und sich dicht um ihren Leib und ihre Fortsätze legen, sie anstatt einer Membran umscheidend. Diese Zellen sind in unendlicher Fülle vorhanden und bilden ein Gewirr von Fasern, die sich aber um die Ganglienzellen, ganz ähnlich wie die Körper- bindegewebszüge um das Gesammthirn, korbartig verflechten. Die Pigment- zellen legen sich seltener direet an die Ganglienzellen, sondern entsenden aus einiger Entfernung ihre sehr verfeinerten Fortsätze, in welchen ich nichts von der grünlichen Substanz mehr nachzuweisen vermochte, zwischen und um die Ganglienzellen. Der Zellleib derjenigen Kerne, welche zwischen den Ganglienzellen der ersten Art liegen, ist bedeutend pigment- ärmer, ebenso tritt das Pigment auch im Umkreis jener Kerne zurück, welche die dichten Haufen bilden. Auch im Gehirne gänzlich anders conservirter Cerebratulen ist ein pigmentführendes Hüllgewebe aufgefunden worden. In den Seitenstämmen liegen die Pigmentzellen oben und unten an den Ganglienzellhaufen und lateral von der Centralsubstanz, wo sie am reichlichsten entwickelt sind. Die Pigmentzellen bilden das Hüllgewebe nicht der Ganglienzellen des Gehirns und der Seitenstämme allein, sondern dasjenige der nervösen Materie überhaupt. Zwar werden wir dieselben nirgends im Körper wieder so massenhaft entwickelt vorfinden wie in den centralen Partieen des Centralnervensystem. Bindegewebe. a) Nervensystems, aber auch bei der Betrachtung der peripheren Nerven- schichten, ja selbst der Cerebralorgane ihrer zu gedenken haben. Dem Pigment dieses Hüllgewebes verdankt das Gehirn seineFärbung, welche bei manchen Nemertinen, z. B. Cerebratulus fuscus, äusserst intensiv, nämlich leuchtend roth ist. Infolge derselben fällt uns das Gehirn bei dieser Art am lebenden Thier sogar durch die ziemlich undurehsichtige Körperdecke hindurch auf. Und nicht allein das Gehirn, sondern auch die Seitenstämme erscheinen roth gefärbt, und zwar ebenfalls durch das in die Zellen des Hüllgewebes eingelagerte Pigment. Hubrecht (1380, No. 164) ist der Ansicht, dass die Färbung des Centralnervensystems von Hämoglobin herrühre, welches nach Engel- mann’s Untersuchungen das Gehirn führen soll. Hubrecht schreibt dem Gehirn auch eine respiratorische Thätigkeit zu. Bei Euborlasıa zeigt ausser dem Öentralnervensystem auch der Haut- muskelschlauch und vornehmlich die Ringmuskelschicht eine hochrothe Färbung, welche gleichfalls auf pigmentführende, den beschriebenen verwandte Zellen zurückzuführen ist. Die Färbung der Pigmentkörner varürt von Dunkelroth bis zu Braungelb. Bei den Metanemertinen, besonders häufig bei Drepanophorus kommen in der Ganglienzellrinde von Gehirn und Seitenstämmen sehr dichte, gelbe Pigmenthaufen von verschiedener Grösse vor — ähnlich denen in den Cerebralorganen — welche völlig isolirt und unregelmässig auftauchen. Sie sind nicht mit den Pigmentzellen des Hüllgewebes zu verwechseln, da sie nie Verästelungen zeigen, sondern immer compact erscheinen und statt der grossen, blassen Kerne sehr zahlreich äusserst minimale Kerne eingelagert besitzen, welche sich intensiv tingiren. Solche Pigmenthaufen finden sich aber auch an anderen Orten im Nemertinenkörper. Das Centralnervensystem ist mit Ausnahme der Protonemertinen Carinina und Hubrechtia von einer bindegewebigen Hülle, dem äusseren Neurilemma, umschlossen. Bei den übrigen Protonemertinen besitzt dasselbe allgemein einen sehr primitiven Charakter, denn es wird theilweise unmittelbar durch die Grundschicht ersetzt, und mittelbar bildet diese das Neurilemma durch Aeste, welche sich von ihr abspalten und das Gesammthirn in lockerster Weise umscheiden und nach innen vom Hautmuskelschlauch abgrenzen. Erst an dem Seitenstamme gewinnt das äussere Neurilemma grössere Selbständigkeit. Uebrigens habe ich andere Hüllelemente als die feinsten Verfaserungen des Neurilemmas und der Aeste der Grund- schicht, welche auch hier kleine spindelige Kerne, aber von geringerer Grösse als bei Cerebratulus führen, durchaus nicht im Gehirne der Proto- nemertinen feststellen können, dagegen wohl im Seitenstamme durch die unverkennbaren, wenn auch spärlich vertheilten grossen, hellen, elliptischen Zellkerne. 90 Anatomie und Histologie. Die Gehirnkapsel wird bei den Meso- und Heteronemertinen direct von jenen radiären Bindegewebszügen gebildet, welche die radialen Muskelzüge einschliessen, indem sich diese Bindegewebszüge ausbreiten und durch mehr oder minder dichte Verflechtung, die ganz an ein Korb- eeflecht erinnert, einen lockeren Mantel um die Gehirnmassen herstellen (Taf. VII, Fig. 1 und 2). Am mächtigsten und zwar in mehreren Schichten ist derselbe ventral im vorderen Gehimnabschnitt entwickelt, hier zugleich den primitivsten Bau zeigend. Medial und dorsal verschlingen sich die Bindegewebszüge enger, sodass die Hülle fester und dünner erscheint. Sehr locker, für den Durchtritt von Nerven und Ganglienzellen berechnet, ist sie lateral in der Gegend der Kopfspalten gebaut; sie fehlt nur dem Scheitel der dorsalen Commissur. In das Flechtwerk der Gehirnkapsel sind verschieden geformte, lange, meist spindelförmige Bindegewebskerne eingelagert, welche zahlreiche Kernkörperchen besitzen und sich mit Farbstoffen stark tingiren. Die Gehirnkapsel erweist sich bei Cerebratulus und Langia als ein sehr ursprüngliches Gebilde. Es ist bemerkenswerth, dass Eupolia eine bedeutend höher entwickelte Kapsel besitzt und diese schon eine membran- artige Bildung verräth, wie sie erst den waffenführenden Nemertinen zukommt. Noch ursprünglicher ist die Kapsel, wenn man überhaupt von einer solchen reden.-darf, gebaut, welche den Seitenstamm von der Körperwand nach aussen abschliesst (Taf. VII, Fig. 9 und 16). Medial nämlich liegt der Faserkern des Seitenstammes, nur vom inneren Neurilemma eingeschlossen, unmittelbar der Ringmuskulatur an. Diese Kapsel bilden ebenfalls die radialen Bindegewebsstränge der äusseren Schichten des Hautmuskelschlauchs und der Cutis, ein lockeres Flechtwerk erzeugend, welches sich nach unten und oben über die äussere Muskelnervenschicht fortsetzt. Uebrigens treten aus dieser Kapsel Bindegewebsstränge heraus, welche den nothdürftig gegen die Längsmuskulatur abgegrenzten Binnen- raum des so entstandenen neurilemmatischen Halbeylinders durch- dringen und durch die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauchs hindurch, radiale Muskelzüge führend, an die Organe ziehen. Bei Eupolia besteht das äussere Neurilemma aus zwei Hüllen, einer äusseren und einer inneren. Die äussere ist eine Verstrickung der Körper- gewebszüge und wie die Gehirnkapsel der übrigen Heteronemertinen ein lockeres, korbartiges Flechtwerk, in welches die charakteristischen, spindel- förmigen Kerne eingelagert sind. Dasselbe ist dorsal mächtig entwickelt, ventral und medial ist es nur dünn. Die innere Hülle ist ein hyalines, ziemlich gleichartiges Blatt, das ausser den Gehirnganglien auch die Cerebralorgane einschliesst. Sie stellt eine glänzende Membran dar, in welcher ich niemals Kerne eingelagert fand, dagegen sind solche aussen und innen dicht an sie gedrängt. Die innere Hülle ist vielfach mit den Strängen des äusseren Korbgeflechtes verwachsen. Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 9] Bei den Metanemertinen ist das äussere Neurilemma zu einem membranartigen Blatte umgewandelt, zu einer dünnen, soliden, stark licht- brechenden Haut, die auch um die Üerebralorgane eine Kapsel bildet (Taf. VII, Fig. 3). Aussen legt sich dicht um dasselbe das Körperbinde- gewebe, dessen Stränge sich zerfasern, innen begrenzt es das intracapsuläre Bindegewebe. Das äussere Neurilemma besteht also ähnlich wie bei Eupolia aus zwei Schichten. Zwischen diesen beiden findet man hier öfters Nervenzüge eingeschlossen. Ausser den typischen, spindeligen Bindegewebskernen fand ich vereinzelt kleine, ovale, mit deutlichem Zellleibe im äusseren Neurilemma; die Spindelkerne pflegten demselben anzuliegen. Mit Ausnahme der Proto- und allgemein der Metanemertinen, wo eine Scheidewand zwischen Centralsubstanz und Ganglienzellbelag fehlt oder nur sehr unvollständig entwickelt ist, kommt eine solche allgemein im Centralnervensystem der Nemertinen vor. Wir nennen sie inneres Neurilemma. Dasselbe verhält sich bei allen Nemertinen sehr übereinstimmend und repräsentirt eine sehr dünne, ziemlich homogene Haut, in welcher sich wie im äusseren Neurilemma spindelförmige Kerne vorfinden (Taf. VII, Bier12, Ilörund 17). Bei den Metanemertinen ist derselbe nur im hinteren Abschnitt der ventralen Ganglien und in den Seitenstämmen entwickelt. Uebrigens ist anzumerken, dass mit seinem Mangel der Verlust des Kernmantels um die Centralsubstanz, auf welchen oben hingewiesen wurde, Hand in Hand geht. Merkwürdigerweise kommen in den Seitenstämmen verschiedener Hetero- und Metanemertinen Muskelfasern vor. Es sind Längsmuskel- fibrillen, welche, in den Seitenstämmen zwischen äusserem und innerem Neurilemma bis an die Ganglienzellsäulen herantretend, verschiedene Bündel bilden, die, bei den Heteronemertinen nur lateral entwickelt, sich dem äusseren Umfange des Faserstammes anlegen. Bei Langia sind diese sehr feinen Längsmuskeltibrillen — sie sind von viel geringerem Durchmesser als die des Hautmuskelschlauches — zu einem dichten Polster um das innere Neurilemma herum angeordnet, bei Oerebratulus sind sie im intracapsulären Bindegewebe zerstreut (Taf. VII, Fig. 9 und 16 und pag. 86, Fig. X). Bei Drepanophorus constatiren wir die kaum messbaren Querschnitte sehr feiner Muskelfibrillen nur an der medialen Seite; sie umgreifen die dorsale und ventrale Fläche des Faserstammes etwa bis zu den eintretenden Fortsatzbündeln der Ganglienzellen. Sie sind im Halbeylinder reihenartig angeordnet und hart an das innere Neurilemma gedrängt (pag. 86 Fig. XI und Taf. VII, Fig. 17). Ausserdem habe ich sie noch bei Prosadenoporus und zwar in derselben Anordnung aufgefunden. Verfolgen wir die Ausgestaltung des Gehirns und der Seiten- stämme bei den verschiedenen Nemertinenordnungen. Ki & 99 Anatomie und Histologie. Bei den Protonemertinen (Taf. V, Fig. 1) finden wir Gehirn und Seitenstämme epithelial gelagert bei Carinina (Taf. IV, Fig. 14 und Taf. VI, Fig. 2), zwischen Grundschieht und Hautmuskelschlauch bei Carinella (Taf. IV, Fig. 12 und Taf. VI, Fig. 1) und Hubrechtia. Bei Carinina und Carinella sind die dorsalen Ganglien kleiner als die ventralen. Die Hirneommissuren sind bei Carinina länger als irgend wo sonst bei den Nemertinen. Der Faserkern des Seitenstammes besitzt bei Carinina einen rundlichen Querschnitt. Die Seitenstämme sind ziemlich dick, drängen sich nach innen und wölben die Grundschicht und das äussere Ringmuskellager nach innen vor. Der Ganglien- zellbelag bedeckt die Centralsubstanz der Ganglien als eine dicke und dichte Schicht allseitig mit Ausnahme der medialen, der Grundschicht anliegenden Flächen, zieht sich dagegen an den Seitenstämmen, hier auch die laterale Fläche freilassend, nur dorsal und ventral entlang. Doch ist er, zumal im Hinblick auf den umfangreichen Faserstamm, welchen die Centralsubstanz der Seitenstämme bildet, recht dünn. Die Sonderung in die oben besprochenen drei Ganglienzellarten kommt wenig zum Aus- druck. Das innere Neurilemma fehlt nirgends, das äussere überall, sodass der Ganglienzellbelag gegen das Epithel nicht abgegrenzt ist. Gerade bei den grossen Carinellen, wie 0. polymorpha, superba, annulata, rubicunda, ist das Gehirn im Verhältniss zum Körper sehr klein, viel mächtiger erscheint dasselbe dagegen bei den Zwergen unter ihnen, z. B. der winzigen Ü. banyulensis und der nicht viel grösseren O©. nothus entwickelt. Aber auch bei diesen Formen erlangt es bei weitem nicht die Entwicklung, welche das nervöse Centralorgan bei den Hetero- nemertinen erfahren hat. Die Ganglien sind kurz und dick, fast kuglig. Die ventralen Ganglien sind um vieles umfangreicher als die dorsalen. Das kleinste Gehirn finden wir bei CO. Iinearis. Jede Gehirnhälfte sondert sich bei dieser Form deutlich in drei Anschwellungen, welche übereinander liegen. Die mittlere bildet das ventrale Ganglion, d.i. die vordere Endanschwellung der Seitenstämme. Die obere ist eine sehr kleine Kugel, sie stellt das dorsale Ganglion vor; die untere ist fast so umfangreich als die mittlere, sie ist nichts anderes als eine starke Verdickung der ventralen Commissur, gewissermaassen ihre Wurzel. Die ventrale Commissur ist etwa 5—8mal so dick als die dorsale. Erstere beschreibt, da die Gehirnmasse fast ganz in der unteren Körper- hälfte liegt, einen kurzen, wenig gekrümmten, letztere einen sehr langen, weiten Bogen. Mitunter ist die ventrale Commissur auch völlig gestreckt. Das Gehirn von Ü. polymorpha, annulata, rubicunda und superba unter- scheidet sich besonders dadurch von demjenigen von C. linearis, dass die Wurzel-Anschwellungen der ventralen Commissur weniger stark hervor- treten. Ziemlich deutlich sind dieselben noch bei C. tubicola ausgeprägt: Die dorsalen Ganglien sind bei all den aufgeführten Formen zwar um- fangreicher als bei ©. linearis, aber immerhin relativ kleine Kugeln, Ausgestaltung d. Centralnervensystemes bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 93 ausgenommen bei ©. annulata, wo sich die dorsalen Ganglien — wir folgern wohl richtig — mit der höheren Ausbildung der Cerebralorgane, die bei dieser Form sich geltend macht, gleichfalls stärker entwickelt haben. Besonders plastisch treten die dorsalen Ganglien im Gehirn von C. nothus hervor, wo sie ihre höchste Entwicklung im Kreise der Carinellen erfahren haben. In der hinteren Hirnregion spaltet sich bei ©. banyulensis die Fasermasse der oberen Ganglien vollständig von derjenigen der unteren ab. Letztere enden mit einem Zipfel, der sich in einen starken Nerven verjüngt, welcher ins Körperepithel zur Innervirung des Cerebralorgans eindringt. Sowohl bei C. nothus als banyulensis sind die beiden Gehirnhälften im Körper seitlich gelagert, sodass die beiden Gehirneommissuren ziemlich gleich lang und stark gebogen sind. Ausser der dorsalen Hauptcommissur des Gehirns, von welcher der Rückennerv abgeht, tritt dicht vor dieser über dem Rückennerven, der sich nach vorn und hinten erstreckt, eine zweite, dünnere dorsale Commissur auf, welche die vordersten Gehirnzipfel nochmals verbindet. Sie besitzt keinerlei Zusammenhang mit dem Rückennerven. Ich constatirte diese accessorische Commissur bei C. polymorpha und superba. Die Seitenstämme der Carinellen besitzen dieke, im Querschnitt elliptische Faserkerne, welche zwischen Grundschicht und Hautmuskel- schlauch eingebettet sind. Sie verlaufen bei keiner Carinella genau in der seitlichen Mittellinie, sondern sind bald mehr, bald minder an die Bauchfläche gerückt. Die Analcommissur der Seitenstämme, welche sich über dem After befindet, verläuft fast unmittelbar unter dem Epithel, da die Grundschieht in der hintersten Körpergegend sehr dünn ist. Bei Carinella ist die Sonderung der Ganglienzellen nach Typen besser zum Ausdruck gekommen als bei Carinina. Es giebt zwei Haufen von Zellen der dritten Art, von denen ein dorsaler der Wurzel der dorsalen Commissur, ein ventraler den Faserkernen der ventralen Ganglien medial hinter der Abgangsstelle des Schlundnervenpaares angedrückt ist. Ganglien- zellen der ersten Art fallen besonders an den Wurzeln der Nerven auf, welche das Cerebralorgan versorgen, im übrigen differenziren sie sich weder im Habitus noch örtlich so scharf von denen der zweiten Art wie bei den Heteronemertinen. Eine regelmässige, kegelförmige Gruppirung des Ganglienzellbelags tritt zurück. Das äussere Neurilemma wird haupt- sächlich von der Grundschicht gebildet, das innere ist nur in den Seiten- stämmen entwickelt. Bei Hubrechtia sind beide Gehirncommissuren ungemein dick. Sie lagern dicht unter der dritten Hautschicht*), und da in den *) Als solche bezeichne ich eine, nur bei Habrechtia vorhandene an, Nervenfasern und Ganglienzellen auffallend reiche, unter dem Hautepithel entwickelte Bindegewebsschicht, in welcher, wenn auch spärlich, Drüsenzellen vorkommen, und in der ich den Anfang einer Cutisentwieklung erblicke. (Vgl oben pag. 59.) 94 Anatomie und Histologie. Rahmen, welchen sie in Gemeinschaft mit den Ganglien herstellen, ebenfalls das Rhynchocölom, die Blutgefässe und der Hautmuskelschlauch eingeschlossen werden, sind die Commissuren auch sehr lang. Die ventralen und dorsalen Ganglien sind nicht derart innig miteinander ver- schmolzen, wie es bei Carinella der Fall ist, wo sie eine fast einheitliche Masse bilden, sondern stellen Kugeln dar, die miteinander durch mehrere dieke Stangen, hier dicke Nerven, verbunden sind. Dort, wo die Commissuren von den Ganglien ausgehen, sind ventrale und dorsale Ganglien von ziemlich gleichem Umfang. Nach hinten zu schwellen aber die dorsalen Ganglien ganz bedeutend an und über- treffen die ventralen wohl um das Vierfache an Umfang. Sie zerklüften sich am hinteren Ende. Zu oberst wird ein umfangreicher Faserstamm abgetrennt, welcher die dorsalen Ganglien weit nach hinten überragt und sich nach innen zu den Üerebralorganen wendet, um sich in denselben aufzulösen. Durch diesen sehr mächtigen Nerven, wenn man den dicken, umfangreichen Faserstamm, den Fortsatz der dorsalen Ganglien, so nennen will, treten die dorsalen Ganglien in Beziehung zu den Cerebralorganen. Die ventralen Ganglien haben sich bald hinter den Commissuren verjüngt und gehen unmerklich in die Seitenstämme über, die anfangs seitlich dem Bauche genähert verlaufen, sich aber hinter dem Munde heben und in der seitlichen Mittellinie nach hinten fortsetzen. In der Region des Mitteldarms werden die Seitenstimme sehr dünn und sind im hinteren Körperende schwer aufzufinden. Der Ganglienzellbelag des Gehirns ist ein ausserordentlich mächtiger. Derselbe ist in die dritte Hautschicht gebettet und vermag sich, da ein äusseres Neurilemma überall fehlt, in ihr von den Ganglien, an deren äusseren Flächen er angehäuft ist — medial fehlt ein Belag von Ganglien- zellen vollständig —, auch in die obere und untere Hälfte des Körpers auszubreiten. Auf die Seitenstämme ist der Belag ebenso wenig concentrirt wie auf die Ganglien. Besonders in der Vorderdarmregion und in der vorderen des Mitteldarms fliesst er in die dritte Hautschicht aus. Noch weiter nach hinten nimmt seine Quantität erheblich ab. Der Ganglienzellbelag setzt sich aus zwei verschiedenen Zelltypen zusammen. Der Masse nach überwiegt ein kleinerer, welcher mit sehr kleinen, schmalen Kernen ausgestattet ist, bei weitem einen grösseren ınit grossen, kugligen Kernen. Den letzteren fand ich nur im Belag des (Gehirns. Es war mir auffallend, einen merklichen Unterschied zwischen den Ganglienzellen des dorsalen Ganglions und jenen des ventralen, beziehungs- weise der Seitenstämme nicht eonstatiren zu können. Ein äusseres Neurilemma ist nirgends, ein inneres überall entwickelt. Mesonemertini. Bei Carinoma ist vor allem die verschiedene Lage der Seitenstämme in den versehiedenen Körperregionen wiehtig und interessant. Im längeren vorderen Abschnitt der Vorder- Ausgestaltung d. Centralnervensystemes bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 95 darmregion verlaufen die Seitenstämme ausserhalb der äusseren Ring- muskulatur, sodann in ihr und erst kurz vor dem Mitteldarm innerhalb derselben (Taf. IV, Fig. 14). ©. armandi gleicht hinsichtlich der Lagerung der Seitenstämme einem Embryo, welcher in seinen verschiedenen Körperabschnitten eine Stufen- folge der Entwicklung zeigt, die uns Phasen aus seiner Stammesentwicklung widerspiegelt. O©. armandi ist im vorderen Körperabschnitt hinsichtlich der Lage der Seitenstämme noch eine Protonemertine, dagegen im mittleren und hinteren eine Mesonemertine. Das Gehirn liegt innerhalb der Körperwand und wird rings ein- geschlossen von der in der Kopfgegend vorhandenen inneren Längs- muskelschicht. Dasselbe besteht aus den ventralen und dorsalen Ganglien; beide sind ziemlich gleich mächtig. Es fällt uns eine über dem dorsalen Ganglion gelegene und mit diesem verknüpfte Kugel von nervöser Centralsubstanz besonders auf. Ich bin der Ansicht, dass dieselbe mit dem Ganglienzellbelag, welcher sich um sie gruppirt, das Ganglion des Öerebralorgans darstellt, welches sich erhielt, obwohl der Canal und die Drüsenzellpackete desselben geschwunden sind. Da die Gehirnhälften bei Carinoma sich einander genähert haben, so sind die Gehirneommissuren nicht wie bei den Protonemertinen lang und dünn, sondern wie bei den höchsten Formen kurz und dick. Der Ganglienzellbelag des Gehirns und der Seitenstämme zeigt noch keine höhere Differenzirung als bei den Protonemertinen und setzt sich hauptsächlich aus sehr kleinen Zellen zusammen. Auch bei Cephalothrix sind, trotzdem die Üerebralorgane fehlen, ausser den ventralen auch die dorsalen Ganglien des Gehirns wohl entwickelt, eine Erscheinung, die uns lehrt, dass die Entwicklung der dorsalen Ganglien nicht unbedingt von der Anwesenheit der Öerebral- organe abhängt, obwohl es nicht zu verkennen ist, dass mit der höheren Organisation der Cerebralorgane das Wachsthum der dorsalen Ganglien, namentlich ihre Verlängerung nach hinten zunimmt. Diese Wahrnehmung machen wir, wenn wir eine Carinella mit einer Eupolia und diese mit einem Cerebratulus oder einer Micrura vergleichen. Eine dünne dorsale und eine dicke ventrale Öommissur ver- einigen die Gehirnhälften, welche jederseits des Rhynchocöloms liegen. Beide Commissuren sind, da die Gehirnhälften einander nahe gerückt sind, ebenfalls sehr kurz. Die Seitenstämme, in welche sich die ventralen Ganglien verjüngen, verlaufen ziemlich genau in der seitlichen Mittellinie und sind immer von vorn bis hinten in die (innere) Längs- muskelschicht eingebettet (Taf. IV, Fig. 12). Der Ganglienzellbelag des Gehirns und der Seitenstämme setzt sich aus sehr kleinen Zellen zusammen. Er umgiebt die Centralsubstanz der Ganglien überall an ihrer Aussenfläche, fehlt dagegen an der Innen- fläche und lässt ausserdem die untere Fläche der ventralen Commissur 96 Anatomie und Histologie. frei. Es ist der Ganglienzellbelag, entsprechend wie wir es bei Nemertinen- formen mit einem Üerebralorgan finden, besonders angehäuft um die hinteren Zipfel der dorsalen Ganglien. Der Ganglienzellbelag bedeckt nur die obere und untere Fläche der Seitenstämme. Eigenartig ist das Gehirn bei Cephalothrix signata gebaut, einer Art, für die wahrscheinlich eine eigene Gattung aufzustellen ist. Dasselbe liegt hinter den Gehirneommissuren, nicht seitlich vom Rhynchodäum, sondern unter demselben. Jede Hälfte besteht der Hauptsache nach aus der starken Endverdiekung der Seitenstämme. Diese sind am umfang- reichsten in der vordersten Gehirnregion, in welcher sie ventral durch eine sehr dieke und kurze, dorsal durch eine äusserst feine und relativ lange Commissur vereinigt werden. Beide Commissuren schliessen das Rhynchodäum ein, das in der vordersten Gehirnregion noch mitten zwischen den (Gehirnhälften liegt. Der Anschwellung der Seitenstämme, also den ventralen Ganglien, ist eine im hinteren Gehirnabschnitt stark hervortretende, im vorderen hingegen mit den ventralen Ganglien verschmelzende kuglige Anschwellung aufgelagert, welche sich am hinteren Ende gabelt und einen kleinen oberen Zipfel abgiebt, der von einer grossen Fülle von Ganglienzellen jenes kleinsten Typus, wie er sich am hinteren Ende der dorsalen Ganglien, z.B. bei Oerebratulus, findet, umgeben ist. Mit einem Worte: diedorsalen Ganglien von O. signata sind en miniature getreue Nachbildungen derjenigen einer Heteronemertine mit hochentwickelten Cerebralorganen. Ausserdem liegen im vorderen Gehirnabschnitt über den beiden Gehirnhälften zwei grosse Ganglienzellhaufen, die ganz vorn mit dem dorsalen Ganglienzellbelag der Gehirnhälften verschmelzen, nach hinten zu aber sich von jenen absondern und entfernen, indem sie mitten in die Längsmuskelschicht zu liegen kommen. Auch ein Fasercentrum ist in jedem Haufen nachzuweisen. Was diese vom Gehirn sich abspaltenden und ausserhalb der Gehirn- hülle in den Hautmuskelschlauch dringenden gangliösen Anschwellungen für eine Bedeutung haben, vermag ich nicht zu sagen. Ich erinnere übrigens daran, dass vom Gehirn gesonderte, neben diesem in der Muskulatur liegende Ganglienzellhaufen bei den Heteronemertinen vorhanden sind, welche Kopfspalten besitzen; dort dienen sie der Innervirung dieser Bildungen. Aus den ventralen Ganglien biegen sich die Seitenstämme über dem hintersten Ende des (grösseren) unteren Zipfels der dorsalen Ganglien seitlich in der Weise ab, wie sie für viele Lineiden charakteristisch ist. Sie liegen von Anfang an in der Längsmuskulatur und sind umfangreicher als die der übrigen Cephalothrix- Arten. Der Ganglienzellbelag des Gehirns ist differenzirter, als es sonst bei Cephalothrix der Fall ist. Es wurde bereits das Vorhandensein des kleinsten Belagstypus am hinteren Ende der dorsalen Ganglien hervor- gehoben. Im Uebrigen bildet die Hauptmasse der Ganglienzellen ein Typus, welcher dem zweiten der bei den Heteronemertinen zu unter- Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 97 scheidenden Ganglienzelltypen entspricht, nämlich eine kleine schlanke Zellart. Ausserdem aber liegen den ventralen Ganglien dort, wo die Schlundnerven entspringen, auch grössere birnförmige Zellen an, wie sie der zweite Typus bei den Heteronemertinen aufweist. Bei den Metanemertinen (Taf. V, Fig. 5, 4, 9 und 10) sind die dorsalen Ganglien bedeutend umfangreicher als die ventralen. Die Gestalt des Gehirns ist eine sehr verschiedene. Die Entwicklung der Ganglien ist sogar bei den Arten derselben Gattung eine höchst ungleichartige, zumal die Entwicklung des Grössen- verhältnisses der dorsalen und ventralen Ganglien zu einander wechselt erheblich und verleiht dem Gehirn der einen oder anderen Art oft eine charakteristische Form. Im Allgemeinen liegen die beiden Gehirnhälften, welche das Rhynchocölom umschliessen, sehr dicht bei einander. Das Gehirn einiger Eunemertes ist besonders charakteristisch geformt, so z. B. das von E. antonina (Taf. V, Fig. 3), dessen Hälften derart nahe aneinander gerückt sind, dass die ventralen Ganglien fast miteinander verschmelzen, nur eine ungemein breite und kurze ventrale Commissur zum Ausdruck kommt und auch die dorsale Commissur mehr verkürzt ist als bei irgend einer anderen Eunemertes oder überhaupt einer Nemertine. Die Gehirnhälften stellen kuglige Anschwellungen dar. Die Seitenstämme biegen sich mit ziemlich scharfem Winkel jederseits aus den ventralen Ganglien ab. An ihnen fällt uns bei E. antonina eine recht beträchtliche, gleich hinter dem Gehirn gelegene Anschwellung auf. Auch die Gehirnhälften von E. echinoderma und gracilis bilden kleine Kugeln; bei beiden Arten sind sie durch dünnere und längere Commissuren miteinander in Verbindung gesetzt als bei E. antonina. Bei E. gracilis sind die Commissuren länger als bei E. echinoderma. Bei E. gracilis, weniger bei E. marioni fällt es uns auf, dass die ventrale Commissur nicht der dorsalen correspondirend gebogen ist (so also, dass beide zusammen einen Kreis oder ein Oval bilden), sondern die ventrale ganz so wie die dorsale (also ihr parallel) sich wölbt. Diese eigenthümliche Gestaltung der ventralen Commissur wird durch den Magen- darm bedingt, welcher die ventrale Gehirneommissur aufwärts wölbt. Wir finden diese Form noch stärker bei den Drepanophoren ausgebildet. Bei den Eunemertes sind ventrale und dorsale Ganglien ziemlich gleich- mässig entwickelt. Die Seitenstämme verlaufen in der Region des Magendarms genau seitlieh im Körper, in der Mitteldarmregion senken sie sich ein wenig bauchwärts. Der Ganglienzellbelag setzt sich nur aus den drei ersten Typen zu- sammen. Im Allgemeinen ist zu bemerken, dass der Belag niemals jene Mächtigkeit und Fülle erreicht wie bei den Heteronemertinen, ja kaum so reichlich wird wie bei den Protonemertinen. Im Belag wiegen die Bronn, Klassen des Thierreichs. IV, 1. Sppl. ı 98 Anatomie und Histologie. kleinzelligen Typen vor. Die grossen Ganglienzellen sind im Ganzen nur spärlich vertreten. Die Vertheilung entspricht derjenigen bei den anderen Nemertinen. Der kleinste Zelltypus ist den dorsalen Ganglien charakteristisch. Es ist zu betonen, dass die Ganglienzellen aller Typen bei den Metanemertinen bedeutend kleiner sind, als die der entsprechenden Typen der Angehörigen der Proto- und Meso- und vor allem der Hetero- nemertinen. Das Gehirn ist bei Nemertopsis gross. Es erreicht eine bedeutendere Mächtigkeit als bei Funemertes. Beide Commissuren sind sehr kurz. Die dorsalen und ventralen Ganglien sind äusserst innig miteinander verschmolzen; erst in der hinteren Gehirnregion sondern sie sich deutlicher voneinander ab. Die dorsalen sind vielleicht um ein Drittel umfangreicher als die ventralen. Auch bei Ototyphlonemertes (Taf. V, Fig. 10) ist das Kehirn relativ gross und setzt sich aus den sehr deutlich gesonderten dorsalen und ventralen Ganglien zusammen. Beide Gehirneommissuren, nicht nur die sehr gedrungene ventrale, sondern auch die feine dorsale sind auch am lebenden Thier ohne weiteres gut zu constatiren. Die dorsalen Ganglien erreichen eine beträchtliche Grösse, sie stehen den ventralen an Umfang nicht nach. Die Seitenstämme sind im Verhältniss zum Körperumfang dick und bewahren in allen Körperregionen eine durchaus seitliche Lage, indem sie auch in der Mitteldarmregion nur um ein Minimum aus der Höhe der seitlichen Mittellinien hinabsinken. Sie schmiegen sich dem Darm- tractus an, und da, z. B. besonders bei O. duplex, die Körperwand in der Mitteldarmgegend, im Vergleich zum Leibesdurchmesser enorm dick ist, scheinen sie bei Betrachtung des lebenden Thieres entfernt von den Seiten des Körpers am Bauche zu verlaufen, wie das Keferstein (No. 97) angab. Das verleitete diesen Forscher dazu, die Otolithenträgerinnen, von denen er die ersten aufgefunden hatte, als Oerstedien (als deren Haupt- merkmal Quatrefages (No.54) — freilich auch irrthümlich — die ventrale Lage der Seitenstämme hervorhob) ins System einzuführen. Der @Ganglienzellbelag des Gehirns ist nicht auffallend differenzirt, nur der, welcher den hinteren Zipfel des dorsalen Ganglions umgiebt, ist durch die stärkere Tinetion und den höheren Glanz seiner kleineren Kerne ausgezeichnet. Das Gehirn von Prosorhochmus ist ziemlich klein, die dorsalen Ganglien sind nicht hervorragend stark entwickelt. Die Seitenstämme verlaufen in den Seiten des Körpers und sind nur ganz wenig der Bauch- fläche näher gerückt. Das Gehirn von Prosadenoporus ist bedeutend grösser; es concurrirt mit dem eines Drepanophorus spectabilis an Umfang. Vor allem sind die dorsalen Ganglien sehr bedeutend. Bemerkenswerth ist es, dass bei einigen Arten dieser Gattung sich die Seitenstämme sogleich nach ihrem Abgange aus dem Gehirn unvermittelt weit auseinander biegen. Sie Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 99 verlaufen in der kegion des Mitteldarms an der Bauchfläche des Körpers, sind aber nicht einwärts gerückt. Prosadenoporus ist wie Drepanophorus durch den Besitz von Neuro- chordzellen ausgezeichnet. Es sind wie dort nur ein Paar Neurochord- zellen vorhanden, die ganz vorn im Gehirn über der ventralen Hirncommissur liegen. Die Neurochorde verlaufen aber nicht wie bei Drepanophorus ventral in den Seitenstämmen, sondern medial. Sie kreuzen sich nicht in der ventralen Gehirncommissur. Bei Geonemertes besitzen die Seitenstiämme wahrscheinlich stets, wie erwiesenermaassen diejenigen von @. palaensis, rodericana, australiensis, graffi und micholitzi, ausser dem eigentlichen noch einen dorsalen Faserstamm, welcher die Verlängerung des unteren Zipfels des dorsalen Ganglions darstellt. Das Gehirn der Amphiporiden ist höher entwickelt, als das irgend einer anderen Familie der Metanemertinen; innerhalb dieser Familie aber erreicht dasselbe bei Drepanophorus seine höchste Entwicklung. Im Allgemeinen sind die dorsalen Ganglien fast stets mächtiger als die ventralen. Die Commissuren sind in der Regel relativ lang, be- sonders die dorsalen. Sie sind nie derartig stark verkürzt wie bei verschiedenen Eunemertes. Die Seitenstämme sind stark entwickelt. Von den Amphiporus-Arten besitzen das kleinste Gehirn merkwürdiger Weise die längsten und kräftigsten Formen, nämlich A. stanniusi und langiaegeminmus. Ich sagte: fast stets ist das dorsale Ganglion mächtiger als das ventrale. A. stanniusi und langiaegeminus geboten mir diese Einschränkung, denn bei diesen Formen sind die dorsalen Ganglien auffällig unentwickelt und kleiner als die ventralen. Dies Verhältniss beginnt bei A. carinelloides und dubius sich zu Gunsten der dorsalen Ganglien zu ändern; ganz er- heblich gestaltet sich dasselbe aber in der angedeuteten Weise bei unseren übrigen Amphiporen, wie A. lactifloreus, glandulosus und vor allem bei retieulatus, pulcher , virgatus und marmoratus um. Von den Gehirncommissuren ist die obere stets stark gekrümmt und zwar in der Art, wie die Rückenfläche des Thierkörpers. Die untere hin- gegen ist z. B. bei A. virgatus durchaus gerade und an ihrer ventralen und dorsalen Fläche durch Rhynchocölom und Magendarm ein wenig eingebuchtet; gerade, aber dorsal und ventral stark eingebuchtet verläuft sie bei A. lactifloreus; bei A. marmoratus ist sie fast gerade gestreckt, nur ein wenig vom Magendarm emporgehoben und von diesem stärker eingebuchtet; gestreckt ist sie ferner bei A. carinelloides, dubius und an- nähernd bei A. langiaegeminus. Bei A. pulcher ist sie der dorsalen corre- spondirend leicht gekrümmt. Sehr stark der dorsalen Gehirneommissur analog ist die ventrale bei A. stanniusi gekrümmt. Bei dieser Art ist die ventrale Commissur relativ dünn und länger als bei irgend einer anderen Art der Amphiporiden überhaupt. Sie ist stark (gothisch) ge- bogen, aber nun nicht, wie es die Norm ist, correspondirend der dorsalen mx f 100 Anatomie und Histologie. in der Art der Bauchfläche, sondern analog der dorsalen Commissur — mithin aufwärts. Es ist kaum fraglich, dass die abnorme Biegung be- dingt wurde durch den bedeutenden Umfang, welchen der Vorderdarm bereits in dieser Region besitzt. Bei allen jenen Formen ist die ventrale Commissur sehr lang und breit; stark verkürzt und ungewöhnlich dünn ist die ventrale Gehirnbrücke bei A. retieulatus. Bei den Drepanophoren (Taf. V, Fig. 4) haben sich die dorsalen Ganglien im Vergleich zu den ventralen noch mächtiger entwickelt als bei Amphiporus. Sie sind, um annähernde Maasse anzugeben, bei D. erassus oder spectabilis um das 3—4fache mächtiger als die ventralen. Die ventrale Commissur ist bei D. spectabilis und crassus kurz, bei letzterer Form fast doppelt so breit als bei ersterer, und bei beiden stark an der ventralen Fläche eingebuchtet; in die Bucht hat sich der sehr enge Oesophagus gedrängt. Die Seitenstämme sind bei Amphiporus und Drepanophorus gleich kräftig entwickelt; sie liegen bei den Arten beider Gattungen in der Region des Magendarms ziemlich genau seitlich, und sinken in der des Pylorusrohres und Mitteldarms zur Bauchfläche hinab. Bei Drepanophorus nähern sie sich überdies an der Bauchfläche einander auffallend. Sie scheinen hier auf dem Wege zur Vereinigung in der Medianebene begriffen. Der Ganglienzellbelag des Gehirns der Amphiporiden besitzt wie der von Eunemertes mindestens die dort unterschiedenen drei Typen, nämlich die kleinsten, die mittleren und die grossen Ganglienzellen. Der kleinste Typus ist ausschliesslich den dorsalen Ganglien eigenthümlich, und findet sich reichlich im hinteren Abschnitt dieser, welche im übrigen ein Zell- typus bekleidet, der nicht von dem zu unterscheiden ist, welcher auch um die ventralen Ganglien herum am massenhaftesten entwickelt sich vorfindet. Grosse Ganglienzellen finden sich in geringer Menge in der vorderen Gehirnregion medial von den hier noch verschmolzenen Ganglien jeder Gehirnhälfte. Bei Amphiporus finden wir in der nämlichen Gegend reichlich Zellen, welche bei weitem schlanker sind als die am gleichen Orte im Drepanophorengehirn gelegenen. Es sei hier gleich erwähnt, dass dem Gehirn von Drepanophorus noch ein besonderer Zelltypus eigen- thümlich ist, der im Vorderhirn ein mächtiges Polster auf der Central- substanz der dorsalen Ganglien bildet. Im Allgemeinen, dürfen wir sagen, herrschen im Ganglienzellbelag der Amphiporiden die kleinen Zelltypen vor. Bei Drepanophorus finden wir einige wenige grosse Exemplare von Ganglienzellen im Gehirn, welche sich mit denen des dritten Typus der Heteronemertinen messen können. Bei Amphiporus sind die Zellen auch dieses Typus relativ klein und schlank. Bei Drepanophorus finden wir Neurochordzellen (Taf. VII, Fig. 5). Es besitzt Drepanophorus wie Prosadenoporus nur ein einziges Paar dieser Zellen, welche nicht so sehr durch ihre Grösse als durch die Länge Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 101 und Dicke ihrer Fortsätze auffallen, welche sich in der ventralen Gehirn- commissur kreuzen und medial ventral im Seitenstamm verlaufen. Bei allen Tetrastemmiden ist das Gehirn im Verhältniss zur Körpergrösse stark entwickelt. Die dorsalen Ganglien treten überall deutlich von den ventralen gesondert hervor. Sie sind aber in der Regel nicht umfangreicher als die ventralen Gehirnanschwellungen (Taf. V, Fig. 9). In der Lage der Seitenstämme ist bei Zetrastemma und Oerstedia am Querschnitt kein wesentlicher Unterschied zu bemerken. Bei keiner Art dieser Gattungen haben sie eine derart abnorme ventrale Lagerung, wie dieselbe nach Quatrefages (No. 54) für die Angehörigen von Oerstedia charakteristisch sein müsste. Im Gegentheil, es liegen die Seitenstämme von Oerstedia ausgesprochen seitlich. In die Seiten des Körpers sehen wir die Seitenstämme ganz allgemein bei den kleinen dünnen Tetra- stemmen, wie coronatum, diadema, helwolum u. a. gelagert; mehr an die Bauchfläche gesunken finden wir sie bei den im Habitus an Amphiporus pulcher erinnerndem dicken, kurzen Tetrastemmen, wie 7. vittatum und peltatum. Bei Oerstedia und manchen Tetrastemmen setzen sich wie bei Geo- nemertes auf den Seitenstämmen, ihrem Ganglienzellbelag auflagernd, die unteren Zipfel des Faserkernes der dorsalen Ganglien nach hinten bis zum Ende der Seitenstämme fort. Bei Pelagonemertes sind die dorsalen Ganglien kleiner als die ventralen. Die Hirncommissuren sind kurz. Die Seitenstämme verlaufen unter den Darmtaschen und sind stark nach einwärts gerückt. Sie vereinigen sich durch eine sehr deutliche Analcommissur vor dem After über dem Enddarm. Bei Malacobdella liegt das Gehirn in der Gegend der Mündung des Rüssels in den Schlund, also verhältnissmässig weit von der Kopfspitze entfernt. Die beiden Gehirnhälften sind, man darf wohl sagen, durch den sehr weiten Vorderdarm weiter auseinander gedrängt, als das bei einer anderen, mir bekannten Metanemertine der Fall ist. Darum besitzen die beiden Gehirnecommissuren, die stärkere ventrale und die bedeutend dünnere dorsale, welche einen Ring um das Rhynchocölom bilden, eine so grosse Länge, wie sie uns sonst nur bei den Carinelliden begegnet. Jede Gehirnhälfte ist klein. Der Faserkern des ventralen Ganglions ist bedeutend dicker als der ziemlich unauffällige des dorsalen, der um so weniger hervortritt, als er nicht, wie in der Regel bei den Nemertinen, über, sondern lateral neben dem ventralen liegt. Die Seitenstämme verlaufen nicht in den Seitenrändern, sondern sind mehr in das Innere der Körper hineingerückt. Sie liegen bereits vorn der Bauchfläche näher als dem Rücken, weiter hinten senken sie sich ganz an die Bauchwand hinab. Sie sind mithin ähnlich wie bei 102 Anatomie und Histologie. Drepanophorus gelagert. Vor dem After verschmelzen sie über dem Enddarm miteinander, die Analcommissur bildend; sie ist ein wenig vor dem After gelegen. Nach v. Kennel (No. 146) sollen die Seitenstämme beim Eintritt in den Saugnapf oder vorher etwas anschwellen, sich dann nach der Rückenseite aufbiegen und über dem After durch eine Commissur mit einander vereinigen. Diese Endanschwellung der Seitenstämme bei Malacobdella steht einzig im Kreise der Nemertinen da. Bei den Heteronemertinen (Taf. V, Fig. 2 und 5—7) ist das Nervensystem in die Tiefe gedrängt worden, indem unter dem Epithel neue Schichten, eine Cutis und eine äussere Längsmuseculatur auftraten, sich zwischen das Epithel und die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs der ursprünglichen Formen lagernd. Es ist zu betonen: das Nervensystem bewahrte seine Lage ausserhalb der Ring- musculatur (der äusseren Schicht des zweischichtigen Hautmuskelschlauchs der Protonemertinen), es erhielt seine tiefe Lagerung nicht, indem es „wanderte“, wie bei den Meso- und Metanemertinen, sondern indem sich die äussere Körperschicht, welche das Nerven- system bedeckt, ausserordentlich verdickte (Taf. 6, Fig. 7 und pag. 41, Fig. I). Bei Eupolia (Taf. V, Fig. 7) umgiebt das Gehirn unmittelbar das khynehoeölom, es liegt inmitten der Kopfspitze, von dem Muskelgewebe derselben umhüllt. Die Seitenstämme, der obere Kückennerv, die periphere Nervenschicht befinden sich im Hautmuskelschlauch zwischen äusserer Längs- und Ringmuskelschicht eingeschlossen. Das Gehirn von Eupolia ist im Gegensatz zu dem von Valenecinia und dem der Lineiden in die äusserste Kopfspitze gerückt. Beide Gehirn- hälften, welche nahe beieinander liegen, sind kuglie. Bei E. delineata liegen die beiden Gehirnhälften neben dem Rhyncho- cölom, und zwar liegt diese Cavität vorn zwischen den dorsalen Ganglien und weiter hinten zwischen den Cerebralorganen. Bei E. curta und pelluerda hingegen liegt das Rhynehocölom nur in der vordersten Gehirn- region, d.i. in derjenigen der Commissuren, zwischen den beiden Gehirn- hälften, sonst über diesen und den Cerebralorganen. Die beiden Ganglien, je ein ventrales und dorsales, sind innig miteinander verschmolzen: es differenzirt sich das dorsale Ganglion nicht derart scharf durch seine eigenthümliche Form vom ventralen, wie das für die Lineiden charakteristisch ist. Die Commissuren, zumal die ventralen, sind sehr kurz. Die ventralen Ganglien stossen in der vorderen Gehirn- region unter dem Rhynchocölom zusammen. Die Seitenstämme biegen bei einem Theil der Eupolien erst über dem hinteren Abschnitt der Cerebralorgane in die Seitenlage ein, sodass die ventralen Ganglien, beziehungsweise die Seitenstämme, unter den dorsalen Ganglien und den Cerebralorganen lagern. Bei anderen (E. minor) biegen sich die Seitenstämme dicht hinter der ventralen Commissur aus Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen. 103 dem Gehirn seitlich ab. Alsdann liegen sie neben den dorsalen Ganglien und den Üerebralorganen; überdies haben sich nun zwischen letztere und erstere die beiden inneren Schichten des Hautmuskelschlauchs trennend eingeschoben. Die Seitenstämme verlaufen, sich wenig verjüngend und immer in der Höhe der Seitenlinie haltend, von vorn nach hinten. Sie scheinen der Ringmuskelschicht aussen angeheftet. Die Seitenstämme sind diek und im Querschnitt halb oval; der Stamm der Centralsubstanz zeigt einen elliptischen Querschnitt. In der hinteren Körperregion haben sie bei manchen Arten fast denselben Durchmesser wie das äussere Längsmuskellager. Bei Valencinia (Taf. V, Fig. 5) sind die Cerebralorgane oft viel weniger innig mit dem Gehirn verschmolzen als bei Eupolia. Das Nervensystem der Lineiden (Taf. V, Fig. 2 und 6) verhält sich in der Hauptsache ganz wie das der Eupoliadae. Die Ganglien des Gehirns sind unmittelbar um das Rhynchocölom gelagert und die beiden Gehirnhälften einander äusserst nahe gerückt; in Folge dessen sind die Gehirneommissuren verhältnissmässig kurz, besonders die ventrale, da die Ganglien unter dem Rhynchocölom vorn fast zusammenstossen (Taf. VI, Fig. 4—6). Vergleichen wir die Gestalt des Gehirns der Lineiden mit derjenigen des Gehirns von Eupolia, so ergiebt sich im Allgemeinen Folgendes. Die Gehirnhälften von Eupolia sind kuglig; oberes und unteres Ganglion sind miteinander derart innig verschmolzen, dass sich die beiden Ganglien einer Gehirnhälfte nicht scharf voneinander absetzen. Bei den Lineiden dagegen sind die beiden Gehirnhälften schlank; betrachtet man z. B. das Gehirn von Cerebratulus fuscus von oben, so könnte man jede Hälfte als herzförmig geformt bezeichnen. Die oberen und unteren Ganglien sind, obwohl miteinander in der vorderen Gehirnregion verschmolzen, dennoch scharf voneinander abgesetzt. Jedes Ganglion hat seine eigene charakteristische Form. Häufig lagern die dorsalen Ganglien in ihrer ganzen Länge über den ventralen resp. den Seitenstämmen, sodass sie diese verdecken, viel- fach jedoch biegen sich die Seitenstämme gleich bei ihrem Ursprung stark nach auswärts, und die hinteren Enden der dorsalen Ganglien liegen infolgedessen einwärts von jenen. Bei den Lineiden kommt an jedem dorsalen Ganglion mehr oder minder deutlich noch eine kuglige Anschwellung zum Ausdruck, in welche ein Canal eindringt. Es sind die Cerebralorgane, welche von älteren Autoren als eine hintere Gehirnanschwellung beschrieben wurden. Diese Anschwellung vermissen wir sowohl am Gehirn von Eupolia als auch von Valeneinia. Bei ersterer verschmilzt der Canal, umgeben von seinen Drüsenzellmassen, mit den oberen Ganglien und rundet gewissermaassen die Form der Gehirnhälften hinten ab, bei Valeneinia dagegen legt er sich mit seinen Drüsenzellen den gleichfalls kugligen Gehirnhälften als ein keulenförmiges Gebilde nur hinten an. 104 Anatomie und Histologie. Sehr ähnlich wie bei den Lineiden verhalten sich Gehirn und Gerebralorgane, was Gestalt und Zusammenhang anbetrifit, bei Polvopsis. In der Systematik ist von mir die bei den verschiedenen Lineiden- arten häufig wechselnde Lagerung von Seitenstämmen und Cerebralorganen zueinander eingehend zu Gunsten der Artdiagnose berücksichtigt worden. Es biegen nämlich die Seitenstämme, indem sie sich, aus den ventralen (ranglien heraustretend, nach hinten fortsetzen, entweder vor oder hinter den Cerebralorganen in die Seitenlage ein. Um in diese zu gelangen, müssen die Seitenstämme auseinander weichen und von der Bauchfläche, welcher die ventralen Ganglien genähert liegen, in die Höhe der seitlichen Mittellinie aufsteigen. Biegen sich die Seitenstiämme vor den Üerebral- organen aus- und aufwärts, so liegen Cerebralorgane und Seitenstämme nebeneinander, findet die Umbiegung erst hinter den Cerebralorganen statt, so decken sie sich, von oben betrachtet. Die starke Entwicklung der dorsalen Ganglien hat bei den Lineiden unter den Heteronemertinen, bei den Drepanophoren unter den Meta- nemertinen ihren Höhepunkt erreicht. Unter den Lineiden insbesondere ist das Gehirn zweifelsohne am mächtigsten bei den Vertretern der Gattungen Cerebratulus und Langia entwickelt. Aus ersterer möchte ich C. fuscus als eine Art herausgreifen, die durch ein aussergewöhnlich umfangreiches Gehirn ausgezeichnet ist. Cerebratulus steht, was die starke Entwicklung des Gehirns anbetriftt, Mierura nahe. Berücksiehtigt man das Verhältniss von Körpergrösse und (Gehirnumfang, so werden deren Vertreter (z. B. M. fasciolata) theilweise sogar vor den Cerebratulus-Arten genannt werden müssen. Weniger stark ist das Gehirn bei Euborlasia und manchen Lineen entwickelt — indessen finden sich verschiedene Grade in der Ausbildung desselben bei den Arten einer jeden Gattung. Untersuchen wir das Gehirn einer Lineide auf Schnitten, so constatiren wir einen Zusammenhang der ÜCentralsubstanz der oberen und unteren Ganglien nur in der vorderen Gehirnreeion. Die Centralsubstanz der dorsalen Ganglien ist in demselben Maasse wie die Ganglien selbst um vieles mächtiger entwickelt als die der ventralen. Es endet die Masse der Centralsubstanz der oberen Ganglien hinten mit zwei Zipfeln (Taf. V, Fig. 5, und Taf. VI, Fig. 8), von denen der untere, diekere und längere starken Nerven den Ursprung giebt, deren Fasern in das Cerebralorgan ausstrahlen, der obere, dünnere und kürzere hingegen vor, neben oder in dem Üerebralorgan verjüngt endigt, ohne Nerven abgegeben oder sich in solche verästelt zu haben. Der blinde Zipfel ist ebenso wie der untere von einer Masse von Ganglienzellen umgeben. Es sei an dieser Stelle wieder auf jene kleine gangliöse Anschwellung, die wir bei Cephalothrix signata über dem Gehirn auffanden, hingewiesen. Dieselbe besteht aus einem Haufen von Ganglienzellen, in der ein dünner, langer Zipfel des dorsalen Ganglions aufhört. Ein aus ihr entspringender Nerv konnte gleichfalls nicht aufgefunden werden. Ausgestaltung d. Centralnervensystems bei d. verschied. Nemertinenordnungen, 105 Die Seitenstämme verlaufen bei den Lineiden genau in der Höhe der Seitenlinien. Ihre Lage ist bei vielen, z. B. Cerebratulus, auch äusser- lich kenntlich an einer an der Seite des Körpers entlang laufenden und vorspringenden leistenartigen Verdickung. Im Querschnitt sind die Seiten- stämme halb oval, die platte Fläche liegt der Ringmuskelschicht aussen an. Wie das Gehirn von Eupolia, so ist auch das aller Lineiden mit einem Ganglienzellbelag ausgestattet, der sich aus drei verschiedenen Zell- typen zusammensetzt. Der kleinste Zelltypus (I) bildet einen dicken und dichten Belag nur um die dorsalen Ganglien und deren hintere Zipfel, wir finden ferner ausschliesslich diesen Typus innerhalb der Cerebralorgane. Der etwas grössere Zelltypus (II) ist den ventralen Ganglien und den Seitenstämmen eigenthümlich, der grösste (III) findet sich sowohl in der vorderen Gehirnregeion — er ist in dieser um die dorsalen Ganglien und zwar an ihrer oberen und inneren Fläche ver- theilt — als auch im Belag der ventralen Ganglien und der Seitenstämme. Ausser diesen drei Ganglienzelltypen, welche allen Heteronemertinen eigen sind, kommt aber noch ein Typus (IV) bei gewissen Lineiden vor. Die Zellen dieses werden in der Regel viel grösser als die des III. Typus; es sind die Neurochordzellen. Neurochordzellen fand ich bei allen von mir untersuchten Cerebratulen, ferner bei Langia formosa (Taf. VII, Eier '). Das Gehirn besitzt stets nur ein einziges Paar von Neurochordzellen, welches an der medialen Fläche der ventralen Ganglien dort gelagert ist, wo die Schlundnerven entspringen. Zahlreiche Neurochordzellen befinden sich indessen im Ganglienzellbelag der Seitenstämme, sowohl dorsal als auch ventral, aber stets einzeln und immer in Abständen, welche von vorn nach hinten zu enger werden. Im Schwanzende sind die Neurochord- zellen sehr nahe aneinander gerückt und daher sehr zahlreich, in der Vorderdarmregion liegen sie weit (verschiedene Centimeter) auseinander und sind mithin nur spärlich vertreten. Die Neurochorde, vereinigen sich zu Bündeln, die in der Öentralsubstanz des Seitenstammes eine mittlere oder laterale Lage einnehmen. Unter den Heteronemertinen habe ich Neurochordzellen nur bei Cerebratulus und Langia regelmässig aufgefunden — es ist nämlich nicht unmöglich, dass auch bei dem einen oder anderen Lineus solche vor- kommen, zweifellos besitzt Neurochordzellen L. rufocaudatus. In der oben pag. 78 eitirten Arbeit leugnet Montgomery das Fehlen der Neurochordzellen in der Vorderdarmregion bei Cerebratulus lacteus vollkommen. Er hat bei dieser Art in ziemlich regelloser An- ordnung an Ganglienzellen aufgefunden im rechten Seitenstamm: im linken: ——— — u dorsal: ventral: dorsal: ventral: 68. 16. 55. 20. Zusammen: 84. 8 106 Anatomie und Histologie. b. Das periphere Nervensystem besteht aus Nervenschichten und Nerven. An Nerven kennen wir Rücken- und Bauchnerven, Zweige der Seitenstämme, Nerven der Cerebralorgane, Kopf-, Schlund- und Rüsselnerven. Periphere Nervenschichten kommen nur bei jenen Nemertinen zur Ausbildung, bei welchen die Seitenstämme zwischen zwei Schichten der Körperwand eingeschlossen sind, einerlei ob zwischen zwei, hinsichtlich ihrer Gewebselemente, verschiedenartige, wie bei den Protonemertinen, oder zwei gleichartige, wie bei den Heteronemertinen. Sie finden sich nicht bei irgend einer Art der Meso- oder Meta- nemertinen. Die peripheren Nervenschichten erlangen vor allem bei den Heteronemertinen eine solch bedeutende Mächtigkeit, dass Hubrecht von ihnen „as one of the layers of the body-wall“ reden konnte. Bei ihnen ist die periphere Nervenschicht zwischen der Ring- und äusseren Längsmuskelschicht eingeschlossen; bei manchen Formen, z. B. besonders bei Langia formosa, fällt ausser dieser noch eine fast ebenso starke gleiche Schicht zwischen innerer Längsmuskelschichi und Ring- muskelschicht auf. Wir dürfen mithin bei den Heteronemertinen, der Lage der Nervenschichten angemessen, von einer oder zwei Muskel- nervenschichten reden, nämlich einer inneren und äusseren (Taf. VI, Bio2 7, TarııV. Bio. 16, und Tat VI, Rio). Die äussere Muskelnervenschicht beginnt im Kopfe der Hetero- nemertinen zugleich mit der Ringmuskelschicht, also hinter dem Gehirn, und reicht bis zum After, d. h. bis zum Ende des Ringmuskelschlauchs nach hinten (Taf. VI, Fig. 6 und 7). Sie erzeugt einen Cylinder mit netzartig durchbrochener Wandung. Wo immer wir sie untersuchen, präsentirt sie sich uns als ein Maschen- werk, das von ringförmig verlaufenden Strängen hergestellt ist, die durch zahlreiche Anastomosen miteinander verknüpft sind. Die äussere Muskelnervenschieht steht in unmittelbarem Zusammenhange mit dem oberen Rückennerven und der Centralsubstanz der Seitenstämme. Sie giebt radial verlaufende Stränge ab, welche, äussere Längsmuskel- schicht und Cutis durchbrechend, an Epithel hinantreten. Die innere Muskelnervenschicht steht fortgesetzt durch radiale Züge, welche die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs durch- brechen, mit der äusseren in Beziehung. Ausserdem geht sie Verbindungen mit dem unteren Rückennerven ein. Das Schlundnervenpaar ist bei den Heteronemertinen stellenweis in die äussere Muskelnervenschicht eingebettet. Sie tritt unmittelbar an den Mundrand hinan und steht ferner in Verbindung mit jenen Ganglien- zellmassen, die bei den Lineiden vom Gehim an die Kopfspalten gleich- sam ausgeströmt sind. Peripheres Nervensystem. Rückennerven. 107 Die periphere Nervenschicht der Protonemertinen breitet sich bei Carinina (Taf. VIII, Fig. 2) am Grunde des Epithels, bei Carinella zwischen der Grundschicht und der Ringmuskelschicht aus. Sie steht ebenfalls im Zusammenhang mit den Seitenstämmen und dem oberen Rückennerven. In ihr walten die radialen Stränge noch entschiedener vor als z. B. bei Cerebratulus marginatus. Diese sind durch unregelmässig gespannte Brücken reichlich verknüpft (Taf. IV, Fig. 2). Eine sehr eigenthümliche Nervenschicht charakterisirt Hubrechtia desiderata (Taf. III, Fig. 13). Dieselbe ist dicker als bei irgend einer anderen Nemertine, wie bei Carinella gelagert und bereits in der Kopf- spitze vor dem Gehirn entwickelt. Sie stellt wahrscheinlich einen nirgends durchbrochenen Cylinder dar. Am mächtigsten ist sie in der Kopf- und Schlundgegeend. In der Mitteldarmregion wird sie bedeutend dünner. Es ist unzweifelhaft, dass auch bei den Metanemertinen zwischen Grundschieht und Hautmuskelschlauch solche Gewebselemente sich finden, welche die Nervenschichten der übrigen Nemertinen aufbauen; indessen kann hier von einer Nervenschicht „as one of the layers of the body-wall“ auch nicht im entferntesten die Rede sein. Die feinere Histologie der Nervenschichten. Ihre Grundsubstanz besteht aus jenem schwammigen Gewebe, das auch in der Öentralsubstanz der Seitenstämme, der Rüssel- und Rücken- nerven vorwaltet. Sie ist ein in den Schichten lockeres, verfilztes Binde- gewebe, welches mit den Rückennerven und der Centralsubstanz der Seitenstämme zusammenhängt, und in das Nervenfasern eingebettet sind, welche mittels der Methylenblaufärbung zum Ausdruck kommen. Ferner finden sich auch in den Nervenschichten Ganglienzellen, und zwar uni- polare vor. Besonders reich an Ganglienzellen ist die Nervenschicht von Hubrechtia desiderata, wo der Ganglienzellbelag des Gehirns und der Seitenstämme nicht durch ein äusseres Neurilemma um die Centralsubstanz der Ganglien und Seitenstämme zusammengehalten wird, sondern, da jene Hülle fehlt, ungehindert nach oben und unten in die Nervenschicht ausfliesst. Die Rückennerven (Taf. IV, Fig. 2). In der äusseren Muskel- nervenschicht oder der peripheren Nervenschicht verläuft vom Anfang des Gehirns bis zum After dorsal in der Medianebene des Thierkörpers ein dieker, im Querschnitt meist elliptischer Nerv, der fast immer die Nerven- schicht etwas überragt und aus dieser scharf contourirt hervortritt. Es ist der obere Rückennerv, wie ich ihn zum Unterschiede von einem tiefer gelegenen dünneren Parallelnerven bezeichnen will, der hinter dem Gehirn beginnt und sich ebenfalls bis zum After nach hinten fortsetzt. Dieser Nerv, der untere Rückennerv, liegt genau unter dem oberen innerhalb der Ringmuskelschieht des Hautmuskelschlauches (Taf. IV, Fig. 12 und 14; Taf. VI, Fig. 7, und Taf. VIII, Fig. 1 und 2). Der obere Rückennerv ist für alle Nemertinen charak- teristisch und verläuft in der Regel zwischen den Schichten der Körper- 108 Anatomie und Histologie. wand, welche die Seitenstiämme einschliessen. Nur bei den Meso- und Metanemertinen nimmt er eine andere Lage als die Seitenstämme ein, indem er zwischen der Grundschicht und dem Hautmuskelschlauch verläuft. Bei Carinoma (einer Mesonemertine) vereinigt sich der obere Rückennerv in der hinteren Schlundregion andauernd mit dem unteren und verläuft alsdann mit diesem in der Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs, der inneren Ringmuskelschicht bezugsweise dem Rhynchocölom dicht aufliegend. Der untere RKückennerv, welcher nur bei den Metanemertinen fehlt, verläuft stets innerhalb der Ringmuskelschicht des Hautmuskel- schlauches. Bei Carinina senkt er sich tief in die innere Ringmusculatur ein, bei Carinella und Carinoma liegt er dieser auf und ist in der vorderen Körperregion in die Muskelkreuzung eingeschlossen, welche von Fibrillen der äusseren und inneren Ringmuskelschicht gebildet wird. Bei den Metanemertinen legt er sich immer der inneren Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs an und verläuft oft ziemlich dieht über dem Rhyncho- cölom. Der untere Rückennerv zweigt sich vom oberen ab; er ent- springt nicht vom Gehirn. Die feinere Histologie der Rückennerven. Beide Rückennerven bestehen aus demselben schwammigen Grundgewebe wie die Gentralsubstanz der Seitenstämme und die Rüsselnerven, denn sie werden aufgebaut von einem sehr feinfaserigen Bindegewebsfilz, der grosse, blasse elliptische Kerne enthält, die den jenen Filz herstellenden Zellen angehören. Der obere Rückennerv besitzt — es gelang mir dieses mittels der Methylenblaufärbmethode nachzuweisen — einen wenn auch sehr dünnen Belag von unipolaren Ganglienzellen. Diese senden ihre feinen Fortsätze in die Rückennerven hinein. In dem Filz, welcher die Grundsubstanz der Rückennerven bildet, sehen wir sehr feine, wie punktirte Fasern längs verlaufen: es sind Nervenfasern, die theils Fortsätze der Ganglienzellen, die den Rückennerven begleiten, vorstellen, theils aber vom Gehirn und grösstentheils aus den Seitenstämmen hergekommen sind. Der Bauchnerv (Taf. IV, Fig. 22). Einen Bauchnerven habe ich nur bei Carinoma armandi aufgefunden. Er verläuft wie die Rückennerven in der Medianebene des Thierkörpers und ist in die Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs und streckenweis in die ventrale Muskelkreuzung eingebettet, die auf dieselbe Weise, wie die dorsale, gebildet ist. Sein Ursprung ist unbekannt. Die Beziehungen der Rückennerven, Nervenschichten und Seitenstiämme zueinander (Taf. IV, Fig. 2). Es wurde bereits betont, dass nur der obere Rückennerv vom Gehirn entspringt, und zwar von der dorsalen Gehirncommissur, der untere hingegen vom oberen sich hinter dem Gehirn abspaltet. Fortgesetzt treten aber im ganzen Verlauf des unteren Rückennerven, den man in der Regel nicht bis in das hintere Körperende verfolgen kann, Fasern vom oberen Rückennerven, die Ring- Peripheres Nervensystem. Kopfnerven, 109 und Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs durchdringend, zum unteren Rückennerven, und verstärken ihn unablässig. Beide Rücken- nerven führen uns mit ihren Anastomosen das Bild einer Strickleiter vor, Der obere Rückennerv tritt, wie ich das bei Carinella annulata in den mit Methylenblau injieirten Thieren auf das klarste demonstrirte, zu den Zweigen der Seitenstämme unausgesetzt in Beziehung, indem sämmtliche nach oben abgehenden Zweige der Seitenstämme, welche bei dieser Art ziemlich regellos entspringen, sich mit dem oberen Rückennerven verflechten, und es ist nachgewiesen, dass ein Theil der Nervenfibrillen der Seiten- stammzweige im oberen Rückennerven fortzieht, und von diesem viele sogar in den unteren Rückennerven eindringen. Es steht aber weiterhin fest, dass ein anderer Theil jener durch den oberen Rückennerven hin- durchtritt, sich also, dem entgegengesetzten Seitenstamm zustrebend, in die andere Körperhälfte wendet. Die mächtige Fasermasse der Nervenschichten, welche uns vor allem in der äusseren Muskelnervenschicht der höheren Heteronemertinen so sehr imponirt, ist nichts anderes als das Hüllgewebe, in dem die massen- haft von den Seitenstämmen entspringenden und auch die sparsam von den Rückennerven abtretenden Nervenfibrillen zu ihrem Ziele hingeleitet werden. Sie stellt ganz gewiss nur einen in sehr geringem Grade selbständigen nervösen Plexus dar, denn Ganglienzellen sind in sie — sehen wir von der eigenthümlichen Nervenschicht der Hubrechtia desiderata ab — äusserst spärlich eingestreut. Dass die Schlundnerven der Heteronemertinen ebenfalls im Faser- austausch mit den Seitenstämmen — man darf sagen via Muskelnerven- schichte — stehen, ist nicht zu bezweifeln. Die Kopfnerven (Augennerven) (Taf. V, Fig. 1—7 und 9). Von dem vorderen Ende der beiden Gehirnhälften — nicht auch von den Commissuren — begeben sich bei allen Nemertinen (und zwar sowohl bei jenen, welche Augen besitzen, als bei jenen, denen sie fehlen) eine Anzahl Nerven in die Kopfspitze. Die Kopfnerven, welche, wenn Augen vorhanden sind, auch diese versorgen, entspringen bei den Lineiden hauptsächlich von jenen vor- deren Gehirnpartien, die zu den dorsalen Ganglien zu rechnen sind, mit Ausnahme von zweien, die ventral an den Verschmelzungspunkten der ventralen Gehirncommissur mit den ventralen Ganglien ihren Ursprung nehmen. Alle Nerven streben direct nach vorn der Kopfspitze zu und nehmen einen gestreckten Verlauf. Hubrecht sagte von den Kopfnerven von Cerebratulus (Taf. V,Fig. 6), dass sie sich rasch dichotomisch theilen. Ich bin dagegen bei Cerebratulus und Langia zu der Ueberzeugung gekommen, dass sie sich äusserst wenig ausbreiten, sondern dicht um die Blutgefässe gruppiren, die bekanntlich als zwei weite, nahe aneinander grenzende Canäle über das Gehirn hinaus 110 Anatomie und Histologie. in die äusserste Kopfspitze ragen und so dieselben wie in einen Mantel einschliessen. Sie haben aber die Neigung, miteinander zuanastomosiren, und es findet ein fortgesetztes Trennen und Verbinden der verschiedenen Kopfnerven bis in die äusserste Spitze des Kopfes hinein statt. So stellen sie ein Maschenwerk, ähnlich jenem der Muskelnervenschicht dar. Schliesslich lösen sie sich in sehr feine Zweiglein auf. Man kann bei Cerebratulus einige Nerven über dem Rhynchodäum bis über die Rüsselöffnung hinaus in die äusserste Spitze des Kopfes ver- folgen. Hier entziehen sie sich (auf Schnitten) dem Auge in unmittel- barer Nähe der drei flaschenförmigen Kopfgrübchen. Die Kopfnerven mancher Cerebratulen sind gelblich oder selbst roth, wie das Gehirn, gefärbt; letzteres ist z. B. bei ©. fuscus der Fall. Eine besonders grosse Anzahl von Kopfnerven zeichnet die der Augen ermangelnden Carinellen aus (Taf. V, Fig. 1, und Taf. IV, Fie. 2). Sie verlaufen hier hauptsächlich seitlich im Kopfe, seiner Spitze zustrebend. Ich glaube, auch diese besitzen, obgleich sie sich stark diehotomisch verästeln, die Neigung, miteinander zu anastomosiren. Recht eigenthümlich ist der Verlauf der Kopfnerven bei den Eupolien, bei welchen sie nämlich nicht direct nach vorn ziehen, sondern sich sofort nach ihrem Ursprung vom Gehirn ein- und auswärts umbiegen, dann erst verästeln, nunmehr Zweige an alle Punkte der Kopfspitze sendend (Taf. V, Fig. 7). Die Kopfnerven der Metanemertinen (Taf. V, Fig. 3, 4, 9 und 10) — es sind meist 3—5 Paare vorhanden — sind schlanke Stämme, die am vorderen Umfang einer jeden Gehirnhälfte entspringen. Sie verästeln sich ausserordentlich stark, versorgen die Augen und das Frontal- organ, zweifelsohne ferner die Kopffurchen und überhaupt das an Sinnes- zellen besonders reiche Epithel der Kopfspitze. Ihr Verlauf und Ursprung sind bei den Metanemertinen leichter festzustellen als sonst, da ihre Wurzeln am Gehirn scharf hervortreten, und die Nerven absolut nicht miteinander anastomosiren. Bei Amphiporus pulcher z. B. wird man jederseits annähernd drei gleichstarke Kopfnerven constatiren oder auch, wenn man einen dünnen Nervenstamm, der von der Wurzel des innersten der drei Kopfnerven nahe dem mittleren entspringt, für selbständig halten will, vier. Bei Drepanophorus spectabilis oder crassus gehen jederseits vorn am Gehirn zwei stärkere und drei schwächere Nervenstämme ab, bei Tetra- stemma haben wir vier, bei Ototyphlonemertes drei stärkere Kopfnerven. Am genauesten sind die Kopfnerven von Drepanophorus erassus Ver- folgt worden. Die zwei stärksten, welche jederseits dicht nebeneinander entspringen, verästeln sich vor allem reichlich in ihren vorderen Ab- schnitten und versorgen hauptsächlich die Augen, ausserdem aber dringen von ihnen Zweige in die Längsmusculatur ein, durchsetzen dieselbe, breiten sich unter der Ringmuseulatur aus und sind durch diese und die Grundsehieht hindurch vereinzelt bis an das Epithel zu verfolgen. Der Peripheres Nervensystem. Kopfnerven. all obere Nerv innervirt besonders die dorsale, der untere die seitliche Augen- reihe. Einige Aeste dieser Stämme, welche sich weit nach einwärts wenden, kreuzen sich mit denen der anderen Seite. Denselben Wurzel- punkt wie jene, nämlich den vorderen @Gehirnzipfel, besitzen je zwei schwächere Nerven, von welchen sich der untere schon unmittelbar nach seinem Ursprung in die Musculatur und auch an die Augen verzweigt. Der obere hat eine gleiche Bestimmung, verästelt sich aber erst weiter entfernt vom Gehirn. Ein fünfter Nerv drängt sich zwischen den eben beschriebenen durch und geht an die Musculatur der Kopfspitze. Seitlich giebt das untere Ganglion im mittleren und hinteren Abschnitt je einen Nervenstrang ab, der, nach vorn ziehend, gleichfalls an die Museulatur des Kopfes geht. Ferner verzweigen sich an dieselbe je zwei Nerven, von denen der eine am äusseren, der andere am medialen Umfange des oberen Ganglions entspringt. Besonders ersterer ist kräftig entwickelt und verbreitet sich an die Ringmusculatur des auch in den Kopf vor- dringenden Hautmuskelschlauchs. Nach hinten zieht je ein Nerv, welcher mit dem oberen, kleineren Kopfnerven zugleich aus dem Gehirn abgeht, sich nach allen Seiten verästelt und bis zu den Seitenstämmen zu ver- folgen ist. Eine Eigenthümlichkeit, welche lebhaft an die Umgitterung des Gehirns durch die Muskelnervenschicht der waffenlosen Formen, beispiels- weise des Cerebratulus- Gehirns, erinnert, ist die Umhüllung des Gesammthirns, also des äusseren Neurilemmas von Nervenfaserzügen, welche zugleich mit den grossen Kopfnerven entspringen und, sich nach rückwärts biegend, eng um das Gehirn herumlegen. Auch von den Seitenstämmen und einem nervösen Ringe, welcher das Rynchocölom umschliesst, werden solche Züge an die Gehirnkapsel gesandt. Obwohl diese Nerven zweifellos die inneren Körpergewebspartien versorgen, ist doch ihre auffallende Entwickelung unmittelbar um die Gehirnmasse herum schwer verständlich. Die feinere Histologie der Kopfnerven. In den Kopfnerven und auch schon in ihren Wurzeln sind massen- haft elliptische, kuglige oder spindelartige Zellkerne eingelagert, letztere sind in der Richtung der Nervenfibrillen orientirt. Die kugligen Kerne herrschen bei den Anopla bedeutend vor, und damit unterscheiden sich die Kopfnerven dieser von denen der Metanemertinen (Enopla), wo die entsprechenden Kerne eine entschieden spindelige Form haben. Bei Cerebratulus sind sie ziemlich gross, bei Eupolia dagegen sehr klein, aber sehr reichlich vorhanden, bei den Carinellen sind die Kerne der Kopfnerven denen der bewaffneten Formen recht ähnlich. Obwohl uns über ihre Natur die Kopfnerven der Drepanophoren noch manche Aufschlüsse geben, ist doch so viel schon bisher zu ersehen, dass wir es mit den sogenannten Myelocyten*) zu thun haben, welche sich bei ) Chatin, J., Sur les myelocytes des Invertebres, in: Compt. Rend. Tome 107. 1888. pag. 504 ff. 112 Anatomie und Histologie. den Wirbellosen besonders in den Nerven einstellen, welche Sinnesorgane versorgen. Auch die Kopfnerven der Metanemertinen, sowie diejenigen der Cerebralorgane sind durch eingelagerte Kerne besonders charakterisirt, die durchaus nicht im Gehirn vorkommen. Sie sind ebenfalls den Myelocyten ähnlich und haben eine schmal elliptische, oder wie in den Nerven, welche die Gerebralorgane versorgen, fast spindelige Gestalt. Sie sind gleichmässig, aber massenhaft (bei weitem zahlreicher als bei Cerebratulus) in den Stämmen und Zweigen der Kopfnerven, spärlicher in ihren Wurzeln vertheilt. Die Schlundnerven (Taf. V, Fig. 1, und Taf. IV, Fig. 2). Ein viscerales Nervenpaar, welches den Mund und den Schlund innervirt, wurde zuerst von Hubrecht 1880 (No. 164) bei den Nemertinen nach- gewiesen. Es entspringt bei den Anopla stets von den ventralen Ganglien. Bei Cerebratulus marginatus geht es von der inneren Fläche der ventralen Ganglien ab, nicht weit von ihrer Umbiegung oder Ver- jüngung in die Seitenstämme. Die beiden Schlundnerven laufen vorerst an den ventralen Ganglien bezugsweise den Seitenstämmen entlang nach hinten und commissuriren sofort nach ihrem Ursprung noch innerhalb der Gehirnkapsel miteinander durch Faserzüge, welche die ventrale mediane Scheidewand, die die Gehirn- kapsel in eine rechte und linke Kammer zerlegt, durchbrechen. Die erste Commissur des Schlundnervenpaares ist sehr dünn und locker. Nur einige Faserzüge bilden eine Brücke, welche mit gleichzeitig austretenden Fibrillen der Gehirnsubstanz vermischt sind. Die zweite ähnliche, aber festere scheint lediglich die Schlundnerven zu verbinden. Hinter dieser biegen sie sich an den Seiten der ventralen Gehirnfaser- stämme nach unten, durchbrechen die Kapselwand und bilden unmittelbar unter derselben eine dritte sehr dicke, von Ganglienzellen be- deecekte Commissur. Diese erst ist von der Stärke einer solchen, von denen Hubrecht (No. 204) drei hintereinander bei Cerebratulus parkeri fest- gestellt hat. Aus der Commissur der Schlundnerven gehen zwei Stämme hervor, die sich an die Seite des Mundes unter die Schlundgefässe lagern. ‚Jeder Nerv breitet sich aus und theilt sich, die obere Wölbung des Mundes zu umfassen suchend. Mit ©. marginatus stimmt, was die Schlundnerven anbetrifft, nach Mont - eomery 0. lacteus überein. Ueber den Mund hinaus ist das Nervenpaar nur noch eine kurze Strecke zu verfolgen. Ein etwas anderes Verhalten zeigt das Schlund- nervenpaar bei Langia formosa (Taf. VIII, Fig. 10). Bis zur zweiten Commissur ist es dasselbe wie bei ©. marginatus. Hinter dieser aber tritt das Paar aus der rechten und linken Hirnkapsel, die schon auseinander gewichen sind, heraus und legt sich dieht an die in dieser Körperregion bereits vollkommen angelegte Ringmuseulatur, Peripheres Nervensystem. Rüsselnerven, 113 Nunmehr verbindet die äussere Muskelnervenschicht die Seitenstämme und die Schlundnerven.‘ Letztere bleiben auch inmitten des nervösen Plexus durch ihre grossen, runden Querschnitte kenntlich, und laufen in ihm nebeneinander her, bis sie die Ringmusculatur durchbrechen, um an den Mund gelangen zu können. Sie legen sich aber vorläufig innen an den Ringmuskelschlauch an, die dritte, gleichfalls stärkste Commissur bildend. Kurz hinter dieser treten sie an den Mund und setzen sich auch noch an den Schlund fort. Das Schlundnervenpaar zahlreicher Lineiden ist dadurch ausgezeichnet, dass die Nerven durch mehrere solche starke, ausserhalb der Gehirnkapsel gelegene Commissuren verknüpft sind, wie sie die dritte mächtigste Schlundnervencommissur von Cerebratulus marginatus darstellt. Hubrecht beschrieb deren drei dicht aufeinanderfolgende bei Cerebratulus parkeri: von mir wurden vier ebenso starke bei Lineus «albovittatus constatirt. Ein Ganglienzellbelag zeichnet, soviel ich mich bei L. albovittatus überzeugte, keine der vier Commissuren besonders aus, sondern ist bei allen ziemlich gleichmässig entwickelt. Das Schlundnervenpaar von Eupolia delineata erinnert in seinem Verlauf an das von Langia formosa und muss ebenfalls den Ring- muskelschlauch durchbrechen. Es nimmt seinen Ursprung jederseits an der Unterseite der ventralen Ganglien, durehbricht sofort die Kapseln, wendet sich nach hinten und ist unter je einem Blutgefässe zu verfolgen. Nach kurzem Verlauf durchbricht es alsdann die Ringmusculatur und bildet eine starke Commissur innerhalb dieser. Am Munde liegt je ein Hauptstamm des Schlundnervenpaares in der Mitte seiner Seitenwände; am Schlunde ist das Nervenpaar unter diesem zu verfolgen, und seine beiden Stämme sind nahe aneinander gerückt. Das Schlundnervenpaar von Carinella polymorpha entspringt ziemlich dicht hinter der unteren Gehirncommissur und wird sofort durch eine sehr dicke Commissur verbunden, sodass es den Anschein hat, als ob es von einer zweiten ventralen Hirneommissur entspringe. Bei allen Carinellen besitzt es eine sehr bedeutende Stärke und ist noch wiederholt Jederseits in seinem weiteren Verlauf mit den ventralen Ganglien und miteinander durch ziemlich dicke Faserbrücken verknüpft. Jeder Schlund- nerv von Ü. polymorpha gabelt sich am Munde in zwei starke Aeste, welche sich jederseits vorn ganz ventral, weiter hinten, etwas aufwärts steigend, seitlich seiner Wand anlegen. Die Schlundnerven setzen sich wenig über den Mund hinaus nach hinten fort und enden mit einer sehr reichlichen und feinen Verästelung. Bei Hubrechtia desiderata vermissteich ein Schlundnerven- paar. Indessen bemerkte ich vor dem Munde, zwischen den ventralen Ganglien, beziehungsweise den Seitenstimmen eine dicke Faser- schicht, welche sich an der Unterseite des Kopfes ausbreitet und in der peripheren Nervenschicht liegt. Sie beginnt fast unmittelbar hinter der ventralen Gehirneommissur, setzt sich, wenn auch viel dünner geworden, Bronn, Klassen des Thierreichs IV. 1. Suppl. fo) 114 Anatomie und Histologie. an den Mundwänden nach hinten fort und steht fortgesetzt im Zusammen- hange mit den ventralen Ganglien, beziehungsweise den Seitenstämmen. Man bemerkt in dem Faserplexus auch öfters Verdiekungen, die auf be- sondere Stränge hindeuten, und so meine ich, dass wir uns in ihm nichts Anderes als ein überaus reich verzweigtes und miteinander vielfach anastomosirendes Schlundnervenpaar vorstellen dürfen. Das Schlundnervenpaar besitzt naturgemäss bei allen jenen Nemertinen eine sehr bedeutende Länge, bei welchen der Mund sehr weit hinter dem Gehirn liegt, wie das für die meisten Cephalothriz-Arten zutrifft. Auch bei diesen entspringen die Schlundnerven dicht hinter der ventralen Gehirncommissur, an der Innenfläche der ventralen Ganglien, nnd bilden sofort eine Commissur, aus welcher sie nun aber nicht ge- trennt, sondern vereint hervorgehen. So setzen sie sich bis zum Munde fort, theilen sich, an demselben angelangt, aber wieder, um jederseits seine Wandung zu begleiten. Sie sind weit über den Mund hinaus auch am Schlunde nach hinten zu verfolgen, sich mehr und mehr an dessen untere Fläche senkend. Hier vereinigt das Nervenpaar nochmals eine Commissur, und selbst über diese hinaus ziehen sie noch eine Strecke unter dem Schlunde nach hinten als paarige Stränge fort. Als unpaarer Strang verlaufen die Schlundnerven also fast von ihrem Ursprung bis zum Munde, und zwar dicht und mitten unter dem Rhynchocölom. Bei den Metanemertinen entspringt das Schlundnervenpaar an der hinteren Fläche der unteren Gehirneommissur jederseits dort, wo diese mit den ventralen Ganglien verschmilzt. Die Nerven wenden sich direct nach hinten, um sich an den Magendarm zu verästeln. Ein Commissurensystem ist zwischen den Schlundnerven nicht festgestellt. Die feinere Histologie der Schlundnerven. Die Schlundnerven bestehen aus derselben Grundsubstanz wie die Centralsubstanz der Seiten- stämme oder die Rüsselnerven, also aus einem schwammigen Gewebe, in welches die Nervenfibrillen eingebettet sind, die theils vom Gehirn, theils von einem eigenen Ganglienzellbelag herkommen. Die Schlundnerven verzweigen sich, und ihre Aeste bilden miteinander viele Anastomosen, sodass jeder Schlundnerv ein Maschenwerk darstellt. Man wird sich hiervon mittelst der Methylenblaufärbung überzeugen können. Es ist indess wahrscheinlich, dass nur die Schlundnerven der Proto-, Meso- und Heteronemertinen sich netzartig ausbreiten, diejenigen der Metanemertinen hingegen sich in normaler Weise verästeln, und die /weige dort nicht wieder miteinander verschmelzen. Die Schlundnerven der Heteronemertinen besitzen einen oberen und unteren Belag von Ganglienzellen, der mitunter so mächtig ist, dass er dem Ganglienzellbelag der Seitenstämme wenig an Fülle nachgiebt. Er besteht hauptsächlich aus Zellen der zweiten Art, zwischen ihnen finden sich spärlich solche der dritten. Auch die Schlundnervenecommissuren, wenigstens immer die stärkste oder die stärksten, sind mit einem solchen Ganglienzellbelag ausgestattet. Bei den Metanemertinen fehlt derselbe. Peripheres Nervensystem. Rüsselnerven. 115 Die Nerven des Rüssels. Bei den meisten Nemertinen, nämlich allen Proto-, Meso- und Heteronemertinen, gehen nur zwei Nerven (Taf. IV, Fig 2 und 12 und Taf. VIII, Fig. 3 und 4) in den Rüssel vom Gehirn ab, bei den Metanemertinen dagegen viele (Taf. VII, Fig. 5 und 4 und Taf. VIII, Fig. 6). Die Zahl der Rüsselnerven wechselt bei den verschiedenen Arten auch derselben Gattung der Metanemertinen. Das Gehirn entsendet z. B. in den Rüssel von Amphiporus pulcher 10, virgatus 14, marmoratus 16 Nerven; der Rüssel von Drepanophorus igneus wird von 14, der von crassus von 20 und jener von spectabilis von 24 Nerven in der Regel versorgt. Uebrigens scheint die Zahl der den Rüssel versorgenden Nerven keine ganz constante zu sein, denn bei D. crassus werden gelegentlich nur 19 und bei spectabilis 25 angetroffen. Soweit meine Erfahrungen reichen, ist aber mitunter für alle Arten einer Gattung eine gewisse Anzahl von Rüsselnerven charakteristisch, so für die Tetrastemmen, welche ohne Ausnahme 10 besitzen. Die Zahl der Rüsselnerven kann noch bedeutend grösser werden als bei D. speetabilis; ich zählte bei D. latus und cerinus, zwei indischen Arten, über 30. Die Rüsselnerven der Proto-, Meso- und Heteronemertinen entspringen stets von der ventralen Gehirneommissur. Bei Carinella polymorpha entspringt das Rüsselnervenpaar der ventralen Commissur etwa auf der Grenze von Commissur und Ganglion an ihrer inneren Fläche und steigt schräg aufwärts an die Insertion des Rüssels, dringt in seine Wand ein, biegt sich nach hinten um und setzt sich in der Wand des Rüssels zwischen dem Muskelschlauch und dem inneren (hohen) Epithel nach hinten bis in sein äusserstes Ende fort. Beide Nerven verlaufen einander gegenüber, und zwar seitlich im Rüssel, also analog den Seitenstämmen. Auch bei Eupolia entspringen die Rüsselnerven auf der Grenze der ventralen Gehirncommissur und der ventralen Ganglien. Sie steigen direct aufwärts an die Insertion des Rüssels. In diesem breiten sie sich unter dem inneren Epithel, der Papillenschicht, derartig aus, dass wir, nach Schnitten durch den Rüssel zu urtheilen, vermeinen, eine nirgends unterbrochene Nervenschicht vor uns zu haben. Die beiden Nerven, welche diese Schicht gebildet haben, treten in ihr nicht hervor (Taf. VIII, Fig. 5). Auch bei Carinella beobachten wir im Rüssel eine Nervenschicht, dieselbe ist aber viel dünner als bei Eupolia, und das Rüsselnervenpaar macht sich in ihr deutlich bemerkbar (Taf. VIII, Fig. 4). Bei Cerebratulus marginatus geht das Rüsselnervenpaar von der vorderen Fläche der ventralen Gehirncommissur jederseits nahe den ventralen Ganglien ab. Beide Stämme steigen aufwärts, legen sich jeder- seits dem Rhynchoeölom an und streben der Kopfspitze zu. An der Rüsselinsertion angelangt, dringen sie in den Rüssel von oben her ein, 8* 116 Anatomie und Histologie. biegen sich nach hinten um und setzen sich bis in sein äusserstes Ende fort. Das Rüsselnervenpaar von Cerebratulus verläuft zwischen der inneren Längs- und der Ringmuskelschicht des Rüssels, und giebt ebenfalls einer dünnen Nervenschicht den Ursprung (Taf. VIII, Fie. 5). Dieselbe Lage, wie bei Carinella und Eupolia, nehmen die Rüssel- nerven bei allen Formen ein, welche nur zwei Muskelschichten im Rüssel besitzen, also bei den Proto- und Mesonemertinen und bei den Hetero- nemertinen bei Eupolia, dagegen liegen sie wie bei (Cerebratulus marginatus bei allen jenen, wo sich drei Rüsselmuskelschichten vorfinden, also den Lineiden. Ausserdem ist zu bemerken, dass eine derartige Ausbreitung der Rüsselnerven, wie sie bei Eupolia geschildert wurde, nur dieser eigen- thümlich ist. Die Rüsselnerven der Metanemertinen entspringen am vorderen Umfang des Gehirns, und zwar in derselben Anzahl, wie sie der Rüssel enthält (Taf. V, Fig. 3). Sie wenden sich, das Rhynchocölom wie ein, Kranz von Säulen umgebend, nach vorn und biegen im gesammten Um- fang der Rüsselinsertion in den Rüssel ein, in ihm nach hinten ziehend und dieselbe Anzahl bis zu seiner Anheftungsstelle am Retraetor be- wahrend. Der Verlauf der Rüsselnerven ist einigermaassen complieirt, da die Wand des Rüssels vorne, in der Mitte und hinten verschieden gebaut ist. In der Mitte des Rüssels, d. i. in der Stiletregion gehen die Rüssel- nerven überdies ringförmige Commissuren ein. Den Verlauf der Rüsselnerven im Rüssel der Metanemertinen mit nur einem Angriffsstilet (d.h. den Metanemertinen mit Aus- nahme von Drepanophorus) habe ich am frischen Rüssel mittelst der Färbung durch Methylenblau, am conservirten auf Schnitten studirt (Taf. VII, Fie. 5). Die Rüsselnerven sind in jedem Rüsselabschnitt, in gleichen Abständen voneinander, kranzförmig angeordnet. Im vorderen Rüsseleylinder verlaufen sie inmitten der Längsmusculatur, diese in zwei Lager theilend, von denen das äussere etwa halb so diek ist als das innere. In der Region der Reservestilettaschen biegen sie sich etwas einwärts, sodass sie im Diaphragma innerhalb des peripheren Drüsenzellringes, dessen Secretstrassen zur Basis des Angrifisstilets ziehen, verlaufen. Dem Drüsenzellkranze liegen sie dicht an. Im Diaphragma gehen die Nerven am Drüsenzellkranze eine Commissur ein, und dieser entspringen — und zwar von den Nerven, die als Ver- diekungen in der ringförmigen Commissur hervortreten — so viel radiale Stränge, als Nerven im Rüssel vorhanden sind, bei Amphiporus marmoratus z. B. 16. Sie durchdringen das Diaphragma, wie Radien einem ge- meinsamen Centrum, nämlich der Basis des Angriffsstilets und dem Peripheres Nervensystem. Rüsselnerven. 117 Ductus ejaculatorius, welche ganz dicht zusammenliegen, zustrebend. Ehe sie jenes Centrum aber erreichen, vereinigt auch die radienartigen Nervenstränge eine ringförmige Commissur. Von dieser entspringen die Nerven, welche die Musculatur der Basis, des Angriffsstilets und des Ductus ejaculatorius versorgen. Man hat im Diaphragma folglich zwei Commissuren der Rüsselnerven, nämlich einen äusseren umfangreicheren und einen inneren engeren Nervenring zu unterscheiden. Vom äusseren setzen sich die Rüssel- nerven weiter nach hinten fort, indem sie sich innerhalb des Diaphragmas stark einwärts biegen und sich nun um jenen starken Ringmuskelring legen, welcher das hintere Ende der Basis des Angriffsstilets mitsammt dem Duetus ejaculatorius umgiebt. Hinter diesem Ringmuskelring, der den Ductus ejaculatorius hinten (gegen den Ballon) abzuschliessen vermag, biegen sich die Rüsselnerven alle derart stark nach einwärts, dass sie unmittelbar unter das Epithel des sich in den Ballon trichter- förmig erweiternden Ductus ejaculatörius zu liegen kommen (Taf. VIII, Fig. 6). Sie befinden sich mithin nunmehr innerhalb der Musculatur. Hier bilden sie abermals einen Nervenring. Aus diesem hinteren Nervenringe treten die Nerven heraus, um sich an der Innenwand des Ballons und jenes Canals fortzusetzen, der in den hinteren Rüsseleylinder übergeht. Sie verlaufen nun auch unmittelbar unter dem Epithel des Ballons und Canals. In dem sehr engen Canal müssen selbstverständlich die Nerven sehr nahe aneinander rücken; sie scheinen an der engsten Stelle fast mit- einander zu verschmelzen. Aus dem Canal setzen sich die Rüsselnerven in den hinteren Rüsseleylinder fort. In diesem angelangt drängen sie sich wieder in die Musculatur des Rüssels hinein, und so finden wir sie in der hinteren Rüsselhälfte zwar ziemlich dicht unter dem inneren Epithel, aber doch in der Längsmuskelschicht gelegen. Die Rüsselnerven sind im hinteren Rüsseleylinder ganz ausserordentlich viel dünner als im vorderen. Die Abnahme ihrer Stärke erfolgt auf einmal, nämlich sobald sie aus der hinteren Commissur herausgetreten sind. Ich hatte die Rüsselnerven früher im hinteren Rüsseleylinder nicht gesehen und constatirte sie zuerst mittels der Methylenblaufärbung am frischen Rüssel, darnach auch an Schnitten. Bei den Metanemertinen mit vielen Angriffsstileten (Drepano- phorus) verlaufen die Nerven im vorderen Rüsseleylinder gleichfalls in- mitten der Längsmusculatur. In der Stiletregion biegen sie sich nur wenig zusammen und bilden nur eine einzige, aber sehr dicke Ring- commissur Hinter dem Stiletapparat. Die Commissur liegt inmitten der in dieser Region, in welcher sich der enge Ductus befindet, durch den der vordere Rüsseleylinder mit dem hinteren communieirt, besonders dicken musculösen Rüsselwand. Sie bildet einen ziemlich weiten Ring. Im hinteren Rüsseleylinder verlaufen die Rüsselnerven bei Drepanophorus ganz wie bei den Metanemertinen mit nur einem Angriffsstilet. 118 Anatomie und Histologie. Die feinere Histologie des Rüssels der Metanemertinen. Jeder hüsselnerv steckt in einer Bindegewebsscheide und wird von uni- polaren Ganglienzellen begleitet. Die Ganglienzellen liegen in der Regel gepaart und entsenden ihre feinen Fortsätze in die Nerven (Taf. VII, Fig. 4 und 3). Die paarigen Ganglienzellen decken sich öfters völlig; meist aber sind sie mit ihren verdickten Enden eng aneinander gepresst. Hieraus resultirt die Spindelform der Gesammtverdiekung (Taf. VIII, Fig. 15 und 13a). Auch im Rüsselnervensystem ist das Hüllgewebe sehr stark entwickelt, es ist aber compaeter als irgendwo im peripheren Nervensystem des Nemertinenkörpers. Innerhalb der breiten, mit Methylenblau tingirten Längsnerven hat sich je ein dünner Strang besonders intensiv gefärbt. Es ist der Strang der Nervenfasern (Centralstrang). Zwischen den Längsnerven des"küssels befinden sich zahllose Brücken, Anastomosen, die sich verzweigen, sich von Nerv zu Nerv ausspannen und auch miteinander verbinden. Niemals betheiligt sich an der Bildung der Anastomosen der centrale Strang. Auch in das Maschenwerk der Anastomosen sind die paarigen Zellen gebettet, ihre Fortsätze werden gleichsam von diesen Gewebsbrücken bis zu den Nerven getragen, wo sie sich dem Centralstrang anschliessen. Auch jene Fibrillen, die sich vom Centralstrange der Rüsselnerven loslösen, um in die verschiedenen @ewebsschichten des Rüssels überzutreten, werden von einem Mantel desselben Gewebes umkleidet, der erst un- mittelbar unter dem Papillenlager aufhört. Ausser den paarigen Zellen kommen auch einzeln liegende im vorderen küsseleylinder vor, darunter grössere, als es die paarigen sind. Die Fortsätze der Ganglienzellen biegen im vorderen Rüsseleylinder von A. marmoratus fast immer in die nächsten Nerven ein; nur selten streben sie über diesen hinaus zu dem zweitfolgenden. Im Nerven schlagen die Fortsätze bald die Richtung nach vorn, bald nach hinten ein und sind oft durch das ganze mikroskopische (resichtsfeld zu verfolgen, ehe sie sich den Fibrillen des Gentralstranges beimengen. Die Ganglienzellfortsätze, ebenso wie die Fibrillen des Centralstranges, besitzen viele kleine Verdiekungen, die ihnen ein perl- schnurartiges Ansehen geben. Der Ganglienzellbelag ist ein zweizeiliger. Er beginnt gleich am vorderen Rande des Rüsseleylinders, scheint aber in der Stiletregion sehr dünn zu werden und schliesslich nahe dem Ballon überhaupt zu ver- schwinden. Am hinteren Hauptnervenring befindet sich indess ein Kranz kurzgestielter einzelner Ganglienzellen. Im Ballon sind sie vermisst. Der Ganglienzellbelag tritt dagegen wieder eigenartig im hinteren Rüssel- cylinder auf. Der nervöse Apparat der hinteren Rüsselhälfte zeigt über- haupt in vieler Beziehung ein eigenthümliches Gepräge (Taf. VII, Fig. 6). Peripheres Nervensystem. Rüsselnerven. 119 Zwischen den Nerven hat sich ein unentwirrbares Netzwerk von Anastomosen des gekennzeichneten Bindegewebes entwickelt. Vor Allem fallen ringartig verlaufende breite Bänder auf. An einem der Nerven setzen sie an, ziehen über mehrere andere hinweg und heften sich oft erst wieder auf der entgegengesetzten Rüsselseite an einen entfernt liegenden an. „So bilden sie kürzere und längere Bogen. Aehnliche Bänder verlaufen diagonal. Zwischen den breiten Bändern sind dünnere Stränge ausgespannt, die längs verlaufen, sich mit jenen und unter- einander verknüpfen und von Nerv zu Nerv ziehen. Zahllose Stämmechen feinster Natur kommen noch hinzu: kurz es wird ein dichtes, regelloses Netzwerk zwischen den Rüsselnerven des hinteren Cylinders hergestellt; nicht nur ein Flechtwerk, da die Bänder, Stränge und Stämmechen mit- einander und den Nerven verwachsen sind. Der Centralstrang charakterisirt alle Längsnerven. Aber auch in den Anastomosen verlaufen intensiv gefärbte Fibrillen, die sich zu feinsten Strängen aneinander geschlossen haben. Sie führen zu Ganglienzellen hin, die auch hier in den Faserzügen des Netzwerkes eingebettet sind, und zu den Centralsträngen (Taf. VII, Fig. 6). Die unzähligen Anastomosen bilden nämlich auch hier ein gerüstartiges Lager für die Ganglienzellen und ihre Fortsätze. Im vorderen Rüsseleylinder werden von den em lienzellen und ihren Fortsätzen, um etwas zu schematisiren, Ringe in der Rüsselwand gebildet, welche die Nerven durchbrechen. Im hinteren Cylinder sind dagegen die Ganglienzellen regellos verstreut, ihre Fortsätze steuern auf Umwegen den Nerven zu, vereinigen sich auch schon zwischen ihnen zu feinen Strängen, die in Windungen bald längs neben den Nerven her, bald quer über sie hinwegziehen, ehe sie sich mit dem Centralstrang eines derselben vereinigen. Die paarigen Zellen sind in diesem Abschnitt selten; auch ihre Fortsätze verlaufen bald in dieser, bald in jener Richtung. — Die einzelnen Ganglienzellen sind häufig zu kleinen Bündeln vereinigt. Der hintere Rüsseleylinder ist minder reich an Ganglienzellen als der vordere. Die Masse der Ganglienzellen zeigt aber eine gewisse Mannigfaltigkeit (Taf. VII, Fig. 6). Auffallend grosse Zellen sind hier zahlreicher vertheilt als im vorderen Rüsselabschnitt, daneben fallen Zellen ins Auge mit eigenthümlich breitgedrücktem, etwa herzförmigem Körper, der äusserst begierig den Farbstoff aufsaugt. Die Nervenfibrille im Rüsselnerven besitzt, soviel ich feststellen konnte, keine Verzweigungen. Sie ist ein sehr feiner Faden mit un- zähligen, körnchenartigen Verdickungen. Bei Drepanophorus crassus interessirt das ausschliessliche Vor- kommen paariger Zellen im vorderen Rüsselceylinder. Sie sind bei dieser Art aber bedeutend grösser als bei Amphiporus marmoratus. Die sehr langen Fortsätze der paarigen Zellen — sie ziehen meist über mehrere Nerven hinweg, ehe sie in einen derselben einbiegen — verlaufen wie 120 "Anatomie und Histologie. die Kingmuskelfibrillen sehr regelmässig, fast alle miteinander parallel. Sie bilden vollständige Ringe in der Rüsselwand, da die Fortsätze oft einander gegenüber in den Nerven eindringen, denn wo der eine Fortsatz auf- hört, setzt scheinbar der andere an, oder sie verlaufen auch theilweise dicht nebeneinander gelagert miteinander bis zum Eintritt des einen in den Nerven. Ganz und gar wie D. crassus verhält sich D. speetabilis mit Rücksicht auf die uns angehenden Verhältnisse des Rüsselnervensystems; dass die sämmtlichen Elemente sehr viel winziger sind als in den bisherigen Arten, resultirt einmal aus der grossen Anzahl der Küsselnerven (24), sodann aus der geringen Grösse des Rüssels dieser kleineren Species selbst. D. igneus, welchen nur 14 Rüsselnerven charakterisiren, bietet mutatis mutandis die gleichen Verhältnisse wie seine Verwandten. Die Nerven sind dieker als die von D. cerassus, mit dessen grössten Rüsselexemplaren der Rüssel dieser Form concurriren kann; es sind ihrer ja um 10 weniger als dort, also ist auch die Masse der paarigen Zellen auf entsprechend wenigere, aber breitere Längsfelder vertheilt, in denen die Zellleiber ungefähr in zwei Parallelreihen arrangirt sind, während sie bei den anderen Drepanophorus- Arten sich nur in einer Reihe ziemlich gerichtet hatten. Die Innervirung des Muskelschlauchs, der Musculatur der Basis des Angriffsstilets und der Papillen des Rüssels. Im vorderen Rüsseleylinder gehen in nahen, recht regelmässigen Abständen von jedem der Nerven aus dem Centralstrang Fibrillenbündel ab, welche auf kürzestem Wege im geschlossenen Zuge die Längsmuskel- schicht durchsetzen und bis an die unter dem Plattenepithel gelegene Ringmuskelschicht treten. Unter der Ringmuskelschieht verändern sie ihren Lauf, indem sie umbiegen und sich zu einem Längszuge zusammen aneinander schliessen, der genau parallel dem entsprechenden Rüssel- nerven verläuft, ihm gerade gegenüber liegt und ihn von oben gesehen verdecken wird (Taf. VIII, Fig. 12). So wie dem Centralstrang des Rüsselnerven die Fibrillenzüge des Hauptparallelzuges entsprangen, oehen von diesen wieder in derselben Weise Fibrillenbündel seitlich ab, die sich wiederum zu Nebenparallelzügen zusammenschliessen, und auch von diesen wieder u. s. f£ — Aus den Parallelzügen treten dann einige wenige Nervenfasern in den gleich nahen Abständen, in denen die Fibrillenbündel aus dem Rüsselnerven abgingen, heraus, um in die Ringmuskelschicht zu dringen. An jeder Stelle, wo Nervenfibrillen zwischen die Fasern der Ringmuskelschicht treten, bemerkt man ein kleines, durch die Färbung hervortretendes spindelförmiges Gebilde, dadurch erzeugt, dass sich die wenigen den Parallelzügen entspringenden Fibrillen verflechten, ehe sie rechts und links zwischen die Muskel- fibrillen der Ringschicht ausstrahlen. Die „Spindel“ mit ihren feinsten Enden, den ausstrahlenden Fädchen, liegt in der Richtung der ringförmig verlaufenden Muskelfibrillen, verläuft also mit ihnen parallel. Sie ist das letzte Glied in der Kette der eben beschriebenen Innervirung. Peripheres Nervensystem, lBüsselnerven. 121 Wie erklärt sich diese Kette, wird man fragen, wie sind die Parallel- züge zu deuten ? Ebenso wie die Gentralstränge. Es ziehlt Alles darauf hin, dass die leitenden nervösen Elemente möglichst alle miteinander und untereinander in Berührung kommen; das wird erreicht, wenn sie solange als möglich zu Bündeln oder Zügen vereinigt bleiben: denn mit um so mehr Fibrillen wird die einzelne in Beziehung treten, je länger der Weg ist, den sie in der’ Gemeinschaft der Nervenfibrillen eingeschlossen bleibt, wo fort- gesetzter Wechsel durch Abgang und Zufluss von Nervenfibrillen statt- findet; aber auch als um so intimer wird man die physiologischen Beziehungen der Fibrillen zueinander bezeichnen dürfen, je andauernder sie miteinander verflochten waren. Ueber die Innervirung der Längsmuskelschicht, welche die Fibrillenzüge der Nerven durchsetzen, ist nichts bekannt. Dagegen ist die Art der Innervirung des Ballons (d. i. die zwiebelförmige Blase) theilweise aufgeschlossen, und zwar wiederum die Nervenversorgung der Ringmuskelschicht, welche als ein äusserst dünnes Lager die ungemein mächtige Längsmuseulatur des Ballons umkleidet (Bar, VIIL; Fig..7). Etwas vor dem hinteren Nervenringe entspringt von den Rüsselnerven eine ihrer Zahl entsprechende Anzahl von Nerven (Taf. VII, Fie. 5). Ein jeder begiebt sich nach rückwärts an die Aussenfläche des Ballons unter seine Ringmuskelschicht. Hier angelangt bilden die Fibrillen der Nerven einen den Ringnerven parallelen Ringzug (Taf. VII, Fig. 5, binr), ganz wievorhin den Hauptparallelzug der Rüsselnerven. Sonst aber werden weiter keine Parallelbahnen geschaffen, sondern an dem Punkte, wo die Zweige der Rüsselnerven auf die Ringmuskelschicht des Ballons treffen und sich umbiegend den parallelen Ringzug erzeugen, strahlen wie die Aeste einer Baumkrone rings Nervenfibrillen aus, die ein oberflächliches Gitterwerk in der Musculatur der Blase bilden, das ungemein dicht ist durch die zahllosen Fibrillen, die überall, nach hinten und vorn ziehend, aus der parallelen Ringbahn heraustreten und sich von den Zweigen der Rüssel- nerven abspalten. Die Fibrillen ziehen nach vorn und hinten (der parallele Ringzug liegt ein gutes Stück vor dem Aequator des Ballons), in die Kreuz und in die Quer, sich wohl verflechtend, aber keine Anastomosen eingehend. Sie verlaufen nicht wellig, sondern sind zickzackartig ge- brochen, und viele kleine kuglige Anschwellungen verleihen auch ihnen das charakteristische perlschnurartige Aussehen. Den nach hinten ziehen- den Fibrillen kommen solche entgegen, die sich dort von den Rüssel- nerven abzweigen, wo diese in den engen Canal einbiegen, durch den der Ballon mit dem hinteren Cylinder communicirt. Es giebt zu denken, dass die Centrirung der nervösen Elemente, die der Versorgung des motorischen Apparates des Rüssels dienen, allemal wieder an der Grenze zweier Muskelschichten stattfindet, gewissermaassen Gentren untergeordneter Bedeutung bildend, aus denen in letzter Instanz 122 Anatomie und Histologie. die Nervenfibrille der Muskelzelle heraustritt; namentlich wenn man sich erinnert, dass auch die sogenannten peripheren Nervenschichten in der Haut des Nemertinenkörpers zwischen zwei Muskelschichten oder Haut- schichten gebettet sind. Man darf schliessen, dass von dem inter- musculären Centrum aus auch beide Muskelschichten innervirt werden, und nicht nur die Ringschicht, wie ich es specieller feststellen konnte, da ich zwischen ihre Zellen die nervösen Fibrillen tief hineindringen sah. Schliesslich fand ich, dass auch Züge von Nervenfibrillen unmittelbar sich vom Rüsselnerven abzweigen, um sich direct in das äussere Muskel- lager der Rüsselwand zu vertheilen. Solche entsprangen im vorderen küsseleylinder in der Stiletregion und endigten in der Nähe der Taschen der Nebenstilete. Zur Innervirung des Muskelmantels, welcher zur Basis des Angriffsstilets gehört, entspringen vom vorderen Nervenringe nahe bei den Verdiekungen der Rüsselnerven gleichviele starke Nerven- stimme, die sich nach innen wenden und radienartig auf das Angriffs- stilet als Centrum strahlen. Um den Muskelmantel herum bilden sie einen Ring, einen Parallelring zum vorderen Nervenringe. Von den Nervenenden, die auch in diesem Parallelringe eine Anschwellung durch eine lockere Aufknäuelung zeigen, ebenso wie vom Paralleiringe selbst ziehen die Fasern ab, welche zwischen die Zellen des Muskelmantels des Angrifisstilets eindringen, und deren letzte Endigungen stärkere Ver- diekungen zeigen, von denen ich aber schliesslich noch ein feines Spitz- chen ausgehen sah. Die Innervirung der Papillenschicht. Der Rüssel der be- waffneten Nemertinen ist mit dachziegelartig angeordneten Zotten oder Papillen bedeckt, welche beim ausgeworfenen Rüssel die äussere Schicht bilden. Jede Papille setzt sich aus einer grossen Anzahl von Zellen zu- sammen, deren jede einen eylindrisch verdiekten äusseren und einen fadendünnen inneren Abschnitt aufweist, mit dem sie sich auf eine Basal- membran anheftet. Der erstere enthält ein zu kleinen Kügelchen ge- formtes Secret, das bei Gelegenheit ausgestossen wird, und durch welches sich der Rüssel äusserst zähe an Gegenständen festzukleben vermag. Die Papillenzelle verjüngt sich distal in einen fadendünnen Fortsatz, und mit diesem ist eine Nervenfaser, die mit vielen Anschwellungen und Kügelchen behaftet ist, verknüpft, welche bis in den Rüsselnerven hinein verfolgt wurde (Taf. VIII, Fig. 11). Die Fibrillen sind noch in der Papille zu einem Strang zusammen- geschlossen und verlaufen gemeinsam bis zum Rüsselnerven, indem sie dicht aneinander lagernd die Basalmembran der Papillenschieht und die Muskelwand (Ring- und Längsschicht) durchbrechen, welche zwischen dem küsselnerven und der Papillenschicht sich befindet. Zu jeder Papille zweigt sich also vom küsselnerven ein Nervenast ab, dessen stark tingirte nervöse Elemente Nervenfasern sind, die vom Centralstrange abgehen. Peripheres Nervensystem. Rüsselnerven. 123 Der Nervenast ist aber auch mit einer bindegewebigen Grundmasse aus- gestattet, da das gekennzeichnete Hüllgewebe einen dicken Mantel um den Fibrillenstrang bildet, in welchem die grossen, kugeligen Kerne, die charakteristischen Kerne des neuralen, feinfaserigen Bindegewebes, reichlich eingestreut und gut zu constatiren sind. Im hinteren Rüsseleylinder von Ad. marmoratus gewann ich durch die günstige Reaction, welche auf die Injection hin regelmässig eintrat, Bilder, die ganz an die erinnerten, welche im inneren Rüsselepithel auch bei einer unbewaffneten Form erschienen. Dieser Rüsselabschnitt, welcher sich bekanntlich nicht umstülpen kann, besitzt keine Zotten, sondern ein sehr hohes, dem Zottenlager homologes Epithel, das sich aus äusserst langen Drüsenzellen zusammen- setzt, die das Secret erzeugen, welches durch den Duetus ejaeulatorius ausgespritzt wird. Der innere, dem küssellumen zugekehrte Abschnitt der Epithelzellen ist stark angeschwollen, er sieht wie ein voller Schlauch aus. Ein dünner Faden heftet sich ihm an und befestigt ihn auf der Basalmembran mit Hilfe von mehreren feinsten Fäden, in die er sich am Ende zerfasert. Der spindelige Kern der Zelle liegt am Grunde des schlauchförmigen Abschnittes, dort wo sich dieser plötzlich in den faden- förmigen verjüngt. Zwischen die Wurzelfasern, wenn ich die der Basal- membran anhaftenden Fäserchen so nennen darf, ist eine andere Zelle ein- gedrungen, die sich mit Methylenblau tief blau gefärbt hat: in ihr fällt vor Allem der grosse Kern auf. Sie sendet eine Faser zum Rüsselnerven. Zweifelsohne ist diese Zelle eine Nervenzelle (Taf. VIII, Fig. 17). Die feinere Histologie des Rüssels der Proto-, Meso- und Heteronemertinen. Durch die Färbung des frischen Rüssels mit Methylenblau erkannte ich, dass nirgends im Rüssel eine Nervenschicht existirt, wie man aus den Schnittbildern entnehmen möchte, sondern zwischen den Rüsselnerven ein Netzwerk von Anastomosen ausgebildet ist, welches sich ganz ähnlich wie das im hinteren Rüsseleylinder der Metanemertinen beschriebene verhält. Nur sind die Anastomosen bei Weitem länger, denn sie verlaufen nicht quer, sondern längs (man könnte sagen, den Nerven fast parallel), sie zweigen sich unter sehr spitzem Winkel ab und treten unter solehem wieder miteinander in Verbindung. Die Anastomosen sind meist so dick wie die Nerven und wenigstens bei Eupolia kaum von diesen zu unterscheiden. Die Grundmasse der beiden Rüsselnerven ebenso wie die der Ana- stomosen bildet das feinfaserige, genugsam gekennzeichnete Bindegewebe, in welches wie immer die grossen, kugeligen Kerne eingestreut sind. Es erzeugt das Gerüst, in welchem die vom Gehirn kommenden Nerven- fibrillen und die eigenen verlaufen, die zu den Ganglienzellen des Rüssels hinführen. In das gleiche Gewebe sind auch die Ganglienzellen gebettet. Ganglienzellen sind nicht nur an den beiden Nerven vertheilt, sondern auch in den Anastomosen im gesammten Umfang des Rüssel- eylinders vorhanden. 124 Anatomie und Histologie. Im Rüssel von ©. marginatus ist der Ganglienzellreichtkum so bedeutend, dass er dem der bewaffneten Rüssel wohl fast gleichkommt. Die Ganglienzellen bilden auch hier vor Allem auf jeder Seite der Rüsselnerven eine Zeile, in welcher sie ungemein dicht aneinander gereiht sind. In der Wand der beiden Halbeylinder, in welche der Rüssel durch die beiden Nerven zerlegt wird, nehmen sie zwar an Fülle ab, aber mit der quantitativen Abnahme geht eine auffällige Grössenzunahme der- jenigen Zellen, die entfernter von den Nerven liegen, Hand in Hand. Hier finden sich nämlich viele colossale Ganglienzellen, die einen entsprechend dicken und langen Ausläufer aussenden. Die sehr langen Fortsätze verlaufen in der Längsrichtung. Die typische Ganglienzelle des Cerebratulus-Rüssels ist eine einzelne unipolare, retorten- förmige, birnförmige oder kugelige Ganglienzelle, deren Grösse sehr variirt, und deren Fortsatz in verschiedenen, meist in Längsrichtungen zieht, um oft erst nach langen Umwegen schliesslich in einen der Nerven einzubiegen. Paarige Zellen sind selten (Taf. VIII, Fig. 8). Es ist mir bisher nicht gelungen, etwas über die Innervirung des inneren Rüsselepithels von (©. marginatus zu erfahren. Erst bei Eupolia eurta und delineata erhielt ich Bilder, die mir auch in dieser Frage Aufschluss gaben. Hier werden in der inneren Epithelschicht, welche sich im vorderen Rüsselabschnitt zur Papillenschicht differenzirt hat, in allen Abschnitten des Rüssels durch das Methylenblau lange, hakenförmige Gebilde kenntlich gemacht, welche gleichmässig und reichlich vertheilt sind. Dieselben machen den bizarısten Eindruck, sind aber dennoch nieht Schwer zu enträthseln. Sie setzen sich nämlich aus zwei Zellen zusammen, und zwar erstens aus einer sehr langen, schmächtigen Zelle, einer Papillenzelle, mit verdicktem oberem Ende und einer ver- stärkten Basis, welche einen kugeligen Kern enthält, und sodann aus einer anders gestalteten Zelle, welche sich quer über die Basis jener gelegt hat (Taf. VIII, Fig. 9 und 17). Diese wird nämlich nur durch einen kleinen spindeligen, mehr oder minder regelmässig geformten, sehr intensiv tingirten Kern und einen fadenartigen Fortsatz repräsentirt. Es ist eine Nervenzelle; ihren einen Fortsatz können wir in die Rüsselnerven oder deren Anastomosen hinein verfolgen. 7. Die Sinnesorgane. r . Ausser den Neuroepithelzellen, welche sich im Epithel der gesammten Haut mehr oder minder reichlich vertheilt finden, kommen am Vorderende eine Anzahl sehr verschiedenartig gebauter, bald oberflächlich, bald in der Tiefe des Körpers gelegene Apparate vor, die als Sinnesorgane ge- deutet wurden. Es sind die Kopffurchen- und Spalten, die Gerebralorgane, Seitenorgane, Augen, Otolithen und terminalen Sinnesorgane (Frontalorgane) an der Kopfspitze. Die Sinnesorgane. — Litteratur. 125 Von diesen Gebilden sind die auffälligsten die Augen, welche be- reits O. Fr. Müller bemerkt hatte. Er theilte die Nemertinen nach ihrem Vorkommen und ihrer Anzahl ein (1776, No. 7). Ihm folgten Ehrenberg 1831 (No. 34), Oersted 1842 und 1844 (No. 43 und 47), Diesing 1850 (No. 65) u. a., ohne indessen die Kenntniss vom Bau des Auges zu fördern. Die Augen, welche öfters so gross sind oder solch grosse Gruppen bilden, dass wir sie mit unbewaffinetem Auge bemerken, repräsentiren sich uns bei flüchtiger Untersuchung als einfache Pigmentflecke. Der erste, welcher erkannte, dass das Auge einen complieirteren Bau besitzt, war Quatrefages 1846 (No. 54). Dieser Forscher meinte, sich bei Tetrastemma coronatum von der Existenz einer Linse, welche in einem Pigmentbecher steckt, überzeugt zu haben. Graeffe 1858 (No. 91) will ebenfalls im Auge von Tetrastemma eine Linse bemerkt haben. Auch Keferstein 1862 (No. 97) glaubt noch an das Vorhandensein einer Linse. Er schreibt; „Gewöhnlich sind diese Augen blosse Pigment- haufen in der äusseren Haut, meistens aber zeigen diese an der nach aussen oder vorn gerichteten Seite eine Einsenkung, die man auf den ersten Blick für eine Linse halten möchte.‘ Keferstein beobachtete ebenfalls, dass Nerven vom Gehirn zu den Pigmentflecken treten, und ist aus diesem Grunde der Ueberzeugung, dass es sich auch dort um Sinnes- organe „und der Analogie mit anderen Thieren nach um lichtempfind- liche Apparate“ handelt, wo eine Linse sicher fehlt. MeIntosh 1875 bis 1874 (No. 125) hat nur bei den verhältnissmässig grossen Augen der bewaffneten Nemertinen einen Pigmentbecher mit einem kugeligen, klaren Inhalte unterscheiden können; die der waffenlosen bezeichnete er als ein- fache Pigmentmassen „without any special optical structure“. Der erste, welcher sich eingehend mit dem feineren Bau des Auges beschäftigte und gewissermaassen das Fundament unserer heutigen An- schauungen legte, war Hubrecht 1880 (No. 164). Hubrecht machte seine Untersuchungen an den Augen von Drepanophorus spectabilis, einer bewaffneten Art, welche noch heute als bestes Objeet in dieser Hinsicht eilt. Nach Hubrecht zerfällt das sphärische oder eiförmige Auge in zwei Hälften, die hintere pigmentirte und die vordere wasserklare. Das Pigment bildet eine Kappe, durch deren Mitte ein Nervenästchen in das Auge eindringt. An der Innenseite der Pigmentkappe fand er eine fein- eestreifte Schicht, welche er sich aus äusserst feinen Stäbchen zusammen- gesetzt denkt, die zum Kappenrände senkrecht stehen. Die wasserklare, über die Pigmentkappe vorspringende Kuppe deutet Hubrecht, noch in den Anschauungen seiner Vorgänger befangen, ebenfalls als Linse. Der hintere Raum des Auges, zwischen Linse und Stäbchenschicht, wird von einer Zellmasse ausgefüllt, deren Elemente verhältnissmässig gross sind und einen deutlichen Kern mit Kernkörperchen besitzen. Hubrecht vergleicht sie mit einem Glaskörper. Das gesammte Auge wird von einer homogenen, durchscheinenden Hülle umgeben. 126 Anatomie und Histologie. Zehn Jahre später sind die Augen derselben Art abermals einer ein- gehenden Untersuchung von Joubin 1890 (No. 215) und mir 1890 (No. 217) unterworfen worden. Beide Untersuchungen fanden völlig un- abhängig voneinander statt, stimmten aber in den meisten wesentlichen Punkten miteinander überein. Wie Hubreeht lässt Joubin den Augennerven den Pigmentbecher am Grunde durchdringen. Im Auge zertheilt er sich in feine Fasern, die annähernd bis an die Hülle der vorderen Augenhälfte hinantreten, sich alsdann umbiegen und in den von der Pigmentkappe umgebenen Theil des Auges zurücklaufen. Hier verästeln sich die Nervenfasern zwischen Zellen, die den Pigmentbecher auskleiden. Diese Zellen sind im Grunde des Pigmentbechers niedriger als am Rande. Es sind ziem- lich schlanke Prismen. Jede Zelle besitzt einen Kern, der regelmässig in dem Abschnitt der Zelle liegt, welcher der vorderen Augenhälfte zuge- wendet ist. Ehe die Nervenfaser sich zwischen die oben beschriebenen stäbchenförmigen Zellen verästelt, erfährt sie eine eiförmige Anschwellung, „comparable a un noyau de renforcement“. Joubin hat gleichzeitig auch eine Schilderung von dem Auge einer un- bewaffneten Nemertine (Eupolia curta) gegeben, dieselbe ist aber, was bei der überaus geringen Grösse dieses Auges nicht zu verwundern ist, weniger vollkommen als die voraufgehende. Der Nerv soll auch beim Eupolia- Auge von hinten an den Pigmentbecher herantreten; wo er an das Auge stösst, befindet sich eine Wulst sehr kleiner, länglicher Zellen; im Auge be- findet sich ein Kern von länglich birnförmigen, grossen Zellen. Ausser- dem sind ebenfalls die stäbchenförmigen Zellen nachgewiesen worden, welche die Augenkapsel auch in ihrer pigmentfreien Hälfte, freilich stark abgeplattet, begrenzen sollen. Sie sollen hier die Rolle einer Cornea spielen. Meine Untersuchungen haben sich zweimal mit den Augen beschäftigt 1890 (No. 217) und 1895 (No. 256). Meine erste Darstellung weicht von derjenigen Joubin’s hauptsächlich dadurch ab, dass sie die stäbchen- förmigen Gebilde kernlos hinstellt und die Nervenfibrillen innerhalb des Auges noch mit je einer Ganglienzelle in Verbindung treten lässt. In meinem zweiten Bericht schliesse ich mich Joubin darin an, dass die stäbehenförmigen Gebilde Kerne besitzen, konnte aber den Nachweis liefern, dass der Augennerv den Pigmentbecher nicht durchbrieht, sondern von der Seite her am Rande des Pigmentbechers in das Auge hineintritt. Neuerdings hat sich Hesse”) der Histologie des Nemertinenauges ge- widmet. Er ist noch zu einigen anderen Resultaten gekommen. Nach Hesse haben in Uebereinstimmung mit meiner ersten Schilderung die stäbchenförmigen Gebilde keine Kerne. Es fehlen die zwischen Ganglien- zelle und Stäbchen von Joubin und mir beobachteten spindelförmigen Verdickungen, dagegen durchziehen das Auge in der Längsachse be- sondere, von den übrigen Nervenfasern verschiedenartige Fibrillen, die *) Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. 11. In: Zeit. Wiss. Z. 62. Bd. 1897. p. 1983—246, t. 27 u. 28. Die Sinnesorgane. — Litteratur. 127 solche Verdickungen besitzen. Hesse bestätigt meine Angabe betreffs des Nerveneintrittes in das Auge. Wir sind demnach zur Zeit nicht in der Lage, in allen Fragen ein abschliessendes Urtheil über den feineren Bau des Metanemertinenauges abzugeben. Hesse hat gleichfalls das Eupolia - Auge (E. delineata) untersucht und glaubt gefunden zu haben, dass es aus einem Pigmentbecher besteht, der mit Stäbchen angefüllt ist, an welche Zellen herantreten, die in die Fasern des Augennerven übergehen. Frühzeitig haben auch die Cerebralorgane, welche bis in die neueste Zeit als Seitenorgane bezeichnet wurden, und die mit ihnen in mehr oder minder innigem Zusammenhang stehenden Kopfspalten- und Furchen das Augenmerk der Zoologen auf sich gezogen. Die Kopfspalten sind von allen Forschern bemerkt, welche Lineiden beobachtet haben. ©. Fr. Müller, Fabricius, Delle Chiaje, John- ston, Huschke u. a. haben sie bereits gesehen. Huschke 1830 (No. 33) lässt die Seitenstiämme, welche er für Canäle hält, durch die Kopfspalten ausmünden. H. Rathke*) entdeckte die Öerebralorgane und constatirte gleich- zeitig ihren Zusammenhang mit dem Gehirn und den Kopfspalten. Aber er hielt sie nur für breite Nervenstämme, welche vom Gehirn zu den Kopfspalten gehen. Die Kopfspalten deutete er als „Sinneswerkzeuge, namentlich den Sitz eines schärferen Gefühls, als die ganze übrige Oberfläche des Körpers gewähren kann“. Zu einer ganz anderen Deutung der Kopfspalten gelangte Oersted 1844 (No. 47). Er hielt die Gehirnganglien, Duges 1825 und 1830 (No. 31 und 32) folgend, für Herzen und glaubte nun aus der unmittel- baren Nachbarschaft, in welcher Gehirnganglien und Kopfspalten sich in der That befinden, diesen die Function von Respirationsorganen zusprechen zu müssen. Oersted schreibt wörtlich: „‚Durch diese Spalten kann das Wasser also in unmittelbare Verbindung mit den Herzwänden selbst treten und die Respiration hierdurch befördert werden.‘ Dieser Auffassung, welche verschiedentlich getheilt wurde, z. B. von Williams 1852 (No. 72) und Schmarda 1859 (No. 93), der aber später Quatrefages und Kefer- stein entgegentraten, hat 1880 Hubreceht (No. 164) durch Experimente wiederum Geltung zu verschaffen gesucht, obwohl er die anatomischen Verhältnisse vollständig richtig erkannt und beurtheilt hatte. Quatre- fages 1846 und 1849 (No. 54 und 55) bestätigte den Zusammenhang der Cerebralorgane mit dem Gehirn und deutete sie als Gehörorgane. Frey und Leuckart 1847 (No. 56) sahen die Cerebralorgane bei Lineus gesserensis, konnten sich aber über ihre Bedeutung nicht klar werden, was aus folgender Bemerkung hervorgeht: „Am inneren Rande |des Gehirns] lassen sich noch zwei buckelförmige Hervorragungen von *) Neueste Schriften der naturforsch. Gesellschaft in Danzig. Bd. 3. Danzig 1842. (Cit. nach Keferstein No. 97.) 128 Anatomie und Histologie. rundlicher Gestalt wahrnehmen, die fast das Ansehen einer kurz gestielten Blase haben. Bisweilen schien es auch als sei der Inhalt weniger fest als die übrige Hirnsubstanz. Eine Zeit lang glaubten wir in diesen Ge- bilden die Gehörorgane der Nemertinen vor uns zu sehen, zumal wir öfters einige unregelmässige, bräunlich gefärbte Körperchen darin fanden; doch haben wir später uns überzeugt, dass sie blos kugelige Anhänge der Gehirnganglien seien.“ Max Schultze 1851 (No. 71) sah bei der von ihm untersuchten Metanemertine die Wimpergrübchen, welche er für Sinnesorgane hielt, indess nicht die Cerebralorgane. Später 1853 (No. 76) hat dieser vor- zügliche Zoolog die Kopfspalten der Lineiden als Ausfuhröffnungen der von ihm entdeekten Exeretionsgefässe in Anspruch genommen. Verwandte Anschauungen theilt van Beneden 1861 (No. 96), welche sich aber, da er auf den Standpunkt Huschke’s zurückkehrte, noch weit mehr vom wahren Sachverhalt entfernten. Er hält die Kopfspalten mitsammt den ÜÖerebralorganen für Exeretionsorgane, lässt sie nun aber nicht mit den wirklichen Excretionsgefässen, sondern mit den Blut- eefässen, die er als solche deutet, communiciren. Keferstein 1862 (No. 97) war es, welcher unbeirrt durch die Fülle widerstreitender Befunde und Deutungen in beiden zu Erkenntnissen ge- langte, die im wesentlichen bis heute recht behalten haben. Er constatirte den Zusammenhang der Kopfspalten und Üerebral- organe und die Verbindung letzterer mit dem Gehirn. Er erkannte, dass sie mit keinem anderen Organsystem etwas zu schaffen haben, und fasste sie als Sinnesorgane auf. Freilich vermochte er noch nicht tief in die. Organisation der Cerebralorgane einzudringen. Er hielt sie für solid und unterschied bei Drepanophorus spectabilis an ihnen Schale und Kern und im hinteren Ende eine grünliche, körnige Masse. Me Intosh 1873, 1874 (No. 125) erkannte die constanten Be- ziehungen, welche zwischen Kopffurchen- und Spalten und den Cerebral- organen herrschen, und wies in letzteren einen mit der Aussenwelt communieirenden Canal nach, der in dem Organ blind endigt. Er be- merkte auch ein Drüsenlager in dem Cerebralorgane. In den Kopffurchen oewisser Arten fand er accessorische Grübehen auf. Ohne van Beneden im übrigen beizustimmen, neigt Me Intosh in seiner Monographie (No. 125) der Deutung jenes Forschers betreffis der Gerebralorgane zu. Kinige Jahre später indessen (1876, No. 140) gelangt er auf Grund erneuter Untersuchungen zu der Ansicht, dass die Öerebralorgane Sinnes- organe unbekannter Function vorstellen. Ein wesentlicher Fortschritt in unserer Kenntniss des Cerebralorgans datirt seit den Untersuchungen Hubrechts (1880, No. 164), die nament- lich dadurch werthvoll waren, dass sie eine Reihe hinsichtlich der Aus- bildung dieses Organs sehr verschiedener Formen berücksichtigten. Das Cerebralorgan bezeiehnet Hubreeht als dritte Gehirnan- schwellung oder „respiratory lobe of the brain“. In dasselbe Sinnesorgane. — Litteratur. 129 setzen sich ein oder mehrere Faserstränge des Gehirms fest, die im Organ selbst stets von einem starken Haufen normaler Ganglienzellen umgeben sind; letztere machen den Hauptbestandtheil des Organes aus. An die gangliöse Substanz des Cerebralorgans legt sich ein Polster grosser, plasmareicher Zellen an, „in dessen Mitte eine centrale Höhle nachzuweisen ist, welche in den nach aussen mündenden Flimmercanal übergeht. Letzterer schwillt aber ausserdem noch zu einer selbständigen Höhlung an, welche sich von der anderen Seite an den Ganglienzellen- haufen anlegst und zum Theil in diesen eindringt“. Der Canal ist mit einem Flimmerepithel ausgekleidet. Das grosszellige Polster, von dem Hubrecht vermuthete, es sei vom Oesophagus abgeschnürt worden, ent- spricht den von Me Intosh erwähnten Drüsenmassen. Hubreceht kehrte in seiner functionellen Deutung der Cerebral- organe zu der alten Anschauung zurück, dass sie der Respiration dienen. Er wurde zu derselben vornehmlich durch den von Engelmann ge- lieferten Nachweis, dass das Nervengewebe und vornehmlich das Gehirn Hämoglobin enthalte, geführt. Hubrecht hatte schon früher geäussert, „es diene das in dem Nervengewebe vorhandene Hämoglobin einer directen respiratorischen Thätigkeit, diese zu ermöglichen dient der ge- wundene Flimmercanal, den wir in das Gehirn durchdringen und dort blind endigen sehen“. (1874 No. 132.) Um diese Hypothese zu stützen, stellte er verschiedene Experimente an. Er setzte Nemertinen (und zwar solche mit Kopfspalten) in sauerstoffarmes oder stark kohlensäurehaltiges Seewasser und beobachtete nun eine Verfärbung des tiefrothen hämo- globinhaltigen Nervengewebes in Braun und eine Rückkehr der ursprüng- lichen Färbung bei angemessenem Wechsel des Mediums. Indessen muss ich Dewoletzky 1886 (No. 202) beistimmen, der scheinbar seiner Hypo- these günstige Ausfall der angestellten Experimente erlaubt es dennoch nicht, die Cerebralorgane als Respirationsorgane in Anspruch zu nehmen. Einmal ist es in Folge anderer anatomischer Verhältnisse nicht statthaft, die bei den spaltköpfigen Nemertinen gewonnenen Resultate auf die übrigen zu übertragen, sodann stehen Formen wie Carinella mit ihren rein epithelialen Cerebralorganen der Hypothese direct im Wege, und schliesslich sind uns heute eine Reihe von Arten bekannt, denen Kopf- spalten und Furchen nebst den Cerebralorganen abgehen. Einen wichtigen Beleg für seine Ansicht glaubte Hubrecht in der embryologischen Entwicklung der Cerebralorgane zu besitzen, von denen man damals noch annahm, dass sie sich vom Oesophagus abschnüren. Diese Herkunft schien ihm im Lichte vergleichend anatomischer Be- trachtung ebenso entschieden für seine Auffassung als gegen die als Sinnesorgane zu sprechen. Hubrecht hat diese Stütze später auf Grund eigener embryologischer Untersuchungen fallen lassen müssen. Wohl vermochte sich Hubrecht in seiner Bearbeitung des Challenger- Materials (1887, No. 204) nicht vollständig von der von ihm mit Eifer und Geschick vertheidigten Hypothese zu trennen, indessen giebt er Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 8) 130 Anatomie und. Histologie. nunmehr die Möglichkeit zu, dass die Cerebralorgane der Metanemertinen nebenbei zugleich als Sinneswerkzeuge fungiren mögen. Eine ausschliesslich dem Studium der Cerebralorgane gewidmete Arbeit verdanken wir Dewoletzky 1886 (No. 202). Sie ist eine der elänzendsten in der gesammten Nemertinenlitteratur. Das Cerebralorgan der Heteronemertinen wurde besonders an Mierura faseiolata untersucht; ferner wurden berücksichtigt M. purpurea, Cere- bratulus urticans und marginatus und ein Lineus. Es setzt sich aus einem vorderen und hinteren Drüsenzellantheil und einem Ganglienzellkern zusammen. Die Wandung des Cerebralcanals besteht in ihrem hinteren Abschnitt aus verschiedenartig gestalteten Medial- und Lateralzellen. Erstere sind schlank prismatisch und tragen je einen Cilienschopf, letztere breit, blasig aufgetrieben mit hyalinem Fortsatz, der wahrscheinlich aus verklebten Cilien besteht, weleher in das Innere des Canals vorspringt. Ueber das Gerebralorgan der Metanemertinen unterrichtete er sich vornehmlich an Drepanophorus erassus. Der Canal, welcher in das Cerebralorgan führt, entspringt einem der accessorischen Grübchen der Kopffurchen. Im Organ erweitert er sich zu einer kurzen Höhlung, in welche zwei Räume sich öffnen, ein Sack und ein Canal. Das Epithel beider verhält sich verschieden. Der Canal endet blind im hinteren Drüsenzellpolster. Bei Amphiporus dubius, einer anderen Metanemertine, bildet den Sack „eine sublaterale, kropfartige Er- weiterung der Canaleinstülpung“. Bei anderen bewaffneten Formen, wie Tetrastemma melanocephalum, coronatum und Prosorhochmus claparedi wurde der Sack vermisst, indess zeigt das vorderste Drittel des Canals von seiner Mündungsstelle im Organ ab, „wieder den drüsenähnlichen Charakter der Sackregion von Amphiporus“. Bei Eumemertes gracilis finden sich ähnliche Verhältnisse wie bei Amphiporus dubius. Bei den Protonemertinen Carinella polymorpha und superba erkannte Dewoletzky als Cerebralorgane epitheliale Gruben, deren Begrenzungszellen nicht sehr von denen der Haut abweichen und in deren Nähe einige umfangreiche, kleinkernige, epitheliale Drüsenzellen liegen. Nach Dewoletzky sind die Cerebralorgane Sinnesorgane. Er ver- oleicht sie mit den vor den Gehirnganglien liegenden Flimmergruben der Mikrostomeen und denjenigen der Larve von Polygordius und Proto- drilus leuckarti. Er schreibt den Cerebralorganen „eine Art Perception in Bezug auf die Beschaffenheit des umgebenden Mediums zu“. Die interessanten Befunde Dewoletzky’s sind von Coe 1895 (No. 253) bezüglich der Heteronemertinen und mir (1890, No. 217 und 1895, No. 256) für alle Ordnungen in vollem Umfange bestätigt worden. Terminale Sinnesorgane an der Kopfspitze. Von Hubrecht 1875 (No. 132) ist zuerst auf kleine retractile Wimperhügel hinge- wiesen worden, welche sich an der Kopfspitze von Mierura befinden. Me Intosh bemerkte dieselben Gebilde bei Lineus gesserensis, 18735, 1874 (No. 125, Taf. XIX, Fig. 1). Sinnesorgane. — Litteratur. 131 Von Kennel 1878 (No. 146) entdeekte bei einer Landnemertine, Geonemertes palaensis, an der Kopfspitze eine ihm räthselhafte tiefe Grube, welche nach hinten mit zwei Zipfeln blind endigt. Salensky 1884 (No. 187), welcher eine eben solche Kopfgrube, wie von Kennel beschrieben hatte, bei Monopora vivipara (wahrscheinlich zu Tetrastemma oder Prosorhochmus gehörig) auffand, bemerkte auch ihren Zusammenhang mit der Kopfdrüse. Später ist von mir 1890 und 1895 (No. 217 und 256) ein solches Organ bei einer grossen Anzahl von Metanemertinen und ferner bei Eupolia immer in inniger Verbindung mit der Kopfdrüse nachgewiesen worden. Ausserdem vermochte ich auch die älteren Angaben bezüglich der retractilen Wimperhügel allgemein für die Lineiden zu bestätigen. Ich fasste sie alle als Sinnesapparate auf und bezeichnete sie als Frontal- organe, es als Regel hinstellend, dass die Lineiden drei, die Meta- nemertinen und Eupolia eins besitzen. Meine Ausführungen sind durch Montgomery 1894 und 1895 (No. 245 und 250) für die Metanemertinen bestätigt worden. Otolithen, welche für die Gattung Otofyphlonemertes charakte- ristisch sind, hat Graeffe 1858 (No. 91) zuerst beschrieben. Er sagt, dass sich zwischen den Augen einer Tetrastemma „eine kleine Gruppe von Ötolithenkapseln“ befinden soll. Leider fehlt eine Abbildung dieser eigenthümlichen Verhältnisse, aus der, wie ich glaube, zu erkennen wäre, dass die vermeintlichen Otolithen Kopfdrüsenzellen sind; denn an jenem Orte sind sonst keine Otolithen gefunden worden. Deshalb halte ich für den Entdecker der Otolithen bei den Nemertinen Keferstein 1862 (No. 97). Er sah bei einer Metanemertine „auf der Rückenseite jedes unteren Hirnganglions zwei Otolithenblasen liegen, nahe der Stelle, wo das Ganglion in den Seitennerven (= Seitenstamm) übergeht. Die Blasen schienen der Hirnsubstanz anzuhängen und enthielten einige kleine runde Otolithen, an denen ich (Keferstein) keine Bewegung sehen konnte“. Clapar&de 1863 (No. 102), welcher wahrscheinlich eine andere Art vor sich hatte, sah an denselben Punkten nur eine Otolithenblase, deren jede „meist drei durch schwingende Wimpern in zitternder Bewegung versetzte Otolithen enthielt“. Ausserdem sind die Otolithen noch von du Plessis 1891 (No. 223) beobachtet worden. Mit Keferstein und du Plessis stimme ich im Gegensatz zu Claparede darin überein, dass die Otolithen unbeweglich sind. Auch Riches 1893 (No. 239) ver- mochte keine Cilien in den Otolithenblasen zu entdecken. 1895 (No. 256) wurde von mir eine Darlegung ihres feineren Baues gegeben. 1590 wurden von mir (No. 217) bei Carinella polymorpha und superba in der Gegend der Exeretionsporen ein paar retractile Sinneshügel ent- deckt und als Seitenorgane beschrieben. Ich fand diese Sinnes- apparate später noch bei anderen Carinellen auf (1895, No. 256). Auf Neuroepithelzellen, welehe namentlich an der Kopf- und Bl 132 Anatomie und Histologie. Schwanzspitze sich häufen, ist bereits von Hubrecht und Dewoletzky aufmerksam gemacht worden. a. Die Kopffurchen sind epitheliale Hautfurchen, die sich in der Regel bei jenen Nemertinen finden, welche Cerebralorgane, aber keine Kopfspalten besitzen. Wir vermissen Kopffurchen also bei den Lineiden und den bisher bekannten Mesonemertinen. Auch bei Valeneinia sind sie nicht vorhanden. In vorzüglichster Ausbildung finden sie sich bei den Meta- nemertinen mit Ausnahme von Malacobdella, Pelagonemertes, Hyalone- mertes und vielleicht auch Neetonemertes. Die Kopffurchen sind Rinnen, welche quer am Kopf verlaufen, und befinden sich vor dem Gehirn. Man unterscheidet eine rechte und eine linke Kopffurche, jede beschreibt bei den Metanemertinen annähernd einen Halbkreis. An der Oberseite des Kopfes sind sie nahe daran zu- sammenzustossen, an der Unterseite bleiben sie etwas weiter voneinander entfernt. In der Tiefe der Furchen findet sich eine Anzahl kleiner Grübcehen vor (Taf. II, Fig. 13 und 14 und Taf. IX, Fig. 11). Die- selben kommen dadurch zu Stande, dass in die Furchen Riffe in geringen unregelmässigen Abständen vorragen. Die Riffe sind durch eigenthüm- liche und höhere Zellen, als sonst das Epithel der Furchen ausmachen, gebildet. An der Bildung der Kopffurchen bleibt die Grundschicht oder Basal- membran unbetheiligt, sie entstehen, wie Dewoletzky richtig bemerkt, fast ausschliesslich durch auffällige Verkürzung des Hautepithels. Das Epithel der Kopffurchen zeichnet sich in erster Linie da- durch aus, dass es keine Drüsenzellen und auch kein Pigment enthält. Hierdurch stellt es sich in auffallenden Gegensatz zum übrigen Epithel der Haut (Taf. IX, Fig. 12) und die Kopffurchen sind dadurch meist auch äusserlich leicht kenntlich. Die Zellen der Kopffurchen sind schlank prismatisch; sie sind basal nicht dünner als an ihren äusseren Enden, ja häufig sogar dicker. Das basale Ende birgt den bald mehr länglichen, bald mehr kugeligen, immer auffallend stark tingirten Kern. Das Plasma der Zellen ist ausser- ordentlich dicht; es färbt sich auch verhältnissmässig stark mit Tinctions- mitteln. Jede Zelle trägt einen Schopf von Cilien. Die Cilien erreichen mitunter ein Drittel der Höhe der Zellen, jedenfalls sind sie immer be- deutend länger als die des Wimperpelzes am übrigen Hautepithel. Während das basale Ende der Zellen äusserst dieht und fein gekörnt aussieht, erscheint das äussere Ende homogen oder längsgestreift. Die Zellen der Kopffurchen haben sehr viel Aehnlichkeit mit denen des Epithels der Kopfspalten und auch des medialen Epithels des Cere- bralcanals der Heteronemertinen sowie des Cerebralcanals der Meta- nemertinen in seinem vorderen (nicht zum Drüsenschlauch umgewandelten) Abschnitt. Sinnesorgane. — Kopffurchen. 133 Die Grübehen sind bei den Metanemertinen nur stark ausgeprägt bei den Amphiporen und Drepanophoren gefunden. Die in die Furchen vorragenden Riffe, welche sie hervorbringen — denn sie sind nichts anderes als viele winzige Abtheilungen, in welche die Furchen durch die Riffe zerlegt wurden — werden vom gewöhnlichen Hautepithel gebildet. Man wird das schön durch einen die Furchen in ihrem gesammten Um- kreis treffenden Schnitt (Querschnitt durch den Kopf) illustriren können. Das Epithel der Rifte unterscheidet sich weder durch seine Zusammen- setzung und seine Höhe noch seinen Wimperpelz von dem übrigen Haut- epithel des Kopfes. Man kann bei Drepanophorus spectabilis in jedem Grübchen wiederum ein mittleres und je ein seitliches unterscheiden. Das mittlere ist das tiefere (Taf. IX, Fig. 12). Mit Rücksicht auf den eigenthümlichen Bau ihres Epithels halten wir die Kopffurchen beziehungsweise die Grübchen, aus welchen bei den Metanemertinen stets der Cerebralcanal entspringt, für Sinnesorgane, trotzdem es nicht gelang, Nervenendigungen an ihnen nachzuweisen. Bei Amphiporus reticulatus und einigen anderen Arten ist ganz vorn an der Kopfspitze noch ein zweites Paar von Kopffurchen vorhanden, das den Kopf aber nur seitlich furchte und mit den Cerebralecanälen nichts zu schaffen hat. Aehnliche Kopffurchen wie bei den Metanemertinen finden sich bei den Eupolien; in denselben treten auch die Grübchen — be- sonders bei Kupolia minor — deutlich hervor. Auch bei diesen Formen entspringt der Cerebralcanal von den Kopffurchen, deren Epithelzellen sich kaum von denen der Metanemertinen unterscheiden. Bei den Carinellen finden wir die Kopffurchen nur angedeutet. Am besten sind sie bei Carinella rubicunda und nothus ausgeprägt. Grübchen sind in ihnen nicht bemerkt. Das Epithel der Kopffurchen von ©. nothus ist von Pigment und Drüsenzellen völlig frei. Ziemlich frei davon sind auch die Kopffurchen von C©. rubicunda. Bei polymorpha habe ich keine Kopffurchen entdecken können, wohl aber jederseits am Kopfe in der Gehirngegend ein breites Epithelfeld, welches fast völlig frei von Drüsenzellen ist, dessen Zellen aber Pigment enthalten. Dieses Feld läuft nach hinten spitz aus. In seinem hinteren Zipfel befindet sich das hier rein epitheliale Cerebralorgan. Bei Carinella nothus stellt ebenfalls das epitheliale CGere- bralorgan eine Vertiefung der Kopffurche dar. Bei ©. rubieunda dagegen befindet sich die Oefinung des Cerebral- organs nicht im Bereich der Kopffurche, wohl aber in dem eines Epithel- feldes, das sich an die Kopffurchen anschliesst und das gleiche Epithel wie diese aufweist. Dasselbe erstreckt sich nieht über die Oeffnung des Cerebraleanals nach hinten hinaus. Die Epithelzellen der drüsenfreien Kopffelder der Carinellen sind wohl kaum von denen des übrigen Körpertheils verschieden. Dass 154 Anatomie und Histologie. sie ebenfalls eine hervorragend sensible Bedeutung haben, ist nicht zu verkennen. b. Die Kopfspalten. Eine sehr grosse Anzahl von Nemertinen ist dadurch ausgezeichnet, dass am Kopfe jederseits ein horizontaler Schlitz vorhanden ist (Taf. 1, Eie.:7; Taf. Il, Big. 1,77und38). Hubrecht begründete auf dieses Merkmal die Ordnung der Schizo- nemertinen im Gegensatz zu den Palaeo- und Hoplonemertinen, welchen die seitlichen Schlitze an der Kopfspitze fehlen sollten. Die Ordnung der Schizonemertinen Hubrecht’s deckt sich mit unserer Familie der Lineiden. Die seitlichen Schlitze an der Kopfspitze, die Kopfspalten, wie wir sie mit unseren Vorgängern nennen wollen, sind aber nicht ausschliesslich eine Eigenthümlichkeit der Lineiden, sondern finden sich, wenn auch etwas anders angelegt, bei den Eupoliden, nämlich bei verschiedenen Vertretern des Genus Eupolia. Bei den Lineiden aber wechselt die Ausbildung der Kopfspalten überaus, indem sie bei manchen Arten nur angedeutet sind, ja selbst bei einigen ganz fehlen, bei anderen hingegen äusserst lange und tiefe Einschnitte vorstellen, und indem zahlreiche Uebergänge diese Extreme verbinden. Die Kopfspalten sind bei den Lineiden stets durch genau horizontale und seitliche Schlitze dargestellt, die an der äussersten Kopfspitze terminal beginnen und sich bis zum Gehirn oder über dieses hinaus bis zum Munde nach hinten fortsetzen. Bis zum Mund reichen die Kopfspalten in der Regel bei den Cere- bratulen, wo sie oft über einen Centimeter lang sind. Uebrigens variiren sie hinsichtlich der Länge ebenso wie hinsichtlich der Tiefe, indem sie bald in der Region der Gehirneommissuren, bald in der der Cerebralorgane und bald erst hinter diesen aufhören. Sind die Kopfspalten am tiefsten, so schneiden sie bis auf das Ge- hirn ein, d. h. es grenzt ihre Wandung fast unmittelbar an die Gehirn- hapsel (Taf. VI, Fig. 4, 5 und 8). Lineiden, an denen die Kopfspalten überhaupt nicht zur Ausbildung gekommen sind, sind unter denen des Neapler Golfes nicht bekannt, in- dess hatte ich früher eine unzweifelhafte Angehörige dieser Familie be- schrieben, bei welcher anstatt der Kopfspalten nur sehr flache seitliche Buchten sich vorfinden (Cerebratulus coloratus (No. 217). Die geringste Entwicklung haben unter den Neapler Lineiden die Kopfspalten von L. molochinus erfahren. Sie müssten etwa vier Mal so tief sein, sollten sie an das Gehirn hinanreichen; sehr wenig tief sind sie auch bei L. lacteus, wo sie mehr als doppelt so tief einschneiden müssten, um an die Gehirnkapsel zu gelangen. Etwas tiefer schneiden sie jederseits in den Kopf von L. gilvus und noch tiefer in den von L. bilineatus ein. N Sinnesorgane. — Kopfspalten. 135 Bei Cerebratulus, Euborlasıa und Langia sind sie allgemein sehr tief und treffen im Gegensatz zu den Lineen fast auf die Gehirnkapsel. Doch gilt diese Regel nicht ausnahmslos, denn bei Lineus geniculatus z. B. schneiden die Kopfspalten bis auf das Gehirn ein, während sie bei Cere- bratulus fuscus und simulans und verschiedenen anderen Cerebratulen noch eine dicke Schicht des Gewebes der Kopfspitze zu durchschneiden hätten, um unmittelbar an die Gehirnkapsel zu grenzen. Bei den meisten Cere- bratulen aber, und vor Allem bei den langen, gedrungenen, wie C. margi- natus, urticans, pantherinus, anguillula, ventrosulcatus, grenzen die Spalten fast oder unmittelbar an die Gehirnkapsel, ja sie schieben sich selbst, wie bei C. urticans, jederseits zwischen das obere und untere Ganglien- paar ein. Je tiefer die Kopfspalten sind, um so länger pflegen sie zu sein. Bei den vorhin genannten Lineen, nämlich L. molochinus, lacteus, gilvus und bilineatus, die durch Kopfspalten von geringer Tiefe charak- terisirt sind, enden diese vor den Cerebralorganen. Ihrem hintersten Zipfel entspringt der zum Cerebralorgane führende Canal. Bei den letztgenannten Cerebratulen indess setzen sich die Kopf- spalten über die Cerebralorgane hinaus nach hinten fort und sind, wie z. B. bei ©. urticans, noch in der Mundgegend zu erkennen. Der Cere- bralcanal entspringt bei diesen Formen nicht am hintersten Ende der Spalte, sondern in der nämlichen Gegend wie bei den Lineen mit ober- flächlichen Kopfspalten. Somit zerfällt hier die Kopfspalte in einen vorderen längeren und einen hinteren kürzeren Abschnitt, deren Grenze durch den Abgang des Cerebralcanals markirt wird. Vom Ursprung des Cerebralcanals an wird die Kopfspalte nach hinten allmählich flacher. Bei Lineus geniculatus schneiden die Kopfspalten, wie wir bereits hervorhoben, bis auf das Gehirn ein, gleichwohl reichen sie nur bis zu den Cerebralorganen nach hinten. Auch bei manchen Cerebratulen, wie C. lividus und eisigi, sind die Kopfspalten trotz ihrer Tiefe nur kurz. Ferner sind für Euborlasia elisabethae und Langia formosa Kopfspalten charakteristisch, die zwar fast bis an die Gehirnkapsel hinantreten, aber vor den Üerebralorganen aufhören. Auch bei den Arten von Micrura wechselt die Tiefe der Kopfspalten. Bei M. dellechiajei und aurantiaca z. B. schneiden sie fast bis auf das Gehirn ein, bei M. tristis hingegen sind sie besonders vor dem Ge- hirn ziemlich flach. Bei M. dellechiajei und aurantiaca überragen die Kopfspalten die Ursprungsstelle des Cerebralcanals nach hinten und sind in ihrem hinteren Abschnitt, wie das besonders bei der letztgenannten Art auffällig hervortritt, derart eigenthümlich gefaltet, dass wir in den Spalten eine obere, untere und mittlere (innere) Rinne unterscheiden können. Auf dem Querschnitt durch den Kopf einer M. aurantiaca sehen wir, wie sich vom Ende des langen horizontalen Schlitzes drei Zipfel ausstülpen. Ueberall, wo die Kopfspalten bis auf das Gehirn einschneiden, sieht 156 Anatomie und Histologie. man bei lebenden Thieren die meist lebhaft roth oder gelbroth gefärbten Gehirnganglien leuchtend durehschimmern und bemerkt auch den Porus des Cerebralcanals, da sich die Spalten weit zu öfinen vermögen. Bei verschiedenen Eupolien befinden sich ein Paar Schlitze am Kopfende, von denen die Cerebralcanäle entspringen, und die darum den Kopfspalten der Lineiden an die Seite zu stellen sind, wenn sie ihnen auch in ihrer Anlage nicht völlig gleichen. Am meisten ähneln die Kopfschlitze von Eupolia hempricht (E. brocki, No. 217) den Kopfspalten der Lineiden. Bei ihr stellen die Kopfspalten breite und tiefe Einschnitte dar, die vor dem Gehirn beginnen, bis auf das Cerebralorgan einschneiden und sich über dieses noch etwas hinaus nach hinten fortsetzen. Sie schneiden überdies fast genau seitlich und ziemlich horizontal ein. Bei anderen Eupolien, z. B. E. pellueida und curta, finden wir Kopf- spalten entwickelt, die nicht lateral horizontal, sondern von unten her schräg in die Kopfspitze einschneiden und viel mehr kurzen Taschen als Spalten gleichen. Histologie. Die Kopfspalten kleidet ein hohes Epithel aus, das sich an den Aussenrändern der Spalten, die wir mit Dewoletzky als Lippen der Spalten bezeichnen können, nicht von dem der Haut unter- scheidet, da es sich aus denselben wimpernden Epithelfadenzellen und flaschenförmigen Drüsenzellen zusammensetzt. Ja, es münden in die Ränder der Kopfspalten auch die Secretgänge subepithelialer Drüsenzell- bündel aus, da sich die Cutis sammt dem Epithel der Haut etwas nach innen in die Spalte hinein eingestülpt hat. Indessen nur etwas; denn in der Tiefe kleidet die Kopfspalte ein zwar ebenfalls hohes, aber vom Hautepithel sehr verschiedenes Epithel aus. Dasselbe ist völlig frei von Drüsenzellen und Pigment, und es fehlt unter ihm auch die Cutis (Taf. IX, Fig. 16 und 16a). Uebrigens sind die Zellen, welche es bilden, nur modifieirte Hautfadenzellen, und zwar insofern, als sie kürzer als diese, aber stärker und gleichmässig verdickt sind und mithin völlig eylindrisch aussehen. Ihre Kerne sind noch schlanker, spindeliger geworden, und die Wimpern des Schopfes, den eine jede trägt, über- treffen die der Hautfadenzellen bedeutend an Länge. Ausserdem färben sich die Zellen, welche das innere Epithel der Kopfspalten ausmachen, z. B. mit Carmin etwas lebhafter als die Fadenzellen des Körperepithels. Uebrigens ist die Verkürzung der Epithelzellen in den Spalten nicht so bedeutend wie in den Kopffurchen. Die Kopfspalten werden um so tiefer, je mehr der Kopf sich nach hinten verdickt, und in gleichem Maasse wächst die Fläche ihres inneren modifieirten Epithels. Da hinter dem Ursprung des Cerebraleanals die Kopfspalten allmählich flacher werden, nimmt die Fläche des inneren Epithels wieder ab. Das innere Epithel ist im Gegensatz zu dem der Lippen von un- geheuer vielen sehr kleinen Zellen umgeben, an denen nur die kleinen Sinnesorgane. — Üerebralorgane. 157 glänzenden, stark tingirbaren Kernchen hervortreten. Die Zellen sind überall um das innere Epithel gelagert, wenn auch verschieden massen- haft. Sparsamer sind sie vor dem Gehirn und am hinteren Abschnitt der Kopfspalten, in enormer Fülle aber in der Gehirnregion selbst vorhanden. Infolge ihrer höchst charakteristischen Kerne sind diese Zellchen ganz und gar den Zellen des Ganglienzellbelags der dorsalen Ganglien ähn- lich. Ja, man sollte glauben, dieser habe sich theilweise aus der Gehirn- kapsel heraus um die Kopfspalten herum ergossen, denn es sind in der mittleren Gehirnregion Durchbrechungen der Gehirnkapsel vorhanden, durch welche der Ganglienzellbelag der dorsalen Ganglien austritt und sich mit der Masse der die Kopfspalten umgebenden Zellchen vermischt. Es ist kein Zweifel, um das Innen-Epithel der Kopfspalten sind Ganglienzellen ausserordentlich massenhaft ausgestreut, was bereits von Dewoletzky erkannt und gebührend gewürdigt wurde (Taf. VI, Fig. 4 und 5). ec. Die CGerebralorgane. Die stets paarigen Cerebralorgane stellen bei den verschiedenen Ne- mertinentypen sehr verschiedenartig gestaltete Gebilde dar. Nur bei wenigen Nemertinen sind es einfach epitheliale Grübchen, so bei den Protonemertinen Carinina und Carinella (Taf. I, Fig. 2 und Taf. IV, Fig. 2). Bei allen übrigen werden sie durch innerhalb der Körperwand gelegene kugelige, ei- oder keulenförmige Gebilde repräsentirt, in welche ein Canal eindringt, der von aussen herkommt. Die Cerebralorgane stehen stets mit dem Gehirn in Verbindung. Die Beziehung zwischen Cerebralorgan und Gehirn ist entweder mittel- oder unmittelbar. Mittelbar nenne ich sie, wenn das Cerebralorgan durch Nerven mit dem Gehirn verknüpft, unmittelbar, wenn es mit dem Gehirn verschmolzen ist (vergl. Taf. V, Fig. 4 mit Fig. 6). Jener Modus gelangte bei Carinina und Carinella und allen Meta- nemertinen, dieser bei allen Heteronemertinen vollkommen und bei der Protonemertine Hubrechtia annähernd zur Ausbildung. Innerhalb eines gewissen freilich recht engen Spielraums verändert das Cerebralorgan auch seine Lage bei verschiedenen Nemertinenarten. Ganz dicht hinter dem Gehirn oder noch in seiner hinteren Region befindet sich das epitheliale Cerebralorgan von Carinina und Carinella. Dort, wo das Cerebralorgan wie bei den Heteronemertinen einen Hirn- anhang darstellt, bildet es immer einen hinteren Gehirnanhang (Taf. II, Fig. 1 und 12 und Taf. V, Fig. 2, 6 und 7). Bei den Metanemertinen aber ist das Cerebralorgan bald in die vorderste Kopfspitze gewandert und liegt sehr weit vor dem Gehirn (Taf. V, Fig. 3), bald schmiegt es sich diesem so innig an, dass man zu der (nicht richtigen) Vorstellung kam, es sei mitunter auch bei den Metanemertinen mit dem Gehirn ver- [0 2) 15 Anatomie und Histologie, schmolzen (Taf. V, Fig. 9), bald wieder ist es nach hinten von ihm ab- gerückt (Taf. V, Fig. 4). Je weiter das Cerebralorgan sich vom Gehirn entfernt hat, um so länger sind die es mit jenem verknüpfenden Nerven geworden. Der Besitz der Cerebralorgane ist typisch für die Nemer- tinen. Ihre Abwesenheit ist ganz sicher nur bei den bisher be- kannten Mesonemertinen CÜephalothrix und Carinoma, ferner der para- sitischen Malacobdella, sowie auch der pelagischen Pelagonemertes fest- gestellt. Wahrscheinlich fehlen sie auch Hyalonemertes und vielleicht auch Nectonemertes. Indem wir die wesentlichen Typen der CGerebralorgane vor- führen, werden wir gleichzeitig auf ihre Histologie eingehen. Protonemertini. In der Gegend des Mundes dicht hinter den Kopffurchen, der Bauchfläche genähert, bemerken wir bei Carinella superba jederseits ein kleines längliches Grübchen in der Haut (Taf. I, Fig. 2) (vergl. auch Taf. IV, Fig. 2). An Schnitten überzeugen wir uns davon, dass dieses Grübchen einem engen und kurzen epithelialen Canal gleicht, welcher nicht bis an die Grundschicht hinanreicht (Taf. IX, Fig. 3). Der Canal wird begrenzt von Zellen, welche den Epithel- fadenzellen der Haut ähnlich sind. Ihre äusseren Enden sind nämlich verdickt und ihre Kerne spindelig; indess führen sie keine Pig- mentkörnchen, und die Wimpern ihrer Wimperschöpfe sind länger und stärker als die der Epithelfadenzellen der Haut. Die Epithelzellen des Canals sind sämmtlich auf der Grundschicht inserirt, und es ist daher einleuchtend, dass dieselben von ganz ver- schiedener Höhe sein müssen. Ihre Kerne liegen in den äusseren Enden der Zellen, alle in gleicher, naher Entfernung vom Lumen des Canals. Um das innere geschlossene Ende des Canals sind rosettenartig Drüsenzellen gruppirt, deren Enden birnförmig angeschwollen sind und den Kern bergen. Ihre Secretgänge sind sehr fein und bahnen sich einzeln ihre Wege zwischen den Canalepithelzellen hindurch (in den Canal hinein) nach aussen. Die Drüsenzellen produciren ein matt- glänzendes, bröckeliggranulirtes Secret, das sich bei der von mir ver- suchten Doppelfärbung durchaus nicht mit Hämatoxylin, dagegen mit Carmin färbte. Somit treten die Drüsenzellen des Canals in einen Gegen- satz zu denen, welche den wesentlichsten Drüsenzellbestand des Haut- epithels ausmachen, nämlich den Packetdrüsenzellen. Ueber die Inner- vation des Canals sagt Dewoletzky (No. 202): „eine kleine, kuge- lige Gruppe von Ganglienzellen liegt — nur durch die an dieser Stelle besonders schwache Unterhaut |Grundschieht| geschieden — dem blinden Ende des Canals gegenüber in der äusseren Schicht der Hirnganglien. Von dieser Gruppe gehen Faserstränge aus, welche die Unterhaut durch- brechen; einer derselben versorgt die Epithelzellen, welche die Vorder- seite der Canalwand begrenzen. Ein zweiter, noch stärkerer Faserstrang Sinnesorgane. — Üerebralorgane. 139 wendet sich direct gegen das blinde Ende des Canals und seine Fasern gehen in eine büschelförmige Gruppe von Zellen über, welche spindelige Kerne besitzen und gegen das Canalepithel ausstrahlen.“ Ich möchte noch hinzufügen, dass die Innervirung des Canals von der hinteren Verlängerung der dorsalen Gehirnganglien aus, deren Aus- läufer in dieser Körpergegend enden, erfolgt. Die geschilderten oberflächlichen Canäle oder treffender gesagt Grübchen des Hautepithels von Carinella superba sind die Cerebralorgane dieser Form. Das, was den Cerebralorganen von O. superba gegenüber denjenigen der grossen Mehrheit der Nemertinen unser gesteigertes Interesse zu- wendet, ist ihre rein epitheliale Lage. Der Canal des Cerebralorganes bewahrt seinen epithelialen Charakter, indem er, die Grundschicht nicht durchbohrend, nur dem Epithel der Haut angehört, bei fast allen Carinellen. Nur bei Carinella inexpectata soll er nach Hubrecht (No. 164) die Grundschicht durchbrechen, an das Gehirn treten und sich in dessen Ganglienbelag eindrängen. Ausser bei Carinella ist das ÜCerebralorgan nur noch bei Carinina grata vein epithelial gelegen. Uebrigens sind die Cerebralorgane der verschiedenen Arten von Carinella nicht völlig übereinstimmend mit dem von ©. superba gebaut. Unmittelbar an das geschilderte schliessen sich die Cerebral- organe von Carinella polymorpha und banyulensis an. Einige modificirende Zusätze erheischt unsere Beschreibung mit Rücksicht auf diejenigen von C. rubieunda und annulata. Das CGerebralorgan von Carinella rubieunda besteht aus einem Canal, welcher dort beginnt, wo die dorsalen und ventralen Ganglien auseinander weichen, und sich über das Ende der dorsalen Ganglien hinaus nach hinten fortsetzt. Der Canal, welcher sehr eng ist, biegt sich nämlich an seiner Ausmündungsstelle nach hinten um und setzt sich eine Strecke längs im Epithel fort, sich in diesem allmählich ein- wärts wendend und der Grundschicht nähernd. Er ist in seinem Verlauf rings von einem dicken Mantel jener kleinkernigen Zellen umgeben, die am blinden Ende des Cerebralcanals von ©. superba oder polymorpha „eine büschelförmige Gruppe“ bilden. Sie ähneln ganz und gar den Ganglienzellen der dorsalen Ganglien, und ich halte sie auch für Ganglienzellen. Die Innervirung erfolgt durch einen sehr starken Nerven, welcher von der lateralen Fläche des dorsalen Ganglions dort entspringt, wo der- selbe noch mit dem ventralen verbunden ist. Er theilt sich unter der Grundschicht in zwei Aeste, von denen der eine an den Anfang, der andere an das blinde Ende des Cerebralcanals ausstrahlt. Bei Carinella annulata zeigt der Cerebralcanal im Wesentlichen das- selbe Verhalten wie bei C©. rubicunda; vielleicht ist er nicht ganz so lang wie bei dieser Art. Der Canal steckt aber hier in einer sehr dieken 140 Anatomie und Histologie. kugeligen Anschwellung, die uns durch ihre Form an das Öerebralorgan der Heteronemertinen erinnert. Die Kugel besteht aus lauter solch kleinen Ganglienzellen wie der Mantel des Cerebralcanals der letztbe- sprochenen Form. Die von den Ganglienzellen gebildete Kugel umlagern seitlich und oben und unten Drüsenzellen, deren kernführende Enden birnförmig angeschwollen sind. Ihre Secretgänge dringen durch das Epithel des Cerebralcanals hindurch nach aussen. Das Cerebralorgan von (Carinina grata stellt wie bei den letzt- genannten Carinellen einen längeren gekrümmten Canal dar, welcher, beinahe an die Grundschicht hinantretend, das Epithel der Haut in seiner ganzen sehr bedeutenden Höhe durchdringt. Er befindet sich in der Gehirngegend. Der Ganglienzellbelag, welcher sein hinteres Ende um- hüllt, vermischt sich mit dem der Gehirnganglien. In den vorderen Ab- schnitt des Cerebraleanals münden Drüsenzellen ein. Ganz anders, dem Heteronemertinentypus zuneigend, haben sich die Cerebralorgane von Hubrechtia desiderata entwickelt, sie stellen grosse Kugeln dar, deren hintere Fläche in das Seitengefäss hineinragt und mithin von der Blutflüssigkeit umspült wird. Die Kugeln liegen inner- halb der Körperwand. Sie hängen scheinbar an einem sehr dieken Nerven, welcher das verjüngte Ende eines Gehirnabschnittes, den Zipfel eines Ganglions und zwar des dorsalen darstellt. Von der Centralsubstanz des dorsalen Ganglions trennt sich nämlich eine obere Hälfte ab, aus der jener starke Nerv, welcher sich einwärts und abwärts zum Cerebralorgan hinabbieget und in dasselbe von vorne hineintritt, hervorgeht. Der Nerv gabelt sich in der Kugel in -zwei Aeste, deren Fasern in den Ganglienzellreichthum des Organs ausstrahlen. In die Kugel dringt von unten ein Canal ein, welcher einer tiefen an der Seite des Kopfes gelegenen grubenartigen epithelialen Einstülpung entspringt. Er steigt mitten in der Kugel auf, biegt sich, an ihrer oberen Fläche angelangt, nach auswärts um und endigt, einen kurzen Haken bildend, blind in ihr. Der Inhalt der Kugel besteht fast nur aus sehr kleinen Ganglien- zellen, welche den Canal, ausgenommen sein hakenförmig gekrümmtes Ende, allseitig umlagern. Das Ende steckt in einem Polster von Drüsen- zellen, das den hinteren Abschnitt der Kugel erfüllt. Die Secretgänge der Drüsenzellen münden sowohl vorne als hinten in den Üerebralcanal ein, dessen Wand ein Epithel von schlanken, hohen, prismatischen Zellen ausmacht, die Wimperschöpfe tragen. Ziemlich oberflächlich sind auch die Gerebralorgane mancher Metanemertinen gelegen, vor allem jener, wo sie sich vor dem Gehirn befinden, so gewisser Amphiporus- und Eunemertes-Arten, ferner diejenigen von Ototyphlonemertes und Nemertopsis tenwis. Beiläufig sei bemerkt, dass die Cerebralorgane, sobald sie vor dem Gehirn liegen, ausserordentlich klein sind. Es tritt diese Eigenthümlichkeit besonders auffällig bei Sinnesorgane. — Üerebralorgane. 141 Amphiporus hervor, wo die Cerebralorgane bei den einen Arten vor, bei anderen hinter dem Gehirn liegen. Während z. B. die Cerebralorgane von A. pulcher und reticulatus sehr gross sind, sind diejenigen von A. dubius, langiaegeminus und carinelloides ganz ausserordentlich klein. Bei den ersteren befinden sich die Cerebralorgane neben, beziehungsweise hinter dem Gehirn, aber bei den letzteren weit vor ihm. Sehr wenig umfangreich sind die Cerebralorgane bei Eunemertes ; ganz ausserordentlich klein sind sie z. B. bei E. gracilis, wo ich sie nicht am lebenden Thier auffinden konnte und erst an gefärbten Präparaten con- statirte. Nicht viel grösser sind sie bei Prosadenoporus und Prosor- hochmus und ungemein winzig bei Ototyphlonemertes. Die umfangreichsten Cerebralorgane besitzen die Drepanophoren. Auch bei manchen Tetra- stemmen, und zwar den im Habitus an die kleineren Amphiporen er- innernden, sind es bedeutende Gebilde, so z. B. bei Zetrastemma vittatum. Wir werden eingehend das Cerebralorgan von Eunemertes, Amphiporus, Tetrastemma und Drepanophorus an bestimmten Beispielen betrachten. Der Cerebralcanal von Eunemertes graeilis nimmt aus der Kopffurche, an der Unterseite des Kopfes, seinen Ursprung. Er biegt sich noch im Epithel nach hinten um und setzt sich, allgemach die Grundschicht und den Hautmuskelschlauch durchbrechend, im Parenchym der Kopfspitze unter dem Gefässbogen der Kopfschlinge eine kleine Strecke nach hinten fort. Sein hinteres blindes Ende ist sichelförmig gekrümmt. Der Cere- bralcanal zerfällt in zwei Abschnitte; der vordere ist sehr geräumig, der hintere begreift das sichelförmige Ende und ist ganz ausserordentlich eng. Im vorderen Abschnitt — indess nur etwa in der äusseren Hälfte desselben — weist der Öerebralcanal eine rinnenartige untere (nach aussen gekehrte) Erweiterung auf. Das Lumen des Öerebralcanals begrenzt ein Epithel, das aber im hinteren und vorderen Abschnitt und auch um die rinnenartige Er- weiterung herum anders aussieht. Hinter der rinnenartigen Erweiterung, ehe der vordere Abschnitt des Cerebralcanals in den hinteren übergeht, zeigt er ein geräumiges, im Querschnitt kreisförmiges Lumen, welches rings von gleichartigen hohen Zellen begrenzt ist. Eine jede Zelle ist eylindrisch gestaltet, schlank und an beiden Enden gleichdick. Das Plasma ist sehr dicht, macht einen längsstreifigen Eindruck und färbt sich mit Carmin rosa. Im basalen Ende birgt die Zelle einen relativ grossen, lebhaft tingirbaren, spindelig- elliptischen Kern. Die Zellen und ihre Kerne sind dicht aneinander- gepresst. Jede Zelle sieht wie ein prismatisches Stäbchen aus und trägt einen dichten Schopf langer Cilien. Solche Zellen begrenzen das Lumen des Cerebralcanals auch in seinem dureh die rinnenartige Erweiterung ausgezeichneten äusseren Ende, bilden hier aber nur den oberen Theil der Canalwandung, denn die rinnenartige Erweiterung fasst ein Epithel ein, das sich von jenem auffällig unter- scheidet. Vor allem hat es sich mit den angewandten Tinetionsmitteln 142 Anatomie und Histologie. nicht gefärbt, seine Zellen sind viel breiter und etwas länger, und ihr Plasma besitzt kein straffes, streifiges Gefüge. Auch ihre Kerne haben sich wenig tingirt, sie sind kleiner, kugelig und liegen zwar ebenfalls in den basalen Enden der Zellen, sind aber, da diese bedeutend breiter, nicht dicht aneinander gedrängt. Der Wimperbesatz dieses Epithels ist recht dünn. Das Epithel des hinteren Abschnitts des Cerebraleanals setzt sich aus sehr niedrigen, kaum gefärbten Zellen mit kleinen, kugeligen Kernen zusammen und ist wenig deutlich. Es besitzt ebenfalls nur einen sehr dünnen Wimperpelz. Der Cerebralcanal ist von Ganglien- und Drüsenzellen umgeben. Diese bilden mit ihm das Cerebralorgan. Beide treten aber erst hinter der rinnenartigen Erweiterung am Cerebralcanal auf. Die Ganglienzellen umhüllen als eine dicke Schicht den mittleren Abschnitt des Cerebralcanals ventral, lateral und medial; seinen oberen Umfang lassen sie unbedeckt. Es treten übrigens an den Ganglienzellen nur die sehr kleinen, kugeligen Kerne hervor. Einige Drüsenzellen finden sich bereits dicht hinter der rinnen- artigen Erweiterung, wo sie jederseits dem Ganglienzellbelag des Cere- bralcanals aufliegen. Ihre kernführenden Enden sind birnförmig ange- schwollen, und ihre feinen, lebhaft tingirten Secretstrassen bahnen sich schon in diesem (vorderen) Abschnitt des Cerebralcanals durch sein Epithel einen Weg in sein Lumen. Die Hauptmasse der Drüsenzellen ist aber um das hintere Ende des Cerebralcanals herum u und hängt diesem in dicken Büscheln an. Ihre Secretgänge münden in den hinteren Abschnitt des Canals ein. Die kernführenden Enden dieser Drüsenzellen sind ebenfalls birnförmig angeschwollen, und ihr Inhalt, welcher sich mit Carmin lebhaft gefärbt hat, ist fein granulirt. Dem Cerebralorgan von E. gracilis ist dasjenige von Amphiporus carinelloides sehr ähnlich. Noch plastischer als bei jener Eunemertes kommt bei diesem Amphi- porus die rinnenartige Erweiterung des vorderen Canalabschnittes zum Ausdruck. Sie liegt auch in diesem Falle nach aussen gewandt, lateral, und es ist anzufügen, dass der Cerebralcanal seitlich an der Kopfspitze seinen Ursprung nimmt. Der Ganglienzellbelag breitet sich dorsal, ven- tral und lateral am Cerebralcanal hinter der rinnenartigen Erweiterung aus; wiederum bleibt eine Seite desselben, und zwar die der rinnen- artigen Erweiterung gegenüberliegende, welche diesmal die mediale ist, frei von ihm. Der hintere Abschnitt des Cerebralcanals steckt in einem Drüsenzellpolster, dessen Massen sich medial vom Ganglienzellbelag über und unter dem Canal sehr weit nach vorne schieben, so dass Drüsen- zellen auch am vordersten, durch die rinnenartige Erweiterung charakte- risirten Canalabschnitt dorsal und ventral ein Polster bilden. Die Secretgänge der Drüsenzellen münden hauptsächlich in den hinteren Canalabschnitt ein, indess sind sie auch im Epithel des vorderen vorhanden. Sinnesorgane. — Üerebralorgane. 143 Das Cerebralorgan von Tetrastemma hat die Gestalt einer Keule (Taf. IX, Fig. 4). Betrachtet man es am lebenden Thier in der Flächen- ansicht, so sieht es, wie Dewoletzky (No. 202) treffend bemerkt, drei- eckig aus und zeigt, wie jener Autor sagt, „den Umriss eines niederen gleichschenkeligen Dreiecks; die lange Basis liegt der Leibeswand an, die eine Seite ist nach vorn gekehrt, die andere berührt fast in ganzer Länge die Vorderfläche des Hirns“. Der Cerebralcanal, welcher das Dreieck fast seiner gesammten Tiefe nach durchsetzt, der Basis ziemlich parallel laufend, zerfällt — man be- merkt das sogleich am lebenden Objeet — in zwei Abschnitte, von denen der hintere im Inneren quer gestreift erscheint. Der Canal ist fast völlig gerade, sein blindes Ende ist nicht gekrümmt. Den vordersten Abschnitt des Canals umhüllt — die Substanz der vorderen Spitze des Dreieckes ausmachend — eine körnige, undurchsichtige Masse, die man wohl für eine drüsige halten möchte. Örientiren wir uns an Schnitten durch diesen Canalabschnitt, so er- sehen wir Folgendes. Das weite Lumen des Canals von Tetrastemma cruciatum umgrenzt ein schmaler Saum, der sich aus vielen niedrigen derartigen Prismen zusammensetzt, wie sie etwa um das Dreifache höher denselben Canal im hinteren Abschnittt einfassen. Wir bemerken auch, dass die kleinen Prismen Wimpern tragen. Die Wand, welche die Prismen bilden, ist von einer grobkörnigen, öfters grün-gelblich schim- mernden Masse umgeben, eben jener körnigen Substanz, die uns im vorderen Abschnitt des Cerebralorgans am lebenden Thier auffiel. Den oben und unten besonders dieken Mantel dieser Substanz umgiebt noch eine Schicht lebhaft gefärbter elliptischer Kerne. Die niedrigen Prismen, welche das Lumen des vorderen Canalab- schnittes begrenzen, sind nun nichts anderes, als die Köpfchen seiner Epithelzellen. Die Kerne aber, welche die granulirte Substanz umgeben, sind ihnen eigen. Die granulirte Substanz aber gehört zweifelsohne den mittleren und basalen Abschnitten dieser Epithelzellen an. An Präparaten z. B. von Tetrastemma vittatum, wo die Körnchen- masse weniger dicht ist, waren nämlich die Zellgrenzen der einzelnen Epithelzellen des vorderen Canalabschnitts auch in der Tiefe, und nicht nur an dem das Lumen des Canals begrenzenden Rande, deutlich zu er- kennen, was bei T. eruciatum und vielen anderen Tetrastemmen nicht der Fall ist. Nieht immer führt das Epithel des vorderen Canalabschnitts des Cerebralorgans der Tetrastemmen einen so sehr auffallenden Inhalt. 7. B. nicht dasjenige von 7. peltatum, wo an der entsprechenden Oertlichkeit nur sehr feine, an dem mit Hämatoxylin gefärbten Object, grün glänzende Körnchen sich befinden. Es ist hinzuzufügen, dass die Epithelzellen, welche medial das Lumen des vorderen Cerebralcanalabschnittes begrenzen, kaum oder doch noch sehr wenig umgewandelt erscheinen, wenn wir sie mit jenen des hinteren 144 Anatomie und Histologie. Canalabschnitts von Zetrastemma vergleichen, welche wiederum jenen des mittleren Canalabschnitts von Eumemertes gracilis ganz ähnlich sehen. Deshalb glaube ich, dass das granulirte Epithel am vorderen Ab- schnitt des Cerebralecanals der Tetrastemmen dem der rinnenartigen Er- weiterung des vorderen Canalabschnittes von Eunemertes gracilis und Amphiporus carinelloides entspricht. Bei Tetrastemma eruciatum erfährt dieses Epithel sogar eine förm- liche Aussackung. Wir finden hier am Öerebralcanal einen sehr kurzen Blindsack. Wir werden einen solchen von bedeutenderer Ausdehnung bei den meisten Amphiporen und von relativ colossaler bei den Drepano- phoren im Folgenden beschreiben. Das Epithel des hinteren Canalabschnittes von Tetrastemma gleicht jenem des mittleren von Eunemertes gracilis, es stellen nämlich die Zellen hohe Prismen dar, in deren basalen Enden der verhältniss- mässig grosse, spindelige Kern eingeschlossen ist. Ihr Plasma besitzt ein sehr dichtes, straffes Gefüge; es tingirt sich lebhaft. Die dem Lumen des Canals zugewandten Enden tragen einen Wimperschopf, dessen ein- zelne Wimpern miteinander verklebt zu sein scheinen. Der hintere Abschnitt des Cerebralcanals ist bis auf sein blindes Ende, vor allem lateral und oben und unten, von Ganglienzellen umgeben. Seine mediale Seite bleibt frei. Die Ganglienzellen, welche lateral eine hohe, dicke Schicht bilden, sind sehr klein, ihr Plasmaleib ist kaum zu erkennen; ihre Kerne sind kugelig und tingiren sich sehr intensiv mit Farbstoffen. Das blinde Ende des Canals des Cerebralorgans von Tetrastemma steht nicht in solch ausschliesslicher Beziehung zu dem Drüsenzellpolster, das auch bei Zetrastemma im Cerebralorgan ausgebildet ist, wie bei den vorhin besprochenen Eunemertes- und Amphiporus-Arten, und sein Epithel sieht nicht anders wie weiter vorne im Bereich des Ganglienzellbelags aus. Das Drüsenzellpolster bildet den hinteren Zipfel des Cerebral- organs von Tetrastemma und umgiebt hinter dem Ganglienzellbelag den Canal lateral und oben und unten; an der Unterseite des Cerebral- organs erstrecken sich die Drüsenzellmassen aber bis zum vorderen Canalabschnitt nach vorne, dem Ganglienzellbelag ven- tral sich anschmiegend. Die Drüsenzellen, welche lange, schlauchförmige Gebilde darstellen, die am kernführenden Ende angeschwollen sind und ein feinkörniges, sich lebhaft tingirendes Secret führen, münden nur in den hinteren Ab- schnitt des Cerebralcanals ein; hier aber, wenn auch hauptsächlich, so doch nicht ausschliesslich unmittelbar vor seinem blinden Ende. Die weiter vorn im Üerebralorgan gelegenen Drüsenzellen münden dagegen in den vorderen Theil des hinteren Canalabschnittes ein, indem sich ihre feinen Seeretgänge medial und oben und unten einen Weg durch das Canalepithel bahnen. Wir haben also bei Zetrastemma, wie das Dewoletzky zuerst nach- Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 145 wies, eine vordere und hintere Einmündungsstelle der Drüsenzellen des Organs in den Cerebralcanal, was auch bei den Lineiden der Fall ist. Bei Amphiporus virgatus entspringt der Gerebralcanal vor dem Ge- hirn, und zwar der Unterseite des Kopfes genähert. Im Kopfe schräg aufwärts steigend, begiebt er sich, rückwärts ziehend, an das Gehirn. An diesem angelangt, legt er sich dicht seitlich an die Gehirnkapsel an und setzt sich, sich scharf rückwärts umbiegend, an ihr entlang laufend, nach hinten fort. Ja, er überragt das Gehirn beträchtlich nach hinten und zieht noch über den Seitenstämmen weiter. Er endet blind; das blinde Ende ist auf- und auswärts umgekrümmt, wie der Gang eines Schneckenhauses. Der Cerebralcanal zerfällt in vier Abschnitte. Der vorderste reicht von seiner Ausmündung durch die Kopffurche bis zum Gehirn. Hier differenzirt sich ein zweiter Canalabschnitt, indem der bisher ziemlich enge Canal eine untere, nunmehr nicht rinnen-, sondern sackartige Erweiterung erfährt (Taf. IX, Fig. 14), wie eine solche bereits bei Tetrastemma eruciatum erwähnt wurde. In der hinteren Gehirnregion stellt der Cerebralcanal wiederum ein ziemlich enges Rohr dar, den 3. Abschnitt bildend, das sich alsdann in das gekrümmte, viel engere Ende, den 4. Abschnitt des Canals, verjüngt. Das Canalepithel ist im 1. und 3. Abschnitt ähnlich gebaut und besteht aus hohen, prismatischen Zellen mit spindeligen Kernen, deren jede einen Schopf miteinander verklebter Cilien trägt. Die Zellen gleichen ganz und gar denen des hinteren Cerebralcanalabschnittes von Tetrastemma und denen des mittleren von Eunemertes gracilis und Amphi- porus carinelloides. Wie sich diese Zellen aber im ÜCerebralcanal der beiden letztgenannten Formen auch auf der Strecke finden, welche durch die rinnenartige Erweiterung ausgezeichnet ist — sie bilden ja die Wand, welche der Rinne gegenüber liegt — und wie sie bei Zetrastemma die mediale Wand auch des vorderen Canalabschnitts aufbauen, so sind sie auch bei Amphiporus virgatus im zweiten, durch die sackartige Aus- weitung charakterisirten Canalabschnitt vorhanden, indem sie das dem Sacke gegenüberliegende, in diesem Falle medial-dorsale Epithel bilden. Das Epithel der sackartigen Erweiterung erinnert mehr an das grob- granulirte des vorderen Canalabschnittes von Tetrastemma als an das der Rinne von Eunemertes gracilis und Amphiporus carinelloides. Es ist ferner viel niedriger als jenes, aber es lässt keine Zellgrenzen erkennen, und das Plasma ist auch grobkörnig, und die Kerne liegen am Grunde dieser Schicht. Es fehlt ihm indess der scharfe, streifige Saum gegen das Lumen, den wir dort bemerken konnten. Das Epithel des Sackes besitzt ein sehr dünnes Flimmerkleid. Die Flimmern sind sehr zart und selten in den Präparaten erhalten. Das Epithel des Sackes unterscheidet sich mithin schon durch die Flimmern ganz wesentlich vom übrigen Epithel des Canals mit Ausnahme desjenigen des 4. gekrümmten Abschnittes. Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 10 146 Anatomie und Histologie. In Bezug auf die Art der Wimpern gleicht die sackartige der rinnenartigen Erweiterung. Das Epithel des 4. gekrümmten Cerebralcanalabschnittes verhält sich ganz wie das des entsprechenden Abschnittes des Cerebralcanals von Eumemertes gracilis oder Amphiporus carinellordes. Sobald der Cerebralcanal vorne an das Gehirn hinangetreten ist, münden in ihn lange, schlanke Drüsenzellen ein, welche über und unter ihm ein dünnes Bündel bilden. Schon im Bereich der sackartigen Erweiterung umgeben ihn Ganglien- zellen. Hinter dem Sacke schwellen dieselben zu einem recht mächtigen Belag an, welcher auf den dritten Canalabschnitt, hauptsächlich von der Seite und von oben, aber auch von unten ausstrahlt. Der gekrümmte Canalabschnitt steckt in einem dicken Drüsenzell- polster, das als eine Kappe den Ganglienzellbelag hinten umeiebt. Das Secret der Drüsenzellen dieses Polsters ist schaumig-körnig. Die Zellen sind an ihrem kernführenden Ende stark birnförmig angeschwollen. Ihre Kerne sind kugelig. Ihre Secretgänge münden wohl ausschliesslich in das umgebogene Ende des Cerebralcanals ein. Hinter der sackartigen Erweiterung liegt bei A. virgatus dem Canal ein grosser Ballen eines bröckligen gelblich-grünen Pigmentes an. Der Pigmentballen enthält sehr kleine Kernchen. Das Cerebralorgan von Drepanophorus (Taf. IX, Fig. 2 und Fig. 6 und 7) ist dadurch ausgezeichnet, dass sich die sackartige Aus- weitung, wie wir sie bei Amphiporus virgatus kennen lernten, zu einem weiten und tiefen Sack gestaltet hat, der nunmehr nur noch durch einen kurzen, engen Canal mit dem Cerebraleanal, der sich im Wesentlichen wie bei jenem Amphiporus verhält, communicirt. Es scheint so, als ob eine Bildung, die bei Amphiporus virgatus sich in der Anlage zeigt und bei Eunemertes gracııs und Amphiporus cari- nelloides erst angedeutet ist, bei Drepanophorus ihre Vollendung erreichte. Der Cerebralcanal von Drepanophorus cerassus entspringt in der vorderen Gehirnreeion von einem der Grübchen der Kopffurchen, und zwar fast genau seitlich, ganz wenig der Unterseite des Kopfes genähert. „Eine kleine trichterförmige Vertiefung“ — so sagt Dewoletzky (No. 202) — „führt rasch sich verengend durch das Epithel, die Unter- haut (Grundschicht) und die Muskelschichten der Leibeswand nach innen.“ Innerhalb der Leibeswand biegt sich der Cerebralcanal, welcher bis- her einwärts und rückwärts strebend eine schräge Richtung inne hielt, scharf nach hinten um und setzt sich neben dem dorsalen Ganglion ver- laufend nach hinten fort. Er überragt dasselbe aber beträchtlich und endet über den Seitenstämmen, indem er sich sichelartig auf- und ein- wärts umbiegt. Sobald der Cerebralcanal die Leibeswand durchsetzt hat, gabelt er sich in ein unteres und oberes Rohr. Anfangs communieiren beide Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 147 Röhren noch durch einen weiten Längsschlitz miteinander, bald schliesst sich dieser indess. Das untere Rohr stellt recht eigentlich die Verlängerung des in der Leibeswand eingeschlossenen Abschnitts des Cerebralcanals dar und endet mittels der sichelförmigen Umbiegung, das obere aber weitet sich in den Sack aus, welcher nicht so lang ist wie das untere Rohr (Taf. IX, Fig. 2). Wenden wir uns der Betrachtung der Epithelien des Üere- braleanals und seiner Ausstülpung, des Sackes, zu. Das die Körperwand durchsetzende Stück des Canals besitzt ein sehr niedriges flimmerndes Cylinderepithel, welchem Drüsenzellen vollständig fehlen, es gleicht dem des gleichen Canalabschnitts von Amphiporus vir- gatus (Taf. IX, Fig. 7). Die Wand der nach hinten sich in den Drüsenzellschlauch ver- längernden Fortsetzung des Cerebraleanals schildert Dewoletzky (No. 202) hinter der Bifurcation im optischen Längsschnitt wie folgt: „dann er- blickt man deutliche, zierlich gestreifte Zellenköpfe (wie in der Canal- wand bei den Schizonemertinen [= Lineiden]), welche aber hier senkrecht zur Canalachse stehen und noch länger und schmäler erscheinen. Die Stellen, an welchen die Cilien aus den Enden der Epithelzellen hervor- brechen, sind durch eine Reihe äusserst feiner Punkte markirt‘“. In der That, die Aehnlichkeit dieser Zellen mit den medialen des hinteren Cerebraleanalabschnitts, z. B. von Cerebratulus, ist, wie wir noch erfahren werden, eine überraschende, besonders wenn wir den Bau der- selben bis ins feinste Detail ins Auge fassen. Die Zelle besteht nämlich aus zwei Abschnitten, einem oberen, dem stäbchenartigen Zellkopfe, welcher ein sehr feinkörniges, stark tingirbares dichtes Plasma besitzt, und einem unteren, durch Tinction wenig hervor- tretenden Zellleibe, welcher den ovalen Kern birgt. Die Zellköpfe, welche lückenlos aneinander schliessen, sind durch einen doppelten Contur nach dem Lumen des Canals zu abgegrenzt. Ein unterer sehr feiner, den Köpfen aufsitzender Saum, und ein oberer innerer, gleichfalls deutlich hervortretender sind miteinander durch helle, zarte Längsstreifen verbunden. An den oberen Saum heften sich die Wimpern an. Es gelingt uns unschwer, in dem doppelten Contur den aus Stäbehen, Zwischenstücken und Knöpfehen sich zusammen- setzenden Fussapparat der Wimpern, wie bei den medialen Zellen des Cerebralcanals von Cerebratulus, zu erkennen. Der Fussapparat der Wimper dieser Zellen lässt sich, das sei bei- läufig bemerkt, vollständig auf den der Wimper der Hautfadenzellen zurückführen. Das Epithel des hinteren sichelförmig gekrümmten Canal- absehnitts ähnelt dem vom gleichen Orte bei Eumemertes gracilis und Amphiporus carinelloides. Die Zellen sind sehr niedrig, ihre Kerne sehr klein 103 148 Anatomie und Histologie. und rundlich. Das Flimmerkleid dieses Canalabschnitts ist sehr dünn (Taf. IX, Fig. 6). Die Wand des Sackes ist sehr faltenreich. Dewoletzky (No. 202) sagt von ihr: „diese ist zu mitunter ziemlich hohen Falten erhoben, welche meist beiläufig der Längserstreckung entsprechend verlaufen und wieder quere Falten entsenden, so dass eine dendritische netzartige Zeich- nung entsteht, welche man gelegentlich am lebenden Thiere auch aussen durchschimmern sieht‘. Das Epithel des Sackes ist niedrig. Die Zellgrenzen treten viel weniger deutlich hervor wie im Cerebralcanal, öfters sind die dem Lumen zugewandten Enden, die entfernt an die stäbchenartigen Köpfe der Epithelzellen jenes erinnern, deutlich zu erkennen, manchmal aber scheint das Epithel eine gleichartige, grobgranulirte Schicht zu bilden, in der am Grunde ovale Kerne lagern, und welche ein dünnes Flimmerkleid bedeckt. Immer aber ist ihr Plasma locker und tingirt sich viel weniger als das der stäbchenförmigen Enden der Canalzellen. Auch fehlt stets jener Doppelcontur gegen das Lumen, obwohl auch das Sackepithel scharfe Umrisse gegen das Sacklumen zeigt. Das Sackepithel ist durch- aus frei von Drüsenzellen und deren Secretgängen (Taf. IX, Fig. 6 und 7). Zu dem Cerebralcanal treten Drüsen- und Ganglienzellen, zu dem Sacke nur Ganglienzellen in Beziehung. Wir unterscheiden am Cerebralcanal zwei Partien von Drüsen- zellen, eine vordere sehr kleine und eine hintere überaus mächtige (Taf. IX, Fig. 2 und 6) vgl. auch pag. 151, Fig. XIII. Die vordere Drüsenzellpartie bildet je ein dünnes mediales und laterales Bündel an der Stelle, an welcher der Cerebraleanal sich gabelt. Die Secret- gänge derselben münden vor seiner Bifurcation in ihn ein. Die hintere Drüsenzellpartie ist völlig und weit von der vorderen getrennt. Sie umgiebt das verengte sichelförmige Ende des Cerebraleanals just wie bei Amphiporus carinelloides oder virgatus. Dewoletzky (No. 202) schildert diese Drüsen als im lebenden Thier „grau und trübe“ aussehend; von ihrer Gestalt und ihrer Anordnung sagt er: „die birnförmigen oder gestreckt pyramidalen Drüsenzellen sitzen zumeist mit breiter Basis an der Hülle des Seiten| Cerebrallorganes“ (d. i. einer Bindegewebskapsel, die alles, was zum Cerebralorgan gehört, den Canal, Sack, Ganglienzellbelag und die Drüsenzellmassen, umhüllt) „fest, und wenden ihre allmählich sich verschmächtigenden Ausführgänge dem Canalrohr zu, in welches sie einmünden, wovon man sich schon beim lebenden Objeete überzeugen kann. Diese Anordnungsweise prägt sich auch auf Schnitten in charakteristischen Bildern aus; auf dem Längs- schnitte erinnert das Bild an eine gedrungene, übervolle Aehrenrispe, auf (Juerschnitten sind die ziemlich gleich grossen Drüsen in mehrfacher Schicht strahlig um das enge Lumen geordnet. Die Kerne sind ziemlich gross und intensiv gefärbt; im Uebrigen gleichen die Drüsen mit ihrem feinkörnigen Inhalte ganz jenen der Schizonemertinen [= Lineiden]|*. Sinnesorgane. — Cerebralorgane, 149 Die Drüsenzellen der vorderen Partie sind viel dünner, sie führen ein glänzendes, mehr homogenes Secret. Zwischen dem Cerebralcanal und dem Sacke befindet sich, von der Bifureation bis zum hinteren Drüsenpolster reichend, eine sehr mächtige Schicht von Ganglienzellen (Taf. IX, Fig. 7). Dieselbe ist bei Drepano- phorus bedeutender als irgend sonstwo im Üerebralorgan der Meta- nemertinen. Der Ganglienzellbelag umgiebt den Cerebralecanal von der Bifur- cation bis zum Anfang der sichelförmigen Krümmung dorsal, lateral und medial. Der Sack liegt dem Ganglienzellbelag auf; derselbe drängt sich in all seine Falten hinein und umgiebt ihn auch, wenn auch nur als sehr dünne Schicht, dorsal. Die Ganglienzellen sind sehr klein und besitzen kleine, regelmässig kugelige Kerne, in denen ein peripheres Chromatingerüst durch Häma- toxylinfärbung besonders deutlich zur Anschauung kommt. Auf der Grenze des Ganglienzellwulstes und der hinteren Drüsenzell- masse bemerkt man stets, wie Dewoletzky anführte, „zwei wenig scharf begrenzte farbige Flecke |am frischen Cerebralorgan]; der grössere liegt mehr nach aussen auf der Oberseite und wird von einer Anhäufung gelb- licher, glänzender Krümel gebildet, welche auch in den Schnittpräparaten anscheinend unverändert wiederkehren; der kleinere Fleck liegt mehr medianwärts, nahe dem Ende des hohen Epithels im Flimmercanal [also dort, wo der hintere sichelförmige Abschnitt des Cerebralcanals beginnt], besitzt eine schmutzigbraune Färbung und besteht aus Pigmentkörnern“ Gar 1X, Hie.. 6). Es sind, wie ich an gefärbten Schnitten sah, kaum messbar kleine, spindelige, stark tingirte Kernehen in die Pigmentballen eingestreut. Einiger Bemerkungen benöthigt noch das Cerebralorgan von Drepano- phorus spectabilis bezüglich der Form des Sackes und dasjenige von Drepanophorus cerinus, einer früher von mir beschriebenen exotischen Form (1890, No. 217), deren ich an dieser Stelle deshalb zu gedenken habe, weil bei ihr das hintere von Drüsenzellen umgebene Ende des Cerebraleanals in höchst eigenthümlicher und interessanter Weise aus- gebildet ist. Auf einem Querschnitte durch die Mitte des Cerebral- organs von Drepanophorus spectabilis erkennen wir am Sacke zwei Räume, welche mit einander communiciren und uns vor Allem darum auffallen, weil sie ein sehr verschiedenartiges Epithel besitzen. Es ist eine obere, enge canalartige Cavität, welche sich nach unten in einen geräumigen Sack ausweitet. Die canalartige Cavität umgrenzt ein Epithel, wie es für den mittleren Abschnitt, also den von den Ganglienzellmassen des Cerebral- organs umgebenen des Cerebralcanals charakteristisch ist, denn es ist ein Epithel, das aus Zellen mit Stäbchenköpfen besteht; das geräumige sackartige Lumen aber begrenzt ein solches, wie wir es im Sacke 150 Anatomie und Histologie. von Drepanophorus crassus kennen lernten, indessen treten die dem Lumen zugewandten Enden seiner Zellen deutlicher als dort hervor. Wir müssen uns mithin vorstellen, dass bei D. spectabilis der Cere- bralcanal in zwei ziemlich gleichartige Aeste sich gabelt, von denen aber der untere in seiner ganzen Länge ventral eine sackartige Ausweitung erfahren hat. Bei D. crassus aber geht nach der Bifureation der untere Theil in einen Sack über. Das Cerebralorgan von D. cerinus ist hinsichtlich des Ganglien- zellbelags, der Pigmentballen und der vorderen Drüsenzellenbündel, wie auch des vorderen und mittleren Abschnitts des Cerebralcanals eben so gebaut, wie das von D. crassus. Hinsichtlich der Bildung des Sackes erinnert das Cerebralorgan von D. cerinus dagegen mehr an dasjenige von D. spectabilis, indem der eine Ast des Öerebraleanals sich nicht in einen Sack ausweitet oder in einen Sack mündet, sondern seine laterale Wand eine sackförmige Ausstülpung erfährt, mit welcher der Canal durch einen weiten Schlitz in seiner ganzen Länge communieirt. Diese Ausstülpung überragt den Canal etwas nach hinten. An die Wand des Canals strahlt der Ganglienzellbelag aus. Das Epithel desselben ist von dem seiner sackförmigen Ausstülpung in der bekannten Weise verschieden gebaut. Der hintere Abschnitt des CGerebralcanals weicht erheblich von dem von D. cerassus und spectabilis ab. Er besitzt nämlich eine ganz enorme Länge, denn er tritt aus den eiförmigen Um- rissen des Gerebralorganes heraus und erstreckt sich, über den Seitenstämmen und Seitengefässen liegend, bis in die Gegend der Ex- cretionsporen nach hinten (Fig. XIII). Mit anderen Worten: Es endet der Cerebralcanal nicht in einem Drüsenzellpolster, sondern er stellt in seinem hinteren Abschnitt einen sehr langen Drüsenzellschlauch dar, der im Leibesparenchym einge- bettet ist. Die Wand dieses Drüsenzellschlauches bildet ein niedriges, mit wenigen Wimpern besetztes Epithel, um welches flaschenförmige, kurze, gedrungene Drüsenzellen, die ein granulirtes Secret führen, gelagert sind, einen dichten Drüsenzellmantel herstellend. Wir bemerken im Cerebralorgan von D. cerinus mehrere Pigment- ballen, von denen der vorderste vor dem Eintritt des mittleren Nerven- paares an der medialen Wand des Organs zwischen dieser und der Ganglienzellmasse liegt. Er ist, wie auch zwei andere, die hinter dem Nerveneintritt ventral im Organ zwischen dem Drüsenzellschlauch des Gerebralcanals und dem Sacke liegen, klein im Vergleich zu einem sehr umfangreichen Ballen, der hinter dem Sacke gelegen ist und die hintere Kuppe des Organs bildet. Wir betonten immer, dass sowohl die Drüsen- als auch die Ganglien- Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 151 zellen stets im hinteren Abschnitt den Cerebraleanal umgeben, hier eine Anschwellung um denselben bildend. Diese Anschwellung ist in der Regel scharf gegen das Leibes- parenchym abgegrenzt, sie besitzt eine fest bestimmte Form, und das dankt sie einer bindegewebigen Kapsel, welche ihre Bestandtheile einschliesst. Die Ganglienzellen und besonders die Drüsenzellen sind in der Regel derartig um das hintere Ende des CGerebralcanals zusammengedrängt, dass Fig. XII. Fig. X. ES F --- 0 ZD6G. = ea. 5 --Drev S Ep. jgm, Cerebralorgane einer Hetero- und Meta- nemertine im schematisirten horizontalen Längsschnitt. Fig. XII von Cerebratulus rubens, Fig. XIII von Drepanophorus cerinus. Es bedeuten: Ep, Epithel. Bsm, Grundschicht. KSp, Kopfspalte. VrC, Verbindungscanal. DG, dorsales Ganglion. 0oZDG, oberer, wZDG, unterer Zipfel des dorsalen Ganglions. Co, vorderer Abschnitt des Cerebralcanals. Ch hinterer. Drzv, vorderes, Drzh, hinteres Drüsenfeld. DrEv, Einmündung des vorderen Drüsenfeldes, DrEh, des hinteren in den Canal. C, der unpaare Canal gabelt sich in den Drüsenzellschlauch DrO, in den die dem hinteren Felde entsprechenden Drüsenzellen münden, und einen Canal, welcher mit dem Sack S in Verbindung steht. EpCS, Epithel dieses. Pr, Pigment. N, Nerv. dieselben ein abgerundetes, kugeliges oder eiförmiges Gebilde formen ; manchmal aber erscheinen die Drüsenzellen des Cerebralorgans als lappen- artige Anhängsel wie bei Eunemertes gracilis. Man nennt gewöhnlich — und auch wir folgten öfters dem Usus — die Anschwellung das Cerebralorgan und redet ausserdem von einem in dasselbe von aussen führenden Canal, jenen Abschnitt des Cerebral- canals meinend, welcher die Körperwand durchbricht und ausserhalb der Anschwellung gelegen ist. 152 Anatomie und Histologie. Da wir aber beabsichtigten, vom Cerebralorgan der Carinellen aus- gehend, das der Metanemertinen auf dasselbe zurückzuführen, so richteten wir die Darstellung darnach ein, indem wir aus dem Grübchen einen Canal werden und diesen die Körperwand durchbrechen liessen, sein Schieksal verfolgend. Wir stellten nicht das Organ und einen zu ihm führenden Canal in den Vordergrund, sondern den gesammten Canal, und besprachen in zweiter Linie die Anschwellung um seinen hinteren Ab- schnitt, um zu vermeiden, zwei Dinge einander gegenüberzustellen, die absolut zusammengehören. Und der Öerebralcanal ist von seiner Ausmündung bis zu seinem blinden Ende gemäss jeder Ueberlegung eins. Die Innervirung der Cerebralorgane der Metanemertinen erfolgt von den dorsalen Ganglien aus. Bei Drepanophorus spectabilis z. B. gehen vom dorsalen Ganglion drei Nerven an das Cerebralorgan ab (Taf. V, Fig. 4). Die beiden dicksten Nerven entspringen vom hinteren Ende des Faserkerns des dorsalen Ganglions. Ihre gemeinschaftliche Wurzel stellt die Verjüngung desselben nach hinten dar. Am Cerebralorgan angelangt, tritt der eine Nerv medial vom Üere- braleanal und den ihn umhüllenden Drüsenzellmassen in das Organ hinein, der andere aber lateral von jenem. Beide Nerven schliessen also den zum Drüsenschlauch gewordenen Abschnitt des Cerebraleanals ein. Sie strahlen beide in die Ganglienzellmasse des Organs aus. Ihr Eintritt in das Cerebralorgan erfolgt im mittleren Abschnitt desselben. Ein dritter Nerv, welcher etwas vor der Wurzel der beiden gekennzeichneten Nerven vom äusseren Umfang des dorsalen Ganglions entspringt, setzt sich über jene Nerven hinaus nach hinten fort und kreuzt so dieselben. Er tritt im hinteren Abschnitt des Cerebralorgans in dasselbe hinein, dort, wo der Sack und der Drüsenzellschlauch endigen und die Ganglienzellmasse bereits aufgehört hat. Bei Drepanophorus crassus entspringen drei, ja wahrscheinlich vier Nerven vom hinteren äusseren Umfang des dorsalen Ganglions, die an das Cerebralorgan sich anheften (Taf. IX, Fig. 2). Die Abgangspunkte der Nerven vom dorsalen Ganglion liegen bei allen weiter auseinander, als es bei D. spectabilis der Fall ist. Darauf machte bereits Dewoletzky aufmerksam. Die beiden in die mittlere Region des Cerebralorgans eindringenden Nerven besitzen keine gemeinsame Wurzel. Der dritte sehr starke Nerv, welcher hinten in das Cerebralorgan eindringt, biegt sich im Organ nach vorn um und gabelt sich. Wir ver- folgen die beiden Aeste inmitten der Ganglienzellmasse in der Nähe des Cerebralcanals ziemlich weit nach vorn. Der vierte Nerv ist mit seiner Wurzel vom dorsalen Ganglion am weitesten nach vorn gerückt und tritt auch am vordersten Ende des Gerebralorgans an dasselbe hinan. Die in der mittleren Region in das Cerebralorgan eindringenden Nerven strahlen wie bei D. spectabilis in die Ganglienzellmasse des Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 153 Organs aus. Sie treten von der medialen Fläche des Cerebralorgans aus in dasselbe hinein. Die Art der Innervirung des Cerebralorgans der Amphiporen ist eine ähnliche wie bei Drepanophorus. Das Cerebralorgan der Tetrastemmen wird von zwei Nerven ver- sorgt, die von der Unterseite des dorsalen Ganglions, etwa in der Mitte dieses, ihren Ursprung nehmen (Taf. V, Fig. 9). Auch zu den weit nach vorn in die Kopfspitze vor das Gehirn ge- rückten Cerebralorganen, z. B. denen von Eunemertes antonina, ziehen Nerven vom Gehirn, die ebenfalls vom dorsalen Ganglion, aber nunmehr vom vorderen Umfang desselben, abgehen. Auch bei dieser Form sind es zwei. Die zum ÜCerebralorgane abgehenden Nerven sind — wie wir das von den Augennerven beschreiben werden — reich an Myelocyten. Einen Ganglienzellbelag aber (wie Dewoletzky meint) haben sie nicht. Ein solcher findet sich von allen Gehirnnerven nur um die Schlundnerven der Heteronemertinen herum entwickelt. Die Cerebralorgane der Metanemertinen sind in eine Kapsel, welche wie die Gehirnkapsel beschaffen ist, eingeschlossen. Das bindegewebige Hüllgewebe spielt in ihnen fast gar keine Rolle. Von den Cerebralorganen der Heteronemertinen fassen wir zu- nächst diejenigen der Lineiden, insbesondere die der Mierurae ins Auge (Par, Big. 1). Von der tiefsten Stelle der Kopfspalte entspringt jederseits ein enger Canal, welcher sich einwärts wendet und zwischen oberes und unteres Gehirnganglion einschiebt; am dorsalen Ganglion angelangt, biegt er sich mit scharfer Curve unter ihm nach hinten um und setzt sich anfangs unter dem dorsalen Ganglienzellbelag, diesem dicht anlagernd, sodann lateral demselben anliegend, also aufsteigend, nach hinten fort. Hinter dem unteren Zipfel des dorsalen Ganglions krümmt sich der Canal sichel- artig einwärts und endet blind. Dieser Canal ist durchaus dem Cerebralcanal der Metanemertinen zu vergleichen. Indessen ist er meist bei den Lineiden sehr viel kürzer in Folge der in der Regel sehr tiefen Kopfspalten, von welchen er hier, anstatt von oberflächlichen Kopffurchen wie bei den Metanemertinen, entspringt. Der Cerebralcanal dringt, so darf man bei den Lineiden sagen, ge- radezu in das hintere Ende des dorsalen Ganglions ein. Er tritt zu seinem Ganglienzellbelag in Beziehung und ausserdem zu zwei Drüsen- zellpartien, von denen die vordere unter dem dorsalen Ganglion an der Stelle liegt, wo der Cerehbralcanal an dasselbe hinantritt — es ist die kleinere Partie oder das vordere Drüsenfeld, wie wir sie in der Folge bezeichnen wollen — die hintere aber das sichelförmig gekrümmte Ende des Cerebralcanals umgiebt. Wir nennen diese viel bedeutendere Drüsen- zellpartie nach Dewoletzky das hintere Drüsenfeld, 154 Anatomie und Histologie. Die Anschwellung, welche die dem Cerebralcanal anliegenden Ganglien- zellmassen und Drüsenfelder bilden, umhüllt mitsammt dem hinteren unteren Zipfel der Centralsubstanz des dorsalen Ganglions, welcher den Kern desselben darstellt, eine Bindegewebskapsel, welche die Fortsetzung der Gehirnkapsel, speciell derjenigen des dorsalen Ganglions darstellt. Demgemäss imponirt die den ÜCerebralcanal enthaltende Anschwellung als ein besonderer hinterer Gehirnlappen, als welchen sie auch Hubrecht (No. 164) bezeichnete, oder als eine dritte Gehirnanschwellung (Taf. V, Fig. 2 und 6). Nennen wir in der Folge die den Cerebralcanal enthaltende An- schwellung das Üerebralorgan, so wollen wir doch wiederum keinen Unterschied markiren zwischen dem Abschnitt des Canals, den sie birgt, und jenem, der ausserhalb ihrer Contur liegt, und welcher mitunter bei den Lineiden sehr lang werden kann, sobald die Kopfspalten kurz oder flach sind. Der Gerebralcanal zerfällt, soweit er im Cerebralorgan verläuft, in zwei Abschnitte, welche durch die Einmündungsbezirke der Secretgänge der beiden Drüsenfelder begrenzt werden. Der vordere kürzere Abschnitt des Canals ist das Stück des- selben, welches durch die Einmündungsstelle des vorderen und hinteren Drüsenfeldes markirt wird und im vordersten Theile des CGerebralorgans ventral unter dem Faserkern jenes liegt, im mittleren lateral an seine Seite rückt. Der Querschnitt seines Lumen ist rund und wird fast aus- gefüllt durch die langen Wimperflammen, welche auf hohen, glänzenden, gemeinsamen Fussstücken, Stäbchen, stehen, die wiederum eine schlank birnförmige Zelle krönen, welche einen grossen runden Kern in dem angeschwollenen Leibe birgt. Das Epithel ist im ganzen Umfange der Canalwandung durchaus gleichartig. Der hintere, längere Canalabschnitt läuft von der Mündung des hinteren Drüsenfeldes in der Richtung des vorderen fort, biegt aber der kugelschaligen Contur des Cerebralorgans entsprechend nach einwärts um und steigt, sich rasch verjüngend, noch ein wenig medial wieder nach vorn. Hier kommt es, wie Dewoletzky’s (No. 202) Entdeckungen be- kannt machten, zur bedeutsamen Differenzirung eines medialen und eines lateralen Epithels (Taf. IX, Fig. 5). Auch das mediale Epithel weicht nicht unwesentlich von dem des vorderen Canalabschnittes ab. Die Cilien sind bedeutend kürzer, und anstatt der mächtigen, ge- meinsamen Fussstücke bemerken wir, dass jede Wimper ganz wie die des Körperepithels durch ein feines Stäbchen in der Zelle inserirt ist, welches ein sehr zartes Zwischenstück mit einem Knöpfehen verbindet, das erst die eigentliche Wimper trägt. Daher der doppelt conturirte Saum, welcher das Canallumen im medialen Halbkreis zu begrenzen scheint. An die feinen Wimperfüsse setzt sich das Plasma der langen Zellen an, die ein oberes cylindrisches Stück, durch höhere Tinetions- - Sinnesorgane. — Üerebralorgane. 155 fähigkeit des ausserordentlich dichten, feinkörnigen Inhaltes ausgezeichnet, unterscheiden lassen. Dieses verjüngt sich in einen dünnen Fortsatz, welcher in einiger Entfernung vom Canalrande spindlig um einen ellip- tischen Kern anschwillt. Um die Zellen des lateralen Epithels des hinteren Canal- abschnittes, welche so überaus verschieden von denen des medialen Epithels und den Epithelzellen des vorderen Canalabschnitts sind, zu charakterisiren, kann ich nichts Besseres thun, als Dewoletzky (No. 202) selbst reden zu lassen. „Diese lateralen [Epithel-] Zellen zeigen — wie die medialen — eine symmetrische Anordnung: auf jedem Querschnitte umschliessen je zwei auffallend grosse, blasige Zellen mit grossen, elliptischen, schwach gefärbten Kernen eine dichtgedrängte Gruppe von vier kleineren, etwas zurücktretenden Zellen, von denen zwei sehr lebhaft gefärbte, langge- zogene Kerne besitzen, die schief gestellt und sehr nahe an das Lumen herangerückt sind; die beiden anderen schwächer gefärbten Kerne liegen etwas tiefer. Diese sechs Zellen besitzen aber noch eine andere, sehr auffallende Auszeichnung; jede derselben ist mit einem prismatischen, hyalinen Fortsatz von der Breite des Zellleibes versehen, der mit gerader Contur sich scharf von der Zelle abhebt und seiner ganzen Länge nach ins Lumen des Canals hineinragt. Der Grösse der einzelnen Zellen ent- sprechend sind die pflockartigen radial gerichteten Fortsätze der beiden Grenzzellen [das sind die beiden Zellen, welche jederseits an das mediale Epithel anschliessen] am mächtigsten und entsprechen in ihrer Höhe der Länge der Cilien bei den medialen Zellen. Viel schmäler, aber beinahe gleich lang sind die Fortsätze der den Grenzzellen zunächst stehenden zwei Zellen; sie neigen ihre beiden Enden einander zu. Noch schmäler und bedeutend kürzer sind die Fortsätze der beiden kleinsten mittleren Zellen; sie erscheinen den grossen Fortsätzen der Grenzzellen gegenüber fast rudimentär, und stehen einander wie abgeknickt gegen- über.“ (Taf. IX, Fig. 3.) So gestaltet ist das laterale Epithel des hinteren Canalabschnitts z. B. von Cerebratulus marginatus und auch von Eupolia delineata. Es ist der eigenartige Bau der lateralen Zellen mithin nicht, wie Dewo- letzky annimmt, eine Eigenthümlichkeit nur der Lineiden (Schizo= "'nemertinen), sondern der Heteronemertinen überhaupt, da auch die Valen- cinien die charakteristisch gebauten lateralen Zellen aufweisen. Die Fortsätze der lateralen Zellen, welche in das Lumen des Cerebraleanals hineinragen, sehen an Schnitten schnabelartig aus. Dewoletzky glaubt, dass sie aus verklebten Cilien wie etwa die Oto- lithenträger bei den Ctenophoren entstanden seien. Ich habe allen Grund, mich dieser Meinung anzuschliessen, da ich sogar früher (1890, No. 217) constatirte, dass diese Zellen anstatt der „prismatischen, hyalinen Fort- sätze“ einen Wimperschopf besitzen, dessen einzelne Wimpern völlig frei stehen und einen Fussapparat, bestehend aus einem Stäbchen, einem 156 Anatomie und Histologie. zarten Zwischenstück und einem Knöpfchen, tragen können (Cerebratulus tigrinus, Taf. IX, Fig. 13). Betrachten wir eine laterale Grenzzelle z. B. von Eupolia delineata genauer, so werden wir an ihr drei Abschnitte unterscheiden, nämlich den Zellleib, den Kragen und den hyalinen prismatischen Fortsatz (Taf. IX, Big. Yrund 10): Der Zellleib ist trapezförmig, er weist ein sehr feinkörniges, dichtes, matt tingirtes Plasma auf und birgt nicht nur einen, sondern mehrere Kerne in seinem erweiterten basalen Ende. Die Kerne sind elliptisch und von gleicher Grösse; jede Zelle enthält drei derselben. Den Kragen nenne ich eine schmale, streifige Zone zwischen dem Zellleib und dem prismatischen Fortsatz, die sich intensiver tingirt hat. Der prismatische Fortsatz sieht bei E. delineata an meinen Schnitt- präparaten schnabelförmig aus. Er ist hyalin glänzend und hat sich nicht gefärbt. Fassen wir nun das Wichtigste über die Epithelzellen des hinteren Abschnitts des Cerebralcanals kurz zusammen. Die schlanke, mediale Zelle besteht aus zwei leicht zu unter- scheidenden Abschnitten, dem Zellkopfe und dem eigentlichen den Kern enthaltenden Zellleibe. Die Zellköpfe hebt ein dichtes, leicht tingirbares Plasma hervor, sie tragen die Wimpern, welche vermittelst Stäbchen und Knöpfchen inserirt sind. Die laterale Grenzzelle ist trapezförmig gestaltet. Sie lässt nicht einen Zellkopf im Gegensatz zum Kern führenden Zellleib erkennen, sondern es sitzt dem trapezförmigen Leibe ein prismatischer Zapfen — ein schnabelförmiger Fortsatz — auf, das Product verklebter Cilien dar- stellend. Ein dunkel tingirter Saum trennt Fortsatz und Zellleib; er ist zurückzuführen auf die Füsschen der Cilien. Etwas abweichend von dem geschilderten Bilde sind die Epithel- zellen mancher Lineus-Arten gebaut. Ich werde die beste Anschauung von ihnen geben, wenn ich wiederhole, was ich früher (1890, No. 217) über dieselben, gestützt auf Schnittpräparate von C. Lineus psittacinus, gesagt habe. Die mediale Zelle dieser Art hat gleichfalls einen Kopf und einen Kern führenden Leib. Der Kopf ist weitgehend differenzirt. Die Wimpern sind auf einer ziemlich hohen Platte inserirt, welche sich durch ihr ausserordentlich starkes Tinetionsvermögen von der Sub- stanz der Cilien und des Zellleibes leicht unterscheiden lässt. In ziem- lich weitem Abstande von dieser dunkelgefärbten, glänzenden Platte fällt uns ein doppelter Contur auf. Es gelingt uns, die beiden Streifen dieses Conturs in zwei feine Stäbchenreihen aufzulösen, welche durch eine helle Masse miteinander verbunden sind. Zwischen dem doppelten Contur und der Platte befindet sich ein hohes, cylindrisches Stück, welches eine vorzügliche Längsstreifung aufweist. Das Kopfstück der medialen Zelle erweitert sich basal und ist mit einem dicken Zellleibe, der einen Kern birgt, verwachsen, aber durch einen dunklen Saum wie durch eine Ver- Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 157 wachsungsnaht von ihm abgehoben. An dieser Stelle liegen stark tingir- bare, kernartige Körperchen meist zu mehreren in jeder medialen Zelle, welche aber viel kleiner sind als die eigentlichen Kerne der medialen Zellen und überhaupt als solche, die je von mir irgend wo im Körper der Nemertinen beschrieben wurden. Der schnabelförmige Fortsatz der lateralen Grenzzelle ist gleich- falls auf einer Platte basirt, die nur etwas dünner als die der medialen Zelle ist, sonst sich aber völlig wie jene verhält. In gewissem Abstand von der Platte fällt uns hier ein einfacher Contur auf; zwischen diesem und der Platte liegt auch diesmal ein deutlich gestreifter, nur etwas dünnerer Abschnitt als bei der medialen Zelle. An den am Grunde sehr erweiterten Kopf setzen sich mehrere kernführende Zellleiber an, welche bei diesem Individuum nicht verschmolzen waren. Auch hier liegen auf der Grenzzone des oberen und unteren Zellabschnittes, die sich ja so klar durch die verschiedene Structur des Plasmas und in Folge dessen durch verschiedenartige Tinetion kenntlich macht, die gleichen stark tingirbaren, vielleicht etwas angebröckelten Körperchen; hier jedoch zu vielen in einer lateralen Grenzzelle. Welche Bedeutung die Platte hat, und wie ihre auffallend starke Tinetionsfähiekeit zu erklären ist, vermag ich nicht zu sagen. Ebenso ist mir ihr Ursprung dunkel. Ich denke mir, die Platte ist das Ver- schmelzungsproduct eigenthümlicher, auch chemisch umgewandelter Ciliar- verdickungen, welche sich an den sehr lang gewordenen Wimpern im halben Abstande von den Köpfchen befunden haben. Die über der Platte stehenden Wimperenden sind nun entweder frei geblieben: mediale, oder verschmolzen: laterale Grenzzellen. Desgleichen hat ein Verschmelzungsprocess der unteren, zwischen Platte und Knöpf- chen befindlichen Wimperhälften bei den lateralen Grenzzellen begonnen, sie blieben dagegen frei bei den medialen Zellen. Daher hier die vor- zügliche Streifung des cylindrischen Zwischenstückes, dort die weniger deutliche desselben. Jedenfalls entspricht die Platte weder bei den medialen, noch den lateralen Zellen dem Saume, d. h. verschmolzenen Fussabschnitten der Cilien, denn diese kommen ja ausser der Platte noch zum Ausdruck. Eine Streifung der Canalzellen beschreibt auch Dewoletzky und erklärt dieselbe „aus der strangförmigen Anordnung des Protoplasmas, welche den tief in die Zellen eingepflanzten, zu je einem Bündel ver- einigten Cilien entspricht“. Bereits früher stimmten die Resultate meiner Untersuchungen über das Cerebralorgan der Heteronemertinen in wünschenswerther Weise mit denen von Dewoletzky überein bis auf die Kernzahl der lateralen Grenzzellen, die nach Dewoletzky nur einen, nach mir mehrere, nämlich drei enthalten sollen. Dieser Widerspruch reizte mich an, das Cerebral- organ bei allen mir zur Verfügung stehenden Heteronemertinen und auch 158 Anatomie und Histologie. den von mir früher untersuchten indischen Heteronemertinen noch einmal vorzunehmen. Das Resultat ist dieses. In der Mehrzahl der Fälle musste ich in den basalen Enden der lateralen Grenzzellen mehrere, oft verhältniss- mässig kleine Kerne constatiren, so dass sich in mir die Ansicht be- festigte, die lateralen Grenzzellen seien durch Verschmelzung mehrerer nebeneinander gelegener Zellen vom Typus der medialen Zellen dieses Abschnittes des Cerebraleanals entstanden. Indess einigemal, so bei Cerebratulus ligurieus und einem nicht bestimmten Lineus, überzeugte ich mich von der Anwesenheit nur eines Kernes im basalen Ende der lateralen Grenzzelle, welcher dem Umfang des Zellleibes entsprechend gross war. Es tingirt sich dieser Kern insgesammt nicht sehr lebhaft, er fällt aber auf durch seine sehr grossen Chromatinkörner, die lebhaft Farbstoff aufnehmen, indess nicht sehr dicht liegen. Der Kern ist kugelig. Meine neueren Untersuchungen (1895, No. 256) lehrten mieh auch wiederum, dass bei manchen Heteronemertinen anstatt drei, vier Paare von lateralen Zellen vorkommen, von denen freilich das mittelste überaus dünn zu sein pflegt und es zweifelhaft erscheinen lässt, ob es auch je einen Zapfen trägt. Es ist auch ausdrücklich hinzuzufügen, dass sich die langen, stark tingirbaren, spindeligen Kerne, durch welche ein Paar der mittleren lateralen Zellen ausgezeichnet zu sein pflegt, nicht überall vorfinden. So sind beispielsweise die Kerne keines Paares der mittleren late- ralen Zellen von Eupolia auffallend geformt. Auch bei manchen Cere- bratulen sucht man die sehr schlanken Spindelkerne vergebens. Endlich sind dieselben auch nicht einem bestimmten Paar von late- ralen Zellen eigenthümlich, sondern finden sich bald im zweiten (das Paar der Grenzzellen als erstes gerechnet), bald im dritten Paar. Als sehr merkwürdig weise ich schliesslich noch auf die Endigungs- weise der Fortsatzbündel jener besonderen Ganglienzellhaufen des Öere- bralorgans, die im Bereich der lateralen Zellen jederseits dicht neben dem Cerebraleanal liegen, hin. Die Fortsatzbündel drängen sich nämlich zwischen den lateralen Grenzzellen und medialen Zellen ein, scheinen sich bis zum Canallumen fortzusetzen und frei an der inneren Epithel- fläche desselben zu endigen (Taf. IX, Fig. 9). Der Abschnitt des Cerebralcanals, welcher von dem Mündungsbezirke des vorderen Drüsenfeldes bis zu seiner Aussenöffnung reicht und bei Formen mit kurzen und flachen Kopfspalten, wie z. B. Lineus coceineus, vor allem aber jenen Heteronemertinen, denen im allgemeinen die Kopfspalten fehlen, wie den Eupoliiden, sehr lang ist, wird von einem Epithel, dessen ziem- lich kurze Zellen eylindrisch sind, einen Wimperschopf tragen und im ba- salen Ende einen relativ sehr grossen, elliptischen Kern bergen, ausgekleidet. Wir erwähnten gleich anfangs, dass die Secretstrassen auch des hinteren Drüsenfeldes nicht in das Ende des Cerebralcanals, sondern weit vorne in denselben einmünden. Sinnesorgane, — Cerebralorgane. 159 Die Einmündungen der Seceretgänge vertheilen sich nicht auf einen längeren Abschnitt, sondern drängen sich auf eine schmale ringartige Zone des Canals zusammen. Dieselbe ist am Anfang des hinteren längeren, durch die eigenthümlichen lateralen Zellen ausgezeichneten Abschnitts des Cerebralcanals gelegen (Taf. IX, Fig. 1 und pag. 151 Fig. XII). Die Seeretgänge des vorderen Drüsenfeldes münden in den Cerebralcanal dort ein, wo derselbe an das Gehirn herantritt. Dewoletzky führt zur Charakteristik der beiden Drüsenfelder Folgendes an: Das vordere Drüsenfeld wird „nur von flaschenförmigen, feinkörnigen Drüsenzellen mit langen Ausführgängen und hellen ellip- tischen Kernen gebildet“, es springt dasselbe am inneren vorderen Ende des Cerebralorgans „schulterartig‘“ vor und breitet sich besonders an der Unterseite und am Vorderende des Öerebralorgans aus. Das hintere Drüsenfeld wird „ausser aus den erwähnten Körnchen- drüsen auch noch aus mehr oder weniger zahlreichen glänzenden Kugeln von verschiedener Grösse gebildet“. Es stellt hinten „eine förmliche Drüsenkappe‘“ des Organs dar. Dewoletzky fügt hinzu, dass die Drüsenzellen des vorderen und hinteren Feldes an der medialen Oberfläche des Organs in grösserer oder geringerer Ausdehnung zusammenstossen. Er betont, dass im Cerebral- organ die Lage der Drüsenzellen immer — auch dort, wo sie in mehrfacher Schieht übereinander sich vorfinden — eine oberflächliche ist, und fährt wörtlich fort: „Sie liegen immer auf den Nervenzellen, aus denen das Organ zum grössten Theil gebildet ist, und sind geradezu auch als Füllung verwendet, um die zwischen den einzelnen Theilen des Seiten- (Cerebral-)organs vorhandenen Lücken auszugleichen; sie tragen somit dazu bei, dem Organe die schön gerundete Form zu verleihen.“ Ueber die Art der Einmündung der Drüsenzellen beider Felder sagt Dewoletzky: „Die Drüsen des vorderen Feldes vereinigen allmählich ihre parallel laufenden Ausführgänge zu einem grossen Strange, welcher in gleicher Richtung mit dem Vorderrande des Üerebral-(Seiten-Jorgans sich nach aussen wendet, um unmittelbar hinter der verengten Stelle an den Vor- raum“ — wie Dewoletzky den vorderen, der lateralen Zellen ent- behrenden Abschnitt des Cerebralcanals nennt — „sich anzuschmiegen und in denselben einzumünden‘“. „Weniger vereinigt erscheinen die der hinteren Ausmündungsstelle zustrebenden Ausfuhrgänge des hinteren Drüsenfeldes; doch zeigen sich auch hier zwei grössere Ansammlungen von solchen, welche in fast genau entgegengesetzter Richtung gehen und einander an der hinteren Ver- engung (des Cerebralcanals) begegnen. Der eine dieser Stränge, welcher von innen nach aussen verläuft, sammelt in sich die Ausführgänge aller Drüsenzellen, welche an der Innenseite des Seiten-(Cerebral-)organes, und zwar besonders an der ventralen Oberfläche (desselben) liegen; der entgegengesetzt gerichtete Strang setzt sich zusammen aus den Ausführ- 160 Anatomie und Histologie. gängen der mehr nach aussen und zwar vorzugsweise an der Oberseite gelegenen Drüsenzellen. An diese Hauptstränge schliessen sich die Aus- führgänge der übrigen mehr an die Peripherie der Drüsenfelder vorge- schobenen Zellen an. Ausser diesen beiden Hauptsträngen treten noch mehrere andere von hinten kommende, von den Seiten an die hintere Einsehnürung des Vorraumes heran und münden an derselben aus. Nicht zu selten findet man innerhalb der strangförmigen Ansammlungen von Ausführgängen den spindeligen Leib einer meist etwas kleineren Drüsen- zelle eingeschaltet vor, deren Ausführgang dem Strange sich anschliesst.“ Von den kugeligen glänzenden Gebilden, welche in grosser Zahl das Hinterende des Cerebralorgans erfüllen, sagt Dewoletzky aus, dass sie innerhalb der oberflächlichen Körnchendrüsen liegen und ein sehr starkes Liehtbrechungsvermögen besitzen, sodass man sie für Fetttropfen halten möchte. Indess sind sie nichts anderes als Secretballen von Drüsenzellen, die aber von den conservirten Thieren nicht entleert worden sind. Die Nervatur und der Ganglienzellinhalt des Cerebral- organs von Cerebratulus marginatus. Das dorsale Gehirn- ganglion endet hinten mit zwei Zipfeln, einem oberen kleineren und einem unteren dickeren (Taf. VI, Fig. 8). Der obere Zipfel hat nichts mit dem Cerebralorgan zu schaffen, er endet dicht vor demselben etwa in der Gegend, in welcher der Öere- braleanal an das Gehirn herantritt. Der untere, viel dickere Zipfel der Centralsubstanz des dorsalen Ganglions hingegen bildet mit seinem vielschiehtigen Ganglienzellbelag den Kern des Cerebralorgans (Taf. IX, Fig. 5). In der Region des hinteren Abschnittes des Cerebraleanals gabelt sich die Centralsubstanz des hinteren Zipfels in einen oberen und unteren kurzen Ast. Beide enden in dem auch sie umgebenden Ganglienzell- belag dicht vor dem hinteren kappenartigen Drüsenfelde. Der Ganglienzellbelag ist in der Region des vorderen Canalabschnitts oder Vorraumes strahlig um die Centralsubstanz des Zipfels angeordnet, und bedeckt ihn in bedeutender Mächtigkeit oben und unten; medial ist er dünner, lateral fehlt er. Der Ganglienzellbelag scheint niehts mit dem Epithel des Vorraumes zu schaffen zu haben, wenigstens umlagert er denselben nicht. In der Region des hinteren Abschnitts des Cerebralcanals gruppirt sich der Ganglienzellbelag um die beiden Aeste, in welche sich die Centralsubstanz des Zipfels des dorsalen Ganglions gespalten hat; eine mittlere Partie desselben aber strahlt auf das mediale Epithel des Canals aus. Dieser Ganglienzellbelag, welcher neben der Centralsubstanz des Zipfels den Kern des Cerebralorganes bildet, gleicht vollkommen dem des dorsalen Ganglions von Cerebratulus marginatus: Die Zellen sind sehr klein, und die Hauptsache an ihnen sind die kleinen unregelmässig Sinnesorgane. — Cerebralorgane. 161 gestalteten, glänzenden, sich lebhaft tingirenden Kerne. Der Ganglien- zellbelag des Zipfels steht überdies in unmittelbarem Zusammenhange mit dem des dorsalen Ganglions, seine Fortsetzung darstellend. Fast genau am Anfang des hinteren, durch die grossen lateralen Zellen ausgezeichneten Abschnitts des Cerebraleanals bemerkt man lateral im Cerebralorgan, seiner bindegewebigen Hülle hart anliegend, über und unter dem Canal ein Häufchen von Ganglienzellen oder, genauer ge- sprochen, Ganglienzellkernen, die sich von der centralen Ganglienzell- masse scharf abheben, denn ihr Zellleib ist noch winziger, ihre Kerne sind kleiner, färben sich viel intensiver und sind viel dichter zusammen- gedrängt. Auch liegen die beiden Ganglienzellhäufehen etwas isolirt von der centralen Masse. In der hintersten Region des Cerebralorgans grenzen sie sich minder scharf gegen die centrale Ganglienzellmasse des Organs ab, und es dringen in sie die Aeste der die Cerebralorgane durchsetzenden Zipfel der Centralsubstanz ein. Die beiden vorne gesonderten Ganglienzellhäufehen strahlen theils auf das laterale Epithel des hinteren Cerebralcanalabschnitts aus, theils dringen ihre bündelweise vereinigten Fortsätze zwischen medialem und lateralem Epithel bis zum Lumen des Cerebralcanals vor. Ob man von einem dem Üerebralorgan der Heteronemertinen in dem Sinne eigenen Ganglienzellbelag wie bei den Metanemertinen reden darf, scheint mir nach dem Dargelegten fraglich. Seine Continuität mit dem des Gehirns besagt das Gegentheil, und auch seine Beschaffenheit be- rechtigt nicht dazu. Dass im Cerebralorgan wirklich Ganglienzellen wie im Gehirn, also unipolare vorhanden sind, ist demjenigen, der sich nicht an den Schnitt- bildern überzeugen mag, durch Färbung mittels Methylenblau am lebenden Thier vorzuführen. Das Cerebralorgan wird rings von einer bindegewebigen Scheide, welche dem äusseren Neurilemma entspricht, eingehüllt; niemals constatirte ich ein Fehlen derselben, auch nie an Partien des Organs, welche vom Blut umspült wurden (Taf. IX, Fig. 5). Ausser den Fasern, welche sich von dieser Scheide, die mit spinde- lisen Kernen ausgestattet ist, abspalten und den Ganglienzellbelag oder die nackten Drüsen umspinnen, habe ich reichlich jenes Hüllgewebe, welches von den Pigmentzellen mit den grossen hlassen Kernen ab- stammt, ganz wie in den nervösen Öentralorganen peripher um die Gang- lienzellmassen entwickelt, aufgefunden. Dem Cerebralorgan der Heteronemertinen ist eine eigenthümliche Lagerung charakteristisch. Dasselbe hängt nämlich derart in das er- weiterte Seitengefäss hinein, dass es medial und dorsal und im gesammten Umfang seiner hinteren Kuppe unmittelbar von der Blutflüssigkeit be- spült wird (Taf. VI, Fie. 6). Bronn, Klassen des 'Thierreiehs. IV. 1. Sppl. 11 162 Anatomie und Histologie. Direet an die Kapsel des Cerebraleanals legt sich das Epithel der Blutgefässe, das in diesem Abschnitt sehr niedrig ist, an. Uebrigens repräsentiren manche Arten, die sich auf verschiedene Gattungen der Heteronemertinen vertheilen, Ausnahmen von dieser Kegel in mehr oder minder ausgeprägter Weise. Es kommt nämlich vor, dass die Cerebralorgane in ihrem vorderen Abschnitte nur mit einer Seite an die Seitengefässe grenzen, und dass auch hinten nur eine sehr geringfügige Fläche in das Blutgefäss hinein- sieht, oder dass das Cerebralorgan ausser der dünnen Kapsel noch eine überaus dicke Gewebshülle besitzt, so dass es nicht unmittelbar vom Blut bespült wird. Cerebratulus lividus, joubini, anguillula, Lineus lacteus, coceineus, und Euborlasia elisabethae mögen für letzteres Verhalten als Beispiele angeführt sein, im Gegensatz zu Cerebratulus marginatus, fus- coides, simulans, melanorhynchus, Micrura fasciolata, dellechiajei, aurantiaca, tristis, purpurea, Langia formosa und Eupolia delineata, wo die Cerebral- organe in grösserem Umfang von der Blutflüssigkeit unmittelbar umspült werden. Die Beziehungen der Cerebralorgane zu den Blutgefässen sind fast völlig bei Lineus molochinus aufgehoben, wo nur seitlich an die hinterste Fläche der Kuppe eine Erweiterung des Seitengefässes hinantritt, und kaum angedeutet bei den Valenecinien. Das Verhalten des oberen Zipfels des dorsalen Ganglions, welcher bald vor, bald unter dem Cerebralorgan endet, bald aber in dasselbe hineinragt, ohne freilich an der Innervation desselben theilzunehmen, ist im systematischen Theile bei jeder Art berücksichtigt worden. Die Gestalt des Cerebralorgans hängt vor allem davon ab, bis zu welchem Grade der ÜÖerebraleanal und die Drüsenmassen mit dem hinteren Ende des dorsalen Ganglions verschmolzen sind. Bei den Lineiden pflegt dieselbe im Allgemeinen eine derartig innige zu sein, dass der Antheil, welchen das dorsale Ganglion, und jener, den die Drüsenzellmassen mitsammt dem Cerebralcanal am Aufbau des Cere- bralorgans haben, sich nicht in der Form des Organs ausdrücken, sondern dasselbe wie in einem Guss gebildet erscheint, obwohl dasselbe — schon die Anatomie des Organes lehrt und seine Embryologie bestätigt es — nicht eine einheitliche, aus demselben Boden entwickelte Anlage von vornherein darstellt (Taf. V, Fig. 2 und 6). Sehr scharf setzt sich bei Eupolia (Taf. V, Fig. 7) der Cerebraleanal mit seinen Drüsenzellmassen gegen das dorsale Ganglion ab. Es kommt das auch in der Gestalt des Cerebralorgans zum Ausdruck, indem jener als eine Calotte dem hinteren Umfang des dorsalen Ganglions anliegt. Noch auffälliger hebt sich der drüsige Antheil des Cerebralorgans bei Valencinia (Taf. V, Fig. 5) vom gangliösen ab, indem ersterer eine Keule bildet, die dem dorsalen Ganglion hinten angedrückt ist. Wir berücksichtigen noch kurz den Bau des Cerebralorganes von Eupolia delineata und Valencinia (Taf. V, Fig. 5 und 7). Sinnesorgaue. — Cerebralorgane. 163 Der Cerebraleanal entspringt unmittelbar vor dem Gehirn der Kopf- furche, der Unterseite des Kopfes genähert. Er setzt sich schräg auf- steigend nach hinten fort und legt sich in der Region der unteren Ge- hirncommissur an die Gehirnkapsel an, nunmehr seitlich neben dieser nach hinten fortlaufend. Der Canal ist bis dahin sehr eng. Sein Epithel ist ein niedriges, gleichartiges Wimperepithel eylindrischer Zellen mit sehr grossen, ellip- tischen Kernen. Hinter der Gehirncommissur durchbrechen das Canalepithel medial unzählige Secretstrassen, welche von einem dicken Drüsenzellpolster, das unter dem dorsalen Ganglion weiter hinten gelegen ist und sich am Ende des dorsalen Ganglions auch medial und lateral ausbreitet, herkommen. Es ist eine kurze Strecke des Canals durch die Einmündung dieser Secretgänge ausgezeichnet, die Mündungen der Secretgänge sind nicht derartig localisirt wie bei den Lineiden. In demselben Abschnitt beginnt sich das Epithel des Canals zu differenziren. Das mediale, welches die Secretstrassen durchtreten lässt, bleibt ein Wimperepithel und verändert sich nicht bedeutend, das laterale aber weist die Zellen mit den prismatischen, zapfen- oder schnabelartigen Fortsätzen auf. Es sind ebenfalls drei Paar, das innerste ist das kleinste, das äusserste das grösste; die sehr langen, schnabelartigen Fortsätze des äussersten Paares sind geknickt und neigen sich, wie auch die der inneren Paare zusammen. Denn die schmäleren und kürzeren Fortsätze der inneren Zellen sind ebenfalls geknickt. Jederseits am Cerebralcanal tritt ein Ganglienzellhaufen auf, und dieser setzt sich in den Ganglienzellbelag des dorsalen Ganglions fort, in welchen der Canal hinter der Einmündung der Secretstrassen eindringt. Er legt sich dem Ganglienzellbelag des dorsalen Ganglions lateral an und empfängt einen starken Strang von Nervenfasern, die sich am medialen Epithel des Canals ausbreiten; es ist das verjüngte, seitwärts gebogene Ende des unteren Zipfels der Centralsubstanz des dorsalen (Ganglions. Hinter dem Ganglienzellbelag biegt sich der Canal einwärts um und endet, sich wieder etwas an der medialen Seite des Organs nach vorne wendend, hier blind. Der obere Zipfel des dorsalen Ganglions ist bei Eupolia delineata sehr stark und mindestens eben so lang, wie der untere. Er endet mitten im Cerebralorgan, als welches ich auch bei dieser Form das hintere Ende des dorsalen Ganglions mitsammt dem Canal und der Masse der Drüsen- zellen bezeichne. Jedenfalls fehlt bei Eupolia ein Vorraum vollständig, wenn man nicht als solehen den Abschnitt des Canals von der Drüseneinmündung bis zu seiner Aussenöffnung in Anspruch nehmen will. Ausserdem ist nur ein Bezirk am Canal durch die Secretstrassen gekennzeichnet. Es giebt 113 164 Anatomie und Histologie. ferner nur ein einziges, nunmehr aber das dorsale Ganglion in fast seinem gesammten hinteren Umfang umgebendes Drüsenfeld. Die Drüsenzellen sind am Ende birnförmig angeschwollene dicke Gebilde. Sie tingiren sich sehr intensiv mit Carminen und Hämatoxylinen. Ihr Inhalt ist sehr feinkörnig. Das Cerebralorgan von Valencinia, welches an das von Eupolia erinnert, liegt völlig getrennt vom dorsalen Zipfel des oberen Gehirn- ganglions unter diesem (Taf. V, Fig. 5). Der dorsale Zipfel ist wie bei Eupola ungemein umfangreich und überragt das Cerebralorgan ein wenig nach hinten. Der Gerebralcanal entspringt bei Valeneinia longirostris in der mitt- leren Gehirnregion genau seitlich von einer trichterartigen Vertiefung des Hautepithels. Er verläuft horizontal bis zum Gehirn und biegt, an diesem angelangt, mit scharfer Curve nach rückwärts um.- An der Umbiegungsstelle münden in den Cerebralcanal die Secret- gänge eines ansehnlichen Drüsenzellbündels ein, welches dem Canal medial anliegt und sich lateral und medial vom Ganglienzellbelag des unteren dorsalen Zipfels ausbreitet. Alsbald verändert sich sein bis- heriges gleichartiges Epithel, indem lateral die Zellen mit den hyalinen Fortsätzen wiederum wie bei Eupolia und überhaupt den Heteronemertinen zu drei Paaren nebeneinander auftreten. Hinter dem Drüsenzellbündel legt sich der Canal lateral an den Ganglienzellbelag des unteren dorsalen Hirnzipfels an, und es empfängt sein mediales Epithel dessen nervenartig verjüngte Centralsubstanz. In der hinteren Masse des Ganglienzellbelags biegt sich der Canal einwärts um und endet verengt blind an der medialen Seite des Gang- lienzellbelags des unteren dorsalen Hirnzipfels. Man sieht, es fehlt auch bei Valencinia ein solcher Vorraum wie bei den Lineiden, und es ist nur ein Drüsenfeld und ein Einmündungsbezirk von Secretstrassen vorhanden. d. Die Seitenorgane. Mustern wir mit unbewafinetem Auge das vordere Körperende einer Carinella superba, so bemerken wir ziemlich dicht vor dem dritten weissen Ringel, sowohl am lebenden als auch conservirten Thiere, jederseits in der weissen Seitenlinie einen sehr kleinen weissen, rundlichen oder ei- förmigen Hof (Taf. I, Fig. 2). Derselbe misst im Durchmesser etwa 1 mm und tritt nach oben aus der Seitenlinie heraus. Ein Paar solcher lateraler, weisslicher Flecke zeigt auch Carinella polymorpha in der vorderen Rumpfregion, und auch bei ©. banyulensis, nothus, annulata, linearis und tubicola, sind sie mit entsprechenden Vergrösserungen dort aufzufinden. Bei (. poljmorpha, wo sich die Flecke besonders scharf aus dem dunklen Untergrunde der jeder Zeichnung entbehrenden Haut abheben, sind sie nicht rundlich, sondern etwa dreieckig gestaltet. Sinnesorgane. — Seitenorgane. 165 Häufig am conservirten Thier und stets am lebenden überzeugt man sich davon, dass diese weissen Feldchen grubenartig vertieft sind. Die weissen Seitenflecke von CO. polymorpha und superba haben be- reits früher meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wurden auf Grund meiner histologischen Untersuchungen als „ein zweites Paar von Seitenorganen“ beschrieben. Bei den anderen zuletzt aufgezählten Carinellen habe ich diese Gebilde, die ich hinfort Seitenorgane nenne, neuerdings an Schnitten aufgefunden. Sie sind bei diesen Carinellen viel kleiner als bei den beiden erst- genannten. Ich konnte sie an lebenden und conservirten Exemplaren mit blossem Auge nicht entdecken. Bisher sind solche oder ähnliche Organe bei anderen Nemertinen nicht aufgefunden worden. Wir werden die Seitenorgane bei conservirten Carinellen bald als Grübchen, bald als wenig erhabene Hügel kennen lernen. Wir müssen uns die Seitenorgane als einen epithelialen Dis- cus vorstellen, welcher einziehbar und vorstreckbar ist. Untersuchen wir die Seitenorgane an Schnitten, so fällt uns zuerst ihre charakteristische Lage auf. Wir treffen sie nämlich bei allen Carinellen in nächster Nachbarschaft der Exeretionsporen an. In der Regel liegen sie unter den am Rücken ausmündenden Excretionsporen, genau seitlich. Doch ragt meist nur, wie bei ©. superba, der vordere Bezirk des Seitenorgans bis in die Gegend der Excretionsporen nach vorn; seltener liegen sie dicht vor oder hinter ihnen (Taf. IV, Fig 2 und 12). Die Histologie wollen wir an CO. polymorpha und superba, die ich daraufhin eingehend untersucht habe, studiren. Merkwürdiger Weise ist ihr Epithel bei diesem beiden Carinellen wesentlich verschieden gebaut. Die Seitenorgane von Ü. polymorpha stellen bei conservirten Exemplaren, soviel ich erfuhr, stets flache Grübchen dar. Bei dieser Art setzt sich das Epithel zusammen aus Faden- und Drüsenzellen, also aus denselben Elementen wie das der Haut (Taf. X, Fig. 2). Es unterscheiden sich die Fadenzellen des Seitenorgans von denen der Haut nur dadurch, dass sie vollkommen pigmentfrei sind und längere Wimperschöpfe tragen. Zwischen den Fadenzellen sind bei C. polymorpha Drüsenzellen äusserst massenhaft eingepackt. Dieselben stehen sehr dicht gedrängt, so dass das Seitenorgan dieser Art förmlich von ihnen strotzt. Es hebt sich dadurch schon für unser Auge aus dem Epithel der Haut, in welchem die Drüsenzellen nicht derart dicht gedrängt stehen, heraus. Die Drüsenzellen des Seitenorganes bilden, wie die der Haut, Bündel, aber dieselben sind viel schlanker als in der Haut, weil auch die einzelnen Drüsenzellen im Seitenorgan viel dünner sind. Jede zeigt nur eine ganz winzige basale Anschwellung. Vor allem unterscheiden sich die Drüsen- 166 Anatomie und Histologie. zellen des Seitenorganes aber durch verschiedenartige Eigenschaften ihres Secretes von denen der Haut. Dieselben treten besonders durch die Art der Tinction der einen und der anderen hervor. Die Packetdrüsenzellen der Haut weisen in dieser Körpergegend stets einen stark glänzenden, grünlichen Inhalt auf. Der starke Glanz und selbst der grünliche Schimmer geht dem Secret dieser Zellen auch dann nicht verloren, wenn sie sich stark mit Hämatoxylin tingirt haben. Eine gleichmässige Tinction aller Zellen tritt aber nur selten ein, meist färben sich nur gewisse unregelmässig zerstreute von ihnen, und von diesen die einen vollständig, die anderen nur partiell. Die Drüsenzellen des Seitenorganes dagegen besitzen einen Inhalt, der weder durch natürliche Farbe, noch durch Glanz hervortritt. Er wird erst auffallend durch die künstliche Tinetion. Es färben sich nämlich alle Drüsenzellen des Seitenorganes mit Hämatoxylin äusserst intensiv und gleichmässig. Ihr Secret ist zweifelsohne chemisch verschieden von dem der Haut- drüsenzellen. Das folgt, meine ich, am evidentesten aus der Art, wie eine Färbung mit wässrigem Saffranin ausschlug. Dasselbe färbte sämmtliche Packetdrüsenzellen der Haut äusserst intensiv dunkelbraunroth — die Drüsenzellen des Seitenorganes aber färbte es auch nicht spurenweis. So macht das Seitenorgan bei dieser Tinction einen absolut ungefärbten Eindruck. Doch, dass ich’s nicht vergesse — ganz vereinzelt trifft man auch bei dieser Färbung gelegentlich eine Drüsenzelle im Seitenorgan an, deren kümmerlicher Inhalt sich intensiv wie derjenige der Hautdrüsen- zellen tingirt hat. Ich folgere daraus nicht, dass sich vereinzelte der typischen Drüsen- zellen des Seitenorgans gefärbt haben, sondern dass zwischen die typischen Drüsenzellen des Seitenorgans vereinzelte Drüsenzellen des Hautepithels versprengt sind. Die Seitenorgane von Ü. superba (Taf. X, Fig. 1) stellten bei den conservirten Exemplaren stets Hügel dar. Dieselben sind mässig ge- wölbt und durch eine ringförmige Rinne rings vom Epithel der Haut abgesetzt. Das Epithel des Seitenorgans dieser Art setzt sich nur aus Faden- zellen zusammen. Trotzdem ich die verschiedenartigsten Färbungen an- gewandt habe, bekam ich in ihm nichts von Drüsenzellen zu Gesicht. Es ist aber auch kein Platz für Drüsenzellen im Seitenorgan von Carinella superba vorhanden, da die Fadenzellen ganz ausserordentlich dicht aneinander schliessen. Sie gleichen im Wesentlichen denen der Haut. Indessen sind sie gleichmässig schlanker als diese, indem ihre äusseren Enden weniger stark und sehr allmählich anschwellen. Die Kerne der Fadenzellen liegen alle in fast gleicher Höhe im Epithel und — wie auch die der Haut — seinem Aussenrande genähert. Sie schliessen aber im Seitenorgan lückenlos aneinander und liegen, da es zu viele Sinnesorgane. — Seitenorgane. 167 sind, um sich in einer einzigen Schicht anordnen zu können, auch über- einander, sich aber möglichst zusammendrängend. Der Wimperbesatz des Epithels des Seitenorganes ist nur wenig länger als derjenige der Haut. Schärfer als irgend wo am Körperepithel tritt der doppelte Contur hervor, der sich zwischen den Wimperbesatz und die Zellköpfe einschiebt, die vermeintliche doppelt conturirte Cuti- cula, die sich bei genügender Vergrösserung in einen inneren Saum von Stäbchen und einen äusseren von Knöpfchen auflöst. Die Kerne der Epithelfadenzellen des Seitenorganes sind lang spindel- förmig. Ausser diesen, in einer dieken Schicht angeordneten, sind noch sehr viele Kerne in der Tiefe des Epithels — nur innerhalb der Kern- schicht der Fadenzellen — vorhanden, die einem interstitiellen Ge- webe angehören müssen. Das interstitielle Gewebe ist zweifelsohne vornehmlich ein Stütz- gewebe, das mit der Grundschicht zusammenhängt. Sowohl der drüsenfreie Epitheldiscus von ©. superba, als der mit Drüsenzellen vollgepfropfte von ©. polymorpha wird in ausgiebigster Weise mit Muskelfasern versorgt. Die Muskelfasern breiten sich an den Epitheldiseus derart aus, dass man auf Schnitten das Bild eines ausgespannten Fächers bekommt (Marx, Fig. 2). Es hat den Anschein, als ob die an den Epitheldiscus herantretenden Muskelfibrillenzüge, die aus der Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauches heraustreten, tief in den Discus hineindringen und in ihm sich strahlenartig ausbreiten. Man sollte vermuthen, dass das Seitenorgan — das ja ohne Zweifel ein Sinnesorgan darstellt — durch einen oder mehrere auffallend starke Nerven, die von den Seitenstämmen abgehen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft das Seitenorgan sich befindet, innervirt würde. Das ist aber nicht der Fall, denn die Nerven, welche von den Seiten- stämmen entspringen und sich hauptsächlich im Muskelpolster unter dem Epitheldiscus ausbreiten oder sich mit den Muskelzügen bis zum Discus verfolgen lassen, sind nicht dieker als die sonst von den Seitenstämmen entspringenden. Indess scheinen sie in der Gegend des Seitenorgans reichlicher zu entspringen. Unter dem Epitheldiscus des Seitenorganes bemerkte ich schon früher in der Grundschicht, in dem Reticulum von Muskel- und Nervenfasern vereinzelt auffallend grosse, feinkörnige Zellen mit grossem, kugeligem Kerne, die ich für Ganglienzellen hielt. Die Grundschicht tritt im Bereich des Seitenorganes am schärfsten und ziemlich intaet, unmittelbar unter dem Epitheldiscus desselben, als ein dünnes, runzliges Blatt hervor; ihre tieferen Partien sind erfüllt mit dem Muskel- und Nervengewebe. Trotz wiederholter Nachforschung habe ich bei ©. rubicunda Seiten- organe nicht aufgefunden. Ich nehme an, dass sie dieser Art fehlen. 168 Anatomie und Histologie. e. Die Augen. Die Nemertinen besitzen nur zum Theil Augen, und zwar finden sich dieselben fast allgemein bei den bewaffneten und im Vergleich zu diesen verhältnissmässig selten bei den unbewafineten Formen. Von den Meta- nemertinen sind Pelagonemertes, Malacobdella, Ototyphlonemertes und einige Amphiporen und wahrscheinlich auch Hyalonemertes und Nectonemertes augenlos, bei den unbewaffneten aber finden wir sie durchweg nur bei den Eupolien und sehr häufig bei den Lineen und Micruren. Es ent- behren aber der Augen die meisten Proto- und Mesonemertinen — bei jenen bildet nur Hubrechtia, bei diesen Cephalothrix signata eine Aus- nahme — und fast alle Cerebratulus-Arten; desgleichen Langia. Der Sitz der Augen ist stets die Kopfspitze, und zwar liegen sie in der Regel vor dem Gehirn, seltener treffen wir sie noch neben dem Ge- hirn wie bei manchen Amphiporen und Lineen und nur ausnahmsweise noch hinter demselben an (Taf. II, Fig. 3, 9 und 12). Die Augen liegen fast stets subepithelial. Ich kenne nur eine Form, bei welcher sie am Crunde des Epithels sich befinden, nämlich Cephalothrix signata. Sonst sind sie in das Parenchym der Kopfspitze wie bei den Metanemertinen, in die Cutis wie bei den Eupolien, in das Muskelgewebe der Kopfspitze wie bei den Lineiden, wo sie sich in der Regel in der nächsten Nachbarschaft der Kopfspalten vorfinden, oder selbst in den Ganglienzellbelag des Gehirns wie bei Hubrechtia desiderata eingebettet. Die Zahl, in welcher sie auftreten, ist eine ganz ausserordentlich verschiedene. Es giebt Formen, welche nur zwei Augen besitzen, z. D. Amphiporus bioculatus Mc Intosh und Eumemertes careinophila Kölliker, und hundertäugige, wie Lineus geniculatus, Mierura dellechiajer und Amphiporus polyommatus. Eine grosse Anzahl von Nemertinen, welche sich auf die Gattungen Nemertopsis, Prosorhochmus, Geonemertes, Prosa- denoporus, Tetrastemma und Oerstedia vertheilt, ist durch den Besitz von vier Augen ausgezeichnet. Bei den Eupolien schwankt die Zahl zwischen 30 und 50; bei den Drepanophoren zwischen 30 und 40. Die Zahl der Augen ist vielfach nicht constant. So trifft man bei- spielsweise bei Lineus lacteus mitunter auf der einen Seite des Kopfes 5, auf der anderen 4 oder 6 und 6 oder 7 und 8 Augen an. Sehr variabel ist die Zahl der Augen besonders bei den vieläugigen Amphiporen. Aber auch bei den durch 4 Augen ausgezeichneten Formen kommen, wiewohl selten, „Unregelmässigkeiten‘“ vor, indem 5 oder 6 und 8 Augen auftreten. Besonders eigenthümlich sind für einige dieser Formen Doppel- augen, das sind solche, bei denen sich zwei Augen so dicht aneinander gelegt haben, dass sie wie verwachsen erscheinen. Es sind dann stets 4 Doppelaugen vorhanden. Die Augen sind entweder in Reihen oder Gruppen angeordnet. Sinnesorgane. — Augen. 169 Es giebt einfache oder doppelte Augenreihen, die in den Seiten des Kopfes vom Gehirn bis zur äussersten Spitze des Kopfes verlaufen. An Augengruppen kann man gewöhnlich eine vordere und hintere, dem Gehirn zunächst gelegene unterscheiden. Sind 4 Augen vorhanden, so stehen dieselben stets im Rechteck und zwar meist derart, dass die beiden einander gegenüber liegenden Augen einander näher sind als vorderes und hinteres Paar, seltener ist das Umgekehrte der Fall (Proso- rhochmus). Bei manchen Amphiporen kommt eine etwas complieirtere und auf- fallende Augenstellung vor. So bilden z. B. bei A. glandulosus vier Augen inmitten der übrigen in je zwei Reihen, indess nicht ganz regelmässig angeordneten Augen ein Rechteck, und bei einer Varietät von Amphiporus pulcher — vielleicht ist es eine besondere Art — bemerken wir zwei Augen, die von den übrigen entfernter liegen und jederseits dem Gehirn vorne ganz nahe gerückt sind. Auch die Grösse der Augen ist sehr verschieden. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass den unbewafineten Nemertinen nur sehr kleine Augen zukommen, jedenfalls erreichen sie bei keiner Proto-, Meso- oder Heteronemertine auch nur annähernd die Grösse eines Drepanophorus-Auges. Drepanophoren sowie gewisse Amphiporus im Habitus ähnliche Tetrastemmen besitzen die grössten Augen unter allen Nemertinen. Die- selben sind auch dem unbewaffneten Auge stark bemerklich. Bei anderen Metanemertinen bleiben die Augen klein und erscheinen auch bei stärkeren Vergrösserungen nur punktförmig, das ist z. B. bei Eunemertes echino- derma, antonina, Amphiporus oligommatus der Fall. Das Nemertinenauge besitzt elliptische oder eiförmige, seltener eine kugelige Gestalt. Es stellt stets einen undurchsichtigen schwarzen hohen Becher oder eine undurchsichtige, schwarze niedrige Schale dar, in welcher ein klarer durehsichtiger, glänzender Kern ruht. Der Kern steckt oftmals in dem Becher, wie das Ei in einem Eierbecher, d. h. er ragt über den Rand des Bechers weit hinaus. Auch aus der Schale tritt der Kern, sich über ihren Rand emporwölbend, hervor. Histologie. Alle Forscher stimmen darin überein, dass das Auge aus einem Becher oder einer Schale, eines schwarzen oder schwarzbraunen Pigmentes besteht, welche eine ziemlich durchsichtige farblose, zellige " Masse enthält. Eingehendere Untersuchungen, die vornehmlich an den verhältniss- mässig sehr grossen Augen von Drepanophorus spectabilis angestellt sind, lehrten übereinstimmend, dass das Pigment an Zellen gebunden ist (Taf. X, Fig. 5). Dieselben stellen mehr oder minder hohe Prismen vor, die das weisse Pigment in ihren der Becherhöhlung zugewandten und einen elliptischen oder kugeligen Kern in den entgegengesetzten Enden enthalten. Während der äussere Rand des Pigmentbechers völlig glatt ist, 170 Anatomie und Histologie. schieben sich nach innen stark pigmentirte Fortsätze der Pigmentzellen zwischen die Elemente einer Schicht ein, die den Pigmentbecher innen auskleidet. Diese Schicht ist bereits von Hubrecht bemerkt und als „feingestreifte“‘ oder „Stäbchenschicht‘“ beschrieben worden. Ihre einzelnen Elemente wurden erst von Joubin und mir und später von Hesse er- kannt (Taf. X, Fig. 5). Joubin nennt sie „cellules hautes polyedriques“, von mir sind sie als „Stäbchen“ und „Stäbchenzellen“, von Hesse mit einer anderen Art von Elementen des Auges zusammen als „kolbige Sehzellen‘ bezeichnet worden (Taf. X, Fig. 6, st). Alle Autoren geben an, dass die Stäbchen, wie wir die Gebilde fortan nennen wollen, ziemlich schlanke Prismen sind, welche im Grunde des Pigmentbechers am niedrigsten sind und nach seinem Rande zu allmählich wie Orgelpfeifen höher werden. Nach Joubin sollen sich die Stäbchen über den Rand des Pigmentbechers hinaus fortsetzen und, die vordere Augenkuppe umhüllend, als Cornea dienen. Sie haben sich hier so stark abgeplattet, dass sie bedeutend breiter als höher sind. Es ist übrigens zu betonen, dass dieser Befund weder von Hesse noch mir bestätigt werden konnte. Ueber den Bau der Stäbchen gehen die Meinungen weit auseinander. Die wesentlichste Differenz ist, dass ihnen von Joubin ein Kern zu- gesprochen wird, während Hesse das Vorhandensein desselben leugnet (vergl. Fig. 5 mit 6, Taf. X). Nach Joubin sind die Stäbchen Zellen, nach Hesse indessen nur die Enden von Zellen. In meinen früheren Untersuchungen stellte ich die Stäbchen als kernlos, in meinen neueren als kernhaltig hin, so dass letztere mit Joubin’s, erstere mit Hesse’s Ausführungen harmoniren. Joubin sagt nur, dass die Stäbchen aus einem homogenen oder reticulären Protoplasma bestehen und in ihren, dem Becherinnern zu- gewandten Enden einen eiförmigen Kern enthalten. In meiner ersten Darstellung unterschied ich an den Stäbchen zwei Abschnitte, nämlich ein längeres prismatisches, hyalines Gebilde, das dem Pigmentbecher zugewandt ist — ich bezeichnete es als Stäbchen im engeren Sinne —, und einen kurzen Kegel, der jenem innen aufsitzt. Ich führte damals weiter aus, dass sich das kurze, kegelförmige Stück, welches dem Stäbchen aufsitzt, und zu den an der Seitenwand des Pig- mentbechers stehenden Stäbchen winklig nach aufwärts umgebogen er- scheint, mit Tinctionsmitteln fast nicht färbt und stark lichtbrechend ist. Ferner hob ich hervor, dass der Kegel dem Stäbchen mit einem Kragen aufsitzt, d. h. es existirt ein deutlicher dunkler Insertionsrand. Die Kegel, welche ich vorzüglich und oft auch an losgerissenen Elementen des Auges beobachtete, zeigten bei anderen Arten eine auffallende Klarheit und ein intensives Lichtbrechungsvermögen, so dass ich sie dementsprechend wohl als Krystallkegel bezeichnen durfte. Diese Beschreibung stimmt auffallend zu den Befunden Hesse’s. Freilich fand Hesse die unseren Stäbchen (im engeren Sinne) ent- Sinnesorgane. — Augen. 171 sprechenden Abschnitte nicht structurlos, sondern derartig auffallend ge- streift, dass er sie mit dem Faserbüschel eines grossen Weisserpinsels vergleichen konnte (Taf. X, Fig. 5); an der Stelle des Kragens hat er einen verhältnissmässig breiten, dunklen Saum von Stiftehen, deren Fort- sätze möglicher Weise die Fasern der Stäbchen vorstellen, und anstatt des Krystallkegels einen trichterartig anschwellenden Kolben. Wir würden demnach zu einem endgültigen Urtheil über die stäbchen- artigen Elemente gelangen können, wenn ich nicht später in den als Krystallkegel bezeichneten Abschnitten Kerne nachgewiesen zu haben glaubte. Eine nochmalige Prüfung freilich derselben Präparate erlaubt mir indess vorläufig nicht, diese Selbstverbesserung zu Gunsten der Joubin’schen Darstellung umzustossen. Der Sehnerv dringt in das Auge von der Seite her am Rande des Pigmentbechers ein (Taf. X, Fig. 3 und 5). Diese Thatsache, welche von mir festgestellt und von Hesse bestätigt wurde, darf als richtig angesehen werden, obwohl Joubin den Nerven die Pigmentkappe des Augen- bechers durchbohrenlässt. Die Sehnerven entspringen am vorderen Um- fang des Gehirns. Nach Marion (No. 124) sollen einige der zahlreichen Augen, welche Eunemertes echinoderma besitzt, durch Aeste der Seiten- stämme versorgt werden. Eine andere wichtige Uebereinstimmung herrscht zwischen Hesse und mir in der Darstellung der Verbindung von Sehnerv und Stäbchen- schicht. Während nämlich Joubin angiebt, dass der Sehnerv das Auge in seiner Längsachse durchzieht und, fast am Rande der vorderen Augen- kammer angelangt, sich zerfasert, und die einzelnen Nervenfibrillen nach rückwärts sich umbiegen, um alsdann zwischen den Stäbchen einzu- dringen, sich hier baumförmig verästelnd, die vom Pigment umgebenen Enden der Stäbchen mit zarten, an variecösen Verdieckungen reichen Zweigen umspinnend, sind wir zu folgenden abweichenden Resultaten gelangt. Der Sehnerv löst sich unmittelbar nach seinem Eintritt in das Auge in seine Fibrillen auf (Taf. X, Fig. 5). Eine jede Fibrille schwillt mächtig an, zu einer spindelförmigen Verdiekung, in die ein ovaler sehr deutlicher Kern eingelagert ist. Diese verjüngt sich in einen faden- förmigen Fortsatz der direct in jenen Abschnitt des Stäbchens übergeht, welcher von mir früher als Krystallkegel und später von Hesse als triehterartig anschwellender Kolben bezeichnet wurde. Freilich sah ich zwischen der Zelle, die in die Nervenfibrille innerhalb des Auges ein- geschaltet ist und ihrer Endigung am Stäbchen noch einen stark tingir- baren, sehr schmalen, spindeligen Kern, welchen auch Joubin bemerkt und als „renflement ovoide, comparable a un noyau de renforcement“ beschrieben hat, den Hesse vermisste (Taf. X, Fig. 6). Ferner ist nach Hesse die Nervenfibrille bedeutend dicker und die von der eingeschalteten Zelle erzeugte Anschwellung geringer, als ich angegeben habe. Die eingeschaltete Zelle wurde von mir als Ganglienzelle gedeutet und bezeichnet, Hesse hingegen fasst das Stäbchen, welches ich für ein 172 Anatomie und Histologie. selbständiges Gebilde hielt, als den Endapparat jener Zelle auf, und er verleiht dieser Ansicht Ausdruck, indem er beide zusammen als kolbige Sehzelle in die Litteratur einführt (Taf. X, Fig 5, ksz). Ausserdem beschreibt Hesse noch einen weiteren Bestandtheil des Auges, welcher weder von Joubin noch mir bemerkt wurde unter dem Namen faserförmige Sehzellen (Taf. X, Fig. 5, fsz). Es sind das Fasern, welche bei Eisenhämatoxylinfärbung eine sehr dunkle Färbung annehmen. Sie verlaufen in der Mitte des Auges der Längsachse parallel, gehen wahrscheinlich vom Sehnerven aus und endigen im Bechergrunde unmittelbar an der Wand des Pigmentbechers, da an diesem Punkte die Stäbchen fehlen. Das gesammte Auge umschliesst eine sehr dünne Membran. Die Benennung und der Zusammenhang der einzelnen Elemente ist im Auge von Drepanophorus nach meinen Untersuchungen also folgender: 1) Vom Gehirn tritt ein Nerv seitlich in das Auge hinein; er löst sich im Auge in Nervenfasern auf; 2) die Nervenfaser tritt im Auge in Verbindung mit einer Gang- lienzelle; 3) die Ganglienzelle sendet einen Fortsatz, der einen spindel- förmigen Kern, den Zwischenkern, in seinem Verlauf enthält, 4) zu einer Stäbchenzelle, die zwischen Pigmentzellen steckt (Bat X SRio:6). Dagegen nach Hesse: 1) Der seitlich in das Auge eintretende Sehnerv löst sich inner- halb desselben in seine Fibrillen auf; 2a) ein Theil derselben tritt in Verbindung mit den faserförmigen Sehzellen, die aus einer sehr feinen Faser, in die ein sehr kleiner Kern eingeschaltet ist, bestehen und im Bechergrunde an der Pigmentwand endigen ; 2b) ein anderer Theil der Fibrillen verbindet sich mit den kolbigen Sehzellen, die aus einer dieken Faser und einer Zelle mit Kern bestehen und einen büschelartigen Endapparat besitzen, der ebenfalls unmittelbar an der Innenwand des Pigmentbechers endigt (Taf. X, Fig. 5). Der Bau des Auges der unbewaffneten Nemertinen scheint einfacher zu sein, indessen herrschen auch über ihn Meinungsverschiedenheiten. Als Untersuchungsobject diente Eupolia. Nach Joubin (1890, No. 215) ist es nicht unerheblich von dem Drepanophorus-Auge verschieden. Die Pigmentzellen und die Schicht der Stäbechen- und Corneazellen verhalten sich wie bei Drepano- phorus. Der Nerv soll ebenfalls von hinten eindringen. Dort, wo er in das Auge eintritt, constatirte Joubin ein Bündel sehr kleiner und in der Mitte des Auges ein solches viel grösserer birnförmiger Zellen. Diese beiden Bestandtheile hat Joubin bei Drepanophorus nicht ge- funden. Nach Hesse weicht das Auge von KEupolia wesentlich nur Sinnesorgane. — Otolithen. 173 durch den Mangel der faserförmigen Sehzellen von demjenigen des Drepanophorus ab (Taf. X, Fig. 4). Es ist schliesslich noch zu betonen, dass sich der Pigmentbecher des Nemertinenauges stets nach aussen öffnet. Wir bemerken bei Formen mit vielen Augen, dass er bald nach oben, bald nach vorn, bald seitlich, bald auch nach hinten sich öffnet. Bei den Tetrastemmen ist es eine ziemlich constante Erscheinung, dass die Pigmentbecher des vorderen Augenpaares sich halb nach der Seite, halb nach vorn öffnen, die des hinteren aber halb nach der Seite, halb nach hinten. Der Pigmentbecher ist also auf alle Fälle nicht nach innen gerichtet. f. Die Otolithen. Bei einigen Metanemertinen, welche dem Genus Ototyphlonemertes angehören, besitzt das Gehirn ein Paar Bläschen, welche Körperchen ent- halten. Sie sind zuerst von Keferstein (1862, No. 97), gleich nachher von Claparede (1862, No. 99) als Otolithenblasen beschrieben worden. Die Otolithenblasen liegen den ventralen Ganglien auf und zwar hinter den dorsalen, also dort, wo sich die ventralen Ganglien, wie das schon Keferstein angab, in die Seitenstämme verjüngen @larzV, Kis, 10, und Taf. X, Rio: 7). Es sind (annähernd) kugelige (0. macintoshi) oder eiförmige Blasen (0. duplex und brumnea). Im letzteren Falle ist der stumpfe Pol nach aussen, der spitze nach innen gekehrt. Die Blasenwand scheint aus concentrischen Lamellen zusammen- gesetzt zu sein. Die Blase enthält, soviel ich mich überzeugte, stets nur einen Körper. Derselbe gleicht entweder einer Hantel (man muss sich das Ver- bindungsstück der Kugeln nur bis aufs äusserste verkürzt denken), O. duplex und brunnea, oder einer Kugelrosette, 0. macintoshi (Taf. X, Fig. 8). Der hantelförmige Otolith besteht aus zwei aneinander gepressten, halbkugelig-linsenförmigen Körpern, der rosettenartige Otolith aber aus vielen kugelförmigen, krystallartigen Körperchen, die ganz regelmässig um ein gemeinsames Centrum gruppirt sind. Somit ist dieser Otolith wohl einem kugeligen, geschliffenen Krystall mit vielen gleichmässigen Kanten zu vergleichen. Der Otolith ist stark glänzend und lichtbrechend. Betrachten wir den hantelförmigen Otolithen mit starken Vergrösserungen, so fällt uns ein Ring auf, welcher zwischen seinen beiden Hälften liegt. Ich beobachtete wie Claparede stets nur je eine ÖOtolithenblase in jeder Gehirnhälfte. Keferstein beschreibt in Wort und Bild zwei Otolithenblasen Jederseits. Beide Autoren haben in jeder Blase mehrere Otolithen beob- achtet; Claparede sagt, es seien meist drei, „die durch schwingende 174 Anatomie und Histologie. Wimpern in zitternde Bewegung“ versetzt wurden. Diese Beobachtung ist nicht bestätigt worden. Histologie. Die Untersuchung der Otolithenblasen an Schnitten lehrte Folgendes betreffs 0. macintoshi. Die Otolithenblasen liegen unmittelbar der Centralsubstanz des ven- tralen Ganglions auf und sind im übrigen rings vom Ganglienzellbelag: derselben umgeben. Sie befinden sich medial im Ganglion. Die Wand der Otolithenblase bildet eine Hülle, in der besonders im Schnitt kreisförmig angeordnete, elliptische Kerne auffallend sind. Der Otolith hat sich bis auf sein Centrum nicht gefärbt, dieses aber tingirt sich lebhaft, denn es ist ein kugeliger Kern. Die Otolithenblase von O. duplex (Taf. X, Fig. 7) ist relativ grösser als die der vorigen Form. Sie legt sich jederseits dicht den Blutgefässen, die in dieser Körperregion unmittelbar neben dem Rhyncho- cölom verlaufen, an und steckt ebenfalls im Ganglienzellbelag des ventralen Ganglions, der sie indess nur lateral und medial umgiebt. Im übrigen ist sie wie die von O. macintoshi gelagert. Auch ihre Blasenwand ist wie dort gebaut. Das Bemerkenswertheste auch an diesem Otolithen ist ein sehr kleiner, kugeliger Kern, welcher zwischen den beiden halbkugelig- linsenförmigen Hälften des Otolithen eingeschaltet ist. Die Wand der Otolithenblase ist bei den von mir untersuchten Formen innen glatt. Sie trägt keine Wimpern. Der rosettenförmige Otolith füllt die Kapsel ziemlich, der hantelförmige nur sehr unvollkommen aus. Von irgend einem die Otolithenblase erfüllenden, die Otolithen um- gebenden Medium habe ich weder im Leben noch an Schnitten bei der einen oder anderen Form etwas erfahren. Die Substanz des Otolithen bleibt auch auf gefärbten Schnitten klar und krystallhell und bewahrt die diesem Gebilde wechselnd typische Form. g. Die terminalen Sinnesorgane am Kopfe. Wahrscheinlich befindet sich bei allen Metanemertinen — zweifellos bei allen Amphiporiden und Tetrastemmen terminal am Kopfe über der Aussenöffnung des Rhynchodäums, ein sehr bewegliches Organ, das bald tief in die Kopfspitze eingezogen eine Grube, bald aus derselben vorgestreckt einen Hügel dar- stellt (Taf. II, Fig. 3 und 9, forg, und Taf. X, Fig. 15). Es ist dasselbe sicher ein Sinnesorgan. Das beweisen die eigen- thümlichen Haargebilde, die es trägt, und die Nerven, welche zu ihm hinantreten. Dass dies Organ eine Fülle von Secretgängen von Drüsenzellen empfängt, wird uns in dieser Meinung von der Natur desselben nicht wankend machen, da ja die Sinnesorgane der Nemertinen oftmals mit Drüsenzellen ausgestattet sind, ich erinnere nur an die Cerebralorgane, in deren Canälen Drüsenzellen stecken, oder die doch die Secretgänge solcher aufnehmen. Sinnesorgane. — Frontalorgane. 175 Eine ähnliche vorstülpbare Kopfgrube oder Frontal- organ habe ich unter den Heteronemertinen bei Eupolia nachgewiesen (Taf. II, Fig. 12). Bei den Lineiden, z. B. bei Mierura und Cere- bratulus, fehlt ein solches einziges Frontalorgan. Wir finden dasselbe aber, wie es scheint, ersetzt durch drei ganz ähnliche Organe (Taf. II, Fig. 1), von denen indessen keins so umfangreich ist, wie das einzige von Eupolia oder der Metanemertinen. Das Frontalorgan der Metanemertinen. Wenn man das Kopfende eines Amphiporus unter dem Deckglas eingeklemmt betrachtet, so wird man an seiner Spitze fortgesetzt einen flachen, relativ umfang- reichen Hügel erscheinen und verschwinden sehen (Taf. X, Fig. 15). Dieser Hügel ist mit borstenähnlichen Gebilden besetzt. Dieselben sind viel dieker und länger als die Cilien des Flimmerkleides des Nemer- tinenkörpers und schwingen auch anders. Man bemerkt, dass, wenn der Hügel verschwindet, eine grubenartige Einsenkung an der Kopfspitze entsteht. An conservirten Thieren con- statirte ich an der Kopfspitze, an der nämlichen Stelle, stets eine Grube. Die Grube, welche eine flaschenförmige Einsenkung bildet, ist ausgekleidet von langen, dünnen Epithelfadenzellen, welche spindelige Kerne führen und die borstenartigen, langen Cilien tragen (Taf. X, Fig. 10 und 11, und Taf. IV, Fig. 6 und 7). Es fehlen im Epithel der Grube Drüsenzellen und dadurch unter- scheidet es sich ausser dem eigenthümlichen Borstenbesatze hauptsächlich vom Epithel der Haut. Indess bahnen sich durch das Epithelder Grube die Secret- geänge der Kopfdrüse ihren Weg nach aussen (Taf. X, Fig. 10). Das Frontalorgan von Eupolia. Das Frontalorgan dieser Gattung (Taf. II, Fig. 12, und Taf. X, Fig. 12 und 12a) habe ich ein- gehend bei Eupolia delineata studirt. Es stellt bei conservirten Thieren eine flaschenförmige Grube dar, welche tiefer und geräumiger ist, als bei irgend einer anderen mir bekannten Nemertine. Man kann an ihr einen Hals, d. i. einen engen Eingang von einer bauchigen Höhle unterscheiden. Die Grube liegt nicht rein epithelial, sondern subepithelial etwas mehr in der Tiefe des Körpergewebes. Der Hals der Grube wird von dem sich etwas einstülpenden Körper- epithel gebildet. Den inneren Raum dagegen kleidet ein besonderes Epithel aus, dessen Zellen sehr dünn sind und spindelige Kerne führen. Zwischen den Zellen dieses Epithels sind nicht, wie im Körperepithel, Drüsenzellen eingelagert, und es fehlen auch am Grunde des Frontal- organs Cutisdrüsenzellen; indessen bahnt sich ein Theil der Secretgänge der Kopfdrüse einen Weg zwischen ihnen hindurch nach aussen. Die Köpfe der Zellen der bauchigen Höhle tragen einen dünneren Wimperbesatz als die des Körperepithels — wahrscheinlich trägt wie bei den Metanemertinen jede Zelle nur eine Cilie — aber derselbe be- steht aus viel längeren Cilien als das Wimperkleid der Haut. 176 Anatomie und Histologie. Ich habe das Frontalorgan von E. delineata am lebenden Thier nur als Hügel beobachtet, indessen zweifle ich nicht, dass es sich wie das der Metanemertinen und das der Lineiden verhält: nämlich aus- und einstülpbar ist. Dafür spricht, dass wir am conservirten Thier dort eine Grube finden, wo wir an der Kopfspitze am lebenden einen Hügel sahen. Die Frontalorgane der Lineiden. Bei Micrura purpurea ge- lingt es leicht, sich auch am lebenden Thier von der Anwesenheit dreier Frontalorgane am Kopfende zu überzeugen (Taf. II, Fig. 1). Dieselben stellen je einen kleinen rundlichen Hügel dar, welcher mit besonders langen Borstenhaaren besetzt ist. Die Hügel sind in höchstem Grade beweglich: sie werden immer- fort bald ausgestreckt, bald eingezogen. Es verhalten sich mithin die drei Frontalorgane von Micrura, was ihre Beweglichkeit anbetrifft, wie das einzige der Metanemertinen. Die drei Frontalorgane stehen im Dreieck an der Kopfspitze, das mittelste befindet sich terminal über der Rüsselöffnung, die beiden anderen sitzen seitlich von ihm. Ich habe die drei Frontalorgane auch bei kleinen Cerebratulen, z. B. ©. aerugatus und cestoides im Leben, beobachtet. Die der letzteren Art gleichen völlig denen von Micrura purpurea, die der ersteren aber sind bedeutend grösser und einander näher gerückt als bei dieser. Am conservirten Thier habe ich diese drei Frontalorgane bei Cerebratulus marginatus studirt. Sie stellen — wie auch bei MM. purpurea alsdann sehr winzige flaschenförmige Grübchen dar, die mit der geringsten Beschädigung der äussersten Kopfspitze verloren gehen. Es scheint so, als ob das mittlere etwas höher liegende Frontalorgan ein wenig umfangreicher wäre als die seitlichen. Am Grunde der Grüb- chen fehlen die Cutisdrüsenzellen, wie wir das auch für das Frontalorgan von Eupolia delineata anmerkten. Der Hals der Grübchen wird vom Körperepithel umgrenzt. Die innere Höhle kleidet ein Epithel aus, das durch die (fast) völlige Abwesenheit von Drüsenzellen charakterisirt ist, und dessen Zellen bedeutend länger und dünner sind als die Epithel- fadenzellen (Taf. X, Fig. 15). Die Zellen tragen viel längere Wimpern als die Fadenzellen des Hautepithels. Das Wimperkleid der Grube ist aber sehr dünn, es ist anzunehmen, dass jeder Zelle nur eine solche lange Wimper aufsitzt. Die Wimper ist am basalen Ende einem dicken, stark hervortretenden länglichen Knöpfchen inserirt. Es ist hervorzuheben, dass auch die Secretstrassen der Kopfdrüse ihren Weg nicht durch die Frontalorgane nehmen, wenigstens sicher nicht bei ©. marginatus, sondern dieht an ihnen vorbei nach aussen ziehen. Musculatur und Innervirung der Frontalorgane. Die Mus- culatur des Frontalorgans besteht, wie das bei den Metanemertinen gut zu constatiren ist, aus Längsfibrillenzügen, die sich vor dem Gehirn über dem Rhynchodäum von dem Längsmuseulaturmantel abspalten, die Kopf- spitze mitten durchsetzen und an das Organ hinantreten. Es ist bei Erklärung von Tafel V. Nervensystem; Gehirn. IV. 1. Spplt. 1. Gehirn von Carinella annulata (Montagu). ca. 35/1. 2 ne „ Cerebratulus marginatus Renier. ca. 85/1. 3 > „ Eunemertes antonina Quatref. 60/1. | n „ Drepanophorus spectabilis (Quatref.) 60/1. 5 y „ Valeneinia blanca Bürg. ca. 35/1. , „ Cerebratulus fuscus (Me Int.). ca. 85/1. E „ Ewupolia delineata Delle Chiaje. 8. Centralsubstanz des Gehirns von Micrura faseciolata Ehrenb. 60/1. 9. Gehirn von Tetrastemma vermiculus (Quatref.). 60/1. 0 3; „ Ototiyphlonemertes macintoshi Bürg. 60/1. Es bedeuten: corg Cerebralorgan, corge Cerebralcanal, coryn Nerven des Cerebralorganes, corgs Sack des Cerebralorganes, le dorsale Gehirneommissur, dy dorsales Ganglion, /n Kopf- nerv, ot Otolithenbläschen, oxdg oberer Zipfel des dorsalen Ganglions, rn Rüsselnerv, sin Schlundnerv, sst Seitenstamm, uzdg unterer Zipfel des dorsalen Ganglions, ve ventrale Gehirncommissur, vg ventrales Ganglion. Alle Figuren nach Bü rger (No. 256). BünrgerN emerlini. corg. Tafel 3: corgs corg 73 zZ 3IIFE, 6 i De 4 Erklärung von Tafel VI. Nervensystem; Gehirn und Seitenstämme. Fig. 1. Carinella polymorpha (Renier). (Querschnitt durch den Kopf aus der vorderen Gehirngegend. ca. 20/1. Carinina grata Hubr. w. v. ca. 15/1. Amphiporus virgatus Bürg. w. v. 18/1. 4—7. Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitte durch den Kopf; 5) aus der vorderen, 4) aus der mittleren, 6) aus der hinteren Gehirnregion; 7) aus der Mund- gegend. ca. 20/1. Su. 9. Lineus geniculatus (Delle Chiaje). Querschnitte durch den Kopf; 8) aus der hinteren Gehirnregion, 9) aus der Gegend der Cerebralorgane. ca. 20/1. 10. Amphiporus virgatus Bürg. Querschnitt aus der Mitteldarmgegend. ca. 20/1. 11. Drepanophorus albolineatus Bürg. w. v. ca. 12/1. 12. Cephalothrix bipunctata Bürg. Querschnitt durch das Vorderende zwischen Gehirn und Mund. 70/1. 2. 6) Ds Es bedeuten: alm äussere Längsmuskelschicht, ag Ausführgang des Hodens, arm äussere Ringmuskelschicht, au Auge, ce Cerebralcanal, ex Üutis, de dorsale Gehirneommissur, dg dorsales Ganglion, dm Diagonalmuskelschicht, ep Hautepithel, gs Grundschicht, gzk Ganglienzellkerne, hod Hoden, im innere Längsmuskelschicht, ern innere Ringmuskel- schicht, kqfe Kopfgefässcommissur, sl Kopfgefässschlinge, %sp Kopfspalte, /m Längs- muskelschicht. m Mund, md Magendarm, mnsa äussere, mnsi innere Muskelnervenschicht, mtd Mitteldarm, mtdt Mitteldarmtasche, nc Neurochord, ozdg oberer Zipfel des dorsalen Ganglions, p Parenchym, rc Rhynchocölom, red Rhynchodäum, rct Rhynchocölomtasche, rgf Rückengefäss, rm Ringmuskelschicht, »2 Rückennerv, rno oberer, rnu unterer Rücken- nerv, rsn Rüsselnerv, sc Seitencanal, sq/ Seitengefäss, sl!g/ Schlundgefäss, sin Schlundnerv, spdr Speicheldrüse, sst Seitenstamm, «2dg unterer Zipfel des dorsalen Ganglions, eg ventrales Ganglion. Alle Figuren nach Bürger (No. 256). vw BürgenNemertini. Tafel 6. \ v \ osly f\ sin \ Ve Glesecke & Deorient w#’ D 7,4 N I ” nd En fa ai B &, . Yarı a u , W, ! r Eu a j > 4 Fast 22 N RT en =. Ü wa [44212400 Erklärung von Tafel VM. Nervensystem; Histologie. Fig. 1. Langia formosa Hubr. Querschnitt durch das Gehirn aus der Gegend der Neuro- chordzellen. ca. 50/1. 2. Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitt durch das Gehirn dicht hinter den Commissuren. 50/1. 3. Drepanophorus spectabilis (Quatref.). Längsschnitt durch das Gehirn in der Höhe der ventralen Commissur. 160/1. 4. Amphiporus pulcher (Johnst.). Stück eines Querschnittes durch die vordere Rüssel- hälfte. 150,1. 5. Amphiporus marmoratus Hubr. Mittlerer Rüsselabschnitt. (Nach dem lebenden, mit Methylenblau injieirten Rüssel gezeichnet.) ca. 20/1. 6. Amphiporus marmoratus Hubr. Aus dem Nervenplexus des hinteren Rüsseleylinders. (Nach dem lebenden, mit Methylenblau injicirten Rüssel gezeichnet.) 7. Cerebratulus marginatus Renier. Seitenstamm. (Nach dem lebenden, mit Methylen- blau injieirten Thier gezeichnet.) 8. Drepanophorus crassus ((Juatref.). Aus dem Nervenplexus des vorderen Rüssel- eylinders. 9. Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitt durch den Seitenstamm aus der Gegend der Excretionsgefässe. 125/1. 10. Cerebratulus lacteus Verrill. Neurochordzelle aus dem Seitenstamm. 11. Lineus gesserensis (0. F. Müller). Ganglienzelle der 3. Art. 12a. Lineus gesserensis (0. F. Müller). Ganglienzelle der 1. Art. 12b. Cerebratulus lacteus Verrill. Zwei Modificationen der Ganglienzellen der 1. Art. 13. w. v. Ganglienzellen der 2. Art. 14, w. v. Querschnitt durch den Faserstamm (die Centralsubstanz des Seitenstammes aus der Vorderdarmregion). 15. Cerebratulus marginatus Renier. Zwei Ganglienzellen aus dem Seitenstamm (Methylenblaufärbung). 16. w. v. Querschnitt durch den Seitenstamm etwas hinter dem Excretionsgefässe. 125/1. 17. Drepanophorus spectabilis (Quatref.. Querschnitt durch den Seitenstamm aus der Mitteldarmregion. Es bedeuten: armr äussere Ringmuskelschicht des Rüssels, das Basis des Angriffsstilets, bgh Bindegewebshülle, dgha äusseres Hüllbindegewebe, dghak Kerne desselben, dghr inneres Hüllbindegewebe, dghr%: Kerne desselben, 52 zwiebelförmige Blase (Ballon), d/nr Nervenring, welcher den Ballon umgiebt, estr Centralstrang, de dorsale Gehirncommissur, dej Ductus ejaculatorius, dg dorsales Ganglion, gz! Ganglienzelltypus I, yz!‘ etwas modificirter I. Ganglienzelltypus, welcher sich an den Kopfspalten ausbreitet, 92? Ganglienzelltypus II, 9? Ganglienzelltypus III, 92% Ganglienzellkerne, hrn hinterer Ringnerv, Arz hinterer Rüssel- cylinder, örmr innere Ringmuskelschicht des Rüssels, % Kern, %%k Kernkörperchen, mnsa äussere Muskelnervenschicht, /mr Längsmuskelschicht des Rüssels, ns/ Muskelfaser, » Nerv, ne Neurochord, nest Strang der Neurochorde, ncz Neurochordzelle, nea äusseres Neurilemma, nebf Nebenfortsatz, nei inneres Neurilemma, nei Wucherungen des inneren Neurilemma, nf Nervenfaser, pa Papillen, r2gst radiale Bindegewebsstränge der Körper- wand, re Rhynchocölom, red Rhynchodäum, rqf Rückengefäss, rm Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs, sn Rüsselnerv, rstt Reservestilettasche, sqf Seitengefäss, söqf Schlund- gefäss, sin Schlundnerv, vc ventrale Gehirneommissur, vg ventrales Ganglion, vorn vorderer Ringnerv, vrz vorderer Rüsseleylinder. Fig. 10—14 nach Montgomery (op. eit. pag. 78). Die übrigen Figuren nach Bürger (No. 256). Bürger; Nemertini. nel “i ICH ge? 1. Gleseche & Deorient © f Ian # a Bd Es x ” 2 ZA fa, 2 sr DT 17h « U a ABA Te Erklärung von Tafel VIU. Peripheres Nervensystem; Bindegewebe. Fig. 1. Cerebratulus marginatus Renier. Querschnitt aus der Gegend der Ausführgänge der Excretionsgefässe. 20/1. 2. Carinina grata Hubr. Hälfte eines Querschnittes aus der vorderen Region der Excretiensgefässe. ca. 35/1. 3—5. Querschnitte durch die vordere Rüsselhälfte. 3) von Cerebratulus marginatus Renier. ca. 100,1; 4) von Carinina grata Hubr. 40/1; 5) von Eupolia delineata Delle Chiaje. ca. 100/1. 6. Querschnitt durch die zwiebelförmige Blase des Rüssels von Amphiporus marmoratus Hubr. ca. 100/1. . Amphiporus marmoratus Hubr. Nervatur der zwiebelförmigen Blase des Rüssels (Methylenblaufärbung). 8. Cerebratulus marginatus Renier. Nervenplexus aus der vorderen Rüsselhälfte (Methylenblaufärbung). 9. Eupolia delineata Delle Chiaje. Rüsselpapille mit durch Methylenblau gefärbten Drüsen- und Nervenzellen. 10. Langia formosa Hubr. Stück von einem Querschnitte aus der Vorderdarmregion. 11. Drepanophorus igneus Bürg. Nervatur von zwei Rüsselpapillen (Methylenblau- färbung). 12. Amphiporus marmoratus Hubr. Nervatur der inneren Muskelschichten der vorderen Rüsselhälfte (Methylenblaufärbung). 13. Drepanophorus crassus (Quatref.). Paarige Ganglienzellen aus der vorderen Rüssel- hälfte; 13a mit, 13b ohne Hülle (Methylenblaufärbung). 14. Cerebratulus lacteus Verrill. Schnitt durch das Lager von Parenchymzellen zwischen Rückengefäss und Rhynchocölom. 15. w. v. Netzwerk von Mesenchymzellen im Pseudocöl. 16. Lineus gesserensis (OÖ. F. Müller). Pigmentirte Bindegewebszellen aus dem Haut- muskelschlauch. 17. Eupolia delineata Delle Chiaje. Drüsenzelle mit Nervenzelle aus dem hinteren Rüsseleylinder. —] Es bedeuten: alm äussere Längsmuskelschicht, almr äussere Längsmuskelschicht des Rüssels, arm äussere Ringmuskelschicht, da% Bindegewebskern, cu Cutis, binr Ringnerv des Ballons, estr Centralstrang, dem dorsoventrale Musculatur, ep Epithel der Haut, exgf Exeretions- gefäss, exgfd Ausführgang des Excretionsgefässes, ewugfz Zweige des Excretionsgefässes, exp Exceretionsporus, qfe Gefässcommissur, /rn hinterer Ringnerv, gs Grundschicht, 42 Ganglienzelle, ©!m innere Längsmuskelschicht, öZmr innere Längsmuskelschicht des Rüssels, irm innere Ringmuskelschicht, %® Kern, In Längsmuskelschicht, /mr Längsmuskelschicht, msk Musculatur , zmskr 1 und 2 obere und untere Muskelkreuzung, mnsa äussere Muskel- nervenschicht, nvz Nervenzelle, p Parenchym, pa Papille, p2 Parenchymzelle, » Rüssel, rc Rhynchocölom, resgf Rhynchocölomseitengefäss, rerm Ringmuskelschicht des Rhyncho- cöloms, repa äusseres Rüsselepithel, »ep& inneres Rüsselepithel, rqf Rückengefäss, rm Ring- muskelschicht, rn Ringmuskelschicht des Rüssels, »no oberer Rückennerv, rns Rüssel- nervenschicht, rn& unterer Rückennerv, rsn Rüsselnerv, sqf Seitengefäss, siqf Schlundgefäss, sin Schlundnerv, sine Commissur der Schlundnerven, sst Seitenstamm, »d Vorderdarm, vdep \Vorderdarmepithel. Fig. 14—16 nach Montgomery (op. eit. pag. 75), die übrigen Figuren nach Bürger (No. 256). (Fig. 2 und 4 nach Präparaten von H. Prof. Hubrecht.) Bürger;Nemertini. | Tafel 8. mnsa jr % 23 Br < r “. F= ’ e ® & N Ze 1 me Er De X: Zu,8 | » ® ß Sinnesorgane. — Neuroepithelzellen. 177 Drepanophorus crassus ein einziger dicker, auffälliger, in nur wenig schräger Richtung von der Oberfläche des Kopfes zu seiner äussersten tiefer gelegenen Spitze ziehender Muskelstrang (Taf. IV, Fig. 7). Die Innervirung der Frontalorgane erfolgt vom Gehirn aus. Zum Frontalorgan eines Amphiporus sah ich einen feinen Nerven hinantreten, der in der Medianebene in der Kopfspitze verlief; über seinen Ursprung am Gehirn bin ich mir indessen nicht klar geworden. Es ist möglich, dass derselbe von Anfang an unpaar ist, es ist aber wahrschein- lich, dass derselbe erst in der Kopfspitze unpaar wird, indem sich je zwei von jeder Gehirnhälfte abgehende Nerven vereinigen. Im ersten Fall müsste der Nerv von der dorsalen Hirnecommissur seinen Ursprung nehmen. Bei Cerebratulus marginatus habe ich die Spitze eines Kopfnerven, über dessen Ursprung am Gehirn ich gleichfalls nichts anzugeben weiss, bis an das mittlere Grübchen verfolgt. h. Neuroepithelzellen. Wie wir bereits in dem über die Haut handelnden Capitel erwähnten, stecken im Hautepithel Zellen, welche sich von den Hautfadenzellen vor- nehmlich dadurch unterscheiden, dass sie nicht einen Cilienschopf, sondern ein einziges borstenartiges Haar tragen. Es sind diese Zellen äusserst dünn und nicht am Rande des Epithels triehterförmig erweitert, sondern zugespitzt. Sie besitzen nur eine ganz geringfügige Anschwellung in ihrer äusseren Hälfte, dort, wo der ihnen eigenthümliche sehr schlanke spindelige Kern — derselbe ist viel dünner und stärker tingirbar als derjenige der Hautfadenzellen — geborgen ist. Die feine Spitze läuft in die Borste aus (Taf. III, Fig. 12). Man sieht die Borsten leicht an lebenden Metanemertinen, z. B. Amphiporen, Drepanophoren und Tetrastemmen. Sie sind nämlich be- deutend dieker und länger als die Cilien der Schöpfe der Hautfadenzellen, die den Wimperpelz bilden (Taf. X, Fig. 14). Sie haben auch eine andere Bewegung als diese. Sie bewegen sich unregelmässig — schein- bar willkürlich. Es befinden sich diese Borsten, welche die grösste Aehnlichkeit mit denen des Frontalorgans haben, vor Allem sehr zahlreich in der nächsten Nachbarschaft desselben an der äussersten Kopfspitze (Taf. X, Fig. 14). Ferner bemerkt man sie auch sonst am Kopfe zerstreut etwa bis in die Gehirngegend hinein. Dagegen scheinen sie dem gesammten Rumpfe zu fehlen. Am Schwanzende dagegen erscheinen sie wiederum in der Nähe des Afters, wenn auch nur vereinzelt. Den Zusammenhang dieser Zellen mit Nervenfasern habe ich zwar nicht festgestellt, dennoch halte ich sie für nichts anderes als Sinnes- zellen mit Rücksicht auf ihre Gestalt, das ihnen eigene Borstenhaar und die Orte, wo sie auftreten, nämlich die tastenden Enden des Nemertinen- körpers. Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Suppl. 12 178 Anatomie und Histologie. Ich habe diese Sinneszellen bei Tetrastemma coronatum an Schnitten durch den Kopf gut erkennen können. S. Der Verdauungsapparat besteht aus einem geraden Rohr, dem Darmtractus, das vom Kopfe bis zum Schwanzende reicht (Taf. II, Fig. 1) und sich vorn entweder vor dem Gehirn mittels einer sehr feinen Mundöffnung subterminal ventral öffnet (Taf. IV, Fig. 7) oder in das Rhynchodäum einmündet, nunmehr durch die Rüsselöffnung mit der Aussenwelt communieirend (Taf. IV, Fig. 6), oder hinter dem Gehirn mittelst eines meistens ziemlich grossen Mundes an der Bauchfläche seinen Eingang besitzt (Taf. IV, Fig. 1). Hinten gewährt dem Darmtraetus der terminal oder fast terminal dorsal gelegene After einen Ausgang. Der Darmtractus besitzt, wenn wir von dem Speicheldrüsenringe am Mundrande absehen, keinerlei drüsige Anhangsorgane. Trotz der einfachen anatomischen Verhältnisse, welche der Darmtraectus der Nemertinen darbietet, ist er erst vor einigen Decennien in seinem Bau richtig erkannt worden. Die zahlreichen Irrthümer, in welche die älteren Zoologen bei seiner Beschreibung verfallen sind, haben vornehmlich darin ihren Grund, dass sie Rüssel und Darm nicht auseinanderzuhalten vermochten. OÖ. Fr. Müller 1771 (No. 4) sah bei verschiedenen Arten den Mund, wusste aber von dem Innern der Nemertine nichts anderes zu berichten, als dass sich dureh die Mitte ihres ganzen Körpers ein sehr deutliches, ziegelrothes Gedärm schlängelt. ©. Fabrieius 1798 (No. 12), welchem der eigentliche Darmcanal entging, nahm den hinteren Theil des Rüssels als Darm in Anspruch und lässt diesen Abschnitt durch den After sich nach aussen öffnen, während er als Aussenöffnung des vorderen Rüssel- abschnittes den Mund deutet. Darin folgte ihm striete Jens Rathke (1799, No. 15) nach und später Dujes 1828/30 (No. 31 und 32), mit der Modi- fication, dass er als Mund die Rüsselöffnung erklärte. Cuvier 1817 (No. 23) erkannte zwar den Darmeanal, verwechselte aber Mund und After miteinander. Inzwischen hatte Delle Chiaje 1825 (No. 25) den Darm- canal mit seinen Oeffnungen richtig erkannt und sogar zwei Abschnitte an ihm unterschieden, nämlich einen vorderen muskulösen und einen hinteren, der durch eine Reihe von Taschen gekennzeichnet ist, die einander segenüberliegen. Blainville’s Darstellung 1828 (No. 30) stimmt mit dieser überein, lässt aber den Rüssel ausser Acht. Auch F. S. Leuckart 1830 (No. 27) und Huschke 1830 (No. 33) verdanken wir Darstellungen, welche den wirklichen Verhältnissen entsprechen. Ersterer weisst wiederum auf die Gliederung des Darmtractus hin. Ehrenberg 1831 (No. 34) nahm den Rüssel für den Darm und die Rüsselöffnung als Mund in Anspruch, deutete aber den wahren Mund als Geschlechtsporus. Auch Quatrefages 1846 (No. 54), dessen Untersuchungen für die Nemertinenforschung sehr bedeutungsvoll waren, verfällt in der Deutung Verdauungsapparat. Historische Einleitung. 179 von Darm und Rüssel in die Irrthümer, welche von Fabricius und Dujes herstammen. Nachdem er den Rüssel in allen seinen Theilen als Darmtractus gedeutet hat, beschreibt er die mit den Taschen versehenen Seitentheile des Darmes als Geschlechtsorgane. Den medianen Theil des Darmtractus hat Quatrefages völlig übersehen. Mit Ehrenberg hält er den Mund für die Geschlechtsöffnung. Der Auffassung von Quatrefages schlossen sich Blanchard 1849 (No. 62) und Diesing 1850 (No. 65) an, während ihr Frey und Leuckart 1847 (No. 56), Siebold 1848 (No. 61), M. Schultze 1851 (No. 71) und Keferstein 1862 (No. 97) nachhaltig entgegentraten. Frey und Leuckart gebührt das Verdienst, Darmtraetus und Rüssel richtig erkannt und im Anschluss an Rathke richtig gedeutet zu haben. Besonders ist hervorzuheben, dass sie die Oeffnungen beider Organe richtig bestimmten und beim Darme die Seiten- taschen sahen, welche sie zutreffend für Ausstülpungen seines medianen Theiles erklärten. Trotz dieser Untersuchungen verfiel van Beneden 1561 (No. 96) wiederum in einen Irrthum in seiner Beschreibung des Nemertinendarmes. Denn nach ihm soll der Darm ein gerades kKohr ohne Aussackungen vorstellen, aber jederseits neben demselben ein besonderes Organ „die Leber“ gelagert sein. Das sind in Wahrheit die Darmtaschen. Wie überall in seinen Ausführungen verräth Williams 1852 (No. 72) auch in seiner Darstellung des Darmes und Rüssels eine grosse Confusion. Er hält den Rüssel für den Darm und giebt diesem als After die wirkliche Mundöffnung. Den wahren Darm nimmt er als eine besondere Verdauungs- cavität in Anspruch. Durch v. Kennel 1877 (No. 146), Graff 1879 (No. 155), Salensky 1554 (No. 187) ist zuerst darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei gewissen bewafineten Nemertinen Mund- und Rüsselöffnung zusammen- fallen, ein Verhalten, welches, wie später erkannt wurde, die Mehrzahl der Metanemertinen charakterisirt. Ferner haben v. Kennel 1877 (No. 146), Hubrecht 1887 (No. 204) auf einen Blinddarm hingewiesen, welchen der Mitteldarm nach vorn unter den Vorderdarm ausstülpt. Er findet sich nur bei den Meta- nemertinen. Ueber den Bau der Darmwand weiss Keferstein 1562 (No. 97) noch nicht mehr zu berichten, als dass sie aus einer äusseren structurlosen Haut und einer wahrscheinlich aus Zellen sich zusammensetzenden fein- körnigen Belagmasse besteht, die Cilien trägt und grosse Blasen enthält. Diese Blasen, welche wiederum aus einer Summe von Kügelchen gebildet sind und aus dem verletzten Darmepithel in Menge hervorbrechen, hielt Me Intosh 1873/74 (No. 125) irrthümlich für Zellen („compound cells“) Von Kennel hat die Elemente des Darms bei Malacobdella isolirt. Er macht auf den bedeutenden Unterschied im Epithel von Schlund und Mitteldarm aufmerksam und unterscheidet in letzterem ausser Zellen, welche sehr lange, aber äusserst feine Cilien tragen und deren Protoplasma neben gefärbten Concerementen viel Fett in äusserst feiner Vertheilung enthält, 122 180 Anatomie und Histologie. Drüsenzellen. Graff 1879 (No. 155) bringt eine richtige Deutung der Veränderungen, welche das Epithel des Mitteldarms während seiner Verdauungsthätigkeit erleidet. Durch Hubrecht 1874 (No. 132) und 1887 (No. 204), Dewoletzky 1880 (No. 169), Joubin 1890 (No. 215), Montgomery 1895 (No. 250) und auch meine Untersuchungen 1890 (No. 217) und 1895 (No. 256) sind die histologischen Verhältnisse des Darmes weiter geklärt worden. 1. Lage und Abschnitte des Darmtractus und seine Gestalt. Der Darm der Nemertinen gleicht in seiner einfachsten Form einem geräumigen Rohre, das vorn umgebogen ist und sich hier mit einer weiten Oeffnung öffnet, nach hinten aber verjüngt und g„leichfalls mit einer Öefinung, die indess sehr klein ist, abschliesst. Man wird an diesem Rohre keine Abschnitte wahrnehmen, es ist in seiner ganzen Länge gleichförmig (Taf. IV, Fig. 2). Derart ist das Darmrohr von Carinella beschaffen, welches sich vorn ventralwärts umbiegt und durch den grossen Mund mit der Aussenwelt communieirt und sich hinten mittelst des sehr kleinen Afters öffnet. Indem im mittleren und hinteren Körperabschnitt auf das eylindrische Darmrohr von den Seiten her einander gegenüberstehende Gewebsplatten in bestimmten Abständen einwachsen, drängen sie die Seitenwandungen des eylindrischen Darmrohres in ebendenselben Abständen zusammen. Infolgedessen wird das cylindrische Darmrohr regelmässig eingebuchtet. Es wechseln geräumige und verengte Darmabschnitte miteinander ab (Taf. II, Fig. 1 und 2). Das ist bei den meisten Nemertinen der Fall, nämlich allen Meso- und Heteronemertinen und den Metanemertinen mit Ausnahme von Malacobdella, ferner unter den Protonemertinen bei Carinina und Hubrechtia. Die Darmtaschen werden um so tiefer, je mehr die metameren Gewebs- platten sich der Medianebene nähern. Seine höchste Ausbildung hat dieser Process bei Langia und Drepanophorus erfahren (Taf. VI, Fig. 11). Die Darmtaschen sind bei verschiedenen Amphiporen z. B. mässig bei A. pulcher (Taf. XIIL, Fig. 6), reichlich bei A. laetifloreus (vgl. No. 125, tab. 14, fig. 3) und bei Pelagonemertes verästelt (Taf. II, Fig. 2 u. 10). Im vorderen Körperabschnitt sieht der Darmtractus bei den Hetero- nemertinen ebenso aus wie bei Carinella. Wir nennen den ungegliederten vorderen Darmabschnitt Vorderdarm und den gegliederten, welchen die mittlere und hintere Körperregion einschliesst, Mitteldarm. Am Mitteldarm bezeichnen wir den medianen röhrenförmigen Theil als axiales Rohr und die durch die Gliederung des peripheren zu Stande gekommenen Ausstülpungen als Darmtaschen. Auch bei den Metanemertinen haben wir einen Vorder- und Mittel- darm zu beachten. Dicht vor dem After hören die Darmtaschen auf und das nun sehr enge Darmrohr besitzt dann keinerlei Ausstülpungen mehr. Wir können Verdauungsapparat. Lage und Abschnitte. 151 diesen analen Abschnitt als Enddarm vom Mitteldarm absondern. Seine Ausdehnung ist ausser bei Carinoma sehr unbedeutend, Der Darmtractus liegt stets innerhalb der Leibesmuskulatur im Leibesparenchym unter dem Rhynchocölom (Taf. IV, Fig. 12 und 18). Er reicht vom Kopf bis zum äussersten Schwanzende und bildet niemals Schlingen. Bei allen Nemertinen mit Ausnahme von Malacobdella verläuft der Darm vom Munde bis zum After völlig gestreckt. Bei Malacobdella da- gegen ist der Darm geschlängelt (Taf. II, Fig. 11). Der Mund der Proto-, Meso- und Heteronemertinen, mit einem Worte, der waffenlosen Nemertinen, befindet sich stets hinter dem Gehirn, also niemals an der Kopfspitze (Fig. XIV und XV). In der Regel aber liegt er ganz dicht hinter dem Gehirn, bisweilen noch unter den Cerebralorganen, oder ist nur ein wenig von ihnen nach hinten entfernt. Er öffnet sich immer an der Bauchfläche. Bei Cephalothrix (mit Ausnahme von (©. signata) ist der Mund ausser- ordentlich weit nach hinten gerückt; er liegt nämlich etwa 5 mal so weit vom Gehirn entfernt als dieses von der Kopfspitze. Auch bei Lineus lacteus hat er sich auffallend weit vom Gehirn nach hinten gelagert. Der Mund bildet bald eine sehr feine, rundliche Oefinung wie bei Cephalothrix, bald ein grösseres, rundes Loch wie bei Carinella, Eupolia und vielen anderen Heteronemertinen, bald aber einen mitunter sehr langen Längsschlitz, welcher bei manchen Cerebratulen und Lineen über 1 cm misst. Der Mund der Metanemertinen liegt stets vor dem Gehirn, indess niemals terminal, sondern immer hinter der Rüsselöffnung , also subterminal und ventral. Er ist in allen Fällen ganz ausserordentlich klein (Fig. XV]). Während aber der Mund der Proto-, Meso- und Metanemertinen immer direct nach aussen mündet, öffnet er sich bei den Metanemertinen seltener unmittelbar nach aussen, sondern fällt entweder mit der Rüssel- öffnung zusammen — dann nimmt meist eine kleine Hauteinstülpung, eine Art Atrium, Rüssel und Mundöfinung auf, — oder der Mund öffnet sich in das Rhynchodäum, bald mehr am Ende, bald mehr am Anfang dieses Rohres, also dieht vor der Insertion des Rüssels (Fig. XVII). Bei Malacobdella aber wird man sicher nicht sagen, der vorderste Darmabschnitt münde in das Rhynchodäum ein, sondern der Rüssel münde unmittelbar in den vordersten Darmabschnitt — von einem Rhynchodäum aber ist nichts zu bemerken (Fig. XVIII). Eine äussere Mundöffnung ist nur bei einer geringen Anzahl von Metanemertinen vorhanden. Sie findet sich stets bei den Drepanophoren. Sie liegt dort dicht hinter der Rüsselöffnung (Taf. IV, Fig. 7). Dagegen fällt sie mit der Rüsselöffnung zusammen, beziehungsweise der Oesophagus öffnet sich in das Rhynchodäum bei Eunemertes, Nemertopsis (Taf. IV, Fig. 4), Ototyphlonemertes, Prosadenoporus (Taf. IV, Fig. 6), Prosorhochmus, Geonemertes, den meisten Amphiporen und wahrscheinlich allen Tetra- 182 Anatomie und Histologie. Id stemmen und Oerstedien. Eunemertes gracilis bietet ein schönes Beispiel dafür, dass sich der Oesophagus dicht vor der Rüsselinsertion in das Rhynehodäum öffnet. Der innere Mund befindet sich natürlich in der ventralen Wandung des Rhynchodäums. Der After ist stets sehr fein. Er fehlt keiner Nemertine und liest am hinteren, aber nicht immer am hintersten Ende des Thierkörpers, und bei denjenigen Nemertinen, welche einen Appendix besitzen, in der Nähe seiner äussersten Endspitze. M Bi ELEREL 7 > vd en ep Fig. XTV—XV. Medianschnitte durch das Vorderende von zwei Heteronemertinen. (In beiden fehlt der Rüssel.) Fig. XIV. Eupolia curta. Fig. XV. Valeneinia longirostris. Es bedeuten: cu, Cutis; r, Ansatz des Rüssels. — Bedeutung der übrigen Abkürzungen wie auf der folgenden Seite. Man sagt allgemein, der After der Nemertinen liege terminal. In der That, er scheint bei vielen Nemertinen, z. B. den Carinellen, Lineen, Amphiporen, Eunemertes- und Tetrastemma-Arten diese Lagerung zu haben. Bei manchen Formen indess tritt es deutlich hervor, dass der Darm sich hinten nicht mit einem völlig terminal gelegenen After nach aussen öffnet, sondern der After sich ein wenig vom hintersten Ende des Körpers entfernt hat und nunmehr an der Rückenfläche des Thierkörpers gelegen ist. Seine dorsale Lage tritt besonders deutlich Verdauungsapparat. Lage und Abschnitte, 183 bei Malacobdella hervor, wo er sich ziemlich weit vor dem hinteren Ende des Thierkörpers über der Saugscheibe befindet (Fig. XIX). Fig. XV1. de Um H SD = SS 6) I ' SE Er aut 065 IVO NTUTCGEENOETENTEEEETETTTTRNTTIGTTETETNNGEENEN _ _ r IUIIDECNDUTTREIEEENTENEEEINGTNFETLEIEETEERETEIEITFTSIEEIETTUN —--PC vd vd Fig. XVI—XVII. Medianschnitte durch das Vorderende verschiedener Metanemertinen. Fig. XVI. Nemertopsis peronea. Fig. XVII. Amphiporus virgatus. Fig. XVII. Malacobdella grossa. Es bedeuten: atr, Atrium; bld, Blinddarm; de, dorsale Gehirn- commissur; ep, Epithel; Adr, Kopfdrüse; gr, Kopfgrube; ksl, Kopfgefässschlinge; m, Mund; md, Magendarm; mtd, Mittel- darm; py, Pylorusrohr; r, Rüssel; re, Rhynchocölom; red, Rhyn- chodäum; röf, Rüsselöffnung; rtr, Retraetor; slöf, Oeffnung des Oesophagus in das Rhynchodäum; ve, ventrale Gehirn- commissur; vd, Vorderdarm. Bei Cerebratulus marginatus befindet sich der After am Ende des Appendix, aber nieht völlig terminal, denn es ragen über ihn die Enden 154 Anatomie und Histologie. der Seitenstiämme und die hintere Vereinigung der Blutgefässe hinaus. Bei einer von mir angefertigten Querschnittserie des Appendix dieser Art constatirt man die Afteröffnung im neunzehnten Schnitt vor seinem Ende. Da jeder Schnitt 0,01 mm dick ist, so berechnet sich die Entfernung des Afters von der Endspitze des Appendix auf 0,19 mm. Wiederum öffnet sich der After an der Rückenfläche des Thierkörpers, von dem der Appendix nach dem, was er ent- hält, nicht einen Anhang, sondern das stark verjüngte Ende darstellt. Die beiden angeführten Bei- spiele aber scheinen mir darzu- legen, dass der After der Nemer- tinen nicht völlig terminal, sondern fast terminal dorsal aus- mündet. Der Vorderdarm. Obwohl, wie wir ausdrücklich hervorhoben, bei Carinela am Darmtractus äusserlich keine zwei Abschnitte wie bei allen übrigen Nemertinen zu unterscheiden sind, werden wir dennoch auch bei dieser Gattung von einem Vorder- und Mittel- > darm reden und damit Darmab- Mediauschnitt durch das Hinterende von Sehnitte ins Auge fassen, welche Malacobdella grossa. dem Vorder- und Mitteldarm der Es bedeuten: a, After; ac, Analcommissur der anderen Nemertinen entsprechen. Seitenstämme; d, dorsal; drz, Drüsenzellen; Tjnser Vorgehen wird in erster ep, Epithel; en sn, Saugnapf; Linerdnrch histologische Yerhalı N nisse gerechtfertigt, in Folge welcher sich bei Carinella ein vorderer, dem Vorderdarm der Heterone- mertinen ganz entsprechender Darmabschnitt, in einen Gegensatz zum übrigen Darmtractus setzt. Letzterer weist dieselben histologischen Ver- hältnisse auf wie der Mitteldarm der mit Darmtaschen ausgestatteten Nemertinen. Ersterer stimmt hinsichtlich jener im Wesentlichen mit dem Vorderdarm dieser überein. Der Vorderdarm der Proto-, Meso-, und Heteronemertinen stellt einen Cylinder dar, welcher im allgemeinen vorn ebensoweit wie an seinem hinteren Ende, aber in der Regel enger als der Mitteldarm in seinem vorderen Abschnitt ist (Taf. II, Fig. 1). Vor allem erscheint der Vorderdarın dorsoventral stark zusammen- gedrückt und zwar infolge des bedeutenden Umfanges, welchen das Rhynchocölom im Vorderkörper besitzt (Taf. IV, Fig. 12). Die Länge des Vorderdarms ist immer bei den Proto-, Meso- und Fig. XIX. nd d KR Verdauungsapparat. Lage und Abschnitte. 155 Heteronemertinen viel bedeutender als bei den Metanemertinen. Durch einen auffallend kurzen Vorderdarm macht sich Eupolia bemerklich. Der Vorderdarm liegt dicht unter dem Rhynchocölom und wird, wo ein solcher vorhanden, mit diesem vom inneren Ringmuskeleylinder um- schlossen (Carinina, Carinella und Carinoma). Dann verengt sich der Vorderdarm sammt dem Rhynchocölom im hinteren Abschnitt infolge einer Verdickung, welche in dieser Gegend die innere Ringmuskelschicht erfährt, ganz ausserordentlich (Taf. IV, Fig. 14). Es tritt diese Erscheinung weniger bei Carinella (hier noch am merklichsten bei ©. linearis), als bei Carinina und vor allem bei Carinoma hervor. Bei dieser merkwürdigen Nemertine ist der Vorderdarm innerhalb der Verdickung der inneren Ringmuskelschicht mindestens um das fünffache enger als vor der An- schwellung jener (Taf. IV, Fig. 22). Die genaue hintere Grenze des Vorderdarms der Proto-, Meso- und Heteronemertinen lässt sich schwer allgemein kennzeichnen. Er überragt stets die Nephridien nach hinten. Bei manchen Formen aber, z. B. bei Carinella und Carinoma, ist sie ganz scharf zu bestimmen, da er hier mit der inneren Ringmuskelschicht zugleich aufhört. Ganz anders wie der Vorderdarm der Proto-, Meso- und Hetero- nemertinen ist derjenige der Metanemertinen beschaffen (Fig. XX). Fig. XX. nn, a EEE unan —— 1. mid wor Dr LH md Schema vom Darmtractus einer Metanemertine. Es bedeuten: «a, After; bild, Blinddarm; md, Magendarm; mtd, Mitteldarm ; oes, Oesophagus; py, Pylorusrohr; pyöf, Oeft- nung des Pylorusrohres in den Mitteldarm; r, Rüssel; re, Rhyn- chocölom; red, Rhynchodäum; röf, Rüsselöffnung; rtr, Retractor des Rüssels; slöf, Mündung des Oesophagus in das Rhynchodäum. Der sehr kleine Mund der Metanemertinen öffnet sich in ein sehr feines Rohr, das sich bis zum Gehirn oder etwas über dasselbe hinaus nach hinten erstreckt (Fig. XV]). Hinter oder schon unter dem Gehirn weitet sich dieses feine Rohr, das ich Oesophagus nennen will, mächtig aus und schwillt zu einem kugelförmigen oder länglichen Ballon an, der hinter dem Gehirn das Leibesinnere völlig ausfüllt, den anderen Organen kaum Platz lassend klar. IV, Hie. 6). Dieser Ballon, welchen ich als Magen oder Magendarm bezeichne, zieht sich hinten wieder in ein feines, oft sehr langes Rohr aus, welches in den Mitteldarm einmündet. Dieses werde Pylorusrohr genannt. 186 Anatomie und Histologie. Am wenigsten scharf ist bei vielen Metanemertinen der Oesophagus vom Magen gesondert, indem sich jener gleich hinter der Mundöffnung, also noch vor dem Gehirn stark ausweitet und ganz allmählich zum Magen anschwillt (Fig. XVI). Ueberdies zeigt dann meist die Zellenauskleidung des Oesophagus schon dicht hinter der Mundöffnung die der Magenwand eigenthümlichen histologischen Verhältnisse und jene mächtigen Falten, die ebenfalls für die Wand des Magens charakteristisch sind. Wir werden bei Formen wie Amphiporus marmoratus, welche derartige Verhältnisse aufweisen, auch nicht von einem Oesophagus reden können, sondern sagen müssen, es öffnet sich der Magendarm direct in den Mund. Bei anderen Amphiporiden, einigen Geonemertes-Arten und z. B. auch Tetrastemma eilhardi kann man von einem Oesophagus nicht reden, da sich der Magendarm direct in das Rhynchodäum öffnet. Bei Metanemertinen indessen wie Drepanophorus spectabilis geht der Mund, welcher sich frei nach aussen Öffnet, in ein sehr feines Röhrchen über, das, ohne an Durchmesser zuzunehmen, sich bis hinter die Cerebral- organe fortsetzt. Erst hinter diesem schwillt es fast ohne Uebergang stark an oder es mündet, wie wir uns auch ausdrücken dürfen, in den Magendarm. Der Magendarm sieht oft kuglig, elliptisch oder selbst spindelförmig aus (Taf. II, Fig. 3 und Taf. XIII, Fig. 6). Nur selten zeigt er eine derartig lang gestreckte Form wie bei Otothyphlonemertes, welche sehr an die des Vorderdarms der drei ersten Ordnungen der Nemertinen erinnert. Das Pylorusrohr ist ein fast gleichmässig enges, das sich aus dem Magendarm nach hinten fortsetzt, schliesslich noch mehr verjüngt, durch seine Endspitze mit dem Mitteldarm in Verbindung tritt und eine Communi- cation zwischen Magen und Mitteldarm herbeiführt. Das Pylorusrohr ist oft. doppelt so lang als der Magen (z. B. Eunemertes gracılis). Es verläuft dicht unter dem RKhynchoeölom. Der ungegliederte Mitteldarm von Carinella stellt hinter dem Rhyncho- cölom ein meist völlig eylindrisches Rohr dar, sofern es nicht durch (Geschlechtsproducte beengt wird. Es verjüngt sich allmählich im gleichen Verhältniss mit dem Thierkörper nach hinten und erfüllt den von der Körperwand umschlossenen Raum ziemlich ganz. Der Mitteldarm von Carinina und Cephalothrix ist gegliedert, aber es ist noch nicht eigentlich zur Bildung von Taschen, sondern nur von mehr oder minder tiefen Buchten gekommen. Die metameren Aus- buchtungen sind mit vollem Recht als die Vorläufer der Taschen am Darm anzusehen. Der Mitteldarm stellt immer die direete Fortsetzung des Vorderdarms bei den Proto-, Meso- und Heteronemertinen dar. Ja, es findet scheinbar ein allmählicher Uebergang zwischen diesen beiden Darmabschnitten statt, indem die Taschen des Mitteldarms (bei vielen Cerebratulen ist das sehr auffallend) allmählich von vorn nach hinten an Tiefe zunehmen und dementsprechend der Unterschied zwischen Vorder- und Mitteldarm weiter Verdauungsapparat. Lage und Abschnitte. 187 hinten viel schärfer sich geltend macht, als gleich am Anfang des Mittel- darms. Dennoch ist der Uebergang von Vorder- und Mitteldarm ein ziemlich schroffer, selbst bei Carinella, indem das Epithel sich verändert. Bei allen Formen der Proto-, Meso- und Heteronemertinen sind, sofern sie einen gegliederten Darm besitzen, am Mitteldarm zwei Abschnitte zu unterscheiden, nämlich ein vorderer mit weitem axialem Rohr und kurzen Taschen, ein mittlerer und hinterer mit engem axialem Rohr und sehr langen Taschen (Taf. II, Fig. 1). Die Darmtaschen können, wie das bei den höheren Heteronemer- tinen, den Lineiden, der Fall ist, 3—4 mal an Länge (Tiefe) den Durch- messer des axialen Rohres übertreffen. Mit der Zunahme der Entwicklung ihrer Tiefe scheiden sich die Darmtaschen immer mehr von dem axialen Darmrohr ab, sie weiten sich peripher mächtig aus und communiciren nun mit dem axialen Rohr nur noch durch eine relativ enge Oefinung. Das axiale Rohr liegt unter dem Rhynchocölom, beziehungsweise unter dem Rückengefäss. Die Darmtaschen liegen in den Seiten des Körpers und heben sich bis an die Rückenwand des Thierkörpers hinauf, sie alterniren mit den Geschlechtssäcken und den dorsoventralen Muskel- zügen. Die metameren Blutgefässcommissuren correspondiren mit den Darmtaschen, was ihre Lage anbetrifft (Taf. IV, Fig. 8 u. 11 und Taf. VI, Fig. 10) und bei Drepanophorus auch die Rhynchocölomtaschen (Taf. XIII, Fie. 5). Der Mitteldarm der Metanemertinen stellt nicht die Verlängerung des Vorderdarms, d. h. des Darmabschnittes, den wir in Oesophagus, Magen und Pylorusrohr gliederten, dar. Er gleicht vielmehr einem nach vorn mässig, nach hinten bedeutend verjüngten Hohlkörper, der hinten mittelst einer feinen Oeffnung, des Afters, endigt, vorn aber blind ge- schlossen ist (Fig. XX). In denselben mündet das Pylorusrohr ein, aber nicht etwa in seine vorderste Spitze, sondern beträchtlich weiter hinter dieser. Es durchbricht nämlich die dorsale Wand des Mitteldarms genau in der Medianebene des Thierkörpers; aber der Pylorusmund liegt, wie gesagt, nicht an der Spitze, sondern viel weiter hinten am Mitteldarm. Durch diese Art der Einmündung des Pylorusrohres in den Mitteldarm wird am Mitteldarm der vor dem Pylorusmunde gelegene Abschnitt zu einem Blindsack (Taf. II, Fig. 3). Wir werden demgemäss am Mitteldarm der Metanemertinen als Mittel- darm den sehr langen Abschnitt, welcher vom Pylorusmund bis zum After reicht, bezeichnen, das kürzere Ende desselben aber, welches sich vom Pylorusmunde nach vorn, eventuell bis zum Gehirn, unter Magen und Pylorusrohr liegend, erstreckt, Blinddarm nennen. Es sei gleich angemerkt, dass im Bau von Mittel- und Blinddarm im allgemeinen keine wesentlichen Unterschiede zu verzeichnen sind. 188 Anatomie und Histologie. Auch der Mitteldarm der Metanemertinen zeigt eine verschieden- artige Ausbildung der Taschen. Bei Formen wie Eunemertes und Nemertopsis sind dieselben weniger tief als bei Tetrastemma, Amphiporus und vor allem Drepanophorus. Bei D. albolineatus z. B. sind die Taschen des Mitteldarms 6—7 mm lang, der Durchmesser des sehr engen, unter dem Rhynchocölom gelegenen axialen Darmrohres beträgt aber nur 0,5 mm (Dat. VL ON). Der Mitteldarm erfüllt mitsammt den Geschlechtsproducten bei den Formen mit kurzem Rhynchocölom das Leibesinnere völlig, denn die Taschen dehnen sich bis zu den Seitenstämmen und bis zum Rücken aus und legen sich mitunter um das Rhynchocölom Fig. XXI. herum, wo ein solches im Rumpfe sich vor- findet. Der blinddarm ist ebenso wie der Mittel- darm metamer gegliedert (Taf. XIII, Fig.6). Er liegt unter dem Magendarm (Taf. IV, Fig. 15). Meist sind seine Taschen kürzer, mitunter aber viel länger als die des Mitteldarms. Bei vielen Formen reicht er bis zum Gehirn nach vorn, bei anderen bleibt er meist hinter demselben zurück. Oefters stülpt er von seinem vorderen Ende zwei besonders lange und enge Taschen aus, die in den Seiten des Körpers, meist dem Rhynehocölom dicht anliegend, sich bis zum (rehirn, ja mitunter sogar über dasselbe hinaus, nach vorne erstrecken (Fig. XXI). Bei Tetrastemma eilhardi ist nach Mont- gomery 1895 (No. 250) kein unpaares Blind- darmstück ausgebildet, dagegen stülpt der Vorderende von Amphiporus lactifloreus. 5 S Es bedeuten: bld, Blinddarm; Mitteldarm nach vorn zwei getrennte Blind- bldts, seitliche Taschen des Blind- därme aus. darms; Dldtv, vordere Taschen Der Blinddarm gewährt infolge der des Blinddarms; corg, Cerebral- Differenzen, die er nach seiner Länge und organ; de, Gehirneommissur; . . EU CREREN ET darnach, ob er jene Vordertaschen besitzt gh, Gehirn; kf, Kopffurche; md, Magendarm; re, Rhynchocölom; Oder nicht, bei den verschiedenen Arten sst, Seitenstamm. charakteristische, systematisch verwerthbare Merkmale. Der Enddarm erlangt bei den meisten Nemertinen keine Bedeutung. Auch bei den mit einem Schwänzchen ausgestatteten Heteronemertinen (Mierurae) kommt jenes anale, der Taschen entbehrende Darmstück kaum zum Ausdruck, da die Darmtaschen auch im Schwänzchen sich vorfinden und dem Darm fast unmittelbar bis zum After, freilich fortgesetzt un- scheinbarer werdend, auch in diesem so feinen Körperabschnitt regelmässig entspringen. Ganz abnorm lang und weit ist der Enddarm von (Carinoma armandi, Verdauungsapparat. Mund und Vorderdarm. 189 wo er sich mehrere cm vom After nach vorn erstreckt. Erst ganz am Ende verjüngt sich das weite Enddarmrohr von ©. armandi und mündet terminal mit einer kleinen Oeffnung aus. Der Enddarm geht unmittelbar aus dem Mitteldarm hervor, indem dessen Taschen mit einem Male aufhören. 2. Histologie des Darmtractus. Wie wir ähnliche Verhältnisse in der Morphologie des Darmtractus einerseits aller Proto-, Meso- und Heteronemertinen, andererseits aller Metanemertinen feststellen durften, so sind auch die histologischen Ver- hältnisse des Verdauungsapparates der Formen der ersten drei Ordnungen wesentlich übereinstimmende und andere als bei den Metanemertinen. Ueberall werden wir ein Epithel am Verdauungsapparat der Nemer- tinen, das sich auf eine membranartig dünne Grundschicht (eine Tunica propria) stützt, nachweisen und öfter auch eine eigene Darmmuskulatur zu berücksichtigen haben. Wir unterscheiden die Histologie des Mundes, des Vorderdarms beziehungsweise des Oesophagus, Magens und Pylorusrohres, des Mittel- und Blinddarmes und endlich die des Enddarms und Afters. Wiederum ziehen wir eine Darlegung der histologischen Verhältnisse an wenigen typischen Beispielen einer allgemeinen, bald hier bald dort fussenden, hin und her springenden Beschreibung vor. Mund und Vorderdarm. Betrachten wir zuerst wiederum Carinella (C. superba). Das faltenreiche Epithel der Mundhöhle, welches dem der Körper- wand an Höhe gleichkommt und sich direct an dasselbe anschliesst, setzt sich wie jenes aus Drüsen- und Epithelfadenzellen zusammen. Die Epithelfadenzellen sind ganz wie die des Körperepithels gestaltet, nämlich am oberen Ende eylindrisch erweitert, im unteren Abschnitt faden- artig verjüngt. Sogar die grünlichen Pigmentkörner vermissen wir nicht in ihnen. Auch sind die Wimpern der Wimperschöpfe, welche jede Fadenzelle des Mundepithels trägt, ebenso vermittelst Stäbchen und Knöpfchen inserirt wie die des Hautepithels. Ihre Kerne sind ein wenig kleiner als die der Zellen jenes, aber noch näher an den äusseren hand des Epithels gerückt. Zwischen diesen wimpernden Fadenzellen sind schlauchförmige Drüsen- zellen eingebettet, welche mit ihren basal angeschwollenen Leibern das Epithel vollständig erfüllen. Sie heben sich sehr deutlich von den Packet- drüsenzellen des Hautepithels, denen sie ähneln, ab. Sie reichen zwar meist bis an die Tunica propria hinan, aber sie sind doch in den mannig- fachsten Längen vorhanden. Sie sind ferner wohl dicht aneinandergedrängt, aber nicht rosettenartig zusammengepackt; sie führen ausserdem ein fein und gleichmässig granulirtes Secret, das sich nur matt mit Hämatoxylin färbt. Die kleinen kugeligen oder länglichen, gut erkennbaren Kerne liegen im Grunde des aufgebauchten basalen Endes. Es haben diese 190 Anatomie und Histologie. Drüsenzellen des Mundepithels von Carinella, wie wir sehen werden, grosse Aehnlichkeit mit den Speicheldrüsenzellen einiger Öerebratulen. Hinter dem Bereich der Schlundnerven erleidet das hohe Drüsen- zellepithel des Mundes, welches niedriger werdend, sich noch in die vordere Region des Vorderdarms fortsetzt, eine völlige Umwandlung, die durch den Schwund der Schlauchdrüsenzellen bedingt wird. Statt ihrer treten zweierlei Arten von Drüsenzellen auf, von denen wir die eine als Schleim- drüsenzellen, die andere als Körnehendrüsenzellen nach ihrem Inhalt kurz kennzeichnen können (Taf. X, Fig. 16). Die Schleimdrüsenzellen sind am ähnlichsten den Flaschen- drüsenzellen des Körperepithels. Ihr Secret führender Abschnitt ist von länglich eiförmiger Gestalt und reicht, zwischen den Darmfadenzellen gleichsam aufgehängt, nicht bis zur Tunica propria, auf welche sich die Darmzellen stützen, hinab. Sie sind wie alle Drüsenzellen nackt, werden aber in derselben Weise wie die Flaschendrüsenzellen von einem binde- gewebigen Fasergeflecht umhüllt und festgeheftet, das sich von der Tunica propria abspaltet, ein interstitielles Gewebe im Darmepithel bildend, und spindelige kleine Kerne führt. Der Inhalt der Anschwellungen der Drüsenzellen ist homogen und färbt sich äusserst intensiv mit Boraxkarmin. Der Zellkern ist leicht am Grunde des Secretbechers zu constatiren, meist inmitten einer wenig färbbaren hellen, glänzenden Masse, dem Zellplasma, das besonders schön hervortritt, wenn das Secret geschrumpft ist. An den eiförmigen Zellabschnitt, den Seeretbecher, setzt sich ein fadenartiger plasmatischer Fortsatz an, welcher sich der Tunica propria anheftet. Diese Drüsenzellen sind in grosser Fülle, äusserst dicht stehend zwischen den Darmfadenzellen eingesenkt. Viel spärlicher finden sich die Körnchendrüsenzellen. Dieselben sind schmal und ihre Secretbecher reichen fast unmittelbar an die Tunica propria hinan. Ein kurzer fadendünner Plasmafortsatz heftet sich auch an jene und verankert sich in der 'Tunica propria. Das Bild dieser Drüsenzellen ist also ganz das der vorher beschriebenen, nur dass der Secretbecher anders geformt und länger ist. Gewöhnlich schwillt die Seeretmasse, welche sie führen, am Epithelsaume, dem Darmlumen zu- gewandt, kolbenartig an, „Körnerkolben“ bildend, wie wir sie später noch oft im Darmepithel beschreiben werden. Auch über den Epithelsaum hinaus in das Lumen hinein, als ob ein solcher Kolben aufgebrochen wäre, sah ich den Inhalt gehoben. Dieser besteht aus unendlich vielen, ziemlich gleichmässigen Körnchen, welche begierig Hämatoxylin aufnehmen. Der Kern ist klein und spindelig und liest in dem fadenartigen Endabschnitt der Körnehendrüsenzelle, die sich an die Tunica propria festheftet. Die Darmfadenzellen sind in diesem Theile des Darmrohres von schlanker, eylindrischer Gestalt und verankern sich basal gleichfalls mit einem dünnen Fortsatz in der Tunica propria. Nach aussen erweitern sie sich triehterartig und sind mit einer ausserordentlich fein granulirten Masse angefüllt. Die Fadenzellen grenzen sich scharf gegeneinander ab. Verdauungsapparat. Mund und Vorderdarm. 191 Ihr länglicher Kern liegt etwa in halber Höhe. Auch in dieser Darm- gegend bedeckt sie ein diehter Wimperpelz; das Pigment dagegen haben sie verloren. In der hinteren Nephridialregion hat sich das Epithel des Vorder- darmes von Carinella merklich verändert, indem der Reichthum an Drüsenzellen stark zurückging und der Inhalt der meist längeren und noch dünneren Fadenzellen viel gröber gekörnt erscheint. Die Drüsen- zellen dieses Abschnittes stellen nur kleine längliche, kuglige oder keulenförmige Anschwellungen dar, deren zur Tunica propria ziehender Fortsatz sehr lang ist. Ihr Secret ist fein granulirt und färbt sich mit Hämatoxylin blauschwarz. Nur die Darmfadenzellen wimpern, nicht auch die Drüsenzellen. Als ferneres Beispiel diene Cerebratulus marginatus. In die Mundöfinung wölbt sich das Epithel der Haut ziemlich tief hinein und bildet so die ringwulstartig nach innen vorspringenden und die innere Mundhöhle nach aussen abschliessenden Lippen. Das Epithel der Lippen führt ebensolche Faden- und Flaschendrüsen- zellen wie rings das Epithel der Haut. Auch die Secretstrassen jener Cutisdrüsenzellen, die unter dem Lippenepithel liegen, durchbrechen dasselbe. Das Epithel der Mundhöhle ist ganz anders wie das der Lippen und der Haut. Vor allem ist es ganz ausserordentlich hoch, nämlich höher als Epithel und Cutis der Haut zusammen. Es besteht das Epithel aus dementsprechend sehr langen Faden- zellen, deren äusseres Ende trichterartig erweitert, deren basaler Abschnitt fadendünn ist. Diese Zellen tragen wie die Epithelfadenzellen der Haut einen Wimperschopf, sodass die Mundhöhle ein dichter Wimperpelz aus- kleidet. Sie besitzen lange spindelförmige Kerne, welche nahe am Epithel- saum, hier aber sämmtlich in gleicher Entfernung vom Rande des Epithels liegen (Taf. XI, Fig. 4). Es fehlen im Epithel der Mundhöhle die Flaschendrüsenzellen des Hautepithels vollständig. Anstatt dieser ist es vollgepfropft mit schlanken schlauchförmigen Drüsenzellen, die basal ein wenig angeschwollen sind. Dieselben besitzen eine ganz ver- schiedene Länge, viele reichen bis an die Tunica propria, auf welche sich das Epithel der Mundhöhle stützt, hinan, andere liegen mehr oder minder tief im Epithel; wo immer die Fadenzellen Raum gewährten, sind solche Drüsenzellen vorhanden. Die Epithelfadenzellen schliessen mittelst ihrer trichterartigen Er- weiterungen am Rand der Mundhöhle zusammen, gewissermaassen eine Decke über der Drüsenzellschicht bildend. Diese Decke durchbrechen die sehr feinen ausführenden Secretgänge der Drüsenzellen. Die Drüsenzellen der Mundhöhle, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit den Drüsenzellen der Cutis nicht verleugnen, besitzen ein bald mehr feinkörniges, bald mehr homogen und glänzend aussehendes Secret; in 192 Anatomie und Histologie. Folge der Intensität der Tinction dieses mit Farbstoffen unterscheiden sie sich auffallend von denen der Gutis. Ausdrücklich sei noch bemerkt, dass die Epithelfadenzellen und Drüsenzellen der Mundhöhle eine einzige Schicht bilden und nicht etwa eine dem Epithel und der Cutis der Haut vergleichbare Doppelschicht. Es kommt bei den Nemertinen dort, wo die Lippen in das Epithel der Mundhöhle übergehen, ein besonderer, den Rand der Mundhöhle ring- artig umfassender Kranz von Drüsenzellen vor, welche ich früher bereits als Speicheldrüse beschrieb (Fig. XXIJ). Ich habe den Ring der Speichel- drüsenzellen zuerst bei einer indischen Nemertine, nämlich Cerebratulus tigrinus, aufgefunden (Taf. XI, Fig. 4). Man erkennt ihn auf das Schönste an Querschnitten durch den Körper aus der Mundgegend. Hinter den Schlundnerven gewahrt man an einem mit Hämatoxylin gefärbten Schnitt durch den Mund rechts und links einen Öomplex von Drüsenzellen, welcher sich wesentlich stärker tineirt als die übrige Masse der Drüsenzellen, welche Querschnitt durch Mund und zur Mundhöhle in Beziehung treten. Schlund von Cerebratulus tigrinus Ausserdem ist dieser Drüsencomplex en Ko ep, Epithet FEgen die Drüsenzellmasse der Mund- der a: Be. Sahkmerlestt el höhle oftmals durch seine ovale Gestalt spdr, Speicheldrüsenring. scharf abgesetzt. Die Speicheldrüse, wie wir durchaus berechtigt sind, den Ring dieser Drüsenzellen zu bezeichnen, setzt sich aus einzelnen, den Drüsen- zellen der Mundhöhle ähnlichen Drüsenzellen zusammen. Ihr Secret scheint ganz hervorragend fein granulirt zu sein. Auch bei ©. marginatus und anderen Cerebratulen kann man an besonders günstig gefärbten Objecten einen eigenartig hervortretenden Drüsenzellring am Innenrand der Lippen constatiren. In besonders vorzüglicher Ausbildung findet man die Speicheldrüse auch bei einer den Golf von Neapel bewohnenden Linee, nämlich dem nicht seltenen L. geniculatus. Die Speicheldrüsenzellen bilden auch bei dieser Form einen voll- ständigen Kranz um den sehr weiten Mund und finden sich dort, wo das Epithel der Haut unvermittelt in das der Mundhöhle übergeht. Sie färben sich mit Alaunhämatoxylin ebenso intensiv wie die Drüsenzellen der Cutis, während sich die Drüsenzellen, mit welchen das Epithel der Mundhöhle vollgepfropft ist, nur sehr wenig tingiren. Die Speicheldrüsenzellen stellen sehr dünne und lange Schläuche dar, welche theils auf der Grenze zwischen Haut- und Mundhöhlenepithel, Fig. XXI. Verdauungsapparat. Mund und Vorderdarm. 193 theils aber durch das Epithel der Haut nach aussen münden. Ihre inneren angeschwollenen Enden liegen im Muskelgewebe (äussere Längsmuskel- schicht) des Körpers, sie sind weder durch eine Basalmembran, Tunica propria noch durch eine Fortsetzung der Bindegewebsschicht der Cutis gegen jenes abgegrenzt. Man wird die Speicheldrüsenzellen ohne Frage als sehr verlängerte Cutisdrüsenzellen auffassen dürfen, mit demselben _ Rechte jedenfalls, mit dem man auch die Kopfdrüsenzellen als solche hinstellt. Im Vorderdarm nimmt das Epithel der Mundhöhle beträchtlich an Höhe ab, und es macht sich eine wesentliche Differenz in der Höhe des ventralen und dorsalen Epithels geltend, indem das erstere oft wohl sechsmal mächtiger als das letztere ist. Im Vergleich mit Carinella setzt sich das Drüsenepithel der Mund- höhle, welches dort ja ganz ähnlich wie bei Cerebratulus marginatus be- schaffen ist, aber nur die Mundhöhle und den allervordersten Abschnitt des Vorderdarms auskleidet, bei den Cerebratulen weit nach hinten fort. Aber es fehlt auch nicht jener zweite Abschnitt des Vorderdarms bei Cerebratulus, welcher sich durch seine Drüsenzellen wesentlich von dem ersten unterscheidet und den Uebergang in den bei den höheren Formen durch die Darmtaschen auch morphologisch von dem vorderen Darm- abschnitt differenzirten Mitteldarm bildet. Diesen hinteren Abschnitt des Vorderdarms kleidet ein dorsal und ventral fast gleich hohes Cylinderepithel aus, in welches schlanke, stab- förmige oder schlauchförmige Drüsenzellen, deren basales Ende aufgetrieben ist, vereinzelt eingebettet sind (Taf. XI, Fig. 11). Ihr homogener Inhalt tingirt sich mit Carminen (Pierocarmin) ausgezeichnet. Die angeschwollenen Enden der Drüsenzellen liegen häufig in der Längsmuseulatur des Vorder- darms, die in seinem hinteren Abschnitt stark entwickelt ist. Die im Wesentlichen unveränderten Epithelfadenzellen zeigen auch in der hinteren Vorderdarmgegend den oberen, trichterartig erweiterten kürzeren Abschnitt, welchen ein fein granulirtes Plasma erfüllt, und den längeren basalen fadendünnen. Am Grunde des trichterförmigen Endabschnitts befindet sich der grosse elliptische Kern. Es giebt also bei Cerebratulus, just wie bei Carinella, einen äusserst drüsenreichen vorderen und einen auffallend drüsenarmen hinteren Vorder- darmabschnitt. Das Epithel des Vorderdarms von Cephalothrix enthält äusserst reichlich schlanke, sich lebhaft tingirende spindelförmige Drüsenzellen. Es ähnelt sehr dem des Magendarms der Metanemertinen. Eine Bildung höchst eigenthümlicher Art hat Joubin im Vorderdarm bei Langia obockiana Joub. entdeckt 1887 (No. 206). Hier weist das Vorderdarmepithel in der Medianebene des Thierkörpers dorsal und ventral eine tiefe, mit sehr hohen schlanken Zellen ausgestattete Rinne auf. In der ventralen Rinne tragen die Zellen Wimpern, in der dorsalen konnten letztere nicht nachgewiesen werden. Joubin meint, es handle Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 13 194 Anatomie und Histologie. sich in den Rinnen um ein Sinnesepithel, und jene seien Geschmacks- organe. Der Vorderdarm der Metanemertinen. Von einer Mundhöhle wie bei den Proto-, Meso- und Heteronemer- tinen kann bei den Metanemertinen nicht die Rede sein; der Mund ist die enge Oeffnung des Oesophagus. Eine glockenartige Erweiterung des Vorderdarms, wie sie die Mundhöhle der drei ersten Ordnungen darstellt, fehlt allgemein. Der Mund wird bei Drepanophorus, wo er frei ausmündet, von dem in seinem unmittelbaren Umkreis drüsenzellfreien Epithel der Haut begrenzt. An dasselbe schliesst das Epithel des Oesophagus an, welches zuerst niedrig ist — seine Zellen sind fast würfelförmig — und keine Drüsenzellen enthält. Weiter hinten werden seine Epithelzellen höher. Das Epithel des Oesophagus trägt nur ein dünnes Wimperkleid. Die Zellen enthalten ein wenig färbbares helles Plasma und einen kugligen oder elliptischen Kern. Das Epithel des Magendarms, welches in das des Oesophagus unvermittelt übergeht, ist ein überaus drüsenreiches, weshalb man den Magendarm auch wohl Drüsendarm nennen könnte (Taf. IV, Fig. 6 und 7). Die Drüsenzellen sind nur in einer Art vorhanden und stellen längliche kolbige Gebilde dar, welche bis an die Membrana propria hinanreichen und von wimpertragenden, hohen Cylinderzellen umgrenzt sind (Taf. X, Fig. 17). Ihr Seeret, welches sich namentlich mit Hämatoxylin lebhaft tingirt, besteht entweder aus ziemlich groben, glänzenden Körnchen, welche massenhaft durch die Epithelzellen hindurch in das Darmlumen geschoben werden, oder aus Bläschen, die mit Körnchen angefüllt sind. Solche gewahrt man häufig, wie sie gerade abgeschnürt werden und bereits halb in den Magen hineinragen oder schon in seine Höhle hinein- gestossen sind. Der Kern der Körnerdrüsenzellen, welche wohl so zahlreich wie die Epithelfadenzellen vorhanden sind, ist klein, kuglig und liegt am Grunde der Secretmasse. Montgomery 1895 (No. 250) hebt treffend hervor, dass die Drüsen- zellen ganz verschiedene Affinitäten für dieselben Farbstoffe zeigen, und erklärt dieses dadurch, dass die Drüsenzellen sich in den verschiedensten Stadien der Secretbereitung befinden. Die Fadenzellen sind ganz wie die des Körperepithels nach aussen, also hier nach dem Magenlumen zu, trichterartig erweitert. Sie über- wölben die Drüsenzellen und stellen eine continuirliche, nur von den Secretbahnen jener durchbrochene Decke her, die mit einem ungemein für den Magendarm geradezu charakteristisch dichten Flimmerpelze bedeckt ist. Die Einzelwimper ist ganz wie die des Hautepithels inserirt. Der dünne Fortsatz der Magendarmfadenzelle heftet sich an die Tunica propria fest. Sie führen kein Pigment. Ihr Kern ist spindelig und liegt immer in gleichem Abstande von der Tunica im oberen erweiterten Zellabschnitt. Verdauungsapparat. Mitteldarm. 195 Bei Amphiporus stanniusı 2. B. ist im Gegensatz zu anderen Amphi- poriden der Oesophagus sehr weit und seine Wand vielfach gefaltet, sodass er in hohem Maasse dem Magendarm ähnelt. Indessen ist sein niedriges Wimperepithel durchaus frei von Drüsenzellen. Solche treten erst hinter dem Gehirn im Oesophagus auf, der sich nunmehr noch viel bedeutender ausweitet; dann aber erst wird er funetionell zum Magendarm. Auch bei Formen wie Eunemertes gracılis, wo der Oesophagus in das Rhynehodäum mündet, ist die Mündungsstelle einfach ein kleines Loch, das ebenso wie der Oesophagus von einem drüsenzellfreien Wimperepithel ausgekleidet wird. Im Epithel des Oesophagus von KEunemertes gracılıs, welcher sich ebenfalls ziemlich bedeutend erweitert hat, sind die Wimperschöpfe tragenden Zellen ausnahmsweise sehr lang. Der Oesophagus geht hinter dem Gehirn allmählich in den Magen- darm über, indem sein Epithel sich nach und nach, und zwar zuerst dorsal, in ein Drüsenepithel umwandelt (Taf. IV, Fig. 7). Das Pylorusrohr besitzt fast in seiner ganzen Länge dasselbe Epithel wie der Magendarm. Vielleicht sind die Drüsenzellen in ihm nicht ganz so reichlich enthalten wie in diesem. Auch das Pylorusrohr ist mit einem Wimperpelz ausgekleidet. Nur das allerletzte verjüngte Ende desselben unterscheidet sich von der übrigen Strecke, da in ihm das Epithel niedriger wird und keine Drüsenzellen mehr enthält. Dagegen besitzt er ebenso wie auch der Pylorusmund Wimpern. Höchst eigenartig verhält sich das Epithel des Atriums und des Vorderdarms von Malacobdella, das selbst fast gar keine Drüsen- zellen enthält, aber von einem Mantel solcher umgeben ist. Mitteldarm. Die histologischen Bilder vom Epithel des Mitteldarms der Nemertinen sind sehr abwechslungsreich und verändern sich nicht allein, wenn wir von Ordnung zu Ordnung oder von einer Species zur anderen, den Mitteldarm histologisch erforschend, übergehen, sondern wechseln selbst, wenn wir mit den Individuen der Art tauschen. Zwar die Elemente bleiben immer dieselben: es sind stets sehr schlanke, lange Fadenzellen, welche Wimperschöpfe (deren Erhaltung am conservirten Material sehr selten ist) tragen, die das Epithel des Mitteldarms in der Hauptsache zusammensetzen. Aber sie scheinen sich, was ihren Inhalt anbetrifft, selbst von Individuum zu Individuum, ja selbst in verschiedenen, aber keineswegs bestimmten Darmstrecken desselben Individuums überaus verschieden zu verhalten. Die Wimperschöpfe sind weniger dicht, aber sehr viel länger als irgendwo im Vorderdarm. Wenden wir uns zu bestimmten Beispielen. Der Mitteldarm von Carinella hat bekanntlich keine Taschen. Er wird von einem wechselnd hohen Epithel ausgekleidet. Nicht selten ist dasselbe so hoch, dass es von allen Seiten aufeinanderstösst und vom Darmlumen keine Spur mehr übrig lässt. Das Mitteldarmepithel setzt sich vor Allem aus sehr langen und Io: 196 Anatomie und Histologie. schlanken Zellen zusammen, die an ihrem dem Darmlumen zugewandten Ende etwas verdickt sind und sich basal in einen dünnen Faden verjüngen, welcher sich der Tuniea propria des Mitteldarms anheftet. Die spindeligen Kerne dieser Zellen liegen im Epithel alle in an- nähernd derselben Tiefe, etwa dort, wo das verdickte, dem Darmlumen zugewandte Ende in den fadendünnen Abschnitt der Zelle übergeht (Taf. "XL me22). Auch diese Zellen tragen Wimpern. Ausser den mit den Epithelfadenzellen der Haut zu vergleichenden Darmzellen kommen freilich in nur geringer Masse Zellen im Mitteldarm vor, die an ihrem dem Lumen des Darms zugewandten Ende spindel- förmig oder elliptisch verdickt sind. Sie besitzen einen ziemlich homogenen glänzenden Inhalt, der, obwohl er Farbstoffe nicht sonderlich aufnimmt, dennoch das Secret von Drüsenzellen darstellen wird. Ich habe diese Drüsenzellen, die wir uns ebenso gebaut wie alle anderen Drüsenzellen vorstellen müssen, nicht überall im Mitteldarm und nicht bei allen von mir auf ihren Mitteldarm hin untersuchten Carinellen aufgefunden. Es wird Zustände im Mitteldarmepithel geben, wo sie sich, indem ihre Seeret- becher verschwinden, dem Auge entziehen, da sie alsdann von den Epithel- fadenzellen nicht zu unterscheiden sind. Der Inhalt der Epithelfadenzellen des Mitteldarms ist granulirt, bald besteht er aus gleichmässig grossen feinen Kügelchen, bald aus kleineren und grösseren Kugeln, die glänzend aussehen. Von solchen Kugeln strotzen die Zellen des Mitteldarms derart, dass sie aufgetrieben und so stark aneinander gedrängt erscheinen, dass man ihre Grenzen nicht mehr wahrnimmt und meinen sollte, die Auskleidung des Darmes bestehe aus einer Schicht solcher glänzenden Kugeln, in der Kerne zerstreut liegen, sie werde gebildet von einem Syneytium anstatt von einem regelrechten Cylinderepithel. Auch findet man in den Zellen ausser den hellglänzenden farblosen Körnehen, Kügelchen oder Kugeln hin und wieder grössere und kleinere grünliche und schwärzliche Kügelchen. Der Inhalt des Mitteldarmepithels besitzt, ausser wenn er sehr fein granulirt ist, keine starke Affinität zu den gebräuchlichen Farbstoffen. Wenden wir uns zur Betrachtung des Mitteldarmepithels von Cerebratulus marginatus, so ist eins voranzustellen: im Bau des Epithels der Taschen und des axialen Rohres herrscht prineipiell kein Unterschied; nur ist das der Darmtaschen im Allgemeinen höher wie das des axialen Rohres. Im Epithel des Mitteldarms von ©. marginatus habe ich niemals Drüsenzellen constatirt. Die einzige Art von Zellen gleicht durchaus den bei Carinella das Mitteldarmepithel in der Hauptsache ausmachenden Epithelfadenzellen. Sie sind schlank, an ihren dem Darmlumen zu- gewandten Enden angeschwollen und basal fadenförmig. Ihre Kerne sind Verdauungsapparat. Mitteldarm. 197 länglich, ziemlich gross und liegen meist im basalen Abschnitt der Zelle nahe der Tunica propria des Mitteldarms und seiner Taschen. Die Zellen sind Wimperzellen. Ihr Inhalt wechselt auch bei Cere- bratulus ebenso wie ihre Länge und damit überhaupt der Eindruck, welchen das Epithel macht. Er ist feinkörnig oder grosskuglig. Die Kügelchen und Kugeln sind glänzend und wasserhell, sie tingiren sich nicht intensiv. Ausserdem enthalten die Zellen besonders in- der Analregion häufig schwarze grosse kuglige Ballen; oft sind diese auch gelblich oder grün und sowohl homogen als körnig (Taf. XI, Fig. 3, 7 und 5). Die grossen Kugeln, mit denen ich z. B. das Mitteldarmepithel eines Lineus coceineus vollgepfropft fand, waren sehr regelmässig gestaltet und enthielten stets eine grosse helle Blase, nicht selten sogar mehrere, deren Inhalt aussah wie Plasma, während die sie umhüllende Masse homogen und ganz matt glänzend war. Höchst eigenthümliche Einschlüsse, welche man leicht am lebenden Thier constatiren kann, enthält das Epithel des Mitteldarms mancher Cephalothrixz-Arten. Es sind längliche grosse Blasen, welche meist in der Mitte ein kleines kugliges Bläschen einschliessen, das in seinem Inneren mehrere grössere und kleinere Stäbchen birgt. Alle diese Gebilde sind farblos, nur die verschiedene Art ihres Lichtbrechungs- vermögens lässt sie hervortreten. Es erinnern uns diese oft krystallartigen Einschlüsse an solche, welche wir bei den Metanemertinen im Mitteldarm kennen lernen werden (Taf. XI, Fig. 9). Das Mitteldarmepithel der Metanemertinen wollen wir uns zunächst an einem lebenden durchsichtigen Drepanophorus erassus Vor- führen. Wir beachten in einer Darmtasche am lebenden Thier sofort zweierlei. Nämlich erstens keulenförmige Gebilde, die aus sehr vielen kleinen Kügelchen bestehen, welche so dicht zusammengedrängt sind, dass sie sich theilweise gegeneinander abgeplattet haben. Die kleinen Kügelchen glänzen, sind krystallhell und farblos. Die keulenförmigen Gebilde bestehen nur aus solchen Kügelehen und enthalten nie ausser diesen etwas Anderes (Fat. XT, Fig. 10). Zweitens grosse Kugeln, die wie Oeltropfen aussehen. Auch sie sind wasserhell und besitzen einen matten Glanz. Diese grossen Kugeln, zwischen denen die Kügelchenkolben, wie ich die keulenförmigen Gebilde nennen will, vertheilt sind, bergen in ihrem Centrum stets einen oftmals wie aus Kryställchen zusammengefügten Centralkörper. Derselbe ist bald braun, röthlich oder grün gefärbt. Endlich bemerkt man noch hin und wieder sehr stark lichtbrechende grosse Kugeln, die den Eindruck von Fetttropfen machen, und ausserdem schwarze undurchsichtige. Bei Zusatz von verdünnter Essigsäure bleiben die Centralkörper der grossen Kugeln unverändert, die Kugeln selbst schrumpfen dagegen stark. 198 Anatomie und Histologie. Die Wand des Mitteldarms von Tetrastemma diadema sah ich von glashellen, stark glänzenden Kugeln erfüllt, welche keine innere Struetur zeigen, und dazwischen rundliche schwarze oder braungefärbte Coneremente liegen. Ausserdem enthält sie keulenartige Gebilde, deren Inhalt sehr mattglänzend, weiss oder milchglasartig ist und aus dicht aneinander- gepressten kleinen Kügelchen besteht. Mit Bismarckbrauntinetur, die dem lebenden Gewebe zugesetzt wurde, färbten sich die grossen, stark glänzenden Kugeln binnen 2 Minuten und behielten die Färbung nach dem Auswaschen. Sie erschienen aber nun- mehr aus vielen intensiv gefärbten, Gebilden zusammengesetzt, die zu einer Kugel zusammengeballt und von einer weniger gefärbten, verschieden geformten Schale umschlossen sind. Der Färbung widerstehen besonders stark lichtbrechende und grosse Kugeln. Bei Tetrastemma vermiculus constatirte ich in den den Mitteldarm vollpfropfenden wasserhellen kugligen Bläschen ausser Krystallkugeln und gefärbten und farblosen Kügelchen auch wasserhelle Stäbchen, ähnlich denjenigen, welche im Mitteldarm von Cephalothrix bipunctata beobachtet wurden. Als besonders eigenthümlich muss ich auch noch den Inhalt des von ir öfters lebend studirten Mitteldarmepithels von Tetrastemma vastum und cephalophorum schildern (Taf. XI, Fig. 1). Dasselbe ist ausgezeichnet durch den Besitz ganz besonders grosser Kügelchenkolben, welche ausschliesslich aus kleinen, dicht aneinander gepressten Kügelchen bestehen. Sie machen denselben Eindruck wie bei Tetrastemma diadema. Ausserdem bemerken wir im Epithel grosse olashelle Kugeln, welche im Centrum stets undurchsichtige, höchst sonder- bare Gebilde enthalten. Dieselben finden sich in wechselnder Grösse vor; bald sind sie völlig kuglig, bald an einer Seite abgeplattet, bald liegen sie einzeln im Centrum der glashellen Kugel, oder wir sehen 2 oder auch 3 von ihnen aneinandergeklebt. Diese undurehsichtigen Gebilde sind strahlig gebaut. Ihre Substanz ist strahlig um einen central gelegenen oder bei stark abgeplatteten Kugeln der abgeplatteten Fläche genäherten Punkt angeordnet. Drittens bemerken wir im Epithel des Mitteldarms von 7. vastum grosse gelbliche Kugeln, die einen homogenen, ebenfalls gelblichen Inhalt haben, aber keine Körperchen enthalten. Zwischen den nach der Art ihres Inhaltes mannigfaltigen Kugeln befinden sich, gewissermaassen Lücken füllend, kleine, nicht sehr regelmässige wasserhelle Kügelchen. Die Untersuchung des Mitteldarms der Metanemertinen an conservirten, in Schnitte zerlegsten Individuen lehrt uns die ge- schilderten Bilder verstehen, indem sie uns klar macht, dass sich das Mitteldarmepithel aus 2 verschiedenen Zellarten zusammensetzt. Das Epithel des vorderen Mitteldarms eines Exemplares von Bunemertes marioni zeigte ein besonders klares Bild (Taf. XI, Fig. 2). Verdauungsapparat. Mitteldarm. 199 Es besteht in der Hauptsache aus sehr hohen Zellen, welche den Epithel- fadenzellen der Haut ähnlich sind, denn ihr äusseres, hier dem Darm- lumen zugewandtes Ende ist trichterartig erweitert, das basale fadendünn, und dem äusseren Ende sitzt ein Wimperschopf auf. Der elliptische Kern liegt im verjüngten basalen Ende. Der Zellinhalt ist ein sehr fein- körniges, wabiges, sich wenig färbendes Plasma (Taf. X, Fig. 18). Zwischen diesen Zellen sind solche von keulenförmiger Gestalt ein- geschlossen. Sie besitzen einen grobkörnigen Inhalt, welcher sich mit Carmin lebhaft färbt. Ihr kleiner Kern befindet sich dort, wo die Keule oder Spindel sich in den fadendünnen Fortsatz, der in der Tunica propria inserirt ist, verjüngt. Betrachten wir das Mitteldarmepithel desselben Thieres im Schwanzabschnitt. Hier ist es sehr hoch geworden — ein Darmlumen fehlt fast — und beinahe vollständig angefüllt mit glänzenden, nicht sehr regelmässigen Kugeln. Zellgrenzen sind nur am Grunde des Epithels festzustellen. Hier nämlich sehen wir die dünnen basalen Abschnitte der Epithelzellen und in ihnen die spindeligen Kerne derselben. Indessen constatiren wir mit aller Deutlichkeit zwischen der Masse der glänzenden Kugeln, die wie aus Schleim gebildet aussehen und sich mit Carmin gefärbt haben, in Folge einer Doppelfärbung mit Carmin- Hämatoxylin violette keulenförmige oder spindelige Gebilde, deren Inhalt grob granulirt ist. Schicke ich nun voraus, dass nach meiner Erfahrung das Mitteldarm- epithel im Wesentlichen vorne nicht anders als hinten zusammengesetzt ist, so folgt: die keulenförmigen Gebilde sind hinten dieselben wie vorne; die Epithelfadenzellen aber, die vorne einen schaumigen oder äusserst feinkörnigen Inhalt aufweisen, sind hinten — wenigstens ihre verdickten Enden — vollgepfropft mit glänzenden Kugeln. Und weiter ergiebt sich: die Körnchenkolben, die wir im Mitteldarm des lebenden Thieres feststellten, sind Zellen, und jeder Körnchenkolben entspricht einer jener an Schnitten nachgewiesenen keulenförmigen Zellen, die glänzenden Kugeln aber — wie sie immer aussehen und was sie auch enthalten mögen — machen den Inhalt der Epithelfadenzellen des Darmes aus, deren Grenzen um so weniger hervortreten, je massen- hafter sie jene glasig-sehleimigen Kugeln enthalten. Endlich ist es zweifellos, dass die Körnchenkolben, als welche uns im Leben die keulenförmigen, sich lebhaft färbenden Zellen auffielen, Drüsenzellen sind. Das illustrirt vor allen Dingen sehr überzeugend das Mitteldarmepithel von Malacobdella (Taf. XI, Fig. 6). Bei Tetrastemma eihardı soll das Mitteldarmepithel nach Mont- gomery keine Drüsenzellen enthalten. Die verschiedenartigen Bilder, welche das Epithel des Mitteldarms zeigt, rühren von dem wechselnden Aussehen der Epithelfadenzellen her, welche bald gar nicht oder nur spärlich, bald massenhaft jene glashellen Kugeln und gefärbten Concremente enthalten. 200 Anatomie und Histologie. Wie bereits in der Einleitung zu diesem Capitel angedeutet wurde, ist das Epithel des Mitteldarms das verdauende, und die verschiedenen Zustände der Epithelzellen sind auf ihre verdauende Thätiekeit zurück- zuführen. Viele der glänzenden Kugeln sind Vacuolen, welche Nahrungs- theilchen enthalten, andere wohl Fett- oder Oeltropfen (Taf. X, Fig. 18). Das Epithel des Blinddarms ist ebenso wie das des Mitteldarms gebaut. Enddarm. Das Enddarmepithel setzt sich, wie ich bei Cerebratulus marginatus feststellte, aus hohen Fadenzellen zusammen, die sich nicht von denen des Mitteldarms unterscheiden. Bei den von mir untersuchten Exemplaren von Carinoma armandı ist es sehr niedrig und besteht lediglich aus kurzen, gegen das Darm- lumen hin trichterartig erweiterten Fadenzellen, welche Flimmern tragen. Das Epithel des überaus kurzen Enddarms der Metanemertinen setzt sich gleichfalls aus wimpernden Fadenzellen zusammen. Die Tunica propria des Darmtractus, d. i. die Basalmembran seines Epithels, bildet bei Carinella ein gallertiges Blatt von ziemlich bedeutender Dicke, in welches kleine Kerne eingebettet sind (Taf. X, Fig. 16). Bei den höheren Nemertinen stellt sie eine sehr dünne Haut vor. Besonders schön beobachtet man bei Carinella das vor allem im Vorderdarm auffallende interstitielle Gewebe (Taf. X, Fig. 16). Bei den Metanemertinen findet man Zellen mit spindeligen Kernen, die zwischen die Epithelfaden- und Drüsenzellen eingeschaltet sind. Sie sitzen am Grunde des Epithels. Es sind Stützzellen. Bei den Heteronemertinen gewahrt man im Mitteldarmepithel be- sonders deutlich dann, wenn dasselbe, wie z. B. bei Lineus coceineus, ganz von Glanzkugeln vollgepfropft erscheint und das Darmlumen verschwunden ist, sehr kleine, kuglige, sich intensiv tingirende Kernchen, die überall und in jeder Höhe des Epithels zwischen die Glanzkugeln ausgestreut sind. Es sind diese Kernchen nicht den Epithelfadenzellen des Mittel- darms eigenthümlich, denn diese sind bedeutend grösser, spindlig geformt und am Grunde des Epitnels nahe der Tunica propria angeordnet. Sie können nur einem sich zwischen den Epithelfadenzellen ausbreitenden interstitiellen Gewebe angehören. Die Museulatur des Darmtractus. Am Darmtractus der Proto-, Meso- und Heteronemertinen entwickelt sich nur dort eine besondere Darmmusculatur, wo derselbe im Leibes- parenchym eingebettet liest und nicht unmittelbar von der Leibesmuseulatur, wie z. B. von der inneren Ringmuskelschicht bei Carinina, Carinella und Carinoma, eingeschlossen wird. Bei manchen Carinellen (z. B. ©. rubieunda) sind indess am Mitteldarm auch in dem Abschnitte, wo derselbe noch innerhalb des inneren Ring- muskeleylinders liegt, einige Längsmuskelfibrillenzüge entwickelt. Die Darmmuseulatur ist aber im Allgemeinen bei den Proto-, Meso- und Heteronemertinen nur am hinteren Vorderdarm eine besonders kräftige Rhynchodäum und Rüssel. 201 und setzt sich hier aus einer inneren dicken, den Vorderdarm rings umhüllenden Lage von Längs- und einer äusseren viel dünneren von Ring- fibrillen zusammen (Taf. XI, Fig. 11). Diese Muskelfibrillen sind viel feiner als die des Hautmuskelschlauchs. Die Rinsmuskelschicht des Vorderdarms verknüpft sich dorsal mit der Ringmusculatur des Rhynchocöloms. Der Mitteldarm besitzt eine sehr feine Hülle von Ringmuskelfibrillen. Am Darmtractus der Metanemertinen ist der Magen, der Blind- und der Mitteldarm mit einer Museulatur ausgestattet. Der Muskelmantel des Magens steht vorn im Zusammenhang mit der Längsmuseculatur des Hautmuskelschlauchs. Er besteht hauptsächlich aus Längsfibrillen. Der Muskelmantel des Mitteldarms besteht nur aus einer dünnen Schicht von Ringfibrillen, ebenso der des Blinddarms, welcher noch dünner ist. Die Musculatur der Taschen ist äusserst dünn und hängt mit der des axialen Rohres zusammen. Die Fibrillen der Darmmusculatur der Metanemertinen sind relativ diek und geben denen des Hautmuskelschlauchs nicht viel an Stärke nach. Der Mund von Drepanophorus besitzt einen Sphincter (Taf. IV, Fie. 7). Der Vorderdarm der Proto-, Meso- und Heteronemertinen besitzt ein besonderes Blutgefässsystem, das Schlundgefässsystem, das sich von den Seitengefässen abspaltet und reichlich verzweigt (Taf. VI, Fig. 4—9). Auch durch Nerven wird der Vorderdarm oder der Magen stets bei allen Nemertinen versorgt. Es ist das Sehlundnervenpaar, welches am Gehirn entspringt (Taf. VI, Fig. 7 und Taf. XI, Fig. 4). 9. Das Rhynchodäum und der Rüssel. Der Rüssel ist ein Schlauch, welcher vorne weit und offen, hinten eng und geschlossen ist. Mit seinem Vorderrande ist der Schlauch in der Gehirngesend mit der Wand des Rhynchocöloms, eines über dem Darm gelegenen Blindsackes, welcher den Rüssel enthält, rings verwachsen; sein geschlossenes Hinterende ist durch ein Paar Muskelstränge hinten im Rhynchocölom festgeheftet. Das Paar von Muskelsträngen dient als Retractor für den ausgestülpten Rüssel (Taf. II, Fig. 1 und 2 und Taf. XIII, Fig. 6). Der küsselschlauch öffnet sich in ein kurzes enges hohr, das von seiner vorderen Insertion bis zur Kopfspitze reicht und dort mittels einer kleinen, stets subterminal ventral gelegenen Oeffnung nach aussen mündet. Es wird dies kurze Rohr, durch das der Rüssel nach aussen tritt, als Rhynchodäum, seine Aussenöffnung als Küsselöffnung bezeichnet (Fig. XVI). Der Rüssel ist nicht selten doppelt so lang als der Körper seiner Besitzerin, oftmals aber auch viel kürzer als dieser. Der Rüssel gewisser Nemertinen (fast aller Metanemertinen) besitzt einen Waffenapparat, der aus spitzen Stacheln besteht. Ist ein solcher 202 Anatomie und Histologie. vorhanden, so ist der Rüsselschlauch innerlich in tief eingreifender Weise umgestaltet. Die Wandung des Rüssels besteht aus einem hohen Innen- und sehr niedrigen Aussenepithel und einem Muskelschlauch, der bei den waflen- losen Nemertinen (Proto-, Meso- und Heteronemertinen) an den der Körperwand erinnert. Kein Organ der Nemertinen ist so oft und arg verkannt worden als der Rüssel. Wir verdanken Keferstein 1562 (No. 97) eine Uebersicht über die vielen und merkwürdigen Irrthümer, in welche die älteren Zoologen bei der Deutung dieses Gebildes verfallen sind. Einige erwähnten wir bereits bei der Besprechung des Darmtractus. Der Entdecker des Rüssels ist Fabricius 1798 (No. 12). Er hielt aber seinen hinteren Abschnitt für den Darm und lässt den Rüssel vorne durch den Mund und hinten durch den After mit der Aussenwelt communi- ciren. Davies 1815 (No. 20) kam dem wahren Sachverhalt näher. Cuvier 1817 (No. 25) nimmt den Rüssel als Geschlechtsorgan in Anspruch. Wie im allgemeinen so stellte Delle Chiaje 1825 (No. 25) auch die Organisation des Rüssels richtig dar. F. S. Leuckart 1828 (No. 26) aber bekundete einen grossen Irrthum, indem er schrieb: „Ein Individuum warf vor seinem Tode seine, einen einfachen Schlauch bildenden (weiblichen) Geschlechtsorgane aus der ganz vorn am Körper, vor der Mundöffnung befindlichen kleinen Geschlechtsöffnung aus.“ Denn das war der Rüssel. Huschke 1830 (No. 35) hielt den Rüssel für den männlichen Geschlechts- apparat und dessen vorderes Ende für einen Penis. Dementsprechend sah er in der Rüsselöffnung die Geschlechtsöffnung. Duges 1830 (No. 32) und Ehrenberg 1831 (No. 34) deuteten den Rüssel als Darm. H. Rathke (1842) erkannte den Bau des Rüssels und vor allem seine Selbständigkeit dem Darm gegenüber richtig, deutete ihn aber als Tastorgan. (Op. eit. pag. 127 und No. 42.) Oersted 1844 (No. 47) kehrte zu den Anschauungen von Huschke zurück, aber da er auch die wirklichen Geschlechtsorgane erkannte und berücksichtigte, dass sich der Rüssel in beiden Geschlechtern vorfindet, so kam er zu dem Schlusse, dass der hüssel nicht die Begattung vollführe, sondern nur zu derselben anrege. Er fasst ihn als stimulirendes Organ auf. Dieser Deutung schliesst sich Siebold in seinem Lehrbuche an. Dennoch hat man bald die Anschauung, dass der hüssel mit dem (reschlechtsapparate oder der Begattung etwas zu thun habe, fallen lassen, dafür aber um so energischer an der Ansicht festgehalten, dass der hüssel den Darmtraetus vorstelle oder doch Theile desselben zu ihm gehören. Besonders die Autorität Quatrefages 1846 (No. 54) gereichte dieser irr- thümlichen Deutung zur wesentlichen Stütze. Frey und Leuckart 1847 (No. 56) vermochten mit den richtigen Resultaten ihrer sorgfältigen Untersuchungen nicht durchzudringen. Unentwegt folgen Blanchard 1549 (No. 62) und Diesing 1850 (No. 65) Quatrefages weiter nach, und auch die Aufsehen erregenden Arbeiten von M. S. Schultze 1851 (No. 71) verdrängten nicht allenthalben die eingewurzelten Irrthümer. Williams Rhynchodäum und Rüssel. Historische Einleitung. 1852 (No. 72) z. B. lässt den Rüssel noch immer als Darm functioniren. Erst seit Keferstein 1362 (No. 97) haben Delle Chiaje und H. Rathke darin auf die Dauer Recht bekommen, dass Rüssel und Darm nichts mit- einander zu schaffen haben. G. Johnston 1837 (No. 37) war der erste Forscher, welcher darauf aufmerksam machte, dass ein Theil der Nemertinen Stilete im Rüssel besitze, ein anderer indessen nicht; darauf begründete er eine Classifi- cation, die später von M. S. Schultze 1855 (No. 76) befestigt und durchgeführt wurde, indem er die Nemertinen in Anopla (küssel ohne Stilet) und Enopla (Rüssel mit Stilet) eintheilte. Zum richtigen Verständniss des bewaflneten hüssels, welcher im Gegensatz zum waffenlosen complieirt gebaut ist, gelangte man ebenfalls erst allmählich. Quatrefages 1846 (No. 54) gab die erste genauere Beschreibung desselben, deren Werth leider wesentlich durch seine Ver- kennung des Rüssels beeinträchtigt wird. Nur den Abschnitt des Rüssels, welcher vor dem Stiletapparat liegt, bezeichnete er als Rüssel, seine übrige längere Hälfte deutete er als Darm. Die Partie, welche den Stilet- apparat enthält, nimmt er als Oesophagus in Anspruch. Uebrigens hat sich Quatrefages auch in einigen anatomischen Verhältnissen geirrt, denn das ausstülpbare Stilet liegt nicht an der hückenwand, sondern im Centrum des Rüssels, und die Art, wie er seinen Rüssel durch den „Oeso- phagus“ mit dem „Darm“ communiciren lässt, entspricht nicht dem wahren Sachverhalt. Claparede 1561 (No. 99), welcher den Rüssel richtig deutete, fand jenen engen Canal, welcher in der Stiletregion die Verbindung der vorderen mit der hinteren Rüsselhälfte aufrecht erhält, hält aber fälschlich jenen musculösen Ballon hinten für geschlossen, welcher sich zwischen Stiletapparat und hinterer Rüsselhälfte einschiebt und von Quatrefages als zweite Anschwellung des „Oesophagus“ beschrieben wurde. Eine in allen Theilen richtige Darstellung des bewaffneten Rüssels und in Sonderheit des Stiletapparates verdanken wir Keferstein 1862 (No. 97). Ein Gegenstand der Gontroverse ist bis auf den heutigen Tag die Deutung von ein Paar Taschen, von denen schon Oersted spricht 1844 (No. 47), welche seitlich vom vorstülpbaren Stilet in der Rüsselwand liegen, mehrere oder viele Stilete enthalten und sich, wie man seit Claparede sicher weiss, in die vordere Rüsselhälfte öffnen. Den Inhalt dieser Taschen hat man Neben- oder Reservestilete genannt. Oersted, obwohl von jenen wundersamen Vorstellungen über die Bedeutung des Rüssels befangen, welcher wir oben gedachten, spricht sich über die Bedeutung der Neben- stilete ganz in unserem Sinne aus, indem er sagt: „Die Räume an den Seiten bilden denn die Behälter, aus welchen neue nagelförmige Körper durch einen sehr undeutlichen Canal an das Ende des pfriemartigen Körpers geführt werden.“ Er deutet die Stilete in den Taschen als Reservestilete, zum Ersatz des centralen vorstülpbaren Stilets bestimmt. Diese Anschauung adoptirte Quatrefages, und M. S. Schultze suchte sie zu begründen. Frey und Leuckart hingegen vermögen sie nicht zu theilen, und 204 Anatomie und Histologie. Claparede meint eher, die Taschen enthalten abgeworfene centrale Stilete! Keferstein 1862 (No. 97) spricht sich ganz entschieden gegen die Deutung der Nebenstacheln als Reservestilete aus und v. Kennel 1877 (No. 146) protestirt gegen dieselbe nachdrücklich, weil er bei Geonemertes palaensis wesentliche Differenzen im Bau des Hauptstachels und der Neben- stacheln fand. | In neuerer Zeit hat sich Montgomery 1594 (No. 245) aus demselben Grunde gegen Oersted’s Deutung erklärt. Er lässt den Hauptstachel in jener Tasche entstehen, welche die Mündung des Ductus ejaculatorius aufnimmt, und sieht in den Nebenstacheln Waffen von geringerer Bedeutung. Montgomery entgegnend wies ich dann 1894 (No. 244) darauf hin, dass die Taschen, welche die Nebenstacheln enthalten, Drüsenzellen sind, eine Drüsenzelle an dem Orte, wo nach Montgomery das Haupt- stilet entstehen soll, aber nicht existirt, und vertrat auch später 1895 (No. 256) die alte Anschauung. Hubrecht 1874 (No. 130 u. 152) entdeckte den ganz abweichenden Stiletapparat von Drepanophorus, welcher mit einer grossen Anzahl von Angrifisstileten ausgerüstet ist. Die histologischen Verhältnisse des Rüssels waren, so weit es die Schichtung seiner Wandung angeht, bereits Me Intosh 1875/74 (No. 125) gut bekannt, die vielgestaltigen Elemente, namentlich seines inneren Epithels, sind indess erst in neuerer Zeit völlig aufgedeckt worden. Da- gegen bemerkten schon Frey und Leuckart 1847 (No. 56), sich gegen Quatrefages wendend, sehr richtig: „Die innere Auskleidung enthält ein zelliges Epithelium, dessen Elemente sich häufig zu einer Menge förmlicher Papillen zusammen gruppiren; Flimmereilien, wie sie de Quatrefages erwähnt, haben wir niemals wahrgenommen.“ Sehr weit ragt die Kenntniss von den Nesselzellen im unbewafineten küssel zurück, da wir sie M. Müller verdanken 1852 (No. 74). 1. Das Rhynchodäum. Als Rhynehodäum bezeichne ich mit Hubrecht jenes kurze Rohr, durch welches der hüssel nach aussen geworfen wird. Dasselbe verlängert sich in den küssel hinein, wenn dieser vollständig eingezogen ist. Hat man den Rüssel ganz aus einer Nemertine entfernt, so gehen khyncho- däum und Rhynchocölom (d. i. jener Blindsack, der den Rüssel einschliesst) ineinander über, man wird beide aber dennoch voneinander durch die ringförmige Wundnaht voneinander abgrenzen können, welche der Rüssel an seiner vorderen Insertion hinterlassen hat, die sich vor oder in der Gehirngegend befindet. Denn der vordere Rüsselrand ist am hinteren Ende des Rhynchodäums rings mit dessen Wand verwachsen. Das Rhyncho- däum durchsetzt die Kopfspitze und wird meistens von den Blutgefässen des Kopfes eingeschlossen. Nur bei Malacobdella« kann von einem Rhynchodäum nicht die Rede Rhynchodäum. 205 sein, weil sich hier der Rüssel in den vorderen Schlundabschnitt öffnet, welchen wir Atrium nannten. Das Rhynchodäum mündet mittelst einer Oeffnung nach aussen, durch welche der Rüssel ausgeworfen wird. Ich nenne dieselbe, den älteren Autoren folgend, BRüsselöffnung. Die Rüsselöffnung mündet an der Kopfspitze niemals terminal — terminal liegt das Frontalorgan — sondern stets subterminal ventral law, Rio 1,2 us2 ma His. XIV, XVI und’XVIn...In'der: Regel ist sie aber der Kopfspitze so sehr genähert, dass es äusserlich den Anschein hat, als ob sie ganz an ihrem Ende gelegen sei. Nur bei den Angehörigen einer Gattung der Heteronemertinen (Valeneinia) hat sich die Rüsselöffnung ein beträchtliches Stück von der Kopfspitze nach hinten entfernt. Während sie sich nämlich sonst bei allen Nemertinen weit vor dem Gehirn befindet, constatiren wir sie bei Valeneinia unmittelbar vor jenem (Fig. XV). Bei einer keihe von Nemertinen gewinnen die Rüssel- öffnung und das Rhynchodäum ausser der Bedeutung eines Rüssel- mundes und einer kurzen Scheide, durch welche der Rüssel nach aussen gleitet, die Bedeutung eines Speiserohres und der Mundöffnung. Denn bei der Mehrzahl der Metanemertinen — eine Ausnahme bilden die Drepanophoren und manche Amphiporen — öffnet sich der Oesophagus in das khynchodäum, sodass also sein vorderer, vor der Oefinung des Oesophagus gelegener Abschnitt als Schlund dienen muss, ebenso wie nur die Rüsselöffnung als Mund funetioniren kann (Taf. IV, Fig. 4 u. 6 und Fig. XVII u. XX). Oefters mündet der Oesophagus dicht hinter dem Gehirn in das Rhynchodäum, sodass sein „Schlundabschnitt“ sehr lang ist, häufig aber öffnet er sich dicht vor der Rüsselöffnung in dasselbe oder gar erst in die Rüsselöffnung hinein, sodass diese mit der Mund- öffnung zusammenfällt. Diese Eigenthümlichkeit findet sich bei keiner Proto-, Meso- und Heteronemertine. Die Histologie des Rhynchodäums weist in den verschiedenen Nemertinengruppen erhebliche Differenzen auf. Das Rhyncehodäum von Carinella polymorpha zerfällt in zwei Abschnitte, der vordere kennzeichnet sich durch seinen Reichthum an Drüsenzellen, der hintere durch den vollständigen Mangel derselben. Es ist von einem sehr hohen Epithel ausgekleidet, welches am Eingang dem der Haut an Höhe kaum nachsteht und erst ganz all- mählich bis zur Insertion des Rüssels niedriger wird. Das Epithel des Rhyncehodäums besteht in der Hauptsache, wie das der Haut, aus schlanken, Wimpern tragenden Zellen, die vorne wie im Hautepithel enorm lang sind, aber kein Pigment führen. Sie sitzen auf einer dünnen Grundschicht. Im vorderen Abschnitt des Rhynchodäums sind zwischen die Epithelfadenzellen, wie wir die Wimpern tragenden nach denen des 206 Anatomie und Histologie. Hautepithels nennen können, ebenso massenhaft wie in diesen Drüsenzellen eingepackt. Und zwar sind es, wie in der Haut, Packet- drüsenzellen, die sich ebenfalls mit Hämatoxylin ausserordentlich intensiv färben. Sie erfüllen das Epithel des Rhynchodäums bis zum Rande. In Folge seines Drüsenreichthums erscheint der vordere Abschnitt des Rhynehodäums als eine unmittelbare Einstülpung des Hautepithels. Das Rhynchodäum ist überall bis zur Rüsselinsertion mit einem Wimperpelz ausgekleidet. Das drüsenzellfreie Epithel des hinteren längeren Abschnittes wird schliesslich flach wie ein Pflasterepithel. Dieses geht direct in das innere Epithel des küssels über, indem es sofort wieder bedeutend höher wird. Dem Rhynchodäum fehlt eine eigene Musculatur. Der vordere Abschnitt ist unmittelbar von der Längsmuseulatur der Kopfspitze um- geben, der hintere aber in ein Gallertgewebe gebettet, sodass ihn Muskel- fasern nicht unmittelbar umschliessen. Dagegen ist die trichterartige Erweiterung, welche das Rhynehodäum vor der Rüsselinsertion erfährt, von einem dicken Ring von Ringmuskelfasern umgeben, welcher sich überall seiner epithelialen Wand anschmiegt. Er bildet einen Sphineter. Ein mit einer drüsigen Wand ausgestattetes Rhynchodäum scheint nur den Protonemertinen, diesen aber allgemein eigenthümlich zu sein, denn ausser bei den von mir sonst untersuchten Carinellen (C. polymorpha, annulata, rubicunda, superba, banyulensis, nothus, linearis) ist auch bei Carinina der vordere Abschnitt des Rhynchodäums mit einem Drüsen- zellepithel ausgekleidet, ebenso wie bei Hubrechtia desiderata, obgleich dasselbe bei letzterer viel niedriger ist als bei den zuvor genannten Arten. Bei den Heteronemertinen ist das Epithel des Rhynchodäums ganz gleichartig. Es ist überall sehr niedrig, enthält gar keine Drüsen- zellen, die Wimpern stehen überaus dünn und es stützt sich auf eine sehr feine Grundschicht, der sich die Musculatur der Kopfspitze überall innig anlegt. Im vorderen Abschnitt ist das in der Regel zwischen den Kopfeefässen eingeschlossene Rhynchodäum in die Längsmuskelfibrillen der Kopfspitze eingebettet. Vor seiner trichterartigen Erweiterung wird es von einer dichten Masse von Ringmuskelfibrillen eng, wie bei Carinella, umschnürt. Man sollte vermuthen, dass bei jenen Metanemertinen, wo das Rhynchodäum theilweise den Schlund vertritt, dasselbe im Gegensatz zu den Drepanophoren, wo Rhynchodäum und Oesophagus getrennt ausmünden, mit einer besonderen Wandung ausgestattet sei. Das ist nicht der Fall, sondern bei allen Metanemertinen ist das Rhynchodäum mit einem vorne ziemlich hohen, nach hinten niedriger werdenden Wimperepithel aus- gestattet, welches an der Rüsselwand in das der Haut übergeht, gar keine Drüsenzellen enthält und sich auf eine dünne Grundschicht stützt. Dem Rhynechodäum fehlt auch bei den Metanemertinen eine eigene Musculatur, dagegen ist es vor der trichterförmigen Erweiterung von einem sehr dicken Der waffenlose Rüssel. 307 kingmuskelringe, einem Sphincter umgürtet (Taf. IV, Fig. 7). Der Oeso- phagus öflnet sich stets vor diesem Muskelringe in das Rhynchodäum. 2. Der Rüssel. Max Schultze 1853 (No. 76) theilte die Nemertinen in 2 Ordnungen ein, nämlich 1. die Anopla, 2. die Enopla, von welchen sich erstere mit den Proto-, Meso- und Heteronemertinen, letztere mit den Meta- nemertinen decken. Max Schultze gründete seine Eintheilung auf die Organisation des hüssels. Der Rüssel vieler Formen weist nämlich einen eigenthümlichen Waffenapparat auf, an dem stiletartig gestaltete Stacheln das auf- fallendste sind, während bei einer nicht minder grossen Reihe von Formen im Rüssel nicht die Spur einer solchen Bewafinung, oder irgend etwas, das sich mit ihr vergleichen liesse oder an ihre Stelle getreten wäre, vorhanden ist. Es ist vorauszusetzen, dass der Rüssel, je nachdem, ob er einen Waffenapparat besitzt oder nicht, auch verschiedenartig gebaut sein wird. Darum wird es sich empfehlen, den waffenlosen und den bewaffneten hüssel ganz getrennt zu betrachten; wir beginnen mit jenem. a. Der waffenlose Rüssel, welcher charakteristisch für die Proto-, Meso- und Heteronemertinen ist, stellt in seiner Form einen engen Schlauch dar, der hinten geschlossen ist. Der Schlauch ist vorn am weitesten und verjüngt sich allmählich nach hinten. Er besitzt von vorn bis zu seiner Endspitze ein Lumen. In der Regel weist er weder innerlich noch äusserlich eine Gliederung in gewisse Abschnitte auf (Taf. II, Fig. 1). Nur bei Eupolia lassen sich am Rüsselschlauch zwei Hälften unterscheiden: eine vordere weitere und eine hintere engere. Beide sind gleich lang. Zwischen ihnen zeigt der Rüssel eine nur eben hervortretende zwiebelförmige Auftreibung. Auch dieser Rüssel ist von vorn bis hinten hohl, und es communiciren beide Hälften durch die zwiebelförmige Auftreibung miteinander. Die Länge des Rüssels richtet sich nicht nach der Länge des Thieres, sie steht aber in annäherndem Verhältniss zur Längsausdehnung des Rhynchocöloms. Es besitzen also die Carinellen und Eupolien, Nemertinen mit nur einem sehr kurzen Rynchoeölom, einen im Vergleich zur Länge des Körpers sehr kurzen Rüssel, die Lineiden dagegen im Allgemeinen einen langen. Während z. B. bei Eupolia delineata der küssel nicht halb so lang ist wie der Körper, ist derselbe bei Mierura dellechiajei mehr als doppelt so lang. Ich habe Rüssel von Cerebratulus marginatus vor Augen gehabt, welche 50—60 cm maassen, indess die Länge der Thiere nur 50—40 em betrug. Ein conservirter Rüssel von Mierura dellechiajei, welcher mir vorlag, maass 34 cm; die Länge des conservirten Thieres, das ihn ausgeworfen hatte, betrug 7 cm, sie mag im 208 Anatomie und Histologie. Leben 10 cm betragen haben; es ist mithin der Rüssel mehr als 3 Mal so lang als das Thier. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die kräftigen Formen der Heteronemertinen, wie die Cerebratulen, auch kräftige, dicke Rüssel be- sitzen, die dünnen aber, wie die Lineen und Micruren, dünne Rüssel haben. Der Rüssel von Mierura dellechiajei ist nicht dieker als ein Zwirns- faden, wie man ihn zum Nähen benutzt. Der Rüssel eines grossen Exemplars von Cerebratulus marginatus aber besitzt die Dicke eines schon recht starken Bindfadens. Er hat nicht selten vorn einen Durchmesser von 2—2!/, mm. Von den Formen mit kurzem Rüssel ist derselbe bei Carinella ungleich dicker als bei Eupolia, wo er in jeder Beziehung verkümmert erscheint. | Der hküssel ist normaler Weise in das Rhynchocölom eingeschlossen, welches er verschliesst, indem sein vorderer Rand vor oder in der Gehirn- reeion rings an der Wand des Rhynchocöloms inserirt ist. Ferner ist auch sein hinteres Ende durch einen wahrscheinlich stets doppelten Muskelstrang, den Retractor, an der Wand des Rhynchocöloms befestigt. Taf. I, Fig. 4 stellt eine Nemertine mit ausgestülptem Rüssel dar. Histologie. Die allgemein sehr dicke Wand des Rüsselschlauchs baut sich vor Allem aus Muskelfibrillen auf. Aussen und innen werden die Muskelschichten von Epithelien bekleidet. Ferner wird die Rüssel- wand von Nerven durchzogen. Die Muskelfibrillen des Rüssels, von denen wir hauptsächlich Ring- und Längsfibrillen unterscheiden, sind stets in Schichten ge- sondert, ebenso wie die in verschiedener Richtung verlaufenden Fibrillen des Hautmuskelschlauchs (Taf. VIIL, Fig. 3 u. 5). Wie von einem Hautmuskelschlauch dürfen wir auch von einem Rüsselmuskelschlauch reden. Und wie wir in der Anzahl der Haupt- schichten des Hautmuskelschlauchs wesentliche Differenzen bei den ver- schiedenen Ordnungen feststellten, constatiren wir eben solche im Aufbau des Rüsselmuskelschlauchs, da auch dieser bei den verschiedenen Nemer- tinenordnungen wechselt. Entweder setzt sich der BRüsselmuskelschlauch aus zwei Schichten, wie bei den Proto- und Mesonemertinen und den Eupoliden unter den Heteronemertinen, zusammen, oder aus drei, was bei der anderen Familie der Heteronemertinen, den Lineiden, der Fall ist (vel. Tat.#V LE, Hie:03,,4 55): Bei den Formen, deren Rüsselmuskelschlauch nur zwei Schichten besitzt, ist aber die Folge der Schichten als nicht durchweg über- einstimmend beachtenswerth. Nämlich bei den Proto- und Mesonemertinen ist die Längsmuskelschicht die äussere und die Ringmuskelschieht die innere; bei den den Heteronemertinen zugehörigen Eupoliden aber bildet umgekehrt die Ringmuskelschicht den äusseren und die Längsmuskel- schicht den inneren Cylinder des Rüsselmuskelschlauchs (vel. Taf. VII, Fig. 4 u. 5). Der waffenlose Rüssel. 209 Bei den Lineiden unterscheiden wir genau wie am Hautmuskel- schlauch der Heteronemertinen eine äussere und innere Längsmuskelschicht und zwischen beiden eine Ringmuskelschieht (Taf. VIII, Fig. 5). Bei den Proto- und Mesonemertinen ist aber die Folge der Haupt- schichten des Rüsselmuskelschlauchs die umgekehrte wie beim Haut- muskelschlauch (Taf. VIII, Fig. 4). Der Rüsselmuskelschlauch der Eupoliden stellt uns den der Lineiden dar, bei welchem die äussere Längsmuskelschicht ausgefallen ist (Taf. VIII, Fig. 5). Das Verhältniss der Mächtiekeit der einzelnen Schichten des Rüssel- muskelschlauchs entspricht dem, welches wir beim Hautmuskelschlauch kennen lernten. Die Ringmuskelschicht ist bei den Formen, deren Rüssel nur zwei Muskelschichten besitzt, stets viel dünner als die Längsmuskelschicht. Bei Cephalothrix bildet die Ringmuskelschicht des Rüssels nur ein einschichtiges Fibrillenlager, während die Längsmuskelschicht sehr stark entwickelt ist. Wie im dreischiehtigen Hautmuskelschlauch der Heteronemertinen ist im dreischichtigen Rüsselmuskelschlauch der Lineiden die äussere Längs- muskelschicht die bei weitem ansehnlichste geworden, und nach ihr hat sich die Ringmuskelschicht am kräftigsten entwickelt, während die innere Längsmuskelschicht die dünnste bleibt. Die Ringmuskelschicht des Rüssels der Lineiden ist complieirter gebaut und verdient eine eingehendere Betrachtung. Sie ist eine Doppelschicht, wıe das schon Me Intosh 1873/74 in Zeichnungen von Rüsselquerschnitten andeutet (No. 125, tab. 23, fie. 17). Vorzüglich illustriren diese Thatsache Längsschnitte, da die quer getroffenen Muskelfibrillen der beiden gleich mächtigen Schichten verschieden, nämlich ein wenig schief zueinander gestellt sind. Auf der Grenze beider sind in ziemlich regelmässigen Abständen Kerne vertheilt und machen das Vorhandensein von 2 Ringmuskelschiehten noch deutlicher. Die äussere Ringmuskelschicht, d. h. die dem Rhynchoceölom zugewandte, bildet 2 einander gegenüberliegende Muskelkreuzungen, welche mit den beiden Rüsselnerven über Kreuz stehen (Taf. VIII, Fig. 5). Da man die Lage der Rüsselnerven zu den Körperachsen schon unmittelbar hinter der Anheftungsstelle des Rüssels, wo eine Drehung desselben noch aus- geschlossen ist, constatiren kann, die Muskelkreuze aber erst etwas weiter hinter der Rüsselinsertion im Rüssel deutlich werden, wo er schon ge- wunden und verdreht ist, so darf die Lage der Muskelkreuze zu den Körperachsen nur aus derjenigen der Nerven gefolgert werden. Letztere aber liegen in der Ebene, welche den Körper senkrecht zur Medianebene, von Seite zu Seite gehend, schneidet, erstere folglich in der Medianebene, also genau wie diejenigen der Carinellen und von Carinoma, welche sich innerhalb der Längsmusculatur des Hautmuskelschlauchs befinden. Die Kreuzung kommt nun im Rüssel der Lineiden ganz so, wie es Bronn, Klassen des Thierreiehs, IV. 1. Spplt. 14 210 Anatomie und Histologie. bei Carinella und Carinoma beim Hautmuskelschlauch beschrieben wurde, dadurch zu Stande, dass Fibrillenzüge der äusseren Ringmuskelschicht aus deren Verbande oben und unten in der Medianebene des Rüssels her- austreten und sich, von rechts und links kommend, innerhalb der äusseren Längsmuseulatur durchflechten und kreuzen, an das äussere Epithel hinan- treten und sich unter demselben jederseits fortsetzen, sodass noch eine äusserst dünne subepitheliale Ringmusculatur, die aber wohl nicht voll- ständig ist, am äusseren Rüsselumfang hinzukommt. In Folge meiner Untersuchungen des hRüssels auf seine nervösen Elemente mit Hilfe von Methylenblaufärbung überzeugte ich mich, dass der Rüssel z. B. von Eupolia curta und Cerebratulus marginatus (das waren meine wesentlichen Versuchsobjeete) ausser den Ring- und Längsfibrillen, welche sich rechtwinklig schneiden, auch solche besitzt, welche diagonal wie die der Diagonalmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs verlaufen. Jedenfalls bilden diese aber keine bedeutendere Schicht — an Schnitten sind sie mir nicht aufgefallen. Die Elemente der Muskelschichten des Rüssels sind ganz wie die des Hautmuskelschlauchs beschaffen. Es sind Muskelzellen, an denen der Zellleib verkümmert ist und sich nur der Kern mit einem Plasmahof erhalten hat, welcher der zu einer sich an beiden Enden verjüngenden Fibrille gestalteten contractilen Substanz in der Mitte angelagert ist. Bei Euborlasia elisabethae constatirte ich, die isolirten Fibrillen be- zugsweise Zellen der Längsmuskelschicht des Rüssel- und des Haut- muskelschlauchs miteinander vergleichend, dass erstere bemerkenswerth dicker und länger als letztere werden. Der Retraetor besteht nur aus Längsmuskelfbrillen, welche sich aus der Längsmuseulatur des Rüssels in die Längsmuseulatur des Rhyncho- cöloms hinein fortsetzen. Er ist nicht nackt, sondern von einem flachen Epithel bekleidet, der Fortsetzung des (äusseren) platten Epithels des Rüssels. Davon überzeugte ich mich an Schnitten, wo ich, wenn auch nur zerstreut, die Muskelstränge des Retractors von rundlichen Kernen, die in kleinen Zellleibern liegen, umgeben fand. Es sind diese Kerne sicher keine Muskelkerne. Der innige Zusammenhang der Rüssel- und der Rhynchocölom- musculatur, hergestellt durch den Retractor, kann uns angesichts der innigen Beziehung, in welcher die Entwicklungsgeschichte des Rüssels zu der des Rhynchocöloms steht, nicht wundern. Den Rüsselmuskelschlauch bekleidet aussen eine relativ dicke, galler- tige Schicht, welche die Grundschicht eines ungemein platten Epithels bildet, in dem nur die kleinen Kerne, nicht die Zellgrenzen hervortreten. Dies Epithel wird von der Flüssigkeit des Rhynchocöloms bespült. Das Aussenepithel des Rüssels ist, obgleich es ebenfalls ausser- ordentlich niedrig ist, dennoch nicht dem Epithel des Rhynchocöloms ähnlich, da es stets vollständig glatt aussieht (Taf. VIII, Fig. 3 u. 5). Der waffenlose Rüssel. >11 Das Innenepithel, welches einer feinen Grundschicht aufsitzt, welche die innere Längsmuskelschicht auskleidet, charakterisirt eine sehr be- deutende Höhe, welche diejenige des Hautepithels in der Regel noch bedeutend übertrifft. Es erinnert übrigens in vieler Hinsicht an das Epithel der Haut. Wie dieses ist es sehr reich an mannigfaltigen Drüsenzellen und enthält zuweilen ein lebhaft gefärbtes Pigment, welches den Rüssel ganz oder in seiner vorderen Hälfte färbt oder ihm selbst eine bestimmte Zeichnung verleiht, je nachdem es in gleichartiger oder ungleichartiger Weise im inneren Epithel vertheilt ist. So ist beispielsweise der Rüssel von Carinella annulata in seinem vorderen Abschnitt braun gefärbt, im hinteren dagegen farblos. Der Rüssel von Cerebratulus melanorhynchus sieht schwarz aus und derjenige von Ü. eisigi zeigt eine grüne Grundfärbung und 3 dunkelbraune Längsstreifen. Die Drüsenzellen des Rüssels sind sehr verschiedenartig. Es giebt solche, die Bläschen, Stäbchen (Rhabditen), ja selbst Nesselelemente produeiren. Diese kennen zu lernen müssen wir den frischen, der Nemer- tine entrissenen oder von ihr ausgeworfenen hüssel studiren. Wählen wir einen farblosen Rüssel, z. B. den des sehr häufigen Cerebratulus fusceus, und betrachten ihn wie er ist oder aufgeschnitten bei schwacher Vergrösserung, so werden wir erstaunen, wenn wir als Innenepithel eine gleichartige Schicht erwartet haben sollten, anstatt dessen die Innenfläche des Rüssels mit unendlich vielen, dicht beisammen stehenden, pilzförmigen Erhebungen bedeckt zu finden (Taf. XII, Fig. 7). Der Rüssel ist nach innen ausgekleidet von Epithelpapillen, die bei ©. fuscus ganz wie Tellerpilze aussehen, denn es sitzt eine dieke runde Scheibe einem kurzen gedrungenen Stiele auf. Jede Papille setzt sich aus einer Summe von Zellen zusammen, die in ihrer Gestalt den Hautfadenzellen gleichen, da ihr äusseres Ende trichterartig erweitert, ihr basales fadendünn ist. Nun erklärt sich ohne weiteres die pilzförmige Gestalt der Papille Der Inhalt jeder Papillen- zelle aber besteht aus einer Anzahl von sehr dünnen Stäbehen. Es sind solche glänzende Schleimstäbchen, wie ich früher schon in eonservirten Rüsseln in wechselnder Grösse nachgewiesen habe. Ich vergleiche sie mit den Rhabditen (No. 217). Die Schleimstäbchen sind der Länge nach in der trichterförmigen Erweiterung der Papillenzelle angeordnet. Bei Cerebratulus urticans ist das Innenepithel rautenartig gefeldert. Jedes Feld setzt sich erstens aus eben solchen Stäbehenzellen wie die Papille von ©. fuscus zusammen. Ferner aber stecken zwischen den Stäbchenzellen in den Rautenfeldern kleine flaschenförmige Zellen, die ein sehr feinkörniges undurchsichtiges Secret führen und manchen Drüsenzellen der Haut ganz ähnlich sind. Sie fallen zwischen den glänzenden Stäbchenzellen sehr stark auf. Das Innenepithel des küssels von ©. urticans enthält aber noch eine dritte Art von Drüsen- zellen, nämlich die von Max Müller 1852 (No. 74) vor langer Zeit 14* 212 Anatomie und Histologie. entdeckten Nesselzellen. Ich habe dieselben am eingehendsten bei Mierura dellechiajeı und purpwrea studirt (Taf. XII, Fig. 5 u. 6). Bei der erstgenannten Art bildet das Innenepithel nicht Papillen, sondern eine in der Hauptsache gleichartige Schicht, welche sich vornehmlich aus kleinen kolbigen Zellen, deren Inhalt homogen ist, zusammensetzt. Zwischen diese Zellen sind Stäbchenzellen eingestreut. Ausserdem zeigt es aber zwei breite auffallende Längswülste, welche einander entgegen- gesetzt an der Innenfläche des Rüssels entlang laufen. Diese Längswülste, welche ebenfalls die Zellen mit homogenem Inhalt und die Stäbchenzellen enthalten, sind überdies gespickt mit Nesselzellen. Um die Nesselzellen näher kennen zu lernen, giebt es kaum ein schöneres Object als den Rüssel von Micrura purpurea, an dem, wie ich mich aus einer Reihe von (nicht veröffentlichten) Skizzen überzeugte, auch Hubrecht seine Studien über dieses interessante Zellelement des Nemer- tinenrüssels gemacht hat. Man hat zu unterscheiden zwischen Nesselzelle und Nesselkapsel. Jede Nesselzelle enthält immer mehrere Nesselkapseln von gleicher Grösse. Die'Nesselzellen des Rüssels von M. purpurea enthalten 4--5 Nesselkapseln. Die Nesselkapsel gleicht im Ganzen dem Samenkorn mancher Umbelliferen, z. B. des Kümmels. Aber sie stellt ein meist etwas gekrümmtes Stäbchen dar, das an beiden Enden ziemlich gleich diek und abgerundet ist. Die Nesselkapsel ist hohl, und es ist ein Faden in ihr aufgewunden, der die Nesselkapsel mehrmals an Länge übertrifft. Dieser Faden ist ebenfalls hohl und sitzt mit dem etwas diekeren Ende an dem einen Pole der Kapsel fest. Bei M. purpurea sind die Nesselkapseln nur leicht in der Zelle gekrümmt, bei M. dellechiajei und Cerebratulus urticans dagegen bilden sie vollständige Haken (Taf. XII, Fig. 6). Das kommt daher, weil sie bei den letztgenannten Arten sehr lang sind und gestreckt keinen Platz in den Nesselzellen haben würden. Völlig gerade sind ferner die sehr feinen, ganz an grössere Schleimstäbchen erinnernden Nesselkapseln der Nesselzellen aus dem Rüssel von Lineus geniculatus. Eine Nesselkapsel aus dem Rüssel von ©. urticans ist 0,1 mm lang, aber nur 0,002 mm breit. Ihr Faden erscheint auch bei mittleren Ver- grösserungen noch haarfein. Wie man bei M. dellechiajei von zwei Nesselwülsten reden darf, so ist es angezeigt, auch bei CO. urticans von zwei breiten, längs am Rüssel einander gegenüber verlaufenden Nesselbändern zu sprechen, betonend, dass die Nesselzellen nicht im gesammten Umfang der Innenfläche des küssels placirt sind, sondern wie bei der vorgenannten Mierura auf gewisse Breiten sich beschränken. Im übrigen ist der Rüssel von ©. urticans voll von Stäbchenzellen, welche sowohl in den zwischen den Nesselbändern gelegenen Rautenfeldern, als auch in den Nesselbändern stecken. Noch eine andere Art von Zellen habe ich im Innenepithel des Rüssels von Mierura fasciolata (Taf. XII, Fig. 11) aufgefunden. Hier stellen die Rhabditenzellen grosse keulenförmige Gebilde dar, welche Der waffenlose Rüssel. 213 ganz voll von Stäbchen gepfropft sind, sie liegen sogar in mehreren Schichten in der Zelle übereinander und schliessen eine bedeutend grössere Stäbchenzahl ein, als die entsprechenden Zellen von M. dellechiajei ent- halten. Zwischen ihnen aber fallen noch grössere keulenförmige Zellen auf, die ganz voll von glänzenden Kugeln sind. Fast nur aus Rhabditenzellen setzt sich das Innenepithel des Rüssels bei M. tristis zusammen. Die Histologie der vorderen und hinteren Rüsselhälfte ist auch bei den Proto-, Meso- und Heteronemertinen eine ver- schiedenartige, trotzdem wesentliche morphologische Unterschiede selten hervortreten. Sehr ausgeprägt ist die Differenz, welche hauptsächlich in der Ausgestaltung des inneren Epithels ihren Grund hat (wenn auch nicht immer was seine Zellelemente anbetrifft), bei Eupolia curta. Nur der vordere Rüsselabschnitt ist von einem papillären Epithel ausgekleidet, im hinteren dagegen ist es gleichförmiger, in beiden hat es eine drüsige Natur, indessen befindet sich zwischen vorderer und hinterer Hälfte ein- geschaltet ein ziemlich langer Abschnitt, welcher keine Drüsenzellen führt. Vor ihm erfährt der Rüssel eine kleine kuglige Verdickung, welche an die zwiebelförmige Blase der Metanemertinen erinnert. Die Papillen der vorderen Rüsselhälfte setzen sich aus einer Summe sehr langer, triehterförmig erweiterter Zellen zusammen, die ein aus kleinen Kügelchen bestehendes Secret erzeugen. Die Epithelschicht der hinteren Hälfte besteht aus sehr hellen, ungemein dicht stehenden Drüsenzellen, die gleichfalls ein Kügelchensecret produeiren, also denen der vorderen Hälfte sehr ähnlich sind (Taf. VIII, Fig. 9 u. 17). Eine derartige Differenzirung des Epithels der vorderen und hinteren Rüsselhälfte zeigen auch die Formen, deren Rüssel äusserlich die Theilung in zwei Hälften nicht erkennen lässt. So führt bei Cerebratulus fuscus nur die vordere Rüsselhälfte eine Papillenschicht, die hintere dagegen kleidet ein gleichförmiges Epithel aus. Auch histologisch verhält sich die vordere Hälfte anders als die hintere, indem nur jene Rhabditen- und Nesselzellen besitzt. Nach meinen neueren Erfahrungen geht das Rüsselepithel in gewissen Abschnitten ganz und garin der Bildung von Nessel-, Stäbchen-, Kügelechen- und anderen Drüsenzellen auf, und es fehlen in ihm vollständig indifferent zu nennende, den Haut- fadenzellen vergleichbare Zellen. Es setzen sich z. B. sicher die Papillen des Rüssels von Eupolia nur aus Secretzellen zusammen und ganz gewiss besteht auch das Epithel des hinteren Rüsselabschnitts dieser Art nur aus solchen. Im küsseleingang hingegen fehlen die verschiedenartigen Drüsen- zellen, hier besteht es aus Wimperzellen, welche sich wie die Hautfaden- zellen verhalten. Zwischen den Papillen wird sich wahrscheinlich wie bei den Meta- 214 Anatomie und Histologie. nemertinen am gleichen Ort ein nicht drüsiges, aber auch nicht wimperndes Plattenepithel befinden. Alle die nach ihren Producten verschiedenartigen Drüsenzellen, die Rhabditen- und Nesselzellen nicht ausgenommen, müssen wir als um- oewandelte Epithelfadenzellen, wie sie im Rüsseleingang noch erhalten sind, auffassen. Sie gleichen ihnen ja auch noch in der Form, indem ihre Köpfe trichterartig erweitert, ihre basalen Enden fadendünn sind. Jede Zelle besitzt einen elliptischen Kern, der im basalen Abschnitt liegt. Da es mir nicht möglich war, viele unbewafinete Arten hinsichtlich der Histologie ihres Rüssels zu untersuchen, oder mich aus der Litteratur über sie zu informiren, so zog ich es wiederum vor, anstatt einer allgemeinen Darstellung, eine solche an der Hand einiger bestimmter Beispiele zu geben, aus der aber wohl folgendes Ergebniss, dass eine allgemeine Gültigkeit haben dürfte, zu ziehen ist. Der Rüssel der unbewaffneten Nemertinen zerfällt selten in äusserlich festzustellende Abschnitte, sondern bildet einen hinten ge- schlossenen Schlauch, der sich allmählich von vorn nach hinten verjüngt, Er ist mittels Längsmuskelfibrillenzüge, die den Ketraector bilden, an der Wand des Rhynchoceöloms in seinem hinteren Abschnitt festgeheftet. Seine Wand besteht aus einem dicken Muskelschlauch, der sich in 2 oder 3 Hauptfibrillenschichten zerlegen lässt. Den Muskel- schlauch umkleidet aussen ein Plattenepithel, innen ein sehr hohes Epithel, das im vorderen hüsselabschnitt häufig Papillen bildet oder gefeldert erscheint. In der hinteren KRüsselhälfte dagegen bildet das innere Epithel stets eine hohe, gleichförmige Schicht. Die Epithelzellen, bezugsweise die Zellen der Papillen des vorderen Rüsseleylinders, sind ganz allgemein Rhabditen-, d. h. Schleimstäbchen- zellen. Viele Nemertinen besitzen ausser diesen Nesselzellen. Vielleicht sind letztere in ihrem Vorkommen auf die Lineiden beschränkt und finden sich auch unter diesen wahrscheinlich nur bei einer Keihe von Arten. Ich wies sie bei Angehörigen der Gattungen Lineus, Micrura und Üere- bratulus nach. Die Nesselzellen bilden Nesselwülste. Im hinteren Rüsselabschnitt fehlen die Rhabditen- und Nesselzellen. Dort setzt sich das Epithel lediglich aus Zellen zusammen, die Kügel- chen oder ein homogenes Secret produeiren. Der Rüssel aller unbewaffneten Arten, d. h. der Proto-, Meso- und Heteronemertinen, wird nur durch zwei Nerven (Taf. VIII, Fig. 3—5 und Taf. IV, Fig. 2), die vom Gehirn abgehen, versorgt. Sie verlaufen in den Seitenlinien des Rüssels und sind bei den Proto- und Mesonemer- tinen, ferner bei den Eupoliden unmittelbar unter das innere Epithel gebettet, bei den Lineiden dagegen zwischen Ring- und innere Längs- muskelschicht eingeschlossen. Bei allen Formen verästeln sich diese beiden Nerven sehr stark, besonders bei Eupolia, sodass man hier im Rüssel anstatt der zwei Nerven-Querschnitte, die sonst immer deutlich hervor- Der bewaffnete Rüssel. 215 treten, eine Nervenschicht constatirt. Die Nerven setzen sich bis in das hinterste Ende des Rüssels fort. b. Der bewaffnete Rüssel charakterisirt die Metanemertinen. Er besitzt auch bei denjenigen Formen dieser Ordnung, bei welchen das Rhynchocölom die grösste Ausdehnung erreicht, indem es sich bis zum Anus nach hinten erstreckt, keine im Verhältniss zum Körper übermässige Länge. Indessen geht die Entwicklung des Rüssels, sowohl was seinen Umfang als seine Länge anbetrifft, eben- falls Hand in Hand mit der Ausdehnung des Rhynchocöloms, indem eine Art mit sehr kurzem und engem Rhynchocölom, wie z. B. Eunemertes, einen im Verhältniss zur Körperlänge äusserst dünnen und kurzen Rüssel, Arten hingegen, bei denen sich das Rhynchocölom bis zum After nach hinten erstreckt, wie z. B. Amphiporus, Drepanophorus und selbst Tetra- stemma, einen relativ langen und gedrungenen besitzen. Sehr dünn und kurz ist der Rüssel ferner bei Ototyphlonemertes, die auch ein kurzes Rhynchocölom charakterisirt. Die grössten Rüssel überhaupt haben Amphiporus und Drepanophorus, zu welchen die gedrungensten Formen der Metanemertinen gehören. Schon mit unbewaffnetem Auge überzeugen wir uns davon, dass der Rüssel der Metanemertinen, welcher wie derjenige der unbewaffneten Arten kurz als ein hinten geschlossener Schlauch charakterisirt werden kann, sich aus zwei gleichlangen, aber ganz ungleich dicken Röhren zusammensetzt (Taf. II, Fig. 3 und Taf. XI, Fig. 6). Das vordere Rohr besitzt einen vier- und mehrfach grösseren Durchmesser als das hintere, welches sich allmählich nach hinten verjüngt und in eine feine Spitze auszieht. Von dem hintersten Ende des Rüssels geht der Retractor ab, der aus zwei Muskelsträngen, die sich an der Rhynchoeölomwand anheften, besteht. Das vordere Rohr ist in seiner ganzen Länge fast gleichdick. Sein Durchmesser nimmt von vorn nach hinten etwas zu. Es entgeht uns auch bei der Betrachtung mit blossem Auge nicht, dass das vordere Rohr mit einer kugligen Auftreibung abschliesst und sich infolgedessen noch unvermittelter gegen das hintere absetzt. Wenn wir aber einen Rüssel, z. B. von Amphiporus, mit schwachen Vergrösserungen studiren, so bemerken wir, dass die kuglige Auftreibung auch gegen den vorderen Abschnitt durch eine deutliche Einschnürung abgesetzt ist. Diese Ein- schnürung ist indessen nicht immer ausgebildet, sie fehlt z. B. bei Eunemertes. Demnach werden wir am Metanemertinenrüssel einen vorderen, mittleren und hinteren Abschnitt unterscheiden. Das vordere Rohr besitzt bei einem recht grossen Drepanophorus gelegentlich einen Durch- messer von 4 mm. Der Rüssel weist im Innern mit den äusseren Abschnitten corre- spondirende Abtheilungen auf (Taf. II, Fig. 3). 216 Anatomie und Histologie. Er besitzt zwei Haupteavitäten, welche im vorderen und hinteren Abschnitt enthalten sind. Die Cavität des vorderen Abschnittes, welche eine dickere Wandung hat als die des hinteren, ist so geräumig, dass der hintere Rüsselcylinder sich vielfach in jener aufrollen kann. Beide Cavitäten communiciren miteinander, aber nicht so direet wie im Rüssel von Eupolia, in welchem ja ebenfalls zwei Räume gemäss den beiden äusserlich gut markirten Abschnitten zur Geltung kommen. Das hintere enge Küsselrohr mündet — nehmen wir Nemertopsis peronea als Beispiel — durch einen kurzen engen Canal in eine zwiebel- förmige Blase, welche sich in der kugligen Auftreibung im mittleren Abschnitt des Rüssels befindet (Taf. XII, Fig. 2, vergl. auch Fig. XXIII bis XXVII). Diese Blase und der Hohlraum des vorderen Rüsselcylinders communieciren nur durch einen ausserordentlich engen Gang miteinander. Das kommt daher, weil sich im hinteren Ende des vorderen Rüsselcylinders ein dicker Gewebswulst wie ein Pfropf entwickelt hat, der lediglich von jenem sehr engen Gang durchbrochen wird (Taf. XI, Fig. 15). Derselbe mündet an der vorderen Wand des diaphragmaartigen Wulstes, den ich auch künftig das Diaphragma des Rüssels nennen will, aus, und zwar, indem er sich in eine nach hinten erweiterte Vertiefung desselben öffnet, die sich wie ein Trichter nach vorne verjüngt; ich bezeichne sie als Trichter des Rüssels. Der Trichter öffnet sich mittels eines sehr kurzen Rohres, des Trichterrohres, in die vordere küsselcavität, d.h. in den vorderen Rüsseleylinder (Fig. XXVII). Wir haben uns demnach davon überzeugt, dass die hintere dünne Rüsselhälfte den engen hinteren Rüsselraum enthält (ich bezeichne sie als hinteren Rüsseleylinder) und dieser mittels eines kurzen Canals, dessen geringer Durchmesser durch die sehr starke Einschnürung bedingt ist, welche der Rüssel zwischen mittlerem und hinterem Abschnitt erfährt, in die Blase des mittleren Abschnitts mündet. Es wird dieser Canal hinfort einfach Canal, die Blase Ballon des Rüssels genannt werden. Der Ballon verjüngt sich in ein Rohr, welches das Diaphragma durch- bricht, es ist der Duetus ejaculatorius (dureh ihn wird bei dem zum Angriff bereiten Rüssel ein Secret ausgespritzt) (Fig. XXIX), dieser öffnet sich in den Trichter, welcher durch das Trichterrohr mit dem vorderen weiten Rüsseleylinder communicirt. Die interessanteste Region des Rüssels ist die mittlere, also die Gegend des Diaphragmas, weil diese einen Waffenapparat enthält. Bleiben wir, um auch diese Verhältnisse klarzulegen, bei unserem Beispiele, Nemertopsis peronea. In ihrem Rüssel sehen wir die Mitte des Trichters einen stiletförmigen Stachel einnehmen. Er sitzt fest auf einem abgestumpften, langen, dunklen Kegel, der aus einer körnigen Masse gebildet ist und mitten im Diaphragma steckt (Taf. XII, Fig. 2). Kegel und stiletförmiger Stachel sind mit ihrer Längsachse in der Längs- achse des hüssels orientirt, die Spitze des Stachels ist nach vorne ge- richtet. Ausser diesem Stachel sehen wir noch ebenso gestaltete Stacheln Der bewaffnete Rüssel. 2 in der Wand des hüssels dort liegen, wo das Diaphragma in sie vorne übergeht; und zwar stehen rechts und links je 3 Stacheln, von denen je 2 Stacheln dem in der Mitte des Rüssels befindlichen zum Verwechseln ähnlich sind, der dritte aber sowohl rechts als links viel dünner ist und auch anders aussieht. Die 3 Stacheln jeder Seite sind aber nicht in einer Art Fundament wie der einzige Stachel mitten im Rüssel befestigt, sondern sie liegen jederseits in einer Tasche, und zwar ebenfalls längs, nur ein wenig schief; aber es zielen je zwei mit der Spitze nach vorn (je ein dicker und der dünnere) und nur je einer nach hinten. Jede Tasche, die eiförmig gestaltet ist, öffnet sich mittels eines kurzen Canals, der an der vorderen Wand des Diaphragmas ausmündet, unmittelbar in den vorderen Rüsseleylinder — und nicht etwa in den Trichter. Wir wollen den mittleren Stacheln das Angriffsstilet (und nicht das Hauptstilet) und die Stacheln in den Taschen die Reservestilete (und nieht die Nebenstilete, wie gemeiniglich geschehen) nennen. Die Gründe für unsere Bezeichnung brachte schon die Einleitung zum 9. Capitel. Das körnige, kegelförmige Fundament des Angriffsstilets bezeichnen wir als seine Basis. Im Bau des Rüssels waltet bei allen Metanemertinen eine merkwürdige Uebereinstimmung, sodass wir unser an einem Beispiele gegebenes Bild wenig zu modificiren brauchten, wollten wir ein solches vom küssel vieler anderer bewaffneten Nemertinenarten geben. Nur bei einer Gattung, nämlich bei Drepanophorus ist der Rüssel wesentlich anders gebaut (Taf. XII, Fig. 3, 4 u. 10). Wir erkennen (Taf. XII, Fig. 4) an ihm noch deutlicher als bei Amphiporus schon mit unbewafinetem Auge drei Abschnitte, nämlich eine dicke vordere, eine dünne hintere Hälfte und dazwischen eine birnförmige Auftreibung. Aber schärfer als bei Amphiporus ist diese Verdickung gegen die vordere hüsselhäfte, welche dem vorderen Rüsseleylinder ent- spricht, durch eine tiefe ringförmige Einschnürung abgesetzt. Vorderer und hinterer Rüsseleylinder (letzterer ist die hintere Rüsselhälfte) stehen in demselben Umfangsverhältniss zu einander wie beim Rüssel von Ampht- porus. Ebenso ist das Grössenverhältniss des ganzen Rüssels zum Thier- körper ein gleiches wie bei dieser Art. In seinem äusseren Habitus verräth der Rüssel von Drepanophorus dem blossen Auge mithin nichts Absonderliches. Betrachten wir ihn nunmehr aber mit schwächeren und mittleren Vergrösserungen. Zuerst überzeugen wir uns davon, dass er einen Schlauch bildet, der in zwei Hälften abgetheilt ist, nämlich den vorderen und hinteren Rüssel- cylinder. Wir gewahren ferner, wie sich der hintere Rüsseleylinder im mittleren Rüsselabschnitt zu einem Ballon erweitert und wie der Ballon durch einen engen, aber überaus kurzen Canal mit dem vorderen Rüssel- eylinder communieirt. Denn auch bei Drepanophorus ist der vordere Rüsseleylinder durch einen Gewebswulst verstopft, welcher von dem kurzen 218 Anatomie und Histologie. Canal, in welchen der Ballon sich nach vorn verjüngt, durchbrochen wird. Wir dürfen auch diesen Canal Ductus ejaculatorius nennen, obwohl er bei weitem nicht jene Ausdehnung wie bei den übrigen Metanemertinen erreicht. Den Gewebspfropf bezeichnen wir ebenfalls als Diaphragma. Im Duetus ejaculatorius an der Wand des Diaphragmas sehen wir ein sichelförmiges Gebilde, dem kurze Stacheln aufsitzen, und das wie eine kleine Säge aussieht. Die Sichel ist der Länge nach im vordersten Ende des Ductus ejaculatorius dort, wo sich derselbe in den vorderen Rüsseleylinder öffnet, befestigt. Es ist die Sichel die Basis der Angriffsstilete, äls welche die kleinen Stacheln, die ihrer convexen Seite aufsitzen, zu betrachten sind. Jederseits bemerken wir ferner eine grössere Zahl von kleinen Taschen, welche durch lange feine Schläuche mit der Basis der Angriffsstilete in Verbindung stehen, deren jede eine grössere Anzahl eben solcher Stiletehen enthält, wie sie die Angriffsstilete darstellen (Taf. XII, Fig. 5 u. 10). Bei Drepanophorus crassus — um uns wiederum an eine bestimmte Art zu halten — ist die Basis mehr haken- als sichelartig gekrümmt, indem sie hinten besonders stark einwärts umgebogen ist. Die Sichel ist an ihrer Aussenseite zugeschärft, ihre Innenseite, mit der sie der Rüsselwand anliegt, ist verbreitert. Die Angrifisstilete, welche der scharfen Seite der Sichel aufsitzen, stehen nicht gerade, sondern schräg; sie sehen alle mit der Spitze nach einer Richtung, und zwar nach vorne. Die Sichel gleicht also mit ihren Stileten ganz und gar einer Säge, bei der ja die Zähne auch schräg stehen. Jedes kleine Angriffsstilet, von denen die Sichel bei D. erassus ca. 20 trägt, ist en miniature — denn es ist ganz bedeutend kleiner — ebenso gestaltet, wie das Angriffsstilet der meisten anderen, nur mit einem einzigen solchen ausgerüsteten Nemertinen. Es besitzt ebenfalls jedes Stiletehen einen Knauf. Derselbe ist dick und scheibenförmig und im Hinblick auf das sehr kurze, an der Basis aber unverhältnissmässig breite Stilet übermässig gross. Jedes Stilet verjüngt sich allmählich in eine Spitze. Die Angrifisstilete sind nicht alle von gleicher Grösse, sondern die (fünf) vorderen sind merklich kleiner als die hinteren. D. erassus besitzt im ganzen etwa 20 Angrifisstilete und jederseits 9 Reservestilettaschen. Letztere sind die kleinen birnförmigen Er- weiterungen der von der Basis der Angriffsstilete jederseits zur Peripherie des Rüssels zu verfolgenden Schläuche. Jede Tasche enthält 12 Reserve- stilete, die bis auf die im Werden begriffenen ganz den Angriffsstileten gleichen. Mithin enthält der Rüssel von D. erassus bei 20 Angrifisstileten etwa 216 Reservestilete! Ausserdem bemerken wir peripher jederseits im Diaphragma einen Drüsenzellhaufen, dessen Secretstrassen gleichfalls zur sichelförmigen Basis ziehen. Der Stiletapparat der anderen Drepanophoren ist wesentlich wie der Der bewaffnete Rüssel. 219 beschriebene gebaut. Die Zahl der Angriffsstilete schwankt um 20 herum, ihr entspricht, wie schon Hubrecht bemerkte, annähernd die Zahl der Reservestilettaschen, von denen ich nie wesentlich mehr, nie wesentlich weniger bemerkte. Am frischen Rüssel von Drepanophorus bemerken wir, dass die Innen- wand des Ballons in seinem vorderen Abschnitt und der Duetus ejaculatorius lebhaft gelb gefärbt sind (Taf. XII, Fig. 3 u. 4). Diese Färbung rührt von dem Secret von Drüsenzellen her, welche den Ballon innen aus- kleiden. Hinsichtlich des Baues des Rüssels der übrigen Metanemertinen mit einem Aneriffisstilet finde Folgendes hier Platz. In der Hauptsache wie der Rüssel unseres Beispiels Nemertopsis peronea sind die Rüssel der Amphiporen und Tetrastemmen gebaut. Dagegen zeigen diejenigen von Eunemertes (Fig. XXIV) und Ototyphlonemertes Abweichungen im mittleren Abschnitt. Bei diesen mit sehr dünnen küsseln ausgestatteten Thieren ist nämlich das Diaphragma ausserordent- lich lang und in Folge dessen ist auch der Ductus ejaculatorius viel länger als bei Nemertopsis peronea, den Amphiporen und Tetrastemmen. Ferner aber ist der Canal zwischen vorderem Rüsseleylinder und Ballon doppelt oder fast dreimal so lang geworden, als der Ballon im Längs- durchmesser misst. Die ungewöhnliche Länge des Canals ist besonders für alle bekannten Eunemertes höchst charakteristisch. Damit haben wir die Manniefaltigkeit der Organisation des Rüssels hinsichtlich der Gestaltung und der Grössenverhältnisse seiner Räume und Abschnitte erschöpft. So viel Uebereinstimmung in den Fundamenten der Küsselorganisation herrscht, so ausserordentlich variirt sie von Art zu Art, was im Einzelnen den Stiletapparat anbetrifft. Es ändert sich die Gestalt der Stilete und der Basis, es machen sich auffällige Unterschiede in dem Längenverhältniss von Stilet und Basis geltend, es wechselt die Zahl der Reservestilettaschen. Bei Nemertopsis peronea (Taf. XII, Fig. 2) ist das Angriffsstilet ein im Querschnitt rundlicher, nach vorne sich allmählich zu einer scharfen Spitze verjüngender Stachel, welcher ein wenig länger als seine Basis ist. Die Länge des Angrifisstilets verhält sich zur Länge seiner Basis wie 2:2,5. Zwei von den Reservestileten gleichen dem Angriffsstilet völlig, und besser als bei diesem, wo sich das hintere Ende in die Basis einsenkt, sehen wir bei jenen am hinteren verdickten Ende einen Knauf (Taf. XII, Fig. 2 a), welcher wie eine Kreuzblume gestaltet ist. Dem dünneren Stilet in jeder Tasche fehlt der Knauf noch, es ist nämlich noch im Werden begriffen. Die Basis des Angriffsstilets gleicht einem vorne abgestumpften Kegel, welcher hinten abgerundet ist. Es sind zwei Reservestilettaschen vorhanden, jede enthält zwei fertige und ein in Bildung begriffenes Stilet. 320 Anatomie und Histologie. Wie völlig anders als dieser Stiletapparat sieht der von Eunemertes gracikis aus (Fig. XXIV). Das Angriffsstilet dieser Art ist nicht gerade, sondern wie ein Türken- säbel gekrümmt und viel kürzer als seine Basis; das Verhältniss ist annähernd 3:5. Die Reservestilete, deren jede der beiden vorhandenen Taschen eine grössere Anzahl (etwa 8) enthält, sind gleichfalls gekrümmt. Sie sind alle ohne Knauf. Die Basis des Angrifisstiletes gleicht einem kurzen Gehstocke mit einem dicken scheibenförmigen Griffstück. Das Anegriffsstilet sitzt demnach vorn am verjüngten Ende der schlanken geraden Basis auf. Doch wir haben den Stiletapparat zweier Arten von verschiedenen Gattungen skizzirt. Sollten auch bei den nächsten Verwandten, bei den Arten derselben Gattung derart hervorstechende Unterschiede existiren ? Gewiss. Aber bei den Angehörigen mancher Gattung in besonderem Maasse. So bei den Arten von Eumemertes, wo jede allein durch ihren Stiletapparat vorzüglich charakterisirt ist. Man beachte nur das Verhältniss der Länge vom Angriffsstilete und seiner Basis bei Eunemertes marioni, echinoderma und antonina! Bei E. marioni (Fig. XXVII) ist es kaum halb so lang, bei echinoderma (Fig. XXV) etwa ein drittel, bei antonin« (Fig. XXVI) aber über doppelt so lang als die Basis. Man vergleiche sodann die Gestalt der Basis von E. echinoderma, wo sie in der Mitte eine starke, ringförmige Einschnürung aufweist, mit derjenigen von E. marioni, welche spindelförmig ist! Die drei genannten Eunemertes besitzen zwei Reservestilettaschen mit nur je zwei heservestileten. Bei den Amphiporen aber und den Tetrastemmen fehlen derartig ins Auge springende Unterschiede im Bau des Stiletapparats der verschiedenen Arten fast völlig und herrscht eine sehr bedeutende, bis ins Einzelne gehende Uebereinstimmung in seiner Ausbildung. So sind z. B. fast allen Tetrastemmen zwei Reservestilettaschen mit je nur zwei Reserve- stileten eigenthümlich. Die Reservestilettaschen finden sich bei den mit nur einem Aneriffsstilet ausgestatteten Nemertinen in der Regel paarig, und soviel mir bekannt, sind nur unter den Amphiporen Formen mit mehr als zwei Reservestilettaschen aufgefunden. Sg berichtet Hubrecht 1830 (No. 162) von einer neuen Art des Golfs von Neapel, Amphiporus pugnax, deren küssel durch sieben Reservestilettaschen ausgezeichnet ist. Auch mir sind Amphiporen mit mehr als zwei, nämlich 5 Reservestilettaschen in Neapel zu Gesicht gekommen (Fig. XXIII). Die grösste bisher bei Nemertinen mit nur einem Angriffsstilet be- obachtete Zahl von Reservestilettaschen constatirte ich 1893 (No. 258) bei zwei Amphiporen Südgeorgiens. Die eine Art (A. spinosus) besitzt 3 Reservestilettaschen, deren jede 3 fertige Reservestilete enthält, die andere (A. spinosissimus) 11 oder 12; hier liegen in jeder Tasche 2 Reserve- stilete. Bei den beiden Arten kommen demnach 24 bezugsweise 22 Reservestilete auf nur ein Angriffsstilet, das, wie bei den Der bewaffnete Rüssel. Da. Fig. XXIV. Fig. XXIO. ast - VrZ bus... 7stl- hrz Fig. XXV. Fig. XXVl Fig. XXVI. vrz vrZ Iv27 1 hrz Fig. XXIT—XXVI. Stiletapparate verschiedener Metanemertinenrüssel. Fig. XXIII. von Amphiporus validissimus. - XXIV. - Eumemertes gracilis. Eu REKEN SE = - echinoderma. RR = - antonina. - XXVI. - - marioni. Es bedeuten: ast, Angriffsstilet; Das, Basis des Angriffsstiletes; Dl, Ballon (— zwiebel- förmige Blase); c, Canal zwischen Ballon und hinterem Rüsseleylinder; dej, Ductus ejaculatorius; Arz, hinterer Rüsseleylinder; stdr, Drüsen der Basis; rstt, Reservestilete; vrz, vorderer Rüsseleylinder. 189) 22 Anatomie und Histologie. Amphiporen mit nur zwei Reservestilettaschen auf einer kegelförmigen Basis sitzt, die mitten im Diaphragma des Rüssels steckt. Die Reserve- stilettaschen jener Sonderlinge bilden in der Rüsselwand einen Kranz um das Angriffsstilet herum. Wie sehr auch bei den allernächsten Verwandten der Bau des Stiletapparats differiren kann, dafür liefern /’rosorhochmus claparedi Kef. von Nizza und Prosorhochmus korotneffi Bürg. von Neapel ein gutes Beispiel. Die Form von Nizza hat ein relativ langes Angriffsstilet; dasselbe ist wenig kürzer als seine Basis. In jeder Reservestilettasche liegen 4 Reservestilete.e Die Stilete besitzen einen ungetheilten knopfartigen Knauf. Die Basis ist hinten kuglig verdickt, vorne dünner und mit einer starken ringartigen Einschnürung in der Mitte versehen. Die Form von Neapel hat ein relativ kurzes Stilet, indem dasselbe nur wenig mehr als die Hälfte der Länge der Basis misst. Das Stilet besitzt einen Knauf, der wie bei Nemertopsis peronea wie eine Kreuzblume gestaltet ist, jede Reservestilettasche führt nur 2 Reservestilete, die Basis ist kegelförmig, hinten gerade abgeschnitten und nach vorne ein wenig verjüngt. Sonst sind sich jene beiden Arten ungemein ähnlich. Im Allgemeinen ist das Stilet gerade. Nur bei Eunemertes gracilis sind alle Stilete gekrümmt (Fig. XXIV). Dasselbe kommt häufiger der Basis an Länge gleich oder übertrifft sie selbst, als dass es hinter ihr erheblich an Länge zurücksteht. Der Knauf ist in der Regel knopf- oder scheiben- förmig und ungetheilt. Es sind bei den Metanemertinen mit einem Angriffsstilet meist nur 2 Taschen (nie eine!) mit Reservestileten vor- handen und selten führen dieselben mehr als 7—8 Reservestilete, am häufigsten 2, 3 oder 5 — niemals nur 1. Die Basis ist seltener ein abgestumpfter Kegel, sondern sehr häufig mit einer ringartigen Einbuchtung versehen, die sie in zwei fast kugelförmige Abschnitte zerlegt. Es ist längst bekannt, dass einigen Metanemertinen ein Stilet- apparat fehlt. Bestimmt gilt dies für Pelagonemertes und Malacobdella. Bei Eumemertes carcinophila Köll. soll nach Me Intosh der Stilet- apparat ein unvollständiger sein, indem nur ein Angriffisstilet vor- handen ist, indess die Reservestilettaschen und mithin auch die Reserve- stilete fehlen (No. 125, pag. 180, Tab. 12, Fig. 14). Histologie. a. Aufbau der Wandung. Der Rüssel der Metane- mertinen ist wie derjenige der Proto-, Meso- und Heteronemertinen ein Muskelschlauch, welcher aussen von einem plattenartigen, innen einem sehr hohen Epithel bekleidet ist. Wir constatirten aber, dass die Wandung dieses Schlauches den verschiedenen Abtheilungen entsprechend, welche der Metanemertinenrüssel aufweist, verschiedenartig gebaut ist, obwohl sie immer aus einem Innen- und Aussenepithel und einer zwischen diesen beiden Deckschichten eingeschlossenen Museulatur besteht (Taf. XI, Fig. 15 und 16). Der bewaffnete Rüssel. 3933 Die Musculatur setzt sich aus verschiedenen Schichten zusammen, und wir werden erfahren, dass in der Wand des einen Raumes diese, in der Wand eines anderen jene Schichten mächtig sind, während andere abnehmen oder selbst verschwinden. Der Muskelschlauch des vorderen Rüsseleylinders von Amphiporus marmoratus, welchen ich als Beispiel wähle, setzt sich aus einer unter dem äusseren Epithel und einer unter dem inneren Epithel gelegenen Ring- und einer zwischen jenen ein- geschlossenen Längsmuskelschicht zusammen. Wir haben mithin in der Wand des vorderen Rüsseleylinders eine äussere Ring-, eine Längs- und eine innere Ringmuskelschicht zu beachten. Die äussere unmittelbar unter dem Plattenepithel ausgebreitete Ring- muskelschicht ist im vorderen Rüsseleylinder sehr dünn und nicht immer leicht zu constatiren, die innere dagegen bildet einen diekwandigen Schlauch. Viel mächtiger als beide Ringmuskelschichten zusammen ist die Längsmuskelschicht. Während sich also die Wand des vorderen Rüsseleylinders aus 3 Muskelschichten zusammensetzt, zerlegt sich die des hinteren nur in 2, da die innere Ringmuskelschicht in ihr ausgefallen ist (Taf. XI, Fig. 20). Dagegen ist nunmehr die äussere Ringmuskelschicht viel dicker als im vorderen Rüsseleylinder geworden. Die Längsmuskelschicht, welcher hier das innere Epithel unmittelbar aufsitzt, ist zwar noch immer recht ansehnlich, dagegen hat sie im Vergleich zu der Mächtigkeit, die sie im vorderen Rüsseleylinder besass, sehr (wohl mindestens um die Hälfte) an Stärke verloren (Fig. XXVII u. XXIX). Der hintere Rüsseleylinder geht, indem er sich beträchtlich verengt, in den Canal über. Seine Wandung verändert sich zuerst nicht. Sobald der Canal aber in den mittleren kuglig verdickten Abschnitt des Rüssels hineintritt, wird er von dessen sehr mächtig entwickelter Museulatur eingeschlossen. Die Museulatur des mittleren Rüsselabschnitts, welche die Wandung des Ballons bildet, besteht aus meridianartig und diagonal verlaufenden Ringfibrillen; sie gleicht sehr derjenigen, die wir an blasenförmigen Organen zu finden gewohnt sind (Taf. VIII, Fig. 6). Der Canal wird, ehe er sich in den Ballon erweitert, innerhalb jener ihn einschliessenden dieken Musculatur des mittleren Rüsselabschnitts noch von einem besonderen Ringmuskel umgeben, der einen Sphincter bildet, welcher den Canal völlig gegen den Ballon abzuschliesen vermag (Fig. XXVIII u. XXIX, sphh). Es ist noch hinzuzufügen, dass sich sowohl dicht unter dem inneren Epithel des Canals als auch dem des Ballons eine dünne Längsmuskelschicht als Fortsetzung der Längsmuskel- schicht des hinteren Rüsseleylinders erhalten hat. Dort, wo der Ductus ejaculatorius, in welchen sich der Ballon nach vorne verjüngt, in das Diaphragma hineintritt, umgürtet ihn ein im Diaphragma gelegener sehr starker Ringmuskel, einen zweiten Sphineter (Fig. XXVIII u. XXIX, sphv) bildend, welcher den Duetus ejaculatorius 224 Anatomie und Histologie. gegen den Ballon und somit den vorderen Rüsseleylinder gegen den Ballon und den hinteren Rüsselcylinder abzusperren vermag. Dieser Sphincter ist viel stärker als der des Canals. Ein Abschnitt des Sphineters liegt genau unter der Basis des Angrifisstilets, und in diesem ist er etwa 2—3mal dicker als in dem gegenüberliegenden. Fig. XXVII. Fig. XXIX. -sphh --ITZ Fig. XXVIH. Längsschnitt durch die mittlere Partie des ruhenden Rüssels von Pro- sorhochmus korotneffi Bürg. Fig. XXIX. Längsschnitt durch das vordere Ende des ausgestülpten Rüssels von Amphi- porus marmoratus Hubr. Es bedeuten: ast, Angriffsstilet; dl, Ballon (zwiebelförmige Blase); dej, Ductus ejacula- torius; dr, Drüsen der Basis; Arz, hinterer Rüsseleylinder; pa, Papille; rn, hinterer, rnmv, vorderer Nervenring; sphh, hinterer, sphv, vorderer Sphincter; »rz, vorderer Rüsseleylinder. Die Museulatur des Diaphragmas setzt sich im Wesentlichen aus Längsmuskelfibrillen zusammen, die im Zusammenhang mit der Längs- muskelschicht des vorderen Rüsseleylinders stehen. Beide Schichten der Längsmusculatur des vorderen Rüsseleylinders, sowohl die innerhalb des Nervenkranzes als die ausserhalb desselben gelegene, setzen sich nämlich in das Diaphragma fort. Ein Theil der Fibrillen dieser Schichten tritt in Zusammenhang mit der Musculatur des Ballons, ein anderer aber biegt sich mit scharfem Winkel um und heftet sich an die Basis des Angriffs- stiletes in deren gesammtem Umfang an. Den Trichter kleidet eine dieke Ringmuskelschicht aus. Den Rüssel umgiebt aussen ein Plattenepithel. Dasselbe ist in allen Abschnitten des Rüssels gleich niedrig und lässt nur die kleinen länglichen Kerne, aber keine Zellgrenzen erkennen. Dasinnere Epithel bildetim vorderen Rüsseleylinder Papillen, im hinteren eine sehr hohe gleichförmige, ununterbrochene Schicht (Fig. XXVII u. XXIX). Der bewaffnete Rüssel. 335 Die Papillenschicht reicht bis zum Trichter nach hinten. In diesem ist das Epithel ebenso wie im Ducetus ejaculatorius ganz niedrig und erinnert an das Aussenepithel. Im Ballon (Taf. VIII, Fig. 6) dagegen erhebt es sich wiederum zu einer sehr hohen Schicht, welehe dem Epithel des hinteren Rüsseleylinders an Höhe nicht nachsteht. Im Canal plattet es sich abermals ab, und geht sodann in das von vorne bis hinten ziemlich gleich hohe Epithel des hinteren Rüsseleylinders über. Der Drüsenkranz der Stiletregion, welcher uns bereits im lebenden Rüssel auffiel, liegt im Diaphragma ganz peripher, dort, wo dasselbe in die Wand des Rüssels übergeht, und grenzt unmittelbar an das Plattenepithel. Der Kranz ist vollständig und sehr diek. Wir sehen von ihm radienartig Secretstrassen abgehen, welche die Museulatur des Diaphragmas durchbrechen und sämmtlich auf die Basis des Angrifis- stilets ausstrahlen. Der Nervenapparat des Rüssels besteht z. B. bei Amphiporus marmoratus aus 16 Strängen, die wir im vorderen Rüsseleylinder kranz- artig inmitten der Längsmuskelschicht angeordnet leicht auffinden (Taf. VII, Fig. 5). Wir sehen, dass sie in der Längsmuskelschieht mehr nach aussen als nach innen liegen, dieselbe in zwei sehr ungleiche Schichten zerlegend, indem die Längsmuskelschicht innerhalb des Nervenkranzes doppelt so diek ist als die ausserhalb desselben gelegene (Taf. VII, Fig. 4; Taf. XI, Fig. 15, 16 u. 18). Wir verfolgen die 16 Nerven in der nämlichen Lage bis zum Diaphragma nach hinten. In ihm biegen sie sich etwas einwärts und wir bemerken sie nun innerhalb des Drüsenkranzes. In der Gegend der Basis des Angriffsstilets rücken sie noch mehr nach innen und bilden eine Commissur (Taf. VII, Fig. 5). Sodann rücken sie dieht hinter dem vorderen Sphincter zusammen, um die auffallendste Ringcommissur inner- halb der Muskelwand des Ballons zu bilden; dieselbe liegt unmittelbar unter dem Epithel des Ballons. Aus dieser Commissur heraus verfolgen wir die 16 Nerven unter dem Innenepithel des Ballons (Taf. VIII, Fig. 6) und Canals in den hinteren Rüsseleylinder hinein, in welchem sie wieder etwas auseinander rücken, indem sie zwar dicht am Innenepithel, aber in der Längsmuskelschicht eingebettet weiter ziehen. Die Nerven sind im hinteren Rüsseleylinder sehr viel dünner als im vorderen geworden KEaEXT, Fig. /20). Die Zahl der Nerven wechselt im hüssel der Metanemertinen ausserordentlich. Besonders varlirt sie bei den Amphiporiden sehr be- deutend und ist fast für jede Art eine andere. Beispielsweise verlaufen im Rüssel von Amphiporus pulcher 10, langiaegeminus 12, virgatus und carinelloides 14, Drepanophorus erassus 19 und spectabilis 24 Nerven. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass die Zahl der Rüsselnerven auch für die Art nicht ganz constant ist: so habe ich im Rüssel von Drepanophorus crassus auch 20 und in dem von speetabilis auch 26 Nerven vorgefunden, Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 15 226 Anatomie und Histologie. Die Tetrastemmen besitzen in der Regel 10 Nerven. Der vordere und der hintere Cylinder von Drepanophorus besitzen dieselben Muskelschichten wie die entsprechenden Cavitäten von Amphiporus marmoratus. Dagegen verhält sich, wie zu erwarten, die Museulatur der Stiletregion anders als bei den Metanemertinen mit nur einem Anerifisstilet. Im Diaphragma wird die innere Ringmusculatur sehr dünn, indessen verschwindet sie nicht völlig und umgiebt den Ductus ejaculatorius mit- sammt der sichelförmigen Basis. Auch hinter letzterer setzt sie sich noch um den Ductus ejaculatorius fort, bis dieser in den Ballon ein- mündet. Das Diaphragma besteht im Wesentlichen aus der sich nach hinten fortsetzenden Längsmuseulatur des vorderen Rüsseleylinders. Wie bei Amphiporus marmoratus setzt sich ein Theil der Längsmuskelfibrillen aus dem Diaphragma nach hinten fort, ein anderer aber biegt sich rings im Diaphragma um und heftet sich nun an der einen Seite an die Sichel, im übrigen Umkreis aber an das Epithel des Duetus ejaculatorius. Es strahlt mithin auch bei Drepanophorus die Längsmuseulatur, im Diaphragma sich umbiegend, rings auf ein Centrum aus, aber während dieses bei Amphiporus ganz allein die kegelförmige Basis des einzigen Angrifisstilets darstellte, bilden das Centrum bei Drepanophorus die Sichel und der Ductus ejaculatorius; das kommt daher, weil bei Drepanophorus die Basis einseitig der Wand des Ductus gleichsam angeklebt ist, also auch nur von dieser Seite her mit der Musculatur in Beziehung treten kann, während bei Amphiporus die Basis mitten im Diaphragma steckt und in seinem gesammten Umfang den Muskelfibrillen Angrifispunkte gewährt. Dass sich aber nunmehr die nicht von der Sichel in Anspruch ge- nommene Musculatur im übrigen grösseren Umkreis an das Epithel des Ductus ejaculatorius heftet, ist eigenartig und zeigt, wie das einmal Gegebene auf alle Fälle verwendet wird. In der Region des Diaphragmas ist die äussere Ringmuskelschicht kaum bemerklich, ebenso am Ballon. Der Ballon besitzt ausserdem lediglich eine dieke Längsmuskel- schicht, die in jene des hinteren Cylinders ebenso direct übergeht, wie sie sich aus der des Diaphragmas fortgesetzt hat. Das Epithel des vorderen RKüsseleylinders ist ein papilläres wie bei Amphiporus, das des hinteren und des Ballons bildet eine hohe ununterbrochene, gleichartige Schicht. Auch dasjenige des Ductus ejaculatorius ist ein hohes Cylinderepithel. Der Rüssel von Drepanophorus speetabilis wird von 24 (26) Nerven- strängen versorgt. Dieselben sind im ganzen Küssel von vorne bis hinten in gleicher Anzahl kranzartig (wie bei Amphiporus) angeordnet zu verfolgen. Im vorderen Rüsseleylinder zerlegt der Kranz die Längsmusculatur in zwei Schichten, eine dünne äussere und eine viel dickere innere; beide Der bewaffnete Rüssel. 927 Ad sind im vorderen Abschnitt des vorderen Rüsseleylinders durch einen relativ breiten, muskelfreien, parenchymatösen Zwischenmantel gesondert. Im Diaphragma rücken die Nervenstränge etwas näher zusammen, indessen liegen die Reservestilettaschen innerhalb ihres Kranzes. Dicht hinter der Sichel schwellen die Nervenstränge bedeutend an und geben durch Abspaltung einem inneren Nervenkranz den Ursprung, der ebenfalls in 24 (26) Nerven zerfällt, die vor Allem der Innervation des Stiletapparates dienen. Infolge der Abspaltung der Zweignerven setzen sich die Stamm- nerven nur als um die Hälfte dünnere Stränge fort, welche im hinteren Rüsseleylinder wie auch im Ballon dieht unter dem inneren Epithel, andererseits begrenzt von der Längsmuskelschicht verlaufen. b. Die Zellelemente. Die Epithelien. Die Papillen des vorderen Rüsseleylinders besitzen eine mannigfaltige Gestalt. Bald sehen sie aus wie Tellerpilze (Taf. XII, Fig. 9), nur dass wir einen Stiel oft nicht zu erkennen vermögen, bald wie Schuppen, bald gleichen sie ganz spitzen Düten (Taf. XII, Fig. 8) oder spitzen dünnen Stacheln, oder sie ähneln gar kurzen dicken Fäden. So wechselnd die Form der Papillen ist, so gleichartig erweist sich ihre Zusammensetzung, denn sie sind stets von einer Summe schlanker, am äusseren Ende trichterartig erweiterter Zellen aufgebaut. Alle Zellen der Papillen sind Drüsenzellen, welche in der Regel ein zu vielen kleinen Bläschen geformtes Secret produeiren; mitunter ist der Inhalt der Papillenzellen aber auch schaumig, oder homogen (Taf. XI, Fig. 14). Montgomery 1895 (No. 250) bemerkte, dass die Zellen der Rüssel- papillen alle Uebergänge zwischen feinwabigen, nur mit Carmin gefärbten und grobwabigen mit Hämatoxylin gefärbten Zellen darbieten. Diese Differenzen sind auf verschiedene Stadien der Secretbereitung zurück- zuführen. Das Secret imbibirt stark Hämatoxylin und besitzt eine klebrige Beschaffenheit, sodass es, wie Montgomery richtig voraussetzt mehr zum Festhalten als zum Vergiften der Beute dient. Dann fährt er fort: „In der Gestalt weichen die Rüsseldrüsenzellen von denjenigen des Körper- epithels und des Magendarms insofern ab, als sie keine Ausführgänge besitzen, — was sich aus dem Fehlen umgebender Stützzellen erklärt —, sodass die Entleerung des Secrets in der Weise stattfindet, dass die Zellmembran am distalen Ende der Zelle platzt, um den Zellinhalt aus- fliessen zu lassen.‘ Dabei schiessen die Zellen eines Papillencomplexes, wie ich häufig beobachtete, weit empor, aber nicht alle auf einmal, sondern mehr oder minder dieke Büschel, die sich erst, wenn es nöthig ist, ver- stärken (Taf. XII, Fig 9). Wir überzeugen uns schon am frischen, nur mit Methylenblau ge- färbten Rüssel, dass die Papillen keine anderen als solche Drüsenzellen enthalten (Taf. VIII, Fig. 11). Wir werden in unserem Urtheil noch dureh Sehnitte durch die Wand des vorderen Rüsseleylinders bestärkt, indem wir auch in diesem Falle zwischen den Seeretzellen keine in- 5 155 D 23 Anatomie und Histologie. 8 differenten, keine mit den Hautfadenzellen zu vergleichenden Elemente feststellen können. Zwischen den Papillen findet sich ein plattenartiges, nicht drüsiges Epithel. Sämmtliche Zellen einer Papille färben sich ausgezeichnet mit Carminen und Hämotoxylinen, was sie von den Epithelzellen unterscheidet, welche den hinteren Rüsseleylinder auskleiden. Dieselben sind dort alle sehr schlanke Drüsenzellen und nicht zu Papillen zusammen geordnet, sondern bilden eine vollständig gleichmässig hohe Schicht. Infolge dessen fehlt im hinteren Rüsseleylinder ein Plattenepithel. Das Secret der Zellen des hinteren Rüsseleylinders er- scheint am conservirten Rüssel bröcklig und stark glänzend, in den lebenden Zellen sieht es krystallinisch aus. Es ist nicht zäh schleimig wie das der Papillenzellen, sondern flüssiger. Aus eigenartigen Drüsenzellen scheint sich die hohe epitheliale innere Wand des Ballons zusammenzusetzen, denn ihr Secret besitzt nicht nur bei Drepanophorus, sondern auch bei anderen Metanemertinen eine gelbe Färbung. Der Canal und der Ductus ejaculatorius wie auch der Trichter besitzen ein Epithel, das aus plattenartigen oder hohen cylindrischen Zellen (Drepanophorus) besteht, welche aber kein Secret produeiren. Der Drüsenzellkranz im Diaphragma nebst den radiär zur Basis des Angriffisstilets ziehenden Secretgängen fällt uns am lebenden Rüssel durch eine feinkörnige, meist schwärzlich-grün gefärbte Masse auf, aus welcher der Kranz und die Gänge bestehen. Diese Masse ist das Product von Drüsenzellen, deren unzählige nach Art der Cutisdrüsen- zellen bündelartig gruppirt den Kranz bilden. Dem Secret dieses Drüsenzellkranzes gleicht die Substanz, aus welcher die Basis des Angriffsstilets besteht. Dieselbe stellt nämlich eine Pyramide vor, die aus feinsten Secretkörnchen geformt wurde. Die Basis widersteht Färbmitteln nicht und tingirt sich besonders mit demselben Farbstoffe, den auch die Körner des peripheren Drüsenzell- kranzes begierig annehmen, der aber sonst weiter nichts im Rüssel lebhaft färbt, nämlich mit Methylgrün. Ausserdem heften sich die Ausführgänge der Drüsenzellbündel des Drüsenzellkranzes an die Basis des Angrifis- stilets an, und zwar an kleine Zacken und Spitzen, welche überall an der asis hervorspringen. Aus den aufgezählten Wahrnehmungen und vor Allem aus ent- wicklungsgeschichtlichen Beobachtungen folgt, dass die Basis des Angriffs- stilets aus dem Secret des im Diaphragma enthaltenen Drüsenzellkranzes gebildet ist. Ich machte schon darauf aufmerksam, dass auch bei Drepanophorus, wenn auch spärlich, solche körnige Drüsenmassen, welche an die des Kranzes der anderen Metanemertinen erinnern, sich jederseits von der Sichel im Diaphragma befinden. Sie stehen ebenfalls, wie ich das bereits Der bewaffnete Rüssel. 229 früher 1890 (No. 217) bei anderen Drepanophoren constatirte, mit -der Basis, also mit der Sichel in Verbindung. Die sichelförmige Basis hat einen etwa dreieckigen Querschnitt (Taf. XI, Fig. 18). Ihre in den Ductus ejaculatorius hineinragende Kante ist ganz scharf. Wir unterscheiden an der Basis einen Kern und eine Haube. Der Kern sitzt einem Wulst palissadenartiger Zellen auf, welche in das Epithel des Ductus ejaculatorius übergehen, und ist sehr fein eranulirt. Die Substanz der Haube, welche den Kern umhüllt, gleicht auffallend der Schmelzsubstanz eines Zahnes. An einen Zahn erinnert überhaupt die Sichel in ihrem Aufbau in hohem Maasse: der Zellwulst stellt die Zahnpapille, der Kern das Zahnbein und die Haube den Zahn- schmelz vor. Die Reservestilettaschen der Metanemertinen mit einem Angrifls- stilet sind meist elliptische Blasen, welche mittels eines kurzen oder längeren Ganges in den vorderen Rüsseleylinder münden. Untersuchen wir eine Reservestilettasche an einem gefärbten und gepressten Rüssel, so bemerken wir, dass ihrer Wand einige längliche Kerne anliegen, und dass ihr Ausführgang von Ringmuskelfasern um- schnürt ist. Wir werden darnach die Reservestilettasche für ein compli- cirteres, von einem Epithel ausgekleidetes Organ halten. Indess irren wir uns. Denn jene Kerne, welche ein Epithel der Blase vortäuschen, sind die Kerne benachbarter Zellen der Rüsselwand, die sich um die Blase herum abgeplattet haben. Die Blase aber, d.h. die Reservestilet- tasche ist nichts anderes als eine überaus grosse Drüsenzelle (Taf. XI, Fig. 17), und zwar eine eben solche wie eine Nessel- oder Rhabditenzelle oder irgend eine andere, geformte Körperchen oder ein homogenes Secret producirende Zelle des inneren hüsselepithels. Wie die Nesselzelle eine Anzahl Nesselkapseln produeirt, so bildet die Reserve- stilettasche eine Anzahl von Stileten. Es ist die Reservestilettasche mithin eine Stilete erzeugende einzige Zelle. Und weshalb? Weil jede Reserve- stilettasche mit einem Plasma erfüllt ist, das einen einzigen Kern enthält. Der Kern der die Reservestilete producirenden Zelle ist relativ sehr klein, kuglig und zeigt ein deutliches, ziemlich grosses Kernkörperchen. Bei Prosorhochmus claparedı oder korotneffi ist die Stilettasche etwa 0,12 mm lang und 0,04 mm breit, der Kern aber besitzt nur einen Durch- messer von 0,004 mm! Ich fand ihn bald nahe der Wand der Zelle, bald mehr in ihrem Inneren. Das Zellplasma färbt sich mit Tinctions- mitteln sehr wenig, am lebenden Rüssel ist es völlig durchsichtig. Es bildet in Schnittpräparaten ein weitmaschiges Netzwerk. Die Zelle besitzt eine faserige oder mehr homogene Hülle, in und an welcher kleine Kerne liegen. Diese Hülle wird aber nicht von der Zelle produeirt, sondern sie ist etwas Aehnliches wie die Hülle von anderen Drüsenzellen oder von Ganglienzellen. Das Angriffsstilet ist solid und besteht aus einer centralen, längs- 230 Anatomie und Histologie. streifigen, meist gut färbbaren Masse, welche von einem hellglänzenden, structurlosen und Farbstoffe nicht aufnehmenden Schmelz überzogen ist. Das fertige Reservestilet ist wie das Angriffsstilet gebaut. Durch diese Behauptung setze ich mich freilich in Widerspruch mit Montgomery, der Angriffs- und Reservestilete für verschieden gebaut erklärt hat. Er unterscheidet an letzteren: 1) eine periphere, homogene, nicht färbbare Schicht, 2) den färbbaren Knauf und das ebenfalls färbbare Achsenstäbchen, 3) hinter diesem einen meist viereckigen, färbbaren Körper und 5) zu beiden Seiten dieses letzteren ein färbbares, gewöhnlich scheiben- förmiges Seitenstück. Nicht alle diese Merkmale sind aber constant, und es herrscht, worauf vor Montgomery schon v. Kennel hingewiesen hat, eine grosse Variabilität im Bau der Reservestilete, was naturgemäss den Nachweis völliger Uebereinstimmung zwischen Angrifis- und Reservestileten sehr er- schwert. Die Unterschiede in der Färbbarkeit zwischen beiden sind meines Erachtens ebenso wie die im Bau, welche ja die Grundform gar nicht berühren, auf Entwicklungsvorgänge zurückzuführen, (Taf. XI, Fig. 19). Keinesfalls aber besitzt jedes Stilet eine besondere Bildungszelle. Die Muskelzellen der verschiedenen Muskelschichten des Rüssels sind im Wesentlichen wie die des Hautmuskelschlauchs gebaut. Die Längsmuskelschichten des Rüssels weisen z. B. bei Amphiporus marmoratus eine ebensolche Querstreifung auf wie die des Hautmuskelschlauchs. 10. Das Rhynchocölom. Jene Cavität, in welche der hüssel eingeschlossen und mittels des Retractors festgeheftet ist, nannte ich Rhynchocölom. Von früheren Forschern ist sie allgemein als hüsselscheide bezeichnet worden. Das Rhynchocölom ist ein vollständig gegen die Aussenwelt abge- schlossener Hohlraum, welcher vorne durch den Rüssel abgesperrt wird und hinten blind endet. Will man ihn öffnen, so muss man den Rüssel vollständig aus dem Körper herausreissen. Dann communieirt das Rhyncho- cölom durch das Rhynchodäum mit der Aussenwelt. (Taf. II, Fig. 3 und Taf. XIII, Fig. 6.) Das Rhynchocölom lagert mitten über dem Darmtractus (Taf. IV, Fig. 12 und 18). Erst von Mc Intosh 1873/74 (No. 125) ist das Rhyncho- cölom richtig in seiner Begrenzung festgestellt worden. Freilich hat es bereits Oersted 1844 (No. 47) bemerkt, denn er zeichnete es in die kleine Abbildung eines Querschnittes ein, deutete den Hohlraum aber, seiner Anschauung über den Rüssel entsprechend, als Canal, in dem der Penis gelegen ist. Auch Quatrefages 1846 (No. 54) hat das Rhyncho- cölom gesehen. In fig. 4, tab. 8 bildete er einen Querschnitt durch eine Heteronemertina ab, auf dem das Rhynchocölom deutlich zu erkennen ist. Er bezeichnet es in der Tafelerklärung als den Canal, welcher den küssel einschliesst. Aus der allgemeinen Beschreibung (pag. 239—242) geht indessen hervor, dass sich dieser bedeutende Zoolog hinsichtlich Rhynchocölom. — Litteratur. 231 der Begrenzung des Rhynchocöloms irrte. Er glaubte nämlich an die Existenz einer ausgedehnten Leibeshöhle (,„Cavite generale du corps“) bei den Nemertinen, wozu ihn zweifellos das Studium lebender Meta- nemertinen verleitete, bei denen das Leibesparenchym völlig durchsichtig ist. Von der Leibeshöhle soll das Rhynchocölom nur ein medianer Ab- schnitt sein. Die lateralen sind von den Geschlechtsprodueten angefüllt. Keferstein 1862 (No. 97) scheint das Rhynchocölom völlig ent- gangen zu sein. Er spricht von einer Körperhöhle, welche von der Körperwand eingeschlossen wird, und in der die Eingeweide liegen. Während aber Quatrefages auch eine Kopfhöhle gefunden haben wollte, welche von der Leibeshöhle durch eine Scheidewand getrennt sein sollte, hält Keferstein den Kopf für solid, wie das bereits Rathke (op. eit. oben pag. 127) angab. In Wort und Bild lehrte uns Me Intosh 1875/74 (No. 125) in überzeugendster Weise, dass den Nemertinen die von Quatrefages und Keferstein angenommene Leibeshöhle fehlt. Er demonstrirte, dass nur der Rüssel in einen Hohlraum eingeschlossen ist. Denselben nannte er Rüsselscheide und charakterisirte ihn so wie wir es am Eingang dieses Kapitels thaten. Alle späteren Forscher haben die Ausführungen von Me Intosh bestätigt. Hubrecht (No. 132) entdeckte, dass das Rhynchoeölom von Drepano- phorus durch eine Reihe von Taschen ausgezeichnet ist, welche über den Darmtaschen lagern und ebenso regelmässig wie diese mit den Geschlechts- säcken alterniren. Mc Intosh wies bereits nach, dass die Wandung des Rhynchocöloms aus einer äusseren Ring- und einer inneren Längsmuskelschicht besteht, und machte darauf aufmerksam, dass sich der Muskelschlauch am hinteren Ende des Rhynchocöloms wesentlich verstärkt. Hubrecht erkannte sowohl im Rhynchocölom als auch in dessen Taschen ein Epithel. 1890 (No. 217) machte ich es wahrscheinlich, dass das Rhynchocölom der Heteronemertinen mit den Blutgefässen communicirt, und fand an den muthmaasslichen Orten der Verbindung Streifen hoher Becherzellen an der inneren Rhynchocölomwand, die sich auffällig von seinem übrigen Epithel unterscheiden. Gleichzeitig trat ich Me Intosh 1875 (No. 155) entgegen, welcher die Taschen des Rhynchocöloms bei Drepanophorus als Verbindungscanäle dieser Cavität mit dem Blutgefäss- system deutete. Ich unterstütze damit Hubrecht, welcher sich schon früher gegen die Behauptung von Me Intosh ausgesprochen hatte. Das Rhynchoeölom ist ebenso wie der Rüssel Gemeingut aller Ne- mertinen. Es beginnt an der Rüsselinsertion, welche vor dem Gehirn oder in der Gegend desselben sich befindet, und erstreckt sich als ein nach seinem Ende zu allmählich verjüngter Cylinder nach hinten. (Taf. II, Fig. 1 und 3 und Taf. XIII, Fig. 6). In der Kopfgegend befindet es sich in der Regel zwischen den dorsalen Ganglien, und es sind ihm seitlich die Blutgefässe angedrückt. Die Gehirncommissuren umfassen, 292 Anatomie und Histologie. Je nachdem die Rüsselinsertion etwas weiter vorn oder hinten im Kopfe liegt, das Rhynchodäum oder das Rhynchocölom (Taf. VI, Fig. 5).. Im übrigen Körper liegt es stets mitten über dem Darmtractus (Taf. IV, Fig. 12 und 18 und Taf. VI, Fig. 2, 10 und 11). Das Rhynchocölem communicirt mit keiner anderen Cavität des Körpers ausser vielleicht bei den Heteronemertinen mit dem Blutgefässsysteme, sicher aber nicht mit den Nephridialeanälen. Dass das Rhynchocölom ganz gewiss nicht mit den Nephridien in offener Verbindung steht, ist schon längst festgestellt. Auch ist durch die Untersuchungen Hubrecht’s und Oudemans’, denen sich die meinen anschlossen, festgestellt, dass das Blutgefässsystem der Meta- nemertinen mit dem Rhynchocölom nicht solche Verbindungen hat, wie sie Me Intosh nachgewiesen zu haben glaubte. Indess muss ich die Frage, ob das Rhynehocölom nicht wenigstens bei den Heteronemertinen mit dem Blutgefässsystem communieirt, auch heute noch offen lassen. Früher sagte ich betreifs der Communication zwischen Rhynchocölom und Blutgefässsystem: „Kurz vor und einen bedeutenden Abschnitt hinter dem Austritt der Poren der Wassergefässe können wir nun am Rhynchocölom entlang eine ununterbrochene Reihe von Durchbrüchen der Rhynchocölomseitengefässe durch die Wandung des Rhynchocöloms beobachten. Die Durchbrüche liegen nur immer einige Schnitte auseinander.“ Ich rede von Durchbrechungen der Rhynchocölomwandung, das aber wird man mir nicht anders auslegen, als ob ich mit jenen Canäle be- zeichnen will, die eine Communication der Höhle des Rhynchocöloms mit den Blutgefässräumen herbeiführen. In der That, diese als sicher auf- zufinden habe ich mich an langen Querschnittsserien, an denen mir die „Durchbrechungen“ zuerst entgegentraten, abgemüht. Aber wie es mit dem Nachweisen solch feinster Oeffnungen und Canälchen zu gehen pflegt, aus einer Anzahl von Fällen resultirt ein „höchst wahrscheinlich‘ oder gar ein „unzweifelhaft“ für den Beobachter, welcher eine Reihe von Er- scheinungen combinirt, aber aus keinem einzigen ein objectives „gewiss“. Die Ausbildung des Rhynchocöloms ist in Bezug auf Umfang und Länge bei den verschiedenen Arten überaus wechselnd. Man kann die Nemertinen nach der Längenausdehnung des Khyncho- cöloms in zwei Gruppen sondern: 1) in solche, bei denen das Rhynchocölom vom Gehirn bis zum After reicht, und 2) in solche, bei welchen es sich längst nicht bis an den After nach hinten erstreckt. Zu der ersten Gruppe gehören im Allgemeinen nur die Arten ver- schiedener Gattungen der Metanemertinen, beispielsweise von Amphiporaus, Drepanophorus und Tetrastemma, fast alle übrigen sind der zweiten zu- zurechnen. Die zweite Gruppe enthält also sämmtliche Proto-, Meso- und Heteronemertinen und einen Theil der Metanemertinen. In derselben ist wieder zwischen Formen zu unterscheiden, deren Rhynchocölom Rhynchocölomtaschen. 233 mindestens die vordere Körperhälfte erfüllt und meistens zwei Drittel der Gesammtlänge des Körpers misst — hierher gehören z. B. die Gattungen Langia, Cerebratulus und Valeneinia von den Heteronemertinen, Carinoma von den Mesonemertinen und Prosorhochmus und Pelagonemertes von den Metanemertinen — und solchen, deren Rhynchocölom nicht mehr als das vordere Drittel des Körpers erfüllt, wie es unter den Protonemertinen bei Carinella, den Heteronemertinen bei Kupolia und sehr vielen Lineus-Arten, den Metanemertinen bei Ermemertes, Nemertopsis und Ototyphlonemertes der Fall ist. Uebrigens ist hinzuzufügen, dass das Khynchocölom bei manchen, Cerebratulen, z. B. C. marginatus fast bis zum After nach hinten reicht, und dasselbe bei Prosorhochmus statt hat, so dass diese und ähnliche Formen eher zur ersten als zur zweiten Gruppe zu rechnen sind. Das Rhynchocölom erfährt bei vielen Formen, und zwar besonders solchen, wo es kurz ist, wie bei Fupolia und Carinella, in der Vorder- darmregion eine starke Auftreibung, in welcher sich der Rüssel spiralig aufrollt. Diese Auftreibung ist auch für Hubrechtia sehr charakteristisch; man wird auf sie schon bei Betrachtung des lebenden Thieres aufmerksam. In der Regel besitzt das Rhynchocölom keinerlei Anhänge. Indess bei allen Arten der Gattung Drepanophorus stülpt dasselbe jeder- seits Taschen aus, welche wir Rhynchocölomtaschen oder -säcke nennen (Taf. IV, Fig. 15 und Taf. VI, Fig. 11). Sie entspringen vom Rhynchocölom in der seitlichen Mittellinie des- selben stets paarig und streng metamer. Das heisst, es geht je eine Tasche rechts und links einander genau gegenüber vom khynchocölom ab und sie correspondiren, was ihre Lage zu den übrigen Organen des Körpers anbetrifft, mit den Darmtaschen beziehungsweise vorne mit den Taschen des Blinddarms, besitzen also dieselbe Lage wie die metameren Gefässcommissuren und alterniren folglich mit den Geschlechtssäcken (Taf. IV, Fig. 11). Sie beginnen dicht hinter dem Gehirn. Die Rhynchocölomtaschen reichen nicht immer bis an die Bauch- fläche hinab. Ihre blindgeschlossenen Enden, die weder eine Gemein- schaft mit dem Blut- noch mit dem Nephridialgefässsystem haben, liegen in ihrem längeren Abschnitt innerhalb der metameren Blutgefäss- commissuren; es kreuzen sich deshalb die Khynchocölomsäcke mit den Blutgefässcommissuren, da die Rhynchocölomsäcke über den Commissuren entspringen und sich alsbald unter sie hinabsenken. Die Säcke legen sich in der Mitteldarmregion den dorsalen Darmtaschen auf und krümmen sich um sie herum, so dass sie die Taschen des Mitteldarms, wenigstens bei manchen Drepanophoren, z. B. D. erassus und spectabilis, völlig um- fassen und ventral jederseits fast bis an das axiale Darmrohr hinanreichen. In eben derselben Weise sind auch die Rhynehocölomtaschen in der Magengegend, nachdem sie fast seitlich am Hautmuskelschlauch angelangt sind, umgebogen, obwohl sie nichts als Parenchym mit ihrer Biegung um- fassen, da die Taschen auch des Blinddarms hier noch fehlen. 234 Anatomie und Histologie. Die Taschen öffnen sich in das Rhynchoceölom stets durch sehr enge Canäle. Sie verdienen aber nicht immer den Namen Rhynchocölomtaschen oder -säcke, sondern gleichen vielmehr öfters einem halbzirkelförmigen engen Rohr, da sie nicht immer taschenartig oder wie ein Ballon auf- getrieben sind. Doch das ist wohl nichts anatomisch Festes, denn die blinden Canäle können sich zu Taschen infolge eines von innen auf ihre Wandung ausgeübten Druckes ausweiten und zu engsten Canälen wieder contrahiren, da sie eine ausgezeichnete Musculatur besitzen. Freilich darf ich nicht verschweigen, dass ich in der Magenregion meist halb- zirkelförmige Canäle, die man mit Blutgefässcommissuren verwechseln könnte, weiter hinten im Körper von Drepanophorus dagegen stets Taschen beobachtet habe. Andeutungen von Rhynchocölomtaschen glaubte ich bei Amphiporus stanmiusi gefunden zu haben, indess ist mir ihre Existenz bei späteren Untersuchungen wieder sehr zweifelhaft erschienen. Jeden- falls hören sie schon in der mittleren Körpergegend auf. Histologie. Die Wand des Rhynchocöloms besteht bei allen Nemer- tinen erstens aus einem Muskelschlauch, zweitens aus einer endothel- artigen Auskleidung desselben. Der Muskelschlauch setzt sich in der Regel aus einem äusseren Cylinder von Ring- und einem inneren von Längsfibrillen zusammen (Taf. IV, Fig. 15). Bei einigen Gattungen der Metanemertinen aber, so bei Drepanophorus und Prosadenoporus, bildet der Muskelschlauch in der mittleren und hinteren Körperregion nur eine Schicht, welche aus miteinander verflochtenen Ring- und Längsfibrillen besteht (Taf. VI, Fig. 11). Bei manchen Arten, so bei Carinella und Carinoma, wird man den Muskelschlauch des Rhynchoeöloms nicht betrachten können, ohne sich zugleich mit der inneren Ringmuskelschicht zu beschäftigen, also jenem aus Ringfasern bestehenden Muskeleylinder, welcher bei den genannten Gattungen Rhynchoeölom und Vorderdarm einschliesst. Wir wollen zuerst das Rhynchocölom von Carinella polymorpha betrachten. Dasselbe ist über dem Munde eng. Sein Muskelschlauch besteht aus einem ungemein dicken Cylinder von Ringfibrillen, dem innen eine dünne Lage von Längsfibrillen anliegt. Hinter dem Munde beginnt der innere Ringmuskeleylinder, und alsbald wird die Ringmuskelschicht des Ikhynchocöloms dünner. Diese legt sich nun so dicht mit ihrer oberen Fläche an die innere Ringmuskelschicht an, dass es den Anschein hat, als ob beide mit einander in ihrem oberen Umfang verwachsen wären. Und in der That, wenn nicht eine Spaltung der dorsal das Rhynchocölom begrenzenden Ringmuskelschieht über den oberen Darmrändern seitlich einträte, indem die innere Fibrillenmasse jener sich über dem Darm, die äussere unter ihm fortsetzt, so würde man innere Ring- und Rhyncho- cölommuseulatur für eins halten. Rhynchocölom. — Histologie. 235 Aber man darf nicht einmal sagen, dass sich die Rhynchocölom- museulatur, die über dem Rhynchocölom sehr dick ist, seitlich spaltet, um auch den Darm zu umfassen, sondern man muss stets zwei Muscu- laturen unterscheiden: die dem Rhynchocölom eigenthümliche und die innere Ringmuskelschicht, welche jener dorsal anlieet. Uebrigens wird man sich bei Carinella polymorpha davon überzeugen, dass sich fast bis zum Scheitel trennend zwischen beide eine äusserst dünne Längsmuskel- fibrillenschicht einschiebt, und nirgends die Fibrillen beider Schichten miteinander verflochten sind (Taf. IV, Fig. 12). In der Region der Rhynchocölomseitengefässe hat sich das Rhyncho- cölom von (©. polymorpha beträchtlich erweitert. Die Ringmuskelschicht des Rhynchocöloms ist etwa so dick wie die (äussere) Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs und kommt der inneren Ringmuskelschicht gleich. In der Nephridialregion, in welcher sie zwar an Dicke bedeutend zunimmt, ist sie dennoch viel dünner als die innere Ringmuskelschicht, da sich diese so enorm verstärkt, dass sie fast so dick wie die Längs- musculatur des Hautmuskelschlauchs wird und die Ringmuskulatur des Rhynchoeöloms an Stärke etwa um das Dreifache übertrifft. Hinter den Nephridien nehmen beide Ringmuskelschichten gleich- mässig ab, indessen die des Khynchocöloms nur bis zu einem gewissen Grade, während die innere Ringmuskelschicht schliesslich völlig ver- schwindet. Die Längsmuskelschicht des Rhynchocöloms von ©. polymorpha, welche auch in der Mundgegend nur sehr dünn ist, hört hinter dem Munde vollständig auf, so dass das Rhynchocölom in seiner längsten Strecke nur aus einem Ringmuskelschlauch besteht. Besonders ist noch hervorzuheben, dass die dem Rhynchocölom eigene Ringmuseulatur bei C. polymorpha nirgends unterbrochen ist, so lange das Rhynchocölom im inneren Ringmuskelcylinder verläuft, wie das bei anderen Carinellen und Carinena und Carinoma der Fall ist. Bei Carinina grata besitzt das Rhynchocölom hinter dem Munde, wo es stark ausgeweitet ist, einen wenn auch nur sehr dünnen Ringmuskel- schlauch (Taf. VI, Fig. 2). Die innere Ringmuskelschicht ist in dieser Gegend etwa so stark wie die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauches entwickelt. Während nun die innere Ringmuskelschicht nach hinten zu sich sehr bedeutend verdickt und nicht so sehr weit an Stärke hinter der Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs zurückbleibt, ver- schwindet die Ringmuskelschicht des Rhynchocöloms bis auf einige wenige leicht zu übersehende Fibrillen vollständig (Taf. IV, Fig. 14 und Taf. BEN. Pie 2): Eine Längsmuskelschicht ist überhaupt nicht in der Rhynchocölom- wand von C. grata ausgebildet. Dieselbe besteht mithin in einem ge- wissen Abschnitt lediglich aus dem endothelartigen Epithel des Rhyncho- cöloms, das einer dieken gallertartigen Grundschicht aufsitzt. Bei Carinella linearis ist der Muskelschlauch des Rhynchocöloms bis 256 Anatomie und Histologie. zu den Nephridialporen beinahe ganz unterdrückt, denn er setzt sich nur aus wenigen Ringfibrillen zusammen. Zwischen ihnen und der inneren Ringmuskelschicht befindet sich eine dünne Lage von Längsmuskelfibrillen ; die Rhynchocölomwand selbst weist keine Längsmuskelfibrillen auf. In der Gegend der Nephridialporen aber schwillt die bisher äusserst feine Ringmuskelschicht des Rhynchocöloms zu einem dicken Ringe an. Die innere Ringmuskelschicht, welche auch bei C. linearis eine bedeutende Mächtigkeit erreicht — sie ist in der Nephridialregion so stark als die Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs — verschwindet hinter dem dieken Muskelringe des Rhynchochöloms, während dieses hinfort wieder einen dünnen Muskelcylinder von Ringfibrillen aufweist, der sich aus dem dieken Ringe nach hinten fortsetzt. Das Rhynchocölom von Carinoma armandı erfährt hinter dem Munde eine sehr beträchtliche Erweiterung und besitzt in der vordersten Schlundregion eine dünne eigene Ringmuskelschicht. Diese verschwindet weit vor der Nephridialregion so vollständig, dass auch keine Spur mehr von ihr zu bemerken ist, während das Rhynchocölom in den gewaltigen breiten Muskelring eintritt und ihn durchsetzt, zu dem die innere Ring- muskelschicht schon vor den Nephridien anschwillt, und welchen sie etwa bis zu den Nephridialporen aufweist (Taf. IV, Fig. 22). Das Rhyncho- cölom ist, so lange es in jenen Muskelring eingeschlossen ist, sehr eng. Kurz bevor der gewaltige Muskelring aufhört und mit diesem auch die innere Ringmuskelschicht endigt, bekommt das Rhynchocölom wiederum eine eigene nunmehr ansehnliche Ringmuskelschicht, die unzweifelhaft in die ringartige Anschwellung der inneren Ringmuskelschicht übergeht, mit ihr verknüpft ist. Das Rhynchocölom weist hinter dem inneren Ring- muskeleylinder fürerst nur eine Ringmuskelschicht auf (Taf. XV, Fie. 5). An seinem hinteren Ende aber kommen Längsmuskelfibrillen hinzu, die nun jedoch nicht eine besondere (innere) Schicht wie z. B. bei Carinella bilden, sondern sich mit den Ringmuskelfibrillen verflechten. Die Wand des RKhynehocöloms dieser merkwürdigen Nemertinen ist hinten im Ver- gleich zur Höhle, die sie umschliesst, sehr dick. Aus unseren Ausführungen über die Khynchocölommuseulatur ge- wisser Proto- und Mesonemertinen geht klar hervor, dass ihre Entwicklung zuweilen in Abhängigkeit von der bei jenen Nemertinen entwickelten inneren Ringmuskelschicht steht. Wir constatirten Anfangs, dass bei Carinella polymorpha, und ich füge noch als weitere Beispiele Ü. superba und banyulensis hinzu, Rhyncho- cölom- und innere Ringmuskelschicht nebeneinander wohl entwickelt sich vorfinden; freilich übertrifft die innere Ringmuskelschicht die Ryn- chocölommuseulatur an Mächtigkeit. Sodann aber schilderten wir, wie bei gewissen Nemertinen das Rhynchocölom seine eigene Musculatur fast oder völlig verliert, so lange es von der inneren Ringmuskelschicht eingeschlossen ist, dass es dieselbe aber sofort wieder aufweist, sobald das Rhynchocölom aus der inneren Ringmuskelschicht herausgetreten ist. Rhynchocölom. — Histologie. 937 Bei den Heteronemertinen und Metanemertinen kommt eine innere Ringmuskelschicht nieht zur Ausbildung, und wir sehen den Muskelsehlauch des Rhynehocöloms nirgends unterbrochen. Bei den Heteronemertinen ist die Wand des Rhynchocöloms im All- gemeinen nicht auffallend diek; man kann die Regel aufstellen, dass ihre Stärke mit der Länge des Rhynchocöloms zunimmt — also sie bei Cere- bratulus, Langia und Micrura im Ganzen dicker ist als bei Zupolia und Lineus. Dasselbe gilt für die Metanemertinen. Indessen giebt es Aus- nahmen. Bei Lineus coccineus und versicolor nämlich ist der Muskelschlauch des Rhynchocöloms und vor Allem dessen Ringfaserschicht in der vorderen Körpergegend dicker, als man es sonst bei den Heteronemertinen und insbesondere den Lineiden beobachtet. Es ist hervorzuheben, dass gerade bei diesen Arten die innere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs das Rhynchocölom in der vorderen Körperregion vollständig umgiebt. Wir finden die Längsmuseulatur des Rhynchocöloms bei den Hetero- und Metanemertinen überall entwickelt. Vielfach bleibt sie indessen ein einschichtiges Fibrillenlager. Eine im Allgemeinen stärkere Schicht bildet sie unter den Heteronemertinen bei Cerebratulus, Langia und überhaupt Formen, welche durch ein langes Rhynehocölom ausgezeichnet sind. Am stärksten ist die Längsmuskelschicht bei den Metanemertinen und unter diesen bei einigen Amphiporen entwickelt. Auch bei Drepanophorus sind massenhaft Längsmuskelfibrillen in der khynchoeölomwand vorhanden, indessen bilden sie im Allgemeinen kein eigenes Lager, sondern sind mit den Ringmuskelfibrillen verstrickt. So besteht bei den Arten jener Gattung der Rhynchocölommuskelschlauch aus einem Geflecht von rineförmig und längs verlaufenden Fibrillen. Uebrigens ist dasselbe nicht in allen Abschnitten des Rhynchocöloms ein gleichartiges. So treten z. B. bei ©. albolineatus in der vorderen Mitteldarm- region nach aussen mehr Ringfasern und nach innen reichlicher Längs- fasern auf (Taf. IV, Fig. 15). Dagegen ist z. B. bei D. crassus das Muskel- fibrillengeflecht überall ein ziemlich gleichartiges. Die Wand des Rhynchoeöloms wird, wie das bereits Me Intosh beschrieben und jüngst Montgomery aufs Neue betont hat, von vorne nach hinten stärker. Das hat seinen Grund in der bedeutenden Zu- nahme ihrer Musculatur. Ich constatirte, dass dieselbe bei den Hetero- und Metanemertinen am dicksten in der Mitte des Rhynchocöloms ist und sich hinten im Verhältniss zu der bedeutend enger werdenden ein- geschlossenen Höhle mächtiger als vorn darstellt. Die Muskelfasern des Rhynchocöloms sind ebenso gebaut und gestaltet, wie diejenigen des Hautmuskelschlauchs. Sie sind auch z. B. bei Drepanophorus crassus ebenso dick als jene; bei Oerebratulus marginatus aber sind die Ringfasern etwas, die Längsfasern auffällig dünner als die entsprechenden der Hautmuskelschichten. Ebenso 238 Anatomie und Histologie. sind die Längsmuskelfasern, wo solche bei den Carinellen im Rhyncho- cölom vorhanden sind, feiner als die des Hautmuskelschlauchs. Die Rhynchocölomtaschen der Drepanophoren sind von einem dünnen, weitläufigen Geflecht sehr feiner Ring- und Längsmuskel- fibrillen umsponnen. So schwach die Musculatur dieser Taschen ent- wickelt ist, so überaus kräftig ist die Museulatur, welche ihr Eingangsrohr in das Rhynchocölom umschliesst. Dieses ist von einer ausserordentlich diehten Lage dicker Ringmuskelfasern umgeben, welche sicher als Sphincter wirken. Die zellige epitheliale Auskleidung des Rhynchocöloms (Taf. XV, Fig. 22) erinnert ganz und gar an die der Blutgefässe, welche ich früher ein Endothel nannte, um damit ihre besondere histologische Beschaffenheit im Gegensatz zur zelligen Auskleidung der Nephridien, des Darmes und Rüssels anzudeuten. Uebrigens ist zu bemerken, dass das, was ich. früher bei den Nemertinen als Endothel und Epithel be- zeichnete, einen ontogenetisch durchaus verschiedenartigen Ursprung besitzt. Der Muskelschlauch des Rhynchocöloms z. B. von Carinella poly- morpha ist wie derjenige eines Seitengefässstammes von einer dünnen gallertartigen Schicht ausgekleidet, welcher in gewissen Abständen kleine kuglige Kerne, nämlich die Kerne der Epithelzellen, angedrückt sind, deren Grenzen man nicht zu erkennen vermag. Die Auskleidung des Rhynchoeöloms von ©. polymorpha ist eine durchaus gleichartige und er- fährt auch an den Rhynchocölomgefässen, über welche sie hinwegzieht, nicht die geringste Veränderung (Taf. XV, Fig. 22). Die gallertige Schicht, die Grundschieht des Rhynchocölomepithels ist in der Regel vielfach gefaltet und besonders bei den Heteronemertinen ganz ausserordentlich dicht besetzt mit sehr kleinen kugligen, stark tingirbaren Kernen. Verschiedenartig verhält sich das Epithel im Rhyncho- cölom von Cerebratulus marginatus und somit wahrscheinlich überhaupt bei den Lineiden, die ja alle im Bau sehr übereinstimmen. Es handelt sich bei ©. marginatus um auffallende Veränderungen, welche nicht allein das Epithel, sondern die gesammte Wand des Rhynchocöloms dort er- litten hat, wo sie die Rhynchocölomgefässe einschliesst. Wir finden anstatt der normalen Längsmuseulatur des Rhynchocöloms, deren Fibrillen denen des Hautmuskelschlauchs an Stärke nicht viel nachgeben, neben den Rhynchocölomgefässen einen breiten Streifen einer „war gleichfalls mehrschiehtigen Längsmusculatur, welche aber trotzdem kaum ein Viertel so dick ist als die übrige Rhynchoeölomlängsmuseulatur, da ihre Fibrillen unmessbar fein sind, nicht stärker nämlich als die feinsten Muskelfibrillen der Blutgefässe. Dass diese besonderen Muskel- streifen sich aus der normalen Rhynchocölomlängsmusculatur heraus modifieirt haben, illustrirt der allmähliche Uebergang, welcher oben und unten von der starkfibrilligen in die feinfibrillige Längsmuseulatur durch mittelfeine Grenzfibrillen sich kundgiebt. Rhynchocölom. — Histologie. 239 Diesen Muskelstreifen bedeckt kaum eine gallertige Schicht, sondern unmittelbar an ihm sitzen innen Zellen, welche, wie ein Querschnitt durch das Rhynchocölom zeigt, weit auseinander stehen, dagegen dem Längs- schnitt nach zu urtheilen in Längsreihen äusserst dicht aneinander schliessen. Es werden etwa 20—25 Längsreihen übereinander stehen, um je einen Seitenstreifen zu bilden (Taf. XIII, Fig. 19 und 9). Die einzelne Zelle, welche eine Höhe von 14 u und Breite von 3 u besitzt, ist wohl am besten eine Becherzelle zu nennen. Ihre Form ist die eines schmalen Spitzkelches.. Von dem nach aussen gerichteten ver- jüngten Ende sah ich häufig einen starken Fortsatz ausgehen, welcher durch die Rhynchocölomwandung hindurch bis an das Epithel der Rhyn- chocölomgefässe reichte. Der Zellleib färbt sich matt, nicht viel stärker als die gallertige Grundschicht des Epithels, und besitzt ein sehr fein eranulirtes Plasma. Der am Grunde des Kelches ruhende Kern ist gross, elliptisch, mit einem mittleren deutlichen kleinen Kernkörperchen und vielen Chromatinkörnchen ausgestattet, welche peripher gelagert sind. Diese und der Nucleolus tingiren sich intensiv, die gleichartige Grund- masse des Kernes widersteht Tinctionen. Ueber diesen Zellen liegen besonders angehäuft farblose, schaumige Massen, welche auch sonst im Lumen des Rhynchocöloms zusammengeballt sich vorfinden. Es scheint sich, was die den Becherzellenstreifen angepressten schaumigen Massen anbetrifft, nicht um ein Gerinnsel der Rhynchocölom- flüssigkeit, das sich diesen Streifen besonders anlagerte, zu handeln, sondern um ein Product jener Zellen, denn man sieht die Bläschen oft so innig an den Köpfen der Becherzellen haften, als wären sie aus ihnen herausgetreten. Wie dem nun auch sein mag, bestimmt darf ich be- haupten, dass die schaumigen Massen, welche den Becherzellen ankleben, nicht etwa deformirte Wimpern der Becherzellen sind. Wimpern besitzen sie nicht. Schliesslich ist auch noch zu betonen, dass auch das übrige Epithel des Rhynchocöloms, wenn auch in viel geringerem Maasse, mit der schaumigen Masse bedeckt ist. Ich halte die Becherzellen für seeretorische Zellen. Auch über dem Rückengefässe hat sich die innere Zellauskleidung des Rhynchocöloms, freilich in anderer und mit der soeben dargestellten Modification nicht vergleichbarer Weise, dort verändert, wo das kücken- gefäss völlig innerhalb des Rhynchocölommuskelschlauches verläuft. Der Parenchymzellmantel um das Rückengefäss hat sich nur ventral und seitlich in voller Mächtigkeit erhalten, dorsal jedoch ist er bis auf einige niedrige Zellen redueirt, und hier liegt die gallertige Auskleidung des Rhynchocöloms fast unmittelbar der dem Blutgefässe eigenen Mus- culatur auf, den Parenchymzellmantel scheinbar ersetzend. Auch hier sind nun die Epithelzellen des Rhynchoeöloms höher und sehr schlank geworden, ausserdem stehen sie auffallend dicht beieinander. Von diesen histologisch interessanten Modificationen finden wir bei 240 Anatomie und Histologie. den Carinellen in der Rhynchocölomauskleidung, obwohl die Rhynecho- cölomgefässe an der entsprechenden Stelle wie bei Cerebratulus marginatus auftreten, nichts. Während die Rhynchocölomgefässe bei Cerebratulus marginatus aber theilweise in derselben Region mit den Excretionsgefäss- stämmen verlaufen, liegen sie bekanntlich bei beiden Carinellen aus- schliesslich vor diesem Gefässsystem. Schliesslich sind noch zwei ziemlich lange Falten zu erwähnen, welche bei Cerebratulus marginatus jederseits der Medianebene dorsal von der Wand des Rhynchocöloms in dasselbe hinabhängen. Sie beginnen hinter den Ausführgängen der Exeretionsgefässe und lassen sich weit im Rhynchocölom nach hinten verfolgen (Taf. XIII, Fig. 19). Die Substanz der Falten besteht lediglich aus der Grundschicht und dem sie bekleidenden, womöglich noch niedriger als an der Rhyncho- cölomwand gewordenen Epithel, dessen Kerne hier weiter auseinander liegen als sonst an der Rhynchoeölomwand. Das Epithel des Rhynchocöloms ruht bei den Metanemer- tinen auf einer bald dünnen, bald sehr mächtigen gallertartigen Grund- schicht. Bei Drepanophorus albolineatus ist sie sogar etwa ein Viertel so dick als der Muskelschlauch des Rhynchocöloms. Wenn die Grundschicht sehr mächtig ist, so pflegt sie auffallend stark gefaltet zu sein. Es ist mir übrigens keineswegs sicher, dass die Faltung nicht erst durch die Conservirung der Thiere hervorgerufen ist. Die Grundschieht ist ziemlich dieht mit kugligen, stark färbbaren Epithelkernen besetzt, die bedeutend kleiner als bei Cerebratulus sind. Bekanntlich tritt das Blutgefässsystem nur durch das hückengefäss mit dem Rhynchocölom bei den Metanemertinen — und auch nur bei einem Theil derselben — in Beziehung, indem es einen meist nur sehr kurzen Abschnitt innerhalb desselben an seiner unteren Wandung ver- läuft. Das Rückengefäss ist stets bedeckt vom Epithel des Rhyncho- cöloms, dessen Kerne über dem Rückengefäss viel dichter als an einem anderen Orte liegen. Bei Drepanophorus erassus, besonders auffällig aber bei D. latus, einer indischen Form, constatirte ich früher um das Rückengefäss herum — solange es, im Rhynchoeölom eingeschlossen verläuft — einen viel- schichtigen Kernbelag, der das Gefäss wie ein Mantel umgiebt (Taf. XII, Fig. 8). Ausserhalb des Rhynchocöloms ist um das Gefäss ein solcher Kern- mantel durchaus nicht vorhanden. Es sind Kerne wie die des Rhyncho- cölomepithels, nur sind sie noch lebhafter tingirbar als jene. Oefters schien es, als ob dieser Kernmantel noch von der dünnen Zellschicht der Rhynchoeölomauskleidung überwachsen wäre, vom Rhyncehocölominnern abgesperrt, öfters aber schien dieselbe nicht mehr vollständig zu sein. Immer aber sah ich deutlich das Lumen des Rückengefässes, klar er- kennend, dass die Kerne nur in seiner Wandung, und zwar an ihrem oberen und seitlichen Umfang sich befinden; dort, wo das Gefäss dem Erklärung von Tafel IX. Sinnesorgane. Iv.1. Spplt, Fig. 1. Micerura Jasciolata Ehrenb. Rechtes Cerebralorgan. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. 2. Drepanophorus spectabilis (Quatref.). Cerebralorgan. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. 3. Mierura faseiolata Enrenb. Stück eines Querschnittes durch das ÜCerebralorgan dicht hinter der zweiten Drüseneinmündung. 4. Tetrastemma (coronatum? (uatref.) Cerebralorgan von unten gesehen. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. 5. Cerebratulus joubini Bürg. Querschnitt aus der hinteren Region des Cerebralorgans. ca. 70/1. 6. Drepanophorus latus Bürg. (Querschnitt durch das Cerebralorgan aus der Gegend der hinteren Drüsenzellpartie. ca. 140/1. . Drepanophorus erassus ((uatref.). (Querschnitt durch das Cerebralorgan vor der hinteren Drüsenzellpartie. ca. 140/1. 8. Carinella superba (Köll.). Schnitt durch das Cerebralorgan. 300/1. 9. Cerebratulus sp. ind. Laterales Epithel aus dem hinteren Abschnitt des Cerebralcanals im Querschnitt. ca 400/1. 109 Cerebratulus liguricus Blanch. Laterale Epithelzellen aus dem hinteren Abschnitt des Cerebralcanals. ca. 400/1. ll. Amphiporus marmoratus Hubr. Kopffurchen. ca. 12/1. 12. Drepanophorus spectabilis ((uatref.). Schnitt durch eine Kopffurche. (Nach einem (Querschnitt durch die Kopfspitze.) ca. 40/1. 13. Cerebratulus tigrinus Bürg. Kopf einer lateralen Grenzzelle des Cerebralcanals. 450/1. 4. Amphiporus virgatus Bürg. (Querschnitt aus dem vordersten Abschnitt des Cere- bralorganes. 120/1. 15. Oerstedia dorsalis (Zool. Dan.). Querschnitt durch den Seitenstamm. 14071. 16. Lineus alienus Bürg. (Juerschnitt durch die sehr flache Kopfspalte. 140/1. 16a. w. v. Bürg. Epithelzellen der Kopfspalte. 1 Es bedeuten: au Auge, bgk Bindegewebskern, c Cerebralcanal, ch hinterer Abschnitt des Uerebralcanals, ei Cilien, ein Knöpfchen, cist Stäbchen der Cilien, eimz Oilien der medialen Zellen, corg Cerebralorgan, corgdr Drüsen des Cerebralorgans, esst Centralsubstanz (eigent- licher Faserstamm) des Seitenstammes, cu Cutis, cv vorderer Abschnitt des Cerebralcanals, dg dorsales Ganglion, dr hinterer, dre vorderer Drüsenzellcomplex, ep Epithel der Haut, gsch Grundschicht, 92% Ganglienzellkerne, g2%‘ kleinere und besonders stark tingirbare Kerne von Ganglienzellen, Adrei Einmündung des hinteren Drüsenzellcomplexes, 7: Kern, rg Kragen, kpfgr Grübchen der Kopffurche, %sp Kopfspalte, Zyz laterale Grenzzelle vom Epithel des Cerebralcanals, Zn Längsmuskelfasern, m/z die mittleren der lateralen Grenz- zellen vom Epitk@l des Cerebralcanals, ».= mediales Epithel des Cerebralcanals, » Nerv, n I—5 Nerven des Cerebralorgans, pdr Packetdrüsenzellen, p& Pigment, s Sack, sgf Seiten- gefäss, sst Seitenstamm, «:dg unterer Zipfel des dorsalen Ganglions, welcher sich auf den Seitenstamm nach hinten verlängert hat, vdrei Einmündung des vorderen Drüsenzell- complexes, ©y ventrales Ganglion, zpf Zapfen (Köpfe) der lateralen Grenzzellen vom Epithel des Cerebralcanals. Fig. 1—4 nach Dewoletzky (No. 202); die übrigen Figuren nach Bürger (No. 256). m: BürgerNen ıerlinmi. Erklärung von Tafel X. Sinnesorgane. — Darm. 1. Carinella superba Köll. Querschnitt durch das Seitenorgan. 1601. 2. Carinella polymorpha (Renier). Querschnitt durch das Seitenorgan. 16011. 3. Drepanophorus crassus (Quatref.). Augen in Verbindung mit den Augennerven. 16011. . Eupolia delineata (Delle Chiaje). Schematischer Schnitt durch das Auge parallel der Augenachse. 5. Drepanophorus spectabilis (Quatref.) Schematischer Medianschnitt durch das Auge. 6. w. v. Einzelnes Stäbchen in Verbindung mit Ganglienzelle und Nervenfaser. Ototyphlonemertes duplex Bürg. (uerschnitt aus der hinteren Gehirngegend. ca. 40/1. Ss. Ototyphlonemertes macintoshi Bürg. Otolithenblase. ca. 2001. 9. Tetrastemma vermiculus var. sokum. Augen. 160/1. 10. Prosadenoporus janthinus Bürg. Medianschnitt durch das Frontalorgan. 11. Tetrastemma eilhardi Montg. Horizontaler Längsschnitt durch das Frontalorgan. 12. Eupolia delineata (Delle Chiaje). Horizontaler Längsschnitt durch das Frontalorgan. 12a. w. v. Epithel des Frontalorgans mit den Ausführgängen der Kopfdrüse. 13. Cerebratulus marginatus Renier. Horizontaler Längsschnitt durch das mittlere Kopfgrübchen. 400/1. 14. Drepanophorus crassus ((uatref.). Vorderer Rand des Kopfes. ca. 55/1. 15. Amphiporus pulcher (Johnst.). Kopfspitze mit ausgestülptem Frontalorgan. ca. 55.1. 16. Carinella polymorpha (Renier). Darmepithel des Vorderdarms im Querschnitt. ca. 120/1. 17. Tetrastemma eilhardi Montg. Längsschnitt durch eine Falte des Magendarmepithels. 18. w v. Epithelzellen des Mitteldarms nach einem Längsschnitt. £s bedeuten: amb Kapsel des Auges, au Auge, bgk Bindegewebskerne, ds Basalmembran, ei Cilien, ev Cutis, cudr Cutisdrüsenzellen, dbdrz Becherdrüsenzellen des Darms, ddrz Darm- drüsenzelle, depz Darmepithelfadenzellen, dy dorsales Ganglion, dygz dorsaler Ganglienzell- belag, dkdrz Körnchendrüsenzellen des Darmepithels, dm Diagonalmuskelschicht, drz Drüsen- zelle, ep Epithel der Haut, epz/: Epithelzelle (Sinneszelle) der Kopfgrube, fsz faserförmige Sehzellen, gsch Grundschicht, gz Ganglienzelle, ® Kern, %‘ spindelförmige kernartige Verdickung, kdrs Kopfdrüsenzellschläuche, Agr Kopfgrube, Au Kügelchen, /sz kolbige Sehzelle, /m Längsmuskelschicht, »2sf Muskelfasern, n Nerv, nahr Nahrungstheilchen, nf Nervenfaser, ot Otolith, 0152 Ötolithenblase, 95% Kerne der Pigmentzellen, pdr Packet- drüsenzellen, re Rhynchocoelom, vr Ringmuskelschicht, sq/ Seitengefäss, sn» Sehnery (Augen- nerv), snh Sinneshaar, sst Seitenstamm, st Sehstäbchen (in Fig. 6 Stäbchenzelle), sz Sehzelle, !p Tunica propria, © Vacuole, ®y ventrales Ganglion, zmb Zellmembran. Fig. 4 und 5 nach Hesse (op. eit. pag. 126); Fig. 11, 17 und 18 nach Montgomery (No. 250); die übrigen Figuren nach Bürger (No. 256). Bürger, Nemertinn. Tafel 10, AT | u " ! Erklärung von Tafel XI. Darmtractus; Rüssel. IV. 1. Spplt. Fig. 1. Zetrastemma cephalophorum Bürg. Epithel des Mitteldarms beim lebenden Thier. 2—8u.11u.12. Darmepithel auf Querschnitten. Fig.2. Eunemertes marioni Hubr. ca. 400. Mitteldarm, vorderster Abschnitt. Fig. 3. Lineus glaucus Bürg., Mitteldarm. Fig. 4. ZL. geniculatus (Delle Chiaje), Querschnitt durch den Mundrand. Fig.5. KHunemertes marioni Hubr., Mitteldarm. Fig.6(Au.B). Malacobdella grossa (0. F. Müller), Mitteldarm. Fig. 7 u. 8. Lineus geniculatus (Delle Chiaje), Mittel- darm (Schwanzende). Fig. 11. Cerebratulus marginatus Renier, Vorderdarm (hinterer Abschnitt). Fig. 12. Car@nella polymorpha (Renier), Mitteldarm. 9, Cephalotrix bipunctata Bürg. Bläschen mit krystallartigen Körperchen aus dem Mitteldarm. 10. Drepanophorus crassus ((Juatref.). Zwei Mitteldarmtaschen des frischen Thieres. 13. Linews albovittatus (Stimps.). Rhabditen aus dem Rüsselepithel. 14. Tetrastemma eilhardi (Mntry.). Theil eines Querschnittes durch den papıillösen Abschnitt des Rüssels. 15. Geonemertes australiensis Dendy. Querschnitt durch einen theilweise vorgestülpten Rüssel. (Derselbe hat gleichzeitig den vorderen Rüsseleylinder und das Diaphragma getroffen.) 16. Drepanophorus spectabilis (Quatref.). Stück eines Querschnittes durch den vorderen Rüsselcylinder. 17. Amphiporus marmoratus (Hubr.). Schnitt durch eine Reservestilettasche. 18. Drepanophorus spectabelis (Quatref.).. Querschnitt durch den Küssel aus der Gegend des Angriffsstilets. 19. Tetrastemma eilhardi (Mntry.). A Ein Angriffsstilet, B—D Reservestilete ver- schiedener Individuen. 20. Amphiporus marmoratus (Hubr.). Querschnitt durch den hinteren Rüsseleylinder. Es bedeuten: aepr äusseres hüsselepithel, almr' äusseres, almr‘ inneres Lager der äusseren Längsmuskelschicht des Rüssels, armr äussere Ringmuskelschicht des Rüssels, ast Angrifis- stilet, Das Basis des Angriffsstilets, er Concremente, cu Cutis, dej Ductus ejaculatorius, depz Wimperzellen des Darmes, dm Längsmusculatur des Darmes, drz Darmdrüsenzellen, ep Epithel der Haut, gschr Grundschicht des inneren und äusseren Rüsselepithels, @epr inneres Rüsselepithel, «imr innere Längsmuskelschicht des Rüssels, örm innere Ringmuskelschicht, irmr innere Ringmuskelschicht des Rüssels, % Kern, /%* Kernkörperchen, %% Kügelchen und Körner, Zm Längsmuskelschicht, mep Mundepithel, pr Parasit, rm Ringmuskelschicht, rn Rüsselnerv, rst Reservestilet, rstt Reservestilettasche, s/n Schlundnerv, spdr Speichel- drüse, stdr Drüsen, welche die Basis des Angriffsstilets bilden, & räthselhafte Einschlüsse im Darmepithel. Fig. 14 und 19 nach Montgomery (No. 250); Fig. 15 nach Dendy (No. 230); die übrigen nach Bürger (No. 256). Bürger, Nemertini. Tafel 11. Der)‘ | | #. I} I \ ig re y n Yait | Bet, Be en Blutgefässsystem. — Litteratur. 241 Rhynchocölom angeheftet ist, fehlen sie. Diese Zustände traf ich aber nicht immer an: so zeigte sich von einer Kernmasse in der Wandung des dem Rhynchocölom angehörigen Rückengefässabschnittes bei D. erassus in einem Exemplare nichts, in einem anderen dagegen war eine Kern- wucherung um das Rückengefäss herum, wenn auch noch nicht so mächtig wie bei D. latus, vorhanden. 11. Das Blutgefässsystem. Die Blutgefässe sind bei den Nemertinen zuerst von Delle Chiaje 1823—28 (No. 25) gesehen worden. Er bemerkte deren bei den Hetero- nemertinen vorhandene Erweiterungen im Kopfe, die er zusammen mit Gehirn und Cerebralorganen für Herzen hielt. Auch jene Gefässe, die sich an dem Schlund abzweigen, entgingen ihm nicht. Duge’s 1330 (No. 32) constatirte nicht weniger als 7 Blutgefässe. Darunter befinden sich die wahren Blutgefässe, das Rücken- und die beiden Seitengefässe, ausserdem nimmt er die Seitenstämme als Gefässe in Anspruch und zur Annahme des übrigen Paares verführten ihn wahrscheinlich die Excretions- gefässe. Die Ganglien deutete er als Herzen. Dagegen gab er die Richtung des Blutlaufes in Rücken- und Seitengefässen richtig an. Oersted 1844 (No. 47) sah in dem Öentralnervensystem Blutgefässe und Herzen und in dieser irrthümlichen Anschauung beharrte noch Williams 1852 (No. 72), trotzdem inzwischen der wirkliche Sachverhalt wiederholt aufgedeckt worden war. Wiederum war es H. Rathke 1842 (op. eit. oben pag. 127), der Licht in die Verwirrung brachte. Er beschreibt die 3 Blutgefässstämme und daneben correct das Centralnervensystem. Quatrefages 1846 (No. 54) verdanken wir eine eingehende Schilderung des Blutgefässsystems bei einer Reihe von Arten. Er erkannte, dass die drei Stämme eine Kopf- schlinge bilden und in der Gegend des Afters miteinander communiciren. Ferner überzeugte er sich genau von ihrer Lage im Körper und machte die Entdeckung, dass das Rückengefäss vorn in das Rhynchocölom ein- geschlossen ist. 1849 fand Blanchard (No. 62) mittels Injeetion bei Malacobdella Rücken- und Seitengefässe auf und constatirte an allen eine überaus reiche Verästelung in der vorderen Körperhälfte. In demselben Jahre ermittelte dieser Forscher durch dasselbe Verfahren bei Oerebratulus liguricus ausser dem Rückengefäss jederseits zwei Seitengefässe. Das Rückengefäss soll keine Zweige abgeben, dagegen verbinden zahlreiche Queranastomosen die beiden Seitengefässe einer Seite. Ausserdem ge- langte er zu der richtigen Erkenntniss, dass die Ganglien (nebst den Cerebralorganen, die er wohl für Theile jener hielt) in einem Blutsinus lagern, dagegen resultirt seine Behauptung, auch der Rüssel liege innerhalb eines grossen Blutraumes, zweifelsohne aus einem Misserfolg seiner In- jeetionstechnik. Die Untersuchungen von M. Schultze 1851 (No. 71) und van Beneden 1561 (No. 96) bestätigen die Befunde von Quatrefages. Bronn, Klassen des 'Thierreichs. IV. 1. Suppl. 16 242 Anatomie und Histologie. Einen Schritt vorwärts brachte uns Keferstein 1862 (No. 97), indem er die Commissuren der Seitengefässe mit dem Rückengefäss nachwies. Me Intosh’s 1873/74 (No. 125) Hauptverdienst beruht darin, die wesentlichen Differenzen in der Ausbildung des Blutgefässsystems bei den verschiedenen Nemertinentypen aufgedeckt zu haben. Er wies nach, dass bei Carinella und Cephalothrix das Rückengefäss fehlt. Auch bei einer Metanemertine, Eunemertes carcinophila, fand er nur die Seiten- gefässe auf. Von den mannigfaltigen Erweiterungen und Verzweigungen, welche das Blutgefässsystem bei den Heteronemertinen erfährt, veranschau- lichte uns MeIntosh die Erweiterungen der Gefässe um die Cerebralorgane herum, die überraschende Regelmässigkeit, welche sich in der Anordnung der Commissuren zwischen Rücken- und Seitengefässen offenbart, und das Schlundgefässnetz. Die eingehendsten Untersuchungen über das Blutgefässsystem hat Oudemans 1355 (No. 194) angestellt. Sie widmen sich zugleich den Ex- cretionsgefässen und ergaben das überraschende Resultat, dass diese beiden Systeme bei verschiedenen Nemertinentypen miteinander communieciren. Diesen merkwürdigen Sachverhalt behauptet Oudemans für Carinella und Carinoma ganz sicher erwiesen zu haben. Spätere Forscher haben diese Befunde nicht zu stützen vermocht, dagegen voll die Resultate anerkannt, zu welchen er kam, was den Bau des Blutgefässsystems anbetrifft. Oudemans entdeckte die Rhyncho- cölomgefässe und gab völlig befriedigende Aufschlüsse über den Zusammen- hang der Zweigsysteme mit den Hauptblutbahnen. Er unterschied mit Bezug auf Hubrecht’s System einen Paläo-, Schizo- und Hoplotypus. Nämlich: Paläonemertinen; zwei Längsstämme, welche im Kopf über dem Rhynchocölom, im Schwanz über dem After communieiren. Zweig- gefässe derselben in der Oesophagealregion. Bei Carinella und Carinoma kommen noch zwei Gefässe, welche seitlich im Rhynchocölom verlaufen, hinzu. Schizonemertinen: Drei Gefässe, das mittlere theilweise im Rhynchocölom verlaufend. Commissur über und unter dem Rhynchocölom. Laeunenartige Oesophagealgefässe. Analecommissur über dem After. Die Gefässe sind im mittleren und hinteren Körperabschnitt durch Querstämme miteinander verbunden. Die Hoplonemertinen sind durch die Ab- wesenheit lacunärer Räume charakterisirt. Sie besitzen im Kopf zwei Gefässe, die über dem Rhynchocölom eine Schlinge bilden und unterhalb des Rhynchocöloms im Gehirnring verbunden sind. Hier entspringt und setzt sich bis zum Schwanz fort das mittlere Gefäss, welches in der Oesophagealregion theilweise im Rhynchocölom verläuft. Querschlingen der drei (Grefässe, Analcommissur über dem After. Durch Hubreeht 1837 (No. 204) wurde das Blutgefässsystem einer anderen Urnemertine (Carinina) bekannt. Es ist noch einfacher als das von Carinella, indem ihr die Rhynchocölomgefässe fehlen und die Ent- wicklung der Schlundgefässe nur angedeutet ist. Die Untersuchungen wurden in neuerer Zeit namentlich von Joubin Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung. 943 1887 (No. 206), 1890 (No. 215), mir 1890 und 1895 (No. 217 und 256) und Coe 1895 (No. 255) Boehmig (1398 op. eit. unten pag. 247) fort- geführt und vervollkommneten besonders unsere Kenntniss des complieirten Heteronemertinengefässsystems und der histologischen Verhältnisse. Das Blutgefässsystem der Nemertinen besteht mindestens aus zwei und meistens aus drei Längsstämmen, welche allgemein im Kopf- und Schwanzende miteinander verbunden sind. Von allen Nemertinen besitzt Cephalothrix (Taf. XIV, Fig. 7 und Taf. VI, Fig. 12) das einfachste Blutgefässsystem, welches hier nur von zwei seitlich im Körper verlaufenden Längsstämmen gebildet wird, die in der Kopf- und Schwanzspitze ineinander übergehen. Bei COephalothriz bioculata, mit welcher die übrigen Cephalothrix - Arten hinsichtlich des Blutgefässsystems im Wesentlichen übereinstimmen, sind die Gefässe im Rumpfe eng, erweitern sich indessen in der Kopfspitze zu bedeutenden Hohlräumen, welche in der Nähe der Rüsselöffnung über dem Rhyncho- däum miteinander verschmelzen. Die beiden Gefässe verlaufen in der Gehirnregion seitlich unter dem Rhynchocölom medial von den ventralen Ganglien und werden von den Gehirneommissuren umschlossen. Hinter dem Gehirn setzen sie sich zwischen den Schlundnerven und Seiten- stämmen fort, sodass letztere etwas höher als die Gefässe liegen. Am Munde aber heben sie sich etwas und liegen höher als die Seitenstämme der oberen Mundwand auf. Weiter hinten sind sie stets dem Darm an- gepresst, sodass sie überall innerhalb des Hautmuskelschlauchs verlaufen. Wir gewahren sie in der Vorderdarmregion oberhalb der Seitenstämme an den oberen Darmrändern. Im Bereich des Mitteldarmes senken sie sich ein wenig und laufen, wo solche vorhanden, seitlich an den mit Geschlechtsprodueten gefüllten Genitalsäcken entlang. Es ist gar kein Zweiggefäss, also auch weder ein an den Schlund, noch ein an das Rhyncho- cölom abgehendes zu constatiren. Bei den Metanemertinen (Taf. II, Fig. 3 und Taf. XIII, Fig. 6) tritt zu den beiden Seitengefässen, die wir bei Cephalothrix kennen lernten, noch ein drittes Gefäss hinzu, welches vom Gehirn bis zur Analcommissur der Seitengefässe, in die es hinten einmündet, am Rücken des Thieres zwischen Darm und Rhynchocölom verläuft. Es ist das Rückengefäss. Wir verfolgen den Verlauf der Gefässstämme zuerst an einem leben- den comprimirten Amphiporus pulcher (Taf. XIII, Fig. 6) bei schwacher Vergrösserung. Wir bemerken bei dieser Form dicht hinter dem Gehirn einen Punkt, von dem fünf Gefässe ausgehen. Es sind erstens zwei kurze (Gefässe, welche nach vorne ziehen, durch die Gehirncommissuren hindurchdringen, vor dem Gehirn auseinander weichen und sich ziemlich dieht hinter der Rüsselöffnung vereinigen. Sodann zwei lange Gefässe, welche sich seit- wärts wenden und, an den Seitenstämmen angelangt, nach hinten umbiegen, bis zum Anfang des Blinddarms über den Seitenstämmen oder sogar an ihrer Aussenfläche verlaufend. Am Anfang des Blinddarms aber biegen sie sich stark 16 944 Anatomie und Histologie. einwärts, und wir sehen sie nun, wenn das Thier auf dem Bauche liegt, unter den Darm- und Genitaltaschen nach rückwärts ziehen, sich dicht vor dem After über dem Darm vereinigend. Schliesslich bemerken wir als fünftes Gefäss eines, welches vom Knotenpunkte aus unter dem Rhyncho- cölom in der Mitte des Körpers rückwärts bis in die Analcommissur der Seitengefässe zu verfolgen ist. Es ist nun wohl ohne weiteres zuzugeben, dass der Gefässbogen vor dem Gehirn der vorderen Gefässcommissur von Cephalothrix entspricht, und die beiden vom Gehirn bis zum After in den Seiten des Körpers verlaufenden Gefässe den beiden Gefässen von Cephalothrix gleich zu setzen sind. Neu ist uns im Gefässsystem von Amphiporus der Knotenpunkt und das mittlere Gefäss. Jener ist durch eine dritte Vereinigung der Seitengefässe zu Stande gekommen. An seiner Stelle finden wir bei den Heteronemertinen eine lange Commissur, aus der, wie hier dem Knotenpunkt, das bei Cephalothrix fehlende mittlere Gefäss, d.h. das Rückengefäss entspringt. Wir nennen die dritte Ver- einigung bei den Heteronemertinen ventrale Gefässcommissur, bei den Metanemertinen Gefässknoten. Die Seitengefässe bilden im Kopfe also eine Gefässschlinge. In der Gegend des Mitteldarms stehen die beiden Seitengefässe unausgesetzt durch dorsale Gefässbogen, welche metamer angeordnet sind und über den Darmtaschen verlaufend mit den Genital- taschen alterniren, mit dem Rüchengefäss in Verbindung. Ueberraschend ist der seitliche Bogen (Taf. XIII, Fig. 6), den jedes Seitengefäss vom Knotenpunkt bis zum Anfang des Blinddarms beschreibt. Derselbe wird dadurch bedingt, dass das Seitengefäss das Geflecht der Nephridialcanäle aufsucht, die bei Amphiporus, Drepanophorus und Tetra- stemma auf den Körperabschnitt zwischen Gehirn und Blinddarm, bezugs- weise auf die Gegend des Magendarms beschränkt sind und sich jederseits über den Seitenstämmen ausbreiten. Die Seitengefässe durchsetzen das Flechtwerk der Nephridien und treten in innige Beziehung mit ihren Verzweigungen (Taf. XIII, Fig. 12). Ueber den genauen Verlauf der Gefässe ist, speciell mit Rücksicht auf Amphiporus marmoratus und virgatus, Folgendes anzugeben. Die Gefässe liegen in der Kopfspitze, ehe sie sich über dem Rhynehodäum vereinigen, weit auseinander seitlich neben diesem. In der Gehirnregion schmiegen sie sich den medialen Flächen der Gehirnhälften an, vereinigen sich hinter den Gehirncommissuren zum Knoten und steigen alsdann an die unter den Cerebralorganen gelegenen ventralen Ganglien beziehungs- weise die Vorderenden der Seitenstämme hinab. Sobald hinter den Cerebralorganen die Nephridien beginnen, heben sie sich wieder und ziehen nunmehr ganz seitlich, rings von den Canälen jener umstrickt nach hinten, über den Seitenstämmen gelegen fort, bis die Nephridien am Anfang des Blinddarms enden. Alsbald senken sich die Seitengefässe unter die Seitenstämme hinab und verlaufen unterhalb und etwas einwärts von diesen unter den Darmtaschen fast bis zum Ende des Thieres. Im äussersten Ende aber, bevor sie in die Analcommissur eingehen, heben Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung. 245 sie sich wieder über die Seitenstämme empor. Die metameren Gefäss- commissuren gehen um die Darmtaschen herum und alterniren mit den Geschlechtssäcken, correspondiren also, was ihre Lage anbetrifft, mit den Darmtaschen (Taf. IV, Fig. 8 und 11). Das Rückengefäss steigt nach seinem Ursprung direct in das Rhyncho- cölom hinauf und verläuft in ihm eine kurze Strecke (nicht bis zu den Exeretionsporen) (Taf. XIII, Fig. 8), sodann wendet es sich, die Wand des Rhynchocöloms zum andern Mal durchbreehend, wieder abwärts und setzt sich unter jener Cavität weiter nach hinten fort. Es ist nun nicht allein für Amphiporus, sondern für alle Meta- nemertinen hervorzuheben, dass ihr Gefässsystem Verzweigungen irgend welcher Art nicht besitzt. Nur das Blutgefässsystem von Malacobdella macht eine Ausnahme (Taf. XIV, Fig. 10 und Fig. XXX und XXXI). Auch weitet sich dasselbe nie in solche lacunenartige Räume aus, wie wir sie bei Cephalothrix in der Kopfspitze und bei den Hetero- nemertinen allgemein im vorderen Körperende antreffen. Das Gefässsystem der Metanemertinen besteht fast überall aus den beiden Seitengefässen und dem Rückengefäss. Die einzigen Aus- nahmen bilden Pelagonemertes und nach Me Intosh Eunemertes carcıno- phila, welche nur die beiden Seitengefässe besitzen (Taf. II, Fig. 2). Die sonst allgemein vorhandenen drei Stämme werden durch die Gefäss- schlinge, die Analcommissur und die metameren Commissuren miteinander in Zusammenhang gesetzt (Taf. XIV, Fig. 11 und 11a). Die Gefässe verlaufen stets innerhalb des Hautmuskelschlauches. Die Gefässschlinge ist immer von den Gehirncommissuren umschlossen (Taf. VI, Fig. 3), und in der Regel steigt das Rückengefäss nach seinem Ursprung in das Rhynchocölom hinein. Dort ist es der ventralen Wand dieses Öylinders angeklebt und bildet einen bedeutend in ihn hinein- ragenden, aber nur sehr kurzen Längswulst (Taf. XIII, Fig. 8) oder gar nur einen Höcker, je nachdem das Rückengefäss erst weiter hinter dem Gehirn in der Magengegend oder schon in der Gehirnregion, sofort nach seinem Aufstieg seinen Abstieg aus dem Rhynchocölom nimmt. Das erste Verhalten zeigt das Rückengefäss bei verschiedenen Amphiporus- und Drepanophorus- Arten (z. B. A. marmoratus, virgatus und stanniusi, D. erassus und spectabilis). Das zweite ist gleichfalls bei Amphiporen (z. B. A. langiaegeminus und pulcher) zu illustriren, ferner allgemein bei Eumemertes und Tetrastemma. Neuerdings lernte ich (No. 238) exotische Metanemertinen (Tetrastemmen) kennen, bei welchen das Rückengefäss überhaupt nieht im Rhynchoeölom verläuft. Bei Eunemertes fehlt die starke laterale Biegung der Seitengefässe in der Nephridialregion. Das Blutgefässsystem von Malacobdella gleicht dem der übrigen Metanemertinen, insofern es aus zwei Seitengefässen und einem Rücken- gefäss besteht. Die drei Gefässe bilden im vorderen Körperende auch eine Kopfschlinge. Desgleichen vereinigen sie sich auch im hinteren Körperende 246 Anatomie und Histologie. über der Saugscheibe, indem sich das Rückengefäss gabelt und ein jeder Ast mit dem Seitengefässe verschmilzt (Taf. XIV, Fig. 10 und Fig. XXXIJ). Das Rückengefäss entspringt einer Commissur der beiden Seitengefässe, welche der ventralen Gefässcommissur der Nemertinen oder speciell dem Gefässknoten (der Kopfgefässschlinge) der Metanemertinen entspricht. Indessen ist dieselbe bei Malacobdella auffallend weit nach hinten gerückt, denn sie befindet sich nicht wie in der Regel bei den Metanemertinen in der Gehirnregion, sondern in der des Endabschnittes des Vorderdarms (Taf. XIV, Fig. 10). Das Rückengefäss verläuft nie innerhalb, sondern, wie ich das soeben auch für einige freilebende Metanemertinen anmerkte, stets ausserhalb des Rhynchocöloms dicht unter demselben. Die Seitengefässe sind einander im vorderen Körperabschnitt an der Bauchfläche sehr nahe gerückt und verlaufen unter dem Vorderdarm. In der Region des Mitteldarms weichen sie etwas auseinander, ver- laufen aber immer noch einwärts von den Seitenstämmen an der Bauchfläche. Eine besonders starke Verzweigung erfahren sowohl das Rückengefäss als auch die Seitengefässe in ihrem hintersten Abschnitt, nämlich über der Saug- scheibe. Sie gabeln sich hier geweihartig rings über der Peripherie derselben. Eine starke Verzweigung der Gefässe im Körper von Mala- cobdella grossa, ausser über der Saugscheibe, stellt v. Kennel ausdrück- lich in Abrede, ausserdem bestreitet er die Existenz von Anastomosen zwischen den 3 Gefässstämmen. v. Kennel sagt, nachdem er das einfache Gefässsystem von Malacobdella grossa geschildert hat: „Allerdings treten bei älteren Individuen mit der Entwicklung der Fortpflanzungsorgane hie und da von allen drei Gefässstämmen, am wenigstens jedoch vom hückengefäss, einige Zweige heraus; doch entwickeln sich dieselben nie so stark, wie Blanchard angiebt, und bilden noch weniger Anastomosen zwischen den einzelnen Gefässstämmen.‘“ Dann verweist v. Kennel auf seine Abbildungen von Quer- und Längsschnitten und fährt im Anschluss an diese fort: „wären die Verzweigungen so reichlich, so müssten auf jedem Schnitt mehrere Gefässlumina verschiedener Stärke erscheinen, was nicht der Fall ist.“ Das letztere ist nun bei den von mir angefertigten Schnittserien von Malacobdella grossa sehr der Fall. Jeder Schnitt aus der Magen- und Mitteldarmregion pflegt mehrere Gefässlumina ausser den Durchschnitten des hückengefässes und der beiden Seitengefässe zu zeigen. Freilich ent- halten die von mir untersuchten Malacobdellen Geschlechtsorgane. Meine Schnitte lehren, dass die Verzweigung der Seitengefässe eine ausser- gewöhnlich reiche ist, und dass auch das Rückengefäss, wenn auch nur in der Gegend des Magendarms, Zweige abgiebt. Ausserdem kann ich vollauf Oudemans’ bildliche Darstellung vom Blutgefässsystem von Mala- cobdella grossa bestätigen, welche zeigt, dass auch von der Kopfschlinge Zweige entspringen (Taf. XIV, Fig. 10). Vor allem beobachtet man zahlreiche Blutgefässzweige in den Seiten des Körpers, welche ja die Geschlechtsorgane enthalten, sodann aber auch Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung. 247 unter dem Magendarm. Indessen überzeugte ich mich nicht an meinen Sehnittbildern davon, dass Rücken und Seitengefässe mittelst ihrer Zweige miteinander commissuriren. Das geht doch aber auch nicht aus den von Blanchard abgebildeten Exemplaren von Malacobdella grossa hervor, deren Gefässsystem dieser Autor injieirt hatte. Fig. XXXL Fig. XXX. Fig. XXX Blutgefässsystem aus der mittleren, Fig. XXXI aus der hinteren Körpergegend von Malacobdella japonica Takakura. Es bedeuten: acv Analcommissur, dv Rückengefäss, lv Seitengefäss, netw von den Anastomosen erzeugtes Netzwerk. Das Blutgefässsystem von Malacobdella grossa steht dadurch fast einzig im Kreise der Nemertinen da, dass ihm, obwohl ein Rückengefäss vor- handen ist, die metameren Gefässcommissuren fehlen. Neuerdings erfuhren wir von Böhmig*), dass auch einer kleinen Süsswassernemertine, Tetrastemma (Stichostemma) graecense, die metameren Gefässcommissuren abgehen, trotzdem drei Längsgefässe vorhanden sind. Bei Malacobdella _japonica indessen werden die metameren (Gefäss- commissuren nach den Untersuchungen von Takakura”*) reichlich durch zahllose Anastomosen ersetzt, welche dieser Forscher bei einer japanischen Form zwischen Rücken- und Seitengefässen nachwies. Dieselben erzeugen ein wirres enges Netzwerk nicht allein in der Gegend der Saugscheibe, sondern auch in den übrigen Körperabschnitten. (Fig. XXX und XXXI.) *) Böhmig, L, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Nemertinen (Sticho- stemma graecense |Böhmig], Geonemertes chalicophora |Graff]) in: Z. wiss. Zool. 1898, v. 64, p. 479 — 564, t. 13 — 17. *?) Takakura, U., On a new species of Malacobdella (M. japonica) in: Annotat Zool. Jap. v. 1, p. 105— 112, t. 7. 248 Anatomie und Histologie. Die beiden Gefässe von Pelagonemertes folgen in ihrem Verlaufe den Seitenstämmen (Taf. II, Fig. 2). Sie verlaufen einwärts von jenen, ziemlich dicht neben ihnen unter den Darmtaschen. Sie vereinigen sich, wie auch die Seitenstämme, im hinteren Körperende dicht vor dem After über dem Enddarm. Unmittelbar hinter dem Gehirn schwellen die beiden Gefässe beträchtlich an (‚the vascular trunks are enlarged into wide reservoirs‘). Es ist nicht vermerkt worden, ob sich die beiden Gefässe hier nicht wiederum vereinigen, indessen ist es kaum zu bezweifeln, dass sie vorne hinter dem Gehirn (oder innerhalb der Gehirneommissuren) unter dem Rhynehocölom miteinander verschmelzen. Die Abbildung spricht ganz für diese vordere Vereinigung. Andere Commissuren sind nicht vorhanden und somit wiederholt Pelagonemertes das Blutgefässsystem von Cephalothrix. Nur wenig hat sich das einfache Blutgefässsystem von Cephalothrix bei Carinella complieirt, da es im Wesentlichen aus nur zwei Stämmen besteht. Bei Carinella polymorpha (Fig. XXXII) und superba, welche uns als Beispiele dienen sollen, verlaufen die beiden Seitengefässstämme vom Munde bis zum Schwanzende genau seitlich innerhalb des Hautmuskel- schlauchs, dessen Längsmuskelschicht anliegend (Taf. IV, Fig. 12). Sind Geschlechtssäcke vorhanden, so liegen die Seitengefässe ganz dicht unter ihnen (Taf. XV, Fig. 2). Sie sind im Vergleich zu den Seiten- gefässen der Nemertinen anderer Ordnungen sehr geräumig zu nennen. Vor dem After vereinigen sie sich, die Analcommissur eingehend, über dem Darm und verbinden sich ferner unmittelbar vor dem Munde durch eine unter dem Rhynchocölom gelegene Commissur, welche man dem Gefässknoten der Metanemertinen und der ventralen Gefässcommissur, der Heteronemertinen, an die Seite stellen darf. Ich bezeichne sie daher auch bei Carinella als ventrale Gefässcommissur im Gegensatz zu der das Rhynchoeölom überbrückenden dorsalen Gefässcommissur weiter vorn in der Kopfspitze, welche der Kopfschlinge entspricht. Diese ähnelt übrigens derjenigen der Metanemertinen nicht. Die Seitengefässe erweitern sich nämlich im Kopfe von Carinella zu grossen lacunenartigen Räumen, welche noch in der Gehirnregion oder unmittelbar vor dem Gehirn mit- einander verschmelzen. So entsteht ein Blutraum, welcher die Kopfspitze innerhalb des Hautmuskelschlauchs fast vollständig ausfüllt und das khynchodäum bis auf seine ventrale Fläche umgiebt (Taf. VI, Fig. 1). Er erstreckt sich fast bis zur Rüsselöffnung in der Kopfspitze nach vorne, bleibt aber nicht einheitlich, da er durch Gewebsbalken, die ihn durch- setzen, wenn auch sehr unvollständig, gekammert wird. Unmittelbar hinter der ventralen Gefässcommissur zweigt sich in nächster Nachbarschaft der Schlundnerven von den Seitengefässen je ein Gefäss ab, das unter den Seitengefässen jederseits am Munde nach hinten verläuft, aber nur eine äusserst geringe Selbständigkeit zeigt, indem es fortgesetzt mit den Seitengefässen weite Verbindungen eingeht. Seine Verzweigung ist eine sehr schwache, und es senkt sich nur wenig an die Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung. 249 Mundwand hinab. Nichtsdestoweniger wird man diesen beiden kurzen Gefässen — sie hören schon bald hinter dem Munde auf — einen be- sonderen Namen geben müssen, denn es tritt uns ein Gefässpaar bei vielen Heteronemertinen entgegen, das einen ähnlichen Ursprung wie jenes hat, sich an Mund und Schlund nun aber überaus reich verzweigt. Wir Fig. XXXIL. Fig. XXXIV. 16. „VEL. ET Fig. XXXII. N ..c08. So} Sa SL ch. So WER. eaz WER. Wi. Eupolva. 7 [} Carinella Oerebratulus. Schema vom Blut- und Excretiongefässystem. Es bedeuten: KX@. Kopfschlinge; KGKn. Kopfgefässknäuel; eG. Rhynchocölomgefäss; ReGS. Rhynchocölomgefässsystem; ReS@G. Rhynchocölomseitengefäss; Ag. Rückengefäss; S@G. Seitengefäss; SGS. Gefässausweitung um die Cerebralorgane; SIG. Schlundgefäss; SIGS. Schlundgefässsystem; V@C. ventrale Gefässcommissur; W@G. Exeretionsgefäss; WGE. Zweige des Excretionsgefässstammes; W@GK. deren Endkölbchen. bezeichnen es als Schlundgefässsystem und sind der Meinung, dass wir bei Carinella in dem kurzen unselbständigen Gefässpaar, das sich ganz unmittelbar hinter der ventralen Gefässcommissur von den Seiten- gefässen abzweigt, die Anlage des Schlundgefässsystems der höheren unbewafineten Nemertinen vor uns haben. Ein zweites viel längeres Paar von Gefässen verläuft bei €. superba und polymorpha jederseits im Rhynchoeölom (Fig. XXXIl). Dasselbe fängt gleich hinter den Schlundgefässen an und hört dicht vor den Nephridien auf. Jedes Gefäss ist der Rhynchocölomwand in der Höhe der oberen händer des Vorderdarms, welche zu beiden Seiten am Rhynehocölom emporreichen, angeklebt und erzeugt einen in das Rhynchocölom vor- springenden Längswulst. Diese beiden Gefässe, welche ich die Rhyncho- cölomgefässe nennen will, zweigen sich von den Seitengefässen ab und 250 Anatomie und Histologie. stehen mit ihnen, wie es scheint, in regelmässigen Intervallen durch Quercanäle in Verbindung. Andere Verzweigungen und Verbindungen der Seitengefässe existiren bei den Carinellen nicht. Ausdrücklich ist hervorzuheben, dass ein Commissurensystem, welches die Seitengefässe im mittleren und hinteren Körperende miteinander in Verbindung setzte, gänzlich fehlt. Das Gefässsystem verhält sich nicht bei allen Carinellen wie bei ©. superba und polymorpha. Fast vollkommen an das von Cephalothrix schliesst sich das Gefässsystem von Carinella linearis an, da demselben die ventrale Commissur fehlt, und weder von den Schlundgefässen eine Andeutung vorhanden ist, noch Rhynchocölomgefässe bei dieser Art sich vorfinden. Eine ventrale Gefässcommissur fehlt auch bei C©. rubicunda. Von der Abwesenheit der Rhynchocölomgefässe habe ich mich bei ©. banyulensis, und von ihrer Anwesenheit ferner bei ©. tubicola überzeugt. Bei ©. tubicola verhalten sich die Gefässe im Kopfe ganz ähnlich wie bei Cephalothrix bioculata, sie schwellen nämlich bei jener Art nicht zu solch umfangreichen lacunenartigen Räumen an, wie bei Ü. superba und polymorpha, sondern erweitern sich nur etwas und vereinigen sich noch vor der Rüsselöffnung. Auch bei ©. linearis weiten sich die Gefässe vor dem Gehirn nicht beträchtlich aus; in der Kopfspitze aber zertheilen sie sich und bilden einen Kranz von kleinen Gefässräumen um das Rhynchodäum herum. Die vielen feinen Gefässe, in die sich die beiden Seitengefässe auflösen, anastomosiren miteinander, und auf diese Weise kommt ebenso wie durch eine einfache Commissur eine Verbindung beider Seitengefässe in der Kopfspitze zu Stande. Dem Blutgefässsystem von O. polymorpha und superba ist das von Carınoma armandı (Taf. XIV, Fig. 6 und 6a) sehr ähnlich. Bei dieser Mesonemertine kommt noch je ein Gefäss hinzu, das jederseits am Rücken des Rhynchocöloms nach hinten bis in die Nephridialregion hinein zu verfolgen ist. Dieses Gefässpaar zweigt sich mit den Rhyn- chocölomgefässen zugleich dicht hinter dem Gehirn von den Seitengefässen ab, verläuft aber ausserhalb des Rhynchocöloms, liegt der inneren Ring- muskelschieht dieht an und hört etwa in der Gegend der Nephridial- poren auf (Taf. IV, Fig. 22). Es ist — nach Oudemans’ Reconstructionszeichnung vom vorderen Abschnitt des Blutgefässsystems von CO. armandi, welche mir zur Hand ist, zu urtheilen — um das Sechsfache länger als die Rhynchocölomgefässe. Ich nenne diese dem Rhynchocölom vorne mehr dorsal, hinten seitlich aussen anliegenden Blutgefässstämme die Rhynchocölomseiten- gefässe (Taf. IV, Fig. 22rcsgf). Sie communiciren in ihrem Verlauf nicht mit den Seitengefässen, dagegen verschmelzen ihre hintersten Enden wieder mit jenen. Es ist mir nicht gelungen, an der einzigen Schnittserie von (©. armandi (es ist dieselbe, welcher OQudemans seine Resultate verdankt) die ventrale Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung, za Gefässcommissur mit voller Sicherheit nachzuweisen, indessen scheint es mir, als ob sie vorhanden sei. Das Blutgefässsystem von Ü. armandı weist eine sehr bemerkens- werthe Eigenthümlichkeit auf (Taf. XIV, Fig. 6a). Nämlich im Schwanz- abschnitt, welcher durch den ausnahmsweise ausserordentlich langen Enddarm charakterisirt ist, sind die Seitengefässe, die jederseits nahe am geräumigen Enddarmrohr verlaufen, miteinander durch Gefässbogen in nahen Zwischenräumen verbunden. Diese Commissuren überbrücken den Darm und folgen in regelmässigen Intervallen aufeinander, da sie mit den auch in dieser Körpergegend vorhandenen Geschlechtssäcken alter- niren. Solche unabhängig von der Existenz eines Rückengefässes auf- tretende metamere Gefässcommissuren finden sich bei keiner anderen Nemertine wieder und merkwürdiger Weise bei ©. armandi auch nur in der hinteren Körperregion mit dem taschenlosen Enddarm. Bei einer grossen Reihe von Formen, nämlich allen denen, welche in den Kreis der Heteronemertinen gehören, finden wir eine (om- bination des Blutgefässsystems, welches wir bei den Metanemertinen und speciell bei Amphiporus kennen lernten, mit jenem, welches für die Cari- nellen typisch ist. Denn einerseits besitzen alle Heteronemertinen drei Hauptgefässe, d. h. die beiden Seitengefässe und das Rückengefäss, welche vorne in der Gehirngegend durch die ventrale Commissur ver- einigt sind — ihr entspringt das Rückengefäss — hinten, nahe vor dem After, über dem Darm miteinander verschmelzen und ausserdem durch metamere Commissuren im mittleren und hinteren Körperabschnitt fort- gesetzt miteinander communiciren, andererseits aber treffen wir auch ein Schlundgefässsystem, Rhynchocölom- und Rhynchocölom- seitengefässe an. Das Blutgefässsystem der Heteronemertinen zeigt im schroffen Gegen- satz zu dem der Metanemertinen die Tendenz, sich reichlich unter der Bildung lacunenartiger Räume zu verzweigen. Dieser Typus kommt schon bei den Protonemertinen, nämlich bei Hubrechtia zum Ausdruck, wo uns ausser den beiden Seitengefässen, noch ein drittes Längsgefäss, das Rückengefäss entgegentritt (Taf. XIV, Fig. 4 und 4a). Die beiden Seitengefässe, welche sich in der Kopfspitze in mehrere Räume zertheilen, werden durch das Zusammenfliessen dieser über der Rüsselöffnung miteinander vereinigt. Ausserdem fliessen die verschie- denen Gefässräume der Kopfspitze noch einmal weiter nach hinten zu über dem Rhynchodäum in der Region der ventralen Gehirneommissur zusammen. In der Gegend der Gehirnganglien legen sich die Seiten- gefässe jederseits der Wand des Rhynchocöloms an. Sie bilden je einen weiten einheitlichen Raum. Beide Gefässe vereinigen sich in der vorderen Gehirngegend unter dem Rhynchocölom, die ventrale Gefässcommissur bildend. Von der Commissur spaltet sich nun ein Gefässraum ab, welcher in der Gehirngegend noch einige Male mit den Seitengefässen communi- 252 Anatomie und Histologie. eirt, aber bereits in der Region der Cerebralorgane sich völlig von den Seitengefässen abgeschlossen hat und jetzt in der hinteren Wand des Rhynchocöloms verläuft. Es ist das Rückengefäss. In der vordersten Region des Mitteldarms ist das Rückengefäss aus der Rhynchocölomwand herausgetreten und hat sich unter dem Rhyn- chocölom dem Darm aufgelagert. Hinter dem Rhyncehocölom steigt es an der Rückenfläche des Körpers empor und verläuft der (inneren) Längs- muskelschicht des Hautmuskelschlauchs nahe gerückt in der Medianebene nach hinten. Wo immer bei einer Nemertine ein Rückengefäss existirt, entspringt dasselbe wie bei Hubrechtia desiderata der ventralen Commissur der Seitengefässe (Taf. XIV, Fig. 4). Die Seitengefässe erweitern sich hinter der ventralen Commissur be- trächtlich, nehmen die Cerebralorgane auf und senken sich seitlich am Munde bis an die Bauchfläche hinab. Hinter dem Munde vereinigen sich die beiden Seitengefässe wieder unter dem Vorderdarm, einen einzigen gewaltigen Blutraum bildend, der den Vorderdarm ventral und lateral umgiebt und bis an das Rhynchocölom hinaufreicht. Der Blutraum ist von Gewebszügen vielfach durchsetzt. Die Vereinigung der beiden Seiten- gefässe ist nur von kurzer Dauer, es erhebt sich ein breiter Längswulst der Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs, welcher bis zum Darm emporreicht, das gemeinsame Gefäss wieder in zwei seitliche zerlegend. Dieser Längswulst trennt die beiden Gefässe nach hinten zu dauernd, er ist einem Längsseptum vergleichbar. Dort, wo die Rhynchoeölommuskulatur in der Vorderdarmregion ihre mächtige Anschwellung erfährt, verengen sich die Seitengefässe etwas, erweitern sich aber alsbald wieder und gehen als dieselben auffallend weiten Räume, die sie in der Vorderdarmregion darstellen, in die des Mittteldarms über. Es sei besonders hervorgehoben, dass die Seitengefässe auch in der Gegend der Nephridien jene ausserordentlich geräumigen Bluträume dar- stellen, als die sie uns in der vordersten Vorderdarmgegend auffielen. In der vordersten Mitteldarmregion, welche noch durch die Anwesen- heit des Rhynchocöloms ausgezeichnet ist, tritt uns nun die höchst merk- würdige Erscheinung entgegen, dass die Seitengefässe segmentirt werden (Taf. XIV, Fig. 4a). Es stülpen sich nämlich die Darmtaschen in sie hinein und verengen oder verschliessen sie selbst theilweis in be- stimmten Intervallen. Es werden auf diese Weise von den lateral ge- legenen Bluträumen — es sind die weiteren — die ventral gelegenen abgetrennt, d. h. sie communieiren miteinander nur in bestimmten Inter- vallen. Die Seitengefässe bilden gewissermaassen Ausstülpungen zwischen den Darmtaschen. Man darf jene nicht für Genitaltaschen halten. Wie es mit den Beziehungen der Seitengefässe zu dem Rückengefässe in dieser Region bestellt ist, vermag ich nicht sicher zu sagen. Ich habe mich dort vergebens bemüht, Commissuren zwischen beiden nachzuweisen. Blutgefässsystem. — Verlauf und Anordnung. 253 In der mittleren und hinteren Region des Mitteldarms haben sich die inzwischen sehr eng gewordenen Seitengefässe an die Bauchfläche hinab unter den Darm begeben, nunmehr mit dem Rückengefäss die engen metamer angeordneten Commissuren eingehend. Einzig sind die grossen lacunenartigen Räume, welche die Seiten- gefässe bei MH. desiderata in dem langen Vorderdarmabschitt des Körpers bilden, im Stamme der Nemertinen. Bei den Carinelliden finden wir weder ihres Gleichen, noch mit ihnen vergleichbare Bildungen der Seitengefässe. Aber bei den Heteronemertinen geben die Seitengefässe einem reich um den Vorderdarm verzweigten Gefässnetz den Ursprung, das sich wohl aus den lacunären Räumen von Hubrechtia herleiten lässt, zumal auch bei den Heteronemertinen die Blutgefässe des Kopfes und die, welche den Mund umgeben, ganz wie Lacunen aussehen. Allmählich gehen die Lacunen hinter dem Munde in eine Anzahl von engen cylindrischen Gefässröhren über; je eine grosse Gefässlacune wird alsdann durch eine grössere Anzahl von Gefässröhren ersetzt. Das Blutgefässsystem der Heteronemertinen wollen wir genauer an Cerebratulus marginatus studiren (Fig. XXXIV und Taf. XIV, Fig. 12—12b). Wir gehen von der ventralen Commissur aus, welche unmittelbar hinter den Gehirncommissuren das Rhynchocölom seitlich und ventral umgiebt (Taf. VII, Fig. 2). Aus der ventralen Commissur setzen sich zwei Ge- fässe nach vorn in die Kopfspitze fort, die zwischen den Gehirncommissuren hindurchtreten und zu beiden Seiten des Rhynchodäums in der Mitte der Kopfspitze gelagert sind, sich vor dem Gehirn ausweiten und, ohne sich verästelt zu haben, über der Rüsselöffnung miteinander verschmelzen. Demnach haben sie, mitsammt der ventralen Commissur, eine ähnliche Gefässschlinge gebildet, wie sie bei den Metanemertinen vorhanden ist; indess sind die Gefässe bei letzteren sehr eng, bei ©. marginatus aber stark erweitert. Nach hinten setzen sich aus der ventralen Gefässcommissur, ausser den beiden Seitengefässen, zwei unpaare Gefässstämme fort, die beide aus der Mitte der ventralen Commissur übereinander ihren Ur- sprung nehmen. Der obere steigt sofort in das Rhynchocölom hinauf — es ist das Rückengefäss —, der untere steigt abwärts zwischen die ventralen Ganglien (Taf. VI, Fig. 5).. Die Seitengefässe bilden in der vorderen Gehirngegend ein Paar hohe und schmale Spalträume zwischen dem Rhynchocölom (dies jeder- seits umfassend) und den dorsalen Ganglien (Taf. VII, Fig. 1 und Taf. VI, Fig. 4). Sobald das dorsale Ganglion sich aber weiter hinten in zwei Zipfel getheilt hat, vergrössern sich die Bluträume und umfassen das dorsale Ganglion auch dorsal. -Noch mehr erweitern sie sich in der Gegend der Cerebralorgane, in welcher sie je einen äusserst geräumigen Sinus bilden, in welchen die Cerebralorgane hinein hängen (Taf. VI, Fig. 6). Der unpaare untere Gefässstamm bildet in der Region. der 354 Anatomie und Histologie. Cerebralorgane je eine geräumige seitliche Ausstülpung, welche den ven- tralen Ganglien dicht anliegt (Taf. VI, Fig. 6). Diese beiden Aus- stülpungen verbinden sich vor dem Munde mit den erweiterten Seiten- gefässen. Ihre Communication ist über dem Munde aber wieder aufgehoben, und nunmehr verästeln sich die dem unteren unpaaren Gefässstamme entstammenden Gefässe an Mund und Vorderdarm, und zwar am Munde an seinen Seitenwänden, am Vorderdarm auch an dessen unterer Fläche. Sie bilden das Schlundgefässsystem. Der untere unpaare, aus der ventralen Commissur entspringende Gefässstamm, aus welchem die Schlund- gefässe abgehen, endet dicht vor dem Munde blind. Die Schlundgefässe anastomosiren sowohl in der Mund- als auch in der Vorderdarmgegend unablässig mit den Seitengefässen (Taf. VI, Fig. 7). Alle Gefässe, mit Ausnahme des Rhynchocölomgefässes, machen im Kopfende den Eindruck von Lacunen, denn sie besitzen, bis auf ein sehr dünnes Plattenepithel, welches sie auskleidet, keine eigene Wandung und zeigen, wenigstens in der Mundgegend, eine überaus wechselnde unbe- stimmte Gestaltung. In der Mundgegend gewinnt man den Eindruck, als ob Rhynchocölom und Darm jederseits ein einziger nur viel ge- kammerter Hohlraum begrenze — so wenig sondern sich hier auch Schlundgefässsystem und Seitengefässe voneinander. Aus der Summe der sich am Rhynchocölom und Vorderdarm aus- breitenden Gefässräume hebt sich zuerst bald hinter dem Munde jederseits ein Gefäss neben dem Rhynchocölom durch seine diekere Wandung und seine bestimmte Form heraus. Es sind die Seitengefässe, welche aus der lacunen- artigen Beschaffenheit jener überaus geräumigen Hohlräume, die sie in der Nachbarschaft der Cerebralorgane und über dem Munde bildeten, in die eines engen röhrenartigen Gefässes, wie es die Nemertinen charakterisirt, über- gehen. Sie verlaufen über dem Darm noch immer neben dem Rhyncho- cölom, wie in der Gehirn- und Mundgegend, und communieciren auch nach wie vor immer wieder mit den unverändert gebliebenen lacunen- artigen Schlundgefässen. In dieser Art setzt sich das Gefässsystem bis zur Nephridialregion nach hinten fort. In der Gegend der Nephridien nehmen die Verzweigungen der Schlundgefässe ab und bald hinter ihr hören sie auf. Die Seitengefässe senken sich von der Seite des Rhyncho- cöloms zur Seite des Darmes hinab (Taf. VIII, Fig. 1). Nun spalten sich von den Seitengefässen jederseits zwei Gefässe ab, von denen eines seitlich in der Wand des Rhynchocöloms, und zwar eingeschlossen in seinen Muskelschlauch, das andere dicht neben diesem, aber ausserhalb der Wand des Rhynchocöloms entlang läuft. Ich nenne die in die Rhynchocölomwand eingeschlossenen Gefässe, obwohl sie denen von Carinella nicht in allen Verhältnissen ähnlich sind, Rhynchocölom- gefässe, und die ihnen parallel laufenden, der Wand des Rhynchocöloms aussen anhängenden Rhynchocölomseitengefässe (Taf. VIII, Fig. 1). Auch diese verhalten sich anders als die Rhynchocölomseitengefässe von Carinoma armandi. Blutgefässsystem. — Histologie. 255 Jedes Rhynchocölomgefäss ist fortgesetzt mit dem Rhynchocölom- seitengefäss durch Commissuren in Verbindung gesetzt. Es ist zu betonen, dass das Rhynchocölomgefäss von Cerebratulus marginatus nicht innerhalb des Rhynehocöloms wie bei Carinella verläuft, sondern in dessen Muskelschlauch und zwar in seine Ringmuskelschicht eingebettet ist (Taf. XIII, Fig. 19). Es wölbt sich nicht in das Rhyncho- cölom vor. Die beiden Rhynchocölomgefässe beginnen in der Nephridial- region und setzen sich noch über dieselbe hinaus nach hinten fort, er- reichen aber nicht die Region des Mitteldarms. Das Rückengefäss verläuft bei Cerebratulus bis hinter die Nephri- dialregion im Rhynchocölom, an seiner ventralen Wandung innen ange- klebt einen Längswulst bildend, der sich in jene Cavität vorwölbt (Taf. VIII, Fig. 1). Sodann senkt es sich ein wenig und läuft in der Wand des Rhynchocöloms nach hinten fort bis in die vordere Gegend des Mitteldarms hinein. Schliesslich steigt es aus der Wand heraus und setzt sich nunmehr bis zur Analcommissur der drei Hauptgefässe zwischen Rhynchocölom und Mitteldarm fort. Das Rückengefäss ist bei allen Heteronemertinen eine viel längere Strecke im Rhynchocölom geborgen als bei irgend einer Metanemertine. Die Seitengefässe sind in der Mitteldarmregion, d. i. im mittleren und hinteren Körperabschnitt des Thieres einander an der Bauchseite sehr nahe gerückt. Sie verlaufen unter dem Darmtractus etwa dort, wo sich vom axialen Darmrohr die Taschen ausstülpen. Das Rücken- und die beiden Seitengefässe setzen sich auch in das Schwänzchen der Micruren hinein fort und werden auch in diesem unaus- gesetzt durch die metameren Commissuren verbunden. Sie vereinigen sich erst hinter dem After in der äussersten Spitze des Schwänzchens. Bei einer Anzahl von Formen, so fast allgemein bei den Eupolien und Valencinien, aber auch bei verschiedenen Lineiden, Micruren und Cerebratulen findet sich nicht eine Gefässschlinge im Kopf, sondern ein Knäuel feiner und feinster Gefässe, in welche sich die von der ventralen Gefässcommissur in die Kopfspitze dringenden beiden Gefäss- stämme auflösen (Fig. XXXIII und Taf. XIV, Fig. 8). Die oft ausser- ordentlich feinen Gefässe anastomosiren reichlich miteinander, sodass beide Gefässe auch bei diesen Formen in der Kopfspitze miteinander in offenem Zusammenhang stehen. Sodann kommt es zu einer wechselnden Ausbildung der die Cerebral- organe umfassenden Bluträume, da dieselben öfters stark oder gar gänzlich unterdrückt sind. Ferner erscheint das Schlundgefässsystem bald als ein von den Seitengefässen leicht zu trennendes System, bald aber verschmilzt es gleich nach seinem Ursprung ganz und gar mit diesen oder tritt doch in so enge Gemeinschaft mit denselben, dass es unmöglich ist, von einem besonderen Gefässsystem für Mund und Schlund im Gegensatz zu den Seitengefässen zu reden. 256 Anatomie und Histologie. Bei Eupolia (Fig. XXXIII) zweigen sich die Gefässe, welche sich an Mund und Schlund ausbreiten, jederseits vor dem Munde aus den Seiten- stämmen ab. Aus der ventralen Gefässcommissur entspringt hier nur das Rückengefäss, und erst dicht hinter jener Commissur entspringt von einer zweiten ventralen Gefässcommissur ein unpaarer Stamm, welcher indessen gleich darauf wieder rechts und links mit den Seitengefässen verschmilzt. Wir haben hier scheinbar — abgesehen von seinem Ursprung aus einer zweiten ventralen Gefässcommissur — ein Rudiment des Schlund- gefässsystems, wie es bei Cerebratulus marginatus ausgebildet ist, vor uns. Schliesslich ist noch zu bemerken, dass sich das Rückengefäss zu- meist noch im Bereich des Vorderdarms und nicht erst in der Mittel- darmregion aus dem Rhynchocölom heraus unter dasselbe begiebt. Das Blutgefässsystem von Valeneinia weicht im Wesentlichen nicht von demjenigen von Eupolia ab (Taf. XIV, Fig. 8 und Sa). Be- merkenswerth aber ist, dass sich die Seitengefässe vor dem Gehirn in 8—10 Stämme theilen, die rings auseinander weichen, um sich in der äussersten Spitze des Kopfes wieder zu nähern und zu vereinigen. Uebrigens anastomosiren diese Stämme auch vorihrer definitiven Vereinigung fortgesetzt miteinander. Die Seitengefässe geben zwar in der Gehirn- gegend jederseits ein Gefäss ab, die sich unter dem Rhynchocölom mit einander vereinigen, einen unpaaren Stamm bildend, den wir dem Sehlund- gefässstamm der Heteronemertinen gleichsetzen, indess vereinigt sich der- selbe noch in der Gehirngegend wiederum definitiv mit den Seitengefässen. Um Mund und Vorderdarm breiten sich die Seitengefässe direct aus, hier ein lacunenartiges Gitterwerk von Gefässräumen erzeugend. Die Seitengefässe erweitern sich am medialen Umfang der dorsalen Ganglien und auch am hinteren Ende der Cerebralorgane wenigstens von V. longi- rostris, so dass die Cerebralorgane auch bei dieser Form hinten vom Blut bespült werden. Von der Anwesenheit der Rhynchocölomgefässe habe ich mich bei den Heteronemertinen nur bei ©. marginatus überzeugt. Histologie. Bei den Heteronemertinen sind ebenso wie bei den Proto- und Mesonemertinen diejenigen Abschnitte der Blutgefässe, welche in das Muskelgewebe des Körpers eingebettet sind, durchaus anders ge- baut als die im Parenchym gelegenen. Da nun die Blutgefässstämme bei den Metanemertinen nirgends in die Musculatur, sondern immer in das Parenehym eingebettet sind, so zeigen dieselben überall fast die nämliche histologische Beschaffenheit. Bei den übrigen Nemertinen aber sind die Gefässe des Kopfes und der Region des Vorderdarms verschieden von denen, welche dem Rumpfe angehören, und vor Allem von jenen, die am Mitteldarm entlang laufen. Die Blutgefässstämme des Rumpfes von Carinella polymorpha oder superba (Taf. XIII, Fig. 17) sind ausgekleidet mit einer gallertartigen homogenen Masse. Diese Gallertschicht ist so vielfältig gefaltet, dass das Lumen des Gefässes auf dem Querschnitt von lauter hohen schlanken Blutgefässsystem. — Histologie. 357 Riffen begrenzt erscheint. Die Riffe tragen an der Spitze kleine rund- liche Kerne. Es sind die Kerne der die Blutgefässe auskleidenden Epithelschicht, welche uns auffällig an die des Rhynchocöloms erinnert. Die gallertige Masse bildet die Grundschicht des Epithels. Ich zweifle nicht daran, dass die Falten der Grundschicht etwas Künstliches sind, denn bei manchen anderen Carinellen ist die innere Wand völlig glatt. Ein Plasmahof tritt um die Kerne, welche sehr stark tingirbar sind und sich kaum von jenen des Leibesparenchyms unterscheiden, wenig hervor. Die sehr dicke Grundschicht des Gefässepithels umhüllt ein dünner Mantel feinster Ringmuskelfibrillen. Bei den Heteronemertinen (Cerebratulus marginatus) finden wir die Blutgefässabschnitte der Mitteldarmregion gleichfalls von einer gallertigen Grundschicht ausgekleidet, welcher die lebhaft gefärbten kleinen kugligen Kerne der Epithelzellen anliegen. Die Grundschicht umgiebt ein Mantel feinster Ringmuskelfibrillen (Taf. XIII, Fig. 15). Ausserdem aber sind die Gefässstämme von einer einschichtigen Lage hoher eylindrischer Zellen umhüllt, deren Grenzen scharf hervor- treten. Sie sind fast gar nicht färbbar, nur ihr kleiner meist kugliger Kern, welcher in der Mitte der Zelle an feinen Fäden aufgehängt er- scheint, färbt sich sehr intensiv. Diese Zellen, welche bei den Hetero- nemertinen im Allgemeinen die Blutgefässstämme überall dort umgeben, wo sie nicht in die Musculatur des Körpers — wie im Kopfabschnitt — eingebettet sind, und kein lacunäres Gepräge aufweisen wie im vorderen Abschnitt des Vorderdarms, sind Parenchymzellen. Sie kommen spärlich zerstreut im Leibesparenchym und sehr massenhaft am Rhyncho- cölom vor, dessen Aussenwand umlagernd (Taf. VIII, Fig. 14). Am Rückengefäss sind drei Abschnitte vorhanden, in denen man eine verschiedene histologische Beschaffenheit erwarten sollte, nämlich ein vorderer, in welchem das Rückengefäss innerhalb des Muskelschlauches des Rhynchocöloms verläuft und gegen sein Lumen nur durch das Epithel des Rhynchocöloms abgegrenzt ist, ein mittlerer, in dem es im Rhyncho- cölommuskelschlauch eingeschlossen, und ein hinterer, in dem es im Leibesparenchym ausserhalb des Rhynchoeöloms gelegen ist. Im Wesent- lichen ist aber die Histologie des Rückengefässes von vorne bis hinten dieselbe, da sich das Epithel überall auf eine gallertige Grundschicht stützt, und das Gefäss mit einer eigenen Ringmuskelschicht, welche die Grundschicht umwickelt, ausgestattet ist (Taf. XIII, Fig. 19). Ausserdem aber besitzt es an allen Orten einen Aussenmantel von eylindrischen Zellen, welche den Parenchymzellen der Seitengefässe ganz ähnlich sind, und die ich für nichts anderes halte. Die einzelnen namhaft gemachten Schichten, welche die Wand des Rückengefässes bilden, treten in seinem vordersten Abschnitt weniger deutlich hervor, indess wird man sich hinter dem Munde in der Nähe der Nephridien trefflich von ihrer Existenz überzeugen können. Das Rücken- gefäss gleicht mithin in allen seinen Abschnitten den Seitengefässen, wie sich diese in der mittleren und hinteren Körperregion verhalten. Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 17 258 ; Anatomie und Histologie. Eine eigenartige und auch interessante Bildung im Blutgefässsystem der Metanemertinen entdeckte Böhmig (op. eit. oben p. 247). Derselbe fand in der Wandung der Gefässe in kurzen, jedoch nicht regelmässigen Intervallen grosse, blasse, scharf konturirte Zellen auf, welche die Form von Kugelkalotten besitzen und mehr oder minder buckelartig nach aussen vorspringen. Ihr Kern liegt stets excentrisch am Rande der Zelle. Diese „Klappenzellen“, wie sie Böhmig nennt, springen bei der Contraction der Gefässe in das Gefässlumen vor, dasselbe ganz oder fast vollständig verschliessend, und somit ein Zurückströmen des Blutes hindernd. Die Klappenzellen sind in die Grundschicht der Gefässwandung eingeschlossen, sie besitzen eine besondere Muscularis (Taf. XV, Fig. 25a und 25b). Die metameren Blutgefässcommissuren der Mitteldarmregion entbehren des Parenehymzellmantels nicht, dagegen mangelt ihnen eine Museulatur. Eine eigene Museulatur geht auch der Wandung der Rhynchoeölom- und der Rhynchocölomseitengefässe, und den lacunenartigen Schlund- gefässen ebenso wie allen Gefässen der Kopfspitze ab. Die Gefässe des Kopfes sind bei den Heteronemertinen in die Museulatur desselben eingebettet, und ihr Epithel, das einer sehr dünnen (rundschicht aufliest, grenzt unmittelbar an das Muskelgewebe. Sie sind fast ausschliesslich von Längsmuskelfibrillen eingeschlossen, die in der Hauptsache die Musculatur der Kopfspitze ausmachen. Eine Um- hüllung von Parenchymzellen fehlt ihnen. Das Epithel ist äusserst dünn; die kleinen Zellen liegen weiter auseinander als bei den Gefässen im mittleren und hinteren Körperabschnitt. Die lacunenartigen Gefässräume in der Vorderdarmregion haben ein ähnliches Epithel wie die des Kopfes. Die grossen Gefässlacunen, welche die Carinellen in der Kopfspitze aufweisen, besitzen gleichfalls keine eigene Musculatur. Dagegen sind sie von einer sehr dieken Schicht Muskelfibrillen umgeben, welche quer verlaufen. Sie sind den Gefässräumen aber nicht eigenthümlich, sondern nehmen, die Kopfspitze von Seite zu Seite durchziehend, gewissermaassen nebenbei an ihrer Umhüllung Theil. Noch vor dem Gehirn tritt diese Umrahmung der Blutgefässe zurück, und dieselben liegen nunmehr in- mitten der Längsmusculatur der Kopfspitze, nur medial grenzen sie an das das Rhynchodäum umhüllende Parenchym. Die Blutgefässe des Kopfes sind von einer dünneren gallertigen Grundschieht und einer Lage sehr niedriger Epithelzellen ausgekleidet. Die Blutgefässe von Hubrechtia verhalten sich in der Vorder- und Mitteldarmregion, was die Histologie ihrer Wandung anbetrifit, ganz wie die von Cerebratulus in derselben Körperregion. Die von Carınoma armandı (Taf. XIV, Fig. 3) ähneln im Bau ihrer Wandung in der Nephridial- und vorderen Mitteldarmregion den Gefässen von Carinella, in der hinteren Mittel- und in der Enddarmregion aber jenen von ÜOerebratulus. Das Blutgefässsystem der Metanemertinen ist mit Ausnahme des sehr kurzen Abschnittes, welchen bei der Mehrzahl dieser Formen das Excretionsgefässsystem. — Litteratur. 259 Rückengefäss im Rhynchocölom verläuft, in das Körperparenchym ein- gebettet. Es weist keine lacunären Erweiterungen auf und zeigt dem- entsprechend in allen seinen Abschnitten einen wesentlich gleichen histologischen Bau. Der Gefässceylinder setzt sich aus dem Epithel, der Grundschicht desselben und einem sehr feinen Ringmuskelmantel zusammen; letzteren umhüllt eine Schicht von Parenchymzellen. Bei manchen Formen gleichen die Gefässe einschliesslich des Rücken- gefässes, besonders im mittleren Körperabschnitt, in ihrem Aussehen vollkommen den Gefässen der Heteronemertinen aus derselben Körper- gegend; bei anderen aber und allgemein im hinteren Körperende verändert sich dasselbe. Das rührt davon her, dass der Parenchymzellmantel un- scheinbar wird, indem nur wenige und niedrige Parenchymzellen den Blutgefässstämmen sich angelagert haben oder selbst gänzlich fehlen, sodass das Gefäss ganz glatt aussieht. Das Rückengefäss und die Seitengefässe besitzen in allen Abschnitten einen Ringmuskelmantel. Ein solcher fehlt der Gefässschlinge im Kopfe und den metameren Commissuren. Die Kerne der Epithelzellen liegen bei vielen Metanemertinen, besonders denen mit sehr engen Blutgefässen, wie z. B. Eunemertes, weit auseinander. Mittelst der Methylenblaufärbung vermag man auch die histologischen Verhältnisse der Blutgefässe am lebenden Thier zu studieren. Man über- zeugt sich z. B. bei Eunemertes antonina von dem doppelten Zellmantel der Blutgefässe, dem inneren vom Epithel, und dem äusseren von Parenchym- zellen gebildeten; zwischen beiden befindet sich der Ringmuskelcylinder. Ferner constatirt man, dass jede Ringmuskelfibrille einen vollständigen Ring (und nicht nur einen Abschnitt desselben) um das Gefäss bildet, und erfährt schliesslich, dass die Muskulatur des Blutgefässes sich aus zwei Systemen von Ringfibrillen zusammensetzt, die sich unter einem sehr spitzen Winkel kreuzen. 12. Das Exeretionsgefässsystem wurde bei den Nemertinen 1851 (No. 71) von M. Schultze entdeckt. Er be- schrieb in seinen bekannten Beiträgen zur Naturgeschichte der Turbellarien bei einer kleinen marinen Metanemertine (Tetrastemma obscurum M. Schultze) ein Paar Längscanäle, welche neben den seitlichen Blutgefässen herlaufen. In ihren Verästelungen bemerkte er deutlich eine Bewegung schwingender Wimpern, fügt indessen hinzu: „einzeln stehende Wimperläppchen wie bei den Rhabdocölen scheinen nicht vorhanden zu sein. Schultze stellte ferner fest, dass ein jedes Gefäss sich durch einen Porus nach aussen öffnet. Trotz der klaren und präeisen Darstellung Schultze’s und der Ab- bildung, welche seine Beschreibung begleitet, wurde das Vorhandensein des Exeretionsgefässsystems die nächsten 25 Jahre angezweifelt oder selbst 16: 360 Anatomie und Histologie. energisch bestritten. Van Beneden 1861 (No. 96) leugnete bei dem näm- lichen Objecte, welches er nachuntersuchte, direct die Existenz von Wasser- gefässen. Keferstein 1562 (No. 97) hat ebenfalls vergeblich nach ihnen gesucht, aber die Autorität Schultze’s gestattete ihm nicht, deshalb die Richtigkeit der Beobachtungen dieses Forschers in Frage zu stellen. Me Intosh 1873/74 (No. 125) hat die besonders auffallenden Exeretions- gefässe von Amphiporus pulcher, lactifloreus und Tetrastemma melanocephalum nicht übersehen und den Verlauf der gewundenen Canäle in fig. 2, tab. 14 und fig. 2 und 4, tab. 15 seiner Monographie eingezeichnet. Er erkannte sie aber nicht als solche, sondern deutet sie als Anhängsel der Cerebral- organe. Ihre äussere Oefinung wurde von ihm nicht bemerkt. Somit war es eine Ueberraschung, als Semper 1876/77 in seiner Abhandlung über die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere (No. 145) von einem Exeretionsgefässsystem bei Malacobdella grossa be- richtete, deren Zugehörigkeit zu den Nemertinen von ihm ausser Frage ge- stellt wurde. Eine eingehende Beschreibung folgte von van Kennel 1877 (No. 146) nach. Jederseits über dem Seitenstamm liegt in der Schlund- gegend ein Längscanälchen, das sich mehrfach verzweigt und mittels eines Porus nach aussen mündet. Die Wandung der Canäle besteht aus prismatischen Zellen, die sich auf eine Basalmembran stützen. Kennel vermochte nicht zu entscheiden, ob in den Canälen eine Wimperung vorhanden ist oder nicht. Er vermuthete das Erstere, Hubrecht 1385 (No. 195) und Oudemans 1885 (No. 194) lehrten uns das Exeretionsgefässsystem bei so vielen Vertretern der Nemertinen aller Familien kennen, dass wir nunmehr folgern dürfen, in der Regel besitzen die Nemertinen dieses Organsystem. Hubrecht und OQudemans machten die merkwürdige Mittheilung, dass bei gewissen niederen Nemer- tinen, nämlich Carinella und Carinoma, Exeretions- und Blutgefässe mit- einander communieiren sollen. 1885 (No. 195) gelang es Hubrecht, „die unumstösslichen Beweise des Vorhandenseins wirklicher innerer Mündungen (der Excretionsgefässe von Carinoma armandi) zu erlangen“. Er fand bei dieser Art, dass jedes Excretionsgefäss an drei Stellen mit den geräumigen Seitengefässen in offener Verbindung steht. Bei Carinella superba wurden jederseits zwei innere Oefinungen angetroffen. Bei dieser Art beschrieb Oudemans eine Drüse (nephridial gland), welche sich dem Excretions- canal parallel in der Wand der Seitengefässe erstreckt, und an die jener zahlreiche Aeste sendet. Hubrecht war in der Folge (1857, No. 204) bei weitem vorsichtiger in der Beurtheilung der „nephridial gland“, indem er dieselbe als einen Abschnitt der Exceretionsgefässe auffasste und nicht als ein besonderes Organ wie Dudemans. Es ist später Hubrecht 1837 (No. 204) nicht gelungen, offene Verbindungen zwischen Exceretions- und Blutgefässen bei der ursprünglichsten Protonemertine, Carinina, nachzuweisen. Hubrecht’s und Oudemans’ Untersuchungen haben im Uebrigen dargelegt, dass das Excretionsgefässsystem stets aus zwei ge- trennten Stämmen besteht. Dieselben sind verzweigt. Im Verhältniss Excretionsgefässsystem. — Vorkommen. 361 zur Länge des Thierkörpers sind sie sehr kurz. Sie lagern in der Schlund- gegend und hier in der Nachbarschaft der Seitengefässe. Jedes Gefäss öffnet sich in der Regel durch einen einzigen Porus nach aussen, welcher mehr oder minder dorsal, seltener ventral gelegen ist. Der Ausführgang pflest in allen Fällen die Körperwand über den Seitenstämmen zu durch- brechen. Bei verschiedenen Meta- und Heteronemertinen sind indessen mehrere oder zahlreiche Ausführgänge vorhanden, z. B. bei Eupolia curta auf einer Seite 8, auf der anderen 9, bei Valeneinia longirostris 25 und 25, bei Amphiporus lactifloreus 5 und 9. In den Hauptstämmen befindet sich ein Wimperepithel, Hubrecht 1887 (No. 204). Gleichzeitig mit den Ausführungen der beiden holländischen Forscher erschien eine wenig beachtete Notiz von Silliman 1885 (No. 195), nach welcher in den Excretionsgefässen einer Süsswassernemertine eine „Be- wegung vorhanden sein soll, die von Flimmerläppchen veranlasst wird, welche in den erweiterten Enden der capillaren Zweige sich befinden‘. Dann fügt Silliman noch hinzu: „Es besteht kein prineipieller Unterschied zwischen dem Wassergefäss der Rhabdocölen und Nemertinen.“ Während meiner ersten Untersuchungen 1890 (No. 217) über das Exeretionsgefässsystem gelang es mir den Nachweis zu bringen, dass die „nephridial gland“ Oudemans’ in der That, wie Hubrecht schon mit- theilte, nichts anderes als ein Geflecht von Endverzweigungen der Excretions- gefässe vorstellt, die Wand der Excretionsgefässe durch ein wimperndes Epithel gebildet wird und eine Communication zwischen Wasser- und Blutgefässen unwahrscheinlich ist. Ein Jahr später (No. 222) durfte ich letztere aus guten Gründen leugnen und bei verschiedenen marinen Meta- nemertinen (Eumemertes, Nemertopsis, Drepanophorus) die Art der inneren Endigungen der Excretionsgefässe demonstriren. Die Enden bohren sich zum Theil in die Wand der Seitengefässe ein, aber sie öffnen sich nicht in jene, sondern stellen geschlossene Kölbehen vor, in welchen eine lange Wimperflamme schwingt. Inzwischen hatte Dendy 1891 (No. 230) solche Wimperkölbehen auch bei einer Landnemertine (Geonemertes australiensis Dendy) entdeckt. In neuester Zeit 1897, hat sich Montgomery*) eingehend mit dem excretorischen Apparat von Tetrastemma (Stichostemma) eilhardi (Mtgry.) beschäftigt. Er gewann einige merkwürdige Resultate. Es sollen bei dieser Art eine grössere Anzahl von Nephridien vorhanden sein. Sie liegen jederseits hintereinander. Man verfolet sie vom Kopf- bis zum Schwanzende. Einzelne Nephridien besitzen nur einen Ausführgang, die meisten mehrere, ein paar aber gar keinen! Die Endkölbehen der Ex- cretionsgefässzweige sollen nun überraschender Weise gegen die Gänge, deren Enden sie sind, geschlossen sein. Es herrscht also keine offene Verbindung zwischen dem Lumen der Endkölbchen und dem der Ex- *) On the structure of the Nephridia of Stichostemma in: Zool. Jahrb. Anat. Ontog. Abthlg. Bd. 10, pag. 265—276, tab. 23. 262 Anatomie und Histologie. eretionsgefässstämme. Eine Wimperflamme fehlt wahrscheinlich in diesen wundersamen Endkölbchen, die eine überaus dicke Quticula auskleidet, welche von einer Zellschicht umhüllt ist. In dem Hauptgange der Nephridien wurde eine Wimperung bemerkte. Montgomery verneint ebenfalls energisch die Existenz innerer Oeffnungen der Exeretionsgefässe. Die Endkölbchen sind in das Leibesparenchym eingebettet, berühren aber oft die Blutgefässe. Die Angaben Montgomery’s haben durch Böhmig (op. eit. pag. 247) nur theilweis eine Bestätigung erfahren. Wir dürfen annehmen, dass ein Excretionsgefässsystem ohne Ausnahme den Proto- und Heteronemertinen zukommt. Von den Mesonemertinen besitzt es (Carinoma armandi;, bei Cephalothrix aber ist es bisher vermisst worden. In der Ordnung der Metanemertinen fand man es bei sehr vielen Angehörigen der Gattungen Eunemertes, Amphiporus, Drepanophorus, Tetra- stemma und ferner bei Malacobdella und Nemertopsis peronea auf. Wir irren uns wohl kaum, wenn wir behaupten, dass es allen Arten jener Gattungen eigenthümlich ist. Vermisst wurde ein Excretionsgefässsystem bei Pelagonemertes und Prosadenoporus. Bei Geonemertes, wo es lange Zeit vergebens gesucht wurde, ist es vor einigen Jahren bei einer australischen Art von Dendy entdeckt worden. Sind wir aber berechtigt, aus den negativen Ergebnissen hinsichtlich der Suche nach dem Exceretionsgefässsystem zu folgern, dass bei den genannten Formen der Nephridialapparat thatsächlich fehlt? Diejenigen negativen Befunde, welche sich allein auf das Studium von Schnittserien stützen, sind sehr vorsichtig aufzunehmen, da die Nephri- dialcanäle ihres äusserst feinen Durchmessers wegen bei gewissen Nemer- tinen an Schnitten kaum zum Ausdruck gelangen. Viel mehr Bedeutung ist aber jenen negativen Resultaten zuzumessen, die aus dem Studium des lebenden Thieres resultirten, da die Hauptcanäle der Nephridien selbst dort, wo sie an Schnitten sehr undeutlich oder gar nicht zu sehen sind, im lebenden Thiere, sofern es nur nicht völlig undurchsichtig ist, ziemlich leicht bemerkt werden. Von Graff bemerkt ausdrücklich, ein Excretionsorgan bei G@eonemertes chalicophora weder am lebenden, noch am conservirten Thier aufgefunden zu haben, dagegen hat sich Böhmig (op. eit. oben pag. 247) jüngst von seinem Vorhandensein bei dieser terrestrischen Nemertine überzeugt. Bei den beiden lebend untersuchten glashellen Pelagonemertes ist es aber bisher nicht constatirt worden. Unsere Antwort muss mithin zur Zeit folgendermaassen lauten: Die Nemertinen besitzen fastsämmtlich ein Excretionsgefässsystem; ziemlich sichere Ausnahmen bilden nur Cephalothrixz, Pelagonemertes und vielleicht auch die Prosadenoporen, Formen, die übrigens durch ihre Organi- Excretionsgefässsystem,. — Bau. 363 sation und theilweise auch ihre abweichenden Lebensverhältnisse eigen- thümlich sind. Das Excretionsgefässsystem der Nemertinen besteht aus zwei mit den Seitengefässen parallel verlaufenden Canälen (Taf. IV, Fig. 2; Taf. XIII, Fig. 6 und Taf. XIV, Fig. 6, 3, 10, 11 und 12), die miteinander nicht in Verbindung stehen. Jeder der beiden voneinander getrennten Längscanäle öffnet sich in der Regel durch einen, seltener mehrere Gänge, welche die Körperwand durchbrechen, nach aussen. Man trifft also in der Regel bei einer Nemertine nur ein einziges Paar von Excretionsgefässen an. Bei einer kleinen Süsswassernemertine fand indessen Montgomery, wie wir bereits erwähnten, mehrere Nephri- dien jederseits im Körper. Er zählte bei Tetrastemma_ (Stichostemma) eilhardi rechts zehn und links acht. Einigen derselben fehlt der Aus- führgang. Im diesen Punkten durfte man besonders gespannt auf die Resultate der Nachuntersuchung sein, welche Böhmig in Angriff nahm. Derselbe constatirte bei einem kleinen (jungen) Tetrastemma (Stichostemma) graecense nur ein Paar Nephridien, bei grösseren dagegen ebenfalls mehrere. Die Mehrzahl kommt dadurch zustande, dass sich das ursprüng- liche Paar infolge von Durchsehnürungen in mehrere zerlegt. Zuerst, und am häufigsten tritt eine Continuitätstrennung dicht hinter dem Gehirn auf. Auch bei Geonemertes chalicophora sind jederseits mehrere Exeretionsgefässe nachzuweisen. Die Exeretionsgefässe stehen mit keinem Organ oder irgend welchen Räumen des Körpers in offener Verbindung: also weder mit den Cerebralorganen, dem Darmtractus, dem Rhynehocölom noch auch den Blutgefässen. Mit letzteren treten sie indess in nahe Beziehung. Dieselbe ist eigenthümlicher Art, hat aber nichts mit einer offenen Communication zu schaffen. Man trifft die Nephridien, deren Hauptcanäle eine reiche Verzweigung besitzen, stets in der Vorderdarmgegend an (Taf. II, Fig. 3; Taf. IV, Fig. 2 und Taf. XIII, Fig. 6). Ist dieselbe wie bei den Proto- und Heteronemertinen und wie auch bei Carinoma armandi sehr lang, so sind sie auf die hintere oder mittlere Vorderdarmregion beschränkt. Ist sie aber so sehr verkürzt, wie bei den Metanemertinen — hier vertritt der Magendarm den Vorderdarm — so dehnen sie sich in der ganzen Länge des Magens jederseits aus, vom Gehirn bis zum Beginn des Mitteldarms reichend. Das ist bei Amphiporus, Drepanophorus und Tetrastemma der Fall. Bei gewissen Metanemertinen indessen, z. B. bei Eumemertes und Nemertopsis peronea erstrecken sich die Nephridien weit in die Mitteldarmgegend hinein und setzen sich über die Mitte das Thierkörpers hinaus nach hinten fort. Bei Tetrastemma (Stichostemma) eilhardi (Mtgry.) graecense (Böhmig) und Geonemertes chali- cophora reichen sie nach Montgomery und Böhmig vom Kopf bis zum Schwanzende (Taf. XIV, Fig. 5). Ein gleiches Verhalten zeigen die Exeretionsgefässe bei Tetrastemma obscurum nach M. Schultze. 264 Anatomie und Histologie. Verhältnissmässig noch viel kürzer als bei den erstgenannten Meta- nemertinengattungen, welche ja überwiegend kleine, gedrungene Arten aufweisen, sind die Nephridien, die auch dort nur wenige Millimeter oder selbst kaum 1 ınm lang sind, bei den langgestreckten Proto-, Meso- und Heteronemertinen. So sind sie bei einer 30 cm langen Carinella superba nur wenig über l cm und bei der desgleichen langgestreckten Carinoma armandı nur ein paar Millimeter lang. Auch bei Lineus, Cerebratulus und überhaupt den Heteronemertinen ist ihre Ausdehnung sehr geringfügig (Taf. XIV, Fig. 12 und 12a). Die Nephridien stellen in vielen Fällen (Carinina Taf. XIV, Fig. 1, Carinella Fig. XXXII und Taf. IV, Fig. 2 und Carinoma Taf. XIV, Fig. 2 und 6) jederseits nur ein einziges Rohr dar, von dem sprossenartig ganz kurze enge Zweigröhrchen abgehen; in anderen (Hubrechtia Taf. XIV, Fig. 4a, Eupolia, Valencima Taf. XIV, Fig. 8 und Lineidae Taf. XIV, Fig. 12, 12 c und Fig. XXXIV) verzweigt sich der mit einem oder mehreren Ausführgängen in Verbindung stehende Excretionscanal, indem er Canäle von annähernd demselben Durchmesser, den er selbst besitzt, abgiebt. Auch bei den Metanemertinen giebt in der Regel der nach aussen mündende Nephridialcanal, welchen wir als Hauptstamm bezeichnen dürfen, ziemlich dieke und viele Zweigröhren ab (Taf. XIII, Fig. 1,4 und 6 und Tar. XIV; Die, 1010919): Die langen Zweigeanäle, die sich wiederum verästeln, verstricken sich dann wohl zu einem schier unentwirrbaren Knäuel, wie bei Drepano- phorus oder Amphiporus, oder bilden ein lockeres langes Flechtwerk, wie bei Eunemertes gracilis und Nemertopsis peronea. Ueber die Lage der Ausführgänge ist zu bemerken, dass sie fast stets über den Seitenstämmen hinwegziehen (Taf. IV, Fig.2und 12 und Taf. VIII, Fig. 1), indess sich mitunter lateral von ihnen abwärts biegen, sodass ihre Aussenporen an die Bauchfläche des Thieres zu liegen kommen (Taf. XIII, Fig. 12). In der Regel aber durchbrechen sie seitlich die Körperwand, seltener (z. B. bei einigen Lineen und Langia) münden sie am Rücken aus. Wir wenden uns, um die wesentlichen Typen des Nemertinen- excretionssystems zu betrachten, bestimmten Beispielen zu, die bisher ausser Acht gelassenen histologischen Verhältnisse einflechtend. Geradezu ein Schema des Nephridialapparates der Nemertinen bietet Carinoma armandi dar (Taf. XIV, Fig. 2 und 6). Bei dieser Mesonemertine besteht der Nephridialapparat aus zwei etwa 2,3 mm langen Längsröhren, die hinten und vorne geschlossen sind. Jedes Rohr verläuft innerhalb des Hautmuskelschlauchs im Leibesparen- chym, dicht neben oder etwas unter den Seitengefässen (Taf. IV, Fig. 22 und Taf. XV, Fig. 5). Jedes Rohr ist vorn eng und erweitert sich nach hinten derart be- deutend, dass es so geräumig wie das Seitengefäss wird. Etwas vor seinem hinteren kolbig angeschwollenen Ende gabelt sich der Nephridial- Excretionsgefässsystem. — Bau. 265 canal. Der jederseits abgegebene Ast ist so stark wie das Muttergefäss. Er wendet sich nach vorn, neben diesem herlaufend, steigt nach einer kurzen Strecke aufwärts und durchbricht beträchtlich über den Seiten- stämmen die Körperwand; dieser lateral vom Nephridialrohr abgehende geräumige lange Gang ist der Ausführduetus, welcher, bevor er ausmündet, ein Knie bildet, indem er sich rückwärts umbiegt. Sein Aussenporus liegt seitlich am Thierkörper. Bei Carinoma ist das Hauptgefäss des Nephridiums in seiner hinteren Hälfte völlig glatt und giebt, abgesehen vom Ausführgang, keinen Ast ab; in seiner vorderen Hälfte aber stülpt es sehr enge kurze Röhrchen aus. Der Nephridialapparat von Carinoma gehört nicht zu dem reichlich verzweigten, sondern zu dem nur Sprossen abgebenden Typus. Die kurzen Seitenröhrehen, d. h. die Sprossen, die vom Hauptgefäss in seiner vorderen Hälfte entspringen, wenden sich sämmtlich zum Seiten- gefäss und bohren sich in seine Wandung ein. Oefters drängen oder stülpen sie das Epithel des Seitengefässes tief in das Lumen desselben vor, sodass Höcker im Seitengefäss entstehen, von denen ein jeder das Ende eines nephridialen Sprosses enthält (Taf. XIV, Fig. 5). Diese engen, vom Hauptcanal des Nephridiums in die Wand des Seitengefässes hineingestülpten Röhrchen sind ohne Ausnahme blind geschlossen; denn sie öffnen sich keinesfalls in das Seitengefäss, sondern sind überall von dem Epithel desselben bekleidet. Solcher blinden Kölbchen, wie ich die Röhrchen nennen will, besitzt jedes Nephridium von C. armandi nur eine geringe Anzahl, und sie sind nur der vorderen Hälfte des Nephridialcanals eigenthümlich. Reichlicher sind sie bei ©. patagonica vorhanden. Hier dringen sie noch bedeutend tiefer in die Blutgefässe hinein (Taf. XIV, Fig. 3a). In einem besonders tiefin das Seitengefäss vorgestülpten Nephridial- kölbcehen habe ich sehr deutlich im blinden Ende einen feinen längs- gestreiften Pfropf an gefärbten Schnittpräparaten gesehen; ich zweifle nicht daran, dass er eine Wimperflamme ist, wie ich solche überall in den gleichgelagerten Endkölbehen von Drepanophorus im Leben con- statirt habe. Was sind demnach die Kölbehen der Nephridien? Es sind Wimperkölbcehen, diein die Wand der Blutgefässe sich hinein- gebohrt haben. Es ergiebt sich also, dass jedes Nephridium von ©. armandı aus einem hinten geräumigen, vorne verjüngten sehr kurzen Canal besteht, der sich mittels eines hinten von ihm abgehenden relativ langen Ganges nach aussen öffnet. Im Uebrigen besitzt der Nephridialcanal keine Oeffnungen. Aber in seinem vorderen verjüngten Abschnitt ist er besetzt mit hohlen Wimperkölbehen, deren blindgeschlossene Enden in der Wand der Seitengefässe stecken. Die zellige Auskleidung der Nephridialcanäle ist gar nicht mit jener der Blutgefässe zu verwechseln (Taf. XIV, Fig. 3). Sie besteht 266 Anatomie und Histologie. nämlich aus einem wimpernden Gylinderepithel, dessen Zellen im hinteren Abschnitt des Canals merklich, im vorderen kaum höher als breit sind. In den Kölbchen wird das. Epithel niedriger als im Canal. — Der Nephridialcanal entbehrt der Musculatur. Auch der Ausführ- gang ist von einem ziemlich hohen Wimperepithel ausgekleidet. Wir mögen uns nun zur Betrachtung des Nephridiums irgend welcher anderen Nemertinenart wenden, immer werden wir an ihm, sei es, dass wir nur einen Canal, sei es, dass wir in Folge reichlicher Verzweigung des einen, viele constatiren, blindgeschlossene Wimperkölbchen als die inneren letzten Enden der reich verzweigten Canälchen oder der Sprosse auffinden. Nur besitzen die Nephridien solche in der Regel in sehr grosser oder ungeheurer Anzahl. Eine grössere Anzahl von Sprossen finden sich bei Carinella (Fig. XXXII und Taf. IV, Fig. 2). Bei ©. superba und polymorpha beginnen die beiden weiten Röhren fast unmittelbar hinter den Rhynchocölomgefässen und erstrecken sich, den Seitengefässen ziemlich dicht aufliegend, höchstens 1!/, cm weit nach hinten, hier entweder direct mit einem schräg aufwärts steigenden Aus- führgang, wie ich es einmal bei Ü. polymorpha beobachtete, endend, oder mit einem kurzen, blindgeschlossenen erweiterten Zipfel, welcher den Abgangspunkt des Ausführganges nach hinten überragt; letzteres bemerkte ich in der Regel. Von den beiden Längsstämmen des Excretionsgefässsystems gehen fortgesetzt sprossenartig Canälchen ab, welche sich alle an das Seiten- gefäss begeben, und zwar an die laterale und ventrale Fläche desselben, und sich an ihm entlang schlängeln. Diese feinen, sich meist noch mehr- fach gabelnden Sprosse sind an ihren Enden meist wieder etwas an- geschwollen. Das hat aber nicht etwa in einer Erweiterung des in ihnen enthaltenen Canälchens seinen Grund, dies wird im Gegentheil viel enger, sondern in der Verdickung der Wandung, die auf einer Vergrösserung ihrer Epithelzellen beruht Die Enden der Sprosse des Nephridiums von Carinella verhalten sich ganz wie die von Carınoma: sie sind blind geschlossen und stecken in der Wand der Seitengefässe. Wir bezeichnen sie ebenfalls als Endkölbehen (DEE IXTIRGEISE N). Dort, wo die Endkölbehen in die Wandung des Blutgefässes, in welcher sie sich vielfach kräuseln, eindringen, tritt das Epithel dieser zurück, seine gallertige Grundschicht wird äusserst dünn, und die Kerne der Epithelzellen sind anstatt rund länglich geformt und spärlich geworden. Ja manchmal, und besonders an den vordersten Endkölbehen, welche so tief in die Blutgefässwandung eindringen, dass das Lumen der Blutgefässe beträchtlich verengt wird, scheint ein völlig umhüllendes Blutgefässepithel zu fehlen, wenigstens gelang es mir stellenweis nicht, auch nur ein Kernchen oder eine Membran, die auf ein solches hindeuten könnte, nach- Excretionsgefässsystem. — Bau. 267 zuweisen. Demnach hinge hier das Endkölbchen vielleicht frei in den Gefässraum hinein, und die Blutflüssigkeit vermöchte seine Wandung unmittelbar zu bespülen. Da die Endkölbcehen dicht hintereinander vom Excretionsgefäss ab- gehen, und dort, wo ein Endkölbehen am Blutgefäss sich befindet, unmittelbar hinter ihm ein anderes sich anschliesst, vermag sich wohl die irrthümliche Ansicht zu bilden, für ein besonderes in der Wand des Blutgefässes liegendes Organ das zu halten, was wir soeben als die un- unterbrochene Aufeinanderfolge der Endkölbehen erkannten, zumal diese, wie wir schon andeuteten, auch histologisch merkwürdig und nicht leicht im Bau zu erschliessen sind. In einen solchen Irrthum ist in der That Oudemans 1885 (No. 194) verfallen, indem er sagt: „Now, in the whole nephridial region a spongy organ lies in the blood-vessel, placed on its outer wall of which to my reeret I could not make out sufficient histological details, at least none which I would venture to communicate as yet. This organ which presents itself as a spongy gland, I will call the nephridial gland.“ Mit dieser ‚„Drüse“* ecommunieiren nach Oudemans die Seitencanälchen der Exeretionsgefässe. Vergleichen wir das Nephridium von Carinella mit dem von Carinoma armandi, so ergeben sich folgende gemeinsame Punkte. Die Nephridien werden nur von je einem Stamm gebildet. Derselbe besitzt auch bei Carinella im hinteren Abschnitt keine Sprossen. Im mittleren und vorderen wird das Nephridialgefäss auch von Carinella enger und giebt zahlreiche hohle, aber geschlossene Sprosse ab, die im Allgemeinen länger sind als bei Carinoma. Sie dringen in die Wand der Seitengefässe ein. Nirgends aber communicirt das Nephridialgefäss direct oder durch seine Sprosse auch bei Carinella mit dem Blutgefässsystem. Indessen stellt der Ausführgang auch das Ende des Nephridialcanals dar oder er überragt seinen Abgangspunkt nur ganz wenig. Der Ausführductus des Nephridiums von Carinella ist kurz und steigt schräg in der Körperwand aufwärts, sodass sein Aussenporus mehr dorsal als lateral liest (Taf. IV, Fig. 12). Die Nephridialcanäle kleidet auch bei Carinella ein Cylinderepithel aus, das Cilien trägt (Taf. XIII, Fig. 17) die aber — was auch für Carinoma gilt — nicht einen dichten Pelz wie am Haut- oder Darmepithel bilden, weil jede Epithelzelle nicht einen Wimperschopf, sondern entweder nur ein einziges langes stärkeres Wimperhaar oder deren nur ein Paar trägt. Die eylindrischen, fast eubischen Zellen der Nephridialcanäle sitzen einer dünnen Grundschicht auf. Ihr feinkörniges Plasma tingirt sich kaum; ihre rundlich elliptischen Kerne sind relativ gross. Ein ebenselches Epithel bildet auch die Wand der Zweigcanälchen und deren Kölbchen. Die lappigen Bildungen, welche uns auf Schnitten vielfach an der Blut- gefässwandung und in das Blutgefäss hineinragend auffallen, sind nichts 2685 Anatomie und Histologie. anderes als Schnitte durch die Knäuel, zu welchen die Sprosse sich ver- stricken. Den einzigen Ausführgang, den ein jedes Nephridium besitzt, kleidet ein ebensolches, aber niedrigeres Epithel wie das der Nephridiacanäle aus. Sowohl im Epithel der Canäle, wie besonders in dem der Endkölbchen, sind kerngrosse grünliche, glänzende Coneremente eingeschlossen. Es ist mir nicht gelungen, den Nephridialapparat von Carinella im Leben zu beobachten, und somit habe ich mich auch nicht davon über- zeugen können, ob Wimperflammen in den Endkölbehen schwingen. Die Untersuchung an Schnitten hat nämlich nichts Verlässliches betrefis der Existenz der Wimperflammen ergeben, dennoch ist mit Rücksicht auf Carinoma und die Metanemertinen kein Zweifel an ihrer Existenz berechtigt. Nachdem wir uns klar gemacht haben, was die lappigen Gebilde vorstellen, welche im vorderen Abschnitt der Nephridien in die Seiten- gefässe hineinhängen, werden wir auch die Nephridien von Carinina grata (Taf. XIV, Fig. 1) in ihrem Bau erkennen und verstehen können. Bei dieser, im Allgemeinen so ursprünglich organisirten Protonemertine sehen wir nämlich, wie in der vorderen Nephridialregion ein dicker Längs- wulst sich lateral in die Seitengefässe vorwölbt, dieselben fast verstopfend. Der Längswulst ist von dem zwar ausserordentlich dünn gewordenen Epithel der Seitengefässe bekleidet und macht ganz den Eindruck eines besonderen Gebildes ; indess ist er nichts Anderes als die Summe unzähliger, vielfach miteinander verstrickter Endkölbehen. Auch (©. grata besitzt je ein Nephridialgefäss, das wie das Seiten- gefäss jederseits in die Wand des inneren Ringmuskelcylinders einge- schlossen ist (Taf. VIII, Fig. 2). Diese merkwürdige Lage der Nephridien inmitten einer Muskelschicht ist mir nur von C. grata bekannt. Jeder Nephridialcanal endigt hinten mittels eines kurzen, quergestellten Ausführungsganges, der oberhalb der Seitenstimme die Körperwand durch- bricht. Seine Aussenporen befinden sich seitlich am Körper. Der Nephridialeanal liegt den Seitengefässen unmittelbar auf, und es sieht aus, als ob er diese zusammendrücke. Er ist hinten sehr geräumig und besitzt hier eine Reihe weiter retortenförmiger Ausstülpungen (Taf. XIV, Fig. 1), welche, den inneren Ringmuskeleylinder durchbrechend, in die Längsmuskelschieht des Hautmuskelschlauchs eindringen. Diese Aus- stülpungen sind blind geschlossen. Im Uebrigen besitzt der hintere Abschnitt des Nephridialgefässes keine Verzweigung. Vor den blinden weiten Ausstülpungen, Nephridialtaschen, könnte man sie nennen, gehen vom Nephridialcanal in ununterbrochener Reihen- folge zahllose feine kurze Zweigcanälchen, Sprosse, ab, welche ihren Abschluss in Endkölbcehen finden, und es beginnt nunmehr der sich in das Seitengefäss hineindrängende Wulst. Der Nephridialcanal verjüngt sich nach vorne. Nirgends existirt auch hier eine offene Verbindung zwischen Nephridium und Blutgefässsystem. Excretionsgefässsystem. — Bau. 269 Dass die Endkölbehen je einen Wimperschopf enthalten, ist nach meinen Beobachtungen an lebenden Hetero- und Metanemertinen eine consequente Folgerung. Das Nephridium von Carinina grata ist kaum 2 mm lang und befindet sich in der hinteren Region des Vorderdarms. Das Nephridium von Hubrechtia desiderata (Taf. XIV, Fig. 4) ist reich verzweigt und führt uns somit den bei den Heteronemertinen herrschenden Typus vor. Seine Canäle breiten sich jederseits an der Aussenwand der in der Vorderdarmregion bei Hubrechtia lacunenartigen Räume der Seiten- gefässe aus, sodass sie in jene wulstartig vorragen. Indess sind die Canäle vom Epithel der Bluträume überkleidet. Der einzige Ausführgang eines jeden Nephridiums ist sehr kurz und durchbricht unmittelbar über den Seitenstämmen die Körperwand. Ganz ähnlich verhalten sich die ebenfalls verzweigten Exeretions- gefässe «bei Eupolia delineata, wo sie sich an der Wand der den Vorderdarm umspinnenden Schlundgefässe ausbreiten. Bei dieser Art habe ich die Exeretionsgefässe im Leben beobachten können. Ich verfolge zuerst die Canäle, in welche sich der mit dem Ausführgang in unmittelbarer Ver- bindung stehende Hauptnephridialcanal verzweigt. In jenen fiel mir eine matte Wimperung, die von einem sehr dünnen Cilienbesatze ihres Epithels herrührt, auf; sodann aber verfolgte ich die feinen Canäle bis zu ihren blinden Enden. In diesen schwingt ein dicker längerer Wimper- schopf, die Wimperflamme, welche viel leichter als bei irgend einer Heteronemertine bei den Metanemertinen zu beobachten ist, und die ich im Leben von allen Heteronemertinen nur bei Eupolia delineata sah, von der ich zu Neapel häufiger junge durchsichtigere Thierchen zu Gesicht bekam. Im Allgemeinen zeichnen sich die Nephridien aller Hetero- nemertinen durch ausserordentlich feine, reich verzweigte Canäle aus (Taf. XIV, Fig. 12 und 12e), die sich häufig wie bei Hubrechtia und Eupolia delineata an der Wand der lacunenartigen, den Vorderdarm um- gebenden Bluträume ausbreiten, vielfach aber, wie z. B. bei Oerebratulus marginatus, weiter hinten in der Gegend liegen, in welcher die Lacunen sich verengt und in dickwandigere Gefässe von geringem Durchmesser umgewandelt haben (Taf. VIII, Fig. 1). In diesem Fall sind die Nephridien in das Leibesparenchym eingebettet, und ihre Zweigenden begeben sich an die Gefässe. In der Regel breiten sich die Nephridien seitlich vom Darm und auch noch unter ihm aus; bei einigen Formen aber, z.B. bei Lineus gilvus und nigricans, befinden sie sich über dem Rhynchocölom, jederseits diesem fast unmittelbar aufliegend, in nächster Nachbarschaft der Seitengefässe, die in der Vorderdarmgegend ebenfalls dort verlaufen. Nunmehr steigen die Ausführgänge der dorsal gelegenen Nephridien fast gerade aufwärts, sodass die Exeretionsporen an den Rücken zu liegen kommen. Bei Lineus lacteus treffen wir — eine sehr seltene Erscheinung — 270 Anatomie und Histologie. die Nephridien bereits vor dem Munde an, welcher bei dieser Form ja sehr weit vom Gehirn entfernt nach hinten gerückt ist. Sie liegen der Wand der noch sehr weiten Seitengefässe an und wölben sich in sie vor. In der Region des Mundes finden wir die Nephridien bei Lineus geniculatus. Sie sind bei dieser Art aussergewöhnlich stark verzweigt und drängen sich zumeist tief in die den Mund umgitternden Blutgefässe hinein, sodass sie öfters geradezu als in den Blutgefässen liegend bezeichnet werden müssen. Bei gewissen Heteronemertinen, z. B. bei Eupolia cwrta und Valeneinia longirostris, communieirt jedes Nephridium nicht nur durch einen, sondern durch eine grössere Anzahl von Ausführgängen mit der Aussenwelt (Taf. XIV, Fig. 5). Dieselben durchbrechen sämmtlich die Körperwand über den Seitenstämmen entweder diesen dicht angeschmiegt, wie bei Eupolia curta, oder weiter oberhalb derselben in der Körperwand schräg aufwärts steigend, und unterscheiden sich nicht von den Ausführ- gängen jener Nephridien, wo ein jedes nur einen einzigen besitzt. Auffallend ist die Regellosigkeit, mit welcher die Ausführgänge von den Nephridien abgehen. Einmal entspringen sie nämlich in ganz ver- schieden grossen Abständen von jenen, sodann aber correspondiren die Ausführgänge der Nephridien jeder Seite weder in ihren Abgangspunkten, noch in ihrer Anzahl miteinander. Bei Valeneinia longirostris z.B. wenden sich vom Nephridium der einen Seite 25, von dem der anderen 26 Gänge nach aussen, und nur selten liegen ein Paar Gänge einander genau gegenüber. Man wird sich um so mehr über diese sehr grosse Anzahl von Ausführgängen bei der genannten Art wundern, wenn man erfährt, dass die Nephridien auch bei ihr sehr kurz, nämlich nur ungefähr 1'/, cm lang sind. Die Ausführgänge sind enge Röhren, die in gerader Richtung die Körperwand durchbrechen und sich meist medial von den Seitenstämmen abwärts umbiegen. Oefters sind sie so eng, dass ihr Lumen fast ver- schwindet. Die Excretionsporen sind bei allen Nemertinen sehr fein und am Thier äusserlich nicht aufzufinden, zumal da das Epithel um sie herum absolut nicht verändert ist. Nur bei verschiedenen Carinellen, so bei C. polymorpha und superba, kann man ihre Lage, ohne die Poren selbst zu entdecken, sowohl am lebenden als auch conservirten Thiere äusserlich annähernd bestimmen, da sie sich fast genau über den Seitenorganen befinden, die mit blossem Auge gut wahrzunehmen sind (Taf. IV, Fig. 2 und 12). Bezüglich der Histologie der Nephridien der Heteronemer- tinen habe ich nichts Wesentliches zu dem vorhin im Anschluss an die Darstellung der Nephridien der Proto- und Mesonemertinen Bemerkten hinzuzufügen. Indessen ist anzugeben, dass mitunter, z. B. bei ©. marginatus, das Epithel der Nephridien höher ist als bei Carınoma und den Proto- Exeretionsgefässsystem. — Bau. >71 nemertinen, dass die Kerne desselben dichter stehen und eine sehr schlanke spindelige Form besitzen. Das Epithel der Nephridialeanäle ist überall bei den Nemertinen von einer feinen Membran, einer Art Basalmembran, umhüllt. Den Nephridialapparat der Metanemertinen habe ich eingehend an Eumnemertes gracilis, Nemertopsis peronea, Drepanophorus crassus und spectabilis studirt. Ich hatte reichlich Gelegenheit, bei diesen Formen die Nephridien im Leben zu untersuchen, und bin zu voller Klarheit ihrer Örganisationsverhältnisse gelangt. Ich schildere das Exeretionsgefässsystem der genannten Arten im Anschluss an die Untersuchungsmethode. Klemmt man das vordere Körperende von Eumemertes gracilis gehörig zwischen Objectträger und Deckglas ein und betrachtet dann einen hinter dem Gehirn gelegenen Abschnitt auch nur bei schwacher Vergrösserung am Rande in unmittelbarer Nähe der Seitenstämme, so wird man bald medial neben diesen und auch wohl auf ihnen (das Thier liegt auf dem Bauche) an verschiedenen Stellen im Körpergewebe eine Wimperung deutlich bemerken und sogar Wimperflammen unterscheiden, die in feine Canälchen hineinschlagen. Diese feinsten Canälchen wird man in ge- räumigere verfolgen können und sich bald in ein ganzes Canalsystem hineingesehen haben, das aus den Canälchen, in welche die Wimper- flammen hineinschlagen, und den Canälen, in welche diese münden, besteht (Taf. XIII, Fig. 4). Man wird ein neben dem Seitenstamm längs verlaufendes Hauptgefäss von Zweiggefässen unterscheiden, die jenes fortgesetzt abgiebt, und welche meist, anstatt sich auszubreiten, wieder am Hauptgefäss dicht entlang laufen. Nur von Zeit zu Zeit stösst man, das Object dem Auge nachrückend, auf Canäle, die quer verlaufend sich bis zum Darm und noch unter ihm fortsetzen. Das Hauptgefäss ebenso wie alle seine Zweige sind aber mit zahllosen kurzen Canälchenenden besetzt, die nur ein wenig, ehe sie blind enden, anschwellen. In jedem Canälchenende befindet sich immer eine kurze Wimperflamme, in der That „ein Wimperläppchen“ in lebhaft schwingender Thätigkeit. Die Seitenzweige des Hauptnephridiallängsstammes verästeln sich oft gablig in mehrere dieser die Wimperflamme enthaltenden capillaren An- schwellungen, Kölbehen wie ich sie nennen will. Eine Wimperung, ausser von den Wimperflammen herrührend, habe ich in den äusserst feinen Excretionsgefässen von Eunemertes gracilis nicht wahrgenommen. Die Exeretionsgefässe dieser Art beginnen gleich hinter dem Gehirn und erstrecken sich bis in die hintere Körperhälfte. Auch bei Nemertopsis peronea sind die Excretionsgefässe von un- gewöhnlicher Länge. Ich habe sie vom Gehirn bis in das hintere Körper- 272 Anatomie und Histologie. ende hinein verfolgt, wo sie immer wieder zwischen den Geschlechts- produeten auftauchen, von ihnen eingeengt und oft verdeckt. Das an jedem Seitenstamm entlang verlaufende Hauptnephridialgefäss verzweigt sich bei dieser Form noch viel reichlicher als bei Eumemertes gracilis. Die Verzweigungen umgittern geradezu den Seitenstamm. Be- sonders über ihm sind sie gut mit ihren Endkölbehen zu beobachten, da sie sich scharf gegen den durch den Seitenstamm gegebenen streifigen Untergrund abheben. Die Kölbchen sind besonders lang; die Wimperflammen machen den Eindruck wie bei der vorigen Form. Charakteristisch sind aber zahllose sternartige Erweiterungen, welche die Exeretionsgefässe erfahren, indem von einem Zweige auf einmal, d.h. am selben Punkte viele Kölbchen entspringen, die nun radienartig nach allen Richtungen ausstrahlen. Sowohl im Ausführgang als auch in den zuleitenden Ex- cretionsgefässen bemerkte ich überall deutlich eine Flimmerung anihrer Wandung bei N. peronea. Sie ist an allen Orten gleichmässig schwach und wird von einem dünnen Wimperpelze erzeugt, welcher dem Epithel der Exeretionsgefässe aufsitzt. Die Wimpern schwingen immer in der Richtung, welche nach dem Ausführgang hinführt. Jedenfalls ist diese Art der Flimmerung nicht mit der Wimper- bewegung in den Kölbehen zu verwechseln. Die Kölbcehen finden sich nicht am Ausführgang, indessen sofort vor und hinter ihm an dem in ihn hineinmündenden Hauptexeretionsgefäss. Das Excretionsgefässsystem von Drepanophorus spectabilis und crassus (Taf. XIII, Fig. 1). Ohne eine künstliche Färbung ist bei diesen Formen, wo jedes Nephridium, links und rechts vom Magendarm gelegen, ein kleines läng- liches, unentwirrbares Knäuel bildet, kaum etwas Genaues zu ermitteln. Man wird am gepressten lebenden Thier zwar ohne Weiteres auffallend dicke Gefässstämme und nicht viel weniger umfangreiche Aeste derselben leicht bemerken, auch einer Flimmerung in diesen weiten Röhren ansichtig werden — aber von feineren und feinsten Verzweigungen, von Enden, die man aufzufinden sich abmüht, wohl nichts entdecken. Da hilft eine Färbung des Thieres mit Methylenblau und zwar einer Lösung dieses Farbstoffes in Kochsalzlösung. (Quetscht man nämlich einen abgeschnittenen Kopf von Drepanophorus, der etwa 35—4 Minuten in einer solchen Farbstofflösung gelegen hat, gehörig, so wird man sicher Abschnitte, oder gar das unversehrte Nephridium einer Körperhälfte blosslegen. Dann bekommt man die denkbar klarsten Bilder: man sieht in Folge ihrer blauen Tinetion die Haupt- und Zweiggefässe des Nephridiums und deren Enden und vermag sogar die Wimperthätigkeit in den Enden und Gefässen zu beobachten, da die angewandte Färbeflüssigkeit und auch die Blosslegung und Zerquetschung der Nephridien sie Anfangs nicht inhibirt. Exeretionsgefässsystem. — Bau. 213 Figur 1, Tafel XIII ist nach einem durch diese Methode gewonnenen Präparat gezeichnet. Sie zeigt den Ausführgang des einen Nephridiums, welcher in der Mitte zwischen Gehirn und Mitteldarm, und folglich auch in der Mitte des Nephridiums liegt, das sich ja bei Drepanophorus, eben- falls bei Amphiporus und Tetrastemma nur vom Gehirn bis zum Mitteldarm ausdehnt. Der Ausführgang verlängert sich nach innen in ein sehr dickes Gefäss, welches sich, dem Seitenstamm parallel laufend, nach vorne wendet und dicht hinter dem Gehirn in ein Knäuel von Zweigen auflöst. Auf halbem Wege, ehe es sich in die reiche Verästelung zergliedert, giebt es einen starken Seitenast ab, welcher sich gleich nach seinem Ursprung gabelt. Diese beiden so entstandenen noch recht dicken Zweiggefässe ziehen nach hinten über den Ausführgang hinweg und bilden ein zweites Knäuel feiner Gefässzweige unmittelbar vor dem Mitteldarm. Es bleibt hinzuzufügen, dass diese Hauptgefässe nicht nur die beiden Knäuel, das vordere und das hintere an ihren Enden bilden, sondern in ihrem Verlaufe noch manche Aeste abgeben, von denen nur wenige in unsere Figur eingezeichnet wurden, um dieselbe nicht zu verwirren. Immerhin bietet dieselbe, da sie sich sonst sorgfältig an das noch lebens- frische Präparat anlehnt, mehr als ein Schema. Die Verzweigung der dicken Hauptgefässe der Nephridien ist nicht die weitgehende, welche man im Hinblick auf ihren relativ (im Vergleich zu Eunemertes) enormen Umfang erwarten sollte. Von den Enden der Hauptgefässe und denen ihrer Zweige entspringt eine Verästelung, die ich eine geweihartige nennen ‘möchte, denn wie die Enden eines Hirschgeweihes den gemeinsamen Stangen aufsitzen, ent- springen die Wimperkölbehen von den Aesten der Excretionsgefässe. Solche Geweihe, deren Enden Wimperkölbchen sind, sitzen auch den Hauptgefässen und ihren Hauptzweigen in ihrem Verlaufe auf, sie finden sich aber vor Allem an ihren Enden. Für die Enden des Excretionsgefässes von D. crassus vor Allem passt die Bezeichnung „Kölbehen“. Sie schwellen zuletzt ganz erheblich an. In jedem Kölbehen schwingt eine sehr lange Wimperflamme, die oftmals bis in das Gefäss hineinschlägt, dem die @eweihe ansitzen. Die Wimperflamme ist ein Schopf von Cilien. Man wird sich davon überzeugen, sobald die Thätigkeit der Flamme erlahmt, sie in schlängelnder Bewegung langsam schwingt, und die einzelnen Cilien durcheinander flattern (Taf. XIII, Fig. 3). Der Inhalt in den Canälen wird in zitternder Bewegung erhalten dureh Flimmern, die der Wand, soviel ich mich überzeugt habe, nirgends fehlen, obwohl sie, wie bereits betont wurde, keinen dichten Haarpelz bilden. Die Wimperkölbehen fallen nicht nur durch die Flammen, sondern auch durch ihr Aussehen auf. Die Canäle haben eine nach aussen glatte Wandung, von der wir wissen, dass sie aus einer epithelartigen Zellaus- 3ronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 15 974 Anatomie und Histologie. kleidung besteht. Die Enden dagegen gleichen, um ein Bild zu ge- brauchen, einem Zapfen, der mit hohen Höckern in seinem gesammten Umfang besetzt ist. Die Höcker sind nach aussen vorspringende Zellen, welche das Kölbehen umgrenzen, dessen Epithel darstellend. Schon mit Hülfe der Methylenblaufärbung überzeugen wir uns von der Zellnatur der Höcker, denn wir bekommen kuglige Kerne in birnförmigen Höckern zu (sesicht, wir beobachten ferner, dass die Höcker einem stark licht- brechenden Protoplasma ihren Glanz verdanken, einen Glanz, welcher überhaupt die Wand der Wimperkölbehen auszeichnet und so diese Ge- bilde und überhaupt die Geweihe scharf gegen die Canäle des Excretions- apparates absetzt, deren Wand im Leben ein körniges Protoplasma zeigt, das sich intensiv mit Methylenblau färbt. In den Höckern finden sich kleine an und für sich gefärbte Kügelchen, Coneremente glaube ich, wie sie von mir auch in den Enden der Zweige des Excretionsgefässes von Carinella bemerkt wurden. Färbt man das Objeet nach der Fixirung (z. B. mit einem Osmium- essigsäuregemisch) mit Safranin, so überzeugt man sich davon, dass die Wimperkolben ganz wie die Canäle des Nephridialapparates mit einem Kernbelag allseitig umkleidet sind. Nur wenige Kerne finden sich an dem verjüngten basalen Ende, mit welchem das Kölbehen dem Canale aufsitzt. Das Kölbehen selbst aber besitzt geradezu eine Haube von Kernen. Auch die Kölbehen, welche die Wimperflamme bergen, be- sitzen eine epitheliale Auskleidung. Nur eines scheint die Wimperkölbehen in ihrem Bau von den Ex- eretionscanälen zu unterscheiden: es fehlt ihnen nämlich die äussere Umhüllung durch eine Basalmembran, sodass sie sich in das sie um- gebende Gewebe hineinzubohren vermögen. Es wäre aber auch wohl nicht mit der Function der Wimperkölbchen vereinbarlich zu denken, wenn auch diese in einer Membran wie die Nephridialeanäle steckten, welche die Kölbehen gegen das Körpergewebe rings abschliessen würde. Denn es ist nicht zu bezweifeln, dass die Kölbehen mit den Wimperflammen dieselbe Function haben wie die ent- sprechenden Wimperapparate der Plathelminthen. Freilich endigen die Wimperkölbehen bei den Metanemertinen wie bei allen anderen Nemer- tinen nicht einfach im Leibesparenchym, sondern in oder an der Wand der Blutgefässe, und zwar bei den Metanemertinen immer der Seitengefässe. Die innige Beziehung zwischen Seitengefäss und Nephridium kommt nirgends besser als bei den Metanemertinen, in Sonderheit bei den Amphi- poriden, zu denen unser Beispiel gehört, zur Anschauung. Bei Drepanophorus liegt das Exeretionsgefässsystem in den Seiten des Körpers, während die Seitengefässe mehr der Bauchfläche und ein- ander genähert (wie auch die Seitenstämme) nach hinten verlaufen. In der Gegend der Nephridien aber verfolgen wir auch die Seitengefässe seitlich im Körper, und erst unmittelbar hinter jenen machen sie eine starke Biegung nach innen und senken sich ventralwärts. Man darf also Exeretionsgefässsystem. — Bau. 20 sagen, die Seitengefässe suchen die Nephridien auf, und zwar dringen sie mitten durch das Knäuel der Nephridialcanäle hindurch (Taf. XIII, Fig. 12). Dass sich die Aeste und auch die als Hauptgefässe charakterisirten Canäle des Nephridiums mit dem Seitengefäss verstricken, indem sie es umschlingen und umknäueln, fiel mir schon auf, ehe ich noch zur Färbung geschritten war. Das Seitengefäss und die Excretionscanäle stehen mit- einander in der innigsten Beziehung. Aber nirgends kommt es deshalb etwa bei den Metanemer- tinen zu einer offenen Verbindung beider Systeme, sondern der Zusammenhang ist ein solcher, wie ich ihn für Carinella beschrieb: die Nephridialcanäle verzweigen sich unmittelbar an der Blutgefässwand, die Geweihe liegen ihr direct an. Das Blutgefäss wird in diesem Abschnitt so völlig umgittert wie etwa ein Baumstamm von einem Epheu (Taf. RITA RIS. 2). Davon wird man sich überzeugen, wenn man fixirte Präparate mit Kernfärbemitteln färbt. Nach einem solchen ist ein kleiner Abschnitt eines Seitengefässes in der eben eitirten Figur dargestellt. Die Wimper- kölbehen dringen auch tiefer in die Blutgefässwandung ein. Die sonderbaren Angaben Montgomery’s über die blinden Enden der Nephridien vermochte Böhmig nicht zu bestätigen. Böhmig con- statirte als Endorgane der Excretionsgefässe trichterartige hohle Kölbehen, deren Verschluss fast stets durch zwei Terminalzellen gebildet wird, in denen sich eine Wimperflamme befindet (Taf. XV, Fig. 26). Diese End- organe stehen mittelst feiner Canäle in offener Verbindung mit den Haupt- stämmen der Nephridien. Bei St. graecense legen sich die Wimperkölbcehen nicht direct an die Blutgefässe an, sondern liegen fast ausschliesslich dicht unterhalb des Hautmuskelschlauches oder hart an der Darmwand. Jedes Nephridium besitzt bei den Metanemertinen in der Regel nur einen Ausführgang (Taf. XIV, Fig. 10 und Taf. XIII, Fig. 1) welcher am vorderen oder hinteren Ende, ja selbst in der Mitte des Nephridiums entspringen kann. Bei Amphiporus lactifloreus hat OQudemans mehrere Ausführgänge am Nephridium nachgewiesen, und zwar auf der einen Seite fünf, auf der andern zehn (Taf. XIV, Fig. 11). Von zwei Gängen der einen Seite bemerkte Oudemans, dass sie sich in einen gemein- schaftlichen Aussenporus Öffnen, so dass nur fünf und neun Exeretions- poren da sind. Viele Ausführgänge beobachteten ferner Montgomery und Böhmig bei Tetrastemma eilhardı und graecense (Taf. XIV, Fig. 5). Nach Böhmig variirt ihre Zahl. Auch bei Geonemertes chalicophora waren jederseits mehrere Ausführgänge zu constatiren und bei einem Thiere wurden jederseits zehn Excretionsporen erkannt, davon lagen neun bezw. acht dorsal, eine bezw. zwei ventral von den Seitenstämmen. Die Ausführgänge durchbrechen sonst fast ausschliesslich über den Seitenstämmen die Körperwand, indem sie sich aber sofort lateral von 157 276 Anatomie und Histologie. denselben nach abwärts umbiegen, kommen die Exceretionsporen durchweg an die Unterseite des Körpers zu liegen (Taf. XIII, Fig. 12). Oudemans beobachtete bei Amphiporus lactifloreus, dass ein Exere- tionsductus auch unter den Seitenstämmen hinwegziehend, um auszu- münden, die Körperwand durchbrach. Bei Tetrastemma eihardi liegen die Ausführgänge theils unter, theils über den Seitenstämmen. Das Epithel der Nephridialcanäle besteht aus einem verhältniss- mässig hohen Cylinderepithel. Die Epithelzellen, welche viel höher als breit sind, besitzen kleine kuglige, stark färbbare Kerne. Das Wimper- kleid, welches die Canäle auskleidet, ist auch an Schnitten gut zu sehen. Das Epithel der Nephridialecanäle der Metanemertinen gleicht am meisten dem der Heteronemertinen. 15. Freie Zellkörper kommen bei den Nemertinen ohne Ausnahme in den Blutgefässen und im Rhynchocölom vor. Die freien Zellkörper der Blutgefässe, welche wir Blutkörper nennen wollen, sind ihrer Gestalt, Grösse und meist auch ihrer Färbung nach durchaus verschieden von den im Rhynchocölom- enthaltenen, die wir als Rhynchocölomkörper bezeichnen. Auch unterscheidet beide Zellkörper wesentlich, dass die Rhynchocölomkörper Pseudopodien auszustrecken vermögen, die Blutkörper hingegen nicht. Die Blutflüssigkeit ist bereits von den älteren Forschern bemerkt worden. Schon Dujes 1830 (No. 32) macht Angaben über die Richtung des Blutstromes. Indessen finden wir erst bei Quatrefages 1846 (No. 54) Notizen über ihre Zusammensetzung. Im Allgemeinen hat Quatrefages Körper in dem Blute, mochte es gefärbt sein oder nicht, vermisst. Nur bei einer einzigen Metanemertine nahm er ziemlich regelmässig gestaltete Körperchen wahr, welche sich wie die Rhynchocölomkörper verhalten sollen. In dem rothen Blute mancher Arten soll der Farbstoff („le prineipe colorant“*) in der Flüssigkeit wie bei den Anneliden und ge- wissen Insectenlarven aufgelöst sein. Präeise und zutreffende Angaben verdanken wir Keferstein 1862 (No. 97). Bei Drepanophorus spectabilis (Quatref.) (Borlasia splendida Kef.) fand er ein Blut so roth wie Menschenblut, dessen Farbe an den sehr zahlreich vorhandenen Blutkörperchen haftete. Diese waren ovale ganz flache Scheiben, deren Durchmesser 0,01—0,015 mm betrug. Me Intosh 1873/74 (No. 125) constatirte Blutkörperchen auch bei den Heteronemertinen. Nach Hubrecht 1874 (No. 132) beruht die rothe Färbung der Blutkörper mancher Nemertinen auf der Anwesenheit von Hämoglobin. Die Blutkörper besitzen Kerne; Bürger 1890 (No. 217). Auch die Rhynchocölomkörper sind von Quatrefages 1346 (No. 54) entdeckt, aber viel gründlicher als die Blutkörper charakterisirt worden. Er hält sie ebenso wie Keferstein 1862 (No. 97) für die Körperchen Freie Zellkörper. — Blutkörper. DT einer Leibeshöhlenflüssigkeit.e Nach Quatrefages sind sie ziemlich unregelmässig geformt, farblos und durchscheinend. Manchmal Navicula ähnlich, rundlich scheibenförmig oder linsenartig. Länge: 1/30 mm bis 1/40 mm, Dicke: 1/150—1/300 mm. Keferstein sah auch oft grosse, vielfach zerschlitzte Blätter. Bei den meisten Arten sollen sich aber nur kleine runde Körperchen und Körnchen in der Leibesflüssigkeit befinden. Me Intosh 1873/74 (No. 125) hat die Körperchen ebenfalls bemerkt und von verschiedenen Arten abgebildet. Ich habe sie später eingehend studirt und bei ihnen Pseudopodien, Kerne und ständige Atrac- tionsphären nachgewiesen 1890 (No. 217), 1891 (No. 221), 1895 (No. 256). a. Die Blutkörper. Die Blutkörper der Nemertinen sind im Vergleich zu den Rhyncho- cölomkörpern klein zu nennen, wiewohl sie schon bei mittleren Ver- grösserungen gut sichtbar werden. Sie erinnern uns vielfach (z. B. die von Amphiporus pulcher) an Froschblutkörper, denn sie zeigen in der Flächenansicht eine regelmässig breit elliptische Form, eine sehr schmal elliptische in der Kantenstellung (Taf. XIII, Fig. 14 und 14a). Sie sind also plattgedrückt wie eine Linse. Ausserdem aber verstärkt die Aehn- lichkeit ihre lebhaft rothe Färbung, die nur wenig durch einen grünlichen Schimmer gedämpft wird (Taf. XIII, Fie. 15). Lassen wir auf die lebende Blutkörperlinse stark verdünnte Essig- säure einwirken, so bekommen wir in ihrem Centrum, wie im Frosch- blutkörper, einen ziemlich grossen kugligen Kern zu Gesicht (Taf. XIII, Fig. 14). Niemals wurde beobachtet, dass sich die Gestalt der Blutkörper irgendwie veränderte, indem etwa Pseudopodien erschienen. Die Blutkörper flottiren in einer farblosen Grundflüssiekeit. Man hat sie nicht näher untersucht. Es werden die Blutkörper in allen Gefässstrecken, auch in den metameren Commissuren angetroffen. Auffallend lebhaft roth ist auch das Blut einer unbewafineten Ne- mertine, nämlich von Euborlasıa elisabethae gefärbt. Auch bei dieser Art rührt die rothe Farbe des Blutes von der rothen Farbe der Blutkörper her. Während aber der rothe Farbstoff bei den Amphiporus-Blutkörperchen sich in solch feiner gleichmässiger Vertheilung vorfindet, dass die Blut- körper überall gleichmässig roth erscheinen, sind sie bei E. elisabethae roth gesprenkelt. Sie besitzen nämlich eine Anzahl kleiner rundlicher rother Flecken. Diese erscheinen wiederum roth gepunktelt. Die Grund- farbe des Blutkörpers von Euborlasia ist hell wässriggrün (Taf. XIII, Fig. 15). Die Blutkörper von Euborlasia besitzen eine elliptische oder bald mehr kreisförmige Gestalt in der Flächenansicht und sind ebenfalls linsen- artig plattgedrückt. Nach Zusatz von verdünnter Essigsäure erscheint auch in ihnen ein verhältnissmässig grosser kugliger Kern — selten 378 Anatomie und Histologie. werden zwei Kerne sichtbar — und die rothen Flecke treten noch inten- siver und stärker gekörnt hervor; die grüne Grundfarbe ist blasser ge- worden (Taf. XIII, Fig. 13a). Die roth gefärbten Blutkörper sind bei den Nemertinen indessen im Ganzen eine seltene Erscheinung. Sie ist mir von allen unbewafineten Nemertinen nur bei Euborlasia elisabethae, von den bewaffneten nur bei wenigen Amphiporiden bekannt. Häufiger sind die Blutkörperchen, wie ich es selbst bei Thieren feststellte, die sich im Uebrigen als zu Amphı- porus pulcher gehörig erwiesen, blassgrün gefärbt oder orange mit grün- lichem Schimmer. Blassgrün sind auch die Blutkörper von Amphiporus lactifloreus (Taf. XIII, Fig. 14 und 14a). Noch häufiger sind sie (wie bei den meisten unbewaffneten Nemertinen und unter den Metanemertinen bei fast allen Tetrastemmen) vollständig farblos. Bei der Behandlung mit verdünnter Essigsäure erscheint in den Blutkörpern öfters sehr deutlich ein Gerüst. Ueber die Structur der Kerne der Blutkörper hatte ich mich bereits früher an Schnitten unterrichtet (No. 217). Dieselben weisen stets eine stark tingirbare Randschicht auf, in der man ein grösseres Körnchen, wohl das Kernkörperchen, bemerkt (Taf. XIII, Fig. 16). Der Central- raum der Blutkörperkerne ist homogen und wenig färbbar. b. Die Rhynchoeölomkörper. Im Rhynchocölom flottiren Körper, welche sehr viel grösser sind als die in den Blutgefässen, nämlich etwa (im Durchschnitt) um das Zehn- fache. Allein es finden sich auch zahlreich noch stattlichere Zellen, wahre Riesen. Wie die Blutkörper, sind auch die Rhynchocölomkörper Zellen. Sie besitzen einen, nun aber unverhältnissmässig winzigen Kern, da derselbe nicht grösser ist, als der eines Blutkörperchens. Die Rhynchocölomkörper, „Navicula“ von Quatrefages und Kefer- stein genannt, da diese Autoren sie hauptsächlich im Profil gesehen haben, wo ihre sehr dünnen Ränder bald nach vorn, bald nach hinten gebogen waren — je nachdem, in welcher Richtung sie durch eine Con- traction der muskulösen Rhynchocölomwand getrieben wurden — sind länglich-elliptische Kuchen. Selbst in der Mitte sind sie mitunter so dünn, dass der Kern eine Auftreibung des Zellleibes verursacht (Taf. XII, Fig. 7a und 11). Die Rhynehocölomkörper strecken wie die mit ihnen vergleichbaren Zellen, welche in der Leibeshöhle der Anneliden schwimmen, nach allen Richtungen sehr spitze Pseudopodien aus (Taf. XIII, Fig. 7a), sodass sie in ihrem gesammten Umfang stachlig erscheinen. In der Regel sind die Rhynchocölomkörper hell, ziemlich durch- sichtig und haben einen blassgrünlichen Schimmer (Taf. XIII, Fig. 7), öfters aber sind sie mit vielen, gelben und rothen Kügelchen behaftet Freie Zellkörper. — Rhynchocölomkörper. 279 (Taf. XIIl, Fig. 10), deren Massenhaftigkeit schliesslich ihre Gestalt ver- ändert. Solche Zellen ballen sich zu vielen zusammen und bilden einen gelegentlich auch mehrere unregelmässig geformte Ballen, die im Rhyncho- cölom hin- und hertreiben. Der verhältnissmässig kleine Kern des Rhynchoeölomkörpers liegt fast stets excentrisch (Taf. XIII, Fig. 7a). Das Centrum aber nimmt ein glänzender Stern ein, von dem eine Fülle von Strahlen nach allen Richtungen bis zur Peripherie des Rhynchocölomkörpers ausgeht. Es ist das eine Attractionssphäre (Taf. XIII, Fig. 7a). Um das Centrum der Attractionssphäre, die wir als ein ständiges Attribut der Rhynchocölom- körper betrachten dürfen, häufen sich in der Regel auch die gefärbten Körner oder Bläschen, die der Khynchocölomkörper enthält, an. Auf dasselbe strahlt der Kern öfters, wie von ihm angezogen, mit einem spitzen Zipfel aus, oder umgiebt es, so weit er vermag, eine nierenförmige Gestalt annehmend. Wir finden die Attractionssphäre also in den Rhyncho- cölomzellen, obgleich nichts in ihrer und besonders der Structur ihrer Kerne darauf hinweist, dass sie sich zur Theilung anschieken (vgl. No. 256 tab. 9, fig. 6 und 13). Die Rhynchocölomkörper sind bei unbewafineten und bewaffneten Nemertinen übereinstimmend gebaut. Es wechselt bei den verschiedenen Nemertinengattungen und -arten nur ihre Grösse und ihre Dicke. Letztere ist bei manchen Formen, z.B. bei Eunemertes antonina, ganz ausserordentlich gering. Nur um den Kern herum weisen sie eine kleine Anschwellung auf. Böhmig beobachtete bei Tetrastemma (Stichostemma) graecense zwei Arten von Rhynchocölomkörpern, eine spindelförmige und eine ovale oder runde Scheiben darstellende. Er wies nun nicht allein in den Rhynehocölomkörpern ausser den Kernen Centralkörper und Sphären nach, meine Entdeckungen bestätigend, sondern fand sie auch mit Hilfe M. Heidenhain’schen Färbung in den Zellen des Rhynchoeölomepithels. Gewöhnlich umschliesst die Sphäre zwei kleine kuglige Centralkörper, seltener nur einen. Früher (No. 217) habe ich die Rhynchocölomkörper auch in conser- virten Thieren an gefärbten Schnitten aufgefunden, studirt und beschrieben. Bei Carinella polymorpha waren dieselben ballenweis im Rhynchocölom zusammengetrieben und durch das Gerinnsel einer feinkörnigen Materie verklebt, zweifelsohne das Gerinnungsproduct einer Flüssigkeit. Die Rhyncehocölomkörper sind ausgezeichnet erhalten, sie weisen eine rund- liche Gestalt auf. Ihr längster Durchmesser beträgt 7 u. Ihr kleiner, 2 w im Durchmesser habender, rundlicher, stets excentrisch gelegener Kern fällt leicht ins Auge. Der Zellleib ist gefärbt, sein Plasma fein- körnig und öfters netzartig angeordnet. Der Kern ist besonders durch seine tief tingirte, äusserst stark hervortretende Randzone charakterisirt. Das Kerninnere verräth keinerlei Structur, die gesammte chromatische Substanz ist an die Peripherie gedrängt, öfters ist hier ein Kernkörperchen 280 Anatomie und Histologie. als eine kleine Erhebung zu constatiren. Die Kerne erinnern mithin lebhaft an die des Rhynehocölomepithels und des Parenchyms. Unter den Metanemertinen findet man die Rhynchocölomkörper im conservirten Drepanophorus ganz vorzüglich in den Rhynchocölomtaschen erhalten. Sie sehen bald elliptisch, bald länglich, bald kahnförmig aus, je nachdem wie sie im Schnitt getroffen waren; sie geben also bald ein annäherndes Bild von der Kanten-, bald eines der Flächenstellung. Das Zellplasma der Rhynchocölomkörper färbt sich nicht, indessen färbt sich im kugligen oder etwas länglichen Kern wiederum eine periphere Körnchenschicht. Auch die Rhynchocölomkörper flottiren in einer durchsichtigen, farb- losen Flüssigkeit, in welcher man aber sehr feine Körnchen und öfters (röthlich) gefärbte Körperchen wahrnimmt. Wird der Rüssel ausgeworfen, so schiesst in ihn die Flüssigkeit des Rhynchocöloms sammt ihren Körpern nach. c. Bildung und Ersatz von Blut- und Rhynchocölomkörpern. Da aller Wahrscheinlichkeit nach ein starker Verbrauch von Blut- und Rhynehocölomkörpern stattfindet, so ist zu vermuthen, dass demselben ein entsprechender Ersatz entgegenarbeiten wird. Derselbe wird nun keineswegs durch Vermehrung der vorhandenen Blut- und Rhynchocölomkörper durch Theilung erzielt, wenigstens habe ich diesen Process niemals beobachtet, obwohl ich beiderlei Körperchen andauernd studirte. Dagegen glaube ich in einigen Fällen für jede Art eine Ersatzquelle gefunden zu haben. Für die Blutkörper vermuthe ich sie bei Carinella in der Wandung der Rhynchocölomseitengefässe (Taf. XV, Fig. 22). Dieselben liegen in der gallertigen Schicht, welche das Rhyncho- cölom auskleidet und die Grundschicht seines Epithels bildet. Medial vom Rhynchocölomseitengefäss, das ein Epithel aus platten Zellen besitzt, ist die Gallertschicht sehr stark verdickt, und während sie sonst sehr arm an Kernen ist, erscheint sie an der verdickten Partie geradezu vollgestopft von solchen. Jeder Kern gleicht, es ist dies die beste Charakteristik, völlig dem Kern eines Blutkörperchens. Um sie herum können wir in verschiedenen Stadien der Ausbildung einen dunkler ge- färbten und deutlicher granulirten Plasmahof erkennen, welcher sich mehr oder minder klar aus der homogenen Gallertschicht abhebt. An solchen Stellen, an welchen die Gallertschicht strotzend voll von Kernen ist, oder Zellen, wie wir hinzufügen müssen, erweist sich das Epithel der Rhynchocölomgefässe medial unterbrochen, und hier muss der Ort sein, an dem die Zellen, welche man sehr häufig nur noch im lockeren Verbande mit der Gallertschicht sieht, sich loslösen und in das Blutgefäss hineinfallen, also als Blutkörper weiter existiren. Geschlechtsorgane. Allgemeines. Litteratur. 281 Für die Rhynchocölomkörper habe ich eine Bildungsquelle bei Jungen, aber bereits geborenen Prosorhochmen am Retractor des Rüssels dort nachgewiesen, wo er sich an den Rüssel anheftet. Man gewahrt hier schon mit schwachen Vergrösserungen eine dicke Wucherung von Zellen, und ich habe auch gesehen, dass von derselben sich welche los- lösten, um fortan im Rhynchoeölom zu flottiren (Taf. XV, Fig. 23). Eine Ersatzquelle beim erwachsenen Thier vermuthe ich ausserdem dort, wo das Rückengefäss im Rhynchocölom liest. Dessen vom Epithel des Rhynchoeöloms überkleidete Rückenwand zeigte nämlich bei Drepano- phorus latus (No. 217) eine sehr auffällige Wucherung von Kernen, die ich als eine Neubildungsstätte von Rhynchocölomkörpern deuten möchte (Bar XI, Big. 8). Im einen Falle ist der Boden der Rhynchocölomkörperbildung das Epithel des Rhynchocöloms, im anderen das äussere Epithel (Platten) des Rüssels, ein Unterschied, der nichts zu bedeuten hat, da beide Epi- thelien homolog sind. Dafür, dass die Rhynchocölomkörper von diesen Epithelien sich her- leiten, spricht auch Böhmig’s Beobachtung, dass ihre Zellen — wie die Rhynchocölomkörper — Sphären und Centralkörper enthalten. 14. Die Geschlechtsorgane. Die Nemertinen sind mit wenigen Ausnahmen getrennten Geschlechts. Zwitter finden sich — so weit unsere Kenntniss reicht — allein unter den Metanemertinen. Aber es sind unter diesen nur die Arten der Gattung Prosadenoporus, wenige Tetrastemmen, eine Geonemertes- Art (@. palaensis) und wahrscheinlich Prosorhochmus claparedi und korotneffi. Einige Tetrastemmen — T. (Borlasia) kefersteini Marion und T. (Sticho- stemma) eilhardi Montgomery — sind protandrisch-hermaphroditisch, wie Marion’s Beobachtungen vermuthen liessen 1874 (No. 124 und No. 129) und die von Montgomery 1894 (No. 245) bewiesen haben. Die Geschlechtsorgane der Nemertinen sind denkbar einfach gebaut, indem dotter- und eiweissbereitende Drüsen und der Copulation dienende Organe fehlen. Die Geschlechtsorgane bestehen aus Taschen, welche in den Seiten des Körpers liegen. Jede Tasche besitzt einen Ausführgang, der die Körperwand seitlich am Rücken oder am Bauche durchbricht (Taf. XV, Fig. 1, 2 und 16). Etwas complicirter sind sie bei Cephalothrixz galatheae gebaut, wo die Geschlechtsporen nach Dieek (No. 126) von contractilen Klappen bedeckt sind. Die Geschlechtstaschen treten meist erst hinter dem Magen, beziehungs- weise hinter dem Vorderdarm auf und finden sich von da ab im Körper bis zum After. Sie fehlen, das sei gleich hervorgehoben, auch nicht im Appendix der Micerurae. 282 Anatomie und Histologie. Sind Darmtaschen vorhanden, so alterniren die Geschlechtstaschen mit diesen. Es giebt gewöhnlich zwischen ein Paar Darmtaschen nur einen Geschlechtssack (Taf. II, Fig. 3). Bei den Nemertinen, wo die Darmtaschen fehlen, den innerlich nicht gegliederten, wie bei den Carinellen, drängen sich die Geschlechtstaschen ungemein dicht ohne bemerkenswerthe Intervalle aneinander. Bereits aus der historischen Besprechung in den Capiteln über Darm und Rüssel geht hervor wie oft und lange man den Geschlechtsapparat verkannt hat. Die meisten rechneten noch Organe und Bildungen zu ihm hinzu, wie den Rüssel als Penis, den Mund als weibliche Geschlechts- öffnung, die nichts mit ihm zu schaffen haben. Dem wahren Sachverhalt kommt zuerst die Beschreibung von Dujes 1830 (No. 32) am nächsten. Eine treffende Schilderung gab ferner Rathke 1842 (op. eit. oben pag. 127), der ausserdem erkannte, dass die Nemertinen getrennten Geschlechtes sind. Auch Oersted sah Övarien und Hoden und deutete sie als solche, er bemerkte sogar ihre feinen Ausführgänge, rechnet aber den Rüssel zum Geschlechtsapparat, ihm die Bedeutung eines stimulirenden Organes beimessend. Ehrenberg 1851 (No. 34) hat dagegen gar nichts vom eigentlichen Geschlechtsapparat gesehen, denn er hält dafür die Darmtaschen, und kein geringerer als Quatrefages 1846 (No. 54) folgt ihm in dieser Auffassung nach. Uebrigens liessen sich Frey und Leuckart 1847 (No. 56), M. Schultze 1853 (No. 76), van Beneden 1361 (No. 96), Keferstein 1862 (No. 97) und Me Intosh 1873/74 (No. 125), seine bedeutendsten Nachfolger in den nächsten Decennien, nicht durch Quatrefages’ Darstellung beirren, sodass dieselbe niemals einen wesentlichen Einfluss gewonnen hat. Williams 1858 (No. 92) betonte die segmentale Anordnung der Geschlechts- organe, indem er darlegte, dass sie streng mit den Darmtaschen alter- niren. Er verglich sie mit den Segmentalorganen der Anneliden und nahm bei jedem Ei- oder Samensacke dementsprechend zwei Oeffnungen an. Er schlägt vor, die durchaus dieöcischen Nemertinen von den monö- cischen Planarien auf Grund des Geschlechtsapparates zu trennen. Eine ähnliche Stellung nahmen später Me Intosh und noch entschiedener Hubrecht ein. 1368 meldete Keferstein (No. 112) den überraschenden Fund einer /witternemertine Tetrastemma (Borlasia) hermaphroditica Kef. Ein Gleiches berichtete 1878 v. Kennel (No. 146) von Geonemertes palaensis Semp., 1379 v. Graff (No. 155) irrthümlich von @. chalicophora Graff wie sich jetzt durch Böhmig herausgestellt hat. 1890 beschrieb ich (No. 217) sämmtliche Arten von Prosadenoporus Bürg. als Zwitter. Zugleich wies ich auf eine doppelte Art der Entstehung der Geschleehtsproducte hin. Durch Montgomery 1894/95 (No. 245 und 250) wurde ein Fall von protandrischem Hermaphroditismus bekannt (Tetrastemma (Stichostemma) eil- hardı Mtery.). Geschlechtsorgane. Lage, Anordnung, Form. 285 a. Lage, Anordnung und Form der Geschlechtssäcke. Wir berücksichtigen zunächst nur getrennt geschlechtliche Formen mit annähernd oder völlig reifen Geschlechtsproducten. Bei Carinella trifft man die Geschlechtssäcke in dichter Reihenfolge in der mittleren und hinteren Körperregion an, wo sie oft vielfach über- einander geschichtet, zwischen Darm und Hautmuskelschlauch eingebettet sind. Die Geschlechtssäcke liegen nieht am Bauche, sondern oberhalb der Seitenstämme und Seitengefässe. Sie werden vom Darm und der Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs begrenzt. Hoden zählte ich bei C. polymorpha 3—4, Ovarien 6— 7 übereinander. Indessen liegt gelegentlich auch nur 1 Sack rechts und links (C. Iinearis, Taf. XV, Fig. 2). Mitunter sind Packete von Säcken durch dicke pigmentartige faserige Querwände voneinander abgetheilt, indessen herrscht darin keine Regelmässigkeit (Taf. IV, Fig. 2 und Taf. XV, Fig. 1). Die Ausführgänge münden oberhalb der Seitenstämme am seitlich dorsalen Umfang des Körpers nach aussen. Sie sind nicht etwa in je einer Reihe seitlich an- geordnet, sondern nehmen je einen breiten Streifen ein, der sich wenig unter die seitliche Mittellinie hinab- und weit am Rücken hinaufzieht, es liegen also viele Genitalporen übereinander. Das Epithel dieser Streifen, in deren Bezirk die Poren ausmünden, ist eigenthümlich verändert, indem es sich fast nur aus Drüsenzellen zusammensetzt (Taf. XV, Fig. 1). Bei Cephalothrix alterniren die Geschlechtssäcke mit den Darm- taschen, und zwar pflest nur ein Ovarium oder ein Hoden zwischen ein Paar Darmtaschen zu liegen. Die Ausführgänge durchbrechen alle in gleicher Höhe über den Seitenstämmen die Körperwand, sodass die Geschlechtsporen rechts und links am Körper eine Reihe bilden. Ein gleiches Verhalten zeigen die Geschlechtssäcke von Carinoma (Taf. XV, Fig. 5); sie sind aber auch noch in der Region des Enddarms vorhanden, wo die Darmtaschen fehlen und in dieser nur durch dünne, dorsoventrale Muskelzüge führende Septen voneinander getrennt. Sie liegen hier mithin ungemein dieht nebeneinander. In die Septen sind die Bögen der Blutgefässcommissuren eingeschlossen. Dieselben alterniren wie bei den höchsten Nemertinen mit den Geschlechtssäcken. Wie bei Cephalothrix sind die Geschlechtsorgane bei fast allen Metanemertinen angeordnet, so bei den Tetrastemmen und Drepanophoren (Taf. II, Fig. 3). Bei ersteren wird man sich schon an lebenden Thieren mit aller Klarheit davon überzeugen, dass auf eine Darmtasche immer nur ein Geschlechtssack folgt, und Geschlechtssäcke und Darmtaschen überaus regelmässig miteinander abwechseln (Taf. IV, Fig. 8 und 11). Ein jeder Geschlechtssack umgreift etwas dorsal und ventral das axiale Darmrohr. Die Ausführgänge der Geschlechtssäcke durchbrechen bei den Tetrastemmen genau seitlich über den Seitenstämmen die Körper- wand, sodass die Reihe der Geschlechtsporen in der Seitenlinie des Körpers liegt. 2834 Anatomie und Histologie. Bei Drepanophorus aber liegen die Geschlechtsporen an der Bauchfläche, indem der Ausführgang der Geschlechtstasche dicht neben den Seitenstämmen, lateral von ihnen, die Körperwand durchbricht (D. albolineatus, Taf. XV, Fig. 16). Bei anderen Metanemertinen, wie z. B. bei Nemertopsis bistriata und Prosorhochmus, alterniren zwar die Geschlechtstaschen ebenfalls mit den Darmtaschen, indessen treffen wir zwischen ein Paar Darmtaschen in der Regel mehrere, nämlich zwei bis drei Ge- schleehtstaschen an, deren Ausführgänge wohl über den Seitenstämmen, aber in ungleicher Höhe, die Körperwand durchbohren, sodass die Ge- schlechtsporen jederseits in mehreren Reihen angeordnet sind (Taf. XV, Fig. 13). Auch bei Malacobdella — wo übrigens die Darmtaschen fehlen! — liegt eine Reihe von Geschlechtstaschen nebeneinander, deren jede einen besonderen Ausführgang besitzt, der am Rücken dieser breiten Nemertine die Körperwand durchbrieht (Taf. XV, Fig. 17). Bei manchen Amphiporen, z. B. bei A. pulcher, aber alterniren die Geschlechtssäcke nicht regelmässig mit den Darmtaschen. Wir treffen bei letzterem nur eine sehr geringe Anzahl von Geschlechts- taschen jederseits im Körper an, die in beträchtlichen eine Reihe von Darmtaschen umfassenden Intervallen aufeinander folgen (Taf. XIII, Fie. 6). Bei Hubrechtia und den Heteronemertinen wechseln die Geschlechts- säcke in strenger Reihenfolge mit den Darmtaschen ab, und zwar be- findet sich in der Regel nur ein Geschlechtssack zwischen ein Paar Darm- taschen. Es kommen aber auch gelegentlich mehrere Geschlechtssäcke zwischen ein Paar Darmtaschen, wie bei Fuborlasia elisabethae, zur Aus- bildung. Bei ersteren durchbrechen die Ausführgänge am Rücken des Körpers seine Wandung und die Poren sind in je einer Reihe seitlich am Rücken angeordnet; bei letzteren bilden sie mehrere Reihen neben- einander. Die Anordnung der Geschlechtsorgane von zwittrigen Nemertinen habe ich früher genauer bei Prosadenoporus, einer indischen Metanemertine, studirt (Taf. XV, Fig. 4). Die Anordnung der Geschlechtsorgane von Prosadenporus ist dieselbe wie bei den bisher bekannt gewordenen Nemertinenherma- phroditen und den protandrisch-hermaphroditischen Formen. In der That, „ovules et les poches spermatiques sont disposes pele - mele sur les flancs du tube digestif, depuis le voisinage de la bouche jusque vers l’extremite posterieure“. So schrieb Marion 1874 (No. 124) mit Bezug auf Tetrastemma_ kefersteini. Bei Prosadenoporus janthinus z. B. treffen wir bald hinter dem Gehirn am Anfang des Mitteldarms auf je einen Hodensack rechts und links mit völlig zum Durchbruch gekommenem Ausführgang. Getrennt von diesen beiden Säcken finden wir etwas weiter hinten auf einer Seite drei Hoden- Geschlechtsorgane. — Geschlechtssäcke. 235 säcke mit gesonderten Ausführgängen, auf der anderen Seite zwei Säcke mit Eiern und nur einen Hodensack an; es ist gleichfalls jeder Sack mit einem besonderen Ausführcanal versehen. Ein folgendes Packet von Geschlechtstaschen lässt einmal zwei Ovarien und einen Hoden, auf der anderen Seite zwei Hoden und ein Ovarium erkennen. Es herrscht mithin in der Vertheilung von männlichen und weiblichen Geschlechtssäcken dieser Reihenfolge nach, die ähnlich beliebig lange fortgesetzt werden könnte, keine bestimmte Regel, sondern „bunt durcheinander“ liegen Hoden und Ovarien, nur dass erstere immer lateral, letztere innerhalb jener, also medial zu liegen pflegen. Etwas gesetzmässiger gestalten sich die Lagerungsverhältnisse von männlichen und weiblichen Geschlechts- taschen bei dem mir vorliegenden Individuum von P. arenarius. Hier liegen nämlich gewöhnlich drei Säcke mit Eiern und ein Sack mit Sperma angefüllt zusammen. Der Hoden ist ventral von den Ovarien gelegen und dem Seitenstamme angedrückt, ganz wie es auch v. Kennel bei (Greonemertes palaensis beschrieben hat. Es alterniren folglich auch bei Prosadenoporus die Geschlechtssäcke zu mehreren, nämlich bis zu dreien zusammengepackt, mit den Darm- taschen. Die Ausführgänge durchbrechen sämmtlich oberhalb der Seitenstämme die Körperwand in verschiedener Höhe, so dass jederseits mehrere Reihen von Geschlechtsporen vorhanden sind. b. Der feinere Bau der Geschlechtssäcke. Wir studiren denselben eingehender bei Cerebratulus marginatus. Die Darmtaschen werden durch die Platten einer dorsoventralen Mus- eulatur getrennt, und diese Platten durch die Geschlechtssäcke, welche sich in ihnen entwickelt haben, in zwei Blätter gespalten, von denen das eine Blatt den Geschlechtssack vorne, das andere hinten begrenzt, und die sich das eine einer vorderen, das andere einer hinteren Darmtasche innig anlegen. Die beiden Muskelblätter legen sich medial und lateral etwas um die Geschlechtssäcke herum (Taf. XV, Fig. 19). Die dem Geschlechtssack eigenthümliche Wand besteht aus einer sehr dünnen Membran, welcher innen eine Schicht ziemlich weitläufig gelegener kleiner, kugliger oder länglicher Kerne anliegt, die sehr niedrigen Zellen angehören, deren Grenzen gegeneinander man an Schnitten nicht erkennen kann. Diese Zellschicht bildet das Epithel der Ge- schlechtssäcke (Taf. XV, Fig. 5 und 18). In den Geschlechtssäcken des Appendix tritt diese Epithelschicht besonders deutlich hervor (Taf. IV, Fig. 9). In ihr liegen die Kerne bedeutend dichter als in den Geschlechtssäcken des übrigen Körpers. Die Geschlechtssäcke von Ü©. marginatus sind sehr geräumig, sie grenzen nämlich medial an das axiale Darmrohr, reichen dorsal beinahe bis an das Rhynchocölom, ventral fast bis an die Seitengefüsse hinan, und stossen lateral fast an den Hautmuskelschlauch. 286 Anatomie und Histologie. Die Ausführgänge der Geschlechtssäcke, welche die Körperwand am Rücken durchbrechen, sind mit demselben Epithel wie die Säcke aus- gekleidet. Es ist hier zu bemerken, dass die Ausführgänge nur bei den Ovarien oder Hoden, welche völlig reife Geschlechtsproduete enthalten, ganz aus- gebildet sind, d. h. alle Schichten des Körpers durchdringen und nach aussen münden. Vor der Reife der Geschlechtsproduete durchdringen sie die Körperwand nur theilweis, etwa bis zur Ringmusculatur oder eventuell bis zur äusseren Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs oder der Cutis beziehungsweise der Grundschicht (Taf. XV, Fie. 5). (Geschlechtsporen sind demnach nur bei Thieren mit annähernd be- fruchtungsfähigen Geschlechtsprodueten zu erwarten. Ausführgänge oder deren Anlage fehlen den Geschlechtssäcken im Appendix. Dieselben sind durchaus steril. Bei ©. marginatus enthalten die weiblichen xeschlechtssäcke nur die Keime der Eier, nie aber die annähernd reifen Eier. Letztere sind in das Leibesparenchym gebettet und von einer besonderen faserig-zelligen Hülle umschlossen (Taf. XV, Fig. 5 und 18). Die Eier liegen der Wand des Geschlechtssackes, der sie er- zeugt hat, unmittelbar an. Ein Canal zwischen ihrer Kapsel, dem Follikel und dem Sack existirt nicht. Ganz ähnlich ist das Ovarium der Metanemertine Drepamophorus beschaffen. Die Eikeime finden sich an der Innenwand des Geschlechtssackes angeheftet. Sie ragen in den leeren Geschlechtssack hinein (Taf. XV, Fig. 5). Die annähernd reifen Eier aber sind in das Leibesparenchym in Höhlungen hineingedrängt, die hier aber als Ausstülpungen des Ovarial- sackes sich darstellen, denn eine jede steht mit ihm durch einen ziemlich weiten Gang in Verbindung. Ein Follikel fehlt hier dem Ei (Taf. XV, Fig. 16). Bei anderen Nemertinen, z. B. den Carinellen, Cephalotrix-Arten, den meisten Meta- und vielen Heteronemertinen erfüllen die Eier die Säcke vollständig. So sind die Geschlechtssäcke bei Carinella derart mit Eiern vollgepfropft, dass sich letztere gegenseitig stark abplatten (Taf. XV, Fig. 1 und 2). Bei den eben aufgeführten Formen bildet die Wand des Geschlechts- sackes eine hyaline Membran, welcher innen, eine epithelartige Aus- kleidung erzeugend, Zellen anliegen, die wir für kleine in ihrer Ent- wicklung zurückgebliebene Eier, besonders mit Rücksicht auf ihren unverhältnissmässig grossen, dem Keimbläschen der Eier sehr ähnlichen Kern erklären müssen. Solche Zellen kleiden auch den inneren Abschnitt des Ausführganges aus, während der äussere des fertigen Canals von modificirten Epithel- fadenzellen der Haut umgrenzt wird. Sie sind vor allem viel kürzer als die der Haut, tragen aber ebenfalls Wimperschöpfe. Die Geschlechtsporen sind immer sehr feine trichterförmige Epithel- Geschlechtsorgane. — Geschlechtsproducte. 287 einstülpungen, die sich am lebenden Thier meist durch ihre weissliche Färbung kennzeichnen. Die Geschlechtssäcke von Prosorhochmus, in welchen die Embryonen dieser lebendig gebärenden Form bis zur völligen Ausbildung des Waffenapparats heranwachsen, sind durch ein auffallend dickes Epithel ausgezeichnet. Solange sie noch Eier oder nur einen ganz jungen Embryo enthalten, bemerken wir vereinzelt zurückgebliebene Eichen in seiner Wandung, welche später verschwinden. Das Epithel verstärkt sich immerwährend bis zum Austritt des Embryo. Anfangs stellt es eine Schicht mit sehr dicht liegenden stark färbbaren kleinen länglichen Kernen vor, in der Zellegrenzen nicht bemerkt werden, dann wandelt es sich nach und nach in ein hohes Cylinderepithel um, in welchem Zell- grenzen deutlich wahrnehmbar sind (Taf. XV, Fig. 15). Der Ausführgang vollendet sich erst mit dem Austritt des Embryo. Er wird hauptsächlich durch Ausstülpung des Geschlechtssackes erzeugt, also von dessen Epithel umwallt. Sehr ähnlich sind die weiblichen Geschlechtssäcke von Geonemertes australiensis beschaffen (Taf. XV, Fig. 21). Die männlichen Geschlechtssäcke, die Hoden, verhalten sich im Wesentlichen wie die weiblichen der zuletzt besprochenen Nemertinen. In der Zeit der Reife sind sie strotzend voll von Sperma (Taf. XV, Fig. 3, 13, 17 und 21). Dasselbe ist niemals in besonderen Ausstülpungen des Sackes eingeschlossen. Die Wandung des Hodens bildet eine dünne Membran. Ein Epithel ist nur in seinem sich in dem Ausführgang ver- jJüngenden Abschnitt zu erkennen. Es wird wie im Carinella- Ovarium von kleinen eiartigen Zellen gebildet. Der Ausführgang verhält sich wie beim Ovarium. c. Die @eschlechtsproducte. Die Eier sind kuglige oder längliche (im Längsschnitt elliptische) Körper, welche ein grosses Keimbläschen enthalten, in das mehrere in- tensiv färbbare kuglige Körperchen eingeschlossen sind (Taf. XV, Fig. 18). Im Ovarium platten sich die Eier häufig zu unregelmässig polygonalen Gebilden ab (Taf. XV, Fig. 11). Mitunter besitzen sie eine sehr derbe Hülle, die sich wie eine Schale ausnimmt. Im Keimbläschen findet sich ausser den intensiv färbbaren Nucleolen, von denen meist zwei, ein grösserer und ein kleinerer, vorhanden sind, ein Netzwerk feiner Fäden, in welchem noch viele sehr kleine Kügelchen aufgehängt sind (Taf. XV, Fig. 10). Die Samenkörperchen zerfallen in einen verdickten, meist spindel- förmigen Kopf und langen, haarartig feinen Schwanzabschnitt. Der letztere ist drei- bis siebenmal länger als der Kopf. Dieser imbibirt stark Farb- stoffe (Taf. XV, Fig. 6 und 12). Die Spermatozoen lagern im Hoden derart, dass sie auf gewisse 5 Anatomie und Histologie. Punkte orientirt sind und von diesen ausstrahlen. Dadurch kommen strahlige Figuren zu Stande, welche schon seit langem das Augenmerk auf sich gezogen haben (Taf. XV, Fig. 20). d. Entstehung der Geschlechtproducte. Die weiblichen Geschlechtsproducte werden auf zweierlei Weise gebildet. Die eine wird sehr instructiv durch Carinella, die andere durch Drepanophorus vorgeführt. Auch bei den längst erwachsenen Carinellen suchen wir vergebens nach Geschlechtssäcken, wenn keine Geschlechtsproducte oder ältere Entwicklungsstadien derselben vorhanden sind. Es entwickeln sich nämlich hier die Geschlechtssäcke erst mit den Geschlechtsproducten, sie sind aber niemals vor ihnen da. Die Geschleehtsproducte entsteben bei Carinella in dem völlig soliden Körperparenchym, also aus Zellen desselben. Sie erscheinen am Grunde der sehr schwach entwickelten radialen Muskelzüge, welche die Längs- muskelschicht des Hautmuskelschlauchs durchsetzen. Ihre Keime sind Häufchen von Kernen, welche sich von denen des Parenchyms anfänglich nur dadurch unterscheiden, dass sie ein Hof von feinkörnigem Plasma umgiebt und so aus dem Parenchym heraushebt. Sie sind bis auf einen körnigen Rand und ein kleines, mehr central ge- legenes Kernkörperchen nicht stark tingirbar. Ohne Zweifel sind diese Kerne in Umwandlung begriffene Kerne des Parenchyms (Fig. XXXV). In der Folge drängen sich die Kerne dieser Häufchen, deren Hof sich immer schärfer gegen das Parenchym absetzt, mehr zusammen, und die Kerne und besonders die Kernkörperchen werden immer grösser. Alsbald sehen wir, wie sich um den Kernhaufen eine feine Membran ge- bildet hat. Der Plasmahof der Kerne ist dichter und peripher scharf conturirt geworden. Ein Theil der Zellen, wie wir ja die Kerne mit den Plasmahöfen bezeichnen dürfen, legt sich nun dicht der Wand der Membran (innen) an, plattet sich etwas ab und schreitet im Wachsthum des Leibes und Kernes nicht mehr stark voran. Diese Zellen finden sich besonders in dem nach aussen gekehrten Abschnitt des Zellensackes. Ein anderer, in der Tiefe des Zellsacks gelegener Theil nimmt ferner noch so mächtig an Umfang des Leibes und besonders des Kernes zu, dass wir alsbald in ihm gar nichts Anderes mehr als junge Eier sehen können. Sie bleiben mit der Wand des Sackes in Verbindung. Der Zellsack dehnt sich in der Folge nicht allein nach dem Darm zu, sondern auch zum Hautmuskelschlauch hin aus und dringt hier in den radialen Muskelzug ein. In diesem findet er wohl den geringsten Widerstand. Dabei verjüngt er sich nach dem Hautmuskelschlauch zu bedeutend und durchsetzt dessen äussere Längsmuskelschicht als ein feiner Canal, der an der äusseren Ringmuskelschieht blind endigt (Fig. XXXVI). Dieser Canal, in welchen sich als Epithel Zellen aus dem Sacke vorschieben, Erklärung von Tafel X. Rüssel. Fig. 1. > Amphiporus marmoratus Hubr. Rüssel mit vorgestülptem Angriffsstilet. **/,. Nemertopsis peronea ((Juatref.). Mittlerer Rüsselabschnitt in der Ruhe. *%/,. 2A. Reservestilettasche von dort. °°/.. & "> Or =] le Es . Drepanophorus spectabilis (Quatref.). Rüssel mit vorgestülptem Angriffsstilet. **/,. (Quatref.). Mittlerer Rüsselabschnitt in der Ruhe. °*/.. ” „ . Micerura purpurea (Dalyell). Nesselkapseln aus dem Rüssel; A in der Ruhe, B mit ausgestülptem Nesselfaden. ca. °°/.. . Micrura dellechiajei (Hubr.). Stück der vorderen Rüsselhälfte mit nach aussen gekehrtem Innenepithel. "807,. . Cerebratulus fuscus (Mc Int.). Inneres Epithel aus der vorderen Kküsselhälfte. ea. Ir: . Tetrastemma cephalophorum Bürg. Papillen aus dem vorderen Rüsseleylinder. **%/.. . Drepanophorus spectalilis (Quatref.). Papillen aus dem vorderen Rüsseleylinder. *%/,. . Drepanophorus crassus ((Juatref.). Stiletapparat. °%.. Micrura fasciolata Ehrenbg. Inneres Epithel der vorderen Rüsselhälfte. **%/,. bedeuten: ast Angriffsstilet, das Basis des Angriffsstilets, d2 Ballon (= zwiebelförmige Blase), e Verbindungscanal zwischen Ballon und hinterem Rüsseleylinder, dej Ductus ejaculatorius, irz hinterer Rüsseleylinder, Arzöf. = dej bei Drepanophorus, nesfd Nessel- faden, nesk Nesselkapsel, nes Nesselwulst, pa Papille, rdrz Drüsenzelle, rıbd Rhabditen- zelle, rst Reservestilet, rst£ Reservestilettasche, rsttöf Oeffnung der Reservestilettasche, rsto Bildungsvacuole eines Reservestilets, stdr Drüsen, welche die Basis des Angriffsstilets bilden, vrz vorderer Rüsseleylinder. Alle Figuren nach Bürger (No. 256). Bürger;Nemertini. Tafel 12. Erklärung von Tafel XI. Rhynchocölom; Blut- und Excretionsgefässsystem. Iv. 1. Spplt. 1. Drepanophorus crassus (Quatref.). Ein Excretionsgefäss; halb schematisch. ca. °%|.. 2. Drepanophorus spectabilis (Quatref.). Ein Stück des vom Excretionsgefäss um- gitterten Seitengefässes. ca. *%/,. 3. Drepanophorus crassus (Quatref.). Ein Zweig des Excretionsgefässes. ca. #/,. 4. Eunemertes gracilis (Johnst.). Abschnitt eines Excretionsgefässes. ca. 3°). 5. Drepanophorus crassus (Quatref.). Anatomie der mittleren Körpergegend. /,. 6. Amphiporus pulcher (Johnst.). Anatomie. ca. '?/,. 7 u. 7a. Amphiporus reticulatus (Bürg.). Rhynchocölomkörper. 7 ca. 19/,; 7a 35%]. 8. Drepanophorus latus (Bürg.). Rhynchocölom im Querschnitt. 1/,. 9. Cerebratulus marginatus (Renier). Querschnitt durch die Rhynchocölomwand in der Gegend der Rhynchocölomgefässe. *°°/,. 10. Drepanophorus crassus (Quatref.). Rhynchocölomkörper. 3%%/,. ll. Amphiporus pulcher (Johnst.). Rhynchocölomkörper in der Kantenstellung. °°/.. 12. Amphiporus marmoratus (Hubr.). Querschnitt aus der Nephridialregion. '°/,. 13 u. 13a. Euborlasia elisabethae (Mc Int.). Blutkörperchen. 13 frisch; 13a nach Zusatz verdünnter Essigsäure. °5°/,. 14 u.14a. Amphiporus lactifloreus (Johnst.). Blutkörperchen. 14a in Kantenstellung. °°%/,. 15. Amphiporus pulcher (Johnst.). Blutkörperchen. ®°/.. 16. Drepanophorus erassus (Quatref.). Blutkörperchen; abgetödtet und gefärbt. *°%/.. 17. Carinella polymorpha (Renier). Querschnitt durch das Excretions- und Seiten- gefäss. 18%. 18. Cerebratulus marginatus (Renier). Querschnitt durch das Seitengefäss. ca. °°'/.. 19. w. v. Hälfte eines Querschnitts durch das Rhynchocölom nebst anhängendem Blut- gefäss. 1?%/.. Es bedeuten: «a After, au Auge, aqfe Analcommissur der Blutgefässe, ast Angriffsstilet, atrc Centrum der Attractionssphäre, bas Basis des Angriffsstilets, d2 Ballon (= zwiebel- förmige Blase), bldt Taschen des Blinddarms, dlgep Blutgefässepithel, dlgrm Ringmuskel- schicht des Blutgefässes, dz Becherzelle, corg Cerebralorgan, de dorsale Gehirncommissur, dej Ductus ejaculatorius, dg dorsales Ganglion, dm Diagonalmuskelschicht, epre Rhyncho- cölomepithel, exqf Excretionsgefäss, alt Falte, forg Frontalorgan, qf/c Gefässeommissuren aus der Mitteldarmgegend, gs Ovarium, gsch Grundschicht, gschre Grundschicht des Rhynchocöloms, Arz hinterer Rüsseleylinder, % Kern, %‘ geschwänzter Kern, %:s Kopf- schlinge der Blutgefässe, /mf Längsmuskelfasern, Zmre Rhynchocölomlängsmuskelschicht, md Magendarm, mtdt Tasche des Mitteldarms, rn Nerv, » Parenchym, pz Parenchymzelle, psd Pseudopodien, r Rüssel, rc Rhynchocölom, red Rhynchodäum, reqf Rhynchocölom- gefäss, resqgf Rhynchocölomseitengefäss, vet Rhynchocölomtasche, rqf Rückengefäss, rmf Ringmuskelfasern, rm Ringmuskelschicht, mre Ringmuskelschicht des Rhyncho- cöloms, rstt Reservestilettasche, sqf Seitengefäss, s/rdl Sekretbläschen, sst Seitenstamm, stdr Drüsen der Stiletbasis, ve ventrale Gehirncommissur, vg ventrales Ganglion, vqfe ventrale Gefässcommissur — Knoten der Gefässschlinge, vrz vorderer Rüsseleylinder, «of Wimper- flamme, 20%0lb Wimperkölbchen. Alle Figuren nach Bürger (No. 217, 222 und 256). Bürger, Nemerfini. Tafel 135. 4 0) I. Ze } f 4 TTINIRTRMMANERTIRUENARRLNRTREIINTNTTTICITET inf lan Men RIM f N EITRRRRLRRRAR IINTUNEINNURFPORTRERAINSIRRRTKE TEN ELITE SETEIERTUEKEHTTNT INTTTITmTIIEN n | IL N INKL Lin. Giesecke & Devrient . PU I ‘ ur J Er, Erklärung von Tafel XIV. Blut- und Excretionsgefässsystem. Fig. 1. Carinina grata (Hubr.). Abschnitt des Seitengefässes mit Nephridium. Schematisch. 2. Carinoma armandi (Me Int... w. v. 3. w. v. Querschnitt durch Seitengefäss und Nephridium. ca. 1%°/,. 4 u. 4a. Hubrechtia desiderata (Kennel). Blutgefässsystem; vorderer und mittlerer Abschnitt nebst linkem Nephridium. Schematisch. 5. Tetrastemma (Stichostemma) graecense (Böhmig). Rechtes Nephridium bei einem jungen Thiere. 6 u. 6a. Carinoma armandi (Me Int). Blutgefässsystem nebst einem Nephridium. 6 vorderer, 6a hinterer Abschnitt. Schematisch. 7. Cephalothrix. Biutgefässsystem. Schematisch. Su.8a. Valencinia longirostris (Quatref.). Blutgefässsystem und Nephridien. Vorderer, mittlerer und hinterer Abschnitt. Schematisch. 9. Carinina grata (Hubr.). Blutgefässsystem. Vorderer Abschnitt. Schematisch. 10. Malacobdella grossa (Müll.). Blut- und Excretionsgefässsystem. Schematisch. llu.1la. Amphiporus lactifloreus (Johnst.). Blut- und Excretionsgefässsystem. Vorderer und hinterer Abschnitt. Schematisch. 12—12e. Cerebratulus lacteus (Verrill. Blutgefässsystem im Vorder-, Mittel- und Hinterkörper nebst den Nephridien. Fig. 12c Ein Nephridium. Es bedeuten: corg Cerebralorgan, ewd Ausführgang des Excretionsgefässes, ewqf Excretions- gefäss, exp Porus des Excretionsgefässes, ext Blindsäcke des Excretionsgefässes, kqf Kopf- gefäss, ksl Kopfschlinge, m Mund, mtd Mitteldarm, mtdt Mitteldarmtasche, rqf Rücken- gefäss, rcqf Rhynchocölomgefäss, resqgf Rhynchocölomseitengefäss, s Schwänzchen, sqf Seitengefäss, sgq/e Commissur zwischen Seitengefässen und Rückengefäss, s/qf Schlund- gefäss, vqfe ventrale Gefässcommissur, Fig. 8, 8a, 10, 11 und 11a nach Oudemans (No. 194); Fig. 12—12e nach Coe (No. 253); ig. 5 nach Böhmig (op. eit. pag. 247); die übrigen nach Bürger (No. 256). Tafel 14. Bürger, Nemerlini. u f 5 m eren u u a er 7 a GT 2 - ERS EHER Ne x BER er EEE FDEOZERETER “ F a ER ET En ” A - EEE Tun UND ESTER ee I VL- u De N ” = ge | ea - Erklärung von Tafel XV. Geschlechtsorgane. 1. Carinella polymorpha (Renier). Querschnitt aus der Gegend der Geschlechtsorgane. (Hinter dem Rhynchocölom.) ca. ®/.. 2. C. linearis (Me Int.). w. v. 3. Carinoma patagonica (Bürg.). Querschnitt aus der Nephridialregion; mit Hoden. */,. 4. Prosadenoporus janthinus (Bürg.). Querschnitt aus der vorderen Mitteldarm- gerend. 7. 5. Cerebratulus marginatus (Bürg.). Querschnitt aus der Mitteldarmgegend. ?/,. 6. ©. lacteus (Verrill). Reife Spermatozoen. 7. w. v. Schnitt durch die Wand eines Ovariums mit heranwachsenden Eiern. 8. Drepanophorus cerassus (Quatref.). Querschnitt aus der Mitteldarmgegend. 1%/.. 9. Tetrastemma (Stichostemma) eilhardi (Mntgry.). Querschnitt durch ein Individuum mit Ovarien und Hoden. (Etwas schematisch.) 10. Drepanophorus erassus (Quatref) Ei im Schnitt ca. '%/.. 11. Carinella polymorpha (Renier). Ei im Schnitt. ca. ?%/.. 12. Tetrastemma melanocephalum (Johnst.). Reifes Spermatozoon. "°%),. 13. Nemertopsis peronea ((uatref.). Querschnitt aus der Mitteldarmgegend. °°/,. 14. Tetrastemma (Stichostemma) eilhardi (Mntgry.). Schnitt durch einen unreifen Ovotestis. 15. Prosorhocehmus korotneffi (Bürg.). Geschlechtssack nebst angrenzender Körper- wand im Querschnitt. 120). 16. Drepanophorus albolineatus (Bürg.). Querschnitt durch ein Ovarium (Mitteldarm- gegend). ca. ?°/.. 7% n al acobdel la grossa (Müll.). Querschnitt aus der mittleren Gegend des Vorder- darmsı 2: 18. Cerebratulus marginatus (Renier). Stück eines horizontalen Längsschnittes aus der Mitteldarmgegend. */.. 19. w. v. Geschlechtssack mit Eikeimen. 20. Geonemertes australiensis (Dendy). Stück eines Querschnittes durch ein annähernd geschlechtsreifes Weibchen. 21. w. v. durch ein geschlechtsreifes Männchen. 22, Carinella polymorpha (Renier). Ein Rhynchocölomgefäss im Querschnitt. 23. Prosorhochmus claparedi (Keferst.). Theil des hinteren Körperstücks eines neu- geborenen Thieres. ®/.. 24. Tetrastemma (Stichostemma) graecense (Böhmig). Querschnitt durch den Seiten- stamm nebst Keimlager. 25a und 25b. w. v. Abschnitte der Blutgefässe im Zustande der Diastole und Systole. (Nach dem lebenden Thier). 26. Geonemertes chalicophora (Graff). Enden der Excretionsgefässe. Es bedeuten: alm äussere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs, 52% Blutkörper, Öllk Blutkörperbildungszelle, eu Cutis, dott Dotter, dom dorsoventrale Musculatur, ei Ei, eik Eikeim, end Epithel der Blutgefässe, ep Hautepithel, exy Ausführgang des Excretions- gefässes, exgf Excretionsgefäss, ewp Porus des Exeretionsgefässes, fo Eifollikel, g/e Com- missur zwischen Rücken und Seitengefässen, gonmb Membran einer Gonade, gp Geschlechts- porus, gs Geschlechtssack, gsch Grundschicht, gsg Ausführgang des Geschlechtssackes, gsep Epithel des Geschlechtssackes, } Eihaut, hod Hoden, hodl entleerter Hodensack, % Kern; in Fig. 14 indifferente Kerne des Plasma-Synceytiums, %bl Keimbläschen (Eikern), %f Keim- fleck, Alz Klappenzelle, kml Keimlager, «im innere Längsmuskelschicht des Hautmuskel- schlauchs, Zm Längsmuskelschicht, mid Mitteldarm, midt Tasche des Mitteldarms, ov Ovarium, ovg Ovogonie, p Parenchym, r Rüssel, re Rhynchocölom, rcep Epithel des Rhynchocöloms, rekb Rhynchocölomkörperbildungszelle, rcelm Längsmuskelschicht des Rhynchocöloms, rerm Ringmuskelschicht des Rhynchocöloms, rgqf Rückengefäss, rn Rücken- nerv, sdrz subepitheliale Drüsenzellen, sqf Seitengefäss, sp Sperma, spl Kerne in verschie- denen Stadien der Spermatogenese, sst Seitenstamm, stap Stiletapparat, vd Vorderdarm, vdrm NV orderdarmringmusculatur, eddrz Drüsenzellmantel desVorderdarms, #1 Wimperflamme. Fig. 6 und 7 nach Coe (No. 253); Fig. 12 nach Lee (No. 203); Fig. 9 und 14 nach Montgomery (No. 250); Fig. 20 und 21 nach Dendy (No. 230); Fig. 24—26 nach Böhmig (op. eit. pag. 247); die übrigen nach Bürger (No. 217, 256 und 257). Tafel 15. FRE: EN BP Im ze gsch en h, Dinmohe &.Derriert Geschlechtsorgane. — Entstehung der Geschlechtsproducte. 289 ist die Anlage des Ausführganges, der, sobald die Eier ziemlich reif sind, bis zum Hautepithel vordringt und dank einer ihm entgegenkommenden Hautepitheleinstülpung den Geschlechtssack später mit der Aussenwelt communiciren lässt. Die Eier gewinnen ihre definitive Form und Grösse, indem nunmehr das Zellplasma stärker an Masse zunimmt, während sich Kern und Kern- körperchen, d. h. Keimbläschen und Keimfleck, nicht mehr wesentlich vergrössern. Da sich die Eier gegenseitig im Wachsthum bedrängen, platten sie sich ab. Jedes Ei umgiebt sich mit einer hyalinen Hülle, welcher innen ein Mantel grosser, besonders intensiv färbbarer Körner anliegt (Taf. XV, Fig. 11). Die geschilderte Bildungsweise der weiblichen Geschlechtsproducte vollzieht sich ebenso z. B. bei Malacobdella, was früher von Kennel anschaulich geschildert hat, und wovon ich mich auch selbst überzeugt habe. Bei Malacobdella tritt bald ein Lumen im jungen Ovarium auf, dessen Epithel zurückgebliebene Eichen bilden, und in das die heran- wachsenden als langgestielte Birnen hineinragen. Bei der zweiten, also z. B. bei Drepanophorus, ausgebildeten Ent- wicklungsweise sind die Geschlechtssäcke das Primäre, und die Geschlechts- producte — jedenfalls die Eier — werden erst durch den bis auf den Ausführgang fertigen und völlig leeren Geschlechtssack und zwar durch seine Wandung — sein Epithel — erzeugt (Taf. XV, Fig. 8). Den ersten Anstoss zur Eientwicklung erblicken wir im Wachsthum eines der Kerne der epithelialen Auskleidung, welche in hohem Grade denen des Parenchymgewebes ähneln; sie kennzeichnet nämlich immer ein äusserst intensiv tingirter Rand — es ist an diesen die chromatische Substanz gedrängt — ein matt tingirter Binnenraum und ein deutliches central gelegenes, ziemlich grosses Kernkörperchen. Nachdem ein solcher Kern sich allmählich etwa um das Sechsfache vergrössert hat, finden wir ihn von einem zarten feinkörnigen Plasma umgeben, welches ihn kuppelartig überwölbt, so dass an der betreffenden Stelle ein kleiner Hügel in das Lumen des Geschlechtsraumes hinein vorspringt (Fig. XXXVIL, XXXVII und XXXIX). Auch das Kernkörperchen des sich zum Eikern umbildenden Zell- kernes der epithelialen Bekleidung des Geschlechtssackes ist gewachsen. Den wenig tingirbaren Binnenraum des Kernes durchflicht ein zartes Netzwerk feiner Fäserchen; peripher sind gröbere, dunklere Körnchen angeordnet. Neben diesem Kern, mit in den Plasmahöcker einge- schlossen, liegt ein zweites, kernartiges Körperchen mit scharf conturirtem Rande, welches noch eine höhere Tinetionsfähigkeit als jener besitzt, in dem ich aber nichts ausser einer homogenen Masse wahrgenommen habe, und das bisher weder in seiner Gestalt noch Structur irgend welche Ver- änderungen erfahren hat. In der Folge nimmt der junge Eikern :sammt seinem Kernkörperchen, d. h. Keimbläschen und Keimfleck, fortgesetzt an Umfang zu, und es gehen in unmittelbarer Umgebung des Keim- Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 19 290 Anatomie und Histologie. XXXV. Sr, XXXVI. XIXVM. i XXXIK En z INER E DE Ri 37 | FiIK DK x 2 Pr: Se _. DBI Zur Eientwicklung von Carinella und Drepanophorus. XXXV und XXXVI Entwicklung der Eier und eines Ovariums von Carinella poly- morpha. XXXVII—XLI Entwicklung der Eier im Epithel eines Ovariums von Drepanophorus erassus. XLII Ebenso von Drepanophorus cerinus. a, b, e Anlagen verschiedenen Alters in der Reihenfolge der Buchstaben, DB1 Dotter- ballen, Deutpl Deutoplasma, DA Dotterkörperchen, Eik Eikern, KBl Keimbläschen, Kl Keimfleck. Geschlechtsorgane. — Entstehung der Geschlechtsproducte. 29] bläschens innerhalb des Plasmahügels merkwürdige Veränderungen vor sich. Es sammeln sich nämlich, dem Keimbläschen anliegend, in jenem kuglige oder längliche, tropfenähnliche Gebilde an, erst spärlich ein einziges, zwei und mehrere, später aber mit dem immer noch fort- schreitenden Wachsthum des Keimbläschens sich zahlreich vermehrend, in grösster Menge (Fig. XXXVII, XXXIX und XLJ). Sie sind durch- aus homogen, von mattem Glanze und äusserst tinetionsfähig. Mit Carmin färben sie sich dunkelroth. Nur beim ersten Auftreten scheinen sie etwas weniger leicht Farbstoffe aufzunehmen, wenigstens bemerkte ich öfters, dass dort, wo nur erst ein Ballen vorhanden war, derselbe sich schwächer gefärbt hatte. Diese Gebilde hat auch Hubrecht bereits an entwickelten Eiern von Amphiporus martoni (Hubrecht) bemerkt und sagt nach ihrer Be- schreibung (No. 204): „but for this offers a certain analogy to the oil-drop in fish eggs“. Derselbe Autor theilt ferner mit, dass dieselben an ent- wickelten Eiern nicht mehr zu bemerken sind. — Sie verschwinden jedoch erst sehr spät, und durch ihr absolutes Fehlen ist das letzte Stadium der Eientwicklung gekennzeichnet. Mit dem Auftreten der scholligen, dunkel tingirbaren Massen ver- misste ich das dem Eikern vergesellschaftete Körperchen. Daraus dürfte vielleicht gefolgert werden, dass von diesem die Bildung jener ausging. Während das Keimbläschen schon fast die Grösse gewonnen hat, welche es im reifen Ei besitzt, ist das Deutoplasma in der Ausbildung völlig zurückgeblieben, denn das Keimbläschen wird lediglich von den tief tingirten Ballen, welche nicht allein zahlreicher, sondern auch um- fangreicher geworden sind, umgeben. Erst nach der Entwicklung des Keimbläschens geht die des Deutoplasmas vor sich, und zwar nun auf Kosten der glänzenden Dotterballen, welche aufgebraucht werden und so im reifen Ei verschwinden. Stadien, welche diesen Process vorführten, fand ich bei Drepanophorus cerinus, wo die Dotterballen gleichsam ab- bröckelten, körnig wurden und so vom Keimbläschen nach der Peripherie vorschreitend mehr und mehr sich in das fein granulirte weniger färbbare Deutoplasma umwandelten (Fig. XLID). Das fertige Ei pflegt in Aussackungen des Geschlechtssackes, welche auch fortgesetzt mit ihm in offener Verbindung bleiben, aufgenommen zu werden (Taf. XV, Fig. 16). Im Wesentlichen ähnlich vollzieht sich die Eientwicklung bei Cere- bratulus marginatus. Sie geht auch hier von den ziemlich fertigen Ge- schlechtssäcken, und zwar von ihrem Epithel aus (Taf. XV, Fig. 18, eik und Fig. 7). Die Kerne dieses Epithels liegen, wie wir es ausgeprägter noch bei Drepanophorus constatiren, häufig paarig. Von den Kernen vergrössert sich einer, indem er mitsammt seinem Kernkörperchen mächtig wächst und das ihm aufliegende Zellplasma emporhebt, so dass ein Zäpfchen in den Raum des (Geschlechtssackes hineinragt, das sich nun fortgesetzt eigentlich nur durch Kernwachsthum, wenig durch Zunahme von Zell- 19 292 Anatomie und Histologie. plasma vergrössert. Um den Kern bilden sich auch hier, wenn auch in geringerer Fülle wie bei Drepanophorus, kuglige oder ovale glänzende, stark färbbare Gebilde, welche wir weder am noch im entwickelten Ei wieder treffen. Wohl schon um das Zäpfchen herum bemerkt man öfters zarte, kleine längliche Kerne führende Fasern geschlungen, die uns auf ein viel späteres Stadium der Keimzellen, die sich wiederum in unserem Falle zu Eiern entwickeln, vorbereiten. In jenem Stadium nämlich sind die Eier von einer dieken, sie auch gegen das Sackinnere vollständig abschliessenden Hülle umkleidet, einem lockeren Maschengewebe, das dem Ei unmittelbar anliegt, und welchem es an einer Seite fest aufsitzt, wovon man sich gut überzeugt, wenn man ein Ei gewaltsam lostrennt und dasselbe dann mit einem Theil an der Hülle haften geblieben findet. In diese Hülle, ein Follikelgewebe, das aus einem Flechtwerk feinster Bindegewehsfasern besteht, sind massenhaft Kerne von ähnlichem Aus- sehen und derselben Grösse wie die des Parenchyms eingebettet, aber auch wahre Riesen im Vergleich zu jenen, Kerne mit einem Durchmesser von 16 u. Die Eier werden nun in der Folge aus dem Lumen des Sackes hinaus- gedrängt und liegen alsdann in ihrem Follikel eingeschlossen im Parenchym der Septen meist nahe an der Wand der Darmtaschen, ventral oder dorsal, je nachdem wo sie zur heife kommen, in das Leibesparenchym getrieben unter dem axialen "Theil des Darmes, neben dem Rhynchocölom oder selbst zwischen Rhynchocölom und Darm, das Rückengefäss beengend. Natürlich stösst eine Fläche des Follikels unmittelbar an die Wand des (eschlechtssackes, und es ist höchst wahrscheinlich, dass diese an einer Stelle, derjenigen, an welcher sich das Ei aus dem Hohlraum in das Parenchym zurückzog, nicht vollständig ist und hier die Zellauskleidung, das Epithel des Geschlechtssackes fehlt; sonst aber setzt sich die Wand mit Membran, Epithel und den ihr anliegenden Muskeln über den Follikel fort (Taf.. XV, Fig. 5 und 18). Die Fasern, welche frühzeitig das junge Eichen umschlingend be- merkt wurden (Taf. XV, Fig. 7), scheinen mir der Anfang einer Follikel- bildung zu sein und von der Hülle der Geschlechtssäcke sich abzuspalten. Später wird sich an der Follikelbildung wohl noch das Parenchym be- theiligen. Der Zweck der Umlagerung der Eier scheint mir darin zu bestehen, dass die jungen Eier einen guten Nährboden aufsuchen. Diesen finden sie im Parenehym der Septen, weil dieselben die Gefässcommissuren führen, denen in der That die Eier mit ihrem Follikel sehr nahe ge- rückt sind. : Die männlichen Geschlechtsproduete, zu deren Entwicklung ich selbst nur Beobachtungen an Carinella, Malacobdella und Prosadeno- porus gesammelt habe, scheinen — das lehren auch verschiedene frühere Untersuchungen, von denen besonders die von Lee 1837 (No. 203) her- vorzuheben »sind — ganz allgemein in der für die Eier von Carinella Geschlechtsorgane. — Entstehung der Geschlechtsproducte. ' 293 typischen Weise zu entstehen. Ihre Keime entwickeln sich also nicht in präformirten Geschlechtssäcken, sondern sie geben erst den Anlass zur Bildung derselben. Im Leibesparenchym und, wo solche vorhanden sind, zwischen den Darmtaschen, treten einige kuglige Zellen mit relativ grossen Kernen auf, welche sich rasch zu einem Haufen vermehren, der darauf eine membranöse Hülle bekommt. Es ist der junge Hoden. In dem bisher soliden Haufen erscheint in der Folge ein centraler Hohlraum, welchen Fig. XLIN. Spermatogenese bei Tetrastemma melanocephalum. Nach Lee (No. 203). . 1. Spermatogonien; 2. Spermatocyten in Theilung- begriffen; 3a. sehr junge Spermatiden, 3b. Spermatiden am Anfang der Metamorphose, 3c. Spermatiden in weiterer Entwicklung, 3d. Spermatide am Ende der Metamorphose; 4a. Spermatozoide mit grossem Nebenkern, 4b und 4c. Spermatozoide, deren Nebenkern sich zurückbildet, 4d. fertiges Spermatozoon. Es bedeutet: nk Nebenkern. die Zellen wie ein Epithel begrenzen. Die Vermehrung der Zellen des nunmehr als Epithel imponirenden Zellhaufens schreitet noch intensiv fort. Ein Theil derselben wird dabei aus dem epithelialen Zellverbande heraus in den Hohlraum hineingedrängt. Es sind das die Samenmutter- zellen, welche nach mehreren Theilungen die Spermatozoen liefern. Der. Hoden dehnt sich nun mehr und mehr aus und gewinnt in ebensolcher Weise wie das Ovarium einen Ausgang. Auch Lee (Fig XLIII) fand den Ursprung der männlichen Geschlechts- producte in etlichen grösseren, kugligen oder ovalen Zellen, die durch ihre ziemlich grossen Kerne auffallen und zwischen den Darmtaschen lagern. Aus denselben geht ein Zellhaufen hervor, dessen Zellen noch immer durch 294 Anatomie und Histologie. besonders grosse Kerne charakterisirt sind. Derselbe bekommt eine membranartige Hülle. Dieses Entwicklungsstadium ist noch ein indifferentes. Die Spermatozoen entstehen durch fortgesetzte Theilung der grosskernigen Zellen. Im jungen Hoden unterschied Lee folgende Elemente: 1) Sper- matogonien (Stammsamenzellen), das sind meist polygonale Zellen mit verhältnissmässig sehr grossen Kernen. Nach directer Kerntheilung zerfallen diese Zellen in zwei oder seltener in mehrere. 2) Spermato- ceyten (Samenvermehrungszellen); sie sind kleiner als die vorhergehenden und vermehren sich ebenfalls nach directer Kerntheilung. 3) Sperma- tiden (Samenausbildungszellen), welche noch kleiner als die Spermato- eyten sind. 4) Spermatozoiden (Samenkörper). Die Spermatiden gehen aus den Spermatocyten durch Theilung hervor, wie diese aus den Spermatogonien. Wahrscheinlich bilden sich die Spermatiden nicht direct in Spermatozoiden um, sondern erst ihre aus ihrer Theilung hervorgegangenen Abkömmlinge. Die Spermatiden (oder ihre nächsten Abkömmlinge) verwandeln sich in Spermatozoiden, indem sich die chromatische Substanz des Kernes von der übrigen sondert und der Leib der Spermatide (oder deren Abkömmling) zu einer langen Geissel auszieht. In einem durch die CGoncentration der chromatischen Substanz geschaffenen hohlen Raum der Spermatide (oder deren Ab- kömmling) erscheint frühzeitig ein Körperchen, welches Kernfärbemitteln widersteht.. Es ist der Nebenkern. Dieser verbleibt bis zur völligen Ausbildung des Spermatozoons an seinem Kopfe, wird aber schliesslich resorbirt (Fig. XLIII 4a — Ad). Bei den von mir untersuchten Hermaphroditen (Prosadenoporus) entstehen die Geschlechtsproducte in der für Carinella typischen Ent- wicklungsweise. Der Hermaphroditismus ist ein homochroner, denn ich habe im selben Individuum zu gleicher Zeit bis auf die Reifungserschei- nungen fertige Eier und völlig entwickelte Spermatozoen angetroffen (Taf. XV, Fig. 4). Auch bei der zwittrigen Tetrastemma (Stichostemma) graecense entwickeln sich nach Böhmig beiderlei Geschlechtsproducte gleichzeitig. Jede Gonade enthält Eizellen und Spermatozoen. Die Gonaden nehmen hier ihren Ursprung von einem Zell- streifen, der den Seitenstämmen aufliegt und vom äusseren Neurilemma umhüllt wird (Taf. XV, Fig. 24). Ausserdem betheiligen sich in beschränktem Maasse auch ausserhalb dieses Zellstreifens liegende Zellen an ihrer Bildung. Die Bildung einer G@onade erfolgt, indem sich über das Niveau des Keimlagers Zellanhäufungen erheben, die sich zwischen die Darmtaschen einschieben, aber vorerst mit dem Keimlager in Ver- bindung bleiben. Ein Theil der Zellen dieser Haufen differenzirt sich frühzeitig. Man erkennt in ihnen Ovogonien, Spermatogonien und Dotter- zellen hauptsächlich am Verhalten ihrer Kerne und ihres Plasmas zu Farbstoffen. Den letzteren ähnliche Zellen wandeln sich in das Gonaden- Geschlechtsorgane. — Entstehung der Geschlechtsproducte. 295 ir epithel um. Während die Ovogonien sich vergrössern, zerfällt ihr Kern- körper stets in eine grosse Anzahl kugliger Körper, welche sich mit Safranin und Fuchsin roth färben. Sie bilden ursprünglich einen oder zwei dorsal gelegene Haufen, dann lösen sich dieselben auf und die Körperchen wandern nach der Peripherie des Kernes. Auf dem Wege dahin weicht der rothe Farbton in Safranin - Hämatoxylinpräparaten einem blauen mit einem Stich ins Violette. An der Bildung einer Gonade betheiligen sich stets mehrere Ovo- eonien, von denen jedoch nur eine, später zwei zur vollständigen Ent- wicklung gelangen. Es pflegt diejenige Ovogonie das Ei zu liefern, welche sich am langsamsten entwickelt und bei der die Dotterbildung erst nach Erlangung einer erheblichen Grösse beginnt. Die übrigen Ovogonien liefern Dotter, nachdem ihr Zellleib sich aufgelöst hat und später auch ihr Kern zerfallen ist. Uebrigens sind in den Dotterzellen besondere Dotterbildner vorhanden. Dieselben gruppiren sich um die Ovogonie herum, ihr Leib und Kern vergrössert sich und es treten in ihrem Plasma Dotterkörner auf. Alsbald fällt ihr Kern einer regressiven Metamorphose anheim. Die Dotterzellen verschmelzen allmählich an allen Punkten, wo sie die Ovogonie berühren, mit dieser. Das zur Ab- lage reife Ei besitzt drei Hüllen. — Es gelang dem Verfasser nicht, auch die Spermatogenese in zufriedenstellender Weise zu ergründen. Indifferente Zellen der Gonade erzeugen den zur Körperwand hin- strebenden Ausführgang, dem eine Einsenkung des Hautepithels ent- gegenkommt. Ueber die Entwicklung der (Geschlechtsproduete bei dem protan- drisch-hermaphroditischen Tetrastemma (Stichostemma) eilhardı er- fahren wir von Montgomery 1894, 95 (No. 245 und 250) Folgendes: Bei T. eilhardi wandeln sich kleine unreife Männchen in reife Herma- phroditen und diese in Weibehen um. Das Keimlager für den Hoden stellen beim unreifen Männchen Zellsyneytien vor, welche mit den Darmtaschen alterniren. Sie sind anfangs solide und enthalten einen sehr grossen, mehr oder minder amöboid verzogenen Kern und mehrere kleine. In der Folge tritt in dem Zellsyneytium ein mit einer Flüssigkeit erfüllter Hohlraum auf, und es sind mehrere grosse Kerne erschienen. Darauf erscheinen in der Flüssig- keit Spermatozoen, die wahrscheinlich von dem grossen Kerne abstammen. Von nun ab beginnt die Umwandlung der Hoden in Ovotestes, indem in einigen junge Eizellen erscheinen; ihre Kerne sind den grossen der Zellsyneytien der unreifen Männchen sehr ähnlich. Jetzt schliesst also derselbe Geschlechtssack gleichzeitig reife Spermatozoen und Eikeime ein (Taf. XV, Fig. 14). In jedem Geschlechtssack entwickelt sich nur ein Ei bis zur Reife. Während dieses grösser und grösser wird und schliesslich den Geschlechtssack völlig ausfüllt, sind die männlichen Geschlechts- elemente in ihm verschwunden. Dagegen sind sie noch in vielen anderen Geschlechtssäcken, die die Umwandlung in Ovotestes vorläufig nicht ein- 296 | Physiologie. gingen, erhalten. So kam es, dass das Männchen ein Hermaphrodit wurde (Taf. XV, Fig. 9). Indem nun in der Folge alle Hoden in der geschilderten Weise Ovotestes und diese reine Ovarien werden, wird aus dem Hermaphroditen ein geschlechtsreifes Weibchen. Die meisten unreifen Männchen wurden von Montgomery im Monat März beobachtet, die anderen Stadien waren indess auf keine bestimmte Jahreszeit beschränkt, so dass auch die Eireife auf keine bestimmte Jahreszeit fällt, eine Erscheinung, die, wie ich Montgomery völlig bei- stimme, nur aus dem Leben im Aquarium resultiren wird. Marion (No. 129) fand im October bis December nur sehr kleine und allein mit Hoden ausgestattete Individuen des ebenfalls protandrisch- hermaphroditischen Zetrastemma (.Borlasia) kefersteini. Alsdann entwickeln sich die Eier, und im Februar sind alle Thiere stattlich herangewachsen und Hermaphroditen geworden, bei welchen die Ovarien die Hoden an Zahl übertreffen. Die Eiablage findet noch im Februar statt. Darin, dass bei T. eilhardi in jedem Geschlechtssack nur ein Ei zur Reife gelangt, steht jene Art nicht vereinzelt da. Ein Gleiches ist z. B. bei Prosorhochmus der Fall, wo von mehreren sehr stattlichen Eikeimen nur einer zum fertigen Ei wird. Die übrigen Eikeime werden zum Theil von diesem oder später vom Embryo aufgezehrt. Vierter Abschnitt. Physiologie. 1. Das Epithel ist durch die in ihm enthaltenen Sinneszellen, welche sich besonders reich- lich am vorderen und hinteren Körperende vorfinden, ein Tastorgan und durch seinen enormen Reichthum an Drüsenzellen ein Schutzorgan. Wird eine Nemertine beunruhigt, so produeirt ihre Haut schnell so viel Schleim, dass sie in wenigen Minuten vollständig in denselben eingehüllt ist. Bei sehr vielen Arten bildet das Hautseeret Wohnröhren, welche durch die dem Secret im erstarrten Zustande eigene Zähigkeit eine be- deutende Widerstandsfähigkeit besitzen. Sie pflegen ausserdem mit Steinchen und Schalentrümmern verklebt zu sein (Taf. I, Fig. 12). Bei verletzten Nemertinen bildet das Secret einen Cocon, in welchem die Verwundung ausheilt. Letzteres beobachtete ich bei einem Drepano- phorus crassus, dem ich den Rüssel exstirpirt hatte. Als ich ihn nach zwei Monaten aus seinem Seeretcocon, der aufgeschnitten werden musste, herausholte, hatte er seinen Rüssel mitsammt der Bewaffnung vollständig erneut. Inzwischen war von ihm der völlig geschlossene Cocon nicht verlassen worden. Epithel, Kopfdrüse und Cutis. 297 Eine wichtige Rolle spielt das Epithel bei der Eiablage, indem seine Drüsen das Secret liefern, welches die Eier zu Schnüren und Ballen ver- einigt. In manchen Fällen vermehrt sich der Bestand der Epitheldrüsen in der Zeit der Geschlechtsreife beim Weibchen ausserordentlich (Cari- nella). Das Epithel dient ferner, wenn auch nicht allgemein, als Loco- motionsorgan, indem die Flimmerthätigekeit der Hautfadenzellen viele und besonders die kleineren Formen (z. B. Tetrastemma) dazu befähigt, sich gleitend am Wasserspiegel fortzubewegen. Endlich besitzt das Epithel respiratorische Funetion, was von L. Joubin*) mit vollem Recht betont worden ist. Auch diese Thätig- keit wird von den Wimpern der Hautfadenzellen unterstützt; ihre rastlose Bewegung sorgt für fortwährende Erneuerung des die Nemertine be- rührenden Wassers. 2. Die Kopfdrüse hat wohl überall den Zweck — mag sie mit dem Frontalorgan in Verbindung treten oder nicht — vor allen Dingen den Kopf, als den edelsten Theil, bei Gefahr möglichst schnell in eine besonders dieke Schleimmasse ein- zuhüllen. Bei den Heteronemertinen, wo die Kopfdrüse oft schwach ent- wickelt ist, wird ihre Wirkung durch eine doppelte Schicht von Drüsen- zellen unterstützt, welche hier die Cutis im Kopfabschnitt aufweist (Lineidae). 3. Die Grundschicht und Cutis, von welchen erstere ganz, letztere zum grossen Theil aus elastischem (@ewebe besteht, hat meiner Ansicht nach dem Zweck, die Wirkung der Musculatur wieder auszugleichen, also die contrahirte Nemertine wieder zu strecken, ein Process, welcher im Vergleich mit der Contraction ausserordentlich langsam vor sich geht. Die Drüsenzellen der Cutis werden die des Epithels in ihrer Auf- gabe unterstützen. Die Muskelfibrillen der Cutis, welche längs verlaufen, scheinen die gleiche Wirkung wie die der inneren Längsmuskelschicht zu haben, ja geradezu functionell an ihre Stelle zu treten, denn je massenhafter jene entwickelt sind, um so schwächer ist die innere Längsmuskelschicht aus- gebildet. 4. Der Hautmuskelschlauch mitsammt der dorsoventralen Museulatur ermöglicht die verschieden- artigen Contractionen des Thieres, von denen die in der Längsaxe die markanteste ist und aus der stärksten Musculatur resultirt. Vermögen *) Nemertiens. In: Traite de Zoologie, faseieule XI, Paris 1897. 298 Physiologie. sich doch manche Nemertinen auf weniger als ein Drittel ihrer natür- lichen Länge zu verkürzen. Uebrigens ist die Verkürzung bei den Ne- mertinen — auch bei jenen, welche eigene und fremde Röhren und Höhlungen bewohnen — niemals eine heftige oder ruckweise, wie bei vielen Anneliden, sondern eine ziemlich gemächliche, trotz der über- raschend starken Ausbildung der Museulatur, und insbesondere der longi- tudinalen. Die einzigen heftigen Bewegungen sind dieSchwimm- bewegungen der Drepanophoren und Cerebratulen, welche in Aquarien, beunruhigt, unter aalartigen Bewegungen umherschiessen, die Wände schlagen und oft unter der Wucht des Anpralles und der Heftigkeit der Bewegungen zerstückeln. Cerebratulus marginatus ist gelegentlich auch an der Oberfläche des Meeres, die er behende wie ein Fisch durchfurchte, im Golf von Neapel angetroffen worden. Suchen wir nach einer besonderen, die Bewegungen, welche sie von allen anderen Nemertinen, mit Ausnahme von Langia, scheiden, veran- lassenden Museulatur, so müssen wir constatiren, dass dieselbe ganz so wie bei manchen Amphiporen (Niehtschwimmern) gebaut ist, insbesondere diese, ebenso wie jene, auch eine starke diagonale und dorsoventrale Mus- culatur besitzen. Die öfters beobachtete Querstreifung der Musculatur (vgl. p. 62) hat in Contractionszuständen der Muskelfibrillen ihren Grund. 5. Der Rüssel. a. Der bewaffnete Rüssel. Bereits durch die Beobachtungen von M. Schultze 1851 (No. 71), welche neuerdings durch Du Plessis 1893 (No. 249) und Montgomery 1895 (No. 250) erweitert wurden, ist erwiesen, dass der Metanemertinen- rüssel als Waffe dient, denn jene Autoren sahen, wie er auf kleine Kruster vorgeschnellt wurde und das Stilet sie anbohrte. Der Waffen- apparat des Rüssels hat aber offenbar den doppelten Zweck, zur Ver- theidigung zu dienen und Beute zu erlegen, sei es sie zu tödten, sei es sie zu paralysiren. ; Der Rüssel tritt in Wirksamkeit, indem er sich ausstülpt. Er ver- mag sich nur zur Hälfte vorzustülpen. Dabei krempelt sich der vordere Rüsseleylinder um, so dass sein inneres Epithel nach aussen gekehrt wird und der Stiletapparat an die Spitze tritt. Das Angriffsstilet ragt alsdann weit nach vorn vor, und auch die Oeffnung des Ductus ejacula- torius erhebt sich etwas, wie auf einer Papille sitzend (Taf. XII, Fie. 1). Es ist nun kein Zweifel und von mir oft beobachtet worden, dass, wenn sich der Rüssel ausgestülpt hat, und sein Angrifisstilet an die Spitze getreten ist, auf einen Gegenstand vorstossend, zugleich aus dem Ductus ejaculatorius eine Flüssigkeit gespritzt wird. Diese Flüssigkeit, welche die Lähmung oder gar den Tod des vom Angriffsstilet attakirten und verletzten Thieres herbeiführt, wird im hinteren Rüsseleylinder von dessen Bewaflneter Rüssel. 299 inneren Epithel produeirt und von dort durch die Museulatur des hinteren küsseleylinders in den Ballon gedrängt. Der Ballon treibt sie dann ver- möge der ihm eigenen, besonders starken Musculatur (vgl. p. 223) mit Vehemenz durch den nach vorn sich verjüngenden Ductus ejaculatorius nach aussen. Uebrigens produeirt auch noch das innere Epithel des Ballons Seeret. Den Rückfluss in den hinteren Rüsseleylinder verhindert ein starker Sphineter hinter dem Ballon; den Austritt in den Ductus ejaculatorius regulirt ein zweiter Sphineter, welcher vor dem Ballon ge- legen ist (vgl. p. 224, Taf. XXVII u. XXIX). Unterstützt wird die Wirkung des Stiletapparates durch die Papillen des vorderen Rüsselcylinders, welche massenhaft Secret zu produeiren und auszuwerfen vermögen. Dabei tritt in weiser Oeconomie nur ein Theil der Papillen und ihrer Zellen gleichzeitig in Thätigkeit, welche sich dann über die ruhenden hin ausrecken (Taf. XII, Fig. 9). Besitzt der Rüssel, wie bei Drepanophorus, viele Angrifisstilete, so wird die ganze Sichel, auf der sie inserirt sind, nach aussen gekehrt (Taf. XII, Fig. 3). Bei Drepanophorus übernimmt die Funetion des Ballons der ganze hintere Rüsseleylinder, die des Duetus ejaeulatorius sein trichterartig ver- jüngtes Vorderende. Eine bedeutsame Meinungsverschiedenheit herrscht über den Zweck der Reservestilete Ich schliesse mich der Ansicht Max Schultze’s an, dass sie den Zweck haben, das Angriffsstilet zu ersetzen, also Reservestilete sind (No. 71). Als Beweis gilt mir, dass das erste Angrifisstilet, welches die Basis getragen hat, höchstwahrscheinlich aus einer der Reservestilettaschen stammt, denn nur in den Reserverstilet- taschen werden beim Embryo Stilete erzeugt. Auch legen sich, wenn der Rüssel durch Regeneration neu gebildet wird, zuerst die Reservestilettaschen mit Reservestileten an, und man sieht in deren Ausführgängen bei Drepanophorus, wo sie alle zur Basis führen, Stilete zweifellos auf dem Wege zur Basis begriffen. Nirgends trifft man aber an der Basis oder in ihr selbst Reservestiletbildungsherde an. Solche treten auch im erwachsenen Thiere nie an oder in der Basis auf, sondern es bleiben die von Anfang an vorhandenen Reservestilettaschen die ein- zigen Erzeuger von Stileten. Wo Reservestilete in der Basis vergraben angetroffen werden, handelt es sich um Missbildungen, indem Stilete aus den Reservestilettaschen an den Ort der Basis gelangten, ehe diese fertig war, und somit verschüttet wurden. Das Angriffsstilet bedarf aber des Ersatzes, denn es nutzt sich ab. Es wird nämlich kürzer, was ich in vielen Fällen bei den Amphi- poren und Tetrastremmen durch zahlreiche Messungen am lebenden Thiere constatirt habe. Wo soll nun der Ersatz anders herkommen als aus den Reservestilet- taschen, da nur in diesen erwiesenermassen Stilete erzeugt werden? Besondere Schwierigkeit bereitet unserer Annahme die Thatsache, dass 800 Physiologie. bei den Metanemertinen mit einem Angriffsstilet die Verbindung von Reservestilettaschen und Basis keine directe ist. Denn da ihre Ausführ- gänge in den vorderen Rüsseleylinder münden (Taf. XI, Fig. 2), so müssen die Reservestilete erst in den vorderen Rüsseleylinder und von dort rückwärts wandern, um zur Basis zu gelangen. Ich bin in der That der Ansicht, dass sie mit einem Secret, welches die Reservestilettasche gleichzeitig mit dem austretenden Ersatzstilet absondert, zur Basis auf dem gekennzeichneten Wege vorgeschoben werden. Dabei wird manches Stilet seinen Platz nicht erreichen -— dafür spricht, dass man oft mehrere wohl entwickelte Stilete im vorderen Rüsseleylinder flottirend findet, die ich nicht anstehe, für verirrte zu halten. Auch kommen andere Miss- bildungen vor, z. B. findet sich, wie M. Schultze (No. 71) beschrieb, die Basis gelegentlich mit drei Angrifisstileten besetzt. ‚Jener scheinbar schlechten Verbindung ist aber die sehr directe bei den Drepanophoren entgegenzusetzen. Hier sind die Ausführgänge der Taschen bis zur Basis verlängert, so dass Niemand einen besseren Weg construiren könnte. Montgomery welcher 1894 (No. 243), unserer Ansicht entgegen- getreten ist, macht gegen sie besonders geltend, dass Angrifisstilet und Reservestilet im Bau von einander verschieden seien. Ich führe diese Unterschiede, die am Knauf sich geltend machen sollen, darauf zurück, dass die Rerservestilete noch nicht ganz fertig waren und es erst sind, wenn sie die Tasche verlassen. Der Knauf wird nämlich am Stilet zu- letzt gebildet. Weiter führt Montgomery zum Beweise seiner An- sicht an, dass bei Eumemertes carcinophila nur ein Angriffsstilet vorhanden ist, dagegen die. Reservestilete fehlen. Ich nehme an, dass bei dieser Art die Reservestilettaschen nach der Besetzung der Basis im embryo- nalen Leben zu Grunde gegangen sind, eine Erklärung, welche für.diese parasitäre Form wohl keineswegs gezwungen ist. Montgomery ist der Ansicht, dass das Angriffsstilet, an dessen Abnutzung und Ersatz er nicht glaubt, in der trichterförmigen Vertiefung entstehe, in die beim ruhenden Rüssel das Angriffsstilet sich zurückzieht. Ein Beweis dafür fehlt, denn werdende Stilets sind dort niemals ge- funden worden, und auch die typische, sie erzeugende Drüsenzelle (Re- servestilettasche) sucht man dort vergebens. Besonders schwer fällt gegen Montgomery ins Gewicht, was Böhmig über den Bau der Reservestilete und die Herkunft des An- eriffsstiletes in seinen Untersuchungen über Stichostemma graecense und Geonemertes chalicophora sagt. Beide Arten besitzen Rüssel mit nur einem Angriffsstilet; derselbe ist wie bei den verwandten marinen Formen gebaut”) Nach Böhmig wird die Wandung der Reservestilettaschen von den drei innersten Schichten des vorderen Rüsseleylinders gebildet, *) Stichostemma graecense Böhmig lebt im Süsswasser, Geonemertes chalicophora (raff auf dem Lande (vgl. Op. eit. p. 247). Rhynchoeölom. >01 nämlich dem Epithel, das in ihnen überaus niedrig geworden ist, der Grundschicht und der inneren Ringmuskelschicht, welche nur einen sehr dünnen Mantel vorstellt. Ihr Inhalt ist eine homogene, körnige Masse, die einen einzigen, runden oder ovalen Kern mit einem central gelegenen Kernkörperchen enthält. „Jede Tasche umschliesst demnach eine Drüsenzelle, welche die Reservestilete bildet.“ Von letzteren sind zwei bis sechs vorhanden. Damit bestätigt Böhmig meine histologischen Resultate vollständig und schliesst sich mir auch in der Anschauung an, dass die Reservestilete zum Ersatze des Angriffsstilets dienen. Er beobachtete auch eine Abnutzung des Angrifisstiletes. Böhmig be- tont ferner, dass bei Stichostemma graecense und Geonemertes chalicophora Angriffs- und Reservestilet „einen vollkommen übereinstimmenden Bau besitzen“. Dem Drüsenzellkranz der Stiletregion entstammt das Material, aus welchem die Basis besteht. Die Basis ist nämlich nichts anderes als ein erhärtetes Secret. b. Der unbewaffnete Rüssel. Wahrscheinlich wird auch der Rüssel der Proto-, Meso- und Hetero- nemertinen zum Angriff gebraucht und der Stiletapparat durch die Masse von Rhabditen- und Nesselzellen ersetzt. Aus den Nesselzellen werden Kapseln ausgeworfen, aus denen ein sehr langer Faden hervorschnellt. Der Faden liegt in der ruhenden Nesselkapsel in ihrem Innern spiralig aufgerollt; er ist hohl und stülpt sich um, um nach aussen zu gelangen. 6. Das Rhynchocölom. Die Ausstülpung des Rüssels wird durch die Museulatur und die Flüssigkeit des Rhynchocöloms bewirkt. Die Ringmuseulatur, welche an seinem Ende und in seiner Mitte stärker ist, wie in seinem vorderen Abschnitt, treibt nämlich die Flüssig- keit von hinten nach vorn, so dass sie einen Druck auf den vorderen Rüsseleylinder, welcher natürlich am stärksten an seiner Insertion am Rhynchoeölom sein muss, ausübt. Demselben weicht der Rüssel aus, sich durch das Rhynchodaeum nach aussen stülpend; indem nun die Rhyncho- cölomflüssigkeit in ihm nachschiesst, und die Contraction des Rhyncho- cöloms vorwärts schreitet, wird er so weit vorgetrieben, wie er bei den Metanemertinen (Enopla) wegen des Stiletapparates und bei den übrigen Nemertinen (Anopla) wegen des KRetractors umgestülpt werden kann. Es ist einleuchtend, dass dies bei den ersteren immer nur bis zur Hälfte, bei letzteren dagegen verschieden weit der Fall sein kann, da hier im Rüssel selbst kein Hinderniss sich der vollständigen Umkrempelung ent- gegenstellt.e Die Einstülpung veranlasst in beiden Fällen der Retractor. Dieselbe geht viel langsamer vor sich als die Ausstülpung. 302 Physiologie. ‘. Der Darmtraetus. Aus der Histologie des Darmtractus ist zu folgern, dass der Vorder- darm bei der Verdauung eine andere Rolle als der Mittel- und End- darm spielt. Im Vorderdarm nämlich wird keine Nahrung assimilirt, sondern die Verdauung durch das Secret, welches die enormen Drüsenzellmassen produciren, die das Epithel des Vorderdarmes enthält, erst eingeleitet. Bei den Metanemertinen spielen Magendarm und Pylorusrohr dieselbe Rolle wie der Vorderdarm der Proto-, Meso- und Heteronemertinen, welche also derjenigen des Magens der Wirbelthiere wesentlich ent- spricht. Die Resorption findet erst im Mitteldarm statt, nur bei den Metanemertinen auch im Blinddarm. Uebrigens ist zu bemerken, dass auch im Mitteldarm nicht alle Zellen der Aufnahme der Nahrung ge- widmet sind, sondern ein Theil derselben — aber ein relativ sehr viel geringerer als im Vorder- oder Magendarm -— Drüsenzellen sind und sich so nur indireet, Secret produeirend, an der Verdauung betheiligt. Die resorbirenden Organe sind die Wimperzellen. Sie erweisen sich ihrem Inhalte nach sehr verschieden, indem sie bald ein feinkörniges Plasma enthalten, bald mit glänzenden, farblosen Kügelchen vollgepfropft sind und daneben noch öltropfenartige Bläschen, meist grüngefärbte rundliche Ballen und strahlig gebaute oder krystallartige Körper aufweisen. Ich bin der Ansicht, dass alle diese Gebilde Producte der Zelle sind. Ueber ihre Natur vermag ich nichts zu sagen, dagegen bin ich sicher, dass die farblosen Kügelehen nicht in das Darmlumen gestossen werden. Nach meiner Ansicht ist die Verdauung keine intracelluläre, es wird vielmehr die Nahrung im gelösten Zustande aufgenommen. Im Enddarm, welcher in der Regel sehr kurz ist, treten die den Mitteldarm auszeichnenden Erscheinungen zurück; er wird bei der Ver- dauung kaum noch eine Rolle spielen. Graff (No. 155) ist der Ansicht, dass eine intracelluläre Verdauung stattfindet und meint, dass während der Verdauung die einzelnen Zellen zu einem das Darminnere ausfüllenden Syneytium verschmelzen, in dem das Plasma aus Vacuolen und kleinen Körnchen besteht und grosse ovale Kerne enthält, welche letztere wahrscheinlich dem verdauten Fremd- körper angehören und später aufgelöst werden. Dem gegenüber habe ich zu bemerken, dass ich ein Syneytium niemals beobachtet habe und auch in den häufigen Fällen, wo das Darmepithel (zweifelsohne in Folge seiner Thätigkeit) so hoch geworden ist, dass es das Darmlumen völlig ver- drängte, davon nicht die Rede sein kann. Blut- und Exeretionsgefässsystem. 305 S. Das Blutgefässsystem. Sowohl das Rückengefäss als auch die Seitengefässe sind durch ihre Ringmusculatur befähigt, sich zu contrahiren, und pulsiren thatsächlich beide. Die stärkeren Contractionen werden durch das Rückengefäss aus- geübt, das auch die stärkere Musculatur besitzt. Wie sich die Bewegung des Blutes bei den Arten mit dem ein- fachsten Gefässsystem verhält, dass nur aus den beiden vorn und hinten miteinander communiecirenden Seitengefässen besteht, ist unbekannt. Bei den Metanemertinen hat man festgestellt, dass das Blut im Rückengefäss von hinten nach vorn strömt und alsdann in den Seiten- gefässen nach hinten zurückläuft.*) Ausserdem wird das Blut vom Rückengefäss durch die metameren Commissuren in die Seitengefässe hineingetrieben. Wahrscheinlich ist die Bluteireulation ähnlieh bei den Heteronemer- tinen, welche ebenso wie die Proto- und Mesonemertinen durch ihre Un- durehsichtigkeit die Untersuchung hindern. Bei Stichostemma graecense beobachtete Böhmig (op. eit. p. 247) Klappenzellen, auf welche wir oben (vgl. p. 258) hingewiesen haben. Diese merkwürdigen Gebilde (Taf. XV, Fig. 25a und 25b) springen bei der Contraetion der Gefässe in das Gefässlumen vor und vermögen das- selbe derartig vollständig zu verschliessen, dass sie ein Zurückströmen des Blutes hindern. Die Blutgefässe treten bei den Lineiden mit dem Rhynehocölom in auffallend enge Beziehung, indem sieh Verzweigungen der Blutgefässe unmittelbar unter dem Rhynchocölomepithel ausbreiten. Ich glaube, dass dadurch Beziehungen zwischen der Flüssigkeit des Rhynchocöloms und dem Blute herbeigeführt werden. 9. Das Exeretionsgefässsystem. Aus dem äusserst engen Zusammenhange, in welchem die Excretions- gefässe zu den Blutgefässen stehen, ist ohne Weiteres zu folgern, dass erstere Stoffe aus der Blutflüssiekeit aufsaugen und aus dem Körper fort nach aussen transportiren. Die aufsaugenden Organe sind die End- kölbchen der Nephridien, welche sich in die Blutgefässe hineinbohren. Den Transport besorgt die Flimmerung der Canäle. Ein Contact zwischen den Endorganen der Nephridien und den Blutgefässen besteht freilich nicht ausnahmslos, wie die Untersuchungen von Böhmig an Stichostemma graecense dargethan haben (vgl. oben p. 275). In diesem Falle erfahren die Nephridien unter Windungen, Theilungen und Knäuelbildungen eine starke Ausbreitung im Parenchym und es ist #) Vogt und Yung (No. 197) geben für Tetrastemma flevidum das umgekehrte Ver- halten an. 804 Physiologie. anzunehmen, dass die unbrauchbaren Substanzen im Leibesparenchym deponirt werden, um von den Nephridien fortgeschafft zu werden. 10. Die freien Zellkörper. a. Die Blutkörper. Aus der lebhaft rothen Färbung, welche die Blutkörper bei manchen Arten zeigen (einigen Amphiporiden und besonders der Heteronemertine Euborlasia) hat Hubrecht gefolgert, dass sie Hämoglobin führen. Auf seine Veranlassung wurden Blutproben im physiologischen Institut zu Utrecht untersucht und thatsächlich die Existenz von Hämoglobin festgestellt. Ferner beobachtete Hubrecht, dass sich die Färbung des an und für sich rothen Blutes in einebräunlich rothe verwandelte, wenn Nemertinen aus normalem Seewasser in kohlensäurehaltiges übergeführt wurden. Er erbrachte mithin den Nachweis, dass die rothe Färbung des Blutes vom Sauerstoff abhängt (No. 164). b. Die Rhynchocölomkörper belasten sich allmählich mit rothen, ölartigen Tropfen und sind schliess- lich ganz voll von jenen (Taf. XIII, Fig. 10). Solche über und über beladene Rhynchocölomkörper ballen sich alsdann zu derartig dicken Klumpen zusammen, dass man sie bei den Amphiporiden schon mit blossem Auge bemerkt. Wahrscheinlich zerfallen die Rhynchocölom- körper darnach, nachdem sie schon vorher ihre amöboide Beweglichkeit eingebüsst haben. Indess ist Sicheres über ihr Schicksal nicht bekannt. 11. Das Nervensystem. a. Das Centralnervensystem — Gehirn und Seitenstämme — spielt bei den Nemertinen keines- wegs dieselbe omnipotente Rolle, wie bei den höheren Thieren (auch den höheren Wirbellosen) das Centralnervensystem, da Organe des Körpers, 7.B. der Rüssel, auch vom Körper losgetrennt noch lange lebensfähig bleiben und in ihren Bewegungen und heactionen auf Reize sich ebenso verhalten, als ob sie noch mit dem Körper in Verbindung ständen, also ihr Nerven- system noch mit dem Gehirn zusammenhinge (vgl. No. 225). Das nimmt uns nicht Wunder, da wir erfahren haben, dass dem peripheren Nerven- system in der Regel, bis auf eine Art, dieselben Ganglienzellen — soviel ihre Gestalt schliessen lässt — eigen sind wie den ventralen Ganglien und den Seitenstämmen. Eine besondere Bedeutung gewinnt das Gentralnervensystem vor dem peripheren meiner Ansicht nach durch zweierlei, nämlich durch den Besitz der dorsalen Ganglien und bei gewissen Nemertinen durch die Neurochordzellen. Schon der Ganglienzellbelag der dorsalen Ganglien, welcher diesen durchaus typisch ist und sich nirgends sonst im Nervensystem wieder- Nervensystem. und Sinnesorgane. 305 findet, lässt auf eine besondere Function schliessen. Diese Vermuthung wird dadurch zur Gewissheit, dass wir nur die dorsalen Ganglien mit den allgemeinsten Sinnesorganen, den Cerebralorganen, Kopfspalten und Augen, sei es durch Nerven, sei es geradezu durch Conerescenz ver- bunden finden. Auch wird von den dorsalen Ganglien oder der dorsalen Commissur wahrscheinlich das Frontalorgan innervirt. Wir haben in den dorsalen Ganglien also sensorische Nervencentren par excel- lence vor uns. Die ventralen Ganglien und die Seitenstämme gewinnen zweifelsohne bei Drepanophorus, Cerebratulus und Langia eine ganz besondere Be- deutung durch die Neurochorde mit ihren Neurochordzellen, welche nur ihrem Ganglienzellbelag eigenthümlich sind. Aber wozu sind die Neu- rochorde da? Sicher dienen sie dem Nemertinenkörper oder den Seiten- stämmen nicht zur Stütze. Dagegen, glaube ich, verdanken ihnen ihre Besitzer etwas Anderes, nämlich die Fähigkeit des Schwimmens. Nur die Arten der drei eben genannten Gattungen sind nämlich Schwim- mer und zeichnen sich vor den ihnen nahe verwandten Nichtschwimmern, den Amphiporen einerseits, den Lineen und Micruren andererseits, durch nichts Anderes als die Neurochordzellen aus. Sicher nieht z. B. durch eine besondere Musculatur, wie man gern vermuthen möchte. Bekannt- lich ist Friedländer geneigt, den Neurochorden die Fähigkeit gewisser Anneliden zuzuschreiben, ihren Körper äusserst schnell und gleichmässig durch alle Segmente zu contrahiren. Wie die Neurochordzellen und Neu- rochorde wirken, entzieht sich meiner Vorstellung. Im Uebrigen sind die ventralen Ganglien und Seitenstämme als Centren des peripheren Nervensystems aufzufassen und den dorsalen Ganglien ebensowenig physiologisch gleichwerthig, als embryologisch. b. Das periphere Nervensystem besitzt, wie bereits betont wurde, eine hohe Selbstständigkeit; die Nervenschichten stehen zu den Schichten der Körperwand in Beziehung, die einzelnen Nerven versorgen die Organe, mit denen wir sie verknüpft fanden. Besonders hervorzuheben ist, dass die Mediannerven bei den Proto-, Meso- und Heteronemertinen die Rhynchocölommusculatur beherrschen, und dass bei den Metanemertinen an ihre Stelle die Spinalnerven treten, mit denen ja übrigens die Mediannerven bei den ersten Ordnungen immer auf das engste verknüpft sind. 12. Die Sinnesorgane. a. Die terminalen Sinnesorgane am Kopfe sind Tastorgane. Sie besitzen eine ausserordentliche Beweglichkeit, indem sie sieh ein- und auszustülpen vermögen. Wenn man eine Nemer- tine unter dem Mikroskop beobachtet, so sieht man, dass ihre Kriech- Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 20 306 Physiologie. bewegungen von einer fieberhaften Thätigkeit jener Organe begleitet sind. Die starren Tastborsten vermögen die verschiedenartigsten Stellungen ein- zunehmen. Das unpaare Frontalorgan arbeitet ebenso wie die drei ähnlich ge- bauten Organe, welche bei den Lineiden jenes ersetzen (vgl. oben p. 174 £f.). Die Ausstülpung der Organe wird wahrscheinlich durch eine durch die Musculatur des Hautmuskelschlauchs bewirkte Contraction der Kopf- spitze veranlasst, die Einstülpung indessen bewirken den Organen eigen- thümliche Retraetoren aus Längsmuskelfibrillen (Taf. IV, Fig. 7). b. Die Kopfspalten und Kopffurchen sind gleichfalls Sinnesorgane. Die ersteren dienen zweifellos ebenfalls als Tastorgane; besonders ihre Ränder wirken als solche und zeigen hohe Empfindlichkeit. Beiden aber, Kopfspalten und -furchen, ist nicht allein eine ausserordentliche Empfindlichkeit auf mechanische Reize zuzuschreiben, sondern besonders auf chemische. Hubrecht (No. 164) machte bereits darauf aufmerksam, dass die Kopfspalten auf eine Ver- minderung des Sauerstoffgehaltes des Seewassers durch krampfhaftes Arbeiten reagiren und in kohlensäurehaltisem Seewasser sich vollständig schliessen. Dadurch versperren sie dem Seewasser den Eintritt in die Cerebralorgane, und ich glaube, dass auf derartige Reize die Kopffurchen ähnlich antworten, und wo durch sie selbst ein Verschluss der Cerebral- organe nicht hergestellt werden kann, sie doch einen solchen indirect hervorrufen. £. Die CGerebralorgane. Diese merkwürdigen, für die Nemertinen überaus typischen Organe besitzen für dieselben zweifellos eine hohe Wichtigkeit, wie aus ihrer innigen Verbindung mit dem Gehirn geschlossen werden darf. Hubrecht (No. 164) versuchte 1880 den experimentellen Nachweis zu führen, dass sie eine respiratorische Function besässen, jene Versuche an- stellend, welche wir oben berührten. Indessen sind jene Experimente für diese Deutung durchaus nicht beweisend, und sie erscheint mir nach der vollen Erkenntniss ihrer Histologie und insbesondere ihres Baues und ihrer Lagerung bei den Proto- und Metanemertinen der Stützen gänzlich beraubt. Der Vergleich der Üerebralorgane mit ähnlichen Sinnesorganen anderer Wirbelloser führte Dewoletzky 1887 (No. 202) dazu, dem Cerebralorgane „eine Art Perception in Bezug auf die Beschaffen- heit des umgebenden Mediums zuzuschreiben“, d. h. in der Regel des Wassers oder seltener der feuchten Luft wie bei Landnemertinen. Dieser Deutung, dass die Cerebralorgane die Beschaffenheit des umgebenden Mediums zu controlliren haben, schliesse ich mich an. Bei kleineren Metanemertinen habe ich mich von dem fortgesetzten Sinnesorgane. 307 Eindringen des Wassers in die Öerebralorgane überzeugt, indem ich dem Wasser fein zerriebenen Carmin zusetzte und nun sah, wie die rothen Körnchen in die Üerebralorgane hineinströmten. Den Eintritt und Wechsel des Wassers ermöglicht die reiche Cilienbekleidung an den Wänden der Eingänge, Canäle und Höhlungen der Cerebralorgane. Dewoletzky betonte bei der Behandlung dieser Organe mit vollem Recht die auffallende Empfindlichkeit der Nemertinen gegen die Be- schaffenheit des sie umgebenden Mediums, ihre ungewöhnliche Reizbar- keit gegen jede Aenderung in der Zusammensetzung des Wassers, die sich kund giebt durch ausserordentliche Lebhaftigkeit der Bewegungen, Ausstossen der Geschlechtsproducte, plötzliches Zerstückeln, heftiges Aus- werfen des Rüssels u. s. w. d. Die Seitenorgane sind im Gegensatz zu den Cerebralorganen, welchen sie im Bau einiger- massen ähneln, beweglich, indem sie vorgestülpt und eingezogen werden können, in einem Falle Hügel, im anderen Gruben darstellend. Ihre physiologische Deutung wird besonders dadurch erschwert, dass sie nur bei einer Gattung (Carinella) vorkommen und dort verschieden gebaut sind, indem sie entweder reichlich Drüsenzellen besitzen oder ihrer voll- ständig oder doch fast völlig entbehren. Man möchte sie wohl als Tastorgane deuten, indessen scheint ihre weit vom Kopfe entfernte Lage nicht für diese Auffassung zu sprechen. Dann liegt es bei ihrer Aehnlichkeit mit den Seitenorganen der Capitelliden nahe, sie ebenfalls im Sinne Eisig’s*) als Gehör- organe zu deuten. e. Die Otolithen. Ebenso räthselhaft wie die Bedeutung der Seitenorgane ist mir die- jenige der Otolithen der Nemertinen. Auch diese Gebilde finden sich nur bei einer nur wenige Arten zählenden Gattung. Mir scheint eine Deutung derselben als Gehörorgane oder Organe des Gleichgewichts wenig Wahrscheinliches zu bieten. Die Formen, welche ich kennen lernte, leben im Sande. Ferner ist zu bedenken, dass die Otolithen fest liegen, also weder von Wimpern getragen werden, noch in einer Flüssig- keit suspendirt sind. f. Die Augen sind Richtungsaugen (euthyskopische Augen“*), deren Leistung bei sehr vielen Formen dadurch verstärkt wird, dass sie in grosser Anzahl vor- handen und z. B. bei den Drepanophoren, den Eupolien, vielen Amphi- *) Eisig, H., Mongraphie der Capitelliden des Golfs von Neapel. In: Fauna und Flora des Golfs von Neapel. 16. Monogr. 1887. **) Hatschek, B., Lehrbuch der Zoologie, Jena, 1888. 1. Lieferung. 20* Embryologie. 30 [0] poren und Lineen derart vorne und seitlich in der Kopfspitze angeordnet sind, dass ihre Sehaxen divergiren. So beruht die Leistung der Augen in ihrer Gesammtheit in der Wahrnehmung und Begrenzung einer Licht- quelle, deren Strahlen das Thier von vorne, seitlich, oben oder selbst hinten treffen; denn die Pigmentbecher der Augen öffnen sich in der einen oder anderen Richtung, aber stets nach aussen. Die Richtung pflegt übrigens bei den verschiedenen Arten verschieden zu sein. Bei den schlamm- und sandbewohnenden Nemertinen, ebenso bei den Para- siten sind die Augen allgemein nicht vorhanden oder in ihrer Zahl stark reducirt. Am grössten und auch sehr zahlreich sind sie bei den Meta- nemertinen. Hesse*) ist in seinen neueren Untersuchungen über das Plathel- minthenauge zu demselben Schluss gekommen. Er spricht ihm die Fähig- keit der Bildwahrnehmung ab und glaubt, dass es nur Licht im all- gemeinen, sowie quantitative und qualitative Unterschiede desselben wahrzunehmen vermöge. Die Licht pereipirenden Organe sind die Sehzellen, und zwar sowohl die faserförmigen, als auch die kolbigen (vel. p. 172). Hesse meint, dass es bei den letzteren der büschelförmige Endapparat ist, welcher sie für die Lichtempfindung befähigt und die kolbigen Sehzellen zu specifischen Lichtsinneszellen stempelt (Taf. X, Fig. 5). Er führt weiter aus, dass die durchgehende Bergung dieser oder ähnlicher Endapparate in dem Pigmentbecher — während die kernhaltigen Zellkörper fast überall allseitiger Belichtung ausgesetzt sind — darauf hindeute, dass das Licht nur dann überhaupt wahrgenommen werde, wenn jene Endapparate, welche eine rothe Färbung auszeichnet, getroffen werden. Fünfter Abschnitt. Embryologie. 1. Historische Einleitung. Unsere Kenntniss über die Entwickelungsgeschiehte der Nemertinen beginnt mit der Abhandlung von Desor „On the Embryology of Ne- mertes“ (1350, No. 66). Desor verfolgte die Entwickelung der Eier von Lineus. gesserensis (0. F. Müller), welche sich nach ihrer Furchung zu kugeligen, wimpernden Larven umbildeten, die innerhalb einer flaschen- förmigen Hülle lebhaft rotirten. Darauf warf der Embryo die wimpernde *) op. eit. p. 126. Historische Einleitung. 309 Körperschicht ab, doch erst, nachdem sich vorher eine neue, gleichfalls wimpernde Haut gebildet hatte. Innerhalb des Embryos bemerkte Desor einen hellen Streifen, den er als Organanlage, nämlich Darm, deutete, der in Wirklichkeit aber wohl den jungen Rüssel vorstellte. Die Entwickelung der Larve von Lineus gesserensis, welche man als Desor’sche Larve bezeichnet hat, ist in der Folge eingehend von Barrois 1877 (No. 148), Hubrecht 1885 (No. 192 und 192a) und G. Arnold 1898*) studirt worden. Nach Barrois furcht sich das Ei von Lineus gesserensis total-äqual. Das Product ist eine Blastula, begrenzt von einer Schicht eylindrischer Zellen. Aus ihr entsteht die Gastrula durch Invagination. Entoderm und Ektoderm legen sich dicht aneinander. Die Urdarmhöhle ist sehr geräumig, die Oeffnung des Urmundes wird in der Folge bedeutend enger. Nunmehr wird die Gastrula „pentagonal“, und es entstehen von den Flächen, welche man als die beiden vorderen und seitlichen be- zeichnen darf, je ein Paar Einstülpungen ektodermaler Natur. Sie bilden sich, auswachsend, zu Platten (Scheiben) um, die in der Medianebene der Gastrula über dem Urdarm miteinander verwachsen, und zwar sowohl die gegenüberliegenden Paare, als auch die hintereinanderliegenden. Die beiden vorderen Platten liefern den Kopf, die beiden hinteren den Rumpf der Nemertine. Mittlerweile hat die Gastrula eine längliche Form an- genommen und der Urmund sich weiter nach vorn verschoben. Die Scheiben umwachsen den Urdarm vollständige. Auf einem späteren Stadium erscheinen am Oesophagus ein Paar Ausstülpungen, dort, wo das vordere und hintere Scheibenpaar aneinander grenzen. Sie dringen in einen zwischen Ektoderm und Entoderm entstandenen Hohlraum, in den auch die vier Scheiben hineingewachsen sind. Es sollen die Anlagen der Cerebralorgane sein. Das primitive Ektoderm wird abgestossen. Die Platten des secun- dären Ektoderms werden mehrschichtig, die äusserste Schicht wird zum Wimperepithel der jungen Nemertine, die mittleren liefern den Haut- muskelschlauch, die innerste erzeugt ein Reticulum. Rüssel und Central- nervensystem nehmen aus den Kopfscheiben ihren Ursprung. Der Ur- mund wird zum Mund der Nemertine, der Urdarm zum dauernden. Der After entsteht nachträglich. Hubrecht hat die gleiche Untersuchung, begünstigt durch die Schnitt- methode, viel mehr ins Detail führen können. Nach der Entstehung der Gastrula soll sich durch Abschnürung aus Ekto- und Entoderm eine An- zahl von Wanderzellen isoliren, die anfänglich frei im Blastocöl liegen und die Mutterzellen des Mesoderms vorstellen. Die anfänglich kugeligen Zellen des Gastrulaektoderms nehmen an vier Stellen Palis- *) Zur Entwickelungsgeschiehte des Lineus gesserensis (0. F. Müller). In: Travaux de la. Societe Imperiale des Naturalistes de St.-Petersbourg. Sec. Zool. et Physiol. Bd. 28. Heft 4. 310 Embryologie. sadenform an. Es sind dies die Andeutungen der Bauch- und Kopf- scheiben; indem diese vom primären Ektoderm überwuchert werden, kommen sie als secundäres innerhalb der Larvenhaut zu liegen. Durch Delamination entsteht noch an einer fünften Stelle, nämlich am Rücken, als eine Platte secundäres Ektoderm. Alle fünf Platten verwachsen zur Haut der jungen Nemertine. Ausserdem erzeugt das primäre Ektoderm noch zwischen den beiden Kopfscheiben durch Delamination die Anlage des inneren Rüsselepithels, welche nach hinten wächst und zum Rüssel wird, indem die umliegenden Mesoblastzellen seine Musculatur und sein Nervengewebe liefern; endlich nehmen noch links und rechts vom Blastoporus aus Einstülpungen des primären Ektoderms die Cerebral- organe ihren Ursprung. Weder primäres noch secundäres Eetoderm betheiligen sich an der Bildung weiterer Organsysteme in irgend welcher Weise. Insbesondere nimmt das Mesoderm nirgends aus den vier Scheiben seinen Ursprung (gegen Barrois). Gehirn und Seitenstämme entwickeln sich aus Mesodermzellen, die sich gegen die Platten des secundären Ektoderms lagern. Aus solchen Zellen entsteht auch die äussere Längsmuskel- schicht. Das Rhynchocölom bildet sich als anfänglich einfache Schicht mesoblastischer Wanderzellen. Seine Höhlung ist eine direete Fortsetzung des Blastocöls. In ähnlicher Weise entstehen die Bluträume. Auch Ring- und innere Längsmuskelschicht entstehen aus Mesoblast- zellen. Das vom Entoderm umschlossene Archenteron theilt sich früh- zeitig in eine hintere Höhlung, welche den Zusammenhang mit der vorderen aufgiebt. Letztere, welche durch den Blastoporus ausmündet, bildet sich in ihrem unteren Abschnitt zum Oesophagus der Nemertine um und lässt aus ihren oberen seitlichen Abschnitten die Nephridien hervorgehen. Der Blastoporus wird zum definitiven Mund, und der dauernde Oesophagus bricht später zur hinteren Höhle des Archenteron durch, welche den Mitteldarm liefert. Die jungen Geschlechtsdrüsen sollen durch Gewebsstränge mit der Haut im Zusammenhange stehen. Jene merkwürdige Verbindung lässt vielleicht auf einen epithelialen Ursprung der Geschlechtsdrüsen schliessen. Sonst entwickeln sich keine Höhlen, namentlich keine Leibeshöhle. Das Parenchym ist mesodermalen Ursprungs. Sehr verdienstlich sind in Anbetracht der Widersprüche, in welchen die Resultate von Barrois und Hubrecht stehen, die neuen Unter- suchungen von G. Arnold über das gleiche Object. Die Desor’sche Larve besitzt, was Arnold zum ersten Mal nach- weist, vier Amniontheile, welche denjenigen des Pilidiums ent- sprechen. Indessen findet keine Verwachsung derselben zu einem Ge- sammtamnion statt. Die Desor’sche Larve zeigt also wohl die Anlagen Historische Einleitung. 3ll zu einem Amnion, aber es gelangt nicht zur Ausbildung. Die Anlagen des Amnions verbleiben, nachdem sich die vier Keimscheiben in die Tiefe gesenkt haben, vorerst noch in innigem Zusammenhange mit dem pri- mären Ektoderm; sobald sie sich von diesem losgelöst haben, zer- fallen sie. Der Verfasser bestätigt, auf die Genese der Rückenplatte und des Rüssels eingehend, Hubrecht’s Resultate. Jene, sowie auch die An- lage des Rüssels nehmen durch die Delamination vom primären Ekto- derm ihren Ursprung. Auch beim Pilidium geht bekanntlich die Anlage des Rüssels aus einer unpaaren Keimplatte hervor. Dieselbe verhält sich aber ebenso wie die paarigen Keimplatten. Nach Hubrecht soll der Vorderdarm entodermaler Natur sein und der Blastoporus in den Mund der Nemertine übergehen. Arnold dagegen gelangte zu der Ueberzeugung, dass, wie bei der Entwickelung durch das Pilidium, nur der Mitteldarm (Hinterdarm) vom Entoderm abstammt, der Vorderdarm indessen vom Ektoderm gebildet wird. Der Blastoporus wird durch eine Einstülpung des secundären Ektoderms, welche zur Bildung des Vorderdarms führt, ins Innere gerückt, schliesst sich vorübergehend in der Desor’schen Larve, bleibt dagegen beim Pili- dium stets offen und entspricht in beiden Fällen jener Stelle, wo Vorder- und Mitteldarm aneinander stossen. Der Vorderdarm wird nach Arnold’s Befunden vom secundären Ektoderm gebildet, indem dasselbe den pri- mären Vorderdarm, d. h. den Oesophagus der Desor’schen Larve um- wächst. Arnold ist in seinen Ausführungen in diesem Puncte nicht ganz klar, aber da er sagt, dass Barrois im vollen Recht ist, zu behaupten, dass der primäre Oesophagus gleichzeitig mit der Mundverdickung und dem primären Ektoderm abfalle, so kann wohl nur ein Umwachsen und nicht ein Hineinwachsen des secundären Ektoderms in den primären Oeso- phagus stattfinden. Die Anlage des Vorderdarms wird zu einer Tasche, welche an ihrem inneren, geschlossenen Ende in zwei kleine Säcke ausläuft. Arnold hegt die Vermuthung, dass sie die Anlagen der Nephridien vorstellen. Jene Ausstülpungen des primären Oesophagus, welche Hubrecht bei der Desor’schen Larve beschrieb und als Anlagen der Nephridien deutete, hat Arnold völlig vermisst. Bekanntlich sind sie von Hubrecht nicht so weit in ihrer Entwickelung verfolgt worden, dass ihre Deutung als Nephridienanlagen gerechtfertigt erscheint. Während nach Hubrecht das Mesoderm an den verschiedensten Orten aus Ektoblast und Entoblast seinen Ursprung nimmt, ist der Bildungsherd desselben nach Arnold ein beschränkter. Er befindet sich ausschliesslich zu beiden Seiten des Blastoporus dort, wo Ektoderm und Entoblast aneinander stossen. Vielleicht tritt innerhalb der beiden Mesodermzellmassen, welche in die Furchungshöhle hineinwuchern, ein Spalt auf, die Anlage einer secun- 312 Embryologie. dären Leibeshöhle. Der Verfasser vermochte diesen Vorgang nicht genau zu verfolgen. Später bekleiden die Mesodermzellen als einschichtiges Lager den Darm und die Keimscheiben, und es kommt hier und dort eine derartig vollständige Verschmelzung der verschiedenen Mesoderm- complexe zustande, dass man von einem somatischen und splanchnischen Blatte reden kann. Die nunmehr überall von einem mesodermalen Epithel aus- oekleidete Höhle (aller Wahrscheinlichkeit nach ist es die Furchungs- höhle) wird namentlich infolge der zunehmenden Ausdehnung des Darmes redueirt. Gegen Hubrecht hält Arnold das Rhynchocölom für eine secun- däre Leibeshöhle, welche durch Spaltung jenes Mesodermlagers entstanden ist, das sich der jungen Rüsseleinstülpung anlegte. Dieser Process ver- läuft ganz so wie beim Pilidium. 1847 entdeckte Joh. Müller (No. 59) bei Helgoland ein pelagisches Thierchen, das er als Pilidium gyrans beschrieb. Er vermuthete richtig, dass es eine Larve darstelle. Später bemerkte Busch in ihr einen Wurm, welchen er Alardus caudatus nannte, und 1854 wies Joh. Müller (No. 82). nach, dass dieser Wurm eine Nemertine sei. Auch die Entwickelung der von Joh. Müller aufgefundenen Larve, die er wegen ihrer Aehnlich- keit mit einem Fechterhut als Pilidium bezeichnete, hat fortgesetzt die Zoologen beschäftigt. A. Krohn (1858, No. 87), welcher alsbald die Untersuchungen wieder aufnahm, discutirte die Ansichten: ob. das Pilidium die Nemertine erzeuge und somit dıe Bedeutung einer Amme habe, oder ob die Junge Nemertine in das Pilidium einwandere. Der Autor neigt sich mehr der ersteren zu. Im gleichen Jahre förderten R. Leuckart und A. Pagenstecher (No. 88) unsere Kenntnisse wesentlicher. Sie beschrieben eine neue Pilidienform, Pilidium auriculatum, die sich von Pilidium gyrans haupt- sächlich durch den Mangel der Seitenlappen unterscheidet. Die Ent- wickelung der Nemertine, wie sie diese Autoren erkannten, ist im Wesent- lichen in folgendem Satze gekennzeichnet: „Der Nemertes . ... entsteht, indem er zunächst mit seiner Bauchfläche zu den Seiten des Mund- trichters sowie unterhalb des Verdauungsapparates angelegt wird, den letzteren immer mehr umwächst und schliesslich völlig in sich aufnimmt. Oesophagus und Magen des Pilidiums werden auf solche Weise zum Oesophagus und Magen des Nemertes.“ Die erste Anlage des Nemer-. tinenkörpers, „die Bauchanlage, hat eine nachenförmige Gestalt und ist mit ihrer Concavität nach oben, dem Scheitel zu gerichtet.“ „Man kann sich gewissermassen vorstellen, dass derselbe aus zwei Blastenstreifern zu- sammengesetzt werde, einem rechten und linken, die sich zu Seiten des Mundtrichters wulstartig entwickelt hätten.“ Jene eine napfartige Grube rechts und links aussen an diesem Streifen deuten die Autoren als An- lage der Flimmercanäle, d. h. der Excretionsgefässe. Ferner beobachteten sie die Anlage des Rüssels und des Gehirns. Ueber die allererste An- Historische Einleitung. 315 lage der Nemertine konnten Leuckart und Pagenstecher nichts in Erfahrung bringen. Sie sind aber der Meinung, dass die Entwickelung der Nemertine im Pilidium wohl eher etwas mit einer Metamorphose zu thun habe, als mit einem Generationswechsel. Fundamentale Bedeutung besitzen die Untersuchungen Metschni- koff’s 1870 (No. 118). Metschnikoff verfolgte die Entwickelung der Eier — wahrschein- lich einer Mierura — bis zum Entstehen des Pilidiums. Nach ihm furecht sich das Ei total-äqual (riehtiger ist wahrscheinlich total-inäqual), dann entsteht eine Blastula, welche sich zur Gastrula umwandelt; beide besitzen ein Flimmerkleid und letztere erlangt die charakteristische Er- scheinung eines Pilidiums vor allem dadurch, dass sich auf der Spitze der hutförmigen Gastrula ein Wimperschopf wie eine Borste erhebt. Die erste Anlage der Nemertine im Pilidium besteht in zwei paarigen, sich nach innen stülpenden Epidermisverdickungen, Ge- bilden, welche bereits Joh. Müller gesehen und als vier Saugnäpfe be- schrieben hatte. Diese Einstülpungen schnüren sich völlig vom Mutter- boden ab und legen sich an den Darm des Pilidiums; ihre dem Darm zugekehrte Wandung verdickt sich bedeutend, die äussere hingegen bleibt dünn. Die vier Einstülpungen breiten sich in der Folge scheibenartig um den Darm herum aus und verwachsen schliesslich miteinander. Ihr dünnes äusseres Blatt wird zu einer Hülle, vom Autor als Amnion be- zeichnet, das dicke innere spaltet sich nachträglich in zwei Blätter, von denen das äussere die Epidermis und das Nervensystem der Nemertine, das innere ihre Musculatur liefern soll. Dort, wo sich die beiden vorderen saugnapfartigen Einstülpungen mit ihrem Vordertheil vereinigen, tritt der Rüssel ebenfalls in Form einer Einstülpung auf. ' Ferner kommen noch ein Paar Bläschen zum Vorschein, „welche in einem gewissen Zusammenhange mit dem Oesophagus zu sein scheinen“ und als Anlage der Cerebralorgane gedeutet werden müssen. Der Darm der jungen, dem Pilidium entschlüpfenden Nemertine ist hinten geschlossen. „Der durch das Verwachsen von vier. Scheiben entstandene Keim- streifen repräsentirt die künftige Bauchfläche nebst dem Kopfe der Nemertine, während sich die Körperbedekung des Rückens erst secundär bildet.“ O0. Bütschli’s Resultate (1873, No. 121) decken sich im Wesent- lichen mit denen Metschnikoff’s. Indessen ist Bütschli der Ansicht, dass die Cerebralorgane nicht vom Oesophagus (des Pilidiums) aus an- gelegt werden, sondern je eine nach oben und innen gerichtete Ein- stülpung des vorderen Theils der hinteren Platte seien. Ausserdem constatirt dieser Autor aber die Entstehung von zwei Organen, die sich als zwei ansehnliehe, ziemlich früh erscheinende Ausstülpungen des Oesophagus anlegen. Sie besitzen dicke Wände und einen spaltförmigen ol4 Embryologie. Hohlraum, dessen Inneres lebhaft wimpert. Ferner beschäftigte sich Bütsehli mit der Organisation des Pilidiums, in deren Ergründung uns Salensky 1886 (No. 200) am weitesten vorwärts gebracht hat. Salensky erkennt dem Pilidium ein ausgedehntes Nervensystem zu. Nach ihm befindet sich unter der Wimperschnur ein Nervenring, welcher eine gangliöse Anschwellung jederseits vor dem Oesophagus besitzt, ferner ist die Scheitelplatte ein nervöses Centralorgan, und auch der Muskelstrang, welcher zu ihr führt, soll nervöse Fasern enthalten. Als Mesodermgebilde des Pilidiums bezeichnet der Autor die Muskelfasern und die Mesen- chymzellen, das sind jene verästelten Zellen, die sich in einer gelatinösen Masse zwischen Ekto- und Entoderm ausspannen. Salensky unter- scheidet 1) die Muskelfasern der Scheitelgrube, welche aus einem Paar von hückziehmuskeln bestehen, 2) die Muskelsebicht der Subumbrella, welche der Epidermis jener dicht anliegt und sie von der gelatinösen Centralmasse des Pilidiums abtrennt, und schliesslich 5) die beiden grossen Muskeln der Seitenlappen; diese treten aus der subumbrellaren Muskelschicht heraus und haben jeder die Gestalt eines Dreiecks, dessen Basis dem unteren Rande des Seitenlappens zugewandt ist. In seinen embryologischen Studien stimmt Salensky mit Bütschli darin überein, dass das Mesoderm der Nemertine aus dem Mesenchym des Pilidiums seinen Ursprung nimmt. Das Entoderm des Pilidiums geht in den Darmcanal der Nemertine über. Gehirn und Seitenstämme nehmen aus den tieferen Schiehten der mehrschichtig gewordenen Kopf- scheiben ihren Ursprung. Die Seitenstämme wachsen nach hinten aus. Die äussere Schicht der Kopfscheiben bildet die Haut. Die Cerebralorgane kommen aus dem Ektoderm des Pilidiums. Ueber die Bedeutung der ÖOesophagealeinstülpungen ist Salensky nicht ins Klare gekommen. Das Ektoderm der Kopfscheiben liefert auch durch Einstülpung das Rüsselepithel. Salensky unterscheidet ein Kopf- und Rumpfmesoderm. Das erstere giebt auch der Rhynehocölomwand den Ursprung. Es tritt keine Spur von Gölom im Kopfmesoderm auf; als Ersatz eines solchen kann man die Rhynehocölomanlage resp. die Höhle desselben betrachten. Indessen entstehen Blutlacunen im Kopfmesoderm. Im Rumpfmesoderm aber tritt eine Spaltung auf; es wird ein Cölom gebildet, begrenzt von einem dem Darm und der Körperwand anliegenden Blatte. Das ursprünglich einheitliche Cölom zerfällt später durch von den beiden Blättern ein- wachsende Zellfortsätze in ein Lückensystem. Mesodermzellen liefern auch die Musculatur des Rüssels, indem sich das seine Anlage umlagernde Kopfmesoderm in zwei Blätter spaltet: das äussere erzeugt, wie schon angedeutet, die Rhynchocölomwand, der Spalt die Höhle des Rhyncho- cöloms. Trotz der der neueren Zeit angehörenden Untersuchungen von Hubrecht (Desor’sche Larve) und Salensky (Pilidium) herrschte eine nicht unbedeutende Unsicherheit in unserer Kenntniss von der Ent- Historische Einleitung. 319 wickelung verschiedener Organsysteme der Nemertinen, da die beiden genannten Forscher hinsichtlich derselben zu sehr widersprechenden Re- sultaten gekommen waren. So soll z. B. nach Hubrecht das Central- nervensystem mesodermalen, nach Salensky indessen ektodermalen Ur- sprungs sein, nach ersterem das Rhynchocölom aus der Furchungshöhle (mitsammt den Blutgefässen) hervorgehen, nach letzterem aber durch einen Spaltungsprocess des Mesoderms sich neu bilden. Um diese Wider- sprüche zu lösen und vorhandene Lücken auszufüllen, nahm der Ver- fasser 1894 (No. 241) von neuem die Untersuchung des Pilidiums in Angriff, welche, theils im Einklang mit früheren Forschern, zu folgenden Ergebnissen führte. Der Nemertinen-Embryo wird im Pilidium durch sieben Ein- stülpungen (nicht sechs, wie man bisher annahm) gebildet, von denen Je zwei paarige und eine unpaare von der Pilidienhaut, die dritte paarige von der Oesophaguswand sich herleiten. Aus den zwei Paaren der Pilidienhaut gehen das vordere und hintere Paar der Keimscheiben (Kopf- und Rumpfscheiben), aus dem des Oesophagus die Nephridien, und aus der unpaaren Einstülpung der Rüssel und das Rhynchocölom hervor. Jede der Einstülpungen der Pilidienhaut besteht nach Abschnürung von ihrem Mutterboden ausser dem Amnion aus einem äusseren, ekto- dermalen und einem inneren, mesodermalen, ursprünglich einschichtigen Zellblatte. Ersteres stammt direct von der Pilidienhaut ab, letzteres wird durch die von den Einstülpungen vorgedrängten Gallertzellen des Pilidiums gebildet, die bekanntlich das Mesoderm des Pilidiums repräsen- tiren. Dieselbe Ansicht über die Herkunft der Mesodermplatte der Keimscheiben hat zuerst Bütschli gegen Metschnikoff vertreten. Beide Blätter werden sehr bald mehrschichtig. Bei den Kopf- und Rumpfscheiben wird die aus dem Ekto- und Mesoderm aufgebaute Zellen- platte als Keimplatte dem Amnion gegenübergestellt. Der Rüssel entsteht aus der unpaaren Einstülpung, indem ihr Ekte- derm sein inneres Epithel und wahrscheinlich auch seine innere Längs- muskelschicht (es handelt sich um Heteronemertinen-Embryonen), ihr Mesoderm seine Ring- und äussere Längsmuskelschicht nebst äusserem Epithel liefert, nachdem es sich indess vorher in zwei Blätter gespalten hat, von denen das nicht für den hüssel verbrauchte äussere die Rhynehocölomwand bildet und der zwischen beiden entstandene Hohlraum sich in die Rhynchocölomhöhle ausweitet. Die Oesophagusausstülpungen wandeln sich in die Nephridien um, indem sie sich völlig von der Oesophaguswand abschnüren, mit den hinteren Keimscheiben verschmelzen, sich ausweiten und in verschiedenen‘ Richtungen handschuhfingerförmig auswachsen. Sie sind anfangs völlig gegen die Aussenwelt und auch gegen die Amnionhöhle abgeschlossen. Der Ausführgang des Nephridiums muss nachträglich durch eine Ein- stülpung des Epithels des dem Pilidium entschlüpften Nemertinen- Embryos angelegt werden. 316 Embryologie. Die Blutgefässe gehen aus einem Hohlraum hervor, welcher in der von dem vorderen Keimscheibenpaar umgrenzten Gallerte des Pilidiums (nachdem diese Scheiben miteinander verwachsen sind) auftritt, sich nach hinten in den Embryo hinein fortpflanzt und gekammert wird. Das Centralnervensystem entsteht aus den tieferen Schichten des äusseren Blattes der Keimplatte sowohl der Kopf-, als auch der Rumpfscheiben (und nicht einzig, wie Salensky meint, der Kopfscheiben). Es ist also ektodermalen Ursprungs. Es legt sich zu der Zeit an, wo die vorderen und hinteren Scheiben miteinander verwachsen. Die vorderen Keimscheiben liefern die dorsalen Gehirnganglien, die hinteren die ventralen und die Seitenstämme (= Lateralnerven). Die Cerebralorgane stülpen sich von der Keimplatte der hinteren Keimscheiben aus, wenn dieselben noch nach aussen offene Einstülpungen des Pilidienectoderms bilden. Die Verbindung der Cerebralorgane mit den dorsalen Ganglien ist eine nachträgliche. Die Kopfspalten entstehen als rinnenartige Vertiefung der äusseren Schicht der Keimplatte der Kopfscheiben. Die Körperwand geht theils aus dem Ektoderm, theils aus dem Mesoderm der Keimplatte der Keimscheiben hervor. Nämlich Epithel, Cutis und äussere Längsmuskelschicht entstehen aus der oberflächlichen, nicht zur Bildung des Öentralnervensystems aufgebrauchten Schicht der Keimplatten, Ring- und innere Längsmuskelschicht hingegen aus der Mesodermlamelle der Keimplatte. Der Oesophagus des Pilidiums geht in den Vorderdarm, der Ento- dermsack in den Mitteldarm der Nemertine über. Ersterer ist mithin ekto-, letzterer entodermal. Der After muss später zum Durchbruch kommen. Letzterdings hat sich Coe*) mit der Entstehung des Pilidiums und seiner Histologie beschäftigt. Wir werden auf diese Untersuchungen später eingehen. Von Barrois 1377 (No. 148) ist noch ein dritter Typus der Nemer- tinenentwickelung zum ersten Mal behandelt worden, bei dem eine Meta- morphose ausbleibt. Die Nemertine erfährt eine direete Entwiekelung. Barrois beobachtete diese Art der Embryonalentwickelung bei ver- schiedenen Metanemertinen, unter anderen Amphiporus lactifloreus. Die Furchung soll wiederum äqual-total sein, das Produet eine Blastula, mit einer indessen ausserordentlich kleinen Höhle. Eine im Vergleich mit Lineus gesserensis überaus kleine Einbuchtung des einen Poles zeigt die Einleitung der Gastrulation an; diese neue Höhlung vertieft sich, ihre Aussenöffnung verengt sich. Eine Häutung findet nicht statt. Der Ur- mund schliesst sich; Mund und Oesophagus der Nemertine entstehen seeundär wie auch der After. Die äussere Schicht der Gastrula, welche *) Coe, R. W., Development of the Pilidium of certain Nemerteans. In: Transact. Conneet. Acad. Bd. 10. 1899, p. 235—262, tab. 31— 55. Historische Einleitung. 817 in anderen Fällen wimpert und an einem Ende einen Cilienschopf trägt, geht direct in das definitive Epithel über, das Entoderm liefert den Mittel- darm, und das zwischen diesen beiden Blättern gelegene Zellmaterial das Mesoderm. Die directe Entwickelung wurde 1884 eingehend von Salensky (No. 187) und 1897 von J. Lebedinsky*) studirt. Salensky diente als Object eine Metanemertine, welche Uljanin (No. 117) in der Bucht von Sebastopol entdeckt und als Borlasia vivipara beschrieben hatte. Salensky hat für sie das Genus Monopora errichtet. Ich bin der Meinung, dass sie ein Prosorhochmus ist. Die Furchung ist inäqual. Es entsteht ein Blastoecöl. Das Mesoderm bildet sich, indem sich an mehreren Orten vom Blasto- derm Zellen abtheilen. Es folgt eine invaginatorische Gastrula. Der Blastoporus liegt dem hinteren Ende des Embryos nahe. Die Mesoderm- zellen lagern sich in zwei Gruppen; die eine nahe beim Blastoporus er- zeugt die Musculatur und alle Organe mesodermalen Ursprungs, mit Aus- nahme der Musculatur des Kopfes und des Rüssels, sowie mit Ausnahme des Rhynchoeöloms, welche aus der andern, am entgegengesetzten Ende des Embryo aufgespeicherten Gruppe sich herleiten. Der Blastoporus schliesst sich und wird weder zum Munde noch zum After. Der Rüssel lest sich als ekto-mesodermale Einstülpung an. Das Ektoderm liefert das Innenepithel, das Mesoderm die Museulatur des Rüssels und das Rhynchocölom. Das Entoderm stellt noch einen soliden Zellballen vor, erst später wandelt es sich in das Mitteldarmepithel um. Der Oesophagus ist ektodermaler Natur. Vom Ektoderm stammen auch die Ganglien; die Seitenstämme sollen die nach hinten ausgewachsenen Ganglien vorstellen. Die Kopfdrüse repräsentirt einen Haufen stark ent- wickelter ektodermaler Drüsenzellen. Es soll eine Leibeshöhle entstehen, indem sich das Mesoderm, welches sich in der Nähe des Blastoporus be- findet, spaltet. So soll sich ein somatisches und splanchnisches Blatt bilden und ersteres dem Hautmuskelschlauch den Ursprung geben. Das Kopfmesoderm soll sich ganz in Parenchym umwandeln. Der Anus er- scheint erst sehr spät. Lebedinsky beschäftigte sich eingehend mit der Embryologie von Tetrastemma vermiculus und Drepanophorus spectabilis. Seine Resultate sind im Wesentlichen folgende: Das Ei furcht sich total-inäqual und entwickelt sich zu einer bipo- laren Blastula, in deren einziger Zellschieht man bereits die Mutterzellen aller drei Keimblätter unterscheiden kann. Den oberen Pol repräsen- tiren Ektoderm-, den unteren Entodermzellen; letztere werden von vier grossen runden Zellen eingefasst, den Mesodermzellen. Später werden die Entodermzellen eingestülpt, den ziemlich geräumigen Urdarm liefernd. *) Beobachtungen über die Entwickelungsgeschichte der Nemertinen. In: Arch. mikrosk. Anat. Bd. 49, p. 503—650, tab. 21—23. 818 Embryologie. Der Urdarm öffnet sich nur kurze Zeit durch den Blastoporus nach aussen, mit dem er durch einen röhrenförmigen Fortsatz communicirt, der sich in den Blinddarm der Nemertine umwandelt. Der definitive Oesophagus, Mund und Enddarm repräsentiren nachträgliche ektodermale Einstülpungen. Auch Frontalorgan und Kopfdrüse sind ektodermale Einstülpungen. Der Rüssel verdankt einer Ektodermverdiekung seinen Ursprung, welche sich gleichfalls einstülpt. Bei Tetrastemma gabelt sich diese Einstülpung in zwei Schenkel: der dorsale bildet den Rüssel, der ventrale den Schlund. Der Schlund ist jener vorderste Darmabschnitt, der sich in das Rhyncho- däum öffnet (vel. Taf. IV, Fig. 6). Die vier Urmesodermzellen treffen wir später in je einem Paar vor und hinter dem Blastoporus. Eine jede erzeugt einen Mesodermstreifen, der sich spaltet, ein somatisches und splanchnisches Blatt erzeugend und zwischen diesen einem Cölom Raum gebend. Alle vier Anlagen verwachsen untereinander. Musculatur des Rüssels und Rhynchocöloms sind mesodermale Bildungen, die Lebedinsky auf zwei Mutterzellen zurückführt. Das Gehirn entsteht aus zwei Paar Ektodermverdickungen, die von einander getrennt und unabhängig auftreten. Auch die Seitenstämme legen sich für sich aus besonderen Ektodermleisten an. Die Cerebral- organe stellen Einstülpungen des Ektoderms vor. 1874 wurde durch Dieck (No. 126) noch ein anderer Entwickelungs- typus bekannt, der als Bindeglied zwischen dem direeten und dem mittels Desor’scher Larve betrachtet werden kann. Er entdeckte ihn bei einer parasitischen Mesonemertine, Cephalothrix galatheae, welche im Eibeutel von Galathea strigosa schmarotzt. Die Entwickelung ist keine völlig directe, weil der Embryo sein ursprüngliches Wimperepithel abwirft. 2. Die Eireife. Nachdem die Eier ihre definitive Grösse erreicht haben, enthalten sie ein relativ sehr umfangreiches Keimbläschen. Bei Tetrastemma vermi- culus misst dasselbe beispielsweise über die Hälfte des Eidurchmessers, fast die Hälfte bei Drepanophorus spectabiis (Lebedinsky) und etwa /, bis ?/, bei Cerebratulus marginatus (Coe). Das Keimbläschen be- sitzt eine annähernd sphärische, seltener elliptische Gestalt und birgt einen oder mehrere ansehnliche Nucleolen und ein chromatisches Reti- eulum. Bei Cerebratulus marginatus befindet sich im Ei nach Coe nur ein Nucleolus, welcher ungefähr den vierten Theil des Nucleus-Durch- messers innehat. Die Reifung des Eies vollzieht sich, soviel wir bisher wissen, bei den oviparen Nemertinen nach der Eiablage. Sie besteht, kurz ge- sagt, in der Auflösung des Keimbläschens und Ausstossung von zwei Riehtungskörperchen. Sie wurden beobachtet von Hubrecht (No. 130) bei Lineus gesserensis, von Hoffmann (No. 142 und 144) bei Eireife, 319 Oerstedia dorsalıs und Malacobdella grossa, vom Verfasser (No. 256) bei Eumemertes gracilis, von Lebedinsky (op. eit. p. 317) bei Tetrastemma vermieulus und Drepanophorus spectabilis und von Coe*) bei Gerebratulus leidyi, marginatus, lacteus, Mierura caeca und Lineus socialis. Die genauesten Beobachtungen verdanken wir W.R. Coe. Bei den Eiern von Cerebratulus leidyi sieht man sechs Minuten nach ihrer Ablage ein Paar kleine Vertiefungen an der Membran des Keimbläschens, und zwar derjenigen Seite, welche der Peripherie des Eies am nächsten liegt. In jedem Grübchen erscheint ein Gentrosom nebst Strahlensphäre. Unter- dessen hat sich, wie Coe bei Cerebratulus marginatus feststellte, im Innern des Keimbläschens eine wichtige Veränderung vollzogen. Das chroma- tische Netzwerk hat seine Fähigkeit, sich mit Hämatoxylin zu färben, verloren; man trifft aber nunmehr eine grosse Anzahl sehr kleiner Körn- chen an, welche sich lebhaft mit jenem Farbstoff tingiren. Diese Fig. XLIV. Fig. XLV. Fig. XLIV. Cerebratulus marginatus. Erste Richtungsspindel mit den in Theilung be- griffenen Chromosomen. (Nach W. R. Coe, op. eit. p. 319.) Fig. XLV. Cerebratulus lacteus. Die beiden Richtungskörperchen in „Filarthätigkeit“ begriffen. Das Ei befindet sich im Stadium der ersten Furche. (Nach E. A. Andrews, op. eit. p. 320.) Körnchen leiten sich aus dem chromatischen Reticulum her und erzeugen in der Folge durch theilweise Verschmelzung ungefähr 16 Chromo- somen, welche später in die erste Richtungsspindel eintreten. Die Ent- stehung der ersten Richtungsspindel bahnt sich dadurch an, dass sich an den Stellen, wo die beiden Polkörperehen lagern, die Membran des Keimbläschens auflöst. Der Nucleolus verschwindet, die beiden Strah- lungen der Polkörperchen dringen, sich entgegenkommend, immer tiefer in das Keimbläschen ein, welches sie in zwei ungleiche Stücke spalten, von denen zunächst die Substanz des mehr peripheren vom Eiplasma resorbirt wird. Alsdann beobachtet man, wie sich die Chromosomen an der Peripherie der beiden Strahlungen sammeln, allmählich zwischen beide genommen werden, die Sphären die Richtungsspindel erzeugen, welche sich derartig um etwa 90° dreht, dass sie sich in die Richtung *) The Maturation and Fertilization of the Egg of Cerebratulus. In: Zool. Jahrb. Abth. Anat. Ontog. Bd. 12, 1899, p. 425—476, tab. 19—21. 320 Embryologie. eines Eiradius einstellt. Während dieses Processes ist die gesammte Masse des Nucleus, mit Ausnahme der 16 Chromosomen, resorbirt worden. Die Chromosomen, welche sich in der Aequatorialplatte der Richtungs- spindel befinden, theilen sich und wandern an die entgegengesetzten Pole der Spindel. Darauf vollzieht sich die Ausstossung des ersten Rich- tungskörperchens in bekannter Weise. Coe betont, dass das erste Richtungskörperchen viel grösser als das zweite, aber dennoch im Vergleich mit der Eizelle viel kleiner ist, als bei den meisten Thieren. Es misst weniger als '/‚s des Durchmessers der Eizelle und besitzt demnach nicht mehr als "/sooo der Substanz der Eizelle. Die Fädchen beider Astrosphären bilden sich, ehe sie die Erzeugung des zweiten Richtungskörperchens einleiten, zum Theil neu, zum Theil sind sie indessen identisch mit denen der ersten Riehtungsspindel. Im Uebrigen vollzieht sich die Bildung des zweiten Richtungs- körperchens wie die des ersten. Die Chromosomen der beiden Richtungsspindeln gleichen den bei Thysanozoon und anderen Seeplanarien gefundenen. In der Mehrzahl bilden sie Ringe, sodann auch unregelmässig diamantförmige Körper. Nach Coe muss man annehmen, dass eine numerische Reduction der Chromosomen ausbleibt, da 16 stabförmige Chromosomen im Ei zurückbleiben sollen, welche sich in eine gleiche Anzahl von Gruppen kleiner Körner zerstückeln, die dann wieder für sich und schliesslich alle miteinander verschmelzen, um den weiblichen Vorkern zu erzeugen. Dagegen findet nach Lebedinsky eine solche Reduction in den Eiern von Tetrastemma vermiculus statt, indem die erste Richtungsspindel vier doppelte Chromosomen enthält, von denen vier Theile in das erste Richtungskörperchen übergehen und vier dem Ei vorläufig verbleiben, bis mit dem zweiten Richtungskörperchen zwei ausgestossen werden, 80 dass der weibliche Vorkern von nur zwei Chromosomen erzeugt wird. Bei Drepanophorus spectabilis wurde von Lebedinsky eine Nach- theilung des einen (es ist fraglich ob des ersten oder zweiten) Rich- tungskörperchens festgestellt. Alle Forscher betonen die ausserordentliche Zähigkeit, mit der sich die Richtungskörperchen erhalten, so dass sie sogar noch am Embryo zu entdecken sind. Während ihrer Fortdauer zeigen die Riehtungskörperchen nach A. E. Andrews*) merkwürdige Filarerscheinungen. Die Filar- thätigkeit beginnt bald nach der Ausstossung der Polkörperchen und be- steht darin, dass dieselben feine Plasmastrahlen aussenden, welche die Polkörperchen untereinander und auch mit dem Ei verbinden. Die Plasmastrahlen umgeben das erste Richtungskörperchen zeitweise in seiner *) Andrews, A. E., Activities of Polar Bodies of Cerebratulus. In: Arch. Ent- wiekelungsmechanik d. Organism. Bd. 6, p. 228—248, 1898. Eiablage. 32] gesammten Peripherie, beschränken sich aber bei dem zweiten im wesent- lichen auf zwei Pole, die sich spitz ausziehen. Die feinen Protoplasma- strahlen sind anfangs und längere Zeit hindurch sehr kurz, später ver- längern sich namentlich diejenigen des ersten Richtungskörperchens be- deutend. Andrews hat die Filarthätigkeit der Richtungskörperchen von Cerebratulus lacteus, die ihm als Object dienten, bis in das Larval- stadium verfolgen können, alsdann verlor er die Körperchen aus den Augen. 3. Die Eiablage. a. Die Zeit der Geschlechtsreife fällt in der Nordsee und im Mittelmeer im Allgemeinen in die Frühlings- und Sommermonate, dehnt sich aber nach den Beobachtungen von MelIntosh auch in der Nordsee bis in den Winter hinein aus. Leider sind unsere Beobachtungen über diese Verhältnisse sehr unvollkommen ; ausser den genannten Meeren wissen wir nur noch Einiges über die Küsten Neu-Englands*), wo ebenfalls der Sommer bevorzugt wird. Das Nähere ist aus den Tabellen auf S. 322 und 323 ersichtlich. b. Die Art und Weise der Eiablage. Die Eier werden seltener einzeln, wie bei Oerstedia dorsalis (nach Hoffmann No. 142 und Barrois No. 148) und Lineus lacteus (nach Metschnikoff No. 175), abgelegt, sondern meist zu Schnüren oder Ballen vereinigt abgesetzt, wie bei Cephalothrix galatheae (nach Dieck No. 126), Eunemertes gracilis (nach MeIntosh No. 125), Geonemertes australiensis (nach Dendy No. 231), Amphiporus ochraceus (nach Coe*), Malacobdella grossa (nach Hoffmann No. 144), Lineus gesserensis (nach Desor No. 66, M. Schultze No. 76 u. a.) und wahrscheinlich den meisten anderen Nemertinen. Dabei kann das Legegeschäft derartig vor sich gehen, dass der ge- sammte Inhalt der Ovarien, der in der Regel aus einer grösseren Anzahl von Eiern besteht, auf einmal den mütterlichen Körper verlässt, wie das hei Lineus gesserensis wiederholt beobachtet worden ist oder dass die Eier einzeln in grösseren oder geringeren Intervallen aus dem Ovarium aus- treten. Den letzteren Modus hat Dieck (No. 126) von Cephalothrix galatheae beschrieben, und ähnlich vollzieht sich auch die Eiablage bei Geonemertes australiensis, welche nach Dendy (No. 231) dreimal inner- halb 20 Tagen grössere Mengen von Eiern ausstiess. Mit den Eiern tritt aus den Ovarien eine wässrige, wahrscheinlich eiweisshaltige Flüssigkeit aus, welche die einzelnen Eier umgiebt, ausserdem aber wird von den Hautdrüsen, welche mitunter, wie bei Cari- nella, eine starke Vermehrung zur Zeit der Geschlechtsreife erfahren, in ”), Coe, R. W., Notes on the times of breeding of some common New-England Nemerteans. In: Science, N. S. Vol. 9. 1899, p. 167—169. Brenn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 21 ad Embryologie. 909 soydry urqnof ‘ysoguJaW soydIg ‘ysoyuJoMN ERSTEN urqnopf ysoyujaW ysoyujom ‘IosITeAd urqnopf ysoyuj>oW urqunof ‘soyaıy urqnof (q ‘ysoyujow (V ysoyuj»W ysoyujaW ysoyujJaW urqnorp(g‘urgqunorfpm ysoyujpaW (Y (ezzın) JJ9uUJ010 47 (pdean) TaSsıng (I ‘sındeyn pun ysoyujaW (Y ysoyujoW ysoyujaW aoSıng (J ‘ysoyupoW (Y ysoyuJj>aW urqnof urqnopf rose UUrWSAURAON (odejqy) jady 'n zuemw 6 (oSeqy) EM & c y—tudy d 6 (uaorg uopro.t gr) Judy (oserqy) [dy (ueuoAtqug pu)ue£—te N (uauoxX.ıq -LUAM JIWw) np pun tunp e 6 (esefqy) TU R (aseqy) BR & 6 "I99 U 19331 W 4 "uoyıy aoyoasıedoane 9 6 (Ode]qy) ToquaaoN ag) unp—ndy Gy) EqUMIT—WRIOPO („9Sefgerg) tunf 6 (oSefqy) EN —tenurf (opoy) aaqwoydag pun unf ‘WW (ose]qy) unp—udy (e3r[qY) Te (aSe]qy) 9sgq ag —Tunf (oSerqV) 48q1°H7—IeN (feyasuasury -95 Ip UI odefqy) TOqwsaon—ımf (ewaodg woge.t Au) snony tunf (oSeIqy) ogsuy 'zueig Isnsny 'n tunf oysnyy "ug Jady—.tenuef (ueuoAıqwrg Aw) VEIOPO—IML (odeıqy) udy (adefqy) pady pun zıeW (oSeJqV) (ooy) Tunp—wenurf (aseay) uf (Sefqy) tung (osefqy) unf Teueg pın 99SpIoN Y Jloaisgy9ofy9asen ıop offeqeL "uoy snypuab.mm snnD.99.) 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TIT11o A 909) 909 ITTTIO A 90) 907) 0 IITIIo A 907 90n 80 909 909 IITTIOA 907) 890 90) 90% 909 UUBWSIUBMAON "UHFJAV AOUISTURYLIOWEBEPIOU -redrara (SÖT ON) sındeyg yeN (% pop ode) we Jsnsuy up ysnouy Sugguy—ımf 194090 Sure] UOA oysny Top UR AOWMWOSUNIT TUT ady—.ıenigaT SIOULUOS SPY W Jsnony punog-paıwÄoury wı ınf = SIOJULM OYM SUB UOA HYSNy Top uR sıoLuwmog oyım puejsug-nan UoA oJsnyy uoyaIpns ap ue TunP—.tentqag ysusny = ysnauny—Imf JSnSny— If Snany— Inf — = Tunp— Te == ysnany puepdug-non uoa oJsnyy oyaıpus Isnsny—Imf ISUOnY — ysnony — ysnoany — ımp Hauke 'TIOH spooM uoarH MON °q Y 21% "LO A Snpamy uo‘ 2Äpıa] R LO SN2WD] SnIMID.4g2.49) ‚ua‘ sun > "OA 09902 DAMKL ua dojoag (Xprorp) s2709108 [74 (TI) sısuauossob snaurT (FI) snynonu.aa = (TInW) wnpıpuma punuasD.«44s3L, "ıIOA SW9S.U1Q Y Io SN39D.u90 sn.odaydup "LIOA vanımbıb (mwauopajdurf) "TIOy Prrydoum.md saltawaung 907) sUagn.ı DAUDUaDA 90 Vonıgun.ınD PıJoddınT (oy1yyey) samaur) ar.upopwyda) 90) Ppanad PJaur.ımd) 'soroodg [14 oJteısYy9eTy9asog A9p afeogeL 824 Embryologie. der Regel bei der Eiablage ein gallertartiges Secret abgesondert, das die aus den zahlreichen Ovarien entlassenen Eier zu Schnüren oder Ballen miteinander verklebt. Tritt, wie bei Lineus gesserensis, der Inhalt der Ovarien auf einmal aus, so bewahrt derselbe in dem gallertartigen Hautseceret die Form der Ovarien, so dass die Eischnüre aus einer Anzahl birnförmig gestalteter Eiklümpchen zusammengesetzt sind. Ausserdem sind die Eier, wie Dieck (No. 126) für Cephalothrix gala- theae, Lebedinsky (vgl. op. eit. p. 317) für Drepanophorus spectabilis und Tetrastemma vermiculus angiebt, von einer doppelten Hülle um- geben. Das Mutterthier klebt seine Eier an Fremdkörper, mit Vorliebe an die Unterseite von Steinen, aber auch mitunter an andere Thiere. 2. B. Oerstedia rustica, eine Commensale von Cynthia rustica, heftet ihre Eier an die Kiemenfäden dieser Ascidie an (Joubin op. eit. p. 297). Die Nemertinen legen ihre Eier übrigens keineswegs immer in der Gefangenschaft ab. Coe hat z. B. beobachtet, dass ein (erebratulus lacteus dieselben mehr als zwei Monate zurückhielt und alsdann zu Grunde ging, ohne dass die Eier sich dem Anschein nach verändert hätten. Die Zahl der Eier, welche die Nemertinen produciren, ist ganz all- gemein bei den unbewaffneten Arten, viel grösser als bei den bewaffneten. Nach Coe liefert ein Cerebratulus lacteus von 1!/);, m Länge 50000 bis '/, Million Eier. Wie viel Eier mögen da Exemplare von 8 m Länge, welche nicht selten sind, geben, oder gar jene riesigen Lineus longissimus, von denen sogar ein 27 m langes Thier beobachtet worden ist! Uebrigens sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Enopla direct, die Anopla (vielleicht allgemein) mit mehr oder minder ausgeprägter Metamorphose entwickeln, so „ass die grössere Re- produetionskraft den letzteren, welche zum Theil frei schwimmende Larven erzeugen, eigenthümlich ist. Die Nemertinen sind selten lebendig gebärend. Letzteres ist von einigen Metanemertinen, nämlich Prosorhochmus claparedi und korot- neffi, Monopora vivipara, Borlasia malovskyi (die beiden letzten Arten sind wahrscheinlich ebenfalls dem Genus Prosorhochmus zuzurechnen) Tetra- stemma lacustris, einer Süsswassernemertine, und wenigen Heterone- mertinen, z. B. Lineus bilineatus (nach Chapuis und Riches) und vwi- parus Isler*) bekannt. Die den mütterlichen Körper verlassenden Jungen pflegen bis auf die Geschlechtsorgane fertig entwickelt zu sein. *) Isler, E., Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. Inaugural-Dissertation. Basel. 1900. Befruchtung. 325 4. Die Befruchtung findet sowohl ausserhalb als innerhalb des mütterlichen Körpers statt. Ersteren Fall hat man z. B. bei Lineus gesserensis, Kunemertes gra- cilis, Oerstedia dorsalis und Malacobdella grossa beobachtet und ferner künstlich bei vielen anderen Nemertinen erzielt. Nämlich Coe hat neuerdings (vgl. op. eit. p. 319) mit Erfolg die künstliche Befruchtung bei Cephalothrix linearis, Cerebratulus margi- natus, leidyi, Mierura caeca und etlichen anderen Heteronemertinen an- gewandt. Er öffnete die von reifen Eiern strotzenden Weibchen mittels je eines Längsschnittes am Rücken rechts und links vom Rhynchocölom. Die Contractionen des also verletzten Thieres liessen darauf die Eier aus- treten. Spermatozoen verschaffte er sich durch Punctation geschlechtsreifer Männchen mit einer feinen Nadel. Coe empfiehlt diese Art der Ge- winnung von Samen, um nicht zu vieldavon zu erhalten, weil sonst leicht doppelte Befruchtung der Eier und abnorme Entwickelung der- selben eintreten. Eine Befruchtung innerhalb des mütterlichen Körpers erfolgt z. B. bei Cephalothrix galatheae, Geonemertes australiensis, Tetrastemma lacustre und ist ferner für alle lebendig gebärenden Arten anzunehmen und unter letzteren bereits für Prosorhochmus (Monopora) viviparus von Salensky (No. 187) nachgewiesen worden. Die Befruchtung der Weibchen vollzieht sich z. B. bei Zetrastemma lacustre nach G. du Plessis (No. 249), indem ein Männchen seine Ge- schlechtsproducte in das Wasser spritzt und diese durch die Geschlechts- öffnungen in die Ovarien eindringen, um die Eier zu besamen. Es kann also ein Männchen auf einmal mehrere Weibchen befruchten. Damit hängt wohl die Erscheinung zusammen, dass sich die Männchen im Vergleich zu den Weibchen bei diesen gesellig lebenden Würmern sehr viel seltener finden. Ein Gleiches ist nach Dieek (No. 126) bei Cephalothrix galatheae der Fall. Bei dieser Art wird ein Männchen (die ebenfalls selten sind) sein Sperma gleichzeitig über 5 oder 6 mit ihm gemeinsam einen Eibeutel von Galathea strigosa bewohnende Weibchen ausgiessen. Bei Geonemertes australiensis scheint geradezu eine Begattung stattzufinden, denn das geschlechtsreife Männchen wurde auf dem Rücken des geschlechtsreifen Weibchens sitzend angetroffen (Dendy No. 231). Die Spermatozoen dringen natürlich durch die Ausfuhrgänge der Ovarien in diese ein. Die intimeren Vorgänge der Befruchtung sind zum ersten Male eingehend von Coe 1899 (vel. op. eit. p. 319) bei Cerebratulus ge- schildert worden. Das Spermatozoon dringt in das Ei vor oder während der Erzeugung der Richtungskörper ein. Es vermag in das Ei an 326 Embryologie. jedem beliebigen Punete zu gelangen, aber in der Mehrzahl der Fälle bohrt es sich an demjenigen Pole in das Ei ein, welcher dem durch den Austritt der Riehtungskörperchen ausgezeichneten gegenüberliegt. Dieses ist geradezu Regel, wenn die Befruchtung stattfindet, ehe sich noch das Keimbläschen verändert hat. Aber auch der Pol, wo die Richtungs- körperchen auftreten, muss als bevorzugte Eintrittsstelle des Samen- thierchens gelten. Gewöhnlich bemerkt man die Gegenwart des Spermatozoons im Ei erst 10—15 Minuten nach Fig. XLVI. seinem Eintritt infolge z 7% einer Strahlensphäre, mit I der es sich umgiebt. So- lange sich das Ei noch im Stadium des intacten Keimbläschen befindet, ver- bleibt das Spermatozoon nahe der Peripherie und seiner Eintrittsstelle. Es verharrt hier bis nach der Bildung der ersten Rich- tungsspindel. Alsdann wandert es gegen das Centrum des Eies, und nach hier (oder auf dem Wege dorthin) kommt ihm später E . : der weibliche Vorkern ent- Fig. XLVI. Cerebratulus marginatus. Das Ei kurz 3 oeoen. ] /ereinleune vor der Verschmelzung von Ei- und Samenkern. Letzterer Se ! Di V TORTEN mit zwei Centrosomen und enorm entwickelter Sphäre findet im Centrum statt, auf den Eikern zuwandernd. unter amöboiden Be- Es bedeuten eik — Eikern, rk = Richtungskörperchen, wegungen beider Kerne. spk — Samenkern. Bei Cerebratulus leidyi ver- (Nach W. R. Coe op. eit. p. 319.) flossen vom Eintritt des Spermatozoons bis zu seiner völligen Verschmelzung mit dem weiblichen Vorkern 55 Minuten. Häufiger wird der Kopf des Spermatozoons im Ei von zwei Centro- somen und zwei Sphären, die eine Spindel vereinigt, begleitet, welche wandernd den Spermakern schliesslich zwischen sich nehmen. Die Strahlensphären des Spermakerns erreichen ihre grösste Entfaltung un- mittelbar vor des letzteren Verschmelzung mit dem Eikern. Darnach be- ginnen sie zu degeneriren. 183) 1 Furchung. 3 5. Die Furehung. Ueber die Furchung der Nemertineneier sind wir am eingehendsten dureh die gediegenen Untersuchungen von J. Barrois (No. 148) unter- richtet worden. Diese Studien wurden neuerdings durch W. R. Coe*) er- gänzt. Wir dürfen beide zu einem Ganzen verschmelzen. Bei dem Ei von Micrura caeca erscheint nach Coe die erste Furche eine Stunde und zehn Minuten nach der Befruchtung, eine Temperatur von 20° ©. vorausgesetzt. Die beiden Blastomeren sind anfänglich auf- fällig weit voneinander getrennt und hängen nur durch eine schmale Brücke von Protoplasma zusammen, später jedoch pressen sie sich fester aneinander. Die erste Furche ist, wie die zweite, eine meridionale. Die zweite Furche erfolgt aber nicht vollständig rechtwinklig zur ersten, so dass zwei der nun entstandenen vier Blastomeren etwas höher zu liegen kommen, als die anderen beiden. Indessen sind die vier Blastomeren durchaus gleich gross und weisen auch, was ihr Protoplasma anbetrifft, keine Unterschiede auf, indem eine jede der vier Theilzellen ein Viertel jenes fein granulirten Protoplasmas besitzt, das sich während der Befruch- tung am animalen Pol ansammelte, und ein Viertel des Deutoplasmas, welches gleichzeitig den vegetativen Pol einnahm. Unmittelbar nach ihrer Entstehung zeigen die vier Blastomeren eine beinahe völlig kugelige Form, so dass sie sich nur mit einem ganz geringen Theil ihrer Ober- flächen berühren und in der Mitte einen grossen Raum zwischen sich lassen. Aber schon etwa zehn Minuten später sind die vier Zellen der- art dicht aneinander gerückt, dass sie zusammen ein Viereck bilden und jener Hohlraum, die Furchungshöhle, bis auf einen geringen Rest ver- schwunden ist. Eine Seite des Vierecks misst ungefähr den Durchmesser des unsegmentirten Eis. Coe erblickt in der abweichenden Stellung der zweiten Furche das erste Anzeichen der „spiraligen Natur‘ der Eifurchung, welche Barrois bei gewissen Nemertinen entdeckte. Diese Eigenthümlichkeit macht sich in der Folge viel auffallender geltend, und Coe weist nach, dass sie sich schon durch die abweichende Stellung, welehe von nun an die Kern- theilungsspindeln einnehmen, anbahnt. Bei der dritten Klüftung, welche durch die Erzeugung einer äqua- torial verlaufenden Furche abgeschlossen wird, sind die aufwärts gerich- teten Spindeln in allen Zellen (dem Zeiger der Uhr folgend) etwas nach rechts geneigt. Dadurch erklärt es sich, warum die jetzt entstandenen acht Zellen sich von Anfang an nicht vollständig decken, sondern die vier oberen Zellen ein wenig auswärts, und zwar nach rechts verschoben von den vier unteren liegen. (Fig. XLVII). Wiederum sind die acht Theilungsproducte anfänglich fast kugelig. Die oberen vier sind wenig, aber deutlich grösser als die unteren, und anfänglich weiter voneinander *) Coe, R. W., Development of the Pilidium of certain Nemerteans. In: Transact. Connect. Ac. Bd. 10, p. 235—262, tab. 31—35, 1899. 328 Embryologie. getrennt als jene. Alsbald rücken sie jedoch ebenfalls zusammen und verschieben sich dabei so weit nach rechts, dass sie fast genau mitten in die Intervalle der vier unteren Zellen zu liegen kommen (Fig. XLVII). Diese Rotation erklärt Coe zweifellos treffend physikalisch als eine Folge der Oberflächenspannung. Es alterniren also die oberen und unteren Zellen miteinander. Die Furchungshöhle ist klein. Während der vierten Klüftung theilen sich die oberen vier Zellen schief abwärts und nach rechts hin, die unteren vier hingegen schief auf- wärts und nach links hin. Coe nennt diese Klüftung, der Stellung der Spindeln und der daraus resultirenden spiralig gedrehten Theilung ge- mäss, „left-handed“. Die fünfte Klüftung ist aber eine „right-handed‘, die sechste wiederum „left-handed‘“ und so fort. Bei allen Klüftungen tritt, wie bei der dritten, eine derartige Weiterverschiebung der Furchungs- zellen ein, dass die verschiedenen Zonen derselben regelmässig mitein- ander alterniren. A B Fig. XLVD. A. Ei von Mkerura caeca im achtzelligen Stadium, von der Seite gesehen. B. Dasselbe, von oben gesehen. Nach Coe (op. eit. p. 327). Das 16zellige Stadium wird durch dem Aequator parallele Furchen erreicht, gleichfalls das 32zellige, wie Barrois wenigstens für Amphi- porus lactifloreus nachgewiesen hat; dagegen erlangt das Ei dieser Meta- mertine sein 64zelliges Stadium in Folge meridionaler Furchen. Von nun ab wird die Regelmässigkeit des Furchungsprocesses dadurch nach Barrois gestört, dass gleichzeitig meridionale und dem Aequator paral- lele Theilungen der Furchungszellen stattfinden. Auch Coe macht hinsichtlich des Eies von Mierura caeca auf eine Einbusse der Gesetzmässigkeit des Klüftungsprocesses in vorgerückten Stadien aufmerksam. Bei der sechsten Klüftung nämlich theilen sich einige der 32 Zellen früher als die anderen, so dass sich etliche Zwischen- stadien zwischen dem 32- und 64zelligen Stadium einschieben. Eine Folgeerscheinung der spiraligen Theilung und Drehung der Furchungszellen ist der bereits von Barrois beobachtete Vorgang, dass sich die Abkömmlinge der vier oberen Zellen (des achtzelligen Stadiums) Furchung. 329 allmählich zum unteren Pol, die vier der unteren zum oberen Pol vor- schieben. Barrois hat diesen Process auch figürlich dargestellt. Der geschilderte Typus der Eifurchung verdient viel mehr total äqual genannt zu werden, als, dem geringfügigen Grössenunterschiede Rechnung tragend, welcher sich im achtzelligen Stadium zwischen den vier oberen und vier unteren Zellen bemerkbar macht, total inäqual, zu- mal derselbe in den späteren Stadien der Eifurchung sich nicht aufrecht erhält. Als total äqualen dürfte man ferner den Furchungsprocess der Eier bezeichnen von Lineus gesserensis (Barrois No. 148), Lineus lacteus (Metschnikoff No. 175), Cephalothrix galatheae (Dieck No. 126), Oer- stedia dorsalis (Barrois No. 148), Malacobdella grossa (Hoffmann No. 144). Dagegen verläuft der Furchungsprocess bei den Eiern einiger Meta- nemertinen auffällig inäqual. Wir verdanken die eingehendere Schil- derung eines solchen J. Lebedinsky”). Das Ei von Tetrastemma vermiculus theilt sich durch zwei meridionale, zu einander senkrechte Furchen in vier gleich grosse Blastomeren, welche eine röhrenförmige, oben und unten geöffnete Segmentationshöhle be- grenzen. Die äquatoriale Furche indessen zerlegt das Ei in zwei wesent- lich ungleiche Hälften, nämlich vier obere kleinere und vier untere grössere Zellen. Diese Differenz erhält und verstärkt sich in der Folge. Ein Gleiches hat Lebedinsky am Ei von Drepanophorus spectabilis beobachtet und früher Salensky (No. 187) bei Monopora veivipara”*). Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei diesen Eiern (wie allgemein im Thierreich) der animale Pol ist, welcher die kleineren Zellen enthält, während bei Micrura caeca nach Coe auf die animale Eihälfte die grösseren Zellen durch die äquatoriale Furche abgetheilt werden. Es darf nicht verschwiegen werden, dass Lebedinsky eine totale inäquale Furchung auch bei Oerstedia dorsalis, Amphiporus”**) und Eu- nemertes-j) beobachtet haben will und dieselbe für Prosorhochmus claparedi und korotneffi postulirt, da letztere eine bipolare Blastula besitzen. 6. Die Bildung der Blastula und Differenzirung der Keimblätter. Hinsichtlich des Eies von Micrura caeca berichtet Coe, dass unge- fähr neun Stunden nach der Befruchtung Cilien an der Aussenfläche sämmtlicher Zellen erscheinen und der Embryo anfängt zu schwimmen. Mit der Entwickelung der Cilien macht sich eine Bipolarität des *) Beobachtungen über die Entwickelungsgeschichte der Nemertinen. In: Arch. mikros. Anat. Bd. 49, p. 503—556 und 623—650, tab. 21--23, 1897. ##) wahrscheinlich = Prosorhochmus viviparus. *##) fehlt Angabe der Art. j) fehlt Angabe der Art. 390 Embryologie. Furchungsproduetes, welches nunmehr eine Blastula vorstellt, geltend, indem die Zellen des einen (animalen oder oberen) Poles sieh mehr ab- platten und etwa eubisch werden, die des anderen (vegetativen oder un- teren) dagegen sich zu hohen Prismen umbilden. Die Blastula rotirt nur um eine einzige Axe und vollzieht zwei bis drei Umdrehungen in der Secunde. Das Ei von Tetrastemma vermiculus repräsentirt nach Lebedinsky bereits im 32 zelligen Stadium eine bipolare Blastula mit einer derartigen Differenzirung der Zellen, wie wir sie eben beschrieben haben. Indessen verwischt sich hier der Grössenunterschied der Zellen beider Pole mit der weiteren Segmentation des Zellmaterials der Blastula allmählich wieder fast gänzlich. Lebedinsky bekämpft die Angaben von Barrois und ı Fig. XLVIIl. A, Vertiealer Schnitt durch die Blastula von Cerebratulus marginatus. Es bedeuten: ect Ektoderm, ent Entoderm, ms Mesodermzellen, msı Urmesodermzelle. Nach Coe (op. eit. p. 327). B. Vertiealer Schnitt durch die junge Gastrula von Lineus gesserensis. Es bedeuten: ect Ektoderm, ent Entoderm, ms Mesoderm. Nach Arnold (op. eit. p. 309). C. Paramedianer Längsschnitt durch die junge Gastrula von Drepanophorus spectabilis. Es bedeuten: ect Ektoderm, ent Entoderm, ms» und msh vordere und hintere Urmesoderm- zelle der linken Seite des Embryos, r Rüsselanlage. Nach Lebedinsky (op. eit. p. 317). Hoffmann, dass bei gewissen Nemertinen (Amphiporus lactfloreus und Oerstedia dorsalis) das Endresultat der Eifurchung in einer Morula be- stände, und, wie ich glaube, mit Recht. Die Segmentationshöhle, welche sich bei den herangezogenen Beispielen schon mit dem Beginn der Eiklüftung auffällig geltend macht, ist wohl ganz allgemein sehr geräumig in der Nemertinenklastulk ent- wickelt. Im Blastulastadium differenziren sich die drei Keim- blätter. F In den abgeplatteten Zellen des dorsalen Umfangs der Blastulas haben wir das Ektoderm, in den hohen, säulenförmigen ‚des ventralen das >msh blastulation und Differenzirung der Keimblätter. 33] Entoderm vor uns (Fig. XLVIIL, A). Das Mesoderm leitet sich nach Coe wahrscheinlich aus zwei verschiedenen Quellen her, nämlich 1) aus einer grossen, hinteren Polzelle (wie bei den Anneliden) und 2) von einigen Entodermzellen. Coe hat die Entstehung des Mesoderms am besten — obwohl nicht völlig befriedrigend — bei Cerebratulus marginatus verfolgen können. Hier sollen etliche der Entodermzellen, in Folge des starken Wachs- thums, welches sie erfahren, aus ihrem Verbande hinaus in die Segmen- tationshöhle gedrängt werden, in deren Flüssigkeit sie flottiren, und nun- mehr zu Mutterzellen des Mesoderms werden. Ausserdem aber soll die hintere Polzelle, welche ventral zwischen Ektoderm und Entoderm gelegen ist, durch fortgesetzte Theilung Mesoderm erzeugen (Fig. XLVIII, A, msu). Coe lässt aber die Möglichkeit offen, dass sich das gesammte Mesoderm von einer einzigen Polzelle ableitet, dass, mit anderen Worten, die aus dem Verbande des Entoderms in die Segmentationshöhle hinein geschobenen Zellelemente von jener Polzelle abstammen. Jedenfalls ist aber soviel sicher, dass das Mesoderm aus jener hohen Zellschicht deri- virt, welche die ventrale Wandung der Blastula bildet. Coe’s Untersuchungen bedeuten also in diesem Punkte eine Be- stätigung der embryologischen Studien Metschnikoff’s (1832, No. 175); ferner sind sie im Verein mit den Beobachtungen Arnold’s sehr ge- eignet, die Darstellung Hubrecht’s betrefis der Mesodermentstehung definitiv abzuweisen. Hubrecht (1885, No. 192) und Arnold*) haben sich beide mit der Entwiekelungsgeschichte von Lineus gesserensis (Desor’sche Larve) be- schäftigt. Nach Hubrecht entsteht das Mesoderm erst im Gastrulastadium. Es leitet sich aus Ektoderm und Entoderm ab. In beiden Keimblättern nämlich theilen sich an den verschiedensten Orten eine Reihe von Zellen quer, und die der Segmentationshöhle zugewandten Zellhälften emanci- piren sich, indem sie in das Blastocöl hinein auswandern. Arnold hin- gegen hat Beweise nur dafür erlangen können, dass die Entstehung des Mesoderms eine localisirte Erscheinung ist, da er eine Erzeugung von Mesoderm stets an zwei bestimmten Stellen, nämlich rechts und links vom Blastoporus, wahrnahm (Fig. XLVII, B). Wie Hubrecht beobachtete auch Arnold die Mesodermerzeugung erst in der Gastrula. Salensky’s (1884, No. 187) Resultate, welche am Ei von Monopora vivipara gewonnen wurden, stimmen wiederum mehr mit Hubrecht’s überein, da nach ersterem das Mesoderm an mehreren Orten der Blastula freilich durch Emigration von Blastodermzellen seinen Ursprung nehmen soll. Sehr entschieden spricht sich aber Lebedinsky (1897, op. eit. p. 317) gegen eine Entstehung des Mesoderms in Folge einer Emigration von Blastodermzellen aus, sei es im Blastulastadium oder später; eben- =) op. eit. p. 309. 333 Embryologie. sowenig giebt er Hubrecht Recht, sondern leitet bei Tetrastemma ver- miculus und Drepanophorus spectabiis das Mesoderm aus vier grossen Zellen ab, die vor und hinter dem Entodermfelde paarweis gelagert sind und dasselbe vom Ektoderm abgrenzen (Fig. XLVII, C, msv, msh). Lebedinsky hat diese vier Zellen bereits frühzeitig im Blastulastadium erkennen können. Indessen treten sie erst relativ spät in Thätigkeit, nämlich erst nach der Gastrulation, nachdem sich bereits die Anlage des Rüssels und der Kopfdrüse constatiren lässt. Die positiven, wie mir scheint unantastbaren Angaben Lobedinsky’s über den Ursprung des Mesoderms machen es im Verein mit den Resul- taten von Coe und Arnold sehr wahrscheinlich, dass das Meso- derm allgemein bei den Nemertinen aus einigen wenigen, vielleicht immer paarweis vorhandenen, durch besondere GrösseundGestaltausgezeichneten Zellen entsteht, welche sich auf der Grenze von Ekto- und Entoderm vorfinden und bereits frühzeitig in der Blastula erkennen lassen. Während man früher die Blastula vielfach als eine radiäre schilderte, haben die neueren Untersuchungen ergeben, dass dieselbe, wenn über- haupt, so nur anfangs radiär, später aber bipolar und bilateralsymmetrisch gebaut ist. In vortrefflicher Weise lässt dieses besonders die Blastula der Metanemertinen erkennen. Bei ihr prägt sich der bilateralsymme- trische, bipolare Bau nach Lebedinsky z. B. bei Tetrastemma vermi- culus und Drepanophorus spectabilis durch die Anlage der Kopfdrüse, des Entodermfeldes und die Anordnung: der vier Urmesodermzellen aus. Das Blastulastadium macht der Embryo wohl auch in dem Falle, wo die Erzeugung einer freischwimmenden Larve sich in die Entwickelung einschiebt, regelmässig innerhalb der Eihülle durch. 7‘. Die $astrulation. Es steht ausser Frage, dass diejenigen Autoren, welche bei den Nemertinen eine Delaminationsgastrula beschrieben, sich geirrt haben und die Invaginationsgastrula ausnahmslos Regel ist”). *) Nach Hoffmann (No. 142 und 144) soll bei Oerstedia dorsalis und Malcobdella grossa keine invaginatorische Gastrula entstehen, sondern das Entoderm sich von den inneren Zellen der mehrschichtigen Blastulawanduug, oder, wo die Blastula, wie bei Mala- cobdella, keine Höhlung aufweist (was aber wahrscheinlich ein Irrthum ist), von dem im Centrum gelegenen Zellmaterial gebildet werden. Ich halte diesen Entwickelungsmodus, im Hinblick auf den uns in neuerer Zeit von anderen Metanemertinen bekannt gewordenen, für höchst unwahrscheinlich, trotzdem ihm Barrois’ Untersuchungen (No. 148), besonders auch soweit sie Oerstedia dorsalis betrefien, eine gewisse Stütze gewähren. Lebedinsky erklärt die den neueren Befunden widersprechenden Beobachtungen von Hoffmann und Barrois dadurch, dass er annimmt, dass Barrois Embryonen untersuchte, welche be- reits drei Tage alt waren, und Hoffmann solche von vier und sechs Tagen studirte und jene Autoren dieselben für ganz junge Entwickelungsstadien hielten. Lebedinsky fährt wörtlich fort: „Die Stadien, welche beide Autoren als die frühesten und zur Keimblätter- bildung bezüglichen halten, sind in Wirklichkeit die späteren, in welchen das Entoderm seine provisorische Mehrschichtigkeit verliert und die Darmwand wiederum einschichtig wird.“ Gastrulation. 333 Die Gastrulation vollzieht sich, indem die Blastula an ihrem ven- tralen Umfang eine Einstülpung erfährt. Die Einstülpung erscheint mit- unter, wie bei Cephalothrix galatheae, schon an dem noch in voller Fur- chung begriffenen Ei und wird öfters dadurch eingeleitet, dass sich die zur Einstülpung kommende Fläche der Blastula vorher abplattet. Dieser Vorgang ist z. B. bei Lineus lacteus, gesserensis und Cerebratulus marginatus beobachtet worden. Man kann die Invagination, welche an der Blastula auftritt, eine vollkommene oder partielle nennen, je nachdem, ob die gesammte untere Fläche der Blastula, also ihre ganze ventrale Hälfte, oder nur ein Theil derselben eingestülpt wird. In diesem Faile vollzieht sich die Fig. IL. A. Senkreehter Schnitt dureh die Gastrula von Cerebratulus leidıyi, 17 Stunden nach der Befruchtung. Vergr. 500. B. Senkrechter Schnitt durch die Gastrula von Cerebratulus marginatus. Vergr. 300. Es bedeuten: ect Ektoderm, ent Entoderm, ms Mesoderm. Nach Coe (op. eit. p. 327). Gastrulation ausserordentlich schematisch, wie bei Lineus lacteus, gesse- rensis, Micrura caeca und Cerebratulus leidyi (gemäss Metschnikoff, J. Barrois, Hubrecht und Coe). (Fig. IL, A.) Coe folgert, an die auffallende Regelmässigkeit des Gastrulations- processes von Micrura caeca und Cerebratulus leidyi anknüpfend, dass die- selbe in der Dotterarmuth der Eier dieser Arten begründet sei, und fügt als Gegensätze Cerebratulus lacteus und marginatus hinzu, bei deren an Dotter sehr reichen Eiern der Gastrulationsprocess wesentlich anders und in unserem Sinne partiell verläuft. Während nämlich bei Mierura caeca und Cerebratulus leidyi das Ento- dermfeld sich einstülpt, ohne dass die Entodermzellen sich in ihrer Lage- rung: zu einander verändern, findet bei der Gastrulation von Oerebratulus lacteus und marginatus eine völlige Umlagerung der Zellen statt, die sich dann später, um das Archenteron zu bilden, ganz neu gruppiren. Der ursprüngliche Zusammenhang der Entodermzellen wird also in diesem 394 Embryologie. Falle vorübergehend aufgelöst; die Entodermzellen bewegen sich nicht als Zellschicht in das Innere der Blastula, sondern wuchern, durchein- ander gewürfelt, als ein Ballen in das Blastocöl hinein (Fig. IL, B). Es ist einleuchtend, dass sich im letzteren Fall die Entwickelung des Gastrocöls anders abspielt, als bei der regelmässigen Gastrulation. Bei dieser bildet sich das Gastrocöl Schritt für Schritt mit der fortschreiten- den Invagination aus und ist von Anfang an relativ geräumig. Wo aber das Entoderm in einer Weise wie bei Cerebratulus lacteus und marginatus in das Blastocöl hineindringt, muss die Gastralhöhle anfangs sehr gering- fügig sein und eventuell nur einen engen Spalt wie bei Cerebratulus marginatus vorstellen. Wir deuteten bereits an, dass sie sich hier erst bei der Umordnung der Entodermzellen ausbildet, und haben noch hinzu- zufügen, dass sich alsdann ein ebenso geräumiges Gastrocöl nachträglich herstellt, wie bei den Eiern von Micrura caeca und Cerebratulus leidyı. ent A. Gastrula von Drepanophorus spectabelis. B. Gastrula von Tetrastemma vermiculus. Es bedeuten: bl Blastoporus, ect Ektoderm, ent Entoderm, kd Kopfdrüse, Ag Frontalorgan . (— Kopfgrube), oes primäres Stomodäum, r Rüssel, vg ventrales Ganglion des (Gehirns. Nach Lebedinsky (op. eit. p. 317). Der Gastrulationsprocess der Eier der Metanemertinen erinnert uns bald mehr an die regelmässige Gastrulation, bald indess mehr an den bei Cerebratulus marginatus und lacteus beobachteten Vorgang. Für beide Typen bringen Lebedinsky’s Studien je einen Beleg. Der erstere herrscht bei Drepanophorus spectabilis, letzterer bei Tetrastemma vermiculus. Bei Drepanophorus spectabilis beginnt die Invagination etwas excentrisch nahe dem hinteren Rande des Entodermfeldes und vollzieht sich anfangs sehr langsam (Fig. XLVII, C). Nach und nach werden auch die vorderen Partieen des Entodermfeldes in die Einstülpung hineingezogen, und es bildet sich ganz gleichmässig ein tiefer Entodermsack mit geräumigem Gastrocöl aus (Fig. L, A). Während des Invaginationsprocesses ver- mehren sich die Entodermzellen mittelst karyokinetischer Theilung und verwandeln sich aus schlanken, langen Cylinderzellen in annäherd würfel- förmige. Der Entodermsack richtet sein blindes Ende nach vorn, der breite Blastoporus öffnet sich nahe dem Hinterende und erscheint am lebenden Embryo als eine länglichovale, quer liegende Oefinung. Entwickelungstypen. 3595 Bei Tetrastemma vermiculus stülpt sich zuerst der vordere Rand des Entodermfeldes ein. Der Invaginationsprocess leitet sich dadurch ein, dass sich einige der Entodermzellen stark verlängern, kolbenförmig werden und mit ihren kolbenförmig verdickten Enden in das Blastocöl vordringen. Ein Gastrocöl deutet sich nur durch eine äusserst flache Einbuchtung an, und dass überhaupt eine Invagination stattfindet, lässt sich eigentlich nur aus der Lagerung der Kerne der Entodermzellen schliessen, welche im Längsschnitt durch den Embryo einen Halbkreis formiren. Nach- träglich gelangt auch die hintere, grössere Hälfte des Entodermfeldes zur Einstülpung, indessen wird damit das Gastrocöl nicht geräumiger. Am Schluss der Invagination stellt das eingestülpte Entoderm ein etwa bim- förmiges Gebilde vor, dass sich aus grossen, flaschenförmigen Entoderm- zellen zusammensetzt. Sie umgrenzen ein sehr kleines Gastrocöl, welches sich mittelst eines ziemlich engen Blastoporus ebenfalls am hinteren Ende des Embryos nach aussen öffnet (Fig. L, B). Uebrigens entwickelt sich auch bei Tetrastemma vermiculus in späteren Stadien des Embryos noch eine wesentlich geräumigere Gastralhöhle. Wahrscheinlich ist die Art und Weise des Gastrulationsprovesses, wie er bei Tetrastemma vermiculus von statten geht, die häufigere unter den Metanemertinen. Nach Barrois (No. 145) verläuft er derart bei Amphiporus lactifloreus, nach Salensky (No. 187) bei Monopora vivi- para und nach meinen eigenen Untersuchungen (No. 256) bei Prosorhoch- mus claparedi und korotneffi. Die Gastrula ist in allen Fällen bilateralsymmetrisch gebaut. S. Die Entwickelungstypen. Nach beendigter Gastrulation geht die Entwickelung bei den ver- schiedenen Nemertinen weit auseinander, indem bei manchen aus der Gastrula sich Larvenformen entwickeln, die erst in sich den Nemertinen- embryo erzeugen, bei anderen hingegen eine Metamorphose nur durch eine einfache Häutung angedeutet ist, oder auch diese ausbleibt und sich somit die Gastrula ganz direct zur jungen Nemertine weiter ent- wickelt. Bei der Entwickelung mit ausgesprochener Metamorphose haben wir zwei Larvenformen kennen gelernt. Die eine ist nach ihrer Form Pili- dium genannt worden; sie schwimmt frei umher und wird gelegentlich massenhaft im Meeresauftrieb angetroffen. Die andere verlässt die Ei- schnüre nicht; diese wurde nach ihrem Entdecker als Desor’sche Larve bezeichnet. Wir unterscheiden mithin: I. den direeten Entwickelungstypus; Il. den indireeten Entwickelungstypus; 1) durch die Desor’sche Larve, 2) durch das Pilidium. 36 Embryologie. © Zwischen direetem und indireetem Entwickelungstypus ist durch Dieck (No. 126) ein Uebergang in Cephalothrix galatheae bekannt geworden, wo der Embryo nur Spuren einer Verwandlung aufweist. Fragen wir uns, bei welchen Nemertinen der eine oder andere Ent- wickelungstypus stattfindet, und ob wir im Hinblick auf die systematischen Abtheilungen bestimmte Regeln aufstellen können, so sind wir zunächst zu dem Geständniss gezwungen, dass unsere embryologischen Kenntnisse bei den Nemertinen auf relativ wenigen Arten basiren und unter ihnen Vertreter wichtiger Familien, ja sogar Ordnungen fehlen. Die Arten, bei welchen wir die entscheidenden entwickelungsgeschichtlichen Vor- gänge kennen, sind die folgenden: - Entwickelungs- Species typus Beobachter Mesonemertini Cephalothrix linearts direct Barrois, Coe R: galatheae mit Spuren einer Dieck Metamorphose Metanemertini Eunemertes carcinophila direct Barrois Prosorhochmus claparedi ei Bürger En korotneffi 5 Bürger Monopora vivipara 2 Salensky Amphiporus lactifloreus a Barrois 55 ochraceus 4 Coe a virescens a Coe Drepanophorus spectabilis ia Barrois, Lebe- dinsky Tetrastemma candidum ss Barrois 55 vermiculus h Lebedinsky Oerstedia dorsalis " Barrois, Hoff- mann Malacobdella grossa S Hoffmann Heteronemertini Lineus ‘ gesserensis Desor'sche Larve Desor, Barrois, Hubrecht, Arnold u. A. Lineus (2?) lacteus Pilidium Metschnikoff Micrura caeca 5 Coe Cerebratulus marginatus “ Coe % leidyi “ Coe 55 lacteus N Coe und Wilson Aus der voranstehenden Liste ist zu erkennen, dass wir über die Entwickelung der Protonemertinen völlig im Dunkeln sind und auch über die Embryologie der Eupolidae, der ursprünglicheren Familie der Hetero- nemertinen, nichts wissen. Indessen lässt sich aus dem Thatsächlichen schliessen, dass der direete Entwickelungstypus bei den Metanemertinen, der indireete bei den Heteronemertinen herrscht und auch wahrschein- lich für die Mesonemertinen gilt. Entwiekelungstypen. 837 Es ist ferner kaum zweifelhaft, dass für die geschwänzten Lineiden die Entwickelung durch das Pilidium charakteristisch ist. Ich bin durch- aus geneigt anzunehmen, dass sich die beiden Unterordnungen der Lineiden Amierurae und Micrurae durch ihre Entwickelung unterscheiden, indem bei ersteren (also den Gattungen Lineus und Euborlasia) die Desor’sche Larve sich einschiebt, bei letzteren hingegen (also den Gattungen Micrura, Cerebratulus und Langia) das Pilidium. Meiner Hypothese steht entgegen, dass sich bei Lineus lacteus ein Pili- dium ausbilden soll, indess bin ich ebensowenig wie Coe überzeugt, dass es sich in Wirklichkeit um einen Zineus handelt. Die Confusion der Gattungen war in keiner Familie grösser, als in der der Lineiden. Im Gegensatz zu Dieek (No. 126) bin ich der Ansicht, dass der ursprünglichere Entwickelungstypus der Nemertinen der directe ist und die frei schwimmende Larve, welche sich thatsächlich bei den höchsten Formen vorfindet, am Schluss steht. Ich möchte meine Ideen in dem folgenden Schema ausdrücken: Pilidium Desor’sche Larve Indireete Entwickelung Directe Entwickelung (Heteronemertini) (Metanemertini) Spuren einer Metamorphose Direete Entwickelung (Mesonemertini) Directe Entwickelung (Protonemertini) Von den verschiedenen Entwiekelungstypen ist uns der indirecte am längsten und genauesten bekannt. Sowohl die Schicksale der Desor’schen Larve, als auch die Entwicklung der Nemertine innerhalb des Pilidiums ist, wie wir in der historischen Einleitung darlegten, wiederholt und ein- gehend studirt worden. Dagegen wurden wir über die direete Entwicke- lung erst neuerdings durch die Untersuchungen Lebedinsky’s in be- friedigender Weise orientirt. Da es die Tendenz dieses Buches mit sich bringt, der historischen Entwiekelung unserer Kenntnisse möglichst Rechnung zu tragen, so wollen wir denjenigen Typus voranstellen, mit welchem die Klärung unseres Wissens von der Embryologie der Nemertinen am innigsten verwoben ist, nämlich das Pilidium. 3ronn, Klassen des Thierreichs. IV. I. Spplt. 22 338 Embryologie. 9. Die indireete Entwickelung. A. Entwickelung durch das Pilidium. 1) Die Entstehung des Pilidiums. Wir haben die Gastrula der Heteronemertinen und speciell die von Mierura caeca in einem Stadium verlassen, in dem sie sich ungefähr 15 Stunden nach der Befruchtung des Eies befindet. Zu dieser Zeit traten die ersten charakteristischen Veränderungen auf, welche die Ga- strula zum Pilidium umgestalten. Am dorsalen Pol der Gastrula macht sich ein Feldehen von Ektodermzellen besonders bemerkbar, da sie, im Gegensatz zu den übrigen, schmälere und dunklere Zellkörper vorstellen und sich mit zahlreichen, langen Geisseln bedecken, die weit und auf- fällig über das Wimperkleid der Gastrula hinausragen. Etwas später beginnen sieh die Ektodermzellen des dorsalen Umfangs der Gastrula abzuplatten — aber mit Ausnahme derjenigen des Scheitelfeldes — wo- bei ihre Zellerenzen undeutlicher werden. Der in ihnen ursprünglich in Form kleiner Kügelchen enthaltene Dotter wird resorbirt, das Ektoderm wird völlig durchsichtig und füllt sich vorübergehend mit hellen Vaeu- olen an. In Folge der Abplattung und der damit verbundenen Streckung der Zellen wächst die Gastrula bedeutend. Alsdann, etwa 24 Stunden nach der Befruchtung, dehnt sich das Ektoderm an den seitlichen Kanten der (bilateralen) Gastrula nach unten aus und erzeugt damit die für das typische Pilidium wie keine seiner anderen Eigenthümlichkeiten charak- teristischen Bildungen, die Seitenlappen. In der nächsten Zeit ver- schmelzen die Geisselhaare des Scheitelfeldes, welches wir als Scheitel- platte bezeichnen, miteinander, um eine einzige, besonders dicke Geissel zu formen, oder auch häufig deren mehrere, sobald der Ver- schmelzungsprocess weniger allgemein und innig war. Schliesslich ver- längern sich die Cilien des Wimperkleides merklich im Bereich des unteren Randes des jungen Pilidiums, welcher durch die ursprünglichen ventralen Kanten der Gastrula und die Umrisse der Seitenlappen reprä- sentirt wird. Damit ist die Wimperschnur des Pilidiums erzeugt (Taf. XVI, Fig. 3a—3e). Bereits 24 Stunden nach der Befruchtung erwies sich das Archen- teron nach Coe bei Micrura caeca und Oerebratulus leidyi in zwei wesent- lich verschiedene Abschnitte getheilt: der vordere, buccale Abschnitt oder Oesophagus besitzt eine Wand aus abgeplatteten Zellen, während der hintere, blind geschlossene, der eigentliche Darm, von hohen Cylinder- zellen umgrenzt wird. Der Wimperpelz, welcher den Darm auskleidet besteht aus längeren Wimpern, als der des Oesophagus. Beide Abschnitte besitzen überdies eine weitere Abgrenzung gegeneinander durch einen tief in das Innere des Archenterons vorspringenden, ringförmigen Zell- wulst, welcher von etwa sechs Zellen gebildet wird, die der Wimpern entbehren. Coe nennt diese Bildung treffend eine Valvula (Fig. LI, val). Entstehung des Pilidiums. 359 Coe giebt der Vermuthung Raum, dass wir in der Valvula das Rudiment jenes soliden Zellwulstes vor uns haben, welcher in der Desor’schen Larve — wie die Untersuchungen von Hubrecht und Arnold überein- stimmend erwiesen haben — Oesophagus und Darm zeitweilig vollständig gegeneinander abschliesst. Auch die Valvula des Pilidiums vermag ver- möge der amöboiden Veränderlichkeit ihrer Zellen die Communication Fig. LI. Linke Hälfte des Pilidiums von Mierura caeca; 10 Tage alt. Es bedeuten: bgz Bindegewebszellen, ect Ektoderm, ents Entodermsack —= Mitteldarm, h hinten, 2 Seitenlappen, ms%k; Muskelzellen, msz unveränderte Mesodermzellen, oes Oeso- phagus — Vorderdarm, s/f Schlundfalte, sp Scheitelplatte, » vorn, val Valvula, Nach Coe (op. eit. p. 327). der beiden Abschnitte der verdauenden Cavität vorübergehend aufzu- heben. Leider sind wir über die Genese des Darmtraetus vom Pilidium auch heute noch nicht völlig im Klaren. Darüber herrscht kein Zweifel, dass der hintere Abschnitt, der eigentliche Darm, entodermalen Ursprungs ist, d.h. von dem einge- stülpten Entoderm gebildet wird, indessen fragt es sich, ob auch der als 22* 340 Embryologie. Oesophagus bezeichnete Abschnitt entodermaler Natur ist, oder nicht einer nachträglichen Ektodermeinstülpung, welche sich in Gonti- nuität mit der Entodermeinstülpung vollzog — von letzterer gewisser- massen nachgezogen wurde — seine Entstehung verdankt. Diese Frage ist, seitdem ich sie aufwarf (1894, No. 241) und mich zu Gunsten des ektodermalen Ursprungs des Pilidiumoesophagus ent- schied, mehrfach mit Einbeziehung der Desor’schen Larve discutirt worden. Hubrecht glaubte bei der letzteren auch den Oesophagus aus dem Entoderm ableiten zu müssen, indessen erschien Arnold der ekto- dermale Ursprung dieses Darmabschnittes weit natürlicher. Arnold macht besonders geltend, dass die Theilung des Archenterons, wie sie in der Desor’schen Larve durch den Zellpfropf geschaffen wird, ein sehr auffallendes, allein stehendes Factum ist. Dass dasselbe aber sehr unge- zwungen sich erklärt, wenn wir einen ektodermalen Ursprung des Oeso- phagus annehmen, da dann der Blastoporus an den Ort verschoben werden muss, wo sich der Zellpfropf befindet, ein Verschluss des Blastoporus aber eine sehr verbreitete Erscheinung ist. Ferner müssen wir für die Nephridien (denn es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, dass jene (Gebilde, die aus dem Oesophagus ihren Ursprung nehmen und als Ne- phridien gedeutet wurden, thatsächlich die Nephridien sind) auf eine ektodermale Descendenz bestehen. Ich selbst habe früher auf die auf- fallenden histologischen Unterschiede hingewiesen, die sich im Epithel des Oesophagus und eigentlichen Darmes des Pilidiums geltend machen und eine verschiedenartige Genese vermuthen lassen. Coe schloss sich der von Arnold und mir vertretenen Ansicht an, dass sowohl im Pilidium, als auch der Desor’schen Larve der Oesophagus aus dem Ektoderm sich bildet, und auch Lebedinsky wurde durch seine embryologischen Untersuchungen an verschiedenen Metanemertinen dazu geführt, unsere Behauptung zu unterstützen, weil bei der direeten Ent- wickelung der Oesophagus stets aus einer ektodermalen Einstülpung her- vorgeht. Darnach repräsentirt der hintere, als eigentlicher Darm be- zeichnete intestinale Abschnitt den Entodermsack, die Val- vula den Blastoporus, der Oesophagus eine Ektodermeinstül- pung und der Mund eine mit letzterer entstandene Oeffnung. Alle diese Theile haben ihr vollständiges Homologon in der Desor’- schen Larve. Der Entodermsack des Pilidiums biegt sich stark nach hinten, so dass er fast an die hintere Entodermwand anstösst. Während die Gastrula sich in ein Pilidium umformt, haben die Meso- dermzellen eine lebhafte Thätigkeit entfaltet. Die Mesodermzellen befinden sich, wie wir schon bei der Abhand- lung ihrer Entstehung sagten, in der Segmentationshöhle und stellen verhältnissmässig grosse, kuglige oder eiförmige Gebilde vor (Fig. IL). Sie flottiren anfangs frei in dem Blastocöl, das sich auch in der Gastrula Das fertige Pilidium. S4l sehr geräumig erhält und mit einer wässrigen Flüssigkeit angefüllt ist (Taf. XVII, Fig. 1). Allmählich verwandelt sich dank eines Seeretes der Mesodermzellen jener liquor in eine mehr gelatinöse, minder flüssige Masse, in der es den Mesodermzellen schwerer fällt, sich zu bewegen. Die Mesodermzellen, welche sich inzwischen noch vermehrt haben, und zwar, wie Wilson*) und Coe beobachteten, mittelst mitotischer Theilung, nehmen mehr und mehr die Gestalt von Amöben an. In der Folge ver- längern sich ihre Fortsätze bedeutend, das Plasma, aus denen sie be- stehen, bekommt eine fibrilläre Struetur, während der Zellkörper fein- körnig wird. Währenddessen geht ein Theil dieser Zellen aus dem wandernden Stadium in ein sessiles über, indem sie sich mit den Enden ihrer ver- zweigten Fortsätze an entgegengesetzten Partien der äusseren Wandung des im Entstehen begriffenen Pilidiums oder auch seines Darmes fest- heften. Es spannen sich z. B. Zellen zwischen Scheitelplatte und dem Rücken des Darmes, oder jener und den Rändern der Lappen, oder quer von Seitenwand zu Seitenwand im Pilidium aus. Nach diesem Gescheh- niss lassen sich mit aller Deutlichkeit an den derart umgewandelten Mesodermzellen contraetile Bewegungen feststellen; sie haben sich mithin zu Muskelzellen differenzirt. Ein anderer Theil der Zellen, welcher sich namentlich unter dem Archenteron und in den Lappen ansammelt, kommt hier zur Ruhe, aber ihre ursprüngliche ovoide oder amöbenartige Gestalt bewahrend (Fig. LI, msz). Diese Zellen spielen im Pilidium keine Rolle, dagegen bilden sie einen Reservefondsvon Mesodermzellen, welcher der jungen Ne- mertine zu gute kommt, wie Coe richtig ausgeführt hat. 2. Das fertige Pilidium. Die äussere Form des Pilidiums, welches, wie andere pelagische Wesen, fast völlig durchsichtig ist, wurde uns durch seinen Entdecker J. Müller (No. 59) bekannt, und sein feinerer Bau besonders durch Bütschli (No. 121), R. Leuckart und Pagenstecher (No. 88), Sa- lensky (No. 200), meine Untersuchungen (No. 241 und 256) und schliess- lich Coe’s eingehende Studien erschlossen. Das Pilidium besitzt in der Regel eine glocken- oder helm- förmige Gestalt (Taf. XVI, Fig.1, 4, 5, 6, 8, 9 und 11). Von den Seitenrändern des Helmes oder der immer etwas seitlich zusammenge- drückten Glocke, denn das Pilidium ist länger als breit (Taf. XVI, Fig. 2 und 10), hängt meistens je ein Lappen herab, welcher öfters rundlich und recht breit und lang ist (Taf. XVI, Fig. 4 und 5), mitunter hingegen nur Je einen schmalen, ohrförmigen Zipfel repräsentirt (Taf. XVI, Fig. 10 und 11). *) Wilson, B. Charles, Activities of mesenchyme in eertain larvae. In: Reprint from Zoological Bulletin. Bd. 2. No. 1. p. 15—23. Boston 1898. 312 Embryologie. Bei manchen Pilidien ist auch der vordere und hintere Rand so stark nach unten verlängert, dass man bei ihnen von vier grossen Lappen reden kann. Durch Coe kennen wir einige genaue Maasse gewisser Pilidien. Das Pilidium von Micrura caeca (Taf. XVI, Fig. 6) besitzt einen Längs- durchmesser von 0,14—0,15 mm, wenn es sechs oder acht Tage alt ist, und misst fast genau ebensoviel von der Scheitelplatte bis zum Grunde der Lappen. Das Pilidium von Cerebratulus marginatus ist dagegen am Ende des siebenten Tages etwa 0,27 mm lang, aber von der Scheitel- platte bis zum unteren Rande der Lappen gemessen nur 0,21 mm hoch. Das letztere Pilidium kann hinsichtlich seiner Proportionen eher als Typus gelten, wie das erstere (Taf. XVI, Fig. 5). Salensky hat das Pilidium passend mit einer Meduse verglichen. Er unterschied dementsprechend am Pilidium die convexe, äussere Fläche als Umbrella, die concave, innere als Subumbrella. Letztere ist die orale. Denjenigen Abschnitt des Pilidiums, welcher den Entodermsack enthält, bezeichnen wir als den hinteren. Der weit ausdehnbare, rundliche, elliptische oder trianguläre Mund — es ist nicht der Blastoporus, sondern gemäss unserer Auffassung die Oeff- nung einer röhrenförmigen Ektodermeinstülpung, welche sich in Continuität mit der Invagination des Entodermsacks vollzog — liegt etwas excentrisch, dem Vorderende des Pilidiums genähert, und ist nach Coe mit dicken Lippen versehen (Fig. LI). Er führt in den Darm des Pilidiums, welcher, wie wir bei der Abhandlung der Entstehung des Pilidiums ausführten, aus dem ektodermalen Oesophagus und dem entodermalen eigentlichen Darm oder Entodermsack sich zusammensetzt. Der Oesophagus ist vielfach bedeutend geräumiger als der Entodermsack, unregelmässig trichterförmig und ziemlich senkrecht im Pilidium auf- steigend. Der Entodermsack ist nach hinten und unten umgebogen und kuglig oder eiförmig. Diese beiden, wie wir annehmen genetisch ver- schiedenen Darmabschnitte sind durch eine willkürlich verschliessbare Valvula getrennt (Fig. LI, val). Um den Darm herum erfolgt die Anlage der Nemertine (Taf. XVI, Fig. 5 embr). Umbrella und Subumbrella werden durch die scharf marquirten Rän- der der Glocke resp. die Lappen voneinander getrennt. Die gesammte Umbrella und Subumbrella ist mit einem dünnen Pelz sehr zarter Cilien bedeckt, deren Länge sich, wie Coe bemerkt hat, nach der Dicke der Zellen richtet, welche die Cilien tragen. Die Cilien werden länger, dicker und dichter sowohl an den Rändern der Glocke, als auch der Lappen, und erzeugen hier eine Wimperschnur deren Grund mitunter durch ein Pigment gefärbt ist (Fig. LI und Taf. XVI, Fig. 5). An dem höchsten Punkte des Helmes oder der Glocke befindet sich eine sehr dieke und lange Geissel, welche aber nichts anderes ist, wie Bütschli gezeigt hat, als ein Schopf sehr langer miteinander verklebter und verwickelter Cilien. Uebrigens treten ge- Das fertige Pilidium, 345 legentlich anstatt der einzigen Geissel mehrere auf (Taf. XVI, Fig. 5 u. 6). Das Pilidium schwimmt, die Geissel steil aufwärts gerichtet, und hält sich nahe dem Spiegel des Wassers auf. Die umbrellare Fläche bedecken sehr dünne, aber ziemlich grosse fünf- und sechsseitige Zellen, welche in der Mitte einen kleinen, rund- lichen, oder, wie © oe bei Mierura caeca meint, scheibenförmigen Kern bergen, welcher bei jener Art ein Achtel des Zelldurchmessers misst. Coe giebt ferner an, dass die umbrellare Fläche mit Ausschluss der Lappen bei Mierura caeca von 60—80 solcher Zellen bekleidet wird. Diese Zellen setzen sich continuirlich auf die Aussenfläche der Lappen fort, werden aber hier dicker, kleiner und folglich zahlreicher und nehmen schliesslich in den Rändern eine hohe, säulenförmige Gestalt an. Sie stellen also an diesem Orte längliche, dünne Prismen mit meist elliptischen Kernen vor, die sich dicht aneinander pressen (Fig. LI). Ganz ähnlich wie im Rande der Lappen verhält sich das Larven- epithel am Gipfel des Pilidiums an der Basis der Geissel, hier eine kreisförmige Verdiekung erzeugend, welche man als die Scheitelplatte bezeichnet hat (Fig. LI, sp). Die subumbrellare Fläche, deren Bezirk in Folge der grossen Mundöffnung sehr gering ist, wird von dickeren und kleineren Zellen bedeckt, als im allgemeinen die umbrellare. Am Rande des Mundes ver- längern sie sich noch mehr und erzeugen hier die Lippen. Die Lippen stellen nach Coe weit vorspringende Wülste vor, welche durch längere und stärkere Cilien als die subumbrellare Fläche ausgezeichnet sind. Die Lippen vereinigen sich vorn, laufen aber nach rückwärts auseinander, um sich in ein Paar besonderer Falten fortzusetzen, die Schlundfalten, wie sie ihr Entdecker Coe genannt hat. Die ansehnlichen Schlund- falten sind ebenfalls durch höhere Zellen gebildet und mit längeren und stärkeren Wimpern besetzt (als das übrige Schlundepithel) und verlaufen jederseits im Schlunde schräg abwärts gerichtet von hinten nach vorn (Fig. LI, sif). Die Schlundfalten dienen dazu — was ebenfalls Coe nachwies — die Einfuhr und Ausfuhr in den des Afters entbehrenden Darmtractus des Pilidiums zu regeln. Sie bewirken, dass die Nahrung im vorderen Abschnitt des Mundes eintritt und das Unnütze im hinteren Abschnitt des Mundes wieder austritt. Coe fand die Schlundfalten („buccal ridges“) ausserordentlich auffallend im Pilidium von Mierura caeca und Cerebratulus leidyi, schwächer bei Cerebratulus lacteus und marginatus entwickelt. Das den Oesophagus auskleidende Epithel verhält sich bei den verschiedenen Pilidiumarten verschieden. Wo der Oesophagus, wie z. B. bei Micerura caeca und Cerebratulus leidyi, ausserordentlich geräumig ist, wird sein Epithel von stark abge- platteten Zellen gebildet, wo er indessen eine vergleichsweise engere Cavität repräsentirt, wie bei Cerebratulus marginatus und lacteus, gewinnen 344 Embryologie. die Zellen eine mehr cubische oder eylindrische Form. Immer aber sind die Zellen des Oesophagus mit einem Wimperpelz bekleidet, welcher aus kürzeren Wimpern besteht, als der des Mitteldarms, und auch weniger dicht ist als jener, sich aber nach der Valvula zu allmählich verlängert und verstärkt (Fig. LI). Es findet sich im Oesophagus nur diese eine Sorte von Epithelzellen vor. Oesophagus und Darm des Pilidiums sind durch eine Valvula ge- trennt, welche nach Coe durch etwa sechs Zellen gebildet wird, die mehr oder minder tief in die verdauende Cavität vorspringen. Die Zellen der Valvula entbehren der Wimpern (Fig. LI, val). Die Zellen, welche das Epithel des eigentlichen Darmes bilden, sind immer sehr hoch und säulenförmig, mit in der Regel aufgerichteten elliptischen Kernen; wo die Zellen sehr schmal werden, wie im Pilidium von Cerebratulus marginatus, nehmen die Kerne eine spindelige Form an. Alle Zellen tragen längere und stärkere Wimpern, als die des Oesophagus (Fig. LI). Besonders bemerkenswerth ist es, dass sich in dem eigentlichen Darm (— Entodermsack) zwei Sorten von Zellen vorfinden, nämlich die oben beschriebenen, welche Farbstoffe, z.B. Hämatoxylin, kaum aufnehmen, und Zellen, die sich sehr intensiv damit tingiren. Das Protoplasma der letzteren ist auffallender granulirt als das der übrigen. Diese Zellen wurden von Salensky entdeckt (No. 200), welcher sie als Nervenzellen deutete. Ich habe sie später (No. 241) gleichfalls studirt, bin aber der Meinung, dass es Drüsenzellen sind (Taf. XVII, Fig. 1, dz). Meine Ansicht ist auch von ihrem letzten Untersucher, Coe, als höchst wahr- scheinlich richtig anerkannt worden. Coe betont, dass diese Zellen grosse Aehnlichkeit mit den Drüsenzellen des Mitteldarms der erwachsenen Nemertine haben. Seine hohe Durchsichtigkeit verdankt das Pilidium einer glashellen Gallertsubstanz, welche die Hauptmasse des Pilidiums bildet, da sie überall zwischen Umbrella und Subumbrella und auch in den Lappen entwickelt ist. Die Gallerte repräsentirt mit den in sie eingeschlossenen Zellen das Mesoderm des Pilidiums. Wir unterscheiden im allgemeinen drei Sorten von Zellen: 1) Zellen, welche eine rundliche, eiförmige oder amöbenartige Ge- stalt besitzen und demnach das Aussehen der ursprünglichen Mesoderm- zellen im Wesentlichen bewahrt haben. Dieselben finden sich haufenweis besonders unter dem Darm und in den Lappen. Coe sagt von ihnen, dass sich diese Zellen für die Entwiekelung des jungen Pilidiums auf- sparen (Fig. LI und LII, B, msz). Es sind also Reservezellen. 2) Vertheilen sich überall in der Gallerte sternförmige Zellen mit kleinen, kugligen Kernen. Dieses sind die Bindegewebszellen des Pilidiums, wie sich solche auch in der gelatinösen Substanz anderer Aufgussthierchen reichlich vorfinden (Fig. LI, bgz). Das fertige Pilidium. 345 3) Muskelzellen, mit in der Regel stark entwickelten, verzweigten contractilen Fasern. Nach Coe misst der ovale Kern der Muskelzellen etwa 0,005 mm im Längsdurchmesser. Er ist von einer dünnen Schicht vollständig durchsichtigen Proto- plasmas umgeben, von der zwei, drei oder mehr contractile Fasern nach verschiedenen Richtungen ausstrah- len. Die Muskelfasern sind stark lichtbrechend und verlaufen im allge meinen nicht gestreckt, sondern leicht gebogen. Sie vermögen sich nicht allein zu ver- kürzen, sondern spira- lig, wie der Stiel einer Vorticella, aufzurollen. Das Muskelsystem des Pilidiums ist be- reits am zweiten oder dritten Tage nach der Befruchtung des Eies ziemlich vollständig entwickelt. Es zerlegt sich: a.inzweiMuskel- bänder, welche die Scheitelplatte mit den Lappen ver- binden. Es ist dieses der am stärksten ent- wickelte Theil der Pili- diummuseulatur (Fig. LU, A und B). Nach Coe erweist sich derselbe bei Mierura caeca und Cerebratulus leidyi folgendermassen Fie, LI. Das Pilidium von Mierura caeca. A. Von oben gesehen. B. In der Seitenansicht. Es bedeuten: % hinten, /ums’k; horizontales Muskelbündel, msk; Muskelzellen, msz unveränderte Mesodermzellen, » vorn. Nach Coe (op. eit. p. 327). gebaut: Dicht unter den säulenförmigen Zellen der Scheitelplatte liegen jederseits sechs oder acht Muskelzellen. Jede derselben sendet eine 346 Embryologie. oder zwei dünne, lange und verzweigte Muskelfasern aus, welche ihren Weg, dicht unter dem umbrellaren Epithel verlaufend, nach unten in die Lappen nehmen und sich zum Theil an den Epithelzellen des unteren Randes der Lappen verankern, zum Theil unterwegs mit solchen Muskel- fasern anastomosiren, die aus den Lappen kommen. Letztere nehmen ihren Ursprung aus einer Anzahl von Muskelzellen, die dicht am Epithel des unteren Randes der Lappen gelegen sind. Sie ziehen aufwärts und verbinden sich, soweit sie nicht mit den ihnen entgegen kommenden Muskelfibrillen anastomosirten, mit der Scheitelplatte. Ausserdem ver- knüpfen sich die Muskelzellen der Scheitelplatte mit je einer oder zwei Fasern direct mit den Epithelzellen der Scheitelplatte, und die Muskel- zellen der Lappen senden auch Fortsätze in die verschiedensten Gegen- den der Lappen aus. Dieses complieirte Muskelsystem erlaubt einerseits, dass die Scheitel- platte beträchtlich eingezogen werden kann, andererseits eine schnelle Bewegung der Lappen in irgend welcher Richtung. b. in einen Muskelstrang, welcher die Scheitelplatte mit dem vorderen Dache des Oesophagus verbindet (Taf. XVI, Fig. 4 und 5). Dieser Muskelstrang ist ebenfalls an den Zellen der Scheitelplatte inserirt und strahlt hier triehterförmig aus. Er durchsetzt mitten die Gallerte, wird, sich der subumbrellaren Fläche nähernd, all- mählich dünner und spaltet sich über dem Oesophagus derart, dass sich der grössere Theil seiner Fibrillen oben und jederseits am vorderen Dache des Oesophagus festheftet, ein Theil indessen sich bis in die Lappen hinein verlängert. Dieser Muskel ist in gewissen Pilidien der auffallendste, so z.B. in dem von Cerebratulus marginatus vesp. dem Pilidium gyrans, bei anderen hingegen, wie dem von Üerebratulus leidyi und Mierura caeca, ist er nur durch einige wenige zarte, weit voneinander getrennte Mus- kelfasern angedeutet, worauf Coe aufmerksam gemacht hat (Fig. LD). Dieser Muskel wird denselben Einfluss auf die Scheitelplatte haben, wie der vorige. Mir scheint es, nach der starken Ausbildung dieses Muskels bei Oerebratulus marginatus zu schliessen und seiner schwachen bei Mierura caeca, wo hingegen der vorige (unter a beschriebene Muskel) sehr stark entwickelt ist, während dieser sich im Pilidium von Cerebratulus margi- natus resp. beim Pilidium gyrans nur in unbedeutender Ausbildung vor- findet, dass beide Sorten von Muskeln sich gegenseitig ersetzten, also entweder der Scheitelplatten-Lappenmuskel (a) oder der Scheitelplatten- Darmmuskel (b) stark prävalirt. ce. In je ein dünnes, rundliches Muskelfibrillenbündel, wel- ches horizontal dicht über der subumbrellaren Fläche von vorn nach hinten zu beiden Seiten des Mundes verläuft. Ihre Fasern sind festge- heftet am vorderen und hinteren Rande des Pilidiums und anastomosiren mit anderen Muskelzellen (Fig. LIl, hmsk). Das fertige Pilidium. 947 d. In besonders reich verästelte, vielfach sternförmige Muskelzellen welehe ein Netzwerk ander vorderen und hinteren umbrellaren Fläche des Pilidiums erzeugen. Sie anastomosiren mit den mit der Scheitelplatte verknüpften Muskelfasern. Es repräsentiren diese Zellen die umbrellare Musculatur (Fig. LI und LII, B). e. In eine Faserschicht, welche dem subumbrellaren Epi- thel dieht anliegt und nach Salensky beim Pilidium gyrans aus ziemlich dicken Fasern besteht, die vom Munde aus nach allen Rich- tungen zum Rande der Subumbrella strahlen. Diese Muscularis wird im Verein mit derjenigen der Seitenlappen die Schwimmbewegungen des Pilidiums erzeugen. f. In eine Muskelschicht, welche den gesammten Verdauungs- traetus umgiebt. Sie stellt ein Netzwerk vor, da die Fasern unter sich und mit denen anderer Systeme vielfach anastomosiren. Ihr ver- dankt der Darm seine auffallende, unabhängige Beweglichkeit innerhalb des Pilidiums. Nach Salensky (No. 200) besitzt das Pilidium auch ein Nerven- system. Dieser Forscher fand unter dem Epithel der Wimperschnur zarte, längs verlaufende Fibrillen, welche von kleinen bi- und multi- polaren Zellen begleitet sind. Diese Elemente deutete Salensky als Nervenfibrillen und Ganglienzellen. Danach würde das Pilidium einen Nervenring besitzen. Obwohl man bisher in der Scheitelplatte eine solche nervöse Schicht nicht feststellen konnte, schreibt man ihr dort eine sensitive Bedeutung zu, und Salensky fand die Zellen der Scheitel- platte ausser mit den Muskelfibrillen mit feineren Fasern verbunden, welche denselben Verlauf wie der Scheitelplatten-Darmmuskel nehmen und wahrscheinlich eine nervöse Verbindung zwischen dem Nervenring und der Scheitelplatte herstellen. Leider hat Coe die interessanten Befunde Salensky’s trotz seiner eingehenden Studien nicht bestätigen können. Von dem geschilderten Pilidium weichen einige dadurch ab, dass sie ausser der Scheitelplatte noch ein Paar Platten an der umbrellaren hinteren Fläche besitzen. Sie liegen ziemlich weit auseinander. Während aber die Scheitelplatte eine Geissel trägt, fehlt diese den tiefer gelegenen, paarigen Platten. Dagegen besitzt jede der- selben einen Muskelstrang, der sie einzuziehen und in Grübchen zu ver- wandeln vermag. Die beiden Muskelstränge treffen dicht über dem Ento- dermsack, wo sie enden, beinahe zusammen. Zerreisst ein Muskelstrang, so rollt er sich, wie ein Vorticellenstiel, spiralig auf. Merkwürdigerweise fehlt in Pilidien mit solehen paarigen Platten der Scheitelplatte ein Muskelstrang (Taf. XVI, Fig. 11). Der histologische Bau ist bei allen drei Platten, welche ziemlich gleich gross sind, der nämliche. 948 Embryologie. Bereits Bütschli (No. 121) hat die paarigen Platten gesehen, aber wohl falsch gedeutet, indem er sie für Einstülpungen erklärte, die ur- sprünglich Anlagen des Nemertinenembryos repräsentirt haben, indessen nunmehr verkümmert sind. Nach ihrem Bau und Verhalten sind die paarigen Platten jedoch mit demselben Recht für Sinnesapparate zu halten, wie die Scheitelplatte, und dieser an die Seite zu stellen. Ein anderes Pilidium ist dadurch merkwürdig, dass es zwei Paar Seitenlappen besitzt; Pilidium brachiatum Wilson (No. 176). (Vergl. Taf. XV], Fig. 8.) Am abweichendsten verhält sick aber eine von Fewkes (No. 185) als Pilidium recurvatum beschriebene Form (Taf. XVI, Fig. 7); dasselbe hat eine retortenförmige Gestalt. Der Schlund mündet durch den stiel- artigen Abschnitt nach aussen. Der Embryo entsteht in dem Ballon der Retorte. Lappen fehlen; dagegen ist eine Scheitelplatte nebst Geissel und Muskelstrang vorhanden und ein Kranz eilienartiger Wimpern, welcher den Ballon umgiebt. 3: Die A rben vonsBı Mrda um: I. Gestalt helm-, glocken- oder kuppelförmig; mit Seiten- lappen und Wimperschnur. a. Es ist jederseits nur ein Seitenlappen vorhanden. Pilidium gyrans Joh. Müller (1847, No. 59). Diese Art ist die am längsten bekannte und am häufigsten unter- suchte. Sie wurde ausser von ihrem Entdecker Joh. Müller (No. 59) eingehend von Leuckart und Pagenstecher (No. 85), Metschni- koff (No.118), Bütschli (No. 121) und mir (No. 241) studirt. C oe sprach neuerdings (1899, op. eit. p. 327) auf Grund seiner Untersuchungen über die Entwickelung des Pilidiums von Cerebratulus marginatus und im Hin- blick auf die gleiche geographische Verbreitung von Pilidium gyrans und Oerebratulus marginatus die Vermuthung aus, dass Pihdium gyrans zu Cerebratulus marginatus gehöre. Umbrella kuppelförmig, ziemlich flach gewölbt; Geissel ausserordent- lieh lang, Seitenlappen stark entwickelt und rundlich; mit auffällig aus- gebildetem Scheitelplatten-Darmmuskel; Wimperschnur braun oder roth- braun pigmentirt (Taf. XVI, Fig. 5). Vorkommen: Nordsee, Mittelmeer, Schwarzes Meer. Pihidium magnum Bürger (1895, No. 256). (Grösser als alle bisher bekannten Pilidien. Umbrella sehr hoch und glockenförmig; Geissel auffallend kurz; Lappen gut entwickelt und rundlich (Taf. XVI, Fig. 1 und 2). Vorkommen: Mittelmeer. Die Arten von Pilidium. 349 Pilidium pyramidale Bürger (1895, No. 256). Umbrella kegelförmig; Geissel kurz; mit stark entwickeltem Scheitel- platten-Darmmuskel; Lappen gut ausgebildet und rundlich (Taf. XV, Fig. 4). Vorkommen: Mittelmeer. Pilidium von Mierura caeca. Nach Coe (1899, op. eit. p. 327). Gestalt kugelig, da die kuppelförmige Umbrella sich nach unten verschmälert; Geissel ziemlich lang; mit sehr kurzen, rundlichen Lappen; Scheitelplatten-Darmmuskel nur schwach ausgebildet (Taf. XVI, Fig. 6). Vorkommen: Küste von Neu-England. Pilidium von Cerebratulus leidyi. (Nach Coe (1899, op. eit. p. 327). Umbrella kuppelförmig; Geissel verhältnissmässig länger als bei der vorigen Art; die rundlichen Lappen breiter, aber wenig länger als bei der vorigen Art; Scheitelplatten-Darmmuskel nur schwach ausgebildet KRAEERVT, Rio. 9). Vorkommen: Küste von Neu-England. Pilidium von Cerebratulus lacteus. Nach Wilson (1898, op. eit. p. 341). Umbrella kuppelförmig; Lappen rundlich und stark entwickelt. Diese Art ist bedeutend grösser als die vorigen beiden. Vorkommen: Küste von Neu-England. Pilidium auriculatum Leuckart und Pagenstecher (1858, No. 88). Diese Art haben Leuckart und Pagenstecher zuerst beschrieben. Wahrscheinlich hat sie später auch Metschnikoff (No. 115) vor Augen gehabt, und es unterliegt keinem Zweifel, dass es dasselbe Pilidium ist, welches ferner Bütschli (No. 121) untersuchte und auch von mir (No. 256) behandelt wurde. Kuppelförmig, aber (wenigstens in der Jugend) wie beim Pilidium von Micrura caeca (freilich minder stark) nach unten verschmälert; Geissel sehr kurz; Lappen ungemein schmal und zugespitzt (ohrläppchenartig); es sind ausser der Scheitelplatte noch ein Paar Platten an der hinteren Fläche der Umbrella vorhanden (Taf. XVI, Fig. 10 und 11). Vorkommen: Nordsee; Mittelmeer und wahrscheinlich auch Schwarzes Meer. b. Es sind jederseits zwei Seitenlappen vorhanden. Pihidium brachiatum Wilson (1882, No. 176). Glockenförmig; Seitenlappen schmal (ohrläppehenartig) (Taf. XVI, Fig. 8). Vorkommen: Beaufort, Nord-Carolina. 350 Embryologie. Il. Gestalt retortenförmig; Seitenlappen und Wimperschnur fehlend. Pilidium recurvatum Fewkes (1833, No. 183). Am unteren Ende der retortenförmigen Larve, deren Scheitel eine Scheitelplatte und eine Geissel trägt, ist ein Kranz besonders langer Cilien vorhanden (Taf. XVI, Fig. 7). Vorkommen: Newport. 4. Die Biologie des Pilidiums. Das Pilidium gehört zu den pelagischen Larven, welche sowohl in Europa als auch Nordamerika in den Frühlingsmonaten (März—Mai) auf- treten und dann oft in ungeheurer Zahl vom Oberflächennetz erbeutet werden. Sie schwimmen, die Geissel steil aufwärts gerichtet, dicht unter dem Wasserspiegel mit Hilfe der Contraetionen ihrer subumbrellaren Fläche und insbesondere der Lappen, welche die reiche Musculatur her- vorbringt, und ferner durch die lebhafte Thätigkeit ihrer zahllosen Wimpern. Das Pilidium nährt sich, wie Coe meint, von noch kleineren pela- gischen Larven, ferner Infusorien und Diatomeen, welche mittelst der den Mund umgebenden Cilien in diesen hineingestrudelt werden. Die Nahrung sammelt sich vor der Valvula an und wird erst, indem diese sich willkürlich öffnet, in den Entodermsack hineingelassen. Diesen Vor- eang beobachtete Coe, indem er Pilidien mit Carminpulver fütterte. Die Lebensdauer des Pilidiums wird wohl kaum 20 Tage über- schreiten. Coe hat das Pilidium von Mierura caeca bis zum 12. Tage verfolgt. Nach der Entwickelung der Nemertine geht das Pilidium, aus welcher die Nemertine wie aus einem Ei ausschlüpft und die Larve damit ihres Darmes beraubt, zu Grunde, oder es wird, wie Fewkes bei Pilidium recurvatum beobachtete, von der Nemertine resorbirt. 5. Die Entwickelung der Nemertine im Pilidium. a. Entwickelung der Keimplatten und des Amnions. Die Entstehung der Nemertine im Pilidium wird durch eine Reihe von Einstülpungen der Pilidienhaut eingeleitet. Es sind im ganzen sieben, nämlich drei paarige und eine unpaare Einstülpung (Fig. LIIL, I). Die Anlage der drei paarigen Einstülpungen ist dank der Untersuchungen von Krohn (No. 87), Joh. Müller (No. 59 und 82), Leuckart und Pagenstecher (No. 83) und besonders von Metschnikoff (No. 118 und 175), Bütschli (No. 121) und Salensky (No. 200) richtig und gut bekannt. Ich selbst habe gleichfalls ihre Schicksale verfolgt (No. 241 und 256). Man unterscheidet ein Paar vor dem Pilidienmunde gelegene Ein- stülpungen als vordere, ein Paar hinter demselben befindliche als hintere Pilidium. — Keimplatten und Amnion. 9dl Einstülpungen. Beide Paare gehen von der subumbrellaren Fläche des Pilidienektoderms aus. Fig. LH. Schematische Figuren von der Entwickelung der Nemertine im Pilidium. I. Anlage der sieben Einstülpungen. II. Abschnürung derselben von ihrem Mutterboden und Bildung der Keimscheiben. Ver- wachsung der unpaaren Einstülpung mit den vorderen Keimscheiben. III. Verwachsung der vorderen und hinteren Keimscheiben und Differenzirung des Central- nervensystems. (Die vorderen Keimscheiben sind nicht schraffirt.) Es bedeuten: Am Amnion, Amh Amnionhöhle, C Cerebralorgan, D Darm, Dg Dorsales Ganglion, Ep Epithel der Haut der Nemertine, Kp Kopfplatte, Ks Kopfscheibe, N Ne- phridium, Oe Oesophagus, R Rüssel, Ra Rüsselanlage (unpaare Einstülpung), Re Rhyn- chocölom, Rp Rumpfplatte, Rs Rumpfscheibe, S Seitenstamm, Vy ventrales Ganglion. Das dritte Paar ist als Oesophagusausstülpung bekannt; es nimmt vom Aussenrande des Oesophagus seinen Ursprung und repräsentirt unserer Meinung nach ebenfalls ein Paar ektodermaler Einstülpungen. 352 Embryolosie. (Vgl. oben über die Entwickelung des Oesophagus bei der Entstehung des Pilidiums.) Die einzige unpaare Einstülpung erscheint vorne am Pilidium, an seiner umbrellaren Fläche, und tritt zwischen den beiden vorderen Ein- stülpungen auf. Wir besprechen zunächst nur das vordere und hintere Paar der Ekto- dermeinstülpungen. Dieselben schnüren sich frühzeitig völlig von ihrem Mutterboden, der Pilidienhaut, ab und bestehen naturgemäss aus zwei Blättern. Das innere Blatt ist diek und nimmt am Aufbau der Nemertine theil, das äussere ist sehr dünn und hat nichts mit dem Aufbau der Nemertine zu schaffen, sondern wird bekanntlich mit der Larvenhaut zugleich abge- worfen. Es ist unter dem Namen Amnion bekannt. Zwischen dem Amnion und dem inneren Blatt der abgeschnürten Einstülpung ist ein mehr oder minder deutlicher Spalt, die Amnionhöhle, vorhanden (Eie- LAN ID. Man wird die abgeschnürte Einstülpung passend als Keimscheibe bezeichnen und ihrem äusserem Blatt, dem Amnion, ihr inneres als Keimplatte gegenüberstellen. Nur mit dem Schicksal der Keimplatte werden wir uns in der Folge befassen. Keimplatte und Amnion sind sehr verschieden gebaut. Die Keimplatte setzt sich bei einer frisch gebildeten Keimscheibe aus einer einzigen Schicht hoher, eylindrischer Zellen mit länglich ellip- tischen Kernen zusammen. (Wir berücksichtigen vorläufig nur die vor- deren Keimplatten, bemerken aber ausdrücklich, dass das von ihnen Ge- sagte im Wesentlichen auch für die hinteren gilt.) Nur vereinzelt bemerkt man noch an der convexen Fläche der Keim- platte — alle vier Keimscheiben sind anfänglich völlig entgegengesetzt als später, nämlich nach der amnioten Fläche zu, gekrümmt — kleine, kuglige Kerne, welche zu Zellen gehören, die dem Gylinderepithel an- liegen. An der convexen Fläche sitzen dem Cylinderepithel ausserdem wie kleine Höcker Zellen mit kugeligen Kernen auf (Taf. XVII, Fig. 14 und 15). Das Amnion besteht aus einer einzigen, sehr dünnen Schicht platter Zellen, welche anfänglich von der Keimplatte etwas abgehoben ist, sich ihr aber später dicht anschmiesgt. Es ist nun sicher festzustellen, dass die an der convexen Fläche unmittelbar unter dem Cylinderepithel ruhenden Zellen, welche sogar theils noch zwischen den dem Amnion abgekehrten Zellenden des Cy- linderepithels eingezwängt sind, in der Keimplatte liegen und durch Theilung der eylinderförmigen Zellen aus diesen hervorgegangen sind. Dagegen sind die an der convexen Fläche der Keimplatte höcker- artig vorspringenden Zellen nicht von der Keimplatte erzeugt worden, sondern stellen Zellen der Gallerte des Pilidiums, also Mesodermzellen, vor. Pilidium. — Keimplatten und Amnion. 253 Dass diese Mesodermzellen zahlreicher der Keimscheibe, und besonders ihrer convexen Fläche anliegen, ist dadurch zu erklären, dass die in die weiche Gallerte des Pilidiums sich vordrängende Keimscheibe die Zellen der Gallerte vor sich herschob und sich somit eine Anzahl derselben um die vordrängende convexe Fläche der als Einstülpung entstehenden Scheibe anhäufen musste. Diese Mesodermzellen vermehren sich in der Folge und erzeugen ein Zellblatt, das sich der Keimplatte innig anpresst. Ich habe diese Zellschicht früher als das innere Epithel der Keimplatte bezeichnet, zum Unterschiede von dem hohen Cylinderepithel, das ich das äussere nannte. Bei den hinteren Keimscheiben findet derselbe Entwickelungsprocess statt wie bei den vorderen, indess sind sie im Anfang nur wenig nach der amnioten Fläche gekrümmt, und das Dickenwachsthum geht viel langsamer von Statten, als bei den vorderen. Was uns aber die wichtigste Erscheinung ist: es werden ihre Keimplatten ebenso von mesodermalen Zellen umhüllt, wie die der vorderen Keimscheiben. Die Keimplatte der Keimscheiben besteht demnach im frühesten Stadium aus zwei Zellschichten: einem hohen, äusseren Cy- linderepithel und einem inneren Plattenepithel. Das äussere stammt vom Ektoderm der Larve her, das innere hingegen leitet sich vom Mesoderm — d.h. von den Zellen der Gallerte des Pilidiums ab. Der vom äusseren Epithel der Keimplatte abgespaltenen Zellen werden in Zukunft immer mehr, die Keimplatte verdickt sich in Folge dessen zusehends. Bisher sind die Keimplatten — es hebt dies auch Salensky her- vor — mit ihren stark convexen Flächen einander zugekehrt. Ehe sich die vorderen Scheiben noch vereinigen, sind sie indessen umgekehrt ge- krümmt. Sie erscheinen nicht mehr convex-concav, sondern concav- convex. Die concaven Flächen wandten sich einander zu. Ich verlieh der Meinung Ausdruck, dass die völlige Umkehrung der Form der Scheibe aus der eminenten Wucherung jener vom Cylinder- epithel sich abspaltenden Zellen, die an der convexen Seite der jungen Keimplatte erfolgt, resultirt. Diese Zellwucherung drängt das bisher ein- wärts gekrümmte Cylinderepithel der Keimplatte nach aussen. Durch sie werden die ursprünglich einschichtigen Keimplatten mehrschichtig. b. Entwiekelung von Rüssel, Rhynchocölom und Rhynchodäum. Salensky (No. 200) bestätigte die Angabe Metschnikoff’s (No. 118), dass sich beim Pilidium der Rüssel in Form einer Einstülpung des vorderen Scheibenpaares anlegt. Er führte weiter aus, dass sich an der Bildung des Rüssels zwei verschiedene Zellblätter, nämlich Ektoderm und Mesoderm, betheiligen. Es soll nämlich um die Einstülpung des 3ronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1. Spplt. 3 54 Embryologie. Rüssels herum ein Haufen von Mesodermzellen zum Vorschein kommen und in diesem Haufen ein Spalt entstehen, ehe noch die Einstülpung des vorderen Scheibenpaares eine besonders tiefe geworden ist. Mit anderen Worten, es soll sich das die Einstülpung (innen) umhüllende Mesoderm in zwei Blätter spalten, von denen das eine (äussere) der Einstülpung innig angelagert bleibt, das andere (innere) von ihr sich abhebt. Letzteres Blatt soll die primitive Wand des Rhynchocöloms darstellen und ihre definitive bilden, ersteres aber der Museulatur des hüssels den Ursprung geben, denn die Einstülpung des vorderen Scheibenpaares soll nur des Rüssels Epithel liefern. Es ist das hohe (innere) Epithel des Rüssels, welches bekanntlich reich an mancherlei Drüsenzellen ist, gemeint. Nach Hubrecht (No. 192 und 192a) aber entsteht der Rüssel bei der Desor’schen Larve aus einer besonderen Platte als Einstülpung, die zwischen den beiden Kopfscheiben sich vom primären Epiblast delaminirte. Diese Platte, welche mit den Kopfscheiben verwächst, liefert indess auch nur das (innere) Epithel des Rüssels; die Musculatur des Rüssels und die Wand des Rhynchocöloms aber wird vom Mesoderm gebildet, freilich in durchaus anderer Weise, als es Salensky beim Pilidium beschrieb. Mesoblastische Wanderzellen nämlich sollen die Rüsseleinstülpung um- hüllen, ihr die Musculatur liefernd. Mit seiner Museulatur aber soll sich der junge Rüssel an die Musculatur der Körperwand festheften, ehe noch die Wand des Rhynchocöloms gebildet ist. Diese entsteht erst später, und zwar anfänglich als einfache Schicht, ebenfalls aus mesoblastischen Wanderzellen. Nun wächst die anfangs hüllenlose Rüsseleinstülpung der Platte in das Blastocöl hinein, das die mesoblastischen Wanderzellen ent- hält. Es wird also das Rhynchocölom aus dem Blastocöl abgekammert, und es ist daher die Höhle des Rhynchocöloms ein Theil des Blastoeöls. Nach Salensky ist die Höhle des Rhynchocöloms aber eine neu ge- schaflene. Meine Untersuchungen bestätigten im Wesentlichen die Befunde von Salensky. Besonders hatte ich zu betonen, dass die Höhle des Rhynchoeöloms aus einem Spalt des die küsseleinstülpung umhüllenden Mesodermzellhaufens entsteht. Es ist sicher, dass aus dem Mesoderm- zellhaufen zwei Blätter hervorgehen: eines, welches der Rüsseleinstülpung innig angeschmiegt bleibt und sicher wenigstens einem Theil der Mus- culatur des Rüssels den Ursprung giebt, und ein anderes, das sich von jenem rings lostrennt, die Anlage der Wand des Rhynchocöloms dar- stellend (Taf. XVII, Fig. 17). Die Rüsseleinstülpung wächst sammt ihrer Scheide (der Rhyncho- cölomwand), mit der sie übrigens hinten verwachsen ist und bleibt, in den Urblutraum hinein, der sich zwischen den Kopfscheiben, den Rumpf- scheiben und dem Darm des Pilidiums gebildet hat und von einem Epi- thel von Mesodermzellen ausgekleidet ist, nach hinten über den Darm fort. Das Rhynchocölom verwächst oben und unten mit dem Epithel des Pilidium. — Rüssel und Rhynehoeölom. 355 Urblutraums, diesen in eine linke und rechte Hälfte abtheilend (Taf. XVII, Fig. 11 und 16). Die hintere Verwachsung vom embryonalen Rüssel und Rhyncho- cölom stellt die von vornherein geschaffene Anlage des Retractors des Rüssels dar. Hubrecht’s Darstellung, betreffend die Entstehung des Nemertinen- rüssels, musste ich mich insofern anschliessen, als ich mich davon über- zeugte, dass auch beim Pilidium der Rüssel von einer beson- deren Einstülpung der Larvenhaut und nicht von den Kopfscheiben sich herleitet. An den Sehnittserien durch Pilidien, in denen die beiden Kopf- scheiben noch nicht verwachsen waren, bemerkte ich in der Mitte zwischen den beiden Kopfscheiben eine geringfügige, napfförmige Einstülpung des umbrellaren Ektoderms des Pilidiums. Diese unpaare Einstülpung, welche ein ebensolches Epithel wie die Anlagen der Kopfscheiben besitzt, wird, so vermuthete ich — da ich den Process nicht beobachten konnte — zwischen die Kopfscheiben aufgenommen und verwächst mit diesen beim Piliaium ebenso, wie die den Rüssel liefernde Platte bei der Desor’schen Larve. Man bemerkt an den verwachsenen Kopfscheiben an dem Verwach- sungspunkte von Anfang an eine napfförmige Vertiefung, sucht aber ver- gebens nach dem vor den nicht verwachsenen Kopfscheiben gelegenen Napfe. Derselbe ist verschwunden, sobald sich die Kopfscheiben ver- einigt haben. Leider fiel mir diese mittlere unpaare Einstülpung erst an den con- servirten Pilidien zu einer Zeit auf, wo ich nicht mehr Gelegenheit hatte, die an ihnen über sie gewonnenen Resultate ah lebenden Pilidien zu controliren. Dass diese unpaare Einstülpung etwas Anderes bedeute, als eine Keimplatte, und zu etwas Anderem verbraucht werde, als zur Bildung des Rüssels, scheint mir in Anbetracht des Ortes, an dem sie auftritt, und der Verhältnisse, wie sie bei der Desor’schen Larve obwalten, undenkbar. Das Rhynchodäum — es ist jene Röhre, die von der Rüsselin- sertion bis zur Rüsselöffnung reicht — wird durch eine nachträgliche Vertiefung der Rüsseleinstülpung gebildet. c. Entwickelung der Nephridien. Mit der Anlage der hinteren Keimscheiben zugleich, oder doch nur wenig später, erscheinen zwei Einstülpungen dort am Oesophagus des Pilidiums, wo sein hohes Epithel, das ebenfalls ektodermaler Natur ist, in das niedrige Ektoderm der subumbrellaren Fläche des Pilidiums über- geht. Es sind die in der Literatur als „Oesophagusausstülpungen‘“ im Pilidium und in der Desor’schen Larve bekannten Bildungen. Barrois (No. 148) und Metschnikoff (No. 118) leiteten irrthümlicher Weise aus 2% zo 356 Embryologie. ihnen die Cerebralorgane her. Bütschli (No. 121), Hubrecht (No. 192 und 192a) und Salensky (No. 200), letzterer Bütschli’s Funde be- stätigend, haben nachgewiesen, dass die Oesophagusausstülpungen nichts mit der Entwickelung der Cerebralorgane zu thun haben. Hubrecht ist der Meinung, dass die Oesophagusausstülpungen die Anlagen der Ne- phridien darstellen. Ich schloss mich der Auffassung dieses Autors hin- sichtlich der Deutung der Oesophagusausstülpungen an, da ich sie noch mehr zu stützen vermochte. Die Ausstülpungen bilden zuerst kleine Säckchen, welche vor den hinteren Keimscheiben in nächster Nachbarschaft der Anlagen der Cere- bralorgane seitlich einander gegenüber an der weiten äusseren Oeffnung des Oesophagus gelegen sind (Taf. XVII, Fig. 3). Aber sehr bald sind die hinteren Keimscheiben an sie herangewachsen — die Oesophagusausstülpungen kamen ihnen noch entgegen — und die beiden verschiedenen Bildungen verschmelzen miteinander(Taf. XVII, Fig. 5). Nunmehr schnüren sich die Oesophagusausstülpungen vom Oeso- phagusrande ab, so dass auch ihre Communication mit der Aussenwelt aufhört. Dagegen sind die Nephridialanlagen trotzdem jetzt und auch vorläufig noch nicht geschlossen, sondern in der Art offen, wie der Canal des Cerebralorgans gegen die Amnionhöhle geöffnet ist (Taf. XVII, Fig. 16). Der vordere Rand der taschenartigen Ausstülpung ist einerseits mit der hinteren Keimscheibe verwachsen, andererseits aber innen an die Wand des Oesophagus geheftet. Nach hinten wächst die Tasche frei fort. Die Nephridialanlagen älterer Embryonen setzen sich, vom Mund- rande unter die Cerebralorgane aufsteigend, zwischen Oesophagus und Seitenstäimmen innerhalb des Hautmuskelschlauchs gelagert, weit über das Ende der Cerebralorgane hinaus nach hinten fort. Sie zeichnen sich einmal durch ihren sehr beträchtlichen Umfang, sodann durch die vielen Falten aus, welche ihre Wand bildet. Wir sehen die Anlagen der Nephridien in einem Process begriffen, der zu einer reichen Gliederung derselben führt und aus dem einzigen kugligen Hohlraum, den anfangs die Wand des jungen Nephridiums um- schliesst, ein System von Canälen, die aber miteinander in Verbindung bleiben, hervorgehen lässt. Die Nephridiumwand ist in den ganz jungen Anlagen mehrschichtig, baut sich aber später aus einer einzigen Schicht hoher, wimpernder Cvlinderzellen auf. Zwischen den Wimperzellen stecken anfangs kleine Drüsenzellen, deren Secret sich mit Hämatoxylin schwarz färbt. Solche Drüsenzellen sieht man vereinzelt auch im Epithel der Körperwand des Embryos. Diese Drüsenzellen machen aber entschieden nicht den Eindruck, als ob sie einer bedeutsamen Zukunft im Haushalte der Nephridien entgegen- gingen. Es sind zwerghafte Gebilde. Das Epithel vom Nephridium der erwachsenen Nemertine enthält keine Drüsenzellen. Sie werden also un- mittelbar nach ihrem Auftreten degeneriren. Pilidium. — Nephridien. 357 Einen unanfechtbaren Beweis, dass aus den als Nephridialanlagen geschilderten Gebilden wirklich die Nephridien der erwachsenen Nemer- tine sich entwickeln, würde man dann erbringen, wenn man die Entwicke- lung des Ausführgangs (oder der Ausführgänge), wie sie das Nephridium der erwachsenen Nemertine besitzt, demonstriren könnte. Derselbe ent- spricht nicht der vorhin erwähnten Oeffnung des Nephridiensackes gegen die Amnionhöhle des Pilidiums, d. h. der Oeffnung der Einstülpung der Nephridialanlage (Oesophagusausstülpung). Diese liegt am Bauche, neben dem Munde und vorne. Der Ausführgang des Nephridiums der er- wachsenen Lineiden — von deren Embryonen handelt unsere Beschrei- bung — aber liegt nicht am Bauche, sondern stets über den Seiten- stämmen und geht nicht vom vorderen Ende, sondern von der Mitte oder vom hinteren Ende des Nephridiums ab. Es ist völlig klar: der Ausführgang muss sich als eine die Körperwand durchbrechende beson- dere Einstülpung des Nemertinenepithels entwickeln und seeundär mit dem Nephridium verbinden, oder das Nephridium selbst muss sich einen neuen Weg durch die Körperwand bahnen. Dem erwachsenen Thier nach zu urtheilen, wird ersteres der Fall sein. In den von mir untersuchten Embryonen war der Ausführgang der Nephridien noch nicht angelegt, obwohl bei den ältesten die Keimscheiben mit dem Oesophagus überall vollständig verwachsen waren und in Folge dessen von der ur- sprünglichen Oeffnung der Nephridien nichts mehr zu bemerken ist. Wenn ich die geschilderten Anlagen trotz des Mangels dieses Nach- weises für die der Nephridien halte, so geschieht es, weil ich nicht wüsste, was sie sonst bedeuten sollten. Die Organisation der Nemertine ist durchaus bekannt, für jedes Organ haben wir die embryonale Anlage sicher festgestellt, mit Ausnahme des Nephridialapparates. Nun können wir eine Anlage nicht unterbringen, und für ein Organ- system fehlt uns die Anlage! Ich zweifle nieht daran, dass Hubrecht schon vor mir in Folge eines ähnlichen Gedankenganges die richtige Deutung gegeben hat, dank der wir überhoben sind, noch nach einer Organanlage im Embryo und einem neuen ÖOrgansystem in der erwachsenen Nemertine zu suchen. Denn dass — es wäre ja denkbar, dass der Einwurf erfolgte — die Oesophagusausstülpungen vorübergehende, etwa larvale Organe darstellten, ist in Anbetracht ihrer Lage und relativ späten Ausbildung un- denkbar. Uebrigens entspricht der Bau der Wandung der älteren Nephridial- anlagen ganz dem des Epithels im Canal des fertigen Excretionssystems. Der Entwickelungsmodus desselben aus einer Hauteinstülpung entspricht einer schon früher von mir ausgesprochenen Erwartung (No. 222). Die Lage der Anlagen innerhalb des Hautmuskelschlauches, an der Seite des Oesophagus, umgrenzt von jenen Hohlräumen, aus denen das Blutgefäss- system seinen Ursprung nimmt, giebt uns Aufklärung darüber, wie es kommt, wie es kommen musste, dass sich die innige Beziehung zwischen 398 Embryologie. Exeretionsapparat und Blutgefässsystem herausbildete, wie sie uns z. B. bei Carinella, Lineus, Oerebratulus oder Drepanophorus bekannt ist. Wir verlassen die Anlagen, wo sie im Begriff sind, ein Canal- system zu entwickeln; wir haben sie somit weiter in ihrer Entwickelung verfolgen dürfen, als es bisher von jemand bekannt geworden ist. Salensky beschreibt nur ihr Erscheinen als Oesophagusausstülpungen, zögert aber dennoch nicht, sich betreffs ihrer Deutung der Auffassung Hubrecht’s anzuschliessen. Es sind die die Nephridien bildenden sogenannten Oesophagus- ausstülpungen des Pilidiums nach meiner Ansicht, ebenso wie bei der Desor’schen Larve, Ausstülpungen des Ektoderms. d. Entwiekelung der Blutgefässe. Nach Hubrecht (No. 192 und 192a) sollen die Blutgefässe bei der Desor’schen Larve in ähnlicher Weise, wie seiner Ansicht gemäss das Rhynchocölom gebildet wird, entstehen, nämlich durch mesoblastische Zellen im Blastocöl erzeugt werden. Auch ihre Höhlung muss nach Hubrecht als ein Archieöl aufgefasst werden. Salensky’s (No. 200) Angaben über die Entstehung der Blutgefässe im Pilidium sind dürftig. Es sollen zahlreiche Spalten im Kopfmesoderm auftreten, die vielleicht Blutlacunen sind. Die als Blutlacunen gedeuteten Lücken auf welche (No. 200, Fig. 22A, tab. 19, blsn) verwiesen wird, be- finden sich aber im Ektoderm der Keimscheibe! Dagegen führte Salensky aus, das Rumpfmesoderm, also das der Rumpf- oder hinteren Scheiben, spalte sich in ein inneres, dem Darm, und ein äusseres, der Haut anliegendes Blatt und bilde ein Cölom, das Salensky auch an der erwachsenen Nemertine nachgewiesen haben will (No. 137). „Im Kopfmesoderm aber“, so sagte Salensky (No. 200, p. 505), „tritt keine Spur von Cölom auf, und als Ersatz eines solchen kann man die Spaltung der hüsselscheidenanlage, resp. die Höhle der hüsselscheide, betrachten“, also das Rhynchocölom. Meine Untersuchungen (No. 241 und 256) am Pilidium lehrten: Ehe die vorderen Keimscheiben verschmolzen sind, existiren, abge- sehen von den Amnionhöhlen, die bedeutungslos sind und bleiben, noch zwei linsenförmige Hohlräume in der Gallerte des Pilidiums, welche einer- seits durch die ammiote concave Fläche der jungen Keimscheibe, anderer- seits durch eine feine Tunica propria, der man hin und wieder eine Zelle angedrückt bemerkt, begrenzt sind. Da die Hohlräume gerade in dem Kern der Gallerte auftreten, welchen die gekrümmten Anlagen der Keim- scheiben gewissermassen aus der Gallerte des Pilidiums herausschälen, darf man gewiss annehmen, dass sie mit den Keimscheiben zugleich ent- stehen und nicht vor ihnen im Pilidium vorhanden sind. Ehe die An- lagen der Keimscheiben sich einstülpten, wird es im Pilidium keinerlei Hohlräume zwischen Ento- und Ektoblast gegeben haben. Pilidium, — Blutgefässe. 359 Die linsenförmigen Räume sind schon zu bemerken, während die vorderen Keimscheiben noch Ausstülpungen des Pilidienektoderms vor- stellen, also sich noch nicht von der Larvenhaut abgeschnürt haben (Taf. XVII, Fig. 14). Die Hohlräume haben sich auf Kosten der Gallerte des Pilidiums entwickelt, und zwar jedenfalls durch Verflüssigung derselben. Nachdem sich später die vorderen Keimscheiben völlig umgekrümmt haben und ihre concaven Flächen einander zuwenden, bemerkt man, so- bald der Verschmelzungsprocess der beiden Kopfscheiben anhebt, in dem Gallertkern, den die beiden Kopfscheiben gemeinsam begrenzen, zuerst an der unteren Fläche über der Subumbrella, wo die Keim- scheiben zunächst verwachsen, nachdem sie vorne verschmolzen sind, einen Hohlraum, welcher sich mehr und mehr ausdehnt. Er reicht schliess- lich bis zum Darmrücken und wird durch die inneren Flächen der Keim- scheiben (nunmehr die vom Amnion abgewandten) begrenzt. Wo die vorderen Keimscheiben aber noch nicht oben und unten verschmolzen sind, grenzt ihn gegen die Gallerte des Pilidiums eine Zellen führende Tunica propria ab. Noch sind die ursprünglichsten, die beiden linsenförmigen Hohlräume erhalten; sie befinden sich an der Aussenseite der vorderen Keimscheiben, verschwinden indessen mit dem fortgesetzten Dickenwachsthum dieser. Sie werden von den Keimscheiben ausgefüllt und so verdrängt. (Taf. XVII, Fig. 12). Der grosse Binnenhohlraum aber bleibt erhalten und dehnt sich mit den vorderen Keimscheiben nach hinten aus. In diesen Hohlraum hinein stülpt sich das Rhynchocölom, den Rüssel enthaltend, vor (Taf. XVII, Fig. 2). Es ist diese erst in der Larve entstandene Höhle ein Archihämal- raum, denn indem sie sich nach hinten ausdehnt und gegliedert wird, wandelt sie sich in das Blutgefässsystem der Nemertine allmählich um. Noch haben wir es nur mit einer einheitlichen Kopfhöhle, in welche hinein das Rhynchocölom mit dem Rüssel sich soeben gestülpt hat, zu thun. Sie wird ausgekleidet vom inneren Epithel der Scheiben, vom Mesoderm, das ja auch die Wand des Rhynchoeöloms bildet also all- seitig von einem genetisch gleichwerthigen Epithel, denn auch die Tunica propria hat sich aus Mesodermzellen der Pilidiengallerte zusammenfügt. Die Kopfhöhle bleibt sehr lange einheitlich und wird erst nach Bil- dung des Rhynchodäums durch ein ventrales und dorsales Längsseptum in jene zwei Räume zerlegt, die, nachdem sie mittlerweile viel enger geworden sind, die beiden Kopfgefässe darstellen (Taf. XVII, Fig. 16, sg). Die Längssepten bestehen aus Mesodermzellen. Die Kopfhöhle hat sich nach hinten mit dem Rhynchocölom ausge- dehnt; sie wird von der Darmwand und der selbstgebildeten Tunica, eventuell auch von den bereits am Rücken verwachsenen Keimscheiben begrenzt. 360 Embryologie. Die Rumpfhöhle, wie wir den hinteren Abschnitt des Archihämal- raums bezeichnen wollen, wird durch Septen, welche oben und unten am Rhynchoeölom entlang laufen und dasselbe an der Körperwand und am Darm befestigen, in zwei Hälften zerlegt. Auch diese Septen sind von Mesodermzellen gebildet; solche be- grenzen auch die Hohlräume dorsal und ventral; ventral finden wir sie, da auch um die Darmwand sich frühzeitig Mesodermzellen lagerten. An der Rückenseite sind sie durch das innere Epithel der zusammenge- wachsenen hinteren Keimscheiben gegeben. Die Septen treten mit dem Rhynchocölom zugleich auf, und ihre Bildung schreitet mit seinem Wachsthum zugleich von vorn nach hinten fort, indem das Rhynchocölom stets und von Anfang an mit den dem Darm und der Körperwand anliegenden Blättern verwachsen ist. Die beiden Hohlräume, welche das Rhynchoeölom begleiten und auch seitlich zwischen Darm und Körperwand sich auszubreiten versuchen, stellen die beiden Seitengefässanlagen der Nemertine vor (Taf. XVII, Fig. 11, sg). Obwohl das Rückengefäss wenigstens in der Region der Kopf- scheiben bei den ältesten Embryonen vorhanden ist, vermag ich über seine Entstehung nichts anzugeben. Es muss wohl mit der Bildung des unteren Septums aus der Archi- hämalhöhle abgekammert werden. Die Blutgefässe der Nemertine gehen mithin aus einem Hohlraum hervor, einer Archihämalhöhle, welche in der Gallerte (dem Mesoderm) des Pilidiums nach der Concreszenz des vorderen Scheibenpaares zwischen diesem auftritt und sich später nach hinten weiter fortpflanzt. Indem ich die allmähliche Entstehung und Ausdehnung der Archi- hämalhöhle verfolgte, wurde in mir die Ansicht befestigt, dass die Höhle nur dadurch entsteht, dass die Gallerte des Pilidiums theilweise flüssig wird. Die frei werdenden Zellen bilden die Tunica propria des Archi- hämalraumes; es werden aber wohl auch solche als Urblutkörper in der Höhle flottiren, deren Lymphe die flüssige Gallerte bildet. Dass sich die Blutkörper des Embryos vom Mesoderm herleiten, ist um so plausibler, als auch im erwachsenen Thier der Nachschub vom Epithel der Blutgefässe — also von einem Zellblatte, das vom Mesoderm herstammt — erfolgt (No. 217). Von der Entstehung eines Cöloms in dem im Pilidium ent- haltenen Embryo hatte ich nichts bemerkt. Ich war zu der Ueberzeugung gekommen, dass das dem Darm anliegende Blatt sich nicht vom Meso- derm der Keimscheiben ableitet, sondern sich zur selben Zeit und in derselben Weise am Darm selbstständig ausbildet, wie an den Keimscheiben, wo sein Auftreten von mir in Uebereinstimmung mit Salensky ge- schildert wurde, und dass kein Unterschied ist zwischen der von mir als Urblutraum gekennzeichneten Höhle inmitten der Kopfscheiben und dem Pilidium. — Cerebralorgane. bl Cölom Salensky’s, ausser dass erstere sehr weit, letzteres recht eng und zu Zeiten und an manchen Stellen nicht zu constatiren ist, indem sich das mesodermale Blatt der hinteren Scheiben dieht an das den Darm umhüllende schmiegt. Den Hohlraum, welchen Salensky (No. 200) im Bereich der hinteren Keimscheiben als Cölom bezeichnet, muss ich als Blutraum — Urblut- gefäss — auffassen. e. Entwickelung der Gerebralorgane. Bei der Desor’schen Larve werden nach Hubrecht (No. 192 und 192 a) die Cerebralorgane als ein Paar besondere seitliche Einstülpungen des Larvenektoderms (primären Ektoderms) angelegt. Nach Bütschli (No. 121) sind sie beim Pilidium nach oben und innen gerichtete Einstülpungen des vorderen Theils der hinteren Platten (Rumpfscheiben). Indess lässt Bütschli der Vermuthung Raum, dass die Cerebralorgane vielleicht selbstständige, vor der Anlage der Rumpf- scheiben gelegene Einstülpungen des Pilidienektoderms sind. Diese Vermuthung hat sich in Salensky’s (No. 200, p. 502) Dar- stellung von der Entstehung der Cerebralorgane beim Pilidium fast zur Gewissheit gesteigert. Salensky schreibt: „Die Seitenorgane (ÜCere- bralorgane) bilden sich auch hier (beim Pilidium) in Form von zwei Ein- stülpungen des primitiven Ektoderms, resp. der äusseren Leibeswand des Pilidiums. Wann diese Einstülpungen zuerst auftreten, konnte ich nicht ermitteln. Im Stadium, wo selbst schon die Anlagen des hüssels und der Rüsselscheide (des Rhynchocöloms) gebildet sind, erreichen die Anlagen der Seitenorgane einen bedeutenden Umfang und sind mit den hinteren Scheibenpaaren verbunden“. Meine Untersuchungen über die Entstehung der Cerebralorgane im Pilidium ergaben folgendes: Noch vor dem Rüssel, sogar noch ehe die Kopfscheiben miteinander verwachsen sind, erscheinen an den hinteren Scheiben die Anlagen der Gerebralorgane. Dieselben machen sich sehr früh- zeitig geltend, nämlich schon in dem Stadium, in welchem die Rumpf- scheiben noch mit dem primären Ektoblast zusammenhängen, also noch offene Einstülpungen der Pilidienhaut darstellen (Taf. XVII, Fig. 4). Auch die hinteren Scheiben sind zuerst einwärts, nach dem Amnion zu, wie die Kopfscheiben gekrümmt. Die Keimplatte besteht aus einer einzigen Schicht hoher Zellen, die wir wiederum als äusseres Epithel bezeichnen wollen. An ihrer convexen Fläche haben sich gleich anfangs schon einige der entstehenden Ausstülpung sich anlagernde Mesoderm- zellen zum inneren Epithel entwickelt. Die Keimplatte krümmt sich an dem Rande, mit welchem sie in die (rallerte des Pilidiums hineinwächst, nun besonders stark einwärts. Es wird auf diese Weise in der mehr und mehr in der Fläche nach vorne sich ausdehnenden Keimplatte eine Rinne erzeugt, welche nach dem 362 Embryologie. Amnion zu offen ist, also mit der Amnionhöhle in ihrer ganzen Länge communieirt. In der Folge schliesst sich aber die Rinne vorne, indem der gekrümmte Rand der Keimplatte sich so weit einwärts krümmt, bis er wieder an die Keimplatte stösst und mit ihr verschmilzt. So wird aus der Rinne eine Düte geschaffen, welche hinten, also dort, wo die Bildung der Rinne begann, ofien ist, mit der Amnionhöhle communieirt und durch sie anfangs noch mit der Aussenwelt in Verbindung bleibt. Die Düte bleibt an dieser Stelle auch stets geöffnet, denn die primi- tive Deffnung verbleibtdem Canaldes Gerebralorgans, dessen erste Anlage eben die Düte darstellt. Verglich ich die Anlage des Cerebralorgans mit einer Düte, so ge- schah es, um auch die Art der Entstehung der Anlage zu veranschaulichen. Das Cerebralorgan wird nämlich aus der Keimplatte wie eine Düte aus einem Stück Papier gedreht. Die Anlage stellt nach Schluss der Rinne einen abgerundeten Zapfen dar, welchen ein Canal der Länge nach durchdringt. Der Zapfen biegt sich nunmehr an seinem vordersten Ende wieder nach rückwärts um. Der gekrümmte Abschnitt des Zapfens legt sich dicht an den gerade gebliebenen und verschmilzt mit ihm. So erhält der Canal die starke Krümmung, welche er im fertigen Cerebralorgan aufweist, und die schon in der jungen Anlage desselben auffällt. Der Zapfen verdickt sich rasch, indem von dem bisher einschichtigen Epithel, welches den Canal umwallt, sich Zellen abspalten, die dieses umlagern. Seine äusserste Umhüllung aber wird natürlich vom inneren Epithel der Keimplatte, dem Mesoderm, gebildet. Die Ausstülpung der Anlagen der Cerebralorgane erfolgt von hinten nach vorne. Die in die Amnionhöhle ausmündende Oeffnung ihres Canals liegt ursprünglich hinter den Anlagen der Cerebralorgane. Später jedoch überholt die hintere Keimplatte, im Wachsthum den vorderen Keimplatten entgegenschreitend, die kugligen Anlagen der Gerebralorgane, und die Oefinung ihres Canals verschiebt sich vor jene (Taf. XVII, Fie. 5). Die Kopfspalten sind ihrer Entstehung nach als eine rinnen- förmige Verlängerung der embryonalen Oefinung des Cerebralcanals nach vorn aufzufassen. Die Rinne dehnt sich, bei der Oeffnung des Cerebral- organs in die Amnionhöle anhebend, allmählich nach vorn seitlich an den Kopfscheiben (resp. zwischen Kopf- und Rumpfscheiben) aus, sich zugleich mehr und mehr vertiefend (Taf. XVII, Fig. 10 und 15). f. Entwickelung des Centralnervensystems. Salensky (No. 200, p. 498) fasst seine Ausführungen über die Ent- wickelung von Gehirn- und Seitenstämmen folgendermassen zusammen: „lt. Die ersten Anlagen des Nervensystems der Nemertinen erscheinen in Form von zwei Ektodermverdickungen, die im Bereiche der vorderen Scheibenpaare zu beiden Seiten der küsseleinstülpung entstehen. Pilidium. — Centralnervensystem. 369 2. Die vorderen, verdickten Theile dieser gemeinsamen Nervenanlagen stellen die Anlagen der Bauch- und Rückenlappen des Gehirns, die hin- teren die der Lateralnervenstämme (Seitenstämme) dar. 3. Die Bauchcommissur der Gehirnganglien kommt in Folge der Verwachsung beider Bauchlappen, resp. ihrer Fortsetzung zu Stande und tritt viel früher als die Rückencommissur zu Tage. 4. Die Lateralnerven (Seitenstämme) bilden sich als unmittelbare Fortsetzungen der primitiven Nervenanlagen, bleiben indess bei ihrem Auftreten im Bereiche des Kopftheiles liegen und setzen sich erst nach erfolgter Verwachsung im Rumpftheile fort.‘ Es soll also nach Salensky das Centralnervensystem nur ein Product der Kopfscheiben sein; auch die Seitenstämme sollen sich nicht etwa aus den Rumpfscheiben herleiten, sondern aus ihren Anlagen in den Kopfscheiben heraus sich, nach hinten mit freien Enden wachsend, verlängern (vgl. auch No. 178). Grundverschieden sind von den Angaben Salensky’s diejenigen Hubrecht’s (No. 192 und 192a), welche die Entwicklung des Central- nervensystems bei der Desor’schen Larve betreffen. Das gesammte Öentralnervensystem soll nach Hubrecht rein mesodermalen Ursprungs sein. Hubrecht (No. 192a, p. 471) sagt wörtlich: „Das Gehirn und die beiden seitlichen Nervenmarkstämme (Seitenstämme), in welchen sich schon früh zellige und faserige Nervenelemente unterscheiden lassen, ent- wickeln sich aus Mesoblastzellen, welche sich gegen die Platten secun- dären Epiblasts lagern.“ Die Anlagen des Centralnervensystems erscheinen — soviel mich meine Untersuchungen am Pilidium lehrten — erst nachdem das vordere und hintere Paar der Scheiben, wenn auch lange nicht vollständig, mit- einander verwachsen sind. Die Verwachsung des vorderen und hinteren Scheibenpaares schreitet allmählich fort. Sie beginnt damit, dass sich die hinteren Scheiben über die Cerebralorgane hinaus in einen Zipfel ausziehen, welcher sich medial ventral an die vorderen Scheiben anlegt und mit ihnen verschmilzt (Taf. XVII, Fig. 3, 10,13 und 18). Sobald die Scheiben in dieser Weise miteinander vereinigt sind, differenzirt sich in den Keimplatten der Scheiben das Uentralnervensystem, von dem uns zuerst seine faserigen iemente, nämlich die sog. Punktsubstanz, ins Auge fallen (Taf. XVII, Fig. 10a und 6). Es ist nun nicht richtig, wenn Salensky nur den Kopfscheiben die Bildung des Centralnervensystems zuschreibt, behauptend, von dort aus wüchsen die Seitenstämme innen an den Rumpfscheiben nach hinten aus, sondern ich muss es nach meinen Untersuchungen am Pilidium als völlig sicher hinstellen, dass sich sowohl das hintere als auch das vordere Scheibenpaar an der Bildung des CGentral- nervensystems betheiligen. 364 Embryologie. Es bringen nämlich die Kopfscheiben nur die dorsalen Ganglien und die sie verbindende dorsale Commissur hervor, die Rumpfscheiben aber liefern ganz und gar die ventralen Ganglien und die Seitenstämme nebst der die ventralen Ganglien verbindenden (ventralen) Commissur. Es geht also das Centralnervensystem der Nemertinen nicht aus einer einzigen, sondern aus einer zweifachen, zuerst örtlich getrennten Anlage hervor, indem die ventralen Ganglien und die Seitenstämme einen anderen Mutterboden besitzen, als die dorsalen Ganglien. Das Centralnervensystem tritt sowohl in den vorderen, als hinteren Keimscheiben nicht in der oberflächlichsten Schicht der Keimplatte, son- dern in den tieferen auf. Es bildet nämlich die ursprünglich einschichtige Keimplatte bald mindestens zwei Schichten. Aus der äusseren wird die Haut, die innere liefert das Zellmaterial für die Ganglien oder die Seitenstämme. Absolut nicht berührt indessen die Bildung des ÖCentralnervensystems das Mesoderm, welches zur Zeit der Entstehung jenes noch eine sehr dünne Zelllamelle darstellt. Das Öentralnervensystem differenzirt sich zuerst in den Kopfscheiben und den vordersten mit ihnen verwachsenen Zipfeln der Rumpfscheiben. Es machen sich ziemlich gleichzeitig die dorsalen und ventralen Gang- lien geltend (Taf. XVII, Fig. 9, 10 und 18). An die ventralen Ganglien — die man als die vorderen Enden der Seitenstämme bezeichnen darf — unmittelbar anschliessend differenziren sich, nach hinten allmählich fort- schreitend, in den Rumpfscheiben die Seitenstämme (Taf. XVII, Fig. 15). Es ist noch hinzuzufügen, dass den hinteren Scheiben von den vor- deren beim Beginne ihrer Verwachsung je ein Zipfel entgegenkommt, der sich lateral neben die Rumpfscheiben legt, sich indessen nur bis zu den Cerebralorganen nach hinten verlängert. Er verschmilzt dort mit den Cerebralorganen, wo aus ihnen der Cerebraleanal heraustritt. In diesen Zipfel hinein setzt sich die Anlage des dorsalen Ganglions fort, die Verknüpfung des Cerebralorgans mit dem Gehirn bewerkstelligend. Vor dem Öerebralorgan verschmilzt dieser nach hinten auswachsende Zipfel der vorderen Keimscheibe mit dem nach vorne strebenden der hinteren Keimscheibe, indem er sich lateral an ihn legt. Auf diese Weise werden ventrales Ganglion, bezw. Seitenstamm, und dorsales ganz nahe aneinander gerückt. Es wird dem Leser nach diesem wenig verständlich erscheinen, wie sowohl Hubreeht als auch Salensky zu wesentlich anderen Resultaten gekommen sind. Der Irrthum Hubrecht’s ist leicht zu erklären. Dieser Autor hat nämlich in dem Stadium, in welchem sich das Centralnervensystem differenzirt, überhaupt nicht mehr das wahre Mesoderm gesehen und die vom Ektoderm herstammenden Gewebselemente, welche die Cutis und die äussere Längsmuskelschicht bilden, für das Mesoderm der Keimplatten Pilidium, — Körperwand, 365 in Anspruch genommen. Das wahre Mesoderm bildet nämlich noch zu dieser Zeit im Embryo eine im Schnitt sehr dünne, in der That wenig auffallende Zelllamelle. Salensky aber hat sich, das scheint seine fig. 20, tab. 19 in No. 200 zu illustriren, zu seiner Ansicht vom Auswachsen der Seitenstämme mit freien Enden von den Kopfscheiben aus durch jene mit den Öerebral- organen in Verbindung tretenden Zipfel der dorsalen Ganglien verführen lassen, indem er diese für die Seitenstämme in Anspruch nahm. ge. Entwickelung der Körperwand. Die Körperwand der Heteronemertinen, von denen das Pilidium eine Larve vorstellt, setzt sich aus dem Epithel, einer drüsenzellenreichen Cutis, die übrigens auch meistens Muskelfibrillen enthält, und einem Muskelschlauch, der aus einer äusseren Längs-, einer Ring- und einer inneren Längsmuskelschicht besteht, zusammen. Hubrecht und Salensky berichteten übereinstimmend, dass sich das Epithel der Haut aus der oberflächlichen Zellschicht der Keimplatten herleitet, die Museulatur der Körperwand aber mesodermalen Ursprungs sei. Es ist richtig, das Epithel bildet sich aus der oberfläch- liehsten Zellschicht sowohl der mehrschiechtig gewordenen Kopf-, als auch der Rumpfkeimplatten. Es erfolgt der Umwandlungsprocess dadurch, dass sich ein grosser Theil der Zellen der äusseren Schicht aller vier Keimplatten, die sich schon sehr früh palissadenartig angeordnet haben, in die für das Hetero- nemertinenhautepithel charakteristischen flaschenförmigen Drüsenzellen umbildet. Lange bevor die vier Keimplatten miteinander vollständig verwachsen sind, sehen wir sie strotzend voll von diesen einzeln lagern- den elliptischen Drüsenzellen, deren Inhalt bereits ein glänzendes, stark mit Carmin tingirbares Secret darstellt. Aber nicht allein das Epithel leitet sich von den Keim- platten — die ja auch das Centralnervensystem liefern — her, son- dern auch die Cutis mitsammt der äusseren Längsmuskel- schicht des Hautmuskelschlauchs (Fig. XVII, Fig. 7). In der Anlage der Cutis, die anfänglich eine Schicht von Kernen darstellt, in welcher die Anlagen der Seitenstämme eingeschlossen sind, fallen uns ebenfalls zuerst Drüsenzellen, kleine, meist kuglige, glänzende, ebenfalls stark mit Carmin tingirbare Gebilde auf, welche einen dünnen Stiel besitzen, der in das Epithel hineingeht; es ist ihr das Epithel durch- dringender Ausführgang. Sodann aber sehen wir in der Schicht, zuerst spärlich verstreut, kleine, hellglänzende, eckige Pünktchen, welche die Schnitte von Muskelfibrillen sind. Diese gehören freilich theils der Cutis an, zumeist aber bilden sie die äussere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs. Inzwischen hat sich das die Keimplatten innen bekleidende Meso- derm noch nicht verändert: es stellt vielmehr noch immer, auch bei den 366 Embryologie. ältesten im Pilidium enthaltenen Embryonen, ein dünnes Zellblatt dar, das sich den mittlerweile völlig verwachsenen Keimplatten dicht an- schmiegt. Wie beim Embryo im Pilidium, so schreitet auch bei der Desor’schen Larve die Entwickelung des gesammten Mesoderms eine lange Zeit nicht fort. Denn nicht allein das der Keimplatten, auch das die Anlage des Rhynehoeöloms und die Bekleidung des jungen Rüssels bildende Meso- derm steht in der durch die Anlage der Organe gekennzeichneten Periode der Entwickelung des Nemertinenembryos in der Fortentwickelung still. Dieselbe hebt erst an, nachdem sich aus den Keimplatten alle Gewebs- anlagen nicht allein differenzirt, sondern bereits dieke Schichten gebildet haben. Die Abstammung der Ring- und inneren Längsmuskel- schicht des Hautmuskelschlauchs vom inneren Epithel der Keimplatten, d.h. vom Mesoderm, habe ich nicht mehr beim Pili- dium, wohl aber bei den Embryonen constatiren können, die sich nach dem Desor’schen Typus entwickeln. Die von mir untersuchten Embryonen des Pilidiums waren ausnahmslos noch zu jung. So bestätigt sich die von mir bereits gehegte Vermuthung (No. 217), dass der dreischichtige Hautmuskelschlauch der Heteronemertinen doppel- ten Ursprungs sei und sich mit der Cutis in Gemeinschaft anlege. So ertahren wir, wie es kommt, dass bei den Heteronemertinen die Seiten- stämme tief in der Körperwand, weit vom Hautepithel nach innen ent- fernt, stecken, obgleich sie zu der Ringmuskelschicht dieselbe Lage ein- nehmen, wie bei der Protonemertinengattung Carinella. Auch das Parencehym leitet sich vom Mesoderm ab. h. Entwickelung des Darmes. Es ist bekannt, dass der Pilidiendarm in die Nemertine übergeht. Es ist auch bereits oben betont worden, dass der Darm des Pilidiums aus zwei Theilen sich zusammensetzt, nämlich aus dem Entodermblind- sacke und einem ektodermalen Oesophagus, durch welchen jener nach aussen mündet, Aus dem Oesophagus des Pilidiums, dessen Epithel durch hohe, prismatische Zellen mit länglichen Kernen ausgezeichnet ist, geht der Vorderdarm der Nemertine hervor, aus dem Entoderm- sack des Pilidiums der Mitteldarm dieser. Es enthält der Entodermsack des Pilidiums ausser den Wimperzellen Drüsenzellen. Diese verhalten sich ganz wie jene Drüsenzellen, durch welche der Mitteldarm der erwachsenen Nemertine ausgezeichnet ist (Taf. XVII, Fig. 1 und 11). Bei manchen Pilidien besitzen die Wimperzellen einen Inhalt von groben, grünlichen Körnern, wie er sich auch im Mitteldarm der erwach- senen Nemertine häufig vorfindet. Entstehung der Desor’schen Larve. 367 Le} Nach Hubrecht soll der Darm beim Embryo der Desor’schen Larve aus zwei getrennten entodermalen Anlagen hervorgehen, die miteinander verwachsen. Hubrecht beschreibt diesen Vorgang (No. 192a, p. 472) folgender- massen: „Das vom Hypoblast umschlossene Archenteron theilt sich schon früh in a) eine hintere Höhlung, die des Mesenterons, welche den Zu- sammenhang aufgiebt mit b) der vorderen, fest zusammengepressten und vom Blastoporus unmittelbar emporsteigenden Höhlung, aus deren unterem Abschnitt sich der Oesophagus bildet. Es wird der Blastoporus zum Mund, und der definitive Oesophagus, welcher aus den an den Blasto- porus unmittelbar anstossenden Hypoblastzellen entsteht, bricht sodann secundär gegen die Höhle des Mitteldarms durch.“ Ich werde diesen Entwickelungsmodus bei der Desor’schen Larve näher besprechen. Der After der Nemertine muss nachträglich, und zwar durch eine Ektodermeinstülpung gebildet werden. Nachdem sich die Nemertine, soweit als es bisher geschildert wurde, im Pilidium entwickeit hat, ihr also nur noch die Geschlechtsorgane und die Ring- und innere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauches fehlen, verlässt sie das Pilidium, ihm wie einem Cocon entschlüpfend. B. Entwickelung durch die Desor’sche Larve. 1. Die Entstehung der Desor’schen Larve. Die Umwandlung der Gastrula in die Desor’sche Larve erfolgt, in- dem sich die anfänglich radiäre Gastrula in eine bilateralsymmetrische verwandelt und mit einem Wimperpelz bedeckt (Taf. XVIII, Fig. 1). Die Desor’sche Larve ist ursprünglich annähernd eiförmig. Die ventrale Seite erscheint ein wenig abgeplattet. Der Mund liegt excentrisch, dem Vorderende genähert, und mündet in eine flache, muldenförmige Bucht (Taf. XVIII, Fig. 1). Diese Nemertinenlarve bewegt sich, wie bereits ihr Entdecker Desor (1850, No. 66) bemerkte, rotirend innerhalb der flaschenförmigen Eihülle, welche sie aber nicht verlässt. Wir dürfen sagen, in Folge dessen fehlen ihr alle jene larvalen Organe, die wir beim Pilidium kennen lernten. Es differenziren sich weder Geisseln, noch Wimperschnüre. Das Ektoderm wird anfangs von hohen, cylindrischen Zellen repräsentirt, die später zu cubischen werden und sich schliesslich in ein Plattenepithel umbilden, aber es bleibt immer gleiehförmig, indem es nirgends eine besondere Entwickelung erfährt, wie sie uns beim Pilidium in der Scheitelplatte oder an den Wimperschnüren entgegentrat. Ebensowenig geht das Mesoderm in die Entwicklung larvalen Ge- webes wie einer Musculatur beim Pilidium ein. 365 Embryologie. Später streckt sich die Desor’sche Larve bedeutend und erfährt in der Gegend des Mundes eine flache, ringförmige Einstülpung, so dass man einen Kopf- und Rumpftheil unterscheiden kann (Taf. XVII, Fie. 3 und 5). Von oben gesehen ist sie anfänglich rundlich, später elliptisch, dann oval und endlich hexagonal gestaltet (Taf. XVII, Fig. 2, 4 und 6). In diesem Stadium besitzt sie eine ziemlich kurze Vorder- und Hinter- kante, zwei kürzere, vordere Seitenkanten und zwei längere, hintere Seiten- kanten (Taf. XVIII, Fig. 7 und 8); es resultirt aus demselben alsbald eine wurmförmige Gestalt mit verbreitertem, etwa trapezförmigem Kopfende. 2) DieEntwickelungderNemertinein der Desor’schen Larve. a. Entwickelung der Keimplatten und des Amnions. Die Bildung der Nemertine wird, wie beim Pilidium, durch zwei Paar Einstülpungen des Ektoderms der Larve eingeleitet, welche ebenfalls ein vorderes und hinteres Scheibenpaar liefern (Taf. XVII, Fig. 2 und 4). Diese vier Keimscheiben, welche als Kopf- und Rumpf- scheiben bezeichnet worden sind, dürfen wir heute als völlig gleichwerthig den im Pilidium erzeugten Keimscheiben betrachten, da neuerdings Arnold den Nachweis geliefert hat, dass sie ebenfalls wenigstens die Anlage eines Amnions besitzen. Früher glaubte man nämlich, dass bei der Desor’schen Larve Amniontheile nicht erzeugt würden. Die vier Amniontheile nehmen bei der Desor’schen Larve in genau derselben Weise ihren Ursprung, wie im Pilidium, indessen bleiben sie mit dem Larvenektoderm innig verklebt, so dass es nicht zu einer Ver- wachsung der vier Amniontheile miteinander kommt und somit die Bil- dung eines einheitlichen Amnions, wie beim Pilidium, ausbleibt (Taf. XVIII, Fig. 12). Später, in Folge des starken Wachsthums der Keimplatten, werden die Zellen der Amniontheile auseinander gerissen, und erst dabei lösen sie sich vom primären Ektoderm los, um alsbald zu degeneriren (Taf. XVILL, Fig. 14). Die vier Keimscheiben der Desor’schen Larve besitzen dieselbe Lagerung, wie beim Pilidium, indem je ein Paar vor und hinter dem Munde sich einstülpt (Taf. XVII, Fig. 2 und 4). Die aus ihnen deri- virenden Keimplatten lassen nur eine Schicht schlanker, hoher Cylinder- zellen erkennen (Taf. XVIIL, Fig. 13). Von Hubreeht wurde noch die Entstehung einer fünften, un- paaren Keimplatte entdeckt, welche am aboralen Ende der Larve, und zwar an ihrem Rücken entsteht. Diese verdankt aber nicht, wie die paarig auftretenden Keimplatten einem Invaginationsprocesse ihren Ur- sprung, sondern einem Delaminationsprocesse (Taf. XVII, Fig. 9, 10 und 11). Dieselbe spaltet sich aus dem larvalen Ektoderm, das dort mehrschichtig wird, ab. Dieser merkwürdige Vorgang ist neuerdings von Arnold bestätigt worden; es findet sich im Pilidium nichts ihm Vergleichbares. Desor’sche Larve. — Entwickelung der Nemertine, 369 b. Entwickelung der Gewebe und Organe. Der Rüssel nimmt, wie beim Pilidium, aus einer besonderen Anlage seinen Ursprung. Aber nach den Untersuchungen vonHubrechtundArnold nicht aus einer Einstülpung des larvalen Ektoderms, sondern, wie die Rückenplatte, durch einen Delaminationsprocess (Taf. XVIIL, Fig. 9 u. 13). Das Rhynchocölom repräsentirt nach Arnold nicht einen Ueber- rest des Blastocöls, wie Hubrecht meint, sondern eine secundäre Leibes- höhle, die durch Spaltung jenes Materials an Mesodermzellen ent- standen ist, welches, wie beim Pilidium, die Rüsselanlage umgiebt (Taf. XVII, Fig. 16 und 17). In der sich innerhalb der Desor’schen Larve entwickelnden Nemer- tine hat Arnold die Bildung eines Cöloms verfolgt. Das Mesoderm nimmt, wie wir oben darlegten, in Form solider Zellhaufen jederseits vom Larvenmunde seinen Ursprung (Fig. XLVIIL,B). Während diese Haufen den Darm umwachsen, entsteht in ihnen ein Spalt, und das Mesoderm zerlegt sich dadurch in ein somatisches und splanchnisches Blatt, Körper- und Darmwand bekleidend (Taf. XVIIL, Fig. 15). Später wird das Cölom redueirt, indem sich der Darm vergrössert und beide. Blätter stellenweis dicht aneinander drängt. Alle fünf Keimplatten sowie auch die Anlagen der Cerebralorgane lösen sich später von der Larvenhaut ab (Taf. XVIII, Fig. 10 und 11). Kopf- und Rumpfplatten verschmelzen miteinander und nehmen die Rüssel- und die Rückenplatte zwischen sich, um auch mit diesen zu ver- wachsen. Die in Frage kommenden Organe und Gewebe nehmen aus ihnen in wesentlich derselben Weise ihren Ursprung, wie beim Pilidium aus den Kopf- und Rumpfscheiben und der Rüsselanlage unter gleicher Betheiligung des Mesoderms, wie es bei der frei schwimmenden Larve geschildert. wurde. Es ist nur hinzuzufügen, dass die Rückenplatte mit den Kopf- und Rumpfplatten zusammen die Haut bildet, und zwar die des Rückens der Nemertine, und dass die selbstständigen Anlagen der Cerebralorgane zwischen Kopf- und Rumpfplatten eingeschlossen werden, um mit den Anlagen des Centralnervensystems zu verschmelzen, die, wie bereits bei der Entwickelung durch das Pilidium ausgeführt wurde, sicher nicht aus dem Mesoderm, sondern dem secundären Ektoderm, und zwar höchst wahrscheinlich aus Kopf- und KRumpfplatten ihren Ursprung nehmen. Nach Hubrecht soll sich die vom Entoderm umschlossene Höhle, also die Gastral- oder Urdarmhöhle, frühzeitige in eine hintere, weitere und eine vordere, engere theilen, welch letztere durch den Larvenmund nach aussen einmündet, aber gegen die hintere Höhle völlig abgeschlossen ist (Taf. XVIIL, Fig. 9). Erstere würde dem Darm, letztere morpholo- eisch dem Schlunde des Pilidiums entsprechen. Ich meine, sie ent- spricht ihm auch ontogenetisch, denn ich nehme mit Arnold an, dass ihre Wand durch eine nachträgliche Einstülpung des Ektoderms zu Stande Bronn, Klassen des Thierreichs. IV. 1, Spplt. IA 370 Embryologie. kam. Dann wird auch der Widerspruch beseitigt, welcher in der Ent- stehung der Nephridien beim Pilidium und der Desor’schen Larve liegt, die hier nach Hubrecht entodermal sein soll, dort als ektodermal nachgewiesen wurde. Beim Pilidium nämlich stülpen sich ihre Anlagen dort ein, wo die Schlundwand in die subumbrellare Fläche übergeht (ein Bezirk, welchen man auch dann, wenn man den Schlund als entodermal bezeichnet, zum Ektoderm rechnen muss), bei der Desor’schen Larve aber entstehen sie am oberen, also dem Darm genäherten Umfang des Schlun- des. Es würde sich demnach bei der Desor’schen Larve nur um eine Verschiebung der Nephridialanlagen handeln. Leider theilt uns Hub- recht nichts Näheres über die Entstehung der Nephridien mit, und auch bildliche Darstellungen vermissen wir darüber in seiner entwickelungs- geschichtlichen Abhandlung (No. 192 und 192a). Schlund und Darm- höhle communieiren später miteinander und entwickeln sich nach Hub- recht wie beim Pilidium weiter; nach Arnold indessen wird der primäre Vorderdarm durch einen secundären ersetzt, und der primäre Oesophagus fällt, was bereits Barrois bemerkte, mit dem Larvenektoderm zugleich ab. Der definitive Oesophagus wird durch eine zapfenförmige, anfangs solide Zellwucherung geschaffen, welche von dem larvalen Ektoderm der Ränder des Larvenmundes ausgeht und in den primären Oesophagus hineindringt, ihn völlig verstopfend. Später be- kommt dieser Ektodermzapfen einen Canal (Taf. XVII, Fig. 16 und 17). Arnold bringt eine völlig neue Ansicht über die Entstehung der Nephridien. Derselbe hat die von Hubrecht als Nephridialanlagen gedeuteten Ausstülpungen am primären Oesophagus überhaupt nicht finden können, dagegen solche Ausstülpungen am secundären Oesophagus festgestellt. Leider vermochte er ihr Schicksal nicht zu verfolgen und lässt sogar die Möglichkeit offen, dass es Abtheilungen des secundären Oesophagus sind. Die junge mit allen Organen ausgerüstete Nemertine verlässt die Desor’sche Larve, ihr Ektoderm, d. h. die Larvenhaut nebst dem primären Oesophagus, zurücklassend. Sie nimmt also, wie beim Pilidium, nur ihr eesammtes Entoderm mit, vom Ektoderm aber nur secundär durch Ab- spaltung, Einwucherung und Einstülpung erzeugtes. Wahrscheinlich geht aber auch das gesammte Mesoderm, dessen Entwickelung bei der Desor’- schen Larve mit der Anlage der Nemertine gleichzeitig verläuft, in die Nemertine über, während es beim Pilidium, wo es vor der Anlage des Embryos entstand, nur theilweise, nämlich soweit es sich mit dem Keim- scheiben und den vorderen Ektodermeinstülpungen verbunden hat, in den Körper der Nemertine herübergenommen wird. wu — Direete Entwiekelung. — Allgemeiner Verlauf. 10. Die direete Entwickelung. a. Allgemeiner Verlauf. Bei der direeten Entwickelung, welche wir besonders auf Lebedinsky gestützt schildern werden, wandelt sich die Gastrula direct in den Embryo um. Die in ihrer Entwickelung vorgeschrittene @astrula bekleidet sich mit Cilien und beginnt darauf innerhalb der Eihülle schnell zu rotiren. Nach- dem sich die Anlagen der hauptsächlichsten Organe im Ektoderm be- merklich gemacht haben, fängt der Embryo an, sich ausserdem in der Eihülle zu krümmen, und bald darnach zerreisst er die Eihüllen und wird frei. Er schwimmt und dreht sich dabei um seine Längsaxe. Der Embryo besitzt in diesem Stadium nicht allein bei Tetrastemm« und Drepanophorus, sondern im allgemeinen bei den Metanemertinen eine länglichovale Gestalt. Sein Vorderende ist oft etwas breiter als das hintere. Am Vorderende befindet sich ein Schopf langer, miteinander verwickelter Cilien (Taf. XIX, Fig. 3, 8 und 11). Der Darm (Entoderm- sack) ist birnförmig und mündet durch einen röhrenförmigen besonderen Abschnitt mittelst des Blastoporus nach aussen. Der deutlich geöffnete Blastoporus ist, dem Hinterende genähert, ventral gelegen. Schon etwa 36 Stunden nach dem Ausschlüpfen hat sich der Embryo wesentlich verlängert; ist er zwei Tage alt, so bemerkt man ein Paar Augenflecke. Der Embryo kriecht in seinem Behälter umher und be- einnt nur zu schwimmen, zur Oberfläche aufsteigend, sobald er beun- ruhigt wird. Der Embryo, welcher die Eihülle seit etwa vier Tagen verlassen hat, ist wurmförmig zu nennen. Sein Vorderende ist nunmehr schmäler als das Hinterende. Der Wimperschopf beginnt zu verkümmern; an seiner Basis macht sich eine flache Einsenkung geltend. Der Blastoporus ver- schliesst sich. Seit fünf Tagen freie Embryonen von Tetrastemma ver- miculus sind nach Lebedinsky kommaförmig gekrümmt. Diese Form bewahrt der Embryo längere Zeit. Zwei Tage später zeigt der Embryo deutlich die Gestalt eines Tetrastemma. Er stellt ein schlankes Würmehen dar, dessen Vorderende etwas abgestumpft ist, während das Hinterende ab- gerundet erscheint. Die Einsenkung am Kopfende hat sich noch merklicher entwickelt und ist mit längeren Cilien ausgestattet, als der übrige Körper. Der Cilienschopf hingegen ist vollständig verloren gegangen. Der Embryo zeigt zur Zeit drei Paar Augenflecke; zwei Paar liegen dicht beisammen nahe dem Vorderende, das dritte Paar ist beträchtlich weiter nach hinten gerückt. Da das erwachsene Tetrastemma vermiculus nur zwei Paar Augen besitzt, so ist anzunehmen, dass später die vor- deren beiden Paare miteinander zu einem einzigen Paar verschmelzen werden. (Vgl. Lebedinsky op. eit. oben pag. 329.) Bei Drepanophorus spectabilis zeigt der Embryo frühzeitig die Wöl- bung des Rückens im Gegensatz zu der abgeplatteten Bauchfläche, welche auch dem erwachsenen Thiere eigenthümlich sind. Bei lebendigge- 24” 373 Embryologie. bärenden Arten verlässt der Embryo erst dann das Mutterthier, wenn sich die Organe vollständig entwickelt haben. Sogar der Stiletapparat bildet sich noch in dem im miütterlichen Körper eingeschlossenen Em- bryo aus. b. Entwickelung der Kopfdrüse. Dank der schönen embryologischen Untersuchungen von Lebedinsky an Tetrastemma vermiculus und Drepanophorus spectabiis vermögen wir die Anlage einzelner Organe bis in das Blastulastadium zurück zu ver- folgen. Am frühesten lässt sich das Zellmaterial identificiren, welches die Kopfdrüse liefert. Es wird in der Blastula durch ein kleines Feld rundlicher Zellen repräsentirt, das an ihrem oberen Pol gelegen ist (Taf. XIX, Fig. 1, kd). Diese Zellen sind in eifriger karyokinetischer Theilung begriffen, so dass sich ihr Feldchen bereits in der Gastrula wesentlich vergrössert hat (Fig. L, B, kd). Es senkte sich inzwischen ein wenig ein und verschob sich etwas nach hinten. Die Zellen haben sich in schlanke Prismen verwandelt und besitzen einen verhältnissmässig grossen, auffallend lebhaft färbbaren Kern (Taf. XIX, Fig. 2, kd). Die Bildung der Kopfdrüse erfolgt, indem sich das Feld einstülpt (Taf. XIX, Fig. 4 und 12). Alsdann rückt diese Anlage wiederum etwas nach vorn. Ihre Zellen nehmen nunmehr einen deutlich drüsigen Charac- ter an: sie werden flaschenförmig, ihr Inhalt färbt sich mit Carminen sehr schwach, und sie machen bereits den Eindruck jener blasigen Zellen, aus denen die fertige Kopfdrüse sich zusammensetzt (Taf. XIX, Fig. 16). Die junge Kopfdrüse wächst hauptsächlich dadurch, dass ein Nachschub vom Rande der Einstülpung her erfolgt, indem sich die dort gelegenen, kaum modifieirten Ektodermzellen theilen; ferner aber vermehren sich nach Lebedinsky auch noch die flaschenförmigen Zellen, und zwar ebenfalls auf indirecte Weise, nachdem sie vorher wiederum eine an- nähernd kuglige Gestalt angenommen haben. In einem Embryo von Tetrastemma vermiculus, welcher etwa seit 28 Stunden ausgeschlüpft ist, hat sich die Kopfdrüse so weit vertieft, dass sie den Rüssel erreicht hat (Taf. XIX, Fig. 14). Sie gabelt sich über ihm und stellt mit ihrem engen, gleichfalls gegabelten, canalartigen Lumen, das von einem Epithel annähernd eubischer Zellen begrenzt wird, eine typische tubulöse Drüse vor (Taf. XIX, Fig. 16). Das Epithel ist im vorderen Abschnitt der Drüse einschichtig, beginnt aber bereits in der hinteren Hälfte mehrschichtig zu werden. In der Folge dehnt sich die Kopfdrüse sehr viel weiter nach hinten aus und verdickt sich mächtig, indem sich in ihrer Wandung immer mehr Zellschichten anhäufen, welche nunmehr den Eindruck eines schwammigen Gewebes machen. Dabei verliert sich der Canal bis auf ein kurzes terminales Endstück, durch welches das Secret nach aussen gelangt. Directe Entwickelung. — Frontalorgan. 878 Die Kopfdrüse wird vom somatischen Mesodermblatte des Körpers bekleidet. In Embryonen, welche das Ei seit einer Woche verlassen haben, hat die Kopfdrüse ihre definitive Form gewonnen; es hat sich insonderheit der kurze Ausführgang in seinem distalen Abschnitt kugelig erweitert, so dass er einer bauchigen Flasche mit kurzem Halse gleicht. Bei Tetrastemma vermiculus ist die Entwiekelung der Kopfdrüse eine gleichmässig fortschreitende. Dasselbe ist bei Monopora und Proso- rhochmus zu beobachten und zweifellos bei allen Arten der Fall, welche eine stark entwickelte Kopfdrüse besitzen. Dagegen hat Lebedinsky bei Drepanophorus spectabilis, wo die ursprüngliche Anlage der Kopfdrüse imponirender ist, als bei Tetrastemma vermiculus, später eine starke Rück - bildung derselben beobachtet. Die Rückbildung beginnt bald nach- dem die Embryonen das Ei verlassen haben. In Embryonen, welche fünf Tage frei sind, stellt die Kopfdrüse nur noch eine verhältnissmässig winzige, flaschenförmige Einstülpung vor, die von einem einschichtigen Epithel kleiner, beinahe kugliger Zellen begrenzt wird (Taf. XIX, Fig. 7, kd). Bekanntlich besitzen die erwachsenen Drepanophoren nur eine kleine Kopfdrüse; wir dürfen nunmehr folgern, dass sie von Formen mit wesent- lich stärker entwickelter Kopfdrüse abstammen. c. Entwickelung des Frontalorgans. Die Anlage des Frontalorgans oder der Kopfgrube macht sich nach Lebedinsky etwas später als diejenige der Kopfdrüse geltend, indessen lässt sie sich ebenfalls sehr früh, nämlich bereits im Anfang der Gastrula- tion erkennen (Fig. L, B, kg). Sie ist unmittelbar vor der Anlage der Kopfdrüse gelegen und besteht ursprünglich aus etlichen mächtigen, flaschenförmigen Zellen, welche auffallend grosse Kerne besitzen (Taf. XIX, Fig. 2 und 10, kg). In der weiter entwickelten Gastrula senken sich die central gelegenen Zellen ein wenig ein, ein Phänomen, welches aber vorübergehend ist, denn in einer älteren Gastrula bildet die Anlage der Kopfgrube einen völlig terminal (an dem dem Blastoporus entgegengesetzten Pol) gelegenen Hügel, der sich aus schlankeren (im Schnitt) fächerförmig angeordneten Zellen zusammensetzt. Die definitive Einstülpung der Kopfgrubenplatte erfolgt erst in dem zum Verlassen der Eihülle bereiten Embryo; sie entwickelt sich allmäh- lich zu einer birnförmigen Grube, welche von einem einschichtigen Epi- thel schlanker, keulenförmiger Zellen umgrenzt wird. Inzwischen hat sich der gesammte Embryo mit einem Pelz kurzer Wimpern bedeckt, die Zellen der Kopfgrube aber haben zahlreiche, sehr lange Cilien erzeugt, welche einen starken Schopf bilden (Taf. XIX, Fig. 4, 6 und 12). Es ist dieses jener Cilienschopf, welcher am vorderen (dem Blastoporus entgegengesetzten) Pol der kuglig-eiförmigen Larven von Tetrastemma vermiculus gelegen ist (Taf. XIX, Fig. 11). 974 Embryologie. Damit hat die Kopfgrube den höchsten Grad ihrer Entwickelung er- reicht. Sie erhält sich in diesem Zustande etwa 36 Stunden, denn in Embryonen, welche seit eineinhalb Tagen ausgeschlüpft sind, fällt sie einer unverkennbaren Rückbildung anheim, indem die Zellen ihrer Wan- dung sich nicht allein ausserordentlich verkleinern, sondern auch ver- mindern. Während die Kopfgrube zeitweilig das auffallendste Organ des Em- bryos vorstellte, muss man in älteren Embryonen, wie Lebedinsky sagt, nach ihr aufmerksam suchen, um sie nicht zu vermissen (Taf. XIX, Fig. 15 und 16). Bei Drepanophorus spectabilis entwickelt sich die Kopferube im Wesentlichen in derselben Weise wie bei Tetrastemma vermiculus, in- dessen ist ihre Anlage noch imponirender, und ihre Zellen sind durch ein stark vacuolisirtes Plasma kenntlich. Wie bei Tetrastemma vermiculus erzeugt sie ebenfalls jenen langen Cilienschopf, welcher das Vorderende der annähernd eiförmigen Larve auszeichnet. Die Kopfgrube wird später immer vom somatischen Blatte des Meso- derms bekleidet und bildet sich bis auf eine winzige Einstülpung zurück. Lebedinsky deutet das in den voranstehenden Zeilen in seiner Entwickelung geschilderte Organ ohne Bedenken als Kopferube resp. Frontalorgan (vgl. p. 548 von op. eit. oben p. 329), ohne indess jemals zu versichern, ob sich das allmählich redueirende Organ schliesslich wenig- stens in seiner rückgebildeten Form wirklich dauernd erhält. Ich kann mich der Vermuthung nicht erwehren, dass wir in jenem Gebilde ein ausschliesslich lJarvales Organ vor uns haben, welches die Larven der Metanemertinen auszeichnet, wie die Scheitelplatte das Pilidium. Ich glaube, dass das Frontalorgan der erwachsenen Metanemertine aus der Einstülpung der Kopfdrüsenanlage resultirt, wofür der innige Zusammen- hang von Frontalorgan und Kopfdrüse beredt genug spricht. d. Entwickelung des Rüssels, Rhynchodäums, secundären Stomodäums und Rhynchoecöloms. Die Anlage des Rüssels differenzirt sich gleichzeitig mit derjenigen der Kopfgrube. Es ist ein kleiner Complex prismatischer Ektodermzellen, welcher ventral von der Kopfgrubenanlage, diese berührend, gelegen ist (Fig. L, B, r und Taf. XIX, Fig. 10, r). In der weiter entwickelten Ga- strula verlängern sich die Zellen der Rüsselanlage stark in das Blastocöl hinein und nehmen dabei eine keulenförmige Gestalt an. Die central gelegenen beginnen sich ein wenig einzusenken, so dass aussen eine flache, napfförmige Grube entsteht (Taf. XIX, Fig. 2). Ueber und unter der Rüsselanlage bemerkt man in diesem Stadium Je eine grosse, kuglige Zelle, welche die Rüsselanlage von den benachbarten Ektodermzellen abgrenzt (Taf. XIX, Fig. 2, dz und vz). Aus diesen Zellen sollen die mesodermalen Schichten des Rüssels und die Wand des Rhyn- Directe Entwickelung. — Rüssel, seeund. Stomodäum etc. 375 chocöloms sich ableiten, während die keulenförmigen Zellen dem inneren Epithel des Rüssels, dem Rhynehodäum und definitiven Stomodäum, den Ursprung geben. Sobald der Embryo die Eihülle verlassen hat, oder auch schon etwas vordem, senkt sich die Rüsselanlage stark ein, so dass sie eine tiefe, aber ziemlich enge Grube vorstellt, welche von einem ein- schichtigen Epithel schlanker, radiär um die Einstülpung angeordneter Zellen umgrenzt wird (Taf. XIX, Fig. 4 und 12, r). Die beiden Zellen, welche das Rüsselmesoderm und Rhynchocölom liefern sollen, haben sich ein klein wenig eingesenkt, sonst aber ihre ursprüngliche Lage beibehalten (Taf. XIX, Fig. 12). Nunmehr sind sie in eifriger Theilung begriffen (Taf. XIX, Fig. 15, dz und vz) und produciren einen dorsalen und ventralen Mesodermstreifen, welche beide der Rüsselanlage dicht angepresst sind. Von nun ab beginnt die dorsale Wandung der jungen Rüsseleinstülpung mehrschichtig zu werden; die ventrale bleibt einschichtig, erfährt aber eine kropfartige Ausbauchung (Taf. XIX, Fig. 13). Letztere ist die An- lage des secundären Stomodäums. In einem Embryo, welcher das Ei seit etwa 14 Stunden verlassen hat, hat sich die Rüsselanlage in zwei gut erkennbare Schenkel geson- dert, die durch eine gemeinsame Grube nach aussen münden (Taf. XIX, Fig. 14 und 15). Der obere Schenkel, welcher von annähernd eubischen Zellen gebildet wird, die ein röhrenförmiges, enges Lumen umgrenzen, repräsentirt den jungen hüssel (r), der untere, zur Zeit noch mehr grübchenförmige, von schlanken, keulenförmigen Zellen radiär umgrenzte stellt das secundäre Stomodäum (st) vor. Die gemeinschaftliche Mündung nach aussen entwickelt sich zum Rhynchodäum (rd) weiter. Inzwischen haben sich die beiden der Rüsselanlage angepressten Mesodermstreifen in zwei Mesodermsäcke verwandelt, welche sich um den jungen Rüssel ausgebreitet haben und nur sein Hinterende nicht bedecken. Die Mesodermsäcke bestehen aus zwei verschiedenartigen, ein- schichtigen Zellblättern, welche durch eine spaltförmige Höhle von ein- ander getrennt sind (Taf. XIX, Fig. 7 und 16). Das innere Zellblatt, welches dem jungen hüssel anliegt, besteht aus cubischen Zellen, das äussere aus überaus dünnen, plattenförmigen. Bereits in einem Embryo, welcher das Ei seit vier Tagen verlassen hat, dehnt sich der junge Rüssel bis in das hintere Drittel des Embryos aus. Das secundäre Stomodäum hat sich inzwischen ebenfalls weiter nach hinten eingestülpt und in ein röhrenförmiges Gebilde verwandelt, dessen Wand aus kleinen, eubischen Zellen besteht, von dem mesodermalen Ueberzuge des Rüssels indessen nichts abbekommen hat. Indem das secundäre Stomodäum weiter nach hinten wächst, trifft es bald auf den OÖesophagus — welcher das primäre Stomodäum vorstellt —, mit dem es verschmilzt. Da die ursprüngliche Aussenöffnung des Oesophagus später obliterirt, so wird mittelst des seeundären Stomodäums das Rhynchodäum zur Einfuhröffnung des Darmtractus (Taf. XIX, Fig. 16). Die Anlage des Rhynchodäums hat sich ausserordentlich vertieft und zerfällt in einen 376 Embryologie. engen Eingangscanal und eine annähernd triehterförmige, geräumige Höhle, in welche Rüssel und secundäres Stomodäum einmünden. Das Epithel des gesammten Rhynchodäums besteht aus kleinen, etwa würfelförmigen Zellen und hat gleichfalls nichts mit dem Mesoderm des Rüssels zu schaffen. In Embryonen, welche das Ei seit fünf Tagen verlassen haben, wuchsen die Mesodermsäcke über den Rüssel nach hinten hinaus. Da der obere und untere Mesodermsack in ihrer ganzen Länge miteinander verschmolzen sind, so steckt der Rüssel jetzt in einem Doppelrohre aus Mesodermzellen. In dem äusseren Rohr, welches aus niedrigeren Zellen besteht, haben wir die Wandung des Rhynehocöloms vor uns, das innere, aus höheren zusammengesetzte erzeugt die Musculatur und das Aussenepithel des Rüssels. Der Spalt ist die Rhynchocölom- höhle. In der Weise, wie es uns Lebedinsky für Tetrastemma vermiculus geschildert hat, entwickelt sich die Rüsselanlage bei allen Arten, wo die Rüsselöffnung zugleich als Mundöffnung funetionirt Wo der Darm, wie bei Drepanophorus, durch das primäre Stomodäum, den Oesophagus, nach aussen mündet und eine specielle Mundöffnung existirt, bleibt die Ga- belung der Rüsselanlage und die derselben vorangehende ungleiche Ent- wickelung ihrer dorsalen und ventralen Wandung aus (Taf. XIX, Fig. 7). e. Entwickelung des Stiletapparates. Die Entwiekelung des Stiletapparates habe ich bei Prosorhochmus verfolgen können (1895, No. 256). Prosorhochmus ist lebendiggebärend. Die Entwickelung der Rüsselwaffen geht im Embryo, welcher den Mutter- leib noch nicht verlassen hat, vor sich. Sie wird dadurch eingeleitet, dass die Rüsselwand im hinteren Ende des Rüssels eine beträchtliche Verdiekung erfährt, die hauptsächlich auf das Conto einer starken Ver- mehrung der Muskelfibrillen zu setzen ist. Hierdurch wird der Rüssel- schlauch hinten bis auf eine etwa birn- oder trichterförmige Mulde ver- stopft. Gleichzeitig hat sich dort in der Rüsselwandung ein Kranz von Drüsenzellen ausgebildet, deren Ausführgänge in die Mulde münden und ihr Secret in sie hinein ergiessen. Dadurch wird die Mulde schliesslich vollständig ausgefüllt, und wir sehen in ihr einen birn- oder trichter- förmigen Secretpfropf. Derselbe ist nun nichts anderes als die Basis des Angriffsstiletes. Inzwischen sind ein wenig weiter vorn in der Rüsselwand die beiden Reservestilettaschen erschienen, die aber, wie wir wissen, je eine Zelle repräsentiren, und zwar zweifelsohne eine enorm vergrösserte des inneren Rüsselepithels. Jede dieser Zellen mündet vor der Basis des Angriffs- stiletes in den vorderen Rüsselcylinder ein. In jeder Zelle, d. h. also in jeder Reservestilettasche, erscheinen sehr rasch zwei Stilete. Die Basis dagegen trägt noch kein Stilet. Ist sie aber mit einem Stilet besetzt worden, so fehlt hier eine gewisse Zeit ein Stilet in einer Tasche, so Direcete Entwiekelung. — Centralnervensystem. 377 dass die eine noch deren zwei, die andere hingegen nur eines enthält. Gelegentlich gewahrt man ein Stilet inmitten der Basis liegen. Man darf aber nicht annehmen, dass dasselbe dort entstanden sei, sondern muss urtheilen, dass es an den Ort der Basis gelangte, ehe diese fertig war, und es somit von den noch fortgesetzt zu ihrer Bildung herbei- strömenden Seeretmassen verschüttet wurde. Solche Missbildungen er- halten sich im erwachsenen Thier und sind z.B. von MeIntosh abge- bildet worden (No. 125, tab. 12, fig. 6 und 7). Der hintere Rüsseleylinder ist zur Zeit der Bildung des Stiletapparates noch auffallend kurz; er erlangt seine bedeutende Ausdehnung, welche später der des vorderen gleichkommt, erst im Thier, das den Mutterleib verlassen hat. f. Entwickelung des Centralnervensystems. In der in ihrer Entwicklung etwas vorgeschrittenen Gastrula machen sich zwei Paar lateraler Ektodermverdiekungen bemerklich, von denen das eine Paar jederseits neben der Kopfdrüse erscheint, das andere jederseits etwas vor dem Oesophagus gelagert auftritt. Ersteres stellt die Anlage der dorsalen Ganglien vor, letzteres der ventralen. Jede Anlage besteht aus einem Feldchen längerer und tiefer in das Blastocöl hineinragender Zellen, welche eine keulenförmige Gestalt be- sitzen, sich verhältnissmässig schwach färben und einen grossen, kugligen, an körnigem Chromatin auffallend reichen Kern enthalten (Taf. XIX, Fig. 10, vg). Die Feldchen haben sich bereits ein wenig eingesenkt. So- bald der Embryo ein Cilienkleid bekommen hat, lassen sich auch die Anlagen der Seitenstämme constatiren, welche ebenfalls laterale Ektodermverdickungen vorstellen, die sich aber völlig unabhängig von den Ganglien herausbilden. Es sind zwei leistenförmige Verdickungen, welche ventral und hinter dem ventralen Ganglion auftreten (Taf. XIX, Fig. 10, vst). Jede Ektodermleiste besteht vorne aus langen, eylindrischen, hinten aus niedrigeren Zellen, welche schliesslich unmerklich in das cubische Ektoderm der Gastrula übergehen. Jede Ektodermleiste ist an- fangs von den beiden ventralen Ganglienanlagen durch etliche kleinere Zellen deutlich gesondert. In den Anlagen der Ganglien haben sich in- zwischen die Zellen strahlig (im Schnitt fächerartig) angeordnet, die cen- tral gelegenen Zellen der Feldehen stärker eingestülpt und alle vier An- lagen etwas genähert. Alle Anlagen sind noch einschichtig, indess sind die ventralen Ganglien schon unverkennbar in ihrer Entwiekelung etwas weiter fortgeschritten, als die dorsalen (Taf. XIX, Fig. 13, dg). Später nehmen die Zellen der Ganglienanlagen eine mehr flaschenförmige Gestalt an, indem ihre distalen Enden etwas anschwellen, resp. ihre peripheren schlanker werden. Ausser diesen bemerkte Lebedinsky in den Anlagen der ventralen Ganglien je eine, der dorsalen etliche, kuglige Zellen, welche in eifriger 378 Embryologie. Theilung begriffen sind und den Ganglienanlagen neue Zellen liefern (Taf. XIX, Fig. 5, dg und vg). Nunmehr macht sich zwischen den ventralen Ganglien eine Gruppe längerer Ektodermzellen bemerklich, welche die Anlage der ventralen Gehirneommissur repräsentirt. Die Ektodermleisten, aus welchen die Seitenstämme hervorgehen, er- weisen sich an ihrem vorderen und hinteren Ende dicker als in der Mitte und sind noch immer von den ventralen Ganglien durch einige kleinere Zellen deutlich gesondert. Den ventralen Ektodermleisten parallel haben sich im Rücken des Embryos ein Paar ebensolcher Ektodermleisten differenzirt, welche gewisser- massen die Fortsetzung der dorsalen Ganglien bilden (Taf. XIX, Fig. 5, dst). Es steht ausser Zweifel, dass wir in den dorsalen Ektoderm- leisten jenen dorsalen Faserstamm vor uns haben, der am auffälligsten in den Seitenstämmen von Geonemertes, ferner auch bei Oerstedia und vielen Tetrastemma-Arten ausgebildet ist und die Verjüngung des unteren Zipfels des Faserkernes der dorsalen Ganglien vorstellt, welche bei den genannten Formen bis zum hinteren Ende der Seitenstämme oder in die Nähe desselben reicht (vgl. oben p. 99 und 101). Lebedinsky hat völlig recht wenn er betont, dass in dem be- schriebenen Stadium der Embryo zwei nach dem gleichen Plane ent- standene und gebaute Nervensysteme besitzt, nämlich ein dorsales und ventrales, mit je einem Paar Ganglien und Längsstämmen. Eine energische Einstülpung der gruben- und leistenförmigen An- lagen des Centralnervensystems vollzieht sich erst, nachdem der Embryo die Eihülle verlassen hat (Taf. XIX, Fig. 5). Die Anlagen der ventralen Ganglien machen den Anfang und verwandeln sich bald in nach aussen völlig geschlossene Säcke; in ebenderselben Weise folgen ihnen die An- lagen der dorsalen Ganglien nach. Die Anlagen der Längsstämme senken sich ohne eine derartig auffällige Invagination nach innen. Die Emancipation der Anlagen von ihrem Mutterboden vollzieht sich vorläufig unvollständig. So bleiben z. B. die jungen ventralen Ganglien vorne mit dem Ektoderm in Verbindung, während sie hinten bereits von demselben losgelöst sind. In einem Embryo, welcher das Ei seit 23 Stunden verlassen hat, beobachtete Lebedinsky den Beginn der histologischen Differen- zırung des Zellmaterials der Ganglienanlagen, welche nunmehr com- pacte Massen vorstellen, in denen von der Invaginationshöhle nichts mehr zu erkennen ist. An die Art der Entstehung erinnert jedoch noch die bogenförmige Anordnung der Zellen, die nunmehr kleine polygonale Körper vorstellen. Die Ganglien lassen deutlich einen helleren, nicht ganz central gelegenen, sondern dem medialen Rande des Ganglions ge- näherten Fleck erkennen, in dem sich später der Faserkern (die Punkt- oder Centralsubstanz) entwickelt. In Embryonen, welche fünf Tage alt sind, lässt sich die Centralsubstanz und der Ganglienzellbelag in allen Direete Entwiekelung. — Dorsalnerv. 979 Theilen des Centralnervensystems trefflich erkennen. Man überzeugt sich in diesem Stadium von der Verschmelzung der aus den ventralen Ekto- dermleisten entstandenen Seitenstämme mit den ventralen Ganglien und den aus den dorsalen hervorgegangenen Längsstämmen mit den dorsalen Ganglien. Die jungen Seitenstämme, welche hinten mit einer Anschwellung enden, haben sich in ihrem hinteren Fünftel, auch in einem Embryo, welcher sieben Tage alt ist, noch nicht völlig vom Ektoderm losgelöst, während die Ganglien zur Zeit keine Verbindung mehr mit ihrem Mutter- boden besitzen. Die Ventral- und Dorsalganglien jeder Seite verlöthen sich mit ein- ander. Die Gehirncommissuren sollen nach Lebedinsky in ver- schiedenartiger Weise entstehen. Beide, die Ventral- und Dorsalcom- missur, entwickeln sich aus Verdickungen des Ektoderms. Sie nehmen also ihren Ursprung aus besonderen Anlagen, welche vom Ektoderm des Embryos in der Medianebene dorsal und ventral zwischen den Ganglien ausgehen. Es scheint demnach, dass die Commissuren einen Delami- tionsprocess ihre Entstehung verdanken. Merwürdigerweise wird aber nur die ventrale derart entstandene Commissur zur definitiven, die dorsale hingegen ist eine vorübergehende Erscheinung, denn die de- finitive Dorsaleommissur bildet sich seeundär durch Conerescenz der dor- salen Ganglien. Es bleibt noch hinzuzufügen, dass in denjenigen Arten, in welchen der dorsale Faserstamm im Seitenstamm fehlt, im Embryo nichtsdesto- weniger derselbe angelegt wird, wie die Untersuchungen Lebedinsky’s an Drepanophorus beweisen. Indessen resultirt aus seiner Anlage in diesem Falle niehts weiter als jene kurze Verlängerung, durch die der untere Zipfel des dorsalen Ganglions auch bei solchen Nemertinen den oberen nach hinten überragt. g. Entwickelung des Dorsalnerven. Mit der primären dorsalen Commissur zusammen entsteht der Dor- salnerv. Die verdickte Mitte der Ektodermplatte, welche die Anlage der primären dorsalen Commissur vorstellt, bildet den Ausgangspunkt des Dorsalnerven, welcher sich nach hinten als leistenförmige median- dorsale Ektodermverdickung fortsetzt. Der junge Dorsalnerv erstreckt sich nicht bis in das hintere Viertel des Körpers, repräsentirt aber einen auffallend dicken Zellstrang, welcher in Embryonen, die bereits eine Woche alt sind, noch durchaus epithelial gelagert ist. Die histologische Differen- zirung beginnt erst relativ spät. h. Entwickelung der Gerebralorgane. Nachdem der Embryo von Tetrastemma vermiculus etwa seit 28 Stun- den ausgeschlüpft ist, stülpt sich in der Region des primären Oesophagus jederseits zwischen dem dorsalen und ventralen Ganglion das Ektoderm 350 Embryologie. ein, zwei taschenförmige Grübchen erzeugend. Die Wand der Ein- stülpung besteht aus einem einschichtigen Epithel würfelförmiger Zellen, die am Grunde der Einstülpung etwas länger sind. Es sind dieses die Anlagen der Cerebralorgane. i. Entwickelung der Haut. Das Ektoderm des Metanemertinenembryos geht, soweit es nicht zur Bildung der Organe verbraucht wird, in den Körper des erwachsenen Wurmes über, sich in seine Haut umwandelnd. Im etwas vorgeschrittenen Gastrulastadium bedeckt sich das gesammte Ektoderm mit Cilien. Diejenigen Ektodermzellen, welche sich nicht an der Erzeugung von Organen betheiligen, verlängern sich nicht, oder doch nur wenig, nach innen. Sie sind vielfach trichterförmig, cubisch oder den Zellen eines Pflasterepithels ähnlich (Taf. XIX, Fig. 12). Das Ektoderm verharrt etwa so lange unthätig, als die Anlage der verschiedenartigen von ihm den Ursprung nehmenden ÖOrgansysteme dauert. Sobald der Embryo aber ausgeschlüpft ist, vermehren sich die Ekto- dermzellen bei Zetrastemma vermiculus eifrig. Die neu gebildeten Zellen schalten sich zwischen den Mutterzellen ein, unterscheiden sich aber von ihnen durch ihre schlank elliptische Form; aus ihnen gehen die Drüsen- zellen des Epithels hervor. Ferner beobachtete Lebedinsky, dass die Ektodermzellen in diesem Stadium einen euticularen Saum aus- scheiden. Das Ektoderm eines Embryos, welcher seit etwa drei Stunden die Eihülle verlassen hat, zeigt eine weitere, wichtige histologische Differen- zirung. Am Vorderende des Embryos machen sich dorsal etliche Ekto- dermzellen dadurch auffallend geltend, dass sie schlanker und länger werden und eine starre, sie weit überragende, glashelle Borste ausscheiden. In diesen Gebilden haben wir junge Tastzellen vor uns (Taf. XIX, Fig. 9, tel). Bekanntlich ist der Kopf der erwachsenen Metanemertinen reichlich mit solchen Zellen ausgerüstet. Lebedinsky hat bei Tetrastemma vermieulus noch eine dritte Art von Zellen in diesem Stadium beobachtet, welche er ebenfalls als Sinnes- zellen deutet. Es sind etliche kelchförmige, besonders grosse Zellen, welche an der vorderen Spitze des Embryos auftreten, einen grossen, auf- fallend stark färbbaren Kern enthalten, des euticularen Saumes entbehren und mit zahlreichen Wimpern bedeckt sind (Taf. XIX, Fig. 9, szl). In lockerer Verbindung mit diesen Zellen stehen einige Mesoderm- zellen des Körpermesoderms, und Lebedinsky meint, dass jene eigen- artigen Wimperzellen mit den Mesodermzellen einen primitiven Neuro- muskelapparat bilden. Ueber die Weiterentwickelung dieser mir völlig räthselhaften Zellen wissen wir nichts. Direete Entwiekelung. — Darmtraetus. 381 28 Stunden nach dem Ausschlüpfen wird das Ektoderm in Folge weiterer Vermehrung seiner Zellen zweischichtig (Taf. XIX, Fig. 7). Die obere (äussere) Schicht verändert sich nicht, die untere (innere) Schicht wird von sehr viel kleineren, polyedrischen Zellen gebildet. Letztere liefert die Grundschicht. Im Embryo, welcher das Ei seit etwa vier Tagen verlassen hat, ist die Haut in ihren histologischen Details ziemlich fertig: trichterförmige Wimperzellen und elliptische oder flaschenförmige Drüsenzellen bilden das Epithel, während die Grundschieht durch ein dünnes Blatt polygo- naler, abgeplatteter Zellen repräsentirt wird (Taf. XIX, Fig. 16). k. Entwickelung des Darmtractus (Fig. LIV). An der Bildung des Darmes der Metanemertinen be- theiligen sich drei, resp. vier verschiedenartige Einstül- pungen. Die Entstehung des Entodermsacks wurde bereits oben p. 334 ge- schildert. In der etwas älteren Gastrula tritt ventral vor dem Blasto- porus, aber hinter den ventralen Ganglien eine median gelegene Ekto- dermeinstülpung auf, welche sich anfangs nur aus wenigen kolbenförmigen Zellen zusammensetzt, die sehr tief in die Segmentationshöhle hinein- raser (His. 1, DB, o0es, und Taf. XIX, Fie. 12, oes). : Es’ istzdie Anlage des Stomodäums, welches wir in diesem Falle als primäres Stomodäum bezeichnen müssen, zum Unterschiede eines bei zahlreichen Metanemertinen von der Rüsselanlage sich abzweigenden zweiten Stomo- däums, welches das secundäre oder definitive genannt wird (Fig. LIV, A und B). Die Anlage des primären Stomodäums zeigt sehr bald ein enges Lumen und biegt sich ein wenig nach hinten um, dem Entoderm- sack entgegen (Taf. XIX, Fig. 6 und 15, oes). In dem soeben ausgeschlüpften Embryo besitzt der Entodermsack eine birnförmige Gestalt, und seine Höhle hat sich beträchtlich erweitert. Seine Wand besteht aus einem einschichtigen Epithel ziemlich grosser, länglicher, Wimpern tragender Zellen. Der Entodermsack geht in den Blastoporus mittelst eines röhrenförmigen Abschnitts über, welcher später den Blinddarm liefert (Taf. XIX, Fig. 10, bl). Nur wenig später macht das Epithel des Entodermsackes eine merkwürdige Metamorphose durch, indem es in Folge von Quer- theilung seiner Zellen mehrschichtig wird. Dabei füllt sich die Gastralhöhle völlig mit Zellen an, und nur in der Anlage des Blinddarms bleibt ein Lumen erhalten. Der Entodermsack hat sich inzwischen so stark nach vorn gekrümmt, dass er beinahe an die Rüsselanlage stösst (Taf. XIX, Fig. 4,5 und 12, d). Die Vermehrung der Zellen des Entodermsackes ist eine derart eifrige, dass seine Wand in einem Embryo, welcher das Ei seit etwa 14 Stunden verlassen hat, aus fünf Schichten unregelmässig polygonaler Zellen be- IQ _ far Fig. LIV. bld S Schematische Darstellung der Entwickelung des Darmtractus, Rüssels und Rhyn- chodäums von Tetrastemma vermiculus. Es bedeuten: «a Enddarm, bl Blastoporus, bld Blinddarm, ee Ektoderm, md Entodermsack — Mitteldarm, » Rüssel, red Rhynchodäum, st, primäres Stomodäum, st, seeundäres Stomo- däum, — Das Entoderm ist punktirt. .-.—mu.. - -. i \ ı \ ' A D Tel Direete Entwickelung. — Darmtraetus. 383 steht, welche sich ziemlich regelmässig angeordnet haben.. In diesem Stadium hat die Vermehrung der Entodermzellen ihr Maximum erreicht. Bereits 14 Stunden später gewährt die Wand des Entodermsackes einen wesentlich anderen Anblick: die peripher gelegenen Zellen haben sich etwas verlängert und derartig nebeneinander gereiht, dass sie den Eindruck eines Oylinderepithels machen, welches sich sehr scharf gegen einen central gelegenen Zellkern absetzt, in welchen nunmehr wiederum eine Höhle auftritt (Taf. XIX, Fig. 14, d). Die peripheren Zellen repräsen- tiren das definitive Mitteldarmepithel; über das Schicksal der centralen Zellmasse lässt uns Lebedinsky im Dunkel, indess scheint mir dieselbe, nach seinen Abbildungen zu urtheilen, bei Tetrastemma vermiculus resor- birt zu werden. Bei Drepanophorus spectabilis scheint jener Process insofern etwas anders zu verlaufen, als alle Zellen der mehrschichtig gewordenen Wand des Entodermsackes in die Erzeugung des definitiven Epithels eintreten (Taf. XIX, Fig. 5 und 6, d). Gleichzeitig verschmilzt der primäre Oesophagus mit dem Entoderm- sack. Ferner bildet sich am hinteren Umfang des Entodermsackes eine geringfügige rundliche Aussackung, die offenbar einer ihr unmittelbar gegenüber liegenden beginnenden Einstülpung des Larvenektoderms ent- gegenkommt (Taf. XIX, Fig. 14 und 15, d, und ret). Letzteres ist die Anlage des Afters und Enddarms. Zur Zeit tritt die am hinteren Ende des Embryos unterhalb der Rectumanlage gelegene Oefinung des Blastoporus auffallend gut hervor; der Darm communicirt also bereits jetzt hinten und vorn mit der Aussenwelt, aber beide Oeffnungen sind bei Tetrastemma vermiculus pro- visorisch (Taf. XIX, Fig. 14, bl und m). Das Epithel der Blinddarmanlage bilden cubische Zellen. Bei Tetrastemma vermiculus haben sich die definitiven Verhältnisse bezüglich des vorderen Darmabschnittes an Embryonen, welche seit zwei Tagen ausgeschlüpft sind, herausgebildet, indem der untere Schenkel der Rüsseleinstülpung, das secundäre Stomodäum, mit dem primären Stomo- däum, d.h. dem Oesophagus, verschmolz (Taf. XIX, Fig. 16). Die Ent- stehung des secundären Stomodäums wurde bereits oben p. 375 ge- schildert. Durch diesen merkwürdigen Vorgang gewinnt bei Tetrastemma ver- miculus der Entodermsack seinen Eingang durch die Rüsselöffnung (Fig. LIV, A—D). Nach Lebedinsky bleibt der proximale Abschnitt des primären Stomodäums in Gestalt einer ziemlich tiefen Grube erhalten (Taf. XIX, Fig. 16, oes), deren Wand von einem cubischen Wimperepithel gebildet wird, und das „wahrscheinlich als ein Sinnesorgan unbekannter Natur functionirt“. Wenn letzteres der Fall sein sollte, so doch wohl nur im Larvenleben, denn bei den erwachsenen Metanemertinen kennt man nir- gends ein bauchständiges unpaares, median gelegenes Sinnesorgan. © R = Embryologie. Bei Drepanophorus spectabilis, wo der Darm eine eigene Eingangs- öffnung besitzt, bleibt die Entwickelung des secundären Stomodäums aus, und das primäre Stomodäum vermittelt die vordere Communication mit der Aussenwelt, zum definitiven Schlunde werdend (Taf. XIX, Fig. 7). Der complieirtere Entwickelungstypus des vorderen Darmabschnittes ist der sehr viel häufigere, wie aus nachstehender Uebersicht hervorgeht. I. Die Rüsselöffnung dient als Mundöffnung. (Entwickelungstypus von Tetrastemma vermiculus.) Eunemertes, Nemertopsis, Ototyphlonemertes, Prosorhochmus, Prosadenoporus, (reonemertes, Ampbhiporus, Tetrastemma, Oerstedia (?), Malacobdella. II. Rüssel- und Mundöffnung sind getrenut. (Entwickelungstypus von Drepanophorus spectabilks.) Drepanophorus, Nectonemertes, Hyalonemertes, Pelagonemertes. Die Ausgestaltung der definitiven Verhältnisse des hinteren Darım- abschnittes erfolgt wesentlich später. Langsam vollzieht sich die innere, tiefere Einsenkung der grubenförmigen ektodermalen Reetumanlage, welche indess frühzeitig eine histologische Differenzirung ihres Epithels zeigt. Die meisten Zellen sind würfelförmig; am Rande der Grube indessen nehmen sie eine flaschenförmige Gestalt an und verwandeln sich in jene ein- zelligen Drüsen, welche sich im Afterepithel der erwachsenen Nemertine vorfinden. Je mehr sich die Rectumanlage vertieft, um so auffallender vergrössert sich jene Ausstülpung des Entodermsackes, welche ihr ent- gegenkommt (Taf. XIX, Fig. 14 und 15,d,). Die Verschmelzung der Rectumanlage mit der Ausstülpung des Entodermsackes findet bei Tetra- stemma vermiculus ungefähr statt, nachdem der Embryo die Eihülle seit vier Tagen verlassen hat. Von besonderer Wichtigkeit ist ein Vorgang, welcher sich während der Entwickelung des Enddarms abspielt. Er betrifft den Blastoporus und den röhrenförmigen Abschnitt, durch welchen Blastoporus und Ento- dermsack miteinander communieiren. Der Blastoporus verlagert sich nämlich allmählich nach vorn. Kurz ehe er sich schliesst, was erfolgt, Erklärung von Tafel XVI. IV. 1. Sppl. Fig. 1 u. 2. Pilidium magnum Bürg. Von der Seite und von unten gesehen. °?/.. 3a—3e. Die Entwickelung des Pilidiums. 4. Pilidium pyramidale Bürg. ®°,,. 5. Pilidium gyrams J. Müller. °°/,. 6. Pilidium von Micrura caeca. *%,. 7. Pilidium recurvatum Fewkes. 8. Pilidium brachiatum Wilson. 9. Pilidium von Cerebratulus leidyi. ”°/,. 10 u. 11. Pilidium aurieulatum R. Leuckart und Pagenstecher. Von unten und von der Seite gesehen. ®?/,. Es bedeuten: ect Ektoderm, embr junge Nemertine, ent Entoderm, fh Blastocöl, msbl Mesoderm. Fig. 3a—3e nach Metschnikoff (No. 175); Fig. 6 und 9 nach Coe (op. eit. p. 316); Fig. 7 nach Fewkes (No. 183); Fig. 8 nach Wilson (No. 176); Fig. 1, 2, 4, 5, 10 u. 11 nach Bürger (No. 256). Bürger, Nemerlini. Tafel 16. 1. u le er 1) Ze 4 ee Tr ee u » ur ee 2 TE ” wir av Us ) ’@ Ba Erklärung von Tafel XVII 1. Pilidium von Mierura caeca am achten Tage. *%/,. 2. Quersehnitt durch ein jüngeres Pilidium. 3. Querschnitt durch ein älteres Pilidium. 4. Quersehnitt dureh ein sehr junges Pilidium. 5. Anlage des Cerebralorganes auf einem Querschnitt durch das Pilidium. 6. Junge Rumpfscheibe im Querschnitt durch das Pilidium. 7. Die junge Körperwand der Nemertine nach einem Querschnitt durch die vordere Hälfte des Pilidiums. Etwas schräger Querschnitt eines älteren Pilidiums. 9. Kopfscheibe auf dem Querschnitt durch das Pilidium. 10. Querschnitt durch die verwachsenen Zipfel der Rumpf- und Kopfkeimplatte aus der Gegend der Mündung des Cerebralorgans. 10a. Rumpfscheibe auf dem Querschnitt dureh ein älteres Pilidium. 11. Querschnitt aus der Rumpfgegend eines älteren Embryos. 12. Querschnitt aus der Gegend der verwachsenen Zipfel der Rumpf- und Kopfkeimplatte, die Urbluträume zeigend. 13. Querschnitt durch ein älteres Pilidium. 14. Sehr junge Kopfscheibe auf dem paramedianen Längsschnitt durch das Pilidium. 15. Ein Theil derselben, stärker vergrössert. 16. Quersehnitt aus der Kopfgegend eines älteren Embryos. 17. Junger Rüssel nebst Rhynchocölom im Medianschnitt durch das Pilidium. 18. Nach einem Querschnitt durch ein altes Pilidium, um die verwachsene Kopf- und Rumpfkeimplatte zu zeigen. [0%] Es bedeuten: am Amnion, am Amnionhöhle, bir Urblutraum, ck Canal des Cerebral- organs, corg Cerebralorgan, eu Cutis, d Darm, de dorsale Gehirneommissur, ddz Drüsen- zellen, dg dorsales Ganglion, ep Epithel, iep inneres Epithel (Mesoderm) der Keimscheibe, kfp Kopfkeimplatte, %s Keimscheibe, ms Mesoderm (speeciell das der Keimplatten — ep), msd Mesoderm, welches den Darm umhüllt, ms%f Muskelfasern, neph Nephridium, oes Oeso- phagus, r Rüssel, re Rhynchocölom, rew Wand des Rhynchoeöloms, rep Rüsselepithel (inneres hohes Epithel), »7 Lumen des Rüssels, »p Rumpfkeimplatte, sg Seitengefäss, sp Septum, sst Seitenstamm, tp tunica propria der Urbluträume, »g ventrales Ganglion, ublr linsenförmige Höhle, welche an der amnioten Fläche der Kopfscheiben auftritt. Vergr. 00]. Fig. 1 nach Coe (op. eit. p. 316), die übrigen nach Bürger (No. 241). a a en A Fe Bürger, Nemerlini. Tafel 17. (UML- cor Ni ©. \ 2) & >> 90) h N Tas ubIe\ x 177 ({ I mnsd Ten ? j ] msd NIIT ORLIOSEOE lforc, Ka} 1 > amh Namh Erklärung von Tafel XVIM. 1. Desor’sche Larve, Seitenansicht. °/.. 2. Dieselbe, von unten gesehen. ®;/.. 3. Aeltere Desor'sche Larve, Seitenansicht. ®%/,. 4. Dieselbe, von unten gesehen. ®,. 3 5. Aeltere Desor'sche Larve, Seitenansicht. °"/.. 6. Dieselbe, von unten gesehen, °?/.. . Desor'sche Larve von bereits wurmartiger Gestalt, Seitenansicht. ° 8. Dieselbe, von unten gesehen. ?”/.. 9. Schematischer Medianschnitt durch die Desor’sche Larve. 10 u. 11. Schematische Querschnitte durch eine jüngere und ältere Desor'sche Larve. 12—15. Querschnitte, resp. Theile derselben, aus Desor'schen Larven verschiedenen Alters. 16—17. Medianschnitt durch zwei vorgeschrittene Desor’sche Larven verschiedenen Alters. Vergr. Fig. 12 u. 13 "/,, Fig. 14 19/,, Fig. 15 ®°/,, Fig 16 u. 17 07. 7/ 1 Es bedeuten: am Amnion, ar” Archenteron, coel Cölom, corg Cerebralorgan, d Darm, ec Ektoderm, ec, primäres Ektoderm, ec, secundäres Ektoderm = Hautepithel der Nemertine, ent Entoderm, ent, primäres Entoderm, ent, seeundäres Entoderm, ep Hautepithel der Nemertine, fh Blastocöl, kfp Kopf(keim)platte, m Mund, msbl Mesoderm, oes Oesophagus, oes, primärer Oesophagus, oes, secundärer Oesophagus, ra Rüsselanlage, re Rhynchocölom, rkp Rücken(keim)platte, »p Rumpf(keim)platte, so Somatopleura, sp Splanchnopleura. Fig. 1—8 nach Barrois (No. 148); Fig. 9—11 nach Hubrecht (No. 192); Fig. 12—17 nach Arnold (op. eit. p. 309). Be Bürger, Nemertini. Tafel 18 nd FPnshl m_-FE% 3 e j pt DR Ki (4 } ner) a aeg, Aue) Erklärung von Tafel XIX. Fig. Fig. 1—7 betreffen Embryonen von Drepanophorus spectabilis. ja . Quersehnitt durch eine etwas vorgeschrittene Blastula. 2. Medianschnitt durch einen Embryo, weleher im Ausschlüpfen begriffen ist. 3. Der frisch ausgeschlüpfte Embryo. 4. Medianschnitt durch einen solchen. 5. Paramedianschnitt durch einen etwas älteren Embryo. 6. Medianschnitt durch einen. Embryo, welcher drei Tage alt ist. ’. w. v., Embryo fünf Tage alt. 8. Embryo von Eunemertes gracilis, welcher soeben die Eihülle verlassen hat. Fig. 9—16 betreffen Embryonen von Tetrastemma vermiculus. 9. Vorderes Stück eines paramedianen Schnittes durch einen Embryo, welcher die Eihülle seit drei Stunden verlassen hat. 10. Embryo, welcher mit Cilien bekleidet ist und sich bereits in der Eihülle zu krümmen vermag, im optischen Längsschnitt. 11. Der eben ausgeschlüpfte Embryo. 12. Medianschnitt durch denselben. 13. Medianschnitt, welcher etwas schräg fiel, durch einen nur ein wenig älteren Embryo. 14. Medianschnitt durch einen Embryo, welcher das Ei seit 28 Stunden verlassen hat. 15. w. v. durch einen Eimbryo, welcher das Ei seit 36 Stunden verlassen hat. 16. w. v. durch um 12 Stunden älteren Embryo. Es bedeuten: a After, dd Blinddarm resp. röhrenförmiger Abschnitt des Entodermsackes, bl Blastoporus, e Cölom, co Cerebralorgan, d Entodermsack = Mitteldarm, d, Aussackung (les Entodermsackes, welche der Enddarmanlage entgegenwächst, dg dorsales Ganglion, dst dorsaler Faserstamm des Seitenstammes, dz dorsale Mutterzelle des Rüsselmesoderms, gr Grundschicht, /ıms (dorsaler hinterer Mesodernstreifen des Körpers, kd Kopfdrüse, kg Kopfgrube resp. Frontalorgan, /c Verbindung zwischen ventralem Ganglion und Seiten- stamm, m definitiver Mund, oes Oesophagus —= primäres Stomodäum, r Rüssel, re Rhynchoeölom, ret Enddarm, rd Rhynchodäum, ro Rüsselöffnung, rsch Rhynchocölom, st secundäres Stomodäum, szl sensible Zelle, tzl Tastzelle, vg ventrales Ganglion, vms vorderer ventraler Mesodermstreifen des Körpers, vst Seitenstamm, vz ventrale Mutterzelle des Rüsselmesoderms. Fig. 1—7 und 9—16 nach Lebedinsky (op. eit. p. 317); Fig. 8 nach Bürger (No. 256). / Bürger, Nemertini. Tafel 19. = ie &. A Jith. Gresecke £ Devrienk. Directe Entwiekelung. — Cölom. 385 sobald der Entodermsack seinen definitiven After gewonnen hat — also gleichfalls etwa am vierten Tage nach dem Ausschlüpfen des Embryos — sehen wir den Blastoporus beträchtlich dem primären Stomodäum ge- nähert. Nachdem sich der Blastoporus geschlossen hat, richtet sich der röhrenförmige Abschnitt, der, ein Stück des Entodermsackes repräsen- tirend, des letzteren Communication mit dem Blastoporus vermittelte, nach vorn. Er stellt den jungen Blinddarm vor (Taf. XIX, Fig. 7, bd). (Vgl. ferner Fig. LIV, B, C und D). In meiner Schilderung der Entwickelung des Darmtractus habe ich mich vollständig an die Resultate Lebedinsky’s gehalten, obwohl sie nicht mit den von Salensky an Monopora, von mir an Prosorhochmus gewonnenen übereinstimmen. Von Salensky und mir wurde die Entwickelung des Mitteldarms in derselben Weise dargestellt, wie von Lebedinsky, indessen ist mir nicht aufgefallen, dass das Entoderm eine Zeit lang mehrschichtig wird, wohingegen Salensky von einer Emigration der Entodermzellen in die Gastralhöhle spricht. Als Blinddarm nahmen wir ebenfalls ein Stück des Entodermsackes in Anspruch, indessen sein Vorderende. Nach Salensky soll der Vorder- darm der Nemertine aus einer soliden Ektodermeinstülpung hervorgehen (welche zweifellos dem primären Stomodäum von Lebedinsky ent- spricht); dieselbe soll aber nicht das vorderste Ende des Entodermsackes treffen, sondern weiter hinten mit ihm verschmelzen. Dadurch kommt ein kurzes Stück des Entodermsackes vor die Communication des primären Oesophagus und Entodermsackes zu liegen, und dieses wurde von Salensky als Blinddarmanlage gedeutet. Der primäre Oesophagus schnürt sich nach Salensky später vom Ektoderm ab und verschmilzt mit dem Rhynchodäum, auf diese Weise seine definitive Verbindung mit der Aussenwelt gewinnend. Es ist offenbar, Salensky hat die Entwickelung des secundären Stomodäums übersehen. Von mir wurde die Bildung des secundären Stomodäums genau so beschrieben, wie später Lebedinsky diesen Entwickelungsprocess dar- stellte. Meine Beschreibung von der Entstehung des Blinddarms schloss sich derjenigen von Salensky an, nur dass in der meinen der primäre Oeso- phagus durch den secundären vertreten wurde. Mir ist zweifelsohne die Entstehung des primären Oesophagus entgangen. l. Entwickelung des Cöloms. Wie bereits oben p. 332 ausgeführt wurde, zeichnen sich in der Blastula vier Zellen auffallend durch ihre Grösse aus. Es sind die Mutterzellen desMesoderms. Sie liegen im Blastoderm paarweise vor und hinter dem Entodermfelde, welches sie vom Ektoderm abgrenzen (Fig. XLVII, C, msh, msv). JR 3ronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. Zu) 356 Embryologie. Diese Zellen treten relativ spät in Thätiekeit, nämlich erst nachdem sich die meisten Organe angelegt haben, d. i. kurz bevor der Embryo die Eihülle verlässt. Ehe die Mutterzellen des Mesoderms beginnen, sich zu theilen, verlassen sie das Ektoderm und lagern sich in die Segmen- tationshöhle wiederum paarig vor und hinter dem Blastoporus, zwischen Ektoderm und Entoderm eingeklemmt. Die vier Urmesodermzellen erzeugen vier Mesoderm- streifen. Dieses geschieht, indem sich jede der Urmesodermzellen in zwei Zellen von annähernd gleicher Grösse zerlegt und diese beiden Zellen sich nun derart fortgesetzt theilen, dass sie die neuen, jetzt aber kleineren Zellen zwischen sich nehmen; die beiden Zellen, von denen die Vergrösserung der Mesodermstreifen ausgeht, entfernen sich naturgemäss mehr und mehr voneinander. Jeder Mesodermstreifen ist -anfangs einreihig, verwandelt sich aber schon in dem eben ausgeschlüpften Embryo in einen zweireihigen, indem die durch Halbirung der Urmesodermzelle entstandenen, an den Enden der Mesodermstreifen gelegenen Zellen einen Parallelstreifen erzeugen (Taf. XIX, Fig. 5, hms und vms). Die Mesodermstreifen sind ungleich entwickelt. Die von dem hinteren Paar der Urmesodermzellen abstammenden sind die bedeutend stärkeren. Sie lagern sich dem Darm hinten an und bedecken ihn auch dorsal. Die von dem vorderen Paar entwickelten bestehen aus relativ wenigen Zellen, weiche sich der ventralen Fläche des Darmes anlehnen. Sobald die Mesodermstreifen aus einer doppelten Zellreihe bestehen, tritt in ihnen ein Spalt auf; sie verwandeln sich in Säcke. Die anfäng- lich rundlichen, später mehr cubischen Zellen platten sich bedeutend ab. Darnach tritt zuerst eine Verschmelzung der dorsalen Mesodermsäcke mit- einander ein, der alsbald die ventralen nachfolgen. In einem Embryo, der einige Tage alt ist, verwachsen endlich der nunmehr unpaare ven- trale und dorsale Mesodermsack, so dass nunmehr — bei Drepanophorus spectabilis in einem Embryo, welcher drei Tage alt ist — zwei Zellblätter existiren, von denen das eine den Darm umgiebt, das andere der Körper- wand angepresst ist (Taf. XIX, Fig. 6). Der Spalt zwischen ihnen ist erösstentheils aus Mangel an Raum unterdrückt, kommt indess im hinteren Drittel des Embryos in Gestalt einer ziemlich geräumigen Höhle zur Ausbildung (Taf. XIX, Fig. 7,c). Wir haben in den beiden Zellblättern Splanchnopleura und Somatopleura, in der Höhle ein Cölom vor uns. 11. Regeneration. Ueber die Fähigkeit der Nemertinen, verlorene Körpertheile zu re- generiren, haben Dalyell (1855, No. 77) und Me Intosh (1870, No. 119, und 1373/74, No. 125) Experimente angestellt, von denen die des letzteren Forschers besonders erfolgreich waren. MeIntosh beobachtete bei den in der Gefangenschaft gehaltenen Lineen, dass ein nicht allzu kurzer Regeneration — Monstrositäten. 387 Kopfabschnitt in der Mehrzahl der Fälle rasch den Hinterkörper regene- rirt, indem er nach hinten auswächst, dass aber selten ein Thier, dem man den Kopf nahm, diesen reprodueirt. Diesen Fall hat er einmal bei einem Fragment von Leneus gesserensis (= sangnineus) beobachtet, dem ausser dem Kopf auch noch das Schwanzende fehlte. Die Regeneration zu einem vollkommenen Thierkörper vollzog sich nach Me Intosh in folgender Weise: Das vordere Ende rundete sich zunächst ab und wuchs nach vorn aus, terminal eine Oefinung, die Rüssel- öffnung, aufweisend. Dieselbe entsprach der Oeffnung vom Rhynchocölom des Fragmentes. Auch das hintere Ende zeigte eine Oeffnung, den After. Darnach bildete sich innerhalb des Rhynchocöloms ein neuer Rüssel, welcher nach hinten auswuchs. Bald darauf erschienen die Kopf- spalten; es differenzirte sich ein neues Gehirn nebst Cerebralorganen, und schliesslich wurden auch Augen bemerkbar. Die Blutgefässe dehnten sich nach vorne und hinten aus. Es ist hervorzuheben, dass der Mund eine durchaus neue Bildung repräsentirt, die nichts mit der vorderen Oefinung des Darmes zu thun hat, welche naturgemäss das Fragment aufwies. Letztere schloss sich ebenso, wie auch die hintere Oefinung des Rhynchocöloms des Fragmentes. Dagegen schienen, wie oben bereits angedeutet wurde, die vordere Oefl- nung des Rhynchoeöloms sich in die Rüsselöffnung umzubilden und die hintere des Darmes als After zu persistiren. Die geschilderten Vorgänge nahmen etwa drei Monate in Anspruch. Ich selbst habe in Neapel die vollständige Regeneration des Rüssels mitsammt dem Stilettapparate bei Drepanophorus cerassus beobachtet. Dieselbe vollzog sich während mehrerer Monate, also ungemein langsam. Während dieser Zeit beharrte das Thier in völliger Ruhe, eingeschlossen in einen zähen Cocon, den es sogleich nach der Exstirpation des Rüssels vermöge seiner Hautdrüsen erzeugt hatte. 12. Monstrositäten. Me Intosh hat 1875/74 in No. 125, pag. 125, einen Leneus gesse- rensis (= sanguineus) beschrieben und abgebildet, welcher einen finger- förmigen seitlichen Fortsatz besass. Solche Anhänge habe ich bei mehreren Exemplaren von Eupolia delineata beobachtet. Man kommt auf die Vermuthung, dass es sich um Sprosse handelt. Diese Anhänge sind ebenso gebaut, wie der Abschnitt des Eupolia-Körpers, von dem sie abgehen, und enthalten sogar Geschlechtsproduete. Als eine Missbildung darf ein doppelter (sich nach hinten zu gabelnder) Rüssel bezeichnet werden, den ich bei einem Drepanophorus auffand. Systematik. © [0 2] [0 6) Sechster Abschnitt. Systematik. 1. Ueber die Ordnungen, Unterordnungen und Familien. Bereits im ersten Abschnitt dieses Buches wurde eine Uebersicht der verschiedenen Systeme der Nemertinen gegeben und das in diesem Buche angewandte, soweit es die Ordnungen betrifft, begründet. An meiner Eintheilung der Nemertinen in 4 Ordnungen — um diese handelt es sich —, welehe von mir 1892 (No. 226) mitgetheilt wurde, hat letzthin Bergendal allerlei auszusetzen gehabt und besonders so wenig Gefallen an meiner 2. Ordnung Mesonemertini gefunden, dass er ihre Gattungen mit den Protonemertini als Palaeonemertini Hubrecht vereinigte. Wenn wir Bergendal folgen wollen, so müssen wir davon abstehen, die Lagerung des Centralnervensystems als massgebend zu betrachten. Leider ist weder von Bergendal, noch von Öoe, welcher ersterem jüngst nach- folgte, unter diesem Gesichtspunkte ihre Ordnung Palaeonemertini defi- nirt worden; denn Hubrecht’s Palaeonemertini, welche auch die Gattungen Eupolia und Valeneinia enthielten, entspricht sie in Wirklich- keit nicht. Es erübrigt noch, einige erläuternde Bemerkungen über die Unter- ordnungen und Familien hinzuzufügen. Nur eine der Ordnungen lässt sich meines Erachtens in zwei Unter- ordnungen zerlegen. Die Metanemertinen nämlich weisen zwei Formen- kreise auf, deren Arten nicht allein im Habitus, sondern auch in der Or- ganisation erheblich voneinander abweichen. Der eine umfasst Metanemertinen, die einen relativ kurzen, ge- drungenen Körper besitzen. Sie kriechen meist in einer geraden Linie, verknäueln sich nicht, und manche vermögen zu schwimmen. Der andere führt uns sehr lange und dünne Formen vor, welche in vielen Windungen kriechen und sich gerne zu Klumpen zusammenballen. Sie vermögen nicht zu schwimmen. Das hervorstechendste anatomische Merkmal der einen Unterordnung ist die Ausdehnung des Rhynchocöloms bis zum After, das der anderen die verhältnissmässig sehr viel geringere Länge, welche dieselbe Cavität besitzt, indem sie sich meistens auf das vordere Körperdrittel beschränkt. Ordnungen, Unterordnungen, Familien. 399 Erstere bezeichnete ich (1595, No. 256) als Holorhynchocoelomia (hierher gehören z. B. Amphiporus, Drepanophorus, Tetrastemma u. a.), letztere dagegen als Prorhynchocoelomia (mit Eunemertes, Nemertop- sis, Ototyphlonemertes u. a.). Me Intosh unterschied in seiner grundlegenden Monographie (No. 125) bereits 4 Familien und 2 Unterfamilien, nämlich: 1. Amphiporidae, mit den beiden Unterfamilien a Amphiporinae und b. Nemertinae; 2. Lineidae; 3. Carinellidae; 4 Cephalothricide. Die Diagnosen derselben sind bereits vorn, pag. 13, gegeben worden. Wir ersehen aus ihnen, dass eine jede jener vier Familien im Wesent- lichen einer unserer Ordnungen entspricht und bei Me Intosh’s Ein- theilung die Lage der Seitenstämme und die Zusammensetzung des Haut- muskelschlauches eine Rolle spielt. Die Unterfamilien der 1. Familie von Me Intosh lassen sich fast in Einklang mit unseren beiden Unterordnungen der Metanemertinen bringen; es ist das keine merkwürdige Thatsache, wenn man bedenkt, dass die Grössenverhältnisse des Rüssels von jenen des Rhynchocöloms abhängig sind. Die 2. Familie von Me Intosh deckt sich mit unseren Heteronemer- tinen vollständig. Sehr weit voneinander entfernte Formen hat aber die Familie 3 von Me Intosh zu vereinigen gesucht, denn Valencinia weist in allem einen Heteronemertinentypus auf. Der Autor hat sich wohl durch den Bau der Rüsselwandung von V., welche, wie bei Carinella, nur zwei Schichten auf- weist (die freilich gerade umgekehrt liegen wie dort), dazu verleiten lassen, diese Form mit dreischichtigem Hautmuskelschlauch, der Lagerung: der Seitenstämme zwischen der äusseren Längs- und der Ringmuskel- schicht u. s. f. zu Carinella zu stellen, mit der sie noch als äusserliches Merkmal den Mangel der Kopfspalten theilt. Auch die 4. Familie von Me Intosh ist von mir adoptirt worden. Der letzt besprochene Irrthum, welchem Me Intosh bei seiner Classifieirung der Nemertinen in Familien und Unterfamilien anheimfiel, ist schon von Hubreceht berichtigt worden. Dieser Autor fügte noch vier Familien hinzu, nachdem inzwischen ein paar neue Genera wieder- erkannt oder neu bekannt geworden waren. Es sind die Familienmerkmale in der folgenden Aufstellung nach Hubrecht nur den neuen Familien hinzugefügt worden. 390 Systematik. Palaeonemertini Hubr. Fam. 1. Cephalotrieidae Me Int. Fam. 2. Carinellidae Me Int. Fam. 3. Valenciniaidae Hubr. Nerves just within the muscles of the body-wall, separated from the epiderm by only a thin layer. No cephalie firrows or fissures, but Schizenemertini Hubr. Fam. 5. Lineidae Me Int. Fam. 6. Langiaidae Hubr. The margins of the body are slightly frilled and lapped up over the back, which takes the aspect of a partly closed tube from the head to the tail. Internally the nerve-trunks lie more above the intestine than beside it. a small opening on each side of the head leading by a eiliated duet into the posterior lobe of the ganglion. Fam. 4. Poliaidae Hubr. Lateral nerves within the mus- cles of the body-wall. A pair of posterior lobes to the ganglion are coalesced with the inner and hinder surface of the posterior lobes. Hoplonemertini Hubr. Fam. 7. Amphiporidae Me Int. Fam. 8. Tetrastemmidae Hubr. Eyes four. Respiratory grooves not branched. Kespiratory lobe of the ganglion apparently in regres- sive metamorphosis. Fam. 9. Nemertidae Me Int. Von den vier neuen Familien enthielten, als sie Hubrecht schuf, drei nur je ein Genus, nach dem der Familienname gebildet wurde. Die Familien Valenciniaidae und Langiaidae enthielten nur je eine Art, die Familie Poliaidae deren drei. Die Familie der Tetrastemmidae (Tetra- stemmatidae) Hubrecht führte ich 1895 fort, obwohl ich mit ihrer Charak- teristik nicht völlig einverstanden war. Sie enthielt zwei Gattungen mit einer grösseren Anzahl von Arten. Die Aufstellung der drei anderen Familien Hubrecht’s erschien mir indess nur zum Theil gerechtfertigt. Die Gattung Langia reiht sich in den Formenkreis der Lineiden voll- kommen ein. Ob vielleicht der Bau ihres Rüssels, welcher übrigens von Hubreeht nicht berücksichtigt wurde, so gewichtige Sondercharaktere besitzt, dass es nothwendig sein wird, für Langea eine besondere Familie zu construiren, muss ich dahingestellt sein lassen, da auch ich ihn nicht kenne, weil alle Langien, die mir je zu Gesicht kamen, sich des Rüssels entledigt hatten. Im Uebrigen ist die Organisation derjenigen besonders eines Cerebratulus durchaus ähnlich. Die Unterschiede, welche sich vor- nehmlich in der Lagerung der Seitenstämme geltend machen, resultiren aus der Eigenthümlichkeit der aufwärts gebogenen Seitenränder und nicht aus einer wirklichen Verschiebung. Will man Langia auf Grund ihres gewiss sehr auffallenden äusseren Habitus aus der Familie der Lineiden herausheben, so erheischt es die Consequenz, auch für Dorlasia (Euborlasia), diese kaum minder durch ihre Körperform auffallende Gattung, eine besondere Familie einzurichten. Was aber Valeneinia und Polia (Eupolia) betrifft, so spricht für ihre Trennung in zwei Verwandtschaftskreise nur ein einziger Punkt, den Ordnungen, Unterordnungen, Familien. 391 Hubrecht aber nicht in seiner Familiendiaenose geltend gemacht hat. Bei Valeneinia ist nämlich die Mundöffnung bis dicht vor das Gehirn nach hinten gerückt, bei Eupoka liegt sie, wie bei allen übrigen Proto-, Meso- und Heteronemertinen, subterminal. Besonders muss ich bestreiten, auf die Hubrecht’schen Familien- diagnosen eingehend, dass die Schicht der Körperwand zwischen Seiten- stämmen und Epithel „only a thin layer“ bei Valencinca, um die es sich ja in der ersten Familie lediglich handelt, sei. Sie ist kaum dünner als bei Eupola, und vorzüglich ihre Längsmuskelschicht ist sicher nicht minder mächtig als bei diesem Genus entwickelt. Es wurde betont, dass Valencinia und Eupola Heteronemertinen sind. Von allen Heteronemertinen sind sie aber getrennt durch den Bau ihres Rüssels; derselbe setzt sich bei Kupola nnd Valencinia nämlich nur aus zwei Muskelschichten zusammen, die in höchst eigenthümlicher Weise aufeinander folgen; denn es liegt aussen die Ring-, innen die Längsfibrillenschicht. Bei allen übrigen Heteronemertinen setzt sich der Rüsselmuskelschlauch stets aus einer äusseren Längs- und einer inner- halb dieser gelegenen Ringmuskelschicht zusammen. In der Regel kommt es dann innerhalb dieser nochmals zur Entwickelung einer Längsmuskel- schicht, so dass wir sagen dürfen, der Rüsselmuskelschlauch der übrigen Heteronemertinen ist meist dreischichtig. Der charakteristische Bau des Muskelschlauchs des Rüssels von Va- leneinia und Eupolia vereinigt diese beiden Gattungen ebenso. auffällig, als er sie von den übrigen Heteronemertinen loslöst. Daher vereinigte ich Valeneinia und Eupolia in eine Familie, deren Namen ich von Hubrecht entlehnte. Den bestehenden Familien musste ich 1895 (No. 256) drei hinzu- fügen, nämlich in der Ordnung der Protonemertinen diejenige der Hu- brecehtidae, benannt nach dem Genus Hubrechtia; in der Ordnung der Metanemertinen in der Unterordnung der Prorhynchocoelomia die Familie Ötotyphlonemertidae, welche die Otolithenträgerinnen enthält, und der Unterordnung der Holorhynchocoelomia die Familie Prosorhochmidae, welche in der Regel mit vier Augen ausgestattete Nemertinen zusammen- fasst, die durch ihren dünnen, oft sehr langen Körper von den typischen Tetrastemmen abweichen, und bei denen das Rhynchocölom zum Theil noch nicht die grösste Ausdehnung, die es bei den Tetrastemmen erfuhr, erreicht hat. Die Hubrechtidae sind von den Carinellidae in ihrer gesammten Or- ganisation stark unterschieden. Ich hebe hier nur hervor, dass bei Hubrechtia — auf diese einzige Gattung ist die genannte Familie ge- gründet — drei Blutgefässstämme vorhanden sind, der Darmtractus tief gegliedert ist und die Cerebralorgane in die Blutgefässe hineinragen. Nur bei den Lineiden unterschied ich zwei Unterfamilien, die Micrurae und Amicrurae, das sind Lineiden mit einem Schwänzchen am hinteren Körperende 392 n Systematik. (z. B. Mierura, Cerebratulus) und ohne ein solches (z. B. Lineus, Eu- borlasia). Die Entdeckung oder das nähere Studium einiger aberranter Nemer- tinen hat noch zu der Aufstellung der folgenden wohlbegründeten Familien geführt: Fam. Malacobdellidae E. Blanchard, 1847 (No. 58). Sie enthält das merkwürdige Genus Malacobdella, welches lange den Hirudineen zu- gerechnet wurde, und dessen Zugehörigkeit zu den Nemertinen erst durch Semper 1876/77 (No. 145) und v. Kennel 1878 (No. 146) überzeugend bewiesen wurde. Fam. Pelagonemertidae H. N. Moseley, 1875 (No. 138). Die- selbe wurde auf zwei pelagische Tiefseenemertinen — Pelagonemertes — begründet, die sich von allen Metanemertinen sowohl durch ihre Körper- gestalt, als auch besonders durch den Mangel eines Rückengefässes ab- sondern. Neuerdings hat W. Me M. Woodworth*) in diese Familie auch die jüngst entdeckte Gattung Planktonemertes eingereiht. Ich glaube, die Zeit wird lehren, dass Pelagonemertes und Planktonemertes trotz ihrer äusserlichen Aehnlichkeit nicht näher miteinander ver- wandt sind. Fam. Nectonemertidae A. E. Verrill, 1892 (No. 237). Umfasst zwei andere, durch Verrill bekannt gewordene höchst sonderbare Tief- seebewohner mit flossenartig verbreitertem Hinterende, welche zweifellos eine eigene Familie bilden. Es sind die Gattungen Nectonemertes und Hyalonemertes. Bereits 1392 (No. 237) hatte Verrill die Gattung Drepanophorus aus der Fam. Amphiporidae herausgelöst, für sie die Fam. Drepanophoridae errichtend. Auch dieser Schritt erscheint völlig gerechtfertigt. Dieses Buch bringt als neu die Familie Carinomidae. Ich pflichte Bergendal vollständig darin bei, dass Cephalothrix und Carinoma trotz der überraschenden Uebereinstimmung in gewissen Organisationsverhält- nissen, z. B. dem Mangel der Cerebralorgane, sich andererseits sehr wesentlich unterscheiden. Während Carinoma den Protonemertinen nahe steht, hat sich nämlich Cephalothrix völlig von denselben entfernt und überaus eigenartig entwickelt. 2. Uebersicht der 1895 revidirten Gattungen und ihrer Synonyme. Carinina —. Üarinella, Tubulanus —. Hubrechtia, Balanoce- phalus —. Carinoma —. Üephalothrix, Astemma —. Eune- mertes, Ommatoplea, Nemertes, Emplectonema —. Nemertopsis —. Ototyphlonemertes, Typhlonemertes —. Prosorhochmus, Monopora? —. Prosadenoporus —. Geonemertes, Leptonemertes, Neonemer- tes —. Amphiporus, Lumbricus, Fasciola, Planaria, Polystemma, Acro- *) op. eit., p. 441. Die Gattungen. 3235 stomum, Chlamydocephalus?, Vermieulus, Ditactorhochma, Ophionemertes?, Hallezia, Neesia —. Drepanophorus, Chlamydocephalus, Ptychodes —. Tetrastemma, Fasciola, Planaria, Prostoma, Oolpocephahıs, Emea, Hecate, Vermiculus, Loxorrhochma, Otoloxorrhochma, Stichostemma —. Oerstedia, Hecate, Vermiculus —. Nectonemertes — Hyualonemertes —. Pelagonemertes —. Malacobdella, Hirudo —. Eupolia, Polia, Baseodiscus, Taeniosoma, Polina —. Poliopsis — Valencinia —. Lineus, Ascaris, Fasciola, Planaria, Dorlasia, Nemertes, Notospermus, Hemicyclia?, Notogymnus, Rhamphogordius, Quatrefagea —. Euborlasia, Borlasia —. Micrura, Gordius, Alardus, Stylus —. Cerebratulus, Meckelia, Serpentaria, Onidon, Avenardia —. Langia, Diplopleura —. 3. Ueber die Existenzberechtigung verschiedener umstrittener Gattungen. Me Intosh hat zuerst unter der Fülle der Gattungen mächtig und glücklich aufgeräumt, indess sind über die Existenzberechtigung ver- schiedener der von ihm fortgeführten Gattungen von Hubrecht Zweifel ausgesprochen worden, die wir nicht unbesprochen lassen dürfen, da wir im Ganzen uns Mc Intosh anschliessen werden. Me Intosh (1873, 1874, No. 125) unterscheidet in seiner Familie Lineidae fünf Gattungen, nämlich Lineus, Borlasia, Cerebratulus, Mierura und Meckelia. Hubrecht ist geneigt, diese fünf Gattungen in eine einzige zu vereinigen. Er sagte (1887, No. 204, p. 37): „Oerebratulus, Ren. — To this genus I wish to refer all the Schizonemertea collected by the Challenger. I have elsewhere insisted on the diffieulty of distin- euishing the genera Öerebratulus, Lineus, Micrura ete. of which perhaps the two first may be distinguished by an ontogenic difference (Pilidium or Desor-larva). And even this distinetion is not definitely established. It is simply impossible to refer spirit speeimens to any one of these genera rather than to any other, and having formerly included Mierura as a synonym amongst Öerebratulus, I now even feel inclined to do the same with Lineus. What value has a generie distinetion when it can never be of any use to a taxanomist? And why should a developmental difference such as that which obtains between a Pilidium and a Desor- larva, not be suffieciently honoured by a specifie distinetion.“ Hubrecht hatte seinem Zweifel über die Berechtigung der Auf- stellung der verschiedenen Gattungen der Lineiden bereits wiederholt früher Ausdruck gegeben und sich durch ihn bewegen lassen, in seinen „Ihe Genera of European Nemerteans etc.‘ (1379, No. 154) die Gattung Micrura fallen zu lassen und auch das Genus Lineus nieht zu berück- sichtigen, indem er von den 18 Schizonemertinen — sämmtlich Bewohnern des Golfs von Neapel — welche in dem genannten Werkchen aufgeführt sind, 16 zum Genus Cerebratulus stellte. Von den beiden übrig bleiben- 994 Systematik. den beschreibt er die eine als BDorlasia = Kuberlasia, die andere als Langia nov. gen. — Es befinden sich aber unter den 16 Cerebratulus- Arten Hubrecht’s sowohl Lineus- als auch Micerura-Arten, und zwar sogar solche, die in Me Intosh’s Monographie als Lineen und Mieruren beschrieben wurden. Nachdem ich Gelegenheit hatte, die Nemertinenfauna des Golfs von Neapel an Ort und Stelle zu studiren, habe ich mich davon überzeugt, dass ausser Euborlasia und Langia in der Familie Lineidae Cerebratulus, Micerura und Lineus voneinander zu unterscheiden sind. Nämlich erstens wohnen in geringer Tiefe im Schlamm breite, kräftige Formen, die sich durch ihre raschen Bewegungen auszeichnen. Sie sind vorzügliche Schwimmer; mit schlängelnden, aalartigen Be- wegungen durchmessen sie das Aquarium. Solche Thiere sieht man ge- legentlich an der Oberfläche des Meeres sich rasch schwimmend fortbe- wegen. Ihr Kopf ist lanzettlich zugeschärft, der breite Körper ist platt und mit stark hervortretenden Seitenrändern versehen. Sie vermögen sich wohl wie eine Spirale aufzurollen, aber nicht zu Klumpen aufzu- knäueln. Alle besitzen ein weissliches Schwänzchen (Cerebratulus). Zweitens finden sich in grösseren Tiefen zwischen Korallineen kleine, im Verhältniss zur Länge dünne Formen mit spatelförmigem Kopf; sie sind weich und können sich zu Klumpen zusammenknäueln, aber nicht schwimmen. Die Ortsveränderung geschieht lediglieh durch Kriechen. Im Bassin können sie am Wasserspiegel durch Flimmerbewegung hin- gleiten. Auch sie besitzen ein Schwänzchen (Mierura). Drittens giebt es Formen, welche den letzt charakterisirten im Habitus nahe stehen, aber kein Schwänzchen besitzen und in der Regel viel länger als jene sind (Zineus). Die Gattung Zangia unterscheidet sich von den drei soeben skizzirten Gattungen durch ihre zum Rücken aufgeklappten Seitenränder; sie besitzt ebenfalls ein Schwänzehen. Die des Appendix entbehrende Gattung Eu- borlasia unterscheidet sich von allen Lineiden durch ihren überaus dicken, eylindrischen Körper, dessen hinteres Ende in der Regel so stark ange- schwollen ist, dass es das vordere an Dicke sehr auffallend übertrifft. Leider waren die Diagnosen, welche Me Intosh den ins Auge ge- fassten Gattungen mitgab, unvollkommen. Sie treffen theilweise nicht zu und sind im. Uebrigen derart allgemein, dass es nicht wohl möglich ist, nach ihnen zu entscheiden, ob eine Lineide ein Cerebratulus oder ein Lineus ist. Me Intosh hat das Schwänzehen nur bei Micrura erkannt. Man könnte auch bezweifeln, ob Euborlasia eine existenzberechtigte Gattung ist. Sobald man nur die innere Organisation der Arten von Euborlasia berücksichtigt, scheint mir dieser Zweifel, soweit meine Kenntniss reicht, vollauf begründet. Auch darin muss ich Hubrecht beistimmen, dass durch die anatomische Untersuchung von Spiritusexemplaren, das Genus sich nicht immer genau wird feststellen lassen. Aber ebensowenig wie Die Gattungen. 395 es eventuell gelingen wird, zwischen Mierura und Lineus im conservirten Zustande (wo der Appendix nicht mehr zu constatiren ist) zu unter- scheiden, dürfte es möglich sein, eine Langia für einen Cerebratulus zu halten, sobald von ersterer nicht ein Stück des Rumpfes, das die Rücken- furche zeigt, erhalten ist. Mit einem Worte: scharfe, durchgreifende Unterschiede, die sich auf die innere Organisation stützen, lassen sich nicht für jede der fünf Gattungen aufstellen, wenigstens ist es mir auch bis heute nicht ge- lungen, solche herauszufinden, trotz der Masse mannigfaltiger Formen, die ich nach und nach untersucht habe. Aber was besagt das? Doch sicher nicht, dass Formen, wie sie Fig. 5, 7 und 10 der Tafel I darstellen, zur selben Gattung gehören, und dass Euborlasia und Langia von einem Systematiker, der von beiden die vorderen Enden untersuchte und den einzigen mir bekannten Unterschied in der inneren Organisation des Kopfes beider: die Neurochordzellen bei Langia, ihren Mangel bei Euborlasia, nicht beobachtete, in das gleiche Genus gebracht werden dürfen. Mit anderen Worten: wenn wir bei con- servirten Lineiden das Genus nicht genau oder überhaupt nicht feststellen können, es aber im Leben zu erkennen vermögen, so ist dieser Mangel lediglich unserer immer noch mangelhaften Erkenntniss der inneren Or- ganisation der Lineiden zuzuschreiben. Dass Unterschiede vorhanden sind, beweist ja das Vorkommen von Neurochordzellen bei den einen, ihr Mangel bei den anderen dieser sich auch im Leben voneinander unter- scheidenden Formen. Wenn wir also die begründete Ueberzeugung besitzen, es giebt eine gewisse Anzahl Gattungen einer Familie, so dürfen wir uns nicht aus besonderen Rücksichten verführen lassen, dieselben zu einer einzigen zu verschmelzen. Das aber geschieht, wenn wir die im Leben durch ihren Habitus so überaus charakteristischen Gattungen der Lineiden, die weichen, sich verknäuelnden, schwanzlosen Lineen, die starreren, cylin- drischen, gleichfalls schwanzlosen, sich stets schneckenartig contrahirenden Euborlasien, die weichen, sich verknäuelnden, geschwänzten Mieruren, die starren, sich nie verknäuelnden, sondern wie eine Uhrfeder zusammen- rollenden, geschwänzten, schwimmenden Cerebratulen, denen alle anderen Lineiden (vielleicht Langia ausgenommen) als Niehtschwimmer gegen- überstehen, und ferner die geschwänzten Langien mit dem ausgehöhlten Rücken in eine Gattung vereinigen, weil wir sie im conservirten Zu- stande ihrer inneren Organisation nach nur mangelhaft voneinander trennen können. Diese Gesichtspunkte leiteten mich, alle Lineidengattungen Me In- tosh’s ausser der Gattung Meckelia in die Familie der Lineiden auf- zunehmen. Noch in zwei anderen Fällen habe ich mich betreffs der Anerkennung und Aufstellung einer Gattung von den soeben dargelegten Gesichts- punkten leiten lassen. 396 Systematik. Der eine betrifft Zetrastemma. Diese alte, bereits von Ehrenberg aufgestellte Gattung habe ich nämlich beibehalten, trotzdem Gründe vor- lagen, sie mit Amphiporus zu verschmelzen. Das auffallendste Criterium, welches diese Gattung von Amphiporus trennt, ist der Besitz von vier Augen, die im Viereck zu stehen pflegen. Leider ist aber dieses Merkmal kein durchgreifendes, denn es giebt so- wohl Tetrastemmen, die überhaupt keine Augen besitzen und doch von den Autoren immer wieder dem Genus Tetrastemma zugezählt worden sind, als auch solche, welche nicht vier, sondern sechs oder acht Augen haben; im letzteren Fall findet sich ein jedes einzelne der üblichen vier Augen durch je ein Doppelauge ersetzt. Endlich ist durch den Besitz von vier Augen absolut nicht die Zugehörigkeit einer Metanemertine zum Genus Tetrastemma entschieden; sie könnte auch zur Gattung Nemertopsis, Prosorhochmus, Prosadenoporus u. a. zu stellen sein. Dem Genus Tetrastemma gehört eine vieräugige Nemertine erst dann an, wenn ihr Rhynchocölom bis zum After reicht, ihre Cerebralorgane vor dem Gehirn liegen und sie einen kurzen, gedrungenen Körper besitzt. Damit sind zugleich die Grundzüge einer Gattungsdiagnose von Tetrastemma entworfen, und man ersieht aus ihnen, dass sie sich nicht von derjenigen eines Amphiporus unterscheidet, denn derselbe ist gleich- falls ein Holorhynchocölomier, seine Cerebralorgane liegen bei manchen Formen auch vor dem Gehirn, und obwohl er in der Regel sehr viele Augen besitzt, sind doch Amphiporen bekannt, welche nur wenige, ja nur ein einziges Augenpaar besitzen oder derselben überhaupt ermangeln. Wir coustatiren also, dass die Zahl der Augen bei Amphiporus ganz ausserordentlich variirt, und da erscheint es nicht ausgeschlossen, dass es auch Amphiporen mit vier Augen giebt. Dem ist indess entgegenzuhalten, dass sich bei den Tetrastemmen die Cerebralorgane stets durch eine eigenthümliche, keulenförmige Gestalt auszeichnen, der Rüssel, soviel mir bekannt ist, nie mehr als zwei Reservestiletttaschen hat, deren jede meistens nur ein Paar, seltener je drei oder mehr Reservestilette enthält und, wie es scheint, stets von zehn Nerven innervirt wird. Bei Amphiporus kommen häufig die Reservestiletttaschen und in der Regel die Reservestilette in grösserer Anzahl vor, ebenso sind häufig mehr als zehn küsselnerven vorhanden. Das Blutgefäss- und Excretionsgefässsystem ist in beiden Gattungen ganz überein gebaut. Schliesslich wird man aber diesmal wohl mehr denn je geneigt sein, den Habitus der Tetrastemmen dem der Amphiporen gegenüberzustellen, als Stütze dafür, dass wir in der That zwei Gattungen anstatt einer, beide Formenreihen umfassenden aufzustellen gezwungen sind. In der That, die am meisten bekannten Tetrastemmen vom Typus von T. candidum scheinen uns diese Ueberzeugung geradezu aufdrängen zu wollen. Vergleichen wir diese winzige, öfters mikroskopisch kleine Die Gattungen. 397 Nemertine mit einer der kleinsten der Amphiporen, z. B. A. pulcher, und bedenken wir alsdann, dass wir, wie wir schon andeuteten, nur eine be- liebige Art aus einer grossen Artenreihe (7. flavidum, coronatum, diadema, vermieulus und viele andere) herausgegriffen haben, deren Glieder jener völlig oder fast völlig in ihrem Aeusseren, von der Färbung abgesehen, gleichen, so scheint es uns widernatürlich, sie mit Amphiporus zu ver- einigen. Vergleichen wir indessen eine vieräugige Nemertine von dem Schlage von Tetrastemma vitattum, einer Form, die in ihren Proportionen nur wenig zurückbleibt hinter Amphiporus pulcher, und bedenken wir, dass dieser relativ riesige Vieräuger der Riesenverwandten eine grössere Anzahl be- sitzt und diese Sippe verbunden ist mit dem Volke der vieräugigen Pygmäen durch eine Reihe mittelgrosser Formen, so dass wir die grösste vieräugige Form mit der kleinsten durch Uebergänge, die sich wie Orgel- pfeifen abstufen, verbinden könnten — so erscheint es uns minder un- möglich, sie mit den Amphiporen zu verschmelzen. Trotzdem habe ich mich nicht dazu entschliessen können, die Gattungen Amphiporus und Tetrastemma zusammenzuziehen. Der dritte Fall, wo ich mich bei der Bewerthung der Gattung vom Habitus leiten liess, betrifft die abermalige Abspaltung gewisser Formen von Tetrastemma, nämlich die Wiederaufnahme des Genus Oerstedia Qua- trefages (1846, No. 54). Dasselbe ist mit folgender Diagnose aufgestellt worden: „Duobus restibus nervosis longitudinalibus sublateralibus; ore terminali, corpore eylindrico.“ Dann folgt die Beschreibung von zwei durch vier Augen ausgezeichneten Arten, nämlich ©. maculata und tubicola. Beide Arten sind von Me Intosh als Synonyma von Tetrastemma dorsalis (Abild- gaard, 1788—1806, No. 8) aufgeführt. Diesem Beispiel folgte Joubin (1890, No. 215). Als Oerstedia pallida wurde von Keferstein (1862, No. 97) und Claparede (1362, No. 99) eine bewaffnete Nemertine beschrieben, welche Ötolithenblasen besitzt, die das Gehirn trägt, und 1891 folgte ihnen Du Plessis (No. 225) nach, indem er eine mit Otolithen ausgestattete Metanemertine O. aurantiaca nannte, indessen gleichzeitig vorschlug, für sie das Genus Typhlonemertes einzurichten. Endlich hat Hubrecht (1879, No. 154) zwei mit vier Augen aus- gestattete Nemertinen als Oerstedia vittata und wnicolor beschrieben. Hubrecht giebt die folgende Gattungsdiagnose: „Four eyes, large and well developed as in Amphiporus. Body short and stout; more so than in Tetrastemma. KRespiratory lobe of the ganglion in front of the superior lobe, with which it is in close connection.“ Man ersieht, dass diese Gattungsdiagnose die von Quatrefages festgelegte nicht vervollständigt, sondern von ihr abweicht. Vergleicht man die von Quatrefages als Oerstedien beschriebenen Thiere mit 398 Systematik. denen Hubrecht’s, so überzeugt man sich ferner davon, dass beide einen durchaus verschiedenen Habitus besitzen. Ich will gleich hinzufügen, dass die Cerebralorgane (,respiratory lobe of the ganglion“) nicht mit dem oberen Ganglion verschmolzen, sondern mit dem Gehirn, ebenso wie bei allen übrigen Tetrastemmen, nur mittels Nerven verknüpft sind. Dass die Cerebralorgane vor dem Gehirn liegen, ist aber eine Eigenthümlichkeit aller Angehörigen unserer Gattung Tetra- stemma. Ganz und gar von der Gattungsdiagnose von Quatrefages würde aber diejenige abweichen, welche sich auf die Artbeschreibung der von den genannten Autoren als Oerstedia bezeichneten Otolithenträger stützte. Denn nach Quatrefages besitzen weder O. maculata noch tubicola Oto- lithen. Der Besitz dieser Gebilde ist nach meinen Erfahrungen einer geringen Anzahl von überaus eigenthümlich gebauten Nemertinen eigen, welche nicht mit solchen, denen die Otolithen fehlen, zusammengeworfen werden dürfen. Den Schwerpunkt der Gattungsdiagnose von Quatrefages haben die Autoren in den Satz „duobus restibus nervosis longitudinalibus sub- lateralibus“ verlegt. Aber, soviel ich weiss, hat keiner derjenigen, welcher eine Otolithenträgerin als Oerstedia beschrieben hat, constatirt, dass die Seitenstäimme auffallend sublateral, also am Bauche liegen. Denn Keferstein, der erste Forscher, welcher eine Nemertine mit Ötolithen und diese als Oerstedia pallida beschrieb, sagt nur: „Die Seiten- nerven verlaufen entfernt von den Seiten des Körpers, wie ich es sonst bei keiner von mir beobachteten Nemertine fand, und wie es Quatre- fages als bezeichnend für seine Gattung Oerstedia angiebt.“ In der That, in der von Keferstein gegebenen Abbildung, welche nur das vordere Ende von 0. pallida darstellt, sind die Seitenstämme nach innen gerückt gezeichnet; aber ob sie an den Bauch gerückt sind, ist durchaus nicht erwiesen und mir auch, nach den mir bekannten Oto- lithenträgern zu urtheilen, mehr als zweifelhaft. Hubrecht hat auf die von Quatrefages betonte Lagerung der Seitenstämme keinen Werth gelegt. Vervollständigen wir die für Oerstedia von Quatrefages gegebene Gattungsdiagnose nach der von ihm vor der Behandlung der beiden Oerstedia-Arten ausführlicher wiederholten, so dürfen wir noch hinzufügen: „Capite haud distincto, oculis quatuor quadratim dispositis instructo, cor- pore tereti non proteo“. Diese Diagnose passt in der That vollständig auf den Habitus von etrastemma dorsalis. Indess liegen bei dieser Art die Seitenstämme, wie beliebige Querschnitte lehren, nirgends auffallend sublateral. Indem ich nun davon sicher überzeugt bin, dass Quatrefages für die obengenannte Art und zwei Varietäten derselben ein besonderes (zenus aufstellte, nehme ich an, dass sich der Autor hinsichtlich der Lage der Seitenstämme täuschte. Das ist bei so kleinen Würmern mit relativ Die Gattungen. 899 derber Körperwand, wenn man sie gepresst unter dem Mikroskop be- trachtet, nicht merkwürdig. Querschnitte hat Quatrefages nicht untersucht. Ich hoffe, aus meiner Darstellung geht hervor, dass weder Kefer- stein, noch Hubrecht oder Du Plessis Angehörige der Gattung Oerstedia, auf welche Quatrefages’ Diagnose passt, vor sich gehabt haben, dass Me Intosh und Joubin aber das Genus Oerstedia (Qua- trefages) fallen liessen, indem sie die O. maculata Quatref. und tubicola Quatref. als Synonyma von Tetrastemma dorsalis aufzählten. Es fragt sich nun, ob ein besonderes Genus, welches sich auf solche Formen wie 7. dorsalis stützt, Berechtigung hat, ob diese Nemertine wieder aus dem Genus Tetrastemma herauszulösen und als Oerstedia dor- salis in der Systematik fortzuführen ist. Diese Frage habe ich früher (1895, No. 256) bejahend beantwortet, weil sich die als 7. dorsalis beschriebenen Thiere durch ihren starren, wie mit einer Cutieula umhüllten Körper, der eine nahezu ceylindrische Gestalt besitzt und vorne und hinten zugespitzt ist, ungemein auffällig von den flachen Tetrastemmen unterscheiden. Schon Claparede hat übrigens den Gedanken gehegt, Formen wie T. dorsalıs vom Genus T. zu trennen. 1395 wurde von mir die Gattung Nemertopsis aufgestellt. Sie begreift Prorhynehocölomier in sich, welche im Habitus Eunemertes ähneln, aber vier Augen besitzen, die, wie bei Tetrastenma, im Viereck angeordnet sind. Ueber die seit 1895 neu aufgestellten Gattungen. Diejenigen Forscher, welche sich seit 1895 vornehmlich mit der Systematik der Nemertinen beschäftigt haben, es sind besonders W.R. Coe, D. Bergendal, R. C. Punnett, C. B. Thompson, W. MeM. Wood- worth und E. Isler, hielten an den von Me Intosh und mir unter- schiedenen Gattungen fest. Sie bereicherten aber ausserdem, durch neue Funde veranlasst, die Zahl der bestehenden Gattungen bedeutend. Die Protonemertinen erhielten durch Bergendal*) 1902 einen sehr interessanten Zuwachs durch die Gattung Procarinina, welche ihr Autor als eine der (von mir) construirten Urnemertine entsprechende Form in die Litteratur einführte. Procarinina erweist sich vornehmlich deshalb ursprünglicher als Carinina, weil sie keine Darmtaschen hat. Ausserdem verdanken wir Bergendal”*) 1900 noch die Gattung Callinera, welche Tubulanus nahe steht, aber keine Cerebralorgane besitzt und aus diesem Grunde zu der Gattung Carinoma hinüberzuleiten scheint. Dieselbe Eigenthümlichkeit zeigt die ebenfalls erst jüngst (1900) entdeckte Gattung *) Op. eit., P- 405. =) op. eit., P- 409. 400 Systematik. Carinesta Punnett’s*). Als zweifelhaft und darum von mir nicht berück- sichtigt muss ich indess das Genus Hubrechtella Bergendal bezeichnen. Die Mesonemertinen haben keine Bereicherung an Gattungen er- fahren, dagegen ist die Zahl der Metanemertinengattungen wesentlich erhöht worden. W.R. Coe**) schied 1902 jene parasitischen Nemertinen aus der Gattung Erumemertes aus, welche an den Kiemen, bezugsweise zwischen den Eiern verschiedener Krabben leben, und vereinigte sie in der neu errichteten Gattung Careinonemertes. Goe hat diese merkwürdigen Formen nochmals einer eingehenden Untersuchung unterworfen und seinen Schritt in überzeugender Weise gerechtfertigt. Auch die von Coe***) 1901 neu entdeckte Gattung Paranemertes, welche sich besonders durch ihren ge- drungenen Körper und den Besitz von vier oder mehr Reservestiletttaschen von Eunemertes unterscheidet, ist zu vertreten, dagegen habe ich mich nicht entschliessen können, die Gattung Zygonemertes H. T. Montgomery 1597 7), für welche Coe plädirt, anzuerkennen, da ich darin, dass die Augen die Seitenstämme eine Strecke nach hinten begleiten, keinen der- artigen Unterschied von Amphiporus sehe, dass man Arten mit dieser Eigenthümlichkeit in ein besonderes Genus vereinigen müsste. 1900 beschrieb Bergendal77) als neu die Gattung Gononemertes mit einer Art, welche als Parasit in Phallusia lebt. Sie weicht von ihren Verwandten, als welche die Eunemertiden zu betrachten sind, auffallend ab. Bei ihr münden nämlich Oesophagus und Rüssel, wie bei Malacobdella, durch ein gemeinsames Atrium nach aussen. Ausserdem fehlt ihr der Stilettapparat. H. T.Montgomery7jyy) beschrieb 1897 als Proneurotes eine neue Gattung, welche sich eng an Amphiporus anschliesst, bei der aber das Rhynechocölom fünf ventrale, unpaare, sackartige Ausstülpungen besitzt. W.Me M. Woodworth$) bereicherte 1899 die Gattungen der Meta- nemertinen durch das Genus Planktonemertes, welches freischwimmende Tiefseenemertinen enthält, die sich von Pelagonemertes vornehmlich durch die Gegenwart eines Rückengefässes unterscheiden. Bei den Heteronemertinen haben beide Unterfamilien der Li- neidae eine wesentliche Vermehrung der Gattungen erfahren. Unter den Lineinae sind neu beschrieben worden die Gattungen Parapolia 1895 von W. R. Coe (No. 253) und Oxypolia 1901 von *) op. eit., p. 411. **) op. cit., p. 419. *#) op. cit., p. 423. 7) Montgomery, H. Thos., Dreseription of new Metanemerteans, with Notes on other species. In: Zool. Jahrb. Syst., 10. Bd., p. 2. ff) op. eit., p. 422. tif) op- eit., p. 432. S) op. eit., p. 441. Die Gattungen. 401 C. R. Punnett*). Beiden fehlen die Kopfspalten; untereinander sind diese kleinen Formen besonders durch die Gestalt des Kopfes verschieden. Unter den Mierurinae sind jüngeren Datums die Gattungen Valen- cinura 1902 von D. Bergendal**), Zygeupolia 1901 von B. C. Thomp- son***) und Micrella 1901 von C.R. Punnett‘f). Valencinura ist eine typische Lineide, bei welcher, wie bei Valeneinia, die Rüsselöffnung sehr weit nach hinten verlagert ist. Zygeupolia und Mierella sind besonders interessante Formen, da bei ihnen Seitenorgane entdeckt wurden. Erstere entbehrt der Kopfspalten und stimmt darin mit Valeneinura überein. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts sind vom Verfasser im Auf- trage der Deutschen Zoologischen Gesellschaft die recenten Nemertinen nochmals eingehend revidirt worden. Dadurch haben sich infolge der strengen Durchführung der von der genannten Gesellschaft aufgestellten Regeln für die Nomenclatur verschiedene Namensänderungen auch bezüg- lich der Familien, Unterfamilien und Gattungen ergeben. In den folgenden Abschnitten (4 und 5) bringe ich die Nemertinen in dem systematischen Gewande, welches sie im „Thierreich“ tragen TT)- Wo Namensänderungen stattgefunden haben, sind die in den vorauf- gehenden Abschnitten dieses Buches gebrauchten Bezeichnungen in Klammern hinzugefügt. Uebersicht der Veränderungen: In diesem Buche: Fam. Carinellidae. Gen. Carinella. Fam. Eunemertidae. Gen. Eunemertes. Fam. Tetrastemmatidae. Gen. Tetrastemma. Fam. Eupolidae. Gen. Eupolia. (ren. Valeneinia. Subfam. Amicrurae. Subfam. Micrurae. (Gen. Langia. #) op. eit., p. 448. ) op. eit., p. 451. *#) op. cit., p. 452. j) op. eit., p. 448. f Bürger, O., Nemertini. In: Berlin 1904. Bronn, Klassen des "Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. Im Thierreich: Fam. Tubulanidae. Gen. Tubulanus. Fam. Empleetonematidae. Gen. Emplectonema. Fam. Prostomatidae. Gen. Prostoma. Fam. Baseodiscidae. Gen. Baseodiseus. Gen. Joubinia. Subfam. Lineinae. Subfam. Mierurinae. Gen. Diplopleura. „Das Thierreich*‘. 20. Lie. pag. 1—151. 1° (er) 402 Systematik. 4. Uebersicht der Ordnungen, Familien und Gattungen in Ueber- einstimmung mit dem „Thierreich“, unter Hinzufügung der seit 1900 neu hinzugekommenen Gattungen. Nemertini. 1. Ord. Protonemertini Bürg. 1. Fam. Tubulanidae (Carinellidae Me Int.). (ren. 1. Procarinina Bgdl., 2. Carinina Hubr., 3. Tubulanus Ren. (Carinella Johnst.), 4. Callinera Bedl., 5. Carinesta Punnett. 2. Fam. Hubrecehtiidae Büre. (en. 1. Hubrechtia Bürg. G 2. Ord. Mesonemertini Bürg. 1. Fam. Carinomidae Büreg. Gen. 1. Carinoma Oudem. 2. Fam. Cephalotrichidae Me Int. Gen. 1. Cephalothrix Verst. 3. Ord. Metanemertini Bürg. A. Subord. Prorhynchocoelomia Bürg. 1. Fam. Emplectonematidae (Nemertidae Hubr., Eu- nemertidae Joub.). Gen. 1. Emplectonema Stimps. (Eunemertes L. Vaill.), 2. Oarcinonemertes Coe, 3. (romonemertes Bedl., 4. Paranemertes Goe, 5. Nemertopsis Bürg. 2. Fam. Ototyphlonemertidae Bürg. Gen. 1. Ototyphlonemertes Dies. B. Subord. Holorhynchocoelomia Bürg. 1. Fam. Prosorhochmidae Büre. Gen. 1. Prosorhochmus Kef., 2. Prosadenoporus Bürg., 3. Geonemertes ©. Semp. 2. Fam. Amphiporidae Me Int. Gen. 1. Amphiporus Ehrbe., 2. Proneurotes Montgom. 3. Fam. Drepanophoridae Vermill. Gen. 1. Drepanophorus Hubr. 4. Fam. Prostomatidae (Tetrastemmatidae Hubr.). Gen. 1. Prostoma Ant. Dug. (Tetrastemma Ehrbg.), 2. Oerstedia (uatr., Stichostemma Montgom. 5. Fam. Neetonemertidae Verrill. (en. 1. Nectonemertes Verrill, 2. Hyalonemertes Verrill. 6. Fam. Malacobdellidae E. Blanch. Gen. 1. Malacobdella Blainv. Ordnungen, Familien, Gattungen. 4053 7. Fam. Pelagonemertidae Moseley. Gen. 1. Pelagonemertes Moseley, 2. Planktonemertes Woodworth. 4. Ord. Heteronemertini Bürg. 1. Fam. Baseodiscidae (Eupoliidae Hubr.). (Gen. 1. Baseodiscus Dies. (Eupolia Hubr.), 2. Poliopsis Joub., 3. Joubinia Bürg. (Valenceinia Quatr.). 2. Fam. Lineidae Me Int. A. Subfam. Lineinae (Amicrurae Bürg.). Gen. 1. Parapolia Coe, 2. Oxypolia Punnett, 3. Eubor- lasia L. Vaill., 4. Lineus J. Sow. B. Subfam. Mierurinae Joub. (Mierurae Bürg.). Gen. 1. Valeneinura Bedl., 2. Zygeupolia B. Thomps., 3. Micrella Punnett, 4. Micrura Ehrbg., 5. Cerebra- tulus Ren., 6. Diplopleurs Stimps. (Langia Hubr.). 5. Kennzeiehnung der Ordnungen, Unterordnungen, Familien und Gattungen. Nemertini. Körper in der Regel langgestreckt, walzenförmig oder mehr oder minder abgeplattet; sehr selten mit Anhängen, häufig mit einem deutlich von dem übrigen Körper (Rumpf) abgesetzten Vorderabschnitt (Kopf). Körperwand ungegliedert, aber mitunter, besonders im mittleren und hinteren Körperabschnitt, ziemlich regelmässig geringelt; Haut mit einem drüsenreichen Wimperepithel. Eine Leibeshöhle fehlt; alle Organe sind in ein gallertartiges Mesenchym eingebettet. Das Centralnervensystem besteht aus zwei durch laterale Commissuren verbundenen Ganglienpaaren (Gehirn), von denen eines dorsal, das andere ventral vom Rhynchocölom gelegen ist, und aus einem von den ventralen Ganglien abgehenden Paar Nervenstämmen, die lateral oder ventral, aber immer voneinander getrennt, bis zum After verlaufen, wo sie durch eine Commissur vereinigt sind. Mit den dorsalen Ganglien ist in der Regel ein Paar Sinnesorgane eigener Art (Cerebralorgane) verbunden oder verschmolzen. Augen sind oft vorhanden; Statocysten sind selten. Am Vorderende des Kopfes liegt häufig ein zurückziehbarer Sinneskügel (Frontalorgan), auf dem eine Drüse (Kopfdrüse) ausmündet. Oft ohne besondere Mund- öffnung, aber stets mit Afteröffnung; der. Darm ist gerade, nie verästelt, aber häufig mit seitlichen Taschen versehen. Mit schlauchartigem, nach aussen durch eine eigene Röhre (Rhynchodäum) und Oeffnung vorstülp- barem Rüssel, der vom Darm gesondert ist und in einer besonderen, über dem Darm liegenden, völlig geschlossenen Höhle (Rhynchocölom) ruht. Mit geschlossenem Blutgefässsystem, das aus zwei oder drei miteinander verbundenen längsverlaufenden Hauptgefässen besteht. 26* 404 Systematik. Ein Exeretionsgefässsystem fehlt nur ausnahmsweise; es besteht aus zwei, seltener zahlreichen, reich verzweigten Nephridialeanälen, deren ge- schlossene, mit einer Wimperflamme ausgestattete Enden häufig in die Blutgefässe hineinragen. Die Geschlechtsorgane sind einfache, meist regelmässig mit den Taschen des Darmes abwechselnde Säcke (Geschlechts- säcke), die unmittelbar nach aussen münden. Die Geschlechter sind getrennt, nur selten zwitterig. — In der Regel eierlegend, selten lebendiggebärend. Entwickelung direct oder indireet (durch Pilidium und Desor’sche Larve). Die Nemertinen zerfallen in 4 Ordnungen, 15 Familien, 41 sichere und 11 fragliche Gattungen, 406 sichere Arten, von denen 10 in 23 Unter- arten gespalten sind, und 108 unsichere Arten, von denen bei einer 2 Unterarten unterschieden werden. Uebersicht der Ordnungen: Mit Stiletten und Blinddarm; Mund vor dem Gehirn, meist mit der Rüsselöffnung zu- eammenfallend: Seitenstämme innerhalb des Hautmuskelschlauches (Fig. LVO); Cere- bralorgane vorhanden . . . » „2... .83. Ord. Metanemertini . . p. 417. Ohne Stilette und Blinddarm; Mund hinter dem Gehirn und stets von der Rüsselöffnung getrennt — 2. Mit Cutis; Seitenstämme im dreischichtigen | ES KEhlaneh (Fig. a Cerebral- 2 organe vorhanden. . . . .. - .... 4. Ord. Heteronemertini. . p. 442. lo Cutis — 3. Seitenstäimme ausserhalb des Hautmuskel- schlauches (Fig. LV); Cerebralorgane vor- handen ,. 7: mi a0 202 0% 1, Ord Protonemertinir. op Seitenstäimme im zweischichtigen Haut- | muskelschlauch (Fig. De Cerebralorgane fehlen? 1 SEE nn.» 2. Ord. Mesonemertin! = p7215: 1. Ord. Protonemertini Bürger. (1892, No. 226, p. 139.) Gehirn und Seitenstämme liegen ausserhalb des Hautmuskelschlauches, entweder im Epithel (Fig. LV.), = Epithel oder unter der Grundschicht. - Ringmuskelschicht ö R . - Längsmuskelschieht Die Körperwand baut sieh auf x aus dem Epithel, der Grund- -—— Rhynehocölom B schicht, der nach aussen ge- legenen Ring- und der nach innen gelegenen Längsmuskel- schicht; zwischen die beiden Schichten des Hautmuskel- Seiten- F# stamm E# Carinina (Protonemertini). schlauches schiebt sich in der Schematischer Querschnitt. k : - a ! Regel noch eine Diagonal muskelschicht ein. Die Mundöffnung befindet sich hinter dem Gehirn. Ein Blinddarm fehlt. Der Rüssel besitzt keine Stilette. Protonemertini. 405 Meeresthiere. Freilebend. 2 Familien, 6 Gattungen, 25 sichere und 1 unsichere Art. Uebersicht der Familien: Ohne Rückengefäss . . . . 1. Fam. Tubulanidae . p. 405. Mit Rückengefäss . . . . 2. Fam. Hubrechtiidae p. 412. 1. Fam. Tubulanidae (Carinellidae, Me Intosh 1874, No. 125, p. 137). Die Cerebralorgane, welche nur ausnahmsweise fehlen, stellen epithe- liale Grübchen oder Canäle vor. Häufig mit Seitenorganen. Gehirn und Seitenstämme liegen im Epithel oder unter der Grundschicht. Das Epi- thel ist sehr hoch und vollgepfropft von Paketdrüsenzellen; die Grund- schicht ist homogen und besitzt ein gallertartiges Aussehen. Die innere Ringmuskelschicht ist sehr stark entwickelt. Ein Rückengefäss fehlt. Häufig sind Rhynchocölomgefässe vorhanden. Die Nephridialeanäle sind annähernd so geräumig wie die Seitengefässe. Nördliches und südliches Eismeer, nord- und südatlantischer Ocean und nord- und südpacifischer Ocean. 5 Gattungen, 24 sichere und 1 unsichere Art. Uebersicht der Gattungen: f Seitenstämme im Epithel — 2. \ Seitenstäimme zwischen Grundschieht und Hautmuskelschlauch — 3. „S Mitteldarm ohne Taschen. . . . ».. 2... 2.. 1. Gen: Procarınina p. 400. WMitteldarn mit: Taschen 20. Na sur Gen.) Corinna pl 406% „SMit Cerebralorganen ........2. 20.02.20 20202 8. Gen. Tubulanus . p. 407, \ Ohne Cerebralorgane — 4. Mit Diagonalmuskelschicht zwischen Ring- und Längs- muskelschicht des Hautmuskelschlauches . . . . 4. Gen. Callinera . p. 409. Ohne Diagonalmuskelschicht zwischen Ring- und Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauches . . 5. Gen. Carinesta . p. 411. 1. Gen. Procarinina Bergendal*). Diese Gattung begründet sich auf nur eine Art (P. atavia Bedl.), welche einen weisslichen, 10—20 mm langen und 0,25—0,5 mm dicken Wurm vorstellt. Der Kopf ist vom Rumpfe abgesetzt und etwas schmäler als die unmittelbar folgende Körperresion. Beim ruhenden Thier hat der Kopf eine elliptische Form, beim kriechenden indess die eines Rechteckes. Procarinina stimmt mit Carinina vor allen Dingen in folgenden Punkten überein: Gehirn und Seitenstämme liegen im Epithel. Die Cerebralorgane stellen epitheliale Canäle vor. Ein Rückengefäss fehlt. Die hauptsächlichsten Unterschiede zwischen Procarinina und Carınına *) Bergendal, D., Zur Kenntniss der nordischen Nemertinen. In: Zoolog. Anz. Bd. 25, p. 421—432, 1902. 406 Systematik. dagegen sind: Der Mitteldarm von Procarinina entbehrt der Taschen. Ausserdem sind die Drüsenzellen, mit denen das Epithel stark vollge- pfropft ist, nicht bündelartig wie bei Carinina angeordnet, und nur selten vereinigen sich einige Drüsenzellen, um gemeinsame Ausführgänge zu bilden. Nordsee (Westküste von Schweden |Cristineberg)]). Tiefe 594—65 m. 1 Art. 2. Gen. Carinina Hubrecht*). Taf. IV, Fig. 14. — Taf. VIII, Fig. 2. Ueber die Körperform dieser wichtigen Gattung lässt sich leider nichts aussagen, da uns bis heute nur drei in Weingeist conservirte Bruchstücke (theilweise mit Kopf) bekannt sind. Indessen lässt sich aus den Fragmenten schliessen, dass es sich bei den beiden bisher auf- gefundenen Arten um ziemlich dieke Würmer handelt, die wahrscheinlich im Habitus Tubulanus polymorphus gleichen. Diejenige Art (C. grata), auf welche diese Gattung begründet wurde, ist von der Öhallenger-Expedition gesammelt und von Hubrecht be- schrieben worden. Eine zweite Art (C. antarctica) befand sich unter der Ausbeute der „Belgica“ und wurde zur Zeit von mir”*) veröffentlicht. Das Epithel von Carinina ist ausserordentlich hoch und in der vorderen Körpergegend dieker als der Hautmuskelschlauch. Es ist voll- gepfropft von Paketdrüsenzellen. Der Hautmuskelschlauch setzt sich aus einer Ring- und Längsmuskelschicht zusammen. In der Gegend der Nephridien schiebt sich noch eine Diagonalmuskelschicht zwischen jene beiden Muskelschichten ein. Ausserdem ist eine mächtig entwickelte innere Ringmuskelschieht vorhanden. Muskelfaserkreuze fehlen. Auffällig ist die sehr geringe Entwickelung von Leibesparenchym in der vorderen Körpergegend. Der Mund, eine feine, rundliche Oeffnung, liegt ziemlich dicht hinter dem Gehirn. Der Vorderdarm ist anfangs geräumig, innerhalb des inneren Ringmuskelcylinders verengt er sich dann sehr bedeutend. Der Mitteldarm besitzt Taschen, die freilich nur wenig tief sind. Es sind nur zwei Seitengefässe vorhanden, die im Vorderkörper innerhalb des inneren Ringmuskeleylinders und in der Gegend der Ne- phridien in der Wand desselben verlaufen. Die Nephridien stellen ein Paar geräumiger Canäle dar, die gleichfalls in die Wand des inneren Ringmuskeleylinders eingeschlossen sind. Jedes Nephridium besitzt nur einen Ausführgang, der am Hinterende desselben entspringt und die Körperwand oberhalb der Seitenstämme *) 1885, No. 189, p. 830. — 1837, No. 204, p. 5. — 1895, No. 256, p- 512. **) Bürger, Otto, Nemertinen. In: Resultats du Voyage de 8. Y. Belgica en 1897—1899. Zoologie. Anvers 1904. Mit 10 8. u. 2 Taf. Protonemertini. 407 durchbohrt. Jedes Nephridium besitzt in seiner vorderen Hälfte eine überaus reiche und dichte Verzweigung, welche sich in das Blutgefäss hineinbohrt. Das Rhynehodäum ist von einem Drüsenzellepithel ausgekleidet. Das Rhynehocölom besitzt nur einen sehr dünnen, lediglich aus Ringfibrillen bestehenden Muskelschlauch. Zwischen Rhynchocölom und Vorderdarm ist eine dünne, aus Längsfasern bestehende Muskelplatte ausgespannt. Die Wand des Rüssels verhält sich wie bei Tubulanus (Taf. VIIL, Fig. 4). Die beiden Gehirnhälften liegen einander genähert, hauptsächlich in der unteren Hälfte des Kopfes. Das Cerebralorgan stellt einen rein epi- thelialen, von vorn nach hinten verlaufenden und bis auf die Grundschicht eindringenden Canal dar, welcher vom hinteren Zipfel des dorsalen Gang- lions aus innervirt wird. Frontalorgan und Kopfdrüse fehlen. Desgleichen wurden Augen ver- misst. Bei Carinina grata fehlt ein Seitenorgan, dagegen besitzt C. ant- aretica in der vorderen Körpergegend jederseits einen breiten, drüsenzell- freien Epithelstreifen, der als ein bandförmig verlängertes Sinnesorgan gedeutet werden muss (Taf. XXI, Fig. 1). Getrenntgeschlechtlich. 2 Arten. C. grata. Nordatlantischer Ocean, zwischen den Bermudas - Inseln und Halifax [Neuschottland]. Tiefe 2267—2450 m. % ©. antarctica. Südliches Eismeer (70° südl. Br., 30° 48° westl. Lg.). Tiefe 500 m. 3. Gen. Tubulanus Renier*) (Oarinella Johnston”). Naf-EoRie 200,12. — Tar>IV,.Kie.2.u: 12 Körper bindfadenartig, meist walzenförmig. Kopf scharf vom Rumpf abgesetzt, scheibenförmig und nicht völlig zurückziehbar. Nach der Festigkeit des Körpers kann man zwei Gruppen unterscheiden: Tubulanus- Arten mit sehr weichem Körper, der am Bauche ein wenig abgeplattet ist, und andere, deren Körper ziemlich starr, als wäre er mit einer Cuti- cula bedeckt, aussieht. Letztere sind völlig drehrund. Der Kopf ist wesentlich breiter als das unmittelbar folgende Rumpf- stück. Das Schwanzende ist nicht stark verjüngt und endigt schliesslich zugespitzt. | Die Kopffurchen sind sehr auffallend und schneiden zwischen Kopf und Rumpf seitlich quer in den Körper ein, das gesonderte Hervortreten des Kopfes bewirkend. Dicht hinter den Kopffurchen bemerkt man an der Bauchseite den Mund, welcher stets nur eine sehr kleine, rundliche *) 1804, No. 15, p. 20. ##) 1833, No. 35, p. 232. — 1874, No. 125, p. 203. — 1895, No. 256, p. 515. 408 Systematik. bis längliche, etwa 1 mm im längsten Durchmesser besitzende Oeffnung darstellt. Subterminal ventral an der Kopfspitze vermag man auch die küsselöffnung als sehr feinen, kurzen Schlitz zu constatiren. Die Tubulanus-Arten der ersten Gruppe entbehren in der Regel der Zeichnung, die der zweiten hingegen sind durch eine solche gekenn- zeichnet. Die Zeichnung besteht zumeist aus weissen Ringeln, die in geringeren oder weiteren Abständen aufeinanderfolgen, und weissen Längs- linien, die an den Seiten, am Rücken oder auch am Bauche vom Kopfe bis zum Schwanzende entlanglaufen. Die vorherrschende Grundfarbe varlirt zwischen Roth und Braunroth. Das Epithel ist viel höher als im Allgemeinen bei den Nemertinen und reich an Paketdrüsenzellen (Taf. III, Fig. 1 u. 3). Der Hautmuskel- schlauch ist durch eine in der Regel stark entwickelte, zwischen Ring- und Längsmuskelschicht gelagerte Diagonalmuskelschicht ausgezeichnet. In der Vorderdarmregion kommt die innere Ringmuskelschicht hinzu, die in der Regel am Rücken, seltener auch am Bauche, ein Muskelfaserkreuz mit der äusseren Ringmuskelschicht bildet. Das Rhynchocölom ist im Verhältniss zur Länge des Körpers kurz, da es sich nieht über das vordere Körperdrittel hinaus nach hinten er- streckt. Der Rüssel ist ebenfalls kurz und überdies schmächtig. Er zerfällt in eine vordere, dickere und eine hintere, dünnere Hälfte, die ziemlich scharf gegeneinander abgesetzt sind. Seine Wand besitzt eine äussere Längs- und eine innere Ringmuskelschicht (Taf. VIII, Fig. 4). Muskelfaserkreuze vermissen wir. Stilette fehlen. Das Blut eireulirt in je einem Seitengefäss, die im Kopf- und Schwanzende miteinander ver- bunden sind. Von diesen spalten sich oftmals in der Vorderdarmgegend zwei Gefässe ab, die seitlich im Rhynchocölom verlaufen und von uns als Rhynchocölomgefässe bezeichnet wurden. Schlundgefässe sind vor- handen, aber in der Regel wenig ausgebildet. Die Nephridien befinden sich hinter den Rhynchocölomgefässen. Jedes Nephridium stellt einen sehr geräumigen, aber kurzen Canal dar, der nur einen, von seinem hinteren Ende abgehenden Ausführgang besitzt, welcher oberhalb der Seitenstämme die Körperwand durchbricht. Die Nephridien sind auf die mittlere Vorderdarmgegend beschränkt. Die beiden Gehirnhälften liegen weit auseinander. Die dorsalen Ganglien sind klein (Taf. V, Fig. 1). Das Gehirn befindet sich unmittel- bar unter der Grundschicht. Die Seitenstämme verlaufen zwischen Grund- schicht und Hautmuskelschlauch ziemlich genau seitlich im Körper. Es sind zwei hückennerven vorhanden; der obere verläuft dicht unter der Grundschicht, der untere dicht auf der Ringmuskelschicht des Rhyncho- cöloms. Das Schlundnervenpaar spaltet sich von den ventralen Ganglien ab, erstreckt sich nicht weit über den Mund nach hinten hinaus und commissurirt vielfach mit dem Gehirn, bezw. den Seitenstämmen. Der hüssel empfängt zwei Nerven, die an der Innenfläche der ventralen Ge- Protonemertini. 409 hirncommissur entspringen und einander gegenüber zwischen Ringmuskel- und Papillenschicht verlaufen. Die Cerebralorgane sind winzige epitheliale Grübehen oder kurze, von vorn nach hinten verlaufende epitheliale Canäle, die von den dor- salen Ganglien innervirt werden. (Gelegentlich stellen die Gerebralorgane innerhalb des Epithels scharf abgegrenzte, kugelige Körper vor; es ist dies der Fall, wenn der Öerebralcanal besonders reichlich von Ganglien- zellen und Drüsenzellen eingehüllt ist. Augen fehlen. Dagegen scheinen bei fast allen Arten in der Gegend der Nephridialporen ein Paar con- tractile Sinneshügel vorzukommen, die ich Seitenorgane nannte. Sehr selten ist eine Kopfdrüse vorhanden, und wahrscheinlich fehlt allgemein ein Frontalorgan. Die Geschlechtsproduete entstehen nicht in präformirten Taschen, sondern im Leibesparenchym. Ihre Ballen sind nicht metamer ange- ordnet. Bei geschlechtsreifen Thieren ist gelegentlich die mittlere und hintere Körpergegend von ihnen derart vollgepfropft, dass sie zu mehreren übereinander liegen. Jeder Ballen, den eine eigene Membran umschliesst, besitzt einen besonderen Ausführgang. Die Ausführgänge durchbrechen die Körperwand oberhalb der Seitenstämme. Die (reschlechtsporen bilden häufig jederseits mehrere Längsreihen. Innerhalb dieser hat sich das Epithel der Haut histologisch wesentlich verändert, indem es fast völlig drüsig geworden ist. Nördliches Eismeer (Grönland, König-Karls- Land). Atlantischer Ocean (Norwegen, Schweden, Grossbritannien, Frankreich, Madeira, Ost- küste der Vereinigten Staaten [Connecticut], Cap der guten Hoffnung). Pacifischer Ocean (Südküste von Alaska, Californien, Magalhaes-Strasse). Tiefe 0,5—80 m. 19 sichere und 1 unsichere Art. 4. Gen. Callinera Bergendal*). . Begründet sich auf nur eine Art. Dieselbe repräsentirt eine kleine, 20-50 mm lange und 0,5—1l mm dicke Nemertine von rein weisser Färbung mit auffallend langem, spitzem und durchscheinendem Kopfe, der nicht vom Rumpf abgesetzt und nicht verbreitert ist. Vorn ist der Körper rundlich, hinten dagegen etwas abgeplattet. Das Hinterende wird fast immer eingerollt gehalten. Das Epithel ist reich an Paketdrüsen. Gehirn und Seitenstämme lagern zwischen Grundsehieht und Hautmuskelschlauch. Das Gehirn und *, Bergendal, D., Ueber ein paar eigenthümliehe nordische Nemertinen. In: Zool. Anz. Bd. 23, p. 313—328, 1900. Derselbe, Callinera bürgert Bgdl. In: Lund’s Universitets Arsskrift. Bd 36 u. 37, 1900 u. 1901. Mit 116 S. u. 2 Taf. Derselbe, Ueber die Nemertinengattung Callinera Bgdl. In: Verhandlg. V. Inter- nat. Zool. Congr. Berlin, 1901—1902. p. 1—11, tab. 1—2. 410 Systematik. insbesondere die dorsalen Ganglien sind verhältnissmässig grösser als bei Tubulanus; die ventralen Ganglien sind näher zusammengerückt, und daher ist die ventrale Commissur kürzer als bei der vorhergehenden Gattung. Der Schlundnerv entspringt, wie allgemein, paarig, und zwar an der Unterseite der ventralen Ganglien; beide Nervenstämme vereinigen sich aber in der Medianebene, einen unpaaren Nerven erzeugend, der sich nach hinten fortsetzt. Callinera bürgeri Bgdl. Querschnitt aus der Vorderdarmgegend. Es bedeuten: bgf Seitengefäss, da Vorderdarm, ep Epithel der Haut, grs Grundschicht, lagr Verdiekung der Grundschicht längs der Seitenstämme, Zm Längsiuskelschicht, nst Seitenstamm, orn oberer Rückennerv, rch Rhynchocölom (den Rüssel zweimal geschnitten enthaltend), rems Musculatur des Rhynchocöloms, rdm Ringmuskelschicht. Nach D. Bergendal. Seitenorgane sind vorhanden, dagegen fehlen Cerebralorgane. Der Hautmuskelschlauch besteht aus Ring-, Diagonal- und Längsmuskelschicht. Das Rhynchocölom, welches bedeutend länger ist als bei Tubulanus, ver- liert im zweiten Drittel des Körpers seine dorsale Museulatur. Seine seitliche und ventrale Wand wird indess von einer überaus mächtigen Schicht bogenförmiger Muskelbänder gebildet. Im Rüssel sind die Längs- muskelfibrillen in vier Bündeln angeordnet. Schlund- und Rhynchocölom- gefässe fehlen. Die Seitengefässe lagern in der vorderen Vorderdarm- gegend über dem Darme. Die Nephridien sind weite, kurze Canäle, welche sehr viel weniger Zweige besitzen als bei Tubulanus. Jedes Ne- phridium hat einen Ausführgang, der von seinem hinteren Ende entspringt und die Körperwand dorsal durchbricht. Die Mundöffnung ist sehr klein und befindet sich dieht hinter dem Gehirn. Geschlechter getrennt. Nordsee (Westküste von Schweden [Cristineberg]). Tiefe 54—63 m. 1 Art. Protonemertini. 411 5. Gen. COarinesta 6. R. Punnett*). Taf» XXI, E19 2 00% Begründet sich auf nur eine Art, von der zwei Weingeistexemplare beschrieben worden sind. Das grössere derselben war 160 mm lang und 2,5 mm diek. Färbung: rothbraun; eine Zeichnung fehlt. Das Epithel ist verhältnissmässig niedrig und enthält keine Paket- drüsen, sondern nur einzeln lagernde, spindelförmige Drüsenzellen. Eine Kopfdrüse fehlt. Die äussere Ringmuskelschicht ist dünn, die Längs- muskelschicht dagegen stark entwickelte Die Diagonalmuskelschicht wurde vermisst. Dagegen ist eine innere Ringmuskelschicht, wenn auch von mässiger Dicke, vorhanden. Besonders bemerkenswerth ist es, dass das Rhynchocölom in der vorderen Vorderdarmgegend dorsal und ventral durch je eine sehr dicke Muskelplatte, die aus Längsfasern besteht, begrenzt wird. Jede Muskel- platte lässt eine Zusammensetzung aus zwei gleichen Hälften erkennen. Ferner wird der Vorderdarm unmittelbar von einer ganz ausserordentlich stark entwickelten Längsmuskelschieht rings eingeschlossen. Dieser Cy- linder wird von der inneren Ringmuskelschicht durchbrochen, so dass sich die Längsmuskelschicht, welche dem Vorderdarm auflagert, inner- halb, diejenige indess, welche den Vorderdarm seitlich und unten um- fasst, ausserhalb des inneren Ringmuskeleylinders befindet. Bereits in der Gegend der Nephridien ist die den Vorderdarm umgebende Längs- muskelschicht verschwunden, während die innere Ringmuskelschicht sich erhalten hat. An Stelle der dorsalen und ventralen Längsmuskelplatten besitzt die Rhynchoeölomwand deren je eine seitliche; überdies ist das Rhynehoeölom von einer eigenen Ringmuskelschicht umgeben. Der Mund befindet sich dicht hinter dem Gehirn und stellt eine elliptische, geräumige Oeflinung dar. Der Darm soll der Taschen ent- behren. Das Rhynchodäum besitzt ein Drüsenepithel. Der Rüssel ver- hält sich wie bei Tubulanus. Es giebt nur zwei Seitengefässe, welche sich im Kopfe vereinigen und einem dorsalen und ventralen, über und unter dem Rhynchodäum verlaufenden Grefäss den Ursprung geben, welche aber bereits vor dem Gehirn endigen, nachdem sie eine Reihe von Commissuren mit den Seitengefässen gebildet haben. Rhynchocölomgefässe fehlen, dagegen existiren Schlundgefässe in geringer Entwickelung. Die Exeretionsgefässe gleichen denen von Tubulanus, aber sie sind bedeutend weiter nach hinten verschoben, als dort. Das Gehirn ist durch zwei dorsale und zwei ventrale Commissuren ausgezeichnet. Aus der hinteren ventralen Commissur entspringen die Schlundnerven, welche wie bei Tubulanus verlaufen. *), Punnett, C. R., On some South Pacifie Nemertines colleeted by Dr. Willey. In: A. Willey's Zoologieal Results. Part V (Cambridge University Press). 1900. p. 569 bis 584, tab. 57—61. 412 Systematik. Es fehlen: Cerebralorgane, Seitenorgane, Augen und Frontalorgan. Neu-Pommern. 1 Art. 2. Fam. Hubrechtiidae Bürger. (1892, No. 226, p. 146.) Die Cerebralorgane sind kugelige Gebilde, die innerhalb der Körper- wand liegen und in die Seitengefässe hineinragen. Seitenorgane fehlen. Gehirn und Seitenstämme liegen unter der Grundschicht. Das Epithel ist niedrig und enthält anstatt der Paketdrüsenzellen reichlich Flaschen- drüsenzellen. Die Grundschicht ist reticulär. Die Nephridialcanäle sind eng. Mit Rückengefäss. Die innere Ringmuskelschicht ist sehr schwach entwickelt. Mittelmeer. 1 Gattung mit 1 Art. 1. Gen. Hubrechtia Bürger *). Tal, Biel: Vorderende dünn und walzenförmig, Mitte und Hinterende breit und plattgedrückt. Kopf klein, rautenförmig und vom Rumpf abgesetzt. Die einzige Art dieser Gattung ist vorn weisslich, hinten rostfarben und wird bis 250 mm lang und in der Mitteldarmgegend bis 4 mm breit. Das Epithel ist sehr viel niedriger als bei Tubulanus; es enthält keine Paketdrüsen, aber reichlich solche Flaschendrüsenzellen, wie sie charakteristisch für die Lineiden sind. Das Epithel stützt sich auf eine feine Basalmembran, und zwischen dieser und dem Hautmuskelschlauch findet sich eine überaus mächtige, reticuläre Schicht entwickelt, welche sehr reich an Ganglienzellen und Nervenfasern ist, aber auch vereinzelte subepitheliale Drüsenzellen enthält (Taf. III, Fig. 12). Der Hautmuskelschlauch besteht wie bei Tubulanus aus einer äusseren Ring- und einer inneren Längsmuskelschicht, aber es fehlt eine Diagonal- muskelschicht. Der Mund befindet sich unter den Cerebralorganen und stellt eine kleine, rundliche Oeffnung vor. Der Mitteldarm besitzt tiefe Taschen. Das Rhynchocölom ist sehr kurz und nimmt nieht mehr als ein Viertel der gesammten Länge des Körpers ein. Der Rüssel ist dem- entsprechend kurz und dünn. Sein Muskelschlauch besteht aus einer mächtigen äusseren Längs- und einer dünnen inneren (an das hohe, drüsige Epithel grenzenden) Ringmuskelschicht. In der Vorderdarmgegend findet sich eine dünne, Rhynchoeölom und Vorderdarm umfassende, innere Ring- muskelschicht vor, dagegen treten in der Mitteldarmgegend dorsoventrale Muskelzüge wie bei den Heteronemertinen auf. Ausser den beiden Seitengefässen ist ein Rückengefäss vorhanden. Die Seitengefässe besitzen in der Gegend des Vorderdarms eine enorme *) 1892, No, 226, p. 146. — 1895, No. 256, p. 531. Mesonemertini. 415 Ausdehnung: sie umfassen den Darm seitlich völlig und reichen bis an das Rhynchocölom hinauf; am Bauche sind die beiden weiten (refässe nur durch ein schmales Muskelband voneinander getrennt. Das Rücken- gefäss wölbt sich nirgends in das Rhynchocölom hinein, sondern verläuft zuerst in seiner Wand, später unter ihm. Die Nephridien stellen in der mittleren Vorderdarmgegend ein verzweigtes, aber wenig ausgedehntes Canalsystem vor. Die Verzweigungen befinden sich an der grossen Fläche der Aussenwand der Seitengefässe. Der Nephridialcanal besitzt nur einen Ausführgang, der unmittelbar über dem Seitenstamm die Körper- wand durchbricht. Merkwürdigerweise habe ich das Nephridium nur an einer Seite aufgefunden. Das Gehirn ähnelt dem von Tubulanus. Der Ganglienzellbelag von Gehirn und Seitenstämmen fliesst gewissermassen in die retieuläre Schicht aus, in der das Centralnervensystem eingebettet ist. Von den Median- nerven existirt nur der obere Rückennerv. Die Schlundnerven bilden an den seitlichen Mundwänden eine Schicht. Die Cerebralorgane liegen hinter dem Gehirn über dem Munde und sind mit dem Gehirn durch starke Nerven verbunden. Ihre hinteren Enden ragen in die erweiterten Seitengefässe hinein. Kopfdrüse und Frontalorgan fehlen. Indessen ist die Kopfspitze mit subepithelialen Drüsenzellen angefüllt, welche nach Art der Cutisdrüsenzellen der Hetero- nemertinen angeordnet sind und ausmünden (Taf. IV, Fig. 19). Es sind kleine Augen vorhanden, welchetiefim Ganglienzellbelag des Gehirns stecken. Geschlechter getrennt. Mittelmeer (Neapel). 1 Art. Tiefe 5—35 m. 2. Ord. Mesonemertini Bürger. (1892, No. 226, p. 147.) Gehirn und Seitenstämme sind in den Hautmuskelschlauch einge- schlossen (Fig. LVII). Die Körperwand baut sich auf aus dem Epithel, = \ = . der Grundschicht, deı nach Fig. LVI. aussen gelegenen Ring- und ... Epithel 2 : oeleo —===--.-- Ringmuskelschicht der nach innen gelegenen 2 Längsmuskelschicht Längsmuskelschicht. Zwischen diese beiden Schichten des seiten- Hautmuskelschlauches schiebt "" sich öfters noch eine Diagonal- muskelschicht ein. Die Mund- öffnung befindet sieh hinter dem Gehirn. Ein Blinddarm Mesonemertini. fehlt. Der Rüssel besitzt keine Sehematischer Querschnitt. Stilette. Meeresthiere, Freilebend, nur 1 Art schmarotzend. R nun Rhynehocölom Ze DERRAE 414 Systematik. 2 Familien, 2 Gattungen, 9 sichere und 2 unsichere Arten. Uebersicht der Familien: Mit Nephridien. Mit stark entwickelter innerer Ring- muskelschieht =... "nt DE IICHEIOEN TAB De Ohne Nephridien. Innere Ringmuskelschicht fehlend oder sehr schwach entwickelt. . . . 2... 2.2.0.2... Gephalotrichidae ,p. 416; 1. Fam. Carinomidae Bürger (fam. nov.). Der Körper gleicht dem von Tubulanus. Die Seitenstämme liegen in der vorderen Vorderdarmgegend ausser- halb der Ringmuskelschicht, alsdann in der Ringmuskelschicht und lagern sich erst dicht vor den Nephridien in die Längsmuskelschicht des Haut- muskelschlauches. Ein Rückengefäss fehlt. Der Mund befindet sich in der Gehirngegend. Mit stark entwickelter innerer Ringmuskelschicht. Mit Nephridien. Ohne Cerebralorgane, Kopffurchen und Kopfspalten. Nordatlantischer Ocean und nord- und südpaeifischer Ocean. 1 Gattung, 4 sichere Arten. 1. gen. Carinoma Oudemans *). Tat-IV, Fig. 22: Carinoma erinnert durch ihre Gestalt an Tubulanus linearis. Der Kopf ist vom Rumpfe abgesetzt und breiter als der Nacken. Seine Ge- stalt wechselt nach dem Zustande der Gontraetion. Er ist ausgestreckt rundlich elliptisch, eingezogen annähernd herzförmie. Die lebend be- obachteten Arten waren 120—200 oder selbst bis 600 mm lang bei einem Durchmesser von 3—5 mm. Ihre Färbung war, soweit wir Aufzeich- nungen über sie nach dem Leben haben, vorne weiss, hinten gelblich oder braun. Das Epithel ist in der vordersten Körperregion reich an Paketdrüsen- zellen, die aber bereits in der Gegend der Nephridien aufhören und durch die für die Heteronemertinen charakteristischen Flaschendrüsen- zellen ersetzt werden. Besonders merkwürdig ist das Epithel dadurch, dass es ausserordentlich reich an Längsmuskelfibrillen ist, die sich mit Ringmuskelfibrillen verflechten und eine besondere Schicht erzeugen. Die epitheliale Muskelschicht ist am mächtigsten in der Nephridial- gegend (Taf. III, Fig. 8). Die Grundschicht ist ebenfalls am dicksten in der Gegend der Nephridien, wo sie etwa ein Drittel so hoch als das Epithel ist; sonst stellt sie eine feine Membran dar. Der Hautmuskelschlauch besteht, von aussen nach innen aufgezählt, aus Ring-, Diagonal- und Längsmuskelschieht. Bis zur Gegend der Nephridialporen erstreckt sich ausserdem von vorn nach hinten eine innere Ringmuskelschicht. Besonders hervorzuheben ist, dass sieh hinter dem *), 1885, No. 194, p. 7. — 189, No. 256, p. 533. Mesonemertini. 415 J Munde und in der vordersten Vorderdarmregion auch eine, wenigstens ‚lateral gut entwickelte Längsmuskelschieht zwischen Ringmuskel- und Grundschicht vorfindet, die der Lage nach mit der äusseren Längsmuskel- schicht der Heteronemertinen correspondirt. Der Mitteldarm besitzt Taschen. Carinoma ist durch einen relativ sehr langen, mehrere Centimeter messenden (taschenlosen) Enddarm vor allen anderen Nemertinen ausgezeichnet. Der Vorderdarm verengt sich enorm, dort wo die innere Ringmuskelschicht ihre grösste Dicke erreicht. Das Rhyncho- däum besitzt kein Drüsenepithel. Das Rhynchocölom ist aussergewöhn- lich lang, fehlt jedoch in der Gegend des Enddarms. Es verengt sich ebenfalls bedeutend innerhalb des inneren Ringmuskeleylinders, erweitert sich hinter demselben aber wiederum wesentlich. Es sind nur zwei Seitengefässe vorhanden, welche ausser im Kopf- und Schwanzende in der gesammten Enddarmgegend durch Commissuren miteinander ver- bunden sind. Diese Commissuren wiederholen sich in der Enddarm- gegend in regelmässigen Abständen, den Enddarm überbrückend. Es giebt zwei Paar Rhynchocölomgefässe. Besondere Sehlundgefässe fehlen mitunter, indess verästeln sich die Seitengefässe regelmässig ein wenig um den Mund herum. Die Nephridien stellen wie bei Tubulanus zwei sehr geräumige, aber kurze Canäle vor, deren jeder einen vom hinteren Ende abgehenden Ausführgang besitzt. Die Nephridien besitzen mehr oder minder zahlreich vorhandene kurze Zweige, welche in die Seitengefässe eindringen. Das Gehirn liegt inmitten der mit Muskelgewebe angefüllten Kopf- spitze. Das dorsale Ganglion ist mindestens so umfangreich als das ventrale und theilt sich hinten in eine kleine obere und mächtige untere Partie; erstere entspricht dem dorsalen Zipfel des Gehirns der Hetero- nemertinen. Die Seitenstämme verlaufen nicht völlig lateral, sondern sind ein wenig der Bauchfläche genähert. Die beiden Schlundnerven entspringen dicht hinter der ventralen Gehirncommissur und verlaufen zuerst ausserhalb, alsdann in der Ringmuskelschicht und schliesslich in der Längsmuskelschicht. Die beiden Rüsselnerven gehen von der ven- tralen Gehirncommissur ab und verlaufen im Rüssel Innerhalb der Ring- muskelschicht. Cerebralorgane, Kopffurchen und Kopfspalten fehlen. Ebenso wurden bei den bisher bekannten Arten Augen vermisst. Dagegen sind bei Carinoma tremaphoros Thompson*) von Thompson besonders merk- würdige Hautsinnesorgane beschrieben worden. Es sind dies zwölf Sinnes- grübchen, welche sich, in einer einzigen Reihe angeordnet, an der Ober- fläche des Kopfes in der Medianebene vorfinden. Sie reichen von der Kopfspitze bis zur ventralen Gehirneommissur. Nordatlantischer Ocean (England und Massachusetts). Nordpacifischer *) Thompson, B. C., Carinoma tremaphoros, a new Mesonemertean Species. In: Zool. Anz. Bd. 23. p. 627—630. 1900. 416 Systematik. Ocean (Vancouver-Inseln, Californien). Südpaeifischer Ocean (Magal- haes-Strasse). Geringe Tiefe. 4 Arten. 2. Fam. Cephalotrichidae Me Intosh. (1874, No. 125, p. 137.) Der Körper gleicht dem langer, dünner Nematoden. Die Seitenstämme liegen in ihrer gesammten Ausdehnung in der Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauches. Ein Rückengefäss fehlt. Der Mund befindet sich in der Regel auffallend weit hinter dem Gehirn. Eine innere Ringmuskelschicht ist nicht ausgebildet. Ohne Nephridien. Es fehlen ferner Cerebralorgane, Kopffurehen und Kopfspalten. Nordatlantischer Ocean, Mittelmeer und Paeifischer Ocean. 1 Gattung, 5 sichere und 2 unsichere Arten. 1. Gen. Cephalothrix Oersted*). Taf. XX, Fig. 3. Körper zwirnsfadenartig. Vorderende verjüngt. Länge 30—150 mm. Breite 0,5—1 mm. Der Hautmuskelschlauch besteht nur aus einer dünnen (aussen gelegenen) Ring- und einer sehr mächtigen Längsmuskelschicht. Ohne Diagonalmuskelschicht. Innere Ringmuskelschicht fehlend oder sehr schwach entwickelt. Der Mund ist (©. signata ausgenommen) etwa fünfmal so weit vom Gehirn entfernt als das Gehirn von der Kopfspitze. Mitteldarm mit sehr wenig tiefen Taschen. Das Rhynchocölom reicht wahrscheinlich in die hintere Körperhälfte hinein. Rüssel sehr dünn, aber ziemlich lang; mit äusserer Ring- und innerer Längsmuskelschicht. Es sind nur zwei Seiten- gefässe vorhanden, die sich im Kopf- und Schwanzende vereinigen, aber sonst weder Commissuren noch Verzweigungen besitzen; insonderheit giebt es weder Schlund- noch Rhynchocölomgefässe. Ohne Nephridien. Gehirn mit stark entwickelten dorsalen Ganglien; mit vier auffallend starken Kopfnerven. Es ist nur der obere Rückennerv vorhanden. Ein besonders eigenthümliches Verhalten zeigt das Schlundnervensystem, das ausserge- wöhnlich lang ist, da der Mund weiter als anderswo hinter dem Gehirn liegt. Es entspringt nämlich von jedem ventralen Ganglion je ein Nerv; beide vereinigen sich unmittelbar nach ihrem Ursprunge zu einem einzigen Nervenstrange, welcher sich erst unmittelbar vor dem Munde wieder gabelt. Cerebralorgane, Kopffurchen und Kopfspalten fehlen. Kopfdrüse nicht vorhanden oder nur wenig ausgebildet. Augen fehlen meistens, wenn sie *) 1843, A. Oersted in: Naturh. Tidsskr., Bd. 4, p. 572, 573, 574. — 1844, No. 47, p. 80, 81, 82. — 1874, No. 125, p. 208. — 1895, No. 256, p. 537. Metanemertini. 417 aber vorhanden sind, finden sie sich zahlreich vor (20—40), sind indess sehr klein. Nordatlantischer Ocean (Hebriden, Grossbritannien, Norwegen, Däne- mark, Madeira, Ostküste von Nordamerika). Mittelmeer (Frankreich und Italien). Nordpaeifischer Ocean (Alaska bis Californien). Südpaeifischer Ocean (Chilo& [Ancud], Feuerland [Uschuaia]). 5 sichere und 2 unsichere Arten. — 1 Art (Cephalothrix galatheae Dieck) schmarotzend im Eierbeutel von Galathea strigosa L. 3. Ord. Metanemertini Bürger. (1892, No. 226, p. 150.) Gehirn und Seitenstämme liegen innerhalb des Hautmuskelschlauches im Leibesmesenehym (Fig. LVIII). Die Körperwand baut sich auf aus dem Epithel, der Grundschicht, Fig, LVIII. der nach aussen gelegenen Ring- und der nach innen ge- legenen Längsmuskelschicht; zwischen diese beiden Muskel- geiten- schichten schiebt sich in der Stamm Regel noch eine Diagonalmus- kelschicht ein. Die Mundöffnung befindet sich vor dem Gehirn, oder der Oesophagus mündet in Metaremertin das Rhynchodäum. Es ist fast Schematischer Querschnitt. ausnahmslos ein Blinddarm vor- handen und der Rüssel mit Stiletten ausgestattet. Ueber die ganze Erde verbreitet. Meeres-, Süsswasser- oder Land- thiere. Freilebend, nur wenige Arten schmarotzend. 2 Unterordnungen, 9 Familien, 20 sichere und 6 fragliche Gattungen, 204 sichere Arten, von denen 8 in 19 Unterarten zerfallen, und 38 un- sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt. anne Epithel —..... Ringmuskelschicht 525 Längsmuskelschicht ; (- Rhynchocölom X == Darm! Uebersicht der Unterordnungen: Das Rhynchocölom erstreckt sich nicht in das hintere Körperdrittel und ist in der Regel auf das vordere beschränkt A. Subord. Prorhynchocoelomia . p. 417. Das Rhynchocölom reicht stets bis in das hintere Körperdrittel und endet in der Regel erst unmittelbar vor dem After. 2.20.00 2 sans B: Subord > Holorkynchocoelomia.. P:.426. A. Subord. Prorhynchocoelomia Bürger. (1395, No. 256, p. 542.) Metanemertini mit sehr langem und dünnem Körper, die sich gern zu Klumpen verknäueln und zusammenballen und in vielfach ver- schlungenen Windungen kriechen. Der Rüssel ist viel kürzer als der Körper. Das Rhynchocölom erstreckt sich niemals in das hintere Körper- Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. U 413 Systematik. drittel hinein und ist in der Regel auf das vordere beschränkt. Neuro- chordzellen und Neurochorde fehlen. Nördliches Eismeer, Atlantischer Ocean, Mittelmeer, Schwarzes Meer, Paecifischer Ocean. Freilebend, nur 1 Art schmarotzend. 2 Familien, 6 Gattungen, 30 sichere Arten, von denen 2 in 4 Unter- arten zerfallen, und 2 unsichere Arten. Uebersicht der Familien: Meist mit Augen, die in der Regel sehr zahl- reich vorhanden sind. Ohne Statocysten . 1. Fam. Empleetonematidae . p. 418. Ohne Augen. Mit Statoeysten . . . „ .„ 2. Fam. Ototyphlonemertidae p. 425. 1. Fam. Emplecetonematidae (Nemertidae Hubrecht, 1879, No. 154, p. 230. — Eunemertidae Joubin, 1894, No. 247, p. 202). Meist sehr lang, dünn und platt. Rüssel kurz und ziemlich dick, mit nur einem Angriffsstilett, dessen Form sehr verschieden ist. Meist mit vielen kleinen Augen; selten sind nur zwei oder vier vorhanden. Statoeysten fehlen. Nördliches Eismeer, Atlantischer Ocean, Mittelmeer, Pacifischer Ocean. Freilebend, nur 2 Arten schmarotzend. 5 Gattungen, 24 sichere und 1 unsichere Art. Uebersicht der Gattungen: f Schmarotzend — 2. ı | Freilebend — 3. gMit Angrifisstilett . . 2.022 2 (ren. Careinonemertes p. 419. "| Ohne Angriffsstilett . . . . : . 3. Gen. Gononemertes . p. 422. „ $ In der Regel mit vielen, nie mit 4 Kar —_ 4. SU Mit Ar Rusene.0 2 . 5. Gen. Nemertopsis. . p. 424. Körper ungemein lang ee Mit nur | 2 Reservestiletttaschen . - . £ . 1. Gen. Emplectonema . p. 418. Körper gedrungen. Meist mit 4 oden ei Ne- servestiletttaschen . » - ...... „200.0. ...4 Gen. Paranemertes.:.. p. 428. 1. Gen. Emplectonema Stimpson*). Tat. IV, Fig.17., — Has. N, Riese. Körper sehr lang (oft 500 mm und darüber) und äusserst dünn. Bei allen Arten besteht die Neigung, sich zu Klümpchen zusammenzuballen. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Rüssel nicht mehr als ein Drittel so lang als der Körper und äusserst dünn. Die Form der Stilette und der Basis (Sockel) des Angriffsstilettes ist bei den einzelnen Arten sehr verschieden. Es giebt z. B. sichelförmige Stilette (E. gracilis), oder das Stilett ist im Vergleich zum Sockel sehr kurz (E. echinoderma, wo der Sockel viermal so lang ist als das Angriffs- ”) 1857, No. 90, p. 163. — Eunemertes Vaillant, 1890, No. 216, p. 600. — 1895, No. 256, p. 542. Metanenıertini. 419 stilett), oder das Stilett ist auffallend länger als der Sockel (E. antonina, wo der Sockel nur ein Drittel so lang ist als das Angriffsstilett). Das Rhynehocölom erfüllt kaum das vordere Körperdrittel. Die Nephridien sind wahrscheinlich nicht auf die Gegend des Vorderdarms beschränkt, sondern dehnen sich, wie bei E. gracile erwiesen wurde, allgemein weit in die Mitteldarmregion nach hinten aus. Die Cerebralorgane sind sehr klein und allgemein weit vom Gehirn entfernt, nach vorn in die Kopfspitze gerückt. Die Kopfdrüse erstreckt sich nur selten über das Gehirn hinaus nach hinten. Indess häufig mit subdermalen Drüsenzellen, welche den Cutisdrüsenzellen der Heteronemer- tinen ähneln. Dieselben sind übrigens auf Kopf und Vorderdarmgegend beschränkt und meist besonders in den Seiten entwickelt. In der Regel mit zahlreichen kleinen Augen (z.B. E. gracile mit 20—30, E. echino- derma mit 20, E. bürgeri mit etwa 60 jederseits). Ohne Statolithen (Otolithen). Geschlechter getrennt. Atlantischer Ocean (Island, Norwegen |Tromsö], Grossbritannien, Helgoland, Frankreich, Madeira, Ostküste von Nordamerika |Cap Eliza- beth, Golf von Maine, Marthas Vineyard, Georges Bank, Block Island], Capverdische Inseln). Mittelmeer (Banyuls, Neapel, Sieilien, Triest). Pacifischer Ocean (Japan, Alaska und Unalaska, Californien, Numea [Neu- caledonien], Südchile [Talcahuano, Calbuco], Südfeuerland [Insel Navarin]). Tiefe 1—1556 m. 13 sichere und 1 unsichere Art. 2. Gen. Carcinonemertes Üoe*). Diese Gattung umfasst einige Metanemertinen, welche man noch jüngst dem Genus Emplectonema zurechnete. Dass sie Üoe von diesem abgesondert hat, erscheint mir durchaus gerechtfertigt. Sie leben para- sitisch in verschiedenen Arten der Decapoden, wo sie die Kiemen be- wohnen oder sich zwischen den reifen Eiern einnisten. Der Körper ist dünn und fadenförmig. Bei der einen der beiden bisher bekannten Arten (C. epialti) wird er nur 4—6 mm lang und kaum 0,5 mm breit. Bei der anderen (C. carcinophila) bestehen auffällige Grössendifferenzen und auch biologische Verschiedenheiten zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht und der nicht geschlechtsreifen und geschlechtsreifen Form. Die nicht geschlechtsreifen Individuen von ©. carcinophila bewohnen, wie Coe entdeekt hat, die Kiemen, wo sie sich in Exemplaren von 6 bis #2) Coe, R. W., The Genus Carcinonemertes. In: Zool. Anz. Bd. 25. 1902, p. 409 bis 414. — Derselbe, Nemerteans Parasites of Crabs. In: American Naturalist. Bd. 36. 1902, p. 431—450. Derselbe, Nemerteans of the Paeifie Coast of North America, Part I. In: Harri- man Alaska Expedition. Bd. 11. 1904, p. 113—202, tab. 14—22. 20 420 Systematik. 15 mm Länge vorfinden. Die geschlechtsreifen indessen wandern zu den reifen Eierballen der von ihnen bewohnten Krabbe. Hier erreichen die Männchen eine Länge von 380 mm, während die Weibchen sogar 40 bis 70 mm lang werden. Wie man schon seit langem von C. carcinophila weiss, leben diese merkwürdigen Parasiten, in eigenen Secretröhren ge- borgen, zwischen den Eiern ihres Wirthes. Die Röhrchen sind S—11 mm lang, und es liegen in denselben zusammengeknäuelt Männchen und Weibchen beieinander. C. epialti hat man bisher nur zwischen den Eiern der Krabbe beobachtet. Der Körper ist rundlich; der Kopf vorn abgerundet, aber nicht ver- breitert und nicht vom Rumpf abgesetzt. Die Thiere pflegen ihren Körper Fig. LIX. Careinonemertes epialti Coe. Vorderende. Es bedeuten: ac, me, pc vorderer, mittlerer und hinterer Abschnitt des Rüssels, dr Gehirn. eg Kopfdrüse, © Darm, o Auge. Nach W. R. Coe. zu verknäueln und zu verflechten. Sie sind gelblich, orangefarben oder röthlich und durchscheinend. Das Epithel ist sehr drüsenreich und verhält sich wie bei den anderen Metanemertinen. Der Hautmuskelschlauch setzt sich aus Ring- und Längsfaserschicht zusammen, ist aber verhältnissmässig schwach ent- Metanemertini. 421 wickelt. Sehr eigenthümlich und für diese Gattung besonders charak- teristisch ist das Vorhandensein einer submusculären Drüsenschicht, die sich durch den gesammten Körper ausdehnt. Die Drüsenzellen, welche diese auch in dem gesammten Umfange des Körpers gleichmässig stark entwickelte Schicht erzeugen, münden»nach Art der Cutisdrüsenzellen der Heteronemertinen aus. Sie bilden, in das Leibesparenchym eingebettet, mehrere Lagen. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich annehme, dass dieser bei den Metanemertinen beispiellose Drüsenreichthum der Körperwand mit der Erzeugung der als Wohnung dienenden Secretröhren in Zusammen- hang steht. Die Kopfdrüse ist stark ausgebildet, reicht aber nicht über das Gehirn hinaus nach hinten. Das Gehirn verhält sich wie bei Eimplectonema. Aber Cerebralorgane und Kopffurchen wurden bisher vermisst. Mit nur zwei Augen, welche sich jedoch gelegentlich in vier spalten können. Die Augen liegen vor dem Gehirn. Mund- und Rüsselöffnung fallen zusammen. Der Oesophagus mündet dicht hinter dem Gehirn in das Rhynchodäum ein. Der Oesophagus ist ungemein kurz, und auch der Magendarm hat eine überaus geringe Ent- wickelung erfahren. Er ist weder lang, noch umfangreich. Merkwürdiger- weise ist die ihn umgebende eigene Ringmusculatur recht kräftig ent- wickelt. Es sind zwei kurze Blinddarmtaschen vorhanden, welche bis in die Gehirngegend nach vorn reichen. Der Mitteldarm ist sehr geräumig und mit seitlichen, metameren Taschen versehen, welche in der hinteren Körpergegend wesentlich an Tiefe abnehmen. Das Rhynchocölom ist ausserordentlich rückgebildet. Es reicht bei ©. epialti nur ganz wenig über das Gehirn nach hinten hinaus, indem es schon etwa auf der Grenze von Magen- und Mitteldarm endigt. Ferner besteht seine Wand nur aus einer dünnen, muskelfaserfreien Membran. Der Rüssel ist dementsprechend überaus kurz und dünn. Der vordere Rüsseleylinder ist nahezu vollständig unterdrückt, und der hintere zu einer kurzen, etwa eiförmigen Blase reducirt. Reservestiletttaschen und mithin Reservestilette fehlen. Das einzige Angriffsstilett ist klein und zart und nur 1/,—!/, so lang als der schlanke, kegelförmige Sockel. Dagegen sind die den Sockel bildenden Drüsen (Stilettdrüsen) reichlich vorhanden. Geschlechter getrennt. Nordatlantischer Ocean (Belgien, Canal La Manche, Golf von Vis- caya, Massachusetts [Cap Cod]). Mittelmeer (Sicilien [Messina]). Nord- pacifischer Ocean (Californien |Monterey]). Leben als Parasiten an den Kiemen, bezugsweise zwischen den reifen Eiern von: Carcinus maenas, Platyonichus ocellatus, Kantho floridus und Epialtus productus. 2 Arten. 422 Systematik. 3. Gen. Gononemertes Bergendal *). Körper vorn rundlich, hinten abgeplattet. Kopf nicht vom Rumpf abgesetzt, keulenförmig verdiekt. Länge 30—50 mm, Breite 1—1,5 mm. Fig. LX. I) N ıl TITTEN T ee m dgk .-" r Dkdr = as 5gs < ET NE S Q Q SD = 2 NEOER Dre rosa ya] 1 ZUR) ihr x NE Nas 2 bldt - mda TrUÜ-. Mi Gononemertes parasita Bgäl. Medianschnitt des Vorderendes. Es bedeuten: aepgr Grenze zwischen dem Epithel der Haut und dem des Atriums, amkdr Mündung der Kopfdrüse, bldt Blinddarm- tasche, dgk, vgk dorsale und ventrale Gehirneommissur, dkdr, vkdr dorsaler und ven- traler Theil der Kopfdrüse, emrvor, emvdavr Mündung des Rüssels und des Vorder- darms in das Atrium, dhra, hevra, r verschiedene Abschnitte des Rüssels, mda Mittel- (darm, re Rhynchoeölom, rri Retraetor, vr Atrium, vda Vorderdarm, vstvm, vstdm (Grenze zwischen dem vorderen, schwachen und dem nach hinten zu verstärkten Haut- muskelschlauch. Nach D. Bergendal. Vorne rosa, hinten weisslich oder gelblich weiss. Geschlechtsproducte rein weiss durchscheinend. Ohne Kopffurchen. 5 *) Bergendal, D., Ueber ein Paar eigenthümliche nordische Nemertinen. Anz. Bd. 23. 1900, p. 313—328. In: Zool. Metanemertini. 423 Vorderdarm und Rüssel öffnen sich (wie bei Malacobdella) in ein ge- meinsames Atrium, d. h. einen terminal ausmündenden, sehr weiten und ziemlich langen Cylinder. Das Rhynchocölom beschränkt sich auf das vordere Körperdrittel. Der kurze Rüssel besitzt keine Stilette, weist aber zwei verschieden ge- baute Abschnitte auf. Der Vorder- oder Magendarm ist langgestreckt und ist nur unter dem Gehirn etwas gefaltet. Von einem Pylorusrohr kann nicht die Rede sein, da er sich nach hinten kaum verengt. Ein unpaarer (eigentlicher) Blinddarm fehlt, dagegen sind zwei Blinddarm- taschen vorhanden, welche sich aber nur bis in die mittlere Gegend des Vorderdarms nach vorn erstrecken. Die Taschen des Mitteldarms sind überaus flach und unregelmässig angeordnet. Die Blutgefässe verhalten sich wie im Allgemeinen bei den Metanemertinen. Die Nephridialcanäle sind kurz, aber ungewöhnlich weit und befinden sich in der mittleren Vorderdarmgegend. Jeder Canal besitzt nur einen Ausführgang, der genau in der Mitte zwischen Gehirn und Mitteldarm lateral ausmündet. Das Gehirn befindet sich. dicht hinter dem Atrium. Es lagert völlig ventral. Die dorsale Gehirneommissur ist infolge dessen ungemein lang. Die Seitenstämme weisen hinter dem Gehirn eine Anschwellung auf. Der Rüssel besitzt ungefähr 12 Nerven. Die Cerebralorgane liegen weit vor dem Gehirn. Die Cerebralcanäle entspringen aus kleinen, gruben- artigen Vertiefungen des Kopfepithels.. Mit colossal entwickelter Kopf- drüse. Ihre Schläuche erstrecken sich ventral bis in die hintere Gegend des Vorderdarms. Wahrscheinlich mit Frontalorgan. Ohne Augen. Die Geschlechtssäcke umgeben den gesammten Mitteldarm, erzeugen also einen vollständigen Mantel um denselben. Die Geschlechtsporen sind über die gesammte Oberfläche des Körpers ziemlich gleichmässig vertheilt. Getrenntgeschlechtlich. Nordsee (Westküste von Schweden [Cristineberg]). Tiefe 54—63 m. Lebt als Parasit in Phallusca. 1 Art. 4. Gen. Paranemertes Coe*). Tat. 0X u Rıg22: Der Körper besitzt eine beträchtliche Länge, ist aber gedrungener als der von Emplectonema. P. peregrina z. B. ist in der Regel etwa 150 mm lang und 5 mm breit. Coe hat noch längere Individuen — bis zu 500 mm — von P. carnea beobachtet, die aber ebenfalls ziemlich breit waren. Die Arten von Paranemertes knäueln sich nicht derart zu Klumpen zusammen, wie die Emplectonema-Arten. Der Kopf ist wenig deutlich vom Rumpf abgesetzt, seine Form sehr veränderlich. Gelegentlich er- *) Coe, R. W., Papers from the Harriman Alaska Expedition. XX. The Nemerteans. In: Proc. Washington Acad. Se. Bd. 3. 1901, p. 32. 494 Systematik. scheint er breiter als das nächstfolgende Rumpfstück, abgeplattet und scheibenförmig, oder er zeigt mit wechselnder Contraetion vorne in der Mitte eine Einkerbung, sodass er mehr herzförmig aussieht, oder er ver- längert sich derart, dass er in eine Spitze ausläuft. Der Rumpf ist in der Magendarmgegend rundlich, plattet sich aber nach hinten zu ab. Die bisher bekannten Arten besitzen keine Zeichnung. Der Rücken nebst Kopf ist einfarbig dunkelbraun, orangebraun, fleischfarben oder weiss, der Bauch gelegentlich wesentlich heller. Die Zellbündel der Kopfdrüse erstrecken sich nicht über das Gehirn nach hinten. Dagegen ist das vordere Körperende sehr reich an sub- dermalen Drüsenzellen, welche nach Art der Cutisdrüsen der Hetero- nemertinen ausmünden. Sie setzen sich aber nur bis in die Gegend der Nephridialporen nach hinten fort, an Zahl hinter dem Gehirn abnehmend und sich vornehmlich nur in den Seiten des Körpers erhaltend. Das Rhynchocölom reicht mehr oder minder weit in die hintere Körperhälfte hinein. Der Rüssel ist kräftiger als bei Emplectonema. In der Regel sind mehr als zwei (nämlich vier bis zwölf) Reservestilett- taschen vorhanden. Das einzige Angriffsstilett ist schlank und lang; es pflegt nur wenig kürzer als der Sockel zu sein, der schlank kegelförmig gestreckt und in der Mitte mehr oder minder deutlich ringförmig eingeschnürt ist. Der Oesophagus mündet in das Rhynchodäum. Der Blinddarm stülpt bei Paranemertes peregrina Taschen aus, welche beinahe bis zu den Gehirneommissuren nach vorne reichen. Die Nephri- dien nehmen bei P. peregrina ?/, der Vorderdarmregion ein, bei P. carnea begleiten sie jederseits den Vorderdarm beinahe in seiner ganzen Länge und bei P. pallida reichen sie sogar vom Gehirn bis zum Ende des Vorderdarms nach hinten. Es wurden ein bis fünf Paar Ausführ- gänge beobachtet. Die Cerebralorgane sind klein und liegen vor dem Gehirn. Ihre Canäle öffnen sich in die äusserlich stark auffallend Vförmigen Kopf- furchen. Mit sehr zahlreichen kleinen Augen, welche in Gruppen und Reihen zwischen Gehirn und Kopfspitze angeordnet sind. (Geschlechter getrennt. Nordpaeifischer Ocean (Alaska, Unalaska, Californien [San Diego Harbor]). Geringe Tiefe (Ebbestrand). 4 Arten. 5. Gen. Nemertopsis Bürger *). Taf. I, Fig. 14. — Taf. IV, Fig. 4 und 18. — Taf. XII, Fig. 2. Die Arten dieser Gattung ähneln sowohl im Habitus, als auch in ihrer Organisation sehr jenen von Emplectonema, indessen sind sie mit vier *) 1895, No. 256, p. 548, und 1903, Fauna arctica (Römer & Schaudinn). Bd. 3, Bürger: Nemertinen, p. 58. Metanemertini. 425 grossen oder kleinen Augen ausgestattet, welche im Viereck oder einem Rechteck stehen, dessen längere Seiten parallel der Körperaxe orien- tirt sind. Die Länge der bekannten Arten beträgt 15—200, seltener bis 450 mm, die Breite 0,5 bis über 1 mm oder selbst bis 4 mm. Bei zwei Arten ist das Kopfende verbreitert, bei den andern mässig verjüngt. Die Grundfarbe ist rein weiss, weisslichgrau, rosarothbräunlich oder hellbraun. Zwei Arten sind mit zwei breiten, dunkelbraunen Längs- streifen geziert, welche auf dem Rücken vom Kopf bis zum Schwanzende verlaufen. Die kleinen Cerebralorgane liegen vor dem Gehirn. Die Kopfdrüse ist bei drei der vier bekannten Arten colossal entwickelt und erstreckt sich über das Gehirn nach hinten hinaus. Der Rüssel besitzt nur ein Angriffs- stilett und nur zwei Reservestiletttaschen, deren jede drei oder sechs Reservestilette enthält. Mund- und Rüsselöffnung fallen zusammen. Der Öesophagus mündet dicht vor der Insertion des Rüssels in das Rhyncho- däum. Der Blinddarm besitzt keine über sein unpaares blindes Vorder- ende hinausragenden Taschen und reicht nicht bis zum Gehirn nach vorn. Die dorsalen Gehirnganglien sind auffallend stark entwickelt. Die Seiten- stämme verlaufen in der vorderen Körpergegend lateral, in der Mittel- darmgegend aber mehr ventral und besitzen bei einer Art einen stark entwickelten dorsalen Faserstrang. (Geschlechter getrennt. Mittelmeer (Marseille, Neapel, Sieilien). Atlantischer Ocean (Canal)? Nördliches Eismeer (Bären-Insel, Ross-Insel, Lomme-Bay, Ice-Fjord, König-Karls-Land). Paeifischer Ocean (Californien). Tiefe 0—240 m. 4 Arten. — Eine Art (N. actinophila Bürg.), welche das Nördliche Eismeer bewohnt, lebt regelmässig unter der Fussscheibe von zwei Ac- tinien-Arten Tealia davisii Agas. und Stomphia polaris Dan. 2. Fam. Ototyphlonemertidae Bürger. (1895, No. 256, p. 550.) Sehr dünn, ziemlich kurz und walzenförmig. Ohne Augen. Mit einem, seltener zwei Paar Statocysten, die den ventralen Ganglien auf- liegen. Rüssel überaus fein. Alle Stilette sehr zart. Es ist nur ein Angrifisstilett vorhanden. Canal La Manche, Mittelmeer, Schwarzes Meer. Freilebend. 1 Gattung mit 6 sicheren Arten, von denen 2 in 4 Unterarten zer- fallen, und 1 unsichere Art. 426 Systematik. 1. Gen. Ototyphlonemertes Diesing*). Tat. . Bis. 10: Körper dünn, kurz, walzenförmig, nematodenartige. Von den bisher bekannten Arten ist keine länger als 50 mm und breiter als 1 mm. Der Kopf ist nicht vom Rumpf abgesetzt. Kopf und Schwanzende sind in der Form kaum verschieden. Die Thierchen sind farblos, weisslich, röth- lich angehaucht, oder orangefarben. Es ist eine Kopfdrüse vorhanden, deren kurze, dicke Schläuche das Rhynchodäum umgeben. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Der Oesophagus mündet dicht vor der Rüsselöffnung in das Rhynchodäum. Der Magendarm scheint allgemein auffallend lang zu sein und eine cylindrische Form zu besitzen; bei O. macintoshi Bürg. z. B., welche 30 mm lang wird, misst der Magendarm 3 mm. Dagegen ist der Blinddarm sehr kurz und reicht bisweilen nicht bis an das Gehirn nach vorn; er besitzt nur seitliche Taschen. Der Rüssel ist besonders dünn. Das Angrifisstilett ist schlank und lang und mitunter borstenartig dünn. Es sind zwei Reservestilett- taschen vorhanden, deren jede nur wenige (bis drei) Reservestilette ent- hält. Das Angriffsstilett und der ebenfalls sehr schlanke Sockel sind von gleicher Länge. Die dorsalen Ganglien sind sehr kräftig entwickelt. Die kleinen Cerebralorgane liegen vor dem Gehirn. Die Seitenstämme verlaufen lateral. Die Statocysten liegen den ventralen Ganglien auf, dort, wo sie beginnen, sich in die Seitenstämme zu verjüngen, und sind in den Ganglienzell- belag eingeschlossen. Jede Statoeyste enthält nur einen stark glänzenden Statolithen. Seine Form wechselt bei den verschiedenen Arten. Er bildet mitunter eine aus vielen Körperchen zusammengesetzte traubige Kugel oder stellt ein glattes, hantel- oder eiförmiges Gebilde vor. Die Statolithen sind unbeweglich. Geschlechter getrennt. Canal La Manche (französische und englische Küste). Mittelmeer (Nizza, Neapel). Schwarzes Meer (Sewastopol, Suchum). 1—2 m. 6 sichere Arten, von denen 2 in 4 Unterarten zerfallen, und 1 un- sichere Art. B. Subord. Holorhynchocoelomia Bürger. (1895, No. 256, p. 552.) Metanemertini von meist kurzem, gedrungenem Körper, die sich in der Regel nicht zu Klumpen verknäueln und zusammenballen. Sie kriechen in graden oder gebrochenen Linien, manche schwimmen. Rüssel mindestens so lang wie der Körper. Das Rhynchocölom reicht stets *) 1863, No. 100, p. 180. — 1895, No. 256, p. 550. Metanemertini. 427 bis in das hintere Körperdrittel und endet in der Regel erst vor dem After. Ueber die ganze Erde verbreitet. Meeres-, Süsswasser- oder Land- thiere. Freilebend, nur wenige Arten schmarotzend. 7 Familien, 14 Gattungen, 174 sichere Arten, von denen 6 in 15 Unter- arten zerfallen, und 17 unsichere Arten. Uebersicht der Familien: f Ohne Rückengefäss . . . . ......... 7. Fam.Pelagonemertidae p. 440. \ Mit Rückengefäss — 2. MibgSauenape . 2» 2.0... &02..0: 0.0.06. Fam: Malacobdelligae, p. 438. \ Ohne Saugnapf — 3. | Hinterende zu einer wagerechten Flosse ver- 3 breitert . SE N, EEE ER [enntetende verjüngt, ohne Flosse — 4. | Mit 4 oder selten 6 einfachen Augen oder Sr . Fam. Neetonemertidae p. 437. 4 Doppelaugen — 5. Meist mit sehr vielen, selten mit nur 2 oder ohne Augen — 6. Plene und dünn. Meistens Zwitter . . . . 1. Fam. Prosorhochmidae p. 427. 54 Sehr kurz und gedrungen. In der Regel ge- | trennten Geschlechtes . . . . . . „ „ 4. Fam. Prostomatidae . 'p. 438. j Mit einem Angrifisstilett. . 2... .2.Fam. Amphiporidae . . pP. 480. \ Mit vielen Angrifisstiletten . . . . . . . 8 Fam. Drepanophoridae p. 432. 1. Fam. Prosorhochmidae Bürger. (1895, No. 256, p. 553.) Im Verhältniss zur Länge ziemlich breit. Mit vier Augen, die mit- unter im Rechteck stehen, dessen längere Seiten quer zur Längsaxe des Körpers gerichtet sind. Darmtaschen und Ballen reifer Geschlechts- producte wechseln regelmässig miteinander ab. Die Cerebralorgane sind sehr klein und liegen stets vor dem Gehirn. Kopfdrüse ausserordentlich entwickelt. Zahl der Rüsselnerven wechselnd. Meist Zwitter. Meeres- oder Landthiere. Canal La Manche, Mittelmeer, Schwarzes Meer, Indischer Ocean. Australien und Inseln im Indischen, Pacifischen und Atlantischen Ocean, eingeschleppt in Europa. Freilebend. 3 Gattungen, 15 Arten. Uebersicht der Gattungen: fEandthiere. . . » =... udn »inasıGen G@eonemertes .-.: '.... W. 428. n \ Meeresthiere — 2. Ohne Neurochordzellen und Neurochorde. Lebendiggebärend . . » . .°. . .. 1. Gen. Prosorhochmus. . . p. 428. Mit Neurochordzellen und Neurochorden. Wahr- scheinlich eierlegend . . . -. . » 2...2 Gen. Prosadenoporus . . p. 428. 438 Systematik. 1. Gen. Prosorhochmus Keferstein *). Die wenigen Arten dieser Gattung werden 20—70 mm lang und 0,5—2 mm breit. Der Bauch ist abgeplattet und der Rücken nur wenig gewölbt. Der Kopf ist mehr oder minder verbreitert und zeigt mitunter vorn einen Einschnitt, so dass er in zwei Lappen zerfällt und herzförmig aussieht. Das Hinterende ist nicht wesentlich verjüngt. Die bisher be- kannten Arten sind orange- oder fleischfarben, gelb oder hellbräunlich- gelb. Besonders charakteristisch ist die Stellung der vier Augen. Die- selben bilden nämlich ein Rechteck, dessen längere Seiten quer zur Längs- axe des Körpers gerichtet sind. Das Rhynchoeölom reicht fast bis zum After. Mund und Rüssel- öffnung fallen zusammen. Vom Blinddarm stülpen sich zwei Taschen bis in die Nähe des Gehirns nach vorn. Der Rüssel besitzt nur ein Angriffs- stilett und nur zwei Reservestiletttaschen mit 2 bis 4 Reservestiletten. Die Kopfdrüse ist sehr stark entwickelt und erstreckt sich über das Ge- hirn hinaus nach hinten. Der Hautmuskelschlauch ist ausserordentlich dünn. Das Hautepithel ist enorm reich an grossen, flaschenförmigen Drüsenzellen. Das Gehirn ist ziemlich klein, und die dorsalen Ganglien sind nicht hervorragend stark entwickelt. Die Seitenstämme verlaufen in den Seiten des Körpers und sind nur ganz wenig der Bauchfläche näher gerückt. Neurochordzellen und Neurochorde fehlen. Die Cerebralorgane liegen vor dem Gehirne und sind sehr klein. Das Frontalorgan ist vorhanden. Wahrscheinlich Zwitter. Lebendiggebärend. Canal La Manche (Küste von Frankreich und England). Mittelmeer (Triest, Villefranche, Neapel). Schwarzes Meer (Sewastopol). Geringe Tiefe. 3 Arten. 2. Gen. Prosadenoporus Bürger”*). Mar IV Bio-ro. Die Arten dieser Gattung sind bisher nur conservirt untersucht worden. Sie sind ziemlich lang und dünn (Länge 20—110 mm, Breite 1,5 bis 2,5 mm). Farbe weisslichgelb oder grau, graugrünlich oder braungelb, zwei Arten mit braunen, dorsalen Längsstreifen. Mit vier grossen, einfachen Augen, die wahrscheinlich im Viereck stehen. Der Hautmuskelschlauch ist sehr kräftig und durch eine stark ent- wickelte Diagonalmuskelschicht ausgezeichnet. Das Epithel der Haut ist relativ niedrig, seine Flaschendrüsenzellen sind kleiner und weniger massenhaft vorhanden als bei Prosorhochmus. *) 1862, No. 97, p. 55, 61. — 1895, No. 256, p. 553. *#) 1890, No. 217, p. 8 u. 29. — 1895, No. 256, p. 555. Metanemertini. 429 Der Oesophagus mündet in das Rhynehodäum. Der Blinddarm schickt zwei Taschen bis in die Nähe des Gehirns nach vorn. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis zum After oder bis in die Nähe des- selben. Rüssel mit nur einem Angriffsstilett, aber wahrscheinlich gelegent- lich mit mehr als zwei Reservestiletttaschen. Die Kopfdrüse ist ausser- ordentlich entwickelt, ihre Schläuche reichen über den Magendarm hinaus nach hinten. Das Gehirn ist auffallend gross, besonders die dorsalen Ganglien sind sehr stark entwickelt. Es sind Neurochordzellen und Neurochorde vorhanden. Die Seitenstämme verlaufen annähernd lateral. Die Cere- bralorgane sind klein und liegen vor dem Gehirn. Mit vier grossen, ein- fachen Augen, die wahrscheinlich im Viereck stehen. Ein Frontalorgan ist vorhanden. Es sind nur Zwitter bekannt. Wahrscheinlich eierlegend. Indischer Ocean (Amboina, Noordwachter-Eiland). Wahrscheinlich geringe Tiefe. 4 Arten. 3. Gen. Geonemertes ©. Semper*). Tara x Klose Schlank wie die Emplectonema-Arten; öfters ziemlich lang (bis 7O mm). Färbung sehr verschieden: weiss, gelb, orange oder braun, röthlich, dunkel- grün und mitunter durchscheinend. Rücken hin und wieder durch dunklere Längsstreifen geziert. Im Hautepithel finden sich gelegentlich Kalkkörper eingeschlossen. Die Kopfdrüse ist immer auffallend dick und lang. KRüssel- und Mund- öffnung fallen zusammen. Der Blinddarm erstreckt sich bis in die Nähe des Gehirns nach vorn. Das Rhynchoeölom reicht bis zum After oder bis in die Nähe desselben. Der Rüssel ist kräftig entwickelt und besitzt nur ein Angriffsstilett, das einem kegelförmigen Sockel aufsitzt. Mit zwei oder seltener mit vier Reservestiletttaschen. Die Anzahl der Reserve- stilette in jeder Tasche ist gering. Die Zahl der Rüsselnerven scheint allgemein eine hohe zu sein und um 20 herum zu schwanken. | Die Cerebralorgane, welche wahrscheinlich stets vorhanden sind, liegen vor dem Gehirn. Die Seitenstämme verlaufen lateral und besitzen wahr- scheinlich stets einen sehr kräftigen dorsalen Faserstamm, welcher die Verlängerung des unteren Zipfels des dorsalen Ganglions vorstellt. Mit gut entwickeltem Frontalorgan. Mit vier oder seltener sechs Augen. Nur ganz ausnahmsweise mit zahlreichen (80—40) Augen (Gr. austra- liensis Dendy). Theils Zwitter, theils getrennten Geschlechts. Landthiere. Unter Steinen und verwesendem Holz und Laub lebend. Eine Art in stark salziger Erde. Neuguinea und Insel Samarai. Austra- lien (Vietoria), Neuseeland, Palau-Inseln, Maskarenen (Rodriguez), Ber- *) 1863, No. 101, p. 559. — 1895, No. 256, p. 556. 430 Systematik. muda-Inseln. Eingeschleppt nach Europa, aber nur in Gewächshäusern beobachtet, z. B. im Palmenhaus zu Frankfurt a. M. in der Erde des Ge- fässes einer Corypha australis. 8 Arten. 2. Fam. Amphiporidae Melntosh. (1874, No. 125, p. 134.) Stets mehrere Centimeter lang, nicht selten bis 10 oder selbst bis 20 cm; die kleineren Formen sind sehr gedrungen, und auch die längeren ziemlich diek. Die Ballen der Geschlechtsproducte meist nicht regel- mässig mit den Darmtaschen abwechselnd. Darmtaschen verzweigt; Blinddarm in der Regel mit langen, weit nach vorn gestülpten Taschen. Rhynchoeölom ohne Seitentaschen, selten mit unpaaren ventralen Aus- sackungen. Rüssel mit nur einem Angriffsstilett, Sockel kegelförmig. Cerebralorgane gross; ihre Lage wechselt. Fast stets mit vielen, grossen Augen. Zahl der Rüsselnerven verschieden. Kopfdrüse nicht stark aus- gebildet. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 2 Gattungen, 67 sichere Arten, von denen 2 in 5 Unterarten zer- fallen, und 8 unsichere Arten. Uebersicht der Gattungen: Rhynchocölom ohne Auspackungen . . . ....,1.Gen. Amphiyorus pP: 430: Rihynchoeölom mit unpaaren ventralen Nas nson . . 2. Gen. Proneurotes p. 432. 1. Gen. Amphiporus Ehrenberg'*). Taf. I, Fig. 6 u. 11. — Taf. XII, Fig. 1. — Taf. XII, Fig. 6 u. 12. Zu dieser an Arten reichen Gattung gehören Nemertinen, welche sich durch ihren weichen Körper auszeichnen. In der Regel sind es ge- drungene Würmer, die selten länger als 100 mm werden und eine enorme Contractilität besitzen. Sie ziehen sich schneckenartig zusammen, rollen sich aber nieht schraubenförmig auf und verknäueln sich auch nicht. Sie vermögen nicht zu schwimmen. Ihr Körper ist walzenförmig oder ven- tral etwas abgeplattet. Der Kopf ist bald vom Rumpfe mehr oder minder deutlich abgesetzt, breiter oder schmäler als dieser, bald ist es unmög- lich, Kopf und Rumpf abzugrenzen. Im ersteren Fall besitzt der Kopf eine charakteristische Form: er ist teller-, spatel-, herz- oder kegelförmig. Die Färbung ist sehr verschieden; vornehmlich sind es gelbe, braune oder rothe Tinten in mannigfachen Abstufungen, welche diese Thiere auf- weisen. Der Rücken pflegt lebhafter als der Bauch gefärbt zu sein. Aeusserst selten ist irgendwelche Zeichnung vorhanden. Im Epithel der Haut lassen sich mitunter besondere Drüsenzell- streifen wahrnehmen (A. glandulosus Bürger). Die Kopfdrüse ist im All- *) 1831, No. 34. — 1895, No, 256, p. 558. Metanemertini. 451 gemeinen nur schwach entwickelt. Sie besteht nur aus wenigen, kurzen Zellschläuehen, die über dem Rhynchodäum gelegen sind und niemals bis an das Gehirn hinanreichen. Gelegentlich fehlt die Kopfdrüse. Da- gegen finden sich in der Kopfspitze vielfach Drüsenzellen, welche den Cutisdrüsenzellen der Heteronemertinen gleichen und wie diese angeordnet sind. Dieser Drüsenzellmantel hört in der Regel in der Gehirngegend auf oder wird nach hinten zu unvollständig, indem diese Drüsenzellen an der Ober- und Unterseite des Kopfes ausfallen. Sehr häufig setzen sich weiter nach hinten laterale, die Seitenstämme begleitende Streifen solcher Drüsenzellen fort. Der Hautmuskelschlauch ist sehr kräftig entwiekelt und enthält auch eine Diagonalmuskelschicht. Die dorsoventrale Museulatur bildet breite, metamer angeordnete Muskelplatten. Mund und Rüsselöffnung fallen in der Regel zusammen, indem der Oesophagus in das Rhynchodäum (meist dicht vor der Rüsselöffnung) einmündet. Seltener besitzen Oesophagus und Rhynchodäum gesonderte Ausmündungen, die sich alsdann aber in unmittelbarer Nachbarschaft be- finden. Stets mit Blinddarm, der in der Regel zwei mehr oder minder lange Taschen nach vorn sendet. Das Rhynchocölom besitzt keine Taschen. Der Rüssel ist stets kräftig entwickelt. Es ist immer nur ein Angriffsstilett vorhanden und der Sockel desselben meist kegelförmig. Oefters mit mehr als zwei Reservestiletttaschen (bis 12). Anzahl der Reservestilette in jeder Tasche meistens gering. Sockel und Stilett sind nur selten sehr verschieden an Länge. Die Stilette sind bei allen Arten sehr einförmig. Die Zahl der Rüsselnerven wechselt und ist charakteristisch für die Arten, in- dessen beträgt sie selten über 20 und in der Regel 10—16. Der Nephridialapparat ist auf die Gegend zwischen Gehirn und Mitteldarm beschränkt. Das Gehirn ist allgemein mächtig entwickelt, und die dorsalen Gang- lien sind fast ausnahmslos bedeutend umfangreicher als die ventralen. Die Gehirneommissuren sind relativ lang; besonders die dorsale fällt durch ihre Länge auf. Die Seitenstämme verlaufen annähernd lateral. Neurochordzellen und mithin Neurochorde fehlen. Die Cerebralorgane sind stets vorhanden und kräftig entwickelt. Sie können vor, neben oder hinter dem Gehirn liegen. Auch das Frontal- organ ist überall auffallend entwickelt. Durch dasselbe mündet die Kopf- drüse nach aussen. Augen zahlreich (man kennt Arten mit gegen 200), selten fehlend, niemals in der Vierzahl vorhanden. Die Augen sind vielfach ziemlich gross und in der Regel jederseits in Reihen, seltener in Gruppen oder Haufen angeordnet. Bei einigen Arten begleiten die Augen noch die Seitenstämme ein beträchtliches Stück nach hinten. Die Pigment- becher der Augen sind meist flach, seltener tiefer als breit. Geschlechter getrennt. Die Geschlechtssäcke alterniren häufig nicht regelmässig mit den Darmtaschen. 452 Systematik. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. Tiefe 1—680 m. Mit 66 sicheren Arten, von denen 2 in 5 Unterarten. zerfallen, und 8 unsichere Arten. 2. Gen. Proneurotes Montgomery *). Von dieser Gattung kennt man bisher nur eine Art. Dieselbe ist 20 mm lang und 2—3 mm breit. Der Kopf ist kaum verbreitert und vorn abgerundet. Färbung dunkelbraun, vorn orangefarben. Proneurotes ist wie Amphiporus stark contractil, indem sie sich auf ein Viertel ihres ausgestreckten Zustandes zu verkürzen vermag. Das Rhynchocölom besitzt fünf ventrale, unpaare, sackartige Aus- stülpungen. Diese Eigenthümlichkeit ist der wesentliche Unterschied von Amphiporus. Der Stilettapparat verhält sich wie bei Amphiporus. Rüssel mit 11 Nerven. Die Kopfdrüse dehnt sich bis hinter das Gehirn aus. Die Analeommissur liegt unter dem Darm verhältnissmässig weit vor dem After und wird vom Rhynchocölom und den Blutgefässen nach hinten überragt. Mit zahlreichen Augen, die jederseits im Kopfe zwei Gruppen bilden. Geschlechter getrennt. Nordatlantischer Ocean (Sea Isle City [New Jersey]). Ebbestrand. 1 Art. 3. Fam. Drepanophoridae Vemill. (1892, No. 237, p. 415.) Stets mehrere Centimeter lang (6—40 cm), breit und stark, Bauch abgeplattet. Darmtaschen nicht verzweigt, der Blinddarm stülpt nach vorn Taschen aus. Geschlechtssäcke regelmässig mit den Darmtaschen abwechselnd. -Augen zahlreich. Die Cerebralorgane liegen neben oder ein wenig hinter dem Gehirn. Das Rhynchocölom besitzt metamer an- geordnete paarige Seitentaschen. Rüssel mit vielen Angrifisstiletten, die einem sichelförmigen Sockel aufsitzen. Der Rüssel enthält viele Nerven (14 bis über 30). Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 1 Gattung mit 9 sicheren Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt, und 1 unsicheren Art. 1. Gen. Drepanophorus Hubrecht**) Taf. I, Fig. 9. — Taf. IV, Fig: 7.u. 5. —TalNV, Bie, 4 are Fig. 3 u. 4. — Taf. XI, Fig. 5. Die Drepanophoren gehören zu den kräftigesten Metanemertinen, welche wir kennen. Zwar sind sie im Allgemeinen nicht über 100 mm *) Montgomery, H. Thos., Deseription of new Metanemerteans with Notes on other species. In: Zool. Jahrb. Syst. Bd. 10. 1897, p. 4—6. *%) 1874, No. 132, p. 102. — 1895, No. 256, p. 572. Metanemertini. 455 lang und 5 mm breit; indessen giebt es Arten, welche bis zu 400 mm lang und 20 mm breit werden. Der Körper ist immer sehr stark abge- plattet, der Bauch vollständig platt, der Rücken nur sehr mässig ge- wölbt. Die Seitenränder sind mitunter so dünn, dass sie durchscheinen. Es sind sehr spröde, wenig contractile Würmer und unfähig, sich auf- zuknäueln, dagegen vermögen sie zu schwimmen. Der Kopf ist vom Rumpfe abgesetzt und herzförmig oder lanzettlich. Die Arten dieser Gattung besitzen eine gelbe, bräunliche oder röth- liche Grundfarbe und häufig eine Zeichnung, welche aus mehreren Längs- streifen besteht, die am Rücken entlang laufen. Die Kopffurchen pflegen recht auffallend hervorzutreten und besonders gefärbt zu sein (Taf. II, Fig. 13 u. 14). In seiner Organisation lehnt sich Drepanophorus an Amphiporus ziem- lich eng an. Besonders hervorzuheben sind die folgenden, zum Theil ab- weichenden Punkte. Die Kopfdrüse ist stets sehr wenig entwickelt (Taf. IV, Fig.7). Subepitheliale Drüsenzellen fehlen. Mund und Rüsselöff- nung sind getrennt. Das Rhynchocölom besitzt geräumige, metamer ange- ordnete seitliche (paarige) Taschen. Dieselben lagern über den Darmtaschen und alterniren wie diese mit den Geschlechtssäcken (Taf. IV, Fig. 11 u. 15 aund#Eaf. \Vl, Kies 11). Der Rüssel ist mit zahlreichen (etwa 20) nagelförmigen Angriffs- stiletten ausgestattet, die einem sichelförmigen Sockel aufsitzen, und mit ebensovielen Reservestiletttaschen, die ungefähr je 10 KReservestilette enthalten. Die Zahl der Rüsselnerven wechselt bei den verschiedenen Arten und ist oft eine sehr grosse (14 bis über 30). Die Cerebralorgane liegen hinter dem Gehirn. Die Seitenstämme verlaufeu ventral einander stark genähert. Es sind Neurochordzellen und Neurochorde vorhanden. Mit sehr vielen, grossen Augen, die in der Regel zweireihig im Kopfe angeordnet sind. (Geschlechter getrennt. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. 9 sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt, und eine unsichere Art. 4. Fam. Prostomatidae (Tetrastemmatidae, Hubrecht 1879, No. 154, p- 226). In der Regel nur 1—1,5, seltener bis 3,5 em lang, zumeist schlank und platt, seltener gedrungen und walzenförmig. Fast stets 4 Augen vorhanden. Die Ballen der Geschlechtsproducte wechseln regelmässig mit den Darmtaschen ab; diese sind nicht verzweigt. Es fehlen am Blind- darm in der Regel lange, nach vorn gestülpte Taschen. Die Cerebral- organe liegen stets vor dem Gehirn. Der Rüssel enthält fast stets 10 Nerven. Kopfdrüse in der Regel stark entwickelt. Wahrscheinlich über die ganze Erde verbreitet. Meeres- oder Süss- wasserthiere. Freilebend, nur wenige Arten schmarotzend. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. 28 434 Systematik. 5) 3 Gattungen, 75 sichere Arten, von denen 3 in 8 Unterarten zer- fallen, und 8 unsichere Arten. Uebersicht der Gattungen: f Süsswasserthiere. . . .. » 02 22 eur... 8. Gen. Stechosiemma p.. 456. "| Meeresthiere — 2. „ J Ziemlich platt, von weichem Ausschen. . ... . 1. Gen. Prostoma . p. 434. “1 Walzenförmig, von starrem Aussehen . . . . . „2. Gen. Oerstedia . p. 435. 1. Gen. Prostoma Ant. Duges*) (Tetrastemma Ehrenberg**). Taf: I, Eig., 1.0.8. Taf. Wie. 3. — Taf AV, Bios Dai-ıvy, Big. 2. Es sind zwei Formenkreise zu unterscheiden: 1) 10—20 mm lange, sehr schlanke, kaum über 1 mm breite Arten und 2) den Amphiporen ähn- liche, 20—35 mm lange, mehrere Millimeter dicke, gedrungene Arten. Die Angehörigen dieser Gattung sind meist ziemlich rundlich, der Bauch ist nur wenig abgeplattet. Der Kopf ist vielfach sehr deutlich vom Rumpf abgesetzt, öfters aber auch wenig oder gar nicht vom übrigen Körper zu unterscheiden. Er ist sehr häufig spatelförmig, nieht selten indess scheibenförmig oder einfach abgerundet. Häufig ist der Kopf ein wenig verbreitert. Das Hinterende verjüngt sich allmählich. Die Pro- stoma-Arten kriechen auf der gesammten Bauchfläche. Ausser Blau treten alle möglichen Farben und Farbenmischungen auf. Bei vielen Arten zieren den Rücken dunkle Längsstreifen, seltener treten Reihen quadratischer Felder auf; meines Wissens giebt es keine Art mit ringförmigen Querbinden. Besonders charakteristisch ist für sehr viele Arten die Kopfzeichnung, welche in der Regel aus schwarzen oder braunen Pigmentbinden besteht, die sich (quer oder längs) zwischen den Augen ausspannen. Seltener finden sich am Kopf complieirtere Ornamente, wie Rosetten oder geweihartige Figuren. Im Bau schliesst sich Prostoma an Amphiporus an. Bei vielen Arten fallen gewisse Complexe epithelialer Drüsenzellen auf, welche an der Kopfspitze gelegen sind oder am Rücken in Form von Streifen entlang ziehen. Die Kopfdrüse ist in der Regel kräftig entwickelt, ohne aber immer über das Gehirn nach hinten hinauszuragen. Mund und Rüssel- öffnung fallen zusammen. Der Blinddarm ist stark entwickelt und er- streckt sich bis zum Gehirn nach vorn. Oefters kommen ein Paar nach vorn gerichtete Taschen (wie bei Ampheporus) vor. Der Rüssel ist sehr kräftig entwickelt. Er enthält fast stets 10 Nerven. Sein Stilettaparat gleicht dem von Amphiporus, zeigt aber eine grosse Gleichförmigkeit. Angriffsstilett und Sockel sind in der Regel gleich- lang. Der Sockel pflegt in der Mitte ringförmig eingeschnürt zu sein. *) 1828, No. 31, p. 140: **) 1831, No. 34. — 1874, No. 125,-p. 164. — 1895, No. 256, p. 577. Metanemertini. 455 Es sind ausnahmslos nur zwei Taschen mit Reservestiletten vorhanden, die selten mehr als zwei bis drei Reservestilette enthalten. Die Excretionsgefässe sind in der Regel kurz und weit und be- schränken sich auf die Gegend des Gehirns und Magendarms. Das Gehirn ist kräftig entwickelt, die dorsalen Ganglien sind indess selten umfangreicher als die ventralen. Die Seitenstämme verlaufen in den Seiten des Körpers und enthalten oftmals einen zweiten, dorsal über ihrem Ganglienzellbelag gelegenen Faserstamm, der eine Fortsetzung der dorsalen Ganglien vorstellt. Ohne Neurochordzellen und Neurochorde. Die Cerebralorgane liegen immer dicht vor dem Gehirn. Mit Frontal- organ. In der Regel mit vier mittelgrossen, einfachen Augen, seltener mit vier grossen Doppelaugen, die im Viereck oder Rechteck stehen, dessen längere Seiten meistens mit der Längsaxe des Körpers gleich- laufen. Geschlechter meistens getrennt, selten Zwitter oder protandrisch- hermaphroditisch. Die Geschlechtssäcke alterniren sehr regelmässig mit den Darmtaschen. Wahrscheinlich über die ganze Erde verbreitet. Meeresthiere. Frei- lebend, nur wenige Arten schmarotzend. 5) 63 sichere Arten, von denen 3 in 8 Unterarten zerfallen, und 8 un- sichere Arten. 2. Gen. Oerstedia Quatrefages*). Tarz., Rio, 320.4: Die Arten dieser Gattung gleichen in ihrer Organisation Prostoma. Indessen weichen sie hinsichtlich der Körperform auffällig von jenen ab. Sie sind völlig walzenförmig und vorn und hinten fast gleichförmig. Ausserdem haben sie ein auffallend starres Aussehen. Sie kriechen auf linienartig schmaler Sohle. Die Oerstedien gehören zu den kleinsten Nemertinen, da sie nur 5—10 mm lang und nur den Bruchtheil eines Millimeters breit werden. Die Färbung der Oerstedien ist sehr verschieden: grünlich, gelblich, braun, rostfarben oder roth. Den Körper zeichnen öfters andersfarbige Binden, oder er erscheint marmorirt. Die Reservestiletttaschen beherbergen öfters eine grössere Anzahl (fünf) Reservestilette. Mit vier kleinen Augen, die im Rechteck stehen, dessen längere Seite parallel zur Körperaxe orientirt ist. (eschlechter getrennt. Nordatlantischer Ocean mit Nordsee und Canal La Manche (Nor- wegen, Grossbritannien, Irland, Dänemark, Helgoland, Frankreich, Madeira, *) 1846, No. 54, p. 183, 221. — 1895, No. 256, p. 592. 28* 436 Systematik. Nordamerika), Mittelmeer (Banyuls, Marseille, Neapel, Sicilien), nord- pacifischer Ocean (Californien). Tiefe 1—60 m. 5 Arten. 3. Gen. Stichostemma T. H. Montgomery”). Taf. XX, Fig. 10. — Taf. XXI, Fig. 4. L. Böhmiz nahm 1895**), die Gattung Stichostemma Montgomery wieder auf, welche er früher infolge meiner Ausführungen zugunsten von Prostoma hatte fallen lassen. Mit Montgomery erblickt er die Berechtigung der Gattung Stichostemma darin, dass bei ihren Angehörigen das Rhynehocölom nicht bis ins hintere Körperende reicht, die Exere- tionsorgane sich aber vom Gehirn bis zum After erstrecken. Ich kann mich dieser Begründung nicht verschliessen, und es scheint mir jetzt wahrscheinlich, dass die in Frage kommenden Süsswassernemertinen die Aufstellung einer besonderen Gattung rechtfertigen. Ich musste früher daran Anstoss nehmen, weil Montgomery eine Anzahl von Nemertinen in das Genus Stichostemma einreihte, die mir aus eigener Anschauung als sichere Prostoma-Arten bekannt waren, und überdies die Charakteristik seiner neuen Gattung keine glückliche war. Die Arten dieser Gattung werden 3—30 mm lang und 0,6—0,5 mm breit. Sie sind mehr oder minder abgeplattet und weich. Der Kopf ist mitunter ein wenig verbreitert und vorn abgerundet. In der Jugend sind sie meistens weiss oder auch braungelb, erwachsen gelb, orange- farben, roth, braun oder grünlich. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Der Darm ist mitunter mit langen, bis zum Gehirn reichenden Blindsäcken versehen. Das Rhyncho- cölom erstreckt sich bis in das hintere Körperdrittel hinein, endet aber bedeutend vor dem After. Rüssel mit zwei Paar Reservestiletttaschen und einem Angriffsstilett, das sich wie bei Prostoma verhält. Der Rüssel wird von 9—10 Nerven durchzogen. Die Exeretionsgefässe dehnen sich von der Koptspitze bis zum After aus und weisen jederseits mehrere Ausführgänge auf (Taf. XIV, Fig. 5). Die Cerebralorgane liegen vor dem Gehirn. Meist mit Frontalorgan. Mit Kopfdrüse, deren Schläuche aber nicht über das Gehirn nach hinten hinausragen. In der Regel besitzen die erwachsenen Thiere drei Paar, die jungen indess nur zwei Paar Augen. Protandrisch-hermaphroditisch, zwittrig, getrenntgeschlechtlich, eier- legend oder lebendiggebärend. Süsswasser. Europa (England, Deutschland [Aquarium des Berliner Zoologischen Institutes], Oesterreich [Graz], Frankreich [Montpellier], Schweiz [Genfer *, 1894, No, 245, p. 1, 17. **) op, cit., p. 247. Metanemertini. 437 Seel, Russland). — Asien (Turkestan [Taschkent]). — Nordamerika (Pennsylvanien). — Ostafrika (Oberlauf des Rufuflusses). 7 Arten. 5. Fam. Neetonemertidae Verill. (1892, No. 237, p. 446.) Kurz und breit, Hinterende zu einer wagerechten Flosse verbreitert; zum Schwimmen befähigt. Mund und Rüsselöffnung getrennt. Das Rhynchoeölom reicht bis in das hintere Körperdrittel. Mit Rückengefäss und zwei Seitengefässen. Theilweise mit fadenförmigen Anhängen in der vorderen Körpergegend. Stilettapparat? Augen ? Atlantischer Ocean. Tiefseebewohner. 2 Gattungen, 2 Arten. Uebersicht der Gattungen: Ohne fadenförmige Anhänge . . . 2 2.2.2.2... 1. Gen. Nectonemertes p. 437. Mit 2 seitlichen fadenförmigen Anhängen hinter dem OD el gr 5 2 Gens Hyalonemierress m AnB- 1. Gen. Nectonemertes Verrill *). ars 114 Bror6. Von dieser höchst seltsamen Gattung kennt man bisher nur eine Art. Ein grosses Exemplar derselben besass eine Länge von 38 mm, eine Breite von 9mm und eine Dicke von 2 mm. Die Länge des eiförmigen Kopfes betrug 4 mm, seine Breite 6 mm. Der Kopf ist vom Rumpf deutlich abgesetzt und durch einen nackenartigen Abschnitt getrennt. Hinter dem Kopf befinden sich ein Paar 14 mm lange, dünne, faden- förmige Anhänge, welche sich nach ihren Enden zu verjüngen. Das Schwanzende ist zu einer wagerechten Flosse verbreitert und vom übrigen Körper auffallend abgesetzt. Wahrscheinlich weisslich oder farblos und transparent. Die Körperwand ist mit einem kräftigen Hautmuskelschlauch aus- gestattet, der das Thier zum activen Schwimmen befähigt. Die faden- förmigen Anhänge sollen soiide Ausstülpungen der Körperwand, bezugs- weise des Hautmuskelschlauches sein. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis zum Schwanzende. Der Rüssel ist lang und schlank und besitzt die den Metanemertinen eigenthümliche zwiebelförmige Anschwellung, indess vermochte Verrill einen Stilett- apparat (an den in Alkohol conservirten Thieren) nicht zu entdecken. Die Darmtaschen sind meist zweilappie. Mit Rückengefäss und zwei Seitengefässen. Die Seitenstämme nehmen die für die Metanemertinen charakteristische Lage ein. Augen fehlen wahrscheinlich. Wir ermangeln bislang der Angaben über das Gehirn, die Cerebral- organe und Nephridien. *) 1892, No. 237, p. 447. — 1895, No. 256, p. 59. 438 Systematik. Wahrscheinlich getrenntgeschlechtlich. Nordatlantischer Ocean, östlich von Nordamerika. Tiefe 1062—3172 m. 1 Art. 2. Gen. Hyalonemertes Vermill*). Auch von dieser Gattung kennt man nur eine Art, welche aber un- genügender als die vorhergehende studirt ist. Man erbeutete nur zwei Exemplare. Länge 20—38 mm, Breite 3,5—11 mm. Der Körper ist verhältniss- mässig schlanker als der von Neetonemertes und spindelförmig. Mit hori- zontaler Schwanzflosse. Der Kopf ist nicht vom Rumpf abgesetzt. Ohne fadenförmige Anhänge. Rüssel wahrscheinlich mit Stilettapparat. Darm- taschen nicht gelappt. Mit Frontalorgan. Nordatlantischer Ocean, östlich von Nordamerika. Tiefe 1510-—2980 m. 1 Art. 6. Fam. Malacobdellidae E. Blanchard. (1847, No. 58, p. 143.) Kurz und gedrungen, am hinteren Ende mit Saugnapf. Darm ohne Taschen, aber geschlängelt. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Rüssel ohne Waffenapparat. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis zum hinteren Körperdrittel oder reicht fast bis zum After. Es sind ein Rücken- gefäss und zwei Seitengefässe vorhanden. Wahrscheinlich über die ganze Erde verbreitet. Schmarotzer in Meeres- und Süsswassermollusken. 1 Gattung mit 3 Arten. 1. Gen. Malacobdella Blainville**). Tat. AL, Eie.s]1.= Tat XV aRosT Malacobdella unterscheidet sich so sehr durch ihre Gestalt und Lebensweise von allen anderen Nemertinen, dass dieselbe seit ihrer Ent- deckung durch OÖ. F. Müller 1776 bis zum Jahre 1876 zu den Hirudinen gerechnet wurde. Das Verdienst, ihre Zugehörigkeit zu den Nemertinen erkannt zu haben, gebührt Semper”*"). In ihrer äusseren Erscheinung gleicht Malacobdella der Gattung Glossosiphonia. Die bekannteste Art ist die auch in der Nordsee heimische M. grossa. Bei dieser wird das Männchen 22—50 mm lang und S mm breit, das Weibchen 24—26 mm lang und 11,5—13 mm breit. Eine japanische Art, M. japonica, ist sehr viel länger und schlanker, indem *) 1892, No. 237, p. 451. — 1895, No. 256, p. 59. **) 1827, No. 30, p. 270. — 1878, No. 146, p. 360. — 1895, No. 256, p. 597. — Ferner op. eit., pag. 247. ==) No. 145. Metanemertini. 459 sie 45 mm lang und 4 mm breit wird. Der Körper ist bei den beiden bereits genannten Arten sehr breit und blattförmig, dagegen bei M. auri- culae, welche Chile bewohnt, gestreckt und walzenförmig, indem ihre Länge S—10 mm und ihre Breite in der Mitte 2 mm beträgt. Männchen und Weibchen sind wenigstens bei M. grossa verschieden gefärbt. Ersteres sieht weisslich oder graugrün aus, letzteres gelblich orangefarben oder braun. Die Thiere lassen Rüssel, Darm und Gehirn durchschimmern. Das Epithel der Haut ist sehr hoch, aber ärmer an Drüsenzellen als bei den anderen Metanemertinen. Die Grundschicht bildet eine sehr feine Membran. Die Längsmuskelschicht ist nur wenig stärker als die Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs. Eine Diagonalmuskelschicht fehlt. Es ist kein Rhynchodäum ausgebildet, sondern der Rüssel öffnet sich in einen Vorhof, der als die Verlängerung des’Vorderdarms aufzufassen ist. Ein Magendarm ist vorhanden. Derselbe ist von einem Mantel von Drüsenzellen umgeben. Der Mitteldarm besitzt keine seitlichen Taschen und ist nicht gegliedert. Er verläuft geschlängelt, eine Eigenthümlich- keit, welche keine andere Nemertine aufweist. Ein Blinddarm fehlt. Das Rhynchocölom erstreckt sich fast bis zum After nach hinten. Der Rüssel entbehrt des Stilettaparates. Es sind ein Rückengefäss und zwei Seiten- gefässe vorhanden, welche im Kopf und Schwanzende miteinander com- municiren und ausserdem durch Anastomosen regellos miteinander ver- bunden sind. Die den metameren Gefässcommissuren der übrigen Nemer- tinen entsprechenden Verbindungen fehlen. Dagegen geben die Blut- gefässe iberall im Körper, besonders aber in der Gegend der Saugscheibe, zerstreute Zweige ab (Taf. XIV, Fig. 10). Auch durch diese Thatsache weicht Malacobdella von allen anderen Metanemertinen ab. Das Excretions- gefässsystem ist kurz und befindet sich in der Gegend des Magendarms. Jedes Nephridium besitzt nur einen Ausführgang, der von seinem hinteren Ende abgeht und am Bauche ausmündet. Das Gehirn befindet sich dort, wo der Rüssel in den Vorhof mündet. Die Gehirnhälften liegen auffällig weit auseinander, und aus diesem Grunde sind die Gehirneommissuren hervorragend lang. Die dorsalen Ganglien sind kleiner als die ventralen. Die Seitenstämme verlaufen ventral. Es sind weder Cerebralorgane noch Augen vorhanden. Das Leibesparenchym ist besonders stark entwickelt und zeigt mehr eine zellige als gallertige Beschaffenheit. In dasselbe sind reichlich Drüsenzellen eingebettet, welche überall durch die Haut nach aussen münden. Malacobdella besitzt am hinteren Körperende eine ventral gelegene, tellerförmige Saugscheibe. Dieselbe ist mässig ausgehöhlt und reich an Muskelfasern, Drüsenzellen und Verzweigungen der Blutgefässe. Ferner besitzt sie ein Balkennetz von Bindegewebe, das zahlreiche Lücken ein- schliesst, so dass v. Kennel das Gewebe der Saugscheibe mit einem Schwellgewebe vergleicht. v. Kennel glaubt, dass durch das Blut. 440 Systematik. welches in die Lücken des bindegewebigen Netzes eintreten soll, die Ausbreitung und das feste Andrücken der Saugscheibe an eine Unterlage herbeigeführt wird, während die Museculatur, eine Contraetion des Haft- organes herbeiführend, loslösend wirkt. Geschlechter getrennt. Die Geschlechtsporen befinden sich am Rücken, dort jederseits mehrere Reihen bildend. Ostsee, nordatlantischer Ocean mit Nordsee und Canal La Manche, Mittelmeer, nordpaeifischer Ocean (Nordjapan) und Chile (aber in Chile Süsswasserbewohnerin). Schmarotzer (Semiparasiten) in der Mantelhöhle von Meeres-Lamelli- branchiaten: Mya truncata L., M. arenaria L., Venus exoleta L., V. mer- cenaria L., Cyprina islandica (L.), Isocardia cor (L.), Cardium aculea- tum L., Mactra stultorum L., Pholas cerispata (L.), Mactra sachaliensis Schrenk. Die chilenische Art (M. auriculae Blanch.) dagegen in der Lungen- höhle von Ohilina dombeiana (Brug.). 3 Arten. 7. Fam. Pelagonemertidae Moseley. (1875, No. 138, p. 381.) Körper blattförmig, auffallend breit und verhältnissmässig dünn. Das Rhynchocölom reicht bis in die Nähe ‚des Afters. Rüssel ohne Stilette. Darm mit Taschen. Es sind weder Cerebralorgane, Augen, noch sonstige Sinnesorgane vorhanden. Körper gelatinös und stark durchsichtig. Freischwimmende Tiefseethiere. Pacifischer Ocean. 2 Gattungen mit 3 Arten. Uebersicht der Gattungen: Ohne Rückengefäss . . ... . . wu... 0.2.1. Gen: Pelagonemertesa pr 40: Mit Rückengefäss . . . „2... 1.0.2.2. .:.2. Gen. Planktonemertes p. Al. 1. Gen. Pelagonemertes Moseley *). Tatrzll, Ki2727,:10. Der Körper dieser merkwürdigen Nemertine ist blattartig, lanzettlich oder herzförmig, vorn breit abgekantet oder in der Mitte eingebuchtet, nach hinten verjüngt. Länge 13—40 mm, Breite 11—20 mm, Durch- messer 1—5 mm. Der Körper lässt keinerlei Abschnitte erkennen. Auch ein Kopf ist nicht abgesetzt. Die Thiere sind bis auf den Darmtractus völlig durchsichtig. Das Hautepithel ist hoch und reich mit Drüsenzellen ausgestattet. Die Grundschicht ist viel mächtiger als bei anderen Metanemertinen ent- wickelt und übertrifft das Epithel mehrmals an Dieke. Dagegen ist der Hautmuskelschlauch überaus dünn. Die Ringmusculatur besteht sogar *) 1875, No. 137, p. 165. — 1887, No. 204, p. 25. — 1895, No. 256, p. 595. Metanemertini. 441 nur aus einer einzigen Schicht von Fibrillen. Eine Diagonalmuskel- schicht fehlt. Die Rüsselöffnung liegt terminal. Sie befindet sich bei P. rollestoni an der Spitze eines Höckers, welcher den Körper vorn über- ragt, bei P. moseleyi in der Mitte einer tiefen Bucht, welehe vorn in den Körper einschneidet. Die Mundöffnung ist von der Rüsselöffnung getrennt und befindet sich dicht hinter der Rüsselöffnung an der Unterseite des Körpers. Der Mund führt in den der Taschen entbehrenden Vorderdarm. Der Mitteldarm besitzt 5—13 Paar Taschen, welche zum Theil verästelt sind. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis in die unmittelbare Näbe des Afters. Der Rüssel ist etwas kürzer als der Körper des Thieres und er- mangelt des Stilettapparates. Es sind nur zwei Seitengefässe vorhanden, welche in ihrem Verlauf den Seitenstämmen folgen. Sie lagern einwärts von diesen und unter den Darmtaschen. Die Seitengefässe vereinigen sich über dem After und wahrscheinlich auch in der Gehirngegend, in der sie sich beträchtlich erweitern. Exeretionsgefässe wurden vermisst. Die Gehirnhälften sind nahe zusammengerückt. Die Commissuren sind infolgedessen kurz. Die dorsalen Ganglien sind kleiner als die ventralen. Die Seitenstämme verlaufen nicht in den Seiten oder am Bauche des Körpers, sondern ziemlich in der Mitte desselben und stark einwärts gerückt unter den Darmtaschen. Sie vereinigen sich vor dem After über dem Enddarm. Es fehlen Cerebralorgane und Augen. Auch über die Anwesenheit eines Frontalorgans oder einer Kopfdrüse ist nichts bekannt. Das Leibes- parenchym ist in ein Gallertgewebe umgewandelt und mächtig entwickelt. Ihm verdanken diese Geschöpfe vornehmlich ihre Durchsichtigkeit. Es sind nur weibliche Thiere bekannt. Geschlechter sehr wahr- scheinlich getrennt. Südpaeifischer Ocean (südöstlich von Australien) und nordpaeifischer Ocean (südöstlich von Japan). Tiefe 768—3292 m. 2 Arten. 2. Gen. Planktonemertes Woodworth*). Tan xx, Eier Beute: Der Körper ist offenbar schlanker als bei Pelagonemertes. Man hat bisher fünf Exemplare beobachtet, welche folgende Masse besassen: Länge 47 mm, grösste Breite 13,5 mm, grösste Dicke 3 mm, L; 24 mm, ® in I: mim, s: 1222 Domms ne m, . . 5,9 mm, » eleemm. 2 388mm, = =, elion-= nm): n a nit z 57 mm, - “ 16 mm, Ai alt *) Woodworth, W. MeM., Preliminary account of Planktonemertes agassizü, a new pelagie Nemertean. In: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College. Bd. 35. 1899, p. 1—4, nebst 1 Taf, 442 - Systematik. Die Gestalt von Planktonemertes gleicht der vieler mariner Turbella- rien. Die Seitenränder sind einander annähernd parallel und pflegen sich wellig zu kräuseln. Beide Körperenden sind abgerundet. Das hintere Ende verjüngt sich ein wenig. Körperabschnitte sind nicht erkennbar. Alle Thiere waren stark durchsichtig, indess nicht farblos, sondern vier waren orangefarben und eines rosenroth. Mund und Rüsselöffnung fallen zusammen. Der Darm besitzt über 50 Paar Taschen, welche ungemein stark verzweigt sind. Es ist ein Rückengefäss vorhanden. Die dorsalen Ganglien sind sehr viel kleiner als die ventralen. Im Uebrigen schliesst sich diese Gattung an die vor- aufgehende an. Es sind nur Weibchen bekannt. Geschlechter höchst wahrscheinlich getrennt. Pacifischer Ocean (zwischen 0° 16‘0“ nördl. Br. und 7°21°0“ nördl. Br. und 79°2‘0” westl. L. und 90° 21‘30“ westl. L.). Tiefe etwa 1000—3500 m. 1 Art. 4. Örd. Heteronemertini Bürger. (1892, No. 226, p. 150.) (rehirn und Seitenstämme sind in den Hautmuskelschlauch einge- schlossen (Fig. LXI). Die Körperwand baut sich auf aus Epithel, Cutis, äusserer Längs-, Ring- und innerer Längsmus- -- Epithel E 2 2 2 _ äussere Längsmuskelschicht kelschiceht. Die Seiten- -- Ringmuskelschieht 2 ö . " innere Längsmuskelschicht stämme verlaufen zwi- --- Rhynchoeölom schen äusserer Längs- e und Ringmuskelschicht. Zwischen letzteren be- Fig. LXI. Seiten- strang Qoaaım Se findet sich, wenn vor- I ET handen, die Diagonal- muskelschicht. Die Heteronemertini. Mundöffnung liegt hinter Schematischer Querschnitt. dem Gehirn. Ohne Blind- darm. Der Rüssel besitzt keine Stilette. N Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 2 Familien, 13 sichere und 4 fragliche Gattungen, 168 sichere Arten, von denen 2 in 4 Unterarten zerfallen, und 51 unsichere Arten. Uebersicht der Familien: Der Rüsselmuskelschlauch besteht aus einer äusseren Ring- und einer inneren Längsfibrillenschiehtt . . 1. Fam.Baseodiscidae p. 443. Der Rüsselmuskelschlauch besteht aus einer äusseren Längs- und einer inneren Ringfibrillenschicht; in der Regel ist innerhalb der letzteren noch eine Längsmuskelschieht entwickelt. . . . . . . „2. Fam. Lineidae . . p. 447. Heteronemertini. 4453 1. Fam. Baseodiscidae (Eupoliidae, Hubrecht 1837, No. 204, p. 10). Kopf ohne seitliche wagerechte Spalten, aber in der Regel mit flachen ventralen Schlitzen. Der Querschnitt des Rüssels weist keine Muskel- faserkreuze und nur zwei Muskelschichten auf (eine äussere unter dem Plattenepithel gelegene Ring- und eine innere unter der Papillenschicht gelegene Längsmuskelschicht). Die Rüsselnerven nebst Rüsselnerven- schicht befinden sich zwischen Längsmuskelschicht und Papillenschicht (Taf. VII, Fig. 5). Mit stark entwickelter Kopfdrüse, deren Schläuche sich bis in die Vorderdarmgegend erstrecken. Alle Meere, mit Ausnahme der Eismeere. Freilebend. 3 Gattungen, 25 sichere Arten, von denen 1 in 2 Unterarten zer- fällt, und 4 unsichere Arten. Uebersicht der Gattungen: Rüsselöffnung weit nach hinten von der Kopf- spitze entfernt, dicht vor dem Gehirn ge- legen (Fig. LXII) 2 E 3. Gen. Joubinia . - . . p. 448. ns fast endständig (Fig. LXIT — J Kopf ohne Längsfurchen . . . 1 Gen. Baseodiscus . . . 'p. 448. “\ Kopf mit dorsaler und ventraler a 2. Gen. Polopsis . . -» „. Pp. 44. 1. Gen. Daseodiscus Diesing”*) (Eupolia Hubrecht **)). Bat Bien 13,7 Pal IL, Pier 4, = Tal. V,ıFig, 7. Körper sehr weich und meistens sehr lang, bindfadenartig oder band- förmige. Wir kennen Arten von über 3 m Länge. Der Kopf ist stets scharf vom Rumpf abgesetzt, wesentlich verbreitert, halbkreisförmig und völlige in den Rumpf zurückziehbar. Sie vermögen keine Schwimm- -bewegungen auszuführen und kriechen träge. Der Körper verknäuelt sich gern zu Klumpen; er lässt sich leicht in eine Anzahl Knoten knüpfen. Im Golf von Neapel giebt es einige stark transparente Arten, welche ziemlich kurz (Länge nur 15—55 mm) und mehr cylinderförmig sind. Letztere entbehren der Zeichnung und sind gelb, orange oder dunkelroth gefärbt. Die übrigen Arten besitzen in der Regel eine oft recht charakteristische Zeichnung, die aus einer Marmorirung oder Längs- streifen besteht, welche häufig nur den Rücken zieren. Die Grundfarbe dieser Formen pflegt olivenfarbig oder gelbbraun bis rothbraun zu sein. Die Längsstreifen, von denen 1—”7 vorhanden sein können, sind meistens dunkelbraun bis schwärzbraun. Eine Art (5b. mexicanus) be- sitzt viele weisse, dicht aufeinander folgende vollständige Querbinden. Der Bauch ist stets heller als der Rücken gefärbt und mitunter sogar rein weiss. Die Spiritusexemplare pflegen stark gerunzelt zu sein; sie bewahren die Zeichnung vielfach sehr gut. Das Epithel ist bedeutend *) 1850, No. 65, p. 182, 243. — 1887, No. 204, p. 10. 444 Systematik. niedriger, als die Cutis diek ist. Letztere setzt sich stets aus einem Drüsenzellenlager und einer Bindegewebsschicht zusammen (Taf. III, Fig. 10). Meistens sind beide Schichten gleich mächtig; mitunter ist die bindegewebige aber bedeutend stärker entwickelt, wie bei den trans- parenten Formen, wo sie eine mehr gallertige Beschaffenheit annimmt (Taf. III, Fig. 5). Die Cutis enthält, abgesehen von sehr dünnen sub- epithelialen Schichten, keine Muskelfibrillen. Der Hautmuskelschlauch ist bei den transparenten Arten zugunsten der Cutis reducirt, sonst aber so kräftig wie bei den Lineiden entwickelt. Die äussere Längsmuskel- schicht ist die mächtigste. Eine Diagonalmuskelschicht fehlt. Der Mund liegt ziemlich dicht hinter dem Gehirn, etwa 2—3 mm von der Kopfspitze entfernt, eine nur kleine rundliche Oeffnung vor- Fig. LXI. dorsale Gehirn- commissur Kopfdrüse Rüsselöffnung Ansatz des Rissels -* Rhynchodäum --” ventrale Gehirn- _-” commissur Mund Baseodiscus ceurtus. Medianschnitt des Vorderendes (ohne den ausgestülpten Rüssel). stellend. Das Rhynchocölom erstreckt sich nicht über das vordere Körper- drittel nach hinten hinaus. Der Rüssel ist relativ dünn und kurz. Sein Muskelschlauch besteht aus einer äusseren Ring- und inneren Längs- muskelschicht. Die Rüsselnerven verlaufen zwischen letzterer und der Papillenschicht. Eine innere, Rhynchoeölom und Vorderdarm umfassende Muskelschicht fehlt. Sie ist durch dorsoventrale Muskelzüge ersetzt, welche sich über dem Rhynehocölom kreuzen. Die Blutflüssigkeit eireulirt in drei Hauptgefässen, den beiden Seiten- und dem Rückengefäss, die miteinander — ausser durch die ventrale Commissur in der Gehirnregion und derjenigen über dem After — durch die metameren Commissuren der Mitteldarmregion in Verbindung stehen. Das Rückengefäss ist in der vorderen Vorderdarmgegend in das Rhyncho- cölom eingeschlossen. Die Kopfgefässe pflegen sich in der Kopfspitze mehr oder minder stark zu verästeln und nicht selten in feine Capillaren aufzulösen, die wahrscheinlich miteinander anastomosiren. Die Kopf: gefässe liegen nicht neben, sondern über dem Rhynchodäum. Die kurzen Nephridien befinden sich in der mittleren Vorderdarmgegend und münden in der Regel mittels zahlreicher, unregelmässig ange- Heteronemertini. 445 ordneter Gänge nach aussen (es finden sich gelegentlich über 20 jeder- seits). Die Gehirnhälften von Daseodiscus sind sehr gedrungen und annähernd eiförmig. Die Gehirncommissuren sind auffallend kurz. Die dorsalen Ganglien sind meistens nicht sehr viel umfangreicher als die ventralen. Die Cerebralorgane liegen am hinteren Umfang der dorsalen Ganglien und sind mit diesem derart innig verschmolzen, dass sie mit dem Gehirn eine einheitliche Masse bilden. Die Üerebralcanäle entspringen kurzen, ventral gelegenen, paarigen Schlitzen oder unmittelbar an der Oberfläche des Kopfes. Seitenorgane fehlen. Dagegen ist ein einziges, terminal gelegenes, mächtig entwickeltes Frontalorgan vorhanden, durch welches die Schläuche der Kopfdrüse ausmünden. Letztere ist colossal entwickelt und reicht weit über den Mund hinaus nach hinten. Sie besitzt auf- fallend dicke Drüsenschläuche. Mit sehr vielen, kleinen Augen (meist über 100). Geschlechter getrennt. Die Geschlechtstaschen alterniren mit den Darmtaschen. Alle Meere vom 46. nördl. bis 42.° südl. Breite. Tiefe 1—1280 m. Vorzugsweise indess aus der Gezeitenzone bekannt. 22 sichere und 3 unsichere Arten. 2. Gen. Poliopsis Joubin *). Bar ieh; Bior62 Ma RX, Rich, Schliesst sich im Ganzen eng an die Gattung Baseodiscus an. Unter- scheidet sich von dieser: 1) durch eine dorsale und ventrale mediane Kopffurche, 2) durch eine ringförmige, Kopf und Rumpf voneinander ab- setzende Furche, 3) durch das den Lineiden ähnliche Gehirn. Der Körper ist walzenförmige, weich und oft faltig; der Kopf kegel- förmig und schmäler als der Rumpf. Vorn rosenroth, nach hinten zu heller und gelblich oder gleichmässig grauröthlich. Mit etwa 80 kleinen Augen. Länge 300—500 mm, Breite 5—8 mm. (eschlechter getrennt. Mittelmeer (Banyuls). Indischer Ocean (Mauritius). Tiefe bis 45 m. 1 Art. 3. Gen. Joubinia Bürger”*) (Valencinia Quatrefages ***). Taf. II, Fig. 5. — Taf. V, Fig. 5. — Taf. XX, Fig. 8. Körper ziemlich starr, walzenförmig und, wenn das Thier nicht völlig ausgestreckt ist, hinten bedeutend dicker als vorn. Der Kopf ist mehr *) 1890, No. 215, p. 521. — 1895, No. 256, p. 608. ##) Bürger, O.-Nemertini. In: Das Thierreich. Lief. 20. 1904, p. 85. ###) 1846, No. 54, p. 185. — 1895, No. 256, p. 608. 446 Systematik. oder minder deutlich vom Rumpfe abgesetzt, schlank lanzettlich und ver- mag sich pfriemenförmig zu verjüngen. Eine Zeichnung fehlt. Bräunlich, zinnoberroth oder rein weiss. Länge 45—150 mm, Breite 2,5—3 mm. Kopfspalten und Kopfschlitze fehlen. Mund und Rüsselöffnung sind beide sehr eng und liegen nahe beieinander, da die Rüsselöffnung bis zum Gehirn nach hinten gerückt ist. Die Cutis ist nicht vom Haut- muskelschlauch abgesetzt, da ihr die Bindegewebsschicht fehlt. Die Drüsenzellbündel der Cutis sind schlank und schliessen dicht aneinander; es sind nur spärlich Muskelfibrillen zwischen ihnen entwickelt. Der Hautmuskelschlauch zeigt eine sehr geringe Entwickelung der Ringmuskel- schicht. Eine Diagonalmuskelschicht fehlt. Die Drüsenzellschläuche der Kopfdrüse sind feiner als bei Daseodiscus, reichen aber ebenfalls weit in die Vorderdarmgegend hinein. Fig. LXIH. Gehirncommissuren dorsale ventrale Rüsselöffnung Mund Joubinia longirostris. Medianschnitt des Vorderendes (ohne Rüssel). Der Mund befindet sich unmittelbar hinter dem Gehirn. Die Taschen des Mitteldarms sind ziemlich tief. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis in das hintere Körperende hinein. Der Rüssel ist kräftiger entwickelt als bei Baseodiscus. Die Seitengefässe verzweigen sich vor dem Gehirn, ein Capillarnetz von Anastomosen bildend. Die Nephridien sind sehr enge Canäle, die sich an den den Vorderdarm seitlich und ventral umgeben- den Gefässlacunen verzweigen, und besitzen ein jedes mehrere Aus- führgänge, welche über den Seitenstämmen die Körperwand durch- brechen. Die Gehirnhälften stellen eiförmige Gebilde vor, welche durch sehr kurze Commissuren vereinigt werden. Die dorsalen Ganglien sind mächtig entwickelt. Die Cerebralorgane gleichen keulenförmigen Körpern, welche dem Gehirn hinten angedrückt sind. Die Gerebralcanäle entspringen un- mittelbar an der Oberfläche des Kopfes seitlich. Ohne Augen. Geschlechter getrennt. Nordatlantischer Ocean (Schottland, Canal La Manche, Madeira; Massachusetts). Mittelmeer (Banyuls, Neapel, Sieilien). Tiefe 4—60 m. Heteronemertini, 447 2 sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt, und 1 un- sichere Art. 2. Fam. Lineidae Mc Intosh. (1874, No. 125, p. 136.) In der Regel mit tiefen, seitlichen, wagerechten Kopfspalten. Der Querschnitt des Rüssels weist drei Muskelschichten auf (äussere Längs-, Ring-, innere Längsmuskelschicht) und zeigt meistens zwei Muskelfaser- kreuze. Die Rüsselnerven und die mit ihnen in Verbindung stehende Nervenschicht sind zwischen Ring- und innere Längsmuskelschieht ein- geschlossen (Taf. VIII, Fig. 53). Die Kopfdrüse besteht in der Regel nur aus sehr dünnen Schläuchen, die sich nicht über das Gehirn hinaus nach hinten erstrecken. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 2 Unterfamilien, 10 Gattungen, 145 sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt, und 22 unsichere Arten. Uebersicht der Unterfamilien: @hmerSchwänzchen. „... 2... 20. 2.0. 2.4. Bubfam.- Lineinae=r.2 pr A447. INiiSchwänzcben) 2 ur a der ana uns vB: Subfam. Mierurmaes pr Io A. Subfam. Lineinae Bürger*) (Amicrurae Bürger, 1892, No. 226, p. 155). Am hinteren Körperende fehlt ein Schwänzchen, d.i. ein borsten- förmiger, weisslicher Anhang. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 4 Gattungen, 58 sichere und 5 unsichere Arten. Uebersicht der Gattungen: Ohne Kopfspalten — 1. Mit Kopfspalten — 2. f Kopf walzenförmig und nicht vom Rumpf abgesetzt . 1. Gen. Parapolia p. 447. | Kopf lanzettlich und vom Rumpf abgesetzt . 2. Gen. Oxypolia . p. 448. f Ungemein dick, walzenförmig . : . » 2 2.2..2..2...8. Gen. Euborlasia p. 449. 2, Schlank, faden- oder bandförmig . 4. Gen. Lineus: . p. 450. 1. Gen. Parapolia Coe **). Körper vorn walzenförmig, hinten abgeplattet. Länge 250 mm, Breite 10 mm, Durchmesser 4 mm. Kopf eylindrisch, nicht vom Rumpf abge- setzt; vorn abgerundet. (Glänzend orangefarben. Die Cutis besitzt keine Bindegewebsschicht. Die Drüsen der Cutis erfüllen auch die äussere Längsmuskelschicht. Der Mund befindet sich dicht hinter dem Gehirn. Die Darmtaschen sind gelappt. Der Muskel- schlauch des Rüssels besteht aus den typischen drei Schichten. In seinem *) Bürger, O., Nemertini. In: Das Thierreich. Lief. 20. 1904, p. 87. **) 1895, No. 253, p. 517. 448 Systematik. vordersten Abschnitt indessen ist die Ringmuskelschicht nicht entwickelt, und in seinem hintersten fällt die äussere Längsmuskelschicht aus. Muskelfaserkreuze fehlen. Die Blutgefässe bilden in der Kopfspitze ein Geflecht von Anastamosen. In der Vorderdarmgegend erzeugen sie ge- räumige Lacunen, welche den Vorderdarm, mit Ausnahme seiner dorsalen Fläche, umgeben. Die Nephridien sind kurze, reich verzweigte Canäle, welche dicht hinter dem Munde beginnen; sie endigen bereits in der mittleren Vorderdarmgegend. Jedes Nephridium besitzt nur einen Aus- führgang. Die Cerebralorgane bilden gesonderte, kleine, platte An- schwellungen, welche, in die Kopfmuseulatur eingebettet, neben den dor- salen Ganglien liegen und nicht in unmittelbare Berührung mit den Blut- gefässen kommen. Ohne Kopfspalten oder Kopfschlitze, indess mit einem Paar Querfurchen an der Kopfspitze, in welche die Cerebraleanäle aus- münden. Augen fehlen, dagegen sind ein Paar Seitenorgane vorhanden *). Die Geschlechtssäcke alterniren mit den Darmtaschen. . Nordatlantischer Ocean (Wood’s Hole |Massachusetts]). Ebbestrand. 1 Art. 2. Gen. Oxypolia Punnett””). Taf. XXI, Fig. 3. Körper kurz und gedrungen, abgeplattet. Länge bis 120 mm, Breite bis 5 mm. Kopf abgeplattet, lanzettlich und vom Rumpfe abgesetzt. Vorn milchweiss, hinten bräunlich. Die Cutis besteht aus einer gallertartigen Bindegewebsschicht, in welche reichlich Drüsenzellen eingeschlossen sind. Nach hinten zu wird das Bindegewebe mehr fibrillär. Das Rhynchoeölom reicht bis zum After. Der Rüssel weist die typischen drei Muskelschichten auf, die Ring- und äussere Längsmuskelschicht sind aber im Vergleich zu der colossal ent- wickelten inneren Längsmuskelschicht nur sehr schwach entwickelt. Die Blutgefässe bilden in der Kopfspitze eine geräumige Lacune, welche aber vom Gewebe der Kopfspitze durchsetzt ist. Der Vorderdarm ist von einem Blutlacunennetz eingeschlossen. Die Nephridien beschränken sich auf die vordere Hälfte der Vorder- darmgegend und besitzen zahlreiche, unregelmässig angeordnete Ausführ- gänge, von denen aber viele unvollständig sind, d.h. sie erstrecken sich von aussen nur bis zur Ringmuskelschicht des Hautmuskelschlauches nach innen. Das Gehirn ist verhältnissmässig hoch und wenig lang. Der von der dorsalen Gehirneommissur entspringende Rückennerv verläuft anfangs zwischen Cutis und äusserer Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauches *) Vgl. C. B. Thompson, op. cit., p. 452. ##) Punnett, C.R., Two new British Nemerteans. In: Ouart. Journ. mieros, sc. n. S. Bd. 44. 1901, p. 555, Tab. 40. Heteronemertini. 449 und biegt sich etwa dort, wo der Mitteldarm beginnt, zwischen Ring- und äussere Längsmuskelschicht hinab, sich hier mit einem zweiten, in der äusseren Muskelnervenschicht gelegenen Nerven vereinigend, der keinen Zusammenhang mit dem Gehirn besitzt, aber fast bis an das Ge- hirn binanreicht. Punnett meint, dass ersterer der wahre Rückennerv sei, letzterer aber nur eine strangartige Verdickung der (äusseren) Muskelnervenschicht vorstelle. Die Cerebralorgane sind deutlich vom Gehirn gesonderte, kleine und beträchtlich abgeplattete Gebilde von an- nähernd birnförmiger Gestalt. Sie haben keine Berührung mit den Blut- gefässen. Die Kopfdrüse ist so mächtig wie in Daseodiscus entwickelt. Dagegen fehlt das Frontalorgan. Auch Augen wurden vermisst. Die Geschlechtssäcke alterniren mit den Darmtaschen. Ihre Aus- führgänge durchbrechen die Körperwand unmittelbar über den Seiten- stämmen. Küste von England (Plymouth). Geringe Tiefe. IE AT. 3. Gen. Euborlasia L. Vaillant*) (Borlasia Me Intosh **)). Taf. XX, Fie. I. Körper ausserordentlich dick, walzenförmig oder nur in sehr geringem Grade an der Bauchfläche abgeplattet. Die Seitenränder treten nicht als Längswülste hervor. Kopf zugespitzt und nicht vom Rumpfe abgesetzt. Bei nicht völlig ausgestreckten Thieren ist das hintere Ende (drei- bis sechsmal) dicker als das vordere. Vermögen nicht zu schwimmen und knäueln sich auch nicht auf, sondern ziehen sich schneckenartig zu- sammen. Länge bis 300 mm, Breite bis 15 mm. Färbung dunkelbraun, rothbraun oder schwarzblau, Kopf weiss, hellgelb oder kirschroth. Die typische Art (E. elizabethae Me Int.) mit zahlreichen vollständigen, weiss- lichen oder gelblichen Querbinden und einer Sprenkelung von weisslichen, gelben oder olivenfarbigen Flecken. Die Drüsenzellbündel der Cutis stehen ausserordentlich dicht. Ihre Bindegewebsschicht ist ungemein feinfaserig und stark entwickelt. Der Hautmuskelschlauch wies beim lebenden Thiere eine lebhaft rothe Färbung auf. Die Diagonalmuskelschicht fehlt bis auf die Vorderdarm- gegend, wo sie aber nur sehr fein ist. Das Rhynchocölom ist im Ver- hältniss zur Körperlänge kurz. Der Rüssel ist verhältnissmässig sehr dünn. Er besitzt zwei Muskel- faserkreuze. Die Ausbildung der inneren Längsmuskelschicht ist unter- drückt. Der Mund befindet sich dieht hinter den Cerebralorganen, die Darmtaschen sind wenig tief. Die Blutgefässe bilden eine Kopfschlinge. Mund und Vorderdarm sind von einem Netzwerk von Lacunen umgeben. *) 1890, No. 216, p. 600, 616. **) 1874, No. 125, p. 198. — 1895, No. 156, p. 641. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. 29 450 Systematik. Die sehr umfangreichen Cerebralorgane werden von Blutgefässzweigen umgittert. Die dorsalen Ganglien sind beinahe doppelt so mächtig als die ventralen. Ohne Neurochordzellen. Mit horizontalen Kopfspalten, welche nicht ganz bis auf das Gehirn einschneiden und sich nicht bis zu den Öerebralorganen nach hinten erstreeken. Der Cerebralcanal ent- springt aus einem tiefen Zipfel der Kopfspalten, den sie von ihrem hinteren Ende ausstülpen. Die Kopfdrüse besteht aus sehr vielen, aber dünnen und kurzen Drüsenzellbündeln, welche den Eindruck besonders langer Cutisdrüsen machen. Mit drei sehr kleinen Frontalorganen. Ohne Augen. Geschlechter getrennt. Nordatlantischer Ocean (England). Mittelmeer (Banyuls, Marseille, Neapel). Tiefe 4—40 m. 2 Arten. 4. Gen. Lineus J. Sowerby *). Tat.l, Bio. Ausgezeichnet durch ungemein lange Formen (z. B. L. longissimus Gunn. wird gewöhnlich 5—10 m, aber ausnahmsweise sogar bis 30 m lang. Breite 2—9 mm.) Körper fadenförmig oder bandartig. Kopf meist zugeschärft, etwas verbreitert und spatelförmig. Vermögen nicht zu schwimmen, knäueln sich gern zu Klumpen zusammen. Die Arten dieser Gattung besitzen alle möglichen Farben und häufig eine Zeichnung, welche aus Längsstreifen oder vielen ringförmigen Querbinden besteht. Mitunter ist auch nur der Kopf besonders gezeichnet. Die Cutis verhält sich ähnlich wie bei Baseodiscus, da dieselbe fast oder vollkommen frei von Muskelfasern ist und aus einer annähernd gleich‘ mächtigen Drüsenschieht und Bindegewebsschicht besteht. In der Regel ohne Diagonalmuskelschicht. Kopfdrüse mitunter fehlend. Sonst in ver- schiedenartiger Ausbildung vorhanden, aber im Allgemeinen nicht über das Gehirn nach hinten hinausragend. Der Mund bildet bei den faden- förmigen Arten nur eine feine, rundliche Oeffnung, bei den grösseren band- artigen hingegen einen mehr oder minder ansehnlichen Längsschlitz. Er liegt in der Regel dieht hinter dem Gehirn und ist nur ausnahmsweise auffallend weit nach hinten verlagert, so dass die Nephridien vor dem Munde liegen (Z. lacteus H. Rathke). Die Mitteldarmtaschen sind wenig tief. Das Rhynchoeölom ist im Verhältniss zur Körperlänge kurz, ebenso der Rüssel. Die Rüsselwand besteht aus den typischen drei Schichten, von denen die äussere Längsmuskelschicht immer stärker als die innere ist. Wenn eine Muskelschicht ausfällt, so ist es immer die letztere. Stets mit zwei Muskelfaserkreuzen. Vorderdarn von einem Netz von Blutlacunen umgeben. Nephridialapparat wie bei Baseodiscus, aber im *) 1806, No. 17, p. 15. — 1874, No. 125, p. 181. — 1895, No. 256, p. 614. Heteronemertini. 451 Allgemeinen besitzt jedes Nephridium nur einen Ausführgang, dessen Porus seitlich oder, seltener, am Rücken des Thieres liegt. Die Gehirnhälften sind schlank. Oberes und unteres Ganglion sind meistens scharf voneinander abgesetzt. Ohne Neurochordzellen und Neuro- chorde. Die Üerebralorgane stellen deutlich gesonderte, kugelige An- schwellungen der dorsalen Ganglien vor. Mit tiefen, horizontalen Kopf- spalten. Mit drei kleinen Frontalorganen. Häufig mit zahlreichen kleinen Augen. Geschlechter getrennt. Die Geschlechtssäcke alterniren mit den Darmtaschen. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. 54 sichere und 5 unsichere Arten. Tiefe 1—220 m, aber vornehmlich Bewohner der Gezeitenzone. B. Subfam. Mierurinae Joubin*) (Mierurae Bürger ””)). Am hinteren Körperende befindet sich ein Schwänzchen, d.i. ein borstenförmiger, weisslicher Anhang. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Freilebend. 6 Gattungen, 85 sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zer- fällt, und 17 unsichere Arten. Uebersicht der Gattungen: Rüsselöffnung in der Mitte zwischen Kopfspitze und ae EEE AR 5 N nl Teen. Volenemure pe | Rüsselöffnung subterminal — 2. j Mit Seitenorganen — 3. | Ohne Seitenorgane — 4. f Rhynchoeölom mit seitlichen Taschen. Mit Kopfspalten 3. Gen. Mierella. . p. 454. ” | Rhynehocölom ohne seitliche Taschen. Ohne Kopfspalten 2. Gen. Zygeupoka p. 452. Ohne Neurochordzellen und Neurochorde Zum Schwimmen nicht befähigt REIT ARER | Mit Neurochordzellen und Neurochorden. Schwimmer — 5. en nicht aufwärts umgebogen; ohne Rücken- 4 4. Gen. Mierura. . p. 455. EINNEIENF AN ea Gen Gereoratitus peAn: | Seitenränder aufwärts umgebogen; mit tiefer Rücken- innerer en nr ur RE eb bGenel)inlopleurass.p: Fol. 1. Gen. Valeneinura Bergendal***). Die einzige Art dieser Gattung erreicht eine Länge von 60 mm und eine Breite von 1,5—2,5 mm. Der Körper ist vorn walzenförmig, hinten abgeplattet. Der Kopf ist nicht deutlich vom Rumpf abgesetzt und zu- *) 1897, No. 247, p. 45. **) 1892, No. 226, p. 165. — 1895, No. 256, p. 645. #**) Bergendal, D., Studien über Nemertinen. II. Valencinura bahusiensts Bergendal, ein Beitrag zur Anatomie und Systematik der Heteronemertinen. In: Lund’s Univers. Arsskr. Bd. 38. 1902, p. 1—104, tab. 1—2. 2937 452 Systematik. gespitzt. Das Schwänzchen ist auffallend breit und 2 mm lang. Der Kopf ist rein weiss; weiter nach hinten nimmt das Weiss einen rötl- lichen Ton an und macht schliesslich einer braunrothen Färbung Platz. Die Cutis besteht lediglich aus einer Drüsenzellschicht, in der sich auch Längsmuskelfasern finden, und ist nicht scharf gegen den Haut- muskelschlauch abgesetzt. Es fehlt also die Bindegewebsschicht. In der vorderen Vorderdarmgend ist eine innere Ringmuskelschicht ausgebildet, die aus tangential und ringförmig verlaufenden Muskelfasern besteht und Vorderdarm und Rhynchocölom umschliesst Die Kopfdrüse ist stark ausgebildet, reicht aber nur bis an das Gehirn nach hinten. Die Rüsselöffnung ist auffallend weit nach hinten verlagert und be- findet sich etwa in der Mitte zwischen Kopfspitze und Mund. Das Rhynchocölom erstreckt sich noch in das hintere Körperdrittel hinein. Der Rüssel besitzt, wenigstens in seinem mittleren Abschnitt, die typischen drei Muskelschichten. Muskelfaserkreuze fehlen. In seinem vorderen Ab- schnitt zeigt der hüssel Bildungen eigener Art, nämlich unter der Papillen- schicht gelegene dicke, laterale Drüsenzellstreifen. Auf der Grenze von Vorder- und Mitteldarm erleidet der Darmtractus eine auffallend starke, ringförmige Einschnürung. Die Darmtaschen folgen sehr dicht auf- einander und sind tief. Der Mund, eine feine Oefinung, liegt unmittel- bar hinter dem Gehirn. Die Blutgefässe gehen in der Kopfspitze mehrere Verbindungen ein und erzeugen ein Lacunensystem um den Vorderdarm herum. Die Nephridien breiten sich an diesen Lacunen aus; bereits dicht hinter dem Munde liegend, reichen sie fast bis zum hinteren Drittel der Vorderdarmgegend, sind also relativ lang. Jedes Nephridium besitzt mehrere (bis sechs) Ausführgänge. Das Gehirn ist schlank. Die dorsalen Ganglien sind viel umfang- reicher als die ventralen und auffallend von letzteren gesondert. Die Cerebralorgane sind überaus klein, sehr deutlich von den dorsalen Gang- lien abgesondert und besitzen eine annähernd eiförmige Gestalt. Sie sind nicht in die Blutgefässe eingesenkt. Ohne Kopfspalten, Schlitze und Furchen. Augen fehlen. Wahrscheinlich auch ohne Frontalorgan. Ge- trenntgeschlechtlich. Die Geschlechtssäcke alterniren mit den Darm- taschen. Die Geschlechtsporen befinden sich am Rücken. Westküste von Schweden (Kristineberg in Bohuslän). Tiefe 36—63 m. 1ArTt. 2. Gen. Zygeupolia C. B. Thompson *). Taf. XX, Fig. 6. — Taf. XXI, Fig. 7. Körper vorn walzenförmig, hinten etwas abgeplattet. Kopf nicht vom Rumpf abgesetzt, pfriemenförmig. Das Schwänzchen ist überaus zart und *, Thompson, C. B., Preliminary description of Zygeupolia litoralis, a new genus and new species of Heteronemertean. In: Zool. Anz. Bd. 23. 1900, p. 151—153. „ Zygeupolia litoralis, a new Heteronemertean. In: Proceed. Ac. nat. sc. Philadelphia. 1901, p. 657—739, tab. 40—43. Heteronemertini. 455 borstenförmig. Länge des Körpers 60—120 mm, Breite 1,5—3 mm. Kopf weisslich, der übrige Körper rosenroth, blassgelb oder braun. Rhyncho- cölom, Darm und Geschlechtsproducte durchschimmernd. Die Cutis ist reich an Muskelfasern, welche vornehmlich längs ver- laufen. Die Cutisdrüsen, von denen Thompson mehrere Arten unter- scheidet, sind nicht sehr dieht gestellt. Eine Bindegewebsschicht fehlt. Die Cutis ist nicht gegen den Hautmuskelschlauch abgegrenzt. Im Schwänzchen fehlt ein Cutis vollständig. Die Kopfdrüse fehlt. Es ist eine innere, aber auf die hinterste Vorderdarmgegend beschränkte Ring- muskelschicht vorhanden. Die Rüsselöffnung befindet sich subterminal. Das RKhynchocölom erstreckt sich fast bis zum After nach hinten. Die Wand des Rüssels baut sich aus nur zwei Muskelschichten auf, indem die innere Längs- muskelschicht unterdrückt ist. Die Muskelfaserkreuze sind vorhanden. Der Mund liegt ein wenig hinter dem Gehirn und stellt eine kleine, rundliche Oeffnung vor. Der Vorderdarm ist verhältnissmässig lang; der. Mitteldarm besitzt tiefe und sehr dicht aufeinander folgende Taschen. Der Enddarm ist kaum ausgebildet Der After liegt dorsal, dort, wo das Schwänzchen beeinnt. Das Blutgefässsystem zeigt mehrere Besonderheiten. Die Kopfgefässe sind ungemein fein und bilden keine Kopfschlinge, sondern verästeln sich, um muthmasslich ein gemeinschaftliches Capillarnetz zu bilden. Um die Cerebralorgane herum erweitern sich die Seitengefässe, diese Sinnes- organe in sich aufnehmend. Das Rückengefäss gabelt sich im Schwanz- ende, um alsdann die Analecommissur mit den Seitengefässen einzugehen. Aus dieser Commissur entspringt ein einziges, aber ungemein geräumiges (Gefäss, welches in das Schwänzchen eindringt und bis zu seinem Ende reicht. Dasselbe besitzt keine deutliche eigene Wandung, sondern wird durch Muskelfasern und Parenchymzellen begrenzt. Es füllt das Schwänz- chen vollkommen aus. In der Vorderdarmgegend anastomosiren die Seitengefässe ventral in unregelmässiger Weise und erzeugen auf diese Art eine Umgitterung des Vorderdarms durch Bluträume. Die Nephridial- canäle sind ziemlich kurz und auf die Mitte der Vorderdarmgegend be- schränkt. Jedes Nephridium besitzt nur einen von seinem hinteren Ende abgehenden Ausführgang. Das Gehirn ist kräftig entwickelt, und seine Hälften sind, wie im Allgemeinen bei den Lineiden, mehr länglich. Die Cerebralorgane hängen in besondere Ausstülpungen der Seitengefässe hinein und stellen deutlich gesonderte, umfangreiche Anhänge der dorsalen Ganglien vor. Sie lagern hinter den letzteren und sind, mit Ausnahme einer hinteren, zipfelförmigen Verlängerung, rundlich. Die Cerebralcanäle münden seitlich am Kopfe unvermittelt nach aussen. Es fehlen Kopfspalten, Furchen oder Schlitze. Es sind ein Paar Seitenorgane vorhanden. Dieselben befinden sich un- mittelbar vor dem Anfang des Mitteldarms, sind also im Vergleich mit Carinella weiter nach hinten verschoben. Ohne Augen. 454 Systematik. Getrenntgeschlechtlich. Nordatlantischer Ocean (Wood’s Hole [Massachusetts]). Nordpaci- fischer Ocean (San Pedro Harbor [Californien)). Ebbestrand. 1 Art. 3. Gen. Micrella Punnett*). Taf. XXI, Fig. 6. Körper schlank, hinten abgeplattet. Kopf zugespitzt, dreieckig, un- deutlich vom Rumpf abgesetzt. Länge 180 mm, Breite 2—3 mm. Schar- lachfarben, nach hinten gelb; Kopf orangefarben, Gehirn roth durch- scheinend. Cutis reich an Längsmuskelfasern, Drüsenzellbündel ziemlich dicht angeordnet, ohne Bindegewebsschicht und daher nicht gegen den Haut- muskelschlauch abgegrenzt. Die Rüsselöffnung liest subterminal ventral. Das Rhynchocölom reicht bis zur Wurzel des Schwänzehens nach hinten. Es besitzt in der vordersten Vorderdarmgegend jederseits einige wenig tiefe Taschen, welche sehr dünnwandig sind und sich in die Lacunen der Seitengefässe hineingestülpt haben. In dem relativ kurzen Rüssel ist die Ausbildung der inneren Längsmuskelschicht unterdrückt. Mit Muskel- faserkreuzen. Der Mund stellt eine sehr kleine, rundliche Oeffnung vor, welche sich ziemlich dicht hinter dem Gehirn befindet. Der Vorderdarm ist sehr lang. Der Mitteldarm ist durch tiefe und enge gestellte Taschen ausgezeichnet, welche sich bis zum After erhalten. Der After liegt dorsal an der Wurzel des Schwänzchens. Die Kopfgefässe vereinigen sich vor dem Gehirn in einer überaus geräumigen, länglichen Lacune, welche hinten etwas ausgebuchtet ist. In seiner vorderen Hälfte wird der Vorderdarm von den Seitengefässen umgittert, indem diese ein Lacunennetz erzeugen. Die Cerebralorgane hängen in Erweiterungen der Seitengefässe hinein. Die Nephridien sind verhältnissmässig lang und erstrecken sich durch die ganze vordere Hälfte der Vorderdarmregion. Jeder Canal mündet nur mittels eines Ausführganges nach aussen. Die Nephridial- canäle sind nur in ihrer vorderen Hälfte verzweigt. Die Gehirnhälften und Cerebralorgane verhalten sich wie bei der voraufgehenden Gattung. Ohne Neurochordzellen und Neurochorde. Es sind Kopfspalten vorhanden, welche aber nicht sehr tief einschneiden. Ohne Frontalorgan, aber mit schwach entwickelter Kopfdrüse.. Augen fehlen. Mit Seitenorganen. Letztere liegen etwa in der Mitte zwischen den Exeretionsporen und dem Beginn des Mitteldarms. Sie stellen grubenförmige, flache Vertiefungen der Körperwand dar, welche von einem charakteristischen Sinnesepithel ausgekleidet sind. Es ist nur ein Paar vorhanden. Dasselbe liegt genau in den Seitenlinien des Körpers. (Geschlechter getrennt. *) Vgl. R. C. Punnett op. eit., pag. 448, p. 548, tab. 39. >! or Heteronemertini. 4 Küste von England (Plymouth). Geringe Tiefe. 1 Art. 4. Gen. Mierura Ehrenberg*). Taf. XX, Fig. 4. Umfasst kleine, weiche und dünne Formen, welche meist stark ab- geplattet sind und einen spatelförmig zugeschärften und mit breiter Kante endigenden Kopf besitzen, der nicht vom Rumpf abgesetzt ist. Die Seitenränder treten nicht als Längswülste hervor. Vermögen. nicht zu schwimmen, verknäueln sich oder ziehen sich schneckenartig zusammen. Die Mieruren sind häufig einfarbig, aber die einzelnen Arten sind sehr verschieden gefärbt. Bei manchen kommt eine Zeichnung hinzu, die aus bunten Längslinien, welche den Rücken zieren, oder auch Querringeln besteht. Der Kopf ist nicht selten durch eine besondere Färbung vom Rumpf unterschieden. Länge 30—200 mm, Breite 1-5 mm. Die Cutis pflegt reich zu sein an Längsmuskelfasern, dagegen der Bindegewebsschicht zu entbehren und nicht gegen den Hautmuskel- schlauch abgegrenzt zu sein. Die Ringmuskelschicht des Hautmuskel- schlauchs ist in der Regel nicht stark entwickelt. Eine Diagonalmuskel- schicht fehlt. Der Mund stellt ein rundliches, kleines Loch vor, welches dicht hinter dem Gehirn gelegen ist. Die Darmtaschen sind im Hinblick auf den beträchtlichen Umfang des axialen Rohres nicht besonders tief zu nennen. Gelegentlich sind colossal entwickelte Munddrüsen (Speichel- drüsen) vorhanden (M. alaskensis Coe). Das Rhynchocölom ist in der Regel im Verhältniss zur Länge des Körpers kurz. Der hüssel ist unge- mein dünn (wie ein Zwirnfaden), dagegen sehr lang, nämlich mitunter doppelt so lang als das Thier. Seine Wandung weist die typischen drei Muskelschichten und die beiden Muskelfaserkreuze auf. Die Rüssel- öffnung liegt subterminal. Die Kopfgefässe bilden eine Schlinge oder ein Capillarnetz. Der Vorderdarm ist von einem Netz von Blutlacunen um- geben. Die Nephridien befinden sich in der Vorderdarmregion und ver- zweigen sich an die Wände der Bluträume. Sie sind mitunter so lang, dass sie sich durch zwei Drittel der Vorderdarmgegend erstrecken. Meistens communieirt jedes Nephridium durch nur einen Canal mit der Aussen- welt, gelegentlich aber mittels einer grossen Anzahl. Von Coe wurden bei M. verrilli Coe auf einer Seite 17, auf der anderen 24 gezählt. Das Gehirn ist stets sehr kräftig entwickelt. Die Gehirnhälften sind schlank; die dorsalen Ganglien mindestens doppelt so umfangreich als die ventralen. Neurochordzellen fehlen. Die Cerebralorgane, welche eben- falls gut ausgebildet sind, stellen gesonderte hintere Anhänge der dorsalen *) 1831, No. 34. — 1874, No. 125, p. 196. — 1895, No. 256, p. 645. 456 Systematik. Ganglien vor und senken sich (immer?) in die Seitengefässe hinein. Die Kopfspalten sind stark entwickelt, ohne aber ausnahmslos bis auf das Gehirn einzuschneiden. Es sind drei kleine, terminal gelegene Fron- talorgane vorhanden. Die Kopfdrüse verhält sich sehr verschieden hin- sichtlich ihres Reichthums an Drüsenzellbündeln, erstreckt sich aber nicht über das Gehirn hinaus nach hinten; gelegentlich fehlt sie. Manche Arten sind durch ausserordentlich viele Augen (ca. 100) ausgezeichnet, andere besitzen nur wenige, und einige gar keine. Getrenntgeschlechtlich. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Tiefe 2—274 m, aber im Allgemeinen in Tiefen von 60 m und mehr. 16 sichere Arten und 4 unsichere Arten. 5. Gen. Cerebratulus Renier*). Taf. I, Fig. 5. — Taf. II, Fig. 1, 7 u. 8. — Taf. IV, Fig. 1. — Taf. V, Fig. 2 u. 6. — Taf. VII, Fig. 1. Breite, kräftige Formen von elliptischem Querschnitt. Die Seiten- ränder des Körpers treten als Längswülste scharf hervor. Der Kopf ist meist lanzettlich oder spatelförmig zugeschärft und mehr oder minder deutlich vom Rumpf abgesetzt. Das hintere Ende verjüngt sich oder endigt häufiger ziemlich breit und abgerundet, unvermitielt in das Schwänzchen übergehend. Die Angehörigen dieser Gattung vermögen sich wohl schraubenförmig aufzurollen, aber nicht zu Klumpen zu ver- knäueln. Vorzüglich zum Schwimmen befähigt. Mit aalartig schlängelnden Bewegungen durchmessen sie das Wasser. Die Cerebratulen sind im Ver- gleich mit Lineus, Euborlasia und Meerura wenig contractil. Meist be- sitzen sie monotone, fahle Farben, öfters ist der Körper gesprenkelt. Niemals ist aber eine Zeichnung (farbige Längsstreifen oder Ringel) vor- handen. Durch dieses Merkmal sind Oerebratulus- und Lineus-Arten oft auch leicht im eonservirten Zustande äusserlich zu unterscheiden. In der Cutis ist das Bindegewebe in der Regel ansehnlich entwickelt, dagegen ist die sie gegen den Hautmuskelschlauch abgrenzende Binde- gewebsschicht (im Gegensatz zu Lineus) meist dünn (Taf. III, Fig. 7 u. 15). Die Cutis ist meistens reich an Längsmuskelfibrillen. Der Haut- muskelschlauch ist stets sehr kräftig entwickelt und durch eine starke Diagonalmuskelschicht ausgezeichnet. Auch die dorsoventrale Musculatur ist sehr stark ausgebildet. Rüsselöffnung subterminal. Das Rhynchocölom erstreckt sich bis in das hintere Körperdrittel. Der Rüssel ist sehr lang und verhältnissmässig diek. Die Mundöffnung befindet sich mehr oder minder dicht hinter dem Gehirn und bildet bei den grösseren Arten einen langen Schlitz, bei den kleineren eine rundliche Oefinung. Das axiale Rohr des Mitteldarms ist *) 1804, No. 15, p. 21. — 1895, No. 256, p. 655. Heteronemertini, 251 eng, die Darmtaschen hingegen sind sehr tief. Die Kopfgefässe erzeugen eine Schlinge. Der Vorderdarm ist von einem Netz von Blutlacunen umgeben. Die Cerebralorgane hängen in der Regel in Erweiterungen der Seitengefässe hinein. Die Nephridien verhalten sich verschiedenartig. In der Regel sind sie auf einen kurzen Abschnitt (etwa den dritten Theil) der Vorderdarmgegend beschränkt, mitunter aber sind sie länger und erstrecken sich selbst durch die gesammte Vorderdarmregion. Meistens ist jederseits nur ein Ausführ- gang vorhanden, aber z. B. bei C. longiceps Coe hat Coe jederseits 60 Ausführgänge gezählt. Das Gehirn ist stets sehr umfangreich. Die dorsalen Ganglien sind von den ventralen sehr deutlich abgesetzt und viel grösser als letztere. Die Gehirnhälften sind in der Regel schlank. Die Seitenstämme weichen all- mählich oder mittels einer starken Krümmung auseinander. Mit Neuro- chordzellen und Neurochorden. Die Cerebralorgane stellen mehr oder minder deutlich gesonderte kugelige Anhänge der hinteren Zipfel der dorsalen Ganglien vor. Die Kopfspalten pflegen tief einzuschneiden und erlangen bei dieser Gattung ihre vollendetste Ausbildung. Es sind drei kleine, terminal gelegene Frontalorgane vorhanden. Die Kopfdrüse ragt nicht über das Gehirn nach hinten hinaus und setzt sich aus sehr feinen Drüsenzellbündeln zusammen; gelegentlich fehlt sie. Ohne Seitenorgane und in der Regel auch ohne Augen. Getrenntgeschlechtlich. Die Geschlechtssäcke alterniren mit den Darmtaschen. Wahrscheinlich alle Meeresgebiete. Tiefe 2—1460 m, oder vielleicht bis 2000 m. Die meisten Arten leben indess zwischen 2—40 m. 65 sichere Arten, von denen eine in 2 Unterarten zerfällt, und 15 un- sichere Arten. 6. Gen. Diplopleura Stimpson”*) (Langia Hubrecht**)). Taf: I, Bıe10) Die zugeschärften, sehr dünnen, vielfach gekräuselten und gelappten Seitenränder sind zum Rücken hinauf gekrümmt, so dass eine dorsale tiefe Längsrinne entsteht. Die Seitenränder sind durchscheinend. Kopf oval und etwas zugespitzt oder herzförmig, mehr oder minder scharf vom Rumpf abgesetzt. Hinterende abgekantet und wenig verjüngt, so dass das Schwänzchen einen unvermittelten Anhang bildet. Bei D. obockiana Joubin besitzt der Kopf eine mediane dorsale und ventrale Furche. Die Arten dieser Gattung werden 35—800 mm lang und 2—6 mm breit. Farbe blassgelb, gelb, rothgelb oder carminroth. Kopf viel blasser oder beinahe farblos. *) 1857, No. 90, p. 162. **) 1879, No. 154, p. 220. — 1890, No. 215, p. 555. — 1895, No. 256, p. 684. 458 Systematik. Das Epithel ist besonders niedrig. Die Drüsenzellbündel der Cutis sind in die äussere Längsmuskelschicht des Hautmuskelschlauchs einge- senkt; Cutis und Hautmuskelschlauch sind also nicht voneinander ab- gegrenzt. In der Cutis fehlt die Entwickelung von Bindegewebe. Der Hautmuskelschlauch ist sehr kräftig entwickelt. Indess fehlt eine Dia- gonalmuskelschicht. Die dorsoventrale Museulatur erzeugt in der Mittel- darmgegend ungemein breite, die Darmtaschen trennende Platten. Die Rüsselöffnung liegt subterminal. Das Rhynchocölom erstreckt sich weit in das hintere Körperende hinein. Der Mund liest hinter den Cerebralorganen. Das axiale Rohr des Mitteldarms ist sehr eng, die Taschen dagegen sind ungemein tief. Die Cerebralorgane hängen in die Seiten- gefässe hinein. Der Vorderdarm ist in seinem vorderen Abschnitt von einem Netz von Bultlacunen umgeben. Die Ausführgänge der Nephridial- canäle münden in der Rückenrinne aus. Gehirn wie bei Cerebratulus. Mit Neurochordzellen. Die Seitenstämme liegen an der Rückenfläche des Thierkörpers. Die Cerebralorgane stellen deutlich gesonderte hintere Anschwellungen der dorsalen Ganglien vor. Die Kopfspalten sind stark ausgebildet und schneiden annähernd bis auf das Gehirn ein. Die Kopfdrüse ist äusserst schwach entwickelt. Ohne Augen. Getrenntgeschlechtlich. Mittelmeer (Neapel, Banyuls). Rothes Meer (Golf von Aden |Obock]). Nordpaeifischer Ocean (Bai von Kogoshima |Japan]). Südpacifischer Ocean (Neuflorida [Salomon-Inseln]). Tiefe 1—40 m. 3 Arten. 6. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Nemertinen zu anderen Thieren.”) a. Die Beziehungen zu den Turbellarien. Eine höchst auffallende gemeinsame Eigenthümlichkeit von Nemer- tinen und Turbellarien ist der Besitz einer weichen, einer Cuticula ent- behrenden Körperdecke. Das lässt diese beiden Wurmgruppen sich im Habitus sehr ähnlich erscheinen, und zweifelsohne begründet sich wesent- lich auf diesen Charakter das durch die Kenntniss der inneren Organi- sation der Nemertinen so wenig beeinflusste Dietum der älteren Zoologen: Die Nemertinen sind Turbellarien. Uns, die wir bestrebt sind, verwandtschaftliche Beziehungen auf Or- ganisationsverhältnisse zu begründen, die wir am wenigsten direct dem modelnden Einfluss der Existenzbedingungen unterworfen glauben, scheint ein gemeinsamer in der Haut begründeter Charakter von sehr zweifel- haftem Werth. *) Ueber die historische Entwickelung der systematischen Stellung der Nemertinen vgl. oben, pag. 6—9. u Verwandtschaftsbeziehungen. 459 Dieser Anschauung verleiht auch Spengel Ausdruck, indem er in seiner Besprechung der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Enter o- pneusten und Nemertinen sagt"): „Dass ich auf die von M’Intosh in aen Vordergrund gestellte Uebereinstimmung in der Histologie, nament- lich der Epidermis, der Existenz eines allgemeinen Wimperkleides, dem Reichthum-an Schleimzellen und dergl. kein Gewicht zu legen vermag, bedarf keiner näheren Begründung.“ Diesen Satz möchte ich mit Rück- sicht darauf, dass innerhalb grosser und formenreicher Thierstiämme wie der Anneliden, Nematoden, Arthropoden, Wirbelthiere eine im Grunde völlige Uebereinstimmung im Bau der Körperdecke herrscht, nicht unter- schreiben, sondern, mich jenen Thatsachen beugend, schon jetzt aus- sprechen, dass ich in der Verschiedenheit der Körperdecke einen der wesentlichsten Unterschiede zwischen Nemertinen und Anneliden sehe. Die nähere Untersuchung erwies, dass die Haut von Nemertinen und Turbellarien auch im feineren Bau übereinstimmt. Eine weitere Uebereinstimmung zeigen diese beiden Wurmtypen ferner im Bau des ungegliederten Hautmuskelschlauches und vor allem darin, dass die Organe in ein Parenchym gebettet sind, ein Cölom dagegen augenscheinlich im erwachsenen Thiere weder bei Turbellarien, noch bei Nemertinen vor- handen ist; denn als ein solches werden wir schwerlich die Lacune deuten können, welche nach Delage**) das Nervensystem gewisser Rhabdo- coelidae umgeben soll, deren Existenz v. Graff***), übrigens in Abrede gestellt und als zufälliges, aus der Beschaffenheit des Parenchyms er- klärbares Vorkommniss gekennzeichnet hat. Durch die eingehenden entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen Lebedinsky’s haben wir vor einigen Jahren erfahren, dass indess im Nemertinenembryo ein Cölom entsteht (vel. oben, pag. 585). Dasselbe existirt aber nur kurze Zeit, indem es sehr bald durch Parenchymzellen ausgefüllt wird. Ich entnehme dem Aufsatze von Lebedinsky ferner, dass auch bei den Turbellarien ein Cölom im Embryo vorübergehend erscheint, wie Perejaslawzewar) nachgewiesen hat. Dieses eigen- thümliche Phänomen ist also ein weiterer Beleg für die Annahme nächster Verwandtschaft zwischen Strudelwürmern und Nemertinen. Ausserdem spricht für dieselbe auch in hohem Masse die Art der Entstehung des Mesoderms in den beiden zum Vergleich herangezogenen Ordnungen. Bei den Metanemertinen wird das Mesoderm, wie Lebedinsky schildert, von vier Mutterzellen erzeugt, welche im Blastoderm vor und hinter dem Entodermfelde paarweise gelagert sind, das Entoderm vom Ektoderm ab- *, J. W. Spengel, Enteropneusten. In: Fauna und Flora des Golfes v. Neapel. V. 18. 1893. p. 743. ##) Y, Delage, Etudes histologiques sur les planaires rhabdocoeles acoeles. In: Arch. zool. exp. V. 4. 1886. p. 144. #*%) L, v. Graff, Die Organisation der Turbellaria acoela. Leipzig 1891. p. 21. 7) Perejaslawzewa, Monographie des Turbellaries de Ja mer noire. In: Schrift. Neuruss. Ges., Odessa. 17. Bd. 1893 (eitirt nach J. Lebedinsky). 460 Systematik. erenzend (vgl. oben, pag. 351). Die Entstehung des Mesoderms aus vier Mutterzellen findet sich gemäss Lang*, und Perejaslawzewa**) auch bei den Turbellarien (Polycladen*)). Der einzige Unterschied ist, dass diese vier Zellen bei den Turbellarien.. radial, bei den Nemertinen bilateral angeordnet sind. Die Mesodermstreifen sind bei Turbellarien und Nemertinen ungegliedert. Das Nervensystem der Turbellarien mit seinem mehr oder minder dem vorderen Körperende genäherten Gehirn und den beiden von ihm nach hinten sich wendenden und auch bei den Polycladen vor anderen an Länge und Dicke prävalirenden Nervenstämmen repräsentirt wesent- lich das der Nemertinen. Wer wollte das besonders in Hinsicht auf Gunda segmentata***) leugnen, wo jene den Seitenstämmen entsprechenden Nervenstäimme im hinteren Körperende durch eine Analcommissur und überdies während ihres Verlaufes durch eine Reihe von metameren Nervenringen miteinander verknüpft sind, wo das Gehirn, wie Lang ausführte, in einen oberen und unteren Theil zerfällt und die Hälften beider Theile durch je eine Commissur verknüpft sind, so dass wir ver- meinen, das Nemertinengehirn mit seinem oberen und unteren Ganglien- paar und der sie verbindenden oberen und unteren Commissur vor uns zu haben. Die Aehnlichkeit wird noch durch das periphere Nervensystem ver- stärkt, wo, wie bei den Nemertinen, überall die Neigung aller Nerven, miteinander reichlich zu anastomosiren, hervortritt, so ein Nervennetz bildend, das den Körper vollständig umgiebt und durchwirkt, wie es uns am auffälligesten bei Planocera graffi) entgegentritt. Auch was die Lagerung des Gehirns insbesondere zum Darmtractus anbetrifft, stimmen die Nemertinen mit den Turbellarien überein. Das Gehirn liegt, wie wir durch v. Graff77) wissen, bei den Formen, wo der Mund ganz an das vordere Körperende gerückt ist, über dem Schlunde (Rhabdocoelida), sonst (was der häufigere und bei den Poly- claden allgemeine Fall) vor demselben. In der Regel zieht aber ein medianer Ast des Darmes über das Gehirn hinweg. Die gleichen Ver- hältnisse walten bei den Nemertinen ob, wo die präorale Lagerung des Gehirns durch die Proto-, Meso- und Heteronemertinen, die supra- ösophageale durch die Metanemertinen demonstrirt wird. Bei letzteren können wir sogar die Lagerung des Gehirns unter Ausstülpungen des Mitteldarms constatiren, welchen ich dem Darmtractus der Turbellarien #) A. Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel. In: Fauna und Flora des (Golfes von Neapel. Monographie 11. 1884. ##) Siehe Anmerkung unter f) auf S. 459. *##) A, Lang, Der Bau von Gunda segmentata und die Verwandtschaft der Plathel- minthen mit Cölenteraten und Hirudinen In: Mitth. Zool. Stat. Neapel. V. 3. 1882. 7) A. Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel. In: Fauna u. Flora des Golfes von Neapel. Monographie 11. 1884. ir) L. v. Graff, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1882. Verwandtschaftsbeziehungen. 461 excl. Schlund für homolog halte. Bei verschiedenen Arten nämlich stülpen sich von dem blindsackartigen vorderen Ende des Mitteldarms ein Paar Taschen in die Kopfspitze so weit nach vorn, dass sie das Gehirn über- ragen. Diese Taschen liegen über den Gehirnganglien. Besonders lebhaft ist Lebedinsky auf Grund seiner embryo- logischen Studien dafür eingetreten, das Nervensystem der Nemertinen von dem der Turbellarien abzuleiten. Dieser Autor weist darauf hin, dass das Nervensystem des Nemertinenembryos einen strahligen Bau zeige, indem vom Gehirn sechs Nervenstämme nach verschiedenen Richtungen abgehen. Bei den Turbellarien (Polycladen) seien es deren (gemäss Lang) acht, die ebenfalls radiär vom Gehirn ausstrahlen. Während bei den Nemertinen aber das ÜÖentralnervensystem bald eine dermale, bald eine subdermale, intramusculäre oder parenchymatöse Lagerung einnimmt, ist es bei den Turbellarien immer in das Parenchym eingebettet, eine Eigenthümlichkeit, auf die ich in meinen weiteren Spe- eulationen zurückkommen werde. Auch die Sinnesorgane der Turbellarien erweisen sich für die An- knüpfung verwandtschaftlicher Beziehungen mit den Nemertinen günstig. Die Augen sind in beiden Wurmgruppen im Prineip gleich gebaut, gelagert und angeordnet. Dem schliesst sich auch R. Hesse*) an, welcher jüngst die Augen der niederen Thiere einer vergleichenden Unter- suchung unterzog. Er sagt, dass besonders das Auge von Baseodiscus (Eupolia) dem der Polyeladen sehr ähnlich sei, und auch das von Drepa- nophorus ebenfalls den Charakter des Plathelminthenauges zeige. Den Cerebralorganen entsprechende Sinnesapparate scheinen mir gewisse Rhabdocoelida in den Wimpergrübehen zu besitzen. Die Otolithen, welche zwar nur sehr selten bei den Turbellarien paar- weise vorkommen, sind, wie ich aus v. Graff’s Monographie der Acölen entnehme, ganz so gebaut, wie bei den Nemertinen, repräsentiren nämlich hier wie dort eine umgewandelte Zelle. Das Frontalorgan der Turbellarien endlich verhält sich, wie ebenfalls aus v. Graff’s neueren Untersuchungen hervorgeht, überraschend genau wie das der Nemertinen. Delage**) hat das Frontalorgan der Turbellarien, welches von ihm bei einer Acöle (Convoluta roscoffensis) entdeckt wurde, dem Probosciden- und Nemertinenrüssel für homolog erachtet, eine Ansicht, der ich schon früher die eben geäusserte entgegenstellte, und die auch v. Graff’s***) Unterstützung erfahren hat. Obwohl der entwickelungsgeschichtliche Nachweis meines Wissens bisher nicht dafür erbracht wurde, darf man doch wohl annehmen, dass die Sinnesorgane, insbesondere die Wimpergrübchen und das Frontal- *) op. eit. oben, p. 126. **) J. Delage, op. cit. oben, p. 459. ***, L. v. Graff, op. eit. oben, p. 459, p. 460. 462 Systematik. organ der Turbellarien, den Cerebralorganen und dem Frontalorgan der Nemertinen homolog sind. Dagegen darf man das Centralnervensystem der Turbellarien nicht für allgemein homolog dem der Nemertinen er- klären, wenn man sich nicht über die Untersuchungen von Metschni- koff*), Iijima**) und Hallez***) hinwegsetzen und nur denenLang’sr), Kowalewsky’sfy), Selenka’sfjy) und Goette’s$) Rechnung tragen will. Jene konnten nämlich im Gegensatz zu letzteren, welche das Nervensystem aus Verdickungen des Ektoderms hervorgehen sahen, keiner- lei Zusammenhang seiner Anlagen mit dem Ektoderm entdecken und führen dieselben auf das Mesoderm zurück. Ich bin überzeugt, dass zwischen den verschiedenen Resultaten eine Brücke mit der Zeit sich bauen wird, deren Anlage ich übrigens schon durch gewisse Beobachtungen von Hallez für gegeben halte. Endlich sei noch eines Unterschiedes im Nervensystem der beiden von uns verglichenen Wurmgruppen gedacht, welcher, obwohl er seine Histologie betrifft, mir doch im Hinblick auf die Anneliden nicht ganz unwichtig erscheint, nämlich des Mangels der Neurochordzellen und Neurochorde bei den Turbellarien. Dehnen wir unseren Vergleich nunmehr auf die im Dienste der Er- nährung stehenden Organe aus, so lässt sich zwar demselben aus einer Reihe von gemeinsamen Verhältnissen eine gesunde und ziemlich breite Basis geben, indessen muss die Speeulation einen weiteren Spielraum als bisher fordern. Das gilt in erster Linie für den Verdauungsapparat. Der Darmtraetus, zum wenigsten derjenige der Polycladen, zerfällt wie bei den Nemertinen in einen entodermalen und ektodermalen Abschnitt. Letzterer ist der Pharyngealapparat, ersterer der eigentliche verzweigte Darm. Es würde jener also mit dem Vorderdarm, dieser mit dem Hinterdarm der Nemertinen zu homologisiren sein. Nun ist aber zu be- denken, dass der Vorderdarm der Nemertinen ein einfaches epitheliales Rohr, der Pharyngealapparat dagegen eine vergleichsweise complicirte Bildung darstellt, vor allem was seinen histologischen Bau anbetrifit. Er besteht bekanntlich aus der Pharyngealtasche und dem Pharynx. Letzteres ist ein schlauchförmiger Rüssel, welcher hinten in der Pharyn- gealtasche angeheftet ist. Es ergiebt sich ohne weiteres, dass wir in *) E. Metschnikoff, Die Embryologie von Planaria polychroa. In: Z. wiss. Zool. V. 38. 1883 **), ]. Jijima, Untersuchungen über den Bau und die Entwickelungsgeschichte der Süsswasserdendrocölen (Tricladen). Ebenda. V. 40. 1884. ***, P. Hallez, Embryogenie des Dendrocoeles d’eau douce., In: Möm. Soc. Se. Lille (4). V. 16. 1887. T 7) op. eit., oben p. 460. ir) Kowalewsky, in: Metschnikoff, Studien über die Entwiekelung der Echino- dermen ete. in: Mem. de l’Acad. d. sc. St. Petersbourg. V. 14. 1870, p. 55. itf) E. Selenka, Zoologische Studien. II. Leipzig 1881. p. 16. $) A. Goette, Untersuchungen zur Entwickelungsgeschichte der Würmer. Entwicke- lungsgeschichte v. Stylochopsis pilidium. Leipzig 1882. Verwandtschaftsbeziehungen. 463 dem Pharynx ein Zuviel haben, denn nur seine Tasche, die, nachdem wir den Pharynx exstirpirt haben, direct mit dem Darm communieirt, entspricht dem Nemertinenvorderdarm. Ueberdies geht der Pharynx erst aus einer Ausstülpung der die Pharyngealtasche bildenden Einstülpung, welche mit einer Wucherung des Mesoderms verschmilzt, hervor. Kann für den Pharynx eine Bildung in der Nemertinenorganisation zum Vergleich herangezogen werden? Ich meine den Rüssel und erachte ihn sogar für ein dem Pharynx homologes Organ. Meine Ansicht stützt sich auf die folgenden Thatsachen. 1) Bei gewissen Nemertinen (den meisten Metanemertinen) stehen Rüssel und Vorderdarm in einem derartigen Zusammenhange, dass ersterer eine in besonderer Scheide eingeschlossene Ausstülpung des letzteren dar- stellt. Am evidentesten tritt das bei Malacobdella hervor. 2) Der Nemertinenrüssel entsteht stets aus einer Ektodermeinstülpung, die mit einem diese umgebenden Mesodermwulste verschmilzt. Mit der Anlage des Rüssels verbindet sich bei den Metanemertinen sehr bald die des secundären (definitiven) Stomodäums (Fig. LIV, pag. 382). 3) Die Wand des Pharynx zeigt im Wesentlichen denselben histo- logischen Aufbau wie die des Rüssels. Denken wir den Pharynx nicht in den Vorderdarm gestülpt, sondern über oder vor der Anlage des Vorderdarms in das Parenchym gewachsen und dann einen Spalt im Mesoderm des so verschobenen Pharynx ent- standen, dieses in zwei Blätter theilend, so bekommen wir den Pharynx in einer vor oder über ‘dem Vorderdarm befindlichen Höhle mit meso- dermaler Wandung zu liegen, welche dem Rhynchocölom homolog sein würde, der Pharynx selber aber verhielte sich vollständig wie der Nemertinenrüssel. Dieser von mir bereits 1895 (No. 256)*) ausgesprochenen Anschau- ung ist Lebedinsky inzwischen entgegengetreten. Nach ihm haben sich der Rüssel der Nemertinen und der Schlund der Turbellarien aus Einstülpungen entwickelt, welche einander als homolog zu erachten sind. Der Rüssel soll aber nicht dem Pharynx, sondern der dorsalen Hälfte der embryonalen Pharyngealtasche homolog sein, während die ventrale Hälfte dieser Tasche dem secundären Stomodäum entsprechen soll. Der eigentliche Darm der Turbellarien, welcher, wie bereits ausge- sprochen wurde, dem Mitteldarm der Nemertinen homolog ist, erweist sich, wenn wir den der Dendrocölen ins Auge fassen und speciell an Gunda segmentata denken, auch in seinem Bau dem der Nemertinen ähn- lich, bis auf den Mangel des Afters. Einer der allerbedeutsamsten Stützpunkte für den Vergleich zwischen Turbellarien und Nemertinen bietet ohne Frage der im Wesentlichen gleiche Bau und die wahrscheinliah homologe Entstehungsweise der *) Vgl. ferner OÖ. Bürger, Die Verwandtschaftsbeziehungen der Nemertinen. In: Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1895, p. 32 —55. 464 Systematik. Excretionsgefässe beider Wurmgruppen. Hier wie dort haben wir feine, wimpernde, mit der Aussenwelt communieirende, reich verzweigte Canäle vor uns, deren innere Enden blind geschlossen sind und eine Wimper- flamme enthalten Bei den Turbellarien sind die Enden in das Parenchym eingebettet, bei den Nemertinen bohren sie sich vielfach in die Wand der Blutgefässe ein, ohne sie jedoch je zu durchbrechen oder sich gar in die Gefässe zu öffnen. Man wird mir hier den Einwurf machen, dass die Exeretionsgefässe bei den Turbellarien, wie das ganz’ klar Lang*) ausgesprochen hat, intracellulär sind, mit anderen Worten durchbohrte Zellen darstellen, bei den Nemertinen die Wandung der Exeretions- gefässe nach meiner Aussage**), die ich ganz und gar aufrecht erhalte, aus einem Epithel besteht, das dem des Darmes bis auf den Mangel an Drüsenzellen nicht unähnlich ist. Ich selbst habe auf diesen Unterschied im Bau des Exeretionsgefässes der Nemertinen und der gesammten Plathelminthen, wie man, gestützt auf die Untersuchungen von Frai- pont, Pintner, Francotte und lijima sagen darf, früher viel Ge- wicht gelegt, bin aber heute, nachdem ich das Excretionsgefässsystem gewisser Metanemertinen genauer studirt habe, der Meinung, dass sich im Wesentlichen die Exeretionsgefässe der beiden ins Auge gefassten Wurmgruppen auch im Bau ihrer Wand gleich verhalten, die Canäle nämlich auch bei den Turbellarien und überhaupt den Plathelminthen ein Epithel haben und nicht durchbohrte Zellenreihen sind. Je länger nämlich die Excretionscanäle bei den Nemertinen werden, je mehr rückt das für ihren Bau vorhandene, durch die Ektodermeinstülpung gegebene Zellenmaterial auseinander. Die einzelnen Elemente werden platt und ausserordentlich lang, und so kommt es, dass wir auf Querschnitten durch sie Bilder bekommen wie bei den Turbellarien und sie ähnlich wie bei diesen deuten würden — was übrigens auch von Dendy***) geschehen ist —, wenn wir uns nicht an vielen anderen Objecten zuvor über ihren wahren Bau orientirt und ihre Entwickelung studirt hätten. Stellt man sich vor, dass der bei manchen Nemertinen (z. B. Eunemertes gracilis, Nemertopsis peronea) angedeutete Entwickelungsprocess bei den Turbellarien in noch ausgedehnterem Masse stattfand, und ist man wie ich im Anschluss an Lang’s’-) Befunde an Embryonen von Discocelis tigrina geneigt, die Excretionsgefässe auch der Turbellarien aus zwei Einstülpungen des Ektoderms herzuleiten, so wird man mit der Procla- mation einer Homologie der Excretionsgefässe von Nemertinen und Turbellarien einverstanden sein, Nach den Ergebnissen, zu welchen der Vergleich zwischen Tur- bellarien und Nemertinen hinsichtlich der Körperwand, der Gewebsfüllung *) A. Lang, Polyeladen, op. cit. oben, p. 460, p. 166. **) (N0.9222,) **#), A. Dendy, On an Australian Land Nemertine. In: Proc. R. Melbourne 1892. 7) A. Lang, Polycladen, op. eit. oben, p. 460. Verwandtschaftsbeziehungen. 465 des Körpers, des Nervensystems und der Sinnesorgane, sowie auch des Darmes und Exeretionsgefässsystems geführt hat, wird man angesichts der Thatsache, dass sich bei den Nemertinen ein After entwickelte und ein Blutgefässsystem auftrat, das seiner Entwickelung nach als eine Canalisirung des Parenchyms aufzufassen ist, geneigt sein, die Nemer- tinen für höher entwickelte Turbellarien zu halten. Indessen wird man durch den höchst‘ complieirten Geschlechtsapparat aller Turbellarien, dessen hervorstechendste Eigenthümlichkeit darin besteht, dass die Ge- schlechtssäcke gemeinsame Ausführgänge besitzen, sofort zu der Ein- schränkung gedrängt, dass als Nemertinenahnen nicht Typen wie die jetzt lebenden Turbellarien anzusehen sind. Als solche müssen Turbellarien gelten, welche einen ganz ähnlichen Geschlechtsapparat besitzen, wie er allgemein für die Nemertinen charakteristisch ist. Dass solche existirten und die Vorläufer der heute lebenden Strudelwürmer waren, erscheint mir darum sehr wahrscheinlich, weil wir mehrfach im Thierreich, z. B. besonders klar bei den Hirudineen, davon überzeugt worden sind, dass sich ein Geschlechtsapparat, welcher im Wesentlichen dem der Nemer- tinen entspricht, erst nachträglich in einen turbellarienähnlichen um- gewandelt hat. Was die jetzt lebenden Turbellarien, beziehungsweise die uns bisher bekannten anbetrifit, so bin ich nicht geneigt, von irgend welchen an- zunehmen, dass es ursprüngliche seien, denn bei keiner derselben hat das Centralnervensystem eine epitheliale Lage bewahrt, die, wie wir bei Nemertinen und Anneliden so überzeugend erkennen, mit der einfachsten Organisation Hand in Hand geht. Die Entwickelungsgeschichte bringt die Turbellarien den Nemertinen im Allgemeinen nicht viel näher. Auf die Aehnlichkeit, welche die Ent- stehung des Mesoderms zeigt, wurde bereits hingewiesen. Die Gegen- sätze, welche in der Eifurchung und Gastrulation herrschen, mag man in der Art, wie von Goette*) geschehen, überbrücken, in dem Stylo- chopsis pihidium mit demselben Forscher eine dem Pilidium nahe ver- wandte Larvenform und ein Verbindungsglied zwischen Pilidium und . Müller’scher Larve sehen, aber es wird, meine ich, nicht möglich sein, den Unterschied auszugleichen, welcher in der Entstehung des Central- nervensystems bei den ins Auge gefassten Wurmgruppen besteht. Ich denke nicht daran, dass es bei gewissen Turbellarien mesodermalen Ursprungs sein soll, bin vielmehr mit Kowalewsky, Lang und Goette von seiner ektodermalen Genese überzeugt, sondern daran, dass es bei den Turbellarien, soviel wir wissen, aus einer einzigen Anlage hervorgeht, der des Gehirns, aus welcher die Seitennerven wie die übrigen Nerven hervorwachsen, bei den Nemertinen aber, wie ich mich beim Pilidium überzeugte und was von Lebedinsky für die Meta- *) Goette, A., Abhandlungen zur Entwickelungsgeschichte der Thiere. Heft 1 u. 2. Leipzig 1882 u. 1884. Bronn, Klassen des Thier-Reiehs. IV. 1. Spplt. 50 466 Systematik. nemertinen bestätigt wurde, doppelten Ursprungs ist, indem das Gehirn in den Kopf-, die Seitenstämme in den Rumpfscheiben sich anlegen. Das ist eine der wichtigsten Eigenthümlichkeiten, welche die Nemer- tinen mit den Anneliden gemeinsam haben. Sie fordert uns auf, weiteren Beziehungen zwischen Nemertinen und Anneliden nachzuspüren. b. Die Beziehungen zu den Anneliden. B. Hatschek schreibt in seinem ideenreichen Lehrbuche der Zoo- logie*), dass in der Metamerie, dem Besitz des Blutgefässsystems und der Schichtung des Körpers bei den Nemertinen eine so grosse An- näherung zu den Anneliden gegeben sei, dass zu einer vollständigen Uebereinstimmung nur noch in gleicher Weise ausgebildete Cölomhöhlen und Metanephridien fehlen. Er fügt indessen sofort hinzu, dass die Entwickelungsgeschichte noch beweisen muss, inwieweit diese Ueber- einstimmung auf Homologie beruht. An einer anderen Stelle beantwortet er die Frage, welehe Bildungen der Nemertinen etwa dem Peritoneum und der Leibeshöhle der Anneliden entsprechen möchten, dahin, dass nach seiner Ansicht die Geschlechtssäcke mit ihrem Epithel Cölom und Peri- toneum zu vergleichen seien. Von einer Homologie der Metamerie der Anneliden und Nemertinen kann nach meiner Ansicht nicht die Rede sein. Die Metamerie der Anneliden ist zurückzuführen auf eine Gliederung der gesammten Mus- culatur, welche wahrscheinlich mit der Erwerbung einer Cutieula ein- getreten sein wird, um die Beweglichkeit zu erhalten, und welche, ob- wohl selbst veranlasst durch die Entwickelung einer schützenden Decke, nachträglich doch auch die Gliederung dieser im Gefolge hatte. Die Metamerie macht sich bekanntlich schon im Keimstreifen vor der Differen- zirung und Anlage der Organe und Gewebe geltend, und es ist sicher, dass die Myomerie, als welche wir die Metamerie der Anneliden kurz charakterisiren können, erst die Gliederung der Organe, z. B. des Darm- tractus, veranlasst. Bei den Nemertinen hingegen hat die Metamerie mit der Musculatur, mit Ausnahme der dorsoventralen, nichts zu schaffen und tritt erst sehr spät, nämlich erst nach der Anlage der Organe, auf. Es ist nun aus der Lagerung der Darm- und Rhynchocölomtaschen, sowie der Blutgefäss- schlingen, welche stets die gleiche, nämlich septale ist, zu schliessen, dass die Gliederung der drei genannten Organsysteme auf passivem Wege erfolgte. Die Veranlassung können, wenn nicht die dorsoventrale Musceu- latur, nur die Geschlechtssäcke gegeben haben. Das letztere halte ich darum nicht für unmöglich, weil im Schwänzchen der Lineiden der Darm eine sehr tiefe Taschenbildung erfahren hat, indess nur Geschlechtssäcke vorhanden sind, die regelmässig mit den Darmtaschen alterniren, dagegen *) Jena 1891. 3. Lief. p. 389. Verwandtschaftsbeziehungen. 467 dorsoventrale Muskelzüge vollständig fehlen. Anderentheils kann nicht geleugnet werden, dass «die starke Entwickelung der dorsoventralen Museulatur sonst immer mit der Entwickelung tiefer Darmtaschen zu- sammenfällt. Wie dem aber auch sei — genauere Beobachtungen fehlen über die Entstehung der Metamerie im Nemertinenkörper — als sicher erscheint es, dass die Metamerie hier in letzter Instanz anderen Ursachen entsprang als bei den Anneliden und vielleicht ähnlichen wie bei Gunda segmentata, deren ausgezeichnet metamerer Bau den der Nemertinen in verschiedener Hinsicht noch übertrifft. *) Mit viel besseren Gründen wird man eine Homologie des Blutgefäss- systems der Anneliden und Nemertinen und der Geschlechtssäcke der Nemertinen und des Cöloms der Anneliden vertreten können. In beiden Wurmgruppen nehmen die Blutgefässe als Spalten des Mesoderms, deren Zusammenhang mit Resten der Furchungshöhle vielfach beobachtet wurde, ihren Ursprung. Indess fällt diese Uebereinstimmung in Hinblick auf die im Allgemeinen so überaus gleichartige Entstehung der Blutgefässe im Thierreich überhaupt nicht schwer ins Gewicht. Ich bin überzeugt, dass ein unbefangener Beobachter, der die leeren (reschlechtssäcke eines Drepanophorus oder Cerebratulus sieht, welche sich zwischen den Darmtaschen einerseits bis zum axialen Rohr des Darmes, andererseits bis zur Körperwand ausdehnen, und bei ihnen ver- gebens nach einem Ausführgang sucht, sie dagegen überall von einem gleichmässig niedrigen Epithel ausgekleidet findet, keinen Einspruch gegen ihre Deutung als Cölomsäcke erheben wird. Was steht denn über- haupt dieser Deutung entgegen, weshalb reden wir nicht bei den Nemer- tinen von Cölomsäcken, in welchen die Geschlechtsproduete entstehen, zumal doch gewisse der in Frage kommenden Säcke — es sind die im Appendix der Micruren gelegenen — niemals Geschlechtsproducte her- vorbringen, sondern immer steril bleiben? Haben wir etwa im Nemer- tinenkörper eine andere dem Cölom vergleichbare Bildung? In der That, das ist der Fall! Als eine solche ist, und auch von mir selbst, das Rhynchocölom be- trachtet worden, dessen Bau, Inhalt und Anlage aber auch genugsam dazu verlockt. Besitzt es doch bei Drepanophorus weite metamere Taschen, erweist es sich doch stets von einem Epithel ausgekleidet, von einer amöboide Zellkörper enthaltenden Flüssigkeit erfüllt und aus einem im Mesoderm auftretenden Spaltungsprocess entstanden! Indessen, ich gebe Hatschek völlig Recht, da das Rhynchocölom sich thatsächlich, wie Hatschek vermuthete, mit dem Rüssel zusammen und in unmittel- barster Abhängigkeit von ihm entwickelte, ist es auch phylogenetisch mit dem Rüssel gemeinschaftlich entstanden zu denken. Somit kommt es für den Vergleich mit dem Annelidencölom nicht in Betracht, und *) Vgl. Lang, A., Beiträge zu einer Trophoeöltheorie, pag. 68—77. In: Jenaische Zeitschr. Naturwiss. Bd. 38. 1903, p. 1—376, tab. 1—6. 90* 463 Systematik. es bleiben nur die Geschlechtssäcke als eventuelle Homologa desselben übrig. Betrefis dieser habe ich nun noch zu antworten, dass ich ihre consequente Deutung als Geschlechtssäcke und nicht als Cölome auf das Conto ihrer Entstehung bei den niederen Nemertinen setze. Bei diesen, z. B. den Carinellen, entstehen die Geschlechtssäcke erst mit den Ge- schlechtsprodueten, welche aus Parenchymzellen hervorgehen. Indess, meine ich, darf uns diese Erkenntniss nicht hindern, in ihnen dem Cölom der Anneliden vergleichbare Bildungen zu sehen, weil es bei diesen das Cölomepithel ist, welches die Geschlechtsproducte hervorbringt oder doch mit ihrer Entstehung immer zu irgend einer Zeit im nachweisbaren, ich möchte sagen mütterlichen Verhältnisse stand. Ja, ich möchte noch weiter gehen und der Ansicht Ausdruck geben, dass das Cölom allge- mein ursprünglich durch Geschlechtssäcke, welche mit den Geschlechts- produeten (secundär) sich entwickelten, repräsentirt wurde, ihr Auftreten vor den Geschlechtsprodueten und deren nachträgliche Erzeugung durch ihre Epithelien ein zweites Stadium ihrer phylogenetischen Entwickelung darstellt, und dort, wo sie Geschlechtsorgane, d. h. wiederum besondere Höhlen zur Production von Geschlechtsproducten, erzeugen, wie bei den Hirudineen, ein drittes Stadium erreichten. Die beiden ersten hat das Cölom bereits bei den Nemertinen durchgemacht. *) Dagegen lässt sich mit den Metanephridien der Anneliden nichts bei den Nemertinen vergleichen, und was noch schwerer ins Gewicht fällt, die Nephridien der Nemertinen sind auch nicht den Urnieren der Anne- liden homolog, denn diese entstehen bekanntlich, indem Zellen, welche dem Keimstreifen angehören, durch Sprossung Zellenreihen erzeugen, die sich aushöhlen, jene stellen Einstülpungen des primären Ektoderms dar. Meines Erachtens lassen diese betreffs der Nephridien obwaltenden Differenzen, zu denen nun noch diejenigen kommen, welche ein Vergleich der ersten Anlage von Annelid und Nemertine ergiebt, unsere Specu- lationen zu einem für die Verwandtschaftsbeziehungen der beiden dis- eutirten Wurmtypen günstigen Resultate nicht kommen, obgleich wir noch eine Stütze im Bau und der Entwickelung des Centralnervensystems beider finden. Wie schon früher hervorgehoben wurde, ergaben meine Unter- suchungen am Pilidium, dass das Centralnervensystem aus je zwei ge- sonderten Anlagen hervorgeht, indem die dorsalen Ganglien aus den Kopfscheiben, die ventralen Ganglien nebst den Seitenstäimmen hingegen aus den Rumpfscheiben ihren Ursprung nehmen. Man wird demgemäss also ganz allgemein von einer Homologie der dorsalen Ganglien und dem Oberschlundganglion, der ventralen Ganglien nebst Seitenstämmen und dem Unterschlundganglion nebst Bauchmark der Nemertinen und Anne- liden reden dürfen. Dazu kommt, dass die Seitenstämme, von denen man *) Vergl. Lang, A., op. eit., p. 467, p. 155—164. Ferner Ziegler, E. H., Ueber den derzeitigen Stand der Cölomfrage. In: Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1898, p. 14—78. Verwandtschaftsbeziehungen. 469 jeden einer Bauchmarkshälfte gleichsetzen müsste, bei gewissen Meta- nemertinen (Drepanophorus) ja ganz ersichtlich darauf und daran sind, sich miteinander in der Medianebene des Thierkörpers zu vereinigen. Schliesslich ist noch daran zu erinnern, dass auch die Seitenstämme mancher Nemertinengattungen (Cerebratulus, Langia, Drepanophorus) Neurochordzellen und Neurochorde enthalten. Endlich würde sich noch eine Homologie der Cerebralorgane der Nemertinen und der am Kopflappen der Anneliden *) gelegenen Wimper- organe, sowie der als Seitenorgane in beiden Wurmtypen beschriebenen Sinnesapparate vertheidigen lassen, und ohne weiteres ist der Darm- tractus der Nemertinen dem der Anneliden homolog: zu erklären, da den Ein- und Ausgang des mittleren entodermalen Rohres Ektodermein- stülpungen gebildet haben, die freilich bei den Nemertinen, was den Aus- gang anbetrifft, kaum mehr als den After erzeugten. Selbst für den Rüssel der Nemertinen wird man sich bei den Anne- liden ein Homologon im Pharyngealapparat deuten können, freilich nicht unwesentlich dadurch behindert sein, dass letzterer ventral, ersterer dorsal zum Darm gelegen ist. Wie ich schon andeutete, finden die Speculationen, welche eine nahe Verwandtschaft zwischen Nemertinen und Anneliden begründen wollen, wiederum nicht die nöthige Stütze in der Entwickelungsgeschichte, ja dieselben werden in wesentlichen Punkten noch mehr als bei den Tur- bellarien durch eine Berücksichtigung der Ontogenie erschüttert. Vor allen Dingen scheint mir darin ein durchgreifender Unterschied in der Anneliden- und Nemertinenentwickelung zu liegen, dass dieselbe bei den Anneliden durch die Anlage eines Keimstreifens complieirt wird und in Hinblick darauf, dass bei ihnen Organsysteme erst in diesem ihren Ursprung nehmen, die bei den Nemertinen direct von der Larven- haut sich ableiten, geradezu als eine indireete bezeichnet werden muss. Auch die Trochophora und das Pilidium überbrücken die Kluft nicht, denn jene sehen wir sich in ein Annelid umwandeln, indem dieses ausser dem Darm der Larve sich deren Haut zu eigen macht, die Scheitelplatte in sein Gehirn herübernimmt, die larvalen Sinnesorgane behält und die Larve zum Wurm auswächst, dieses hingegen ist man und war man ver- sucht, nur für die Amme der jungen Nemertine zu halten. Fürwahr ein verzeihlicher Irrthum! Nimmt doch die Nemertine nur den Darm des Pilidiums, eine Anzahl Einstülpungen der Larvenhaut und einige Zellen der Larvengallerte mit! Entschlüpft sie doch dem Pilidium, dieses in seiner Gestalt unverändert lassend, also auch von seiner Scheitelplatte nichts behaltend! Von einem Auswachsen des Pilidiums zur Nemertine kann keine Rede sein, und die der Nemertine eigenen Sinnesorgane sind *), Eisig, H., Monographie der Capitelliden des Golfes von Neapel ete. in: Fauna u. Flora d. Golfes v. Neapel. Monogr. 16. 1887, ATO Systematik. alle erst in ihr entstanden, nachdem sie längst sich des Pilidiums ent- ledigt hat. Alles in allem wird man meiner Ansicht nach nur zu dem Ergeb- niss kommen, dass sich die Nemertinen in einer den Anneliden ver- wandten Richtung entwickelt haben, dass sie gewissermassen Turbellarien darstellen, welche im Laufe der Zeit einige Züge des Annelidencharakters copirten. c. Die Beziehungen zu den Cölenteraten, Arthropoden, Mollusken, Enteropneusten und Vertebraten. In dieser Erweiterung der Speculationen über die Verwandtschaft der Nemertinen folge ich nicht einem eigenen Impuls, sondern trage lediglich Ansichten oder gar nur ziemlich nackten Behauptungen Rech- nung, welche vornehmlich von Haller, M’Intosh, Hubrecht und Haeckel herrühren. Haller nämlich kommt in seiner Abhandlung über die Textur des Centralnervensystems höherer Würmer *), in der auch die Nemertinen Berücksichtigung fanden, zu dem Schlusse, dass die Nemertinen „sehr alte Stammformen darstellen, von denen einerseits die Mollusken, andererseits die Anneliden, Hirudineen und Arthropoden, so- wie die Wirbelthiere ableitbar sein werden‘. Während Nemertinen wie Drepanophorus und Oerstedia, deren Nervenmarkstämme ventralwärts näher gerückt sind (was übrigens bei letzterer nicht der Fall ist), den Autor an Anneliden und Arthropoden erinnern, führen ihn die dorsalwärts gerückten Nervenmarkstämme von Langia zu jenen Thieren, welche ein Rückenmark besitzen. Nun sind zwar bei Langia die Seitenränder einander genähert, indem sie nach oben wie eine Krempe umgeklappt sind, aber die Seitenstämme liegen noch in derselben Lage wie bei Cerebratulus: das lehrt ein beliebiger Quer- schnitt durch eine L. formosa. Anlass zur Speculation geben Haller auch die Cerebralorgane (Seitenorgane), welche er nach dem Beispiele Dewoletzky’s mit den Kopfgruben der Archianneliden vergleicht und dem von den Gebrüdern Sarasin bei Helix waltoni entdeckten larvalen grubenartigen Organpaar, den Öerebraltuben, nahe zu bringen sucht. Das sind also Haller’s Stützen für seine Ansicht, welche nieht einmal in richtigen Voraussetzungen wurzeln. Sind seine Ansichten trotzdem mehr zu befestigen? Betrefis der Arthropoden liesse sich wohl der ebenfalls doppelte Ursprung des Gehirns, betreffs der Mollusken die paarigen vom Gehirn ausgehenden Nervenstränge, welche auch wohl Haller zu seiner Speceulation angereizt haben, sowie ihre weiche Haut anführen. Ausser- dem könnte man noch ins Feld führen, dass Nemertinen, Arthropoden und Mollusken ein Blutgefässsystem und einen aus 3 Abschnitten sich zusammensetzenden Darm besitzen. *) In: Arb. zool. Inst. Wien. V. 8. 1889. Verwandtschaftsbeziehungen, 471 Nieht viel aussichtsvoller ist meiner Ansicht nach die von Hubrecht (1837, No. 204) verfochtene Hypothese der Verwandtschaft zwischen Nemertinen und Wirbelthieren. Was sollen da für heterogene Gebilde homolog sein, was sollen sich da für Umbildungen im Nemertinenkörper vollzogen haben, bis er den Wirbelthierkörper repräsentirte! Der Nemer- tinenrüssel entspricht der Hypophyse, das Rhynchocölom der Chorda. Da nun das Rückenmark nicht wohl aus den vereinigten Seitenstämmen ab- leitbar ist, da diese die unverkennbare Tendenz haben, unter dem Darm zusammenzutreffen, so lässt Hubrecht jene mächtigen Centralorgane nebst dem Gehirn zur Bedeutung des sympathischen Nervensystems herabsinken, welches die Nemertinen übrigens in den Schlundnerven be- reits allgemein besitzen, und den Rückennerven, der oben als dünner Strang charakterisirt wurde, und der in der Hauptsache durch Verflechtung der Zweige der Seitenstämme zustande kommt, nicht allein zum Rücken- mark werden, sondern sein vorderes Ende zum Gehirn anschwellen. Ge- wisse, namentlich histologische Eigenthümlichkeiten der Nemertinen lassen Hubrecht diese auch mit den Cölenteraten vergleichen. Auf die Verwandtschaft der Nemertinen mit den Üölenteraten sollen hin- weisen die Nesselzellen im Rüsselepithel, die Nervenschichten der Körper- wand und ihr feinerer Bau, das Vorhandensein ektodermaler Muskel- fibrillen und die Art der Mesodermentstehung. Allgemeiner ist der Standpunkt Haeckel’s*), welcher den Nemer- tinen nur darum eine Bedeutung in der Ahnenreihe der Vertebraten bei- misst, weil sie die niedersten aller blutführenden Thiere sind. Er ist der Meinung, dass das Rückengefäss der Nemertinen sowohl dem der Arti- culaten als auch der Aorta der Wirbelthiere zu vergleichen sei. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Nemertinen zu den Entero- pneusten, welche besonders M’Intosh**) vertheidigt hat,’ sind letzthin von Spengel***), ausführlich discutirt worden. Er kommt in seiner im Wesentlichen ablehnenden Kritik, der ich völlig beistimme, zu dem Resultate, dass eine Uebereinstimmung ausser in der Beschaffenheit der Körperdecke, auf die Spengel, wie ich bereits oben darlegte, keinen Werth legt, nur noch in dem Besitze eines dorsal gelegenen Blutgefäss- stammes bestehe, dagegen eine gewisse Aussicht, eine Verwandtschaft zwischen Enteropneusten und Nemertinen noch ein Vergleich der Larven, der Tornaria und des Pilidiums, biete. Diesem Vergleiche kommt die merkwürdige als Pıilidium recurvatum von Fewkes7y) beschriebene Nemertinenlarve entgegen, bei welcher sich ein postoraler Körperabschnitt *) Haeckel, E., Anthropogenie. Leipzig 1891. **) M'Intosh, W. C., Amonograph of the British Annelids. Part I: The Nemerteans. Ray Society London 1873—1874. #%#) Spengel, op. cit. oben, p. 459. 7) Fewkes, W., On the development of certain worm larvae. In: Bull. Mus. Har- vard Coll. V. 11. 1883. 472 Systematik. und ein postoraler Wimperkranz entwickelt hat, dagegen ein der Wimper- schnur des Pilidiums entsprechender Wimperkranz fehlt. Das Ergebniss der vorliegenden Betrachtung kommt auf eine Aner- kennung der Auffassung der älteren Forscher von der Nemertinennatur hinaus, denn es gipfelt in dem Satze, dass nur von einer Verwandtschaft der Nemertinen mit den Turbellarien die Rede sein kann. Die Nemertinen stammen sicher nicht von solchen Turbellarien ab, wie sie heute leben, aber es werden Turbellarien und Nemertinen einen gemeinsamen Wurzelstamm besitzen, von dem sich die Nemertinen ab- zweigten, ehe der einfache in den Nemertinen erhaltene Geschlechts- apparat die für die Turbellarien typischen Complieationen erfahren hatte. 7. Die Stammesentwickelung und gegenseitige Verwandtschaft der Nemertinen. Bei der Beurtheilung der Verwandtschaftsbeziehungen unter sich wurde von mir (1895, No. 256) der grösste Werth auf die Lagerung des Centralnervensystems, insbesondere der Seitestämmen, gelegt. | Das Centralnervensystem besitzt eine sehr verschiedene Lagerung. Es liegt sowohl in der Haut, als auch im Hautmuskelschlauch und im Leibesparenchym. Wir kennen bisher Nemertinen, bei welchen die Seitenstämme im Epithel sich befinden (Procarinina und (arinina), zwischen Grundschicht und Hautmuskelschlauch eingeschlossen sind (Tubulanus, Callinera, Carinesta und Hubrechtia), in der Ringfibrillen- schicht des Hautmuskelschlauches eingebettet verlaufen (Carinoma in der vorderen Region des Vorderdarmes), in der Längsfibrillenschicht der- selben eingeschlossen sind (Carinoma in der hinteren Region des Vorder- darmes und Mittel- und Enddarmregion, ferner Cephalothrix), und end- lich solche, bei denen die Seitenstämme im Leibesparenchym seitlich (2. B. Eunemertes, Amphiporus, Tetrastemma) oder ventral näher an- einander gerückt nach hinten ziehen (Drepanophorus). Was die Lage des Gehirns anbetrifft, so lässt sich wohl seine Lagerung im Epithel, unter der Grundschicht, inmitten und innerhalb des Hautmuskelschlauches stets constatiren, nicht immer aber beurtheilen, in welcher Schicht des Hautmuskelschlauches es liegt, da die Schichten des Hautmuskelschlauches in der Kopfspitze undeutlich oder überhaupt nicht hervortreten. Das Centralnervensystem der Nemertinen entwickelt sich aus dem Ektoderm. Wir dürfen also sagen, es hat seine ursprüngliche Lagerung dort bewahrt, wo wir es im Epithel finden, dort sich am meisten aus ihr entfernt, wo es im Leibesparenchym liest. Wer vermöchte sich nun im Hinblick auf die Lage, welche das Ge- hirn und die Seitenstämme bei Procarinina, (Carinina, Tubulanus, Carinoma, Cephalothrix, Eunemertes, Drepanophorus u. s. w. einnehmen, Stammesentwickelung. 473 der Ansicht verschliessen, dass das Centralnervensystem der Nemertinen im Laufe ihrer Stammesentwickelung von der Peripherie des Körpers in diesen hineingewandert ist? Wollten wir die verschiedene Lage der Seitenstämme systematisch, z. B. zur Bildung von Nemertinenordnungen, verwerthen, so müssten wir, da wir sie in fast allen möglichen Lagen antreffen, sie gewissermassen an allen Stationen ihrer Wanderung sehen, so viel Ordnungen aufstellen, als wir eine andere Lagerung der Seitenstämme feststellten. Nun drängt sich aber die Beobachtung auf, dass die Organisation aller jener Nemer- tinen eine sehr gleichförmige ist, bei welchen die Seitenstämme die Grenze von zwei geweblich sehr verschiedenen Schichten der Körper- wand noch nicht überschritten haben. Solcher Grenzen giebt es zwei; die eine befindet sich zwischen Haut und Hautmuskelschlauch, die andere zwischen Hautmuskelschlauch und Leibesparenchym. Also alle Nemer- tinen, deren Seitenstämme in der Haut oder zwischen ihr und dem Haut- . muskelschlauch liegen, sollen einander im Bau ausserordentlich ähnlich sein, einerlei ob die Seitenstämme im Epithel oder in der Grundschicht oder unter dieser sich befinden; ebenso sollen jene Nemertinen einander sehr gleichen, deren Seitenstämme im Hautmuskelschlauch stecken, einer- lei in welcher Schicht jenes, oder endlich im Leibesparenchym, einerlei an welchem Orte, ob lateral weit voneinander entfernt, ob ventral einander genähert sie in diesem verlaufen. Das ist in der That der Fall, und dem- entsprechend habe ich die Nemertinen ohne Cutis und mit nur einem zweischichtigen Hautmuskelschlauch (Ring- und Längsfibrillenschicht) in 3 Ordnungen eingetheilt, nämlich die I. Protonemertini. Die Seitenstämme liegen in der Haut oder zwischen dieser und dem Hautmuskelschlauch (Procarinina, (arinina, Tubulanus, Callinera, Carinesta, Hubrechtia). II. Mesonemertini. Die Seitenstämme liegen im Hautmuskel- schlauch (Carinoma, Cephalothrix). 11II. Metanemertini. Die Seitenstämme verlaufen im Leibes- parenchym (Eimpleetonema, Carcinonemertes, Fono- nemertes, Paranemertes, Nemertopsis, Ototyphlo- nemertes, Prosorhochmus, Prosadenoporus,, (Geo- nemertes, Amphiporus, Proneurotes, Drepano- phorus, Prostoma, Oerstedia, Stichostemma, Necto- nemertes, Hyalonemertes, Malacobdella, Pelago- nemertes, Planktonemertes). giebt aber ferner eine grosse Anzahl von Nemertinen, bei welchen die Seitenstämme auch im Hautmuskelschlauch stecken, trotzdem sie die- selbe Lage wie bei Tubulanus, Callinera, Carinesta oder Hubrechtia be- wahrt haben. Diese abweichende Lagerung erhielten sie, nachdem eine neue, dritte Muskelschicht zwischen der Haut und dem ursprünglichen (zweischichtigen) Hautmuskelschlauch sich entwickelt hatte. Dieselbe tritt “jonepyospoysnwgneg (YYaLoSs -uOJJLIAHSSUBT pun -Sumg) woSımpargos -19MZ nu gut Sm HUyo UAUTLIOWON el un 474 Systematik. immer zusammen mit einer subepithelialen Drüsenschicht auf, welche in der Regel ein stark entwickeltes Bindegewebe besitzt und von uns als Uutis beschrieben wurde. Alle Nemertinen, welche solche Charaktere auf- weisen, sind ziemlich gleichförmig gebaut, unterscheiden sich aber ins- gesammt ebensosehr in ihrer Organisation von jeder der oben skizzirten 3 Ordnungen, wie diese untereinander. Infolgedessen sind sie in einer IV. Ordnung zu vereinigen, welche den drei ersten als gleichwerthig an- gereiht werden darf. iV. Heteronemertini. Mit Cutis und dreischichtigem Haut- muskelschlauch (Längs-, Ring-, Längsfibrillen- schicht), in den die Seitenstämme eingebettet sind (Daseodiscus, Poliopsis, Joubinia, Parapolia, Oxypolia, Euborlasia, Lineus, Valencinura, Zygeu- polia, Micrella, Mierura, Cerebratulus, Diplo- pleura). Gehen wir auf die Verwandtschaft ein, welche die 4 Ordnungen zu- einander besitzen, so müssen wir zunächst erörtern, ob wir bei den Protonemertinen, abgesehen von der Lagerung des Centralnervensystems, derart ursprüngliche Organisationsverhältnisse antreffen, dass wir berech- tigt sind, diesen Formenkreis als Wurzel des Nemertinenstammes zu bezeichnen. Ich glaube, dieselben sind gegeben, und zwar vornehmlich durch die bei den Tubulanidae (und sonst nirgends) epithelial gelegenen Cerebralorgane, den Besitz von nur zwei Blutgefässen, welche nur im Kopf- und Schwanzende miteinander verbunden sind, den der Taschen wenigstens bei Procarinina und Tubulanus vollständig entbehrenden Darm, den Mangel der Metamerie bei diesen beiden Gattungen, sowie durch die geringe Entwickelung des Rüssels, mit welcher eine geringe Ausdehnung des Rhynchocöloms Hand ir Hand gegangen ist. Am ehesten entspricht dem Bilde einer Urnemertine, welches wir uns aus einer vergleichenden Betrachtung der Organisation aller Nemer- tinentypen construiren, die jüngst von Bergendal beschriebene Gattung Procarinina, deren einzige Art dieser Autor mit Beziehung atavia nannte. Bei ihr liegen Gehirn und Seitenstämme im Hautepithel und entbehrt der Darm der Taschen. Die schon 1885 durch Hubrecht bekannt ge- wordene Gattung Carinina, bei welcher das Centralnervensystem eben- falls epithelial gelegen ist, weist nämlich bereits einen mit Taschen ausgestatteten Darm auf und erhebt sich hierdurch über Tubulanus, welch’ letzterer sich aber andererseits vom Urtypus durch die subdermale Lagerung des Centralnervensystems entfernt hat. Als nach den Mesonemertinen hinüberleitende Arten der Protonemer- tinen könnten Tubulanus, Callinera und Carinesta in Frage kommen. Tubulanus theilt mit Carinoma die sehr starke Entwickelung der inneren Ringmuskelschicht, Callinera erinnert an jene Gattung der Mesonemer- tinen besonders durch die wenig verzweigten Excretionsgefässe und das Fehlen der Cerebralorgane. Letztere wurden auch bei Carinesta vermisst, Stammesentwickelung. 475 welche sich im Uebrigen mehr an Tubulanus als an Callinera anschliesst und vielleieht der Urform der Mesonemertinen trotz der höher ent- wickelten Nephridien näher steht als Callinera. Eine denkbar einwandfreie Uebergangsform zu den Heteronemer- tinen repräsentirt Hubrechtia, bei welcher das Centralnervensystem wie bei Tubulanus gelegen ist, aber die Entwickelung einer ziemlich dicken Bindegewebsschicht zwischen Grundschicht und Hautmuskelschlauch sich geltend macht. In ihr treten vereinzelte Drüsenzellen auf, so dass man diese Schicht als Anlage einer Cutis deuten darf. Dazu kommt, dass bei Hubrechtia die Cerebralorgane in die Tiefe gerückt sind und zum Theil in die Blutgefässe hineinragen, und dass sich ferner ein Rückengefäss entwickelt hat. Die Verwandtschaft der Protonemertinen zueinander und zu den von ihnen ausgehenden Ordnungen lässt sich also im Ganzen verhältniss- mässig genau erkennen. Heteronemertini Ba Mesonemertini Hubrechtia | Carinesta . 4 i Callinera Tubulanus— Carinina Procarinina | Ausgangsform wie Procarinina, aber mit eontinuirlichen seitlichen Sinneslinien. Protonemertini. Stammbaum der Protonemertinen. 476 Systematik. Indessen liegt die Vermuthung nahe, dass es noch tiefer stehende Nemertinen als Procarinina giebt, nämlich solche, welche mit den Charakteren dieser Gattung den Besitz lateraler Sinnesstreifen vereinigen. Unter dem Material der Belgischen Antarctischen Expedition (1897—99) befand sich das Fragment (hinteres Ende) einer neuen Carinina, welche von mir als antarctica beschrieben wurde.*) Bei ihr zeigt das Haut- epithel folgende Eigenthümlichkeiten: Das Epithel erweist sich als ausserordentlich hoch, indem es etwa dreimal so dick ist als der Hautmuskelschlauch. Es ist vollgepfropft mit den für die Tubulaniden charakteristischen Paketdrüsenzellen. Indessen fehlen sowohl diese Drüsenzellen, als auch irgend welche andere in den Seiten des Körpers. Es bleibt also das Epithel, soweit es die Seiten- stämme bedeckt, frei von Drüsenzellen. Das Epithel verhält sich dem- nach im Bereich zweier lateraler Streifen wie das Epithel der Seiten- organe von Tubulanus superbus. Die Uebereinstimmung wird noch da- durch erhöht, dass im Bereich der drüsenzellfreien Streifen die Wimpern der Epithelzellen länger sind, als am Bauch und Rücken, wo die Drüsen- zellen massenhaft und gleichmässig vertheilt sind (Taf. XXI, Fig. 1). Es ist mithin wohl kein übereilter Schluss, wenn ich annehme, dass Carinina antaretica ein Paar lateraler continuirlicher Sinnes- linien besitzt. Ferner ist zu folgern, dass die von mir »ei verschie- denen Tubulanus-Arten entdeckten Seitenorgane Ueberreste jenes in der ganzen Länge des Körpers verlaufenden Sinnesorganes sind. Ausserdem ist zu betonen, dass keine der bisher bekannten ursprüng- lichen Gattungen solche einfache Exeretionsgefässe besitzt, wie sie sich bei der sonst viel höher stehenden Gattung Carinoma vorfinden. Von den Protonemertinen wird einerseits die Entwickelung der Mesonemertinen, andererseits die der Metanemertinen ausgegangen sein. Von den Mesonemertinen ist die Entwickelung der Metanemertinen ausgegangen. Indessen ist weder Carinoma noch Cephalothrix als eine Uebergangsform zwischen Proto- und Metanemertinen anzusehen, weil beide sich vor allen Dingen durch den Mangel der typischen Sinnes- apparate der Nemertinen, der Cerebralorgane, von der Allgemeinheit der Nemertinen unterscheiden. Beide Arten sind nur als nähere Verwandte der wirklichen, bisher noch unbekannten Uebergangsformen unter den Mesonemertinen zu betrachten, von denen Carinoma noch den Proto- nemertinen nahe steht, Cephalothrix hingegen, ‘weder an letztere er- innernd, noch mit Carinoma anders als durch die fundamentalsten Ord- nungscharaktere übereinstimmend, eine sehr selbstständige Stellung ein- nimmt. Ausserordentlich früh muss sich von jener Entwickelungsreihe, welche von den Mesonemertinen zur Entstehung der Metanemertinen geführt hat, Pelagonemertes abgezweigt haben, weil dieser noch ein Rückengefäss Z)NOPp: eit., P- 406. Stammesentwickelung. 477 fehlt, das sonst allen Metanemertinen eigenthümlich ist, dagegen bei den Protonemertinen (mit Ausnahme von Hubrechtia) und den Mesonemertinen vermisst wird. Die Organisation der Metanemertinen, mit Ausnahme von Pelagone- mertes und Malacobdella, ist in den Grundzügen eine derart gleich- förmige, dass man für sie einen gemeinsamen und gleichzeitigen Ursprung annehmen darf. Ich halte von ihnen die Prorhynchocoelomia für die älteren, und unter diesen Emplectonema für die Ausgangsform nicht allein von Carcinonemertes, Gononemertes, Paranemertes, Nemertopsis und Oto- typhlonemertes, sondern auch aller Holorhynchocoelomia, indem ich von ihr Amphiporus abstammen lasse, den ich für die Stammform dieser Unterordnung halte. Von den Amphiporen erinnern mich nämlich Arten wie Amphiporus carinelloides und langiaegeminus besonders durch ihren Habitus und, was ihre innere Organisation anbetrifft, vornehmlich durch ihre Cerebralorgane und ihr Gehirn an Emplectonema. Diese Charaktere bewegen mich dazu, für eine unmittelbare Verwandtschaft von Empleec- tonema und Amphiporus einzutreten. Von Emplectonema dürften sich auch die Arten der Familie Prosorhochmidae ableiten. Die Gattungen Pro- neurotes, Prostoma und Drepanophorus indessen scheinen nur von Amphi- porus abgeleitet werden zu können, den ich übrigens auch als Ahnen von Malacobdella betrachte. Von Tetrastemma ist Oerstedia entsprungen. End- lich halte ich auch Ayalonemertes und Neetonemertes für am nächsten ver- wandt mit Amphiporus. Die landbewohnenden Nemertinen, welche bisher alle zu ein und demselben Genus gerechnet werden, haben vielleicht einen doppelten Ursprung. (reonemertes australiensis Dendy weicht derart bedeutend von den übrigen 7 Arten der Gattung Geonemertes ab, dass ich nicht allein glaube, dass sie eine besondere Gattung repräsentirt, sondern auch eine andere Wurzel besitzt als die übrigen Arten. Vielleicht sind diese näher mit Emplectonema verwandt, dagegen G. australiensis mit Amphiporus. In höherem Grade zweifelhaft ist jedenfalls der Ursprung von Planktonemertes. (Gegen eine unmittelbare Verwandtschaft mit Pelagone- mertes spricht der Besitz eines Rückengefässes. Aus diesem Grunde glaube ich, dass man Planktonemertes mit Pelagonemertes nicht in eine Familie vereinigen darf. Indessen ist die Organisation der ersteren zur Zeit noch nicht ganz genügend bekannt. Ich vermuthe, dass sich Plankto- nemertes von Amphiporus-ähnlichen Arten ableitet. Der Stammbaum der Metanemertinen ist mithin ein sehr proble- matischer. 473 Systematik. Oerstedia Drepanophorus Prostoma Proneurotes Hyalonemertes —— Malacobdella : Nectonemertes Planktonemertes ! > ve RE (eonemertes I — % -Amphiporus / Prosorhochmus Pelagonemertes Prosadenoporus Holorhynchocoelomia, = Faranemertes Nemertopsis % | (rononemertes Ototyphlonemertes Careinonemertes Eimplectonema Prorhynchocoelomia __ Oephalothrix Carınoma | Mesonemertini. Stammbaum der Meso- und Metanemertinen. Stammesentwickelung. 479 Die Ausgangsform der Heteronemertinen wird die Gattung Baseodis- cus sein. Daseodiscus ist offenbar nahe verwandt mit der bereits höher entwickelten Gattung Joubinia. Ich schliesse darauf vornehmlich wegen des übereinstimmenden Baues der Wandung des Rüssels. Dass die Gattung Lineus sich ebenfalls von Baseodiscus-ähnlichen Arten ableitet, wird durch Poliopses wahrscheinlich gemacht. Bei letzterer ähnelt das Gehirn dem der Lineiden, während sie sich sonst eng an Baseodiscus anschliesst. Von Lineus stammt wahrscheinlich ziemlich direct die Gattung Euborlasia ab. Die Gattung Oxypolia erinnert durch ihre Or- ganisation, wenn wir vom Mangel des Frontalorganes und der Augen absehen, so sehr an Bbaseodiscus, dass sie vielleicht direet von dieser ent- sprungen ist; dagegen stellt die Gattung ZParapolia wohl einen Seitenast des Stammes vor, der von Daseodiscus zur Entwickelung von Lineus führte. Endlich müssen wir die Herkunft der Micrurinae auf Lineus-artige Formen zurückführen. Für eine besonders tiefstehende Gattung dieser Unterfamilie halte ich Bergendal’s Gattung Valencinura. Bergen- dal hat dieselbe mit Joubinia, Oxypolella*) und Ozxypolia in der Familie Valeneinidae Hbr. vereinigt, deren Diagnose Bergendal reformirte. Ich kann diesen Schritt nicht billigen, da ich daran festhalte, dass Joubinia zu Baseodiseus gehört. Ausserdem besitzt Valencinura ein Schwänzchen, ein Merkmal, das mir einen sehr bedeutenden systematischen Werth zu haben scheint. Zygeupolia und besonders Micrella documentiren nähere Verwandt- schaft mit Micrura. Cerebratulus stellt einen hoch entwickelten Seiten- zweig der Reihe vor, die zur Entstehung der Gattung Mierura führte. Von Cerebratulus stammt wahrscheinlich die merkwürdige Gattung Diplo- pleura ab. Es ist noch ausdrücklich hervorzuheben, dass Hubrechtia nicht als unmittelbares Bindeglied zwischen Tubulanus und Baseodiscus einzu- schieben ist, vornehmlich wegen der Differenzen in Bau und Lage der Cerebralorgane. Hubrechtia weist wesentliche Charaktere der Heteronemer- tinen auf, ohne aber eine nähere Verwandtschaft zu einer bestimmten Heteronemertinengattung zu verrathen. *) Bergendal, D., Zur Kenntniss der Nordischen Nemertinen.. In: Bergens Mus. Aarborg 1902, Nr. 4, p. 1—22 nebst 1 Tafel. — Gattung Oxypolella von mir nicht be- rücksichtigt, da ich sie für eine unsichere Gattung halte. 480 Systematik. Diplopleura | | Cerebratulus Mierella Mierura__ IN Zygeupoia Euborlasca Valeneinura Mierurinae Be | Lineus Oxypolia Parapolia ee | Lineinae [nnd Lineidae Poliopsis n | Joubinia | Baseodiscus Baseodiscidae Heteronemertini. Stammbaum der Heteronemertini. Erklärung von Tafel XX. IV, 1. Spplt. . Hubrechtia desiderata (Kennel). Fast '/,. . Paranemertes peregrina Coe. ?/;. . Cephalothrix rufifrons (Johnst.). Etwa %/,. . Mierura alaskensis Coe. Y,. . Poliopsis lacazei Joub. !),. . Zygeupolia litoralis Thomps. Fast !/,. . Geonemertes australiensis Dendy. 2/1. . Joubinia (Valencinia) longirostris (Quatr.). Fast ?/,. . Euborlasia elizabethae (Me Int.). Fast ’/,. . Stichostemma graecense Böhmig. ?/,- . u. 11a. Planktonemertes agassizeii Woodworth. 1%/,/1. Es bedeuten: ap Schwänzchen, geh Gehirn, m Mund, r Rüssel. Fig. 1 u. 9 nach Bürger (No. 256); Fig.2 u. 4 nach Coe (op. eit. pag. 423); Fig. 3, 5 u. 8 nach Joubin (No. 247); Fig. 6 nach Thompson (op. eit. pag. 452); Fig. 7 nach Dendy (No. 230); Fig. 10 nach Böhmig (op. eit. pag. 247); Fig. 11 u. 11a nach Woodworth (op. eit. pag. 441). Tafel 20. Bürger, Nemertini. BATTITE VEFTFTRE Erklärung von Tafel XXI. er sıoupuommg Es . Carinina antaretica Bürg. Querschnitt aus der hinteren Körpergegend. ®/,. . Carinesta orientalis Punnett. Querschnitt aus der Gegend der Exeretionsporen. 3%,. . Oxypolia beaumontiana Punnett. Vorderende. Etwa ®),. . Dtichostemma graecense Böhmig. Junges Exemplar. Carimesta orientalis Punnett. Vorderende, schematisch. . Mierella rufa Punnett. Vorderende. Etwa %),. . Zygeupolia litoralis Thompson. Hinterende mit Schwänzehen. Etwa %/,. bedeuten: a After, ap Schwänzchen, au Auge, ep Epithel der Haut, exgf Exeretions- gefäss, exgfd Ausführgang desselben, gfl Blutlacune des Schwänzchens, gh Gehirn, gs Grund- schieht, #rm innere Ringmuskelschicht, ks Kopfspalte, %sl! Vereinigung der Blutgefässe im Kopfe, Im Längsmuskelschieht, Imre vier Längsmuskelbündel des Rhynchocöloms, Imvd Längsmuskelschicht, welche den Vorderdarm umschliesst, m Mund, mtd Mitteldarm, ns Nervenschieht, r Rüssel, rc Rhynchocölom, rgf Rückengefäss, rm Ringmuskelschieht, sgf Seitengefäss, sin Schlundnerv, sorg Seitenorgan, sst Seitenstamm, st! Seitensinnesstreifen, sstap Stilettapparat, vd Vorderdarm. Fig. 1 nach Bürger (op. eit. pag. 406); Fig. 2,3,5 u. 6 nach Punnett (op. eit. pag. 411 u. 448); Fig. 4 nach Böhmig (op. eit. pag. 247); Fig. 7 nach Thompson (op. eit. pag. 452). Bürger, Nemertini. Tafel 21. en | Jith. Ciesecke & Devrienk. Geographische Verbreitung. 481 Siebenter Abschnitt. Biologie. 1. Die geographische Verbreitung.*) Die Nemertinen sind fast ausschliesslich Bewohner des Meeres. Wir dürfen uns so ausdrücken, weil von 406 sicheren Arten, welche heute etwa bekannt sind, nur 7 im Süsswasser, S auf dem Lande und 1 als Parasit in einer Süsswasserschnecke leben. Die Nemertinen sind ferner mit wenigen Ausnahmen frei lebende Würmer, denn wir kennen nur 6 Arten als strenge Commensalen und weitere 4 Arten als echte Parasiten. Die marinen Nemertinen sind im Wesentlichen auf den litoralen Lebensbezirk beschränkt, wo sie von O bis ungefähr 300 m tief am zahlreichsten vorkommen. Nur 5 Arten gehören als pelagische Formen dem abyssalen Lebens- bezirk an. A. Geographische Verbreitung der litoralen Nemertinen. 1. Verbreitung in den verschiedenen Zonen. as Ingder Arctis. Die Nemertinen, welche bisher innerhalb des nördlichen Polarkreises gefunden worden sind, vertheilen sich auf die folgenden Ordnungen und Gattungen: Protonemertini: Tubulanus (Carinella). Metanemertini: Emplectonema (Eunemertes), Nemertopsis, Amphiporus, Drepano- phorus, Prostoma (Tetrastemma). Heteronemertini: Lineus, Micrura, Cerebratulus. *, Die Ausarbeitung dieses Kapitels stützt sich vornehmlich auf meine Bearbeitung der Nemertinen für „Das Thierreich“, Lief. 20, Berlin 1904, welche die Literatur bis 1899 enthält. Die späteren Arbeiten, von denen wir die wichtigsten Bergendal, Coe, Isler, Joubin, Punnett und auch dem Verfasser verdanken, sind in den nach- folgenden Seiten aufgeführt worden. Bronn, Klassen des T'hier-Reichs. IV. 1. Spplt. 3l 452 Biologie. Von den genannten Gattungen sind nur Amphiporus und Cerebratulus durch mehrere Arten vertreten, von denen Cerebratulus barentsi Bürg. und Amphiporus groenlandicus Orst. der Aretis eigenthümlich zu sein scheinen. bh Inder Antaretie: Innerhalb des südlichen Polarkreises wurden bisher nur die folgenden Nemertinen beobachtet: Protonemertini: Carinina. Metanemertini: Amphiporus, Prostoma (Tetrastemma). Carinina und Prostoma mit je einer Art, Amphiporus mit zweien. ec. In der Subaretis. Rechnen wir das subaretische Gebiet bis zum 41.’ n. Br., so haben wir die folgenden Gattungen aufzuzählen: Protonemertini: Procarinina, Carinina, Tubulanus (Carinella) , Callinera , Hu- brechtia. Mesonemertini: Carinoma, Cephalothriz. Metanemertini: Empleetonema, Carcinonemertes, (rononemertes, Paramemertes, Nemertopsis, Ototyphlonemertes, Prosorhochmus , Amphiporus, Proneurotes, Drepanophorus, Prostoma (Tetrastemma), Oer- stedia, Malacobdella. Heteronemertini: Baseodiscus (Eupolia), Poliopsis, Joubinia (Valencinia), Para- polia, Ozxypolia, KEuborlasia, Lineus, Valeneinura, Zygeu- polia, Micrella, Micrura, Cerebratulus, Diplopleura (Langia). Es mussten an dieser Stelle fast sämmtliche Gattungen, welche das Litoral im weitesten Sinne bewohnen, aufgeführt werden, aber eine nicht geringe Anzahl scheidet für vergleichende Betrachtungen aus, da sie bisher nur von einem Fundorte bekannt sind. Von verschiedenen der übrig bleibenden Gattungen lässt sich mit Bestimmtheit behaupten, dass ihre eigentliche Heimath nicht die kalten, sondern die wärmeren Meere sind und sie das subarctische Gebiet nur streifen. Dieses gilt vor allem für das Genus Baseodiscus (Eupolia), worauf ich früher bereits hingewiesen habe, und wofür die Nemertinenausbeuten der letzten Jahre neue Belege brachten. Unter den 36 Nemertinenarten, welche bisher von der pacifischen Küste Nordamerikas bekannt geworden sind und von W. R. Coe in den letzten Jahren beschrieben und neuerdings monographisch behandelt Geographische Verbreitung. 485 wurden *), befinden sich nur drei dem Genus Baseodiscus zugehörige Arten, von denen aber nur eine (B. princeps Coe) innerhalb des 41. n. Br. aufgefunden wurde. Dasselbe wird für Poliopsis gelten, einer nahen Verwandten von Baseodiscus, die man bisher nur aus dem Mittelmeer (Banyuls) und Indischen Ocean kennt, und ferner für Diplopleura (Langia). Von letzterer sind zur Zeit 4 Arten bekannt, von denen die eine (D. formosa) das Mittelmeer bewohnt (Neapel, Banyuls), die andere (D. obockiana) den Golf von Aden (Obock), die dritte (D, japonica) die Bai von Kagoshima und die vierte (D. vivesi Joubin**) die Küste von Nieder-Californien (La Paz). Ausserdem kennt man ein nicht näher bestimmtes Bruchstück von Neu-Florida. Der Subaretis eigenthümliche Gattungen giebt es wahr- scheinlich nicht, dagegen kann kein Zweifel herrschen, dass gewisse Gattungen in ihr ihre weiteste Verbreitung und höchste Artenzahl erreichen. Von den Protonemertinen ist es Tubulanus (Carinella). Wir kennen von dieser Gattung zur Zeit 19 sichere Arten, von denen aber keine einzige innerhalb der Wendekreise vorkommt, und von denen nur 2 Arten bis gegen den 32.° n. Br. südwärts vordringen. Es sind dieses 7. super- bus (Köll.), welche bei Madeira, und T. pellucidus Coe, welche noch bei San Diego an der californischen Küste gefunden wurden. Von den Mesonemertinen gilt sowohl von Cephalothrix als auch von Carinoma dasselbe wie von Tubulanus. Aus den tropischen Meeren sind sie nicht bekannt, dagegen sind sie in der Subaretis namentlich durch Cephalothrixz linearis überall vertreten und dehnen sich, durch diese über- aus häufige Art repräsentirt, ebenfalls bis gegen den 32.° n. Br. nach Süden aus. Von den Metanemertinen ist zweifelsohne Amphöporus eine der am meisten charakteristischen Gattungen der Subaretis. Wir kennen zur Zeit von derselben 77 sichere Arten, einschliesslich der von Coe*) jüngst beschriebenen. Von diesen sind 63 ausschliesslich oder nahezu ausschliesslich Bewohner der subarctischen Meere. Obwohl Prostoma (Tetrastemma), nächst Amphiporus die an Arten reichste Gattung der Metanemertinen, aus den tropischen Meeren bekannt ist, möchte ich als ihre eigentliche Heimath ebenfalls die kalten Meere bezeichnen. Etwa zwei Drittel der bisher bekannten Arten gehören der Subaretis an. Von den 13 Arten der Gattung ZEmplectonema (Eunemertes) sind mehrere hervorragend charakteristisch für die Subarctis, so besonders E. gracile (Johnst.), neesö (Örst.) und giganteum (Verrill). *) Coe, W. R., Nemerteans of the West and Northwest Coasts of America. In: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College. Bd. 47, 1905, p. 1—318, tab. 1—23. **) Joubin, L., Note sur quelques Nemertiens recueillis en Basse-Californie par M. Diguet. In: Bull. Mus. d’hist. nat. 1905, No. 5, p. 309—314. 3al* 454 Biologie. Drepanophorus, bisher durch 10 Arten bekannt, besitzt nur 2 Arten wenn wir von denen des Mittelmeeres absehen —, welche in der Subaretis verbreitet sind. Es sind dieses D. spectabilis (Quatr.) und crassus (Quatr.), die sich übrigens ausserdem keineswegs auf den sub- aretischen Meeresgürtel beschränken. Viel charakteristischer ist Malacobdella für die Subaretis, da die beiden marinen Arten, welche wir von diesem merkwürdigen Parasiten kennen, sogar auf sie beschränkt sind. Schliesslich haben wir noch betrefis der Verbreitung der Metanemer- tinen in der Subaretis der Gattungen Carcinonemertes, Nemertopsis, Ototy- phlonemertes, Prosorhochmus und Oerstedia zu gedenken. Oarcinonemertes, ebenfalls ein Parasit, von dem wir vorläufig nur 2 Arten kennen, ist rein subaretisch, soweit es sich um sein Vorkommen im nordatlantischen und nordpaeifischen Ocean handelt, dringt aber im Mittelmeer bis zur Breite von Messina südwärts vor. Nemertopsis (4 Arten) ist im Wesentlichen subaretisch, dringt aber mit einer Art weit in die Arctis hinein. Ototyphlonemertes, Prosorhochmus und Oerstedia sind bisher nur aus der Subaretis (einschliesslich Mittelmeer und Schwarzes Meer) bekannt, aber da es sich um zarte und kleine Formen handelt, so vermissen wir sie wahrscheinlich aus diesem Grunde unter den Nemertinenausbeuten der Expeditionen und werden gut thun, sie vorläufig nicht auf die Subaretis zu beschränken. Von den Heteronemertinen kommen für die Subarctis, nachdem wir aus oben erörterten Gründen BDaseodiscus, Poliopsis und Diplopleura aus- schliessen, besonders Joubinia (Valenceimia), Euborlasia, Lineus, Micrura und Cerebratulus in Betracht. Joubinia muss zur Zeit als auf die Subaretis einschliesslich Mittel- meer beschränkt gelten, welche sie nur wenig nach Süden überschreitet, bis nach Madeira vordringend. Auch Euborlasia wurde bisher nur in der nördlichen Hemisphäre aufgefunden, breitet sich aber noch weiter süd- wärts aus als Joubinia. Es wurde nämlich vom „Albatros“ eine Art (Euborlasia maxima Coe) im Golf von Californien auf der Höhe von 24° 55° n. Br. gedredscht*). Indess beide Gattungen vermögen der sub- arctischen Nemertinenfauna kein besonderes Gepräge zu verleihen, da sie arm an Arten und diese verhältnissmässig selten sind. Ausserordentlich hingegen beeinflussen den Charakter der subarc- tischen Nemertinenfauna die Gattungen Lineus, Cerebratulus und Meerura, obwohl die beiden erstgenannten nur mit einem ziemlich geringen Bruch- theil ihrer Arten in der Subarctis vertreten sind. Von Cerebratulus, der artenreichsten Gattung der Heteronemer- tinen, kennen wir 67 sichere Arten, von denen (ausschliesslich Mittelmeer) 19 Arten der Subarctis angehören. Ihr folgt an Artenreichthum Lineus *) op. eit., oben pag. 483. Geographische Verbreitung. 485 mit 54 Arten, von denen (ausschliesslich Mittelmeer) 15 subaretisch sind. Unter den Arten beider Gattungen aber befinden sich solche, welche nicht allein innerhalb der Subarctis eine überaus weite Verbreitung be- sitzen, sondern sich überdies noch durch einen ungeheuren Individuen- reichthum auszeichnen. Ich erinnere an Lineus ruber (Müll.) und Cerebra- tulus marginatus Ren. Wie Amphiporus unter den Metanemertinen, so ist unter den Hetero- nemertinen Micrura die charakteristischste Gattung der Subaretis. Von Mierura kennen wir 21 sichere Arten. Von diesen ist nur eine tropisch, zwei sind auf das Mittelmeer beschränkt und zwei bisher nur an der Küste des südlicheren Californiens (San Pedro, etwa 34° n. Br.) gefunden worden, 16 indessen sind innerhalb des 41.° n. Br. beheimathet. d. In der Subantaretis. Rechnen wir das subantaretische Gebiet bis zum 41.0 50° s. Br., so haben wir die folgenden Gattungen aufzuzählen: Protonemertini: Tubulanus (Carinella). Mesonemertini: Carınoma, Cephalothrix. Metanemertini: Emplectonema (Kunemertes), Amphiporus, Drepanophorus, Pro- stoma (Tetrastemma), Malacobdella. Heteronemertini: Baseodiscus (Eupolia), Lineus, Micrura, Cerebratulus. Von den aufgezählten Gattungen gilt für Daseodescus dasselbe, was über ihr Vorkommen in der Subaretis gesagt wurde: sie streift nur das subantaretische Gebiet, da ihre eigentliche Heimath die warmen und heissen Meere sind. Seltsamerweise sind uns bisher nur spärliche Beweise von der Existenz der Protonemertinen in der Subantaretis bekannt geworden, nämlich eine Art von Tubulanus (T. annulatus (Mont)), die besonders im nordatlantischen Ocean heimisch ist, vom Cap der guten Hoffnung *), also etwas mehr nördlich als die von uns gezogene Grenze, und mehrere nicht näher bestimmte Stücke aus dem Beagle-Canal. Cephalothrix kennt man (leider ebenfalls nur durch nicht näher be- stimmbar gewesene Stücke) aus dem Beagle-Canal und von Chilo& (Ancud), Carinoma durch eine besondere Art (U. patagonzca Bürg.) aus der Magal- haens-Strasse (Punta-Arenas). ””) Von Emplectonema wurden bisher nur 2 subantaretische Arten be- schrieben, die beide von der chilenischen Küste stammen (nämlich E. *) 1857, No. 90, p. 162. *#). 1895, No. 257, u. Bürger, O.. Nemertinen. In: Hamburger Magalhaensische Sammelreise. 1899, p. 1—12. 436 Biologie. violacea Bürg. von Calbuco und E. flavens Bürg. aus der Bai von Talea- huano, also letztere etwas weiter nördlich als unsere Grenze der Subant- aretis), ferner wissen wir von dem Vorkommen dieser Gattung bei der Insel Navarin leider durch nicht näher bestimmte Stücke *). Amphiporus ist durch 12 Arten in der subantaretischen Zone ver- treten, die an der chilenischen Küste, in der Magalhaens-Strasse, bei Süd- Georgien, der Marion-Insel, den Kerguelen und bei Neu- Seeland beobachtet wurden, Prostoma durch 8 Arten, von denen 7 von Süd- Georgien **) und eine von der chilenischen Küste stammt. Drepanophorus ist bisher nur einmal bei den Kerguelen - Inseln ge- funden worden. Von Malacobdella kennt man eine besondere Art (M. auriculae Blanch), welche in der Lungenhöhle eines Süsswassergastropoden (Chelina dom- beiana (Brug)) schmarotzt, welcher die Flüsse bei Concepeion bewohnt. Von den Heteronemertinen ist Cerebratulus durch die meisten Arten, nämlich 5, in der Subantaretis vertreten, die bei Süd-Georgien und an der chilenischen Küste beobachtet wurden, Lineus dagegen nur durch 3, von denen aber eine (L. corrugatus Me Int.) besonders charakteristisch für die Subantaretis zu sein scheint, da sie bereits, und zwar in grosser Anzahl, in der Magalhaens-Strasse, dem Beagle-Canal, bei der Insel Navarin, den Falklands-, Kerguelen- und Chatham-Inseln und ferner im Smyth-Canal und weiter nordwärts an der chilenischen Küste bei Calbuco und Talea- huano **) gesammelt wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Micrura in der Magalhaens-Strasse beobachtet wurde. Das geringe Material, welches aus der Subantarctis bisher bekannt ist, lässt gleichwohl erkennen, dass die führenden Nemertinengattungen Amphiporus, Tetrastemma, Lineus und Cerebratulus sind, und zwar mehr durch Individuen-, als durch Artenfülle. e. In der tropisch-subtropischen Zone. Aus dem tropisch-subtropischen Gürtel (41° n. Br. bis 41° 50 s. Br.) sind uns zur Zeit (ausschliesslich Mittelmeer) die folgenden Gattungen bekannt: Protonemertini: Carinesta. Mesonemertini: Cephalothrix. Metanemertini: Emplectonema, Prosadenoporus, Amphiporus, Drepanophorus, Prostoma (Tetrastemma). *) 1896, No. 258. *%) 1893, No. 238. ##*) Bei Talcahuano gesammelt von Dr. Federico Delfin und von mir bei der Bearbeitung der Nemertinen der Deutschen Tiefsee-Expedition berücksichtigt. Geographische Verbreitung. 487 Heteronemertini: Baseodiscus (Eupolia), Poliopsis, Joubinia (Valeneinia), Lineus, Euborlasia, Micrura, Cerebratulus und Diplopleura (Langia). Als besonders charakteristisch für die Nemertinenfauna der heissen Meere muss der fast vollständige Mangel von zwei Ordnungen gelten, nämlich der Proto- und Mesonemertinen. Von ersteren hat man bisher nur eine einzige Vertreterin beobachtet, Carinesta orientalis Punnett*) (1899, nov. gen. et spec.) von Neu-Pommern, und von letzteren dringt nur eine Art, die in den kalten Meeren weit verbreitete Cephalothrix linearis (J. Rathke) bis nach Madeira südwärts vor. Dieser auffällige Mangel kann ebensowenig ein Zufall sein wie das Fehlen verschiedener Metanemertinengattungen oder die Selten- heit anderer in den tropisch- subtropischen Meeresgebieten. Wir ver- missen vollständig Nemertopsis, Ototyphlonemertes, Prosorhochmus und Malacobdella, die immerhin eine nicht unbedeutende Rolle in den kalten Meeren spielen, und werden andererseits durch Arten- und Individuen- armuth von Amphiporus und Prostoma überrascht. Von den 77 Arten, welche das Genus Amphiporus besitzt, leben nur 11 in dem tropisch-subtropischen Meeresgürtel. Von diesen wurde eine (A. dubius. Hubr.), welche im Mittelmeer vorkommt, bei Madeira beobachtet”**) und je eine besondere und nirgends sonstwo gefundene Art im Golf von Suez, im südchinesischen Meere (bei Hongkong) und an der Küste Ostaustraliens (Jackson -Bai)***). Ferner sind noch durch W. R. Coe7) 7 Arten aus den Baien von S. Pedro und S. Diego vom südlichen Californien bekannt, von denen aber eine auch bedeutend weiter nördlich an derselben Küste vorkommt. Es tritt also klar zutage, dass Amphiporus aus den kalten Meeren nur noch in die subtropischen vor- dringt, in den tropischen indess nur noch ausnahmsweise existirt. Von den 64 Arten der Gattung Prostoma sind bisher 12 im tropisch- subtropischen Meeresgürtel beobachtet worden. Eine Art, P. incisum (Stimps.) stammt aus der südlichen Hemisphäre (Cap der guten Hoff- nung), nur eine einzige (P. quadripunetatum (Q. u. @.)) ist innerhalb der Wendekreise gesammelt worden, und von den übrigen sind 5 auch subarctisch, so dass für die nördliche subtropische Zone nur 5 eigenthüm- liche Arten von Prostoma übrig bleiben, von denen P. quadristriatum (Langerh.) bei Madeira, P. suhmi Bürg. zwischen den Bermuda-Inseln und Azoren und P. signifer Coe, P. bilineatum Coe und P. quadrilinea- tum Coe in den Baien von S. Pedro und S. Diego beobachtet wurden. Es gilt demnach für die Verbreitung von Prostoma in der tropisch - sub- tropischen Zone dasselbe wie für Amphiporus. *) op. eit., oben p. 411. **) 1884, No. 186. ***) Bürger, O., Nemertini. In: „Das Thierreich“. 20. Lie, p. 1-151, Berlin 1904. 7) op. eit., oben p. 483. ASS Biologie. Dagegen gehören von Emplectonema, von welcher wir nur 13 Arten kennen, 4 dem tropisch -subtropischen Gürtel an. 2 Arten sind sub- tropisch; sie wurden von P. Langerhans bei Madeira gefunden. Es sind E. gracile (Johnst.), die zu den in der Subaretis am meisten ver- breiteten und häufigsten Nemertinen gehört, und E. echinoderma (Mar.), welche wohl ihre eigentliche Heimath im Mittelmeer besitzt. Von den beiden tropischen Arten wurde E. franeisca (Joub. & Francois) bei Neu- Caledonien (Numea), E. quatrefagei (Rochebr.) bei den Capverdischen Inseln entdeckt. Eine sehr viel bedeutendere Rolle spielt indessen unter den subtro- pisch -tropischen Metanemertinen die Gattung Drepanophorus. Ich stehe nicht an, sie nicht allein als die eigentlich führende unter dem Stilett- Nemertinen der heissen Meere zu betrachten, sondern auch ihre eigent- liche Heimath — trotz ihrer universellen Verbreitung — zwischen dem 41.° Br. und 41.050‘ s. Br. zu suchen. Drepanophorus besitzt 10 Arten. Diese leben sämmtlich vorzugs- weise oder ausschliesslich in den warmen und heissen Meeren. Zwei, D. spectabilis (Quatıf.) und D. erassus (Quatrf.), dringen weit in die kalten Meere vor, letztere sogar in das Nordpolarmeer, sind aber ausserdem ungemein weit, nicht allein in den subtropischen, sondern auch den tropischen Meeren verbreitet. Drei Arten, D. albolineatus Bürge., D. igneus Bürg. und D. massiliensis Joub., sind bisher nur aus dem Mittelmeer bekannt. D. ritteri Coe ist subtropisch; diese jüngst beschriebene Art wurde nahe der Küste von Südcalifornien gedredscht*). D. latus Bürg., D. cerinus Bürg, D. willeyanus Punnett und lifuensis Punnett sind tropisch. Die beiden erstgenannten stammen aus der Banda-See (Insel Amboina), die folgende von Neu-Pommern und die letztgenannte von den Loyalitäts-Inseln. "*) Schliesslich ist noch betreffs der Metanemertinen zu erwähnen, dass die Gattung Prosadenoporus Bürge., von der 4 Arten beschrieben wurden ***), nur aus der Java- und Banda-See bekannt ist, also vorläufig als rein tropisch zu gelten hat. Eine sehr viel bedeutendere Rolle als die Metanemertinen spielen die Heteronemertinen in den tropisch-subtropischen Meeren. Von den 54 bisher von der Gattung Lineus bekannten Arten ge- hören 26 jenem Gebiete an, und zwar mit Ausnahme von 4 Arten aus- schliesslich. Wir zählen 14 subtropische und 13 tropische Arten, da eine Art tropisch und subtropisch ist. Von den 14 subtropischen Arten sind 3 auch in der Subaretis und eine in der Subantarctis verbreitet Ausserdem giebt es einen Lineus, welcher aus den Tropen und der Subant- arctis bekannt ist, also merkwürdigerweise in der subtropischen Zone vorläufig noch nicht nachgewiesen wurde. *) op. eit., oben p. 483. #*) op, cit., oben p. 411. #3#) 1890, No. 217. (reographische Verbreitung. 489 Von den 64 Arten der Gattung Cerebratulus gehören 29 dem tropisch- subtropischen Meeresgürtel an; von diesen sind 12 subtropisch und 17 “tropisch. 5 der subtropischen Arten finden sich auch in den kalten Meeren. Es wurde bereits weiter oben hervorgehoben, dass Lineus und Cere- bratulus den Charakter der Nemertinenfauna auch der kalten Meere in wesentlichster Weise beeinflussen, aber unsere Ausführungen werden erkennen lassen, dass beide Gattungen, wenigstens was Reichthum an Arten betrifft, ihre höchste Entfaltung in den warmen und heissen Meeren erlangt haben. Darin bilden sie einen auffällieen Gegensatz zu der Gattung Micrura, welche Üerebratulus verwandtschaftlich nahe steht. Von Mierura kennen wir bisher nur eine einzige Art aus den Tropen (M. leucopsis Coe von Porto-Rico), und ausserdem sind an der califor- nischen Küste 5 Arten im subtropischen Gürtel beobachtet worden, von denen indess 3 sehr weit nordwärts, nämlich bis Alaska, verbreitet sind, sodass diese als subaretische Arten gelten müssen. Es wurde bereits in einem der voraufgehenden Abschnitte gesagt, dass Joubinia und Euborlasia, aus der Subarctis heraustretend, den sub- tropischen Gürtel nur streifen. Von allergrösster Bedeutung für die Zusammensetzung der Nemer- tinenfauna der subtropisch-tropischen Zone ist indess das Genus Daseo- discus (Eupolia). Von den 22 bisher bekannten Arten ist nur eine auf die Subarctis beschränkt. Es ist dies Baseodiscus princeps Coe*), welche an verschiedenen Punkten der pacifischen Küste von Alaska und süd- licher bei Port Towsend (Wash.) beobachtet wurde. Von den übrigen 21 sind 9 bisher nur im tropischen Gürtel gefunden worden, 3 sind lediglich aus dem nördlich-subtropischen Gebiet bekannt (nämlich 2 aus dem Mittelmeere und eine von der Küste Californiens), und 5 Arten müssen vorläufig als auf den südlichen subtropischen Gürtel beschränkt gelten (nämlich 3 von der chilenischen Küste”*), 1 von Juan Fernandez und 1 vom Cap der guten Hoffnung). 4 Arten aber sind sub- tropisch und tropisch. Da verschiedene Arten, wie 5. delineatus, curtus, hemprichi und qwin- quelineatus, überdies eine ungemein weite Verbreitung im tropisch- sub- tropischen Gürtel besitzen, nimmt das Genus Baseodiscus nicht allein unter den Nemertinen, sondern überhaupt unter den Würmern dieser Zone eine führende Stellung ein. Es wurde bereits bei der Behandlung der subaretischen Nemertinen angegeben, dass Poliopsis, eine nahe Verwandte von Daseodiscus, als eine subtropisch-tropische Gattung zu betrachten sei, ebenso wie Diplopleura, welche Poliopsis wahrscheinlich an Ausdehnnng der Verbreitung weit übertrifft. Wenigstens sprechen dafür die fünf bisher bekannten weit aus- *) op. eit., oben p. 483. **) IJsler, E., Die Nemertinen der Sammlung Plate. In: Zool. Jahrb. Suppl. V, p. 273—280, 1901. 490 Biologie. einander gelegenen Fundorte von Diplopleura, nämlich Mittelmeer, Golf von Aden, Südküste von Kiusiu, Salomons-Inseln*) und Niedercali- fornien ”*). 2. Verbreitung in den verschiedenen Subregionen. a. Atlantische Küste von Europa. Ueber die Nemertinenfauna der atlantischen Küste Europas sind wir naturgemäss besonders gut unterrichtet. Bis zum Jahre 1900 sind folgende 50 sichere Arten beschrieben worden: 'Atlant. Küste Art a, d- Mittelmeer Weitere Verbreitung | und Ostsee) Tubulanus polymorphus Ken. - | + n linearis (Me Int) | E= + % superbus (Köll.) | an == Rn ammulatus (Mont.) | En -H Cap der guten Hoffnung BERN N Dh un Madeira. Pac. u. atl. Küste Cephalothrix linearis (J. Rathke) + + I: a E rufifrons (Johnst.) + | -- Carinoma armandi (Me Int.) | + _ Emplectonema gracile (Johnst.) | + + 4 En ae Don R neesii (Örst) = | + = duoni (Joub.) | + —_ Careinonemertes carcinophilon (Köll.) ) + + Atl. Küste Nordamerikas Ototyphlonemertes pallida (Kef.) + | — Schwarzes Meer Prosorhochmus claparedii (Kef.) | + | + Schwarzes Meer? E 2 | Nördl. Eismeer. Atl. Küste Amphiporus lactifloreus (Johnst.) | -- == ee: ” bioeulatus Me Int. | an | = Atl. Küste Nordamerikas ? ” pulcher (Johnst.) | — hr Atl. Küste Nordamerikas = hastatus MeInt. | — | en Atl. Küste Nordamerikas is marmoratus Hubr. | + | SF Drepanophorus spectabilis (Quat.) + | Ze Trop. Atl. Ocean | | Nördl. Eismeer. Madeira. Ind. n crassus (Quatr.) | air Ar } Ocean. Trop. Pae.Ocean. Atl. | Küste Nordamerikas ? Prostoma melanocephal. (Johnst.) En —- | Madeira. Schwarzes Meer % vittigerum Bürg. | E= + | 2 coronatum (Quatr.) + + ns vermiculus (Quatr.) 22 + Madeira. Atl. Küste Nordamer. *) op. eit., oben p. 411; vergl. p. 579 Diplopleura (Langia) sp. von Gavuta, Neu- Florida. *#) op. eit., oben p. 483; vergl. p. 312 Diplopleura (Langia) vivesi Joubin von La Paz. | Geographische Verbreitung. 491 ‚Atlant. Küste | Art | > fi Mittelmeer Weitere Verbreitung [I und ee) | Prostoma robertianae (Me Int.) + | — n flavidum (Ehrbg.) -r | r ı Madeira. Rothes Meer : f: | f Grönland. Madeira. Atl. % candedunz TUI) | = ” a Nordamerikas r quatrefagest Bürg. | + + % marioni (Joub.) | + + Oerstedia dorsalis (Abildg.) | Sr ar Bor: a S Nordamerikas e nigra (Riches) + = y immutabilis (Riches) + — 5 rustica (Joub.) | + — Malacobdella grossa (Müll.) | Hr Ir Atl. Küste Nordamerikas Joubinia longirostris (Quatr.) | ir + | Atl. Küste Nordamerikas? Lineus longissimus (Gunn.) == | 5 | Madeira. Atl. KüsteNordamer. ? 9; bilineatus (Ken.) e= + | Madeira „ lacteus (H. Rathke) Ai 3 Schwarzes Meer „ Ppurpureus (Johnst.) r — | - . | | f Madeira. Grönland. Labrador N ee | Be | 2 | | Atl. u. pac. Küste Nordamer. Euborlasia elizabethae (Me Int.) + | + | Micrura fasciolata Ehrbg. | = | „. aurantiaca Grube + | 7 » Purpurea (Dalyell) Zi | Zi | Nordpolarmeer „. candida Bürg. E= | - Cerebratulus roseus (Chiaje) Are int | ; 2 | j Madeira. Grönland. Atl. u. “ us Een “n | a \ pae. Küste Nordamerikas 2 pantherinus Hubr. + | + er hepathiceus Hubr. | 1 + x fuseus (Me Int.) | an ar Aus der voranstehenden Tabelle geht hervor, dass nur ein verhältniss- mässig geringer Bruchtbeil von Arten, nämlich nur 7 von 50, bisher aus- schliesslich an den atlantischen Küsten Europas beobachtet wurde. Von den übrig bleibenden 43 kommen nicht weniger als 40 auch im Mittel- meer vor; von diesen sind 12 ferner bei Madeira gesammelt worden. 3 Arten leben auch im Schwarzen Meere, darunter eine (Ototyphlonemertes pallida), die man merkwürdigerweise bisher nicht aus dem Mittel- meer kennt. An der atlantischen Küste Nordamerikas kommen sicher 11 und vielleicht sogar 12 der atlantisch-europäischen Arten vor, und unter diesen befinden sich 4, welche auch die pacifische Küste Nordamerikas bevölkern. 1 Art (Emplectonema gracile) wurde an der pacifischen Küste Nordamerikas, nicht aber an der atlantischen angetroffen. Nur 2 Arten (Drepanophorus spectabilis und cerassus) haben die atlantischen Küsten Europas mit uz tropischer Meere gemeinsam. 492 : Biologie. Das Charakteristische der Nemertinenfauna der europäischen Küsten, welche vom Atlantic, der Nord- und Ostsee bespült werden, beruht vor- nehmlich auf dem vollständigen Mangel der Gattungen Baseodiscus und Diploplewra und der geringen Entfaltung der Gattungen Emplectonema und Drepanophorus. Es kann uns diese Erscheinung im Allgemeinen nicht wundern, da wir wissen, dass die genannten Gattungen tast ausschliesslich oder vor- wiegend der subtropisch-tropischen Zone angehören; indessen ist das Fehlen von Baseodiseus immerhin auffallend, wenn wir bedenken, dass diese Gattung an der. paeifischen Küste Nordamerikas bis nach Alaska vordringt. b. Mittelmeerküsten und Schwarzes Meer. Unsere auf pag. 490 und 491 gegebene Tabelle zeigt, dass bis 1900 21 Gattungen im Mittelmeer beobachtet worden sind. Diese besitzen insgesammt 260 sichere Arten, von denen genau die Hälfte, nämlich 130, auch im Mittelmeer und Schwarzen Meere vorkommen. Es überrascht, dass von diesen 150 Arten nicht weniger als 79 rein mediterran sind; 3 gehören überdies ausschliesslich dem Schwarzen Meere an. Es ist mit- hin das Mittelmeer durch eine ungemein viel grössere Anzahl eigenthüm- licher Arten ausgezeichnet, als die vom Atlantischen Meere und seinen Ausbuchtungen bespülten Küsten Europas. | Es ist nun ausser Frage, dass sich diese Zahl so hoch stellt vor- nehmlich dank den durch ein Menschenalter sich erstreckenden Studien der Fauna des Golfes von Neapel, ermöglicht durch die Zoologische Station, und sie wird sich wahrscheinlich mit der Zunahme der Kenntniss der Nemertinenfauna anderer Meeresgebiete im Laufe der Jahre verringern, indessen immer die der atlantischen Gestade Europas erheblich über- treffen. Die für das Mittelmeer besonders charakteristischen Arten sind die - tolgenden: Protonemertini: Tubulanus banyulensis (Joub.). Banyuls, Neapel. Tubulanus rubieundus Bürg. Neapel. Hubrechtia desiderata Kennel. Neapel. Mesonemertini: Oephalothrix bipunctata Bürg. Neapel. Cephalothrix galatheae Dieck. Messina. Schmarotzer im Eibeutel von Galathea strigosa (L.). Metanemertini: Emplectonema antonina (Quatr.). Banyuls, Triest, Neapel, Sieilien. Eimpleetonema echinoderma (Mar.). Banyuls, Neapel, Sieilien und Vormittelmeer (Madeira). Nemertopsis bivittata (Chiaje). Marseille, Neapel, Sicilien. (Geographische Verbreitung. 495 Ototyphlonemertes. Diese Gattung, welche 6 Arten umfasst, ist mit Ausnahme von ©. pallida (Kef.), die auch im Canal La Manche vorkommt, auf das Mittelmeer und Schwarze Meer beschränkt. Heteronemertini: Baseodiseus pellucidus (Kennel). Neapel. Joubinia blanca .Bürg. Neapel. Lineus geniculatus (Chiaje). Banyuls, Port-Vendres, Cerbere, Villafranca, Triest, Neapel, Sicilien. Ferner Schwarzes Meer (Sinus Jaltensis). Lineus kennelii Bürg. Neapel. Lineus grubei (Hubr.). Neapel. Mierura dellchiajei (Hubr.). Neapel. Mterura tristis (Hubr.). Banyuls, Port-Vendres, Triest, Neapel. Cerebratulus liguricus Blanch. Genua, Neapel. Cerebratulus urticans (J. Müll.). Triest, Neapel. Diplopleura formosa (Hubr.). Banyuls, Neapel. Von den Gattungen ist nur Hubrechtia auf das Mittelmeer beschränkt, ferner ist Ototyphlonemertes augenscheinlich fast ausschliesslich im Mittel- meer und Schwarzen Meer beheimathet. Die Nemertinenfauna des Mittelmeeres ist die reichste aller bisher durchforschten Meeresregionen, indem sie 129 von 309 bis 1900 über- haupt bekannten Nemertinenarten aufweist. Die verhältnissmässig sehr grosse Artenzahl, welche das Mittelmeer be- wohnt, erklärt sich nach meiner Meinung dadurch, dass sich in diesem warmen Binnenmeere nordische Nemertinen mit tropisch-subtropischen vereinigen. Als nordische Arten sind die folgenden zu betrachten: Protonemertini: Tubulanus polymorphus Ren. Norwegen, England, atl. Küste Frankreichs. Tubulanus annulatus (Mont.). Lebt nördlich bis König-Karls- Land und Grönland. Mesonemertini: Cephalothrix linearis (J. Rathke). Hebriden, Grossbritannien, Norwegen, Dänemark, atl. Küste Frankreichs; Neu-England; Südküste von Alaska. Metanemertini: Carcinonemertes carcinophilon (Köll.). Atl. Küste von Europa und Nordamerika (Cape Cod, Mass.). Emplectonema neesii (Örst.). Island, Norwegen, Grossbritannien, Helgoland, atl. Küste Frankreichs. Amphiporus lactifloreus (Johnst.). Nördliches Eismeer und atl. Küsten Europas und Nordamerikas. Amphiporus pulcher Johnst. Grönland, Grossbritannien, Nor- wegen; atl. Küste Nordamerikas. 494 Tabelle der geographischen Verbreitung der aus dem Mittel- Biologie. } | < Im | g Bis 1 |Mittel-| B. AufdasMittel- a 1900 ee „ | meer, 3 Nordpolar- Nordatl. Südatlan- meer oder = E be- Sa Meer Schw. | E meer Ocean tischer Ocean kannte E Meeru. # | 1% beschränkt sichere anders- 2 | Arten | Mittel-] Schw. |VO ver. S | Paeif. | Atl. 2 Ame- | Westl. | Oestl. meer | Meer |Preitet| 5 | Theil | Theil WTOP®| Jika | Theil | Theil 1. Tubula- | Ras: | nus 10 5 gr. 1 Fan | 97. 1 2. Hubrech- | tia 1 1 — 1 — — ee RD, 3. Cephalo- thrix | 8 3 - 5 1 1 E= 2 1 - — 4. Emplecto- nema 12 2 — 6 2 JaEE 1 3 —_ — — 5. Careino- | nemertes 2 _ _ 1|l—-| — — 1 1 — — 6. Nemertop- | sis 2 I 2 | || 2 7. Ototyphlo- nemertes 6 4 1 bI—-|I| — — 1 E= — — 8. Proso- rhochmus | 1 1 Sau u — _ 1 = = _ 9. Amphi- \ porus 50 13 = 16. = N rd 3 — —_ 10. Drepano- phorus IT 2 — 4 a0 1 2 __ — 1 11. Prostoma 54 16 1 26 4 5 1 8 3 = — 12. Oerstedia 4 — >= le = 1 1 Fr = 13. Malaco- bdella 3 — 1 —|ı — — 1 1 — — 14. Baseodis- | | cus | 15 2 — 4 1 — — 1 15. Poliopsis 1 = = 1 | — = = 16. Joubinia 2 il 0 — 2a 1\-|- | - 17. Lineus 44 11 _ 15 2 | 1 1 3 1 E= — 18. Eubor- | | lasia 2 1 = 2 a = ee 19. Mierura 12 2 — 6 —ı — 1 4 — —— — 20. Cerebratu- | lus sa an le A 2 5 lei 21. Diplo- | | | | pleura 3 1 a 1 —_—ı — —_ en en er a Iso. | |) 3) a0 el Aare Geographische Verbreitung. 495 meer und Schwarzen Meer bis 1900 bekannten sicheren Arten. Nordpacif. | | Tropisch- Ocean | Südpaeif. Tropisch- | Indischer | atlant. Ocean Ocean | paeif. Ocean | Ocean I | Südpolarmeer Oestl. | | Westl. Theil | | | Westl.| Oestl. | Theil | (Ame- | Westl.| Oestl. | Westl. | Oestl. | Westl. | Oestl. , Theil | Theil ((Asien)| rika) Theil | Theil | Theil | Theil | Theil | Theil _ T T —— T = _ = Fr: Ze — Teak — _— T | | | | se) er | En er an ae B 4% ie el ns 1 as 1 er ea ee = je | | Ir | — n. — — — ee = | = | | er ar = eu 2 — AT ln en DL | = — — — —— — —— | — | — elle ee ee RE a: en 1 — — —— — l 1 1 = —— 2 Be er ee 1 & ee em en Eee | il Pr | Er, Ze ur zu | 1 | We | N ae win) — Da > le = == Re = et 2 > es en | | | | 1 — 3 — —— = = z ” R | Eee len, per 1 | ey EN az en _ ar: = 1 1| — m ER 2 N RE Te Fa 8 496 Biologie. Amphtporus hastatus Melnt. Grönland, Norwegen, Schottland, atl. Küste Frankreichs und Nordamerikas. Prostoma candidum (Müll.). Grönland, atl. Küsten Europas und Nordamerikas. Oerstedia dorsalis (Abildeg.). Norwegen, Grossbritannien, Irland, Dänemark, Helgoland, atl. Küste Frankreichs; beide Küsten “ Nordamerikas. Malacobdella grossa (Müll.). Nordatlantischer Ocean mit Nordsee und Canal La Manche, Ostsee. Ferner atl. Küste Nord- amerikas. Heteronemertini: Lineus ruber (Müll.) Grönland, Labrador, atl. Küsten Europas und atlantische und pacifische Nordamerikas. Mierura purpurea (Dalyell). Nordpolarmeer (Hinlopen-Strasse, Grönland), Schottland, Canal La Manche. Die aufgezählten Arten halte ich nicht nur deshalb für solche, deren eigentliche Heimath die kalten Meere sind, weil sie überall, wenigstens an den europäischen Küsten des nordatlantischen Oceans, vorkommen und sehr weit nach Norden — zum Theil noch im arctischen Gebiet — verbreitet sind, sondern vornehmlich, weil sie in den kalten Meeren in grossen Mengen beobachtet wurden, hingegen zumeist im Mittelmeer zu den selteneren Arten gehören. Ein tropisch-subtropisches Gepräge wird der Nemertinenfauna des Mittelmeeres verliehen: 1. Durch das Vorhandensein der Gattungen Baseodiscus, Poliopsis und Diplopleura. 2. Durch die verhältnissmässige Artenfülle, mit der sich die Gattungen Emplectonema, Drepanophorus und Cerebratulus präsentiren. Indessen darf nicht verschwiegen werden, dass die Anzahl der Arten, welche das Mittelmeer nur mit den heissen Meeren theilt, gering ist. Es sind nur die folgenden: Laseodiscus delineatus (Chiaje). Tropisch-atlantischer Ocean, Indischer Ocean, Tropisch-pacifischer Ocean. ‚Baseodiseus curtus (Hubr.) Indischer Ocean, Tropisch-paeifischer Ocean. Poliopsis lacazei Joub. Indischer Ocean. ce. Atlantische Küste von Nordamerika. Uebersicht der bisher an der Atlantischen Küste von Nordamerika beobachteten Nemertinengattungen. Die Zahl der Arten ist in Klammern hinzugefügt. Protonemertini: Carinina (1), Tubulanus (1). Mesonemertini: Carınoma (1), Cephalothrix (1). (reographische Verbreitung. 497 Metanemertini: Carcinonemertes (1), Empleetonema (1), Amphiporus (15 oder 19)*), Proneurotes (1), Drepanophorus (1), Prostoma (6). Oerstedia (1), Malacobdella (1). Heteronemertini: Joubimia (1), Parapolia (1). Lineus (5 oder 6)**), Zygeupolia (1), Mierura (5), Cerebratulus (7). Es sind 54 (oder 56) Arten, die sich auf 18 Gattungen vertheilen. Von den Gattungen sind 3 (Proneurotes, Parapolia und Zygeupolia) bisher in einer anderen Region nicht gefunden worden. Von den Arten haben vorläufig mindestens 40 als ausschliesslich atlantisch - nordameri- kanische zu gelten, von den übrigen bewohnen sicher 11, oder, wenn wir (was mir sehr wahrscheinlich ist) Drepanophorus lancasteri Hubr. mit Dr. crassus (Quatr.) und Joubinia rubens Coe mit J. longirostris (Quatr.) identi- fieiren, 13 auch die atlantischen Gestade Europas und das Mittelmeer. Sollte sich das Vorkommen von Lineus longissemus und Amphiporus bi- oculatus an der Ostküste Nordamerikas bestätigen, so würde sich die Zahl der mit den atlantischen Küsten Europas gemeinsamen Arten sogar auf 15 erheben ***), Eine Art, Amphiporus angulatus (Müll.), dringt von der Küste des Staates Massachusetts bis in das Nördliche Eismeer nach Grönland vor und wurde ausserdem in der Bering-Strasse und an der japanischen Küste angetroffen. Es sei noch besonders darauf hingewiesen, dass die Ostküste Ame- rikas keine einzige Art mit dem Mittelmeer theilt, welche nicht an der atlantischen Küste Europas vorkommt. Die Nemertinenfauna der atlantischen Küste Nordamerikas ist, wie zu erwarten, am nächsten mit derjenigen der atlantischen Küsten Europas verwandt. Diese Thatsache offenbart sich nicht allein durch den gemeinsamen Besitz einer grösseren Artenzahl, sondern vornehmlich durch die fast identische Liste der Gattungen, welche hier wie dort sich durch das Fehlen gewisser Gattungen auszeichnet. Es sind die Genera Baseodiscus, Poliopsis und Diplopleura, welche wir auch an der Ostküste Nordamerikas vermissen. Diese Erscheinung ist darum besonders bemerkenswerth, weil wenigstens Diplopleura und be- sonders Baseodiscus im nordpacifischen Ocean sowohl an der asiatischen und auffallender noch an der amerikanischen Küste weit nach Norden vordringen. Ferner ist anzumerken, dass die Gattung Ototyphlonemertes, welche an der atlantisch-europäischen Küste nur durch eine Art vertreten ist, an der atlantisch-nordamerikanischen überhaupt fehlt. *) Mit Amph. bioculatus Me Int. **) Mit Lineus longissimus Gunn. ###) Vergl. Verzeichniss der atl. europäischen Arten, p. 490. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. 32 498 Biologie. Wir constatiren ausserdem, dass die meisten Gattungen auch durch eine annähernd gleiche Artenzahl an den West- und Ostküsten des Nordatlantie vertreten sind (z. B. Prostoma, Lineus, Micrura, Cere- bratulus). Dennoch scheint die atlantische Küste Nordamerikas, was die Nemer- tinenfauna anbetrifft, ein eigenthümlicheres Gepräge zu besitzen als die correspondirende Europas. Die überraschende Artenarmuth von Tubulanus und Emplectonema einerseits und die Artenfülle von Am- phiporus andererseits weisen darauf hin. d. Ostindischer und Pölynesischer Archipel. Im tropisch-subtropischen Gürtel kennen wir — abgesehen vom Mittelmeer — nur noch einigermassen die Nemertinenfauna des In- dischen und Polynesischen Archipels, ein Weniges von der paei- fischen Küste Centralamerikas und aus dem Antillenmeer, dagegen gar nichts von der tropisch-atlantischen Küste Südamerikas und Afrikas und nur Unbedeutendes aus den westlichen Theilen des Indischen Oceans. Aus diesem Grunde lassen sich über die in diesem grossen Meeres- gebiete zu unterscheidenden Subregionen vorläufig nur etliche Bemerkungen machen, die ich überdies im Wesentlichen nur auf die Verbreitung der Arten von Baseodiscus begründen möchte. Die Verbreitung der Arten von Daseodiscus (Taf. XXII) lässt folgende bemerkenswerthe Erscheinungen erkennen: 1. Einige Arten (B. delineatus und curtus) finden sich im Mittelmeer, Indischen Ocean, Indischen und Polynesischen Archipel, im Antillenmeer und an der Westküste Afrikas, so dass sie circumtropisch wären, wenn sie auch in den östlichsten Theilen des tropisch-paeifischen Oceans leben würden. 2. Das Mittelmeer besitzt verschiedene eigenthümliche Daseodiscus- Arten. 3. Im Indischen Archipel tritt (ausser den obengenannten beiden Arten) eine grössere Anzahl von Baseodiscus-Arten auf, welche dem- selben z. Th. eigenthümlich sind, z. Th. aber nach Westen bis Afrika und nach Osten bis zu den Marquesas- und Paumotu-Inseln vor- dringen. 4. Das Antillenmeer besitzt ausser D. delineatus einige eigenthümliche Arten. 5. Die pacifische Küste des tropischen Amerikas besitzt keine einzige Art, welche anderswo beobachtet worden ist, dagegen eine sehr häufige eigenthümliche (B. mexicanus). Wir gelangen zu dem Schluss, in dem tropisch-subtropischen Gürtel ausser dem mediterranen Gebiet noch drei weitere zu unterscheiden, nämlich ein indopacifisches, welches von der Ostküste Afrikas bis (Geographische Verbreitung. 499 zu den westlichsten der polynesischen Inselgruppen reicht, ein carai- bisches und letztens ein tropisch-pacifisch-amerikanisches. Mediterranes, indopacifisches und caraibisches Gebiet weisen Be- ziehungen zueinander auf, dagegen ist das tropisch-pacifisch-amerikanische, welches sich an der Westküste Amerikas von Nordperu bis Südealifornien erstreckt, ein völlig isolirtes. Es erübrigt noch eine kurze Characteristik der ausser der medi- terranen am besten bekannten tropischen Subregion, d. h. des indopaci- fischen Gebietes. Dasselbe scheint die eigentliche Heimath des Genus Baseodiscus zu sein, und zwar erreicht dasselbe den Höhepunkt an Artenzahl in jenem Archipel, welcher sich von Java bis zu den Salomons- Inseln ausdehnt. Von 22 bisher bekannten sicheren Arten leben in jenem Inselreiche 9. Das Genus Daseodiseus wird hauptsächlich durch zahlreiche Arten der Gattungen Lineus und Üerebratulus begleitet. Namentlich Lineus besitzt sehr charakteristische auf das indopacifische Gebiet beschränkte, aber innerhalb desselben weit verbreitete und häufige Arten. An erster Stelle ist Lineus albovittatus Stimps. zu nennen, der bei Mauritius, den Seychellen, Amboina in der Torres-Strasse*), bei Timor, im Chinesischen Meer (Loo-Choo) und bei dem Loyalitäts-Inseln gefunden wurde. Ferner L. aurostriatus (Bürg.), beobachtet bei Singapore, Noord- wachter Eiland und Neucaledonien, und L. psittacinus (Bürg.), beobachtet bei Amboina und Upolu. Von den Metanemertinen ist besonders die Gattung Drepanophorus vorherrschend. e. Paeifische Küste von Nordamerika. Ueber die Zusammensetzung der Nemertinenfauna der pacifischen Küste von Nordamerika sind wir verhältnissmässig gut durch Arbeiten von W. R. Coe**) orientirt. Letzthin sind noch einige Arten von dort durch M. L. Joubin***) beschrieben worden. Im Ganzen wurden 88 Arten beobachtet, welche sich auf 21 Gatt- ungen vertheilen, wie aus der Tabelle p. 501 zu ersehen ist. Von denselben sind nur 10 Arten bisher an anderen Küsten gefunden worden. Dieses sind: *) Punnett, C. R., On some Nemerteans from Torres Straits. In: Proc, Zool. Soe. London 1900, p. 825—831, tab. 54—55. *#) op, cit., oben p. 483. #*#) op, cit., oben p. 483. 500 Biologie. Nordamerika Art | Paeifische |Atlantische Weitere Verbreitung | Küste Küste Tubulanus pellucidus Coe + | er FR Amphiporus virescens Verrill E= + er 5 eruentatus Verrill | u = = Zygeupolia littoralis Thomps. | + —- Ber Amphiporus angulatus (Müll.) + + Grönland. PloverBai(Sibirien) Cephalothrix linearis (J. Ratlıke) + I | Atl. KüsteEuropas. Mittelm. Oerstedia dorsalis (Abildg.) + + | Atl. Küste Europas. Mittelm. Lineus ruber (Müll.) En + ‚Atl. Küste Europas. Mittelm DEN 2 REN ‚ f Atlant. Küste Europas. Cerebratulus marginatus (Ren.) | En + N Mitielalder Mader e N | ' Atlant. Küste Europas. Emplecetonema gracile (Johnst.) | En I Mittelmeer Aus der voranstehenden Uebersicht ergiebt sich, dass die 10 in Frage kommenden Arten mit Ausnahme von Emplectonema gracile auch an der atlantischen Küste von Nordamerika beobachtet wurden, dass 4 Arten bis- her nur von der pacifischen und atlantischen Küste Nordamerikas bekannt sind, eine (Amphiporus angulatus) ausserdem noch bei Grönland und in der Plover Bai (Ostsibirien) vorkommt und 5 Arten ebenfalls an den atlantischen Küsten Europas und im Mittelmeer zu Hause sind oder sich zum Theil noch bis nach Madeira verbreiten. Eine dieser 5 Arten, Emplectonema gracile, welche merkwürdigerweise an der Ostküste Nordamerikas fehlt, soll hingegen nach E. Isler*) an der chilenischen Küste leben. W.R. Coe weist darauf hin, dass die Nemertinenfauna der pacifischen Küste Nordamerikas innigere Beziehungen zu derjenigen der Küste Euro- pas einschliesslich Mittelmeer verrathe, als zu irgend einer anderen. Es erhellt dieses bereits aus der Beschränkung gewisser Gattungen wie Euborlasia und Nemertopsis auf die atlantisch -mediterran - europäische und pacifisch-nordamerikanische Küste, besonders aber aus der auffälligen Erscheinung, dass eine Reihe der pacifisch-nordamerikanischen Arten den atlantisch-mediterran-europäischen so sehr ähneln, dass man von einer nicht unerklecklichen Anzahl stellvertretender Arten reden kann. R. W. Coe nennt als solche die folgenden: Paecifische Küste Küsten Europas: Nordamerikas: Tubulanus polymorphus hen. wird vertreten durch: Tub. ruber Griffin Tubulanus swperbus (Köll.) 7 a = Tub. capistratus Coe Tubulanus amnulatus (Mont.) Me au = Tub. sexlineatus Griffin . T: b. ] A 4 Tubulanus banyulensis (Joub.) { KO Tub. albocinctus Coe =) op. eit., oben p. 489. 901 (Geographische Verbreitung. Vertheilung der Nemertinen an der pacifischen Küste von Nordamerika. Gattung - Tubulanus Der 2. Carinomella 3. Carinoma 4. Cephalothrix 5. Baseodiseus 6. Zygeupolia 7. Lineus S. Euborlasia 9. Mierura 10. Cerebratulus 11. Diplopleura 12. Eimplectonema 13. Nemertopsis 14. Paranemertes | 15. Carcinonemertes 16. Zygonemertes 17. Amphiporus 18. Drepanophorus 19. Prostoma 20. Planetonemertes 21. Malacobdella | Im Ganzen Binder fornien IL Süd-Cali- | Central- und Puget-Sund u. | | Pace Kü a | fornien | Nord -Galif. Brit.-Columb,. | von Alaska Eismeer 4 | 5 3 | 3 | 1 ey = | 7 1 = 4 = es Bee = | 1 1 1 1 je a a ee = | 1 1 1 1 1 = | = = 1 1 1 1 1 Er : Be: 1 = = = | — | > = | 1 5 | 3 — 2 | _ | — — 8 _ | — | = — — | — — | 1 2 4 | 3 | 3 — | 1 - | 8 4 3 5 | 7 1 | 3 = 10 Er | >* Ex gb = ri | a 1 ! 2 2 2 Ser 3 2 1 ei — | _ — | > | 1 9 1 | 2 3 | 1 1 = | 4 en 1 = = | =: ze a 1 1 1 1 1 = = =. 3 8 2 N) 7 4 4 | 1 | 21 1 = = ea or 1 5 3 m 3 | = B | x 10 er nr ar = | Er a = 1 a 1 2 2 | me | e: ee 1 37 34 | 98 33 9 9 | 1 88 Aleuten Bering-Meer N Oral-amen Im Ganzen 502 Biologie. Pacifische Küste Küsten Europas: Nordamerikas: Tubulanus linearis (Me. Int.) wird vertreten durch: Tub. pellucidus Coe Nemertopsis (peronea) bivittata (Chiaje) Se A % Nemertopsis gracilis Coe Prostoma vermieulus (Quatr.) > Re Prost. bicolor Coe Prostoma melanocephal. (Johnst.) » br a Prost. nigrifrons Coe Prostoma kefersteinii (Mar.) = re B Prost. caecum Coe Ich glaube, ferner noch hinzufügen zu dürfen: Prostoma vittigerum Bürg. wird vertreten durch: Prost. quadrilineatum Coe Carcinonemertes carcinophilon " 5 ©. epialti Coe Köll. Lineus geniculatus (Chiaje) % 2 ” L. pictifrons Coe Mierura fasciolata Ehrbeg. = 1 M. verrilli Coe Den grössten Artenreichthum weist, wie aus der Tabelle pag. 501 hervorgeht, die Gattung Amphiporus auf. Ferner sind die Gattungen Prostoma, Tubulanus, Lineus, Micrura und Cerebratulus verhältnissmässig stark an der Zusammensetzung der Nemertinenfauna der in Frage kommenden Region betheiligt. Das Zurücktreten der Gattungen Baseo- discus und Drepanophorus erklärt sich aus den pag. 488 und pag. 489 besprochenen Gründen. Auffallend indess ist die geringe Vertretung von Eimplectonema, welche offenbar zum Theil durch das Genus Paranemertes ersetzt wird, das vorläufig als auf die pacifische Küste Nordamerikas beschränkt gelten muss. Ueber die Vertheilung der Arten längs dieses ungeheuren Küsten- strichs erfahren wir von W. R. Coe, dass der Artenreichthum seinen Höhepunkt an der Küste Südealiforniens erreicht. Hier leben ausschliess- lich 21 von den 88 bisher bekannten Arten; 8 weitere wurden auch in der Monterey-Bai gefunden, und ausserdem kommen noch 8 Arten hinzu, welche von Alaska bis an den Küsten Südcaliforniens entlang beobachtet worden sind. Im Allgemeinen nimmt die Zahl der Gattungen und Arten nach Norden zu ab. f. Peruanisch-chilenische Küste. Die chilenisch-peruanische Küste (vom nördlichen Peru bis 42° s. Br.) ist uns in neuerer Zeit, auch was die Nemertinen anbetrifft, etwas bekannter geworden durch die Sammelreise von L. Plate. Es sind nun- mehr in diesem Gebiet die folgenden Gattungen festgestellt (die Anzahl der Arten, durch welche sie in der ins Auge gefassten Region sich reprä- sentiren, habe ich in Klammern hinzugefügt): Protonemertini: 0. Mesonemertini: 0. Metanemertini: implecetonema (3), Amphiporus (2), Prostoma (1). Geographische Verbreitung. 503 Heteronemertini: Baseodiscus (3), Lineus (4), Micrurus (1), Cerebratulus (1). Wir kennen mithin zur Zeit nur 7 Gattungen mit zusammen 15 Arten, von welchen 7 dieser Subregion eigenthümlich sind, 8 hingegen eine zum Theil merkwürdige weitere Verbreitung besitzen. Nichts Auffälliges hat es, dass Lineus corrugatus Me Int. aus der Sub- arctis, in der diese Art weit verbreitet und überaus häufig ist, an der chilenischen Küste bis nach Talcahuano, also etwas iiber den 37.° s. Br. hinaus, nach Norden vordringt; ebenso ist es nicht besonders merkwürdig, dass L. vittatus (Q. u. @.) sowohl an der Küste von Peru (Payta), als auch bei Tasmanien gefunden wurde, dagegen ist es in hohem Grade über- raschend, dass E. Isler*) unter den Nemertinen der Sammlung Plate die 6 folgenden Arten auffand: Vorkommen an der iu e Art | chilenischen Küste Weitere Verbreitung Emplectonema gracile(Johnst .) Cavancha bei Iquique | Nordatl. u.nordpac. Ocean. Mittelm. Amphiporus pulcher (Johnst.) | Tumbes bei Taleahuano | Nordatlantischer Ocean. Mittelmeer Prostoma peltatum Bürg. | ® 5 5 | Mittelmeer (Neapel) Lineus molochinus Bürg. “ ce 5 | Mittelmeer (Neapel) Mierura candida Bürg. | Iquique Canal La Mauche. Mittelmeer Cerebratulus joubini Bürg. | Calbuco ı Mittelmeer (Neapel) Interessant ist die verhältnissmässig starke Vertretung der Gattung Baseodiscus an der chilenischen Küste, von der wir hier 3 neue Arten kennen lernen. Es ist dies ein beachtenswerther gemeinsamer Zug mit der pacifischen Küste von Nordamerika, wo ebenfalls Baseodiscus zu den häufigeren Nemertinen gehört und sich durch 2 eigenthümliche Arten präsentirt. Von den übrigen Nemertinen ist die für die peruanisch - chilenische Subregien am meisten charakteristische Lineus atrocaeruleus (Schmarda), eine auffallend lange, dunkelrothbraune, schwarzblaue oder schwarze, mit zahlreichen weissen oder gelbrothen Ringeln gezeichnete Art, welche bis- her an verschiedenen Punkten zwischen Calbuco und Coquimbo (42° bis 30° 8. Br.) aufgefunden wurde. Wir kennen auch einige Nemertinen von Masatierra (Juan Fernandez). Es sind die folgenden, von L. Plate gesammelten und E. Isler be- schriebenen oder bestimmten: Baseodiscus pallidus Isler, Masatierra. Lineus viviparus Isler oh Cerebratulus rubens Bürg. N Lebt ausserdem in der Java-See. Diese geringen Funde geben uns natürlich keine Anhaltspunkte über die geographischen Beziehungen der Nemertinenfauna jener Insel, indessen *) Isler, E., Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. Inaugural-Dissertion. Basel 1900, p. 1—53, tab. 1—8, u. op. eit., oben p. 489. 504 Biologie. weiss ich durch eigene Beobachtungen, dass dieselbe bereits Beziehungen zu derjenigen der indopaeifischen Region verräth. 3. Cireumpolare Nemertinen. Während es Nemertinenarten, welche den gesammten tropischen Gürtel umfassen, nicht giebt, haben wir doch solche sowohl in der nörd- lichen als auch südlichen Hemisphäre, welche wir als eircumpolar bezeichnen dürfen. Als nördlich-circumpolar sind sogar mehrere Arten zu nennen: Protonemertini: 0. Mesonemertini: Cephalothrix linearis (J. Rathke). Atlantische Küsten Europas nord- wärts bis in den Norden Norwegens und zu den Hebriden. — Grönland. — Atlantische Küste Nordamerikas nördlich bis Neu-Schottland. — Südküste von Alaska. Ueberall in grosser Anzahl. Die aufgeführten, bisher nachgewiesenen subarctischen Fundorte lassen darauf schliessen. dass diese Art auch an der Ostküste Asiens nicht fehlen wird und mithin eine wenigstens in der Subaretis ringsherum verbreitete Form ist. Metanemertini: Amphiporus angulatus Müll. Ostküste von Grönland. — Neu-Schott- land, Labrador, Cumberlandgolf. — Bering-Strasse. — Südküste von Alaska bis Unalaska. — Japan. Zweifelsohne eine arctisch-eireumpolare Art. Oerstedia dorsalis (Abildg.). Atlantische Küsten Europas und Nord- amerikas, ferner auch pacifische Küste Nordamerikas. Wahrscheinlich ringsherum in der Subaretis zu Hause. Heteronemertini: Lineus ruber (Müll.). Atlantische Küsten Europas, namentlich im Norden gemein. Grönland. — Atlantische Küste Nordamerikas bis Labra- dor. — Südküste von Alaska. Zweifellos eircumpolar. Wahrscheinlich sowohl in der Arctis als auch der Subaretis ringsherum verbreitet. Cerebratulus marginatus Ren. Atlantische Küsten Europas. — Grön- land. — Nordostküste von Nordamerika. — Südküste von Alaska. Offenbar in der Subaretis ringsherum lebend. Als südlich ceircumpolar kennen wir bisher nur eine einzige Art, nämlich: Lineus corrugatus Me Int. (= Cerebratulus magelhaensicus Bürg.). Diese in der Regel blauschwarze oder dunkelbraune Nemertine ist mit einer Kopfzeichnung versehen, welche sich auch bei den conservirten Exem- plaren erhält und sie leicht kenntlich macht. Ihre bisherigen Fundorte sind: Die Küste Süd-Feuerlands, Magalhaens-Strasse, Smyth-Canal, Süd- Geographische Verbreitung. 505 chile bis 42° s. Br. nordwärts. — Falklands-Inseln. — Kerguelen-Inseln. — Chatham-Inseln *). L. corrugatus ist bei den genannten Orten in grossen Massen beobachtet worden, und wir dürfen annehmen, dass sie eine ringsherum in der Subantaretis verbreitete häufige Form vorstellt. 4. Bipolarität. Ein Vergleich der aretischen und subaretischen Nemertinenfauna mit der antarctischen und subantaretischen ergiebt in erster Linie eine allge- meine Uebereinstimmung, was die Gattungen anbetrifft **). Gemeinschaftlich sind: Es fehlen im antarctisch- subantaretischen Gebiet: Protonemertini: Carinina, Tubulanus. Procarinina, Callinera. Mesonemertini: Carinoma, Oephalothrix. == Metanemertini: Emplectonema, Amphiporus, Dre- Carcinonemertes, Nemertopsis, Gono- panophorus, Prostoma, Mala- nemertes, Paranemertes, Ototyphlo- cobdella. nemertes, Prosorhochmus, Proneu- rotes, Oerstedia. Heteronemertini: baseodiscus, Lineus, Micrura, Joubinia, Parapola, Oxypolia, Cerebratulus. Euborlasia, Valeneinura, Zygeu- polia, Mierella, Diplopleura. Es ist hinzuzufügen, dass die zahlreichen Gattungen, welche wir im antarctisch - subantaretischen Gebiet vermissen, zum Theil eine unbe- deutende Rolle auch in den entsprechenden nördlichen Zonen spielen, da sie deren Gebiet nur streifen (Ototyphlonemertes, Diplopleura), zum Theil aber (wie Procarinina, Callinera, Gomonemertes, Proneurotes, Parapolia, Ozxypolia, Valenceinura, Zygeupolia, Micrella) nur durch eine einzige und überdies seltene Art bekannt sind. Auffällig ist lediglich das Fehlen von Careinonemertes, Prosorhochmus, Oerstedia, Joubinia und Euborlasia. Indessen scheint die Liste der fehlenden Gattungen von Jahr zu Jahr mit zunehmender Erforschung der Südpolarmeere abzunehmen. Recht bemerkenswerth und den Anhängern der „Bipolarität“ mariner Thiere günstig ist das Vorkommen der Gattungen Carinoma und Oarinina in der nördlichen und südlichen kalten Zone mit Ueberspringen der tropisch-subtropischen. *), Von H. H. Schauinsland bei den Chatham-Inseln nebst anderen Nemertinen gesammelt. Ich hatte dieses werthvolle Material zur Bearbeitung überwiesen bekommen, musste infolge meiner Uebersiedelung nach Chile davon abstehen, habe mir aber die Fundorte einiger ohne weiteres bestimmbarer Arten notirt. #*) Das Mittelmeer ist in der folgenden Zusammenstellung nicht berücksichtigt. 506 Biologie. Von Carinoma kennen wir zur Zeit 4 Arten, von denen 2 im nord- atlantischen Ocean (je eine an den Küsten von England und Massachusetts), 1 im nordpacifischen Ocean (Küste Nordamerikas) und 1 in der Magal- haens-Strasse vorkommen. Alle bewohnen die Gezeitenzone. Von Carinina sind 2 Arten bekannt. Nämlich eine aus dem nord- atlantischen Ocean zwischen den Bermuda-Inseln und Neu - Schottland, eine andere aus dem Südlichen Eismeer (70° s. Br., 80° 48° w. L.). Beide Arten sind auf dem Grunde lebende Tiefseebewohner. Die erstere ist 2267— 2450, die zweite 500 m tief gedredscht worden. Vor einigen Jahren hat nun E. Isler unter den von L. Plate ge- sammelten Nemertinen zwei Arten entdeckt, welche bisher nur aus der nördlichen Hemisphäre bekannt waren. Es sind: Amphiporus dubius Hubr. Nordatlantischer Ocean (Madeira) und Mittelmeer (Banyuls, Neapel). — Ferner nach E. Isler bei Punta Arenas (Magalhaens-Strasse). Lineus nigricans Bürg. Golf von Neapel. — Ferner nach E. Isler bei Punta Arenas (Magelhaens-Strasse). Relata refero! In den nördlichen und südlichen kalten Meeren sind die Gattungen Amphiporus und Prostoma besonders reich an Arten vertreten und zeichnen sich gewisse Arten von Lineus, wie L. ruber in der Subarctis und L. corru- gatus in der Subantarctis, durch eine ausserordentliche Fülle von Indi- viduen aus. Eigenthümlich ist dagegen die grosse Seltenheit von Tubulanus in der südlichen Hemisphäre. 5. Ueber die geographische Verbreitung der Ordnungen, Familien, Gattungen und bemerkenswerthen Arten. Die Protonemertinen sind fast ausschliesslich Bewohner der nördlichen Hemisphäre. Man kennt bisher nur wenige Ausnahmen, näm- lich eine Gattung aus den tropischen Meeren (Carinesta), ferner eine Art von Tubulanus aus dem südlichen Atlantie und mehrere unbestimmbare Stücke derselben Gattung von Süd-Feuerland und endlich eine Vertreterin von Carinina aus dem Südlichen Eismeer. Die an Arten reichste Gattung Tubulanus ist im Nördlichen Eismeer, im nordatlantischen Ocean (Küsten Europas und Amerikas) bis südlich nach Madeira, im nordpacifischen Ocean am amerikanischen Contineut entlang von den Alöuten-Inseln bis Südkalifornien häufig und ausserdem am Cap der guten Hoffnung und am Beagle-Canal nachgewiesen. Carinina ist bisher an zwei weit auseinander gelegenen Plätzen oedredscht worden, nämlich im nordatlantischen Ocean zwischen den Ber- muda-Inseln und Neu-Schottland und im Südlichen 'Eismeer 70° s. Br., 80° 48° w. L. Diese Gattung lebt offenbar in sehr bedeutenden Meerestiefen. Geographische Verbreitung. 907 Von den übrigen Protonemertinengattungen bewohnen Procarinina und Callinera die Westküste von Schweden und Haubrechtia das Mittelmeer. Was die Arten anbetrifit, besitzen die weiteste Verbreitung Tubulanus polymorphus, superbus und linearis, welche überall an den Küsten Europas (einschliesslich der mediterranen) zu Hause zu sein scheinen. Weit über- troffen werden aber jene Arten noch durch T. annulatus, welcher sich vom Nördlichen Eismeer (König-Karls-Land) bis zum Cap der guten Hoffnung ausdehnt und auch im Mittelmeere lebt. Auch an der Paeifischen Küste Nordamerikas zeigen mehrere Arten von Tubulanus das Vermögen einer recht bedeutenden geographischen Ausbreitung, z. B. 7. ruber, welcher von den Alöuten-Inseln bis zur Monterey -Bai verfolgt wurde, also, wie W. R. Coe*) hinzusetzt, eine Küstenlinie von 2600 Meilen bewohnt. Ihm stehen 7. sexlineatus und capistratus wenig nach, da sie von der Südküste Alaskas bis nach Süd- californien vordringen. Von Mesonemertinen ist bislang noch gar keine aus dem tropischen Gürtel bekannt, dagegen bewohnen beide Gattungen, (arinoma und Cephalothrixz die kalten Meere der nördlichen und südlichen Hemi- sphäre. Carinoma wurde im nordatlantischen Ocean (Küste von Amerika und Europa), im Nordpaeific (Nordamerika) und Südpacific (Magalhaens-Strasse) nachgewiesen. Cephalothrix bewohnt ebenfalls den nordatlantischen Ocean und ist hier überallan den europäischen wie auch amerikanischen Küsten vertreten. Ferner ist sie den nordpacifischen eigenthümlich, sich an der Küste Nordamerikas von Alaska bis Californien ausdehnend, wie auch den Südpacifischen, da sie bei der Insel Chilo& und im Beagle-Canal gesammelt worden ist. Ausserdem ist sie auch im Mittelmeer heimisch. Während die 4 bekannten Arten von Carinoma auf ein verhältniss- mässig enges Gebiet beschränkt zu sein scheinen, besitzen einige von Cephalothrix eine sehr weite geographische Verbreitung. (. rufifrons kommt an den Küsten von England und Frankreich und ausserdem im Mittelmeer vor, C. linearis aber besitzt nicht allein im Nordatlantic (an den Küsten Europas und Amerikas) und im Mittelmeer die weiteste Aus- dehnung, sondern auch im Nordpaeific, hier die Küste des amerikanischen Continents von Alaska bis Südcalifornien besiedelnd. W, R. Coe**) hat 1905 die den Mesonemertinen zuzurechnende Gattung Carinomella (mit 1 Art, C. lactea Coe) aufgestellt, welche vor- läufig nur von der Küste Südcaliforniens (S. Pedro) bekannt ist. Die Metanemertinen sind Kosmopoliten. Wir haben unter ihnen eine Reihe von Gattungen, welche eine erstaunliche Verbreitung besitzen und sogar einige, welche vom *) op. eit., oben p. 483. **) op. cit., oben p. 483. 508 Biologie. Nordpol bis zum Südpol, soweit das Meer Bewohner hat, sich aus- dehnen. Ohne Zweifel findet sich in allen Meeresgebieten Amphiporus. Diese Gattung ist durch zahlreiche Arten seit langem aus allen Zonen bekannt und letzthin auch in den höchsten Breiten des Nord- und Südpolarmeeres nachgewiesen worden. Amphiporus groenlandicus Verst. wurde noch in der Höhe des 30.° n. Br. gefangen*), und A. gerlachei Bürg. und lecointei Bürg. von der „Belgica“ in der Höhe des 70.° s. Br. erbeutet**). Höchst wahrscheinlich begleiten diese Gattung Prostoma und Drepano- phorus. Jedenfalls ist Prostoma nördlich bis Grönland und südlich bis Feuerland und Süd-Georgien verbreitet. Drepanophorus wurde von W. 8. Bruce im Nordpolarmeer auf einer Höhe von 77° 53° n. Br. gedredscht und befindet sich unter der Ausbeute, welche H. H. Schauins- land bei den Chatham-Inseln machte, und ist ferner im Bereich der Subantaretis bei den Kerguelen gefunden worden. Da diese Gattung auch in allen Teilen der warmen und heissen Meere beobachtet wurde, dürfte sie zu den kosmopolitischen Würmern gehören. Wesentlich eingeschränkter ist vielleicht das Verbreitungsgebiet von Emplectonema, indem dasselbe zwischen dem Nordpolarkreis und etwa 60° s. Br. liegt. Sie ist im Nordatlantic bisher nur bis Island, im Nord- pacifie bis zu den Alöuten-Inseln verfolgt worden und wird wohl auch in der südlichen Hemisphäre, wo sie bis zu der Insel Navarin (Süd-Feuer- land) beobachtet wurde, das Eismeer freilassen. Oerstedia und Careinonemertes kennen wir vorläufig nur aus dem nordatlantischen und nordpacifischen Ocean und dem Mittelmeer; Nemer- topsis aus dem Nördlichen Eismeer, dem Nordpacific und dem Mittel- meer; Prosorhochmus und Ototyphlonemertes aus der Nordsee, dem Mittel- meer und Schwarzen Meer; Prosadenoporus aus dem Indischen Ocean; Paranemertes nur von der pacifischen Küste Nordamerikas; Gonone- mertes””**) von der Westküste Schwedens; Proneurotes von der atlan- tischen Küste Nordamerikas; Malacobdella aus dem Nordatlantischen und nordpaeifischen Ocean und ausserdem von Chile, wo diese parasitische Nemertine aber in der Lungenhöhle einer Süsswasserschnecke wohnt. Unter den Metanemertinen befinden sich einige Arten, welche zu den am weitesten verbreiteten der Nemertinen überhaupt gehören und die einzige annähernd kosmopolitische Art. Es ist dieses Drepanophorus crassus (Quatr.), dessen Verbreitung mit derjenigen der Gattung zu- sammenfällt. Diese merkwürdige Art, welche W. S. Bruce im Nord- polarmeer 53° 16‘ ö. L., 77° 53° n. Br., H. H. Schauinsland bei den CUhatham-Inseln erbeutete, ist uns aus dem nordatlantischen Ocean, dem Mittelmeer, dem tropisch pacifieischen und dem Indischen Ocean von *) op. cit., oben p. 424. *#) op. cit., oben p. 406. **#) op. cit., oben p. 422. Geographische Verbreitung. 509 vielen Punkten bekannt. Sie bewohnt in der Regel die Tiefen des Meeres. Auch Drepanophorus spectabilis besitzt eine bedeutende Verbreitung, da sie in der Nordsee, im Mittelmeer und im tropischen Atlantischen Ocean zu Hause ist. Auch die Gattungen Amphiporus und Prostoma besitzen in A. pulcher und lactifloreus und P. candidum, welche das Nördliche Eismeer, den Nordatlantie (Küste von Europa und Amerika) und das Mittelmeer be- wohnen, weit verbreitete Arten, die aber noch übertroffen werden von der kleinen Oerstedia dorsalis, welche auch im Nordpaeific vorkommt. Es wurde bereits oben pag. 490 und pag. 491 darauf hingewiesen, dass eine beträchtliche Anzahl von Arten der Metanemertinen den atlan- tischen Küsten Europas und dem Mittelmeer gemeinsam sind, und pag. 500 ein Verzeichniss derjenigen Nemertinen gegeben, welche die paei- fische Küste Nordamerikas mit anderen Küsten theilt. Aus beiden Ver- zeichnissen ist ausserdem zu ersehen, welche Metanemertinen sich von den Küsten Europas bis zu den ostamerikanischen ausgebreitet haben. Es sei hier nur noch auf die eigenthümliche Verbreitung von Emplectonema gracile hingewiesen, welche die Atlantischen Küsten Europas, das Mittelmeer und dem nordpaeifischen Ocean bewohnt, an der Ostküste Amerikas indess bisher vermisst wurde, dagegen nach E. Isler*) an der chilenischen Küste heimisch ist. E. gracile ist dank dem eigenthümlichen Waffenapparate eine sicher bestimmbare Art, und da E. Isler den Rüssel der chilenischen Form auf seine Stilette unter- sucht hat und dieselben sich so genau wie bei den europäischen verhalten, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass wir in E. gracile eine Art vor uns haben, welche wenigstens’ an der pacifischen Küste Amerikas den Aequator überschreitet und mindestens etwas über den 20.° s. Br. hinaus nach Süden vordringt. Die Heteronemertinen sind ebenfalls Kosmopoliten. In dieser Ordnung können wir eine Reihe kosmopolitischer Gattungen von einer anderen mit beschränktem und scharf begrenztem Verbreitungs- gebiet absondern. Kosmopolitische Gattungen sind: Lineus, Mierura, Cerebratulus. Ein begrenztes Verbreitungsgebiet besitzen Baseodiscus, Poliopsis und Diplopleura. Diese drei Gattungen sind tropisch-subtropisch. Sie gehen im Allgemeinen nördlich nicht über den 45.°, südlich nicht über den 43.° hinaus. Nur im nordpacifischen Ocean ist eine Art von Daseodiscus (B. princeps) an der amerikanischen Küste bis zum 60.° vorgedrungen. Während Baseodiscus und Diplopleura den sesammten Gürtel be- wohnen, ist Poliopsis vielleicht auf das Mittelmeer und den Indischen Ocean beschränkt. *) op. cit., oben p. 489. = 510 Biologie. Die übrigen Gattungen der Heteronemertinen sind bisher nur aus der nördlichen Hemisphäre bekannt. Joubinda bewohnt den Nordatlantic (europäische und amerikanische Küsten) und das Mittelmeer, Euborlasia den nordatlantischen Ocean (in- dess nur die Küsten Europas), das Mittelmeer und den nordpaeifischen Ocean (Golf von Californien). Die neuen Gattungen Oxypolia Punnett und Mierella Punnett*) sind bisher nur von der Küste Englands, Parapolia”*) von der Ostküste Nord- amerikas, Valencinura””*) von der Westküste Schwedens bekannt. Da- gegen ist die ebenfalls erst in neuerer Zeit entdeckte Gattung Zygeu- polia-y) bereits an der West- und Ostküste Nordamerikas gefunden worden. Die Arten der Heteronemertinen besitzen im Allgemeinen ein be- schränkteres Verbreitungsgebiet als die der Metanemertinen. Wir kennen keine kosmopolitische Heteronemertine, und nur durch E. Isler sind einige p. 503 und p. 506 erwähnte Arten bekannt geworden, welche — ausser einigen von Baseodiscus — der nördlichen und südlichen Hemisphäre gemeinsam sein sollen. Die Bestätigung dieser überraschen- den Mittheilung bleibt abzuwarten. Die am weitesten verbreiteten Arten gehören dem Genus .baseodis- cus an. DB. delineatus ist nebst B. curtus im gesammten subtropisch- tropischen Gürtel heimisch, mit Ausnahme des westlichen Stillen Oceans. B. hemprichi dehnt sich vom Rothen Meer und der Ostküste Afrikas bis nach Polynesien hinein aus. DB. quinquelineatus bewohnt das grosse inselreiche Gebiet zwischen Australien und Japan, der Malaca-Strasse und Neucaledonien (Taf. XXIJ). Von den übrigen artenreicheren Gattungen besitzen Üerebratulus und Lineus besonders weit verbreitete Vertreter. Lineus ruber ist im Nördlichen Eismeer, im nordatlantischen Ocean (Ost- und Westküste) und im nordpacifischen Ocean (Küste Nord-. amerikas) nachgewiesen, und Cerebratulus marginatus kommt ausserdem noch im Mittelmeere vor und geht im Nordatlantic, wie bereits P. Langerhans mittheilte, bis Madeira nach Süden; unter dem Nemer- tinen-Material der Deutschen Tiefsee-Expedition befindet sich ferner ein Exemplar, welches in der Grossen Fischbucht an der Westküste Afrikas (16° s. Br,) gesammelt wurde. Auffällig beschränkt ist die Verbreitung der Arten von Mierura, von denen wohl Mittelmeer und europäische Küsten des Atlantic einige Arten theilen, indessen bisher keine bekannt wurde, die im Westen und Osten des nordatlantischen Oceans zu Hause wäre oder im Pacifischen Ocean und irgend einem anderen Meeresgebiet zugleich vorkäme. *) op. eit., oben p. 448. **) 1895, No. 258. ***) op. cit., oben p. 451. 7) op. eit, oben p. 452. Geographische Verbreitung. >ll B. Geographische Verbreitung der freischwimmenden Tiefseenemertinen. Im Jahre 1875 wurde von H. N. Moseley (Nr. 137) die erste pelagische Tiefseenemertine unter dem Gattungsnamen Pelagonemertes beschrieben. Dieses merkwürdige Geschöpf (vgl. oben pag. 440) wurde von der Challenger-Expedition in zwei Exemplaren im südpaeifischen Ocean (südöstlich von Australien) und nordpaeifischen Ocean (südöstlich von Japan in Tiefen von 7658—1381 und 3292 m gefischt. H. N. Moseley beschrieb beide Stücke als P. rolleston, sie zur selben Art rechnend, indessen weichen sie meines Erachtens erheblich voneinander ab, nnd aus diesem Grunde habe ich die folgenden zwei Arten unterschieden :*) 1. P. rollestond Moseley. Doppelt so lang wie breit, lanzettförmig. Weder vorn noch hinten eingebuchtet. Durm mit 13 Paar Taschen. Länge 40, Breite 20, Dicke 5 mm. Südpacifischer Ocean südöstlich von Australien. Tiefe 5292 m. 2. P. moseleyi Bürg. Fast so lang wie breit, herzförmig. Vorn, hinten und an den Seiten eingebuchtet. Darm mit 5 Paar Taschen. Länge 13, Breite 11, Dieke 1 mm. Nordpaeifischer Ocean südöstlich von Japan. Tiefe 765—1351 m. Moseley hielt das kleine Exemplar für ein Jugendstadium des grösseren. Durch die Deutsche Tiefsee-Expedition (1898—99) wurden noch weitere 10 Exemplare gesammelt, welche alle mit P. rollestond überein- stimmen. Dieselben stammen aus Tiefen von 700-3500 m und sind im südatlantischen Ocean östlich von Afrika und ausserdem im Indischen Ocean südöstlich von Ceylon gefischt worden. Es muss mithin angenommen werden, dass Pelagonemertes (und speciell P. rollestoni) eine ausserordentlich weite geographische Verbrei- tung besitzt, da sie in allen grossen Oceanen mit Ausnahme des Nord- atlantie nachgewiesen wurde. 1892 wurden von A. E. Verrill”*) zwei neue Tiefseebewohner be- schrieben, nämlich die Gattung Nectonemertes mit der einzigen Art N. mirabilis Verrill, welche in einer Tiefe von 1062—3172 m im nord- atlantischen Ocean östlich von Nordamerika an das Tageslicht gefördert wurde, und die Gattung Hyalonemertes gleichfalls mit nur einer Art, H. atlantica Verrill aus einer Tiefe von 1510-2980 m, ebenfalls im Nordatlantie östlich von Amerika heimisch (vgi. oben pag. 437 und 433). Schliesslich ist unsere Kenntniss der pelagischen Tiefseenemertinen noch durch W. MeM. Woodworth***) vermehrt worden, welcher in die *) 1895, No. 256, p. 596. Ferner Bürger, O., Nemertini. In: „Das Thierreich“. 20. Lief. Berlin 1904, p. 75. : ZEE NOS 237: #22) op, eit., oben p. 441. 512 Biologie. Literatur als vierte Gattung Planktonemertes einführte mit der einzigen Art P. agassizii Woodworth. Dieselbe stammt aus dem nordpaeifischen Ocean, wo sie nahe dem Aequator, nämlich zwischen 0° 16° 0“ und 7° 21° 0” ;n.. Br. und’799 2.02 und 90221/3507 m 2 in Tiefenzeen 1000—3500 m, in mehreren Exemplaren erbeutet wurde (vgl. oben pag. 441). Sämmtliche Gattungen sind bisher ungenügend bekannt. Selbst die Beschreibung von Pelagonemertes, welche am eingehendsten studirt wurde, enthält wichtige Lücken und schwerwiegende Irrthümer, was sich mir bei der Untersuchung des von der Deutschen Tiefsee-Expedition heimgeführten Materials herausstellte. Ich darf es nicht unterlassen, um meine Behauptung zu begründen, an dieser Stelle wenigstens schon kurz das Folgende mitzutheilen. 1) Pelagonemertes besitzt einen bewaffneten Rüssel. Er ent- hält den so charakteristischen Stilettapparat von Drepanophorus. 2) Es ist ein Ueberbleibsel des Rückengefässes vorhanden. Wir haben mithin in Pelagonemertes eine rückgebildete Nemer- tine vor uns, welche von einer der höchsten Gattungen der Metanemer- tinen, nämlich Drepanaphorus, abstammt. Vorahnender Weise bemerkte R. C. Punnett*), dass vielleicht zwischen Drepanophorus und Pelagonemertes Beziehungen beständen, weil man auch erstere Gattung freischwimmend antrifft und sich durch besonders starke Entwickelung des Leibesparenchymes auszeichnet. Ueber die Herkunft der übrigen pelagischen Tiefseenemertinen lassen sich zur Zeit nieht einmal Vermuthungen aufstellen. C. Geographische Verbreitung der Süsswassernemertinen. Betrefis der Verbreitung der Süsswassernemertinen ist zu bemerken, dass zwar an ziemlich vielen Punkten der Erde solche beobachtet wor- den sind, dass es aber zur Zeit ungewiss ist, ob dieselben nur einer oder mehreren Gattungen angehören und ob nicht etwa nur ein Theil dem besonders für sie geschaffenen Genus Stöchostemma zuertheilt werden darf, während ein anderer bei der Gattung Prostoma. zu verbleiben hat, Ich habe im „Thierreich“ 7 Arten unterschieden. Ihre Zahl wird sich in Zukunft eher vermehren als vermindern. Es sind: Stichostemma (Prostoma) lombrecoideum (Ant. Dug.). — Montpellier. 7 ” turanicum (Fedtsh.). — Taschkent. N; an clepsinoides (Ant. Dug.). — Nordamerika, Europa (England, Deutschland, Frankreich, Russland), Ostafrika (Oberlauf des Rufu-Flusses). *) op. eit., oben p. 411, 574. (Geographische Verbreitung. 15 Stichostemma (Prostoma) lacustre (Pless.). — (Genfer See. Züricher See. Bei Basel. Ba asensoriatum Montgom. — Pennsylvanien. Y Ih erlhardi Montgom. — Aquarium des Berliner zoologischen Institus. 3 bi graecense (Böhmig). In den botanischen Gärten von Graz und Prag. Süsswassernemertinen wurden demnach bisher in allen Welttheilen mit Ausnahme von Australien beobachtet. Unter den bisher bekannten Arten befinden sich zwei (es sind die am besten studirten), welche wir vorläufig nur aus künstlichen Wasser- anlagen kennen, nämlich St. eilhardı aus einem Aquarium des Berliner zoologischen Institus, und graecense, aus einem (offenbar im Freien ge- ‘ legenen) Bassin des botanischen Gartens von Graz und einem Bassin im Warmhause des botanischen Gartens von Prag. L. Böhmig*) und Al. Mräzek**) sind der Meinung, dass es sich auch bei St. graecense um eine eingeschleppte Form handele. Auch St. clepsinoides ist einmal in einer künstlichen Wasseranlage beobachtet worden, nämlich von K. Kraepelin*) in der Hamburger Wasserleitung. Wir kennen bisher nur eine Art, welche eine freilich sehr bedeu- tende geographische Verbreitung besitzt. Es ist St. clepsinoides, welche gesammelt wurde in Nordamerika (bei Philadelphia aus Gräben und Morästen, ferner aus Bächen von Monroe County), Europa (Deutsch- land: Seen bei Plön; Hamburger Wasserleitung, die mit Elbewasser gespeist wird; ferner bei Würzburg. England: Im Cherwell-Fluss bei Oxford. Frankreich: In verschiedenen Flüssen und zu Paris im Canal Saint-Martin. Russland: Bei Dorpat in einem toten Arm des Embach) und Afrika (oberer Lauf des Rufu-Flusses). Es muss aber hinzugefügt werden, dass die Synonymie besonders dieser Art eine sehr problematische ist und infolgedessen den obigen Ausführungen mancherlei Bedenken entgegenzustellen sind. An und für sich wäre die grosse geographische Verbreitung einer kleinen Süss- wassernemertine nicht so sonderbar, da sie diese Eigenthümlichkeit mit anderen nicht weniger zarten Geschöpfen theilen würde und wir über- dies durch Al. Mräzek erfahren haben, dass eine andere Süsswasser- nemertine, Stichostemma graecense, Cysteu bildet, indem sich das Thier- chen zusammenrollt und mit einer klebrigen Schleimschicht umgiebt. Von einem Centrum des Verbreitungsgebietes der Süsswasser- nemertinen kann im Gegensatz zu den landbewohnenden nicht die Rede sein. *) op. eit., oben p. 247, ==) Mrazek, Al., Ueber das Vorkommen einer Süsswassernemertine (Stichostemma graecense Böhm.) in Böhmen. In Sitzungsber. k. Böhm. Ges. Wiss. 1900, IV, p. 1-7. #*#) 1886, No. 199. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. 33 514 .. Biologie. T. H. Montgomery*) nimmt für die Süsswassernemertinen einen doppelten Ursprung an: er ist der Meinung, dass sie sich von Meeres- bewohnern ableiten, die entweder in den Flüssen hinaufwanderten oder in den Seen (z. B. denen der Schweiz) zurückblieben, also im letzteren Falle Beispiele einer Relietenfauna repräsentiren. Es scheint mir nichts für die Nothwendigkeit dieser Hypothese zu sprechen. Eines aber darf als sicher gelten, nämlich die Ableitung der Süss- wassernemertinen vom Genus Prostoma, welches durch viele und häufige Arten in der Gezeitenzone vertreten ist. D. Geographische Verbreitung der Landnemertinen. Wir kennen bisher S Arten von Landnemertinen, welche hauptsäch- lich die australische Region (im Sinne von A. R. Wallace) bewohnen. Oelebes, die Palau-Inseln, Neu-Guinea, Australien und Neu-Seeland be- herbergen diese merkwürdigen Würmer. Nur zwei Arten entfernen sich weit von jenem Verbreitungsgebiete, indem eine auf den Maskarenen, eine andere auf den Bermuda-Inseln lebt. Eine Art ist nur in Europa beobachtet worden, indess nur in Ge- wächshäusern, wohin sie mit australischen Pflanzen gelangt sein wird. Die in Frage kommenden Arten sind die folgenden: Geonemertes pelaensis Ö.Semp. — Palau -Inseln. Ferner nach E. Isler**) Celebes. | graffi Bürg. — Insel Samarai bei Neu-Guinea. ( micholitzi Bürg. — Neu-Guinea. australiensis Dendy. — Australien (Vietorla). novaezealandiae Dendy. — Neu-Seeland. chalicophora Graff. — Palmenhaus zu Frankfurt a. M. In der Erde des Gefässes einer Corypha australis R. Brown. Ferner im Warmhause des botanischen Gartens zu Graz. rodericana (Gulliver). — Maskarenen. Insel Rodriguez. agricola (Will.-Suhm). — Bermuda-Inseln. Nur eine Art (G. pelaensis) ist bisher von zwei verschiedenen Fund- orten bekannt. 2. Die verticale Verbreitung. a. Im Mittelmeer nach Bürger*). Im Golf von Neapel kann man im Wesentlichen 3 Regionen hin- sichtlich der verticalen Verbreitung der Nemertinen unterscheiden, näm- lich: die Strandregion I—5 m tief, eine sublittorale 3—40 m tief und *) 1895, No. 254. #%*) op, eit., oben pag. 503. *##) 1895, No. 256. Verticale Verbreitung. 53 «lie Corallinen- und Melobesiengründe, welche 40 m tief beginnen und etwa 200 m tief hinabreichen. In der mittleren Region machen sich ver- schiedene Gebiete geltend. Frei im Meere am Meeresspiegel schwimmend traf man zuweilen Oerebratulus marginatus nach Lo Bianco’s Beobachtungen an. Region I (littorale Region), Strand; es wohnen meistens zwischen Ulven oder im Sande und zwischen Steinen und Felsen 1-5 m tief: Tubulanus tubicolus, Emplectonema gracile, Nemertopsis bivittata, Proso- rhochmus claparedii, Amphiporus algensis, Drepanophorus erassus, Prostoma nimbatum, falsum, scutelleferum , melanocephalum, buxeum , longissimum, portus, candidum, Oerstedia dorsalis, Lineus geniculatus, lacteus, nigricans, alienus, bilineatus, Diplopleura formosa. Region II (sublittorale Region), 3—40 m tief: a. Es wohnen zwischen den Wurzelstöcken von Posidonüa 30. m. tief: Tubulanus polymorphus, superbus, rubicundus, Hubrechtia desiderata, Emplectonema echinoderma, mariont, Amphiporus langiaegeminus, carinellordes, marmoratus, baseodiseus delineatus, eurtus, Joubinia longirostris, Euborlasia elisabethae, Lineus geniculatus, lobiancı, grubei, kennelii, rufocaudatus, ver- sicolor, Mierura purpurea, Cerebratulus ferrugineus, notabilis, Wvidus, fuscus, fuscoides, joubinii, simulans, Diplopleura formosa. b. Im sandigen Grunde mit Schlamm 5—35 m tief: Tubulanus polymorphus, linearis, superbus, Cephalothrix linearis, bi- ‚punctata, Ototyphlonemertes duplex, macintoshi, brunnea, Amphiporus dubius, stamniusi, langiaegeminus, Joubinia longirostris, Lineus molochinus, cocci- neus, Euborlasia elisabethae, immaculata, Cerebratulus marginatus, roseus, pantherinus, liguriceus, hepaticus, urticans, ventrosulcatus, aureolus, anguillula, Diplopleura formosa. ec. Ebendort auf Bryozoen-, Hydroiden- und Algenrasen zusammen mit Schnecken, röhrenbewohnenden Anneliden etc.: Cephalothrix bioculata, Prostoma coronatum, flavidum. d. Im Detritusgrunde 5-40 m tief: Tubulanus superbus (selten), Amphiporus marmoratus, pulcher, polyommatus, oligommatus, glandulosus, Drepanophorus spectabilis, Mierura .dellechiajei, tristis, Cerebratulus sömulans. Region Il, Corallinen- und Melobesiengrund 40 bis 200 m tief: Tubulanus miniatus, superbus (sehr selten), annulatus, banyulens:s, nothus, Emplectonema antonina, Amphiporus lactıfloreus, pulcher, polyommatus, oligommatus, glandulosus, reticulatus, marmoratus, Drepanophorus crassus, ‚spectabilis, Prostoma cerasinum, melanocephalum, flavidum , helvolum, glan- duliferum, erwciatum, diadema, vermieulus, interruptum, Oerstedia dorsalis, Baseodiscus curtus, pellueidus, Joubinia blanca, Lineus geniculatus, gelvus, Mierura dellechiajei, tristis, purpurea, aurantiaca, fasciolata, candida, ÜCere- bratulus aerugatus. e) >) 33 * 916 Biologie. Aus der voranstehenden Uebersicht geht hervor, dass die Nemertinen- fauna im Golf von Neapel am reichsten und mannigfaltigsten auf den von Melobesien und Corallinen bewachsenen Meeresgründen ist. Die- selben befinden sich zumeist in einer Tiefe von 60—100 m, steigen aber auch bis zu 40 m empor und 200 m hinab. Hier findet sich über ein Drittel der bisher von Neapel bekannten Arten. Ziemlich gleich vertheilt sich die Zahl der Arten auf die in geringeren Tiefen gelegenen Schlamm- und Sandgründe, die mit Posidonien be- wachsene und die Strandzone. Relativ arm erweist sich an Nemertinen- arten der Detritusgrund. Es ist nun ohne Zweifel, dass für die verschiedenen Regionen und Gebiete gewisse Nemertinenarten charakteristisch sind. Am auffälligsten tritt uns diese Thatsache auf den Corallinen- und Melobesiengründen entgegen, welchen die Arten von Mierura mit Ausnahme von purpurea und dellechiajei, die sich ausser dort auch noch im Gebiete der Posido- nien finden, ganz und gar eigenthümlich sind. Ferner wurden aus jenen Gründen ziemlich regelmässig zutage gefördert: Tubulanus annulatus, banyulensis, Emplectonema antonina, Prostoma helvolum, vermiculus, Joubinia blanca, Lineus gilvwus, Cerebratulus aerugatus. In der 3—40 m tiefen ll. Region sind von häufigeren Arten nur im Bereich der Posidonien zu Hause: Tubulanus ruböicundus, Hubrechtia desiderata, Emplectonema echinoderma, Amphiporus langiaegeminus, Lineus kennelii, Cerebratulus fuscus, joubini. Nur im schlammigen und sandigen Grunde leben: Cephalothrix linearis, sämmtliche Arten von Ototyphlonemertes, Amphi- porus dubius, stanndusi, Euborlasia elisabethae, Cerebratulus marginatus, pantherinus, ligurcius, hepaticus, urticans. Für die Strandzone sind höchst charakteristisch, weil auf sie be- schränkt, die folgenden häufigen Arten: Emplectonema gracıle, Nemertopsis bivittata, Prosorhochmus claparediz, Prostoma longissimum. Den drei Regionen (littorale, sublittorale und Corallinen- und Melo- besiengründe) ist nur eine Art, Lineus geniculatus,; gemeinsam. Ausserdem ist es wahrscheinlich, dass Oerstedia dorsalis, Drepanophorus cerassus und Prostoma melanocephalum in allen Regionen vorkommen. Der Region II und III sind gemeinsam: Tubulanus superbus, Emplectonema echinoderma, Amphiporus marmo- ratus, Drepanophorus spectabilis, Baseodiscus curtus. b. Im Mittelmeer und Canal La Manche nach Joubin. L. Joubin*) hat in Bezug auf die verticale Verbreitung der Nemer- tinen im Canal La Manche 5, im Mittelmeer aber nur 2 Regionen unter- schieden. *) 1894, No. 247. Verticale Verbreitung. 517 1. Im Canal La Manche. I. Region. Nicht immer vom Meere bedeckt: kann I bis 2 Tage trocken bleiben: Lineus ruber. IH. Region. Täglich vom Meere bedeckt (mittlere Zone von Ebbe und Fluth); charakterisirt dureh Fucus: Lineus ruber, Cephalothrix linearis, bioculata, Prostoma vermiculus, coronatum, candidum, melanocephalum, vittatum, Oerstedia dorsalis. II. Region. Nur alle 5 Tage während der Springzeiten unbedeckt vom Meere: Lineus longissimus, Tubulanus polymorphus, superbus, Emplectonema neesii, gracile, Prostoma candidum, coronatum, diadema, Amphiporus lacti- floreus, Joubinia longirostris, Cerebratulus marginatus. IV. Region. Nur ausnahmsweise bei grossen Ebben 1—1!/, Stunden unbedeckt vom Meere; charakterisirt dureh Laminaria: Lineus ruber, longissimus, bilineatus, Cephalothriz linearis, Tubulanus polymorphus, Prosorhochmus claparedii, Prostoma flawidum, vittatum, Oerstedia dorsalis, Amphiporus bioculatus, lactifloreus, Drepanophorus crassus, Emplectonema neesiü, Micrura fasciolata. V. Region. Beginnt unmittelbar unter dem Niveau der grössten Ebben und reicht 40—50 m tief. a. S—-10 m tief unter Steinen und zwischen Algen: Joubinia longirostris, Tubulanus annulatus, Mierura fasciolata, Amphr- porus lactifloreus, Prostoma vittatum. b. 30 m tief. «. Auf felsigem Untergrunde zwischen Kalkalgen: Micrura purpurea, aurantiaca, fasciolata, tristis, Cerebratulus fuscus, Euborlasia elisabethae. %. Zwischen alten Muschelschalen und Trümmern aller Art zusammen mit zahlreichen Ascidien. Tubulanus superbus, polymorphus, Lineus bilineatus, Micrura candida, purpurea, Cerebratulus roseus, hepaticus, fuscus, Drepanophorus spectabils, Prostoma vittatum. y. Auf Sandbänken zusammen mit Spatangus: Micerura purpurea. c. 90 m tief zusammen mit Bryozoen: Amphiporus marmoretus, Prostoma candidum, flavidum, melanocepha- lum, Mierura fasciolata, tristis, Cerebratulus pantherinus, Drepanophorus crassus, spectabelis, Oerstedia rust/ca, dorsalis, Tubulanus superbus, poly- morphus, Emplectonema gracile. 2. Im Mittelmeer. An der Mittelmeerküste Frankreichs sind die im Canal La Manche unterschiedenen Regionen 1—IV in eine einzige, 518 ©. Biologie. nur wenig unter den Wasserspiegel reichende zusammen- gedrängt. Sie beherbergt: Tubulanus annulatus, banyulensis. Üephalothrix, linearis, bioculata, Amphiporus pulcher, lactifloreus, dubius, Prostoma candidum, flavidum, me- lanocephalum, diadema, vermiculus, vettatum, kefersteini, Oerstedia dorsa- lis, Emplectonema echinoderma, gracile, antonina, Lineus ruber, lacteus, Cerebratulus marginatus. / Die 2. Region beginnt 1 m tief und reicht bis 80 m tief. In ihr finden sich die Nemertinen der 5. Region des Canals La Manche und ausserdem die folgenden im Kanal (und überhaupt an den atlantischen Küsten Europas) fehlenden Arten: S—10 m tief: Lineus geniculatus. 30 m tief (@): Baseodiscus delineatus, curtus. 30 m tief (y): Diplopleura formosa, Polopsis lacaze’, ferner 30 m tief: Drepanophorus crassus, spectabihs, Prostoma flavidum, Tubulanus superbus, Micrura fasciolata, Cerebratulus fuscus, Amphiporus dubius. Ein Vergleich der Zusammenstellung Joubin’s über die verticale Verbreitung der Nemertinen im Canal La Manche mit der von mir be- züglich des Golfes von Neapel gegebenen ergiebt, dass auch an der vom Canal bespülten Küste Frankreichs die Nemertinenfauna an Arten- reichthum in den tieferen Regionen zunimmt und die Regionen I—III im Ganzen diejenigen Arten beherbergen, welche der littoralen und mittleren des Neapler Golfes eigen sind, und die Regionen IV und V eine sehr ähnliche Liste wie die tiefste von Neapel aufweisen; besonders ist hervor- zuheben, dass in den Regionen I—III, d. h. denjenigen der regelmässigen Ebbe und Fluth, kein einziger Vertreter der Gattung Mierura vorkommt. Micrura beginnt erst in der IV. Region mit einer einzigen Art, zu der sich alsdann in der V. alle die auch bei Neapel vorkommenden gesellen. ' Dagegen stellen wir eine wesentliche Verschiedenheit hinsichtlich der verticalen Verbreitung von Tubulanus annulatus und banyulensis Test, welche an der mediterranen Küste Frankreichs in der littoralen Region in einer Tiefe von !/;—12 m angetroffen werden, während sie im Golf von Neapel erst 40 m tief auftreten und bis gegen 100 m in die Tiefe zu verfolgen sind. Es findet diese Verschiedenheit vielleicht ihre Erklärung darin, dass die Corallinen, zwischen welchen beide Tubulanus-Arten wohnen, an der Mittelmeerküste Frankreichs weiter nach oben reichen, als bei Neapel. c. An den Küsten Grossbritanniens nach MelIntosh. Auch aus einer Uebersicht, welche ich nach den Fundortsangaben von Me Intosh*) zusammengestellt habe, geht hervor, dass sich desgleichen an den britischen Küsten Micrura wesentlich auf die tieferen, von Corallinen be- deckten Regionen beschränkt, eine Art indess, M. aurantiaca, sich in die *) 1873—74, No. 125. Vertieale Verbreitung. 519 (rezeitenzone hinauf geschoben hat. Im Uebrigen scheinen wesentliche Unter- schiede hinsichtlich der verticalen Verbreitung der Nemertinen an den britischen Küsten und den nördlichen ‚Frankreichs nicht zu bestehen. Dagegen lässt sich im Allgemeinen sagen, dass viele der den nordischen Meeren und dem Mittelmeere gemeinsamen Arten im Mittelmeer und be- sonders im Golf von Neapel in bedeutendere Tiefe hinabgestiegen sind, eine Erscheinung, die wohl in den niedrigeren und gleichmässigeren Temperaturverhältnissen der tieferen Regionen ihren Grund hat. Nach Melntosh sind 4 Regionen an der britischen Küste zu unterscheiden. I. Region der Ebbe und Fluth. Im Sande oder zwischen Steinen und Algen: Tubulanus linearis, Cephalothrix linearis, Prostoma melanocephalum, robertianae, candidum, vermiculus, flavidum, Prosorhochmus claparedit, Emplectonema gracile, neesit, Lineus longissimus, ruber, lacteus, bilineatus, Euborlasia elisabethae, Mecrura aurantiaca, Cerebratulus fuseus. ‘ IH. Region von Laminaria. 6-20 m tief: Tubulanus annulatus, Oephalothrix linearis, Amphiporus lactifloreus, Prostoma vermiculus, Oerstedia dorsalis, Lineus longissimus, ruber, Cere- bratulus fuscus. III. Region. Zwischen Tangwurzeln. 13-55 m tief: Drepanophorus spectabilis, Amphiporus hastatus, bioculatus, Em- plectonema neesüi, Cerebratulus margenatus. IV. Region der Corallinen. Bis über 200 m tief: Tubulanus annulatus, Amphiporus pulcher, Prostoma candidum, Lineus bilineatus, Mierura auramtiaca, fasciolata, purpwrea, Cerebratulus fuseus. d. An der pacifischen Küste von Nordamerika nach Üoe. W. R. Coe*, hat in seiner schönen monographischen Bear- beitung der Nemertinen der West- und Nordwestküste Nordamerikas leider keine Tabelle der verticalen Verbreitung der 84 von ihm beschrie- benen Littoral-Nemertinen gegeben, indessen sind mit wenigen Aus- nahmen Fundortsangaben vorhanden, welche die Zusammenstellung der nachfolgenden Uebersicht gestatten. ! I. Region. Zone der höchsten Fluthen: Cephalothrix linearis, Emplectonema gracile, Paranemertes peregrina, Amphiporus eruentatus, imparispinosus. II. Region. Mittlere Zone von Ebbe und Fluth: Tubulanus ruber, sexlineatus, capistratus, pellueridus, Carinomella lactea, Carinoma mutabilis, Cephalothrix linearis, Baseodiscus princeps, mezxicana, Zygeupolia littoralis, Lineus ruber, torquatus, rubescens, flaves- cens, pictifrons, Micrura nigrirostris, griffini, olwaris, alaskensis, Üerc- *) op. eit., oben p. 483. 520 Biologie. bratulus marginatus, occidentalis, albifrons, longeceps, Emplectonema gracile, bürgeri, Zygonemertes thalassina, virescens, albida, Nemertopsis gracilis, Paranemertes peregrina, pallida, carnea, californica, Amphiporus angulatus, hgrinus, eruentatus, imparispinosus, simihs, formidabilis, flavescens, Pro- stoma nigrifrons, albidum, bilincatum, quadrilineatum, Oerstedia dorsalis, reticulatum. III Region. Zone der niedrigsten Ebben: Micrura alaskensis, pardalıs, Zygeupolia littoralis, Cerebratulus albi- frons, Paranemertes peregrina, Amphiporus böimaculatus. IV. Region. Etwa 1—2 m unterhalb des Niveaus der tiefsten Ebben: Tubulanus frenatus, Lineus wilsoni, Micrura verrilli, Cerebratulus albifrons. V. Region. Zwischen 2—100 m.: Tubulanus eingulatus, Baseodiscus princeps, Lineus flavescens, pictifrons, wilsoni, albolineatus, Euborlasia maxima, Cerebratulus marginatus, hereu- leus, lineolatus, occidentalis, albifrons, montgomeryi, californiensis, latus, Zygonemertes virescens, Amphiporus angulatus, similis, californicus, macra- canthus, pacificus, occidentalis, rubellus, leptacanthus, fulvus, Prostoma signifer, bicolor, aberrans, Oerstedia caecum. VI. Region. Zwischen 100—200 m: Tubulanus albocinctus, Mierura olwaris, Üerebratulus signatus, albi- frons, montgomeryi, latus, Amphiporus angulatus, pacificus, occidentalis. VII. Region. Zwischen 200—1000 m: Micrura nebulosa, Cerebratulus marginatus, Amphiporus gelatinosus, Drepanophorus ritteri. Zu der voranstehenden Uebersicht ist noch hinzuzufügen, dass die- jenigen Arten, welche als in Region II und V vorkommend verzeichnet wurden, auch in Region III und IV nicht fehlen werden und überhaupt das Ueberspringen von Regionen ausgeschlossen erscheint. Diejenigen Arten, welche von mir bei Region III und IV eingetragen wurden, sind für diese besonders charakteristisch und theilweise auf sie beschränkt. e. Allgemeines über die verticale Verbreitung. Aus den von uns gegebenen Zusammenstellungen über die verticale Verbreitung der Nemertinen an den atlantischen Küsten Europas, denen des Mittelmeeres und den pacifischen Nordamerikas können wir nun, wenn wir auch noch die in der Literatur verstreuten Notizen berück- sichtigen, ganz allgemein das Folgende über die verticale Verbrei- tung der an Arten reicheren Gattungen aussagen: Protonemertini: Carinina, Tiefsee zwischen 500—2450 m. Tubulanus, vorwiegend (Gezeitenzone resp. zwischen O—100m; in Tiefen bis 200 m bereits sehr selten und darüber hinaus bisher nicht bekannt. Vertieale Verbreitung. 521 Mesonemertini: Cephalothrix, zwischen 0—40 m. Carinoma, Gezeitenzone. Metanemertini: Emplectonema, ziemlich gleichmässig zwischen 0—100 m in der Gezeiten-, Laminarien- und Corallinenzone ver- theilt, aber auch noch in der Tiefsee (bis 1556 m) an- getroffen. Nemertopsis, Gezeitenzone; eine arctische Art (N. actinophila Bürg.) wurde zwischen 0—240 m gedredscht. Paramemertes, Gezeitenzone. Ototyphlonemertes, bewohnt ausschliesslich sehr geringe Tiefen. Prosorhochmus, @ezeitenzone. Amphiporus, zwischen 0—600 m. Die zahlreichsten Arten ge- hören der Corallinenregion an und leben zwischen 20 und 200 m. Drepanophorus, offenbar im Littoral selten; hauptsächlich zwischen 10—300 m verbreitet. Prostoma, findet sich zwischen 0—200 m in ziemlich gleich- mässiger Artenfülle, vielleicht indess besonders reichlich in der Region der Corallinen. Oerstedia, besitzt wahrscheinlich dieselbe verticale Verbreitung wie Prostoma. Heteronemertini: Baseodiscus, lebt zwischen 0—1280 m, ist aber vornehmlich littoral. Joubinia, fehlt in der Gezeitenzone; lebt zwischen 4—60 m. Lineus, zwischen 0—220 m, indess besonders dem Littoral eigenthümlich. Euborlasia, untere Grenze der Gezeitenzone bis 60 m tief. Micrura, Gezeitenzone bis 355 m tief, aber im Allgemeinen in Tiefen von 60-200 m. Besonders charakteristisch für die Corallinenregion. Cerebratulus, Gezeitenzone bis 1460 oder vielleicht bis 2000 m; besonders reich an Arten zwischen 5—100 m. Diplopleura, zwischen 1—40 m. 3. Lebensweise der Nemertinen des Littorals. a. Wohnung. Die littoralen Nemertinen werden nur sehr selten am Meeresspiegel schwimmend angetroffen, wie z. B. gelegentlich Cerebratulus marginatus Ren. im Golf von Neapel und Amphiporus punctatulus Coe an der cali- fornischen Küste, wo, wie W. R. Coe berichtet, eine grössere Anzahl 522 Biologie. dieser merkwürdigen Art bei eleetrischem Licht mit dem Oberflächennetz gefischt wurde. *) Die Strandbewohner bewohnen die Algen dieser Zone, z. B. Ulvaceen und Fucaceen, oder verbergen sich unter Steinen, oder nisten sich in Felsspalten, leeren Muscheln und sonstigen schutzbietenden Gegen- ständen ein. Manche Art kann man auch aus dem Sande ausgraben. In den Tropen ziehen sie sich gern in löcherige Korallenblöcke zurück. Diejenigen Nemertinen, welche unterhalb der Gezeitenzone in mehr oder minder bedeutenden Tiefen leben, besiedeln Tangwurzeln, die Wälder der Laminarien und besonders die von Rothalgen (Melobesia und Corallina) erzeugten Polster. Ausserdem aber bewohnen sie Schlick, Schlamm, Mud und Detritusgründe. Gewisse Gattungen bevorzugen im Allgemeinen überall die gleiche Umgebung. 2. B. findet sich die Mehrzahl der Arten von Möerura auf felsigem Terrain und zwischen Kalkalgen. Cerebratulus kommt hauptsächlich im Schlamm, Sehliek und Mud vor. Carimoma, Oephalothrix, Ototyphlonemertes und viele Lineus-Arten leben im Sande und Schlamm. Prostoma bevorzugt grüne Algen. Baseodiscus siedelt sich unter Steinen und in Korallenblöcken an. Die Mehrzahl der von W. R. Coe beschriebenen Tubulanıs-Arten der ealifornischen Küste fand sich an den Pfählen der Landungsbrücken; im Golf von Neapel leben sie besonders zwischen Wurzelstöcken von Posi- donia. Amphiporus ist hauptsächlich auf Detritusgründen verbreitet. Das Bedürfniss nach geschützten Wohnplätzen scheint bei den Nemertinen gross zu sein. Daher meist die Eigenthümlichkeit, dass eine Reihe von Arten selbstgefertigte Wohnröhren besitzen. In solchen haust z. B. der bei Neapel häufige Tubulanus rubicundus, wo sie aus einer festen, zähen, von der Haut abgesonderten Schleimhülle be- stehen, welche ganz dicht mit Steinchen, Trümmern von Muscheln und dergleichen gepanzert ist. Dieselben sind viele Oentimeter lang. Solche köhren bewohnt nach L. Joubin auch Joubinda longirostris. Sie sind ca. 90—60 cm lang, an einem Ende offen und unregelmässig gewunden und befinden sich zwischen dem Wurzelwerk von Zostera. Nach L. Joubin scheidet auch Tubulanus banyulensis Röhrchen aus. Ferner lebt nach W. R. Coe an der kalifornischen Küste eine heihe von Arten in Röhren, welche durch ein erhärtetes Sekret erzeugt werden. So bewohnt Tubulanus sexlineatus verflochtene, pergamentartige Tuben, welche den Pfählen der Landungsbrücken angeklebt sind, T. capistratus findet sich in ähnlichen Röhren, welche zerbrechlich und papierartig sind, unter Steinen, und 7. pellucidus verbirgt sich in zarten, durchsichtigen Wohnröhren, welche sich sowohl an den Pfählen der Lan- dungsbrücken, als auch unter Steinen und im Sande befinden. *) op. cit., oben p. 483, 258. Lebensweise. 523 Es scheint mithin besonders die Gattung Tubulanus zur Erzeugung von Secretröhren, die als Behausung dienen, zu neigen.‘ Indessen führt W. R. Coe auch aus anderen Gattungen Beispiele an. Wir erfahren, dass Lineus albolineatus starke, pergamentartige Röhren bewohnt, die zwischen zerbrochenen Muschelschalen angetroffen wurden. Auch Mierura verrilli lebt in Röhrchen, aber Coe lässt es ungewiss, ob es nicht solche von Tubulanus sexchneatus sind, mit welcher Art zusammen diese Meerura vorkommt. Ferner trifft man Carcinonemertes in Secretröhren an, so lange dieser Parasit zwischen den Eiern seines Wirthes sich aufhält. Es wurde bereits oben, pag. 296, mitgetheilt, dass verletzte Thiere Schleimeocons erzeugen. Ferner meldet W. R. Coe, dass einige Arten in,‚dem Augenblick, in. dem sie ergriffen werden, plötzlich grosse Mengen eines milchigen Schleims absondern. Coe beobachtete die Erscheinung bei Paranemertes californica und Amphiporus bimaculatus, b. Häufigkeit, Lebensgewohnheiten, Temperament und Anpassungsfähigkeit. Manche Arten trifft man am selben Orte in grosser Menge an. So werden nach W. ©. MelIntosh oft Hunderte von Exemplaren von Lineus ruber oder Cephalothriz linearis beisammen gefunden, und auch Oerstedia dorsalis beobachtet man gelegentlich an den britischen Küsten haufen- weise an Algen, welche aus der Laminarienregion stammen. Nach W. R. Coe gehören an der paeifischen Küste Nordamerikas ausser Ocphalothriz linearis zu den geselligen Arten Micrura alaskensis, von welcher einmal ungefähr 50 Individuen in einer einzigen Höhle in erobem Sande entdeckt wurden. Dieselben hatten sich zu einem Knäuel verwickelt und verstrickt. Ferner Emplectonema bürgeri, von der man stets mehrere Individuen zusammen trifft, welche sich miteinander ver- schlungen und verknotet haben und in eine gemeinschaftliche Schleim- masse einhüllen. Dasselbe gilt von Emplectonema gracıle, von der sich aber oft eine noch grössere Anzahl von Individuen zusammenthun. W. €. Melntosh meint, dass diejenigen Arten, welche die Ge- zeiten bewohnen, während der Fluth ihre Schlupfwinkel verlassen und sich alsdann in der Periode ihrer Activität befinden, also wohl vornehm- lich dem Nahrungserwerb nachgehen. Mit W. ©. MeIntosh bin ich der Meinung, dass die Nemertinen nicht allgemein Nachtthiere genannt werden dürfen. Ich habe z. B. Lineus geniculatus im vollen Mittagssonnenscheine lebhaft sich zwischen Ulven bewegend bei den Iosolotti dei Galli (Neapel) beobachtet. Auch bei Baseodiscus delineatus, curtus, Lineus lacteus, Emplectonema gracile, Drepanophorus cerassus und Amphiporus pulcher, die ich mehrere Monate hindurch in Aquarien beobachtete, ist mir keine Scheu vor dem Tages- licht aufgefallen. Nach G. du Plessis ist indess Strchostemma lacustre ein Nacht- thier. Diese Süsswassernemertine flieht das Tageslicht, sich unter Steinen 924 Biologie. verbergend, kommt aber nachts an den Wasserspiegel und macht Jagd auf kleine Kruster und Insectenlarven. Das Temperament der Nemertinen ist überaus verschieden. Es giebt lebhafte und träge Arten in den nämlichen Ordnungen. Diejenigen, welche zu schwimmen vermögen, wie die Angehörigen von Cerebratulus und Drepanophorus, sind die bedeutend regsameren. Welch einen Gegensatz bieten der nervös, unter aalartigen Be- wegungen im Aquarium umherschiessende Cerebratulus marginatus und der träge kriechende Baseodiscus delineatus! Als besonders lebhafte Nemertinen bezeichnete W. R. Coe Cere- bratulus occidentalis, Zygonemertes albida und vor allem Paranemertes peregrina; letztere wandert an wolkigen Tagen ruhelos in ihrem inner- halb der Gezeiten gelegenen Lebensbezirk umher. Alles in allem genommen, wird man behaupten dürfen, dass die be- wafineten Nemertinen lebhafter und beweglicher sind als die unbewaft- neten, denn unter diesen sind es wohl nur die Cerebratulus-Arten, welche uns durch die Behendigkeit und Schnelligkeit ihrer Bewegungen über- raschen. Es wurde bereits oben (pag. 386) hervorgehoben, dass die Nemer- tinen eine nicht unbedeutende Lebenszähigkeit besitzen, da sie recht regenerationsfähig sind. Aber auch gegen äussere Einflüsse er- weisen sich manche Arten auffallend widerstandsfähig. So vermögen 7. B. nach W. R. Coe*) Tubulanus albocinetus und Baseodiscus punetti mehrere Tage zwischen feuchten Meerespflanzen zu leben, und auch Paranemertes peregrina soll die ungünstigsten Existenzbedingungen aus- halten. Lineus flavescens vermag sogar mehr als einen Tag zwischen feuchten Seepflanzen bei einer Temperatur von 21—27° C. zu existiren. Andererseits steht es aber fest, dass die Nemertinen vielfach gegen Temperaturdifferenzen empfindlich sind. Z. B. Baseodiscus delineatus und curtus halten sich beide ausgezeichnet in der Gefangenschaft, so- lange die Temperatur sich auf einer gewissen Höhe hält. Ich hatte die beiden genannten Arten nebst Lineus lacteus, alle aus dem Mittelmeere stammend, in Göttingen in einem subterranen Aquarium. Im Winter gingen die beiden Baseodiscus-Arten ein, dagegen Lineus lacteus dauerte aus. Letztere Art kommt auch in der Nordsee vor. Die merkwürdige Verbreitung von Baseodiscus ist zweifelsohne ledie- lich ihrer Empfindlichkeit gegen niedere Temperaturen zuzuschreiben. Vergleichen wir schliesslich die Nemertinen bezüglich ihrer An- passungsfähigkeit mit anderen Thierordnungen, z. B. den ihnen zunächst verwandten Turbellarien, so will es mir scheinen, dass die Nemertinen weit gegen sie zurückstehen. Den Beweis bringt die folgende Uebersicht. Es sind von den Nemertinen 41 sichere Gattungen mit 406 sicheren Arten bekannt. Davon sind: *) op. eit., oben p. 483. Lebensweise, 525 Gattungen: | Arten im Ganzen ‚eigenthümliche) littoral | 32 | 30 376 pelagische Tiefseebewohner | 4 4 5 regelmässige Commeusalen | in marinen Wirthen | 3 2 ) echte Parasiten in marinen | Wirthen 3 1 4 Süsswasserbewohner 1 | 7 Landbewohner | 1 1 8 regelmässige Commensalen | in Süsswasser-Wirthen 1 0) 1 Die Zahl der nicht dem littoralen Lebensbezirk angehörenden oder nicht freilebenden Gattungen erscheint noch verhältnissmässig gross, in- dem sie mit 9 fast ein Viertel der Gesammtheit ausmacht, dagegen ist die Zahl der aberranten Arten merkwürdig gering; sie repräsentirt näm- lich mit 30 nur etwa 7,5°, der bekannten Nemertinenarten überhaupt. Also keine der Gattungen, welche die eigentliche Heimath der Nemer- tinen, das marine Littoral, verlassen hat, fand in der neuen Umgebung Existenzbedingungen, welche zu einer grossen Artentfaltung führten, und wir können sie im Allgemeinen besonders deshalb nicht als günstig be- trachten, weil auch nur ausnahmsweise eine auffallende Individuenfülle entwickelt wurde. Merkwürdigerweise erweist sich die Anpassungsfähigkeit, welche ihren Abschluss in der Aenderung der Lebensverhältnisse fand, bei den Nemertinen auf eine einzige Ordnung beschränkt, d.h. die Metanemertinen. Wir kennen bisher nur eine (und systematisch nicht einmal völlig sichergestellte) Ausnahme, Cephatothrix galatheae, Parasit in Galathea strigosa. Im Uebrigen sind die sämmtlichen bisher bekannten Tiefsee-, Süsswasser- oder Landnemertinen, Commensalen oder echten Parasiten, Metanemertinen. Es ist nicht uninteressant, dass es bei den Nemertinen also eine der beiden höchsten Ordnungen ist, aus der sich Glieder aussonderten, um neue Lebenswege einzuschlagen. c. Nahrung. „Ihe Nemertearis throughout are a carnivorous and predaceous race, either capturing living prey or devouring portions of dead animals“ sagt McIntosh*) und erhärtet diesen Satz durch eine Anzahl aus der Literatur gesammelter und eigener Erfahrungen. Gern fallen die Nemertinen Anneliden an. Sie dringen, wie das von Lineus longissimus beobachtet wurde, z. B. in das Rohr einer Amphitrite ein und verzehren die Eigenthümerin, fallen aber auch vagante Anneliden *) 1873, 1874, No. 125. 526 Biologie. an. So erzählt Me Intosh von einem Lineus ruber, welcher eine Neph- thys, die ihn um einen Zoll an Länge übertraf, frech beim Kopf gepackt hielt und seine Beute theilweise verschluckte. L. Joubin*) berichtet von Lineus bilineatus: „Elle s’introduit surtout dans le tubes des Annelides, en particulier des Spirographes, qu’elle chasse de leur demeure et qu’elle tue“. Nach W. R. Coe**) verzehrt die sehr gefässige Paranemertes peregrina ebenfalls Borstenwürmer. Lineus longissimus erbeutet nicht allein Anneliden, sondern auch Fische und Ascidien von ziemlicher Grösse. Me Intosh führt ferner an: „Mr. William Thompson, who did so much for the fauna of Ireland, mentions that Captain Fayer, R.A. got an individual of the same species (Z. longissi- mus) holding on to a bait of Buccinum undatum on his long line while fishing for cod off Portpatrik.“ Uebrigens verschmähen die Lineiden auch tote Muscheln und Anne- liden nicht, z. B. verschlingen sie abgestorbene Exemplare von Nereis pelagica und Harmothoe imbricata mit allen Borsten, welche per anum wieder entleert werden. Die Bewältigung grosser Beutestücke ist den Lineiden nur durch ihren grossen Mund ermöglicht. Me Intosh beschreibt sehr anschaulich: „As soon as a Specimen has come in contact with a suitable portion, the mouth is enormously dilated, the inner surface of the first part of the oesophageal region thrust outwards, and the bolus, although of conside- rable size, rapidly swallowed. The snout of the animal ‘during this process is curved backwards.“ Wie die Lineiden werden sich wohl nicht allein die übrigen Heteronemertinen, sondern auch die Proto- und Mesonemertinen nähren. Die Metanemertinen mit ihrer überaus feinen Mund- oder Rüsselmund- öffnung sind dagegen auf andere Nahrung angewiesen. Sie sind, wie das die Beobachtungen von M. Schultze***) und G. du Plessis7) beweisen, ebenfalls Fleischfresser und Räuber. Indessen scheinen sie nur der Welt der kleinen Krebse gefährlich zu werden. Bei der Erbeutung dieser, 7. B. eines Gammarus, bedienen sie sich ihres Stiletts. 4. Land-, Süsswasser- und Brackwassernemertinen. Die verschiedenen Arten der Landnemertinen (vgl. oben p. 514) be- sitzen eine nicht unwesentlich voneinander abweichende Lebensweise. Nach den Beobachtungen Semper’s7j) wohnt Geonemertes pelaensis unter feuchtem Laub oder der Rinde der Bäume, bald dicht am Meeresgestade, *) 1890, No.: 250. Kr > ) op. cit., oben p. 483, 223. *2%) 1891,00. 71. 7) 1893, No. 249. tr) 1863, No. 101. Lebensweise, 327 bald auf 30—125 m hohen Gipfeln gehobener Korallenriffe. @. rodr- cana*) wurde an moderndem Holz und abgestorbenen Blättern gefunden. G. australiensis siedelt sich, wie Dendy**) berichtet, unter Steinen oder mit grösserer Vorliebe unter modernden Baumstämmen an und kommt an demselben Orte gelegentlich in erheblicher Anzahl vor. @. agricola wurde von Willemoes-Suhm unter Steinen in feuchter, stark salziger Erde zusammen mit Regenwürmern entdeckt. Diese Art von den Bermuda- Inseln ist 1904 von R. W. Coe***) von neuem ausführlich dargestellt worden auf Grund von Studien, welche dieser Autor an Ort und Stelle machte. Nach R. W. Coe kommt @. agricola an verschiedenen Orten der Bermuda-Inseln in grossen Mengen vor, indess soviel die Erfahrung lehrt, nur entlang der Küste, welche in die Mangrovesümpfe übergeht, und an den angrenzenden Hügelseiten. Im Sommer wurden die Landnemertinen nur in dem feuchten Boden nahe der Hochwasserlinie gefunden, in den Frühlinesmonaten etwas höher an den Hügellehnen. Es ist wahrschein- lich, dass sie sich im Sommer an Stellen, welche trocken werden, die von den Regenwürmern gegrabenen Gänge benutzend, tiefer in den Erdboden zurückziehen. Ihr bevorzugtes Wohngebiet scheint aber der Linie der höchsten Fluthen zu folgen; hier am Rande der Mangrovedickichte, wo der Boden aus schwarzem Mud besteht, der weiter höher in dunklen oder rothen Lehm übergeht, verbergen sie sich unter Steinen, Hölzern und anderen (Gegenständen, welche das Meer ausgeworfen hat. Besonders interessant ist es, dass W. R. Öoe diese Landnemertinen ausserdem in jenem Horizonte der Gezeitenzone gefunden hat, welcher jeden Tag für kurze Zeit vom Meere bedeckt wird. Die hier lebenden Individuen von G. agricola sind in der Regel etwas kleiner als die am Lande vorkommenden und finden sich zusammen mit einem Lineus. Versuche haben ausserdem ergeben, dass G. agricola verschiedene Wochen im Seewasseraquarium ausdauert und auch noch in Seewasser, das mit bedeutenden Quantitäten Süsswasser versetzt wurde, fortkommt, dagegen in reinem Süsswasser untergeht. Diese Beobachtungen beweisen, dass die Landnemertine der Bermuda-Inseln von einer littoralen Meeresform abstammt, und man darf weiter folgern, dass die Landnemertinen überhaupt nicht, wie Montgomery) meint, sich von Süsswassernemertinen ableiten. *) 1871, No. 169. **) 1892, No. 230. ###) oe, W. R., The anatomy and development of the terrestrial Nemertean (Geonemertes agricola) of Bermuda. In: Proc. Boston Soc. Nat. Hist. Bd. 51, 1904, p. 531-570, tab. 23—25. +) 1895, No. 250. 528 Biologie. Von den freilebenden Süsswassernemertinen wissen wir durch A. Silliman*), dass Stichostemma clepsinoides unter Steinen mit Planarien zusammen vorkommt. Es sei noch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es auch einige Nemertinen giebt, welche ausser in reinem Meerwasser aüch im Brackwasser vorkommen. Als solche nennt W. R. Coe**) Emplectonema gracile, Amphiporus ceruentatus, imparispinosus und den oben erwähnten nicht näher bestimmten Lineus. hr 5. Parasitische Nemertinen. Die geringe Anzahl der parasitischen Nemertinen, welche wir zur Zeit kennen, gehört mit einer einer einzigen Ausnahme — (ephalothrix galatheae, einer Mesonemertine — den Metanemertinen an. Es kommt Raumparasitismus, Commensalismus und echter Parasitismus vor. 1. Als Raumparasiten haben wir eine arctische Art***), Nemertopsis actinophila Bürg., zu betrachten. Dieselbe ist von Scehaudinn und Römer bei der Bären-Insel, Ross-Insel, in der Lomme-Bay, lce-Fjord und bei König-Karls-Land in Tiefen von 0—240 m gedredscht worden. Sie wurde fast regelmässig unter der Fussscheibe von zwei Actinien-Arten, nämlich Tealva davisii (Agas)., und Stomphia polarıs (Dan.), sitzend auf- gefunden. Diese Nemertine hat sich der Fussscheibe derart innig ange- schmiegt oder selbst angeklebt, dass auch die conservirten Exemplare meistens noch an ihr haften. Nur zwei Exemplare von N. actinophila wurden freilebend, um Bryozoen gewunden, entdeckt. Für das innige Verhältniss, welches zwischen Actinien und Nemertinen besteht, zeugt der Umstand, dass der Wurm stets genau in seiner Färbung mit der Seerose übereinstimmt. Wahrscheinlich handelt es sich ebenfalls nur um einen Raumpara- sitismus bei Prostoma flavedum (Ehrbg.) und P. vittigerum Bürg., welche in der Regel frei leben, gelegentlich aber in der Kiemenhöhle von ver- schiedenen Ascidien sich ansiedeln. Man fand nämlich P. flavedum wiederholt in der Kiemenhöhle von Ascidia mentula und A. mamellata auf, und L. Joubin entdeckte P. vettigerum in der gleichen Cavität von Phal- lusia sanguinolenta und (kiona intestinales. In den beiden genannten Arten von J’rostoma haben wir mithin Beispiele für gelegentlichen Raumparasitismus bei den Ne- mertinen. 2. Ein innigeres Verhältniss’ zwischen Wirthsthier und Nemertine, welches wir als Commensalismus bezeichnen dürfen, zeichnet die folgenden Metanemertinen aus, welche bisher nur innerhalb des Wirths- *) 1885, No. 195. *%*) op. cit., oben p. 483. **#) op. cit., oben p. 424. Lebensweise. 529 thieres beobachtet wurden, und bei denen mehr oder minder erhebliche Veränderungen in der Organisation offenbar durch die parasitische Lebens- weise hervorgerufen wurden. 1. Prostoma marionis Joub. lebt im Mittelmeer und Canal La Manche ‚ausschliesslich als Schmarotzer in der Kiemenhöhle von Ascrdia mamillata, Molgula impura, Phallusia sanguinolenta und Meicrocosmos microcosmos. Diese Art ist zwittrig (protandrisch-hermaphroditisch?), eine Eigen- thümlichkeit, die vielleicht der veränderten Lebensweise zuzu- schreiben ist. 2. Prostoma quadripunctatum (9. & G.) aus der Banda-See und nur als Schmarotzer in Lepas sp. angetrofien. 3. Gononemertes parasita Bergendal*) lebt ausschliesslich in einigen Phallusien, die in ziemlich grosser Tiefe bei Strömstad (Westküste Schwedens) gedredscht wurden. Diese Nemertine erweist sich bereits stark verändert. Besonders bemerkenswerth ist das Fehlen der Augen, der Mangel eines Stilettapparates, die colossale Entwickelung der Geschlechts- organe und die Ausbildung eines Atriums, dessen Geräumigkeit an das von Malacobdella erinnert. (Vgl. oben p. 422). Von allen parasitischen Nemertinen ist uns die Lebensgeschichte am besten bekannt von Malacobdella und Carcinonemertes. Erstere weist die bedeutendsten Veränderungen auf. Es fehlen Augen, Kopffurchen und ÜÖerebralorgane. Der Rüssel ist ohne Stilettapparat. Der Darm entbehrt der Taschen, ist indess geschlängelt. Es hat sich ein ungemein geräumiges Atrium entwickelt. Das hintere Körperende ist mit einem grossen Saug- napf ausgestattet. (Vgl. oben p. 438.) Beide Gattungen wollen wir aus- führlicher betrachten. Malacobdella. Wir kennen von dieser Gattung bisher die folgenden 3 Arten: 1. M. grossa (Müll.). In der Mantelhöhle von Mya truncata L., M. are- naria L., Venus exoleta L., V. mercenaria L., Oyprina «slandica (L.), Iso- cardia cor (L.), Cardium aculeatum L., Mactra stultorum L., Pholas eris- pata (L.) — Verbreitung: Ostsee, nordatlantischer Ocean mit Nordsee und Canal La Manche, Mittelmeer. 2. M. japonica Takak. In der Mantelhöhle von Mactra sachalinensis Schrenk. — Verbreitung: Nordpaeifischer Ocean (Küste von Kujukuri, Nordjapan). 3. M. auriculae Blanch. In der Lungenhöhle von Ohrlina dombeiana (Brug.). — Verbreitung: Südchile. Ausserdem wird noch das Vorkommen von Malacobdella bei Pacific Grove, Californien, erwähnt von W. R. Coe, wo J. F. Abbott ein einziges Exemplar beobachtet hat, welches indess nicht bestimmt wurde, und von dem wir nicht einmal den Wirth kennen. *) op. eit., oben p. 422. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IV. 1. Spplt. 34 530 Biologie. Wir sind nur über die Biologie der marinen Arten, besonders dank den Untersuchungen von J. von Kennel (No. 146) orientirt, welche sich auf M. grossa erstreckten. M. grossa soll zu ihren Wirthen im Verhältniss des Commensalis- mus stehen. Im Kieler Hafen, wo diese Nemertine in Oyprina islandica lebt, findet sie sich zumeist in den grösseren Muschelindividuen, von welchen bis zu 80°/, Malacobdellen führen. In der Regel pflegt jede Muschel nur eine einzige erwachsene Malacobdella zu beherbergen, kommen zwei oder noch mehr in derselben Muschel vor, so handelt es sich fast ausnahmslos um junge Nemertinen. Die Malacobdella sitzt meistens zwischen Mantel und äusserem Kiemenblatt, mit dem Saugnapf an der Mantelfläche haftend; nicht selten befindet sie sich aber auch zwischen innerer Kieme und Eingeweidesack, alsdann an letzterem mit dem Saugnapf haftend. Malacobdella nährt sich nach J. v. Kennel von jenen kleinen Thieren und Pflanzen, welche durch den von der Muschel erzeugten Strom in die Mantelhöhle hineingerissen werden. M. japonica wurde bisher nur in Mactra sachalinensis aufgefunden. In dieser Muschel ist sie, wie ihr Entdecker U. Takakura berichtet, eine fast regelmässige Erscheinung. Von 56 untersuchten Schalen ent- hielten 54 den Parasiten. In der Regel kommt ebenfalls nur je eine Nemertine in einer Mactra vor, und wo sie zu.mehreren vorhanden sind — eine Schale enthielt 4, eine andere sogar 8 — handelt es sich wie bei M. grossa um jugendliche Malacobdellen. 3. Echter Parasitismus. Carcinonemertes. Wir kennen bisher nur die folgenden 2 Arten: 1. ©. carcinophilon (KölN.). Diese weit verbreitete Art besitzt 2 Wirthe, nämlich Carcinus maenas Penn., in welchem sie im nordatlantischen Ocean und Mittelmeer vorkommt, und Platyonichus ocellatus, in dem sie an der Ostküste von Nordamerika (nördlich und südlich von Cap Cod, Mass.) lebt. 2. ©. epialti Coe. Wurde bisher nur in Epialtus productus an der Küste von Californien (Monterey) beobachtet. CO. carcinophilon wurde von A. Kölliker entdeckt, welcher sie in den Eierklumpen von (arinus maenas zu Messina auffand. Später sind unsre Kenntnisse über diese seltsame Nemertine noch besonders von J. P. van Beneden, W. ©. MeIntosh und L. Joubin vervollständigt worden: Nach diesen Forschern lebt der Wurm in eigenen Secretröhren, welche den Abdominalhaaren eiertragender Weibchen der genannten Krabbe an- geheftet sind. Diese Röhren sind 8&—12 mm lang, und es liegen in denselben aufgerollt Männchen und Weibchen zusammen. Es wurde nur ein Wohnparasitismus behauptet. Wesentlich gefördert und in ein neues Licht gerückt wurde die Lebensgeschichte von (©. carcinophilon neuerdings von W. R. Coe*). *) op. eit., oben p. 419. Lebensweise. 531 Nach Goe’s Beobachtungen ist es unzweifelhaft, dass (. carcinophilon ein wahrer Parasit ist. Die Würmer leben in den von ihnen aus erhärtendem Secret gebil- deten Röhren zwischen den Eiern der Krabbe. Indessen nur im geschlechts- reifen Zustande finden sich die Nemertinen an diesem Orte vor. Im Juni und Juli legen an der Küste von Neu-England die Weibchen dieser ge- trenntgeschlechtlichen Parasiten ihre Eier in den Secretröhren selbst ab, welche hier ihre regelmässige, annähernd äquale Furchung durch- machen, aus der eine bewimperte Blastula hervorgeht, welche sich in einen ebenfalls bewimperten Embryo umwandelt. Der Embryo besitzt eine ventral gelegene Mundöflnung und am vorderen und hinteren Ende je ein Flagellum, das sich aus einem Büschel besonders langer, mit- einander verschmolzener Cilien zusammensetzt. Blastula und Embryo bewegten sich lebhaft innerhalb ihrer Eihülle, welche der Embryo verlässt, nachdem der Mund und die Geisselschöpfe ausgebildet sind. Im Allge- meinen verbleibt der Embryo innerhalb der Secretröhren, aber er vermag auch frei im Wasser zu schwimmen. Er macht nunmehr eine Häutung durch, das Wimperkleid nebst den Geisselschöpfen abwerfend, was bereits von van Beneden beschrieben wurde. Nunmehr gewinnt der Embryo das Aussehen der erwachsenen Würmer und bewegt sich anstatt schwimmend kriechend. Nur noch einige Zeit verbleibt der junge Wurm zwischen den Eiermassen seines Wirthes; sobald letztere völlig reif sind, verlässt er sie und wandert um die Krabbe herum, ihren Kiemen zustrebend. Hier siedelt er sich im Juli oder August an. An den Kiemen verbleiben die Würmchen wahrscheinlich: bis zu der Zeit, wo im nächsten Jahr wiederum die Eier der Krabbe sich entwickeln. Alsdann wandern sie nach diesen zurück, werden geschlechtsreif, und die neuen Jungen wiederholen die Wanderung der Eltern. Die Lebensgeschichte von Ü. carcinophilon und epealti ist wahrschein- lich die gleiche*). Dieser Parasit lebt gesellig.. Coe hat zwischen den Eiern eines einzigen Exemplares von Epialtus productus, dem Wirthe von Ü. epialti, über hundert, und an den Kiemen von Platyonychus ocellatus, dem amerikanischen Wirthe von (Ü. carcinophilon, 40—60 der parasitischen Würmer gezahlt. Die Uebertragung von Krabbe zu Krabbe erfolgt ohne Zweifel durch freischwimmende Embryonen, und junge auf der Wanderung von den Eiermassen zu den Kiemen des Wirthes begriffene Männchen. Carcinonemertes hat mit anderen Parasiten die Eigenthümlichkeit ge- meinsam, eine überraschend grosse Menge Geschlechtsproducte zu erzeugen. (Vgl. oben p. 419.) W.R.Coe berichtet noch betreffs Ü. carcinophelon, dass die Würmer den Kiemen ihres Wirthes ungemein fest anhaften und diese auch nicht verlassen, nachdem die Kiemen losgetrennt und in Seewasser gelegt wurden. Sie harrten aus, bis sich die Kiemen völlig zersetzten. Wenn man die *) C, epialti wurde bisher nur zwischen den Eiern seines Wirthes beobachtet. 4 * 5332 Biologie Würmer mit Gewalt von den Kiemen trennte, vermochten sie trotzdem noch einige Wochen im Seewasser fortzuleben. Etwa !/,, der untersuchten Krabben war mit den Kiemen -Parasiten behaftet, und zwar zeigten sich immer die Kiemen beider Seiten infieirt. Indess kamen diese Nemertinen nur an den Kiemen weiblicher Krabben vor und wurden entweder an den Kiemen, oder zwischen den Eiern, aber nicht an beiden Orten gleichzeitig bei dem nämlichen Wirthsthiere auf- . eefunden. Es ist Coe nicht zweifelhaft, dass die Kiemen- Parasiten Blutsauger sind. Die Kiemen erwiesen sich, wenn der Parasit zahl- reich an ihnen hauste, geschwärzt und zerstört. Ein schädlicher Einfluss auf die Eiermassen des Wirthes ist dagegen meines Wissens nicht nachgewiesen worden; sie werden offenbar lediglich aufgesucht, um einen günstigen Ort für das Fortpflanzungsgeschäft und die Entwickelung der Jungen zu erlangen. Cephalothrixz galatheae Dieck. — 1874 (No. 126) wurde unter diesem Namen von @. Dieck eine merkwürdige Nemertine beschrieben, welche bei Messina im Eierbeutel von Galathea strögosa (L.) lebt. Dieck fand in dem Eierbeutel dieses Krusters meistens 2—3, öfters aber auch 6 Würmer vor, welche den Eiervorrath ihrer Wirthin aufzehren. Nachdem sie mit demselben zu Ende gekommen sind, siedeln sie in die Kiemen- höhle desselben Krebses über, um ihren Parasitismus in veränderter Form fortzusetzen. Sie bohren nämlich nunmehr die zarte Membran der Kiemen an, um zum Blute ihres Wirthes zu gelangen. Dieck sah nämlich aus dem Inneren der Nemertinen beim Zerzupfen derselben Blutzellen aus- strömen, welche völlig denen von @. strigosa glichen. Der Parasit heftet sich mittels eines klebrigen Schleimes, welchen seine Hautdrüsen reichlich absondern, an sein Wohnthier und insonder- heit an dessen Eier an. C. galatheae unterscheidet sich von allen übrigen Nemertinen be- sonders dadurch, dass sich am Kopfe äussere Anhänge befinden, nämlich „fingerförmige Greif- oder Haftorgane“. Auch dieser Parasit ist getrenntgeschlechtlich. Die Befruchtung und Embryonalentwickelung geht im Eierbeutel des Wirthsthieres vor sich. W. R. Coe hat den Nachweis versucht, dass ©. galatheae mit Carci- nonemertes carcinophilon identisch sei. Indessen dürfte diese Frage nicht durch Interpretation der Dieck’schen Arbeit, sondern nur durch neue Untersuchungen gelöst werden. Gleichwohl ist zuzugeben, dass die Ver- muthung von W. R. Coe sich nicht allein auf eine unverkennbare Aehn- lichkeit in der äusseren Erscheinung und der Organisation, sondern in höherem Masse noch auf die sehr gleichartige Entwickelung von ©. gala- theae und Carcinonemertes stützt. Die Haupthindernisse sind die folgenden: Nach G. Dieck liegt bei C. galatheae der Mund hinter dem Gehirn. Der Rüssel ermangelt der Stilette. Die Seitenstämme sind in die Länesmuskelsehicht des Hautmuskelschlauches eingeschlossen. In Farbe und Zeichnung. 339 der That, die fingerförmigen Anhänge könnten recht wohl, wie UCoe meint, durch starken Druck des Deckglases vorgetäuscht sein, und ihr wirk- liches Vorhandensein würde nur als ein Artcharakter bewertet werden dürfen. Schliesslich ist vielleicht als echter Parasit noch aufzuführen Prostoma suhmi Bürg., welche im nordatlantischen Ocean, zwischen den Bermuda- Inseln und Azoren zwischen dem Sargassum als Schmarotzer am Abdomen von Nautilograpsus menutus (L.) von der Challenger-Expedition entdeckt wurde. Ueber seine Biologie wissen wir nichts Gewisses. 6. Farbe, Zeiehnung und Anpassungsfärbunge. Die Nemertinen sind überaus prächtig gefärbte Würmer. Wie ich aber bereits früher (1895, No. 256) betonte, sind die verschiedenen Ord- nungen ungleich glänzend gefärbt. Die unbewaflneten Formen sind zu- meist viel prächtiger gefärbt als die bewaffneten. Es sind alle denkbaren Farben vorhanden, nur ein reines helles Blau vermissen wir: es zeigt sich Blau nur als ein Anflug dunkler, schwärzlicher oder brauner oder selbst dunkelgrüner Farben. Die oftmals auch goldig schimmernde Grundfarbe wird häufig unter- brochen durch eine für die Art charakteristische Zeichnung. Dieselbe besteht öfters aus einem Reticulum, so dass der Körper marmorirt aussieht, oder aus parallelen Längslinien, die meist am Rücken, nicht selten aber auch an den Seiten und am Bauche entlang laufen. Ferner unterbrechen andersfarbige Binden die Grundfarbe des Körpers, indem sie diesen um- gürten. Solche in der Regel weisse Ringel treten dann in bestimmten Abständen auf. Mitunter treffen wir Längslinien oder Bänder und Ringel bei ein und derselben Art zugleich an. Oefters existirt auch eine be- sondere Kopfzeichnung. Eine Zeichnung bei den Metanemertinen ist selten. Die am präch- tigsten gefärbten und gezeichneten sind unter ihnen die Drepanophorus- Arten. Bei einigen Amphiporen finden wir eine Marmorirung; durch- schnittlich sind dieselben aber höchst monoton und matt gefärbt. Eben- falls die Angehörigen von Prostoma, von denen nur eine relativ geringe Artenzahl eine glänzendere Coloration und eine Zeichnung aufweist. Leb- hafter sind die Empleetonemen gefärbt. Von den unbewaffneten Nemertinen sind besonders auffallend gefärbt und gezeichnet unter den Protonemertinen die Tubulanus-Arten und unter den Lineiden die Lineen und Micruren. Dagegen sind die Angehörigen der äusserst artenreichen Gattung Üerebratulus, soviel mir bekannt ist, niemals gezeichnet, sei es durch Längslinien, sei es durch Ringel, höchstens sind sie gefleckt und selten auffallend gefärbt. Eine auffallend gefärbte Mesonemertine ist bisher nicht bekannt geworden. 534 Biologie. Es wäre verwunderlich, wenn nicht die überaus mannigfaltigen Färbungen der Nemertinen, wie im Allgemeinen bei den Thieren, in Be- ziehung ständen zu ihren Wohnorten, wenn sie nicht Schutz- färbungen wären. A. Lang hat fast bei jeder der von ihm untersuchten Polyeladen- arten des Golfs von Neapel eine ausserordentlich grosse Uebereinstim- mung ihrer Gesammtfärbung oder doch der Färbung ihres Rückens mit dem Untergrunde, auf dem sie lebt, oder ihrer Umgebung nachgewiesen. Ein Nachweis, dass auch die Nemertinen mit dem Untergrunde, auf dem sie leben, oder ihrer Umgebung in der Färbung übereinstimmen, lässt sich nicht schwer erbringen. Ja, wir bemerken sogar, dass ein und dieselbe Art ihre Farbe wechselt, um sich ihrer Umgebung an- zupassen. Diejenigen Nemertinen, welche wir am Strande zwischen den grünen Ulven finden, sind grün gefärbt, bald so lebhaft wie jene, bald grünlich- braun oder gelblichgrün. Als Beispiele sind zu nennen der intensiv blattgrün gefärbte Lineus geniculatus, Emplectonema gracile mit ihrem spangrünen Rücken, die nur zwischen Ulven vorkommende grünscheckige Varietät von Oerstedia dorsalis, ferner Lineus nigricans und parvulus und die grüne Varietät von Prostoma candıdum. Hervorragend bevölkert mit Nemertinen sind die Wurzelstöcke von Posidonien am Posilipo im Golf von Neapel. Dieselben besitzen eine rothbraune Färbung, in der bald das Roth, bald das Braun vorwiegt. Zu ihren Bewohnern gehören besonders Tubulanus polymorphus und superbus. Beide sind durch eine rothbraune Färbung ausgezeichnet, von der besonders diejenige von T. polymorphus in hohem Grade mit jener der Rhizome übereinstimmt, so dass es selbst im Aquarium öfters nicht sofort gelingt, diese prächtige grosse Nemertine zwischen dem Flecht- werk derselben zu erkennen. Massenhaft kommt zwischen den Wurzel- stöcken ferner Fuborlasia elisabethae vor, deren Färbung ebenfalls imitirend. Auch Cerebratulus fuscus contrastirt nicht stark in seiner Rückenfärbung mit jener der Rhizome, besser angepasst ist an sie die rostfarbene Joubinia longerostris. Es kommen in den Wurzelstöcken von Posidonia auch in der Regel schwarz- bis braunblau gefärbte Nemer- tinen, wie z. B. Cerebratulus lividus und Lineus lobianci vor, aber auch diese Arten besitzen stellenweis eine rothbraune Färbung. Mit den roth- braunen Rhizomen stimmt noch prächtig überein Lineus rufocaudatus, dessen Färbung jener von Tubulanus polymorphus, mit der er zusammen- lebt, völlig gleicht. Einer der Hauptfundorte für Nemertinen ist im Golf von Neapel die Secca di Benta Palumma, 60 m tief. Der Meeresboden ist hier über und über bewachsen mit korallenrothen Algen, und damit ist die Grundfärbung der Individuen dieser reichen Thieransiedelung als eine lebhaft rothe gegeben. Auch die Mehrzahl der Nemertinen, welche von dort stammen, besitzt eine entsprechend rothe Färbung, die bald mehr Lebensweise, 535 korallenroth, bald etwas lichter goldroth erscheint. Im höchsten Grade dem Grunde der Secca di Benta Palumma in der Färbung angepasst erweisen sich ihre folgenden Bewohner: Tubulanus annulatus, die rothe Varietät von T. banyulensis, die rothen Varietäten von Baseodiscus curtus, Micrura aurantiaca, Drepanophorus crassus und spectabihis, Amphiporus allucens, Emplectonema echinoderma und antonina, die rothen, Tubulanus banyulensis so sehr ähnlichen Varietäten von Oerstedia dorsalis, zahlreiche Arten von Prostoma und eine rothe Varietät von Mierura dellechiajei. Haben wir irgendwo anders denselben Grund, wie ihn die Secca di Benta Palumma besitzt, so zeigen auch jene Nemertinen dieselben Farben. Das gilt z. B. vom Meeresgrunde bei Fuori Galli, aus dessen Fauna be- sonders die sonst nicht aufgefundene glänzende, prächtig an ihre Um- gebung angepasste Tubulanus miniatus hervorzuheben ist. Aendert sich der Untergrund selbst nur geringfügig hinsichtlich seiner Färbung, wie das beim Scoglio Vervece (gleichfalls im Golf von Neapel) der Fall ist, wo derselbe infolge der ihn bewohnenden Melo- besien eine violett-braunrothe Färbung besitzt, so sehen wir auch die Färbung mancher Nemertinen verändert. So hat z.B. die sonst leuchtend mennigrothe Mierura aurantiaca dort eine violett-rothbraune Rücken- färbung angenommen, und eine ähnliche weisen die Rückenstreifen von Mierura dellechiajei auf. Ebenfalls stimmt jene merkwürdige Farben- varietät von Drepanophorus crassus, welche bei Nisida vorkommt, mit ihrem Untergrunde, der ein anders gefärbter ist, als der z. B. der Secca di Benta Palumma, wo die goldigröthlichen Varietäten dieser Art wohnen, merkwürdig überein. Im Allgemeinen dürfen wir sagen, dass diejenigen Nemertinen, welche zwischen Algen, sei es am Strande, sei es in gewissen Meeres- tiefen wohnen, prächtig gefärbt sind, diejenigen aber, welche im Schlamm oder im Sande leben, der glänzenden Färbung entbehren. Zu diesen Formen gehört die Mehrzahl der Cerebratulus-Arten. Dieselben besitzen fast alle, mit Ausnahme jener kleineren Formen, die zwischen den Wurzelstöcken der Posidonien leben, und jener vereinzelten von Coral- linengründen verwaschene, schmutzige, fahle Farben. So Cerebratulus margenatus, pantherinus, liguricus, hepaticus, urticans, ventrosulcatus und andere, welche einen sandfarbenen oder schmutziggrünen bis braunen Körper besitzen. Sie weisen ausser einer verwaschenen Sprenkelung, die überdies selten auftritt, nie irgendwelche auffällige Zeichnung auf. Es sind ferner zu erwähnen, die fast farblosen, weisslichen oder gelb- lichen Cephalothrix-Arten, die ebenfalls Sandbewohner sind, ausserdem der weissliche, sich in den Sand eingrabende Lineus lacteus und endlich die mit Cephalothrix zusammen vorkommenden Ototyphlonemerten, welche dieselbe weissliche Färbung besitzen wie Amphioxus, mit dem sie zu- sammenleben. Die Intensität der Färbung und Zeichnung verändert sich bei manchen Nemertinenarten, je nachdem sie in grösseren oder geringeren 536 Biologie. Meerestiefen wohnen. Ich hatte Gelegenheit, im Golf von Neapel drei Farbenvarietäten von Lineus geniculatus zu vergleichen. Die erste besitzt eine lebhaft hellgrüne, saftige Grundfarbe, einen intensiv rothen Kopf- tleck, und die weissen, sehr deutlichen Binden des Körpers wiederholen sich bis zum Schwanzende. Die zweite weist die Binden des Körpers ebenfalls in der gesammten Länge des Körpers auf, indess fehlt ihr der rothe Kopffleck, und die Grundfarbe ist tief dunkelgrün. Die dritte ist tief dunkelbraun gefärbt und schillert lebhaft violett; der rothe Kopf- fleck geht ihr ebenfalls ab, ferner aber sind die weissen Binden nur am vorderen Körperende vorhanden. Die erste Varietät erbeutete ich selbst bei den Isolotti dei Galli zwischen grünen Algen kaum !/,;, m tief, die zweite stammt aus den Wurzelstöcken von Posidonia am Posilipo 30 m. tief, die dritte aus der Nähe von Capri aus einer Tiefe von 200 m. Die von mir im Kiemenkorbe der weisslichen Ascidia mentula beob- achteten Individuen von Prostoma flavidum sehen weisslich aus und sind im Gegensatz zu den freilebenden ziemlich transparent. Die von L. Joubin zwischen Cynthia rustica massenhaft angetroffene Oerstedia rustica ist ebenso lebhaft roth wie diese rothe Ascidie gefärbt. (arci- nonemertes carcinophilon besitzt die Färbung der Eier jener Krabbe, zwi- schen denen sie schmarotzt. Die pelagischen Tiefseeformen Pelagone- mertes u. a. sind glashell geworden. Auch W. R. Coe weist in seiner verdienstvollen Bearbeitung der Nemertinen der pacifischen Küste Nordamerikas wiederholt auf die Schutzfärbungen dieser Würmer hin. Ein besonders merkwürdiger Fall liegt bei Micrura verrelli Coe vor. Ich lasse den Autor selbst sprechen.*) Diese Art ist gemein „among kelp hold-fasts attached to stones on. sandy bottom in about 2 fms., Monterey, California. In this situation the worms agree almost perfectly in color with the purplish processes of the kelp hold-fasts among which they are entwined. In such cases the worm may lie fully exposed among purplish root-like processes of the kelp and yet escape detection until it begins to crawl or to move its bright orange snout. Few animals exhibit a more striking proteetive coloration, and yet they could scarcely be more conspicuously colored when removed from their natural surroundings“. Das Thier sieht näm- lich rein elfenbeinfarben aus mit Ausnahme des Rückens, welcher dunkel purpur- oder weinfarben ist und eine Anzahl weisser Querbinden besitzt. «. Mimiery. Besonders A. R. Wallace und Fritz Müller verdanken wir die Kenntniss von jener eigenthümlichen Erscheinung in der Thierwelt, dass Thiere einander in Gestalt und Farbe nachäffen. Wir erfuhren, wie bewaffnete, giftige oder solche mit einem für ihre Feinde widerlichen Geschmack in ausserordentlicher Vollendung *) op. eit., oben p. 483, 181. Mimicry. 337 nachgeahmt werden von harmlosen Thieren oder solchen, die den Fein- den (z. B. insectenfressenden Vögeln oder Säugern) als gute Bissen gelten. Wir folgerten, dass das nachahmende Geschöpf den Vortheil des nachgeahmten alsdann mitgeniesst. Während in der Regel die Mimiery ein Schutzmittel darstellt, das vor dem Verfolgtwerden sichert, dient sie jedoch auch als Maske für den Räuber, sobald dieser sich in das Gewand eines der Thierwelt nicht gefährlichen Pflanzen- oder Fruchtfressers gesteckt hat. Die Annahme der Mimiery muss in dieser Deutung eine gewisse Intelligenz voraussetzen bei den Thieren, auf welche sie berechnet ist, mindestens nämlich die, welche in praxi das Sprichwort „Schaden macht klug“ erfordert. Ob diese letzte Bedingung in der Organismenwelt, in der die Nemertinen den Kampf ums Dasein führen, sich erfüllt, lasse ich durch- aus dahingestellt. Ich glaube aber einige merkwürdige Fälle grosser Aehnlichkeit, welche zwischen bewaffneten Nemertinenarten einerseits und unbewaffneten andererseits herrscht — indess nur solchen, die zu- sammenleben — nicht verschweigen zu dürfen. Am meisten frappirte mich die Aehnlichkeit zwischen Amphiporus marmoratus (bewafinet) und Cerebratulus sömulans (unbewaffnet). Amphi- porus marmoratus varliirt stark in der Färbung. Gewöhnlich ist er röth- lichbraun gefärbt und dunkelbraun gesprenkelt. Indess giebt es eine Varietät, welche nicht oder fast nicht mehr gesprenkelt ist und eine lebhafte, ziemlich gleichmässig goldige rothbraune Rückenfärbung auf- weist. Diese Varietät kommt am Posilipo vor, und von dort stammt auch Cerebratulus simulans, den ich anfänglich für Ampheporus marmo- ratus hielt, zumal die gelblichen Kopffurchen von A. marmoratus durch eine besondere Zeichnung bei Cerebratulus simulans so täuschend nach- geahmt waren, dass ich nicht daran zweifelte, dass sie wirklich vorhan- den seien. Sie werden bei Cerebratulus semulans durch gelbliche Flecke dargestellt. Auch in der Grösse und der Gestalt stimmen diese ganz verschiedenen Ordnungen angehörenden Nemertinen in ausgestrecktem Zustande ziemlich gut überein. Der zweite Fall betrifft Amphiporus langeaegeminus (bewafinet) und Diplopleura formosa (unbewafinet). Mehrere Exemplare von Amphiporus langiaegeminus wurden mir von dem sehr erfahrenen ersten Gehülfen des Conservators der zoologischen Station zu Neapel in der Station selbst als Exemplare von Diplopleura formosa überwiesen. Obwohl ich den Irrthum bald entdeckte, gelang es mir nicht, sofort den Gehülfen zu überzeugen. Die Aehnlichkeit zwischen diesen beiden so ausserordent- lich verschiedenen organisirten Nemertinen ist nämlich dann eine nahezu vollkommene, wenn die aufgeklappten Seitenränder von D. formosa am Rücken übereinander greifen, so dass diese Art einen cylindrischen Körper zu besitzen scheint. Dieses Phänomen macht sich sehr häufig in der ganzen Länge des Körpers geltend. Beide Arten sind zart Nleisch- 538 Biologie. farben und kommen zusammen im sandigen, schlammigen Grunde — 20 m tief — am Posilipo vor. Schliesslich weise ich noch auf die Aehnlichkeit zwischen Emplecto- nema gracile (bewaflnet) und Leneus nigricans (unbewafinet) hin, welche beide zwischen Ulven am Palazzo der Donna Anna wohnen. Beide be- sitzen eine dünne, fadenförmige Gestalt, die Kopfspitze ist weiss ge- säumt, die Farbe des Rückens dunkel grünlichbraun. Beim Vergleich von Abbildungen ist zu bedenken, dass die Färbung des Rückens bei E. gracile häufig ins Bräunliche spielt und mithin die Aehnlichkeit zwischen diesen beiden Nemertinen eine auffälligere ist, als es, nach den vorhandenen Bildern (welche E. gracile mit ziemlich rein grünem Rücken darstellen) zu urtheilen, den Anschein haben möchte. Register. Seite A. After, Lage, Form 182 Amnion, Desor’sche Larve 368 Amnion, Pilidium — Entw. 390 Amphiporus 430 Amphiporidae 430 Anhänge des Körpers 73 Anpassungsfähigkeit 525 Anpassungsfarben 999 Augen 168 Augen, Physiologisches 307 Augennerven 109 B. Baseodiseus 448 Baseodiseidae 443 Bauchnerv 108 Befruchtung 329 Bindegewebe 63 Bindegewebe des Centralnervensystems 87 Biologie 481 Bipolarität 505 Blastulation 329 Blutgefässsystem, Histologie 256 Blutgefässsystem, Litteratur 241 Blutgefässsystem, Physiologisches 305 Blutgefässe, Pilidium — Entw. 398 Blutgefässsystem, Verhalten bei den verschiedenen Ordnungen 243 Blutkörper 277 Blutkörper, Ersatz 280 Blutkörper, Pbysiologisches 304 Borlasia s. Euborlasia Brackwassernemertinen 528 c. Callinera 409 Careinonemertes 419 ‚arinella s. Tubulanus Carinesta 411 Carinina Carinoma Carinomidae Centralnervensystem, Allgemeines Centralnervensystem, directe Entw. Centralnervensystem, Entw. Des. Larve Centralnervensystem, Heteronemertini Centralnervensystem, Mesonemertini Centralnervensystem, Metanemertini Centralnervensystem, Protonemertini Centralnervensystem, Pilidiam — Entw. Centralsubstanz Cephalothrix Cephalotrichidae Cerebralorgane, Allgemeines Cerebralorgane, directe Entw. Cerebralorgane, Entw. Des. Larve Cerebralorgane, Heteronemertini Cerebralorgane, Metanemertini Cerebralorgane, Physiologisches Cerebralorgane, Pilidium — Entw. Cerebralorgane, Protonemertini Cerebratulus Cireumpolare Arten Cirri Cölom, directe Entw. Cölom, Entw. Des. Larve Cutis Cutis, Funetion D. Darm, direete — Entw. Darm, Entw. Desor’sche Larve Darmtractus, Physiologisches Darm, Pilidium — Entw. Desor’sche Larve, Entstehung 369, Desor’sche Larve, Entw. der Gewebe und Organe Desor’sche Larve, Entwickelung durch die Diplopleura Seite 406 414 414 18 377 369 102 94 97 92 368 83 416 416 137 379 369 153 140 306 361 138 456 904 74 385 369 57 297 351 370 302 366 367 369 367 457 540 Register. Seite Drepanophorus 432 Drepanophoridae 482 | E. | Eiablage, Art und Weise 321 ı Eiablage, Zeit, europäische Arten 322 Eiablage, Zeit, nordamerikanische Arten 323 Eireife 318 Eier, Bau 287 Eier, Entstehung 288 Emplectonema 418 Emplectonematidae 418 Enddarm, Histologie 200 Enddarm, Gestalt 188 Epithel der Haut 51 Epithel des bewaffneten Rüssels 227 Epithel des unbewaffneten Rüssels 210 Epithel, Funetionen 296 Entwickelung, directe 371 Entwieckelung durch das Pilidium 398 Entwickelung durch die Desor’scheLarve 367 Entwickelung, indireete 338 Entwickelung, Litteratur 308 Entwickelungstypen 330 Euborlasia 449 Eunemertes s. Empleetonema Eupolia s. Baseodiseus Exeretionsgefässsystem, Histologie 265 Exeretionsgefässsystem, Litteratur 259 Exeretionsgefässsystem, Physiologisches 303 Exeretionsgefässsystem, Verhalten bei den verschiedenen Ordnungen 262 198 Farbe 539 Färbung und Zeichnung 38 Frontalorgan 175 Frontalorgan, Entwickelung 373 Frontalorgan, Physiologisches 305 Furchung 327 6. (ranglienzellen Gastrulation 392 (rehirn s. Centralnervensystem (seographische Verbreitung 481 «eonemertes 429 (seschlechtsorgane, Allgemeines 281 (seschlechtsorgane, Litteratur 281. | (reschlechtsproduete 287 | (Greschlechtsproducte, Entstehung 288 | (seschlechtsreife ala Seite (Geschlechtssäcke, feinerer Bau 285 Geschlechtssäcke, Verhalten bei den verschiedenen Ordnungen 283 (ononemertes 422 Grundschicht 56 Grundschieht, Funetion 297 H. Haut 50 Haut, direete — Entw. 365 Haut, Entw. Desor’sche Larve 369 Haut, Pilidium — Entw. s 365 Hautmuskelschlauch 59 Hautmuskelschlauch, Physiologisches 297 Hermaphroditismus 281, 284, 294 Heteronemertini 442 Holorhyncehocoelomia 426 Hubreehtia 412 Hubrechtiidae 412 Hyalonemertes 458 J. Joubinia 445 “= Keimblätter, früheste Differenzirung 329 Keimplatten, Desor’sche Larve 368 Keimplatten, Pilidium — Entw. 350 Kopfdrüse 64 Kopfdrüse, Entwiekelung 372 Kopfdrüse, Funetion 297 Kopffurchen 132 Kopffurchen, Physiologisches 306 Kopfgrube 175 Kopfgruben, Physiologisches 305 Kopfnerven 109 Kopfspalten 134 Kopfspalten, Physiologisches 306 Körperform 34 Körperwand 49 Körperwand, Pilidium — Entw. 365 L. Landnemertinen 514 Langia s. Diplopleura Lebendiggebärende Arten 324 Lebensgewohnheiten 521 Leibesmuseulatur 69 Leibesmuseulatur, Nachtrag 75 Lineidae 447 Lineinae 447 Lineus Litteratur Malacobdella Malaeobdellidae Mesonemertini Metanemertini Micrella Mierura Mierurinae Mimiery Mitteldarm, Gestalt Mitteldarm, Histologie Monstrositäten Mund, Histologie Mund, Lage, Form Museulatur des Darmtractus Muskelfasern des Centralnervensystems Muskelschichten, subepitheliale Muskelschlauch des bewaffneten Rüssels Muskelschlauch des unbewaffneten Rüssels N. Nahrung Name Neetonemertes Nectonemertidae Nemertes s. Empleetonema Nemertopsis Nephridien, Entw. Desor'sche Larve Nephridien, Pilidium — Entw. Nervenfasern Nervenschichten Nervensystem Nervensystem, Physiologisches Nesselzellen, unbewaffneter Rüssel Neurilemma Neurochorde Neuroehorde, Physiologisches Neurochordzellen Neurochordzellen, Physiologisches Neuroepithelzellen dv. Verstedia Organisation, Ueberblick Ötolithen Ötolithen, Physiologisches Ototyphlonemertes Register. Seite 450 24 mw _ w S1SOSMS% samıar 435 39 173 307 426 54l Seite Ototypiılonemertidae 425 Oxypolia 448 P. Paranemertes 223 Parapolia 447 Parasitische Nemertinen 528 Parenchym 67 Parenchym, Nachtrag 75 Pelagonemertes 440 Pelagonemertidae 440 Peripheres Nervensystem 106 Pilidium, Arten 348 Pilidium, Bau 341 Pilidium, Biologie 350 Pilidium, Entstehung 338 Pilidium, Entwiekelung durch das 398 Planktoremertes 441 Poliopsis 445 Proearinina 405 Proneurotes 432 Prorhynehocoelomia 417 Prosadenoporus 428 Prosorhochmus 428 Prosorhochmidae 427 Prostoma 434 Prostomatidae 435 Protandrischer Hermaphroditismus 281, 295 Protonemeıtini 404 R. Regeneration 3856 Reservestiletttaschen 229 Retractor des unbewaffneten Rüssels 210 Rhynchocölom, Allgemeines 230 Rhynchoeölom, direete Entw. 374 Rhynchocölom, Entw. Des. Larve 369 Rhynehocölom, Function 301 Rhynchocölom, Gestalt 231 Rhynchoeölom, Histologie 234 Rhynchoeölom, Litteratur 230 Rhynchoeölom, Pilidium — Entw. 359 Rhynchocölomkörper 278 Rhynchoecölomkörper, Ersatz 280 Rhynehocölomkörper, Physiologisches 304 Rhynchocölomtasehen 239 Rhynchodäum, Allgemeines 201 Rhynehodäum, Gestalt und Histologie 204 Rhynchodäum, direete Entw. 374 Rhynchodäum, Pilidium — Entw. 359 Rückennerven 107 Rückennerven, Entw. 379 >42 Seite Rüssel, Allgemeines 201 Rüssel, bewaffneter, Function 298 Rüssel, bewaffneter, Gestalt 215 Rüssel, bewaffneter, Histologie 222 Rüssel, direete Entw. 374 Rüssel, Entw. Desor'sche Larve 369 Rüssel, Litteratur 202 Rüssel, Pilidium — Entw. 399 Rüssel, unbewaffneter, Function 301 Rüssel, unbewaffneter, Gestalt 207 Rüssel, unbewaffneter, Histologie 208 Rüsselöffnung 205 Rüsselnerven, Allgemeines 115 Rüsselnerven, unbewaffneter Rüssel 214 Rüsselnerven, bewafineter Rüssel 225 S. Samenkörperchen, Bau 287 Samenkörperchen, Entstehung 292 Schlundnerven 112 Schwänzehen 73 Seitenorgane 164 Seitenorgane, Physiologisches 307 Seitenstämme s. Centralnervensystem Sinnesorgane 124 Sinnesorgane, Litteratur 125 Sinnesorgane, Physiologisches 305 Speicheldrüsen 192 Stammbaum der Heteronemertini 480 Stammbaum der Meso- und Meta- nemertini 478 Stammbaum der Protonemertini 475 Stammesentwickelung 472 Stichostemma 436 Stilettapparat, Bau 216 Stilettapparat, Entwickelung 376 Stilettapparat, Funetion 298 Register. Seite Stomodäum, primäres, Entw. 381 Stomodäum, seeundäres, Entw. 374 Süsswassernemertinen 526 System, histor. Entwickelung 6 Systematik, Allgemeines, Litt. 388 T: Tiefseenemertinen 5ll Tetrastemma s. Prostoma Tubulanus 407 Tubulanidae 405 U. Untersuchungsmethoden 46 V, Valeneinia s. Joubinia. Valeneinura 451 Verdauungsapparat, Allgemeines 180 Verdauungsapparat, Litteratur 178 Verwandtschaft untereinander 472 Verwandtschaftsbeziehungen zu anderen Thieren 458 Verticale Verbreitung 514 Vorderdarm, Gestalt 184 Vorderdarm, Histologie 189 Vorkommen und Verbreitung, Litteratur 2 W. Waftenapparat s. Stilettapparat Wimperkölbehen der Exeretionsgefässe 265 Wohnung 521 2. Zeichnung 939 Zellkörper, freie, Allgemeines 276 Zygeupolia 452 Erklärung von Tafel XX11. Iv. 1. Spplt. tn a ee, Se “ E “ “ « “ > 7 % 2 E 3 ee = * x Kr » "Ar # v he * x ir Ä N. t . r % Die Verbreitung von baseodiscus (Eupolia). . australis (Hubr.), eurtus (Hubr), del. — delineatus (Chiaje). s: giardi (Hubr.), = hempr. — hempriehü (Ehrbg.), lineol. = lineolatus (Bürg.), maculosus (Bürg.), medl. — mediolineatus (Bürg.), mexicanus (Bürg.), +++++ minor (Hubr.), nipponensis (Hubr.), pellueidus (Kennel), quinquel. — quinquelineatus Q. & G., septl. — septemlineatus (Stimps.), aureus (Bürg.), platei (Bürg.), ophioc. —= ophiocephalus Schmarda, pallidus Isler, sulcatus Isler, antillensis (Bürg.), discolor (Coe), punnetti (Coe), princeps (Coe), rugosus (Punnett), multiporatus (Punnett), melanogrammus (Punnett), spec, — species indet. Nach Bürger (No. 256). N N en a ne a ee } ürger, Nemerlini. : Mm 150 160° 180 0 10 10 no 150 120 u | | Ich 1 e Il „ Bi ipponensis | K { | = ag et, r ö # | SIEHE 1 | *antillensis | l Kon N 1 U N i | % a re En en | 4 | ' Ey ] J ee #hempr. . | A u | = ae, + emp: | —_S, up; ! N Brcunus us bo mp: #7 | | ) al | | | L N sulcalus | 50 | | pallidus+ | ophioc. EAe Ik | | ) I v8 N ! s | | Tr er) [3 70 40 do 100 1 120 150 10 10 460.5 170 190 40 go aim Ada 0 0 Mo 0 Mo Ba co 50 ’ ee “ 4 RR) „s | rt ii: i® ra gi Mi Fi Fi; & 4 menenmengan zen E r en engenqumapee ans antenne BE e EETETENTNE